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Full text of "Buch der Lieder, nebst einer Nachlese nach den ersten Drucken oder Handschriften"

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DEUTSCHE  LITTEßATUBDENKMALE 

DES  18.  UND  19.  JAHRHUNDERTS 

IN   NEUDRÜCKEN   HERAUSGEGEBEN   VON   BERNHARD    8EUFFERT 

-87-«=  - 


HEINRICH  HEINES 

BUCH  DER  LIEDER 

NEBST 

EINER  NACHLESE 

NACH   DEN 

ERSTEN  DRUCKEN  ODER  HANDSCHRIFTEN 


.     STUTTGART 
G.  J.  GÖSCHEN 'SCHE  VERL AGSHANDLUNG . 

1887 


Pierer'sche  Hofbnchdrucierei.   Stephan  Geibel  &  Co.  in  Altenfcurg. 


I.  Zweck  der  vorliegenden  Ausgabe. 

Der  vorliegende  Druck  bietet  Heines  'Buch  der  Lieder5 
in  einer  Gestalt,  in  welcher  der  Dichter  selbst  es  niemals 
veröffentlicht  hat.  Ein  solches  Unternehmen  mag  auf 
den  ersten  Blick  auffällig  erscheinen,  und  es  bedarf  einer 
kurzen  Erklärung  und  Rechtfertigung.  Jedermann,  der 
Heines  Gedichten  grössere  Aufmerksamkeit  geschenkt  hat, 
weiss,  dass  der  schlagende,  einschmeichelnde  und  ergreifende 
Ausdruck  dieser  Verse  nicht  immer  bei  der  ersten  Nieder- 
schrift gelungen  ist,  sondern  dass  oft  erst  nach  längerem 
Sinnen  und  Suchen  die  kecke  Zuspitzung  oder  liebliche  Ab- 
rundung  gewonnen  wurde,  die  den  Leser  so  eigentümlich 
gefangen  nimmt.  Heine  konnte  sich  nie  genug  thun;  an 
manchem  Gedicht  hat  er  für  jede  der  vier  gründlich  ver- 
besserten Auflagen  des  'Buchs  der  Lieder1  (der  1.,  2.,  3. 
und  5.)  gefeilt.  Ein  Einblick  in  die  Verzeichnisse  dieser 
Lesarten  gehört  zu  den  fesselndsten  Aufgaben  der  neuen 
Litteraturforschung.  Indessen  der  Text,  den  die  1Ö27  er- 
schienene erste  Auflage  des  'Buchs  der  Lieder1  darbietet, 
steht  bereits  der  letzten  endgültigen  Fassung  nahe :  die  auf 
denselben  folgenden  Verbesserungen  sind  lange  nicht  so  er- 
heblich als  die  vorhergehenden.  Will  man  daher,  wie  es 
in  unserm  Plane  liegt,  den  Inhalt  des  'Buchs  der  Lieder'  i  n 
ältester  Textfassung  bieten,  so  darf  man  nicht  den 
Druck  der  ersten  Auflage,  sondern  muss  die  vorhergehenden 


Einzeldrucke  zu  Grunde  legen1).  Dies  ist  von  uns  ge- 
schehen-, es  gelang,  die  oft  tief  verborgnen  und  weit  ver- 
streuten Zeitschriften  mit  Beiträgen  Heines  zu  allen  Gedichten 
unsrer  Sammlung  (mit  Ausnahme  eines  einzigen)  aufzufinden, 
und  ihnen  ist  unser  Druck  buchstabengetreu  entlehnt;  in 
vielen  Fällen  aber  konnten  auch  Handschriften  wieder- 
gegeben werden,  zum  teil  bereits  früher  (von  Hüffer2)  be- 
nutzte, zum  teil  neue.  So  will  also  diese  Ausgabe  die  Heine- 
schen Jugendgedichte  in  der  erreichbar  ältesten  Gestalt 
vorlegen,  um  den  Freunden  der  endgültigen  Fassung  die  oft 
stark  abweichende  erste  Niederschrift  zu  lehrreicher  und 
anregender  Vergleichung  bequem  darzubieten3). 

Nur  auf  einige  der  auffallendsten  Änderungen  wollen 
wir  hier  kurz  hinweisen.  "Wer  kennt  nicht  das  berühmte 
Schlusslied  des  'Lyrischen  Intermezzos5 :  'Die  alten  bösen 
Lieder,  Die  Träume,  schlimm  und  arg'  u.  s.  w.  — ?  Sehen 
wir  nun  auf  S.  87  unsres  Druckes,  so  begegnet  uns  ein 
ganz  anders  lautender  Anfang:  'Das  alte  Jahr,  so  traurig, 
So  falsch,  so  schlimm  und  arg'  u.  s.  w.  —  und  die  Über- 
schrift war  'Sylvesterlied5 .  Man  fragt  erstaunt :  was  haben 
das  Jahr  und  die  Lieder  gemein?  kann  einem  grossen 
Dichter  der  Inhalt  seiner  Verse  so  gleichgültig  sein,  dass 
er,  um  eine  Sammlung  hübsch  abzurunden,  die  Bedeutung 
desselben  nach  Bedürfnis  modelt?  Keineswegs;  der  In- 
halt ist  nicht  so  stark  verändert.  Das  Sylvesterlied  schrieb 
Heine  1821,  zu  Ende  desselben  Jahres,  in  welchem  er  das 
Mädchen   für   immer  verloren  hatte,    an   dem  sein   ganzes, 


*)  Wir  geben  aber  genau  Reihenfolge  und  Anzahl  dieser  ersten 
Auflage  und  vermerken  auch  die  Seitenziffern  derselben. 

2)  Aus  dem  Leben  Heinr.  Heines,  Berlin  1878. 

3)  Eine  kritische  Ausgabe  sämtlicher  Werke  Heines  mit  Ver- 
zeichnissen aller  Lesarten,  von  demselben  Herausgeber,  erscheint 
im  Verlage  des  Bibliographischen  Instituts  in  Leipzig.  Dieselbe  bietet 
natürlich  die  jüngste  Textgestalt  des  B.  d.  L.,  während  der  vor- 
liegende Druck  die  älteste  bringt.  Die  Einleitung  der  ersteren  ist 
literarhistorisch,  während  die  vorliegende  eine  ästhetisch-psycho- 
logische Analyse  darbietet.  Beide  Ausgaben  haben  also  nichts  mit 
einander  gemein. 


tief  erschüttertes  Herz  hing.  Er  begräbt  in  dem  Riesen- 
sarge das  von  Schmerz  und  Liebe  erfüllte  Jahr.  Das  'Ly- 
rische Intermezzo1  hat  aber  denselben  Inhalt  wie  jenes 
Jahr  ;  derselbe  Liebesschmerz  durchtönt  es  von  Anfang  bis 
zu  Ende  —  es  ist  nur  Äusserliches  durch  jene  neue  Wen- 
dung geändert  worden.  —  Tiefer  scheint  folgende  Abwei- 
chung einzugreifen.  In  dem  vierten  Gedicht  des  'Lyrischen 
Intermezzos'  (hier  S.  59)  lesen  wir  statt  des  späteren 
Schlusses  'Doch  wenn  du  sprichst:  ich  liebe  dich,  So  muss 
ich  weinen  bitterlich',  eine  Wendung  von  scheinbar  ganz 
andrer  Bedeutung:  'Doch  wenn  du  sprichst:  ich  liebe  dich, 
Dann  wein'  ich  still  und  freudiglich.'  In  der  Handschrift, 
die  hierzu  vorlag,  lautet  die  letzte  Zeile  ursprünglich :  'Dann 
wein'  ich  still  und  bitterlich'.  Betrachten  wir  zuerst  diese 
Fassung,  so  ist  der  Sinn:  Seh'  ich  in  deine  Augen,  so 
schwindet  mein  Weh ;  küsse  ich  deinen  Mund ,  so  werd' 
ich  gesund;  lehn'  ich  mich  an  deine  Brust,  so  erfasst  mich 
Himmelslust,  und  wenn  du  mir  deine  Liebe  gestehst,  so 
muss  ich  vor  Ergriffenheit  weinen.  Es  ist  eine  einfache 
Steigerung  des  Gefühls;  kein  schmerzlicher  Nebengedanke 
liegt  darin,  das  'still'  vertrüge  sich  in  solcher  Lage  nicht 
mit  geheimem  Weh.  So  schneidet  also  die  Besserung 
'freudiglich'  für  'bitterlich'  nicht  erheblich  in  den  Gedanken 
ein ;  'bitterlich'  hatte  zuerst  nur  die  Bedeutung  von  'stark, 
voll  tiefer  Erregung'.  Uebrigens  ist  'freudiglich'  so  flüchtig 
geschrieben,  dass  selbst  der  beste  Handschriftenkenner  Heines 
Züge  nicht  mit  Sicherheit  feststellen  kann x).  Aber  da  sonst 
nie  in  diesen  Handschriften  von  Andern  etwas  geändert 
worden  ist,  so  dürfte  auch  dieses  Wort  von  Heine  her- 
rühren. —  Wir  sind  gewohnt,  mit  der  späteren  Fassung 
'So  muss  ich  weinen  bitterlich'  einen  anderen  Sinn  zu  ver- 
binden :  das  Geständnis  der  Liebe  regt  den  tiefsten  Schmerz 
in  dem  Dichter  auf;  er  muss  aus  irgend  einem  Grunde  ent- 
sagen.     Dies   ist   sicherlich   auch    in   der   berühmten  Schu- 


*)  Ich  befragte   ausdrücklich   einen  als   Autorität  geltenden 
Autographensammler. 


mannschen  Komposition  des  Liedes  ausgedrückt.      Es    liegt 
indessen  zu  dieser  Auffassung,  auch  bei  der  späteren  Text- 
gestalt, kein  unbedingter  Zwang  vor.  —  Zu  solchen  weiter 
gellenden  Erwägungen  geben  indessen  nur  wenige  der  Ab- 
weichungen Anlass.      Meist  liegt  der  Grund  der  Änderung 
klar  zu  Tage.      Namentlich  wurden   späterhin  viele  sittlich 
und  auch  religiös  anstössige  Stellen  beseitigt ;  solche  Stellen 
sind:  Traumbild  Nr.  5,  V.  45—52  (S.  9),  Nr.  9,  V.  13—16 
(S.  19);   'Ratcliff'  V.  52—55  (S.  135).  —  Nachlese  I,  A,    10 
und  B,  3 — 13  wurden,  aus  demselben  Grunde,  entweder  in 
Gedichtsammlungen    (die    dem  'Buch    der  Lieder'    vorher- 
gehen) gar  nicht   aufgenommen  oder  im  'Buch  der  Lieder' 
wieder   ausgeschieden.      Übertrieben    mochten    ihm   andere 
Stellen  erscheinen:  'Romanzen'  14,  V.  13 — 20  (S.  43);  Nach- 
lese I,  A ,  6  und   13;    nicht    mehr   seiner  Gesinnung   ent- 
sprechend   die    deutschttimelnden    und    altertümelnden    Ge- 
dichte: Nachlese  I,  A,    2  und  3;    II,   3  und   10,   und  die 
Gedichte  an  Schlegel,  Nachlese  III,   7  und  8.    Für  die  Ge- 
dichte, worin  er  den  'grossen  Judenschmerz'     und   die  Ab- 
neigung    gegen    das     Christentum     zum    Ausdruck     bringt 
(Nachlese  II,  21—22),    rechnete    er   wohl  beim  Publikum 
auf    keine   Teilnahme.       Andere    Gedichte    oder     Gedicht- 
stellen waren  zu  harmlos,    zu    burschikos   oder  zu  mangel- 
haft in  der  Form :  Nachlese  I,  A,  4,  7  u.  a. ;  II,  7,  8,  25—27  : 
III,   1—6  u.a.;   'Lieder' 7,  V.  16— 20  (S.  25);   'Romanzen' 
13,  V.  16—  24  (S.  42).  —  'Lyrisches  Intermezzo'  44,  V.  9—24 
wurden    erheblich  gefeilt   und   die  'Romanze   vom  Rodrigo' 
wurde  fast  ganz  umgeschrieben,  ja  sogar  der  Name  in  'Ra- 
miro'  verändert.  —  Diese  Andeutungen  mögen  hier  genügen ; 
denn  wollten  wir  auf  alle  Einzelheiten  hinweisen,    so  wäre 
ast  jedes  Gedicht  zu  erwähnen. 

n.  Analyse  des  Inhalts  der  Heineschen 
Jugendgedichte. 

Auf  den   folgenden  Blättern    ist  der  Versuch   gemacht, 
das  Verständnis  für  Heines  Jugendgedichte  durch  eine  aus- 


führliche  Analyse  derselben  zu  fördern.  Eine  solche  Auf- 
gabe scheint  besonders  durch  zwei  Unistände  gerechtfertigt 
und  geboten  zu  werden.  Erstens,  weil  das  schwankende 
Urteil  über  Heines  Dichtungen  vor  allem  dadurch  zu  er- 
klären ist,  dass  man  bei  seinen  widerspruchsvollen  Äusse- 
rungen entweder  nur  für  die  eine  oder  für  die  andere  Seite 
die  Augen  offen  hat,  und  weil  deshalb  eine  Zusammenstel- 
lung und  Vergleichung  aller  inhaltlich  zusammengehörigen 
Stellen  zur  richtigen  Verteilung  von  Licht  und  Schatten 
unmittelbar  beitragen  dürfte  5  zweitens  aber  deshalb ,  weil 
zur  Aufklärung  der  Beziehungen  vieler  Gedichte,  namentlich 
der  Liebeslieder,  noch  manches  zu  thun  übrig  ist.  Ist  es 
doch  auffällig ,  dass  es  mir  aufbewahrt  geblieben  ist ,  die 
wesentlichen  Thatsachen  zur  Annahme  einer  zweiten  Jugend- 
liebe Heines  zusammenzustellen,  über  welche  seine  Bio- 
graphen schweigen,  obgleich  ohne  diese  Annahme  mehrere 
Lieder  gar  nicht  zu  verstehen  sind.  —  Übrigens  bemerke  ich 
ausdrücklich,  dass  im  Folgenden  nicht  eine  vollständige 
Zusammenstellung  aller  wichtigen  Geistes-  und  Gefühls- 
äusserungen des  jungen  Dichters  versucht  wird.  Nur  der 
wichtige  Teil  seines  inneren  Lebens,  der  sich  im  cBuch 
der  Lieder'  spiegelt,  wird  hier  auseinander  gelegt;  Bekennt- 
nisse in  Briefen  und  Prosaschriften  werden  aber  nur  da 
herangezogen,  wo  ihre  Erwähnung  zur  richtigeren  Beleuch- 
tung erforderlich  zu  sein  scheint. 

Wir  fragen  nun  zunächst  nach  dem  Inhalt  der  Heine- 
schen Poesie ,  nach  den  Lebenseindrücken ,  Anschauungen 
und  Gefühlen,  die  sie  uns  offenbart',  wir  fragen  nach  dem 
rein  Persönlichen ,  das  der  Dichter  berichtet ,  nach  den 
"jungen'  Liebestragödien  (dem  Hauptthema  seiner  Dichtung), 
nach  Verwandtenliebe  und  Freundschaft,  nach  Verehrung 
und  Spott  für  einzelne  Personen  und  die  ganze  Zeit,  nach 
seinem  Weltschmerz,  seinem  religiösen  und  nationalen  Ge- 
fühl, seiner  romantischen  Begeisterung  für  die  altdeutsche 
Zeit,  seiner  Liebe  für  das  Meer  und  seiner  sonstigen  Natur- 
verehrung. Endlich  suchen  wir  aus  alle  dem  die  Grund- 
züge  seines  Gefühlslebens    zu  ermitteln,    wobei    denn 


auch  seine  Neigung  zu  spöttischer  Zersetzung  des  Gefühls  zu 
besprechen  ist.  Die  charakteristische  Bethätigungsweise 
seiner  Phantasie  und  die  Darstellungsmittel,  deren  er  sich 
bedient,  versucht  dagegen  der  hierauf  folgende  Abschnitt  zu 
beleuchten. 

1.  Heine  ist  einer  der  subjektivsten  Dichter  der  Welt- 
literatur; gleichwohl  ist  er  keineswegs  allzu  freigebig  mit 
Mitteilungen  über  seine  persönlichen  Lebensumstände,  und 
als  echter  Künstler  verschmäht  er  es ,  lange  Berichte  über 
seine  Seelenverfassung  zu  geben.  Gern  weilt  er  bei  den 
Eindrücken  der  Kindheit,  als  er  in  Mutters  warmem  Kämmer- 
lein Märchen  las,  während  draussen  Nacht  und  Wind  ('Ro- 
manzen5 16) ,  und  als  er  mit  dem  Schwesterchen  im 
Hühnerhäuschen  spielte,  sie  beide  unter  das  Stroh  krochen 
und  krähten,  dass  die  Leute  glaubten,  es  sei  wirkliches 
Hahnengeschrei,  oder  wenn  dann  des  Nachbars  Katze  in 
feierlichem  Besuche  empfangen  wurde,  wie  es  ja  jedem  un- 
serer Leser  aus  dem  berühmten  Gedichte  bekannt  ist 
('Heimk.5  38).  Und  besonders  das  Meer  weckt  ihm  die 
Träume  der  Kindheit  —  es  erinnert  ihn  an  die  Sommer- 
abende, als  er  und  die  Nachbarskinder  auf  den  Treppen- 
steinen der  Hausthür  zum  stillen  Erzählen  niederkauerten, 
'mit  kleinen,  horchenden  Herzen  und  neugierklugen  Augen' 
('Nordsee5  I,  2),  oder  es  erzählt  ihm  von  den  blinkenden 
Weihnachtsgaben,  an  denen  er  sich  einst  erfreut,  von  den 
roten  Korallenbäumen,  Goldfischchen,  Perlen  und  bunten 
Muscheln,  die  das  Meer  geheimnisvoll  bewahrt  ('Nord- 
see5 II,  1).  Dieser  idyllisch-lieblichen  Kinderzeit  gedenkt 
er  auch  sonst  mit  Wehmut  (Nachlese  I,  A,  3).  Und  mit 
Schmerzen  fühlt  er  den  Gegensatz  seines  beginnenden  Mannes- 
alters zu  dem  glücklich-mutigen  Strebensgefühl  der  ersten 
Jünglingsjahre,  als  er  die  Erde  zerstampfen  und  die  Sterne 
vom  Himmel  reissen  wollte  (Nachlese  I,  B,  10).  Aber 
gleichwohl  ist  er  später  nie  oder  fast  nie  in  ein  schwächliches, 
unerfreuliches  Klagen  verfallen.  Sein  Freund  Rousseau 
hängt  freilich   an   ihm,    wie    der  Epheu  an  morschem  Ge- 


mäuer  (Nachlese  III,  10).  Auch  nennt  er  sich  einen  kran- 
ken Jüngling,  mit  lebensmatten  Gliedern  und  ausgebranntem 
Herzen  (Nachlese  I,  B,  10),  aber  der  blöde  Kitter  mit  hohlen 
schneeweissen  Wangen  erglüht  und  erwacht  bei  den  nächt- 
lichen Träumen ,  wenn  die  Geliebte  im  Wellenschaum- 
kleide  erscheint  ('Lyr.  Int.5,  Prolog),  und  auch  schön  Hed- 
wig ,  die  vor  dem  bleichen  Heinrich  erschrickt ,  liegt  bald 
zur  Zeit  der  Gespenster  allnächtlich  in  seinen  Armen  ('Rom.'  1 2). 
Der  'lieben  Kleinen',  die  er  im  Sommer  1823  in  Kuxhaven 
traf,  weiss  er  mit  solch  zierlichen  Worten  von  seinen  grossen 
Schmerzen  zu  erzählen  ('Heimk.'  13),  dass  man  an  deren 
niederdrückende  Heftigkeit  nicht  glaubt ;  und,  wie  im  Leben, 
so  in  der  Dichtung,  weist  er  mit  einem  gewissen  Wohl- 
gefallen auf  das  schmerzlich- spöttische  Zucken  seines  Mundes 
hin  ('Bergidylle'  S.  150).  In  der  That,  Heines  kräftiges 
Selbstgefühl  hat  nie  für  lange  Zeit  darniedergelegen :  wenn 
selbst  der  König  ihm  ins  Antlitz  sähe,  er  würde  nicht  die 
Augen  niederschlagen  (Sonett  an  seine  Mutter  S.  50).  Und 
vor  allem  hebt  ihn  das  Gefühl,  ein  grosser  Dichter  zu  sein  •, 
innig  dankt  er  Schlegel,  der  dem  einst  an  seiner  Kraft  irre 
gewordenen  Jüngling  durch  herzlichen  Zuspruch  des  Zweifels 
Dolchgedanken  verscheucht  hat  (Nachlese  III,  8).  Jetzt  ruft 
er  stolz :  'Ich  bin  ein  deutscher  Dichter,  Bekannt  im  deut- 
schen Land;  Nennt  man  die  besten  Namen,  So  wird  auch 
der  meine  genannt'  ('Heimk.'  13);  ja  er  vergleicht  sich 
mit  Prometheus ,  der  das  himmlische  Feuer  den  Göttern 
stahl  und  den  Menschen  gab  und  'Olympauf  trotzte'  ('Nord- 
see' II,  5).  Bei  solchem  Selbstgefühl  kann  er  wohl  mit 
Behagen  die  Kastraten  verspotten ,  denen  seine  Stimme  zu 
grob  erscheint  ('Heimk.'  79),  werden  ihm  doch  sonst  'grosse 
Elogen'  gemacht,  wenn  auch  dieselben  Lobpreiser  gähnten, 
als  er  von  seinen  Schmerzen  erzählte  ('Heimk.'  34).  Auch 
als  er  träumt,  er  sei  der  liebe  Gott,  loben  die  Engel  seine 
Verse  ('Heimk.'  66)  und  scherzend  ruft  er  der  Geliebten 
zu :  sie  werde  später  als  seine  Gattin  herrlich  und  in  Freu- 
den leben,  aber  wenn  sie  seine  Verse  nicht  lobe,   so 


er  sich  scheiden  ('Heimk.3  72);  und  noch  deutlicher  ver- 
spottet er  sein  dichterisches  Selbstgeiühl  im  Ratskeller  zu 
Bremen:  der  "Wein  stimmt  ihn  weich,  und  er  vergiebt  gern 
allen  schlechten  Poeten,  wie  auch  ihm  einst  vergeben  wer- 
den solle  ('Nordsee'  II,  9).  Und  wie  schnöde  behandelt 
Poseidon  das  Poetlein,  das  ihn  ohne  Grund  furchtet:  denn 
er  hat  kein  Türmchen  an  Priamos'  Feste  verletzt,  kein 
Härchen  am  Aug'  des  Polyphemos  gekrümmt,  und  ihn  hat 
niemals  ratend  beschützt  die  Göttin  der  Klugheit,  Pallas 
Athene  ('Nordsee'  I,  5).  —  Noch  eins  erwähnt  der  Dichter 
öfter:  seine  Geldnot;  er  teilte  das  Los  der  meisten  Poeten, 
dass  er  sich  schlecht  aufs  Erwerben  und  gut  aufs  Ausgeben 
des  Geldes  verstand.  Mit  seinen  Werken  wurde  sehr  viel 
verdient,  aber  Heine  erhielt  von  diesen  Schätzen  nur 
wenig  ...  Er  erkannte  daher  in  der  Poesie  die  brotloseste 
der  Künste ;  während  andre  sich  in  Champagner  zum  Gotte 
tranken,  musste  er  dursten  oder  —  pumpen  (Nachl.  II,  25). 
So  wollen  sich  denn  andre  seiner  annehmen  mit  Rat  und 
guten  Lehren,  sie  wollen  ihn  'protegieren' ;  aber  hier- 
bei könnte  er  vor  Hunger  krepieren,  hülfe  er  sich  nicht 
selbst  ('Heimk.'  64).  Dass  es  aber  bei  dieser  Selbsthülfe 
nicht  ohne  Schulden  abgeht,  erzählt  er  öfter ;  seine  Dukaten 
sind  nicht  bei  den  güldnen  Fischen,  Blumen,  Vögeln  oder 
Sternen,  sondern  in  den  Klauen  der  hartherzigen  Manichäer 
('Romanzen5  17);  ach!  und  die  Lebensbahn  ist  lang,  er 
muss  die  Schulden  bezahlen  und  noch  manchmal  borgen, 
wie  er  es  bisher  gethan  hat  ('Heimk.'  36).  Freilich,  in 
dem  schönen  Traume ,  als  er  sich  als  der  liebe  Gott  er- 
scheint, da  ist  er  auch  von  Schulden  nicht  bedrückt 
('Heimk.'  66). 

Wir  sehen  also,  die  innig  zarten  Träume  vom  Glück 
seiner  Kindheit,  das  stolze  Bewusstsein  seiner  Dichterkraft 
und  halb  scherzende,  halb  selbstgefällige  Klagen  über  Krank- 
heit und  Geldnot,  das  ist  der  Kern  dessen,  was  Heine  über 
sein  persönliches  Leben  berichtet  —  aus  allem  ergiebt  sich 
ein  Zug  des  kräftigsten  Selbstgefühls,  ohne  welches  wir  uns 


einen  grossen  Dichter   und    überhaupt    einen   grossen  Mann 
nicht  denken  mögen1). 

2.  Früh  erblühte  in  unsers  Dichters  Seele  das  erste 
Gefühl  der  Liebe:  er  stand  erst  in  einem  Alter  von 
16  Jahren.  In  den  'Memoiren'  erzählt  er  davon  ausführ- 
lich2). Das  geliebte  Mädchen  war  die  gleichfalls  16jährige 
Tochter  eines  Scharfrichters  und  ward  nach  dessen  Tode 
von  ihrer  Tante,  deren  Mann  auch  Scharfrichter  gewesen 
war,  erzogen.  Heine  beschreibt  die  rhythmisch  edlen  Be- 
wegungen der  Geliebten,  das  feingeschnittene  Gesicht  mit 
den  grossen ,  dunklen ,  rätselhaften  Augen ,  den  hoch- 
geschürzten Lippen ,  dem  langen  blutroten  Haar.  Ihre 
Stimme  war  oft  verschleiert  und  nur  in  der  Leidenschaft 
brach  der  metallreichste  Ton  hervor.  'Sie  wusste  viele  alte 
Volkslieder1 ,  schreibt  Heine,  'und  hat  vielleicht  bei  mir  den 
Sinn  für  diese  Gattung  geweckt,  wie  sie  gewiss  den  grössten 
Einfluss  auf  den  erwachenden  Poeten  übte,  so  dass  meine 
ersten  Gedichte  der  „Traumbilder",  die  ich  bald  darauf 
schrieb,  ein  düstres  und  grausames  Kolorit  haben ,  wie  das 
Verhältnis,  das  damals  seine  blutrünstigen  Schatten  in 
mein  junges  Leben  und  Denken  warf1.  Erst  durch  diese 
Erklärung  gewinnen  wir  ein  volles  Verständnis  für  einige 
dieser  Traumbilder.  Es  liegt  nahe,  dass  Josefa  die  Vor- 
stellungen des  Todes  und  Grabes  lebhafter  in  ihm  anregte, 
und  wenn  er  in  dem  zweiten  Traumbilde  von  der  blassen 
schönen  Maid  erzählt,  die  sein  Totenhemd  wäscht,  seinen 
Sarg  zimmert  und  sein  Grab  schaufelt,  so  dürfte  ihm  wohl 
gewiss  Josefa  vorgeschwebt  haben.  Bedeutungsvoller  aber 
wird  diese  Beziehung  für  das  6.  und  7.  Traumbild.  Das 
Mädchen,  das  ihm  im  Traum  erscheint,  will  sich  ihm  hin- 
geben, wenn  er  ihr  seine  Seligkeit  dafür  geben  will  —  wie 
sonderbar  ist  dies,  wenn  man  die  Beziehungen  nicht  kennt, 
wie  erklärlich  aber,  wenn  man  die  jetzt  erschlossenen  Lebens- 

*)  Man  vergl.  Nr.  9  dieses  Abschnittes  der  Einleitung. 
2)  In  dem  ersten  Druck  (von  Engel  besorgt,   Hamburg  1884) 
8.  177  ff. 


umstände  berücksichtigt!     Wie    der  Scharfrichter  selbst,    so 
galten    seine  Angehörigen    für    unehrlich    und    verrufen  — 
dieser  Fluch  ging  durch  die  Liebe  zu  Josefa   auch   auf  un- 
sern  Dichter  über*    er   deutet  ihn  poetisch  als  den  Verlust 
der  Seligkeit ;     er   kann    der  Liebe   nicht   widerstehen ,    die 
bösen  Mächte  siegen.    Und  nun  folgt  im  7 .  Traumbilde  die 
höllische  Trauung  durch  Satan  selbst,  auf  deren  phantastisch- 
grossartige   Darstellung    wir    später    zurückkommen.      Auch 
bei  der    im  9.  Traumbild    erwähnten   marmorblassen  Maid, 
die  den  Dichter  im  Traum  besucht,  mag  Josefa  vorgeschwebt 
haben,  weiter  aber  dürfte  man  ihren  unmittelbaren  Ein- 
fluss  in  Heines  Versen  kaum  verfolgen  können.     Wir  kom- 
men zu  dem  Ergebnis,  dass  weniger  eine  tiefgreifende  Liebe, 
als  vielmehr  das  eigenartig  Schauerliche  von  Josefas  Geburt 
und  ihrer  Umgebung  bei  diesem  Verhältnis   für    das  innere 
Leben  Heines    von  Bedeutung  gewesen   ist.      Und    in    der 
That  gesteht  Heine,    dass  diese  Liebe    doch  nur  ein  Prälu- 
dium war,    welches    den  grossen  Tragödien    seiner  reiferen 
Periode  voranging.     Gleichwohl  ist  sie  bereits  von  charakte- 
ristischer Bedeutung,    denn   sie  zeigt  uns  des  Dichters  Nei- 
gung  zum    Phantastischen    und    zu    stark    erregenden  Ein- 
drücken,   der    er   sein    ganzes   Leben    hindurch    treu  blieb. 
Mittelbar   können    wir    die  Spuren  dieses   Verhältnisses 
weit  hinaus  verfolgen ;  freilich  dürfen  wir  nicht  alle  Grabes- 
und Gespensterphantasieen  in  Heines  Versen   lediglich  hier- 
durch erklären :  vielmehr  müssen  wir  die  litterarischen  Ein- 
flüsse (die  Schicksalstragiker,  E.  T.  A.  Hoffmann  u.  s.  w.)  mit 
in  Rechnung  ziehen  x).    Aber  eine  Verstärkung  dieser  Seite 
seines  Wesens  ist  ohne  Frage  durch  Josefa  erfolgt,  und  so 
möchten   wir   an    dieser  Stelle    auf  Ähnliches   flüchtig   hin- 
weisen.   Es  begegnet  uns  mehrfach  dieselbe  Wendung,  dass 
er  mit    der   toten  Geliebten   im  Grabe  liegen  möchte  ('Ro- 
manzen5  13,    'Lyrisches  Intermezzo'   31),    ja    er   fühlt  sich 
hierbei  so  wohl,    dass  er  am  Jüngsten  Tage  nicht   auf  die 


J)  Goethe  verspottet  diese  Richtung  im  1.  Akt  des  2.  Teils 
vom  cFaust',  nach.  V.  686  (Löpers  Ausg.). 


Posaune  hören  und  auferstehn,  sondern  vielmehr  mit  der 
Geliebten  umschlungen  liegen  bleiben  will  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo3 32).  Noch  ein  andermal  träumt  er,  wie  er  am  Jüngsten 
Tage  im  Grabe  liegt  und  nur  mühsam  dem  Wunsch  der  Ge- 
liebten folgen  und  sich  erheben  mag  ('Lyrisches  Intermezzo'  6  5). 
Und  es  kommen  die  liebenden  Gespenster  auch  zu  ihm;  er 
träumt  von  einem  Königskind  mit  nassen  blassen  Wangen, 
die  im  Grabe  liegt,  aber  des  Nachts  aus  übergrosser  Liebe 
den  Dichter  besucht  ('Lyrisches  Intermezzo'  42).  In  einem 
Gedicht  voll  hellen  Liebesjubels  drängt  sich  ihm  schliesslich  der 
Traum  auf,  dass  er  auf  weiter  Heide  unter  weissem  Schnee 
begraben  liege  und  die  Sternenaugen  der  Geliebten  sieghaft 
und  ruhig  heiter,  aber  voller  Liebe  zu  ihm  herniederschauten 
('Nordsee5  I,  7).  Diese  Züge  haben  wir  später  noch  wesent- 
lich zu  ergänzen,  wenn  wir  die  Darstellungsmittel  der  Heine- 
schen Poesie  betrachten  und  erkennen,  welch  grosse  Rolle 
bei  diesem  modernsten  Dichter  mythologische  und  aber- 
gläubische Vorstellungen  spielen.  Uns  scheint,  dass  dieses 
eigentümliche  Wohlgefallen  an  den  Schauem  des  Todes  und 
Grabes  sich  der  Grenze  des  Krankhaften  nähert,  dass  es 
gleichsam  ein  nervöser  Kitzel  ist,  für  den  ganz  gesunde  Na- 
turen nicht  empfänglich  sind;  ausserdem  ist  es  charakteri- 
stisch für  die  Kontrastgefühle,  die  Heines  Seele  durchaus 
beherrschen:  Liebesregung  und  Kirchhofsgrauen  verbinden 
sich  zu  einer  alle  Sinne  spannenden  Wirkung. 

3.  Unsere  Betrachtung  naht  sich  nunmehr  einer  der 
grossen  Herzenstragödien,  zu  denen,  nach  Heines  Äusserung, 
das  Verhältnis  zu  Josefa  nur  ein  Vorspiel  war.  Seit  dem 
Jahre  1816  lebte  in  des  Dichters  Seele  die  tiefe  Liebe  zu 
seiner  Muhme  Amalie  Heine,  der  Tochter  seines  reichen 
Oheims  Salomcn.  Nur  wenige  Briefstellen  geben  uns  Auf- 
klärung über  dies  Verhältnis,  während  dagegen  Heines  Ge- 
dichte so  ausgiebig  und  unermüdlich  davon  berichten,  dass 
man  sagen  kann,  in  diesen  Liebesliedern  liegt  der  Kern  und 
Mittelpunkt  der  Heineschen  Jugendpoesie.  —  Amalie  Heine 
war  im  Jahre  1800  geboren;  sie  war  also  nur  wenig  jünger 
als  unser  Dichter.      Bereits   im  August  1821    vermählte  sie 


sich  mit  einem  Gutsbesitzer  John  Eriedländer  in  Königsberg. 
Wie  weit  sie  des  Dichters  Gefühle  genährt  und  erwidert 
hat,  können  wir  nicht  genau  ermitteln.  In  dem  Brief  an 
Sethe,  vom  27.  Oktober  1816,  schreibt  Heine,  dass  Molly 
(und  darunter  ist  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  Amalie 
zu  verstehen)  ihn  nicht  liebe,  und  auch  manche  Stellen 
seiner  Lieder  besagen  dasselbe;  dem  stehen  aber  zahlreiche 
andre  Verse  gegenüber ,  in  denen  er  sich  über  ihren  'Ver- 
rat5 mit  überaus  heftigen  Worten  beklagt.  Jedenfalls  hat 
Heine  lange  Zeit  gehofft,  dass  sie  ihn  doch  schliesslich  er- 
hören werde  a),  und  es  ist  kein  Zweifel,  dass  ihre  Vermählung 
ihn  grenzenlos  unglücklich  machte. 

Das  Bild,  das  Heine  von  der  Geliebten  entwirft,  steht 
uns  aus  seinen  Versen  deutlich  vor  Augen,  und  auch  das 
älteste  und  fast  einzige  prosaische  Bekenntnis  über  sie  zeigt 
uns,  dass  Heines  Gefühl  für  sie  aus  eigentümlichen  Gegen- 
sätzen gemischt  war.  Er  schreibt  am  27.  Oktober  1816 
an  Sethe:  'Ich  glaube  dir  in  dieser  Hinsicht  schon  längst 
davon  gesprochen  zu  haben :  wie  ich  oft  in  deinen  Gesichts- 
zügen und  vorzüglich  in  deinen  Augen  Etwas  bemerkte, 
was  mich  auf  eine  unbegreifliche  Art  zugleich  von  dir  ab- 
stiess  und  zugleich  wieder  gewaltsam  zu  dir  hinzog,  so  dass 
ich  meinte,  im  selben  Augenblick  liebendes  Wohlwollen 
und  auch  wieder  den  bittersten,  schnöden,  eiskalten  Hohn 
darin  zu  erkennen.  Und  siehe!  dieses  nemliche  räthselhafte 
Etwas  habe  ich  auch  in  Mollys  Blicken  gefunden.  Und  eben 
dieses  ist  es ,  was  mich  auch  so  ganz  confus  macht'  2).  — 
Unermüdlich  preist  Heine  die  äussere  Erscheinung  der  Ge- 
liebten :  sie  strahlt  in  Schönheitsglanz,  wie  die  Wellenschaum- 
geborene ('Lyrisches  Intermezzo'  17),  ihre  Augen,  Lippen  und 
Wänglein  gleichen  denen  auf  dem  Madonnenbilde  im  Kölner 
Dom  ('Lyrisches  Intermezzo'  12);  kein  Dichter  würde  solch 


x)  Möglich  auch,  dass  in  dieser  Sache  (wie  wahrscheinlich  in 
Heines  letzten  Lebensjahren)  geheimes  Unglück  von  Bedeutung  war, 
auf  welches  Goedeke,  Grundriss  III  439,  hinweist. 
2)  Zuerst  gedruckt  bei  Hüffer,  a.  a.  0.  S.  21  ff. 


ein  'liebes,  süsses  Kindchen',  wie  sie,  in  seiner  Phantasie  er- 
schaffen —  ihr  holdes  Angesicht,  das  reizende  Mündchen 
und  die  falschen  frommen  Blicke  würden  von  der  Dichtkunst 
nicht  erreicht  werden  ('Lyrisches  Intermezzo'  16).  Immer 
wieder  besingt  er  die  blauen  Veilchen  der  Äugelein,  die 
roten  Rosen  der  Wängelein,  die  weissen  Lilien  der  Händ- 
chen klein  und  das  kleine  Mündchen  ('Lyrisches  Intermezzo' 
14,  29,  30).  Von  ihrem  Inneren  giebt  er  dagegen  zunächst 
keine  genauere  Charakteristik,  und  es  ist  wesentlich  ihr  Ver- 
halten ihm  gegenüber,  was  ihr  Wesen  —  und  zwar  in  grellster 
Weise  —  beleuchtet.  Wir  versuchen  im  Folgenden,  die 
zerstreuten  Bruchstücke  dieses  Romans,  so  gut  es  geht, 
chronologisch  zu  besprechen ;  dabei  gilt  es,  einen  tiefen  Ein- 
schnitt zu  berücksichtigen :  Heine  hat  nämlich,  nachdem  ihm 
die  Geliebte  für  immer  verloren  war,  seine  Herzenserleb- 
nisse noch  einmal  von  Anfang  an  dichterisch  verkörpert  und 
diese  zweite  Darstellung  aus  dem  Jahre  1822  im  'Lyrischen 
Intermezzo'  zusammengefügt.  Nur  wenige  Lieder  aus  früherer 
Zeit  (Nr.  17 — 19,  66)  wurden  darin  aufgenommen.  Wir 
betrachten  also  zunächst  diejenigen  Gedichte,  welche  sein 
Liebesleben  unmittelbar  begleiteten,  dann  die  erwähnte 
zweite  Gruppe  und  endlich  eine  dritte,  welche  entstand,  als 
der  Dichter  im  Jahre  1823  die  Stätte  seines  Unglücks  aufs 
neue  betrat  und  in  der  Erinnerung  noch  einmal  alle  Schmerzen 
der  Vergangenheit  durchlebte. 

A.  Als  der  Jüngling  1816  nach  Hamburg  zog,  konnte 
er  bereits  seinem  Freunde  Zuccalmaglio  schreiben,  dass  ihn 
ein  goldner  Stern  nach  Nordland  treibe:  es  war  der  Stern 
der  Liebe,  der  Liebe  zu  Molly-Amalie  *)  (Nachl.  III,  1). 
Am  6.  Juli  1816  schreibt  er  an  Sethe:  'Freu  Dich,  freu 
Dich,  in  4  Wochen  sehe  ich  Molly'2).  Und  die  Unruhe 
vor  ihrer  Ankunft  schildert  uns  das  zweite  der  'Lieder'  in 
den  'Jungen  Leiden' :  die  Stunden  sind  ein  faules  Volk  und 
gehen  langsam   voran,    wohl    nie  empfanden   die  Hören  die 


J)  Man  vergl.  dazu  Hüffer,  a.  a.  0.  S.  17  ff. 
2)  Ebenda  8.  11. 


Liebe !     Vielleicht  bezieht  sich  auf  diese  Begrüssungsstunde, 
Avas  Heine  in    dem  6.  Sonett   an  Christian  Sethe  berichtet : 
die  Geliebte  gab  ihm  keinen  Kuss,  erst  ein  Jahr  darauf  ge- 
währte  sie    ihm    diese  Gunst    und    schenkte   ihm  auch  ein 
Myrtenreis,  das  er  unter  Glas  stellen   und  aufziehen  sollte; 
aber  das  Reis  starb.     Welche  Veränderung   ist  in  ihm  vor- 
gegangen,   seit  er  sie    gesehen  hat!      Schlaflos    und   unter 
Thränen  verbringt   er  die  Nächte;    er   flieht  Menschen  und 
Freuden;    einst   war    er   ein  frohes  Kind,    jetzt   ist  er  ein 
bleicher  Mann  geworden ;  die  Friedensengel  sind  aus  seiner 
Brust   gezogen-,    Nacht  umdtistert,    Schatten    bedrohn   ihn, 
seltsame  Schmerzen  steigen  in  ihm  auf  —  und  das  alles  machte 
die  Liebe!  (Nachl.  I,  A,  3  und  cJunge  Leiden',  'Lieder'  1). 
Wir    wissen,     dass    Heine    seiner    schönen   Herzenskönigin 
manches  Lied  als  Huldigung  darbrachte,    ohne  aber  hierfür 
ihren  Beifall    zu    erwerben1).      Die   Widmungsverse    einer 
solchen  kleinen  Sammlung  liegen  in  Nr.  6  der  Abteilung  I,  A, 
unserer  Nachlese  vor.     Rote  und  weisse  Liederblumen,    die 
aus  seinen  Herzenswunden  erblüht  sind,    bindet   er   für  sie 
zum  Strauss  zusammen;    er   mag   ja    nicht  aus  dem  Leben 
scheiden,    ohne  ihr  ein  Liebeszeichen    hier    zurückzulassen; 
aber  selbst  sein  Schmerzenleben,    da  in  ihrer  Nähe ,    war 
beneidenswert,  und  von  droben  kann  er  sie  bald  mit  Geister- 
schutz umschweben  und  ihr  Friedensgrüsse  ins  Herz  wehen. 
Wie  die  Blumen  zur  Sonne,  die  Ströme  zum  Meer,  so  strö- 
men seine  Lieder   zu  seinem  leuchtenden  Lieb  (Nachlese  I, 
A,  8).     Er  denkt  an  sie  den  ganzen  Tag  und  sieht  sie  im 
nächtlichen  Traum;    sie  fragt  nach  seinem  Weh;    er  sagt: 
es    sitze    im    Herzen ;    da   legt    sie    die  Hand  darauf   und 
plötzlich    verschwindet    der   Schmerz  (Nachlese  I,    A,  11). 
Sie  ist  die  'Blume  wunderhold',  nach  der  er  immer  streben 
muss ;  was  bedeutete  sein  ganzes  Leben,  wenn  er  s  i  e  nicht 
lieben  könnte!     Er  möchte   sie   nur  einmal  mit  Wahnsinn- 
lust umschlingen  und  küssen    und  ein  liebevolles  Wort  von 
ihr    hören    ('Traumbilder'    10).      Aber    bald    kommt    die 


')  Man  vergl.  dazu  Hüffer,  a.  a.  0.  S.  26. 


Trennungsstunde:  im  Sommer  1819  liquidierte  Heine  sein 
Geschäft  und  ging  nach  Düsseldorf,  um  sich  für  die  Uni- 
versitätsstudien vorzubereiten.  Damals  schrieb  er  das  be- 
kannte herrliche  Gedicht  'Schöne  Wiege  meiner  Leiden* 
('Junge  Leiden5,  'Lieder5  Nr.  5).  Auch  in  der  14.  Ro- 
manze dürfte  der  Schmerz  dieser  Abschiedsstunde  festgehalten 
sein :  der  Liebende  guckt  sich  fast  die  Augen  aus,  aber  von 
dem  Fenster  seiner  Schönen  wird  ihm  kein  Gruss  zuteil. 
Mit  poetischer  Übertreibung  sagt  er  im  6.  der  'Lieder5,  dass 
er  von  zwei  Jungfrauen  Abschied  nehme:  von  Europa  und 
von  ihr;  sie  hat  ihm  Flammen  und  Tod  gebracht,  und 
mit  seinem  Blute  will  er  seine  Schmerzen  niederschreiben. 
Als  er  fern  ist,  gedenkt  er  ihrer  in  manchem  zarten  Liede; 
die  schönen  Sterne  sollen  die  Geliebte  grtissen  und  ihr 
sagen,  dass  er  noch  immer  herzekrank  und  bleich  und  treu 
sei  (Nachlese  I,  A,  7),  und  seine  Sehnsucht  wächst,  als  er 
andre  mit  ihrem  Liebchen  durch  die  Lindenreihen  gehen 
sieht,  während  er  selbst  mutterseelen  allein  ist;  er  kann's 
nicht  länger  ertragen  und  will  manch'  hundert  Stund'  wandern 
bis  zu  der  Stadt  mit  den  drei  Türmen,  an  der  Mündung 
des  grossen  Stroms  —  dort  geht  dann  auch  er  mit  dem 
Liebchen  durch  die  Lindenreihen  (Nachlese  I,  A,  4).  Dem 
Trost,  den  die  Vöglein  dem  gramvoll  Wandelnden  zusingen, 
traut  er  nicht  ('Lieder5  Nr.  3).  Und  als  er  wiederum  ein 
kleines  Liederbuch  zusammengestellt  hat,  da  meint  er,  diese 
Lieder  würden  einst  vom  Geist  der  Liebe  geweckt  werden, 
wenn  die  Geliebte  'im  fernen  Norderland5  sie  läse,  —  dann 
löst  sich  der  Bann,  und  die  blassen  Buchstaben  schauen  ihr 
flehend  ins  schöne  Auge  ('Lieder5  Nr.  9).  Aber  schon  früh 
scheinen  dunklere  Schatten  über  des  Dichters  Gemüt  ge- 
zogen zu  sein :  er  begann  im  Sommer  1820  die  Tragödie 
'Almansor'  zu  schreiben  (ein  Hauptdenkmal  seiner  unglück- 
lichen Liebe),  und  im  November  desselben  Jahres  ward 
auch  bereits  das  'Liedchen  von  der  Reue5  ('Romanzen5 
Nr.  15)  gedruckt,  das  wahrlich  nicht  aus  dem  Herzen  eines 
warm  und  hoflnungsvoll  Liebenden  hervorgegangen  ist.  Der 
Mund    der  Geliebten    gleicht    den   hübschen   Rosenbüschen, 

Litteraturdenkmale  des  18,  u.  19.  Jahrh.    27.  b 


zwischen  denen  die  Schlangen  —  die  giftigen  Worte  — 
einherschleichen ;  das  Grübchen  ihrer  Wangen  ist  die  Grube, 
worein  ihn  wahnsinniges  Verlangen  trieb ;  ihre  Lockenhaare 
sind  Satans  Netze,  ihr  blaues  Auge  nicht  die  Pforte  des 
Himmels,  sondern  der  Hölle.  Und  bald  muss  ihm  dann 
auch  die  Nachricht  gekommen  sein,  dass  Amalie  einem  an- 
deren ihr  Herz  geschenkt  hatte.  Möglich,  dass  das  Gedicht 
Nachlese  I,  A,  12  hierauf  Bezug  nimmt;  wenn  er  jetzt 
die  Geliebte  im  Traum  sieht,  am  Arbeitstisch  sitzend,  im 
roten  Mieder,  und  sie  ihm  die  schönste  Locke  darreicht,  so 
macht  Satan  daraus  ein  festes  Seil,  woran  er  ihn  seit  Jahren 
herumschleift  (Sonette  an  Sethe  5).  Er  selbst  fühlt  sich  als 
der  cwunde  Ritter0 ,  der  die  Geliebte  als  treulos  verachten 
muss;  kein  andrer  zeiht  sie  eines  Makels,  und  er  muss  die 
Lanze  gegen  das  eigne  klagende  Herz  wenden ;  gern  würde 
er  mit  seinem  Blut  ihren  Fleck  abwaschen,  mit  seinem 
eignen  Himmelsgut  ihre  Schuld  sühnen  ('Romanzen'  13). 
Und  als  er  sie  ein  andermal  im  Traum  sieht,  da  steht  er 
vor  ihr  und  beglückwünscht  sie  zu  ihrer  Verlobung,  aber 
der  vornehm  kalte  Ton  seiner  Stimme  presst  ihm  die  Kehle 
zu  und  auch  ihr  Bild  zerfliesst  fast  in  Thränen  ('Traum- 
bilder1 3).  Die  Verzweiflung  macht  ihn  jetzt  ungerecht; 
er  meint,  in  ihr  lieblos  frostiges  Gemüt  kam  Hochmut  nur 
und  Übermut  hinein;  er  hört  sie  leise  kichern  und  glaubt, 
ihm  müsse  der  Kopf  zerspringen  (Sonette  an  Sethe  5).  Die 
Welt  ist  ihm  eine  Marterkammer,  und  sie,  das  vorbeigehende 
Mägdlein,  giebt  ihm  den  Todesstoss;  sie  sieht  neugierig  zu, 
wie  ihm  die  Glieder  zucken,  die  Zunge  ihm  aus  dem  Munde 
hängt;  sie  horcht,  wie  sein  Herz  noch  ächzt;  sein  Todes- 
röcheln  ist  ihr  Musik,  und  mit  kaltem  Lächeln  steht  sie  da 
(Nachlese  I,  A,  13).  Ein  sanftes  Engelsfrätzchen  erscheint 
ihm  jezt  schlimmer  als  grimme  Teufelsfratzen;  schlimmer 
als  schwarze  alte  Katzen  ist  ihm  ein  weisses  junges  Kätz- 
chen, denn  ein  solches  hat  ihm  das  Herz  zerfleischt,  dass 
es  verblutet,  und  doch  wollte  er  gern  verbluten,  könnte  er 
nur  jenes  wunderzarte  Pfötchen  an  die  Lippen  drücken 
(Sonette    an    Sethe  7).      Er    möchte   sich   in   seiner    Qual 


erheben  und  ermannen,  aber  er  kann  es  nicht,  sein  krankes 
Herze  bricht  und  vor  den  Augen  wird's  ihm  immer  trüber 
(An  Sethe  9).  —  Die  Geliebte  gleicht  dem  Rheine :  oben 
ist  Lust,  im  Busen  aber  Tücke  ('Lieder*  7).  Bald 
steigert  sich  seine  Qual  bis  zum  Schrei  der  Verzweiflung, 
als  er  sich  die  Trauung  der  Braut  vergegenwärtigt :  sie  steht 
mit  dem  nichtsnutzigen  Kerl  vor  dem  Altare,  und  tausend 
Teufel  rufen  Amen  ('Traumbilder5  4) ;  und  beim  Hochzeits- 
fest steht  er  hinter  ihrem  Stuhle ;  sein  Blut  zischt  und  gärt 
und  ist  von  grimmer  Glut  verzehrt ;  der  Wein,  den  sie  trinkt, 
ist  sein  Blut,  der  Apfel,  den  sie  isst,  sein  Herz,  und  wenn 
der  Bräutigam  sie  umschlingt  und  küsst,  so  umschlingt  ihn 
der  Tod;  später  schleicht  er  dem  Paare  ins  Brautgemach 
nach,  aber  dort  flammt  ein  Glutenmeer  um  ihn ;  die  Erde 
kracht,  und  sein  Herz  zuckt,  dass  er  aus  dem  grässlichen 
Traume  aufschrickt  ('Traumbilder5  5).  Aber  trotz  solch 
heftiger  Qual  möchte  er  ihren  Verrat  entschuldigen,  bei  all 
ihrer  Diamantenpracht  fällt  doch  kein  Strahl  in  ihres 
Herzens  Nacht;  sie  ist  selbst  elend,  —  beide  sind  sie  von 
gleich  heftigem  Unglück  betroffen  ('Lyrisches  Intermezzo' 
17— 19)1). 

B.  Soweit  können  wir  die  Lieder  verfolgen,  die  Heine 
in  unmittelbarem  Anschluss  an  die  erwähnten  Ereignisse 
seines  Lebens  gedichtet  haben  dürfte.  Der  Umstand,  dass 
er  im  'Lyrischen  Intermezzo'  noch  einmal  den  Roman  seines 
Herzens  niederlegte,  mag  zunächst  auffällig  erscheinen ;  doch 
lassen  sich  drei  Gründe  aufweisen,  die  sein  Thun  uns  leicht 
erklären.  Erstens  wusste  Heine ,  als  echter  Künstler, 
sehr  wohl,  dass  nur  dasjenige  sich  poetisch  gestalten  lässt, 
was  die  Seele  in  tiefster  Tiefe  erregt;  überblickte  er  aber 
seinen  geistigen  Besitz,  so  hatte  nichts  für  ihn  eine  solche 
Bedeutung,  als  der  immer  erneute  Herzenskummer,  der  ihn 
bedrückte.  In  dieser  Beschränkung  auf  ein  kleines  Gebiet 
sah  Heine,  wie  er  am  10.  Juni  1823  an  Immermann  schrieb, 
'das  traurige  Geheimnis   seiner  poetischen  Kraft' ;    handeln 


*)  Ältere  Lieder,  1821  gedichtet,  vergl.  oben  S.  XV. 

b* 


doch  auch  seine  'Tragödien5  über  denselben  Gegenstand! 
—  Zweitens  aber  mochte  er  erst  jetzt,  als  die  Zeit  des 
heftigsten  Schmerzes  vorüber  war,  die  volle  Kraft  zu  wirk- 
samer Gestaltung  seiner  Erlebnisse  gewonnen  haben,  es 
mochte  ihm  der  erste  Ausdruck  derselben  nicht  genügen, 
und  in  der  That  kann  kein  Zweifel  darüber  sein,  dass  die 
Lieder  des  'Lyrischen  Intermezzos5  viel  vollkommner  sind, 
als  die  meisten  bisher  besprochenen.  Doch  herrscht  in 
einigen  dieser  letzteren  ('Lieder5  5,  'Lyrisches  Inter- 
mezzo5 17 — 19)  ein  Ton  unmittelbarster  Erregung,  der 
späterhin  nur  selten  wieder  erreicht  wurde.  —  Überblicken 
wir  aber  die  Gesamtheit  des  'Lyrischen  Intermezzos5  und 
vergleichen  wir  sie  mit  den  früheren  Gedichten,  so  erkennen 
wir  bald  einen  eingreifenden  Unterschied  der  dichterischen 
Darstellung,  der  uns  den  dritten  Grund  zu  der  neuen 
Gestaltung  des  alten  Romans  darlegt.  In  dem  'Lyrischen 
Intermezzo5  herrscht  nämlich  die  innigste  Wechselwirkung 
von  Natur-  und  Menschenleben,  von  der  in  Heines  bis- 
herigen Gedichten  nur  eine  geringe  Spur  wahrzunehmen  ist. 
Genaueres  darüber  unten.  Wir  dürfen  annehmen,  dass  dem 
Dichter  die  volle  Bedeutung  dieses  Darstellungsmittels  erst 
um  die  Wende  des  Jahres  1821/22  aufgegangen  ist,  und 
dass  der  Wunsch,  dasselbe  zu  bethätigen,  ihn  ebenfalls  zu 
den  fraglichen  Gedichten  angeregt  hat. 

Im  Mai  ist  die  Liebe  im  Herzen  des  Dichters  aufge- 
gangen x)  (1)  •,  Rose,  Lilie,  Taube  und  Sonne  liebt  er  nicht 
mehr,  sondern  nur  die  Kleine,  die  Reine  (3),  der  er  Blumen 
und  Nachtigallenlieder   weiht,  welche    aus    seinen  Thränen 


XJ  Im  'Gesellschafter5  vom  13.  August  1821,  Nr.  129,  Beilage 
'Zeitung  der  Ereignisse  und  Ansichten3  veröffentlichte  Heine  eine 
Besprechung  des  'Rheinisch  -westphälischen  Musenalmanachs  auf 
das  Jahr  1821 5,  worin  er  drei  Gedichte  von  dem  Herausgeber 
Friedrich  Rassmann  besonders  erwähnt,  deren  eines,  'Einzwängung 
im  Frühling5  betitelt,  mit  den  berühmten  Worten  beginnt:  'Im 
wunderschönen  Monat  Mai5.  Im  übrigen  berührt  sich  der  Inhalt 
des  Gedichtes  nicht  mit  dem  Heineschen;  da  aber  das  letztere 
1821  oder  1822  entstand,  so  ist  bewusste  Anlehnung  nicht  unwahr- 
scheinlich. 


und  Seufzern  hervorgehen  (2) ;  durch  sie  schwindet  ihm 
alles  Leid  und  Weh,  Himmelslust  ergreift  ihn  und  vor  Er- 
regung muss  er  weinen  (4);  er  möchte  Wang'  an  Wang', 
Herz  an  Herzen  mit  ihr  ruhn  und  vor  Liebessehnen  sterben  (6) ; 
ein  böser  Traum  vergegenwärtigt  ihm,  dass  er  die  Geliebte 
durch  den  Tod  verlieren  könne  (5),  aber  noch  ist  es  nur 
ein  Traum!  Er  möchte,  um  sein  elfenzartes  Glück  zu 
schildern,  seine  Seele  in  den  Kelch  der  Lilie  tauchen,  und 
diese  unschuldreine  Lilienseele  soll  dann  erklingen,  schauernd 
und  bebend  wie  der  Kuss  von  ihrem  Mund  (7).  Er,  der 
jetzt  die  Sehnsuchtssprache  der  Sterne  versteht  (8),  führt 
die  Geliebte  auf  Flügeln  des  Gesanges  in  die  östliche  Garten- 
heimat, nach  Indien,  wo  die  Lotosblumen  ihre  Schwester 
erwarten  (9),  und  nun  erzählt  er  von  dieser  Blume  mit 
ihrer  innigen  Sehnsucht,  ohne  dass  er  uns  auf  den  zarten 
Vergleich  mit  der  Geliebten  aufdringlich  hinwiese  (10).  Bald 
aber  wendet  sich  das  Blatt:  sie  sagt  schnippisch,  dass  sie 
ihn  nicht  liebe,  doch  wenn  er  ihr  nur  ins  Auge  sehen  und 
sie  küssen  kann,  so  ist  er  froh  wie  ein  König  (1 2) ;  er  ver- 
spottet ihren  Treueschwur  (13);  er  lacht,  dass  sie  kein  Herz 
hat  (14);  er  lacht  aber  auch  über  die  Welt,  die  sie  für 
charakterlos  erklärt  (15),  denn  ihre  Schönheit  und  ihre 
Küsse  beseligen  ihn  noch  immer  (11,  14.  15,  16) 1).  Bald 
aber  wird  aus  dem  bedrohlichen  Scherz  die  schmerzlichste 
Wahrheit!  Die  Geliebte  vermählt  sich  mit  einem  andern, 
fühlt  sich  aber  selbst  doch  elend2).  Die  guten  Englein 
weinen,  als  sie  den  Hochzeitsreigen  hören  (20),  und  wüssten's 
die  Blumen ,  Nachtigallen  und  Sterne ,  sie  klagten  mit  ihm 
und  trösteten  ihn;  aber  sie  kennen  ja  sein  Leid  nicht;  nur 
sie  kennt  es,  die  ihm  das  Herz  zerrissen  hat  (22),  ach, 
und  er  kann  es  nicht  fassen,  wie  sie  ihn  hat  vergessen 
können  (21) ;  man  hatte  ihr  viel  Schlimmes  von  ihm  erzählt 
(freilich  nie  von  seiner  Liebe  gesprochen)  (24);  er  war  lange 


*)  Damals  wird  auch  das  Lied  entstanden  sein:    'Ich  glaub' 
nicht  an  Himmel',  Nachlese  I,  A,  10. 

2)  Hier  sind  die  früheren  Lieder  eingefügt,  vgl.  oben  S.  XV. 


fern,  da  hat  sie  sich  ein  Hochzeitskleid  genäht  und  sich  mit 
dem  dümmsten  der  dummen  Jungen  vermählt  (29).  Jetzt 
sind  ihm  die  Rosen  blass,  die  Veilchen  stumm;  die  Lerche 
singt  kläglich ;  das  Balsamkraut  giebt  Leichenduft ;  die  Sonne 
ist  kalt  und  verdrossen,  die  Erde  grau  und  öde  (23).  Als 
die  Linde  blühte  und  die  Nachtigall  sang,  erblühte  die 
Liebe,  als  die  Blätter  abfielen,  da  verwelkte  auch  sie  (25) ; 
der  Mai  kommt  wohl  wieder  mit  all  seinen  Freuden,  aber 
dem  verwundeten  Herzen  des  Dichters  scheint  alles  'mise- 
rabel' zu  sein  (28).  Seit  der  Trennung  von  der  Geliebten 
hatte  er  das  Lachen  verlernt,  seit  er  sie  verloren  hat,  auch 
das  Weinen  (35);  er  gleicht  jetzt  dem  Fichtenbaum  im 
kalten  Norden,  der  von  der  unerreichbaren  Palme  im  Morgen- 
land sehnend  träumt  (33).  Nur  das  Herz  der  treulosen 
Schönen  ist  verdorrt ;  ihre  Äuglein,  Wänglein  und  Händchen 
blühen  fort  und  fort  (30) ;  die  Lieder  kommen  wehklagend 
von  ihr  zurück  (36) ;  und  doch  möchte  sein  Kopf  der 
Schemel  ihrer  Füsse,  sein  Herz  ihr  Nadelkissen,  sein  Lied 
das  Papier  ihrer  Papillotte  sein  (34) ;  am  liebsten  läge  er  in 
ihren  Armen  im  Grabe,  bis  über  den  Jüngsten  Tag  hinaus  (32). 
Immer  aufs  neue  quält  ihn  die  Erinnerung  (38,  39) ;  hört 
er  das  Lied  singen,  das  sie  einst  gesungen,  so  eilt  er  in 
dunklem  Sehnen  auf  die  Bergeshöh',  um  sich  auszuweinen  (41). 
Er  träumt,  trostlos  mit  ihr  nachts  an  der  Geisterinsel  vor- 
beizufahren (43) ;  er  sieht  sie  mit  thränendem  Auge  hinaus- 
starren in  die  unfreundliche  Herbstnacht  (58) ;  er  träumt 
noch  einmal  in  süsser  Verblendung  von  einem  feierlich- 
innigen Empfang  bei  der  Geliebten  (59),  oder  er  sieht  sie 
in  dem  Pdesenschloss,  wo  alle  ängstlich  den  Ausweg  suchen, 
und  wo  sie  ihm  plötzlich  in  dem  Thor  entgegentritt  und 
ihn  sonderbar  anblickt  (61),  oder  endlich,  er  träumt,  dass 
sie  ihn  am  Jüngsten  Tage  auferstehen  heisst,  dass  er  es  aber 
nicht  vermag:  seine  Augen  sind  vom  Weinen  erloschen, 
sein  Herz  ihm  durch  ihre  spitzigen  Worte  zerstochen,  sein 
Haupt  blutet,  da  er  einst  hineingeschossen;  endlich  will  er 
doch  ihren  Bitten  folgen  und  erhebt  sich:  da  brechen  aber 
alle  Wunden  auf,    und    er  erwacht  (65).      Seine  Liebe   er- 


scheint  ihm  wie  ein  trauriges  Märchen  (49) ;  die  Blumen 
bitten  ihn,  ihrer  Schwester  nicht  böse  zu  sein  (46),  und  er 
sagt  sich,  dass  sie  ihn  nie  gehasst  und  nie  geliebt  habe  (48). 
Wäre  er  ein  Gimpel,  so  hätte  sie  sich  ihm  gewiss  hold  er- 
wiesen (54) ;  so  aber  ist  ihm  Gift  ins  blühende  Leben  ge- 
gossen (52) ;  immer  erneut  fliessen  nachts  seine  Thränen, 
und  sie  trocknen  auch  nicht,  wenn  er  erwacht  (56) i  sie 
grtisst  ihn  freundlich  im  Traume,  er  stürzt  weinend  zu  ihren 
Füssen  ,  sie  schüttelt  das  blonde  Köpfchen,  sagt  ihm  heim- 
lich ein  Wort,  (dass  sie  ihn  dennoch  liebe?)  und  reicht  ihm 
den  Cypressenstraucb,  als  Zeichen  der  Trauer  —  er  ist  für 
sie  tot  (57).  Und  dieses  vollständige  Sterben  seiner  Liebe 
ist  wunderbar  schön  ausgedrückt  in  dem  Bilde  von  dem 
herabfallenden  Stern,  den  herabfallenden  Blättern  des  Apfel- 
baumes und  dem  singend  sterbenden  Schwan1)  (60);  jetzt 
wandelt  er  mit  wilden  Selbstmordsgedanken  nachts  durch 
den  Wald,  dass  die  Bäume  mitleidig  ihr  Haupt  schütteln  (62), 
oder  er  steht  sinnend  am  Kreuzweg,    wo  die  Selbstmörder 


r)  Karl  H  e  s  s  e  1  hat  in  seinem  Aufsatz  cHeine  und  das 
deutsche  Volkslied'  (Köln.  Ztg.  vom  22.  Februar  1887,  Nr.  53) 
wertvolle  Beiträge  zum  Verständnis  der  Lieder  60,  62,  63  gegeben. 
Namentlich  62  und  63  bedürfen  der  Erläuterung.  In  der  von 
Heines  Freund  H.  Straube  herausgegebenen  „Wünschelrute"  wird 
Folgendes  erzählt:  cIn  einem  einsam  gelegenen  Jägerhaus  stirbt 
nachts  die  Gattin,  da  eilt,  ehe  der  Tod  eintritt,  der  Jäger  im 
Haus  umher  und  weckt  alle  Leute,  »denn«,  heisst  es,  »es  ist  ein 
alter  Glaube,  man  müsse  bei  Todesfällen  alle  im  Hause  wach- 
rütteln«. Daran  dachte  offenbar  der  Dichter  und  will  also,  indem 
er  die  Bäume  wachrüttelt,  andeuten,  dass  er  jetzt  sterben  werde; 
die  Bäume  aber  winken  ihm  zu,  er  möge  es  nicht  thun.5  —  Die 
Armesünderblume  (Nr.  63)  ist  aber,  nach  Hessel,  als  Sinnbild  un- 
glücklicher Liebe  zu  verstehen,  wie  durch  ein  anderes  Volkslied 
dargetkan  wird:  ceine  treue  Braut,  die  sehnsüchtig  vergeblich  am 
Wege  der  Rückkehr  des  Liebsten  geharrt,  ist  in  dies  Blümlein 
verwandelt  worden.  Gemeint  ist  die  Wegewarte  (Cichorium  intubus), 
deren  dunkelblaue  Blüten  im  Lauf  des  Tages  immer  blasser  wer- 
den. Sie  wächst  mit  Vorliebe  an  Wegen,  und  an  Wegen,  vor  der 
Stadt,  begrub  man  im  Mittelalter  die  Selbstmörder.  So  enthüllt 
in  vorliegendem  Liede  eigentlich  erst  die  Kenntnis  des  Volksliedes 
die  doppelte  Beziehung  auf  Selbstmord  und  unglückliche  Liebe.5 


begraben  werden;  er  starrt  die  Armesünderblume  an,  das 
Sinnbild  unglücklicher  Liebe  (63)  und  hegt  keinen  an- 
dern Wunsch,  als  dass  ihn  die  ewige  Todesnacht  aufnehmen 
möge  (64).  Endlich  bestattet  er  Liebe  und  Schmerz  in  dem 
ungeheuren  Sarge,  der  auf  gewaltiger  Bahre  von  zwölf  Riesen 
davongetragen  und  ins  Meer  versenkt  wird  (66) ;  aber  er 
weiss  doch  ,  selbst  aus  den  Trümmern  der  Welt  würden 
seine  Liebesflammen  hervorschlagen  (48) : 

Es  ist  eine  alte  Geschichte, 
Doch  bleibt  sie  immer  neu, 
Und  wem  sie  just  passieret, 
Dem  bricht  das  Herz  entzwei.  (40) 

C.  Auch  in  den  Liedern  der  'Heimkehr"  erklingt  noch 
ein  tieftrauriger  Nachhall  von  des  Dichters  Liebesschmerz, 
und  in  dieser  Gruppe  von  Gedichten  erkennen  wir  gleich- 
sam den  dritten  Teil  der  Herzenstragödie *).  Seit  das 
süsse  Bild  entschwunden  ist,  das  seines  Lebens  Dunkelheit 
erhellte,  ist  er  gäuzlich  nachtumhüllt  (1) ;  die  Schwalben 
an  Liebchens  Fenster  wissen's,  warum  ihm  so  weh  zu  Mute 
ist  (4) ;  nennt  man  die  schlimmsten  Schmerzen,  so  wird  auch 
der  seine  genannt  (13).  Da  trifft  er  auf  der  Reise  die 
Familie  der  Geliebten  wieder!  So  sehr  Varnhagen  den 
jungen  Freund  vor  einer  Reise  nach  Hamburg,  der  Wiege 
seiner  Leiden,  gewarnt  hatte,  so  Hess  dieser  sich  doch  nicht 
abhalten,  im  Sommer  1823  2)  dorthin  zurückzukehren.  Heine 
hatte  bereits  damals  die  Absicht,  nach  Paris  überzusiedeln, 
und  er  hoffte,  von  seinem  reichen  Oheim  Salomon  die  Mittel 
dazu  zu  erhalten.  Da  letzterer  sich  nicht  willfährig  zeigte, 
so  blieb  der  Plan  unausgeführt.  Ausserdem  brachte  diese 
Reise  dem  Dichter  manche  Kränkung,  vor  allem  aber  er- 
wachte das  alte  Liebesgefühl  mit  unerwarteter  Heftigkeit. 
'Die  alte  Leidenschaft  bricht  nochmals    mit  Gewalt  hervor. 


J)  Die  zunächst  folgenden  Ziffern  bezeichnen  die  Nummern 
der  Lieder  der  'Heimkehr'. 

2)  Heine  verweilte  von  Anfang  bis  gegen  Ende  Juli  1823  in 
Hamburg,  ging  dann  für  6  Wochen  nach  Cuxhaven  ins  Seebad 
und  kehrte  Anfang  September  nach  Hamburg  zurück. 


Ich  hätte  nicht  nach  Hamburg  gehn  sollen;  wenigstens 
muss  ich  machen,  dass  ich  so  bald  als  möglich  fortkomme. 
Ein  arger  Wahn  kömmt  in  mir  auf,  ich  fange  an,  selbst  zu 
glauben,  dass  ich  geistig  anders  organisiert  sei  und  mehr 
Tiefe  habe  als  andere  Menschen.  Ein  düsterer  Zorn  liegt 
wie  eine  glühende  Eisendecke  auf  meiner  Seele.  Ich  lechze 
nach  ewiger  Nacht1  (11.  Juli  1828).  Er  wandelte,  wie  er 
sich  ausdrückt,  'mit  infernalem  Brüten'  durch  diese  Stadt, 
die  ihm  'Elysium  und  Tartarus  zu  gleicher  Zeit1  war.  Er 
erzählt  uns  von  der  ersten  Begegnung  mit  der  Familie  der 
Geliebten  noch  mit  leise  verhaltener  Bitterkeit  (6) ;  er  kann 
auch  noch  mit  einem  bittern  Witz  die  Thore  beschuldigen, 
welche  die  Geliebte  haben  davonziehen  lassen  (17);  aber 
ernster  klingt  sein  Schmerz,  als  er  in  traurigem  Takt  rudernd 
der  Stadt  nahe  kommt  und  ihm  die  scheidende  Sonne  noch  ein- 
mal die  Stelle  beleuchtet,  wo  er  das  Liebste  verlor  (16);  wir 
sehen  ihn  bald  cmit  infernalem  Brüten'  den  alten  Weg  wandern : 
die  Strassen  sind  ihm  zu  eng,  das  Pflaster  unerträglich,  die 
Häuser  fallen  ihm  auf  den  Kopf  (18);  in  jenen  Hallen,  wo 
sie  ihm  Treue  versprochen,  sind  jetzt  Schlangen  hervor- 
gekrochen (19),  und  nachts  erblickt  er  mit  Schaudern  den 
Doppelgänger,  der  sein  Liebesleid  aus  alter  Zeit  nachäfft  (20). 
Er  begreift  nicht,  dass  die  Geliebte  ruhig  schlafen  könne; 
ob  sie  nicht  das  Lied  kenne  von  dem  toten  Knaben,  der 
sein  treuloses  Liebchen  zu  sich  ins  Grab  holte ;  er  aber 
lebe  noch  und  sei  stärker  als  alle  Toten  (21,  22).  Als  er 
ihr  Bild  erblickt,  belebt  es  sich  heimlich  und  weint  (23), 
und  ihm  selbst ,  der  immer  den  Verlust  noch  nicht  fassen 
kann,  trübt  wieder  die  einsame  Thräne  den  Blick  (27). 
Ach,  er  wollte  unendlich  glücklich  oder  unendlich  elend 
sein,  und  jetzt  trägt  er,  unendlich  elend,  wie  Atlas  eine 
Welt  der  Schmerzen  (24).  Er  träumt,  noch  einmal  vor 
ihrem  Hause  zu  stehen,  die  kalten  Treppensteine  zu  küssen, 
die  ihr  kleiner  Fuss  und  ihres  Kleides  Schleppe  berührt 
haben,  während  sie,  die  blasse  Gestalt,  beleuchtet  vom  Mond- 
schein, aus  dem  Fenster  lugt  (26),  oder  er  träumt,  dass  er 
die  verwelkte   und    verarmte  Geliebte   zu   sich    nimmt,    ihr 


durch  Fleiss  und  Arbeit  Speise  und  Trank  schafft,  sie  und 
ihre  Kinder  pflegt  und  ihr  nimmer  von  seiner  Liebe  er- 
zählt (41).  —  So  fährt  er  fort  in  dem  ewigen  'Brüten  auf 
den  alten  Liebeseiern3  (42) ;  die  alten  Flammen  sind  nun 
langsam  erloschen,  und  sein  Liederbuch  ist  die  Urne  mit 
der  Asche  seiner  Liebe  (88) ;  nur  ein  neuer  Frühling  kann 
wiedergeben,  was  der  Winter  genommen  hat,  und  vieles 
ist  ihm  noch  geblieben;  die  Welt  ist  so  schön,  und  alles, 
was  seinem  Herzen  gefällt,  das  darf  er  lieben!  (43,  46). 
Noch  mehrere  Lieder  aus  Heines  späterem  Leben  nehmen 
auf  dieses  Verhältnis  zu  seiner  Muhme  Amalie  Heine  Be- 
zug (cAn  die  Tochter  der  Geliebten',  "An  Jenny5 ,  wahr- 
scheinlich auch  cBöses  Geträume3) ;  von  den  Gedichten  des 
'Buchs  der  Lieder3  ist  mit  Sicherheit  nur  die  wilde  Phan- 
tasie 'Ratcliff3  noch  hierher  gehörig.  Heine  lehnt  sich  dabei 
an  sein  Trauerspiel  gleichen  Namens  an:  Ratcliff  ist  ein 
tiefsinniger  schottischer  Strassenräuber ,  der  wie  durch 
magisches  Verhängnis  an  die  Geliebte  Maria  gekettet  ist, 
und  der  zwei  seiner  Nebenbuhler,  sowie  schliesslich  Maria, 
deren  Vater  und  sich  selbst  tötet.  Der  Dichter  tritt  in  un- 
serm  Traumbilde  gleichsam  in  der  Maske  Ratcliffs  auf 
(S.  133  unseres  Druckes);  kaum  kann  er  die  schrecklich 
veränderte  Geliebte  wiedererkennen :  ihre  Stimme  ist  steinern- 
metalllos  ,  ihr  Busen  schlotternd ,  die  Augen  gläsern  starr, 
die  Wangenmuskeln  lederschlaff  —  und  doch  ist  sie  die 
einst  so  blühende  Maria.  Sie  klagt  über  den  hölzern-lang- 
weiligen Gatten,  den  Stock,  der  sich  Gemahl  nennt,  und 
plötzlich  erglühend  fragt  sie:  'Wie  wusstest  du,  dass  ich 
so  elend  bin,  Ich  las  es  jüngst  in  deinen  wilden  Liedern3. 
Ob  Amalie  Heine  je  Reue  über  ihre  Abwendung  von 
dem  Dichter  empfunden  hat,  das  wissen  wir  nicht;  aber  an 
des  letzteren  aufrichtigem  und  tiefem  Schmerz  sollte  füg- 
lich nie  gezweifelt  werden,  wenn  man  sich  wenigstens, 
wie  wir  soeben,  den  grössten  Teil  seiner  hierauf  bezüglichen 
Bekenntnisse  im  Zusammenhange  vergegenwärtigt  hat.  Goethe 
hat  in  den  Ratschlägen,  die  er  jungen  Dichtern  erteilte, 
davor  gewarnt,  eine  unglückliche  Liebe  allzulang  in  Versen 


zu  beklagen:  vielleicht  hat  kein  Dichter  der  Weltliteratur 
diesen  Rat  so  wenig  befolgt,  wie  Heine,  dessen  ganzes 
Leben  ja  freilich  zu  dem  weisen  und  klugen  Verhalten 
seines  grösseren  Bruders  in  Apollo  den  entschiedendsten 
Gegensatz  bildet.  Mehr  als  drei  Viertel  der  angeführten 
Gedichte  Heines  besingen  die  unglückliche  Liebe,  und 
man  muss  erstaunen,  wenn  man  beobachtet,  wie  viele  Seiten 
er  diesem  kleinen  Gegenstände  abzugewinnen,  wie  er  ihn  un- 
ermüdlich immer  aufs  neue  kunstvoll  zu  beleuchten  weiss.  Mehr 
aber  als  die  weite  Ausspinnung  dieses  dichterischen  Gewebes 
ist  dessen  Beschaffenheit  selbst  von  charakteristischer  Bedeu- 
tung. In  Heines  cBuch  der  Lieder1  hat  die  märchenhaft- 
zarte Gefühlsweise  der  romantischen  Schule  ihren  vollkom- 
mensten Ausdruck  gefunden ,  ohne  dass  das  Unwahre  der 
Ritter-  und  Zauberwelt  sich  breit  machen  durfte.  Heine  war 
aus  dem  Bund  mit  der  romantischen  Muse  mit  schwärmerisch 
vertieftem  Gefühl  hervorgegangen,  und  als  er  sich  von  ihr 
schied,  bewahrte  er  doch  zeitlebens  ihr  schillerndes  Gewand, 
wie  Faust  dasjenige  der  HeleDa  bewahrte.  In  vielen  Lie- 
dern auf  Amalie  Heine  hat  er  diese  Gefühlsweise  bethätigt, 
am  vollkommensten  vielleicht  in  den  ersten  zehn  Liedern 
des  "Lyrischen  Intermezzos' .  Neben  der  hingebenden  Inner- 
lichkeit findet  sich  aber  auch  eine  Heftigkeit  und  giftige 
Bitterkeit  des  Hasses ,  die  selten  in  Liebesliedern  gehört 
worden  ist,  und  die  zartfühlende  Seelen  oft  mit  Schauer  und 
Schrecken,  erfüllt  hat.  Überall  aber,  in  Glück  und  Leid, 
in  Liebe  und  Hass,  erkennen  wir  ein  starkes,  tief  erschüt- 
tertes Gefühl,  das  sich  rücksichtslos  äussert  und  die  berühmte 
'alte  Geschichte5  so  eigenartig  beleuchtet,  dass  sie  nicht 
bloss  neu  bleibt,  sondern  sogar  so  noch  nie  dagewesen  zu 
sein  scheint. 

4.  'Das  Prinzip  der  Homöopathie,  wo  das  Weib  uns 
heilet  von  dem  Weibe ,  ist  vielleicht  das  probateste' ,  so 
schreibt  Heine  in  den  'Memoiren'  ,  und  niemand  wird 
zweifeln,  dass  er  dies  Heilmittel  oft  in  derben  Gaben  an- 
gewendet hat,  dergestalt,  dass  'die  Medizin  .  .  .  noch  ver- 
derblicher' war  'als  die  Krankheit'.     Aber    es    giebt    auch 


eine  feinere  Mischung  dieser  Arzenei,  die  der  Kranke  sich 
nicht  selbst  bereiten  kann,  sondern  die  ihm  nur  selten  durch 
besondere  Gunst  des  Schicksals  zuteil  wird.  Heines  Bio- 
graphen erzählen  uns  fast  nichts  von  einer  zweiten  grossen 
Liebe  des  jungen 'Dichters,  obwohl  es  nicht  ganz  schwer 
ist,  die  Thatsachen  zu  erkennen.  Eben  jene  Hamburger 
Reise  im  Jahre  1823,  von  der  wir  gesprochen,  regte  das 
neue  Feuer  in  ihm  an-,  er  schreibt  am  23.  August  1823 
an  Moser:  cdoch  sehne  ich  mich  danach,  dir  in  vertrauter 
Stunde  meinen  Herzensvorhang  aufzudecken  und  dir  zu 
zeigen,  wie  die  neue  Thorheit  auf  der  alten  ge- 
pfropft ist'.  Strodtmann  führt  die  Stelle  nur  an,  ohne 
der  Thatsache  weiter  nachzugehen-,  Robert  Proelss1)  wirft 
die  Frage  auf,  ob  damit  Mathilde  Heine,  die  Tochter  Meyer 
Heines,  gemeint  sein  möge.  Dieselbe  starb,  kaum  zwanzig- 
jährig, 1828,  und  in  einem  Brief  an  den  Oheim  Salomon 
gedenkt  unser  Dichter  ihrer  mit  freundlichen  Worten.  Aber 
wir  haben  wenig  Anhalt  zur  Annahme  einer  tieferen  Leiden- 
schaft für  Mathilde,  und  es  ist  insbesondere  unwahrschein- 
lich, dass  Heine  wünschte  und  hoffte,  das  überaus  kränk- 
liche Mädchen  je  als  Gattin  heimzuführen.  Aber  gerade 
diese  Hofihung  auf  eine  baldige  Vermählung  findet  wieder- 
holt in  seinen  Briefen  Ausdruck;  ferner  besitzen  wir  aus 
seinem  Nachlass  mehrere  bisher  unerklärbare  Gedichte, 
welche  Spott  und  Schmerz  über  das  Vereiteln  dieser  Hoff- 
nung äussern.  —  Es  scheint,  dass  Heine  von  Liebe  zu 
Therese  Heine,  der  acht  Jahre  jüngeren  Schwester  seiner 
Muhme  Amalie,  ergriffen  ward.  Sie  ist  es,  von  der  er 
schreibt : 

Die  Kleine  gleicht  ganz  der  Geliebten, 

Besonders  wenn  sie  lacht; 

Sie  hat  dieselben  Augen, 

Die  mich  so  elend  gemacht. 

Und  eben  damals  (am  23.  August  1823)  ruft  unser  Dichter 


*)  Heinrich  Heine.    Sein   Lebensgang  und    seine    Schriften, 
Stuttgart  1886,  S.  116. 


aus :  'Hamburg ! ! !  mein  Elysium  und  Tartarus  zu  gleicher 
Zeit !  Ort,  den  ich  detestiere  and  am  meisten  liebe,  wo  mich 
die  abscheulichsten  Gefühle  martern  und  wo  ich  mich  dennoch 
hinwünsche  und  wo  ich  mich  gewiss  in  der  Folge  öfter 
befinden  werde,  und  — \  Besonders  auffällig  ist  es,  dass 
Heines  Bruder  Maximilian  eine  Stelle  in  des  Dichters  'Me- 
moiren' herausgeschnitten  hat,  die  über  Therese  handelte.  Es 
heisst  dort  (S.  133)  :  'Seine  [Salomons]  Kinder  waren  alle  ohne 
Ausnahme  zur  entzückendsten  Schönheit  emporgeblüht,  doch 
der  Tod  raffte  sie  dahin  in  ihrer  Blüte,  und  von  diesem 
schönen  Menschenblumenstrauss  leben  jetzt  nur  zwei ,  der 
jetzige  Chef  des  Banquierhauses  und  seine  Schwester,  eine 
seltene  Erscheinung  mit  —  —  — \  Hier  hat  Maximilian 
Heine  den  Eingriff  mit  der  Schere  für  nötig  befunden;  es 
ist  uns  aber  bekannt,  dass  eben  Therese  Heine  diese  über- 
lebende Schwester  war.  Unser  Dichter  fährt  dann  fort : 
'Ich  hatte  alle  diese  Kinder  so  lieb  und  ich  liebte  auch 
ihre  Mutter,  die  ebenfalls  so  schön  war  und  früh  dahin- 
schied, und  alle  haben  mir  viele  Thränen  gekostet.  Ich 
habe  wahrhaftig  in  diesem  Augenblicke  nötig,  meine  Schellen- 
kappe zu  schütteln,  um  die  weinerlichen  Gedanken  zu  über- 
klingeln'. Zu  Anfang  des  Jahres  1828  verlobte  sich  The- 
rese mit  dem  Dr.  jur.  Adolf  Halle,  und  noch  in  demselben 
Jahre  folgte  die  Hochzeit.  Heine  schrieb  damals ,  am 
12.  Februar  1828,  an  Varnhagen:  'Nach  Hamburg  werde 
ich  nie  in  diesem  Leben  zurückkehren;  es  sind  mir  Dinge 
von  der  äussersten  Bitterkeit  dort  passiert;  sie  wären  auch 
nicht  zu  ertragen  gewesen ,  ohne  den  Umstand :  dass  nur 
ich  sie  weiss.5  Man  muss  gestehen,  solche  Worte  unmittel- 
bar nach  jener  Verlobung  führen  ohne  weiteres  zu  der  An- 
nahme, dass  Heine  sich  in  berechtigten  Ansprüchen  auf 
Theresens  Herz  aufs  empfindlichste  verletzt  sah.  An  seinen 
Freund  Merckel,  der  nach  jener  Notiz  an  Varnhagen  sicher- 
lich nicht  in  das  Geheimnis  eingeweiht  war,  schrieb  Heine 
am  14.  März  1828:  'Ich  danke  dir  für  deine  Berichtungen, 
absonderlich  die  Therese  Heineschen.  Ich  habe  die  Nach- 
richt der  Verlobung    dieser  Verwandten   bloss    von   meinen 


Eltern  und  dir  erhalten.  Treibe  doch  meinen  Bruder,  dass 
er  mir  schreibe,  bald,  bald;  ich  weiss,  er  hat  mir  Nötiges  mit- 
zuteilen.' Dieser  Bruder,  Gustav,  erbot  sich  in  einem  Schreiben 
an  mich  vom  21.  Mai  1886,  mir  in  Wien  mündliche  Auf- 
klärungen über  das  Leben  unseres  Dichters  zu  geben.  Ich 
war  auf  das  fragliche  Verhältnis  des  letzteren  zu  Therese 
noch  nicht  aufmerksam  geworden,  und  führte  die  Reise  damals 
nicht  aus.  Jetzt  weilt  der  Baron  Gustav  von  Heine  nicht 
mehr  unter  den  Lebenden.  —  An  seinen  Oheim  Salomon 
schrieb  Heine,  nach  Theresens  Vermählung,  Folgendes  (am 
15.  September  1828):  'ich  will  nicht  denken  an  die  Klagen, 
die  ich  gegen  Sie  führen  möchte,  und  die  vielleicht  grösser 
sind,  als  Sie  nur  ahnen  können.5  Er  sagt,  diese  Klagen 
seien  'unberechenbar',  'unendlich,  denn  sie  sind 
geistiger  Art,  wurzelnd  in  der  Tiefe  der  schmerz- 
lichsten Empfindungen'  .  .  .  cUnd  ich  setze  den  Fall, 
der  graue  Sack  wäre  zu  klein,  um  Salomon  Heines  Klagen 
gegen  mich  fassen  zu  können,  und  der  Sack  risse  —  glauben 
Sie  wohl,  Onkel,  dass  das  ebenso  viel  bedeutet,  als  wenn 
ein  Herz  reisst,  das  man  mit  Kränkungen  überstopft 
hat?'  Bald  darauf  fährt  Heine  fort:  cgrüssen  Sie  mir  Ihre 
Familie,  Hermann,  Karl  und  die  niedliche  Therese.  Bedingter- 
weise habe  ich  mich  über  ihre  Vermählung  gefreut.  Nächst 
mir  selber  hätte  ich  sie  keinem  lieber  gegönnt,  wie  dem 
Dr.  Halle.'  In  demselben  Briefe  heisst  es :  cHätte  ich  jemals 
auch  nur  mit  einem  einzigen  Worte,  mit  einem  einzigen  Blick 
die  Ehrfurcht  gegen  Sie  verletzt  oder  Ihr  Haus  beleidigt  — 
ich  habe  es  nur  zu  sehr  geliebt!  — ,  dann  hätten 
Sie  Recht,  zu  zürnen.'  Dass  in  den  letzten,  im  Druck 
hervorgehobenen  Worten  ein  tieferer  Sinn  liegen  muss,  wird 
ein  jeder  vermuten ;  wenig  wahrscheinlich  ist  indessen  eine  Be- 
ziehung bloss  auf  Amalie  Heine,  die  seit  länger  als  sieben 
Jahren  vermählt  war.  Eine  tiefe  Bedeutung  erhalten  diese 
Worte  aber,  wenn  wir  die  Anspielung  auf  Therese  verstehen. 
Vor  allem  während  des  Winters  1825/26,  als  Heine  in 
Hamburg  verweilte,  scheint  diese  seine  Leidenschaft  sich  zu 
grosser  Heftigkeit  gesteigert  zu  haben ;  er  schreibt  ausdrück- 


lieh:  'Mein  einziger  Umgang  hier  ist  im  Hause  meiner 
Schwester,  meiner  Oheime,  des  Syndikus  Sieveking  und  des 
Kandidaten  "Wohlwill5  (9.  Januar  1826).  Er  ist  während 
dieser  Zeit  'innerlich  so  bewegt',  dass  er  can  nichts  äusseres 
denken  kann'  —  was  doch  sicherlich  auf  eine  Herzens- 
angelegenheit deutet,  als  deren  Gegenstand  man  in  dem  er- 
wähnten Kreise  nur  Therese  vermuten  kann;  denn  wenn 
er  am  12.  November  1825  an  Sethe  schreibt,  dass  er  in 
Hamburg  sich  als  Advokat  niederlassen ,  heiraten  und  viel 
schreiben  wolle,  so  ist  nicht  anzunehmen,  dass  er  bei  dieser 
Äusserung  die  kränkelnde  Mathilde  Heine  im  Sinne  gehabt 
habe.  In  tiefster  Erregung  schreibt  er  am  14.  Dezem- 
ber 1825  an  Moser  :  'Wenn  da  wüsstest,  was  jetzt  in  mir 
vorgeht,  so  würdest  du  einsehen,  dass  dieses  Versprechen 
[sich  vor  der  Hand  noch  nicht  totzuschiessen]  wirklich  ein 
grosses  Geschenk  ist,  und  du  würdest  nicht  lachen,  wie  du 
es  jetzt  thust,  sondern  du  würdest  so  ernsthaft  aussehen, 
wie  ich  in  diesem  Augenblick  aussehe.  —  Vor  kurzem  habe 
ich  den  »Werther«  gelesen.  Das  ist  ein  wahres  Glück  für 
mich.'  Und  an  Varnhagen  berichtet  er  am  14.  Mai  1826  : 
'es  ist  hier  der  klassische  Boden  meiner  Liebe,  alles  sieht 
mich  an,  wie  verzaubert,  viel  eingeschlafenes  Leben  erwacht 
in  meiner  Brust,  es  frühlingt  wieder  in  meinem 
Herzen  .  .  .'  Endlich  aber  müssen  wir  uns  vergegenwär- 
tigen, was  in  den  'Zum  Polterabend'  überschriebenen 
Gedichten  (die  sich  in  Heines  Nachlass  fanden)  ausgedrückt 
liegt.  Er  und  die  Geliebte  hätten  schlecht  zu  einander  ge- 
passt;  sie  sei  so  gut,  er  aber  so  schlecht  und  bitterblutig 
und  er  bringe  dem  aufrichtigen  guten  Mädchen  nur  Spott- 
geschenke dar.  Dann  richtet  er  sich  an  den  glücklicheren 
Nebenbuhler  mit  den  Worten: 

0  du  kanntest  Koch  und  Küche, 
Loch  und  Schliche,  Thür  und  Thor! 
Wo  wir  nur  zusammen  strebten, 
Kamst  du  immer  mir  zuvor. 

Jetzt  heiratest  du  mein  Mädchen, 
Teurer  Freund,  das  wird  zu  toll  — 
Toller  ist  es  nur,  dass  ich  dir 
Dazu  gratulieren  soll! 


Und  dann  ruft  er  spottend,  jener  sehne  sich  nach  dem 
'grossen  Tage1, 

Wo  die  Braut  mit  roten  Bäckchen 
Ihre  Hand  in  deine  legt, 
Und  der  Vater  mit  den  Säckchen 
Dir  den  Segen  überträgt. 

Säckchen  voll  mit  Geld,  unzählig, 
Linnen,  Betten,  Silberzeug  — 
0,  die  Liebe  macht  uns  selig, 
0,  die  Liebe  macht  uns  reich! 

Man  sieht,  zwei  Umstände  sind  in  diesen  Versen  verräte- 
risch: der  grosse  Reichtum,  den  der  glückliche  Neben- 
buhler durch  die  Heirat  erwirbt  —  Salomon  Heine  war  be- 
kanntlich vielfacher  Millionär ;  und  zweitens,  dass  der  Dichter 
dennoch  gratulieren  muss :  wir  wissen ,  von  Heines  nahen 
Freunden  hat  ihn  keiner  in  der  Liebe  ausgestochen;  von 
einem  fernstehenden  Bekannten  hätte  er  sich  aber  in  solchem 
Falle  sicherlich  abgewandt;  dagegen  war  es  selbstverständ- 
lich ,  dass  er  den  neuen  Verwandten  beglückwünschen 
musste.  —  Es  folgen  schliesslich  noch  einige  ziemlich  derbe 
Spottverse  auf  das  junge  Paar,  denen  vermutlich  noch  an- 
dere hinzuzufügen  wären,  welche  in  den  dreissiger  Jahren  in 
Heines   'Salon5  vor  das  Publikum  traten. 

Es  wird  niemand  bezweifeln,  dass  die  erwähnten  Ge- 
dichte sich  auf  wirkliche  Verhältnisse  beziehen;  in  Paris 
scheint  Heine  ganz  überwiegend  mit  Damen  der  Halbwelt 
verkehrt  zu  haben,  von  einer  ernsten  Leidenschaft  für 
ein  Mädchen  der  guten  Gesellschaft  entdecken  wir  keine 
Spur;  unter  den  deutschen  Bekannten  möchte  man  viel- 
leicht noch  an  Charlotte  Heine,  die  Tochter  von  Heines  Oheim 
Isaak,  denken,  welche  sich  mit  seinem  Freunde  Christiani 
vermählte.  Aber  erstens  fehlt  jeder  Anhalt  für  diese  Ver- 
mutung und  zweitens  berichtet  Maximilian  Heine,  dass  sein 
Bruder  auf  die  Nachricht  von  Cristianis  Verlobung,  welche  auch 
erst  1838  stattfand,  diesem  einen  'ungemein  heiteren  Brief1 
schrieb,  der  in  Abschriften  umlief  und  die  ganze  Familie  ergötzte. 
Heine  und  Christiani  blieben  auch  zeitlebens  gute  Freunde, 


während  Dr.  Halle  stets  von  Eifersucht  und  Misswollen 
gegen  den  Dichter  erfüllt  war1).  Vielleicht  wird  uns  noch 
einmal  volle  Klarheit  über  diese  Frage,  wenn  viele  von 
Heines  Verwandten  bisher  zurückgehaltene  Briefe  der  Öffent- 
lichkeit übergeben  werden.  Die  Thatsache  selbst  ist  zum 
Verständnis  von  Heines  Leben  und  Dichten  von  Bedeutung, 
und  es  ist  wahrlich  keine  müssige  Neugier,  die  ihre  ge- 
nauere Ermittelung  wünschenswert  erscheinen  lässt.  Therese 
Heine  ist  vor  sechs  Jahren  in  Dresden  gestorben;  sie 
hatte  den  weitaus  grössten  Teil  ihres  Lebens  in  Hamburg 
verbracht,  wo  ihr  ein  überaus  wohlwollendes  Andenken  be- 
wahrt wird:  sie  war  eine  feine,  edle  Frau  von  seltener 
Herzensgüte  und  durch  rastlose  Wohlthätigkeit  ausge- 
zeichnet. 

In  den  1823  geschriebenen  Liedern  der  'Heimkehr' 
gesteht  Heine  wiederholt,  dass  er  von  neuer  Liebesleiden- 
schaft ergriffen  sei,  aber  wiederum  von  unerwiderter.  Wer 
zum  zweitenmale  glücklos  liebt,  der  ist  ein  Narr,  sagt  er  — 
aber  er  selbst  liebt  zum  zweitenmale  glücklos  (63)  ;  die  Geliebte 
lacht  über  seine  Ergebenheitserklärungen  und  verweigert  ihm 
beim  Abschied  den  Kuss,  aber  er  will  sich  nicht  erschiessen, 
da  ihm  das  alles  schon  einmal  passiert  ist  (55).  Wir  wissen, 
Heine  wollte  im  Jahre  1823  bereits  nach  Paris  übersiedeln, 
er  gab  aber  jetzt  diesen  Plan  auf,  als  er  Therese  sah: 

Jetzt  bleib'  ich,  wo  deine  Augen  leuchten, 
In  ihrer  süssen  klugen  Pracht  — 
Dass  ich  noch  einmal  würde  lieben, 
Ich  hätt'  es  nimmermehr  gedacht.  (59.) 

Wie  jenes  Geständnis  in  den  'Memoiren',  so  rühmen  auch 
die  Gedichte  der  'Heimkehr'  die  grosse  Schönheit  der  Ge- 
liebten, namentlich  ihre  wundervollen  Augen  (31,  49,  50, 
56,  62).  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  an  sie  auch 
das  Gedicht  lDu  bist  wie  eine  Blume'   (47)  gerichtet  ist2). 

*)  Max.  Heine,  Erinnerungen,  S.  61. 

2)  Gustav  Karpeles  teilt  auf  Grund  einer  Überlieferung  in  der 
Familie  des  Grafen  v.  Breza  mit,  dass  dieses  Gedicht  vielmehr  an 
ein  jüdisches  Mädchen  gerichtet  sei,  die  Tochter  des  Rabbiners 

Litteraturdenkraale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27.  C 


—  Wir  sehen  die  Liebe  allmählich  sich  entwickeln :  anfangs 
erinnert  ihn  Therese  nur  an  ihre  Schwester  Amalie  (6), 
dann  scheint  ein  äusserliches  Hofmachen  gefolgt  zu  sein, 
das  plötzlich  von  dem  Ernst  des  Gefühls  verdrängt  wurde 
(44,  56).  Und  nun  sehen  wir  den  Dichter  in  stiller  Qual 
mit  sich  selbst  ringen;  er  hat  dem  Bild  der  Geliebten  in 
stiller  Kammer  schon  oft  sein  Herz  entdeckt,  aber  in  ihrer 
Nähe  halten  ihm  böse  Engel  den  Mund  zu  (30).  Tag  und 
Nacht  quälen  ihn  die  süssen  Rätsel  ihrer  Veilchenaugen ;  er 
möchte  ihre  weichen  Lilienfinger  nur  einmal  küssen  und  in 
stillem  Weinen  vergehen  (31) ;  wenn  er  in  Nacht  uud  Kissen 
gehüllt  liegt,  schwebt  ihr  Bild  ihm  vor,  es  verfolgt  ihn  bis 
in  den  Traum  und  zerrinnt  auch  des  Morgens  nicht  (49), 
und  immerfort  erfüllt  ihn  die  Sehnsucht,  mit  ihr  im  ver- 
trauten Kämmerlein  zu  sitzen,  mit  ihr  zu  schwatzen  und 
ihre  kleine  weisse  Hand  mit  Thränen  zu  benetzen  (50). 
Mag  draussen  Schnee,  Hagel  und  Sturm  sein,  in  seinem 
Herzen  ist  Frühlingslust  (51);  das  Gefühl  für  sie  ist  das 
Höchste  und  Edelste,  was  er  kennt,  und  er  betet  zu  ihr, 
wie  andere  zu  Paul,  Peter  oder  der  Madonna  (52).  Aber 
bei  all  seiner  Liebe  verbieten  ihm  Stolz  und  Verzagtheit, 
sich  zu  erklären:  er  gibt  sich  sogar  Mühe,  sie  vor  der 
Liebe  zu  ihm  zu  bewahren,  aber  es  schmerzt  ihn,  dass  diese 
Bemühungen  so  leichten  Erfolg  haben  (48) ;  wenn  sein 
blasses  Angesicht  sein  Liebesweh  ihr  nicht  verriet,  so  bleibt 
es  ungeäussert ;  sein  Mund  ist  zu  stolz ,  das  Bettelwort  zu 
gestehen,  und  er  spräche  vielleicht  ein  höhnisches  Wort, 
während  er  vor  Schmerzen  verging  (53);  ja,  das  höhnische 


in  Gnesen,  der  Heine  es  im  Sommer  1822  in  Gnesen  beim  Abschied 
geschenkt  habe.  Ich  halte  diesen  Bericht  deshalb  nicht  für  wahr- 
scheinlich, da  es  gegen  Heines  damalige  Gewohnheit  war,  bedeu- 
tende Gedichte  lange  ungedruckt  zu  lassen.  Er  nahm  das  frag- 
liche Lied  nicht  in  das  'Lyrische  Intermezzo5  auf,  das  1823  er- 
schien, sondern  liess  es  zuerst  im  Februar  1825  veröffentlichen. 
Auch  hat  er  ihm  eine  Stelle  unter  den  Liedern  der  'Heimkehr' 
angewiesen,  die  sonst  sämtlich  1823/24  entstanden  sind,  und  er  hat 
es  darin  mit  anderen  Gedichten  auf  Therese  unmittelbar  ver- 
bunden. 


Wort  folgt  unmittelbar :  es  sind  die  Verse  'Teurer  Freund,  du 
bist  verliebt1  u.  s.  w.,  mit  dem  Schluss:  'Und  ich  seh  des 
Herzens  Glut  Schon  durch  deine  Weste  brennen'  (54).  Oder 
er  lässt  an  sich  die  Frage  richten:  'Hat  sie  sich  denn  nie 
geäussert  Über  dein  verliebtes  Wesen' ,  mit  dem  Schluss 
'Und  du  bist  ja  sonst  kein  Esel,  Teurer  Freund,  in  solchen 
Dingen!'  (32).  Aber  trotz  diesem  Hohn  'stirbt  er  vor 
Schmerzen' !  Und  diese  Schmerzen  möchte  er  in  ein  ein- 
ziges Wort  fassen,  das  die  Geliebte  bis  in  den  tiefsten 
Traum  verfolgen  möge  (61).  Sie  hat  Diamanten  und  Perlen 
und  die  schönsten  Augen,  und  sie  hat  ihn  zu  Grunde  ge- 
richtet (62);  aber  sie  weiss  es  nicht,  sie  kennt  nicht  sein 
dunkles  Herz :  es  blutet,  zuckt  und  bricht,  aber  sie  sieht  es 
nicht  (60).  Und  doch  kann  er  nicht  von  ihr  lassen,  und 
wenn  er  denkt,  dass  sie  einem  andern  ihr  Herz  schenken 
könnte,  dann  möchte  er  diesen  glücklichen  Mann  nur  einmal 
so  recht  allein  im  grünen  Wald  antreffen  —  'sein  Glück 
hätt'  bald  ein  Ende!'   (56). 

Wie  unser  Dichter  für  seine  Liebe  zu  Amalie  Heine 
einen  allgemeinen  Ausdruck  fand  in  den  Worten  'Ein 
Jüngling  liebt  ein  Mädchen'  ('Lyrisches  Intermezzo'  40), 
ebenso  für  seine  Liebe  zu  Therese  in  den  folgenden : 

Sie  liebten  sich  beide,  doch  keiner 
Wollt'  es  dem  andern  gestehn; 
Sie  sahen  sich  an  so  feindlich, 
Und  wollten  vor  Liebe  vergehn. 

Sie  trennten  sich  endlich  und  sahn  sich 
Nur  noch  zuweilen  im  Traum; 
Sie  waren  längst  gestorben 
Und  wussten  es  selber  kaum.  (33.) 

Es  fehlt  in  diesen  Liedern x)  der  bittere  Hass,  der  in  denen 
auf  Amalie  Heine  hervortrat;  der  Dichter  klagt  nicht  über 
ihr  böses  Herz,  über  ihre  falschen  Blicke,  er  fühlt  sich  nicht 
gleichzeitig  angezogen  und  abgestossen;  beim  Anblick  ihres 


*)  Andeutungen  auf  Heines  Verhältnis  zu  Therese  in  der 
'Harzreise5  und  in  den  'Ideen'  bespreche  ich  in  der  Allgemeinen 
Einleitung  zu  meiner  Gesamtausgabe  der  Werke  des  Dichters. 


milden  edlen  Herzens  überkommt  ihn  ein  Gefühl  des  Frie- 
dens und  der  Wehmut :  er  möchte  den  reinen  Spiegel  ihrer 
Seele  nicht  durch  sein  ruhelos-bedrücktes  Gemüt  trüben  (48) ; 
sie  ist  'so  gut'  und  er  'so  schlecht  und  bitterblütig' !  Wir 
sehen,  es  klingt  ein  ganz  andrer  Grundton  aus  diesen  Lie- 
dern hervor,  als  aus  denen  an  Amalie,  und  wir  können  ein 
Gefühl  der  Trauer  nicht  unterdrücken,  dass  es  dem  Dichter 
nicht  vergönnt  war,  im  Hafen  dieses  Herzens  Ruhe  zu  fin- 
den nach  den  heftigen  Stürmen  seiner  ersten  Jugend. 

Wir  wissen  nicht,  ob  wir  mit  den  erwähnten  Gedichten 
alle  diejenigen  angeführt  haben,  die  auf  Therese  bezüglich 
sein  dürften,  ja  wir  möchten  dies  entschieden  bezweifeln: 
noch  manches  andre  (aus  den  letzten  Abschnitten  des  'Buchs 
der  Lieder')  wird  durch  diese  Liebe  angeregt  sein.  Da 
aber  individuelle  Züge  hierin  nicht  zu  erkennen  sind,  und 
da  das  bewegliche  Spiel  der  Einbildungskraft  das  Gefühl 
nicht  selten  überwuchert  und  dessen  unmittelbaren  Ausdruck 
hemmt,  so  mögen  diese  Gedichte  getrennt  von  den  vorigen 
hier  betrachtet  werden. 

5.  Die  leicht  verwundbare  Seele  unseres  Dichters  ward 
freilich  noch  mehrmals  von  den  Pfeilen  des  kleinen  Gottes 
gestreift,  der  auch  gelegentlich  aus  den  Augen  verheirateter 
Frauen  seine  Geschosse  sandte.  Im  Sommer  1826  erlebte 
Heine  an  dem  Strand  in  Norderney  'das  süsseste,  mystisch- 
lieblichste Ereignis,  das  jemals  einen  Poeten  begeistern 
konnte5,  und  er  beschreibt  die  innige  Begegnung  mit  den 
wirksamsten  Worten ;  aber  schon  zwölf  Tage  später  sagt 
er:  'es  war  ein  Stern,  der  durch  die  Nacht  herabschoss  in 
grausamer  Schnelligkeit  und  keine  Spur  zurücklässt  —  denn 
ich  bin  trist  und  niedergedrückt,  wie  zuvor.  Aber  es  war 
doch  ein  Stern !'  Von  diesen  flüchtigen  Regungen  ist  indessen 
kein  Nachhall  in  Heines  Versen  wahrzunehmen,  und  da 
wir  auch  darauf  verzichten,  die  Einflüsse  Theresens  in  den 
folgenden  Liedern  zu  ermitteln,  so  sprechen  wir  hier  von 
einer  allgemeineren  Liebe,  deren  Gegenstand  wir  nicht  ge- 
nauer erkennen  wollen. 

Vom  Brocken  möchte  er  mit  Siebenmeilenstiefeln  nach 


dem  Haus  des  lieben  Kindes  eilen,  um  der  Schlummernden 
in  die  kleinen  Lilienohren  zu  flüstern:  'Denk'  im  Traum, 
dass  wir  uns  lieben,  Und  dass  wir  uns  nie  verloren0  (cAuf 
dem  Brocken',  S.  155  unseres  Druckes).  In  dem  1.  Nord- 
seebilde folgt  dann  die  phantastisch-humoristische  Krönung 
der  neuen  Herzenskönigin,  welcher  der  Dichter  selbst  schliess- 
lich auf  rotem  Sammetkissen  das  bisschen  Verstand  über- 
reicht, das  ihm  aus  Mitleid  gelassen  hat  ihre  Vorgängerin 
im.  Reich.  Unvergleichlich  ist  der  phantastische  Schwung 
des  6.  Gedichtes  der  ersten  Abteilung:  Es  ergreift  ihn  ein 
tiefes  Sehnen  nach  dem  holden  Bild,  das  ihn  überall  um- 
schwebt und  ruft,  im  Sausen  des  Windes,  im  Brausen  des 
Meers  und  im  Seufzen  der  eigenen  Brust.  Er  schreibt  sein 
Liebesgeständnis  in  den  Sand;  die  Wellen  löschen  es  aus, 
und  er  malt  es  nun  mit  der  in  den  Ätna  getauchten  Riesen- 
tanne an  die  Himmelsdecke,  wo  es  allnächtlich  leuchtet.  — 
Einen  kleinen  Cyclus  für  sich  bildet  das  7.  Gedicht  der 
ersten  Abteilung.  Des  Dichters  Herz  hat  seine  Liebe,  die 
grösser  ist  als  Meer  und  Himmel  und  schöner  als  Perlen 
und  Sterne.  Das  kleine  junge  Mädchen  mag  an  sein  grosses 
Herz  kommen  :  Herz,  Meer  und  Himmel  vergehn  vor  lauter 
Liebe;  an  die  blaue  Himmelsdecke  möchte  er  seine  Lippen 
drücken  und  stürmisch  weinen:  denn  die  Sterne  da  droben 
sind  die  Augen  der  Geliebten,  zu  denen  er  andachtsvoll  die 
Hände  erhebt,  flehend:  lasst  mich  euch  und  euren  ganzen 
Himmel  erwerben !  Die  Funken,  die  aus  den  Sternenaugen 
herabfallen,  mögen  sich  ausweinen  in  seine  Seele,  damit 
diese  von  Sternenthränen  überfliesse,  und  von  dem  dunkeln 
Winkelbette  der  Kajüte  schaut  er  noch  immerfort  sehnend 
empor  nach  den  Sternenaugen  am  Himmel;  endlich  aber 
träumt  er,  unter  weissem  Schnee  auf  weiter  Heide  begraben 
zu  sein,  während  diese  Sternenaugen  wiederum  liebend  zu 
ihm  herniederblicken.  —  Ein  andres  Bild  entrollt  das  nächste 
Gedicht :  mitten  im  Schlachtlärm  der  Winde  hört  er  lockende 
Harfenlaute,  sehnsuchtswilden  Gesang,  seelenschmelzend  und 
seelenzerreissend :  es  ist  das  Lied  der  schönen,  kranken, 
zartdurchsichtigen    und    marmorblassen    Frau,    die    in  dem 


grauen  Schlösschen  an  schottischer  Felsenküste  singt  und 
spielt,  während  der  Wind  ihre  Locken  zerwühlt.  —  Im 
10.  Gedichte  erblickt  er  die  Geliebte  in  der  unter- 
gegangenen Meeresstadt,  wohin  sich  die  immer  Geliebte, 
längst  Verlorene,  endlich  Gefundene  in  kindischer  Laune 
geflüchtet  hat.  —  Von  qualvollen  Erinnerungen  erzählt  das 
3.  Seebild  der  zweiten  Abteilung.  Der  Dichter  denkt 
an  das  königlich  schöne  Weib  im  Norden :  die  schlanke 
Cypressengestalt  vom  weissen  Gewand  umflossen,  die  dunkle 
Lockenfülle  wie  eine  selige  Nacht  von  dem  flechten- 
gekrönten Haupte  sich  ergiessend  und  träumerisch  sich  rin- 
gelnd um  das  süsse  Antlitz,  aus  dem  ein  Auge  wie  eine 
schwarze  Sonne  hervorstrahlt.  Oft  trank  er  daraus  Be- 
geisterungsflammen. Jetzt  aber  ist  ihm  Hoffnung  und  Liebe 
zertrümmert.  Noch  heftigere  Verzweiflung  erklingt  in  dem 
5.  Gedichte  dieser  Abteilung.  Mit  greller  Ironie  malt  er 
sich's  aus,  wie  innig  die  Geliebte  an  ihm  hänge;  die  mit- 
leidigen Okeaniden  tauchen  da  aus  den  Fluten  hervor,  um 
ihn  zu  trösten :  sein  Herz  sei  versteinert ;  durch  seinen  Kopf 
zuckten  die  Blitze  des  Wahnsinns;  er  sei  halsstarrig  wie 
Prometheus,  und  besser  sei's,  sich  in  Geduld  zu  fassen.  Da 
sass  er  dann  noch  lange  am  Strande  und  weinte.  Aber  im 
8.  Gedichte  erklingen  noch  einmal  frohe  Töne ;  der  Phönix 
singt :  sie  liebt  ihn ,  sie  liebt  ihn !  Er  steht  im  Traume 
vor  ihr;  sie  bittet  und  weint  und  küsst  seine  Hände;  sie 
ruft  seinen  Namen,  dass  sie  darüber  erwacht  und  sich  ver- 
wundert die  schönen  Augen  reibt.  Auch  im  Ratskeller  zu 
Bremen  (II,  9)  erblickt  er  ihr  Engelsköpfchen  auf  Rhein- 
weingoldgrund, aber  soviel  wir  uns  bemühen  mögen:  wir 
können  die  genaueren  Züge  dieses  Engelsköpfchens  nicht 
erkennen,  und  wir  möchten  auch  glauben,  dass  diese  Nord- 
seebilder zwar  durch  den  Schwung  der  Phantasie  und  den 
unbeschreiblichen  Zauber  der  Sprache  zu  den  vollkommensten 
Leistungen  Heines  gehören,  dass  sie  aber  in  Bezug  auf  un- 
mittelbar packende  Wahrheit  des  Gefühls  hinter  manchen 
Gedichten  des  "Lyrischen  Intermezzos'  und  der  'Heimkehr1 
zurückstehen. 


6.  Den  Kennern  der  altdeutschen  Dichtung  ist  die 
Unterscheidung  von  hoher  und  niedrer  Minne  geläufig: 
die  hohe  Minne  bezieht  sich  auf  Frauen  der  vornehmen 
Gesellschaft,  die  niedere  auf  solche  von  geringer  Herkunft. 
So  sehr  sich  die  sozialen  Verhältnisse  seit  dem  Mittelalter 
geändert  haben,  so  hat  diese  Unterscheidung  doch  auch 
jetzt  noch  einige  Berechtigung,  und  insbesondere  bei  Heines 
Gedichten  drängt  sie  sich  auf.  —  Es  treten  uns  da  einige 
freundliche  Gestalten  entgegen,  liebe  frische  Mädchen  aus 
dem  Volke.  Zunächst  das  Fischermädchen,  das  auf  ihn 
Eindruck  machte,  als  er  1823  das  Seebad  in  Cuxhaven 
benutzte.  An  sie  ist  das  berühmte  Lied  'Du  schönes 
Fischermädchen'  gerichtet  ('Heimkehr0  8).  Die  Bitte,  die 
er  ihr  aussprach,  hat  scheinbar  Erhörung  gefunden:  er  sitzt 
mit  ihr  des  Nachts  im  Mondschein  am  Strand ;  sie  erschrickt 
beim  Rauschen  des  Windes  und  glaubt  darin  den  Gesang 
der  Seejungfern  zu  hören ,  und  das  sind  ihre  vom  Meere 
verschlungenen  Schwestern  ('Heimkehr'  9).  Endlich  sitzt 
er  mit  ihr  alleine  abends  am  Fischerhause  ;  die  feierliche 
Stimmung  der  Dämmerungsstunde  drängt  ihr  die  Thränen 
in  die  Augen;  da  fällt  er  vor  ihr  aufs  Knie,  küsst  die 
Thränen  von  ihrer  Hand,  die  ihm  Leib  und  Seele  vergiften 
('Heimkehr'  14).  —  Und  ein  andres  Fischermädchen, 
das  mit  wenigen  Zügen  überaus  scharf  gezeichnet  ist,  be- 
gegnet uns  im  4.  Gedichte  der  ersten  Abteilung  der  'Nord- 
see'. Sie  blieb  mutterseelenallein,  während  Vater  und 
Bruder  auf  der  See  sind;  sie  horcht  auf  des  Wasserkessels 
heimliches  Summen,  bläst  das  Feuer  an,  dass  es  ihr  blühen- 
des Antlitz  und  die  zarte  weisse  Schulter  lieblich  beleuchtet, 
während  die  kleine  sorgsame  Hand  das  Unterröckchen  fester 
bindet  um  die  feine  Hüfte.  —  Vor  allem  aber,  wie  reizend  ist 
die  Bergmannstochter,  deren  Bild  unser  Dichter  in  der  'Berg- 
Idylle'  (S.  148  unseres  Druckes)  mit  so  frischen  Farben 
gemalt  hat.  Wie  deutlich  sehen  wir  die  liebe  Kleine  vor 
ihm  sitzen,  mit  grossen  fragenden  Augen,  während  die 
Mutter  spinnt  und  der  Vater  zur  Zither  singt;  wie  spricht 
sie  ihre  kindliche  Vergnügungslust,  ihre  abergläubische  Furcht 


vor  Geistern    und   ihre  bange  Sorge   um   sein  Seelenheil  so 
herzlich  einfach  aus ! 

Aber  neben  solchen  freundlichen  Gesichtern  erblicken 
wir  freche  hochgeschürzte  Schönheiten,  denen  nicht  jeder 
Dichter  den  Eintritt  in  den  Tempel  der  Musen  gestattet. 
Besonders  in  der  Abteilung  I,  B  unserer  Nachlese  finden 
sich  derbe  Leistungen  dieser  Art;  Nr.  4,  6,  7,  8,  11  haben 
die  Grenze  der  Zweideutigkeit  längst  überschritten.  Nur  in 
der  Erzählung  Nr.  10  blüht  die  Blume  innigen  Geiühls  aus 
dem  Schmutze  hervor.  Aber  auch  in  dem  'Buch  der  Lie- 
der' selbst  sind  manche  Gedichte  dieser  Art,  die  etwas  we- 
niger deutlich  waren,  stehen  geblieben.  Nr.  37  des  'Lyrischen 
Intermezzos'  wurde  zwar  später  beseitigt,  aber  andre  ähn- 
liche nicht.  Schwer  ist  es,  den  Gedichten  Nr.  49,  51 
und  53  des  'Lyrischen  Intermezzo'  den  richtigen  Platz  an- 
zuweisen ;  sie  sind  so  dicht  neben  anderen ,  die  von  einer 
grossen  Leidenschaft  klagen,  recht  störend.  Am  nächsten 
liegt  es,  sie  auf  ein  flüchtiges  Verhältnis  der  erwähnten  Art 
zu  beziehen.  Das  Lied  von  den  drei  Fräulein  auf  dem 
Schloss  ('Heimkehr'  15)  lehnt  sich  an  ein  bekanntes  Volks- 
lied an  und  dürfte  ganz  auf  Erdichtung  beruhen.  Dagegen 
tritt  in  den  Liedern  der  'Heimkehr'  eine  ähnliche  Figur 
deutlicher  hervor.  Im  Postwagen  hat  Amor  die  flüchtigen 
Bande  geknüpft  (69);  der  Dichter  sucht  die  tolle  Dirne 
überall  und  wundert  sich,  als  er  sie  an  dem  Fenster  eines 
prächtigen  Hotels  erblickt  (70);  er  schleicht  mitternachts  zu 
ihr  (71)  und  redet  wohl  gar  von  Ehe,  die  aber  getrennt 
werde,  wenn  die  Geliebte  seine  Verse  nicht  loben 
werde  (72).  Aber  morgen  schon  kommen  die  blauen 
Husaren,  die  den  Dichter  ausstechen;  er  geniesst  schnell 
heute  sein  Glück  noch  (73),  und  als  die  Einquartierung 
aus  ihrem  Hause  und  Herzen  davongezogen,  da  bringt  er 
ihr  einen  Blumenstrauss  (74) ;  aber  die  Husaren  scheinen 
schwer  vergessen  zu  werden  (75,  76).  Auf  flüchtige  Göt- 
tinger Verhältnisse  scheinen  Nr.  77,  80,  82  und  83  der 
'Heimkehr'  hinzuweisen.  Sollen  wir  es  unter  solchen  Ver- 
hältnissen nicht  begreifen,    dass  sein  tapferes  Rückzugsherz 


von  des  Nordens  Barbarinnen  bis  an  die  See  getrieben  wurde  ? 
Mit  grossen  siegenden  Augen  schössen  sie  brennende  Pfeile ; 
mit  krumm  geschliffenen  Worten  wollten  sie  ihm  die  Brust 
zerspalten  und  mit  Keilschriftbillets  sein  armes  betäubtes 
Gehirn  zerschlagen  ('Nordsee'  II,   1). 

7.  Die  Gedanken  der  Liebe  sind  wie  die  roten  und 
blauen  Blumen  des  Kornfeldes;  der  Schnitter  verwirft  sie, 
hölzerne  Flegel  zerdreschen  sie,  der  hablose  Wanderer  nennt 
sie  schönes  Unkraut;  aber  die  ländliche  Jungfrau  schmückt 
damit  ihr  schönes  Haar  und  eilt  zu  dem  Geliebten,  der  auf 
dem  Tanzplatz  ihrer  harrt  bei  Pfeifen  und  Geigen  ('Nord- 
see' II,  10).  Wir  harmonisch  klingen  diese  Schlussaccorde 
des  'Buchs  der  Lieder' ,  einer  Gedichtsammlung ,  deren 
Grundzug  gerade  das  Disharmonische  genannt  werden  könnte ! 
Und  in  der  That,  wenn  Heine  sich  sonst  zu  allgemeinen 
Betrachtungen  über  das  Wesen  der  Liebe  erhebt,  so  klingen 
seine  Worte  ganz  anders.  Das  wunderschöne  Gedicht,  mit 
welchem  er  die  dritte  Auflage  des  'Buchs  der  Lieder'  er- 
öffnete, enthüllt  uns  deutlicher  seine  wahre  Meinung. 

Die  Nachtigall  sang:  cO  schöne  Sphinx! 
0  Liebe!  was  soll  es  bedeuten, 
Dass  du  vermischest  mit  Todesqual 
All  deine  Seligkeiten? 

'0  schöne  Sphinx!    0  löse  mir 
Das  Rätsel,  das  wunderbare! 
Ich  hab'  darüber  nachgedacht 
Schon  manche  tausend  Jahre'. 

Wenn  unser  Dichter  aus  fremden  Rollen  spricht,  oder  wenn 
er  betrachtend  bei  der  Liebe  verweilt,  so  hat  er  immer  von 
der  qualvollen  Mischung  von  Lust  und  Leid  zu 
erzählen:  sei  es,  dass  die  Geliebte  das  Gefühl  nicht  erwi- 
dert, sei  es,  dass  sie  sich  treulos  abwendet,  sei  es,  dass  ihr 
Charakter  keine  Achtung  verdient,  sei  es,  dass  das  strenge 
Leben  das  holde,  beherzte  Verlangen  verfolgt  und  straft 
—  immer  ist  dem  beglückenden  Gefühl  der  Sehnsucht  oder 
des  Genusses  ein  Tropfen  Wermut   beigemischt,   immer  ist 


Glück  und  Leid  schmerzlich  vereinigt.  Und  dieser  Zug 
tritt  von  frühester  Jugend  an  zu  Tage. 

cHüt'  dich  vor  Magedein, 
Söhnelein!  Söhnelein!1 

heisst  es  in  einem  der  ersten  (und  unbedeutendsten)  Ge- 
dichte Heines  (Nachlese  II,  7).  Und  mit  grellem  Humor 
erschöpft  er  den  Fluch  der  Liebe  in  dem  8.  Traumbilde. 
Die  Geister  der  durch  die  Liebe  zu  Grunde  Gegangenen 
steigen  nachts  aus  dem  Grab  hervor,  um  die  besondere  Art 
ihres  Endes  zu  erzählen,  während  der  Spielmann  dazu  den 
Grundton  singt: 

Die  Engel,  die  nennen  es  Hinunelsfreud', 
Die  Teufel,  die  nennen  es  Höllenleid, 
Die  Menschen,  die  nennen  es:  Liebe! 

Und  nun  kommen  sie  einzeln  hervor:  der  Schneidergeselle, 
der  Gauner,  der  König  der  Bretter,  der  Student,  der  Buhle 
der  Grafentochter  und  der  Jäger  —  der  eine  ist  auf  diese, 
der  andre  auf  jene  Weise  durch  die  Liebe  zu  früh  ums 
Leben  gekommen,  worüber  sie  das  Einzelne  berichten.  — 
Mit  Freuden  ergriff  Heine  bei  dieser  seiner  Grundstimmung 
die  Sage  von  den  zwei  Brüdern,  die,  von  Liebe  zu  ein  und 
demselben  Mädchen  erfüllt,  mit  einander  fechten  und  sich 
gegenseitig  töten :  jede  Nacht  in  der  zwölften  Stunde  sieht 
man  ihre  Geister  den  Kampf  wieder  aufnehmen1)  (cRo- 
manzen'  3).  Ein  durchaus  bedeutendes  Jugendgedicht 
Heines,  das  bereits  im  Februar  1817  von  ihm  veröffentlicht 
ward,  ist  cdie  Romanze  vom  Rodrigo5,  später  cDon  Ramiro' 
genannt.  Auch  sie  behandelt  den  blutigen  Ausgang  einer 
unglücklichen  Liebe.  Mögen  wir  darin  auch  einzelne 
sprachliche  Unebenheiten  beklagen,  so  verdient  doch  das 
geheimnisvoll  Dämmrige  der  Darstellung  grosse  Bewunde- 
rung, besonders  wenn  man  bedenkt,  dass  der  Verfasser  kaum 
siebenzehn  Jahre  alt  war.  —  Des  Dichters  Neigung  zum  Schauer- 
lichen   in   der  Liebe  tritt   noch  in  der  8-  Romanze  hervor, 


x)  Vgl.  die  Anmerkung  in  meiner  kritischen  Gesamtausgabe, 
Bd.  I,  S.  490. 


wo  ein  unheimlicher  Ritter  die  Geliebte  heimführen  will: 
sein  Odem  glüht,  seine  Hand  ist  Eis,  sein  Auge  sprüht, 
seine  Wang'  ist  weiss;  sie  aber  soll  die  Leier  spielen  und 
ein  Hochzeitslied  singen ,  während  der  Nachtwind  die  Me- 
lodie pfeift.  —  Der  Knabe,  von  dem  die  'Wallfahrt  nach 
Kevlaar'  erzählt,  stirbt  an  gebrochenem  Herzen.  —  Einen 
einsamen  Reiter  hören  wir  fragen,  ob  er  in  Liebchens  Arm 
oder  ins  Grab  ziehe  —  die  Bergstimme  antwortet  ihm : 
ins  Grab,  wo  du  Ruhe  findest  und  es  dir  wohl  ist!  ('Ro- 
manzen' 2).  —  Ein  andrer  Ritter  sendet  den  Boten  mit 
der  Frage  aus,  welche  von  Duncans  Töchtern  Braut  sei,  — 
wenn  die  blonde,  so  möge  er  nur  vorn  Meister  Seiler  gleich 
einen  Strick  mitbringen  ('Romanzen1  7);  auch  in  dem 
'Ständchen  eines  Mauren'  (Nachlese  II,  9)  klagt  unerwi- 
derte Liebe  von  ihren  Schmerzen.  Und  wie  ergreifend 
schildert  die  Romanze  vom  armen  Peter  ('Romanzen5  4) 
die  ganze  Qual  der  unglücklichen  Liebe !  Ein  tiefes,  dunkles 
Gefühl  treibt  den  verlegenen  bleichen  Burschen  immer  wie- 
der zu  der  Geliebten  hin ,  als  könnte  die  Grete  das  Weh 
in  seiner  Brust  heilen,  und  wenn  er  sie  sieht,  so  muss  er  doch 
vor  Schmerz  von  hinnen  eilen  —  es  treibt  ihn  auf  die 
Bergeshöh',  wo  er  sich  ausweint.  Die  Mädchen  aber,  die 
ihn  sehen,  glauben,  er  stiege  aus  dem  Grabe  hervor: 

Ach  nein,  ihr  lieben  Jungfräulein, 
Der  legt  sich  erst  ins  Grab  hinein! 

Den  vollkommensten  Ausdruck  für  die  verhängnisvolle 
Tragik  der  Liebe  fand  unser  Dichter  aber  in  dem  Lied  von 
der  Lorelei x).  Wenn  wir  das  berühmte  Gedicht  im  Zu- 
sammenhang mit  Heines  ganzem  Liebesleben  würdigen,  so 
verstehen  wir1  s,  warum  er  dem  viel  behandelten  Stoffe  die 
vollendetste  Fassung  gegeben  hat:  nicht  deshalb,  weil  er 
am  gewaltigsten  von  allen  über  die  poetischen  Ausdrucks- 
mittel verfügte,  sondern  vielmehr,  weil  er  Worte  aussprach, 
von  deren  Wahrheit  sein  eignes  Herz,    wie  das  keines  an- 

x)  Über  die  Quellen  berichtet  meine  kritische  Gesamtausgabe 
Bd.  I,  S.  490  f. 


deren,  aufs  tiefste  und  schmerzlichste  erfüllt  war.  Er  konnte 
mit  Recht  sagen,  dass  die  Minnesinger  zum  Wettkampfe  be- 
reits die  Todeswunde  mitbrächten  ('Romanzen'  11);  die 
Sterne  sind  ihm  deshalb  unsterblich,  weil  sie  die  Liebe  nicht 
kennen  (Nachlese  T,  A,  15),  doch  dem  sterblichen  Dichter 
erklingt  dasselbe  schmerzlich  süsse  Lied  auch  dann  noch, 
als  bereits  die  kühle  Todesnacht  sein  Haupt  umdämmert: 
die  Nachtigall  singt  ihm  von  lauter  Liebe,  er  hört  es  sogar 
im  Traum  ('Heimkehr5   87). 

Aber  auch  bei  diesen  allgemeineren  Liebesgeständnissen 
lässt  unser  Dichter  den  Schalk  zu  Worte  kommen;  dessen 
Stimme  hören  wir,  wenn  Heine  das  Meer  um  Schonung  für 
sein  Leben  bittet :  die  frassbegierige  Möwe  lechze  nach  dem 
Herzen  des  Dichters,  das  vom  Ruhme  der  Venus,  der  Tochter 
des  Meeres,  ertönt,  und  das  Amor,  der  Enkel  des  Meeres, 
zum  Spielzeug  erwählt  hat  ('Nordsee1  I,  8).  Und  wer  hätte 
nicht  herzlich  gelacht  bei  dem  berühmten  Gespräche  über 
die  Liebe,  das  an  dem  ästhetischen  Theetisch  zu  hören  ist  ? 
Der  platonische  dürre  Geheimrat,  der  vor  der  Roheit  war- 
nende Domherr,  dem  das  Fräulein  ihr  'wie  so?5  entgegen- 
hält, und  die  Gräfin  mit  ihrer  'Passion5,  deren  Gegenstand 
sie  uns  leicht  erkennen  lässt  —  es  sind  komische  Figuren, 
an  denen  nur  Pedanten  Ärgernis  nehmen  werden. 

8.  Verwandtenliebe  und  Freundschaft  nehmen  natürlich 
in  Heines  Gedichten  eine  weit  geringere  Stellung  ein,  aber 
sie  finden  doch  schönen  und  kräftigen  Ausdruck.  Des  Ge- 
dichtes auf  seine  Schwester  Charlotte  wurde  schon 
oben  gedacht  (S.  VIII);  ihm  stehen  die  beiden  Sonette  an 
die  Mutter  würdig  zur  Seite.  Des  Dichters  Sinn  ist  stolz 
und  zähe,  aber  in  ihrer  Nähe  ist  er  demutsvoll:  ist  das 
ihr  hoher  Geist  oder  das  Gefühl,  dass  er  durch  manche  un- 
bedachte That  ihr  schönes  liebendes  Herz  betrübt  habe? 
Er  hatte  sie  einst  verlassen,  um  die  Liebe  zu  suchen,  die 
er  aber  nirgends  fand;  doch  als  er  krank  und  enttäuscht 
heimkehrte,  da  leuchtete  sie  ihm  aus  den  Augen  der  Mutter 
entgegen.  Auch  in  dem  'Liedchen  von  der  Reue5  ('Ro- 
manzen5  15)    mag    man    bei    dem   Junker   Ulrich    an    den 


Dichter  selbst  denken:  er  hat  mit  bösem  Thun  und  Wort 
die  Mutter  betrübt,  die  ihn  so  innig  liebte ;  er  möchte  jetzt 
ihre  Augen  trocknen  mit  der  Glut  seiner  Schmerzen  und 
ihre  Wangen  röten  mit  seinem  Herzensblut.  Und  aus  spä- 
terer Zeit,  die  wir  hier  nicht  berücksichtigen,  besitzen  wir 
von  Heine  noch  manchen  herrlichen  Vers  auf  die  geliebte 
Mutter. 

Von  seinen  Freunden  hat  er  Christian  Sethe,  Jean 
Baptiste  Rousseau,  Heinrich  Straube,  dem  Prinzen  Wittgen- 
stein, Franz  von  Zuccalmaglio,  Fritz  von  Beughem  und  Eugen 
von  Breza  in  seinen  Versen  ein  Denkmal  gesetzt.  Christian 
Sethe  steht  allen  voran-,  er  ist  eine  kernige  brave  Natur, 
wohl  etwas  nüchtern,  aber  so  recht  geschaffen,  dem  allzu 
beweglichen  Gemüt  des  Dichters  Halt  und  Stütze  zu  geben. 
Hermann  Hüffer  hat  ausführlich  über  ihn  berichtet1).  Auf 
Sethe  sind  die  'Frescosonette5  gedichtet;  sein  Kopf  ist  für 
den  Dichter  wie  ein  Leuchtturm  in  brandender  See,  sein 
Herz  ein  guter  Hafen ;  doch  nur  wenige  Schiffe  finden  den 
Weg  dorthin  durch  die  wilde  Brandung,  aber  ist  man  dort, 
so  kann  man  ruhig  schlafen  (Nr.  8  der  'Frescosonette'). 
Am  10.  April  1823  schrieb  Heine,  dass  das  blosse 
Wort  dieses  ehrlichen  Christian  am  jüngsten  Tage  dem 
Gnadenrichter  mehr  gelten  werde,  als  die  Eide  von  Hundert- 
tausenden. —  Auch  der  polnische  Graf  Eugen  von  Breza, 
den  Heine  im  Sommer  1812  auf  seinem  Gute  bei  Gnesen 
besuchte,  hat  des  Dichters  aufrichtige  Freundschaft  besessen : 
im  zweiten  'Briefe  aus  Berlin'  schreibt  Heine  am  16.  März 
1822  über  ihn:  'mein  köstlichster  Freund,  der  liebenswür- 
digste der  Sterblichen ,  Eugen  v.  B. ,  ist  vorgestern  ab- 
gereist! Das  war  der  einzigste  Mensch,  in  dessen  Gesell- 
schaft ich  mich  nicht  langweilte,  der  einzige,  dessen)  ori- 
ginelle Witze  mich  zur  Lebenslustigkeit  aufzuheitern  ver- 
mochten .  .  .'  Dieser  Breza  ist  der  Freund  Eugen,  den  der 
lange  Engel  Gabriel  herbeiholen  muss,  als  der  Dichter 
träumt,    er   sei  der   liebe  Gott,    und    als   er   sich   oben  im 

»)  A.  a.  0.  S.  1—73. 


Himmel  die  Langeweile  vertreiben  will1)  ('Heimkehr'  QQ). 
—  Nur  eine  flüchtige  Begegnung  fand  mit  dem  Prinzen 
Wittgenstein  statt ;  an  ihn  ist  die  1 9.  Romanze  gerichtet. 
Straube  sind  zwei  Gedichte  gewidmet:  die  20.  Romanze 
und  das  Sonett  cAn  H.  Str.'.  Doch  äussern  diese  Verse 
nichts  Bemerkenswertes  über  den  Freund.  Der  Dichter 
stimmt  vor  allem  dessen  altdeutschen  Bestrebungen  bei,  die 
in  der  von  Straube  und  Hornthal  herausgegebenen  'Wünschel- 
rute' 2)  Ausdruck    fanden.    —    Die   anderen    Freunde   sind 


*)  Hüffer,  a.  a.  0.  S.  109. 

2)  Karl  Hessel  (Köln.  Zeitung  vom  14.  Dezember  1886)  meint, 
dass  Heine  auf  das  'Taschenbuch  für  Freunde  altdeutscher  Zeit 
und  Kunst'  hinweise,  welches  1816  bei  du  Mont-Schauberg  in  Köln 
erschien.  Straube  ist  aber  nicht  der  Herausgeber,  sondern  vielmehr 
Grote  und  Carove,  und  da  nun  an  diese  das  Gedicht  sicherlich 
nicht  gerichtet  ist  und  auch  Hessel  an  Straube  festhält,  so  kommt 
er  zu  der  Annahme:  'Es  wäre  dann  nicht  die  von  Straube  heraus- 
gegebene Zeitschrift,  sondern  nur  ein  Straube  gehörendes  Buch5. 
Das  lässt  sich  aber  nicht  mit  den  klaren  Worten  Heines  vereinigen : 
'An  H.  Str.  Nachdem  ich  seine  Zeitschrift  für  Erweckung 
altdeutscher  Kunst  durchlesen'.  Und  warum  kann  es  bei  der 
'Wünschelrute'  nicht  sein  Bewenden  haben?  Diese  Zeitschrift 
ist  ganz  und  gar  der  Erweckung  altdeutscher  Kunst,  altdeutschen 
Geistes  gewidmet.  Arndt,  Brentano,  die  Brüder  Grimm  u.  a.  m. 
waren  Mitarbeiter,  und  nicht  nur  die  Interessen  der  Poesie,  sondern 
auch  die  der  bildenden  Kunst  fanden  hier  fördernde  Erörterung. 
Wie  nahe  lag  es  nun,  dass  Heine  sich  hierbei  sofort  des  grössten 
Kunstwerkes  der  alten  Zeit,  des  Kölner  Domes,  erinnerte,  den  er 
aus  eigner  Anschauung  so  genau  kannte!  Hessel  hat  eine  irrige 
und  niedrige  Meinung  von  unseres  Dichters  Phantasie  (und  ebenso 
von  der  Tiefe  seiner  Jugendeindrücke)  bekundet,  indem  er  das  Ge- 
dicht auf  Straube  sich  aus  den  Stellen  zusammengesetzt  denkt,  die 
er  aus  dem  erwähnten  Taschenbuche  anführt,  —  Übrigens  kann 
ich  aus  Erfahrung  bestätigen,  dass  der  von  Heine  angegebene  Titel 
der  Zeitschrift  in  den  Buchhändlerkatalogen  nicht  zu  finden  ist; 
auch  ein  so  berühmter  Kenner  der  altdeutschen  Kunst,  wie  August 
Reichensperger,  konnte  mir  auf  meine  Anfrage  keine  Auskunft 
erteilen.  Derselbe  hatte  die  Güte,  seiner  Antwort  folgende  Worte 
hinzuzufügen :  'In  den  letzten  Zeilen  des  Gedichtes  vermag  ich  nur 
eine  Poetisierung  der  Thatsache  zu  erkennen,  dass  die  feineren  Orna- 
mente des  alten  Turmes  aus  Trachyt  durch  den  Einfluss  der  Witte- 
rung allmählich  zerstört  worden  sind  und  abbröckelten.  Dermalen  findet 
sich  der  Turm  zufolge  der  ihm  zuteil  gewordenen  Restauration  neu 


Dichter  und  Dichterlinge :  Franz  von  Zuccalmaglio1) 
wird  ermahnt ,  der  Poesie  treu  zu  bleiben  und  das  schöne 
deutsche  "Wort  wie  einen  Hort  in  der  Brust  zu  wahren 
(Nachlese  m,  1).  Auch  Fritz  von  Beughem,  ein  Bonner 
Studienfreund  des  Dichters,  wird  beklagt,  dass  er  der 
Themis  Aktenwagen  ziehen  müsse,  er,  der  gewohnt  war, 
sich  auf  dem  Flügelross  zu  erheben  (Nachlese  III,  5); 
ein  andermal  wird  er  gebeten,  an  frohe,  mit  dem  Dichter 
gemeinsam  verbrachte  Stunden  freundliche  Erinnerung  zu 
bewahren  (Nachlese  m,  4).  —  Zwei  andere  Freunde  blieben 
leider  der  Poesie  treu :  Fritz  Steinmann,  der  später  mehrere 
Bände  Heinescher  Gedichte  fälschte,  wird  ironisch  ermahnt, 
auf  äussern  Effekt  und  die  Claque  bedacht  zu  sein,  was  dieser 
Herr  gewiss  im  Ernste  befolgt  haben  wird  (Nachlese  III,  6), 
während  an  Rousseau  die  Aufforderung  ergeht  (Nach- 
lese III,  9),  seinem  berühmten  Namen  Ehre  zu  machen  und 
an  Glauben,  Freiheit  und  Minne  als  den  höchsten  Gütern 
festzuhalten.  Sehr  herzlich  ist  ein  andres  Gedicht  an 
Rousseau  (Nachlese  III,  10),  der  seinerseits  unsern  Dichter 
oft  besang ;  dieser  schreibt  ihm  nun,  dass  sein  Freundesgruss 
ihm  die  Brust  erschlossen  habe,  hänge  er  doch  an  dem 
kranken  Dichter  wie  der  Epheu  am  morschen  Gemäuer; 
bald  hoffe  er,  Rousseaus  Liedern  wieder  lauschen  zu  können, 
während  das  Rotkehlchen  dazu  singe  und  der  Rhein 
rausche.  Auch  über  diesen  Freund  Heines  hat  Hüffer2)  be- 
richtet. 

Wie  schon  diese  Gedichte  zeigen,  dass  Heine  sich  gern 
Anderen  mit  freundschaftlicher  Anerkennung  zuneigte,  so 
ergiebt  sich  dasselbe  aus  solchen  Versen,  die  er  bekannteren 
Künstlern  und  Gelehrten  widmete.  Ein  Jugendgedicht 
feiert    die    Sängerin   Karoline   Stern,    die    jugendliche 


belaubt.'  Gewiss  trifft  diese  nicht  leicht  zu  findende  Erklärung 
das  Rechte.  —  Ich  halte  an  der  'Wünschelrute'  fest,  die  ich  un- 
abhängig von  Hessel  ermittelt  und  auf  die  ich  bereits  im  ersten 
Hefte  meiner  Gesamtausgabe  hingewiesen  habe. 

x)  Hüffer,  a.  a.  0.  S.  15  ff. 

2)  A.  a.  0.  S.  107  ff. 


Primadonna  des  Düsseldorfer  Theaters  ('Romanzen'  16)  ;  ihr 
Gesang  rührt  ihn  zu  Thränen,  und  die  lieblichsten  Märchen- 
bilder aus  seiner  Kindheit  erwachen  in  ihm  und  verschwin- 
den erst,  als  lautes  Beifallklatschen  ihn  aus  seinen  Träumen 
erweckt.  Heine  hat  in  späteren  Jahren  mehrfach  musika- 
lische Wirkungen  durch  überaus  geistvolle  Phantasiebilder 
umschrieben  und  erläutert :  wir  erkennen  in  jenem  Gedichte 
dieselbe  Deutungs weise,  welche  bei  phantasiebegabten  Per- 
sonen häufig  anzutreffen  ist.  —  Voll  innigster  Verehrung 
tritt  Heine  seinem  Lehrer  Aug.  Willi,  von  Schlegel 
entgegen  in  dem  Sonettenkranz,  den  er  als  junger  Student 
dem  'grossen  Meister5  widmete.  Schlegel  hat  die  in  Zauber- 
schlaf versunkene  echte  deutsche  Muse  erweckt,  die  ihrem 
Befreier  liebestrunken  in  die  Arme  gesunken  ist;  aber  er 
war  mit  seinem  eignen  Gute  noch  nicht  zufrieden :  er  hat 
noch  den  Nibelungenhort  gehoben,  die  Gaben  vom  Strand 
der  Themse,  des  Tajo,  des  Tiber,  der  Seine  und  des  Ganges 
herbeigeholt ;  und  dieser  Mann  hat  dem  aufstrebenden  Jünger  des 
Zweifels  Dolchgedanken  verscheucht,  und  der  Jünger  muss  es 
ihm  danken,  wenn  einst  das  schwache  Reis  Blüten  tragen  wird. 
Bekanntlich  hat  Heine  später  nicht  allein  eingesehen,  dass 
sein  Lob  für  Schlegel  jugendlich  übertrieben  war,  sondern 
er  hat  sich  auch  zu  persönlich  heftigen  Ausfällen  gegen 
seinen  einstigen  Lehrer  hinreissen  lassen.  —  Niemals  aber 
hat  Heine  Goethes  Lorbeeren  angetastet ;  als  man  in 
Frankfurt,  das  dem  deutschen  Land  manch  guten  Kaiser 
und  'den  besten  Dichter'  gegeben  habe  (Nachlese  I,  B,  10), 
Goethe  ein  Denkmal  setzen  wollte  (im  Jahre  1819),  da 
verspottet  er  die  biederen  Reichsstädter,  die  mit  ihrem  Mit- 
bürger prahlen  wollten,  um  bessere  Handelsgeschäfte  zu 
machen;  sein  Denkmal  habe  Goethe  sich  selbst  gesetzt 
(Nachlese  II,  20).  —  Mit  eindringlich  verehrungsvollen 
Worten  feiert  Heine  seinen  Lehrer,  den  Geschichtsprofessor 
Georg  Sartorius  in  Göttingen,  den  Mann  mit  der  stolzen 
gebietenden  Haltung,  den  blitzenden  Augen,  den  beweg- 
lichen Muskeln  und  der  ruhigen  Rede:  er  hatte  einst  dem 
jungen  Dichter    väterlich    wohlgemeinte   Worte  gesagt,   die 


dieser  treu  im  Herzen  bewahrte.  —  Und  endlich  empfing 
der  Dichter  J.  F.  Koreff  für  seinen  Operntext  'Aucassin 
und  Nicolette  oder  Die  Liebe  aus  der  guten  alten  Zeit1  von 
Heine  Worte  der  liebevollsten  Anerkennung  (Nachlese,  HI,12). 
—  Wir  finden  also  bei  dem  jungen  Dichter  eine  ausge- 
sprochene Neigung  zu  dankbarer  Hingabe,  herzlicher  Freund- 
schaft und  treuer  Verwandtenliebe. 

9.  Heines  satirisches  Talent  hat  sich  in  seinen 
späteren  Jahren  kräftiger,  heftiger  und  bedeutender  bethä- 
tigt,  als  in  seiner  Jugend.  Aber  es  versteht  sich .  von  selbst, 
dass  ein  so  stark  ausgeprägter  Zug  seines  Wesens  sich  von 
frühester  Zeit  an  geltend  machen  musste.  In  der  That  ist 
das  älteste  Gedicht,  das  wir  von  ihm  besitzen,  ein  höchst 
gelungenes  Spottgedicht  auf  einen  allzu  beleibten  Schulkame- 
raden Wünneberg  (Nachlese  II,  1).  Vermutlich  ist  Fer- 
dinand Ignaz  Wünneberg  gemeint  (der  Sohn  eines  Fabrik- 
assessors aus  Lethmase  bei  Iserlohn),  der  als  Einundzwanzig- 
jähriger in  dem  Bonner  Universitätsalbum  der  Jahre  1818 
bis  1819  aufgeführt  ist1).  Das  Gedicht  schildert  den  Ab- 
schied des  'kugelrunden  Schweinchens5  von  den  cIserlohner 
Triften5,  die  es  verlässt,  um  auf  dem  Düsseldorfer  Lyceum 
für  die  Universitätsstudien  vorbereitet  zu  werden.  Recht 
ergötzlich  ist  es,  wie  das  Schweinchen  gescheuert,  ä  l'enfant 
frisiert,  entsetzlich  pomadisiert  und  in  ein  altdeutsches  Röckchen 
gesteckt  wird,  um  nun  von  allen  lebenden  Wesen  des  Gehöftes 
sentimentalen  Abschied  zu  nehmen,  bis  es  der  ungeduldige 
Hausknecht  Tröffel  auf  die  Karre  lädt  und  nach  Düsseldorfs 
Lyceum  hinschiebt.  Die  Schlussstrophe  ist  übrigens  nicht 
von  Heines  Hand  geschrieben  und  wahrscheinlich  von  einem 
witzigen  Mitschüler  hinzugefügt  worden.  —  Die  Satire  auf 
die  Frankfurter  Denkmalsstifter  haben  wir  soeben  schon 
kennen  gelernt ;  harmlos  ist  die  Satire  auf  die  Berliner, 
die  Herren  vom  Landgericht,  die  Poeten,  die  Leutnants  und 
die  Fähndrichs,    denen    unser  Dichter  mit  Rheinwein    und 


*)  Vgl.  Hüffer,   der  auch  das  Gedicht  zuerst  veröffentlichte, 
a.  0.  S.  131  ff. 

Litteraturdenkmale  des  18    n.  19.  Jahrh.    27.  d 


Austern  aufwartet,  als  ihm  im  Traume  die  Zügel  der  himm- 
lischen und  irdischen  Herrschaft  zuteil  geworden  sind 
('Heimkehr'  66)',  es  ist  wahrscheinlich,  aber  nicht  sicher, 
dass  auch  das  Gedicht  Nachlese  II,  23  von  Heine  herrührt, 
worin  Dresden  mit  seinen  Tabak-,  Stroh-  und  Versfabriken 
durchgehechelt  wird.  Sicherlich  war  die  Satire  auf  den 
Dresdener  Liederkranz  mit  seinen  schwächlichen  Dichterlein 
und  der  edlen  "Abendzeitung1  wohl  berechtigt.  —  Auch 
der  Fürst  Hohenlohe  mit  seinen  Wunderkuren  und  der 
Dichter  A uff enberg,  den  jener  so  sehr  geheilt  hatte,  dass 
er  bereits  in  zwei  bis  drei  Jahren  neun  Dramen  fabrizieren 
konnte  —  diese  werden  ebenfalls  mit  Recht  getroffen  (Nach- 
lese II,  24).  —  AuchHouwalds  'Bild5  veranlasst  unsern 
Dichter  zu  einer  kurzen  Abwehr  und  der  Empfehlung, 
Lessing,  Goethe  und  Schiller  zu  studieren  (Nachlese  II,  19); 
erbittert  meint  er,  dass  nur  der  rohe  Effekt  und  die  Claque 
jetzt  für  den  Erfolg  einer  Dichtung  bürge  (Nachlese  III,  6), 
aber  er  selbst  lacht  über  die  Kastraten  mit  ihren  Liedern 
von  Liebe  und  Liebeserguss ,  bei  welchen  die  Damen  in 
Thränen  schwimmen  ('Heimkehr'  79),  und  selbst  ein  so 
'liebenswürdiger  Jüngling',  wie  der  Dr.  Rudolf  Christian  i, 
dem  Rock  und  Höschen  so  nett  sitzen,  der  den  Dichter  mit 
Austern,  Rheinwein  und  Likören  traktiert,  sich  jeden  Morgen 
nach  seinem  Befinden  erkundigt,  von  seiner  Anmut  und  seinen 
Witzen  spricht  und  abends  vor  den  Damen  mit  begeistertem 
Gesichte  Heines  Gedichte  deklamiert  —  auch  er  muss  sich 
necken  lassen  ('Heimkehr'  65),  wenn  es  auch  nie  bös  ge- 
meint war ;  blieb  doch  das  Verhältnis  zu  diesem  'bequemen' 
Freunde  (dem  'Mirabeau  der  Lüneburger  Heide')  bis  an 
des  Dichters  Tod  so  herzlich  und  ungetrübt ,  dass  Heine 
ihn  testamentarisch  zum  Herausgeber  seiner  Werke  bestellte 
—  eine  Aufgabe,  an  deren  Ausführung  Christiani  aber  durch 
den  Tod  behindert  ward.  —  Andere  ungenannteFreunde 
kommen  schlechter  weg:  der  Mops  wird  (Nachlese  II,  17) 
besungen,  weil  er  nur  ein  Hund  sein  wolle,  die  anderen 
Freunde  verstellten  sich  so  sehr,  und  auf  manchen  äusser- 
lichen  Freund  mögen  die  Worte  bezogen  werden,    dass  sie 


sich  selten  gegenseitig  verstanden  hätten,  ausser  wenn  sie 
sich  im  Kot  fanden  ('Heimkehr'  78).  Der  Göttinger 
Stubennachbar  'Don  Henriquez' ,  der  sporenklirrend  und 
schnurrbartkräuselnd  durch  die  Strassen  geht,  als  eine  Augen- 
weide des  schönen  Geschlechtes,  quält  des  Abends  die  arme 
Guitarre  so  sehr,  dass  es  unserm  Dichter  ganz  katzenjäm- 
merlich zu  Mute  wird  ('Heimkehr'  81);  dem  deutschen 
Professor  wird  nachgesagt,  dass  er  mit  seinen  Nachtmützen 
und  Schlafrockfetzen  die  Lücken  des  Weltenbaues  aus- 
stopfe ('Heimkehr'  58);  der  Teufel  befasst  sich  jetzt  mit 
Sanskrit  und  Hegel,  und  sein  Lieblingspoet  ist  Fouque 
('Heimkehr1  35);  der  sittliche  Streber,  der  den  Mops 
und  das  Kreuz  und  die  Pfote  der  hohen  Gönnerin  täglich 
küsst  und  sich  hinaufgefrömmelt  hat  zum  Hofrat,  Justizrat 
und  Regierungsrat  in  der  frommen  Stadt,  wo  der  Sand  und 
der  Ghmben  blüht  und  der  heiligen  Sprea  geduldiges  Wasser 
die  Seelen  wäscht  und  den  Thee  verdünnt  ('Nordsee'  I,  12) 

auch  er  hat  wahrlich  die  satirische  Geissei  verdient.  — 

Alles  Beengte,  Kleinliche  und  Philiströse  war  Heine  von 
früh  anverhasst:  die  Philister,  die  wie  Böcklein  hüpfen, 
sich  freuen,  wie  alles  romantisch  blüht,  und  mit  langen 
Ohren  der  Spatzen  Lied  einsaugen  ('Lyrisches  Intermezzo'  38), 
das  blöde  Volk,  das  im  Sonntagsstaat  jubelnd  hinauszieht 
und  seine  Freude  am  Frühling  ungeschickt  äussert  ('Götter- 
dämmerung'), —  sie  sind  ihm  ebenso  sehr  des  Spottes  wert 
wie  die  feinen  Leute,  die  bei  all  ihren  sanften  Reden, 
ihrem  .'Embrassieren',  ihren  schwarzen  Röcken  und  seidnen 
Strümpfen  kein  Herz  in  der  Brust  haben  und  nur  er- 
logene  Gefühle  äussern    ('Aus    der    Harzreise' ,    Vorspiel). 

Diese  satirische  Erhebung  über  alles  Enge  und  Bedrückte 

der  Zeitgenossen  bildet  eine  wesentliche  Ergänzung  des  kräf- 
tigen, kecken  Selbtsgefühles  bei  unserm  Dichter,  von  wel- 
chem wir  oben  (S.  VIII  ff.)  gehandelt  haben. 

10-  Neben  diesem  gesunden  Spott  finden  sich  aber  bei 
dem  jungen  Heine  auch  düstere  Züge  des  allgemeinen  Ekels 
vor  den  Menschen  und  der  ganzen  Welt.  Diese  Züge,  ver- 
eint mit  den  Klagen  über  die  unglückliche  Liebe   und  den 


kranken  Körper  und  geäussert  in  einer  etwas  selbstgefäl- 
ligen und  vornehmen  Weise,  bilden  das  Charakteristische 
des  Heineschen  Weltschmerzes.  Die  Frage,  wie  weit 
Byron  hierauf  von  Einfluss  war,  erheischt  noch  ihre  genauere 
Beantwortung;  so  viel  ist  gewiss,  dass  Heine  die  Werke 
des  düsteren  Lords  mit  grossem  Gefallen  oft  und  gründlich 
gelesen  (bekanntlich  auch  einen  Teil  davon  übersetzt)  hat, 
dass  aber  auch  das  innerste  Wesen  der  beiden  Dichter  nur 
geringe  Beziehungspunkte  hatte,  was  später,  als  Heine 
ein  beherzter  Apostel  des  frohen  Lebensgenusses  wurde, 
noch  deutlicher  hervortrat.  —  Die  Menschen  der  schlechten 
neuen  Zeit  (Nachlese  III,  12),  der  Zeit  voll  Selbstsucht  und 
Eoheit  (Nachlese  IH,  11),  haben  ihm  durch  Liebe  und 
Hass  das  Leben  vergiftet  ("Lyrisches  Intermezzo'  48);  er 
muss  neben  eklem  Wurmgezücht  am  Boden  kleben  (9.  Sonett 
an  Chr.  Sethe) ,  Schlingel ,  geschminkte  Katzen ,  bebrillte 
Pudel  wollen  ihn  ins  Verderben  stürzen,  Pedanten  ihn 
hudeln,  Schellenträger  ihn  umklingeln  und  giftige  Schlangen 
sein  verblutendes  Herz  umringein  (8.  Sonett  an  Chr.  Sethe). 
Aber  er  'räuchert  nicht'  den  schamlosen  Weibern  oder  den 
Buben  und  Hallunken,  die  sich  mit  Charakter  und  Geist 
brüsten;  er  will  sich  in  einen  Lumpenkerl  verkleiden  und 
gemeine  Worte  gebrauchen,  damit  er  nicht  für  ihres  Glei- 
chen gehalten  werde ;  würde  er  aber  die  Larve  abnehmen, 
so  müsste  all  das  Galgenpack  verstummen,  die  abgeschmack- 
ten Laffen  mit  den  Bocksgesichtern,  die  schnüffelnden 
Füchse,  die  aufgespreizten  gelehrten  Affen  und  die  feigen 
Bösewichter  mit  ihren  vergifteten  Waffen.  Aber  wenn 
unser  Herz  zerrissen  und  zerstochen  ist,  so  bleibt  uns  doch 
noch  das  gelle  Lachen!  (1. — 3.  Sonett  an  Chr.  Sethe).  Als 
der  Mai  zu  ihm  kommt,  da  verschliesst  der  Dichter  ihm  die 
Thüre:  er  hat  den  Bau  der  Welt  durchschaut  und  die 
steinern  harten  Rinden  der  Menschenhäuser  und  Menschen- 
herzen ;  überall  herrscht  Lug  und  Trug  und  Elend !  Überall 
Fratzenbilder  und  sieche  Schatten:  er  weiss  nicht,  ist  die 
Welt  ein  Krankenhaus  oder  ein  Tollhaus !  Und  auch  im 
Grund    der  Erde   herrscht   das  Grausen:    die  Toten  liegen 


mit  offnen  Augen  in  den  Särgen;  gelbe  Würmer  kriechen 
zwischen  ihren  Lippen ;  der  Sohn  setzt  sich  mit  seiner  Buhle 
zur  Kurzweil  auf  des  Vaters  Grab*,  die  Nachtigallen  singen 
Spottlieder;  die  Wiesenblumen  lachen  hämisch;  der  tote 
Vater  regt  sich  im  Grabe,  und  die  ganze  Erde  zuckt.  Und 
nun  folgt  die  Erstürmung  des  Himmels  von  den  düstern  Ge- 
walten der  Nacht:  sie  reissen  den  Vorhang  von  dem  Zelte 
Gottes  hinweg;  dieser  wirft  die  Krone  vom  Haupte  und 
zerrauft  sein  Haar;  die  Engel  stürzen  heulend  aufs  Antlitz 
und  werden  von  den  Kobolden  mit  Geisseihieben  gepeitscht, 
die  Himmelsburg  wird  in  Brand  gesteckt,  und  ein  geller 
Schrei  ertönt  durch  das  zusammenbrechende  Weltall  ('Götter- 
dämmerung'). —  Das  Leben  ist  dem  Dichter  nur  eine 
Marterkammer,  worin  man  ihn  an  den  Füssen  aufgehangen 
hat  und  mit  glühenden  Zangen  zwickt  (Nachlese  I,  A,  13); 
er  schaut  totkalten  Blickes  umher,  die  Blitze  des  Wahnsinns 
durchzucken  sein  Haupt  ('Nordsee3  H,  5);  aber  er  will 
nicht  klagen,  da  ja  selbst  ewige  Götter,  Sol  und  Luna,  ihr 
strahlendes  Unglück  tragen  ('Nordsee5  I,  3) ;  er  aber  fühlt 
schon  den  Schatten  der  Todesnacht  ('Heimkehr1  87)  und 
nur  in  dieser  kann  ihm  Trost  werden  (Nachlese  II,   6). 

11.  Heinrich  Heine  war  durchaus  empfänglich  für  das 
religiöse  Gefühl;  seine  Anschauungen  haben  aber,  wie 
die  der  meisten  denkenden  Männer,  manche  Schwankungen 
durchgemacht,  und  wenn  er  sich  von  dogmatischen  Zu- 
mutungen abgestossen  fühlte,  so  liess  er  sich  gelegentlich 
auch  zur  Verkennung  des  edlen  Kerns  verleiten.  Er  hatte 
augenscheinlich  keine  besonders  tiefe  Einwirkung  von  der 
jüdischen  Religion  erfahren,  in  der  er  erzogen  worden  war. 
Heine  schreibt:  'Es  ist  gewiss  bedeutsam,  dass  mir  bereits 
in  meinem  dreizehnten  Lebensjahr  alle  Systeme  der  freien 
Denker  vorgetragen  wurden  und  zwar  durch  einen  ehr- 
würdigen Geistlichen,  der  seine  sacerdotalen  Amtspflichten 
nicht  im  geringsten  vernachlässigte,  so  dass  ich  hier  frühe 
sah,  wie  ohne  Heuchelei  Religion  und  Zweifel  ruhig  neben 
einander  gingen,  woraus  nicht  bloss  in  mir  der  Unglauben, 


sondern  auch  die  toleranteste  Gleichgültigkeit  entstand' x).  Als 
wichtigstes  poetisches  Denkmal  seiner  Jugendanschauungen 
steht  sein  Gedicht  'Belsazar'  da  ('Rom.'  10),  aus  welchem  man 
aber  keine  weitgehenden  Schlüsse  ziehen  kann.  —  In 
Hamburg  wurde  alsdann  unter  dem  Einfluss  der  unglück- 
lichen Liebe  zu  Amalie  Heine  auch  unsers  Dichters  reli- 
giöses Gefühl  aufs  tiefste  erschüttert:  er  wollte  katholisch 
werden.  Er  schreibt  an  seinen  Freund  Sethe :  lIn  relieuser 
Hinsicht  habe  ich  dir  vielleicht  bald  etwas  sehr  verwunder- 
liches mitzuth eilen.  Ist  Heine  toll  geworden?  wirst  du 
ausrufen.  Aber  ich  muss  ja  eine  Madonna  haben.  "Wird 
mir  die  Himmlische  die  Irdische  ersetzen  ?  Ich  will  die 
Sinne  berauschen.  Nur  in  den  unendlichen  Tiefen  der 
Mystik  kann  ich  meinen  unendlichen  Schmerz  hinabwälzen. 
Wie  erbärmlich  scheint  mir  jetzt  das  Wissen  in  seinem 
Bettlerkleid.  Was  mir  einst  durchsichtige  Klarheit  schien, 
zeigt  sich  mir  jetzt  als  nackte  Blosse'.  Aus  dieser  Gesin- 
nung ist  das  bereits  1817  veröffentlichte  Gedicht  rDie  Weihe' 
hervorgegangen  (Nachlese  II,  4);  er  möchte  ewig  vor  der 
Madonna  knieen;  ihre  Strahlenlocken,  ihr  Lächeln,  das  des 
Mundes  heilige  Rosen  umspielt,  und  ihrer  Augen  Sternen- 
lichter entzücken  ihn,  diese  Sterne  sollen  sein  Lebensschiff- 
lein sicher  leiten;  er  bittet  um  ein  Zeichen  der  Huld,  und 
da  verwandelt  sich  die  Kapelle  in  den  Saal,  wo  die  Ge- 
liebte weilt,  die  ihm  eine  Locke  feierlich  darreicht.  —  Diese 
Gesinnungen  waren  augenscheinlich  nicht  von  Dauer,  doch  sie 
befähigten  ihn,  noch  zu  Ende  des  Jahres  1821  oder  zu 
Anfang  1822  in  der  'Wallfahrt  nach  Kevlaar'  Töne  anzu- 
schlagen, die  frommen  Katholiken  als  durchaus  angemessene 
erscheinen.  Seit  seiner  Studentenzeit  nahm  er,  insbesondere 
angeregt  durch  seinen  edlen  und  hochgebildeten  Freund 
Moses  Moser,  wieder  entschieden  Partei  für  das  Judentum, 
d.  h.  für  ein  reformiertes,  liberales  Judentum,  zu  dessen 
Pflege  sich  in  Berlin  und  andern  Städten  ein  Verein  ge- 
bildet hatte,  dem  Heine  für  längere  Zeit  angehörte.  Be- 
reits im  Sommer  1820  begann   er  das  Trauerspiel  cAlman- 


*)  «Memoiren5,  S. 


sor'  zu  schreiben,  worin  eine  heftige  Sprache  gegen  das 
Christentum  und  die  getauften  Juden  geführt  wird}  denn 
es  ist  kein  Zweifel,  dass  Heine  unter  den  Mauren,  die  in 
diesem  Stücke  auftreten,  die  Juden  seiner  eigenen  Zeit  ver- 
stand und  verstanden  wissen  wollte.  Bald  darauf  schrieb 
er  den  'Rabbi  von  Bacharach',  ohne  Frage  eins  seiner  besten 
Werke,  worin  die  uralte  Judenfrage  mit  grossem  Fleiss  und 
Geschick  behandelt  wurde.  Einen  scharfen  Beleg  für  seine 
damalige  Gesinnung  bieten  die  Gedichte  Nachlese  II,  21 
und  22.  Unter  'Edom'  sind  alle  Judenfeinde  zu  verstehen; 
sie  haben  ihre  'liebefrommen  Tätzchen'  mit  dem  Blut  der  Is- 
raeliten befleckt,  aber  bald  beginnen  auch  diese  zu  rasen 
und  es  ihren  Verfolgern  gleich  zu  thun.  Von  der  elegischen 
Seite  behandelt  Nr.  22  dieselbe  Frage;  die  Grossen  und 
Kleinen,  die  kalten  Herren ,  die  Frauen ,  die  Blumen  und 
Sterne,  sie  alle  müssen  weinen,  wenn  sie  das  düstere  Mär- 
tyrerlied vernehmen,  das  Heine  im  'Rabbi'  anstimmt.  In  der 
'Donna  Clara'  äussert  die  liebende  Jungfrau  die  heftigste  Ab- 
neigung gegen  die  'schmutzigen, langnasigen  Judenrotten',  wäh- 
rend sie  selbst  gerade  von  tiefster  Neigung  zu  einem  Manne 
dieses  Stammes  ergriffen  ist x).  Und  in  dem  Gedicht  'Alraansor' 
spiegeln  sich  die  Gewissensqualen  eines  Abtrünnigen,  der  in  den 
Armen  der  Geliebten  von  dem  Taufakt  träumt  und  plötzlich 
wahrnimmt,  dass  die  Säulen  der  Kirche  zittern,  Volk  und 
Priester  erbleichen,  dieKuppel  herabstürzt  und  die  Christengötter 
wimmern.  Und  wenig  verlockend  war  vorher  der  christliche 
Gottesdienst  geschildert,  mit  dem  faden  Wunder  der  Messe, 
dem  Drehn  und  Winden  der  buntbemalten  Puppen,  dem 
Geklingel  und  Weihrauch  und  dem  Funkeln  der  'dummen 
Kerzen'.  Auch  die  Anbetung  der  drei  Könige  aus  dem 
Morgenlande  giebt  ihm  Anlass  zu  einem  Spottgedicht  ('Heim- 
kehr' 37);  die  Götter,  welche  die  Griechengötter  besiegt 
haben,  die  herrschenden  im  'Schafspelz  der  Demut'  scheinen 
ihm  feig,  windig  und  triste  ('Nordsee'   II,  6),    und  nur  in 


x)  Vgl.  Bd.  I,  S.  491,  und  Bd.  II,  S.  241  meiner  Gesamtaus- 
gabe der  Heineschen  Werke. 


der  Betrunkenheit  im  Ratskeller  zu  Bremen  ('Nordsee'  II,  9) 
lässt  er  sich  zur  Religion  der  Liebe  bekehren,  vergiebt 
seinen  Feinden  und  sogar  allen  schlechten  Poeten.  Und 
ähnliches  öfter.  Beklagt  er  zwar  einmal,  dass  die  Welt 
nicht  mehr  so  'wohnlich5  sei,  wie  früher,  der  Herrgott 
oben  und  der  Teufel  unten  tot  sei  ('Heimkehr'  39),  so  sagt 
er  doch  selbst,  dass  er  nicht  an  Himmel,  Herrgott  und  Hölle, 
sondern  nur  an  die  Geliebte  und  ihr  böses  Herz  glaube 
(Nachlese  I,  A,  10).  Eher  wird  man  ihm  verzeihen,  dass 
er  nicht,  wie  andre,  zur  Madonna  oder  zu  Paulus  und 
Petrus,  sondern  lieber  zu  der  wunderschönen  und  edlen 
Geliebten  beten  will  ('Heimkehr'  52),  zu  derselben  ver- 
mutlich, deren  blosser  Anblick  ihn  mit  religiöser  Feierlich- 
keit erfüllt,  so  dass  er  Gott  anfleht,  er  möge  sie  immer  er- 
halten so  hold  und  schön  und  rein  ('Heimkehr'  47).  Es 
ist  keine  Frage,  am  aufrichtigsten  war  Heines  Teilnahme 
für  das  Judentum,  sowohl  die  Teilnahme  für  die  jüdische 
Ethik  (Abneigung  gegen  das  christliche  Gebot  der  Liebe 
und  gegen  alle  Weltflucht)  als  für  die  leidenden  Stammes- 
genossen selbst,  wenn  ihn  auch,  wie  seine  Briefe  deutlich 
besagen,  vieles  an  denselben  sehr  unangenehm  berührte. 
Gleichwohl  liess  er  sich,  aus  äusseren  Rücksichten,  am 
28.  Jutri  1825  taufen  —  ein  Schritt,  über  dessen  Gründe 
er  sich  in  seinen  Briefen  ganz  offen  ausspricht  und  den  er 
bald  als  nutzlos  bereute.  Kurz  vorher  hatte  er  das  religiöse 
Gespräch  in  der  'Bergidylle'  geschrieben  (S.  150) :  schon 
als  Knabe  glaubte  er  an  Gott  den  Vater,  später  auch  an 
den  Sohn,  den  Offenbarer  der  Liebe,  seit  er  ausgewachsen 
auch  an  den  Heiligen  Geist.  Aber  wie  fasst  er  diesen  auf? 
Er  zerbricht  Zwingherrnburgen ,  der  Sklaven  Joch,  macht 
alle  Menschen  zu  einem  gleichgebornen  adligen  Geschlecht 
und  verscheucht  das  Hirngespinst,  das  uns  Lieb'  und  Lust 
verleidet  hat.  Der  Heilige  Geist  ist  zum  Vertreter  der 
Freiheit  und  Gleichheit  und  des  beherzten  Lebensgenusses 
geworden !  Hier  werden  Töne  angeschlagen,  die  in  Heines 
Prosawerken  und  seinen  späteren  Gedichten  deutlicher  er- 
klingen. —   Das  poetische  Traumbild  von  der  Erscheinung 


Christi ,  der  im  langen  weissen  Gewände  über  Land  und 
Meer  zieht,  die  Hände  segnend  ausstreckt  und  als  Herz  die 
Sonne  in  der  Brust  trägt,  während  die  Menschen  sich  in 
Liebe  und  süsser  Entsagung  feierlich  begrüssen  und  die 
Stirn  küssen  —  dieses  Traumbild  ('Nordsee'  I,  12)  zeugt 
von  keiner  bestimmten  Gesinnung ;  es  gehört  wie  manche  der 
Nordseebilder  zu  den  grotesken  Phantasieen,  in  denen  die  Dich- 
tung die  Wahrheit  überragt ;  aber  es  beweist  doch,  in  welch 
hohem  Grade  der  Dichter  die  heilige  Innigkeit  des  christ- 
lichen Getühls  nachempfinden  konnte.  Alle  Dogmen,  jü- 
dische und  christliche,  waren  ihm  verhasst;  er  erklärt  sich 
selbst  für  den  'geborenen  Feind  aller  positiven  Religionen5 ; 
aber  wie  wäre  es  denkbar,  dass  ein  Mann  von  so  überaus 
feinem  und  leicht  erregbarem  Gefühl  für  die  religiösen  Ge- 
heimnisse unempfänglich  gewesen  wäre  ?  Den  idealen  Schwung 
der  religiösen  Vorstellungen  hat  er  immer  gewürdigt,  nur  die 
mehr  oder  minder  unbrauchbaren  Formen  machten  ihn 
kopfscheu  und  ausfällig,  dergestalt,  dass  er  wohl  manchmal 
späterhin  das  Kind  mit  dem  Bade  ausschüttete,  bis  er,  etwa 
zehn  Jahre  vor  seinem  Tode,  das  'himmlische  Heimweh''  be- 
kam, das  ihn  zu  einem  persönlichen  Gott,  dem  Unsterblich- 
keitsglauben und  Gebetsübungen  zurückführte. 

1 2.  Heines  nationaleGefühle  zeigen  gewisse  Schwan- 
kungen, die  zu  jener  Zeit  und  unter  den  besonderen  Ver- 
hältnissen des  Dichters  leicht  erklärlich  waren.  Er  beginnt 
mit  dem  Preise  Napoleons  in  den  berühmten  'Grenadieren3. 
Mögen  dieselben  nun  1816,  wie  Heine,  oder  1819,  wie 
sein  Freund  Neunzig  berichtet,  entstanden  sein,  sie  sprechen 
eine  deutliche  Sprache ,  die  Sprache  der  glühendsten  Be- 
geisterung für  den  dämonischen  Helden,  der  selbst  so  viele 
seiner  Feinde  zur  Bewunderung  hinriss.  Bedenken  wir 
aber,  dass  Napoleon  der  Abgott  aller  Israeliten  war,  da  er 
zuerst  ihnen  bürgerliche  Gleichheit  gewährte,  so  wird  man 
den  begeisterten  Schwung  der  'Grenadiere'  um  so  eher 
verstehen  und  entschuldigen.  —  Gleichzeitig  regten  sich 
bei  ihm  die  lebhaftesten  deutsch-nationalen  Gefühle,  die 
sich,   wie  bei  manchem  Andern,    mit  der  Begeisterung  für 


Napoleon  ganz  gut  vertrugen.  Er  bittet  den  Freund  Zuc- 
calmaglio,  das  deutsche  Wort  wie  einen  Hort  in  der  Brust 
zu  tragen,  ihm  mitzuteilen,  ob  das  Vaterland  noch  das  Land 
der  Treue  sei,  ob  der  alte  Gott  noch  in  Deutschland  wohne 
und  niemand  dem  Bösen  frone  (Nachlese  III,  1).  Und  als 
junger  Student  stimmt  er  ganz  den  charaktervollen  Ton  der 
Burschenschaftler  an,  denen  er  selbst  längere  Zeit  angehörte. 
Er  sieht  jetzt  nur  ein  Völklein  Zwerge,  das  auf  der  Riesen 
Grabe  kriecht ;  statt  des  goldenen  Friedens,  den  das  deutsche 
Blut  erkämpft,  Verfolgung  der  als  Narren  verschrieenen 
Vaterlandsverteidiger;  die  Narben  von  ihren  Wunden 
deckt  ein  Bettlerkleid ,  während  Muttersöhnchen  in  Seide 
gehen ;  nur  die  alten  Röcke  erinnern  an  die  alte  Zeit ,  als 
Sitte,  Tugend  und  Ehrfurcht  vor  dem  Alter  herrschten; 
früher  fügte  kein  Despot  Meineid  in  System ;  ein  Handschlag 
galt  mehr  als  Eide  und  Notarienakte ;  die  Blume  der  Gast- 
lichkeit, die  einst  blühte,  ist  jetzt  verwelkt;  die  edlen 
Frauen  der  Vorzeit  sind  verschwunden,  die  jetzigen  denken 
nur  an  Tanzen,  Sticken  und  Malerei,  sie  singen  auch  von 
Liebe  und  Treue,  zweifeln  aber  im  geheimen,  ob  das  Mär- 
chen möglich  sei.  Und  auch  die  Jünglinge  haben  nur 
Modeseufzer  auf  den  Lippen,  kein  wahres  Gefühl.  —  Die 
Begeisterung  für  die  gute  alte  Zeit  zeigt  sich  bei  dem  jungen 
Heine  häufig ;  das  Abbild  idealerer  Zustände  in  Koreffs 
'Aucassin  und  Nicolette5  regt  ihn  zu  einem  Gedichte  an  (Nach- 
lese III,  12).  Als  zum  Gedächtnis  der  Leipziger  Schlacht 
die  Bonner  Studenten  am  18.  Oktober  1819  eine  grosse 
Feier  begingen  und  auf  dem  Drachenfels  ein  Freudenfeuer 
abbrannten,  auch  da  belebten  unserm  Dichter  die  Geister 
der  Vergangenheit  die  feierliche  Stunde :  er  sieht  den  Burg- 
geist auf  dem  Turme  lauern,  und  dunkle  Ritterschatten  und 
Nebelfrauen  umschweben  ihn.  Freilich  bringt  er  schon  hier 
eine  disharmonische  Schlusswendung  (Nachlese  III,  3).  — 
Auch  in  einem  Gedicht,  das  der  ersten  Auflage  der  'Harzreise' 
einverleibt  ward,  erblühen  ihm  die  Träume  von  alten 
Geschlechtern  und  versunkener  Herrlichkeit:  er  vergegen- 
wärtigt   sich     die     mutigen    Ritterspiele    und    die    schönen 


zuschauenden  Frauen,  die  den  Sieger  nun  doch  besiegten 
mit  ihren  leuchtenden  Augen  (Nachlese  II,  10).  In  der 
wundervollen  'Bergidylle5  gedenkt  er  des  Bitterschlosses, 
das  einst  auf  dem  Geisterberge  stand,  und  nun  mit  all  seiner 
Herrlichkeit  nur  durch  ein  Zauberwort  wieder  erstehen 
kann;  die  Frinzessin  Ilse  will  ihn  herzen  und  küssen,  wie 
einst  den  lieben  Kaiser  Heinrich ,  und  wiederholt  verbirgt 
sich  der  Dichter  in  der  Maske  eines  Ritters,  sei  es  als 
Junker  Ulrich,  dem  in  Volksgewühl  und  Wildnis  das  Bild 
der  treulosen  Geliebten  vorschwebt,  sei  es  als  blöder  Ritter, 
der  nachts  im  Krystallhaus  die  Nixe  als  Braut  gewinnt, 
oder  als  wunder  Ritter,  der  gegen  das  eigene  klagende 
Herz  die  Lanze  erhebt  oder  —  im  Gegensatz  zu  den  Rittern 
der  alten  Zeit  —  schon  todeskrank  in  den  Wettkampf 
auszieht  (c Junge  Leiden5,  'Romanzen'  11,  13,  15,  'Ly- 
risches  Intermezzo5,  Prolog).  Auch  sonst  stellt  er  Liebe, 
Treu'  und  Glauben  der  alten  Zeit  mit  dem  hastig-kalten 
verworrenen  Drängen  seiner  eignen  Zeit  in  Gegensatz 
('Heimkehr5  38  u.  39).  Das  deutsche  Vaterland,  wie  es 
damals  war  —  bedeckt  mit  Wahnsinn,  Husaren,  schlechten 
Versen  und  laulich  dünnen  Traktätchen  —  das  war  ihm 
mit  all  seinem  kleinlichen  Streben  lächerlich  und  verdriess- 
lich  (Nachlese  II,  14).  Wir  sehen  also,  Heinrich  Heine 
war  auch  insofern  anfangs  ein  treuer  Schüler  der  roman- 
tischen Schule,  als  er  ziemlich  lebhafte  Begeisterung  für  die 
altdeutsche  Zeit  äusserte.  Auch  der  burschenschaftliche 
Brustton  der  Gesinnung  findet  sich  bei  ihm.  Doch  daneben 
zeigt  sich  die  Schwärmerei  tür  den  gewaltigen  Kaiser,  und 
in  der  'Bergidylle5  kommt  dicht  neben  einem  lieblichen 
Bild  der  Vergangenheit  der  Genius  der  französischen  Re- 
volution zum  Vorschein,  der  von  Menschenrechten,  Freiheit 
und  Gleichheit  predigt.  Gleichzeitig  aber  wird  die  Begeiste- 
rung für  die  alte  Zeit  durch  die  satirische  Abwendung  von 
den  Zuständen  der  beengten  Gegenwart  ersetzt,  und  dieser 
Gesinnung  ist  Heine  Zeit  seines  Lebens  treu  geblieben. 

13.  'Thalatta,  Thalatta!    Sei    mir  gegrüsst,    du  ewiges 
Meer!     Sei  mir  gegrüsst   zehntausendmal   Aus  jauchzendem 


Herzen,  Wie  einst  dich  begrüssten  Zehntausend  Griechen- 
herzen, Unglückbekämpfende,  heimatverlangende,  Welt- 
berühmte Griechenherzen !'  ('Nordsee3  II,  1).  Wie  mannig- 
faltig klingt  dieser  Meergruss  bei  unserm  Dichter  wieder, 
in  Prosa  und  Versen!  Immer  die  gleiche  Liebe  zu  dem 
wilden  Elemente,  das  er  gern  mit  der  rätselhaften,  ewig 
bewegten  Tiefe  seiner  eignen  Seele  vergleicht  ('Heimkehr1  8). 
Von  allen  Seiten  hat  er  das  Leben  an  der  See  beleuchtet 
und  dargestellt.  Er  lebte  im  Sommer  1823  in  Cuxhaven, 
1825  und  1826  in  Norderney.  Die  Fischermädchen,  die  er 
dort  freundlich  begrüsste,  haben  wir  schon  kennen  gelernt 
(S.  XXXIX).  Einmal,  am  Abend,  als  die  Lichter  des  Leucht- 
turms allmählich  angesteckt  werden,  lauschen  wir  einem 
innigen  gespannten  Gespräch  von  dem  Leben  der  Seeleute, 
die  zwischen  Himmel  und  Wasser,  zwischen  Angst  und 
Freude  schweben ;  da  erzählt  man  von  fernen  Ländern,  von 
Indien  und  Lappland ,  bis  es  dunkelt  und  alle  schweigen  ; 
das  ferne  Schiff,  das  erst  sichtbar  war,  ist  dem  Blick  ent- 
schwunden ('Heimkehr'  7).  Auch  hier  beleben  die  Ge- 
stalten der  'dritten  Welt'  des  Dichters  Einsamkeit:  die 
Meerfrau  steigt  aus  der  Flut  und  setzt  sich  zu  ihm ;  aber 
er  macht  sich  lustig  über  ihre  allzu  heftige  Liebe  ('Heim- 
kehr1 12).  Ein  andermal  wünscht  er,  die  Nixen  möchten 
hervorsteigen,  den  Zauberreigen  tanzen,  singen  und  ihn  zu 
Tode  herzen  und  küssen  (Nachlese  II,  12).  Besonders  liebt 
Heine  das  unvergleichliche  Schauspiel  des  Sonnenuntergangs. 
Mit  klassischen  Worten  hat  er  den  Eindruck  festgehalten: 
man  sieht  die  langen  Strahlen  der  glühend  roten  Sonne, 
die  über  das  silbergraue  Meer  fallen,  den  rosigen  Himmel, 
und  'gegenüber',  schüchtern  und  traurig  hervortretend,  den 
Mond  und  die  Sterne.  Dieses  Bild  giebt  ihm  dann  Anlass 
zur  Erneuerung  des  alten  Mythus  der  einstigen  Ehe  zwischen 
Sol  und  Luna  ('Nordsee5  I,  3).  Ein  andermal  aber  erzählt 
er  bei  gleicher  Gelegenheit  von  einer  unglücklichen  Ehe 
zwischen  der  Sonne  und  dem  alten  Meergott :  wenn  die  sich 
unten  zanken  ,    so  giebt  es  hier  oben  starken  Wogenschlag, 


und  wenn  es  dem  Meergott  zu  arg  wird,  so  flüchtet  er  sich 
auf  die  Oberfläche,  wo  er  denn  neulich  mit  gelber  Flanell- 
jacke, lilienweisser  Nachtmütze  und  abgewelktem  Gesicht 
zu  sehen  war  ('Nordsee5  II,  4).  Auch  das  Schnarchen 
der  Götter  veranlasst  hier  oben  Sturm  und  schlechtes 
Wetter  (Nachlese  II,  13).  —  Wie  zur  Zeit  des  Sonnenunter- 
ganges, so  weilt  Heine  auch  gerne  des  Nachts  am  Strande 
('Heimkehr'  9  und  12,  'Nordsee'  I,  4,  H.  6  u.  7 ;  Nach- 
leseil, 12) ;  wenn  das  Meer  gärt  und  der  kalte  Nordwind  in  der 
sternlosen  Nacht  tolle  Geschichten  erzählt,  eilt  unser  Dichter 
über  den  feuchten  Sand;  es  ist  Meerleuchten,  bei  jedem 
Schritte  sprühen  Funken  und  er  zertritt  die  knisternden 
Muscheln  ('Nordsee'  I,  4) ;  in  der  hellen  Mondnacht  aber 
beleben  sich  die  Wolken  zu  den  kolossalen  Gestalten  der 
griechischen  Götter,  die,  jetzt  von  den  neuen  vertrieben,  als 
traurige  Schatten  am  nächtlichen  Himmel  einherziehen 
('Nordsee'  II,  6)  ;  und  in  wieder  einer  andern  Nacht  steht  der 
Dichter  voll  ernster  Gedanken  fragend  am  Meere :  was  bedeutet 
der  Mensch,  woher  ist  er  gekommen,  wohin  geht  er,  wer  wohnt 
auf  goldenen  Sternen  —  aber  ein  Narr  wartet  auf  Antwort 
('Nordsee'  II,  7).  Von  düstrer  Verzweiflung  erzählt  das 
5.  Seebild  der  zweiten  Abteilung.  Am  blassen  abendlichen 
Strand  sitzt  der  Dichter  einsam  mit  seiner  einsamen  Seele, 
todkalten  Blickes  und  so  laut  seufzend,  dass  die  Möwen  er- 
schrecken und  kreischend  emporflattern ;  endlich  aber  steigen 
die  Okeaniden  aus  der  Flut,  um  den  Verzweifelnden  zu 
ruhiger  Fassung  zu  ermahnen  ('Nordsee'  II,  5).  In  ähn- 
licher Stimmung  erblicken  wir  ihn  in  dem  Gedicht  'Nord- 
see' II,  3.  Er  sitzt  am  öden  kahlen  Strande  und  blickt 
über  die  endlose  Wasserwüste,  und  über  ihn  hin  jagen  die 
Wolken,  die  formlos  grauen  Töchter  der  Luft,  die  in  Nebel- 
eimern das  Wasser  schöpfen  und  weiter  schleppen,  ein  trübes 
langweiliges  Geschäft  und  nutzlos  wie  sein  eignes  Leben. 
Die  Erinnerungen  unglücklicher  Liebe  erwachen  in  ihm,  und 
er  drückt  sein  glühendes  Antlitz  in  den  feuchten  Sand.  Und 
wieder  zu  andrer  Zeit  schreibt  er  sein  Liebesbekenntnis  in 
den  Sand,  das   aber  die  bösen  Wellen  schnell  wieder  aus- 


löschen  ('Nordsee'  I,  6).  Diese  Wellen  selbst  aber  be- 
zaubern ihn  auf  wunderbare  Weise:  das  ist  ein  Flüstern, 
Pfeifen,  Lachen,  Murmeln,  Seufzen,  Sausen  und  dazwischen 
ein  wiegenliedheimliches  Singen  wie  verschollene  Sagen 
('Nordsee'  I,  2)  :  wir  sahen  schon,  das  Meer  vor  allem  weckt 
unserm  Dichter  die  Träume  der  Kindheit  (S.  VIII).  Und 
wir  erblicken  dasselbe  in  allen  Gestalten :  bald  ist  die  ruhige 
Flut  wie  wogendes  Geschmeide,  durch  welches  das  Schiff 
seine  grünen  Furchen  zieht;  bald  hüpfen  die  Wellen  lustig 
und  hastig  wie  wollige  Lämmerherden  ('Nordsee'  II,  4)', 
bald  erscheinen  sie  als  weisse  ('Nordsee'  II,  2),  bald  als 
schwarzgrüne  Rosse  mit  silbernen  Mähnen  ('Nordsee  II,  8), 
oder  sie  gleichen  einem  lebenden  Wassergebirge  ('Heim- 
kehr' 11)*,  oder  es  sind  Riesenwellen,  die,  ein  wüster  Meer- 
wasserfall, plötzlich  in  weissem  Gekräusel  zusammenstürzen 
und  alles  mit  Schaum  bedecken  (Nachlese  II,  14).  Weh 
dann  dem  Schiff  in  solcher  Flut !  Freilich  tröstet  Poseidon 
das  Poetlein,  das  auf  der  Reede  sitzt  und  beim  Lesen  der 
Odyssee  ängstlich  wird  ('Nordsee'  I,  5),  aber  wir  hören 
Sturm  und  Gewitter  in  diesen  Versen  oft  so  heftig  brausen, 
dass  wir  die  Trostworte  Poseidons  nicht  vernehmen.  Aus 
schwarzer  Wolkenwand  zuckt  der  zackige  Wetterstrahl ; 
weithin  rollen  die  Donner;  die  Wogen  heulen;  das  See- 
gevögel flattert  ängstlich  umher,  wie  Schattenleichen  am 
Styx,  die  Charon  abwies  vom  nächtlichen  Kahn ;  der  Schiffer 
sieht  besorgt  auf  den  Kompass  und  fleht  zu  Kastor  und 
Pollux  ('Nordsee'  II,  2);  aus  der  Kajüte  ertönt  Fluchen, 
Beten  und  Erbrechen  hervor  ('Heimkehr5  11);  aber  alles 
Rufen  und  Flehn  ist  vergeblich,  es  verhallt  im  Schlachtlärm 
der  Winde,  in  dem  Tollhaus  von  Tönen  ('Nordsee'  I,  8); 
das  arme  Schiff  wird  zerschellen,  aber  der  Dichter  kann's 
nicht  hindern ;  er  hüllt  sich  in  den  Mantel,  um  zu  schlafen, 
wie  die  Götter  (Nachlese  II,  13),  oder  er  sitzt  seekrank  am 
Mast,  trübe  Betrachtungen  anstellend,  wie  einst  Vater  Lot,  als 
er  des  Guten  zu  viel  genossen  und  sich  nachher  so  übel 
befand  (Nachlese  II,  14).  Da  ist  er  denn  glücklich,  als  er 
wieder  auf  festem  Boden  steht,    sei  es  auch  nur  der  Boden 


des  von  Thorheit  bedeckten  deiitschen  Vaterlandes.  Und 
im  Ratskeller  zu  Bremen  wird  ihm  die  herrlichste  Erholung 
gewährt.  Prächtig  spiegelt  sich  im  Römerglase  die  Welt: 
Türken  und  Griechen,  Hegel  und  Gans,  Zitronenwälder  und 
Wachtparaden ,  Berlin  und  Schiida,  Tunis  und  Hamburg, 
und  die  Geliebte,  das  Engelsköpfchen  —  alles  erblickt  er 
auf  Rheinweingoldgrund !  Endlich  erschliessen  sich  ihm  die 
Pforten  des  Heils:  er  kommt  zu  den  zwölf  Aposteln ;  seine 
Stimmung  wächst;  er  taumelt;  er  sieht  die  betrunkenen 
Engel  auf  den  Dächern  sitzen  und  singen,  und  um  die 
Sonne ,  die  rote  betrunkene  Weltgeistnase ,  dreht  sich  die 
ganze  betrunkene  Welt  ('Nordsee1  II,  9).  Aber  zurück 
zum  nüchternen  Meere !  Wir  sehen  eine  Wasserhose ! 
Furchtbare  Regengüsse  träufen  herab  ;  die  Möwe  klammert 
sich  ängstlich  an  den  Mastbaum  und  will  ein  Unglück 
prophezeien  ('Heimkehr1  10).  Aber  wir  sehen  auch  ruhige 
Bilder,  Meeresstille !  Das  Schiff  zieht  leise  dahin  ;  der  Boots- 
mann liegt  schnarchend  neben  dem  Steuer;  der  Schiffsjunge  flickt 
die  Segel  und  wird  vom  Kapitän  gescholten,  dass  er  einen 
Hering  gestohlen  habe ;  die  Möwe  stürzt  aus  der  Höhe  her- 
nieder, um  das  Fischlein  zu  fangen,  das  sich  an  der  Sonne 
wärmt  ('Nordsee1  I,  9)  ;  oder  wir  sehen  den  Dichter  nachts  im 
Winkelbette  der  Kajüte,  durch  die  Luke  zu  den  Sternen 
hinaufschauend  und  von  der  Geliebten  träumend  ('Nord- 
see1 I,  7,  vgl.  obenS.  XXXVQ);  oder  er  steht  auf  dem  Verdeck, 
während  der  Phönix  vorbeifliegt  und  singt :  'sie  liebt  ihn ! 
sie  liebt  ihn  F  Die  Helgoländer  ziehen  dahin  wie  Schwanen- 
züge,  und  freundlich  grüsst  die  Sonne,  die  Rose  des  Him- 
mels ('Nordsee'  II,  8).  Oder  der  Dichter  träumt  von  der 
Stadt  auf  dem  Grunde  des  Meeres  ('Nordsee1  I,  10),  wo 
deren  ja,  besonders  im  Dollart,  mehrere  durch  Sturmfluten 
begraben  sind.  Er  versenkt  in  die  See  den  wahnsinnigen 
Liebestraum,  die  Schmerzen,  Sünden,  die  Schellenkappe  der 
Thorheit  und  die  Schlangenhaut  der  Heuchelei  ('Nord- 
see1 I,  11)*  oder  endlich,  am  Steuer  liegend,  halb  im 
Wachen,  halb  im  Schlummer  erblickt  er  Christus,  den  Herrn 
der  Welt  ('Nordsee1  I,  12,  vgl.  oben  S.  LVII).  —  Wir  müssen 


gestehen,  alle  Seiten  des  Meereslebens  sind  bei  Heine  be- 
leuchtet, und  vielfach  mit  einer  Kunst  und  einer  Gewalt 
der  Sprache,  die  kaum  vor  ihm  und  nach  ihm  gehört  wor- 
den ist. 

Im  übrigen  treten  die  Natur  Schilderungen  in 
Heines  Gedichten  lange  nicht  so  stark  hervor,  nur  die  Be- 
ziehungen des  Natur-  und  Menschenlebens  sind  von  eigen- 
tümlicher Bedeutung,  wovon  wir  im  nächsten  Abschnitt, 
unter  den  Darstellungsmitteln,  das  Genauere  betrachten  wer- 
den. —  Er  wünscht  sich ,  im  grünen  Wald  zu  wandern, 
den  Gesang  der  Vögel  und  den  Duft  der  Blumen  zu  ge- 
messen, ehe  er  stirbt  (Nachlesen,  11);  auf  die  Berge  will 
er  steigen,  wo  die  Brust  sich  frei  erschliesst,  wo  dunkle 
Tannen,  Bäche,  Vögel,  besonders  die  liebe  Drossel,  die 
stolzen  Hirsche  und  die  eilenden  Wolken  ihn  erfreuen 
(cAus  der  Harzreise',  Vorspiel,  Nachlese  II,  10);  er  liebt 
den  Dämmerabend  über  Wald  und  Wiesen,  wenn  die  Grille 
zirpt  und  die  Elfe  im  Mondschein  sich  badet  ('Heimkehr'  85), 
oder  die  feuchte  stürmische  Herbstnacht,  wenn  er  unter 
rauschenden  Bäumen  schweigend  einherwandelt  ('Heim- 
kehr' 5).  Flüchtige  Angaben  über  die  Natur,  besonders 
zu  Anfang  der  Gedichte,  sind  überaus  häufig,  und  nament- 
lich die  Rheinlandschaft  wird  oft  erwähnt:  'Lieder'  7, 
'Heimkehr'  2,  40,  Nachlese  III,  10  u.  ö.  Besonders  glän- 
zend, wenn  auch  nicht  sehr  zahlreich,  sind  die  Schilderungen 
Indiens  in  Heines  Gedichten.  Jedermann  kennt  die  be- 
rühmten Verse ;  auf  Flügeln  des  Gesanges  trägt  uns  der 
Dichter  an  die  Fluren  des  Ganges,  wo  ein  rotblühender 
Garten  im  Mondenschein  liegt,  die  Blumen  märchenhaft  be- 
lebt sind,  die  Gazellen  herbeihüpfen,  und  wo  wir  unterm 
Palmbaum  Ruhe  und  Frieden  finden ;  dort  blüht  die  sehn- 
süchtige Lotosblume,  und  schöne  stille  Menschen  knieen  vor 
ihr  ('Lyrisches  Intermezzo'  9,  10,  'Heimkehr'  7).  Wie 
weit  Heine  in  der  'östlichen  Gartenheimat'  ('Nordsee'  n,  8) 
bekannt  war,  das  bezeugen  auch  seine  drei  Sonette  an 
Friederike  Robert,  die  zwar  1823  entstanden,  aber,    da  in 


die    'Neuen    Gedichte1    gehörig,     hier    nicht    aufgenommen 
worden  sind1). 

14.  Schillers  Unterscheidung  von  naiver  und  sentimen- 
talischer  Dichtung  scheint  uns  die  sicherste  und  gediegenste 
Grundlage  aller  ästhetisch-psychologischen  Untersuchungen  zu 
sein  5  sie  forscht  nach  dem  Kern  der  dichterischen  Psyche, 
nach  der  ethischen  Grundstimmung,  von  welcher 
aus  die  Erscheinungen  dieser  Welt  betrachtet  und  beurteilt 
werden.  Wollen  wir  das  Wesentliche  im  Gefühlsleben 
Heines  zusammenfassend  würdigen,  so  können  wir  der 
Schillerschen  Anweisungen  nicht  entraten.  Heine  ist  kein 
naiver  Dichter-,  er  lässt  nicht  die  Vorgänge  der  Welt  ruhig 
auf  sich  wirken,  ohne  seinen  ethischen  Anteil  zu  äussern, 
vielmehr  lässt  sich  seine  subjektive  Würdigung  überall  hin- 
durchfühlen. Er  ist  ein  durchaus  sentimentalischer  Dichter 
im  Schillerschen  Sinne  des  Wortes.  Von  den  drei  Unter- 
abteilungen des  Elegischen,  Idyllischen  und  Satirischen 
können  wir  das  erstere,  das  Elegische,  nur  in  geringen 
Spuren .  bei  Heine  wahrnehmen :  die  Klagen  des  Bonner 
Studenten  um  den  Verlust  der  altdeutschen  Biederkeit,  um 
den  Verlust  der  Zeit,  als  Sitte,  Tugend,  Gastlichkeit  u.  s.  w. 
herrschten,  verstummen  bald.  Die  idyllische  Stimmung  hält 
sich  länger :  in  den  Träumereien  von  Indiens  Herrlichkeiten, 
in  der  lieblichen  'Bergidylle'  findet  sie  schönen  Ausdruck. 
Der  Grundzug  des  Heineschen  Gefühls  ist  aber  das  Sati- 
rische im  Schillerschen  Sinne,  sowohl  das  ernsthaft  Satirische 
oder  Pathetische,  als  das  scherzhaft  Satirische,  das  in  der 
engeren  Bedeutung  des  Wortes  schlechthin  satirisch  ge- 
nannte. Eür  beide  Seiten,  das  klagend  und  jauchzend  Pa- 
thetische und  das  komisch  Satirische,  brauchen  wir  bei  Heine 
keine  Beispiele  anzuführen:  sie  liegen  überall  deutlich  zu 
Ta<?e. 


r)  Ed.  I,  S.  224  meiner  Gesamtausgabe.  —  Auch  das  Lied 
vom  König  Wiswnmitra  ('Heimkehr'  45)  und  ein  andres  'Er  steht 
so  starr  wie  ein  Baumstamm',  1824  gedruckt  ('Neue  Gedichte',  a. 
;>.  0.  S.  242)  sind  für  Heines  indische  Studien  charakteristisch. 
Zur  Erläuterung  vergleiche  man  die  Anmerkungen  in  meiner  Ge~ 
samtausgabe. 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrli.    '21.  e 


Welches  ist  nun  aber  das  'Ideal' ,  von  dem  aus  unser 
Dichter  die  Dinge  der  Welt  beurteilt?  Wollen  wir  es  mit 
einem  Worte  sagen,  so  ist  es  ein  rücksichtsloser  individueller 
Eudämonismu  s  mit  allen  Licht-  und  Schattenseiten  einer 
solchen  Gefühls-  und  Anschauungsweise.  Heine  strebt  nach 
romantisch-siissem  Gefühlsschwung ;  er  schwärmt  für  freie, 
grosse  Regungen ;  er  hasst  das  Beengte ,  Kleinliche,  Phi- 
liströse ;  er  liebt  ein  durchaus  ungebundenes  Auftreten  in 
Wort  und  That;  er  liebt  ein  beherztes  Ergreifen  des 
Lebensgenusses.  Das  Individuum  gilt  ihm  für  den  Welt- 
mittelpunkt;  die  persönliche  Beglückung  des 
freien,  grossen,  lebhaft  fühlenden  Menschen 
—  das  ist  sein  Ideal.  Dasselbe  findet  sich  aber  nicht 
in  der  Form  einer  festen  Weltanschauung  in  seiner  Seele 
(wenigstens  nicht  bei  dem  jungen  Dichter),  sondern  viel- 
mehr in  der  Form  des  Gefühls ;  es  bildet  einen  der  grössten 
Vorzüge  seiner  Poesie,  dass  sie  von  allem  abstrakten  Ballast 
frei  ist,  der  uns  zur  Prosa  herabzieht  und  unsre  Phantasie 
hemmt:  die  Abstraktion  seines  Ideals  hat  er  dem  kritischen 
Betrachter  zu  ermitteln  übrig  gelassen. 

Dieser  Grundstimmung  entsprechend  sehen  wir  Heines 
Gefühl  sich  nun  überall  im  Einzelnen  bethätigen.  Er 
liebt  und  sucht  den  schönen,  grossen  und  aufregenden  Affekt, 
seine  starke  Seele  liebt  eine  starke  Einwirkung;  daher 
des  Dichters  Entzückung  über  den  grossartigen  Zauber  des 
Meeres,  der  schwächere  Naturen  niederdrückt  und  melan- 
cholisch macht;  daher  auch  die  vielleicht  etwas  überreizte 
Freude  an  den  Schauern  des  Grabes  und  der  Gespenster- 
weit.  —  Es  ist  charakteristisch  für  die  meisten  Genies,  dass 
ihre  Affekte  nicht  nur  stärker  sind,  als  die  des  Durch- 
schnittsmenschen, sondern  auch  leichter  entstehen,  schneller 
wechseln  und  heftiger  nach  Entlastung  drängen.  Bei  we- 
nigen dürften  diese  Eigenschaften  so  deutlich  hervortreten 
wie  bei  Heine.  Wir  bemerken  die  auffälligsten  Gegensätze 
seines  Gefühls:  einerseits  hören  wir,  dass  der  Dichter  nur 
ein  stilles  Leben  führen  möchte,  wo  der  Odem  der  Geliebten 
weht;    anderseits,     dass    sie   ihm  Gift   ins   Leben    gegossen 


oder  ihm  den  Gnadenstoss  gegeben  habe  und  sich  ergötze 
an  seinem  Todesröcheln  und  seinen  letzten  Zuckungen.  Wir 
sehen  einerseits  das  Liebesgefühl  zu  religiöser  Feierlichkeit 
sich  steigern,  dass  der  Dichter  segnend  die  Hände  ausstreckt 
über  die  holde  Mädchenblume,  und  wir  hören  anderseits 
das  freche  Wort,  die  Geliebte  möge  ihn  nicht  blamieren, 
indem  sie  ihn  unter  den  Linden  grüsse.  Süsse  Liebe  und 
giftiger  Hass  und  Menschenekel,  religiös-feierliche  Hingabe 
und  derb-prosaische  Sinnlichkeit  finden  sich  bei  ihm  ver- 
einigt ;  alle  Eindrücke,  edle  und  unedlere,  setzen  seine  Seele 
in  Schwingungen  und  jeder  Regung  giebt  er,  völlig  unbe- 
kümmert um  das  Urteil  der  Welt,  den  unmittelbarsten, 
offensten  und  rücksichtslosesten  Ausdruck.  Solch  schneller 
Wechsel  der  Affekte  und  Willensmotive  steht  natürlich  der 
Ausbildung  sittlicher  Grundsätze  und  eines  festen  Charakters 
hindernd  im  Wege. 

Dazu  kommt  dann  ein  ungewöhnlicher  Scharfblick  für 
das  Charakteristische  der  menschlichen  Eigenschaften,  insbeson- 
dere der  Schwächen,  und  aus  alledem  erklärt  sich  eine 
Eigentümlichkeit  der  Heineschen  Poesie ,  die  man  vielfach 
allzu  sehr  in  den  Vordergrund  gerückt  hat:  sein  Hang  zu 
plötzlichen  Übergängen  vom  höchsten  poetischen  Schwung 
zu  derber  Prosa,  von  feierlichem  Ernst  zu  rohem  Spott  — 
kurz  die  ironische  Zersetzung  des  Gefühls.  Zur 
Erklärung  dieser  Erscheinung  diene  Folgendes :  es  ist  eine 
bekannte  psychologische  Thatsache,  dass  ein  Affekt,  nachdem 
er  seinen  Höhepunkt  erreicht  hat,  oft  ziemlich  plötzlich  ver- 
schwindet und  entgegengesetzten  Regungen  Raum  giebt. 
Ein  heftiges  Austoben  des  Zornes  und  Ärgers  führt  nicht 
selten  plötzlich  zur  Freundlichkeit  zurück;  der  Schmerz 
wird  durch  Thränen  gelindert,  und  nach  solcher  Auflösung 
des  Affektes  ist  das  Auikommen  anderer  Regungen  erleichtert. 
Wenn  das  künstlerische  Genie  von  stärkeren  Affekten  heim- 
gesucht wird,  als  der  Durchschnittsmensch,  so  ist  ihm  doch 
eben  durch  seine  Kunst  das  wirksamste  Mittel  zur  Ent- 
lastung von  diesen  seinen  starken  Regungen  gegeben.  Goethes 
hierauf  bezügliche  Äusserungen  dürften  in  aller  Erinnerung 


sein.      Heine,    der    mit  unmittelbarer  Hast    und  Rücksichts- 
losigkeit, wie  kein  andrer,  die  Zustände  seines  Innern  schil- 
dert ,    lässt    uns  nun   manchmal   noch  über  den  Höhepunkt 
des  Affektes  hinaus  seine  Seele  belauschen;  in  solchem  Zu- 
stand der  Befreiung  erscheint  aber  leicht  das  vorangegangene 
Gefühl  als  überspannt  und  regt  satirische  Köpfe  zum  Spott 
an.    —    Immerhin   ist    doch  jene  zu   frühe  Lösung  des 
Affekts  anstössig    und    erheischt   eine  genauere  Betrachtung 
der  einzelnen  Gedichte.       Da   zeigt   sich    nun  zunächst  der 
nicht  seltene  Fall,  dass  der  Affekt  sich  überstürzt  und  nicht 
mehr  ganz  wahr  ist.      Wenn  Heine   die  Jahrhunderte  lang 
gesuchte  Geliebte  auf  dem  Meeresgrunde  in  der  versunkenen 
Stadt  wiederfindet;    wenn   er  mit  der  Wasserfee  ein  nächt- 
liches Stelldichein  hat;    wenn    die   fabelhafte  Ilse    ihn   um- 
schlingt u.  dgl.  m.,  so  mochten  die  Affekte,  die  aus  solchen 
phantastischen  Täuschungen  entstanden,  schnell  ihren  Höhe- 
punkt   überschreiten    und   einer   nüchtern   vernünftigen  Be- 
richtigung Platz    geben.       Hierher    mag   auch    das  Gedicht 
'Heimkehr'   25  gehören   mit  den  Schlussworten:    'Madame, 
ich  liebe  Sie!5      Es   wird    sicherlich  mit  Heines  Verhältnis 
zu  Amalie  Heine  in  Beziehung  zu  setzen  sein ;  aber  es  ent- 
stand zu  einer  Zeit,    als    eben   die  neue  Liebe  zu  Therese 
in  ihm  aufkeimte  und  hierdurch  die  alte  Leidenschaft  über 
ihren  Höhepunkt  hinausgeführt  ward.    —  Ein  zweiter  Fall 
ist  der,  dass  Stolz  und  äussere  Rücksichten  dem  Dichter  die 
freie  Darlegung  seines  Gefühls  verbieten;    er   spricht   dann 
wohl  ein  höhnisches  Wort,  während  er  stirbt  vor  Schmerzen. 
Derartige    Gedichte    schrieb    Heine     insbesondere,    als    er 
sich  Therese  Heine  gegenüber,    trotz   tiefster   Leidenschaft, 
zum  Schweigen  verurteilte  (s.  o.  S.  XXXIV  f.).  —  Eine  dritte 
Form    dieses    Spottes     ist     aber     nichts    anderes    als    das 
gellende   Lachen    der    Verzweiflung ;    das    vernehmen    wir 
in    dem    'Gesang    der   Okeaniden' ,    als   der   Dichter    sich 
ausmalt,  wie  innig  die  Geliebte  seiner  gedenke :  sie  wandle 
des  Nachts  im  Garten  in  Duft  und  Mondschein  und  erzähle 
den  Blumen  von  ihrem    holden  Geliebten,    und    selbst   des 
Morgens    auf  dem  glänzenden  Butterbrote   erblicke   sie  sein 


Bild  und  fresse  es  auf  vor  lauter  Liebe.  —  In  Gedichten 
voll  ernster,  tiefer,  sich  nicht  überstürzender 
Leidenschaft  begegnet  die  ironische  Zersetzung 
des  Gefühls  bei  Heine  niemals.  Wer  könnte  sich 
'Schöne  Wiege  meiner  Leiden',  'Ich  grolle  nicht'  u.  a.  m. 
mit  einer  satirischen  Schlusswendung  denken?  Nur  un- 
wahre Übertreibungen  des  Gefühls  und  romantische  Aus- 
schweifungen der  Phantasie  werden  von  Heines  Spott  ge- 
troffen. Wäre  es  anders,  so  sänke  er  zu  einem  poetischen 
Virtuosen  herab,  den  der  Inhalt  seiner  Verse  gleichgültig 
lässt,  und  eine  solche  Annahme  ist  entweder  thöricht  oder 
verleumderisch.  Seine  Gefühle  sind  nicht  wie  die  eines  Vir- 
tuosen unwahr,  sondern  eben  wegen  ihrer  unmittelbaren 
und  rücksichtslosen  Äusserung  von  besonderer  Wahrheit. 
Sie  werden  jedem  begreiflich  sein ,  der  an  romantischem 
Phantasie-  und  Gefühlstrug  kein  Gefallen  findet.  Auch  ist 
diese  Ironie  kein  Zeichen  geistiger  Krankheit,  sondern  viel- 
mehr eine  Abwehr  des  Krankhaften  und  insofern  mag  man  der 
starken  Betonung  derselben  bei  Kritikern  und  Publikum 
zustimmen,  als  eben  in  der  Zerstörung  krankhafter  Bestand- 
teile der  litterarischen  Überlieferungen  ein  Teil  der  Heineschen 
geschichtlichen  Bedeutung  besteht. 

Wir  erkennen  also  bis  jetzt  in  Heinrich  Heine  ein  Genie 
von  ausgesprochen  ästhetisch-eudämonistischer  Richtung,  von 
überaus  leicht  erregbarem,  vielseitigem  und  schnell  wechseln- 
dem Gefühl,  welches  stolz  und  keck,  frei,  stark  und  gross, 
träumerisch-zart,  heimlich-schauernd,  traulich-verstohlen,  zorn- 
sprühend und  giftig,  feierlich  hingebend  und  roh  —  überall 
aber  mit  grösster  Unmittelbarkeit  und  Rücksichtslosigkeit 
sich  äussert.  Wenn  dabei  ausser  den  Dissonanzen,  die  aus 
solchen  Gegensätzen  hervorgehen,  und  die  insbesondere  auch 
innerhalb  der  einzelnen  Liebesgedichte  bemerkbar  sind,  noch 
ein  Schwanken  der  religiösen  und  nationalen  Anschauungen 
hervortritt,  so  darf  man  dergleichen  dem  jungen  Dichter 
nicht  verübeln,  wenn  man  bedenkt,  wie  schwer  tief  den- 
kende und  redliche  Naturen  in  solchen  Dingen  zu  festen 
Überzeugungen  gelangen.      Gedichte  wollen  kein  Lehrbuch 


der  Politik  und  Religion  sein.  So  viel  ist  sicher,  dass  auch 
in  den  religiösen  und  nationalen  Äusserungen  Heines  sich 
viele  Stellen  finden,  die  von  grösster  Feinfühligkeit  Zeugnis 
ablegen. 

Trotz  alledem  bleibt  der  Vorwurf  bestehen,  dass  Heines 
Charakter  zwar  schwungvoll  und  gross,  aber  doch  unstät 
war :  die  verschiedensten  Regungen  werfen  ihn  hin  und  her, 
und  die  ganze  nervös-geistreiche  Unruhe  einer  stark  be- 
wegten grossen,  aber  noch  vielfach  unklaren  Zeit  spiegelt 
sich  in  seiner  Seele. 

III.  Die  Darstellungsmittel  in  Heines  Jugend- 
gedichten. 

1.  Im  August  des  Jahres  1820  veröffentlichte  Heine  einen 
kleinen  Aufsatz,  cdie  Romantik'  betitelt,  in  welchem  er  sich 
zwar  als  entschiedenen  Anhänger  dieser  Kunstschule  be- 
kannte, aber  doch  in  zwiefacher  Hinsicht  Verwahrung  ein- 
zulegen sich  genötigt  sah.  Erstens  verwarf  er  den  alten 
Gegensatz  von  romantischer  und  plastischer  Dichtung  und 
betonte  vielmehr,  dass  die  erstere,  richtig  verstanden,  ebenso 
sehr  plastisch  sei,  wie  die  klassische  Dichtung.  Das  Über- 
sinnliche, das  sie  ausspreche,  müsse  in  scharf  ausgeprägten 
sinnlichen  Bildern  gegeben  werden,  und  falsch  sei  die  An- 
sicht derer,  welche  cein  Gemengsei  von  spanischem  Schmelz, 
schottischen  Nebeln  und  italienischem  Geklinge,  verworrene 
und  verschwimmende  Bilder1  für  das  wahrhaft  Romantische 
ausgäben.  Zweitens  aber  weist  er  die  Meinung  zurück, 
dass  man  nur  dann  den  Gedichten  den  Charakter  des  Ro- 
mantischen aufdrücke,  wenn  man  darin  das  Rittertum  und 
mittelalterliche  Christentum  in  den  Vordergrund  stelle.  Die 
deutsche  Muse  solle  wieder  cein  freies,  blühendes ,  unaffek- 
tiertes, ehrlich  deutsches  Mädchen  sein,  und  kein  schmach- 
tendes Nönnchen  und  kein  ahnenstolzes  Ritterfräulein'.  — 
Uns  scheint,  dass  die  Beherzigung  dieser  beiden  Grundsätze 
unserem  Dichter  von  ausserordentlichem  Vorteil  gewesen  ist. 
Heine  besass  die  Kraft,  die  in  der  Theorie  geforderte  An- 
schaulichkeit   in   der  Praxis  überall    zu  bethätigen  (was  die 


folgenden  Erörterungen  genauer  darlegen  werden),  und  eben 
diese  seltene  Deutlichkeit  seiner  Phantasiebilder,  in  welcher 
wir  eine  der  wichtigsten  Eigenschaften  des  dichterischen 
Genius  erkennen,  hat  zu  dem  Erfolg  seiner  Lieder  in  hohem 
Grade  beigetragen.  Von  ähnlicher  Bedeutung  war  der  zweite 
Grundsatz:  während  nämlich  Heines  romantische  Genossen 
sich  in  der  Nacht  des  Mittelalters  verirrten,  griff  er  hinein 
in  das  Leben  seiner  Zeit  und  gestaltete  dasjenige,  was  ihm 
unmittelbar  entgegentrat.  Hierdurch  aber  gehorchte  er 
wiederum  einem  alten  ästhetischen  Gesetze,  dass  der  Dichter 
nicht  unnötig  in  die  Ferne  schweifen  solle,  denn  das  Gute, 
das  Beste  liegt  so  nahe. 

In  einer  anderen  Beziehung  war  und  blieb  Heine  in- 
dessen durchaus  Romantiker.  Die  Gebilde  der  'dritten  Weh?, 
die  guten  und  bösen  Dämonen  und  Geister,  diese  schönen 
Erzeugnisse  der  Volksphantasie  mochte  er,  der  gelehrige 
Schüler  des  Volkslieds ,  in  der  Dichtkunst  nicht  entbehren. 
Er  erkannte,  dass  in  solcher  Beseelung  des  Unbeseelten  sich 
eine  lebhafte  Anschauung  und  innige  Teilnahme  auch  an  den 
kleinen  Dingen  des  Lebens  bekunde,  und  weit  entfernt, 
die  Poesie  ihres  mythologischen  Schmuckes  zu  berauben,  hielt 
er  es  vielmehr  für  die  Aufgabe  des  Kunstdichters,  dem  Bei- 
spiel der  dichtenden  Volksseele  zu  folgen  und  allen  Dingen 
der  Welt  Geist  und  Leben  einzuhauchen.  Dieses  ist  ziem- 
lich deutlich  ausgesprochen  in  folgender  Stelle  der  'Harz- 
reise' *) :  cSo  stillstehend  ruhig  auch  das  Leben  dieser  Leute 
erscheint,  so  ist  es  dennoch  ein  wahrhaftes,  lebendiges  Leben. 
Die  steinalte ,  zitternde  Frau ,  die  dem  grossen  Schranke 
gegenüber,  hinterm  Ofen  sass ,  mag  dort  schon  ein  Viertel- 
jahrhundert lang  gesessen  haben ,  und  ihr  Denken  und 
Fühlen  ist  gewiss  innig  verwachsen  mit  allen  Ecken  dieses 
Ofens  und  allen  Schnitzeleien  dieses  Schrankes.  Und 
Schrank  und  Ofen  leben,  denn  ein  Mensch  hat  ihnen  einen 
Teil  seiner  Seele  eingeflösst.  —  Nur  durch  solch  tiefes  An- 
schauungsleben,  durch  die  »Unmittelbarkeit«  entstand  die 
deutsche  Märchenfabel,  deren  Eigentümlichkeit  darin  bestehtc 


*)  In  meiner  Gesamtausgabe  Bd.  III,  S.  32. 


dass  nicht  nur  die  Tiere  und  Pflanzen,  sondern  auch  ganz 
leblos  scheinende  Gegenstände  sprechen  und  handeln.  Sin- 
nigem, harmlosen  Volke,  in  der  stillen,  umfriedeten  Heim- 
lichkeit seiner  niedern  Berg-  oder  Waldhütten  offenbarte 
sich  das  innere  Leben  solcher  Gegenstände;  dieselben  ge- 
wannen einen  notwendigen ,  konsequenten  Charakter ,  eine 
süsse  Mischung  von  phantastischer  Laune  und  rein  mensch- 
licher Gesinnung*,  und  so  sehen  wir  im  Märchen,  wunder- 
bar und  doch,  als  wenn  es  sich  von  selbst  verstände:  Näh- 
nadel und  Stecknadel  kommen  von  der  Schneiderherberge 
und  verirren  sich  im  Dunkeln ;  Strohhalm  und  Kohle  wollen 
über  den  Bach  setzen  und  verunglücken;  Schippe  und 
Besen  stehen  auf  der  Treppe  und  zanken  und  schmeissen 
sich ;  der  befragte  Spiegel  zeigt  das  Bild  der  schönsten 
Frau ;  sogar  die  Blutstropfen  fangen  an  zu  sprechen,  bange, 
dunkle  Worte  des  besorglichsten  Mitleids.'  Diese  drei 
Grundsätze:  Streben  nach  Anschaulichkeit,  Hingabe  an  das 
unmittelbare  Leben  der  Gegenwart  und  Beseelung  aller 
Dinge  sehen  wir  nun  überall  bei  unserm  Dichter  aufs 
glücklichste  befolgt. 

2.  Die  Gestalten  der  Mythologie  treten  in  Heines  Ge- 
dichten seit  frühester  Zeit  deutlich  in  den  Vordergrund. 
Anfangs  vor  allem  diejenigen  der  christlichen  Mythologie 
und  des  Volksaberglaubens  —  die  Hören  in  den  'Lie- 
dern' 2,  10 — 12  stehen  fast  ganz  vereinzelt  da J)  — ;  später- 
hin aber  wandte  er  sich  auch  uralten  Naturmythen  und 
namentlich  den  Gestalten  der  griechischen  Götterwelt  zu. 
Die  alte  Auffassung,  dass  Sol  und  Luna  Mann  und  Frau 
und  die  Sterne  ihre  Kinder  seien,  bietet  unserm  Dichter 
Stoff  zu  einem  seiner  schönsten  Nordseebilder  (I,  3).  Er 
belebt  die  alten  Phantasieen  mit  wunderbarer  Kunst:  die 
weiche  Luna  liebt  noch  immer  den  schönen  Gemahl;  zit- 
ternd und  bleich  schaut  sie  gegen  Abend  hervor  aus  leich- 
tem Gewölk,  aber  der  trotzige  Sonnengott  erglüht  bei  ihrem 
Anblick  in  doppeltem  Purpur,  vor  Zorn  und  Schmerz,  und 


*)  Die  kleinen  Ziffern  verweisen  im  Folgenden  stets  auf  die 
Verse  des  betr.  Gedichtes. 


stürzt  sich  hinab  in  sein  flutenkaltes  Witwerbett!  —  Wäh- 
rend dieses  Gedicht  den  alten  Mythus  genau  festhält,  ob- 
gleich es  einem  dichterisch-feinen  Kommentar  desselben 
gleichkommt,  ist  in  der  'Götterdämmerung5  (hier  S.  133, 
V.  61 — 89)  die  altgermanische  Auffassung  vom  Untergang 
der  Götter  vor  allem  im  Namen  festgehalten ,  im  übrigen 
aber  durch  freie  Erfindungen  ersetzt.  Heine  war  zwar 
sehr  gut  mit  dem  deutschen  Dämonen-  und  Geisterglauben, 
allem  Anscheine  nach  aber  sehr  wenig  mit  dem  altgerma- 
nischen historischen  Mythus  vertraut.  Auf  die  indischen 
Mythen,  welche  Heine  wohl  vor  allem  durch  die  Vorlesun- 
gen von  Franz  Bopp  kannte,  haben  wir  bereits  oben  hin- 
gewiesen (S.  LXIV  f.) ;  am  meisten  treten  aber  bei  ihm  die 
heiteren  Götter  von  Hellas  hervor.  Als  der  Dichter  in  der 
Odyssee  liest  und  seinen  Helden  in  allem  Ungemach  treu- 
lich begleitet,  ihm  lügen  hilft  und  glücklich  entrinnen  aus 
Riesenhöhlen  und  Nymphenarmen,  ihm  folgt  in  kimmerische 
Nacht,  Sturm,  Schiffbruch  und  Elend ,  da  taucht  Poseidon 
aus  der  Flut  hervor,  tröstet  das  bange  unschuldige  Poetlein 
und  über  seinen  plumpen  Seemannswitz  lachen  Amphitrite 
und  die  dummen  Töchter  des  Nereus  ('Nordsee'  I,  5).  Den 
Blitz  vergleicht  Heine  mit  dem  Witz  aus  dem  Haupte  Kro- 
nions :  die  Wellenrosse  hat  Boreas  selber  gezeugt  mit  Erich- 
thons  reizenden  Stuten ;  das  Seegevögel  flattert  wie  Schatten- 
leichen am  Styx,  die  Charon  abwies  vom  nächtlichen  Kahn ; 
Äolus  schickt  seine  schlimmsten  Gesellen,  und  der  Seemann 
betet  gar  zu  den  alten  Beschützern  der  Schiffahrt,  zu  Kastor 
und  Polydeukes  ('Nordsee'  II,  2).  Die  Okeaniden ,  vor 
allem  die  silberfüssige  Thetis,  sprechen  dem  Dichter  Trost 
zu,  dessen  Herz  versteinert  ist  wie  Niobe,  und  der  hals- 
starrig ist  wie  sein  Ahnherr  Prometheus  ;  er  thäte  aber  besser, 
geduldig  zu  warten,  bis  Atlas  selbst  die  schwere  Welt  von 
den  Schultern  abwirft  ('Nordsee'  II ,  5).  Die  Götter 
Griechenlands,  die  er  als  vertriebene  Gespenster  am  nächt- 
lichen Wolkenhimmel  einherziehn  sieht,  erregen  sein  Mit- 
leid: Zeus  mit  dem  erloschenen  Blitz,  dem  Antlitz  voll 
Gram  und  Elend,  Here,  deren  Eifersucht  nicht  mehr  die 
gottbefruchtete  Jungfrau   erreichen  kann ,  Pallas,  Aphrodite, 


deren  Schönheit  aber  jetzt  nur  unheimliches  Grauen  erregt, 
Ares,  Apollo  mit  der  schweigenden  Leier,  Hephaistos  — 
ihnen  allen  ist  erloschen  das  unauslöschliche  Göttergelächter 
('Nordsee'  II,  6).  —  Die  humoristische  Darstellung  von 
der  Konvenienzehe  der  Sonne  mit  dem  alten  Meergott 
dürfte  wohl  von  Heine  erfunden  sein  ('Nordsee'  II,  4). 

Das  tief  Poetische  der  christlichen  Mythologie  ist  vor 
allem  in  der  'Wallfahrt  nach  Kevlaar'  zum  Ausdruck  ge- 
kommen (S.  144  f.) ;  des  Jüngsten  Tages  gedenkt  der 
Dichter  öfter  (vgl.  oben  S.  XII  f.);  vor  allem  aber  spielen 
Engel  und  Teufel  eine  grosse  Rolle  in  seinen  Versen.  Tau- 
send Teufel  rufen  Amen  bei  der  Trauung  der  Geliebten  mit 
einem  Andern  ('Traumbilder'  4,  14) ;  der  Sohn  der  Nacht 
trägt  den  Dichter  im  Traum  keuchend  fort  ('Traumbilder'  5,  7) ; 
Engel  und  Teufel  kämpfen  um  seine  Seele  ('Traumbilder'  6) ; 
aus  den  Locken  der  Geliebten  spinnt  Satan  ein  Seil,  an 
dem  er  den  Dichter  seit  vielen  Jahren  umherschleift 
('Freskosonette'  5,  12 — 14),  oder  diese  Locken  sind  die  Netze, 
worin  der  Böse  den  Ritter  Ulrich  gefangen  hat  ('Ro- 
manzen' 15,  21 — 24);  ihr  Auge  ist  aber  nicht  die  Pforte 
des  Himmels,  sondern  der  Hölle  (ebenda  25— 2s).  Die  guten 
Engel  schluchzen,  als  Pauken  und  Schalmeien  beim  Hoch- 
zeitsfest der  Geliebten  ertönen  ('Lyrisches  Intermezzo'  20) ; 
böse  Engel  halten  dem  Dichter  in  Theresens  Gegenwart 
den  Mund  zu,  und  durch  böse  Engel  ist  er  jetzt  so  elend 
('Heimkehr'  30,  13— iö).  Der  Teufel,  den  er  herbeiruft,  gleicht 
einem  alten  Bekannten  ('Heimkehr'  35) ;  ihn  zu  verspotten, 
ist  gefährlich,  denn  die  Lebensbahn  ist  kurz  ('Heimkehr'  36) ; 
wenn  die  Geliebte  sich  von  dem  Dichter  abwendet ,  so 
nahen  sich  ihm  die  Höllenmächte  ('Heimkehr'  57,  5 — s); 
auch  in  den  Jugendgedichten  der  Nachlese  spielen  die  Eng- 
lein schon  eine  Rolle  (I,  A,  3,  25 — 28,  II,  4,  41—44),  und 
dem  aus  dem  Bremer  Ratskeller  Zurückkehrenden  scheinen 
sie  sogar  betrunken  auf  den  Dächern  der  Häuser  zu  sitzen 
und  zu  singen  ('Nordsee'  II,  9,  62— 6s). 

Wir  sahen  schon,  aus  dem  stillen  Nebelreich,  wohin 
der  liebesmüde  Dichter  sich  sehnt  ('Freskosonette'  9,  12—14), 
kommen   liebende  Gespenster   und  Dämonen    zu    ihm  (oben 


S.  XIII);  die  Wasserfee  setzt  sich  zu  ihm  an  den  Strand 
('Heimkehr'  12) ;  er  sieht  die  badende  Elfe  im  Monden- 
scheine ('Heimkehr1  85) ;  das  Fischermädchen  hört  den 
Gesang  der  Seejungfern  ('Heimkehr'  9,  9—12);  die  Berg- 
mannstochter fürchtet  sich  vor  Berggeistern ,  den  Wichtel- 
männchen und  der  Katze,  die  eine  verzauberte  Hexe  ist 
und  nachts  auf  den  Geisterberg  geht  ('Bergidylle'  III, 
S.  151  f.).  Der  Burggeist  erscheint  auf  den  Ruinen  des 
Drachenfelsen,  und  dunkle  Ritterscharen  und  Nebelfrauen 
eilen  vorüber  (Nachlese  III,  3,  6— s).  Die  singenden  Nixen 
sollen  hervorsteigen ,  den  Zauberreigen  tanzen  und  den 
Dichter  zu  Tode  herzen  und  küssen  (Nachlese  II,  12) ;  die 
Prinzessin  Ilse  im  Ilsenstein  will  dem  sorgenkranken  Ge- 
sellen Märchenträume  ins  Herz  wehen  und  ihn  umschlingen 
wie  einst  den  Kaiser  Heinrich  ('Die  Ilse',  S.  156);  der 
blöde  Ritter  wird  in  den  Wasserpalast  der  Nixe  verzaubert, 
wo  winzige  Buben  und  Mädchen  die  beiden  als  Braut  und 
Bräutigam  umtanzen  ('Lyrisches  Intermezzo' ,  Prolog ;  vgl. 
unten  Nr.  6).  Bei  der  Fahrt  durch  lustiges  Waldesgrün 
und  blumige  Thäler  hüpfen  drei  Schattengestalten  am  Wagen 
vorbei,  schneiden  Gesichter  und  quirlen  wie  Nebel  zusammen 
('Lyrisches  Intermezzo'  55).  Der  tote  Prediger  steht  im 
schwarzen  Amtskleid  draussen  vor  dem  Pfarrhaus  und  pocht 
ans  Fenster,  um  seine  entarteten  Kinder  zu  warnen  ('Heim- 
kehr' 28).  Der  unheimliche  Doppelgänger  begegnet  dem 
Dichter  des  Nachts  und  äfft  das  Liebesleid  nach ,  das  ihn 
einst  an  derselben  Stelle  gequält  hat  ('Heimkehr'  20).  Der 
tote  Knabe  holt  die  treulose  Geliebte  zu  sich  ins  Grab 
('Heimkehr'  22),  und  schliesslich  wollen  die  vielen  Geister, 
die  der  Dichter  beschworen  hat,  nicht  wieder  in  die  ewige 
Nacht  zurückweichen  ('Traumbilder'  10).  Auch  von  dem 
Zauberland  der  alten  Märchen  erzählen  Heines  Verse,  dem 
Land,  wo  die  Blumen  sich  bräutlich  ansehn,  die  Bäume 
singen,  die  Lüfte  klingen,  wunderliche  Nebelbilder  umher- 
tanzen und  laute  Quellen  aus  dem  Marmor  hervorbrechen 
('Lyrisches  Intermezzo'  44).  Ebenso  sprechen  die  Blumen 
und  singen    die  Bäume    in    dem  Garten    der   schönen  Fee, 


welche  Schlegel  zum  Liebling  erwählt  hat  (Nachlese  III, 
7,  9 — 14).  Dieses  aber  berührt  sich  schon  mit  der  allge- 
meinen Naturbeseelung,  von  der  Heine  so  überaus  kunst- 
vollen Gebrauch  macht. 

3.  Diejenigen  Lieder,  in  welchen  unser  Dichter  die 
Natur  als  solche  besingt,  haben  wir  bereits  oben  kennen 
lernen  (S.  LXIV)  ;  es  bleibt  uns  hier  noch  die  Betrachtung 
der  eigentümlichen  Beziehungen  übrig,  in  denen  Natur-  und 
Menschenleben  bei  ihm  erscheinen.  Kurze  Angaben  über 
die  Natur  sind  —  besonders  zu  Anfang  der  Gedichte  — 
in  Volks-  und  Kunstpoesie  seit  alten  Zeiten  beliebt;  sie 
weisen  auf  den  Gemütsinhalt  des  betreffenden  Liedes,  wie 
vorbereitend,  hin  und  tragen  zur  Verstärkung  des  Eindrucks 
bei.  Auch  Heine  macht  hiervon  Gebrauch ;  aber  er  schreitet 
bald  weiter  vor,  indem  er  von  kurzen  einleitenden  Angaben 
zu  einem  vollständigen  Parallelgehen  der  Natur  und  des 
Gemütslebens  übergeht.  Wenn  die  Natur  blüht,  so  blüht 
auch  das  Menschenherz,  und  wenn  die  Natur  trauert,  so 
welken  auch  die  Blüten  der  Seele,  und  umgekehrt.  Daneben 
aber  wird  auch  hie  und  da  der  Gegensatz  des  Natur-  und 
Menschenlebens  hervorgehoben  und  so  das  letztere  schärfer 
beleuchtet.  Endlich  aber  geht  der  Dichter  noch  einen 
Schritt  weiter,  indem  er  die  Natur  vollständig  dem  Menschen 
gleich  macht,  ihr  Seele,  Mitgefühl  und  Sprache,  nicht  selten 
auch  menschliche  Gestalt  verleiht. 

Sehr  oft  beginnen  Heines  Lieder  mit  kurzen,  einleiten- 
den Angaben  über  die  Natur.  In  stiller,  wehmutweicher 
Abendstunde  umklingen  ihn  die  längst  verschollenen  Lieder 
('Freskosonette5  5) ;  er  steht  auf  des  Berges  Spitze  und  wird 
sentimental  ('Lyrisches  Intermezzo5  54) ;  sein  Wagen  rollt 
durch  lustiges  Waldesgrün  und  blumige  Thäler  ('Lyrisches 
Intermezzo'  55) ;  es  ist  Brausen,  Heulen,  Herbstnacht  und 
Wind  ('Lyrisches  Intermezzo'  58);  der  Herbstwind  rüttelt 
die  Bäume,  und  der  Dichter  reitet  durch  die  feuchte  kalte 
Nacht  ('Lyrisches  Intermezzo'  59) ;  er  sitzt  in  der  Mainacht 
mit  der  Geliebten  unter  dem  Lindenbaum  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 53,  ebenso  42) ;  sein  dunkles  Sehnen  treibt  ihn  zur 
Waldeshöh  ('Lyrisches  Intermezzo'   41,  vgl.   'Romanzen'   4, 


II,  9 — 12);  der  bleiche  herbstliche  Halbmond  lugt  aus  den 
Wolken  auf  den  Kirchhof  herab  ('Heimkehr'  28) ;  es  ist 
schlechtes  Wetter,  regnet,  stürmt  und  schneit,  und  der  Dichter 
schaut  in  die  Dunkelheit  hinaus  ('Heimkehr'  29) ;  über  die 
Berge  steigt  die  Sonne  ('Heimkehr'  83) ;  es  ist  eine  feuchte, 
stürmische,  sternenleere  Nacht,  und  der  Dichter  wandelt 
unter  rauschenden  Bäumen  einsam  im  Walde  einher  ('Heim- 
kehr' 5)  u.  dgl.  m.  —  Während  solche  kurze  Bemerkungen 
sich  bei  sehr  vielen  Lyrikern  alter  und  neuer  Zeit  finden, 
ist  das  vollständige  Parallelgehen  von  Natur  und  Gemüts- 
leben eine  Eigenart  des  Heineschen  Stils,  die  uns  sonst  seltener 
begegnet.  Sie  bezeichnet  so  recht  die  romantische  Verfeine- 
rung und  ausgesprochene  Subjektivität  unseres  Dichters,  der 
die  ganze  Welt  in  seinem  besonderen  Gefühle  auf-  und 
untergehen  lässt.  Im  Mai ,  als  die  Knospen  sprangen ,  ist 
ihm  die  Liebe  aufgegangen;  im  Mai,  als  die  Vögel  sangen, 
hat  er  sie  gestanden  ('Lyrisches  Intermezzo'  1).  Die  Rosen 
sind  blass,  die  Veilchen  stumm;  die  Lerche  singt  kläglich; 
das  Balsamkraut  haucht  Leichenduft  aus ;  die  Sonne  ist  kalt 
und  verdrossen,  die  Erde  grau  und  öde  —  weil  die  Geliebte 
den  Dichter  verlassen  hat  ('Lyrisches  Intermezzo'  23).  Als 
die  Linde  blühte,  die  Nachtigall  sang  und  die  Sonne  lachte, 
da  küsste  und  umschlang  sie  ihn;  als  die  Blätter  abfielen 
und  die  Sonne  verdriesslich  blickte ,  da  sagte  sie  frostig 
Lebewohl  ('Lyrisches  Intermezzo'  25).  Er  hat  die  Lieben- 
den im  Juli  verlassen,  da  sassen  sie  so  recht  in  der  Hitze; 
er  findet  sie  wieder  im  Januar,  da  sind  sie  gekühlt  und 
kalt  ('Heimkehr'  67,  i — 4).  Am  schönsten  ist  dies  Neben- 
einander von  Natur-  und  Seelenstimmung  dort  wiedergegeben, 
wo  er  die  letztere  gar  nicht  ausspricht  und  durch  die  Bilder 
der  Natur  erraten  lässt :  wir  sahen  oben  (S.  XXIII),  die  ster- 
bende Liebe  wird  durch  den  herabfallenden  Stern,  die 
herablallenden  Baumblätter  und  den  singend  sterbenden 
Schwan  sinnbildlich  dargestellt  ('Lyrisches  Intermezzo'  60). 
Als  sich  Ratcliff  und  Maria  traurig  ansehen  und  ihre  Herzen 
schwellen,  da  säuselt  die  Eiche  Sterbeseufzer,  und  tiefschmerz- 
lich singt  die  Nachtigall  ('Ratcliff'  98—101,  S.  136).  Und 
ebenso    ist   in   der    'Donna  Clara'   (S.  137  ff)    Natur-   und 


Liebesleben  in  vollständiger  Übereinstimmung  zu  finden.  — 
Aber  auch  des  Gegensatzes  von  Gemüt  und  Welt  wird  sich 
der  Dichter  froh  oder  schmerzlich  bewusst.  Er  kann  sich 
an  den  Schönheiten  des  Mais  nicht  freuen,  da  die  Geliebte 
vermählt  ist  ('Lyrisches  Intermezzo3  28;  ähnlich  'Heim- 
kehr' 3);  die  Lüfte,  der  blaue  Himmel,  der  Morgentau 
(und  der  Menschenjubel)  erregen  in  ihm  nur  die  Sehnsucht 
nach  dem  Grabe  ('Lyrisches  Intermezzo1  31).  Aber  ein 
andermal,  zu  besserer  Stunde,  kümmert  es  ihn  nicht,  ob 
draussen  Schnee,  Hagel  und  Sturm ,  und  ob  die  Fenster 
klirren,  denn  in  seinem  Herzen  ist  das  Bild  der  Geliebten 
und  die  Wonne  des  Frühlings  ('Heimkehr'  51).  — Endlich 
aber  finden  wir  zahlreiche  Beispiele  für  ganz  menschliches 
Leben  der  Natur.  Dass  Tiere  und  namentlich  die  Vögel, 
wie  treue  Gefährten ,  mitjubeln ,  mittrauern ,  warnen  und 
helfen,  ist  freilich  eine  alte  beliebte  Auffassung.  So  schwei- 
gen die  Vögel,  als  sie  'den  Traurigen3  sich  dem  Walde 
nähern  sehen  ('Romanzen'  1,  13) ;  ein  andermal  singen  sie 
dem  Dichter  wieder  das  alte  Träumen  ins  Herz  hinein,  denn 
sie  haben  hübsche  goldene  Worte  von  der  Geliebten,  die 
hier  vorüberging,  aufgefangen;  aber  er  traut  ihnen  nicht 
('Lieder'  3) ;  oder  er  hält  ein  Zwiegespräch  mit  der  Lerche, 
deren  Grossmutter  bereits  dasselbe  Klagelied  von  ihm  ver- 
nommen hat  (Nachlese  I,  A,  14,  9 — iö).  Die  Drossel  im 
Walde  fragt  ihn,  warum  ihm  so  wehe,  und  er  antwortet, 
dass  die  Schwalbe  ihr  es  sagen  könne,  die  am  Fenster  der 
Geliebten  niste  ('Heimkehr'  4).  In  der  'Götterdämmerung' 
vernehmen  wir  die  Spottlieder  der  Nachtigallen  (V.  52); 
und  die  Möwe  will  ängstlich  ein  Unglück  prophezeien 
('Heimkehr'  10,  11—12);  oder  man  hört  ihr  kaltes  ironisches 
Lachen  ('Nordsee'  II,  5,  46).  Von  anderen  Tieren  werden 
noch  die  frommen  klugen  Gazellen  am  Ganges  ('Lyrisches 
Intermezzo'  9,  13)  und  des  Nachbars  alte  Katze  besonderer 
Beachtung  gewürdigt:  sie  macht  den  spielenden  Kindern 
Besuch,  und  diese  verbeugen  sich  höflich  und  erkundigen 
sich  teilnehmend  nach  ihrem  Befinden  ('Heimkehr'  38, 
13 — is).    Die  Goldkäfer  summen  feine  Lieblingsliedchen  ('Rat- 


clifP  83)  und  die  Glühwürmchen  tanzen  wie  zum  Fackel- 
tanz ('Donna  Clara5  67  f.).  Auch  die  Sterne  werden  wie 
menschliche  Wesen  betrachtet:  sehnsüchtig  schauen  sie  sich 
jahrtausendlang  an  und  sprechen  eine  reiche,  schöne  Sprache 
('Lyrisches  Intermezzo'  8) ;  ein  andermal  heisst  es  freilich, 
dass  sie  lachten,  wenn  junge  Herzen  brechen,  und  unsterb- 
lich seien,  da  sie  die  Liebe  nicht  kennen  (Nachlese  I,  A,  15) 
oder  sie  blinken  gleichgültig  und  kalt  ('Nordsee'  II,  7,  17) ; 
gleichwohl  dienen  sie  auch  unserm  Dichter  als  Liebesboten 
(Nachlese  I,  A ,  7).  Der  Mond  griisst  mit  ernstem  Blick 
('Lyrisches  Intermezzo'  39,  16);  er  ist  ein  stiller  Lauscher 
der  Liebenden  ('Bergidylle'  II,  3,  S.  149);  er  tritt  mit 
traurig  todblassem  Antlitz  aus  den  Wolken  hervor  ('Nord- 
see' I,  3,  7);  er  ist  der  treue  Begleiter  des  Liebenden  und 
wird  mit  Dank  entlassen  ('Heimkehr'  71,  9 — 20),  und  Sonne, 
Mond  und  Sterne  lachen  über  den,  welcher  zum  zweitenmale 
unglücklich  liebt  ('Heimkehr'  63,  1 — s).  —  Vor  allem  gegen- 
über Blumen  und  Bäumen  zeigt  sich  des  Dichters  roman- 
tische Liebe :  die  Kose,  Lilie  (Taube  und  Sonne),  die  liebte 
er  alle  ('Lyrisches  Intermezzo'  3)!  Und  sie  erwidern  diese 
Liebe.  Blumen  (Nachtigallen  und  Sterne)  würden  mit  ihm 
trauern,  wenn  sie  sein  Wehe  kennten  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 22) !  Aber  ein  andermal,  am  leuchtenden  Sommer- 
morgen, bitten  sie  doch,  ihrer  Schwester,  der  treulosen  Ge- 
liebten des  Dichters,  nicht  böse  zu  sein  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 46).  Auch  den  Ratcliff  sehen  sie  mit  Schwesteraugen 
an  ('RatclifP  4,  S.  133)  ,  und  die  Lotosblumen,  vor  denen 
die  frommen  Inder  knieen  ('Heimkehr'  7) ,  erwarten  ihr 
Schwesterlein;  die  Veilchen  kichern  und  kosen;  die  Kosen 
erzählen  sich  duftige  Märchen  ('Lyrisches  Intermezzo'  9,  7 — 12). 
Die  Lotosblume  entschleiert  nur  dem  Monde  ihr  Antlitz  und 
starrt  in  die  Höhe  und  weint  und  zittert  vor  Liebe  und 
Liebesweh  ('Lyrisches  Intermezzo'  10).  In  der  'Donna 
Clara'  spricht  Heine  von  dem  verstohlenen  Geflüster  kluger 
Myrten  (V.  71);  die  Rosen  griissen  märchenartig  und  glühn 
wie  Liebesboten  (V.  25) ,  und  in  der  Ferne  schwanken 
traumhaft    die    weissen  lichtumflossenen  Lilien,    die    zu  den 


Sternen  emporschauen  (V.  47 — 50).  Die  Veilchen  mit  den 
blauen  Augen  ('Götterdämmerung'  4  u.  ö.)  sehen  sich  zärtlich 
an ;  sehnsüchtig  beugen  sich  die  Lilienkelche  zusammen ;  aus 
den  Rosen  glühen  Wollustgluten ;  die  Nelken  wollen  sich  im 
Hauch  entzünden ;  alle  Blumen  schwelgen  in  Düften,  weinen 
Wonnethränen  und  jauchzen  Liebe!  ('Ratcliff1  75 — 8i).  — 
Ähnlich  belebt  sind  die  Bäume:  der  Tannenbaum  pocht 
mit  grünen  Fingern  ans  niedere  Fensterlein  ('Bergidylle'  II, 
1 — 2) ;  der  Eichbaum  spricht :  'Was  willst  du  thörichter 
Reiter  Mit  deinem  thörichten  Traum!5  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 59,  18 — 20);  die  aus  dem  Schlaf  gerüttelten  Bäume 
(vgl.  die  Anmerkung  S.  XXIII)  schütteln  mitleidig  die 
Köpfe  ('Lyrisches  Intermezzo'  62) ;  die  Trauerweiden 
winken  mit  langen  grünen  Armen  Willkommen  zu  ('Rat- 
cliff5  2).  Den  schönsten  Ausdruck  fand  diese  Naturbeseelung 
aber  in  dem  Gleichnis  vom  Fichtenbaum ,  der  im  kalten 
Norden  sich  nach  der  Palme  des  Morgenlandes  sehnt  ('Ly- 
risches Intermezzo'  33).  —  Auch  Wasser  und  Luft  sind 
belebt.  Der  Mühlbach1)  flüstert  bange,  böse  Träume 
('Heimkehr'  80,  11 — 12)  ;  das  Meer,  das  grollend  die  Leichen 
auswirft  ('Nordsee'  II,  3,  3),  wird  um  Schonung  gebeten 
('Nordsee'  I,  8,  10) ,  und  die  Wellen  sind  die  weissen 
Meerkinder ,  die  übermutberauscht  emporspringen  ('Nord- 
see' 1 ,  4,  15 — 17) ;  die  Wolken  sind  die  formlos  grauen 
Töchter  der  Luft,  die  das  Wasser  in  Nebeleimer  schöpfen 
und  mühsam  fortschleppen  und  wieder  verschütten  ('Nord- 
see' II,  3,  8—15);  der  Wind  zieht  seine  Hosen  an,  die 
weissen  Wasserhosen,  und  peitscht  die  Wellen  ('Heim- 
kehr' 10,  1—2;  vergl.  'Heimkehr'  11  und  'Nordsee'  I,  8, 
1—4)  •,  der  ungestalte  Nordwind  schwatzt  wie  ein  störriger 
Griesgram,  der  gut  gelaunt  wird,  ins  Wasser  hinein  ('Nord- 
see' I,  4,  4  ff.);  der  Dichter  redet  die  schauernden  Lüft- 
chen auf  dem  Kirchhof  an  ('Traumbilder'  7,  5— e),  und 
mitleidsvolle    Lüftchen     fächeln     Kühlum?     seiner     heissen 


1)  Gemeint  ist  wahrscheinlich  die  Leine,  und  unter  den  Wällen 
Salamancas  ist  der  Wall  in  Göttingen  zu  verstehen  (vgl.  unten  S.  XC). 


Stirn  ('Romanzen'  1,  5 — ö).  Schliesslich  finden  sich  noch 
eine  Anzahl  Personifikationen,  die  uns  auch  bei  andern 
Dichtern  häufig  begegnen :  der  Mai  ('Götterdämmerung5  1  ff.), 
die  Erde  ('Götterdämmerung'  55  ff),  der  Zephyr  ('Donna 
Clara'  23),  die  'gähnende'  Nacht  ('Nordsee'  II,  5,  87) 
u.  dgl.  m.  —  Wir  erkennen  aus  alledem,  dass  Heine  überall 
in  wahrhaft  dichterischer  Weise  die  Natur  belebt  und  hier- 
durch oft  für  die  heimlich  -  zartesten  Empfindungen  einen 
überraschend  anschaulichen  Ausdruck  findet ;  aber  wir  haben 
auch  einige  Fälle  kennen  gelernt,  die  eine  ironische  Über- 
treibung und  ein  gewisses  virtuoses  Spiel  mit  dem  frag- 
lichen Darstellungsmittel  verraten.  Wir  kommen  hierauf 
zurück. 

Aber  auch  einzelne  Teile  des  menschlichen  Körpers, 
die  Affekte  und  deren  besondere  Äusserungen,  Erzeugnisse 
der  Menschenhand  und  Abstrakta  sind  bei  Heine  personi- 
fiziert. Er  klagt  die  Lippen  an,  die  Böses  von  dem  Manne 
sagen,  der  sie  einst  so  liebend  geküsst  ('Heimkehr'  76,  5 — s) 
und  er  sagt,  dass  die  zarte  weisse  Schulter  rührend  hervor- 
lausche aus  dem  groben  grauen  Hemde  ('Nordsee'  I,  4, 41—43). 
Die  Personifikation  des  Herzens  ist  allgemein  gäng  und 
gäbe ;  aber  Heine  geht  weiter  als  andere  Dichter,  wenn  er 
erzählt,  dass  sein  edles  Herz  den  Sohn  des  Laertes  in  Irr- 
fahrt und  Drangsal  begleitete,  sich  mit  ihm  an  gastliche 
Herde  setzte,  ihm  lügen  half  u.  s.  w.  ('Nordsee'  I,  5, 15 — 24). 
Kein  fremder  Ritter,  sondern  nur  sein  eigner  Schmerz  zeiht 
die  Geliebte  eines  Makels  ('Romanzen'  13,  13—14);  die 
Leiden  des  Dichters  fanden  in  Hamburg  ihre  Wiege,  die 
Ruhe  ist  dort  bestattet  ('Lieder'  5,  1—2).  Er  wandert 
weit  durch  die  Welt,  um  die  Liebe  zu  suchen  und  sie  liebe- 
voll zu  umfassen  (2.  Sonett  an  die  Mutter,  S.  51).  Die 
alte  Liebe  zu  Amalie  Heine  steigt  aus  dem  Totenreich, 
setzt  sich  zu  ihm,  weint  und  macht  das  Herz  ihm  weich 
{'Lyrisches  Intermezzo'  38,  13— iö).  Er  redet  das  Traum- 
gebilde an  (Nachlese  I,  B,  1 0,  1)  und  lässt  das  entschwundene 
Traumbild  grüssen  ('Traumbilder'  1 ,  10 ;  vgl.  auch  'Ly- 
risches Intermezzo'   39,    1—2,   'Nordsee'  I,   11,  1—2).      Vor 

Litteraturdenkmale  des  18.  n.  19.  Jahrh.   27.  f 


allem  aber  ist  er  unermüdlich  in  der  Personifizierung  der 
Lieder.  Sie  fliegen  zum  Herzen  der  Trauten  und  kehren 
von  dort  mit  schlimmer  Botschaft  zurück  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 36).  Er  möchte  die  Lieder  einsargen,  die  jetzt 
stumm  und  totengleich  daliegen,  aber  sie  werden  wieder  be- 
lebt werden,  wenn  der  Liebe  Geist  über  sie  weht  und  sie 
der  Geliebten  in  die  Hand  kommen;  die  toten  Buchstaben 
werden  ihr  flehend  ins  Auge  schauen  und  flüstern  mit  Weh- 
mut und  Liebeshauch  ('Lieder'  9).  Die  Lieder  sollen  sich 
wappnen  und  die  Herzenskönigin  auf  den  Schild  erheben; 
er  giebt  ihr  einen  Hofstaat  von  steifgeputzten  Sonetten, 
stolzen  Terzinen  und  höflichen  Stanzen;  als  Läufer  diene 
ihr  sein  Witz  und  als  Herold,  die  lachende  Thräne  im 
Wappen,  der  Humor  ('Nordsee'  I,  1).  Wenn  das  Herz 
im  Leibe  zersprungen,  so  gehen  die  Lieder  nach  Haus 
('Traumbilder1  8,  iöo  f.);  sie  sind  vergiftet  ('Lyrisches 
Intermezzo'  52)  und  ein  andermal  verwaist  ('Traumbilder'  1,9); 
der  Dichter  sitzt  auf  den  Liebeseiern  und  brütet  Lieder  aus, 
die  er  dann  in  ein  Buch  sperrt  ('Heimkehr'  42);  Kopf, 
Herz  und  Lied  sprechen  ('Lyrisches  Intermezzo'  34)-  Und 
späterhin  waren  es  die  Lieder,  in  unserem  Texte  aber  das 
Jahr,  das  in  dem  Riesensarge  beerdigt  wird  ('Lyrisches 
Intermezzo'  66).  In  den  'Liedern'  2,  5  ff.  sind  die  Stun- 
den als  ein  faules  Volk  geschildert.  Der  Dichter  redet  die 
einsame  Thräne  an,  die  viel  leuchtende  Schwestern  hatte 
('Heimkehr'  27,  i  und  5;  vgl.  dazu  'Romanzen'  14,  9 — 10 
und  Nachlese  II,  9).  Seine  Seufzer  sind  Lüftesegler,  die 
trübselig  zurückkehren,  da  sie  das  Herz  verschlossen  ge- 
funden, wo  sie  ankern  wollten  ('Nordsee'  II,  5,  8 — 11),  und 
dahingemordet  sind  seine  Hoffnungen,  die  tändelnden  Kin- 
der des  Herzens  (ebenda  V.  60  f.).  Der  Schwelle,  wo  die 
Geliebte  wandelt,  der  Stelle,  wo  er  sie  zuerst  geschaut, 
ruft  der  scheidende  Dichter  Lebewohl  zu  ('Lieder'  5,  5 — s) ; 
den  Türmen  und  Thoren,  die  sie  haben  davonziehen  lassen, 
macht  er  Vorwürfe  ('Heimkehr'  17).  An  die  Bezeichnung  der 
berühmten  Fässer  im  Bremer  Ratskeller  als  Apostel  knüpft  er 
eine  längere  Ausführung  ('Nordsee'  II,  9, 40—52) ;  die  Wanduhr 


schwatzt  freundlich  ernsthaft  ('Bergidylle'  III,  53);  die 
Gräber  winken  ernst  und  still  ('Traumbilder'  8,  4).  Al- 
mansor  redet  die  Säulen  an,  die  dem  ihm  verhassten 
Christentume  huldigen,  und  er  hört  sie  unmutgrimmig  mur- 
meln ;  länger  wollen  sie's  nicht  tragen,  und  sie  wanken  und 
zittern  ('Almansor'  I,  29—36,  III,  29—32).  Das  Schiff  er- 
klimmt die  weissen  Wasserberge  ('Nordsee1  I,  8,  ö);  es 
kämpft  mit  der  Flut,  stellt  sich  auf  wie  ein  bäumendes 
Schlachtross  und  stürzt  sich  dann  wieder  kopfüber  hinab  in 
den  heulenden  Wasserschlund  und  endlich,  wie  sorglos  liebe- 
matt, denkt  es  sich  hinzulegen  an  den  schwarzen  Busen  der 
Riesenwelle  (Nachlese  II,  14,  21— 29)1). 

4.  Es  ist  allgemein  bekannt ,  dass  die  Darstellung 
wunderbarer  und  lebhaft  bewegter  Träume  in  Heines  Ge- 
dichten deutlich  in  den  Vordergrund  tritt.  Keine  Frage, 
es  wohnt  dem  Traume  eine  grosse  Poesie  inne,  für  welche 
die  Menschen  aller  Zeiten  empfänglich  waren.  Der  Träu- 
mende erblickt  die  Geister  der  teuren  Verstorbenen,  die  so 
ihr  Fortleben  zu  verbürgen  scheinen;  Traumgesichte  galten 
oft  für  Prophezeiungen,  und  der  Erfolg  schien  diese  An- 
nahme zu  rechtfertigen;  die  Leistungen  des  Nachtwandlers 
erregten  bange  Verwunderung  —  kurz  überall  tritt  der  ge- 
heimnisvolle Zauber  des  Traumes  zu  Tage.  Aber  noch 
weiteres  lässt  ihn  als  den  vornehmsten  Diener  der  Poesie 
erscheinen:  die  Traum  Vorstellungen  besitzen  eine  hallucina- 
torische  Deutlichkeit,  gerade  so,  wie  wir  sie  von  der  er- 
regten Phantasie  des  Dichters  erwarten,  der  seine  Gestalten 
leibhaft  vor  Augen  sieht,  als  hätten  sie  Fleisch  und  Blut; 
und  endlich  beobachten    wir    im  Traum    ein   starkes  Vor- 


*)  Manchmal  hat  Heine  Abstrakta  nicht  personifiziert,  sondern 
nur  verdinglicht.  So  in  den  Worten:  cGieb  her  gemeine  Worte 
und  Manieren'  ('Freskosonette5  2,  5— 6);  oder:  'Ich  will  meine 
Seele  zerschneiden  Und  hauchen  die  Hälfte  dir  ein'  ('Lyrisches 
Intermezzo5  37,  9—10),  und  dasselbe  liegt  vor,  wenn  er  auf  einem 
Sammetkissen  seiner  Herzenskönigin  das  bisschen  Verstand  über- 
reicht, das  aus  Mitleid  ihm  noch  gelassen  hat  ihre  Vorgängerin 
im  Reich  ('Nordsee'  I,  1,  25—31). 

f  * 


lxxxiv 

herrschen  der  Associationen,  wodurch  er  sich  wiederum  den 
freien  Verbindungen  der  Vorstellungen  nähert,  die  wir  in 
den  Gebilden  der  künstlerischen  Phantasie  aufweisen  können. 
Es  zeugt  also  nur  von  Heines  Genie,  dass  er  den  ganzen 
Zauber  der  Traumwelt  in  seine  Lieder  aufnahm,  und  er 
that  es  um  so  mehr,  als  er,  nach  vielen  Zeugnissen  zu 
schliessen,  thatsächlich  häufige  und  sehr  aufgeregte  Träume 
hatte.  —  Wir  wollen  nun  nicht  die  einzelnen  Gedichte,  die 
davon  berichten,  aufführen  —  sie  liegen  offen  zu  Tage,  und 
gleich  die  erste  Abteilung  seines  Buches  enthält  die  lehr- 
reichsten Beispiele;  wir  wollen  vielmehr  eine  andere  Seite 
seiner  Poesie  betrachten,  die  sich  unmittelbar  damit  ver- 
bindet. Jedermann  weiss  aus  dem  "Laokoon' ,  dass  es  die 
eigentliche  Aufgabe  der  Dichtkunst  ist,  Handlungen  darzu- 
stellen. Heine  hat  dies  Gesetz,  vermutlich  ohne  Absicht, 
mit  grosser  Kunst  befolgt,  indem  er,  statt  seine  Gefühle 
mit  mehr  oder  minder  abstrakten  Worten  zu  äussern,  ge- 
träumte, lebhaft  bewegte  Handlungen  vorgeführt  hat.  Gleich 
das  2.  Traumbild  ist  dafür  bezeichnend.  Der  Gedanke, 
dass  er  durch  die  Liebe  zu  Josefa  zu  Grunde  gehe,  ge- 
staltet sich  ihm  zu  einer  Vision  voll  rasch  wechselnder 
Bilder.  Zuerst  wandelt  er  in  einem  lieblichen,  duftenden 
Blumengarten ;  dort  steht  die  Maid  an  einem  Marmorbrunnen 
und  wäscht  sein  Totenhemd;  plötzlich  verschwindet  alles, 
und  er  befindet  sich  in  einem  wilden  Wald,  in  dem  er 
ängstlich  umherirrt,  bis  er  auf  einen  freien  Platz  kommt, 
wo  die  Maid  mit  der  Axt  seinen  Sarg  zimmert ;  wieder  ver- 
wandelt sich  plötzlich  der  Schauplatz,  und  der  Dichter  steht 
auf  weiter  öder  Heide,  wo  er  dieselbe  Maid  erblickt,  die 
emsig  sein  Grab  schaufelt.  Wie  ist  hier  der  schlichte  Ge- 
danke durch  reiche  Handlung  verkörpert!  —  Im  3. 
Traumbilde  drängt  ihn  der  Schmerz  um  den  Verlust  der 
Geliebten  zu  dichterischem  Erguss.  Er  schildert  nicht  un- 
mittelbar den  Zustand  seines  Innern,  wie  es  tausend  andre 
gethan  hätten,  sondern  er  führt  uns  bis  ins  Einzelne,  scharf 
und  anschaulich,  die  Handlung  vor,  dass  er  der  Ungetreuen 
feierlich  Glück  wünschen  muss.      Das    4.  Traumbild    bringt 


ebenso  ihre  Trauung  mit  dem  verhassten  Nebenbuhler;  das 
fünfte  malt  in  gleicher  Weise,  stets  den  Affekt  in  Handlung 
umsetzend,  das  Hochzeitsfest.  Das  Schwanken,  ob  sich  der 
Dichter  der  Scharfrichterstochter,  durch  deren  Liebe  er  die 
Seligkeit  verliert,  hingeben  soll,  wird  durch  einen  bewegten 
Kampf  der  Engel  und  Teufel  ausgedrückt,  in  welchem  die 
letzteren  siegen  ('Traumbilder'  6),  und  die  hierauf  folgende 
Trauung  durch  Satanas  selbst  ist  ein  Meisterstück  unruhig- 
greller Phantastik.  Nachdem  viele  blasse  Gestalten  dem 
Dichter  zugerufen  haben,  dass  sie  die  erwartete  Braut  ge- 
sehen haben,  kommt  ein  Teufel,  der  die  im  Drachengespann 
herannahende  Herrschaft  anmeldet  (9 — 12);  hierauf  er- 
scheint eine  Schar  der  Warnenden  und  Betrübten:  der 
tote  Magister,  der  gramvoll  das  Haupt  schüttelt  (13 — 10), 
der  winselnde  Hund,  der  Kater,  dessen  Auge  ängstlich 
glimmert  (is),  heulende  Weiber  mit  fliegendem  Haar  (19) 
und  die  Frau  Amme,  die  das  Wiegenlied  lullt  (20 — 22). 
Darauf  nahen  sich  die  Hochzeitsgäste:  Zappelbeinleutchen 
im  Galgenornat,  die  statt  der  Hüte  die  Köpfe  in  der  Hand 
tragen  (25 — 2s) ,  das  Altbesenstielmütterchen  mit  dem  zit- 
ternden Mund  (29—32),  zwölf  winddürre  Musiker  mit  dem 
hinterdreinfolgenden  Fiedelweib  (33 — 34),  der  Hanswurst 
mit  dem  Totengräber  huckepack  (35 — 3ß) ,  Nonnen  mit  der 
Kupplerin  und  lüsternen  gottlosen  Pfaffen  (37—40) ,  der 
schreiende  Trödler  (41—44),  bucklige  Blumenmädchen  mit 
Eulengesichtern  und  Heuschreckenbein  (45—48)  —  der 
Verdammniswalzer  erschallt  (51),  und  nun  fährt  ein  Wagen 
vor,  die  Köchin  öffnet  das  Thor:  es  ist  die  Braut  nebst 
dem  Herrn  Pastor  mit  Pferdefuss  und  Schwanz  (57 — 60), 
der  nun  die  Trauung  vornimmt,  bei  welcher  er  aus  blutigem 
Buch  unter  entsetzlichem  Getöse  die  Formel  abliest.  Das 
Grelle  dieser  Darstellung  verrät  noch  ein  wenig  die  Jugend 
des  Dichters  (er  war  16  Jahr  alt,  als  er  das  Gedicht  schrieb), 
und  die  Vision  lässt  sich  nicht  vergleichen  mit  dem  Spuk 
der  wilden  Jagd  im  18.  und  19.  Caput  des  cAtta  Troll' ; 
aber  die  lebhafte  Bewegung  und  glühende  Deutlichkeit  der 
Bilder  zeugt   bereits   von   dem  gewaltigen  Talent   des  Ver- 


fassers.  —  Auch  im  8.  Traumbilde,  der  humoristischen 
Kirchhofsphantasie,  ist  viel  Handlung,  die  aber  nicht  so  un- 
ruhig erregt  ist,  als  die  des  vorhergehenden.  Der  Lärm  des 
tollen  Geisterschwarms ,  die  wild  heulend  durch  einander 
schweben,  weicht  bald,  als  die  einzelnen  hervortreten,  um 
von  ihrem  Schicksal  zu  berichten.  Das  Ganze  ist  im  Grunde 
eine  Betrachtung  über  den  Fluch  der  Liebe;  aber  der  ab- 
strakte Gehalt  ist  durchaus  in  konkrete  Handlung  aufgelöst. 
Ähnliche  Beispiele  finden  sich  noch  häufiger  durch  das 
ganze  Buch  hindurch;  man  vgl.  z.  B.  noch  'Heimkehr'  41 
und  den  'Ratcliff\ 

5.  Sahen  wir  bisher ,  dass  der  Dichter  die  schönen 
Gebilde  der  Mythologie  neu  belebt,  dass  er  der  Natur  und 
allen  Dingen  der  "Welt  seinen  Odem  einhaucht  und  dass  er 
in  phantastischen  Träumen  schwelgt,  so  erkennen  wir  im 
folgenden,  dass  er  sogar  den  gewöhnlichen  Kausalzusammen- 
hang der  Dinge  auflöst  und  wunderbaren  Verwandlungen 
einen  grossen  Spielraum  gewährt.  Wir  beobachteten  schon 
die  plötzliche  Veränderung  des  Orts  in  dem  2.  Traum- 
bilde. Ähnlich  ist  es  in  dem  Prolog  zum  'Lyrischen  Inter- 
mezzo' :  als  die  Nixe  dem  blöden  Ritter  mit  ihrem  weissen 
demantenen  Schleier  das  Haupt  bedeckt,  verwandelt  sich 
das  Zimmer  in  einen  krystallenen  Wasserpalast,  und  später, 
als  die  Kerzen  erlöschen,  erscheint  statt  dessen  wieder  das 
düstere  Poetenstübchen.  Die  Kapelle  mit  dem  Bilde  der 
Jungfrau  Maria  verwandelt  sich  in  den  schmucken  Saal,  wo 
die  Geliebte  anstatt  der  Madonna  weilt  (Nachlese  II ,  4, 
25— so).  Aus  des  Dichters  Thränen  spriessen  blühende  Blu- 
men hervor  ;  die  Seufzer  werden  ein  Nachtigallenchor  ('Ly- 
risches Intermezzo'  2).  Er  taucht  seine  Seele  in  den  Kelch 
der  Lilie  hinein,  und  diese  haucht  ein  Lied,  das  dem  Kuss 
von  dem  Munde  der  Geliebten  gleicht  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 7).  Die  Thränen  des  Fischermädchens  vergiften  ihm 
Leib  und  Seele  ('Heimkehr'  14,  13— 16) ;  wo  Amaliens 
Thränen  gefallen,  sind  Schlangen  hervorgekrochen  ('Heim- 
kehr' 19,  3 4);  das  Bildnis  der  Geliebten,  welches  er  an- 
schaut, belebt  sich  heimlich,    und  Thränen  treten  in  dessen 


Augen  ('Heimkehr''  23).  Der  Kiese  auf  dem  Halleschen 
Markt  ist  vor  Schreck  versteinert  ('Heimkehr'  84).  Das 
verzauberte  Schloss  kann  durch  das  Wort  des  Dichters  wie- 
der ins  Leben  gerufen  werden  (Schluss  der  'Bergidylle'). 
Welche  Wirkungen  die  Affekte  der  Meergötter  haben,  sahen 
wir  bereits  oben  (S.  LX  f.).  Aus  dem  Sonnengold  macht 
der  Dichter  ein  Diadem  für  das  geweihte  Haupt  der  Ge- 
liebten, aus  der  blauseidnen  Himmelsdecke,  worin  die  Nacht- 
diamanten blitzen,  schneidet  er  einen  Krönungsmantel  für 
ihre  königliche  Schulter  ('Nordsee'  I,  1,  9 — 17).  Er  reisst 
aus  Norwegs  Wäldern  die  höchste  Tanne,  taucht  sie  in  den 
Ätna  und  schreibt  mit  solcher  feuergetränkten  Riesenfeder 
sein  Liebesbekenntnis  an  die  Himmelsdecke,  wo  es  allnächt- 
lich leuchtet  ('Nordsee'  I,  6,  21—32).  Weitere  Beispiele 
hierfür  rinden  sich:  'Nordsee'  II,  6,  91 — 92;  'Die  Ilse' 21  ff. ; 
Nachlese  I,  A,  9  und  11,  21 — 24;  'Heimkehr'  87,  5 — 6",  nur 
gewünscht  sind  solche  wunderbare  Verwandlungen  an  fol- 
genden Stellen:  'Romanzen' 13,  17—20;  15,  37—40;  'Heim- 
kehr'  61 ;  'Auf  dem  Brocken'  5  ff.  — 

6.  Eine  weitere  Eigentümlichkeit  des  Heineschen  Stils, 
die  namentlich  in  den  Gedichten  der  'Heimkehr'  hervortritt, 
besteht  in  der  ausführlichen  Schilderung  bestimmter  Situa- 
tionen, die  hie  und  da  ganz  selbständig  ohne  irgendwelche 
Zusätze  gegeben  sind.  So  schildert  der  Dichter  den  Aus- 
blick von  der  Lüneburger  Bastei:  er  steht  dort  oben,  an 
die  Linde  gelehnt,  unten  fliesst  der  Stadtgraben,  ein  Knabe 
fährt  darauf  im  Kahne  und  angelt  und  pfeift;  jenseits  sind 
Lusthäuser,  Gärten,  Wiesen,  Wald,  Ochsen  und  Menschen ; 
das  Mühlrad  stäubt  Diamanten,  ein  rotgeröckter  Soldat  steht 
vor  dem  Schilderbäuschen  und  seine  Flinte  spielt  im  Sonnen- 
schein —  'ich  wollt',  er  schösse  mich  tot',  schliesst  der 
Dichter  die  eigentümliche  Schilderung  ('Heimkehr'  3). 
Wiederum  hat  er  ein  Mittel  gefunden,  den  an  und  für  sich 
abstrakten  Gehalt  seiner  Seele  in  ganz  konkreter  Form  zu 
verkörpern.  Während  Dichter  von  geringerer  Phantasiebega- 
bung schlechthin  den  Affekt,  der  sie  beherrscht,  mit  Worten 
beschreiben,  malt  Heine  uns  nur  dessen  äussere  Erscheinung : 


er  giebt  uns  ein  Bild  seiner  selbst,  wie  er  träumend  und 
gramvoll  auf  die  ibm  im  Grunde  gleichgültige  Umgebung 
herabsieht,  und  lässt  nur  am  Schluss  den  Affekt  blitzartig 
hervortreten.  Er  gewinnt  hierdurch  grössere  Anschaulich- 
keit und  ausserdem  den  bedeutenden  Vorteil,  dass  dem 
Leser  über  den  Charakter  des  Gefühls  manches  zu  erraten 
übrig  bleibt.  —  Ein  ähnliches  Situationsbild  finden  wir  in 
Nr.  5  der  'Heimkehr'.  In  dem  einsamen  Jägerhäuschen 
sieht  es  verdriesslich  aus:  die  blinde  Grossmutter  sitzt  un- 
heimlich und  starr  wie  ein  Steinbild  im  Lehnstuhl  und 
schweigt ;  der  rotköpfige  Jägerbursch  geht  fluchend  auf  und 
ab  und  lacht  vor  Wut  und  Hohn ;  die  schöne  Spinnerin 
befeuchtet  mit  Thränen  den  Flachs,  und  zu  ihren  Füssen 
schmiegt  sich  des  Vaters  Dachs.  Mit  dieser  Schilderung 
ist  das  ganze  Gedicht  erschöpft:  mit  grosser  Feinheit  ver- 
schmäht es  der  Dichter,  irgendwelche  abstrakte  Ausführungen 
und  Erläuterungen  hinzuzufügen.  —  Sind  bereits  die  beiden 
erwähnten  Bilder  nicht  aller  Handlung  und  Bewegung  bar, 
so  ist  dies  noch  weniger  der  Fall  in  dem  28-  Gedicht  der 
'Heimkehr5.  Auf  dem  Kirchhofe  liegt  das  stille  Pfarrhaus ; 
die  Mutter  liest  dort  in  der  Bibel ;  der  Sohn  starrt  ins 
Licht;  die  ältere  Tochter  dehnt  sich  schlaftrunken,  und  die 
jüngere  beklagt  die  Langeweile  hier  im  Hause,  denn  man 
sehe  nur  etwas,  wenn  einer  begraben  werde,  worauf  die 
Mutter  zwischen  dem  Lesen  entgegnet,  dass  erst  vier  seit 
dem  Tode  des  Vaters  gestorben  seien.  Die  ältere  Tochter 
will  zum  reichen ,  verliebten  Grafen  gehen ,  der  Sohn  mit 
den  drei  Jägern  im  Stern  Gold  machen,  aber  die  Mutter  wirft 
dem  gottverfluchten  Strassenräuber  die  Bibel  ins  magere 
Gesicht,  und  ans  Fenster  pocht  warnend  der  tote  Vater  im 
Predigergewande.  Dazu  kommen  noch  manche  andere 
Beispiele:  so  'Heimkehr5  29;  die  Schilderung  des  Sommer- 
abends, wenn  die  Kinder  auf  den  Treppensteinen  der  Haus- 
thür  zum  Erzählen  niederkauerten  ('Nordsee5  1 ,  2) ',  die 
Schilderung  der  Fischertochter  am  Feuerherde  ('Nord- 
see5 I,  4);  die  untergegangene  Stadt  ('Nordsee5  I,  10,  8—35); 
vor  allem  'Meeresstille5  ('Nordsee5  I,  9);  endlich  'Heim- 
kehr5  7  u.  dgl.  m. 


Eine  andere  Eigentümlichkeit  des  Heineschen  Stils 
erkennen  wir  darin,  dass  er  es  gelegentlich  liebt,  sich  in 
fremden  Rollen  zu  verbergen  oder  seinen  persönlichen 
Gefühlen  gleichsam  eine  Maske  vorzustecken.  Wir  sahen, 
es  war  sein  Grundsatz,  das  unmittelbare  Leben  der  Gegen- 
wart dichterisch  zu  gestalten,  und  so  gab  er  sein  per- 
sönliches Schicksal,  seine  Liebe  und  seinen  Hass  und  in 
geringerem  Grade  das  nationale,  gesellschaftliche  und  reli- 
giöse Leben  der  Zeit  in  seinen  Versen  wieder.  Scheinbar 
ganz  nichtige  und  zufällige  Erlebnisse  wusste  er  poetisch 
zu  verwerten  a),  und  es  scheint,  dass  er  niemals  gänzlich  Er- 
dichtetes vorgetragen  hat.  Er  ist  in  Versen  und  Prosa  ein 
Gelegenheitsdichter  im  Goetheschen  Sinne  des  Wortes. 
Nicht  selten  aber  mochte  es  schwierig  sein,  die  Prosa,  die 
der  Wirklichkeit  anhaftete,  zu  überwinden,  und  um  dies 
zu  thun,  rückte  er  die  Dinge  in  eine  'ideale  Ferne3.  In 
dem  'Lied  vom  blöden  Ritter'  (jetzt  'Prolog'  des  'Lyrischen 
Intermezzos')  gibt  er  sich  am  Schluss  ausdrücklich  selbst  zu 
erkennen,  indem  er  sagt,  dass  der  Ritter  nach  dem  Ver- 
schwinden der  Vision  wieder  im  düstern  Poetenstübchen 
sitze.  Es  ist  übrigens  bezeichnend,  dass  Heine  dies  Gedicht 
späterhin  als  Prolog  der  genannten  Abteilung  benützte:  er 
selbst  war  durch  den  unglücklichen  Ausgang  seines  Liebes- 
romans ein  blöder  unglücklicher  Ritter  geworden,  und  nur 
in  dem  dichterischen  Traum ,  in  welchem  er  noch  einmal 
all  sein  Glück  und  Leid  poetisch  gestaltete  (wodurch,  wie 
wir  sahen,  das  'Lyrische  Intermezzo'  entstand) ,  nur  dann, 
wenn  die  geliebte  Fee  seine  Einsamkeit  belebte,  erwachte 
er  aus  seinem  Schmerz,  um  schliesslich  aus  der  süssen 
Täuschung  wieder  zur  bittern  Wirklichkeit  zurückzukehren. 
—  Auch  in  dem  Gedichte  'Lyrisches  Intermezzo'  47  wird 
der  Ritter,  den  der  Riese  der  Wildnis  besiegt,  ausdrücklich 
als  das  Abbild  des  Dichters  bezeichnet.  Gewöhnlich  aber 
verrät   sich   letzterer    nicht.       Er  ist,    wie   wir   aus    seinen 


*)  Weitere  Belege  zu  dieser  Thatsache  bringt  meine  Einleitimg 
zur  'Harzreise5,  Werke,  Bd.  III,  S.  5 — 9. 


Briefen  wissen,  selbst  der  Israel  von  Saragossa,  den  Donna 
Clara,  die  heftige  Judenfeindin,  liebt  ('Donna  Clara5) .  Auch 
hinter  der  Maske  des  Junkers  Ulrich  ('Romanzen'  15) 
können  wir  die  Züge  des  Dichters  erkennen.  Er  selbst 
spricht  aus  der  Rolle  des  Ratcliff,  wie  ja  auch  in  der  Tra- 
gödie 'Ratcliff5 ,  ebenso  wie  im  'Almansor5,  des  Dichters 
eigenes  Leben  sich  spiegelt.  Auch  der  wunde  Ritter  ('Ro- 
manzen5 13),  der  die  Lanze  gegen  das  eigene  klagende 
Herz  richten  muss,  ist  Heine  selbst.  Ebenso  soll  man  bei 
den  'Minnesängern5  ('Romanzen5  11)  an  ihn  denken,  wie 
er  es  noch  besonders  andeutete,  indem  er  V.  15  f.  später- 
hin änderte:  'Doch  wir  Minnesänger  bringen  Dort  schon 
mit  die  Todeswund'5.  Unter  den  Wällen  Salamancas 
('Heimkehr5  80)  ist  der  Wall  Göttingens  zu  verstehen,  wie 
Heines  Bruder  Maximilian  ausdrücklich  bemerkt  ('Erinne- 
rungen5 S.  126),  und  Don  Henriquez,  der  Stubennachbar 
Heines,  dürfte  einen  ehrlichen  deutschen  Namen  gehabt 
haben  ('Heimkehr5  81). 

7.  Die  bisherigen  Betrachtungen  dieses  Abschnittes 
hatten  alle  dasselbe  Ergebnis,  dass  sie  uns  die  grossartige 
Anschaulichkeit  der  Heineschen  Phantasie  schärfer  er- 
kennen Hessen ;  aber  dieser  Dichter  vereinigte  mit  solcher 
Anschaulichkeit,  was  keineswegs  häufig  damit  zusammen- 
trifft, eine  seltene  Begabung  für  neue,  eigenartige,  ja  über- 
raschende Verbindungen  der  Vorstellungen.  Dieses 
zeigt  sich  vor  allem  in  den  glänzenden  Vergleichen  und 
Metaphern  seiner  Verse.  Nicht  selten  lässt  Heine  die  Deu- 
tung seiner  Gleichnisse  ganz  erraten.  So  in  dem  Gedicht 
von  der  Lotosblume  ('Lyrisches  Intermezzo5  10) ,  in  dem 
vom  Fichtenbaum  ('Lyrisches  Intermezzo5  33),  dem  von  dem 
herabfallenden  Stern ,  den  herabfallenden  Baumblüten  und 
dem  sterbenden  Schwan  ('Lyrisches  Intermezzo5  60)  ,  und 
endlich  in  den  metaphorischen  Bildern  für  seine  Selbst- 
mordsgedanken ('Lyrisches  Intermezzo5  62  und  63).  Manche 
seiner  Vergleiche  sind  durch  ihre  zündende  Kraft  Gemein- 
gut aller  Gebildeten  geworden.  So  das  Bild,  dass  sein  Herz 
Sturm,  Ebbe,  Flut  und  Perlen  habe,  wie  das  Meer  ('Heim- 


kehr'  8,  9 — 12) ,  oder  dass  er  das  Meer  jubelnd  begrüsst, 
wie  einst  die  zehntausend  Griechen,  von  denen  Xenophon 
berichtet  ('Nordsee'  II,  1).  Als  er  es  wieder  erblickt,  das 
geliebte  Meer,  da  ist  ihm  zu  Mute  wie  dem  Kranken,  der 
winterlange  in  dunkler  Krankenstube  gesessen  hat  und  sie 
nun  plötzlich  verlässt,  um  die  Natur  mit  all  ihrer  Herrlich- 
keit aufs  neue  zu  begrüssen  (ebenda  33—42).  Aber  auch 
das  entgegengesetzte  Verlangen :  das  nach  dem  festen  Lande, 
erfüllt  ihn  bei  der  Seefahrt,  ebenso  wie  der  Winterwandrer 
des  Abends  sich  sehnt  nach  einer  innigen  Tasse  Thee  (Nach- 
lese II,  14,  39 — 42)-  Ausführlich  malt  er  den  Vergleich 
des  Hirtenknaben  mit  einem  König  aus  (cDer  Hirtenknabe5 
S.  154  f.).  Er  selbst  gleicht  dem  Atlas  und  muss  eine 
Welt  der  Schmerzen  tragen  ('Heimkehr'  24).  Gleichwohl 
kann  er  mit  dem  harmonischen  Vergleiche  sein  Liederbuch 
beschliessen :  Wie  auf  dem  Felde  die  Weizenhalme ,  so 
wachsen  im  Menschengeiste  die  Gedanken,  die  zarten  Ge- 
danken der  Liebe  sind  aber  wie  lustig  dazwischenblühende  rote 
und  blaue  Blumen  ('Nordsee'  II,  10,  1 — ö).  Längere  Ver- 
gleiche, die  meistenteils  sehr  geschickt  eingeführt  sind,  fin- 
den sich  ferner  an  folgenden  Stellen :  'Romanzen'  15, 12— 16, 19 ; 
Sonett  an  Schlegel,  S.  50;  'Heimkehr'  1,  5 — 12,  40,  1 — 4; 
Nachlese  I,  A,  8,  13;  I,  B,  4,  5— s;  'Freskosonette'  8,  9—14. 
Neben  solchen  ausgeführten  Vergleichen  treffen  wir  bei 
Heine  viele  kürzere  Metaphern  an,  in  denen  er  bald  Sinn- 
liches mit  Sinnlichem,  bald  Geistiges  mit  Sinnlichem  und 
bald  Sinnliches  mit  Geistigem  in  Verbindung  bringt.  Vor 
allem  sind  es  natürlich  seine  'Herzensköniginnen'  ('Lie- 
der' 5,  io;  'Nordsee'  I,  1;  vgl.  'Der  Hirtenknabe', 
V.  24 — 28,  S.  155),  die  mit  all  ihrer  Schönheit  zu  den 
zartesten  Vergleichen  einladen.  Sie  werden  bei  ihm  über- 
aus häufig  mit  Blumen  verglichen ,  wobei  er  teils  das  ge- 
liebte Mädchen  und  die  Blume  ausdrücklich  neben  einander 
nennt,  so  in  dem  berühmten  'Du  bist  wie  eine  Blume' 
('Heimkehr'  47;  ferner  in  'Traumbilder'  8,  105,  10,  13  f.; 
'Romanzen'  9,  75;  Prolog  zum  'Lyrischen  Intermezzo',  17; 
'Nordsee'  I,  4,  51—52,  10,  24,    II,  9,   17—24;   Nachlese  I, 


A,  11,  5,  I,  B,  9),  teils  aber  schlechthin  von  Blumen 
spricht,  während  Mädchen  gemeint  sind;  so  in  dem  Ge- 
dicht von  der  Lotosblume  ('Lyrisches  Intermezzo'  10),  von 
der  'weissen  Blume'  (Nachlese  I,  1),  oder  in  dem  Gedicht 
Nachlese  I,  B,  1,  wo  ihn  die  'Lilie  seiner  Liebe'  abweist, 
da  er  bereits  ihrer  Cousine,  der  Rose,  sein  Herz  geschenkt 
hat,  oder  in  dem  darauf  folgenden  Liede,  in  welchem  er 
mit  dem  Maiglöckchen,  der  Rose,  der  Nelke  und  dem  Ver- 
gissmeinnicht  Frieden  macht  und  nur  mit  der  Reseda  sich 
nicht  einlassen  will.  Aber  auch  die  einzelnen  Schönheiten 
seiner  Mädchen  werden  durch  Vergleiche  mit  Blumen  her- 
vorgehoben :  er  spricht  von  den  blauen  Veilchen  der  Auge- 
lein, den  roten  Rosen  der  Wängelein,  den  weissen  Lilien 
der  Händchen  klein  ('Lyrisches  Intermezzo'  30,  1—3;  vgl. 
'Heimkehr'  31,  5),  von  Lilienohren  ('Auf  dem  Brocken'  14) 
und  Lilienfingern  ('Heimkehr'  31,  1,  'Bergidylle'  1, 16),  und  das 
Mündlein  ist  eine  Purpurrose  ('Bergidylle'  I,  12;  vgl.  'Ro- 
manzen' 15,  9  f • ,  Nachlese  II,  4,  12).  Selten  wird  das 
Mädchen  selbst  mit  der  Sonne  verglichen  ('Romanzen'  9,  59 ; 
vgl.  'Donna  Clara',  7—8,  S.  137) ,  aber  ihre  Augen  mit 
Sonne,  Mond  und  Sternen:  'ein  Auge  wie  eine  schwarze 
Sonne'  heisst  es  'Nordsee'  II,  3,  so — 31 ;  ein  Jugendgedicht 
sagt  noch  etwas  ungeschickt:  'Deine  süssen  Augelein  Glän- 
zen mild  wie  Mondesschein'  (Nachlese  I,  A,  2,  5—6);  die 
Bergmannstochter  hat  Äugelein  wie  zwei  blaue  Sterne 
('Bergidylle'  I,  u),  und  als  der  Dichter  nachts  von  dem 
Winkelbette  in  der  Kajüte  zum  Himmel  hinaufblickt,  sieht 
er  dort  oben  die  Sternenaugen  der  Geliebten,  und  die  Fun- 
ken, die  daraus  herniederfallen,  sind  ihre  Thränen  ('Nord- 
see' I,  7,  13  ff.,  29—36 ;  vgl.  Nachlese  II,  4,  14).  Ein  ander- 
mal sind  ihre  Worte  süss  wie  Mondlicht  und  zart  wie  der 
Duft  der  Rose  ('Nordsee'  II,  3,  89—40) ;  ihre  dunkle  Locken- 
fülle ist  wie  eine  selige  Nacht  (ebenda  24 — 25).  Auch  die 
Edelsteine  zieht  er  gern  zur  Vergleichung  heran :  die  Augen 
sind  Saphire  (das  Herz  ein  Diamant),  die  Lippen  Rubinen 
('Heimkehr'  56,  1,  5,  9),  und  die  gesamte  Erscheinung  der 
Geliebten  gleicht  der  der  Wellenschaumgeborenen  ('Lyrisches 


Intermezzo5  17,  1—2)  oder  ist  gar  noch  schöner  als  diese 
(Nachlese  I,  B,  10,  37—38).  Er  selbst  aber  steht  vor  ihrem 
Fenster  im  Mondenlicht  wie  eine  Säule  ('Lyrisches  Inter- 
mezzo' 39,  24)5  seine  Lieder,  die  er  einst  mit  roten  und 
bunten  Blumen  verglich  (Nachlese  I,  A,  6),  sind  ihm  ein  ander- 
mal Blutströme  ('Romanzen3  11,  17 — 20)  oder  ein  Lavastrom 
aus  dem  tiefsten  Gemüt  ('Lieder5  9,  9 — 12) ;  oder  sein  Ge- 
sang ist  der  Flügel  seiner  Seele,  auf  dem  er  die  Geliebte 
an  die  Ufer  des  Ganges  trägt  ('Lyrisches  Intermezzo'  9), 
und  das  Büchlein  seiner  Gesänge  ist  die  Urne  mit  der  Asche 
seiner  Liebe  ('Heimkehr'  88 ,  7 — s).  Der  Gesang  der 
Okeaniden  ist  wehmütig  wie  flüsternder  "Windzug  ('Nord- 
see' II,  5,  52) ;  die  Glockenklänge  am  Feiertag  ziehen  das 
gleitende  Schiff  wie  Schwäne  am  Rosen  bände  ('Nordsee'  I, 
12,  22—24);  die  Helgoländer  mit  ihren  schimmernden  Segeln 
fahren  dahin  wie  Schwanenzüge  ('Nordsee'  II,  8,  21 — 22). 
Die  Sonne  ist  die  Rose  des  Himmels  (ebenda  V.  27),  und 
die  Rose  ist  die  mondscheingefütterte  Nachtigallbraut  ('Nord- 
see' II,  5 ,  23 ;  vgl.  II,  9,  19) ;  die  Sonne  ist  auch  das 
Herz,  das  Christus  in  der  Brust  trägt  ('Nordsee'  I,  12, 
14 — 15),  aber  ein  andermal  auch  die  rote  betrunkene  Nase 
des  Weltgeistes  ('Nordsee'  DI ,  9 ,  64— 6e)  und  der  Mond 
eine  Riesenpomeranze  (Nachlese  II,  12,  2).  Im  Herzen 
des  Dichters  hauset  ein  Zimmermann,  der  seinen  Sarg  zim- 
mert ('Lieder'  4);  seine  Feinde  sind  Klötze,  die  aussen 
goldig,  aber  von  innen  Sand  sind  ('Freskosonette'  1,  1 — 2), 
Laffen  mit  Bocksgesichtern,  Affen,  Füchse  (3,  1 — 5),  ge- 
schminkte Katzen,  bebrillte  Pudel  und  giftige  Schlangen 
(8,  1 — 7).  —  Weiterhin  beobachten  wir  es  häufig  bei  Heine, 
dass  er  Geistiges  mit  Sinnlichem  vergleicht.  Seine  Schmer- 
zen sind  Blut:  aus  Augen  und  Leib  quillt  es  hervor,  und 
er  schreibt  mit  eben  diesem  Blut  seine  Schmerzen  nieder 
('Lieder'  6,  5 — s) ;  er  trägt  viele  Schlangen  im  Herzen 
('Lyrisches  Intermezzo'  52,  7);  er  versenkt  ins  Meer  die 
Schellenkappe  der  Thorheit  und  die  Schlangenhaut  der 
Heuchelei  ('Nordsee'  I,  11,  io—is)  ;  seine  Seele  fliegt  wie 
ein  Aar  gen  Himmel  ('Nordsee'  H,  3,  42);   die  Blitze   des 


Wahnsinns  zucken  durch  sein  Haupt  ('Nordsee1  II,  5,  15); 
des  Zweifels  Dolchgedanken  hat  ihm  Schlegel  vertrieben; 
seine  Seele  war  ein  Reis,  dem  die  Stützen  sanken  (Nach- 
lese II,  7,  4),  und  Rousseaus  Freundschaft  umfasst  ihn,  wie 

der  Epheu  ein  morsch  Gemäuer  (Nachlese  III,  10,  10 11); 

des  Minnesingers  Phantasie  ist  sein  Pferd,  die  Kunst  sein 
Schild  (das  Wort  sein  Schwert)  ('Romanzen''  11,  5— s).  Das 
Herz  der  Geliebten  ist  verdorrt  ('Lyrisches  Intermezzo'  30,  5)  ; 
Nacht  ist  es  darin  und  alle  Diamantenpracht  kann  sie  nicht 
erhellen;  eine  Schlange  frisst  ihr  am  Herzen  ('Lyrisches 
Intermezzo'  18),  und  sie  liebt  die  Chausseen  in  der  Liebe 
(Nachlese  I,  B,  13,  5—6).  Der  'Schafspelz  der  Demut' 
endlich  ist  bereits  zum  geflügelten  Wort  geworden.  Wei- 
tere Beispiele  dieser  Art  finden  sich :  'Donna  Clara'  62, 
'Almansor'  II,  25,  'Bergidylle'  III,  41 — 42,  Nachlese  I,  A,  8, 
7 — 8,  II,  5,  63—64  und  91 — 92,  14,  45.  —  Schliesslich  ist 
auch  hie  und  da  Sinnliches  mit  Geistigem  verglichen:  wie 
dunkle  Träume  stehen  die  Häuser  in  langer  Reihe  ('Heim- 
kehr' 71,  1—2);  das  Mondlicht  fliesst  wie  stiller  Segen 
hernieder  ('Heimkehr'  86,  1 — 4)  ;  der  Blitz  zuckt  aus  der 
schwarzen  Wolkenwand  hervor  wie  ein  Blitz  aus  dem 
Haupte  Kronions  ('Nordsee'  II,  2,  2—5);  der  Kompass  ist 
die  zitternde  Seele  des  Schiffes  (ebenda  V.  22);  die  Veilchen- 
augen der  Geliebten  sind  blaue  Rätsel  ('Heimkehr'  31,  5 — s); 
der  Tod,  das  ist  die  kühle  Nacht,  das  Leben  ist  der 
schwüle  Tag  ('Heimkehr'  87,  1—2).  —  Auch  die  Metonymie 
und  Hyperbel  begegnen  uns  nicht  selten  bei  Heine  (letz- 
tere z.  B.  'Heimkehr'  18,  7 ;  33,  7 — 8 ;  'Götterdämmerung' 
31—32,  41—42,  45;  'Nordsee'  I,  6;  Nachlese  I,  B,  10, 
11—12);  doch  können  wir  diese  Fälle  als  minder  bezeich- 
nend hier  übergehen. 

Dagegen  hat  man  eine  andere  Eigenheit  oft  als  schlecht- 
hin charakteristisch  für  Heines  Stil  hingestellt,  die  aber 
keineswegs  auffällig  hervortritt  und  lange  nicht  so  stark  wie 
bei  vielen  andern  Dichtern,  z.  B.  bei  Schiller.  Wir  meinen 
die  Antithesen,  deren  wichtigste  Fälle  wir  in  den  fol- 
genden erkennen  dürften:    'Aus  meinen  grossen  Schmerzen 


Mach'  ich  die  kleinen  Lieder5  ('Lyrisches  Intermezzo5  36, 
1—2);  'Es  ist  eine  alte  Geschichte  Doch  bleibt  sie  immer 
neu5  (ebenda  40 ,  9 — 10) ;  'Es  flüstern  und  sprechen  die 
Blumen,  Ich  aber  wandle  stumm5  (46,  8 — 4) ;  'Es  leuchtet 
meine  Liebe  In  ihrer  dunkeln  Pracht5  (47,  1—2);  'Mein 
Herz,  mein  Herz  ist  traurig,  Docb  lustig  leuchtet  der  Mai5 
('Heimkehr5  3,  1—2);  draussen  ist  Schnee,  aber  im  Her- 
zen Frühlingslust  ('Heimkehr5  51) ;  'Andre  beten  zur  Ma- 
donne,  Andre  auch  zu  Paul  und  Peter,  Ich  jedoch,  ich  will 
nur  beten,  Nur  zu  dir,  du  schöne  Sonne5  (ebenda  52,  1—4)  ; 
'Schönste  Sonne  unter  den  Mädchen,  Schönstes  Mädchen 
unter  der  Sonne5  (52,  7 — s) ;  'Dunkler  wird  es  dir  im 
Kopf,  Heller  wird  es  dir  im  Herzen5  (54,  3—4) ;  'In  den 
Händen  die  Guitarre,  In  der  Seele  süsse  Träume5  (81,  11 — 12); 
'Kurze  Worte,  lange  Küsse5  ('Donna  Clara5  63—64);  'Das 
Meer  hat  seine  Perlen,  Der  Himmel  hat  seine  Sterne,  Aber 
mein  Herz,  mein  Herz,  Mein  Herz  hat  seine  Liebe5  ('Nordsee5 
I,  7,  1 — 4);  'Du  kleines  junges  Mädchen,  Komm  an  mein 
grosses  Herz5  (ebenda  V.  9 — 10).  Hiermit  aber  dürften  die 
wichtigsten  Fälle  dieser  Art  hervorgehoben  sein. 

8.  Betrachten  wir  endlich  die  Sprache  in  Heines  Ge- 
dichten, so  tritt  uns  zunächst  die  Frage  entgegen,  wie  weit 
wir  hierin  den  Einfluss  des  deutschen  Volksliedes  erkennen 
können.  In  einem  Brief  an  Wilhelm  Müller  schreibt  Heine: 
'Ich  habe  sehr  früh  schon  das  deutsche  Volkslied  auf  mich 
einwirken  lassen5  und  in  einer  oben  (S.  XI)  ausgeho- 
benen Stelle  aus  den  'Memoiren5  sahen  wir,  dass  Josefa 
den  Sinn  hierfür  in  ihm  geweckt  hatte;  in  der  vermut- 
lich von  Heine  selbst  geschriebenen  Buchhändleranzeige 
seiner  'Gedichte5  (1822) x)  sagt  er,  dass  diese  'ganz  im 
Geist  und  im  schlichten  Ton  des  deutschen  Volksliedes  ge- 
schrieben5 seien.  Und  ähnliche  Bekenntnisse  Hessen  sich 
leicht  noch  häufen.  —  Über  Heines  unmittelbare  Anlehnung 
an  Volkslieder  hat  Karl  Hessel  (s.  oben  S.  XXIII)  man- 
ches Gute    vorgebracht.      V.  1  —  8    des    Gedichtes    'Heim- 


J)  Werke  (meine  Ausg.)  Bd.  I,  S.  1-2. 


kehr'  15  sind  eine  unmittelbare  Bearbeitung  des  Anfangs 
von  des  'Müllers  Abschied',  der  zuerst  durch  'des  Knaben 
Wunderhorn'  weiteren  Kreisen  bekannt  wurde.  Halb  paro- 
distisch  bearbeitete  Heine  das  Tannhäuserlied,  feinsinnig  bes- 
sernd das  Lied  cEin  Käfer  auf  dem  Zaune  sass' *),  und  un- 
mittelbar dem  Volksmunde  entlehnt  ist  das  zweite  Lied 
der  'Tragödie'  2).  Volkstümliche  Stoffe  behandelte  er  vor- 
zugsweise in  seiner  frühesten  Jugend.  So  in  den  Romanzen 
'Die  Brüder',  'Der  arme  Peter' ,  in  dem  'Lied  des  gefan- 
genen Räubers'  ('Romanzen'  3- — 5),  und  in  der  'Botschaft' 
('Romanzen'  7) ;  während  er  aber  im  'armen  Peter'  und 
in  der  'Botschaft'  etwas  Allgemeines  und  in  den  beiden 
andern  etwas  Veraltetes  dargestellt  hat,  sehen  wir  ihn  in 
den  'Grenadieren'  einen  Gegenstand  der  unmittelbaren 
Wirklichkeit  in  volkstümlicher  Weise  behandeln:  die 
flammende  Begeisterung  und  die  schlichte  meisterhafte  Form 
liessen  das  Gedicht  als  schier  unübertrefflich  erscheinen, 
könnte  man  sich  nur  über  den  Schmerz  hinwegtäuschen, 
den  unser  Nationalgefühl  dabei  erduldet.  Echt  volkstümlich 
ist  fernerhin  die  'Wallfahrt  nach  Kevlaar'  (S.  144) 
und  in  geringerem  Grade  noch  manches  andre  Lied  des 
Dichters.  Im  grossen  Ganzen  aber  weist  er  uns  selbst 
den  richtigen  Weg,  wenn  er  sagt:  'In  meinen  Gedichten 
...  ist  nur  die  Form  einigermassen  volkstümlich,  der  In- 
halt gehört  der  konventionellen  Gesellschaft'  (Brief  an 
Wilh.  Müller  vom  7.  Juni  1826).  Ähnlich  äusserte  er 
sich  in  der  Vorrede  zur  zweiten  Auflage  des  ersten  Bandes 
der  'Reisebilder'  (Bd.  ni  meiner  Ausgabe)  ,  indem  er  sagt, 
dass  seine  Gedichte  'als  eine  Art  Volkslieder  der  neueren 
Gesellschaft'  mannigfaltig  nachgeklungen  hätten.  —  Es  ist 
keine  Frage,  dass  Heine  hiermit  ein  überaus  bezeichnendes 
Urteil  gegeben  hat:  die  verwickelten  Regungen  des  Men- 
schen der  modernen  gebildeten  Gesellschaft  finden  in 
seiner  Person    einen  typischen  Ausdruck,   und  während  die 


»)  Vgl.  a.  a.  0.  Bd.  III,  S.  9-10. 
2)  A.  a.  0.  Bd.  I,  S.  264. 


meisten  sich  vieler  Einzelheiten  ihres  inneren  Lebeiis  nicht 
vollständig  bewusst  werden  können,  hat  er  ihnen,  indem  er 
sich  selbst  rücksichtslos  schildert,  das  Rätsel  ihres  Her- 
zens gelöst.  —  Die  volkstümliche  Form  der  Heineschen 
Gedichte  genauer  darzulegen,  ist  nun  freilich  ein  schwie- 
riges Unternehmen !  Sie  rindet  sich,  ausser  in  den  Nordsee- 
bildern, fast  auf  jedem  Blatte  des  'Buchs  der  Lieder'.  Die 
Züge  des  Volksaberglaubens,  die  Beseelung  der  Natur  und 
lebloser  Dinge ,  die  wunderbaren  Verwandlungen ,  die  Be- 
zeichnung der  Mädchen  als  Blumen  und  manche  andre 
Bilder,  die  sinnliche  Deutlichkeit  der  Darstellung  und  das 
Erratenlassen  wichtiger  Züge  —  das  ist  ja  auch  alles  im 
Yolksliede  zu  finden  und  dort  wie  hier  Gegenstand  unserer 
Bewunderung.  Daneben  noch  ein  Zug ,  dessen  wir  bisher 
nicht  Erwähnung  thun  konnten:  die  Wiederholung  bestimm- 
ter Wendungen,  so  z.  B.  bei  Heine  im  9.  Traumbilde  die 
Worte  'Die  marmorblasse  Maid5  : 

Und  leise,  leise  sich  bewegt 
Die  marmorblasse  Maid, 
Und  auf  mein  Ruhebett  sich  legt 
Die  marmorblasse  Maid. 

Dieselbe  Wendung  dann  noch  in  V.  32.  Ähnlich  in  fol- 
genden Worten: 

Wie  bebt,  wie  pocht  mein  Herz  vor  Lust, 

Und  zuckt  und  brennet  heiss! 

Nicht  bebt,  nicht  pocht  der  Schönen  Brust, 

Die  ist  so  kalt  wie  Eis. 

„Nicht  bebt,  nicht  pocht  wohl  meine  Brust, 

Die  ist  wie  Eis  so  kalt ;  .  .  . 

Ähnliche  Wiederholungen  finden  sich,  namentlich  zu  nach- 
drücklicher Hervorhebung,  auch  in  Heines  späteren  Gedichten 
häufig.  So  z.  B.  cSie  hat  ja  selbst  zerrissen,  Zerrissen  mir 
das  Herz'  ('Lyrisches  Intermezzo'  22  ,  is — iö)  ,  oder  die 
Worte  'Märchenartig  grüssen  Rosen' ,  'Tausend  weisse 
Blütenflocken',  'Weisse  Lilien,  lichtumflossen'  in  V.  24  f., 
36  f.  und  4S  f.  der  'Donna  Clara'.  —  Vor  allein  aber  ist 
es   die  Einfachheit,     die   ohne   alle  Umschweife    die  Dinge 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrb.    27.  g 


schlecht  und  recht  beim  Namen  nennt,  die  bei  Heine  so  sehr 
an  das  Volkslied  gemahnt.  Man  braucht  nur  einige  Seiten 
des  'Buchs  der  Lieder5  zu  durchblättern  und  Heines  Sprache 
mit  dem  Wohlklang  Schillerscher  oder  auch  Geibelscher  Verse 
zu  vergleichen,  um  dieser  Thatsache  völlig  inne  zu  werden. 
Heine  ging  aber  noch  einen  Schritt  weiter,  indem  er  sich 
hie  und  da  vielleicht  allzu  sehr  an  die  gewöhnliche  Um- 
gangssprache anlehnte,  wodurch  es  gekommen  sein  mag, 
dass  Übelwollende  ihm  schlechthin  den  Vorwurf  machten, 
er  sei  ein  Bänkelsänger.  Solche  Wendungen  aus  der  Um- 
gangssprache sind  z.  B.  folgende  :  'Ich  aber  bin  nicht  zum 
Lachen  kapabel' ,  'Ich  finde  alles  miserabel'  ('Lyrisches 
Intermezzo'  28 ,  4  und  s).  Sie  'hat  mit  zärtlichen  Armen 
umschlungen  Als  Bräut'gam  den  dümmsten  der  dummen 
Jungen'  ('Lyrisches  Intermezzo'  29,  ö)  ;  'Schlechten  Witz 
riss  mancher  Wicht'  (35,  3);  'Das  Mädchen  heirathet  aus 
Ärger  Den  ersten  besten  Mann  ,  Der  ihr  in  den  Weg  ge- 
laufen' (40,  5—7);  'Sie  haben  mich  gequälet,  geärgert  blau 
und  blass,  Die  einen  mit  ihrer  Liebe,  Die  andern  mit  ihrem 
Hass'  (48,  1 — 4) ;  'Als  ich  meines  Liebchens  Familie  Zu- 
fällig im  Bade  fand'  ('Heimkehr'  6,  1—2)  ;  'Doch  Dienstag 
war  eine  Fete'  (15,  9);  'Aber  bei  all  ihrem  Protegieren 
Hätte  ich  können  vor  Hunger  krepieren'  (64,  5 — ß)  u.  dgl.  m. 
Neben  solchen  absichtlichen  Nachlässigkeiten  finden  wir 
bei  unserm  Dichter  die  gewähltesten  Wendungen  und  manche 
neugebildeten  Worte,  die  von  schöpferischer  Kraft  Zeugnis 
ablegen.  Namentlich  sind  die  Beiwörter  in  den  Gedichten 
der  'Nordsee'  von  ausserordentlicher  Schönheit;  meistenteils 
sind  es  solche,  die  einem  leblosen  Gegenstande  Leben  und 
menschliches  Wesen  verleihen,  daneben  aber  auch  andere, 
die  lediglich  durch  schlagende  Deutlichkeit  oder  durch 
Innigkeit  erfreuen.  'Die  blumenzarten  Lippen  von  Maria' 
(cRatcliffs  59);  'die  dummen  Kerzen'  ('Almansor'  I,  24); 
'Weisse  höfliche  Manschetten'  ('Vorspiel'  S.  147,  V.  2); 
'stolze  Wolken'  (ebenda  V.  16);  'stolze ,  glückgehärtete 
Menschen'  ('Nordsee'  I,  3,  2s);  'flutenkaltes  Wittwerbett' 
(3,  43);     'Riesenmärchen,    totschlaglaunig'    (4,  9);     'Graue 


Runensprüche,  dunkeltrotzig  und  zaubergewaltig'  (4,  13 — 14); 
'Des  Wasserkessels  ahnuögsüsses  heimliches  Summen3  (4, 
34—35) ;  'zauberlioblich5  (4,  39) ;  cdie  kleine  sorgsame  Hand1 
(4,  44);  'liebesicher5  (4,  49);  'kriegen  wir  leicht  den  gött- 
lichsten Schnupfen  Und  einen  unsterblichen  Husten5  (4, 
69 — 70);  cdas  weithinrollende  Meer5  (5,  2);  'das  weitauf- 
schauernde,  Silbergraue  Weltmeer5  (3,  2 — 3)5  'meerdurch- 
rauschte  Blätter5  (5,  10);  'lockende  Harfenlaute,  sehnsucht- 
wilder Gesang,  seelenschmelzend  und  seelenzerreissend5  (8, 
27—30) ;  'zartdurchsichtig  und  marmorblass5  (8,  3ö)  ;  'farben- 
bestimmt5 (10,  7);  'schwarzbemäntelt5  (10,  12);  'treppen- 
hoch5 (10,  16);  'seidenrauschend5  (10,  22);  'braune  ver- 
schollene Gewänder5  (10,  30)5  cdie  stillverderbliche  Fläche5 
des  Meers  (11,  20);  'hebseliges  Licht5  aus  Christi  Sonnen- 
herzen (12,  19);  das  'schwatzende,  schwüle  Gewerbe5  (12, 
30)  ;  'Unglückbekämpfende,  Heimatverlangende,  Weltberühmte 
Griechenherzen5  ('Nordsee5  II,  1,  7— s);  cder  schmaragdene 
Frühling,  der  sonnengeweckte5  (1,  37) ;  'grosse  siegende  Augen5 
(1,47);  'ein  lüstern  weisses  Gewand5  (3, 23);  'flechtengekröntes 
Haupt5  (3,26);  'taubenmildes  Lächeln5, 'hochgeschürzte  stolze 
Lippen5  (3,  36,  87);  'purpurgeputzt  und  diamantenblitzend5 
(4,  21—22);  'trostlos  gezwungen5  (4,  27);  'die  öden  Arme 
des  greisen  Gemahls5  (4,  29—30)  ;  'Strahlenbuhlende5  (4, 39) ; 
'wollt'  mich  beglücken  dein  gütiger  Leib5  (6,  49) ;  'Nebel- 
schwache5 Schatten  der  Götter  (6,  72) ;  'schmerzenverklärt5 
(6,  94) ;  'feuerblühend5  heisst  die  Sonne,  die  Rose  des  Him- 
mels (8,  27);  'hafisbesungen5  (9,  19);  'heiligrot,  propheten- 
gefeiert5 (9,  21);  'goldgeschmückt,  purpurgekleidet5  (9,  4s). 
—  Auch  andere  Neubildungen  sind  bemerkenswert :  'Gnaden- 
strahlen5 ('Nordsee5 1, 12,  is) ;  'sich  hinauffrömmeln5  (12,  52); 
'winterlange5  ('Nordsee5  II,  1,  33);  'bitteroft5  (1,  45);  cdie 
Wasserwüste5  (3,  g)  :  'die  schlanke  Cypressengestalt5  (3,  22) ; 
'die  rauschende  Flutgewalt5  (4,  7) ;  'jammerlang5  klagen  (4, 
45) ;  'Jüngling-Mann5  (7,  2).  —  Vergleicht  man  mit  solchen, 
grossenteils  sehr  glücklichen  Wendungen  die  Sprache  in 
Heines  ersten  Jugendgedichten,  so  muss  man  erstaunen  über 
die  ungeheuren  Fortschritte,  die  er  gemacht  hat ;  denn  wenn 


sich  auch  sein  dichterisches  Talent  Überaus  frühzeitig  offen- 
barte, so  gilt  dies  doch  nicht  ebenso  von  seiner  Beherrschung 
der  Sprache.  Wir  wollen  nur  einzelne  Beispiele  aus  dem 
2.  Traumbilde  hervorheben ,  das  in  sprachlicher  Hinsicht 
viel  zu  wünschen  übrig  lässt,  so  sehr  wir  den  Inhalt  hoch- 
stellen (vgl.  oben  S.  LXXXIV).  Wir  finden  dort:  'Süss 
Balsamduft  aus  Kräutern  rinnt'  (13) ;  c  Wem  höret  dieses 
weisse  Kleid'  (32) ;  'Auf  einmal  alls  schwunden  war'  (36, 
eo) ;  'Wasche,  wasche  Hemde  rein'  (2s);  'Zimmre  hurtig 
Eichenschrank'  (52);  'Schaufle  Grube  tief  und  weit'  (76); 
'Wasserlein'  (27);  'Und  wie  sie  dies  gesprochen  dar'  (35, 
59) ;  'Grabesscheit'  (70) ;  cund  näh'rte  mich  zu  ihr'  (77). 
Ähnliche  unbeholfene  Wendungen  finden  sich  in  andern 
Traumbildern  und  Romanzen.  In  Nachlese  II,  5,  46  lesen 
wir  'vorgelügt' ;  in  II,  1,  13  'schluchset' ;  'Nordsee'  II, 
1,  37  'schmaragdener  Frühling';  'Nordsee'  II,  8,  21 
'Schwänenzüge'.  Gelegentlich  begegnet  uns  auch  eine 
Verwechselung  des  Dativs  und  Akkusativs,  ein  Fehler, 
von  dem  Heine  sich  niemals  vollständig  hat  freimachen 
können.  So  lesen  wir  'Und  pressen  an  glühender  Brust' 
('Traumbilder'  10,  is);  'Einen  heiligen  Becher,  gefüllt  bis 
am  Rand'  ('Romanzen'  10,  22);  'Über  mein  Bett  erhebt 
sich  ein  Baum'  ('Heimkehr'  87 ,  5) ;  'Am  Mastbaum  ge- 
lehnt' ('Nordsee'  II,  8,  17);  'Heldengedicht  in  zwei  Ge- 
sänge' (Nachlese  II,  1);  'Wollest  nimmer  mich  Verstössen 
In  der  Welt  so  kalt  und  sündig'  (Nachlese  II,  4).  Liest 
man  die  Jugendbriefe  von  Heines  Mutter,  die  Strodtmann 
in  der  'Deutschen  Rundschau',  3.  Jahrgang,  1877,  S.  86  ff. 
veröffentlicht  hat,  so  darf  man  annehmen,  dass  in  dem 
Elternhause  unsers  Dichters  kein  fehlerfreies  Deutsch  ge- 
sprochen ist,  denn  jene  Briefe  wimmeln  von  grammatischen 
Fehlern  der  fraglichen  Art.  Es  ist  also  wahrscheinlich, 
dass  wir  in  Heines  übrigens  sehr  seltenen  Verwechselungen 
der  Casus  Spuren  ungünstiger  Jugendeinflüsse  zu  erkennen 
haben.  Der  Ruhm  eines  klassischen  Stilisten  wird  nnserm 
Dichter  trotz  alledem  immer  unangefochten  bleiben. 

Es  erübrigt   noch    ein    kurzes  Wort    über  Metrik    und 


Keim  in  Heines  Gedichten  zu  sagen,  obwohl  hierüber  nicht 
viel  Einzelheiten  vorzubringen  sind.  Von  den  kunstvollen 
italienischen  Metren  hat  er  sich  nur  des  Sonettes  bedient 
('Traumbilder0  3  und  4 ,  dann  natürlich  in  der  Abteilung, 
die  nach  diesem  Versmass  betitelt  ist,  und  Nachlese  I,  A, 
6  und  13,  II,  20,  23—25,  III,  3,  5—12)  und  ferner  der 
Stanze  ('Lyrisches  Intermezzo'  61).  Terzinen,  Kanzonen 
u.  dgl.  hat  Heine  nie  verfasst.  Der  iambische  Blankvers 
ist  im  'RatclifP  und  in  der  'Götterdämmerung'  benützt; 
das  freie  ungereimte  Versmass  der  Nordseebilder  lehnt  sich 
wohl  an  dasjenige  in  Goethes  Oden  an.  Sechs,  sieben  und 
acht  Verse  der  Strophen  begegnen  uns  bei  Heine  selten; 
gewöhnlich  wählt  er  Strophen  von  vier  Versen  mit  einem 
überschlagenden  Reime,  doch  finden  sich  deren  nicht  selten  auch 
zwei.  Daneben  tritt  aber  auch  die  Reimform  a  a  b  b 
auf.  Die  Verse  sind  meist  drei-  oder  viertaktig,  klingend 
oder  stumpf.  Mehrsilbige  Senkungen  wechseln  ab  mit  ein- 
silbigen ;  der  Hiatus  ist  nicht  vermieden ;  die  Reime  sind 
häufig  unrein  und  auch  rührende  Reime  kommen  vor.  Ein  und 
dieselbe  Assonanz  in  jedem  zweiten  Vers  des  Gedichtes  findet 
sich  in  der 'Romanze  vom  Rodrigo',  in  der 'Donna  Clara'  und  im 
'Almansor'.  Heine  legte  vor  allem  Wert  auf  den  rhyth- 
mischen Wohlklang;  metrische  Kunststücke  schienen 
ihm  lächerlich,  wie  aus  seiner  Polemik  gegen  Platen  ('Reise- 
bilder' Bd.  III)  ergötzlich  hervorgeht.  Wenn  er  sagt,  dass 
Schlegel  ihm  viel  metrische  Geheimnisse  erschlossen  habe,  so 
dürfte  sich  dies  besonders  auf  die  Behandlung  des  Sonetts 
beziehen.  An  Wilhelm  Müller  schrieb  er :  'Ich  bin  gross  ge- 
nug, Ihnen  offen  zu  bekennen,  dass  mein  kleines  Intermezzo- 
Metrum  nicht  bloss  zufällige  Ähnlichkeit  mit  Ihrem  gewöhn- 
lichen Metrum  hat,  sondern  dass  es  wahrscheinlich  seinen 
geheimsten  Tonfall  Ihren  Liedern  verdankt.' 

9.  Überblicken  wir  das  zurückgelegte  Gebiet,  so  müssen 
wir  schier  erstaunen  über  die  unerschöpfliche  Fülle  und 
meisterhafte  Handhabung  der  Darstellungsmittel ,  die  wir 
bei  Heine  beobachten.  'Gebt  ihr  euch  einmal  für  Poeten, 
So  kommandiert  die  Poesie !'  Es  scheint,  dass  Heine  sich 
auf  ein  solches  Kommandieren  besser  verstanden  hat,  als 
Goethe,  und  nicht  selten  ist   ihm  eben  hieraus  ein  Vorwurf 


gemacht  worden,  indem  man  annahm,  dass  eigentlich  seine 
ganze  Begabung  in  dieser  formalen  Fertigkeit  zu  suchen 
sei.  Wir  teilen  diese  Ansicht  nicht  (s.  oben  S.  LXIX), 
und  glauben  vielmehr,  dass  ein  Dichter  sein  Handwerk  nie 
zu  gut  verstehen  kann.  Beobachten  wir  doch  auch  bei 
Shakespeare  die  gleiche  Freude  an  dem  ungebundenen, 
genialen  Spiel  mit  den  dichterischen  Ausdrucksraitteln.  Eben 
diese  formale  Gewandtheit  hat  Heinrich  Heine  vor  einem 
Fehler  bewahrt,  von  dem  die  deutschen  Dichter  am  aller- 
wenigsten sich  freigehalten  haben:  Heine  verfällt  nie  in  ab- 
straktes Gerede ;  er  verschmäht  es,  lange  Betrachtungen  aus- 
zuspinnen  und  haftet  überall  an  der  lebensvollen  sinnlichen 
Anschauung.  Nur  ganz  geringe  Ansätze  zur  Reflexion  lassen 
sich  im  cBuch  der  Lieder'  auffinden,  so  in  den  Worten  cDer 
Tod,  das  ist  die  kühle  Nacht,  Das  Leben  ist  der  schwüle 
Tag5  ('Heimkehr'  87,  1—2)  oder  'Das  ist  das  Leben,  Kind, 
ein  ewig  Jammern ,  Ein  ewig  Abschiednehmen ,  ew'ges 
Trennen !'  ('Heimkehr'  68,  5 — 6),  oder :  'Eine  grosse  Land- 
strass'  ist  diese  Erd',  Wir  Menschen  sind  Passagiere'  ('Ro- 
manzen' 19,  1—2).  Im  übrigen  mag  man  hinblicken,  wohin 
man  will,  man  findet  konkrete  Einzeltälle,  sinnliches  Leben. 
Heine  besass  ohne  Frage  von  Haus  aus  eine  überaus 
anschauliche  Phantasie,  aber  die  ästhetischen  Grundsätze,  die 
er  beherzigte,  und  das  Ergreifen  der  von  uns  genauer  be- 
zeichneten Darstellungsmittel  hat  ihn  in  dieser  Beziehung 
wesentlich  gestärkt  und  schliesslich  zum  Meister  gemacht. 
Wir  haben  zwar  keine  ausdrücklichen  Zeugnisse  dafür,  dass 
er  wie  Goethe  in  der  Einsamkeit  mit  Freunden  und  Be- 
kannten, die  er  sich  vergegenwärtigte,  lebhafte  Zwiegespräche 
hielt,  oder  dass  er  sich  irgendwelche  sinnliche  Gegenstände 
wie  leibhaft  vorstellen  konnte  und  dass  diese  nun  in  seinem 
Innern  die  sonderbarsten  phantastischen  Verwandlungen 
durchmachten.  Aber  dass  auch  er  das  Abwesende  scharf 
vor  Augen  hatte,  möchten  wir  aus  manchen  Stellen  seiner 
Gedichte  schliessen.  So  heisst  es  in  dem  5.  Freskosonett : 
cUnd  wie  in  eines  Zauberspiegels  Grunde  Seh'  ich  das  Bild- 
nis meiner  Liebsten  wieder'  (V.  5 — 6).  Beim  Gesang  der 
Karoline  Stern  steigen  ihm  die  Märchenbilder  seiner  Jugend 


cm 

deutlich  hervor  ('Romanzen5  16,  13—28);  Herr  Ulrich  sieht 
das  Mägdlein  von  holder  Gestalt  ihm  aus  den  Baumes  - 
zweigen,  im  Volksgewühl  und  in  der  Wildnis  entgegen- 
winken, und  ebenso  sieht  er  die  Mutter  ('Romanzen'  15, 
3 — 8,  31).  Im  Wald  reitend,  träumt  der  Dichter  von  einem 
feierlichen  Empfang  bei  der  Geliebten,  die  sich  längst  von 
ihm  abgewandt  hat :  die  Hunde  bellen,  die  Diener  erscheinen 
mit  Kerzen,  er  aber  eilt  die  Wendeltreppe  hinauf,  und  in 
dem  leuchtenden  Teppichgemach  umarmt  er  das  seiner 
harrende  Mädchen  ('Lyrisches  Intermezzo'  59,  7 — ie).  Aus 
der  'Wünschelrute5  lacht  ihm  die  Heimat  und  besonders 
der  Kölner  Dom  entgegen  (cAn  H.  Str.',  S.  51);  ebenso 
zaubert  ihm  Rousseaus  Freundesgruss  die  rheinische  Heimat 
vor  Augen  (Nachl.  III,  10,  5,  ff.)  u.  dgl.   m. 

Wer  es  versteht,  sich  dichterische  Gebilde  in  lebens- 
vollen Anschauungen  zu  vergegenwärtigen,  dem  werden  aus 
allen  Blättern  des  'Buchs  der  Lieder'  buntbewegte  Gestalten 
hervorsteigen.  Vergleicht  mau  aber  den  Charakter  dieser 
Vorstellungen,  ganz  abgesehen  von  den  damit  verknüpften 
Gefühlen,  mit  denjenigen  Goethes ,  so  wird  man  sich  bald 
eines  grossen  Unterschiedes  bewusst  werden :  während  näm- 
lich bei  letzterem  die  Vorstellungen  durch  ihre  plastische 
Klarheit  erfreuen,  haben  sie  bei  Heine  eher  einen  beinahe 
stechenden  Glanz,  der  nicht  selten  an  die  glühende  Phan- 
tasie eines  Dante  gemahnt. 

Mit  solcher  Anschaulichkeit  verbindet  Heine ,  wie  wir 
schon  oben  flüchtig  bemerkten,  eine  seltene  Begabung  für 
neue  und  eigenartige  Verknüpfungen  der  Vorstellungen. 
Von  ihm  gilt  so  recht  das  Wort  Leonorens  im  'Tasso' :  'Das 
weit  Zerstreute  sammelt  sein  Gemüt,  Und  sein  Gefühl  be- 
lebt das  Unbelebte.'  Man  lese  nur,  was  wir  unter  Nr.  5 
dieses  Abschnittes  vorbrachten,  und  man  wird  über  die 
grossartigen  und  seltsamen  Einfälle  dieses  Dichters  staunen ! 
Man  hat  den  Eindruck,  dass  ihm  während  des  Schaffens 
die  Gedanken  oft  blitzartig  auftauchten  und  unablässig  immer 
neue  kühne  Verbindungen  eingingen.  Während  andere  mit 
ihrem  geistigen  Vermögen  haushälterisch  umgehen  müssen, 
scheint  er  in  un  er  messlichem  Reichtum  zu  schwelgen.    Aber 


eben  diese  verschwenderische  Fülle  hat  ihn  gelegentlich  zu 
phantastischen  Übertreibungen  geführt,  die  er  dann  selbst 
verspottet. 

Heines  Gedichte  haben  gegenwärtig  wieder  mit  der  Un- 
gunst eines  nicht  ganz  kleinen  Teils  des  deutschen  Publikums 
zu  kämpfen.  Das  meist  etwas  unehrliche  oder  wenigstens 
ungerechte  Partei wesen,  das  das  politische  Leben  beherrscht, 
will  sich  auch  in  die  Litteratur  eindrängen:  der  strenge 
Moralist,  der  berechnende  Streber  und  das  ganze  liebe 
Philistertum  sind  einstimmig  in  der  Verurteilung  dieses  sel- 
tenen Genies,  und  während  uns  das  gesamte  Ausland  um 
ihn  beneidet ,  will  man  in  Deutschland  noch  vielfach  seine 
unleugbaren  Schwächen  für  grösser  halten  als  die  gewal- 
tigen Gaben  seines  Kopfes  und  Herzens.  Uns  aber  scheint, 
dass  auch  hier  die  Worte  Schillers  am  Platze  sind ,  die  er 
einst  an  Schwan  schrieb :  cIch  glaube,  erst  alsdann ,  wenn 
man  das  Gute  eines  Dings  eingesehen  hat,  ist  man  berech- 
tigt, das  Urteil  über  das  Schlimme  zu  sprechen.' 


Durch  Entleihung  von  Handschriften  haben  mich  bei 
Herstellung  dieser  Ausgabe  aufs  gütigste  unterstützt :  die  Ver- 
waltung der  Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin,  Herr  Kammer- 
herr Baron  von  Donop  in  Frankfurt  am  Main,  Freifräulein 
von  Koenig- Warthausen  in  Stuttgart  und  vor  allem  Herr 
Amtsgerichtsrat  Sethe  in  Berlin.  Herr  Dr.  Cropp  in  Ham- 
burg entlieh  mir  eine  überaus  seltene,  lange  vergeblich  ge- 
suchte Zeitschrift.  Ihnen  allen,  sowie  dem  Herrn  Heraus- 
geber dieser  Sammlung,  der  mir  mit  unermüdlicher  Sorgfalt 
ratend  und  helfend  zur  Seite  stand,  spreche  ich  hierdurch 
meinen  verbindlichsten  Dank  aus. 

Glasgow  und  Jena. 

Ernst  Elster. 

Berichtigungen, 
lies:  S.  VI,  17:  II,  5  und  10  |  S.  IX,  22:  Nachlese  III,  7  |  S.  X,  2: 
Selbstgefühl  |  S.  XIV,  32:  («Lyrisches  Intermezzo5  11;  |  S.  XVIII. 
25:  (Sonette  an  Sethe  4)   |  S.  XXIII,  1:   (47)  |  S.  XXIV,  8:  (45)j 
S.  50,  3:  3tetfrocfpufc,|. 


IV.  Drucknachweise. 

Buch  der  Lieder. 
Junge  Leiden. 

Seite 

Traumbilder. 

1)  'Gedichte5  S.  III  f.  —  Als  gueignurtg  vor  dem  Inhalts- 
verzeichnisse   • 3 

2)  Hamburgs  Wächter  8.  2.  1817  Nr.  17.  —  Zusammen 
mit  Nachlese,  Verm.  Gedichte  Nr.  4  unter  dem  Titel: 
^toei  Steber  ber  9JHnne.  Vorliegendes  hat  die  weitere 
Überschrift:  1.  2)er  £raum.  Beide  Gedichte  unterschrie- 
ben: <Bx).  3*eubI)olb  Stiefenfyarf 3 

3)  Abendzeitung  27.  10.  1821  Nr.  258.  —  Überschrift:  25er 
©lücfrounfa).  Unterschrift:  93erftn.  «ö.  Seine.  —  Druck- 
fehler: V.  14  gern 6 

4)  'Gedichte5  S.  9  Nr.  3.  —  Überschrift:  Sie  Trauung      .        7 

5)  'Gedichte'  S.  10  Nr.  4.  —  Überschrift:  Sie  Soweit      .        7 

6)  'Gedichte'  S.  13  Nr.  5.  —  Überschrift:  2)er  Äampf.  — 
V.  44.  Im  Text  der  'Gedichte5  steht  feinö  Siefctfjen,  die 
Besserung  fein§  Sieb  giebt  das  Druckfehlerverzeichnis    .        9 

7)  Gesellschafter  11.  6.  1821  Nr.  93.  —  Überschrift:  ^oe= 
tifd)e  2Ut$ftelhmgen.  V.  Sie  $rautnad)t.  Unterschrift: 
^Berlin.    £>.  £etne 11 

8)  Gesellschafter  7.  5.  1821  Nr.  73.  —  Überschrift:  $oettfd;e 
SlugfteUuttgen.     I.  35er  Äirdjfjof.     Unterschrift:    Berlin. 

6.  Seine 14 

9)  'Gedichte5  S.  32  Nr.  8.  —  Überschrift:  Sie  Slaffe    .    .      19 
10)  'Gedichte5  S.  34  Nr.  9.  —  Überschrift:  £)a§  Grrcadjen  .      20 

Lieder. 

1)  'Gedichte5  S.  46  Nr.  4.  —  Überschrift:  <5rtt>artung   .    .      22 

2)  Hamburgs  Wächter  17.  3.  1817  Nr.  33.  —  Überschrift: 


Seite 

35ie  Stunben.  Zwischen  Nr.  4  dieser  Abteilung  und 
Nachlese  II,  Nr.  7  (2)ie  Sefire).  Gemeinsame  Unterschrift : 
So.  greubfjotb  Sttefenfjarf 22 

3)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats  Sethe 
in  Berlin,  als  BL  13).  Ein  Blatt  in  8°  (121/*:  SJOVs  cm.), 
gelbes  Papier  mit  Wasserlinien  und  Rest  eines  Wappens 
als  Wasserzeichen ;  eine  Seite  beschrieben.  Bezeichnung 
Heine  und  Verweis  auf  den  Druck  in  der  ersten  Ge- 
sammtausgabe  von  fremder  Hand.  —  Überschrift:  Siebe       23 

4)  Hamburgs  Wächter  17.  3.  1817  Nr.  33.  —  Überschrift: 
£>er  gunmermann.  Vgl.  Nr.  2  dieser  Abteilung.  Vor- 
liegendes Gedicht  dort  an  dritter  Stelle 23 

5)  'Gedichte5  S.  52  Nr.  9.  —  Überschrift:  Seberooßl!     .    .      23 

6)  'Gedichte5  S.  54  Nr.  10.  —  Überschrift:  Slbfaört  ...      24 

7)  'Gedichte5  S.  56  Nr.  11.  —  Überschrift:  Stuf  bem  ft&ein      25 

8)  'Gedichte5  S.  110  Nr.  2  der  «Sonette  unb  oerm.  ©ebtd)te. 

—  Überschrift:  2Tn  Garl  x>.  U.  3n§  Stammbutt)     ...      26 

9)  'Gedichte5  S.  59  Nr.  13.  —  Überschrift:  «Radball ...      26 

Romanzen. 

1)  'Gedichte5  S.  61  Nr.  14  der  STOinneReber 27 

2)  'Gedichte5  S.  70  Nr.  2 27 

3)  'Gedichte5  S.  71  Nr.  3 28 

4)  'Gedichte5  S.  73  Nr.  4 29 

5)  'Gedichte5  S.  76  Nr.  5 30 

6)  'Gedichte5  S.  77  Nr.  6 31 

7)  'Gedichte5  S.  79  Nr.  7 32 

8)  'Gedichte5  S.  80  Nr.  8 33 

9)  Hamburgs  Wächter  27.  2.  1817  Nr.  25.  —  Unterschrift: 

Sn.  gfreubfjolb  Jitefenfjarf 34 

10)  'Gedichte5  S.  90  Nr.  10 39 

11)  Gesellschafter  11.  5.  1821  Nr.  75.  —  Überschrift:  $oe= 
ttfd)e  2Iu3fteuungen.  II.  Sie  äJiinnefänger.  Unterschrift: 
Berlin.    §.  §etne 40 

12)  'Gedichte5  S.  96  Nr.  13 41 

13)  'Gedichte5  S.  97  Nr.  14 42 

14)  'Gedichte5  S.  99  Nr.  15 42 

15)  Des  Rheinisch- westfälischen  Anzeigers  vom  14.  11.  1820 
Nr.  .92  Beilage  „Kunst-  und  Wissenschaftsblatt"  Nr.  44. 

—  Überschrift:  ®ebtü)t.  2)a3  Siebten  oon  ber  9teue. 
Unterschrift:  §.  $eine 43 

16)  'Gedichte5  S.  132  Nr.  13  der  Sonette  unb  oerm.  ©ebid)te      45 

17)  'Gedichte5  S.  135  Nr.  15  der  Sonette  unb  oerm.  ©ebtdjte      46 

18)  Gesellschafter  12.  5.  1821  Nr.  76.  —  Überschrift:  ^oe= 


Seite 

ttfdje  2tugftettungen.    JIII.  ©efnrädj  auf  ber  ^aberborner 

£aibe.    Unterschrift:  Berlin.    §.  §etne 47 

19)  'Gedichte2  S.  128  Nr.  10  der  ©onette  unb  oerm.  ©ebirfjte  48 

20)  'Gedichte5  S.  127  Nr.  9  der  ©onette  unb  oerm.  ©ebtcfcte  49 

Sonette. 

An  A.  W.  v.  Schlegel.  Des  Gesellschafters  vom  14.  5.  1821 
Nr.  77  Beilage  „Bemerker"  Nr.  10.  -  Vgl.  Nachlese  III 

Nr.  7  und  8 50 

An  meine  Mutter,  B.  Heine.    'Gedichte5  S.  113  Nr.  5       50 

An  H.  Str.    'Gedichte5  S.  115  Nr.  6 51 

Fr esco-Sonette  an  Christian  S.  'Gedichte'  S.  116  ff. 
Nr.  7  der  ©onette  unb  »erm.  ©ebicfite.  —  I — III,  V — VII 
und  IX  werden  hier  in  der  Fassung  der  'Gedichte5  ge- 

feben.  Das  in  den  'Gedichten5  an  achter  Stelle  stehende 
onett  findet  sich  in  unsrer  Nachlese  I,  Erste  Abteilung 
Nr.  13  S.  202.  —  IV  und  VIII  zuerst  im  Gesellschafter 
14.  5.  1821  Nr.  77  unter  dem  Titel  ^oetifdje  2lu3fteuun* 
gen.  IV.  ©onette  an  einen  f^reunb.  Unterschrift :  SerKn. 
§.  §eme.  —  IV  als  Nr.  „1",  VIII  als  Nr.  „2"  im  Gesell- 
schafter  52 

Lyrisches  Intermezzo. 

Dem  Lyrischen  Intermezzo  war  im  ältesten  Drucke  in  den 
'Tragödien5  keine  besondere  Dedication  vorgesetzt  wor- 
den. Aber  das  ganze  Werk  (Tragödien  nebst  dem  Lyr. 
Interm.)  trug  die  ,3uei9nung,  welche  wir  in  der  Nach- 
lese III  Nr.  14  geben. 

Prolog,  Handschrift  in  der  Radowitzschen  Autographensamm- 
lung der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin  Nr.  7211.  Ein  gelbes 
Quartblatt,  beiderseits  beschrieben.  —  Überschrift:  2)a§ 
Sieb  com  Blöben  Stifter.  (Später  im  Buch  der  Lieder  als 
Sßrolog  des  Lyr.  Interm.  aufgenommen.)  Unterschrift: 
|>.  £>eine.  —  V.  22  für  minien  erst  bitten  geschrieben  .      57 

1)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.  S.  112 58 

2)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Zusammen  mit 
Lyr.  Interm.  Nr.  8,  39,  40,  48,  50,  53,  54,  55,  57,  59, 
63  und  Nachlese  I,  Erste  Abteilung  Nr.  8  S.  199  unter 
dem  Titel:  SSierjeljn  Sieber  oon  £.  Steine,  (©ebicßtet  im 
^erbfte.)    Vorliegendes  Nr.  „I"  im  Gesellschafter  ...      59 

3)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats  Sethe 
in  Berlin,  als  Nr.  11).  Ein  Bogen  in  4°  (192/3:  232/scm.). 
Wasserzeichen:  ein  Wappen,  die  Buchstaben  JFN  und 
Wasserlinien;  hellgelbes  Papier.    Im  ganzen  10  Gedichte. 


Seite 
Zusammen  mit  Lyr.  Interm.  Nr.  4,  12,  14,  21,  29,  30, 
31,  64  [und  Neue  Gedichte,  Neuer  Frühling  Nr.  5]  unter 
dem  Titel  Sieber.  Alle  4  Seiten  beschrieben.  Verwei- 
sungen auf  den  Druck  in  der  ersten  Gesamtausgabe 
und  das  Wort  Heine  auf  S.  1  von  fremder  Hand.  Die 
Gedichte  von  Heine  nicht  numeriert;  vorliegendes  steht 
an  dritter  Stelle  (S.  1) 59 

4)  Handschrift.  —  Vgl.  Nr.  3;  vorliegendes  Gedicht  an 
neunter  Stelle.  —  V.  8  freubiattdEj  ist  nachlässig  und  eilig 
für  das  ursprüngliche  und  später  wieder  aufgenommene 
fcttterlicf)  geschrieben;  es   ist  nicht  sicher  zu  sagen,  ob 

von  Heines  Hand 59 

5)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats  Sethe 
in  Berlin  als  Nr.  12).  Ein  Blatt  in  4°  (25:  21  cm.)  gelb- 
liches Papier,  Kanten  zerstossen  und  abgerissen ;  Wasser- 
zeichen J  Whatman.  Bezeichnung  Heine  und  Verweise 
auf  den  Druck  in  der  ersten  Gesamtausgabe  von  frem- 
der Hand.  —  Zusammen  mit  Lyr.  Interm.  Nr.  22,  34  und 
35  unter  dem  Titel  Sieber.  Vorliegendes  Nr.  „I".  — 
V.  2.  Für  £raum  erst  2>om  geschrieben.  V.  6.  Erst 
geschrieben:  Salb  aber  fü|t  fie  bleta)  ber  Xob  ....      59 

6)  Westteutscher  Musenalmanach  für  1823.   —    Zusammen 
mit  Lyr.  Interm.  Nr.  20,  47,  48,  60,  62  und  Nachlese  I, 
Zweite  Abteilung  Nr.  4  mit  der  Überschrift  Sieber  auf 
S.  148  bis  154.    Unterschrift:  £.  £etne.     Im  Register: 
£etne,  foemrid).    Vorliegendes  Gedicht  Nr.  „I"  S.  148  .      60 

7)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats  Sethe 
in  Berlin  als  Bl.  14).  Ein  Blatt  in  8°  (13:  20V2  cm.), 
Wasserzeichen  J  F  Nitsche.  Bezeichnung  Heine  und 
Verweise  auf  den  Druck  in  der  ersten  Gesamtausg.  von 
fremder  Hand.  —  Zusammen  mit  Lyr.  Interm.  Nr.  28, 
Nachlese  I,  Zweite  Abteilung  Nr.  2  und  14,  II.  Nr.  11. 
Vorliegendes  Gedicht  an  dritter  Stelle.  Bemerkung  Heine 
und  Druckverweisungen  von  fremder  Hand.  —  V.  6  erst 
geschrieben  SBte'n  Äufe 60 

8)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2;  vorliegendes  Gedicht  Nr.  „X"  im  Gesellschafter  .      60 

9)  'Tragödien'  S.  75  Nr.  8 61 

10)  'Tragödien'  S.  77  Nr.  9 62 

11)  'Tragödien'  S.  78  Nr.  10 62 

12)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.  Vorliegendes 
Gedicht  steht  an  erster  Stelle;  es  ist  mit  Bleistift  durch- 
strichen       62 

13)  Gesellschafter  31.  7.  1822  Nr.  121.  —  Zusammen  mit 
Lyr.  Interm.   Nr.  25,  26,  27,  32  und  Nachlese  I,   Erste 


Seite 
Abteilung,    Nr.    10    mit    der   Überschrift :    Steber   von 
£>.  feilte.    Vorliegendes  Xr.  „I"  im  Gesellschafter     .     .      63 

14)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interim  Nr.  3.  Vorliegendes 
Gedicht  an  zweiter  Stelle  im  Gesellschafter.  —  V.  2,  4,  6 

für  25a  mad)'  erst  9Jiad)'  geschrieben 63 

15)  'Tragödien'  S.  81  Nr.  15 63 

16)  Aurora.  Taschenbuch  für  1823.  —  Zusammen  mit  Lyr. 
Interm.  Nr.  3-5,  14,  21,  22,  29—31,  34,  35,  64,  66, 
Heimkehr  Xr.  51,  und  Nachlese  I,  Erste  Abteilung  Nr.  7 
und  11  mit  der  Überschrift:  ©iebje^n  Sieber  von 
ß.  $etne.  (©ebidjtct  im  Sßinter.)  S.  161—171.  Vorliegendes 

Xr.  ,.XIII" 64 

17—19)  «Gedichte5  S.  62—64;  Nr.  15,  1—3.  —  Überschrift 
Sie  33ermäf)rte 64 

20)  Westteutscher  Musenalmanach  1823  S.  152  Nr.  „V".  — 

Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  6 65 

21)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.  Vorliegendes 
Lied  an  sechster  Stelle 66 

22)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.   Nr.  5.     Vorliegendes 

Xr.  „11" 66 

23)  Gesellschafter  26.  6.  1822  Nr.  101.  —  Zusammen  mit 
Lyr.  Interm.  Nr.  7,  24,  28  und  einem  Liede,  das  in  die 
„Neuen  Gedichte"  aufgenommen  wurde,  unter  dem 
Titel:  &ünf  5riif)ttnge=2teber  oon  ö.  §eme.    Vorliegendes 

Xr.  „V"  im  Gesellschafter 66 

24)  Gesellschafter  26.  6.  1822  Xr.  101.  —  Vgl.  das  vorige 
Gedicht;  vorliegendes  Xr.  .,111"  im  Gesellschafter      .     .      67 

25)  Gesellschafter  31.  7.  1822  Xr.  121.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Xr.  13.    Vorliegendes  Xr.  „II"  im  Gesellschafter  ...      68 

26)  Gesellschafter  31.  7.  1822  Xr.  121.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Xr.  13.    Vorliegendes  Nr.  „III"  im  Gesellschafter     .    .      68 

27)  Gesellschafter  31.  7.  1822  Nr.  121.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Xr.  13.    Vorliegendes  Nr.  „V"  im  Gesellschafter  ...      68 

28)  Handschrift   —  Vgl.   Lyr.  Interm.  Nr.  7.     Vorliegendes 

an  fünfter  Stelle 69 

29)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.  Vorliegendes 
Gedicht  steht  an  fünfter  Stelle.  —  V.  1  folonge,  fo  lange, 
V.  12  raar  in  der  Handschrift.  V.  12  zuerst  geschrieben: 
25aä  roar  ber  bummfte  ber  bummen  ©treiben     ....      69 

30)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.  Vorliegen- 
des an  vierter  Stelle.  —  V.  1.  2luege(ein  in  der  Hand- 
schrift     70 

31)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.  Vorliegendes 
an  siebenter  Stelle.  —  V.  3  statt  6lüf)enber  erst  leudj* 
[tender]  geschrieben 70 


Seite 

32)  Gesellschafter  81.  7.  1822  Nr.  121.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  13.    Vorliegendes  Nr.  „VI"  im  Gesellschafter     .    .      70 

33)  'Tragödien'  S.  94  Nr.  31 71 

34)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.   Interm.  Nr.  5.     Vorliegendes 

Nr.  „IV".    Es  ist  mit  Bleistift  durchstrichen     ....      71 

35)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  5.  Vorliegendes 
Nr.  „III".  —  V.  2  und  4  erst  Sßeinen  und  roeinen  ge- 
schrieben, kräftig  durchstrichen 72 

36)  'Tragödien5  S.  96  Nr.  35 72 

37)  'Tragödien5  S.  97  Nr.  36 72 

38)  'Tragödien'  S.  98  Nr.  37 73 

39)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „II"  im  Gesellschafter    ...      73 

40)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „III"  im  Gesellschafter  ...      74 

41)  'Tragödien'  S.  102  Nr.  41 75 

42)  'Tragödien'  S.  103  Nr.  42 75 

43)  'Tragödien'  S.  104  Nr.  43 75 

44)  'Tragödien'  S.  105  Nr.  44 76 

45)  'Tragödien'  S.  107  Nr.  45 77 

46)  'Tragödien'  S.  107  Nr.  46 77 

47)  Westteutscher   Musenalmanach    für    1823    S.    151    als 

Nr.  „IV".  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  6 78 

48)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „V"  im  Gesellschafter     ...      78 

49)  'Tragödien'  S.  110  Nr.  49 79 

50)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „VI"  im  Gesellschafter  ...      79 

51)  'Tragödien'  S.  111  Nr.  51 79 

52)  'Tragödien'  S.  112  Nr.  52 80 

53)  Gesellschafter  9. 10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „VII"  im  Gesellschafter  ...      80 

54)  Gesellschafter  9. 10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „VHI"  im  Gesellschafter     .    .      81 

55)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „IX"  im  Gesellschafter  ...      81 

56)  'Tragödien'  S.  116  Nr.  56 82 

57)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XII"  im  Gesellschafter  ...      82 

58)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XI"  im  Gesellschafter  ...      82 

59)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XHI"  im  Gesellschafter     .    .      83 

60)  Westteutscher  Musenalmanach  für  1823  S.  153  als 
Nr.  „VI".  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  6.  —  V.  8  ©piel,  im 
Westt.  M 83 


Seite 

61)  Gesellschafter  4.  2.  1822  Nr.  20.  —  Mit  Nr.  65  des 
Lyr.  Iaterm.  zusammen,  unter  dem  Titel  3,üei  £rautn= 
bilber  von  £.  Speine.  Zu  £raumbilber  die  Anmerkung: 
SSon  Dielen  ©eiten  ift  mir  angebeutet  roorben,  bafe  bei 
bem  ©t)clu§  Straumbilber,  ber  in  meinen,  in  ber  SRaurer- 
fcöen  SButfjfianblung  erfdEjienenen  ©ebidfjten  enthalten  tft, 
eine  Surfe  fühlbar  fei,  unb  ein  Stecenfent  bemerft  feb,r 
rcobltDOÜenb :  bafj  biefe  tüelleicbt  bura)  eine  gu  ftrenge 
©idjtung  entftanben  fenn  möge.  2Ba§  biefe  ftrenge  @ia> 
tung  betrifft,  fo  roeifj  ic|  leiber  nur  ju  gut,  bafj  e§  bamit 
nicbt  fo  gans  richtig  ift,  unb  bafj  fid»  im  ©egentb.eil  niel 
Unreife^  unb  Unerqttirflirfjeg  in  meine  Sammlung  ein* 
gefdjlitfjen  bat.  35ie  nacbftcbtige  3WiIbe,  roomtt  man 
biefeö  umfdjletert,  mad)t  eg  mir  jur  ^fliajt,  roenigftenä 
bie  angebeutete  Surfe  burcb,  obige  groei  SEraumbilber  ju 
füllen.  Sediere  mären  junfdfjen  bem  achten  unb  neunten 
Xraumbilbe  ein  ju  frfjatten.  §.  £.  Vorliegendes  Nr.  „I" 
im  Gesellschafter.  —  V.  9  allein,  unb  fteb',  im  Gesell- 
schafter  84 

62)  Westteutscher    Musenalmanach    für   1823    S.    150    als 

Nr.  „III".  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  6 85 

63)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „IV"  im  Gesellschafter  ...      85 

64)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.     Vorliegendes 

an  achter  Stelle 85 

65)  Gesellschafter  4.  2.  1822  Nr.  20  als  Nr.  „II".  —  Vgl. 
Lyr.  Interm.  Nr.  60 86 

66)  Gesellschafter  28.  1.  1822  Nr.  „16.  —  Zusammen  mit 
Lyr.  Interm.   Nr.  22   mit   der  Überschrift:    3IDe^  Sieber 

»on  |>.  £eine.    Vorliegendes:  IL  6nIoefter=2lbenb  ...      87 

Die  Heimkehr. 

Dedication  und  Motto  aus  dem  ersten  Bande  der 
cReisebilder>,  1.  Auflage,  Hamburg  1826,  wo  die  Lie- 
der dieser  Abteilung  (doch  mit  einigen  Abweichungen, 
worüber  die  vergleichende  Tabelle  berichtet)  zuerst  ver- 
einigt erschienen. 

1)  Biene  31.  1.  1826  Nr.  13.  —  Zusammen  mit  Heimkehr 
Nr.  32,  33,  42,  43,  60,  62  unter  dem  Titel  Äleine  @e* 
bicbte  non  $.  §.  (©efdjrieben  im  £erbfte  1823.)  Vor- 
liegendes an  erster  Stelle  in  der  Biene 89 

2)  Gesellschafter  26.  3.  1824  Nr.  49.  —  Zusammen  mit 
Heimkehr  Nr.  3,  4,  6—9,  11—13,  15—18,  20-22, 
27—29,  31,  40,  41,  49,   50,   55,  64,  71,   72,  78  und 


Seite 

Nachlese,  Liebeslieder,  zweite  Abteilung,  Nr.  5,  7  und 
8  mit  der  Überschrift:  SDret  unb  breifeiq  ©ebtc&te  oon 
£>.  Seine  in  Nr.  49—52  des  Gesellschafters,  vom  26., 
27..  29..  und  31.  März  1824.  Nr.  I-VIII  dieser  33  Ge- 
dichte wurden  in  Nr.  49,  Nr.  IX— XV  in  Nr.  50, 
Nr.  XVI— XXI  in  Nr.  51,  Nr.  XXII— XXXIII  in  Nr.  52 
des  Gesellschafters  abgedruckt.  Vorliegendes  Nr.  „I" 
im  Gesellschafter 90 

3)  Gesellschafter   27.   3.   1824  Nr.  50.    —   Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „IX"  im  Gesellschafter  ...      91 

4)  Gesellschafter  26.  3.   Ib24    Nr.  49.  —   Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2;  Vorliegendes  Nr.  „II"  im  Gesellschafter     ...      91 

5)  Reisebilder  Bd.  I,  1.  Aufl.  S.  7  Nr.  5 92 

6)  Gesellschafter  27.  3.   1824   Nr.  50.  —   Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „X"  im  Gesellschafter    ...      92 

7)  Gesellschafter  27.  3.    1824   Nr.  50.   —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XI"  im  Gesellschafter  ...      93 

8)  Gesellschafter   27.  3.  1824   Nr.  50.    —  Vgl.    Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XII"  im  Gesellschafter  ...      94 

9)  Gesellschafter   27.   3.    1824   Nr.  50.   —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.     Vorliegendes  Nr.   „XIII"  im  Gesellschafter  .     .      95 

10)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  14  Nr.  10 95 

11)  Gesellschafter  27.   3.   1824  Nr.   50.    —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XIV"  im  Gesellschafter     .    .      96 

12)  Gesellschafter  27.   3.   1824  Nr.   50.    —    Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XV"  im  Gesellschafter.     .    .      96 

13)  Gesellschafter   29.   3.    1824   Nr.  51.   —   Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XVI"  im  Gesellschafter     .     .      97 

14)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  19  Nr.  14 98 

15)  Gesellschafter  29.   3.    1824  Nr.  51.  —  Vgl.    Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XVII"  im  Gesellschafter   .     .      98 

16)  Gesellschafter   26.   3.    1824   Nr.  49.  —   Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „IH"  im  Gesellschafter  ...      99 

17)  Gesellschafter    26.   3.    1824   Nr.  49.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „IV"  im  Gesellschafter  ...      99 

18)  Gesellschafter   26.   3.    1824  Nr.  49.   —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.     Vorliegendes  Nr.  „V"  im  Gesellschafter    .     .     .     100 

19)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  23  Nr.  19 100 

20)  Gesellschafter   26.   3.    1824  Nr.   49.   —    Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „VI"  im  Gesellschafter   .    .    .     100 

21)  Gesellschafter   26.   3.    1824   Nr.  49.   —  Vgl.    Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „VII"  im  Gesellschafter.     .    .     101 

22)  Gesellschafter    26.    3.    1824  Nr.  49.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „VIII"  im  Gesellschafter    .     .     101 

23)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  27  Nr.  23 102 


Seite 

24)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  28  Nr.  24 102 

25)  Agrippina  25.  7.  1824  Nr.  90.  —  Zusammen  mit  Heim- 
kehr Nr.  80,  Nachlese  I,  Erste  Abteilung  Nr.  12  und 
einem  Liede  aus  den  'Neuen  Gedichten'  mit  der 
Überschrift  Steber  oon  ****e.  (Scftlufc.)  [Nr.  8—11]. 
Vorliegendes  Nr.  8.    Vgl.  Heimkehr  Nr.  30 103 

26)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  29  Nr.  26 103 

27)  Gesellschafter  29.  3.    1824  Nr.  51.  —    Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XX"  im  Gesellschafter ...    103 

28)  Gesellschafter   29.   3.    1824  Nr.  51.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXI"  im  Gesellschafter     .    .    104 

29)  Gesellschafter  31.  3.    1824   Nr.  52.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXIII"  im  Gesellschafter .    .    105 

30)  Agrippina  23.  7.  24.  Nr.  89.  —  Zusammen  mit  Nach- 
lese I,  Erste  Abteilung  Nr.  14,  II  Nr.  15,  17,  18,  und 
einem  Gedicht,  das  in  die  'Neuen  Gedichte5  sowie 
einem,  das  in  den  Romanzero  aufgenommen  wurde, 
mit   der  Überschrift:   Steber  oon   ****e.     Vorliegendes 

Nr.  3.    Vgl.  Heimkehr  Nr.  25 106 

31)  Gesellschafter   31.   3.    1824  Nr.  52.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.     Vorliegendes  Nr.  „XXIV"  im  Gesellschafter .    .     106 

32)  Riene  31.  1.  1826  Nr.  13.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  1. 
Vorliegendes  Nr.  „IV"  in  der  Riene 107 

33)  Riene  31.  1.  1826  Nr.  13.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  1. 
Vorliegendes  Nr.  „V"  in  der  Riene 107 

34)  Rheinblüthen  für  das  Jahr  1825  S.  349  Nr.  VI.  — 
Zusammen  mit  Heimkehr  Nr.  35,  36,  44,  45  und 
Nachlese  I,  Zweite  Abteilung  Nr.  1  unter  dem  Titel: 
kleine  ©ebidjte  oon  §.    S.  346—49 107 

35)  Rheinblüthen  f.  d.  J.  1825  S.  348  Nr.  IV.  —  Vgl. 
Heimkehr  Nr.  34 107 

36)  Rheinblüthen  f.  d.  J.  1825  S.  349  Nr.  V.  —  Vgl. 
Heimkehr  Nr.  34 108 

37)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  39  Nr.  37 108 

38)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  40  Nr.  38 109 

39)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  42  Nr.  39 110 

40)  Gesellschafter  31.  3.   1824  Nr.  52.    —   Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXXIII"  im  Gesellschafter    .     110 

41)  Gesellschafter  31.   3.   1824  Nr.  52.   —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXII"  im  Gesellschafter  .    .    111 

42)  Riene  31.  1.  1826  Nr.  13.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  1. 
Vorliegendes  Nr.  „VI"  in  der  Riene 112 

43)  Riene  31.  1.  1826  Nr.  13  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  1. 
Vorliegendes  Nr.  „VII"  in  der  Riene 112 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.  27.  h 


Seite 

44)  Rheinblüthen  f.  d.  J.  1825  S.  346  f.  Nr.  II.  -  Vgl. 
Heimkehr  Nr.  34 113 

45)  Rheinblüthen  f.  d.  J.  1825  S.  346  Nr.  I.  —  Vgl.  Heim- 
kehr  Nr.  34.  —  V.  4  2Baftfcfita3  in  den  Rheinblüthen    113 

46)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  48  Nr.  46 113 

47)  Rheinische  Flora  13.  2.  1825  Nr.  26.  —  Überschrift: 
Sieb  Don  §.  §eine 114 

48)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  49  Nr.  48 114 

49)  Gesellschafter  29.   3.   1824  Nr.  51.  —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XVIII"  im  Gesellschafter  .    .    114 

50)  Gesellschafter  31.   3.   1824  Nr.  52.   —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  „XXV"  im  Gesellschafter     .    .    .    115 

51)  Aurora.   —   Vgl.    Lyr.    Interm.   Nr.  16*.     Vorliegendes 

Nr.  „I"  in  der  Aurora 115 

52)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  52  Nr.  52 115 

53)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  53  Nr.  53.  —  V.  4.  In  den 
Reisebildern  S.  53  steht  33etttern>ort ;  doch  wird  es  in 
der  2lntnerfung  am  Schluss  des  Bandes  durch  folgende 
Worte  berichtigt:  ©.  53  £.  4  t>.  ob.  fte&t  „Söettlerroort" 
ftott:  „Settelroort".    SefctereS  ift  ber  Beffere  StuSbrud    .      116 

54)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  53  Nr.  54 116 

55)  Gesellschafter  29.   3.   1824  Nr.  51.  —  Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XIX"  im  Gesellschafter    .    .  116 

56)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.,  S.  229 117 

57)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.,  S.  230 ,.    .    .  117 

58)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  55  Nr.  56 118 

59)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  55  Nr.  57 118 

60)  Biene  31. 1.  1826  Nr.  13.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  1.  Vor- 
liegendes Nr.  „III"  in  der  Biene 118 

61)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  57  Nr.  59 119 

62)  Biene  31.  1.  1826  Nr.  13.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  1.  Vor- 
liegendes Nr.  „H"  in  der  Biene 119 

63)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  59  Nr.  61 120 

64)  Gesellschafter  31.  3.   1824  Nr.  52.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXXII"  im  Gesellschafter     .    120 

65)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  61  Nr.  64 120 

66)  Westteutscher  Musenalmanach  für  1823  S.  69  ff.  —  Über- 
schrift: £raum.  Unterschrift:  §.  §etne.  Im  Register: 
$eine,  £einrid£}.  —  V.  1  träumt;  V.  50  2)a  finb  im 
Westt.  Musenalmanach 121 

67)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.,  S.  241 123 

68)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  65  Nr.  66 123 

69)  Reisebilder  I,  1.  Aufl..  S.  65  Nr.  67 123 

70)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  66  Nr.  68 124 

71)  Gesellschafter  31.   3.   1824  Nr.  52.   —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXVI"  im  Gesellschafter .    .    124 


Seite 

72)  Gesellschafter  31.   3.   1824  Nr.  52.   —   Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXVIII"  im  Gesellschafter    .  125 

73)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  70  Nr.  73 125 

74)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  70  Nr.  74 125 

75)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  71  Nr.  75 126 

76)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.,  S.  248 126 

77)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.,  S.  249 126 

78)  Gesellschafter  31.   3.  1824   Nr.  52.   —    Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXXI"  im  Gesellschafter  .    .    127 

79)  Agrippina  25.  6.  1824  Nr.  77.  —  Überschrift:  Sieb 
Unterschrift:  £.  feilte  und  dazu  die  Anmerkung:  ©e* 
Boren  ju  25üffelborf  1797,  ftubierte  frü&erftin  bie  Stedjte 
in  Sonn  unb  Berlin,  unb  lebt  jefct  in  ©öttingen.  ©ab 
Beraub:  ©ebidjte  (SBerttn  1822),  unb  £ragöbien  ne&ft  einem 
Inrtfdjen  Qntermejjo  (Berlin  1823) 127 

80)  Agrippina  25.  7.  1824  Nr.  90.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  25. 
Vorliegendes  Nr.  „11".  —  V.  16.  ©efm  mir  in  der 
Agrippina 127 

81)  Buch  der  Lieder,  1.  Aufl.,  S.  252 128 

82)  Reisebilder  1,1.  Aufl.,  S.  75  Nr.  81 129 

83)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  75  Nr.  82.  —  Nach  V.  8  fehlt 

in  den  Reisebildern  die  Interpunktion 129 

84)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  76  Nr.  83 129 

85)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  78  Nr.  85     ........    130 

86)  Rheinische  Flora  12.  1.  1825  Nr.  12.  —  Überschrift: 
Sßcmberfteb  oon  §.  $eine.  Zum  Namen  die  Anmerkung : 
£e&t  gegenroärtig  in  ©öttingen:  geb.  ju  2>üffelborf  1797. 
©a&fjerauS:  @ebid)te  (Berlin  1822);  Xragöbten  ne&ft  einem 

Inr.  Qntermejjo  (^Berlin  1823)  .    .    , 130 

87)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  79  Nr.  87 130 

88)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  80  Nr.  88 131 

Götterdämmerung.    Gesellschafter  27.  5.   1822  Nr.  84. 

—  Überschrift:  £raum=23über.     5ßon  §.  £eine.     (Steuer 

enfluä.)  I.    Vgl.  das  folgende  Gedicht 131 

Ratcliff.  Gesellschafter  5.  7.  1822  Nr.  106.  —  Überschrift: 
£raum=23tlber.    S3on  £.  $eine.    (Steuer  ©nfluS.)  II.    Vgl. 

das  vorhergehende  Gedicht 133 

Donna  Clara.    Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  92 137 

Almansor.    Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  97 140 

Wallfahrt  nach  Kevlaar.  Gesellschafter  10.  6.  1822 
Nr.  92.  —  Überschrift:  2)ie  SBaEfaljrt  naä)  ßeölaar.  SJon 
£.  §eme.  Dazu  folgende  Anmerkung:  35er  «Stoff  biefeS 
©ebidjteg  ift  nidjt  ganj  mein  ©igentljutn.  @i  entftanb 
burd)  ©rinnerung  an  bie  röeinifd^e  Iteimatlj.  —  2U3  td) 
ein   Heiner  $na&e  mar,  unb  im  gran}tgfaner=ßlofter  ju 

h* 


Seite 
Süffelborf  bie  erftc  Sreffur  erhielt  unb  bort  juerft  budjj* 
ftabiren  unb  ftiUfvfcen  lernte,  fafj  id)  oft  neben  einem 
anbern  ßnaben,  ber  mir  immer  erjä&Ite:  roie  feine 
Butter  iljn  nacfj  Äeolaar  (im  ©elbernfd&en)  mitge* 
nommen,  rote  fie  bort  einen  roädijfernen  $u&  für  tf)n  ge= 
opfert,  unb  roie  fein  eigener  fdjttmmer  $ufs  baburdE)  ge* 
beeilt  feg.  2JUt  biefem  Änaben  traf  idfj  roieber  pfammen 
in  ber  oberften  Älaffe  be§  ©innnafiumg,  unb  al8  mir,  im 
^iIofopb^en«(£oßegium  bei  SReftor  ©dfjaumener,  neben  ein* 
onber  fajsen,  erinnerte  er  midE)  lad)enb  an  jene  SDltrafeU 
©rjäb^Iung,  fefcte  aber  bod)  etroaS  ernftljaft  Ijinju:  je|t 
roürbe  er  ber  3Uluttergotte§  ein  roädjferneS  §erj  opfern. 
3<J)  borte  fpäter,  er  babe  bamalS  an  einer  unglücflid&en 
Siebfd&aft  laborirt,  unb  lange  oernab^m  ia)  bann  nichts  mefjr 
oon  if)m.  —  Sor  einigen  Qa^ren,  al§  idfj  jroifcben  Sonn 
unb  ©obe^berg  am  9tbetn  fpajieren  ging,  borte  idj  in  ber 
$erne  bie  roof)Ibefannten  $eütaar=£ieber,  roooon  ba§  r>or= 
jüglidjfte  ben  gebe^nten  Refrain  Ijat:  „©elobt  feo'ft  bu, 
■JJtaria!"  unb  al§  bie  Sßrojeffton  ncü)er  fam,  bemerfte  id) 
unter  ben  SBaHfaljrtem  meinen  <3d(julrameraben  mit  feiner 
alten  3Jhttter.  3)iefe  füfjrte  iljn.  @r  aber  fat)  feljr  blafc 
unb  franf  auS. 

Berlin,  ben  16ten  be§  2Kanmonb§  1822.    ©.  §eine  .    .    144 


Ans  der  Harzreise. 

Vorspiel.  Handschrift  (im  Besitze  der  Freyin  Elise  Roenig- 
W  arthausen  zu  Stuttgart)  enthaltend  ausser  dem  Vorspiel 
die  Berg-Idylle  I — IH.  6  zusammengeheftete  Oktav- 
blätter (12x/2  :  20  cm.),  gelbliches  Papier,  von  3 — 14 
paginiert;  auf  dem  Blatt  von  S.  7 — 10  das  Wasserzeichen 
STALING.  Fliessende  Reinschrift  der  Jugendjahre.  — 
Statt  V.  10  u.  11  in  der  Handschrift  erst  V.  14  u.  15 
geschrieben,  dann  ausgestrichen.  V.  15  SäfdEje  in  der 
Handschrift 147 

Berg -Idylle.     Handschrift.   —    Vgl.   das  vorige  Gedicht. 

Überschrift  fehlt  in  der  Handschrift 148 

Der  Hirtenknabe.  Gesellschafter  vom  1.  2.  1826  Nr.  18 
(in  der  ältesten  Fassimg  der  öarjreife).  —  Überschrift 
fehlt 154 

Auf  dem  Brocken.  Gesellschafter  vom  8.2.  1826.  Nr.  22 
(in  der  ältesten  Fassung  der  §arjreife).  —  Überschrift 
fehlt 155 


Seite 

Die  Ilse.    Gesellschafter  vom   10.  2...  1826  Nr.  23   (in  der 

ältesten  Fassung  der  §ar3reife).    Überschrift  fehlt     .     .    156 

Die  Nordsee. 

Erste  Abteilung 158 

1—12)  Die  erste  Abteilung  der  Nordseebilder  erschien  in 

den  Reisebildern  I,  1.  Aufl.,  S.  261-300. 
4)  V.  3  steht  glatt  statt  platt,  offenbar  ein  Druckfehler .    .    162 

Zweite  Abteilung 177 

1—3.  7—10)  erschienen  zuerst  im  2.  Bande  der  Reise- 
bilder S.  1—40  nebst  Nr.  4—6.    Über  Nr.  8  s.  u. 

4)  Berliner  Conversations-Blatt  8.  2.  1827  Nr.  28.  -  Über- 
schrift: ©ee&Über  von  £>.  £eine.  I.  (Sonnenuntergang      .    181 

5)  Berliner  Conversations-Blatt  29.  3.  1827  Nr.  63.  -  Über- 
schrift :  ©ee&ilber  oon  §.  §etne.  II.  3)er  ©efang  ber  Dfea* 
niben 183 

6)  Berliner  Conversations-Blatt  30.  3.  1827  Nr.  64.  —  Über- 
schrift: ©ee&ilber  »on  §.  §eine.  D.I.  35ie  ©ötter  ©rtedjen* 
lanbä 185 

8)  Nach  V.  16  schliesst  das  Gedicht  in  den  Reisebildern, 
und  der  zweite  Teil  bildet  als  Nr.  „IX"  mit  der  Über- 
schrift Csdjo  ein  besonderes  Gedicht 189 

Nachlese. 
I.  Liebeslieder. 

Erste  Abteilung. 

1)  'Gedichte'  S.  50  Nr.  8  der  2Kinnelieber 195 

2)  'Gedichte'  S.  39  Nr.  1  der  «DUnnelieber 196 

3)  «Gedichte'  S.  41  Nr.  2  der  35iinnelieber.  —  V.  2  im  Texte 
©djoofj',  in  der  SBeric&tigung  ist  dies  in  ©c&ooö  ge- 
bessert worden.  V.  29  umbüftert'  im  Text;  in  der  ®e* 
ridjtigung  statt  dessen  umbüftert 196 

4)  'Gedichte'  S.  44  Nr.  3  der  9)tinnelteber 198 

5)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats 
Sethe  in  Berlin).  Ein  Blatt  (21  :  13V4  cm.),  dickes  gelbes 
Papier ;  Bezeichnung  Heine,  Verweise  auf  den  Druck  und 
einige  Worte  auf  der  Rückseite  von  fremder  Hand. 
V.  3 — 4  stehen  in  zwei  Fassungen  da,  deren  keine  aus- 
gestrichen ist;  die  in  unserm  Texte  gegebene  steht, 
rechts  von  der  ursprünglich  geschriebenen,  am  Rande. 
Letztere  lautet: 


Seite 

Sann  bünf  idj  tmd)  reid)  in  meinem  (Sinn 

Unb  frag:  ofc  bie  SDBelt  ju  tauf? 
In  V.  3  Sinn  in  der  Handschrift.  In  V.  4  für  3dj  erst 
Itnb  geschrieben.  V.  5  für  mufs  erst  tlju',  das  ausge- 
strichen ist.  V.  6  vor  ©d^rcanenarm  ausgestrichen  meieren 
V.  7  zuerst  und  ausgestrichen :  Sann  ger)t  ba§  §er j  mir 
roieber  ju,  V.  8  erst:  bin  io) 198 

6)  'Gedichte5  S.  142  Nr.  18  der  (Sonette  unb  oerm.  ©e* 
biajte 199 

7)  Aurora.    Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  16.    Vorliegendes  Nr.  „5" 

in  der  Aurora 199 

8)  Gesellschafter  9.  10.  1822  Nr.  161.     Vgl.  Lyr.   Interm. 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XIV"  im  Gesellschafter     .    .    199 

9)  Aus  Heines  Nachlass  von  Strodtmann  herausgegeben  in 

den  'Letzten  Gedichten  und  Gedanken5  S.  4     ....    200 

10)  Gesellschafter  81.  7.  1822  Nr.  121.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 

Nr.  13.    Vorliegendes  Nr.  „IV"  im  Gesellschafter     .    .    200 

11)  Aurora  für  1823.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  3.  Vorlie- 
gendes Nr.  „X"  in  der  Aurora.  —  V.  1  an  (Sie  in  der 
Aurora 201 

12)  Agrippina  25.  7.  1824  Nr.  90.  —  Vgl.  Lyr.  Interm. 
Nr.  25.  Vorliegendes  Nr.  „10"  in  der  Agrippina.  V.  10 
fliegen! •    ....    202 

13)  «Gedichte5  S.  123  Nr.  7  VHI  der  (Sonette  unb  oerm. 
©ebid&te.  Gehört  dort  zu  den  Frescosonetten  an  Christian 
Sethe 202 

14)  Agrippina  23.  7.  1824  Nr.  89.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  30. 
Vorliegendes  Nr.  „1"  in  der  Agrippina 203 

15)  Aus  Heines  Nachlass  von  Strodtmann  herausgegeben  in 

den  'Letzten  Gedichten  und  Gedanken5  S.  3     ....    203 

Zweite  Abteilung. 

1)  Rheinblüthen  für  das  Jahr  1825,  S.  347  Nr.  III.  —  Vgl. 
Heimkehr  Nr.  34 204 

2)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  7.  Vorliegendes 
Lied  an  zweiter  Stelle 204 

3)  Reisebilder  I,  2.  Aufl.,  (Hamburg  1830)  S.  73  Nr.  73  der 
£eimfel)r 205 

4)  Westteutscher  Musenalmanach  für  1823.  —  Vgl.  Lyr. 
Interm.  Nr.  6.  Vorliegendes  Nr.  „11"  im  Westt.  Musen- 
almanach S.  149 205 

5)  Gesellschafter  31.   3.    1824  Nr.  52.   —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXIX"  im  Gesellschafter .    .    205 

6)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  72.  —  Nr.  76  der  §eimfefir  .    205 


Seite 

7)  Gesellschafter  31.  3.  1824  Nr.  52.   —    Vgl.   Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXVII"  im  Gesellschafter     .    206 

8)  Gesellschafter  31.   3.    1824  Nr.   52.  —  Vgl.  Heimkehr 

Nr.  2.    Vorliegendes  Nr.  „XXX"  im  Gesellschafter  .    .    206 

9)  Rheinisch-westfälischer  Anzeiger  vom  15.  2.  1822.  Beilage 

Nr.  7  in  dem  ersten  der  Briefe  au3  ^Berlin 206 

10)  Rheinische  Flora  12.  8.  1826  Nr.  126.  —  Unterschrift: 

$.  $etne 207 

11)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  77  Nr.  84  der  §eimfeljr     .    .  209 

12)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  59  Nr.  62  der  §emtfef)r     .    .  209 

13)  Reisebilder  I,  2.  Aufl.,  S.  64  Nr  65  der  §eimfeijr     .    .  209 

14)  Handschrift.  —   Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  7.     Vorliegendes 
Gedicht  an' vierter  Stelle ,    .    .  210 

II.  Vermischte  Gedichte. 

1)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats  Sethe  in 
Berlin).  3  zusammengeheftete  Blätter  in  8°  (12V2  :  19V4  cm.) 
nebst  einem  vierten  unbeschriebenen  und  schräg  zu  2/s 
abgeschnittenen  Blatte.  Auf  Blatt  1  und  4  unten  das 
Wasserzeichen  J  Whatman.  5  Seiten  des  gelben  Pa- 
piers sind  beschrieben.  —  1.  Gesang  V.  2  erst  fjergefdjie» 
bet;  V.  37  erst  borten;  2.  Gesang  V.  15  erst  fte;  V.  23 
ein  in  der  Handschrift;  V. 41— 44  und  die  Unterschrift 
H  Heine  nicht  von  Heines  Hand  geschrieben  ....    211 

2  und  3)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichts- 
rats Sethe  in  Berlin).  Beide  Nummern  aus  dem  Brief 
Heines  an  Christian  Sethe  vom  6.  Juli  1816  entlehnt. 
Ein  Bogen  in  4°;  Wasserzeichen  ADV  &  S.  —  Vgl. 
Hüffer,  Aus  dem  Leben  Heinr.  Heines,  S.  8.  In  3,  V.  10 
fdjrief in  der  Handschrift 215 

4)  Hamburgs  Wächter  8.  2.  1817  Nr.  17.  —  Vgl.  Traumbilder 

Nr-  2 215 

5)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Amtsgerichtsrats  Sethe 
in  Berlin).  Ein  Bogen  in  4°  (I8V2  :  25  cm.),  alle  4  Seiten 
beschrieben ;  gelbes  Papier,  Wasserzeichen  J  Whatman. 
—  Überschrift  ausradiert ;  Unterschrift  Harry  Heine  aus- 
gestrichen, und  dahinter  schlecht  ausradiert  stud.  Juris. 
Druckverweisung  mit  Bleistift  von  fremder  Hand.  — 
V.  21—32  ausgestrichen;  V.  30  erst:  befrent;  V.  60  erst 
geschrieben:  ©clbft  auf  ftorrem  geig  gebtefj;  V.  84  erst 
geschrieben:  3ftaleren;  V.  85  zuerst  mit  statt  in;  V.  87 
zuerst:  grenlidj;  V.  92  statt  9hir  erst  Oft;  V.  97—108 
ausgestrichen  in  der  Handschrift;  V.  109  erst  3för  statt  iljr    217 

6)  'Gedichte'  S.  58  Nr.  12  der  2Rtnnelieber 220 


Seite 

7)  Hamburgs  Wächter  17.  3.  1817  Nr.  33.  —  Vgl.  Junge 
Leiden,  Lieder,  Nr.  2.  Vorliegendes  Gedicht  an  erster 
SteUe 221 

8)  «Gedichte»  S.  140  Nr.  17  der  Sonette  unb  oerm.  ®e= 
biegte 221 

9)  Gesellschafter  7.  7.  1821  Nr.  108.  —  Überschrift:  ^oe= 
ttfc&e  StuSfteuungen.  VII.  ©tänbd&en  eine§  SDtauren.  Unter- 
schrift: SBerlin.    §.  §eme 222 

10)  Reisebilder  I,  1.  Aufl.,  S.  133  in  der  £arjreife ....    223 

11)  Handschrift.  —  Vgl.  Lyr.  Interm.  Nr.  7.  Vorliegendes 
Gedicht  an  erster  Stelle 224 

12)  Reisebilder  I,  2.  Aufl.,  S.  16.  —  Nr.  10  der  §eimfe&r  .    224 

13)  Reisebilder  I,  2.  Aufl.,  S.  17.  —  Nr.  11  der  JpeimreBr  .    225 

14)  Reisebilder  II,  1.  Aufl.,  S.  31.  —  Nr.  X  der  9?orbfee. 
groeite  «Abteilung.  —  V.  17  steht  gtetdjgetröftet  im  Ori- 
ginal   225 

15)  Agrippina  23.  7.  1824  Nr.  89.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  30 
Vorliegendes  Nr.  „5"  in  der  Agrippina 227 

16)  'Tragödien5  S.  102.  —  Nr.  40  des  Surtftfjen  Snterm.     .    227 

17)  Agrippina  23.  7.  1824  Nr.  89.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  30. 
Vorliegendes  Gedicht  Nr.  „6"  in  der  Agrippina     .    .    .    228 

18)  Agrippina  23.  7.  1824  Nr.  89.  —  Vgl.  Heimkehr  Nr.  30. 
Vorliegendes  Nr.  „7"  in  der  Agrippina 228 

19)  Der  Zuschauer  30.  6.  1821  Nr.  78.  —  Unterschr. :  —  rrn.    228 

20)  Der  Zuschauer  10.  7.  1821  Nr.  82.  —  Unterschr. :  — rrn.    228 
21  und  22)  Beide  Gedichte  aus  Heines  Brief  an  Moser  vom 

25.  Oktober  1824  entlehnt.  „Briefe  von  Heinrich  Heine 
an  seinen  Freund  Moses  Moser".  S.  114  u.  115.  — 
Letzteres  Gedicht  war  als  Widmung  des  cRabbi  von 
Bacharach'  bestimmt.  —  Nr.  21  V.  8  beinern  statt  meinem 
ist  offenbarer  Druckfehler  in  den  'Briefen' 229 

23)  Agrippina  24.  3.  1824  Nr.  37.  —  Unterschrift:  «Sin* 
gefanbt) 230 

24)  Der  Zuschauer  4.  8.  1821  Nr.  93.  —  Unterschrift:  @ir 
§arrn.    V.  6  geljn; 230 

25)  Agrippina  9.  4.  1824  Nr.  44.  —  Unterschrift:  (2Iu§ 
©öttingen  eingefanbt.)  —  V.  14  zu  pumpen  die  Anmer- 
kung: 33urfa}tfofer  21u3bruct  für:  borgen 231 

26)  Heine  citiert  diese  Verse  in  zwei  Briefen :  1)  am  29.  Ok- 
tober 1820  an  Steinmann.  Vgl.  Fr.  Steinmann,  H.  Heine, 
Denkwürdigkeiten  x.  x.  1857,  S.  93.  2)  am  9.  Novem- 
ber 1820  an  Fritz  von  Beughem.  Vgl.  Strodtmanns 
Aufsatz  «Aus  Heines  Studentenzeit'  in  Blumenthals  Neuen 
Monatsheften   für  Dichtkunst  und   Kritik  1877,  Bd.  V 

S.  311 231 


Seite 
27)  Aus  Heines  Brief  an  Steinmann,  vom  4.  Februar  1821. 

Vgl.  Steinmann.  a.  a.  0.  S.  103 232 

III.  An  Personen. 

1)  'Gedichte5  S.  130  Nr.  12  der  (Sonette  unb  »ertn.  ©ebicbte.    233 

2)  Hüffer,  Aus  dem  Leben  Heinrich  Heines  S.  135.  —  Ein 
Albumvers,  von  Heines  Jugendfreund  Josef  Neunzig  aus 

der  Erinnerung  mitgeteilt 234 

3)  'Gedichte'  S.  126.  —  Nr.  8  der  Sonette  unb  r>erm.  ©e* 
bic&te 234 

4)  Neue  Monatshefte  für  Dichtkunst  und  Kritik,  1877,  Bd.  V 
S.  308  (in  Strodtmanns  Aufsatz  «Aus  Heines  Studenten- 
zeit'). —  Heine  hatte  seinem  Jugendfreunde  Fritz  von 
Beughem  'diese  Erinnerungszeilen  auf  die  Rückseite 
einer  gedruckten  Ansicht  von  Nonnenwerth'  geschrieben. 
Unterschrift:  Sonn,  7.  SRärj  1820.  §arr»  §eine  av.% 
Süffeiborf  Stud.  Jur.  &  Philos 234 

5)  Handschrift  (im  Besitze  des  Hrn.  Kammerherrn  Baron  von 
Donop  in  Frankfurt  am  Main).  Erste  Seite  eines  4  Seiten 
langen  Briefes  an  Beughem  vom  15.  Juli  1820  ....    235 

6)  Handschrift-Facsimile  in  Steinmanns  Buch  „H.  Heine. 
Denkwürdigkeiten"  x.  x 235 

7  und  8)  Zusammen  mit  dem  Sonett  Sin  81.  SB.  v.  <Sd)legel 
(S.  50)  abgedruckt  in  des  Gesellschafters  Beilage  „Be- 
merker"  14.  5.  1821  Nr.  10,  mit  der  Überschrift: 
Sonetten*Srans  an  Slug.  SB.  oon  Sdfjlegel.  —  Nr.  7  ist 
dort  das  erste,  Nr.  8  das  dritte  und  das  in  das  Buch 
der  Lieder  aufgenommene  das  zweite  Sonett.  Unter- 
schrift :  £eme.  und  hierauf  folgendes  Sc  a  d)  ro  o  r  t.  Sie 
in  ber  „Sceuen  berliner  SJconatfdjrtft  für  Sßbilofopfiie  unb 
Siteratur"  enthaltenen  unb  im  „Som)erfationg=?3latte"  unb 
im  „iMteraturblatt  beS  SRorgenblatte"  jum  £t)eil  roieber 
abgebrucften,  non  mandjen  Seuten  feelenoergnügt  belächelten 
3tu§fäUe  roiber  ben  grofjen  SMfter,  beroogen  ben  S3erfaffer 
jum  SIbbrucf  obiger  Sonette.  Sie  entftanben  oorigen 
Sommer  in  Sonn,  roo  ber  SJerfaffer  ben  ©efeierten  in  feiner 
»ollen  Äraft,  £errlid)Jett  unb  Stüfttgfeit  fab.  25er  ©etft 
beffelben  t)at  roatjrlicb,  niajt  gealtert,  ©er  bat  feine  Siulje, 
betjaglidj  auf  bem  SBelt=@lepr)anten  ju  ftfcen!  —  Db  ber 
SJerfaffer  jener  bitteren  SluSfäHe  mit  9led)t  ober  mit  Un* 
red)t  roiber  bie  polittfdje  Senbenj  ber  jefcigen  Sjeftrebun* 
gen  Sdjlegel'ä  eifere,  mag  bier  unentfdjieben  bleiben :  35ocfj 
|ätte  er  nie  bie  Slcbhmg  aufser  3lugen  fefcen  bürfen,  bie 


Seite 

bem  literarifdjen  Reformator  burdjauS  nidjt  oerfagt  roerben 
fartn.  2ßa§  baö  <San§fnt»<3tubtum  felbft  betrifft,  fo  roirb 
über  ben  9lu|en  beffelben  bie  $eit  entfdjeiben.  ^ßortugiefen, 
^oüanber  unb  ©nglänber  baben  lange  3ett  %ai)t  au§  %a1)v 
ein  auf  ifjren  großen  ©djiffen  bie  @d)ä|e  SnbienS  nact) 
§aufe  gef a)teppt ;  wir  ©eutf  d)e  Ratten  immer  baS  3ufe!)en. 
2lber  bie  geiftigen  ©djäfce  Qnbien§  foEen  un§  nict)t  ent« 
geljen.  ©et) lege t,  Bon»,  £umboIbt,  granf  u.  f. 
ro.  fmb  unfere  jefctgen  Dftinbien'gaEjrer ;  Bonn  unb 
ÜDiünrfien  roerben  gute  $aftoreien  fetm.  $.  .  236 
9)  Handschrift  der  Radowitzschen  Autographensammlung 
Nr.  7210  (Kgl.  Bibl.  in  Berlin.)  Ein  Oktavblatt  gelbes 
Papier,  eine  Seite  beschrieben.  —  Keine  Überschrift. 
Unterschrift:  Bonn  b  15  Sept  1820  H.  Heine,  Stud 
Juris  auä  Düsseldorff 237 

10)  'Gedichte5  S.  112.  —  Nr.  4  der  ©onette  unb  nerm.  ©e* 
btdjte 237 

11)  «Gedichte5  S.  111.  —  Nr.  3  der  Sonette  unb  oerm.  ©e* 
bic&te.  —  V.  13  im  Text  trauten;  in  der  Berichtigung 
durch  trauter  ersetzt 238 

12)  Zuschauer  14.  3.  1822.  —  Unterschrift:  Berlin,  ben  27. 
Februar  1822.  §.  Da  uns  dieser  Band  der  genannten 
Zeitschrift  unerreichbar  blieb,  geben  wir  Strodtmanns 
Text  aus  Heinrich  Heines  sämtlichen  Werken,  Hamburg 
1862,  Bd.  15,  S.  111  f. 238 

13)  M.  Heine,  Erinnerungen  an  Heinrich  Heine  und  seine 
Familie  S.  25 239 

14)  'Tragödien  nebst  einem  lyrischen  Intermezzo'.  Vorsatz- 
blatt   239 


IV.  Uebersetzungen  aus  Lord  Byrons  Werken. 

Manfred.  Vollständig  abgedruckt  nur  in  den  'Gedichten' 
S.  145  ff.  Grössere  Bruchstücke,  V.  50—135  und  V. 
192—261  vorher  im  Gesellschafter  vom  4.  7.  1821 
Nr.  106.  Diese  älteste  Fassung  bietet  unser  Text.  — 
Die  Überschrift  im  Gesellschafter  lautet:  ?ßoetifct)e  2lu3* 
fteltungen.  VI.  Streue  Ueberfe^ung  ber  ©eiftertieber  in 
Bnron'ö  „ÜDtanfreb."  (3Kanfreb  Ijat  bie  @Iementar=©eifter 
beraufbefdjrooren.  llnftdjibar  umfdjroeben  fie  ibn  unb  fin« 
gen:  Unterschrift  im  Gesellschafter:  Berlin.  §.  §eine.  — 
V.  89  Äüflen  non  ©lutb;  V.  94  roie  ibr  ©ürtel  im  Ge- 
sellschafter.   Vor  V.  192  steht  im  Gesellschafter :  (2Jian* 


Seite 

freb  fiept  bie  ©eftolt  feiner  tobten  ©elteBten  erfcjjemen  unb 
oerfcfjroinben.    @r  ftürjt  BeftnnungSIoS  nieber.)    ....    240 
Lord  Byrons  Lebewohl,   a)  das  Motto  zuerst  in  des  Rhei- 
nisch-westfälischen   Anzeigers  vom  26.  4.  1820  Nr.  34 
Beilage  „Kunst-  und  Unterhaltungsblatt"  Nr.  9.  —  Das 
Motto  wird  mit  folgenden  Worten  eingeführt: 
©ebidjt. 
golgenbe  93erfe  ctuS  Coleridge's  Christabel   fjat  £orb 
Suron  feinem  Berühmten  Fare-thee-well  (SeBe  rooBI)  als 
ÜDtotto  oorgefe^t. 

DBfcfjon  fold^e  ben  ©eift  be§  ©ebidjteS  fo  ganj  au§* 
brücfen,  gleidifam  einen  Äommentar  beSfelBen  Btlben,  unb 
non  ben  ©nglänbern  al§  unjertrennBar  oon  bemfelBen  Be« 
tradjtet  toerben:  fo  JjaBen  bocf)  fonberBarertoeife  bie  beut* 
fcfjen  ÜBerfefcer  be§  Fare-thee-wells  nie  biefer  toaljrljaft 
fcfjönen  SSerfe  ©rioäfjnung  getrau,  ©er  @inf.  ber  UeBer* 
fefcung  in  9io.  74  be3  3lnjeiger§  oon  o.  8-  tyctt  fidjj  ben» 
felBen  gefjler  ju  ©Bulben  fommen  laffen,  unb  Berichtigt 
Ujn  hiermit. 

Es  folgt  der  englische  Text,  ohne  Sternchen  zwischen 
den  Strophen  und  ohne  Unterschrift ,  hierauf  nach  der 
Überschrift  UeBerfe^ung.    die  Heinesche  Verdeutschung. 

Unterschrift:^ £ 249 

b)  Das  Gedicht  selbst  zuerst  gedruckt  im  Rheinisch-west- 
fälischen Anzeiger  vom  15.  9.  1819  Nr.  74,  und  zwar  so, 
dass  auf  der  linken  Hälfte  der  Seiten  der  englische  Text, 
auf  der  rechten  der  deutsche  steht.  —  Überschrift :  @e* 
bidjt.  Links :  Lord  Byrons  „Fare  thee  well."  Dazu  die 
Anmerkung:  2)a§  r)ier  aBgebrucfte  engüfdje  Original  be§ 
Berühmten  ©ebidjtä  I)at  oor  taufenb  oerftümmelten  2lu3* 
gaBen  ba§  Sßerbtenft,  treue  2lBfdjrift  oon  Sorb  23öron§ 
eigner  §anbfd)rift  ju  fenn.  b.  @inf.  Rechts  die  Über- 
schrift: £orb  23nron§  SeBerooBI;  joörtltd)  auS  bem  @ng* 
Uferen  üBerfefct.  Zu  SeBetooBI;  die  Anmerkung:  2ln  feine 
oon  tljm  gefcfjiebene  ©attin.  Unterschrift :  §  . . . .  §  . . . . 
Der  englische  Text  stimmt  zu  dem  in  der  Tauchnitz 
Edition,  nur:  V.  38  is  prest  V.  57  ifte  thought,  und  das 

Datum  fehlt 249 

AnJnez.    < Gedichte'  S.  165 251 

Gut'  Nacht.  «Gedichte5  S.  167 253 

Nach  dem  Gedicht  @ut'  3tad)t  folgt  in  den  'Gedichten' 
ein  Blatt  mit  der  Berichtigung  und  folgenden  Schluss- 
worten: 


2>te  Ueberfefcung  ber  erften  <Scene  auä  „2Jtanfreb"  unb 
be§  „@ut  -Jtad&t"  äug  @f)ilbe  £aro!b  entftanb  erft  oortgeg 
3a§r,  unb  möge  a!3  Sßrobe  bienen,  nne  tdj  einige  enaltfdje 
Sinter  tnS  SDeutfd^e  ju  übertragen  gebende.  Die  Sieber 
„Se&eroofjr  unb  „3ln  Snej"  finb  weit  früher,  unb  jroar 
in  unreifer,  fehlerhafter  gorm,  überfefct,  unb  nmrben  au$ 
&Io3  jufäüigen  ©rünben  fjier  abgebrueft. 

»ertin  ben  20ten  9*oo.  1821.  §.  §etne. 


V.  Vergleichende  Uebersichten 

über  die  Anordnung  der  Gedichte  dieses 

Neudruckes  in  älteren  Heineschen  Sammlungen. 

Reihenfolge  der  'Gedichte5  Ton  1822. 

Nummern  sind  in  den  'Gedichten'  nicht  beigegeben  und  nur 
hier  der  Übersichtlichkeit  halber  hinzugefügt  worden.  —  Die  Traum- 
bilder stehen  dort  S.  3 — 35,  die  Minnelieder  S.  37 — 64,  die  Roman- 
zen S.  65 — 103,  die  Sonette  und  vermischten  Gedichte  S.  105—142, 
die  Übersetzungen  aus  Lord  Byrons  Werken  S.  143 — 170. 


Gedichte 

Buch 
d.  Lieder 

Nachlese 

Gedichte 

Buch 
d.  Lieder 

Nachlese 

I. 

3 

4 

— 

4 

5 

Zueignung 

Traumb.  1 

— 

5 

6 

II. 

6 

7 

— 

Traum- 
bilder 

Traum- 
bilder 

7 

8 

— 

1 

2 

8 

9 

— 

2 

3 

— 

9 

10 

__ 

Gedichte 

Buch 
d.  Lieder 

Nachlese 

Gedichte 

Buch 
d.  Lieder 

Nachlese 

III. 

IV. 

Minne- 
lieder 

Lieder 

— 

Romanzen 

Romanzen 

— 

1 

— 

I  A,  2 

1 

— 

II  4 

2 

— 

I  A,  3 

2 

2 

— 

3 

— 

I  A,    4 

3 

3 

- 

4 

1 

— 

4 

4 

— 

5 

2 

— 

5 

5 

— 

6 

3 

— 

6 

6 

— 

7 

4 

— 

7 

7 

— 

8 

— 

I  A,  1 

8 

8 

— 

9 

5 

— 

9 

9 

— 

10 

6 

— 

10 

10 

— 

11 

7 

— 

11 

11 

— 

12 

— 

II  6 

12 

— 

II  9 

13 

9 

— 

13 

12 

— 

14 

Romanzen 
1 

— 

14 

13 

— 

15  a 

Lyr.  Int. 
17 

— 

15 

14 

— 

15  b 

Lyr.  Int. 

18 

— 

16 

15 

— 

15  c 

Lyr.  Int. 

— 

Gedichte 

Buch 
d.  Lieder 

Nachlese 

Gedichte 

Buch 
d.  Lieder 

Nachlese 

V. 

8 

— 

III  3 

Sonette  u. 
verra.  Ged. 

Sonette 

— 

9 

Romanzen 

20 

— 

1  a 

— 

III  7 

10 

Romanzen 
19 

— 

1  b 

An  A.  W.  v. 
Schlegel  S.  50. 

— 

11 

— 

m  6 

1  c 

— 

in  8 

12 

— 

m  l 

2 

Lieder  8 

— 

13 

Romanzen 
16 

— 

3 

— 

in  n 

14 

— 

II  7 

4 

— 

III  10 

15 

Romanzen 
17 

— 

5  a  u.  b 

An  meine 

Mutter  S.  50  f., 

I  u.  II. 

- 

16 

Romanzen 

18 

— 

6 

An  H.  Str., 
S.  51 

— 

17 

— 

n  8 

7  I— VII 

Frescosonette 

I— VII 

— 

18 

— 

I  A,  6 

7  VIII 

— 

I  A,  13 

VI. 

7IXu.X 

Frescosonette 

vm  u.  ix 

— 

Übersetzungen 

ans 

Lord  Byrons 

Werten. 

— 

S.  240  ff. 

Reihenfolge  der  Gedichte  des  'Lyrischen  Intermezzos'  in 

den  'Tragödien5  von  1823. 

Das  Lyrische  Intermezzo  steht  S.  69—128.    Prolog  und  Nr.  1 

des  Buches  der  Lieder  fehlen. 


Tragödien 

Buch 
der  Lieder 

Nachlese 

Tragödien 

Buch       Narhwp 
der  Lieder  racmese 

1-11 

2—12 

— 

25—31 

27—33 

— 

12 

— 

I  B,  4 

32 

— 

I  A,  7 

13-16 

13-16 

— 

33—39 

34—40 

— 

17—23 

20—26 

— 

40 

— 

II  16 

24 

— 

IA,  10 

41—66 

41-66 

— 

Reihenfolge  der  Lieder  der  'Heimkehr'  in  der  ersten 
nnd  den  späteren  Auflagen  der  Reisebilder. 

Die  erste  Auflage  erschien  1826,  die  zweite  1830.  Die  'Heim- 
kehr' steht  in  der  ersten  Auflage  auf  S.  1 — 110,  in  der  zweiten 
auf  S.  1—84. 


Reisebilder 

Buch  der  Lieder 

,   n              zweite  und 
erste  Auflage    folgende  Auflagen 

Nachlese 

1—9 

1—9 

1-9 

— 

10-11 

— 

II  12—13 

10-55 

12—57 

10—55 

— 

— 

58—59 

56—57 

— 

56 

60 

58 

— 

57 

— 

59 

— 

58—61 

61—64 

60—63 

— 

62 

— 

— 

I  B,  12 

— 

65 

— 

I  B,  13 

Reisebilder 

Buch  der  Lieder 

erste  Auflage 

zweite  und 
folgende  Auflagen 

Nachlese 

63—65 

66—68 

64—66 

— 

78 

67 

— 

66-69 

69—72 

68—71 

— 

70 

— 

— 

I  B,  7 

— 

73 

— 

I  B,  3 

71 

— 

72 

— 

72 

— 

— 

I  B,  5 

73     75 

74    76 

73—75 

76 

— 

— 

I  B,  6 

77 

— 

— 

1  B,  8 

— 

79—80 

76—77 

— 

78 

— 

78 

— 

79 

77 

79 

— 

80 

81 

80 

— 

— 

- 

81 

— 

81—83 

82—84 

82—84 

— 

84 

— 

— 

I  B,  11 

85—88 

85-88 

85—88 

— 

Götter- 
dämmerung 

— 

Götter- 
dämmerung 

— 

Ratcliff 

— 

Ratcliff 

— 

Donna  Clara 

— 

Donna  Clara 

— 

Almansor 

— 

Almansor 

— 

Wallfahrt  n. 
Kevlaar 

— 

Wallfahrt  n. 
Kevlaar 

— 

Litteraturdenlimale  des  18.  u.  19.  Jahrh.  27. 


Reihenfolge  der  Lieder  'Ans  der  Harzreise5. 

Diese  Lieder  sind  in  der  'Harzreise*,  die  zuerst  im  'Gesell- 
schafter5 vom  20.  1.  bis  11.  2.  1826  Nr.  11—24  gedruckt  ward,  an 
verschiedenen  Stellen  eingefügt ;  die  Reihenfolge  stimmt  mit  der  des 
'Buchs  der  Lieder5  überein. 

Reihenfolge  der  Lieder  der  'Nordsee5  in  den  Reisebildern. 

Bd.  I  der  Reisebilder  erschien  1826,  Bd.  II  1827.  Die  Nord- 
see steht  Bd.  I  S.  261—300  und  Bd.  H  S.  1—40.  Die  erste 
Abteilung  bleibt  unverändert.  Die  zweite  Abteilung  wird  also 
verändert : 


Reisebilder 

Buch  der  Lieder 

Nachlese 

1—7 

1-7 

— 

8  und  9 

8 

— 

10 

— 

H  14 

11—12 

9-10 

— 

VI.  Alphabetisches  Verzeichnis  der  Anfangszeilen 
und  Überschriften  der  Gedichte. 

(Die  römischen  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Seiten  der  Einleitung.) 

Seite 

Abenddämmerung VIII,  LXII,  LXXXVIII,  159 

Abendlich  blasser  wird  es  am  Meere  IX,  XXXVIII,  LIII,  LXI, 
LXVTII,  LXXIII,  LXXVIII,  LXXXI,  LXXXII,  XCIIL 

XCIV, 183 

Ach,  die  Augen  sind  es  wieder XL,  126 

Ach,  wenn  ich  nur  der  Schemel  war'  .    .    .  XXII,  LXXXII,  71 

Ahnung LIII,  220 

Allen  thut  es  weh  im  Herzen  ....    LXXVIII,  LXXX  f.,  27 

Allnächtlich  im  Traume  seh'  ich  dich XXIII,  82 

Almansor LV,  LXXXHI,  XCIV,  XCVIII,  CI,  140 

Als  ich  ging  nach  Ottensen  hin 215 

Als  ich  meines  Liebchens  Familie  .  XXV,  XXXIV,  XCVIII,  92 

„Als  ich  vor'm  Jahr,  mein  Lieb,  dich  wiederblickte.     .  XVI,  54 

Als  meine  Grossmutter  die  Lise  behext XCVI,  30 

Als  Sie  mich  umschlang  mit  zärtlichem  Pressen  ...     VI,  205 

Am  blassen  Meeresstrande  ....  VIII,  LXII,  LXXXVIII,  159 

Am  Fenster  stand  die  Mutter  XLIII,  LIV,  LXXIV,   XCVI,  144 

Am  fernen  Horizonte XXV,  99 

Am  Kreuzweg  wird  begraben XXHI,  XXIV,  XC,  85 

Am  leuchtenden  Sommermorgen  .    .     XXHI,  LXXIX,  XCV,  77 

Am  Meer,  am  wüsten,  nächtlichen  Meer  .    .     LXI,  LXXIX,  188 

An  Alexander  Pr.  von  W XLVI,  XCI,  48 

An  A.  W.  v.  Schlegel XLVHI,  50 

An  den  Hofrath  Georg  S.  in  Göttingen    .    .  XLIX,  LH,  CI,  238 

Andre  beten  zur  Madonne XXXIV,  LVI,  XCV,  115 

(An  Edom!) VI,  LV,  229 

An  eine  Sängerinn VIH,  XLVm,  CHI,  45 

Anfangs  wollt'  ich  fast  verzagen 26 

An  Franz  v.  Z • VI,  XV,  LVm,  233 


Seite 

An  Friz  von  Beughem VI,  XLVII,  CI,  235 

An  Friz  St VI,  XLVII,  L,  CI,  235 

An  H.  Str XLVI,  CHI,  51 

An  J.  B.  R VIII,  XLVII,  LXIV,  XCIV,  CI,  CHI,  237 

An  Jnez 251 

An  Maximilian  Heine 239 

An  meine  Mutter,  B.  Heine,  geborne  v.  Geldern     IX,  XLIV, 

LXXXI, 50 

An  Sie VI,  XVI,  XCIII,  CI,  199 

An  Str 49 

«Aucassin  und  Nicolette'     ....    XLIX,  LH,  LVIII,  CI,  238 

Auf  deinen  schneeweissen  Busen XL,  125 

Auf  dem  Berge  steht  die  Hütte  XXXIX,  LVI,  LIX,  LXV, 

XCH, 148 

Auf  dem  Brocken XXXVII,  LXXXVII,  XCH,  155 

Auf  den  Wällen  Salamankas XL,  LXXX,  XC,  127 

Auf  den  Wolken  ruht  der  Mond  LX,  LXI,  LXXV,  XCIII,  224 
Auf  Flügeln  des  Gesanges  XXI,  XXVII,  LXIV,  LXV,  LXXIII, 

lxxviii,  lxxix,  xcni, 61 

Auf  meiner  Herzliebsten  Aeugelein XV,  XXI,  63 

Aus  alten  Mährchen  winkt  es VI,  LXXV,  76 

Aus  meinen  grossen  Schmerzen   .    .  XXn,  LXXXII,  XCrV  f.  72 

Aus  meinen  Thränen  spriessen    .    .  XXI,  XXVII,  LXXXVI,  59 

Bamberg  und  Würzburg L,  CI,  230 

Bang  hat  der  Pfaff  sich  in  der  Kirch  verkrochen  XLVII,  CI,  237 

Belsatzar LIV,  C,  39 

Berg-Idylle   IX,   XXXIX,  LVI,  LIX,  LXV,  LXXV,  LXXIX, 

LXXX,  LXXXm,  LXXXVII,  XCII,  XCIV,     ....  148 

Berg'  und  Burgen  schau'n  herunter     .    .    .VI,  XIX,  LXIV,  25 

Bist  du  wirklich  mir  so  feindlich XL,  LXXXI,  126 

Blamir'  mich  nicht,  mein  liebes  Kind       .      VI,  XL,  LXVII,  206 

Bleib'  Du  in  deiner  Meerestiefe  LXHI,  LXXXI,  XCIII,  XCIX,  173 

Brich  aus  in  lauten  Klagen VI,  LV,  229 

Burleskes  Sonett VT,  X,  CI,  231 

Da  droben  auf  jenem  Berge    ....  XL,  XCV  f.,  XCVÜI,  98 

Da  hab'  ich  viel'  blasse  Leichen     .    .  XVI,  LXXV,  XCI,  C,  20 

Dämmernd  liegt  der  Sommerabend  ....     LXIV,  LXXV,  130 

Das  alte  Jahr  so  traurig     .    .    .IV  f.,  XV,  XXIV,  LXXXH,  87 

Das  Bild L,  228 

Das  Herz  ist  mir  bedrückt,  und  sehnlich.    .    .    .  LVI,  LIX,  110 

Das  ist  ein  Brausen  und  Heulen      ....    XXH,  LXXVI,  82 

Das  ist  ein  Flöten  und  Geigen XXI,  LXXIV,  65 

Das  ist  ein  schlechtes  Wetter  .  .  .  LXXVII,  LXXXVIII,  105 
Das  Liedchen    von    der  Reue  XVH,  XLIT,   LIX,   LXXIV, 

LXXXVII,  XC,  XCI,  XCII,  CIH, 43 

Das  Lied  vom  blöden  Ritter  (siehe  Prolog  zum  <Lyr.  Interm.5)  57 


Seite 

Das  Lied  von  den  Dukaten X,  46 

Das  Meer  erglänzte  weit  hinaus  ....  XXXLX,  LXXXVI,  98 

Das  Meer  hat  seine  Perlen  XIII,  XXXVII,  LXIII,  XCII,  XCV,  166 
Das  projektirte  Denkmal  Göthe's  in  Frankfurt  XLVIII,  XLIX, 

CI, 228 

Das  weiss  Gott,  wo  sich  die  tolle XL,  124 

Dass  ich  dich  liebe,  o  Möpschen L,  228 

Dein  Angesicht  so  lieb  und  schön XXI,  XXVII,  59 

Deine  weichen  Liljenfinger .  XXXIII,  XXXIV,  XCII,  XCIV,  106 
Dein  Freundesgruss  könnt'   mir  die  Brust  erschliessen  VIII, 

XL VII,  LXIV,  XCIV,  CI,  CHI, 237 

Den  König  Wiswamitra LXV,  113 

Der  Abend  kommt  gezogen     .    .  LX,  LXI,  LXVDH,  LXXV,  96 

Der  arme  Peter XLIII,  LXXVI  f.,  XCVI,  29 

Der  arme  Peter  wankt  vorbey 30 

Der  bleiche  Heinrich  ging  vorbey IX,  41 

Der  bleiche,  herbstliche  Halbmond  LXXV,  LXXVII,  LXXXVHI,  104 
Der  Gesang  der  Okeaniden  IX,  XXXVIII,  LIII,  LXI,  LXVIII, 

LXXIII,  LXXVIII,  LXXXI,  LXXXII,  XCIII,  XCIV,    .  183 

Der  Hans  und  die  Grete  tanzen  herum    .    .    .  XLIII,  XCVI,  29 

Der  Herbstwind  rüttelt  die  Bäume  XXII,  LXXVI,  LXXX,  CHI,  83 

Der  Hirtenknabe XCI,  154 

Der  kranke  Sohn  und  die  Mutter 146 

Der  Mai  ist  da  mit  seinen   gold'nen   Lichtern    LI,   LH  f., 

LXXIII,  LXXVIII,  LXXX,  LXXXI,  XCIV,  CI,  .     .    .  131 

Der  Mond  ist  aufgegangen  ....     XXXIX,  LXI,  LXXV,  95 

Der  Phönix  XXXVIII,  LXII,  LXIII,  LXIV,  XCHI,  XCIX,  C,  189 

Der  Schiffbrüchige  XXXVIII,  LXI,  LXXX,  XCII,  XCIII,  XCIX,  180 
Der  schlimmste  Wurm:  des  Zweifels  Dolchgedanken  VI,  LX, 

XLVIII,  LXXVI,  XCIV,  CI, 236 

Der  Sturm  spielt  auf  zum  Tanze  ....  LXH,  LXXX,  96 
Der  Tod,  das  ist  die  kühle  Nacht  XLIV,  LHI,  LXXXVII, 

XCIV,  C,  CIL 130 

Der  Traumgott  brachte  mich  in  eine  Landschaft  VI,  XXVI, 

LXXVII,  LXXVIII  f.,  LXXIX,  LXXX,  LXXXVI,  XC, 

XCVIII,  CI, 133 

Der  Traumgott  bracht'  mich  in  ein  Riesenschloss  XXII,   CI,  84 

Der  Traurige LXXVIII,  LXXX  f.,  27 

Der  Wind  zieht  seine  Hosen  an.  LXIII,  LXXVIII,  LXXX,  95 
Der  wunde  Ritter  VI,  XII,  XVIII,  LIX,  LXXXI,  LXXXVII, 

XC, 42 

Des  Knaben  Wasserfahrt VI,  XVII,  LXXXII,  42 

Die  Bergstimm XLIII,  27 

Die  blauen  Veilchen  der  Aeugelein  XV,  XXII,  XCII,   XCIV,  70 

Die  Botschaft XLIII,  XCVI,  32 


Seite 

Die  Brüder XLII,  XCVI,  28 

Die  du  bist  so  schön  und  rein VI,  XCII,  196 

Die  Erde  war  so  lange  geitzig    .     XXH,  LXXVIII,  XCVIII,  69 

Die  Fensterschau IX,  41 

Die  glühend  rothe  Sonne  steigt  LIII,  LX,  LXXII,  LXXIX, 

XCVÜI,  XCIX, 160 

Die  Götter  Griechenlands  LV,  LXI,  LXXIV,  LXXXVII,  XCIV, 

XCIX, 185 

Die  grauen  Nachmittagswolken  LIX,   LXII,  LXXXIII,  XCI, 

XCIV, 225 

Die  Grenadier LVII,  XCVI,  31 

Die  heil'gen  drey  Kön'ge  aus  Morgenland LV,  108 

Die  Heimfahrung XLII,  33 

Die  Ilse LIX,  LXVIII,  LXXV,  LXXXVII,  156 

Die  Jahre  kommen  und  gehen LXVIII,  103 

Die  Jungfrau  schläft  in  der  Kammer   .    .    .      XXV,  LXXV,  101 

Die  Lehre VI,  XLII,  221 

Die  Linde  blühte,  die  Nachtigall  sang  .  .  XXII,  LXXVn,  68 
Die  Lotosblume  ängstigt  XXI,  XXVII,  LXIV,  LXV,  LXXIII, 

LXXIX,  XC,  XCII 62 

Die  Minnesänger XLIV,  XC,  XCIII,  XCIV,  40 

Die  Mitternacht  war  kalt  und  stumm  .     XXIII,  LXXX,  XC,  85 

Die  Mitternacht  zog  näher  schon LP7,  C,  39 

Die  Muttergottes  zu  Kevlaar 144 

Die    Nacht   am    Strande   XXXIX,   LXI,    LXXX,   LXXXI, 

LXXXVIII,  XCI,  XCVIII  f., 162 

Die  Nacht  auf  dem  Drachenfels  .    .     VI,  LVIII,  LXXV,  CI,  234 

Die  Nacht  ist  feucht  und  stürmisch  LXIV,  LXXVn,  LXXXVÜ.I,  92 

Die  Romanze  vom  Rodrigo  .  .  VI,  XLII,  XCI,  XCII,  CI,  34 
Die  Rose,  die  Lielje,  die  Taube,   die  Sonne   XX,  XXVII, 

LXXIX, 59 

Die  rothen  Blumen  hier  und  auch  die  bleichen  VI,  XVI,  XCIII, 

CI, 199 

Die  Schlechten  siegen,  untergehn  die  Wackern  VI,  XL VII,  L, 

CI,  ...... 235 

Die  schöne  Sonne  .  LX  f.,  LXII,  LXXIV,  LXXXVII,  XCIX,  181 

Diesen  liebenswürd'gen  Jüngling L,  120 

Dieses  Buch  sei  Dir  empfohlen 239 

Die  Sonnenlichter  spielten  X,  LXJJ,  LXXni,  LXXXI,  XCIX,  164 

Die  Wälder  und  Felder  grünen LXXVIII,  203 

Die  Wallfahrt  nach  Kevlaar    .     XLIII,  LIV,  LXXIV,  XCVI,  144 

Die  Weihe LIV,  LXXIV,  LXXXVI,  XCII,  C,  215 

Die  weisse  Blume 195 

Die  Welt  ist  dumm,  die  Welt  ist  blind XXI,  63 

Die  Welt  ist  so  schön  und  der  Himmel  so  blau  XII,  LXXVIII,  70 


Seite 

Die  Welt  war  mir  nur  eine  Marterkammer  VI,  XVIII,  LEI, 

LX\H,  XCI,  CI, 202 

Donna  Clara  LV,  LXXVII,  LXXIX,  LXXXI,  XC,  XCH,  XCIV, 

XCV   XCVII   CI                                   .......  137 

Donna  Clara/ Donna  Clara'    !    '.    VI,' XLII,  XCI,  XCH,  CI,  34 

Dresdener  Poesie L,  CI,  230 

Du  bist  wie  eine  Blume .    .    .      XXXIII,  LVI,  LXVII,  XCI,  114 

Du  bliebest  mir  treu  am  längsten 68 

Du  hast  Diamanten  und  Perlen  ....      XXXIII,  XXXV,  119 

Du  liebst  mich  nicht,  du  liebst  mich  nicht XXI,  62 

Du  Lilie  meiner  Liebe XCII,  204 

Dumpf  liegt  auf  dem  Meer'  das  Gewitter  LXII,  LXXIII,  XCIV,  179 
Du  sah'st  mich  oft  im  Kampf  mit  jenen  Schlingeln  XLV,  LH, 

XCI,  xcm, 55 

Du  schönes  Fischermädchen   ....    XXXIX,  LX,  XC  f.,  94 

Du  sollst  mich  liebend  umschliessen    .    .    .    .VI,  XL,  XCI,  205 

Eine  grosse  Landstrass'  ist  unsre  Erd'    .     XL  VI,  XCI,  CII,  48 

Ein  Fichtenbaum  steht  einsam    ....  XXII,  LXXX,  XC,  71 

Eingehüllt  in  graue  Wolken    .    .    .    LXI,  LXII,  LXXXVII,  225 

Ein  Jahrtausend  schon  und  länger VI,  LV,  229 

Ein  Jüngling  liebt  ein  Mägdlein .    .    .  XXIV,  XCV,  XCVIII,  74 

Ein  langer  Traum,  gar  fürchterlich  XI,  LXXXIV,  LXXXVI,  C,  3 

Ein  Reuter  durch  das  Bergthal  zieht XLIII,  27 

Einsam  in  der  Waldkapelle  LIV,  LXXTV,  LXXXVI,  XCII,  C,  215 

Einsam  klag  ich  meine  Leiden  VI,  VHI,  XVI,  LXXIV,  XCIV,  196 

Epilog XLI,  XCI,  192 

Erinnerung  VI,  VIII,  IX,  XL,  XLVIII,  LXXXI,  XCIII,  XCIV,  207 

Erklärung XXXVII,  LXI  f.,  LXXXVII,  XCIV,  165 

Es  blasen  die  blauen  Husaren XL,  125 

Es  fällt  ein  Stern  herunter     ....  XXIII,  LXXVII,  XC,  83 

Es  fasst  mich  wieder  der  alte  Muth XVIII,  202 

Es  glühte  der  Tag,  es  glühte  mein  Herz VI,  221 

Es  kommt  ein  Vogel  geflogen  aus  Westen  XXXVIII,   LXII, 

LXHI,  LXIV,  XCIII,  XCLX,  C, 189 

Es  leuchtet  meine  Liebe     ....  XXIII,  LXXXIX,  XCV,  78 

Es  liegt  der  heisse  Sommer XL,  79 

Es  schauen  die  Blumen  alle XVI,  XCI,  199 

Es  stehen  unbeweglich XXI,  XXVII,  LXXIX,  60 

Es  treibt  mich  hin,  es  treibt  mich  her  XV,  LXXII,  LXXXII,  22 
Es  war  mahl  ein  Ritter  trübseelig  und  stumm  IX,  LIX,  LXXV, 

LXXXVI,  LXXXIX,  XCI 57 

Es  wüthet  der  Sturm  XXXVH,  XLIV,  LXII,  LXXX,  LXXXIII, 

XCLX 169 

Es  zieht  mich  nach  Nordland    ein    goldner  Stern  VI,    XV, 

XLVII,  LVIII, 233 


Seile 

Fragen LXI,  LXXIX,  XCIX,  188 

Fresko-Sonette  an  Christian  S XLV,  52 

Freundschaft,  Liebe,  Stein  der  Weisen 227 

Frieden LI,  LVH,  LXHI,  XCIII,  XCIX,  174 

Gaben  mir  Rath  und  gute  Lehren X,  XCVIII,  120 

Gespräch  auf  der  Paderborner  Haide 47 

Gewitter LXII,  LXXÜI,  XCIV,  179 

Gieb  her  die  Larv',  ich  will  mich  jetzt  maskieren  LII,  LXXXIII,  52 
Glücklich  der  Mann,  der  den  Hafen  erreicht  hat  X,  XXXVIII. 

LVI,  LXIH,  LXXP7,  LXXXII,  XCI,  XCHI,  XCIX,  .  190 
Götterdämmerung   LI,    LII  f.,   LXXHI,    LXXVIH,    LXXX, 

LXXXI,  xcrv,  CI, 131 

Gut'  Nacht 253 

Habe  auch,  in  jungen  Jahren XL,  126 

Habe  mich  mit  Liebesreden LXXTV,  117 

Hast  du  die  Lippen  mir  wund  geküsst     ....      VI,  XL,  206 

Hast  einen  bunten  Teppich  ausgebreitet  XLIX,  LH,  LVIII,  CI,  238 

Hastig  schritt  er  aus  dem  Dome XCP7,  141 

„Hat  sie  sich  denn  nicht  geäussert ....  XXXV,  LXVIII,  107 

Heller  wird  es  schon  im  Osten  XXXVH,  LXXXVII,  XCII,  155 
Herangedämmert  kam  der  Abend  XXXVH,  LXI  f.,  LXXXVII, 

XCIV, 165 

Herr  Ulrich  reutet  im  grünen  Wald  XVH,  XLP7,  LLX,  LXXIV, 

lxxxvii,  xc,  xci,  xcii,  cm, 43 

Herz,  mein  Herz  sey  nicht  beklommen XXVI,  113 

Himmlisch  war's,  wenn  ich  bezwang VI,  XL,  205 

Hoch  am  Himmel  stand  die  Sonne  LI,  LVH,  LXIII,   XCIH, 

XCIX, 174 

Hoffnung  und  Liebe !  Alles  zertrümmert  XXXVHI,  LXI,  LXXX, 

XCn,  XCHI,  XCIX, 180 

Holde  Muse  gib  mir  Kunde XLIX,  211 

Hör'  ich  das  Liedchen  klingen XXH,  LXXVI,  75 

Hörst  du  nicht  die  lust'gen  Töne 47 

Hört  zu,  ihr  deutschen  Männer,  Mädchen,  Frauen  XLVHI, 

XLIX,  CI, 228 

Huldigung   .    XXXVH,  LXXXH,  LXXXIH,  LXXXVII,  XCI,  158 

Hut'  dich,  mein  Freund,  vor  grimmen  Teufelsfratzen  XVIII,  55 
Ich  aber  lag  am  Rande  des  Schiffes  XXXVHI,  LXIII,  LXVIII, 

LXXXVIH,  XCI,  XCIX, 171 

Ich  bin  die  Prinzessin  Ilse  LLX,  LXVm,  LXXV,  LXXXVII,  156 

Ich  bin's  gewohnt  den  Kopf  recht  hoch  zu  tragen    .    .     LX,  50 

Ich  dacht'  an  sie  den  ganzen  Tag  .   XVI,  LXXXVII,  XCI  f.,  201 

Ich  denke  noch  der  Zaubervollen    .    .     VHI,  XLVIH,  CHI,  45 

Ich  geh'  nicht  allein,  mein  feines  Lieb XLRT,  33 

Ich  glaub'  nicht  an  den  Himmel VI,  XXI,  LVI,  200 


Seite 

Ich  grolle  nicht,  und  wenn  das  Herz  auch  bricht  XV,  XIX, 

XX,  XXI,  LXLX,  XCIV, 65 

Ich  hab'  dich  geliebet  und  liebe  dich  noch  ....    XXIV,  77 

Ich  hab'  Euch  im  besten  Juli  verlassen  ....    LXXVII,  123 

Ich  hab'  im  Traum'  geweinet XXIII,  82 

Ich  hab'  mir  lang  den  Kopf  zerbrochen   ....     XXXIII,  118 
Ich  kam  von  meiner  Herrin  Haus  XLII,  LXXXU,  LXXXIII, 

LXXXVI,  XCI, 14 

Ich  kann  es  nicht  vergessen XL,  LXXXIII,  72 

Ich  lache  ob  den  abgeschmackten  Laffen     .    .     LH,  XCni,  53 

Ich  lag  und  schlief,  und  schlief  recht  mild  VI,  XII,  XCVII,  19 

Ich  möchte  weinen,  doch  ich  kann  es  nicht  XIX,  LH,  LXXTV,  55 

Ich  muss  die  Ampel  wieder  füllen,  dennoch 240 

Ich  rief  den  Teufel,  und  er  kam LI,  LXXIV,  107 

Ich  stand  am  Mastbaum  angelehnt  .    .     VI,  XVII,  LXXXH,  42 

Ich  stand  in  dunkeln  Träumen    ....  XXV,  LXXXVI  f.,  102 

Ich  steh'  auf  des  Berges  Spitze XXIH,  LXXVI,  81 

Ich  tanz'  nicht  mit,  ich  räuchre  nicht  den  Klötzen  LH,  XCIII,  52 

Ich  trat  in  jene  Hallen XXV,  LXXXVI,  100 

Ich  unglücksel'ger  Atlas!  eine  Welt    ....     XXV,  XCI,  102 

Ich  wandelte  unter  den  Bäumen.     .    .    .     XVII,  LXXVIII,  23 
Ich  weiss   eine  alte  Kunde  VI,   XII,  XVIII,  LIX,  LXXXI, 

LXXXVII,  XC, 42 

Ich  weiss  nicht,  was  soll  es  bedeuten  .    .    .     XLIII,  LXIV,  90 

Ich  will  meine  Seele  tauchen  .    .    .  XXI,  XXVII,  LXXXVI,  60 

Ich  will  mich  im  grünen  Wald  ergehn LXIV,  224 

Ich  wohnte  früher  weit  von  hier VI,  234 

Ich  wollte  bei  dir  weilen XXXHI,  116 

Ich  wollte  meine  Lieder 210 

Ich  wollt',  meine  Schmerzen  ergössen  .    .  XXXV,  LXXXVII,  119 
Ihr  Lieder!    Ihr  meine    guten  Lieder  XXXVII,    LXXXII, 

LXXXIII,  LXXXVH,  XCI, 158 

Im  Hafen  X,  XXXVIII,  LVI,  LXIII,  LXXIV,  LXXXII,  XCI, 

XCHI,  XCIX, 190 

Im  Hirn  spukt  mir  ein  Mährchen  wunderfein  .    .     .    XVIII,  53 
Im  nächt'gen  Traum  hab'   ich  mich  selbst  geschaut  XVIH, 

LXXXIV,  CI 6 

Im  Reifrockputz,  mit  Blumen  reich  verzieret  XL VIII,  XCI,  50 

Im  Rhein,  im  heiligen  Strome XIV,  XXI,  62 

Im  süssen  Traum,  bei  stiller  Nacht  XI,  LXXIV,  LXXXV,  9 

Im  tollen  Wahn  hatt'  ich  dich  einst  verlassen  .    .      LXXXI,  51 

Im  Traum  sah  ich  die  Geliebte  ....    XXVI,  LXXXVI,  111 
Im  Traum   sah  ich   ein  Männchen    klein    und  putzig  XIX, 

LXXIV,  LXXXIV  f.,  CI, 7 

Im  Walde  wandl'  ich  und  weine      .    .    .    XXIV,  LXXVIII,  91 


Seite 

Im  wunderschönen  Monat  Mai .    .    .    XX,  XXVII,  LXXVII,  58 

In  beider  Weichbild  fliesst  der  Gnaden  Quelle  .  .  L,  CI,  230 
In  dem  abendlichen  Garten  LV,  LXXVII,  LXXIX,   LXXXI, 

xc,  xcii,  xciv,  xcv,  xcvn,  ci, 137 

In  dem  Dome  zu  Corduva  .    .      LV,  LXXXHI,  XCVIII,  CI,  140 

In  dem  Schloss  zu  Alkolea LXXXIÜ,  142 

In  den  Küssen  welche  Lüge VI,  205 

„In  meiner  Brust  da  sitzt  ein  Weh* LXXVI  f.,  30 

In  mein  gar  zu  dunkles  Leben XXIV,  XCI,  89 

In    stiller,    wehmuthweicher  Abendstunde   XVIII,   LXXIV , 

LXXVI,  CHI, 54 

In  Vaters  Garten  heimlich  steht 195 

Ja,  du  bist  elend,  und  ich  grolle  nicht  XV,  XIX,  XX,  XXI,  65 

Ja,  Freund,  hier  unter  den  Linden VI,  XCII,  206 

Jedweder  Geselle,  sein  Mädel  am  Arm    ....  VI,  XVQ,  198 

Jegliche  Gestalt  bekleidend LXXXVH,  200 

Kaum  sahen  wir  uns,  und  an  Augen  und  Stimme    .    .   XL,  129 

Kind!  Es  wäre  dein  Verderben  ....     XXXIV,  XXXVI,  114 

König  ist  der  Hirtenknabe XCI,  154 

Lebe  wohl,  und  sey's  auf  immer 249 

Leb  wohl!  leb  wohl!  im  blauen  Meer 253 

Lehn'  deine  Wang'  an  meine  Wang'    ....  XXI,  XXVII,  60 

Lessing-  da  Vinzis  Nathan  und  Galotti L,  228 

Lieben  und  Hassen,  Hassen  und  Lieben 227 

Lieb  Liebchen,  leg's  Händchen  aufs  Herze  mein  .    .    XCni,  23 

Liebste!  heut  sollst  du  mir  sagen XV,  XXI,  64 

Lied  des  gefangenen  Eäubers XCVI,  30 

Lord  Byrons  Lebewohl 249 

Mädchen  mit  dem  rothen  Mündchen  .  .  XXXIII,  XXXIV,  115 
Mag  da  draussen  Schnee  sich  thürmen  XXXIV,  LXXVIII, 

XCV  115 

Manch  Bild' vergessener  Zeiten  XXH,  LXXIX,  LXXXI,  XCIII*  73 

Manfred 240 

Man  glaubt  dass  ich  mich  gräme    .    .    .     XXXIV,  LXXIV,  106 

Meeresstille LXII,  LXHI,  LXXXVIII,  170 

Meeresstille!  Ihre  Strahlen.    .    .    LXII,  LXHI,  LXXXVIII,  170 

Meergmss VIII,  XLI,  LIX  f.,  XCI,  XCIX,  C,  177 

Meine  güldenen  Dukaten X,  46 

Meine  Qual  und  meine  Klagen 239 

Meiner  schlafenden  Zuleima XLIII,  LXXXII,  222 

Mein  Friz  lebt  nun  im  Vaterland'  der  Schinken  VI,  XLVH,  CI,  235 

Mein  Herz,  mein  Herz  ist  traurig  LXXVIII,  LXXXVH,  XCV,  91 

Mein  Kind,  wir  waren  Kinder  VIH,  XLIV,  LIX,  LXXVIII,  109 

Mein  Knecht !  steh  auf  und  sattle  schnell    .      XL1H,  XCVI,  32 

Mein  Liebchen,  wir  sassen  beisammen XXII,  75 

Mein  süsses  Lieb,  wenn  du  im  Grab  .    XIH,  XXII,  LXXIV,  70 


Seite 

Mein  Wagen  rollet  langsam LXXV,  LXXVI,  81 

Mensch!  verspotte  nicht  den  Teufel     ....     X,  LXXIV,  108 

Minnegruss VI,  XCII,  196 

Minneklage VI,  VIII,  XVI,  LXXIV,  XCIV,  196 

Mir  träumte  einst  von  wildem  Minneglüh'n  LXXXI,  LXXXII,  3 

Mir  träumte:  traurig  schaute  der  Mond XXV,  103 

Mir  träumte  von  einem  Königskind'   XIII,  LXXV,   LXXVI,  75 

Mir  träumte  wieder  der  alte  Traum     ....  XL,  LXXVI,  80 

Mir  träumt:  ich  bin  der  liebe  Gott  .  .  IX,  X,  XLV  f.,  L,  121 
Mit  Myrten  und  Rosen,  lieblich  und  hold  XVII,  LXXXH, 

XCIII, 26 

Morgens  steh  ich  auf  und  frage XVI,  22 

Mutter  zum  Bienelein VI,  XLII,  221 

Nach  Frankreich  zogen  zwey  Grenadier' .    .    .  LVII,  XCVI,  31 

Nacht  lag  auf  meinen  Augen  ....   XIII,  XXII,  LXXIV,  86 

Nacht  liegt  auf  den  fremden  Wegen XCIV,  130 

Nachts  in  der  Cajüte  .    .  XIII,  XXXVH,  LXIH,  XCII,  XCV,  166 

Neben  mir  wohnt  Don  Henriques  ....  LI,  XC,  XCV,  128 
Nun  hast  du  das  Kaufgeld,  mm  zögerst  du  doch  XI,  LXXX, 

LXXXV, 11 

Nun  ist  es  Zeit,  dass  ich  mit  Verstand    ....     XXXIV,  113 

Oben  auf  dem  Rolandseck VI,  234 

Oben  auf  der  Bergesspitze XLII,  XCVI,  28 

Oben  wo  die  Sterne  glühen LIII,  220 

Ochse,  deutscher  Jüngling,  endlich VI,  231 

O,  lächle  nicht  ob  meinen  finstern  Brauen 251 

O,  mein  genädiges  Fräulein,  erlaubt VI,  209 

O  schwöre  nicht  und  küsse  nur XXI,  63 

Philister  in  Sonntagsröcklein XXII,  LI,  LXXXI,  73 

Poseidon X,  LXII,  LXXIII,  LXXXI,  XCIX,  164 

Prolog  (zum  «  Lyrischen  Intermezzo1)  IX,  LIX,  LXXV,  LXXXVI, 

LXXX1X,  XCI, 57 

Ratcliff  VI,   XXVI,  LXXVII,  LXXVIII  f.,  LXXIX,   LXXX, 

LXXXVI,  XC,  XCVIII,  CI, 133 

Reinigung LXIII,  LXXXI,  XCIII,  XCIX,  173 

„Sag',  wo  ist  dein  schönes  Liebchen    .    .    .     XXVI,  XCIII,  131 

Saphire  sind  die  Augen  dein  XXXIII,  XXXIV,  XXXV,  XCII,  117 

Schnarchend  lag  der  Hausknecht  Tröffel C,  213 

Schöne,  helle,  goldne  Sterne VI,  XVII,  LXXIX,  199 

Schöne  Wiege   meiner   Leiden  XVII,    XX,   LXVI,   LXIX, 

LXXXI,  LXXXII,  XCI, C,  23 

Schöne,  wirtschaftliche  Dame VI,  XL,  209 

Schwarze  Röcke,  seidne  Strümpfe    .    .     LI,  LXIV,  XCVIII,  147 

Seegespenst  XXXVIII,  LXIII,  LXVIII,  LXXXVffl,  XCI,  XCIX,  171 

Seekrankheit LIX,  LXII,  LXXXHI,  XCI,  XCIV,  225 


Seite 

Sehnsucht VI,  XVII,  198 

Sei  mir  gegrüsst,  du  grosse XXV,  LXXXII,  99 

Seit  die  Liebste  war  entfernt XXII,  XCVIII,  72 

Selig  dämmernd,  sonder  Hann VI,  232 

Selten  habt  Ihr  mich  verstanden LI,  127 

„Sie  haben  dir  viel  erzählet XXI,  67 

Sie  haben  heut  Abend  Gesellschaft XXXV,  118 

Sie  haben  mich  gequälet XXIII,  LH,  XCVIII,  78 

Sie  liebten  sich  Beide,  doch  Keiner     .    .    .    XXXV,  XCIV,  107 

Sie  sassen  und  tranken  am  Theetisch  ....     XL,  XLIV,  79 

So  hast  du  ganz  und  gar  vergessen XXI,  66 

Sohn  der  Thorheit!  träume  immer  VI,  LVIII,  LXV,  XCIV,  C,  217 

Sonnenuntergang  LEI,  LX,  LXXII,  LXXIX,  XCVIII,  XCIX,  160 

Sonnenuntergang  LX  f.,   LXII,  LXXIV,   LXXXVII,  XCIX,  181 

So  wandr'  ich  wieder  den  alten  Weg  ....  XXV,  XCIV,  100 

Ständchen  eines  Mauren XLIII,  LXXXII,  222 

Steiget  auf,  Ihr  alten  Träume  ....  VI,  LVHI,  LXIV,  223 
Sternlos  und  kalt  ist  die  Nacht  XXXIX,  LXI,  LXXX,  LXXXI, 

LXXXVIII,  XCI,  XCVIII  f., 162 

Still  ist  die  Nacht,  es  ruhen  die  Gassen  .  .  XXV,  LXXV,  100 
Still  versteckt   der  Mond  sich   draussen  LXXV,   LXXXIII, 

LXXXVII,  XCIV, 151 

Stolz  und  gebietend  ist  des  Leibes  Haltung  XLIX,  LH,  CI,  238 

Sturm    .    .  XXXVII,  XLIV,  LXII,  LXXX,  LXXXHI,  XCIX,  169 

Tag  und  Nacht  hab'  ich  gedichtet 228 

Tannenbaum,  mit  grünen  Fingern     .    .   IX,  LXXIX,  LXXX,  149 

Thalatta !  Thalatta     .    .     VIII,  XLI,  LIX  f.,  XCI,  XCIX,  C,  177 

Theurer  Freund,  du  bist  verliebt     .    XXXV,  LXVIH,  XCV,  116 

„Theurer  Freund!  Was  soll  es  nützen.    .      XXVI,  LXXXII,  112 

Traum  und  Leben VI,  221 

Über  die  Berge  steigt  schon  die  Sonne  .  .  .XL,  LXXVII,  129 
Um  Mitternacht  war   schon  die  Burg  erstiegen   VI,   LVIII, 

LXXV,  CI, 234 

Und  als  ich  Euch  meine  Schmerzen  geklagt     ....    IX,  107 

Und  als  ich  so  lange,  so  lange  gesäumt  XV,   XXII,   XCVIH,  69 

Und  bist  du  erst  mein  ehliches  Weib X,  XL,  125 

Und  wüssten's  die  Blumen,  die  kleinen  XXI,  LXXLX,  XCVII,  66 

Vergiftet  sind  meine  Lieder  XXIII,  LXVI  f.,  LXXXII,  XCIII,  80 

Verrieth  mein  blasses  Angesicht  .  .  .  XXXIV,  LXVIH,  116 
Vollblühender  Mond!    In  deinem  Licht  LV,  LXI,  LXXIV, 

LXXXVII,  XCTV,  XCIX, 185 

Von  schönen  Lippen  fortgedrängt,  getrieben  ....  CH,  123 
Vorspiel  (zu  den  Liedern  cAus   der  Harzreise5)  LI,   LXIV, 

XCVIII, 147 

Warte,  warte,  wilder  Schiffmann XVII,  XCHI,  24 


Seite 

Warum  sind  denn  die  Rosen  so  blass      .    .  XXII,  LXXVII,  66 

Was  treibt  und  tobt  mein  tolles  Blut  VI,  XIX,  LXXIV,  LXXXV,  7 

Was  will  die  einsame  Thräne XXV,  LXXXII,  103 

Was  willst  du,  traurig  liebes  Traumgebilde  VI,  VIII,  IX,  XL, 

XLVIII,  LXXXI,  XCHI,  XCIV, 207 

Wenn  der  Frühling  kommt  mit  dem  Sonnenschein    .    XL  VI,  49 

Wenn  die  Stunde  kommt,  wo  das  Herz  mir  schwillt     .    .    .  215 

Wenn  ich  an  deinem  Hause IX,  XXIV,  97 

Wenn  ich  auf  dem  Lager  liege  ....    XXXIII,  XXXIV,  114 

Wenn  ich  bei  meiner  Liebsten  bin 198 

Wenn  ich  in  deine  Augen  seh     ....  V  f.,  XXI,  XXVII,  59 

Wenn  junge  Herzen  brechen XLIV,  LXXIX,  203 

Wenn  Zwei  von  einander  scheiden 79 

Werdet  nur  nicht  ungeduldig XXVI,  112 

Wer  zum  erstenmale  liebt XXXIH,  LXXIX,  120 

Wie  auf  dem  Felde  die  Weizenhalmen    ....  XLI,  XCI,  192 

Wie  der  Mond  sich  leuchtend  dränget    .    .    .    LXIV,  XCI,  110 

Wie  die  Kastraten  klagten IX,  L,  127 

Wie  die  Wellenschaumgeborene  XIV,  XV,  XIX,  XX,  XXI, 

XCIIf., 64 

Wie  dunkle  Träume  stehen     ....    XL,  LXXIX,  XCIV,  124 

Wie  ich  dein  Büchlein  hastig  aufgeschlagen     .   XLVI,  CHI,  51 

Wie  kannst  du  ruhig  schlafen XXV,  101 

Wie  nahm'  die  Armuth  bald  bei  mir  ein  Ende    .  VI,  X,  CI,  231 

Wir  fuhren  allein  im  dunkeln XL,  123 

Wir  haben  viel  für  einander  gefühlt 68 

Wir  sassen  am  Fischerhause  LX,   LXIV,  LXXIH,   LXXIX, 

LXXXVIII 93 

Wir  wollen  jetzt  Frieden  machen XCII,  204 

Wo  ich  bin,  mich  rings  umdunkelt XXIV,  85 

Wünnebergiade XLIX,  C,  211 

Zu   dem  Wettgesange  reiten  .    .    XLIV,  XC,  XCIII,  XCIV,  40 

Zu  der  Lauheit  und  der  Flauheit VI,  XCIV,  209 

Zu  Dresden  in  der  schönen  Stadt  der  Elbe     .    .    .    L,  CI,  230 

Zueignung.    An  Salomon  Heine 239 

Zu  fragmentarisch  ist  Welt  und  Leben LI,  118 

Zufrieden  nicht  mit  Deinem  Eigenthume  .    .  VI,  XCVIII,  CI,  236 

Zu  Halle  auf  dem  Markt LXXXVII,  129 


Inhalt. 


Einleitung. 


Seite 


I.  Zweck  der  vorliegenden  Ausgabe. 

Texte  in  ältester  Gestalt.  Beispiele  ein- 
greifender Änderungen.  ('Wenn  ich  in  deine 
Augen  seh5,  'Die  alten  bösen  Lieder1  u.  s.  w.)  III 

II.  Analyse  des  Inhalts  der  Heineschen  Jugend- 
gedichte VI 

1)  Heines  Äusserungen  über  sein  persön- 
liches Leben  (Glück  der  Kindheit,  Dich- 
terbewusstsein,  Geldnot,  Krankheit).  Sein 
Selbstgefühl VIII 

2)  Heines  Liebe  zu  Josefa.  Grabesphanta- 
sien     XI 

3)  Heines  Liebe  zu  seiner  Muhme  Amalie. 
Allgemeines.  Schilderung  ihrer  Schön- 
heit       XIII 

A)  Gedichte,    welche    sein   Liebesleben 
unmittelbar  begleiteten XV 

B)  Spätere  zweite  Darstellung  des  Liebes- 
romans.    Gründe  für  dies  Verfahren  XIX 

C)  Schmerzen  der  Erinnerung      .     .     .  XXIV 


III 


Seit« 

Allgemeines    über    die    Gedichte    an 

Amalie  Heine XXVI 

4)  Heines  Liebe  zu  Therese  Heine.  Gründe 
zu  solcher  Annahme.  Die  einzelnen  Ge- 
dichte              XXVII 

5)  Liebesgedichte   allgemeineren  Charakters       XXXVI 

6)  Gedichte  der  'niederen  Minne'     .     .     .       XXXIX 

7)  Liebesballaden   und  Betrachtungen  über 

die  Liebe XLI 

8)  Verwandtenliebe.  Freundschaft.  Ver- 
ehrung für  Künstler  und  Gelehrte    .     .  XLIX 

9)  Satirische  Gedichte XLIX 

10)  Heines  Weltschmerz LI 

11)  Heines  religiöses  Gefühl LIII 

12)  Das  nationale  Gefühl  in  Heines  Jugend- 
gedichten.   Romantische  Begeisterung  für 

das  altdeutsche  Leben LVII 

13)  Die  Seebilder   und  andere  Naturschilde- 
rungen bei  Heine LIX 

14)  Zusammenfassendes  über  Heines  Gefühls- 
leben.    Die  ironischen  Schlusswendungen  LXV 

.  Die  Darstellungsmittel   in  Heines  Jugend- 
gedichten       LXX 

1)  Einzelnes  über  Heines  ästhetische  An- 
schauungen    LXX 

2)  Mythologische  Bestandteile  in  Heines  Ge- 
dichten      LXXII 

3)  Beseelung  der  Natur,  lebloser  und  ab- 
strakter Dinge LXX  VI 

4)  Träume;  Handlung  und  Bewegung  .     .  LXXX1H 

5)  Wunderbare  Verwandlungen    ....  LXXXVI 

6)  Situationsbilder;  ideale  Ferne.     .     .     .  LXXXVH 

7)  Bilder  und  Figuren XC 

8)  Volkston;  Sprache  und  äussere  Form    .  XCV 

9)  Zusammenfassendes  über  Heines  Phanta- 
siebegabung.    Schlusswort CI 


Seite 

IV.  Drucknachweise CV 

Y.  Vergleichende  Übersichten  über  die  An- 
ordnung der  Gedichte  dieses  Neudrucks  in 
älteren  Heineschen  Sammlungen  ....         CXXV 

VI.  Alphabetisches    Verzeichnis    der   Anfangs- 
zeilen und  Überschriften  der  Gedichte .     .       CXXXI 

Buch  der  Lieder. 
Junge  Leiden.     1817—1821. 
Traumbilder. 

I.  Mir  träumte  einst  von  wildem  Minneglüh'n  3 

II.  Ein  langer  Traum,  gar  fürchterlich      .     .  3 

III.  Im  nächt'gen  Traum  hab'  ich  mich  selbst 
geschaut 6 

IV.  Im   Traum  sah   ich    ein   Männchen    klein 

und  putzig 7 

V.  Was  treibt  und  tobt  mein  tolles  Blut  .     .  7 

VI.  Im  süssen  Traum,  bei  stiller  Nacht     .     .  9 
VII.  Nun   hast   du    das  Kaufgeld,   nun   zögerst 

du  doch 11 

Vm.  Ich  kam  von  meiner  Herrin  Haus  ...  14 

IX.  Ich  lag  und  schlief,  und  schlief  recht  mild  19 

X.  Da  hab'  ich  viel'  blasse  Leichen      ...  20 

Lieder. 

I.  Morgens  steh  ich  auf   und  frage      ...  22 

IL  Es  treibt  mich  hin,  es  treibt  mich  her      .  22 

III.  Ich  wandelte  unter  den  Bäumen      ...  23 

IV.  Lieb  Liebchen,  leg's  Händchen  aufs  Herze 
mein 23 

V.  Schöne  Wiege  meiner  Leiden      ....  23 

VI.  Warte,  warte,  wilder  Schiffmann     ...  24 

VII.  Berg'  und  Burgen  schau'  n  herunter      .     .  25 

VIII.  Anfangs  wollt'  ich  fast  verzagen      ...  26 

IX.  Mit  Myrten  und  Rosen,    lieblich  und  hold  26 


Seite 

Romanzen. 

I.  Der  Traurige 27 

IL  Die  Bergstimm 27 

IDT.  Die  Brüder 28 

IV.  Der  arme  Peter.     1 — 3 29 

V.  Lied  des  gefangenen  Räubers      ....  30 

VI.  Die  Grenadier 31 

VII.  Die  Botschaft .  32 

VIEL  Die  Heimführung 33 

IX.  Die  Romanze  vom  Rodrigo 34 

X.  Belsatzar 39 

XI.  Die  Minnesänger 40 

XTI.  Die  Fensterschau 41 

XIH.  Der  wunde  Ritter 42 

XD7.  Des  Knaben  Wasserfahrt 42 

XV.  Das  Liedchen  von  der  Reue 43 

XVI.  An  eine  Sängerinn 45 

XVII.  Das  Lied  von  den  Dukaten 46 

XVIIL  Gespräch  auf  der  Paderborner  Haide  .  47 

XIX.  An  Alexander,  Pr.  von  W 48 

XX.  An  Str 49 

Sonette. 

An  A.  W.  v.  Schlegel      .     .     .  0.     .     .  50 
An  meine  Mutter,    B.    Heine,   geborne   v. 

Geldern.  I.  II 50 

An  H.  Str 51 

Fresko-Sonette  an  Christian  S. 

I.  Ich  tanz'  nicht  mit,  ich  räuchre  nicht  den 

Klötzen 52 

n.  Gieb   her   die   Larv',    ich   will  mich  jetzt 

maskieren 52 

III.  Ich  lache  ob  den  abgeschmackten  Lauen .  53 

IV.  Im  Hirn  spukt  mir  ein  Mährchen  wunder- 
fein    53 

V.  In  stiller,  wehmuthweicher  Abendstunde  .  54 

Littcraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.  27.  k 


Seite 

VI.  „Als  ich  vor'm  Jahr,  mein  Lieb,  dich  wie- 
derblickte   54 

VII.  Hut'  dich,  mein  Freund,  vor  grimmen  Teu- 
felsfratzen   55 

VIII.  Du  sah' st  mich   oft   im  Kampf  mit  jenen 

Schlingeln 55 

IX.  Ich  möchte  weinen,  doch  ich  kann  es  nicht       55 


Lyrisches  Intermezzo.     1822 — 1823. 

Prolog  (Früher:  das  Lied  vom  blöden  Ritter) 
I.  Im  wunderschönen  Monat  Mai  . 
IL  Aus  meinen  Thränen  spriessen 


57 

58 

59 

III.  Die  Rose,  die  Lielje,  die  Taube,  die  Sonne       59 

59 
59 
60 
60 
60 
61 
62 
62 


IV.  Wenn  ich  in  deine  Augen  seh 

V.  Dein  Angesicht,  so  lieb  und  schön . 

VI.  Lehn'  deine  Wang'  an  meine  Wang' 

VH.  Ich  will  meine  Seele  tauchen 

VIII.  Es  stehen  unbeweglich      .     . 

IX.  Auf  Fitigeln  des  Gesanges     . 

X-  Die  Lotosblume  ängstigt  . 

XL  Im  Rhein,  im  heiligen  Strome 

XII.  Du  liebst  mich  nicht,   du  liebst  mich  nicht       62 

Xin.  0  schwöre  nicht  und  küsse  nur      ...       63 

XIV.  Auf  meiner  Herzliebsten  Aeugelein      .     .       63 

XV.  Die  Welt  ist  dumm,  die  Welt  ist  blind  .       63 

XVI.  Liebste!  heut  sollst  du  mir  sagen   ...       64 

XVII.  Wie  die  Wellenschaumgeborene  ....       64 

XVIII.  Ich  grolle  nicht,  und  wenn  das  Herz  auch 

bricht 65 

XIX.  Ja,  du  bist  elend,  und  ich  grolle  nicht    .       65 

XX.  Das  ist  ein  Flöten  und  Geigen ....       65 

XXL  So  hast  du  ganz  und  gar  vergessen    .     .       66 

XXH.  Und  wtissten's  die  Blumen,  die  kleinen  .       66 

XXIII.  Warum  sind  denn  die  Rosen  so  blass      .       66 

XXrV.   „Sie  haben  dir  viel  erzählet 67 

XXV.  Die  Linde  blühte,  die  Nachtigall  sang     .       68 
XXVI.  Wir  haben  viel  für  einander  gefühlt    .  68 


XXVII.  Du  bliebest  mir  treu  am  längsten 

XXVIII.  Die  Erde  war  so  lange  geitzig  . 

XXIX.  Und  als  ich  so  lange,    so    lange    gesäumt 

XXX.  Die  blauen  Veilchen  der  Aeugelein 

XXXI.  Die  Welt  ist  so  schön  und  der  Himmel  so  blau 

XXXII.  Mein  süsses  Lieb,  wenn  du  im  Grab 

XXXIH.  Ein  Fichtenbaum  steht  einsam    . 

XXXIV.  Ach!  wenn  ich  nur  der  Schemel  war 

XXXV.  Seit  die  Liebste  war  entfernt     . 

XXXVI.  Aus  meinen  grossen  Schmerzen 

XXXVH.  Ich  kann  es  nicht  vergessen 

XXXVin.  Philister  in  Sonntagsröcklein 

XXXIX.  Manch  Bild  vergessener  Zeiten  . 

XL.  Ein  Jüngling  liebt  ein  Mägdlein 

XLI.  Hör'  ich  das  Liedchen  klingen  . 

XLH.  Mir  träumte  von  einem  Königskind'    . 

XLHI.  Mein  Liebchen,  wir  sassen  beisammen 

XLIV.  Aus  alten  Mährchen  winkt  es    .     .     . 

XLV.  Ich  hab'  dich  geliebet  und  liebe  dich  noch 

XL  VI.  Am  leuchtenden  Sommermorgen 

XL VII.  Es  leuchtet  meine  Liebe  .... 

XL VIII.  Sie  haben  mich  gequälet  .... 

XLIX.  Es  liegt  der  heisse  Sommer  .     . 

—  L.  Wenn  Zwei  von  einander  scheiden 

LI.  Sie  sassen  und  tranken  am  Theetisch 

LII.  Vergiftet  sind  meine  Lieder  . 

Lni.  Mir  träumte  wieder  der  alte  Traum 

LIV.  Ich  steh'  auf  des  Berges  Spitze 

LV.  Mein  Wagen  rollet  langsam  . 

LVI.  Ich  hab'  im  Traum'  geweinet    . 

LVH.  Allnächtlich  im  Traume  seh'  ich  dich 

LVHI.  Das  ist  ein  Brausen  und  Heulen    . 

LLX.  Der  Herbstwind  rüttelt  die  Bäume 

LX.  Es  fällt  ein  Stern  herunter    .     .     . 

LXI.  Der  Traumgott  bracht'  mich  in  ein  Riesen 

schloss  


LXII.  Die  Mitternacht  war  kalt  und  stumm 
LXIII.  Am  Kreuzweg  wird  begraben    .     . 
LXIV.  Wo  ich  bin,  mich  rings  umdunkelt 

LXV.  Nacht  lag  auf  meinen  Augen     .     . 
LXVI.  Das  alte  Jahr  so  traurig  .... 


II. 

m. 


Die  Heimkehr.     1823—1824. 

I.  In  mein  gar  zu  dunkles  Leben 

Ich  weiss  nicht,  was  soll  es  bedeuten 
Mein  Herz,  mein  Herz  ist  traurig  . 
IV.  Im  Walde  wandl'  ich  und  weine  . 
V.  Die  Nacht  ist  feucht  und  stürmisch 
VI.  Als  ich  meines  Liebchens  Familie  . 
VII.  Wir  sassen  am  Fischerhause       .     . 
VIII.  Du  schönes  Fischermädchen  . 
IX.  Der  Mond  ist  aufgegangen    . 
X.  Der  Wind  zieht  seine  Hosen  an     . 
XI.  Der  Sturm  spielt  auf  zum  Tanze    . 
XII.  Der  Abend  kommt  gezogen  . 

XIII.  Wenn  ich  an  deinem  Hause      .     . 

XIV.  Das  Meer  erglänzte  weit  hinaus 
XV.  Da  droben  auf  jenem  Berge  .     .     . 

XVI.  Am  fernen  Horizonte 

XVII.  Sei  mir  gegrüsst,   du  grosse  .     . 
XVIII.  So  wandr'  ich  wieder  den  alten  Weg 
XIX.  Ich  trat  in  jene  Hallen     .... 

Still  ist  die  Nacht,  es  ruhen  die  Gassen 
Wie  kannst  du  ruhig  schlafen  . 
Die  Jungfrau  schläft  in  der  Kammer 
Ich  stand  in  dunkeln  Träumen. 
Ich  unglücksel'ger  Atlas!  eine  Welt 
Die  Jahre  kommen  und  gehen  . 
XXVI.  Mir  träumte:  traurig  schaute  der  Mond 
XXVn.  Was  will  die  einsame  Thräne    .     . 
XXVHI.  Der  bleiche,  herbstliche  Halbmond 
-""XXLX.  Das  ist  ein  schlechtes  Wetter    .     . 
XXX.  Man  glaubt  dass  ich  mich  gräme    . 


XX. 

XXI. 

XXII. 
XXIII. 
XXIV. 

XXV. 


Seite 

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107 
107 

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107 
108 


XXXI.  Deine  weichen  Liljenfinger    .... 
XXXH.   „Hat  sie  sich  denn  nicht  geäussert 
XXXTTT.  Sie  liebten  sich  Beide,  doch  Keiner    . 
XXXIV.  Und  als    ich  Euch   meine  Schmerzen    ge 

klagt 

XXXV.  Ich  rief  den  Teufel,  und  er  kam    .     . 

XXXVI.  Mensch!  verspotte  nicht  den  Teufel    .     , 

XXXVII.  Die  heiPgen  drey  Kön'ge  aus  Morgenland  108 

XXX VIH.  Mein  Kind,  wir  waren  Kinder  .     .     .     .  109 

XXXIX.  Das  Herz    ist  mir  bedrückt,  und  sehnlich  110 

XL.  Wie  der  Mond  sich  leuchtend  dränget     .  110 

XLI.  Im  Traum  sah  ich  die  Geliebte      .     .     .  111 

XLH.   „Theurer  Freund!  Was  soll  es  nützen     .  112 

XLHI.  Werdet  nur  nicht  ungeduldig     .     .     .     .  112 

XLIV.  Nun  ist  es  Zeit,  dass  ich  mit  Verstand   .  113 

XLV.  Den  König  Wiswamitra 113 

XL  VI.  Herz,  mein  Herz  sey  nicht  beklommen    .  113 

XL Vn.  Du  bist  wie  eine  Blume 114 

XLVHI.  Kind!  es  wäre  dein  Verderben      .     .     .  114 

XLIX.  Wenn  ich  auf  dem  Lager  liege       .     .     .  114 

L.  Mädchen  mit  dem  rothen  Mündchen    .     .  115 

LI.  Mag  da  draussen  Schnee  sich  thürmen     .  115 

LH.  Andre  beten  zur  Madonne 115 

Lin.  Verrieth  mein  blasses  Angesicht      .     .     .  116 

LIV.  Theurer  Freund,   du  bist  verliebt   .     .     .  116 

LV.  Ich  wollte  bei  dir  weilen 116 

LVL  Saphire  sind  die  Augen  dein      .     .     .     .  117 

LVH.  Habe  mich  mit  Liebesreden 117 

LVHL  Zu  fragmentarisch  ist  Welt  und  Leben    .  118 

LIX.  Ich  hab'  mir  lang  den  Kopf  zerbrochen  .  118 

LX.  Sie  haben  heut  Abend  Gesellschaft      .     .  118 

LXL  Ich  wollt',  meine  Schmerzen  ergössen      .  119 

LXH.  Du  hast  Diamanten  und  Perlen      .     .     .  119 

LXHI.  Wer  zum  erstenmale  liebt 120 

LXW.  Gaben  mir  Bath  und  gute  Lehren       .     .  120 

LXV.  Diesen  liebenswürd'gen  Jüngling    .      .     .  120 


LXVI.  Mir  träumt:  ich  bin  der  liebe  Gott 
LXVII.  Ich  hab'  Euch  im  besten  Juli  verlassen 
LXVm.  Von  schönen  Lippen  fortgedrängt,  getrieben 
LXIX.  Wir  fuhren  allein  im  dunkeln    . 
LXX.  Das  weiss  Gott,  wo  sich  die  tolle 
LXXI.  Wie  dunkle  Träume  stehen .     . 
LXXH.  Und  bist  du  erst  mein  ehliches  Weib 
LXXIII.  An  deinen  schneeweissen  Busen     . 
LXXIV.  Es  blasen  die  blauen  Husaren  .     . 
LXXV.  Habe  auch,  in  jungen  Jahren    .     . 
LXXVI.  Bist  du  wirklich  mir  so  feindlich   . 
LXXVII.  Ach,  die  Augen  sind  es  wieder 
LXXV  Hl.  Selten  habt  Ihr  mich  verstanden    . 
LXXIX.  Wie  die  Kastraten  klagten  .     .     . 
LXXX.  Auf  den  Wällen  Salamankas      .     . 
LXXXI.  Neben  mir  wohnt  Don  Henriques . 
LXXXH.  Kaum  sahen  wir  uns,  und  an  Augen 

Stimme 

LXXXin.  Über  die  Berge  steigt  schon  die  Sonn 

LXXXIV.  Zu  Halle  auf  dem  Markt      .     .     . 

LXXXV.  Dämmernd  liegt  der  Sommerabend . 

LXXXVI.  Nacht  liegt  auf  den  fremden  Wegen 

LXXXVH.  Der  Tod,  das  ist  die  kühle  Nacht 

LXXXVIH.  „Sag',  wo  ist  dein  schönes  Liebchen 

Götterdämmerung 

Eatcliff 

Donna  Clara 

Almansor.     I— HI 

Die  Wallfahrt  nach  Kevlaar.     I — IH 


und 


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140 
144 


Aas  der  Harzreise.     1824. 

Vorspiel 147 

I.  Berg-Idylle.     I— HI 148 

H.  Der  Hirtenknabe 154 

IH.  Auf  dem  Brocken 155 

-  IV.  Die  Use 156 


Seite 

Die  Nordsee. 

Erste  Abteilung.     1825. 

I.  Huldigung 158 

— -  II.  Abenddämmerung 159 

III.  Sonnenuntergang 160 

IV.  Die  Nacht  am  Strande 162 

V.  Poseidon   . 164 

VI.  Erklärung 165 

VE.  Nachts  in  der  Cajtite 166 

VIII.  Sturm 169 

IX.  Meeresstille 170 

X.  Seegespenst 171 

XI.  Reinigung 173 

XII.  Frieden 174 

Zweite  Abteilung.    1826. 

I.  Meergruss 177 

II.  Gewitter 179 

EI.  Der  Schiffbrüchige 180 

IV.  Sonnenuntergang 181 

V.  Der  Gesang  der  Okeaniden 183 

VI.  Die  Götter  Griechenlands 185 

VII.  Fragen 188 

VHI.  Der  Phönix 189 

IX.  Im  Hafen 190 

X.  Epilog 192 

Nachlese. 

Liebeslieder. 

Erste  Abteilung. 

I.  Die  weisse  Blume 195 

—  H.  Minnegruss 196 

III.  Minneklage 196 

IV.  Sehnsucht 198 

V.  Wenn  ich  bey  meiner  Liebsten  bin    .     .  198 


Seite 

VI.  An  Sie 199 

""-VII.  Schöne,  helle,  goldne  Sterne 199 

VIII.  Es  schauen  die  Blumen  alle 199 

IX.  Jegliche  Gestalt  bekleidend 200 

X.  Ich  glaub'  nicht  an  den  Himmel    .     .     .  200 
XI.  Ich  dacht'  an  sie  den  ganzen  Tag       .     .  201 

XII.  Es  fasst  mich  wieder  der  alte  Muth   .     .  202 

XIII.  Die  Welt  war  mir  nur  eine  Marterkammer  202 

XIV.  Die  Wälder  und  Felder  grünen      .     .     .  203 
XV.  Wenn  junge  Herzen  brechen   .     .      .     .  203 

Zweite  Abteilung. 

I.  Du  Lilie  meiner  Liebe 204 

H.  Wir  wollen  jetzt  Frieden  machen  .     .     .  204 

III.  In  den  Küssen  welche  Lüge      .     .     .     .  205 

IV.  Du  sollst  mich  liebend  umschliessen    .     .  205 

V.  Als  Sie    mich   umschlang  mit    zärtlichem 
Pressen 205 

VI.  Himmlisch  war's,  wenn  ich  bezwang  .     .  205 

VII.  Hast  du  die  Lippen  mir  wund  geküsst    .  206 
VHI.  Blamir'  mich  nicht,  mein  liebes  Kind .     .  206 

IX.  Ja,  Freund,  hier  unter  den  Linden     .     .  206 

X.  Erinnerung 207 

XI.  Schöne,  wirtschaftliche  Dame  ....  209 
Xu.  0,  mein  genädiges  Fräulein,  erlaubt    .     .  209 

XHI.  Zu  der  Lauheit  und  der  Flauheit  ...  209 

XIV.  Ich  wollte  meine  Lieder 210 

Vermischte  Gedichte. 

I.  Wünnebergiade 211 

Erster  Gesang 211 

Zweiter  Gesang 213 

H.  Wenn    die  Stunde  kommt,  wo    das   Herz 

mir  schwillt 215 

HI.  Als  ich  ging  nach  Ottensen  hin      .     .     .  215 

IV.  Die  Weihe 215 

V.  Sohn  der  Thorheit!  träume  immer      .     .  217 


Seite 

VI.  Ahnung 220 

VII.  Die  Lehre 221 

VIII.  Traum  und  Leben 221 

IX.  Ständchen  eines  Mauren 222 

X.  Steiget  auf,  Ihr  alten  Träume    .     .     .     .  223 

XL  Ich  will  mich  im  grünen  Wald  ergehn    .  224 

XII.  Auf  den  Wolken  ruht  der  Mond   .     .     .  224 

XIII.  Eingehüllt  in  graue  Wolken      ....  225 

XIV.  Seekrankheit 225 

XV.  Lieben  und  Hassen,  Hassen  und  Lieben.  227 

XVI.  Freundschaft,  Liebe,  Stein  der  Weisen    .  227 

XVII.  Dass  ich  dich  liebe,  o  Möpschen    .     .     .  228 

XVffl.  Tag  und  Nacht  hab'  ich  gedichtet      .     .  228 

XIX.  Das  Bild 228 

XX.  Das  projektirte  Denkmal  Goethe's  in  Frank- 
furt        228 

XXI.  (An  Edom!) .229 

XXII.  Brich  aus  in  lauten  Klagen 229 

XXHI.  Dresdener  Poesie 230 

XXTV.  Bamberg  und  Würzburg 230 

XXV.  Burleskes  Sonett 231 

XXVI.  Ochse,  deutscher  Jüngling,  endlich      .     .  231 

XXVII.  Selig  dämmernd,  sonder  Harm  .     .     .     .  232 

An  Personen. 

I.  An  Franz  v.  Z 233 

H.  Ich  wohnte  früher  weit  von  hier    .     .     .  234 

IH.  Die  Nacht  auf  dem  Drachenfels      .     .     .  234 

IV.  Oben  auf  dem  Rolandseck 234 

V.  An  Friz  von  Beughem 235 

VI.  An  Friz  St 235 

VII.  Der  schlimmste  Wurm :  des  Zweifels  Dolch- 
gedanken    236 

VIII.  Zufrieden  nicht  mit  Deinem  Eigenthume.  236 
IX.  Bang  hat  der  Pfaff  sich  in  der  Kirch  ver- 
krochen       237 

X.  An  J.  B.  R 237 

k** 


Seite 

XL  An  den  Hofrath  Georg  S.  in  Göttingen  .  238 

XII.   „Aucassin  und  Nicolette" 238 

XIII.  An  Maximilian  Heine 239 

XIV.  Zueignung.     An  Salomon  Heine     .     .     .  239 

Übersetzungen  aus  Lord  Byrons  Werken. 

Manfred 240 

Lord  Byrons  Lebewohl 249 

An  Inez 251 

Gut'  Nacht 253 


Sud)  öer  Siebet 


[Vignette] 


üon 


♦  Ijeiue. 


öumbuvji 
bei  ^offmann   unb   @ampe. 

1827. 


1817—1821. 


[5]  {EraumfrUfrEr, 

i. 

SJlir  träumte  einft  t>on  roilbem  -JKinnegKilj'n, 
SBon  fyübftfjen  Socfen,  SDRprten  unb  9tefebe, 
SBon  füfjen  Sippen  unb  mm  bittrer  Siebe, 
SBon  büft'rer  Sieber  büfter'n  Sttelobie'n. 

SSerblitfjen  unb  oerroeljt  finb  längft  bie  träume,  5 

SBerroefyt  ift  aud)  mein  liebfte£  £raumgebilb! 
©eblieben  ift  mir  nur  mag  gluterfüftt 
%<fy  einft  gegoffen  \)ab'  in  raeitfje  -Keime. 

S)u  bliebft,  nerroaiftes  Sieb!     33erroefy'  je§t  and), 
Unb  futf/  ba£  Straumbilb,  ba3  mir  längft  entfdjrounben,  10 
Unb  grüfje  mir' 3,  roenn  bu  e§  aufgefunden,  — 
Sern  luft'gen  ©Ratten  fenb'  id)  luft'gen  £aud). 

[6j  II. 

©in  langer  Xraum,  gar  fürdjterlid) 
Unb  rounberfam,  erftfjreclte  mid). 
3loti)  fdnnebt  mir  »or  mana)  graufig  23üb, 
Unb  ftürmt  unb  mögt  im  öufen  roilb. 


4 


5  ®§  mar  ein  ©arten  nmnberfcfyön, 

$)a  roottt'  icf)  traultcr)  midf)  ergeljn; 
3SieI  Slümlein  meine  2lugen  fafm, 
$c(j  tyatte  meine  $reube  bran. 

@§  groitfdfierten  bie  SSögelein 
10  ©ar  muntre  Siebegmelobein ; 

3Son  ©olbglang  fd^ien  bie  ©onn'  umftralt, 
&ie  SlümdEjen  luftig  bunt  bemalt. 

©üft  33alfambuft  au§  Kräutern  rinnt, 
2)ie  Stifte  roefjen  Heb  unb  linb; 
15  Unb  alles  flimmert,  atte§  lad)t, 

Unb  geigt  mir  freunblidf)  feine  Sßracfyt. 

[7]  Unb  mitten  in  bem  S3lumen(anb 
©in  flarer  Sftarmorbronnen  ftanb, 
£>a  fdjaut  icfj  eine  fcfjöne  -SRaib, 
so  2)ie  emjtg  roufdfj  ein  roeifjeS  $leib. 

2)ie  Sßangen  bleidf),  bie  Sleuglein  milb, 
(Sin  rounberfameS  $immeföbilb! 
Unb  mie  icfj  fcfjau,  bie  9Jcaib  tdj  fanb 
©o  fremb  unb  bodfj  fo  roofylbefannt. 

25  $)ie  fdfjöne  9Jtatb  beeilt  fidf;  fefyr, 

©ie  fummt  ein  feltfam  Siebten  f)er: 
9tinne,  rinne  2öafferlein, 
2öafd;e,  roafdfje  £embe  rein! 

%d)  tarn  unb  nährte  midtj  ju  ifjr, 
30  Unb  lifpelte:  D  fage  mir, 

£)u  roonneootte,  fdfjöne  -üEftatb, 
2Bem  Ijöret  biefe§  roeifte  0eib? 

3)a  fpracf)  fie  fcfmetf:  <5ei  balb  bereit, 
3>df)  roafdfje  bir  bein  Stobtenfleib ! 
äs  Unb  roie  fie  bieg  gefprodfjen  bar, 

2tuf  einmal  atte§  fdfjrounben  mar.  — 


[8]  2lnftarrte  mid;  ein  roilber  2Balb; 
©ar  fdjauerlid)  roar'3  brin  unb  falt. 
2)ie  SBäume  ragten  rjimmelan: 
$>dj  ftanb  unb  ftaunt',  unb  fann  unb  fann.  40 

3krnel)me  bumyfen  2Bieberl;all, 
2öie  ferner  2le£tenfd)läge  ©djall, 
Unb  eil'  in  Sufd;  unb  2Silbni£  fort, 
Unb  fomm'  an  einen  freien  Drt. 

inmitten  in  bem  grünen  9iaum,  45 

2)a  ftanb  ein  großer  ©idjen&aum, 
Unb  ftelj !  bie  SRaib  id)  roieber  fdjaut, 
Sie  etnfig  in  ben  @id;ftamm  Ijaut. 

Unb  ©djlag  auf  <Scr}lag,  unb  fonber  2öeil 
©ummt  fie  ein  Sieb  unb  fdjroingt  ba§  Seil:  so 

(Sifen  blinf,  ßifen  blanf, 
3itnmre  Ijurtig  ©idjenfdjranf ! 

£>d)  tarn  unb  nährte  mid;  gu  iljr, 
Unb  lifpelte:  D  fage  mir, 

!Du  roonneoolle  9ftagebein,  55 

3Bem  jimmerft  bu  ben  ©idjenfdjrein? 

[9]  2)a  fprad;  fie  fdmell:  2)ie  $eit  ift  larg, 
$dj  jimmre  bir  ben  iobtenfarg. 
Unb  roie  fie  bie3  gefprodjen  bar, 
Stuf  einmal  alle3  fdmntnben  mar.  —  eo 

@§  lag  fo  Meid),  e§  lag  fo  roeit 
Ringsum  nur  fafjle,  fafjle  £aib; 
$d)  roufjte  nidjt,  roie  mir  gefdjal), 
Unb  fyeimlidj  fdjaurenb  ftanb  idj  ba. 

Unb  nun  idj  eben  fürber  fdjroeif,  es 

©eroafyr'  id)  einen  roeifjen  ©treif. 
3>d;  eil'  lier^u,  unb  eilt,  unb  ftanb, 
Unb  fiel}!  bie  fd)öne  9Jiaib  id)  fanb! 


2luf  roeiter  #aib'  ftanb  roeifje  9Jlaib, 
70  ©rub  in  bie  @rb  mit  ©rabeSfdjeit. 

$aum  roagt'  idfj  nodEj  fie  anguf  djaun ; 
©o  milb  unb  fdEjön,  unb  bodtj  oott  ©raun. 

SDie  fdfjöne  9ftaib  beeilt  fid^  fet)r, 
«Sie  fummt  ein  feltfam  Sieblein  f)er: 
75  ©paten,  Späten,  fd^arf  unb  breit, 

Schaufle  ©rube  tief  unb  roeit! 

[10]  %<fy  iam  unb  näl/rte  micfj  j$u  i§r, 
Unb  lifpelte:  D  fage  mir, 
2)u  roonnetiotte,  fd£)öne  9Jtaib, 
so  3Ba3  biefe  ©rube  fjier  bebeut' ? 

3)a  fpradf)  fie  fdfmeff:  bereit  bidfj  Ijab', 
$d£j  fd^aufle  bir  bein  eignet  ©rab. 
Unb  aU  fo  fprad^  bie  SBunbermaib, 
2)a  öffnet  fidfj  bie  ©rube  roeit; 

85  Unb  ba  icfj  in  bie  ©rube  fdjaut', 

(Sin  falter  ©cljauber  midfj  burdfjgraut; 
Unb  in  bie  bunfle  5ftitternacf)t 
Stürmt'  idfj  hinein  —  unb  bin  errcmdfjt. 

[11]  III. 

^m  nädjt'gen  SCraum  Ijab'  idfj  midtj  felbft  geflaut, 
^n  fdEjroarsem  ©atta^racf  unb  feibner  SBefte, 
9Jianfd(jetten  an  ber  ^anb,  aU  ging'3  jum  $efte, 
Unb  oor  mir  ftanb  mein  Siebten  füfj  unb  traut. 

s      3$  beugte  midtj  unb  fpracfj  im  |>ofton:  ,,©inb  ©ie  35raut? 
(£i,  ei!  fo  gratulir'  id^,  meine  S3e^te ! "  — 
DodEj  faft  bie  $ef)le  mir  jufammenprefjte 
25er  langgejog'ne,  trorneljm  falte  Saut. 

Unb  bittre  £fjränen  plöfclicfj  ftd£)  ergoffen 
io  3lu£  SiebdEjenä  2lugen,  unb  in  j^ränenroogen 
Sft  mir  baä  r)olbe  Silbnifj  faft  jerfloffen. 


D  füfje  2Iugen,  fromme  Siebeäfterne, 
Dbfdfjon  %1)T  mir  im  SBadjen  oft  gelogen, 
Unb  auä)  im  £raum,  glaub'  idjj  @ud)  bennodj  gerne. 

[12]  IV. 

3m  £raum  fafy  idj  ein  ^Jlänndjen  Kein  unb  pu£ig, 
2>a§  ging  auf  ©teilen,  ©d^ritte  etfenmeit, 
£rug  roeifje  2Bäfd)e  unb  ein  feinet  ßleib, 
^nroenbig  aber  mar  e§  grob  unb  fd>mu$ig. 

^nroenbig  mar  e3  jämmerlidj,  nid)t§nu$ig,  5 

^ebod)  oon  aufjen  »öfter  9Bürbig!eit; 
3Son  ber  Sourage  fpradE)  e3  lang  unb  breit, 
Unb  tt)at  fogar  redpt  ftu£ig  unb  redpt  truijig. 

„Unb  roeift  bu,  mer  ba§  ift?    $omm  ^er  unb  fdjau'!" 
©0  fprad}  ber  £raumgott,  unb  er  geigt  mir  fd)lau  10 

2)ie  33ilberflutfj  in  eines  ©ptegelö  Stammen. 

3Sor  einem  Slltar  ftanb  ba§  SRänndfjen  ba, 
9ttein  Sieb  baneben,  beibe  fpradfjen:  $a! 
Unb  taufenb  Teufel  riefen  ladjenb:  3(men! 

[13]  V. 

2BaS  treibt  unb  tobt  mein  totte§  SBlut? 
2öa§  flammt  mein  §er§  in  railber  ©lut? 
@3  fodjt  mein  33lut  unb  gifcfjt  unb  gätjrt, 
Unb  grimme  ©lut  mein  ^erg  oergefyrt. 

£>a§  Slut  ift  toll,  bie  flamme  roilb,  5 

Sßeil  ju  mir  lam  ein  £raumgebilb; 
@3  fam  ber  finftre  ©ofm  ber  -ftadljt, 
Unb  fyat  mia)  feudjenb  fortgebradjt. 

@r  bracht'  mid)  in  ein  IjetteS  $au§, 
2Bo  $a<Mglanj  unb  $arfenbrau§;  10 

3SieI  bumpfe  Stimmen  flotten  brein; 
%ä)  tarn  jum  ©aal,  ia)  trat  fyinetn. 


8 


3)a3  roar  ein  luftig  §od^§eitfeft ; 
3u  £afel  fafjen  frof)  bie  ©äff. 
15  ©ar  üome^m  fafe  ber  SBräutgam  ba,  — 

D  2Bel)!  mein  Sieb  als  33raut  idf)  falj. 

[14]  @3  roar  mein  eigne«  Siebten  füfj, 
S)ie  bort  ein  3Rann  fein  Sräutdjen  l)ief$; 
©icfjt  Ijinter'm  @ljrenftul)l  ber  Sraut, 
20  35a  6Iie6  id[>  ftel)n,  gab  feinen  Saut. 

@S  raufet  «Wuftf,  —  gar  ftitt  ftanb  idjj ; 
S)er  $reubenlärm  betrübte  mid^. 
35er  Sräutgam  oft  gar  järtlicij  blicft, 
3)ie  SBraut  erroieberf  §  Ijolb,  unb  nidrt. 

25    :  35er  33räutgam  füllt  ben  23edfjer  fein, 

Unb  trinft  barauS,  unb  reicht  gar  fein 
35er  SBraut  tljn  Ijtn;  fie  lädfjelt  35anf,  — 
D  Sßelj!  mein  rotljeS  SBlut  fie  tranf. 

35ie  Sraut  ein  ^übfd^eg  Slepflein  na^m, 
30  Unb  reicht  es  l»n  bem  Bräutigam. 

35er  nafym  fein  Keffer,  fdjjnitt  hinein,  — 
D  üKßefy!  ba€  roar  ba§  ^erje  mein. 

©ie  äugeln  füfj,  fie  äugeln  lang, 
35er  23räuf  gam  fülm  bie  23raut  umf dfjlang, 
85  Unb  füjst  fie  auf  bie  üfikngen  rotfj,  — 

D  2öef> !  midfj  lü^t  ber  falte  $ob. 

[15]  2Bie  23lei  lag  meine  $ung'  im  9Hunb\ 
3)afj  idfj  fein  Sßörtlein  fpredpen  funt. 
35a  raufet  eg  auf,  ber  !£ans  begann; 
*o  35a§  fcfjmucfe  ^Brautpaar  tangt  voran. 

Unb  roie  icfj  ftanb  fo  leidpenftumm, 
35ie  länger  fdjroeben  flinf  Ijerum;  — 
3roei  leife  2Börtlein  SBräuf  gam  fprid^t, 
SDie  Sraut  roirb  rotl),  bodp  jümt  fie  nidtjt. 


©eS  Öräutgamö  2lugen  $unfen  fprüfy'n; 
©djört  33räutd)en3  Sßangen  fdmmfyaft  glüf)'n; 
©ie  fdjleidfjen  fort  in'§  Srautgemadij ; 
$d)  aber  fa^teidje  fyintennadj. 

.3$  fdtfeicfj'  einher,  unb  gitt're  fefjr, 
9iingg  um  mid;  flammt  ein  ©lutenmeer, 
$)ie  Grbe  unter  mir  erfragt,  — 
$a  gucft  mein  §er^  —  unb  id(j  ermaßt'. 


[16]  VI. 

^m  fü|3en  Xraum,  bei  ftiüer  9iacf)t, 
3)a  fam  gu  mir,  mit  ,3auberprad[)t, 
®ie  lang  erfeljnte  Siebfte  mein, 
Unb  gof  mir  ©lut  in '3  ^erj  hinein. 

Unb  roie  id^>  fdfjau',  erglüf)  td)  roilb  5 

Unb  roie  idj  fcfyau,  fie  lächelt  milb, 
Unb  lächelt  bi£  ba§  §er§  mir  fdjroott, 
Unb  ftürmifd;  tüfyn  ba3  Söort  entquoll: 

„9itmm  fyin,  nimm  afteS  roa§  ba  mein, 
•SRein  Siebfteö  miU  icfj  gern  bir  roeify'n,  10 

®ürft'  id)  bafür  bein  SBufyle  fetm, 
$on  ^ftittemadjt  bis  §almenfdjrei'n." 

$)a  ftaunt'  mid;  an  gar  feltfamlid), 
©0  lieb,  fo  toefy,  unb  inniglid), 
Unb  fprad)  gu  mir  bie  fd&öne  2Jtaib:  15 

<So  gieb  mir  beine  ©eligfeit. 

[17]  „-Stein  Seben  füfj,  mein  junges  SBlut, 
Wäb'  \<fy,  mit  greub  unb  rooljtgemut, 
%üx  btd),  D  -IRabdjen  engelgleidEj,  — 
SDocfj  nimmermehr  ba?  ^immelreid^."  20 


10 


Sßoljl  brauft  Ijeroor  mein  rafcfyeS  üfitort, 
©od^  blühet  fdfjöner  immerfort, 
Unb  immer  fpricfjt  bie  fd£)öne  ÜJtaib: 
D  gieb  mir  beine  ©eligfeit! 

25  £umpf  bröfjnt  bie§  2Bort  mir  in'3  ©e§ör, 

Unb  fdjjleubert  mir  ein  ©lutenmeer 
2Boljl  in  ben  tiefften  (Seelenraum; 
3$  atfjme  ferner,  idj  attyme  taum.  — 

25a^  rooren  roeifje  ©ngelein, 
30  £>ie  glänzten  Ijeff  im  9tofenfcf)em ; 

9iun  aber  [türmte  roilb  herauf 
@in  gräulich  fdEjroarger  Äobolbljauf. 

3)ie  rangen  mit  ben  ©ngelein, 
llnb  brängten  fort  bie  ©ngelein; 
36  Unb  enbtict)  and)  bie  fdfjroarje  ©djaar 

$n  sJtebelbuft  verronnen  mar.  — 

[18]  $cf)  aber  rooEt'  in  Suft  oergefjn, 
3$  Ijielt  im  2lrm  mein  Siebten  fd^ön; 
2ßie'n  9tef)lein  füfj  umfdfjmiegt  fie  midfj, 
40  2>od()  meint  fie  auä)  recr)t  bitterlidf). 

$ein£  Siebdjen  meint;  idEj  roeifj  roarum, 
Unb  füfj'  i^r  Stofenmunblein  ftumm  — 
„D  ftüT,  feins  Sieb,  bie  Sljränenflutf), 
©ieb  fyer,  feinS  Sieb  nur  9JMnneglut." 

45  „(Srgieb  bidfj  meiner  SRinneglut  — " 

35a  plö|liä9  ftarr't  ju  @i£  mein  23lut; 
Saut  bebet  auf  ber  @rbe  ©runb, 
Unb  öffnet  gälmenb  feinen  ©dfjlunb. 

Unb  au§  bem  2lbgrunb  fd^roar^  unb  grauS 
so  (Stieg  roilb  bie  fdfjroarge  SdEjaar  Ijerauä. 

2lu3  meinen  2lrmen  fcfymanb  fein§  Sieb; 
$df)  gang  alleine  fielen  blieb. 


11 


Da  tanjt  int  Greife  rounberbar, 
Um  midfj  fyerum,  bie  fcfyroarge  ©cfyaar, 
Unb  brängt  fyeran,  erfaßt  midlj  balb,  55 

Unb  gellenb  ,£joImgeläcf)ter  fdfjallt. 

[19]  Unb  immer  enger  roirb  ber  Äreis, 
Unb  immer  fummt  bie  ©dEjauerroeif ' : 
Du  gabeft  f)in  bie  ©eligfeit, 
©eljörft  um3  nun  in  Güroigfeit!  eo 


[20]  VII. 

üJhm  fjaft  bu  ba3  $aufgelb,  nun  jögerft  bu  bod)  ? 
Slutfinft'rer  ©efell,  ma§  gögerft  bu  nodE)? 
©dfjon  fi£e  idf)  fjarrenb  im  Kämmerlein  traut, 
Unb  9ftitternad)t  nai)t  fdjon  —  e§  fe§It  nur  bie  33raut. 

3SieI  fcfjauernbe  Süftcfjen  nom  ®ircf)l)ofe  roefj'n;  —        5 
%fyv  Süftdfjen,  en!  Imbt  $l)r  mein  Sräutcfyen  gefelm? 
$te(  blaffe  Samen  geftalten  fid£)  ba, 
Umlnijen  micf)  grinfenb,  unb  niclen:   D  ja! 

$acf  auä,  roa§  bringft  bu  für  SBotfdfjafterei, 
Du  fdfjroarfler  ©dfjlingel  in  ?yeuer=2it)rei  ?  10 

Die  gnäbige  ^errfd^aft  melbet  fidp  an, 
©leicj)  fommt  fie  gefahren  im  Dracfjen=©efpann. 

Du  Ijerglieb  grau  ^Ränndpen,  mag  ift  bein  Segeljr? 
3Jtein  tobter  3Jiagifter,  rca£  treibet  bidf)  l)er? 
@r  fcfjaut  midfj  mit  fdfjroeigenb  trübfeligem  SBlicf,  15 

Unb  fdljüttelt  ba§  ^aupt  unb  roanbelt  jurücf. 

[21]  2öa3  roinfelt  unb  roebelt  mein  jott'ger  ©efell? 
3Ha$  glimmert  ©d[jn)arg=$ater3  2luge  fo  Ijell? 
28aä  ijeulen  bie  SBeiber  mit  fliegenbem  #aar? 
3ßae  lullt  mir  $rau  2lmme  mein  Söiegenlieb  gar?  20 


12 


$rau  2lmme  bleib  Ijeuf  mit  bem  ©ingfang  gu  #aus, 
S)aS  ©oapopena  ift  lange  fd^on  au3; 
$dj  fei're  ja  Ijeute  mein  ^od^geitfeft  — 
©a  fd;au  mal,  bort  fommen  fdjon  gierlidEje  ©äff. 

2)a  fcfmu  mal!  —  %f)x  Ferren,  ba§  nenn'  ia)  galant, 
%$x  tragt  ftatt  ber  £üte  bie  $öpf  in  ber  §anb! 
$lir  ,3appelbem=£eutd()en  im  ©algen=Drnat, 
©er  2öinb  ift  ftill,  rcarum  fommt  Sftr  fo  fpatV 


^ltbefenftiel=3Rütterdjen  roacfelt  bort  fdjon, 
3o2ldj  fegne  mid)  SRüttercfien,  bin  ja  bein  ©olm! 
2)a  gittert  ber  9ftunb  im  roeifjen  ©efidjt, 
„3n  ©oigfeit  2lmen!"  alt  9Jtütterd;en  fprtdjt. 

3roölf  rainbbürre  SRufifer  fcfjlenbern  herein; 
Sölinb  $iebelroeib  Ijolpert  rool)l  Ijintenbrein. 
35  25a  fdjleppt  ber  §an§n)urft,  in  buntfdjetfHgter  %aä ', 
©en  £obtengräber  Imcfepad. 

[22]  ©a  tangen  groölf  $lofter=$Sungfrauen  fjerein, 
2)ie  fdjielenbe  Kupplerin  führet  ben  iföeilj'n; 
£)a  folgen  groölf  lüfterne  ^fäffelein  fdron, 
40  Unb  pfeifen  ein  ©djanblieb  im  Äirdjenton. 

£err  Probier,  o  fdjrei  bir  nidjt  blau  ba3  ©efidjt, 
3>m  ^egfeuer  nü|t  mir  bein  Spelgröcfel  nid;t; 
©ort  fjeiget  man  gratig  $a§r  au$,  ^afyx  ein, 
(Statt  mit  ^olj  mit  $ürften=  unb  23ettler=@ebein. 

45      £>ie  S(umen=2Räb($en  ftnb  bucflig  unb  !rumm, 
Unb  purgeht  fopfüber  im  ^immer  Ijerum. 
3$r  (Mengefidfjter  mit  ^jeufdfjredenbetn, 
$ei!  lajjt  mir  ba§  SRippen^eflapper  nur  fenn. 

2)ie  fämmtlidfje  ^btt'  ift  lo3  fürmaljr! 
so  llnb  lärmet  unb  fdjroärmet  in  roadjf  enber  ©djaar ; 
(Sogar  ber  SBerbammnifcSBalger  erfdjallt  — 
©tili!  ftill!  nun  fommt  mein  fein'S  Siebten  aud;  balb. 


13 


©efinbel,  fen  ftitt  ober  trotte  btcf)  fort! 
%d)  t)öre  faum  felber  mein  tetbltd^eö  Söort  — 
@9,  raffelt  nicr)t  eben  ein  2Bagen  cor?  5 

A-rau  äöd)\n,  too  bift  bu?  fdfmelt  öffne  baS  £ljor. 

[23]üK>itIfommen,  fein  'S  Siebten!  rote  ger)t'§  bir,  mein  <Scr)at,1  ? 
SÖiUfommen,  £err  ^aftor!  ad),  nehmen  ©ie  $la|! 
•Oerr  $aftor  mit  ^ferbefüjjen  nnb  ©cfjroang, 
^d)  bin  @u'r  §od)roürben  ©ienfteigener  gang!  e 

Sieb  33räutcl;en,  roaS  fteljft  bu  fo  ftumm  unb  bletd)? 
$er  §err  ^ßaftor  fdjreitet  gur  Trauung  fogleid); 
5öor)I  gafjl'  xd)  iljm  tljeure,  bluttljeure  ©ebüljr, 
2)ocf)  bicr)  51t  befi|en  gilt'S  $inberfpiel  mir. 

$nie'  nieber,  füfj  33räutd()en,  fnie'  r)in  mir  gur  ©eit' !     « 
£)a  tme't  fie,  ba  finft  fie  —  0  feiige  $reub' !   — 
©te  finft  mir  an  'S  £erg,  an  bie  fdfjroellenbe  SBruft  — 
^cfj  t)ielt  fie  umfdjlungen  mit  föpauember  2uft. 

$)ie  ©olblocfenroellen  umfpielten  uns  23eib', 
2ln  mein  £erge  pochte  baS  |jerge  ber  Sftatb;  7 

Sie  polten  roofjl  beibe  oor  Suft  unb  oor  2öel), 
Unb  fd^roebten  Ijinauf  in  bie  §tmmelSljöfj'- 

2)ie  ^ergtein  fcfjroammen  im  greubenfee, 
2)ort  oben  in  ©otteS  Ijeil'ger  £)öl)' ; 
3)odfj  über  ben  Häuptern  oiel  ©raufen  fidfj  regt,  7 

Da  t)atte  bie  £ölle  bie  ^anb  gelegt. 

[24]  SaS  ift  ber  finft're  ©olm  ber  $lad)t, 
SDec  l)ier  ben  fegnenben  ^Sriefter  mad£)t; 
Gr  murmelt  bie  formet  aus  blutigem  $8ud), 
©ein  $eten  ift  Säftern,  fein  ©egnen  ift  %lud).  s 

Unb  eS  frädjget  unb  giftet  unb  Ijeulet  toll, 
äiHe  2Bogengebraufe,  roie  SDonnergeroll ; 
Xa  bli^et  auf  einmal  ein  bläuliches  Sicfjt  — 
„3n  ©roigfeit  2lmen!"  2lltmütterdfjen  fprid£)t. 


14 


[25]  VIII. 

$dj  tarn  üon  meiner  |jerrin  $au$, 
Unb  manbelt'  in  SBalmfinn  unb  9)titternad;tgrau3. 
Unb  als  idE)  am  ßirajljof  oorüber  gel/n  roxU, 
2)a  minien  bie  (Mber  ernft  unb  ftill. 

5  SDa  minft'3  oon  bei  ©pielmannä  Seiajenftein ; 

©a§  mar  ber  flimmembe  9flonbe<Sfcf)ein. 
@3  lifpelt:  „Sieb  «ruber,  id>  lomme  gleid)!" 
2)a  fteigt'd  au§  bem  ©rabe  nebelbleia). 

35er  ©pielmann  mar'S,  ber  entfliegen  jeijt, 
io       Unb  I)od5  auf  ben  Seidjenftein  fia;  fe£t; 
Sn  bie  ©aiten  ber  gitljer  greift  er  fa)neff, 
Unb  fingt  babei  rectjt  fyoljl  unb  grell: 

„@o,  fennt  tyx  nod)  ba§  alte  Sieb, 
SDaS  einft  fo  milb  bie  «ruft  burajglüljt, 
15  $ljr  (Saiten  bumpf  unb  trübe? 

SDie  @ngel  bie  nennen  es  ^immeBfreub, 
[26]  2)ie  Xeufel  bie  nennen  e§  £öllenleib, 
®ie  9Jlenfdfjen  bie  nennen  e£:  Siebe!" 

$aum  tönte  be§  legten  SBorteg  ©a)att, 
20       2)a  traten  ftct)  auf  bie  (Mber  all'; 
3SieI  Suftgeftalten  bringen  fyeroor, 
Umfa)roeben  ben  ©pielmann  unb  fdfjrillen  im  Qtyox: 

Siebe!  Siebe!  beine  SJlaajt 
£at  un§  Ijier  gu  SBett  gebradfjt, 
25  Unb  bie  2lugen  jugemaajt  — 

@i),  roaS  ruf'ft  bu  in  ber  9?ad)t? 

©o  Ijeult  e§  oermorren  unb  ädSjget  unb  girr't, 
Unb  braufet  unb  faufet  unb  fräd^et  unb  flirrt; 
Unb  ber  tolle  ©dproarm  ben  ©pielmann  umfa)n>eift 
so       Unb  ber  (Spielmann  milb  in  bie  ©aiten  greift: 


15 


SBraoo,  braoo,  immer  toll! 
©enb  roillfommen! 
§abt  oernommen, 
SDajj  mein  gauberroort  erfc^oH ! 
[27]  Siegt  man  bodj  3<*l)r  aus,  $af)r  ein,  35 

3Jläu^d^enftitt  im  Kämmerlein; 
Sajjt  uns  Ijeute  luftig  femt! 
Sttit  ^ergunft  — 
©ef)t  erft  gu,  finb  mir  allein?  — 
Darren  roaren  mir 'im  Seben,  40 

Unb  mit  toller  üffiutl)  ergeben 
Csiner  tollen  Siebesbrunft. 
Äurgroeil  foll  uns  fjeut  nicfjt  fehlen, 
Kleber  foll  r)ter  treu  er§äf)len: 
2BaS  ilm  roeilanb  Ijergebrad)t,  45 

2öie  geljeijt,  roie  gerfetjt 
S§n  bie  tolle  SiebeSjagb! 

S)a  ^üpft  aus  bem  Greife,  fo  leidet  roie  ber  2Binb, 
@in  mageres  Sßefen,  baS  fummenb  beginnt: 

$df)  mar  ein  ©d(meiber=©efelle,  50 

■JRit  9iabel  unb  mit  ©d£)eer; 
3$  roar  fo  fünf  unb  fdmelle, 
•Diit  ?iabel  unb  mit  ©dfjeer. 

©0  fam  bie  9JleifterS=2:od()ter, 
9Dtit  9?abel  unb  mit  ©cijeer;  55 

Unb  fyat  mir'S  ^erj  burdEjftodfjen 
Witt  9label  unb  mit  ©dfjeer. 

[28]  2)a  ladeten  bie  ©eifter  im  luftigen  ßlror; 
@in  groeiter  trat  ftill  unb  ernft  fyeroor: 

$)en  SRinalbo  Stinalbini,  eo 

©cijinberfjanno,  Drlanbini, 
Unb  befonberS  Carlo  Wloox, 
9kljm  \<fy  mir  als  5Rufter  oor. 


16 


%ud)  üerliebt  —  mit  @§r'  ^u  melben  - 
es  feah1  id£)  midfj  roie  jene  gelben, 

Unb  ba§  fdfjönfte  ^rauenbilb 
©nufte  mir  im  $opfe  roilb. 

Unb  idfj  feufste  aucfj  unb  girrte; 
Unb  roenn  Siebe  mid!j  uerroirrte, 
70  ©tedft'  icfj  meine  Ringer  rafdfj 

3n  be3  Ferren  3lad)bax$  £afdj\ 

35od(j  ber  ©affenoogt  mir  grollte, 
SDafj  idj  ©el)nfud(jt<ätl)ränen  roollte 
SSTrocrnen  mit  bem  Stafdljentudf), 
75  $)a§  mein  ;ftad[)bar  bei  fidEj  trug. 

Unb  nadfj  frommer  .pfdfjerfitte, 
5ftal)m  man  [tili  micf)  in  bie  SJcitte, 
Unb  ba§  3udjtjjau6,  ^^  gro^ 

©dfjlofj  mir  auf  ben  SJtutterfdEjoofj. 

so  [29]  ©cljroelgenb  füf$  in  Siebesfinnen 

©af?  icjj  bort  bei'm  3Mefpinnen, 
33i§  9tinalbo'3  ©Ratten  fam 
Unb  bie  ©eele  mit  ftd£)  naljm. 

£)a  ladeten  bie  ©eifter  im  luftigen  6fun*; 
85       ©efdfjminft  unb  gepult  trat  ein  ^Dritter  Ijeroor: 

%d)  mar  ein  £önig  ber  Bretter, 
Unb  fpielte  im  Siebljaberfaclj ; 
Unb  brüllte  manclj  n>ilbe<§:   ^In*  ©ötter! 
Unb  feufgte  mand^  gärtlidtjei:  2ld£)! 

90  SDen  3Rortimer  fpielt  iä)  am  beften, 

9Karia  mar  immer  fo  fd>ön ! 
SDodfj  tro£  ber  natürlichen  ©eften  — 
©ie  roollte  micf)  nimmer  oerftelm. 


17 


@inft  aU  idj  üergroetfelnb  om  @nbe: 
„?DZaria,  bu  ^eilige!"  rief,  95 

2)a  nafjm  tcfj  ben  SDoldf)  nun  befyenbe  — 
Unb  ftadt)  midi  ein  biScfjen  gu  tief. 

S)a  ladfjten  bie  ©eifter  im  luftigen  (Sljor; 
$>m  roeifjen  $taufd[j  trat  ein  Vierter  fyeroor: 

[30]  23om  $at§eber  fcf)roa£te  fjerab  ber  ^rofeffer,    100 
Gr  fdjroa^t',  unb  icfj  fdfjlief  oft  gut  babet  ein; 
®ocfj  f)ätt'3  mir  beijaget  nodf)  taufenb  9JtaI  beffer 
Sei  feinem  Ijolbfeligen  £öd)terlein. 

(Sie  Ijatt*  mir  oft  gärtlidE)  am  $enfter  genitfet, 
2)ie  33lume  ber  ^Blumen,  mein  SebemStidtjt!  105 

S)od^  bie  Slume  ber  Slumen  roarb  enb(icr)  gepflücfet 
SSom  bürren  $Ijtfifter,  bem  reiben  Sßidfjt. 

i£)a  flucht'  id^  ben  Söeibern  unb  reiben  ^alunfen, 
Unb  mifdfjte  mir  £eufe(3fraut  in  ben  2Bein  — 
Unb  fmb'  mit  bem  £obe  ©moKi§  getrunfen,  110 

£)er  fpracfj:  ^tbugit,  icfj  Ijeifje  $reunb  §ain! 

$a  ladeten  bie  ©eifter  im  luftigen  Sfyor; 

©inen  (Stricf  um  ben  Sr>al§  trat  ein  fünfter  tjeroor: 

Q§  prunfte  unb  prallte  ber  ©raf  bei'm  2öein 
■Dtit  bem  Uödjtercfjen  fein  unb  bem  ©belgeftein.  115 

2Ba§  fdfjeert  midf),  bu  ©räflein,  bein  ©belgeftein, 
■Sftir  munbet  roeit  beffer  bein  £ödfjterlein. 

(Sie  lagen  raofyl  Seib'  unter  Siegel  unb  <Sd)lofj, 
Unb  ber  ©raf  befolb'te  oiel  ©tenertrofj : 
[31]  2öa§  fdfjeeren  mief)  Wiener  unb  Stieget  unb  (Sd£)Iofj:  120 
$d(j  ftieg  getroft  auf  bie  Seiterfprofj. 

2ln  2iebd(jen§  $enfterlein  flettr'  id>  getroft, 
3)a  fjör'  icf/S  unten  fluten  erboft: 
„^ein  fadste,  mein  SBübdjen,  mufj  audf)  babei  feun, 
3$  liebe  ja  auty  bie  ©belgeftein ! "  125 

LUteratnrdenIcmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27.  2 


18 


©o  fpöttelt  ber  ©raf  unb  erfaßt  micf)  gar, 
Unb  jaud)genb  umringt  micij  bie  2)ienerfd£)aar. 
„3um  teufet,  ©efinbel!    %ä)  bin  ja  fein  £teb, 
%d)  wollte  nur  [teilen  mein  trautet  Sieb!" 

i3o  2)a  r)alf  fein  ©erebe,  ba  Jjalf  fein  3flat5)r 

$)a  madjte  man  fyurtig  bie  ©triefe  parat; 
2öie  bie  ©onne  fam,  ba  rounbert  fie  ftcf), 
2lm  listen  ©algen  fanb  fie  mtdE). 

$)a  Iahten  bie  ©eifter  im  luftigen  ßfpr; 
135    $en  ßopf  in  ber  #anb  trat  ein  ©elfter  fjeroor: 

3um  2öaibmerf  trieb  micf)  SiebeSljarm, 
%d)  fcf)licf)  umfjer,  bie  33ü<$f'  im  2trm; 
SDa  fcfmarrt  e§  fyoty  com  Saum  Ijerab, 
£er  9tabe  rief:  ßopf=ab!  £opf=ab! 

uo  [32]  D  fpürt'  icfj  boclj  ein  £äubcfjen  au3, 

%ä)  brächt'  e§  meinem  Sieb  nadt?  £au§! 
©o  badjt'  icfj,  unb  in  Sufcf)  unb  ©traue!) 
©päf)t  ring§  um^er  mein  ^äger=2tug'. 

2ßa§  fofet  bort?  roa§  fcfjnäbeft  fein? 
145        3roei  £urteftäubd)en  mögend  fenn. 

%d)  fd)Ieicf)'  t)er6ei  —  ben  £a&n  gefpannt  — 
©ief)  ba!  mein  eig'neä  Sieb  icf)  fanb. 

SDa3  mar  mein  Xäubcfjen,  meine  Sraut, 
(Sin  frember  Mann  umarmt'  fie  traut; 
150        9hm,  alter  ©cf)ü$e,  treffe  gut  — 
®a  lag  ber  frembe  Wann  im  93tut. 

Salb  b'rauf  ein  £ug  mit  £enfer3frorm  — 
^cr)  fefbft  babei  af§  §auptperfon  — 
£en  SBalb  burcf^og.     3Som  Saum  fjerab 
155        $er  $tabe  rief:  ßopf^ab!  ßopf=ab! 

$a  Iahten  bie  ©eifter  im  luftigen  Gljor, 
£)ann  trat  ber  ©ptefmann  fefber  tyeroor: 


19 


$dj  r)ab'  mal  ein  Siebten  gefungen, 
$)a3  fcpne  Sieb  ift  auS; 

[33]  2Benn  ba§  £erg  im  Seibe  gerfprungen,         ieo 
$)ann  ge§en  bie  Sieber  nadjj  $au$\ 

Unb  ba§  tolle  ©elädjter  ftcfj  boppelt  ergebt, 
Unb  bie  bleidfje  <Sd£)aar  im  Greife  f d^roebt ; 
SBom  ßirdfjtfjurm  fdfjoff  je$t  „@in§"  j>erab, 
2)a  ftürjten  bie  ©eifter  ftdtj  fjeulenb  in'g  ©rab.       165 


[34]  rx. 

3$  lag  unb  fdjjlief,  unb  fdfjltef  redfjt  müb, 
SBerfdfjeucljt  mar  ©ram  unb  Seib; 
2)a  fam  gu  mir  ein  £raumgebilb, 
3)ie  alTerfcr)önfte  -JRaib. 

«Sie  mar  roie  Sftarmelftein  fo  bleidfj,  5 

Unb  rjeimltcr)  rounberbar; 
$m  Sluge  fdjroamm  ei  perleng(eid), 
©ar  feltfam  roallt'  i§r  §aar. 

Unb  leife,  leife  ftclj  beroegt 
2)ie  marmorblaffe  2ftaib,  10 

Unb  auf  mein  Sftuljebett  fidfj  legt 
©ie  marmorblaffe  9Kaib. 

2ßilb  fü{jt  fie  unb  umfdjlingt  fie  midj, 
2)ie  Sruft  fo  roeifj  roie  ©dmee 
33ebecft  midf)  lieb  unb  inniglicfy,  —  u 

9Jiir  roar  fo  rooljl,  fo  roel). 

üßie  bebt,  roie  podfjt  mein  $erj  cor  £uft, 
Unb  jucft  unb  brennet  rjeifj? 
yi\d)t  hebt,  nidEjt  pocf)t  ber  (Schönen  33ruft, 
$)ie  ift  fo  falt  roie  @i$.  20 


20 


[35]  „9ftd(jt  bebt,  nidjt  pod)t  rcoljt  meine  SBruft, 
Sie  ift  tote  @iä  fo  falt; 
Sod£)  fettn'  audEj  id^  ber  Siebe  Suft, 
Ser  Siebe  Mgeroalt. 

25  SJlir  blitzt  fein  SRotfi  auf  SKunb  unb  2öang, 

9Jtein  §erg  burtfiftrömt  fein  23lut; 
Sodfj  ftroube  bidj  nidfjt  fdfjauernb  bang, 
3$  bin  bir  fyolb  unb  gut." 

Unb  milber  nod£)  umfd^Iang  fie  ntia), 
so         Unb  tljat  mir  faft  ein  Seib; 

Sa  fräfjt  ber  £alm  —  unb  ftumm  entmidj 
Sie  marmorblaffe  -JRaib. 


[36]  X. 

Sa  ^db1  iä)  oiel'  blaffe  Seidpen 
33efd£)tt>oren  mit  2Borte3mad(jt ; 
Sie  motten  nun  nicfyt  meljr  meinen 
gurücf  in  bie  alte  ÜiatyL 

5  Sa§  jätimenbe  ©prüdfjlein  oom  -öteifter 

SJergafj  ta)  r»or  (Stauer  unb  ©rau£, 
9hm  giefy'n  bie  eig'nen  ©eifter 
9tticij  f eiber  in '3  neblidpte  $au$. 

Sajjt  ab,  S^r  finftre  Sämonen, 
io  Safjt  ah,  unb  brängt  midp  nid^t! 

■Koclj  manche  $reube  mag  mofjnen 
§ier  oben  im  9tofenlid)t. 

$d(j  mufj  ja  immer  ftreben 
■Iftadfj  ber  33lume  nmnberfyolb ; 
15  2BaS  bebeutet'  mein  ganzes  Seben, 

Söenn  id^  fie  nicfjt  lieben  gefollt? 


21 


[37]  $$  mödjt  fie  nur  einmal  umfangen, 
Unb  preffen  an  glüfyenber  Sruft! 
9htr  einmafjl  bie  Sippen  unb  2Bangen 
gertuffen  mit  SBafjnfmnluft !  20 

ÜRur  einmal  au§  tfjrem  2Runbe 
W6d)V  idj  fyören  ein  Iie&r>oEe§  2öort,  — 
2ll§bann  roottt'  ia)  folgen  gur  6tunbe 
@ua),  ©eifter,  gum  finftem  Drt. 

Sie  ©eifter  fya6en'§  oemommen,  25 

Unb  nirfen  graufigltct). 
geing  Siebten,  nun  bin  idj  gefommen;  — 
$ein3  Siebten,  liebft  bu  mid)? 


22 


[38]  XuhtV. 

I. 

Borgens  ftelj  tdfj  auf  unb  frage: 
Äommt  feinS  Siebten  Ijeut? 
2tbenb§  finf  icfj  f)in  unb  flage: 
2lu3blieb  fie  audfj  fyeut. 

$n  ber  9la<fyt  mit  meinem  Kummer 
Sieg  id)  fd^Iaftoö,  roadE); 
£räumenb,  roie  im  falben  ©Plummer, 
SEßanble  idj  Ben  £ag. 

[39]  II. 

(§§  treibt  midf)  Ijin,  es  treibt  micij  Ijer! 
Sftacfy  roenigen  ©tunben  bann  fott  \§  fie  fcfjauen, 
©ie  fetber,  bie  fcfjönfte  ber  fdfjönen  Jungfrauen, 
£)u  altes  §er<5,  roag  V0($ft  *>u  f°  fe§r? 

SDie  ©tunben  finb  aber  ein  faulet  33olf, 
©cfjlepnen  ficfj  be^aglid^  träge, 
©d^teid^en  gäfjnenb  ifyre  2ßege. 
tummle  bidfj,  bu  faulet  SBolf! 

£obenbe  @ile  mitf)  treibenb  erfafjt. 
3lber  rooljl  niemals  liebten  bie  §oren! 
§eimlid(j  im  graufamen  33unbe  nerfdEjrooren, 
©potten  fie  böslich  ber  Siebenben  $aft. 


23 


[40]  III. 

3>dj  roanbelte  unter  ben  Säumen 
9Kit  meinem  ©ram  allein; 
2)a  fam  ba§  alte  träumen, 
Unb  fa)lid)  mir  in '3  £erj  l)inetn. 

2öer  l)at  @ua)  bieg  äöörtlein  geleljret,  5 

3#r  SSöglein  in  luft'ger  £öl)? 
©djroeigt  [tili,  roenn  mein  §erg  e§  l)öret, 
$)ann  tljut  eg  nod)  einma^I  fo  roef). 

"©§  fam  ein  ^ungfräulein  gegangen, 
2)ie  fang  e§  immerfort,  jo 

2)a  fjaben  mir  SSöglein  gefangen 
S)a§  fyübfdje,  golbene  2Bort.„ 

2)a§  fotlt  3$r  mir  nid;t  meljr  erjagen, 
£$l)r  Söglein  nmnberfdjlau ! 
3^r  roollt  meinen  Kummer  mir  fielen,  15 

$dj  aber  niemanb  trau'. 

[41]  IV. 

Sieb  Siebten,  leg '3  £änbdjen  auf  3  $erje  mein ; 
2ld>,  fyörft  bu,  roie'3  podjet  im  Kämmerlein? 
$>a  Raufet  ein  Zimmermann  fd)limm  unb  arg, 
35er  gimmert  mir  einen  £obtenfarg. 

@3  jammert  unb  flopfet  bei  £ag  unb  bei  -iftadjt;      5 
@§  Ijat  mid;  fdjon  lang  um  ben  ©d)laf  gebraut. 
2ld)!  fputet  eua),  IDteifter  Zimmermann, 
S)amit  id)  enblirf;  fdjlafen  fann. 

[42]  V. 

<Sd)öne  3Biege  meiner  Seiben, 
©djöneS  ©rabmafyl  meiner  9iul), 
©a)öne  ©tabt  id;  mufj  bidj  meiben,  — 
Sebe  voofyl  ruf  id;  bir  gu. 


24 

5  Sebe  rooljl,  bu  tjeilge  ©cfiroelle, 

2öo  bo  roanbelt  Siebten  traut; 
Sebe  raoljl,  bu  Ijeilge  ©teile, 
2öo  icf)  fie  guerft  geflaut. 

#ätt'  icfj  btd^  bocfj  nie  gefeiert, 
10  ©dfjöne  ^er^enSfönigin ! 

Zimmer  mär  eg  bann  gefeiten, 
2)af$  idj  je£t  fo  elenb  bin. 

sJ?ie  roollt'  iclj  bein  .^er^e  rühren, 
Siebe  fjab'  id(j  nie  erfleht; 
i5  -ttur  ein  ftilleg  2eten  führen 

2öollt'  idfj,  n>o  bein  Dbem  roeljt. 

[43]  2)otf;  bu  brängft  midfj  felbft  oon  Rinnen, 
SBittre  2Borte  fpridfjt  bein  SJhmb; 
Söaljnfinn  trmr)lt  in  meinen  ©innen, 
20  Unb  mein  §erj  ift  franf  unb  rounb. 

Unb  bie  ©lieber  matt  unb  träge 
©d|jlepp'  idfj  fort  am  Sßanberftab, 
23i§  mein  mübe§  $aur>t  icf)  lege 
$eme  in  ein  füljle§  ©rab. 


[44j  VI. 

28arte,  marte,  roilber  ©dfjtffmann, 
©leid^  folg'  icf)  gum  §afen  bir; 
S8on  groei  ^ungfraun  neljm'  icf)  Slbfcfjteb, 
3Son  ©uropa  unb  oon  $fjr. 

33lutqueE,  rinn'  au£  meinen  Slugen, 
'ölutquell,  bricfj  au<3  meinem  Seib, 
$)afj  tcfj  mit  bem  Ijeifjen  SBlute, 
9Keine  ©cfjmerjen  nieberfcfjreib'. 


25 


@ö,  mein  Sieb,  roarum  juft  Ijeute 
©dfjauberft  bu  mein  SBIut  ju  f e^n  ?  10 

©afjft  midfj  bleidf)  unb  fyergeblutenb 
^atjrelang  ja  oor  bir  ftelm! 

Äennft  bu  nodfj  ba3  alte  Siebten 
$on  ber  ©dfjlang  im  $arabie§, 
2)te  burdfj  [glimme  Slpfelgabe  15 

Unfern  2lfm  tn'3  (Slenb  [tiefe? 

[45]  2tHe§  Unheil  brauten  2tepfel! 
@oa  bracht'  bamit  ben  £ob, 
@ri§  braute  Xrojas»  flammen, 
2)u  BradE)t'ft  beibeS,  $lamm'  unb  £ob.  20 

[46]  VII. 

23erg'  unb  ^Burgen  fdfjau'n  herunter 
$n  ben  fpiegelfjellen  S^^eirt, 
Unb  mein  ©dfjtffdfjen  fegelt  munter, 
9ling§  umglänjt  r>on  ©onnenfdfjein. 

9tuf)ig  fei)'  idfj  gu  bem  ©piele  5 

©olbner  SBelJfen,  frau3  beroegt; 
©tili  ermaßen  bie  ©efüljle, 
2)ie  idf;  tief  im  23ufen  fjegt'. 

$reunblidfj  grüfjenb  unb  üerfyeifjenb 
Soclt  Ijinab  beS  ©trome<3  ^SradE;t ;  .     10 

£)odfj  icfj  fenn'  ir)n,  oben  gleifjenb, 
33irgt  fein  $nn're3  ü£ob  unb  sJtadjt. 

Dben  Suft,  im  SBufen  £üdfert, 
©trom,  bu  bift  ber  Siebften  23ilb  ;>, 
SDie  fann  audfj  fo  freunblicr)  niclen,  15 

Säctjelt  audf;  fo  fromm  unb  mifb. 

2)odf)  roer  foldfjem  Säcfjeln  glaubet, 
Unb  fein  SebenSglüd:  brin  fudfjt, 
■  3)em  wirb  jebeö  ©tücf  geraubet, 
Unb  fein  Seben  ift  oerfludfjt.  20 


26 


[47]  VIII. 

anfangs  rooUt'  id>  faft  üergagen, 
Unb  idE)  glaubt'  \d)  trüg'  e3  nie; 
Unb  \d)  fyab'  e<l  bodf)  getragen,  — 
216er  frag'  midj  nur  nidEjt  rote? 

[48]  IX. 

9Dtit  -äKwrten  unb  Slofen,  lieblitf;  unb  Irolb, 
Wü  buft'gen  3npreffen  u^  $littergolb, 
W6ä)V  \6)  gieren  bieg  23ud)  roie  'nen  £obtenf djrein, 
Unb  fargen  meine  Sieber  fyinein. 

5  D  lönnt'  idE)  bie  Siebe  fargen  I)ingu! 

Slm  ©rabe  ber  Siebe  roäcfjft  23lümlein  ber  9M), 
2)a  blitzt  ei  Ijerüor,  ba  pflücft  man  eS  ah,  — 
SDod)  mir  blüfyt'g  nur,  roenn  id£)  felber  im  ©rab. 

$ier  finb  nun  bie  Sieber,  bie  einft  fo  roilb, 
iü      §Bie  ein  Saüaftrom  bem  ©lutberg  entquillt, v 
^eroorgeftürjt  aus  bem  tu>fften©emütf), 
Unb  ring§  oiel  bli^enbe  $unfen  oerfprüfy't! 

Wun  liegen  fie  ftumm  unb  tobtengleidj, 
9tun  ftarren  fie  lalt  unb  nebelbletdE), 
15      SDodfj  auf's  neu'  bie  alte  ©lut  fie  belebt, 
9Benn  ber  Siebe  ©eift  einft  über  fte  fd[)it>ebt. 

[49]  Unb  e§  roirb  mir  im  §erjen  oiel  2lf)nung  laut: 
SDer  Siebe  ©eift  einft  über  fie  tfyaut; 
(Surft  fommt  bie§  23ud£)  in  beine  £anb, 
20     ©üfj  Sieb  im  fernen  -föorberlanb. 

SDann  (oft  fid£)  be§  Siebet  $auberbann, 
©ie  blaffen  33ud)ftaben  fdpaun  bidfj  an, 
©ie  flauen  bir  flefyenb  in'3  fd^öne  2lug', 
Unb  flüftern  mit  SiBefjmutlj  unb  SiebegfyaudE). 


27 


[50]  Bmnansett- 

i. 
3tt  Craurtge. 

Sitten  tlmt  e§  roelj  im  £erjen, 
2)ie  ben  bleiben  Änaben  fefyn, 
S)em  bie  Setben,  bem  bie  «Sdjmergen 
2luf  g  ©efidfjt  gefdjrieben  ftefm. 

ÜRitteibüotfe  Süfte  fächeln  5 

Äüfylung  feiner  fyeifjen  ©tirn; 
Sabung  mbdjt  in '3  §erj  if>m  läcfjeln. 
•äftandfje  fonft  fo  fpröbe  £)irn'. 

2lu§  bem  milben  Särm  ber  ©täbter 
$lüd)tet  er  fid)  nadlj  bem  2öa(b.  10 

ßuftig  rauften  bort  bie  Blätter, 
Suft'ger  Vogelfang  erfdfjattt 

2)odfj  ber  ©ang  üerftummet  Balbe, 
traurig  rauftet  Saum  unb  SBIait, 
Söenn  ber  traurige  bem  SBalbe  15 

Sangfam  fid£)  genähert  Ijat. 

[51]  II. 

3\t  Bcrgpfimm. 

(Sin  Deuter  burdj  ba§  SBergtfyal  giefyt, 
^m  traurtg^ftitten  £rab' : 
2fd(j!  gief)'  idj  je£t  rcoljt  in  Siebd^eng  2(rm, 
Ober  aief)'  ic$  m'3  bunfte  ©rab? 
$)ie  Sergftimm  Stntmort  gab:  5 

3n'8  bunfte  ©rab  ! 


28 


Unb  weiter  reutet  ber  9teuter§mann, 
Unb  feufjet  fdfjroer  baju: 
©o  giefy'  idfj  benn  l)in  in'3  ©rab  fo  frülj, 
10  2ßo^an  im  ©rab  ift  Wut). 

3)ie  ©timme  fpradEj  bagu: 
3m  ©rab  ift  9tul)! 

SDem  9leutergmann  eine  freute  rollt 
33on  ber  Söange  bleicfj  unb  fummersoll: 
i5  Unb  ift  nur  im  ©rabe  bie  9ütlje  für  midfj, 

©o  ift  mir  im  ©rabe  roo§l. 
2)ie  ©timm'  erroiebert  ljof>I: 
$>m  ©rabe  rooljl! 


[52]  III. 

Dben  auf  ber  SergeSfpitje 
Siegt  ba§  ©dfjlof?  in  -ftacjit  gefüllt; 
^od)  im  SHjale  leuchten  23li$e, 
$elle  ©cfjroerter  flirren  roilb. 

'©  finb  graen  trüber,  bie  bort  festen 
©rimmen  groeofampf ,  routfjentbrannt. 
©priclj,  roarum  bie  Srüber  redeten 
W\i  bem  ©c^roerte  in  ber  $anb? 

©räfin  Saura'g  Slugenfunfen 
3ünbeten  ben  Srüberftreit ; 
Seibe  glühen  liebe§trunfen 
$ür  bie  abiig  fjolbe  9JJaib. 

2Md(jem  aber  »on  ben  beiben 
üEßenbet  fiefj  i^r  ^erje  ju? 
Äein  ©rgrübeln  fann'3  entf cfjeiben,  — 
©dfjroert  Ijerau3,  entfd;eibe  bu. 


29 


[53]  Unb  fie  fedjten  füfyrt  oerrcegen, 
§ieb  auf  £>iebe  nieberfrad)t'<8. 
$ütet  ®uä),  $fyr  roilben  Segen, 
©raufig  Slenbroerf  fdjleitfjet  sJ?adjt§.  20 

2Ber,e!  M>e!  bmt'ge  trüber! 
M)e!  3Be§e!  blut'geS  XfyaV. 
SBeibe  Kämpfer  ftürgen  nieber, 
@iner  in  beä  anbern  <Star)f.  — 

$iel  $Saf)rfyunberte  »erroeljen,  25 

aSiel  ©efdjledjter  becft  ba§  ©rab ; 
traurig  r>on  be§  Sergej  ^ö^en 
©dwut  ba§  öbe  ©djlofj  fyerab. 

2lber  %lad)t§,  int  S£ljale§grunbe, 
2öanbelt'3  ^eim(icr),  nmnberbar,  30 

SBenn  ba  fommt  bie  groölfte  ©tunbe, 
kämpfet  bort  ba§  SBrüberpaar. 


[54]  IV. 

3tx  arme  littet. 

1. 

35er  §an£  unb  bie  ©rete  tangen  fyerum, 
Unb  jauchen  r»or  lauter  $reube. 
3)er  ^ßeter  ftet)t  fo  ftiH  unb  ftumm, 
Unb  ift  fo  btafj  roie  treibe. 

2)er  feanZ  unb  bie  ©rete  finb  23räut'gam  unb  23raut,   5 
Unb  bli$en  im  §odj§eitgefd)meibe. 
2)er  arme  ^ßeter  bie  ^Jägel  !au't 
Unb  gefjt  im  2öerfeltag3tteibe. 

$)er  $eter  fpridjt  leife  r>or  fid)  fyer, 
Unb  fa^aut  betrübet  auf  beibe:  10 

2ld)!  menn  ia)  nidjt  gar  gu  üemünftig  mär', 
Sdfj  t^ät'  mir  roa3  ju  leibe. 


30 


[55]         ,  2. 

,,^n  meiner  Sruft  ba  fi|t  ein  2Bel), 
Dag  roiH  bie  33ruft  jerfprengen ; 
Unb  roo  id[j  fiel)'  unb  roo  idj  gel)', 
2Bitt*g  midj  oon  Rinnen  brängen. 

@g  treibt  midfj  naclj  ber  Stebften  9läfy, 
2ll§  fönnt'g  bie  ©rete  feilen; 
Docf)  roenn  idf)  ber  in '3  2tuge  fei)', 
•äftufj  idEj  oon  Rinnen  eilen. 

%<fy  fteig'  fyinauf  beg  23ergeg  $ölj', 
Dort  ift  man  boa)  alleine; 
Unb  raenn  idfj  ftiE  bort  oben  fiel)', 
Dann  frei)'  xd)  [tili  unb  meine." 

[56]  3. 

Der  arme  $eter  manlt  oorbeu, 
©ar  langfam,  leid[jenblaJ3  unb  fdjeu. 
@g  bleiben  faft,  menn  fie  tfjn  fer)n, 
Die  Seute  auf  ber  ©trafje  fter)n. 

Die  SJläbd^en  flüftern  fidj  in'g  D^r: 
„Der  ftieg  rooljl  aug  bem  ©rab'  lieroor." 
3ldj  nein,  ^t)x  lieben  $ungfräulein, 
Der  legt  firf)  erft  in'g  ©rab  hinein. 

@r  f)at  oerloren  feinen  ©d^a^, 
Drum  ift  bag  ©rab  ber  befte  $lai$, 
üEßo  er  am  beften  liegen  mag, 
Unb  fdfjlafen  big  gum  jüngften  £ag. 

[57]  V. 

Xtßir  fcc»  $tfeL\ig.mtn  Kautar©. 

2llg  meine  ©rojjmutter  bie  £ife  bebest, 
^)a  rooUten  bie  Seut  fie  oerbrennen. 
<Sd?on^atte  ber  Slmtmann  oiel  Dinte  oerflejt, 
Dodfj  roollte  fte  nia^t  befennen. 


31 


Unb  als  man  fie  in  ben  $effel  fdfjob, 
2)a  fdfjrie  fie  9)torb  unb  9ße§e; 
Unb  als  ftdfj  ber  fdfjroarje  Oualm  erfjob, 
2)a  flog  fie  als  iföab'  in  bie  §ö§e. 

■JRein  ftf;roarjeS,  gefieberteS  ©rofjmütterlein ! 
D  fomm'  mid£)  im  Sturme  befudtjen, 
$omm  fliege  gefcfjroinbe  burdj'S  ©itter  Ijerein, 
Unb  bringe  mir  $äfe  unb  $udjen. 

Aftern  fdfjrcarseS,  gefieberteS  ©rofjmütterlein ! 
Ö  möcfjteft  bu  nur  forgen, 
2)afj  bie  -JRuljme  nidfjt  auSpidft  bie  Slugen  mein, 
3Benn  idfj  luftig  f darnebe  morgen. 


[58 1  VI. 

9iad^  $ranfreicfj  gogen  §roen  ©renabier', 
2)ie  roaren  in  Siufjlanb  gefangen. 
Unb  als  fie  famen  in 'S  beutfdje  Quartier, 
<3ie  liefen  bie  ßöpfe  fangen. 

2)a  fyörten  fie  beibe  bie  traurige  9fläl)r:  5 

SDafc  ^ranfreidjj  nerloren  gegangen, 
Sefiegt  unb  jerfd^lagen  baS  tapfere  £eer,  — 
Unb  ber  $aifer,  ber  Äaifer  gefangen. 

5Da  meinten  gufammen  bie  ©renabier' 
2Sof)l  06  ber  fläglidfjen  Äunbe.  10 

2)er  Sine  fpracfj:  2öie  rae§  roirb  mir, 
9Bie  brennt  meine  alte  ÜBunbe. 

2)er  Slnbre  fprad):  baS  Sieb  ift  aus, 
3lud^  icfj  mbdjt  mit  bir  fterben, 
3)o4  Ijab'  tcfj  2öeib  unb  ßtnb  ju  #auS,  15 

$)ie  olme  miclj  oerberben. 


32 

[59]  2öa§  fdEjeert  midf)  2Betb,  roa§  fd^eert  mitf;  ßinb, 
3$  trage  roeit  beff're<3  Verlangen; 
Safj  fie  betteln  gelm,  wenn  fie  hungrig  firtb,  — 
•äJtein  $aifer,  mein  $aifer  gefangen! 

©ernähr'  mir  SBruber  eine  23itt': 
$&mn  iä)  jeijt  fterben  werbe, 
©o  nimm  meine  Seidje  nadp  ^ranlreid^  mit, 
SBegrab'  midEj  in  granfretcp  @rbe. 

$)a§  @ljrenfreu;$  am  rotten  23anb 
©ottft  bu  auf§  §er§  mir  legen; 
2>ie  $Knte  gieb  mir  in  bie  £anb, 
tlnb  gürt'  mir  um  ben  SDegen. 

©o  nütt  idp  liegen  unb  fyordjen  ftitt, 
3Bie  eine  ©c§ilbroac^t,  im  ©rabe, 
33i§  einft  id(j  f)öre  Äanonengebrütt, 
Unb  roieljernber  fftoffe  ©etrabe. 

2)ann  reitet  mein  ®aifer  roofyl  über  mein  ©rab, 
Siel  (Sanierter  flirren  unb  bli^en; 
£)ann  fteig'  id(j  geroaffnet  fyeroor  au§  bem  ©rab  — 
£)en  $aifer,  ben  $aifer  gu  fdEjütjen. 


[60]  VII. 

9Kein  ^necr)t !  ftel)  auf  unb  fattle  föpnell, 
Unb  mirf  bicfj  auf  bein  Stofj, 
tlnb  jage  rafdj,  burdf)  2BaIb  unb  $elb, 
SRadp  ßönig  2)unfan§  ©d&lojj. 

2)ort  fd^Ieid^e  in  ben  ©tatt,  unb  roart' 
SBiS  bid)  ber  ©tattbub  fdfjaut. 
2)en  forfdf)'  mir  au3:  ©pridfj,  roelcfje  ift 
3Son  2)unfan§  £öa;tern  33raut? 


33 


Unb  fprtdjt  ber  33ub:   „£>ie  braune  ift'S" 
©o  bring  mir  fdjneK  bie  SRäljr. 
Itodj  fpricjjt  ber  Su6:  „5Die  blonbe  tft'S" 
80  eile  nicfjt  fo  feljr. 

üDann  ger)'  ^um  Sfteifter  ©eiler  f)in, 
Unb  fauf  mir  einen  ©trief, 
Unb  reite  langfam,  fpridj  fein  3Sort, 
Unb  bring  mir  ben  jurücf. 


[61]  VIII. 

3He  ll^rmfü^rung:. 

3dfj  ger;'  nidfjt  aHein,  mein  feines  Sieb, 
2>u  muj3t  mit  mir  manbern 
*)lad)  ber  lieben,  alten,  fcfjaurigen  $laufe, 
Zw  bem  trüben,  falten,  traurigen  §aufe, 
3Bo  meine  SRutter  am  (Eingang  fau'rt,  0 

Unb  auf  be3  ©of)ne£  §eimfeljr  lau'rt. 

„Safj  ab  r>on  mir,  bu  finftter  9Jiann! 
2öer  Ijat  bidfj  gerufen? 
3)ein  Dbem  glürjt,  beine  $anb  ift  @i§, 
2)ein  2luge  fprüljt,  beine  üfikmg'  ift  roetfj;  10 

^d)  aber  roitt  midf;  luftig  freu'n 
2ln  SRofenbuft  unb  ©onnenfcfjein." 

Safj  buften  bie  9^ofen,  lafj  f dEjeinen  bie  ©onn', 
Iftein  füfje§  Siebten! 

£jiuT  ein  bidfj  im  roeiten,  roeifjroaffenben  ©cfjlener,    15 
©piel  fein  auf  ben  ©aiten  ber  fcfjattenben  Sener, 
Unb  finge  ein  ^orf;§eitlieb  baben; 
$er  ÜKacfjtrmnb  pfeift  bie  -JJielobei). 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27.  3 


34 


[02]  IX. 

3'xt  Btmtanic  Swnt  Motivi^tn, 

©onna  ßlaxa,  £)onna  ßlara! 
§eif}geliebte  langer  ^a^re, 
|>aft  6efd)loffen  mein  SBerberben, 
|jaft'<§  befdfjfoffen  ofm'  Erbarmen. 

5  SDonna  $lara,  2)onna  Matal 

$ft  bod^  füfj  bie  Sebenggabe. 
2lber  nnten  ift  eg  graufig, 
$n  bem  finftern  falten  ©rabe. 

SDonna  $lara!    freu'  bidEj  immer, 
io  2ftorgen  fcfyon  am  ^ocfyattare 

Söirb  $ernanb  bidp  2öeib  begrüben: 
SBitfft  mid£)  audEj  gur  £od^eit  laben? 

2)on  SRobrigo,  £>on  -ftobrigo! 
SDeine  2Öorte  treffen  bitter; 
16  Stber  SSater  brofyet  ftrenge, 

Sttdfjtig  ift  ber  £od()ter  SBitte. 

[63]  2)on  Sftobrigo,  $on  SKobrigo! 
Sajj  bodfj  fahren  bie  SBetrübrnfj. 
■äftäbdjen  giebt  eg  oiel  auf  @rben, 
20  Slber  ung  fyat  ©Ott  gefrifjieben. 

2)on  9tobrigo,  füfyner  9titter, 
©oßft  nun  aucf)  bicfj  felbft  befiegen, 
©oEft  auf  meine  ^jocfjgeit  fommen: 
©eine  t§eure  $lara  bittet!  — 

25  SDonna  ßlara,  ©onna  $lara! 

$a  idtj  fdfjroör'  eg,  ja  id)  fommc, 
2öitt  mit  bir  ben  Sfteifyen  tanken, 
©ute  SftadEjt,  idtj  fomme  morgen!  — 


35 


©ute  %lad)t\  —  ®a3  $enfter  «irrte 
©eufgenb  ftanb  9lobrigo  unten,  30 

<Stanb  nod)  lange  rote  uerfteinert; 
©nblicf;  fcfjrcanb  er  fort  im  SDunfel. 

ßnbltcf)  and)  nadfj  langem  fingen 
SJhijs  bie  Sftadjt  bem  £age  meinen. 
2öie  ein  bunter  ^Blumengarten  35 

Sag  £olebo  ausgebreitet. 

[64]  $racf)tgebäube  unb  ^ßaläfte 
(Stimmern  tjeK  im  ©lang  ber  Sonne, 
Unb  ber  Ätrdjen  fyolje  kuppeln 
Seudfjten  ftattlicf)  roie  üergolbet.  40 

Sumpfig  unb  raie  SBienenfummen 
Slße  ^eierglocfen  läuten, 
Unb  entfteigen  SBetgefänge 
2lu§  ben  frommen  ©ottegfyäufem. 

Slber  borten,  fielje!  fiefje!  45 

©orten  au£  ber  9Rarftfapette 
Sunte  23oKe3menge  ftrömet, 
$m  ©eroimmel  unb  ©ebränge: 

Sftanfe  bitter,  fcfjmucfe  grauen, 
$eftlid[j  blindrenb  §ofgefinbe.  50 

Unb  bie  Drgel  ferne  rauftet, 
Unb  bie  ©totfen  läuten  immer. 

Sod)  mit  ß^rfurd^t  auSgeroicfjen 
«Schreitet  ftolg  ba3  junge  @ljpaar, 
SDonna  $lara,  fcfjroarj  oerfdpieiert,  55 

®on  ^ernanbo,  roaffenglängenb. 

1 65]  Xaufenb  Stugen  finb  gerietet, 
Staufenb  Stimmen  $reube  rufen: 
§eü,  ^aftiltenS  9Jtäbcfjenfonne, 
Unb  ÄaftüienS  9titterblume !  eo 

3* 


36 

23i§  an  23räutigam§  ^alafttljor 
SBäljet  fidE)  ba§  StoßSgemityle, 
Dort  gefeiert  wirb  bie  §od$ett, 
^runl^aft  unb  nadj  alter  ©itte. 

es  SKitterfoiel  unb  frolje  £afel 

SGBed^feln  unter  lautem  $u6el; 
SBte  im  Staufdje  floljn  bie  ©tunben, 
33i3  bie  %lad)t  Ijerabgefunfen. 

Unb  jum  %an%e  ficfj  »erfammeln 
70  Dort  im  <&aal  bie  |Jod£)gettgäfte. 

Sitte  funfein  buntbeleudfjtet 
SSon  ber  bergen  Sidfjterfyeere. 

SBräut'gam,  nüe  ein  $euerfonig, 
©traft  im  golbnen  ^Surpurmantel ; 
75  $Iara,  mie  bie  9fofe  Müfjenb, 

^olgt  im  meinen  Srautgeroanbe. 

[66]  2Utf  erhabne  (S^renftfce, 
9ting§  oon  Dienerfcfyaft  umrooget, 
2iefjen  beibe  brob  ficfj  nieber, 
so  ^aufd^ten  füfje  Siebeärcorte. 

Unb  im  <5aak  bumpfeS  Traufen 
$on  ber  frauSberoegten  9Jienge; 
Unb  eg  wirbelten  bie  Raufen, 
Unb  erfcfymettern  bie  trompeten. 

ss  DodE)  warum,  o  fdtjöne  Herrin, 

©inb  geheftet  beine  Söltcfe 
Dorthin  nacfj  ber  ©aaleäetfe? 
©o  oemmnbert  fpracr)  ber  bitter. 

©iefyft  bu  benn  nidfjt,  £od[jgebieter, 
90  Dort  ben  9Jlann  im  fdfjroargen  9ftantel? 

Unb  ber  bitter  Ijulbtg  lädjelt: 
3ft  ja  nur  ein  blaffer  ©chatten. 


37 


2)odj  e<§  nähert  fidj  ber  ©cfjatten, 
Unb  es  mar  ein  9)krm  im  9Jkntel, 
Unb  9tobrigo  nun  erfennenb,  95 

©rüfjt  ilm  klava  glutbefangen. 

[67]  Unb  ber  £ang  l)at  fcijon  begonnen, 
•JRunter  fiel)  bie  länger  breljen, 
Unb  e£  gitterte  ber  SBoben 
ÜBon  bem  rauftf;enben  ©etöfe.  ioo 

2Baljrlid£)  gerne,  ©on  9lobrigo, 
Söill  id£)  bir  gum  Xange  folgen, 
2lber  fo  im  fcfyroargen  Hantel 
£ätteft  bu  nia)t  fommen  follen. 

2)on  SRobrigo  ftarret  finfter,  105 

Sßilb  umfcfjlang  er  fcfjon  bie  §olbe: 
©pracijeft  ja,  idj  foUte  fommen! 
Ratten  bumpfig  feine  äßorte. 

Unb  im  btdfjtften  Stanggetümmel 
drängten  fidt)  bie  beiben  länger;  110 

Unb  e§  bonnerten  bie  Raufen, 
Unb  erfdjmettern  bie  trompeten. 

©inb  ja  fdmeeroeifj  beine  2Bangen! 
^eimlid)  ftfjaubemb  $lara  flüftert.  — 
©pracljeft  ja,  idEj  fottte  fommen!  115 

©dfmarret  l)ol)l  bie  Ijeifre  ©timme. 

[68]  Unb  im  ©aal  bie  bergen  blingeln 
®urcf)  ba3  flutt)enbe  ©ebränge, 
Unb  eS  roirbelten  bie  Raufen, 
Unb  erfdjmettern  bie  Xrompeten.  120 

©inb  ja  etefalt  beine  $änbe! 
flüftert  Älara,  frampfig  gucfenb.  — 
©prad^eft  ja,  icf)  foUte  fommen!  — 
Unb  fie  treiben  rafrf;  hinunter. 


38 


125  Sajs  midj,  lafj  micfj,  £)on  Sfobrigo! 

£eidfjenljaud(j  tft  ja  bein  Dbem.  — 
S)on  9tobrigo3  graufe  2öorte 
©dfjatfen  fa)aurig  im  ©erooge. 

Unb  ber  33oben  glüfyenb  raupte, 
130  Suftig  fiebelten  bie  ©eigen; 

3öie  ein  totteg  .gauberroeben 
©cfjmtnbett  2ltte§  im  ©efreifel. 

Safj  midtj,  lafj  mia),  $>on  9tobrigo ! 
$(ara  äd^jt  unb  flefyt  unb  roimmert.  — 
135  ©prad^eft  ja,  idfj  füllte  fommen? 

©rinfet  immer  2)on  Stobrigo. 

[69]  9hm  fo  gelj  in  ©otteS  tarnen! 
Älara  fpradfj'ii  mit  fefter  ©timme, 
Unb  bieg  2Bort  mar  faum  entfahren, 
140  Unb  oerfdEjrounben  mar  Stobrigo.  — 

$lara  ftarret.     $$re  ©inne 
$altumfiirret,  nacfjtumrooben ; 
Dljnmadfjt  fjat  ba§  lichte  Silbnifj 
3jn  i^r  bunfleS  Steidfj  gebogen. 

145  ©nblidfj  meidet  ber  9?ebelfd£)hnnmer, 

dnblidj  fdEjtug  fie  auf  bie  SBtmper. 
2lber  ©taunen  mottt'  auf '3  9?eue 
$fyre  frönen  Singen  fctyliefjen; 

SDenn  fie  fafj  noa;  mie  gu  2lnfang, 
i5o  2Bar  audfj  nidfjt  »om  ©i£  genridfjen, 

©afj  nodf)  an  be§  SBräut'gami  «Seite. 
Unb  ber  bitter  forgfam  bittet: 

©pria;,  roa§  bleiben  beine  9Sangen? 
©pridE),  mag  roirb  bein  Slug'  fo  bunfel? 

155  Unb  SRobrigo fdfjaubert  $lara, 

Unb  ©ntfeijen  läljmt  bie  $unge. 


39 


[70]  2lber  tiefe,  ernfte  galten 
gagern  fitf;  auf  33räut'gam§  ©tirne: 
,§errin,  f orf cf; '  nid)t  blut'ge  $unbe, 
£eute  Mittag  ftarb  9tobrigo! 


[71]  X. 

Sie  9flitternadjt  30g  näfyer  fdjon ; 
3>n  ftummer  Stolj  lag  Sabilon. 

%tx  oben,  in  be<S  Königs  6djlofj, 

Sa  fla(fert'§,  ba  lärmt  be3  $önig3  £rofj, 

-Dort  oben,  in  bem  $önig§faal, 
Selfafcar  fyielt  fein  Äömggmafyl. 

Sie  ßnedjte  fafjen  in  fcfjimmernben  9teil)'n, 
Unb  leerten  bie  SBedjer  mit  funfelnbem  üffiein. 

Ose  flirrten  bie  Skdjer,  e§  jauchten  bie  ®nedjt' ; 
So  flang  e3  bem  ftbrrigen  Könige  retfjt. 

Seä  ßönigS  SBangen  leuchten  ©lut; 
^m  2Bein  erroucp  ifym  f'ed'er  SJiutfj. 

Unb  blinblingS  retfjt  ber  -JRutl)  ilm  fort; 

Unb  er  läftert  bie  ©ottljeit  mit  fünbigem  2öort. 

Unb  er  brüftet  fidj  fredj,  unb  läftert  roilb; 
Sie  ßnedjtenfdjaar  iljm  Seifall  brüllt. 

[72]  Ser  $önig  rief  mit  ftoljem  SBIicf ; 
Ser  Siener  eilt  unb  feljrt  jurücf. 

(Sr  trug  üiel  gülben  ©erätf)  auf  bem  §aupt; 
SaS  mar  au$  bem  Stempel  ^e§ot)a§  geraubt. 

Unb  ber  $önig  ergriff  mit  freoler  .&anb 
(Sinen  ^eiligen  Sedjer  gefüllt  bi§  am  9tanb\ 


40 


Unb  er  teert  iljn  fyaftig  bt§  auf  ben  ©runb, 
Unb  rufet  laut  mit  fd)äumenbem  SJhmb: 

25  $eljor»al)!  bir  lünb'  idj  auf  eroig  £>olm,  — 

$dj  bin  ber  $ömg  r>on  labilem! 

SDodj  laum  bieg  graufe  Sßort  üerftang, 
Sern  $önig  roarb'3  fyeimlicfj  im  SBufen  bang. 

SDa§  gettenbe  Sachen  oerftummte  §umaljl; 
30         @3  mürbe  leidfjenftitt  im  ©aal. 

Unb  fielj!  unb  fiel)!  an  roeifjer  Söanb 
3)a  fam'3  Ijeroor  mie  9Jlenfdjenl)anb ; 

Unb  fd^rieb,  unb  fdjrieb  an  meiner  2Banb 
Güine  leudjtenbe  ^lammenfdjrift,  unb  fdjroanb. 

35         25er  $önig  ftieren  SBIicfö  ba  fafj, 

9Jiit  fdjlottemben  Änien  unb  tobtenblafj. 

[73]  SDie  ßnedjtenfdjaar  fafj  falt  burdjgraut, 
Unb  fafj  gar  friß,  gab  leinen  Saut. 

S)ie  Magier  famen,  bodj  feiner  oerftanb 
4o  $u  beuten  bie  ©djrift  an  ©aaleiroanb. 

33elfa£ar  marb  aber  in  felbiger  %lad)t 
3Son  feinen  Anetten  umgebracht. 


[74]  XI. 

Mt  TOmnefattgcr. 

$u  bem  2öettgefange  reiten 
SRinnefcmger  je£t  gerbet; 
@9,  ba£  giebt  ein  fettfam  Streiten, 
@in  gar  l}errlidje§  £urnep. 


41 


^fyantafie,  bie  fdfjäumenb  rcübe,  s 

$ft  be<3  3)ftnnefänger£  ^pferb, 
Unb  bie  $unft  bient  iljm  ^um  ©d)übe, 
Unb  ba3  Söort  ba3  ift  fein  ©dEmoerbt. 

Imbfd^e  tarnen  fdfjauen  munter 
SSom  betepptcfjten  SBakon,  10 

©ocij  bie  9ted)te  ift  niäpt  brunter, 
Sftit  be§  ©iegeS  9Ji»rtf)enfron'. 

2lnb're  Seute,  bie  ba  fpringen 
$n  bie  ©Garanten,  finb  gefunb; 
2lber  9Jtinnefänger  bringen  15 

©ort  fcfyon  mit  bie  £obe£rcunb\ 

[75]  Unb  rcem  bort  am  beften  bringen 
Siebet  Slutftröm'  au§  ber  33ruft, 
©er  rcirb'3  befte  Sob  erringen, 
Unb  fein  2öef)  giebt  Slnbern  Suft.  20 


[76]  XII. 

3xt  3fenjferf4|au. 

©er  bleibe  ^einridp  ging  oorben, 
©df)ön  §ebroig  lag  am  ^enfter. 
©ie  fpradfj  fyalMaut:  ©Ott  fte§  mir  be», 
©er  unten  fdEjaut  bleia)  rcie  ©efpenfter! 

©er  unten  erfyub  fein  Slug  in  bie  $öf)', 
§infd(jmad)tenb  nad£)  §eberoig§  $enfter. 
©d^ön  $ebroig  ergriff  e3  rcie  Stebe^roer), 
2lud(j  fie  roarb  bleicf)  rcie  ©efpenfter. 

©dfjön  §ebroig  ftanb  nun  mit  SiebeS^arm 
Stfftäglia)  lauernb  am  $enfter. 
33alb  aber  lag  fie  in  £einridfj£  2trm, 
3Ittnäa)tlid^  jur  geit  ber  ©efpenfter. 


42 


[77 1  XIII. 

3tx  iwmta  ©ttfer. 

3$  meifj  eine  alte  $unbe, 
$>te  hattet  bumpf  unb  trüb' ; 
(Sin  9titter  lag  liebeSrounbe, 
2)od(j  treulog  ift  fein  Sieb.  -   ., 

s  2llS  treulog  tnufj  er  »erachten 

$>ie  eigne  ©eliebte  fein, 
2llS  fd^impflic^  mufj  er  betrauten 
$>ie  eigne  SiebeSnetn. 

@r  möäjt'  in  bie  ©djranfen  reiten, 
io  Unb  rufen  bie  9titter  gum  (Streit : 

2)er  mag  ftd)  §um  Kampfe  bereiten, 
2Ber  mein  Sieb  eines  Ratete  gei^'t ! 

£)a  mürben  mo§I  2llle  fcfjroeigen, 
%lut  nidfjt  fein  eigener  ©djmerj; 
15  2)a  müfjt'  er  bie  San§e  neigen 

,  SBiber'S  eigne  flagenbe  §erj. 

@r  möchte  mit  eignem  Stute 
2lbroafdpen  ben  $lecE  feines  Siebs ; 
^Jlit  bem  eignen  £tmmelSgute 
20  WlöfyV  er  fülmen  bie  Sdfmlb  feines  Sieb« 

2lm  liebften  möd;t'  er  liegen 
s3Jlit  Siebcfjen  im  £obtenfä)rein, 
Stn'S  falte  Sieb  fidf)  fdfjmiegen; 
2)er  Stob  mad)t  alle  rein. 

[78]  XIV. 

3t»  mttabim  IDaJJcrfalni. 

%<fy  ftanb  am  9ttaftbaum  angelehnt, 
Unb  jäljlte  jebe  SÖeUe ; 
2lbe!  mein  fd()öneS  SSaterlanb, 
9flein  ©d)iffd)en  fegelt  fdmelle! 


43 


%d)  tarn  fdf)ön  Sie6d^en§  §au€  Dorbei), 
$ie  $enfterfd(jeiben  blinfen; 
3$  gucf'  mir  faft  bie  2lugen  au§, 
25odfj  miß  mir  niemanb  roinfen. 

$l)r  Sljränen,  bleibt  mir  au§  bem  2tug\ 
3}afj  idfj  nid£)t  bunfel  fe^e. 
s)Jtein  franfe<3  $erje,  breche  nicfjt 
3Sor  attjugrofsem  ÜBelje. 

(Stolziere  nicfjt  bu  falfcfje  9Katb, 
^dj  tüiü'ö  meiner  Butter  fagen; 
üEßenn  meine  SJcutter  micfj  meinen  fief)t, 
SDann  brauch'  idj  nidjt  lange  gu  f lagen. 

Steine  -JRutter  fingt  mir  ein  Söiegenlieb  oor, 
s£i§  idfj  fcfjlafe  unb  erbleiche; 
Sod;  bidij  fcjjleppt  fie  -iftadjts  ben  ben  paaren  Ijerben, 
Unb  §eigt  bir  meine  2eicfje. 


[79]  XV. 

§err  XUridjj  reutet  im  grünen  2BaIb, 
$ie  Blätter  luftig  rauften. 
2)a  fief)t  er  ein  -JRägblein  oon  Ijolber  ©eftalt 
Surdj  SBaume^roeige  lauften. 

©er  $unfer  fpracfj:  2Bol)l  fenne  id; 
35ie£  blüljenbe,  glüljenbe  Silbnifj, 
s-Berlocfenb  ftet§  umfdfnnebt  e<3  midfj 
3n  SSolfögenrityl  unb  9Bübnif$. 

.ßroei  SRöötetn  finb  bie  Sippen  bort 
$>ie  lieblichen,  bie  frtfd^en ; 
£)od(j  mandjeä  f)äfjlidE)  bittre  Üöort 
©djleidfjt  tücfifdf)  oft  bajroifdpen. 


44 


$)rum  gleicht  bieS  9Jcünblein  gar  genau 
£)en  ^übf^en  9tofenbüfcf)en, 
15  2Öo  gift'ge  ©drangen  rounberfcl)lau 

3m  bunfeln  Saube  gifd^en. 

[80]  £)ort  jenes  ©rubren  rounberüeb 
$n  rounberlieben  Söangen, 
®a§  ift  bie  ©rube,  roorin  micf)  trieb 
20  SöalmfinnigeS  Verlangen. 

®ort  fei)  id)  ein  fdEjöneS  Sodfenljaar 
23om  fd&önften  Äöpfd^en  fangen; 
2)a3  finb  bie  9ie£e  rounberbar, 
Sßomit  midfj  ber  33öfe  gefangen. 

25  Unb  jenes  blaue  2tuge  bort, 

(So  flar  rote  ftiCfe  2Bette, 
2)a3  I)ielt  id)  für  beS  £immel3  $fort', 
£>ocfj  roar'S  bie  Pforte  ber  $ölle.  — 

$err  Ulricl)  reutet  roeiter  im  9Mb, 
30  $)ie  Blätter  rauften  fdjjaurig. 

£)a  fiel)t  er  oon  fern  eine  jroeite  ©eftalt, 
$)te  ift  fo  bleid),  fo  traurig. 

3)er  ^unfer  fprad):  D  SJlutter  bort, 
SDie  midfj  fo  mütterlich  liebte, 
35  SDer  idf)  mit  böfem  %f)un  unb  2öort 

2)a3  Seben  bitterlich  trübte! 

[81]  D,  fönnt'  id)  bir  trodmen  bie  Slugen  na% 
gORit  ber  ©lut  non  meinen  ©djmer§en! 
D,  fönnt'  icfj  bir  rotten  bie  äBangen  blafj 
40  9Jttt  bem  23lut  au£  meinem  ^erjen!  — 

Unb  roeiter  reutet  §err  Uleria;, 
3m  2ßalb  beginnt  e§  ju  büftem; 
SSiel  eigne  (Stimmen  regen  fiel), 
$Die  Slbenbroinbe  flüftern. 


45 


$5er  $unfer  fyört  bie  äöorte  fein 
©ar  Dietfacr)  roteberflingen. 
2)a3  traten  bie  fpöttifdjen  2Balbr>oglein, 
35ie  groitfdfjern  laut  unb  fingen: 

£err  Ulridfj  fingt  ein  f)übfdf)e<l  Sieb, 
£)a3  Siebten  oon  ber  9?eue, 
Unb  Ijat  er  ju  @nbe  gefangen  baö  Sieb, 
So  fingt  er  e-S  mieber  auf  3  neue. 


[82]  XVI. 

In  eins  Sängcrinn. 

3U§  fte  eine  alte  SRomanje  fang. 

$dfj  benfe  nocfj  ber  gaubertjotten, 
2öie  fie  ^uerft  mein  Stuge  falj! 
3Bie  iljre  £öne  liebücf)  Hangen, 
Unb  r)eimtid^  füfj  in'g  ^erje  brangen, 
(Sntroflten  S^ränen  meinen  2Öangen,  — 
%d)  raupte  nid£)t  roie  mir  gefdjafy. 

@in  SCraum  mar  über  mxd)  gefommen: 
Slfö  ferj  \d)  nod;  ein  frommet  $tnb, 
Unb  fäfje  ftitt,  beim  Sämpcijenfcfjeine, 
3n  9ftutter3  mannen  ^ämmerleine, 
Unb  läfe  Wäfyxtym  rounberfeine, 
T>erroeilen  brausen  %lad)t  unb  2öinb. 

$>ie  9Jlä^rct)en  fangen  an  ^u  leben, 
1)ie  bitter  fteigen  au§  ber  ©ruft; 
33en  StonjiSoatt  ba  giebt'S  ein  ©treuen, 
1E)a  lommt  §err  9tolanb  f)er§ureiten, 
s$iel  füfyne  ©egen  i£;n  begleiten, 
2ludfj  leiber  ©anelon,  ber  «Schuft. 

[83]  fturdf)  ben  roirb  fttolanb  ftf;ltmm  gebettet; 
@r  fcfyroimmt  in  33Iut,  unb  atfjmet  faum; 


46 


$aum  modjte  fern  fein  ^agbljornjeidjen 
£>a§  Dfyv  be§  großen  Garlä  erreichen, 
£)a  mufi  ber  bitter  fd)tm  erbleichen,  — 
Unb  mit  i§m  ftirbt  gugleicfj  mein  £raum. 

25  5Dag  mar  ein  laut  oerroort'neg  ©Ratten, 

2)a§  mid^  au3  meinem  träumen  rief. 
SSerllungen  mar  je£t  bie  Segenbe, 
Sie  Seute  fdfjlugen  in  bie  $änbe, 
Unb  riefen  „Sraoo"  ofme  @nbe; 

30  Sie  ©ängerin  »erneigt  fid(j  tief. 


[84]  XVII. 

1&n&  Xtcfc  imn  irert  ^ukafen. 

■Steine  gülbenen  SDufaten, 
©agt  roo  fenb  $r)r  fjingeratrjen  ? 

©epb  ^§r  ben  ben  gülbnen  $tfd)lein, 
$)ie  im  S3acr)e  frof)  unb  munter 
SEaudjen  auf  unb  tauten  unter? 

©enb  3$r  ben  ben  gülbnen  33lümlein, 
3)ie  auf  lieblid)  grüner  2lue 
^unfein  Ijeft  r»om  9ftorgentf|aue  ? 

©eob  ^fyc  ber;  ben  gülbnen  Söglein, 
$)ie  ba  fcfnoeifen  glanjumrooben 
^n  ben  blauen  Süften  oben? 

©enb  3§r  °e9  öen  gülbnen  ©temlein, 
S)ie  im  leudfjtenben  ©eroimmel 
Säbeln  jebe  9kd£)t  am  #immel? 

[85]  2Td^!  3$r  gülbenen  Maten 
©djroimmt  triebt  in  be§  33ad()e§  3Bett\ 
?yunfelt  nidfjt  auf  grüner  3tu', 


47 

©dfjroebet  nidjt  in  Säften  blau, 
Säbelt  nidtjt  am  §tmmel  f>ett,  — 
■Steine  9Kanid)äer,  traun! 
galten  @ua;  in  ifjren  Ätau'n. 

86]  XVIII. 

<&Erp*äxfi  auf  iitv  Tßabzxbovntv  5§attrc. 

§örft  bu  nid£)t  bie  luft'gen  %'öm, 
2ßie  von  SSrummbafj  unb  oon  ©eigen? 
Sorten  tanjt  roofyt  manage  ©d^öne 
2)en  geflügelt  leisten  Zeigen. 

,,@t),  mein  gteunb,  ba§  nenn'  ic§  irren! 
3Son  ben  ©eigen  §ör'  ia;  leine; 
9htr  bie  $erftein  fyör'  td)  quirren, 
©rungen  fyör'  icfj  nur  bie  ©djroeme." 

|jörft  bu  nidtjt  ba§  äöalbfyorn  blafen? 
Kläger  ficfj  be§  2öaibroerf3  freuen? 
fromme  Sämmer  fe^'  idf)  grafen, 
(Schäfer  fpielen  auf  ©cfjalmenen. 

,,©t),  mein  $reunb,  roa3  bu  oernommen, 
$ft  ntdjt  2ßalb£jorn,  nid;t  ©dfjalmene; 
9htr  ben  ©aufyirt  fei)'  ia;  fommen,  is 

§eimraärt3  treibet  er  bie  ©äue." 

[87]  $örft  bu  nidfjt  ba3  ferne  ©ingen, 
Sie  üon  füfjen  SBettgefängen  ? 
©nglein  fajlagen  mit  ben  Segnungen 
Sauten  Beifall  folgen  klängen.  20 

„@n!  roa§  bort  fo  fyübfcf)  gelungen, 
3ft  fein  äöettgefang,  mein  Sieber! 
©ingenb  treiben  ©änfe=3ungen 
$Ijre  ©änfelein  oorüber." 


10 


48 

25  £örft  btt  nidjt  bie  ©lo den  läuten, 

2ßunberlieblidj,  rounberfjetfe  ? 
fromme  Kirchengänger  [freiten 
älnbadjtSoou'  gur  35orf=Äopeße. 

„@n,  mein  $reunb,  ba§  finb  bie  ©fetten 
3o  3Son  ben  Ddjfen,  oon  ben  Kitten, 

2)ie  na<f>  iljren  bunflen  «Stallen 
SJiit  gefenftem  Kopfe  gießen." 

©iefjft  bu  nidjt  ben  ©djleier  roeljen? 
©ieljft  bu  nid^t  ba§  leife  liefen? 
35         ©ort  fe§'  idj  bie  Siebfte  ftefjen, 
^eud^te  2öef)tnutl)  in  ben  33licfen. 

[88]  „@n,  mein  greunb,  bort  fei)'  idj  nitfeu 
9cur  ba§  SBettelroeib,  bie  2ife; 
33lafj  unb  Ijager,  an  ben  Krücfen, 
4o  ^inft  fte  roeiter  nadj  ber  2Siefe." 

^lun,  mein  $reunb,  fo  magft  bu  lachen 
lieber  be3  ^fjantaften  $rage: 
Kannft  bodj  nidjt  gur  £äufdjung  machen, 
2öa§  idj  feft  im  33ufen  trage! 


[89]  XIX. 

%n  Ätexmtfrer,  Ißt,  inm  W. 

3n'§  ©tammlmdj. 

@ine  grojje  Sanbftrafj'  ift  unfre  @rb', 
9öir  SJlenfdjen  finb  ^aff agiere; 
9Jcan  rennet  unb  jaget,  ju  $ufj  unb  gu  ^ßferb, 
3Bie  Säufer  oter  ßouriere. 

s3Jcan  fäljrt  fidj  r-orüber,  man  nidet,  man  grüfjt 
9Jcit  bem  STafdjentudj'  au§  ber  Karoffe; 
9Kan  Ijätte  fidj  gerne  geljergt  unb  gefügt,  — 
£>odj  jagen  »on  {»innen  bie  Stoffe. 


49 


ßaum  trafen  mir  un§  auf  berfelben  ©tation, 
.^ergliebfter  $ring  Sllejanber,  10 

$)a  bläft  fdjon  gur  Stbfaljrt  ber  «ßoftitton, 
Unb  bläft  und  fdjon  auäeinanber. 


[90]  XX. 

28enn  ber  ^rüfyling  fommt  mit  bem  ©onnenfdjein, 
SDann  fttoSpen  unb  Mtytn  bie  SBlümlein  auf; 
SKenn  ber  3Honb  beginnt  feinen  ©tralentauf, 
$)ann  fdjnnmmen  bie  ©ternlein  fyintenbrein ; 
2öenn  ber  ©änger  groen  füfje  Sleuglem  fiefjt, 
3)ann  quellen  i|m  Sieber  au§  tiefem  ©emütlj;  — 
SDodj  Sieber  unb  ©terne  unb  SBlümelein, 
Unb  Sleuglein  unb  9JionbgIan§  unb  ©onnenfdjem, 
9Bie  feljr  ba£  QeuQ  aud)  gefällt, 
©o  madjt'3  bod)  noa)  lang  feine  SÖßelt. 


Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27. 


50 


[91]  &onttte. 

%n  3t.  HD.  fe.  Sdjlegul. 

$m  Sfteifrocfyucf,  mit  Slumen  reicf)  oer^eret, 
©dfjönpfläftercijen  auf  ben  gefd&mtnften  SBangen, 
üJltt  (SdjnabelfdEmlj'n,  mit  ©tieferen 'n  bedangen, 
■äJlit  £lmrm=$rifur,  unb  roeSpengleiclj  gefdmüret; 
5  <5o  mar  bie  3lftcr=3Jlufe  auSftaffiret, 

2tt§  fie  einft  fam,  3)idj  liebenb  ju  umfangen. 
£)u  bift  iljr  aber  aus  bem  2Beg'  gegangen, 
Unb  irrteft  fort  oon  bunllem  l£rteb  gefüfyret. 

35a  fanbeft  £)u  ein  ©d&Iofi  in  alter  SBilbmjs, 
10       Unb  brtnnen,  roie  ein  r)otbe§  9Jcarmor=23tfbniJ3, 
£)ie  fdjönfte  9Mb  in  $auberfdjlaf  oerfunfen. 

$Dod^  roicfj  ber  3auber  deinem  garten  ©rufje, 
Slufroacfjte  lädfjelnb  SDeutfdEjlanbS  ädjte  9Jtufe, 
Unb  fanf  in  ©eine  Slrme  ItebeStrunfen. 

[92]  %n  mtint  Mutttv,  %.  T%t\nt, 

gebonte  ö.  (Selbem. 
I. 

3$  bin '3  gemolmt  ben  $opf  redjt  fyoä)  ju  tragen, 
SUcetn  ©tnn  ift  audj  ein  biSdjjen  ftarr  unb  jä^e; 
SBenn  fetbft  ber  ßönig  mir  in '3  2lnt(i|  fctye, 
3fd?  mürbe  md()t  bie  Slugen  nieberfdjlagen. 


51 

SDodj,  liebe  Butter,  offen  ttnff  id)'$  fagen:  5 

2Bie  mädjttg  audfj  mein  ftolger  9Kutfj  fid)  blatte, 
^n  beiner  feiig  füjjen,  trauten  5iär>e 
©rgreift  mid)  oft  ein  bemutljüolIeS  £agen. 

$ft  ei  bein  ©eift,  ber  fyeimlid;  midfj  bedinget, 
$)ein  Ijoljer  ©eift,  ber  alles  tuljn  burdjbringet,  10 

Unb  blitjenb  fid;  jum  Jpimmelilidjte  f dringet  ? 

Quält  mid)  (Erinnerung,  bafj  id)  werübet 
©0  manche  %f)at,  bie  bir  bai  |jer$  betrübet, 
®a§  fd;öne  §erj,  bai  midj  fo-  fer)r  geliebet? 

[93]  II. 

$m  tollen  SBafjn  Ijatt'  id)  btclj  einft  oerlaffen, 
%<$)  rooHte  geljn  bie  gange  2öelt  $u  (Snbe, 
Unb  roollte  fefyn  ob  i<$)  bie  Siebe  fänbe, 
Um  liebeoott  bie  Siebe  §u  umfaffen. 

2)ie  Siebe  fucr)te  id)  auf  allen  ©äffen,  5 

SBor  jeber  £l)üre  ftretft'  idj  aui  bie  ^änbe, 
Unb  bettelte  um  gringe  Siebeifpenbe,  — 
SDocf)  ladjenb  gab  man  mir  nur  faltei  Raffen. 

Unb  immer  irrte  idfj  nad;  Siebe,  immer 
!Racr)  Siebe,  bod;  bie  Siebe  fanb  id;  nimmer,  10 

Unb  lehrte  um  nad;  §aufe,  franf  unb  trübe. 

3)ocf)  ba  bift  bu  entgegen  mir  gekommen, 
Unb  ad)\  ma§  ba  in  beinern  Slug'  gefdjroommen 
S)aö  mar  bie  füjje,  langgefudfjte  Siebe. 


[94]  %n  %  Str. 

Stadjbetn  id)  feine  3eitfdjrift  für  ©rroedung  altbeutfdtet  Äunft  burdjtefen. 

ÜBie  idfj  bein  33üd)lein  fyaftig  aufgefd^tagen, 
©a  grüben  mir  entgegen  otel  üertraute, 
SSiel  golbne  Silber,  bie  id)  roeilanb  fdjaute 
3m  Änabentraum  unb  in  ben  Äinbertagen. 


52 


3d)  fefye  roieber  ftolj  gen  |>tmmel  ragen 
2)en  frommen  üDom,  ben  beutfcfjer  ©laube  baute, 
3d)  l)öV  ber  ©locfen  unb  ber  Orgel  Saute, 
2)a$tmfdjen  flingt'3  rote  füfje  Siebegflagen. 

töobl  fei)'  idj  aud)  rote  fie  ben  2)om  umflettern, 
2)te  flinfen  3roerglein,  bk  ficfj  bort  erfrechen 
SDaS  Ijübfcfye  33lum=  unb  ©cijnitjroerf  abzubrechen. 

£)odj  mag  man  immerhin  bie  Sieb/  entblättern, 
Unb  fie  beS  grünen  ©djmucfeS  rtngg  berauben,  — 
Äommt  neuer  2en§,  rotrb  fie  fieb/  neu  belauben. 


[95]         Srcöfw-Sxmitfte  an  Cljrtjftan  £. 

I. 

3dj  tanj'  nid)t  mit,  id)  räuc^re  ntdjt  ben  $lö£en, 
$)ie  aujjen  golbig  finb,  in'roenbig  ©anb, 
$d)  fcfjlag'  nicr)t  ein,  reicht  mir  ein  33ub  bie  £anb, 
$)er  r)eitnttcr)  roitt  ben  tarnen  mir  jerfe|en. 
5      %d)  jieb,'  nid)t  ah  ben  $ut  oor  Ijübfdjen  9Jcefcen, 
$)ie  fc§am(o§  prunfen  mit  ber  eignen  ©djanb, 
3d)  §ie^'  ntdEjt  mit,  roenn  ftd)  ber  Ißöbel  fpannt 
SSor'm  ©iege€roagen  feiner  ettetn  ©ö£en. 

^cr)  roeifc  e§  rooljl,  bie  (Siebte  mufs  erliegen, 
io  $)erroeil  ba§  9toljr  am  33adj,  burdj  fdjroanfeS  Siegen, 
$n  SGßinb  unb  2öetter  fter)n  bleibt,  nacb,  roie  oor. 

SDod)  fprid),  roie  roeit  bringt'S  rool)!  am  @nb'  foldj  9lof)r? 
2ßetcr)  ©lücf!  als  ein  ©pa^ierftod5  bient'g  bem  ©tu£er, 
2ll§  $leiberllopfer  btent'S  bem  ©tiefelpu^er. 

[96]  IL 

©ieb  fjer  bie  2am',  id)  roill  midj  je|t  maxieren 
$n  einen  Sumpenferl,  bamit  ^alunfen, 
&ie  in  ßfyaraftermagfen  prädjtig  prunfen, 
9föd)t  roätmen  $<*)  fet»  einer  oon  ben  ^b^ren. 


53 


©ieb  fjer  gemeine  2Borte  unb  Sanieren, 
$dj  geige  mid)  in  ^öbelart  nerfunfen, 
^erläugne  all  bie  fdjönen  ©eifteSfunfen, 
Somit  jetjt  fabe  ©djlingel  fofettiren. 

©o  tanj'  id>  auf  bem  großen  ;$fta<8fenbaffe, 
Umfdntmrmt  oon  beutf  d>en  Gittern,  dürfen,  Äön'gen, 
23on  ^arlelin  gegrüßt,  erfannt  non  men'gen. 

Tlit  iljrem  |>ol;$fdjn)ert  prügeln  fie  mid)  alle. 
2)a§  ift  ber  ©pafj.    $)enn  mollt'  td>  mid)  entmummen, 
©o  müfjte  att  ba§  ©algenpacf  nerftummen. 

[97]  III. 

3$  las^e  ob  ben  abgefdjmaöften  Saffen, 
3)ie  mid)  anglo^en  mit  ben  23ocf§gefidjtern ; 
$d)  ladje  ob  ben  gaidjfen,  bie  fo  nüchtern 
Unb  l)ämifd)  mid;  befdjnüffeln  unb  begaffen. 

$d)  ladje  ob  ben  fyodjgelaljrten  2tffen, 
3)ie  fid)  aufbläljn  §u  flogen  ©plitterridjtem ; 
$Sdj  ladje  ob  ben  feigen  23öferaid)tem, 
$>ie  midj  umbroljn  mit  giftgetränften  Sßaffen. 

2)enn  roenn  be3  ©lüde3  ^ü6fct)e  fieben  ©adjen 
Un§  oon  beg  ©d)idfal§  ^änben  finb  gerbrodjen, 
Unb  fo  ju  unfern  $üfjen  l)ingefd)tniffen ; 

Unb  roenn  ba£  ^erj  im  Seibe  ift  gerriffen, 
3erriffen,  unb  jerfd}nitten,  unb  geriftodjen,  — 
2)ann  bleibt  un$  bodj  ba3  fdjöne  gelle  Sachen. 

[98]  IV. 

$m  ^im  fpuft  mir  ein  9föäf)rdjen  nmnberfein, 
Unb  in  bem  -iftäfyrdjen  flingt  ein  feineg  Sieb, 
Unb  in  bem  Siebe  lebt  unb  roebt  unb  Müf)t 
(Sin  rounberfüfjeS,  gartet  SRägbelein. 

Unb  in  bem  Sflägblein  tooljnt  ein  .^erjdjen  Hein, 
$)od)  in  bem  |>er;$d)en  feine  Siebe  glü|t; 
$n  biefeS  lieblog,  froftige  ©emütf) 
$am  .fjodjmutl)  nur  unb  Uebermutlj  hinein. 


54 


#brft  bu,  roie  mir  im  Äopf  ba§  Sftäljrcljen  Hinget? 
10    Unb  roie  ba§  Siebten  fummet  emft  unb  fdfjaurig? 
Unb  roie  ba§  -JJlägblein  fiebert  leife,  leife? 

$cf)  furzte  nur,  bajs  mir  ber  $opf  jerfpringet, 
Unb,  ad?!  ba  roär'3  bodf)  gar  entfetjlidfj  traurig, 
Ääm'  ber  $erftanb  mir  aus  bem  alten  ©leife. 

[99]  V. 

$n  ftiller,  roe^mut^roeid^er  2lbenbftunbe, 
Umflingen  miefj  bie  längft  oerfcjjotf'nen  Sieber, 
Unb  £l|ränen  rollen  r>on  ber  2öange  nieber, 
Unb  SBlut  entquillt  ber  alten  £ergen3rounbe. 

5  Unb  roie  in  eines  $auberfpiegel<3  ©runbe 
©el)'  id£j  ba§  Silbnijs  meiner  SteBften  roieber; 
©ie  fi£t  am  2lrbeit3tifdf)',  im  rotten  5Rieber, 
Unb  ©tille  fyerrfcfyt  in  tfjrer  r)eilgen  9tunbe. 

;Dodf)  plö£lid£j  fpringt  fte  auf  r>om  ©tul)l  unb  fdSjnetbet 
io    23on  iljrem  §aupt  bie  fdEjönfte  alter  Sodren, 

Unb  giebt  fie  mir,  —  oor  $reub  bin  idf)  erfdjrodren! 

9?ur  Satan  fyat  bie  $reube  mir  oerleibet. 
@r  fpann  ein  fefieS  ©eil  r>on  jenen  paaren, 
Unb  fcf)leift  rnidf)  bran  fyerum  feit  Dielen  $;af)ren. 

[100]  VI. 

„2H3  idr)  »or'm  Satyr,  mein  Sieb,  bidp  roieberblicfte, 
©abft  bu  fein'n  ßu|  mir  in  ber  SBillfommftunb'." 
©o  fpradfj  idr),  unb  ber  Siebften  rotier  SJlunb 
®en  fcf)önften  $uf$  auf  meine  Sippen  brüdfte. 

6  Unb  läcfjelnb  füjs  ein  SRnrtenreis  fie  pflücfte 
$om  ^Jinrtenftraudje,  ber  am  genfter  ftunb: 

„SRimm  §in,  unb  pflanj'  bieg  Steig  in  frtfcfjen  ©runb, 
Unb  ftetT  ein  ©la§  barauf,"  fpradEj  fie  unb  niefte.  — 

©cfjon  lang  ift'S  l>er.     ©3  ftarb  ba§  Steig  im  £opf\ 
io    ©ie  felbft  Ijab'  id^  feit  ^afyren  nicljt  gefet^tx ; 
:£>ocfj  brennt  ber  ihifj  mir  immer  noefj  im  $opf. 

Unb  aul  ber  $erne  trieb'S  midEj  jüngft  gum  Drt, 
2öo  Siebten  rootynt.     SSor'm  $aufe  blieb  idjj  ftefyn 
$>te  gange  ^adrjt,  ging  erft  am  9föorgen  fort. 


55 


[101]  VII. 

#üt'  btdfj,  mein  $reunb,  °or  grimmen  £eufetöfra#en, 
2)od>  fd^Iimmer  finb  bie  fanften  @ngeI<Sfrä$d)en. 
@in  fofdjes  botr)  mir  einft  ein  fü^e§  ©dfmtä^cfjen, 
®ocf)  roie  idfj  fam,  ba  füfjlt'  idj  fd^arfe  Stauen. 

$üt'  bidfj,  mein  $reunb  oor  fdfjroarjen,  alten  $a$en, 
2)oc§  fdf)limmer  finb  bie  roeifjen,  jungen  ÄätjdEjen. 
@in  foldjjeä  madfjt'  \d)  einft  ju  meinem  ©d()ä§d)en, 
$)odf)  tf)ät  mein  ©dfjätjdjen  mir  ba3  §er§  gerfratjen. 

D  füfjeS  ^rä^dfjen,  rounberfüjje3  ?!Jläbd£)en! 
9Bie  fonnte  micf)  bein  flarei  2teugfein  tauften? 
3öte  fonnt'  bein  $fötd£jen  mir  ba§  ^erj  jerfleifc^en  ? 

D  meinet  Ää^d^eng  rounber^arteS  ^ßfötdjen! 
ßbnnt'  icf)  bicf)  an  bie  glü^'nben  Sippen  preffen, 
Unb  fönnt'  mein  £er$  oerbluten  unterbeffen! 

[102]  VIII. 

2)u  fafy'ft  midlj  oft  im  $ampf  mit  jenen  ©dengeln, 
(Sefcfmtinften  Taljen  unb  gebrillten  Rubeln, 
2)ie  mir  ben  blanfen  tarnen  gern  befubeln, 
Unb  mid)  fo  gerne  in 'S  SSerberben  jüngeln. 

$)u  farjeft  oft,  roie  midfj  Sßebanten  Rubeln, 
2Bie  ©cfjellenfappenträger  mid£)  umflingeln, 
2ßie  gift'ge  ©fangen  um  mein  ^erg  fidE)  ringeln; 
$)u  fafy'ft  mein  SBlut  au§  taufenb  9öunben  fprubetn. 

3)u  aber  ftanbeft  feft  gleidE)  einem  £fmrme; 
(Sin  Seucfjttfmrm  roar  bein  $opf  mir  in  bem  ©türme, 
$>ein  treues  $erj  roar  mir  ein  guter  £afen. 

2öof)l  roogt  um  jenen  £afen  roilbe  Sranbung, 
■Kur  roen'ge  ©d^iff'  erringen  bort  bie  Sanbung, 
2)ot^  ift  man  bort,  fo  fann  man  fidler  fdfjlafen. 

[103]  IX. 

3$  möchte  roeinen,  bodfj  idf)  fann  e$  nidjt; 
3<^  mödjt'  midf)  rüftig  in  bie  £öl)e  fyeben, 
Qod)  fann  icf)'3  nid^t;  am  SBoben  mujj  idfj  f leben, 
HmfrädE)§t,  umgifd^t  oon  efelm  SBurmgegüdf)! 


56 


5  3idj  möchte  gern  mein  fyeitreS  SebenSüdfjt, 

3ftein  fefjöneS  Sieb,  allüberall  umfdjroe&en, 
3n  i^rem  feiig  füfjen  ,£audfje  leben,  — 
2)odj  fann  td^'ö  mcfjt,  mein  franfe§  ^jerge  bricht. 
2lu<3  bem  gebrodmen  §er§en  füfy'  icfj  fliegen 

io       3Kein  IjetfjeS  Slut,  \<fy  füljle  micfj  ermatten, 

Unb  r>or  ben  Slugen  toirb'S  mir  trüb  unb  trüber. 
Unb  ^etmltd^  fdjjauernb  feEm'  iclj  midE)  hinüber 
•ftadjj  jenem  üftebelreidfj,  no  ftitte  ©Ratten 
9Kit  meinen  Slrmen  liebenb  midE)  umfcljliefjen. 


57 


[105]  fgrtfrfiE*  JnUvmtuv* 

1822—1823. 


[109]  ^njfog. 

(früher:  ^a»  Xteir  irom  Wöten  Kttter.) 

@3  roar  mafyl  ein  bitter  trübfeetig  unb  ftumm, 
9Jtit  Ironien  fcfmeeroeifjen  2öangen; 
@r  fdfjroanfte  unb  fdjjlenberte  fdfjlotternb  §erum, 
$n  bumpfen  träumen  befangen. 
@r  roar  fo  folgern  unb  täppifdf)  unb  ünH, 
3)ie  23lümlein  unb  SRägblein  bie  uferten  ring3, 
2Benn  er  ftolpernb  trorbeogegangen. 

Dft  fafj  er  im  finfterften  Sßinfet  gu  £au3; 
@r  Ijatt'  ftc6  cor  -iJJlenfdjen  üerfrocfjen. 
2)a  ftrerfte  er  fefynenb  bie  Slrme  au§, 
2)odj  Ijat  er  fein  SBörtlein  gefprodfjen. 
$am  aber  bie  9Kittemad^tftunbe  fyeran, 
(Sin  feltfameS  ©ingen  unb  klingen  begann,  — 
3ln  bie  Xfyüre  ba  j)ört  er  e§  podljen. 

[110]  2)a  fommt  feine  Siebfte  gefd)lichen  herein, 
$m  raufdjjenben  Sßetfenfdfjaumfletbe. 
©ie  blüljt  unb  glüljt  rote  ein  Stöfelem, 
S^r  ©ebener  ift  eitel  ©efdjmeibe. 
(Mbfotfen  umfpielen  bie  fdjlanfe  ©eftalt, 
$>ie  2leugelein  roinfen  mit  füfjer  ©eroalt,  — 
$n  bie  Slrme  finfen  fict)  beibe. 


58 


SDer  bitter  umfdjlingt  fie  mit  Ste&eSmctdjt, 
35er  £ölgerne  ftefjt  je$t  in  $euer; 
2)er  Slaffe  errötet,  ber  Träumer  ermadjt, 
25         $)er  33löbe  roirb  fülmer  unb  freier. 

©ie  aber  fie  fyat  ilm  gar  fcfjalffjaft  genecft, 
©ie  fyat  ifym  gang  leife  ben  $opf  bebetft, 
9Jiit  bem  roeijjen,  bemäntelten  ©djleoer. 

$n  einen  friftallenen  äßafferpalaft 
30  Sft  plö^lta;  gezaubert  ber  bitter. 

@r  ftaunt,  unb  bie  Slugen  erblinben  ii|m  faft, 

5ßor  alle  bem  ©lang  unb  ©eflitter. 

2)ocf)  Ijält  ilm  bie  ^e  umarmet  gar  traut, 

SDer  SHttter  ift  23räut'gam,  bie  ^li^e  ift  Sraut; 
35         ^i)re  ^ungfraun  bie  fpielen  bie  ßttfier. 

[111]  ©ie  fpielen  unb  fingen;  e3  tanken  §erein 
3SieI  minjige  3Räba;en  unb  S3üba)en. 
2)er  9titter  ber  null  fidj  gu  SCobe  freu'n, 
Unb  fefter  umfdjlingt  er  fein  Siebten,  — 
40         $>a  löfdjen  auf  einmal  bie  Äerjen  au§, 

S)er  bitter  ftfct  roieber  ganj  einfam  ju  $au3, 
^n  bem  büftem  $  o  e  t  e  n  ftübd[)en. 


[118]  I. 

$m  rounberfdjönen  SJlonat  slRai, 
211$  alle  $no§pen  fprangen, 
2)a  ift  in  meinem  ^er^en 
$)ie  Siebe  aufgegangen. 

3>m  rounberfdjönen  SJlonat  SJlai, 
'  2113  alle  SSögel  fangen, 
Da  Ijab  id)  il>r  geftanben 
9Kein  ©efmen  unb  Verlangen. 


59 


[113]  II. 

2lu3  meinen  frönen  foriefjen 
33iel'  blüljenbe  Slumen  §eroor, 
Unb  meine  ©euf§er  roerben 
(Sin  9tadfjtigallen=@l)or. 

Unb  roenn  bu  midj  lieb  l)aft,  ^inbcfjen, 
6cf)enf  idf)  bir  bie  33lumen  oll', 
Unb  »or  beinern  ^enfter  foE  flingen 
£>aS  Sieb  ber  9kdjtigall. 

III. 

35ie.  9iofe,  bie  Sielje,  bie  Staube,  bie  Sonne, 
2>ie  liebt  idfj  einft  alle  in  £iebe§roonne. 
3df>  Iteb  fie  nidEjt  meljr  unb  id(j  liebe  atteine, 
25ie  kleine,  bie  $eine,  bie  Steine,  bie  @ine. 
©ie  felber  oller  Siebe  S3ronne 
!yft  9tofe  unb  Silje  unb  Xaube  unb  ©onne. 

[114]  IV. 

Senn  id^  in  beine  2lugen  fei) 
3)onn  fdfjroinbet  all  mein  Seib  unb  SSelj. 
2)od^  roenn  idfj  füffe  beinen  5Dtunb 
2)ann  merb  idfj  ganj  unb  gar  gefunb. 

9Benn  idfj  midfj  leim'  an  beine  23ruft 
$ommt'3  über  midfj  roie  §immel€luft. 
$ocf)  roenn  bu  foridjft.  $d)  liebe  bic§, 
3)ann  roein'  idfj  ftiU  unb  freubiglidfj. 


Dein  2lngefid(jt  fo  lieb  unb  fct)ön 
$)a§  l)ab  idf)  jüngfi  im  £raum  gefelm; 
@£>  ift  fo  milb  unb  @ngel=gleidfj, 
Unb  bodf)  fo  bleta),  fo  fdfjmerjenbleidfj. 


60 


Unb  nur  bie  Sippen  bie  finb  rotlj; 
SIeicI)  füffen  roirb  auclj  bie  ber  Stob. 
@r  löfdf)t  bir  au$  ba§  fufje  SidSjt, 
£)a§  au§  ben  frommen  2tugen  bricht. 


[115]  VI. 

Seim'  beine  2öang'  an  meine  2Bang', 
£)ann  fliegen  bie  frönen  jufammen; 
Unb  an  mein  £erg  brütf  feft  bein  §erj, 
2)ann  fdplagen  jufammen  bie  flammen. 

Unb  roenn  in  bie  grofje  flamme  fliefjt 
©er  ©trom  r>on  unfern  frönen, 
Unb  wenn  bidp  mein  2lrm  getoaltig  umfdfjliefjt 
©terb'  icfj  vox  Siebegfefynen. 


VII. 

%<fy  mitf  meine  ©eele  tauten 
^n  ben  $el<$  ber  Silje  hinein, 
3)ie  Silje  foÖ  flingenb  tyaudjen 
@in  Sieb  r>on  ber  Siebften  mein. 

2>aS  Sieb  fott  flauem  unb  beben 
9ßie  ber  $ufj  oon  iljrem  -äJhmb, 
2>en  fie  mir  einft  gegeben 
3>n  rounberbar  füfjer  ©tunb. 

[116]  VIII. 

@3  fielen  unbetoeglidfj 
£)ie  ©teme  in  ber  $öl)' 
23iel  taufenb  Saljr'  unb  flauen 
©idp  an  mit  Siebeörcer). 


61 

Sie  fpredfjen  eine  ©prctdjje,  5 

1)ie  ift  fo  retdEj,  fo  fcfjön; 
$od(j  leiner  ber  $f)Uologen 
$ann  biefe  ©pradfje  »erftefy'n. 

3$  aber  Imb'  fie  gelernet, 
Unb  idj  cergeffe  fie  nicfjt;  10 

9ftir  biente  al§  ©rammatif 
3)er  ^erjaUerliebften  ©efid£)t. 


[117]  IX. 


Stuf  ^^üÖe^tt  *>eg  ©efangesS, 
^erjliebcfjen,  trag'  id£j  bidfj  fort, 
$ort  nadj  ben  $luren  be§  ©angeS, 
$)ort  roeijs  tdj  ben  fdfjönften  Drt. 

2)ori  liegt  ein  rotpiüfyenber  ©arten 
%m  ftiffen  9)Jonbenf d^ein ; 
"Sie  2oto£blumen  erroarten 
^i)t  trautet  ©tfjroefterlein. 

£>ie  SBeildfjen  liefern  unb  fofen, 
Unb  fdfjau'n  nadf)  ben  ©ternen  empor; 
Jfjeimlid)  erjagen  bie  9tofen 
Sid^  buftenbe  5Rär)rcr3en  in'3  Df>r. 

@e  Rupfen  gerben  unb  lauften 
$5ie  frommen,  flugen  ©ajett'n; 
Unb  in  ber  $erne  rauften 
SDeS  ^eiligen  ©trome3  Söett'n. 

[118]  üDort  motten  mir  nieberfinfen 
Unter  bem  ^almenbaum, 
Unb  Siebe  unb  Shtfje  trinfen, 
Unb  träumen  feügen  £raum. 


62 


[119]  X. 

3)ie  Sotogblume  ängftigt 
©idfj  oor  ber  ©onne  ^radjjt, 
Unb  mit  gefenftem  Raupte 
©rroartet  fie  träumenb  bie  -ftadfjt. 

«  SDer  90tonb  ba§  ift  ifyc  Suljle 

@r  raedft  fie  mit  feinem  Sidjt', 
Unb  ifmt  entfdjlenert  fie  freunbliclj 
$r)r  frommeg  Slumengefidfjt. 

©ie  Btü^t  unb  glür)t  unb  leucfjtet, 
10  Unb  ftarret  ftumm  in  bie  $01)' ; 

(Sie  buftet  unb  meinet  unb  gittert 
33or  Siebe  unb  Siebegroer)'. 

[120]  XI. 

$m  Sftljein,  im  ^eiligen  Strome, 
£)a  fpiegelt  fidEj  in  ben  2öett'n, 
SCRit  feinem  grofjen  SDome, 
S)a3  grofje  {»eilige  Söln. 

5  $m  2)om'  ba  fterjt  ein  Sitbnifj, 

Stuf  golbenem  Seber  gemalt; 
^n  meines  SebenS  2Bilbnifj 
£at'§  freunbltclj  Ijineingeftrait. 

@§  fdfjtoeben  33tumen  unb  ©nglein 
io  Um  unfre  liebe  $rau; 

2)ie  Slugen,  bie  Sippen,  bie  SBänglein, 
£)ie  gleiten  ber  Siebften  genau. 

[121]  XII. 

SDu  liebft  midp  nidjt,  bu  liebft  mid?  nid^t, 
2)a§  fummert  midfj  gar  roenig; 
©cfjau'  id£)  bir  nur  in'§  Slngeficgt 
33in  ic§  fo  fror)  roie'n  Äönig. 


63 

$u  l)affeft,  ^affeft  micf)  fogar,  5 

©0  fpridfjt  bein  rotljei  3Künbc§en; 
SSietij  mir  ei  nur  gum  Püffen  bar, 
©0  troff  idj  miclj,  mein  $inbd)en. 

[1221  XIII. 

D  fdjroöre  nid^t  unb  füffe  nur, 
%<f)  glaube  feinem  Söeiberfdmmr ; 
2)ein  9öort  ift  füfj,  boct)  füfjer  ift 
2)er  ßufj,  ben  idfj  bir  abgefufjt; 
S)en  Imb'  icfj  unb  b'ran  glaub'  id§  audp,  s 

2)tt8  2öort  ift  eitel  Stonft  unb  §audj. 

D  fdjroöre,  Siebten,  immerfort, 
3$  glaube  bir  auf '8  blofje  2Bort; 
Sin  beinen  23ufen  finf  idfj  Ijin, 
Unb  glaube,  bajs  td[j  feiig  bin;  10 

%cf)  glaube,  Siebten,  eroiglicr) 
Unb  nod^  oiel  länger  liebft  bu  midp. 

[123]  XIV. 

Stuf  meiner  ^ergliebften  2leugelein 
S)a  macf)'  iclj  bie  fdfjönften  ßanjonen. 
2luf  meiner  ^erjliebften  SJiünbdpen  flein 
5Da  maclj  idfj  bie  beften  Sterinen. 
2luf  meiner  §ergliebften  SBänglein  fein,  5 

5Da  madfj  id(j  bie  ^errlid^ften  ©tanken. 
Unb  roenn  meine  Siebfte  ein  ^erjdjen  Ijätf , 
£>a  rooßt  idj  brauf  machen  ein  partes  ©onett! 

XV. 

SDte  2Belt  ift  bumm,  bie  äöelt  ift  blinb, 
2ßirb  täglidfj  abgefdfnnacfter ; 
©ie  fpridjt  oon  bir,  mein  fd)öne§  Äinb, 
SDu  iiaft  feinen  guten  G^atafter. 


64 


s  2)ie  SBett  ift  bumm,  bie  SBelt  ift  blinb, 

Unb  btdji  roirb  fte  immer  »erlernten; 
«Sie  roeijs  nid&t  roie  meid)  beine  2lrme  finb, 
Unb  roie  beine  $üffe  brennen. 

[124]  XVI. 

Siebfte!  §eut  foUft  bu  mir  fagen, 
SBift  bu  nid^t  ein  Straumgebilb, 
Söie'g  in  fdjnmlen  ©ommertagen 
2lu§  bem  §irn  be§  2)iöpter§  quillt? 

5  216er  nein,  ein  fold>eg  »tbdjen, 

©olcfjer  2lugen  gauberltdEjt, 
©ol4  ein  lkh&,  ffifjeg  ßinbdjen, 
3)a§  erfcr)afft  ber  Siebter  nirf>t. 

23afilt3fen  unb  SSampnre, 
io  Sinbenroürm'  unb  Ungefyeu'r, 

©otdfje  fcfjlimme  $abe(tf)iere, 
Sie  erfd^afft  be§  $)id)terg  $eu'r. 

2lber  bidf)  unb  beine  £üä;e, 
Unb  bein  gleifjenb  Slngeficfjt, 
15  Unb  bie  falfd>en  frommen  SBIidfe  — 

3)aS  errafft  ber  3Md&ter  ntd^t. 

[125]  XVII. 

2Bie  bie  2Bellenfd£)aumgeborene 
©tralt  mein  Sieb  in  ©cfjönljeitäglanj, 
SDenn  fie  ift  boJ  auäerforene 
Sräutd^en  eme<8  fremben  9Jiann3. 

5  #er§,  mein  §erg,  bu  tnelgebulbtgee, 

©rotte  nid^t  ob  bem  Serratia; 
£rag  e3,  trag  e<3,  unb  entfdjmlbig'  e3, 
2Ba3  bie  fyolbe  St§örinn  tfyat. 


65 


XVIII. 

%d)  grolle  nidfjt,  unb  wenn  ba3  ,§er§  audfj  bricht, 
(Stüig  r-erlor'neg  Sieb,  idfj  große  nidjt. 
Söie  bu  audjj  ftralft  in  2)iamantenprad)t, 
@3  fällt  fein  ©tral  in  beine3  $er§en§  -ftadjt. 

2)a3  lüei^  id(j  längft.     %<fy  falj  bid(j  ja  im  £raum,     5 
Unb  falj  bie  üftadfjt  in  beine§  ^erjeng  9taum, 
Unb  fa§  bie  ©erlang,  bie  bir  am  bergen  frijjt,  — 
$d£j  fafj,  mein  Sieb,  rcie  feljr  bu  elenb  bift. 

[126]  XIX. 

$a,  bu  bift  elenb,  unb  id£j  grolle  nicfjt; 
2Eftein  Sieb,  mir  fotten  beibe  elenb  femx! 
33t§  un<3  ber  S£ob  ba§  franfe  ^jerje  bririfjt, 
9Jiein  Sieb,  mir  fotten  beibe  elenb  fenn. 

2öor)l  felj  icfj  ©polt,  ber  beinen  9Jlunb  umfcfjmebt,     5 
Unb  fef)  bein  Singe  bliijen  troijiglicfj, 
Unb  fe§  ben  ©tol§,  ber  beinen  SBufen  fyebt,  — 
Unb  elenb  bift  bu  boefy,  elenb  mie  id§. 

Unftdfjtbar  gueft  audEj  ©d^merj  um  beinen  Sftunb, 
Verborgne  ÜCfjräne  trübt  be§  9luge§  <5a)ein,  10 

SDer  ftolge  33ufen  §egt  geheime  SSunb',  — 
SRein  Sieb  mir  fotten  beibe  elenb  fetm. 

[127]  XX. 

5Da§  ift  ein  flöten  unb  ©eigen, 
trompeten  fdEjmettern  brein: 
35a  tangt  ben  §oa)^eitreigen 
SDie  -^ergatterliebfte  mein. 

25a§  ift  ein  klingen  unb  ©rönnen  5 

3Son  Raufen  unb  ©ajattmei'n; 
Sajmnfdfjen  fcijlud^en  unb  ftöfynen 
35ie  guten  (Sngelein. 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27.  5 


66 


XXI. 


©o  fjctft  bu  gan§  unb  gar  oergeffen 
£>afj  idj  fo  lang  bein  §erj  befeffen, 
$)ein  ^erjd^en  fo  füf$  unb  fo  falfd)  unb  fo  flein, 
'g  Äann  nirgenbg  mag  füfj'reg  unb  falfdfjereg  feon. 

5  <So  fyaft  bu  bie  Sieb  unb  bag  Seib  oergeffen 

£>ie  'g  ^erj  mir  träten  jufammenpreffen, 
3$  meifj  nidfjt  mar  Siebe  gröjjer  alg  Seib, 
$cfj  roe^  nur  f*e  roaren  grofj  attebeib. 

[128]  XXII. 

Unb  roüfjten'g  bie  Slumen,  bie  flehten, 
2ßie  tief  oernmnbet  mein  §erj; 
6ie  mürben  mit  mir  meinen 
3u  feilen  meinen  ©cfjmerj. 

s  Unb  müßten' g  bie  Nachtigallen, 

2ßie  icf)  fo  traurig  unb  franl, 
(Sie  liejjen  fröfjltdj  erfdfjallen 
©rquicfenben  ©efang. 

Unb  müfjten  fie  mein  SBelje, 
io  $>te  golbnen  (Sternelein, 

(Sie  lämen  aug  iljrer  ^ö§e 
Unb  fpräcfjen  Stroft  mir  ein. 

2Me  alle  tonnen 'g  nidjt  rotffen, 
Nur  ©ine  fennt  meinen  <Sd£mterj; 
i5  <Ste  l)at  ja  felbft  gerriffen, 

ßerriffen  mir  bag  $erg. 

[129]  XXIII. 

üEßarum  finb  benn  bie  3tofen  fo  blaf?r 
D  fpricfj,  mein  Sieb,  marum? 
SBarum  finb  benn  im  grünen  ©rag 
£>ie  blauen  ^eilcfjen  fo  ftumm? 


67 


2Barum  fingt  benn  mit  fo  fläglidjem  Saut  5 

Die  Serdje  in  ber  Suft? 
üfiöarum  fteigt  benn  au$  bem  Salfamfraut 
Jpero'or  ein  Seidfjenbuft? 

2öarum  fdjeint  benn  bie  ©onn'  auf  bie  2lu' 
60  falt  unb  oerbrojfen  fyerab?  10 

2Barum  ift  benn  bie  @rbe  fo  grau, 
Unb  öbe  roie  ein  ©rab? 

SBarum  bin  icf)  felbft  fo  franf  unb  fo  trüb, 
SRein  liebet  Siebten,  fpridj? 
D  fpria),  mein  rjerjatterliebftei  Sieb,  15 

Söarum  oerliefjeft  bu  midj? 


[130]  XXIV. 

„(Sie  f)aben  bir  oiel  erjaget, 
Unb  §aben  oiel  gellagt; 
Dodj  roa§  meine  ©eele  gequälet, 
Das  Ijaben  fie  nidfjt  gefagt. 

©ie  matten  ein  grof$e<§  SBefen,  5 

Unb  fdjüttelten  fläglidj  ba€  £aupt; 
Sie  nannten  midj  ben  33öfen, 
Unb  bu  fyaft  2lCte§  geglaubt. 

$ebodj  bas  2llTerfd)Iimmfte, 
Da§  Ijaben  fie  ntdjt  gemußt;  10 

Da§  ©djlimmfte  unb  ba§  Dümmfte, 
Dag  trug  idj  geheim  in  ber  33ruft. 

Da§  ©djlimmfte,  bu  ©laubensoolle, 
Da§  Dümmfte,  bu  gläubiges  $inb, 
Dag  mar  bie  Siebe,  bie  tolle,  n 

Die  toll  midj  madjte  unb  bltnb." 

5* 


68 


[181]  XXV. 

$)ie  Sinbe  blühte,  bie  ^acfytigatt  fang, 
$)ie  (Sonne  ladete  mit  freunblidfjer  Suft; 
5Da  Jü^teft  bu  m\ä),  nnb  bein  2lrm  mid^  umfdjtang, 
$>a  nrefjteft  bu  micfj  an  bie  ftfiroettenbe  33ruft. 

Sie  Blätter  fielen,  ber  SHabe  fang  Ijoljl, 
£>ie  (Sonne  grüfjte  oerbriefjlidjen  33licf§; 
2)a  fagten  mir  froftig  einanber  „Sebrool)!!" 
S)a  fni^teft  bu  Ijöfiicfj  ben  Ijöflidjften  $ni£. 


XXVI. 

2Bir  Ijaben  »iel  für  einanber  gefüllt, 
Hnb  bennodj  un§  gar  »ortreflitf)  vertragen. 
SBir  fjaben  oft  „5Jiann  unb  $rau"  gefpielt, 
Hnb  bennod)  un§  ntdfjt  gerauft  unb  gefd)lagen. 
3öir  fyaoen  gufammen  gejaucht  unb  gefdjergt, 
Hnb  gärtlicfj  un§  abgefüfjt  unb  gefjerjt. 
3Bir  |aben  am  (Snbe,  au£  finbifd()er  Suft, 
„SBerftecfen"  gefpielt  in  SBälbern  unb  ©rünben, 
Hnb  Ija&en  un§  fo  gu  oerftedfen  gemufft, 
©afj  mir  m§>  nimmermehr  rcieber  finben. 


[132]  XXVII. 

2)u  bliebeft  mir  treu  am  längften, 
Hnb  Ijaft  bicfj  für  midfj  oermenbet, 
Hnb  f)aft  mir  £roft  gefpenbet 
$n  meinen  Sftötljen  unb  Slengften. 

£)u  gabeft  mir  Xranf  unb  (Speife, 
Hnb  fjaft  mir  ©elb  geborget, 
Hnb  fyaft  micfj  mit  2öäfd^e  nerforget, 
Hnb  mit  bem  $afj  für  bie  Steife. 


69 


Sfleitt  Siebten!  bafj  ©Ott  bidfj  beljütlje, 
%lod)  lange  oor  §i£'  unb  cor  $älte,  10 

Unb  bafj  er  bir  nimmer  vergelte 
Sie  mir  erroiefene  ©üte! 


[133]  XXVIII. 

Sie  @rbe  mar  fo  lange  geizig, 
3e|t  fommt  ber  Mar),  unb  roirb  fpenbabel, 
Unb  alles  ladjt  unb  jaud^gt  unb  freut  fidfj, 
SdEj  aber  bin  nidfjt  gu  lacljen  fapabel. 

Sie  Slumen  fpriefjen,  bie  ©löcflein  fdjatfen,         ö 
Sie  33ögel  fprecfjen  toie  in  ber  $abel, 
Wxv  aber  miß  baS  ©efprädE)  nidtjt  gefallen, 
$dfj  finbe  aEe§  miferabel. 

3)a3  -JRenfdjenüolf  midEj  ganj  enuwiret, 
©ogar  bie  ^reunbe,  bie  fonft  paffabel,  —  10 

Sa§  fommt  roeil  man  SJlabam  tituliret 
ÜJKein  füfje§  Siebten,  fo  füfj  unb  aimabel! 

[134]  XXIX. 

Unb  aU  id£j  fo  lange,  fo  lange  gefäumt, 
$n  fremben  Sanben  gefdfjroärmt  unb  geträumt, 
Sa  roarb  meiner  Siebften  gu  lang  bie  --^eit, 
Unb  fie  näljete  ftcfj  ein  ^od^geitfleib, 
Unb  l)at  mit  järtlia^en  Firmen  umfdEjlungen  0 

2ll§  Sräut'gam  ben  bümmften  ber  bummen  jungen. 

SKein  Siebten  ift  fo  lieb  unb  milb, 
%loä)  fdfjroebt  oor  mir  iljr  fcfjöneä  33ilb; 
Sie  SBeildjjenaugen  unb  Stofenroänglein, 
Sie  blühen  unb  glühen  jahraus,  jahrein.  10 

Saft  id^  oon  folgern  Sieb  lonnt  roeicfjen, 
3ßar  ber  bümmfte  oon  meinen  bummen  ©treiben. 


70 


Oft  roenn  tdj  fi$e  unb  einfam  bin, 
ßommt  mir  bie  $rage  in  ben  ©inn: 
15         Db  fie  benn  meiner  gang  unb  gar 
SBergeffen  l>at  auf  immerbar? 
®ann  feufj*  id[j  unb  mufj  $u  mir  fet6er  fagen 
2)a§  ift  bie  bümmfte  ber  bummen  fragen. 

[135]  XXX. 

SDie  6lauen  SBeiläfien  ber  2teugelein, 
SDie  rotten  Sftofen  ber  SBängelein, 
2)ie  meifjen  Sieljen  ber  £änbd£jen  Hein, 
2)ie  blühen  unb  blühen  nocij  immerfort, 
5  Unb  nur  btö  |jer§djen  ift  oerborrt. 


XXXI. 

$>ie  Sßelt  ift  fo  fdfjön  unb  ber  £immel  fo  blau, 
Unb  bie  Süfte,  bie  mefyen  fo  linb  unb  fo  lau, 
Unb  bie  Slumen,  bie  minien  auf  blü^enber  2lu, 
Unb  funfein  unb  gli|ern  im  SJiorgentfyau, 
Unb  bie  SJienfa^en  jubeln  rooljin  ictj  fdjau,  — 
Unb  bodEj  möd)t'  idl)  im  ©rabe  liegen 
Unb  mid)  an  ein  tobtet  Siebten  fdpmiegen. 

[136]  XXXII. 

SJlein  füfjeS  Sieb,  roenn  bu  im  ©rab, 
$m  bunfeln  ©rab  roirft  liegen, 
2)ann  fteig'  id^  langfam  gu  bir  l)inab, 
Unb  roiH  midEj  an  bia)  fdfjmiegen. 

$d()  füfj',  id£)  umf  dringe,  idfj  preffe  bid(j  roilb, 
$u  ©tille,  bu  Aalte,  bu  93Ieid?e! 
Sdfj  jaud^e,  id&  jitt're,  idj  meine  milb, 
^4  nmbt  fe^er  3ur  Seiche. 


71 


2)ie  lobten  ftef)'n  auf,  bie  9Diitternadf)t  ruft, 
<Sie  tanken  im  luftigen  ©dnoarme; 
2Bir  93eibe  bleiben  in  ber  ©ruft, 
$dj  Heg'  in  beinern  Slrme. 

5Die  lobten  ftelj'n  auf,  ber  £ag  be§  ©eri^ 
Stuft  fie  gu  Dual  unb  Vergnügen; 
2Bir  SBeibe  befümmern  unä  um  nichts, 
Unb  bleiben  umfdEjlungen  liegen. 


[137]  XXXIII. 

©in  $id[)tenbaum  fte^t  einfam 
$m  Sorben  auf  fahler  #öf)\ 
3lm  fdjläfert;  mit  meiner  SDecfe 
Umfüllen  i§n  @i§  unb  ©cfynee. 

@r  träumt  von  einer  $atme, 
5Dte,  fem  im  5öiorgenlanb, 
©infam  unb  fdEjroeigenb  trauert 
2luf  brennenber  gelfenroanb. 


[138]  XXXIV. 

(Der  Äopf  fjmt&t:) 

2ldj!  raenn  tcf)  nur  ber  ©djemel  mär, 
Sßorauf  ber  Siebften  $üfje  ruljn! 
Unb  ftampfte  fie  mtcf)  nodfj  fo  feljr, 
%<fy  roollte  bodij  nid£)t  Ilagen  tl)un. 

(2>a§  §erj  fprt*t:) 

3lc^,  roenn  iä)  nur  ba3  $tf$d(jen  mär, 
2Bo  fie  bie  Nabeln  ftecft  Ijinein! 
Unb  ftäaje  fie  midfj  nodfj  fo  feljr, 
3$  roollte  midE)  ber  Stiege  freu'n. 


72 


C£>a8  Sieb  ftmifct:) 

2tc§,  mär'  \§  nur  ba§  ©tücf  Rapier 
10  £)ag  fie  als  $apittote  brauet! 

%ti)  roottte  fjeimltdj  fTüftern  iljr 
3n3  D*)r  roag  in  mir  lebt  unb  §aud)t. 

[139]  XXXV. 

«Seit  bie  Siebfte  mar  entfernt, 
#att'  idEj'g  Sachen  gang  »erlernt, 
©djlec&ten  2Bi£  rifj  mancher  3Bic$t, 
2lber  lachen  fonnt  td£j  ntc^t. 

5  ©eit  iäp  ©ie  nerloren  Ijab 

©cfjafft  idf)  audj  ba§  SBeinen  ab; 
$aft  cor  2öel)  bai  #erj  mir  bridjt, 
3(ber  meinen  fann  i<|  nidjt. 


XXXVI. 

2lu§  meinen  großen  ©dEjmerjen 
9Jiad£)'  itf>  bie  fleinen  Sieber; 
25ie  fyhen  ityr  flingenb  ©efieber 
Unb  flattern  nacfj  ^^rem  ^erjen. 

©ie  fanben  ben  3öeg  gur  brauten, 
3)odp  fommen  fie  mieber  unb  flogen, 
Unb  flagen,  unb  motten  nid^t  fagen 
2Ba§  fie  im  fersen  flauten. 

[140]  XXXVII. 

$d)  fann  e§  nia)t  oergeffen, 
©eliebteä,  t)oIbe§  $&zib, 
25af$  idf)  bidf)  einft  befeffen, 
£>ie  ©eele  unb  ben  Seib. 


73 

£>en  Seib  mödEjt'  id()  nodE)  fjaben,  5 

SDen  Seib  fo  gart  unb  jung; 
Sie  (Seele  fönnt  $l)r  begraben, 
|jab'  f  eiber  (Seele  genung. 

$djj  roiU  meine  Seele  gerfdpneiben, 
Unb  IjaudEjen  bie  Hälfte  bir  ein,  10 

Unb  miß  bidfj  umfcijlingen,  mir  muffen 
©ang  Seib  unb  «Seele  fenn. 

[141]  XXXVIII. 

s^§ilifter  in  SonntagSröcflein 
©parieren  burdE)  üEßalb  unb  $lur; 
Sie  jaudEjgen,  fie  Rupfen  mie  Söcflein, 
SBegrüfjen  bie  fdjöne  Statur. 

Setracfjten  mit  bltngelnben  Singen  5 

2Bie  SUleS  romantifdp  bliiljt; 
9J?it  langen  Dljren  faugen 
Sie  ein  ber  Sparen  Sieb. 

$dEj  aber  »erränge  bie  $enfter 
£)e§  gimmerS  mit  fdEjroargem  Xucfj;  10 

@<8  madfjen  mir  meine  ©efpenfter 
«Sogar  einen  £age3befucfj. 

Sie  alte  Siebe  erfahrne*, 
Sie  ftieg  au§  bem  ^obtenreicfj, 
Sie  feist  ficfj  gu  mir  unb  meinet,  15 

Unb  rnadjjt  ba3  #erg  mir  roetdE). 

[142]  XXXIX. 

2Randf;  23ilb  oergeffener  Reiten 
Steigt  auf  au§  feinem  ©rab, 
Unb  geigt,  mie  in  beiner  9läf)e 
$d[j  einft  gelebet  f)ab'. 


74 

5  2lm  %aa,e  fdfjnmnfte  tdj  traumenb 

SDurdfj  alle  ©trafen  fyerum; 
$)ie  Seute  »errounbert  mid)  anfafy'n, 
$dEj  mar  fo  traurig  unb  ftumm. 

$>e§  3^ad^t§  ba  mar  e§  beffer, 
10  $>a  waren  bie  ©trafen  leer; 

%<§  unb  mein  ©chatten  felbanber, 
2Sir  roqnberten  fcfjroeigenb  einher. 

■Jftit  mieberfcljallenbem  ^ujjtritt 
SBanbelt'  idEj  über  bie  23rücf ' ; 
15  SDer  9Jionb  bradj  au$  ben  SBolfen, 

Xlnb  grüjste  mit  emftem  33licf. 

[143]  ©telj'n  blieb  ia)  cor  beinern  §aufe, 
Unb  ftarrte  in  bie  £öl)', 
Xlnb  ftarrte  nadfj  beinern  $enfter  — 
ao  3)a<S  $erg  tfjat  mir  fo  roel). 

$d(j  roeifj,  bu  Ijaft  au§  bem  $enfter 
©ar  oft  Ijerab  gefer)'n, 
Unb  fafy'ft  miclj  im  3ÄonbenlidEjte 
2Bie  eine  ©äute  ftefj'n. 


[144]  XL. 

@in  Jüngling  liebt  ein  Sftägblein, 
2)ie  §at  einen  2lnbero  ermaßt; 
$)er  Slnb're  liebt  eine  2lnb're, 
Unb  Ijat  ftdfj  mit  biefer  oermäljlt. 

2)a3  2Kägblein  fyeiratljet  aus  Sterger 
SDen  erften  beften  2Rann, 
5Der  tljr  in  ben  2Beg  gelaufen, 
$er  Jüngling  ift  übel  b'ran. 


75 


@3  ift  eine  alte  ©efdEjicfjte, 
SDodj  Bleibt  fie  immer  neu;  10 

Unb  roem  fie  juft  paffiret, 
2)em  bricht  ba§  §erg  entjroei. 

[145]  XLL 

§ör'  i<$  ba§  Siebten  Hingen, 
3)a3  einft  bie  Siebfte  fang, 
©o  miß  mir  bie  Sruft  jerfpringen, 
3?or  roilbem  (Sd^merjenbrang. 

(S3  treibt  miöfj  ein  bunftei  ©efynen  s 

hinauf  jur  Söalbe^ö^', 
©ort  löft  fid)  auf  in  £§ränen 
9ttein  übergrofjeS  2Bef)'. 

[146]  XLII. 

9Jttr  träumte  von  einem  $önig3ftnb', 
9Kit  naffen,  blaffen  SBangen; 
3ßir  fafcen  unter  ber  grünen  2inb\ 
Unb  gelten  ung  liebumfangen. 

„$d£j  miß  nidjt  beine§  SSaterl  2^§ron,  s 

Unb  miß  nid^t  fein  ©cepter  oon  ©olbe, 
3>d£)  miß  ntdpt  feine  bemantene  $ron\ 
$4  m^  bidEj  felber,  bu  §o!be!" 

2)a§  fann  mdjjt  fenn,  fpracfj  fte  ju  mir, 
$cf)  liege  ja  im  ©rabe,  10 

Unb  nur  be3  9kd£)t3  fomm'  id[>  ju  bir, 
SBeil  iä)  fo  lieb  bid)  fyabe. 

1 147 1  XLIII. 

SDlein  Siebten,  mir  fafjen  beifammen, 
£raulidfj  im  leidsten  $alm. 
©ie  9ktf;t  mar  ftiß,  unb  mir  fcfyroammen 
2luf  roeiter  SBafferbafyn. 


76 


5  2)ie  ©etfterinfel,  bie  fdjöne, 

Sag  bämm'rig  im  -Btonb  englang ; 
3)ort  Hangen  liebe  £öne, 
Unb  toogte  ber  3^ebeltang. 

3)ort  Hang  e<3  Iie6  unb  lieber,. 
10  Unb  mögt  e§  l)in  unb  Ijer; 

2Bir  aber  fcfjroammen  »orüber, 
Strofilog  auf  roeitem  SJteer. 


[148]  XLIV. 

2lu§  alten  9Kä§rd^en  roinft  es 
£en)or  mit  meiner  §anb, 
SDa  fingt  e3  unb  ba  Hingt  e§ 
9Son  einem  gauberlanb' ; 

5  2öo  bunte  Slumen  blühen 

$m  golbnen  2lbenblid)t', 
Unb  lieblidj  buftenb  glühen, 
9Rit  bräutlidjem  ©efu$t; 

Unb  grüne  Säume  fingen 
io  Uralte  SMobein, 

SDie  Süfte  fjeimlidj  Hingen, 
Unb  SSögel  fdjmettern  brein; 

Unb  SRebelbilber  fteigen 
Söorjl  au3  ber  @rb'  fyerüor, 
15  Unb  tanjen  luft'gen  Zeigen, 

$m  rounberlicfjen  Gfyor; 

[149]  Unb  blaue  Junten  brennen 
2In  jebem  33latt  unb  9to§, 
Unb  rotfye  Sinter  rennen 
20  $m  irren,  roirren  $reig; 


77 

Unb  taute  Duetten  bredtjen 
2lu3  rcilbem  -üftarmorftem, 
Unb  feltfam  in  ben  SBädfjen 
©tralt  fort  ber  äBieberfcfjein. 

2tcf)!  fönnt'  id)  borten  fommen  25 

Unb  bort  mein  £er§  erfreu 'n, 
Unb  aller  Dual  entnommen, 
Unb  fret)  unb  feiig  fenn! 

Sld^!  jene§  Sanb  ber  SBonne, 
SDaS  fe§'  \d)  oft  im  £raum,  30 

5Docr)  fommt  bie  äftorgenfonne 
3erjftef?t's>  roie  eitel  ©cfjaum. 

XLV. 

3$  Ijab'  bidj  geliebet  unb  liebe  bidfj  nodfj! 

Unb  fiele  bie  2öelt  gufammen, 

2luS  iljren  Krümmern  ftiegen  bod£) 

^eroor  meiner  Siebe  flammen. 

*  * 

* 

Unb  roenn  tcfj  bidfj  geliebet  Ijab',  5 

33i§  in  meiner  S£obe3ftunbe, 

©0  neljm'  idfj  mit  in'§  ero'ge  ©rab 

2)ie  grojse  SiebeSrounbe. 

XLVI. 

3lm  leud^tenben  ©ommermorgen 
©elj'  id§  im  ©arten  r)erum. 
@3  flüftern  unb  fprecfjen  bie  33lumen, 
%d)  aber  roanble  ftumm. 

@§  flüftern  unb  fpredjen  bie  23lumen,  0 

Unb  ftfjau'n  mitleibig  rnidfj  an: 
©en  unferer  ©d^roefter  nid^t  böfe, 
2)u  trauriger,  blaffer  9ftann. 


78 


[151]  XLVII. 

@3  leuchtet  meine  Siebe 
3jn  irjrer  bunfeln  $rad)t, 
2Bte'n  9Jiär)rdjen,  traurig  unb  trübe 
@rjcU)lt  in  ber  SBinternadjt. 

5  %m  $aubergarten  mallen 

$roei  33ur)len  ftumm  unb  allein; 
@3  fingen  bie  9iad)tigaßen, 
@§  flimmert  ber  9)tonbenfdf)ein. 

SDie  Jungfrau  ftefyt  ftill  roie  ein  23ilbnijj, 
io  £)er  Stitter  oor  ir)r  fniet; 

2)a  fömmt  ber  ^iefe  ber  ülöilbnifj, 
$>ie  bange  Jungfrau  fliegt. 

3)er  bitter  finlt  blutenb  jur  ©rbe, 
@§  ftolpert  ber  3ftiefe  nad)  £au§. 
i5  üffienn  idj  begraben  merbe, 

©o  ift  ba3  9ERär)rdjen  au£. 


[152]  XLVHI. 

©ie  fjaben  mia)  gequälet, 
©eärgert  blau  unb  blajs, 
$ie  ©inen  mit  ifyrer  Siebe, 
35ie  Stnbern  mit  itjrem  .§afj. 

©ie  Ijaben  baS  33rob  mir  nergiftet, 
©ie  goffen  mir  ©ift  in' 3  ©lag, 
$5ie  ©inen  mit  ifjrer  Siebe, 
$ie  2lnbern  mit  iljrem  $a$. 

$)odj  bie  mid)  am  meiften  gequälet, 
©eärgert  unb  betrübt, 
$)te  Ijat  midj  nie  gefyaffet, 
Unb  r)at  mid)  nie  geliebt. 


79 


[153]  XLIX. 

@g  liegt  ber  tjeifje  Sommer 
3Cuf  beinen  SBängelein; 
@3  liegt  ber  Sßinter,  ber  falte, 
3>n  beinern  £jergcr)en  Hein. 


3)as  wirb  frcr)  6er)  bir  änbern, 
T>u  Vielgeliebte  mein! 
2)er  üffiinter  roirb  auf  ben  Üöangen, 
$)er  Sommer  im  $ergen  femr. 


SBenn  groei  uon  einanber  fdjeiben, 
©o  geben  fie  fict)  bie  |jänb', 
Unb  fangen  an  gu  meinen, 
Unb  feufgen  olme  @nb'. 

SSir  tjaben  nidjt  gemeinet, 
2ßir  feufgten  nidjt  2öet)  unb  2tdt) ; 
5Dte  frönen  unb  bie  «Seufzer, 
üDie  lamen  Ijintennacr). 

[154]  LI. 

Sie  fafjen  unb  tranfen  am  £r)eetifdfj, 
Unb  fpradjen  von  Siebe  oiel. 
^ie  Ferren  bie  maren  äftt)etifdj, 
T)ie  tarnen  rjon  gartem  ©efüt)l. 

3)ie  Siebe  mufj  fewn  nlatonifcr), 
£)er  bürre  ©er)eimratl}  fpradj. 
SDie  9tätlun  läct)elt  ironifdj, 
Unb  bennoer)  feufget  fie:  SCdt) ! 

£)er  $>omr)err  öffnet  ben  9Jhmb  meit: 
$>te  Siebe  fen  nicr)t  gu  rol), 
Sie  fdjabet  fonft  ber  ©efunbtjeit. 
*3)a§  $räulem  lispelt:  mie  fo? 


80 


5Die  ©räfin  fprid^t  roefmtütfyig : 
SDie  Siebe  ift  eine  $affion! 
15  Unb  präfentiret  gütig 

SDie  SCaffe  bem  Ferren  33aron. 

[155]  2lm  SCifd^e  mar  nod£j  ein  $lä|d)en; 
9Jlein  Siebten,  ba  fyaft  bu  gefehlt. 
2)u  fyätteft  fo  fyübfdfj,  mein  ©d£jä£dfjen, 
20  S8on  beiner  Siebe  ergäbt. 

LH. 

Vergiftet  finb  meine  Sieber; 
2öie  tonnt'  ei  anberS  ferm? 
2)u  r)aft  mir  ja  ©ift  gegoffen 
Sn'3  blüfyenbe  Seben  finein. 

5  Vergiftet  finb  meine  Sieber; 

3Bie  lönnt'  e3  anber§  fetjn? 
$d£j  trage  im  $ergen  tuel  ©drangen, 
Unb  bitf>,  ©eliebte  mein. 

[156]  LIII. 

9Hir  träumte  roieber  ber  alte  Straum: 
@S  mar  eine  üftadEjt  im  -JUane, 
2öir  fafjen  unter  bem  Sinbenbaum, 
Unb  fdfjmuren  un§  einige  Streue. 

5         SDa§  mar  ein  ©dtjroören  unb  ©dfjroören  auf's  9leu', 
(Sin  $tdf)ern,  ein  $ofen,  ein  Püffen; 
SDafc  td)  geben!  be§  ©dfpureS  feo, 
§aft  bu  in  bie  .£>anb  mid(j  gebiffen. 

D  Siebten  mit  ben  Steuglein  tlar! 
io     D  Siebten,  fd[jön  unb  biffig! 

S)a§  ©djroören  in  ber  Drbnung  mar, 
$Da§  Seiten  mar  überflüffig. 


81 


[157]  LIV. 


%d)  ftefj'  auf  be§  33erge<§  <5pt$e, 
Unb  rcerbe  fentimental. 
„9Benn  idj  ein  $öglein  roäre!" 
©eufj'  id)  oiel  taufenb  -äftal. 

2öenn  id)  eine  <&d)malhe  märe,  5 

©0  flog'  id)  gu  bir,  mein  $inb, 
Unb  baute  mir  mein  Ifteftdjen, 
2Bo  beine  $enfter  finb. 

SBenn  id)  eine  9iad)tigatf  märe, 
©0  flog'  idj  gu  bir,  mein  $inb,  10 

Unb  fange  bir  9?ad)t§  meine  Sieber 
.Jperab  oon  ber  grünen  Sinb'. 

9Benn  id;  ein  ©impel  märe, 
<So  flog'  id)  gleidj  an  bein  §erj ; 
2)u  bift  ja  fyolb  ben  ©impeln,  15 

Unb  getieft  ©impe[=©d)mer;$. 


[168]  LV. 

ÜJiein  2Bagen  rottet  langfam 
3)urd)  luftige^  2öalbe§grün, 
SDurd)  blumige  £fjäler,  bie  jaub'rifdj 
^m  ©onnengtan^e  blü^'n. 

$d)  fttje  unb  finne  unb  träume,  5 

Unb  ben!'  an  bie  Siebfte  mein; 
2)a  grüben  brei  ©djattengeftalten 
ßopfnidenb  jum  SÖagen  herein. 

(Sie  Rupfen  unb  fdmetben  ©efidjter, 
©0  fpöttifdj  unb  bod)  fo  fdjeu,  10 

Unb  quirlen  mie  9tebel  jufammen, 
Unb  fiebern  unb  Imfdjen  oorbei. 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jshrh.     27.  6 


82 


[159]  LVI. 

$d)  fyab'  im  Xraum'  geroeinet, 
■Ölir  träumte  bu  lägeft  im  ©rab'. 
%d)  roadjte  auf,  unb  bie  %i)xixm 
$(ofj  nodf)  üon  ber  2öange  fjerab. 

5  $$  f)ab'  im  Xraum'  geroeinet, 

SUltr  träumt'  bu  üerliefjeft  midi). 
3>d(j  roadjte  auf,  unb  icf)  roeinte 
dlod)  lange  bitterlicf;. 

$d(j  Ijab'  im  £raum  geroeinet, 
10  ^ir  träumte  bu  roärft  mir  nocf)  gut. 

%<fy  roadfjte  auf,  unb  nodEj  immer 
©trömt  meine  Sfjränenflut. 

[160]  LVII. 

2lKnätf)tlidfj  im  Traume  fefy'  tcty  bid;, 
Unb  fe^e  btdj  freunbtidf)  grüfjen, 
Unb  taut  aufroeinenb  ftürg '  idfj  midfj 
3u  beinen  füfjen  $üfjen. 

ö  £>u  fieljft  midlj  an  roefymütf)iglidfj, 

Unb  fcfjüttelft  baS  blonbe  $öpfc|en; 
2luS  beinen  Slugen  fdEjleicfjen  fidfj 
2)ie  ^ertent^ränen^röpfd^en. 

£>u  fagft  mir  r)eimttd^  ein  teifeS  äßort, 
10  Unb  giebft  mir  ben  ©traufj  non  39Preffen 

3jdfj  roadfje  auf,  unb  ber  ©traufj  ift  fort, 
Unb 'S  2Bort  |ab'  icfj  nergeffen. 

[161]  'lVIII. 

3)aS  ift  ein  Traufen  unb  beulen, 
^erbftnad^t  unb  Stegen  unb  SBinb; 
2öo  mag  je^unber  roeilen 
^in  armei,  banges  $inb? 


83 

%<$)  fei)'  fie  am  $en[ter  lehnen, 
$m  einfamen  Kämmerlein; 
Sag  Slttge  gefußt  mit  S^ränen, 
©tarrt  fie  in  bie  üftadEjt  fjinein. 


,    L1X. 

3)er  ^erbftroinb  rüttelt  bie  Säume, 
2)ie  9tadjt  ift  feucht  unb  f alt ; 
©efjüHt  im  grauen  9Rantel, 
SRette  idfj  langfam  im  üBklb. 

Unb  roie  icfj  reite,  fo  reiten  s 

5Rir  bie  ©ebanfen  oorau§; 
(Sie  tragen  micfj  leidet  unb  luftig 
;JkdEj  meiner  Siebften  ^au€. 

[162]  SDie  §unbe  bellen,  bie  Wiener 
©rfdjeinen  mit  Kerjengeflirr ;  10 

Sie  ÜEßenbeltreppe  ftürm'  idj 
hinauf  mit  Sporengefltrr. 

%m  leudfjtenben  !£eppid)=©emad)e, 
Sa  ift  e§  fo  buftig  unb  roarm, 
Sa  fyarret  meiner  bie  §olbe,  15 

$cfj  fliege  in  ifjren  2lrm. 

@§  fäufelt  ber  2öinb  in  ben  blättern, 
@§  fpricfjt  ber  ©idjenbaum: 
2Ba3  nrillft  bu,  tf)örigter  Leiter, 
Iftit  beinern  tljörigten  Straum.  20 


[163]  LX. 


(£<§  fällt  ein  ©tern  herunter 
2tu3  feiner  funfelnben  |jöl)' ; 
Sag  ift  ber  ©rem  ber  Siebe, 
Sen  td)  bort  fallen  fei)'. 


84 

5  (§&  f offen  r>om  Apfelbaume 

SDer  meinen  Stätter  oiel; 
@§  lommert  bie  nedfenben  Süfte 
Unb  treiben  bamit  ifyr  ©piel. 

@3  fingt  ber  ©d&roan  im  Söei^er 
10  Unb  rubert  auf  unb  ab, 

Unb  immer  leifer  fingenb 
£audf)t  er  in'<S  ^lutfyengrab. 

@S  ift  fo  ftitt  unb  fo  bunfel! 
$erroet)t  ift  bie  2lpfelbtütl)', 
i5  S)er  ©tern  ift  fnifternb  jerftoben, 

SBerflungen  ba3  ©dtjroanenlieb. 

[164]  LXI. 

©er  ü£raumgott  bracht'  micfy  in  ein  Stiefenfcfjlofj, 
2Bo  fdfjroüler  3au^er^uft  unD  2icf)terfd(jimmer, 
Unb  bunte  SJtenftfienrooge  fidfj  ergofj 
SDurdfj  labnrintljifdj  oielüerfd^Iung'ne  3immer. 
5      $)ie  2luSgang§=$forte  fud£)t  ber  bleibe  £rojj, 
•SRtt  ^änberingen  unb  mit  Slngftgeroimmer. 
$ungfrau'n  unb  Stitter  ragen  au§  ber  Sftenge, 
$dfj  felbft  bin  fortgegogen  im  ©ebränge. 

SDodfj  plöijlid)  ftelj'  id)  gan§  allein,  unb  fei)', 
10     Unb  ftaun',  rote  fctjneU  bie  9J£enge  fonnt'  oerfdjroinben, 
Unb  roanb're  fort  allein,  unb  eil',  unb  gelj' 
3)urd)  bie  ©emädfjer,  bie  fidEj  feltfam  roinben. 
SRein  $uf$  roirb  33Iei,  im  §erjen  Slngft  unb  äßelj, 
33er§roeifT  icfy  faft,  ben  2lulgang  je  ju  finben. 
15     £)a  fomm'  idEj  enblicr)  an  ba§  leijte  Ü£ljor; 
%ü)  roill  IjinauS  —  o  ©ott,  roer  ftefjt  baoor! 

[165]  @3  mar  bie  Siebfte,  bie  am  SEfyore  ftanb, 
©d^merj  um  bie  Sippen,  «Sorge  auf  ber  ©tirne: 
3$  foff  gurücf  geljn,  rointt  fie  mit  ber  §anb; 
20     %d)  roeifj  nid^t,  ob  fte  roarne  ober  jürne. 


85 


$>odfj  au§  ben  2Iugen  bridfjt  ein  füfjer  Sranb, 
2)er  mir  burd^utft  ba3  $er§  unb  bag  ©eljirne. 
2Bie  fie  midfj  anfafy,  ftreng  unb  nmnberUdj, 
Unb  bodj  fo  liebeoott,  erraadjte  \<$). 


LXII. 

'SDie  3Jiitternacr)t  war  falt  unb  ftumnt, 
3>df)  irrte  flagenb  int  Sßalb  fyerum. 
^4  fyaoe  bk  Säum'  au§  bem  ©cfjlaf  gerüttelt; 
©ie  fyaben  mitleibig  bie  $öpfe  gefdf)üttelt. 


[166]  *.  LXIII. 

2lm  Äreujroeg  roirb  begraben, 
Ser  felber  fid)  braute  um; 
$)ort  raädjft  eine  blaue  33Iume, 
35ie  2lrmejünber=33lum. 

2tm  ßreujroeg  ftanb  idEj  unb  feufgte, 
$>ie  %lad)t  mar  talt  unb  ftumm; 
^m  ^Konbfdfjein  beroegte  ficfj  langfam 
3Me  2lrmefünber=23lum'. 


LXIV. 

2öo  idf>  bin,  midf)  rings  umbunfelt 
^infternife  fo  bumpf  unb  bid>t, 
Seit  mir  nid)t  meljr  leudfjtenb  funfeit, 
yiebfte,  beiner  Slugen  Sicfjt. 

2Rir  erfofcfyen  ift  ber  füjsen 
£iebe§fterne  golbne  ^racfyt, 
2tbgrunb  jär)nt  gu  meinen  $üjjen,  — 
NJiimm  midf}  auf,  uralte  sJkd)t! 


86 


[167]  LXV. 

9?adjt  lag  auf  meinen  2(ugen, 
23let  lag  auf  meinem  SDtunb, 
2Kit  ftarrem  §im  unb  ^erjen 
Sag  tdj  in  ©rabeSgrunb. 

5  2öie  lang',  fann  id)  md)t  fagen, 

Sajj  idp  gefdjlafen  l)ab' ; 
Sdj  machte  auf  unb  fyörte, 
2Bie'3  podjte  an  mein  ©rab. 

„<Mft  Su  nidjt  auffielen,  £einrid;? 
io  Ser  ero'ge  %ag,  bridjt  an; 

SDie  lobten  finb  erftanben, 
Sie  em'ge  Suft  begann." 

9ttein  Sieb,  idj  fann  nid;t  aufftefm, 
Sin  ja  nodj  immer  blinb; 
15  Surdj  SBeinen  meine  Slugen 

©änglidj  erlofdjen  finb. 

[168]  „3d;  roitt  Sir  füffen,  £einrid), 
SBom  Sluge  fort  bie  S'iadpt; 
Sie  @ngel  fotfft  Su  flauen, 
20  Unb  aud)  be§  QimmtU  $rad)t." 

9Jlein  Sieb,  id)  fann  nidjt  aufftelm, 
Sftodj  blutet' 3  immerfort, 
3Bo  Su  tn'8  £er§  mtd)  ftadjeft 
SERit  einem  fpi^'gen  2Bort'. 

25  „3wölf  9Jh)rtf)enblätter,  £einrid), 

Seg'  id)  auf  Seine  Söunb' ; 
Sa§  §er^  roirb  nid)t  me^r  bluten, 
Sa§  §erj  roirb  Sir  gefunb." 

9Jtein  Sieb,  idj  fann  nidjt  auffteljn, 
30  (§&  blutet  aud)  mein  $aupt; 

$aV  \a  hinein  gefd;offen, 
2116  Su  mir  roarft  geraubt. 


87 


„Stuf  ©eine  $opfrounb',  .^etnricf), 
Seg'  icij  2)ir  meine  .£janb, 
Unb  bräng'  juriitf  ben  £Mutftrom, 
Unb  füi)V  ber  äöunbe  33ranb." 

[169]  @3  Bot  fo  fanft,  fo  liebtiä}, 
%d)  fonnt'  nicfjt  roiberftefm; 
!ydfj  rooßte  mitf;  ergeben 
Unb  gu  ber  Siefcften  gelm. 

SDa  brauen  auf  bie  SBunben, 
2)a  ftürjt  mit  rotfber  StRad^t 
2Iu§  Äopf  unb  93ruft  ber  SHutftrom, 
Unb  fter) !  —  iä)  bin  ermaßt. 


|170]  ^LXVI. 

2>a§  alte  3a^r  fo  traurig, 
©o  falfd),  fo  fcpmm  unb  arg, 
£)a§  lajlt  un§  jefct  begraben, 
£jo!t  einen  großen  ©arg. 

$inein  leg'  id(j  gar  9Kandfje»,  5 

£>od()  fag'  iä)  nodfj  nidfjt  toa§; 
$)er  ©arg  mufj  femt  nodp  größer, 
2öie'§  ^eibelberger  %a% 

Unb  r)olt  eine  SCobtenbaljre, 
S3on  Brettern  ftarl  unb  bi<f ;  10 

Studfj  mufj  fie  fetm  roeit  länger, 
2llö  roie  gu  SJiaing  bie  SBrüif. 

Unb  fyolt  mir  aud;  groölf  liefen, 
25ie  muffen  nodf)  ftärfer  fenn, 
Sie  ber  Gfyriftopfy  im  $>om  $u  fünfter,  1« 

2)er  ljeu"ge  3)lann  oon  ©tein. 


88 


[171]  Sie  fotten  ben  ©arg  forttragen, 
Unb  fenfen  in '3  9Jieer  fjinab; 
Senn  folgern  großen  ©arge 
20  ©ebü>t  fold)  grofjeS  ®rab\ 

SBifjt  %$x,  warum  ber  ©arg  rooljl 
©o  grojs  unb  fdjroer  mag  fenn? 
3d>  legt'  aw§  meine  Siebe 
Unb  meinen  ©djmerj  hinein. 


89 


INbirafirm, 

$>er  grau  ©el).   2egationärätf)in 

Srofcrift*  ©arnfiaacn  to.  Gmfr 

nribmet 

Mb  arfjtunbadjijig  ©ßbitfjfe  feinst  „^timkt^t" 
tar  $*rfaflfer. 


3He  Jfetmkefjr* 

1823—1824. 


2)e8  SütarS  ftcil'gc  2)e<T,  um  eineS  £>iebeS 
©djeufel'ge  SBIößc  lieberltdj  gemunben!  10 

2)er  golbne  Äeld&tcein  beS  ßlefiiljlS.  gefoffen 
5Bon  einem  Srunfenbolbe !    Sine  SRofe, 
3u  ftola,  ben  Üljcm  beS  ©tmmelg  xu  empfangen, 
§etoerge  nun  ber  giftgefdjrooflnen  «Spinne! 

(STuS  Jtotnerntantt»  Sarbenio  unb  delinbe,    15 
lfter  mt,  3ter  Sluftr.) 

[177]  I. 

^n  mein  gar  j$u  bunffeS  Seben 
©traute  einft  ein  fü^eä  33ilb ; 
9hm  baä  füfse  S3tlb  erblidjen, 
33in  id)  gänjlidj  nadjtumljüttt. 

üiSenn  bie  $inber  finb  im  SDunfeln,  6 

SBirb  beflommen  ifyr  ©etnütlj, 
Unb  bie  eig'ne  2lngft  $u  bannen, 
Singen  fie  ein  (auteä  Sieb. 


90 

$d),  ein  tolteö  $tnb,  td)  finge 
^e^o  in  ber  ©unfelfyeit ; 
3ft  ba§  Sieb  aud)  nid)t  ergö$lid(j, 
Wla<$)t,§  mid^  bod>  r>on  Slngft  befrei  't. 


[178]  II. 

%ä)  roeifj  nicfjt,  nm3  fott  e3  bebeuten, 
©ajj  id(j  fo  traurig  bin; 
©in  SJtäfyrdfjen  au$  alten  Reiten, 
©a3  !ommt  mir  nidfjt  au$  bem  (Sinn. 

5  £)ie  Suft  ift  füfyl  unb  e£  bunfelt, 

Unb  rufyig  fltefjt  ber  9tf)ein; 
©er  ©ipfel  be§  SergeS  funlelt 
$m  2tbenbfonnenfd^ein. 

$)ie  fcfjönfte  Jungfrau  fifcet 
io  ©ort  oben  nmnberbar, 

$#r  golb'neS  ©efdfmteibe  bli£et, 
©ie  fämmt  if)r  golb'neS  $aar. 

(Sie  fämmt  es  mit  golb'nem  $amme, 
Unb  fingt  ein  Sieb  babei; 
15  2)a§  f)at  eine  munberfame, 

©eroaltige  -JRelobei. 

[179]  ©en  Schiffer,  im  fleinen  Skiffe, 
©rgreift  e3  mit  roübem  2öel); 
@r  fcfyaut  nidfjt  bie  gelfenriffe, 
20  @r  fdjaut  nur  fyinauf  in  bie  &öfy. 

%<§  glaube,  bie  Jßetten  oerfd^lingen 
Slm  @nbe  Sdfjiffer  unb  ßafm; 
Unb  ba§  f)at  mit  iljrem  Singen 
©ie  Sore^Sen   getfjan. 


91 


III. 


■JRetrt  #erj,  mein  £jerg  ift  traurig, 
3>od[)  luftig  leuchtet  ber  Mai; 
%<$)  fte^e,  gelernt  an  ber  Sinbe, 
|Jod[)  auf  ber  alten  Saftei. 

©a  brunten  fliegt  ber  blaue  5 

Stabtgraben  in  ftiUer  Stuf)' ; 
©in  $nabe  fätyrt  im  $afme, 
Unb  angelt  unb  pfeift  baju. 

|180]  $enfeit§  ergeben  fidf)  freunblidEj, 
$n  roinjiger,  bunter  ©eftalt,  10 

2uft§äufer  unb  ©arten  unb  SJtenfdfjen, 
Unb  Ddjfen  unb  2Biefen  unb  2öalb. 

SDie  SDtägbe  bleiben  SBäfdje, 
Unb  fpringen  im  ©raf  fjerum; 
$Da3  2ftül)lrab  ftäubt  diamanten,  15 

%d)  f)öre  fein  fernes  ©efumm'. 

3lm  alten  grauen  Sturme 
©in  ©dnlberfyäugdjen  fteljt; 
@in  rotljgerötfter  Surfte 
£)ort  auf  unb  nieber  gel)t.  20 

@r  fptelt  mit  feiner  $linte, 
2)ie  funfeit  im  ©onnenrotl), 
@r  präfentirt  unb  fdlutltert  — 
$d[j  mollt',  er  fdfjöffe  micf)  tobt. 


IV. 

$m  2Balbe  roanbl'  id^  unb  meine, 
£>ie  £>roffel  fifct  in  ber  $61)'; 
©ie  fpringt  unb  fingt  gar  feine: 
Söarum  ift  bir  fo  roel)? 


92 


„$ie  ©dmmlben,  beine  ©djroeftern, 
2)ie  tonnen '3  bir  fagen,  mein  $inb, 
©ie  roofjnten  in  fingen  -fteftern, 
2Bo  2iebdjen3  $enfter  finb." 


£)ie  %lad)t  ift  feucht  nnb  ftürmifdj, 
2)er  Fimmel  fternenleer; 
$m  2Balb,  unter  raufdjenben  Säumen, 
SBanble  id)  fdjroeigenb  einher. 

5  @3  flimmert  fern  ein  2idjtd;en 

2luS  bem  einfamen  $ägerfwuf'; 
@<§  fott  mid)  nidjt  r)in  »erloden, 
£>ort  ftefjt  es  oerbriefjlidj  aus. 

[182]  $ie  blinbe  ©rofjmutter  jifct  ja 
io  $m  lebernen  Se^nftu^t  bort, 

Unfyeimlid)  unb  ftarr,  roie  ein  ©teinbilb, 
Unb  fpritfjt  lein  einjige-g  2öort. 

^ludjenb  get)t  auf  unb  nieber 
2)eS  $örfter$  rotftföpfiger  ©olm, 
15  Unb  roirft  an  bie  2Sanb  bie  Südjfe, 

Unb  ladjt  oor  2Butfy  unb  §ofm. 

3)ie  fcr)öne  ©pinnerin  meinet, 
Unb  feuchtet  mit  S^ränen  ben  $lad)S; 
SBimmemb  ju  ifyren  $üfjen 
20  ©djmiegt  fid)  be§  23ater<S  $adj«. 


VI. 

2Us  id)  meinet  £iebdjen§  ^amilie 
Zufällig  im  23abe  fanb, 
©djroefterdjen,  SSater  unb  9Kutter, 
©ie  Ijaben  mid;  freubig'erfannt. 


93 


[183]  ©ie  fragten  nad;  meinem  Sefinben,  5 

Unb  fagten  felber  fogteid^ : 
$d)  fyätte  mid;  gar  nid)t  »eränbert, 
■ftur  mein  ©efid)t  feg  bleidj. 

$d;  fragte  nad;  -Diufymen  unb  SBafen, 
9lad)  manchem  langroeil'gen  ©efeft'n,  10 

Unb  nad)  bem  fleinen  |wnbd;en 
ÜWtt  feinem  fanften  M'n. 

Sind;  nad;  ber  oermäfylten  ©eliebten 
fragte  id)  nebenbei; 

Unb  freunblid;  gab  man  gur  3tntroort:  15 

2>afj  fie  in  ben  2Bod;en  fen. 

Unb  freunblid;  gratulirt'  id;, 
Unb  lispelte  liebeoott: 
3)af}  man  fie  oon  mir  red)t  fyerjttd;, 
Sßiel  taufenb  Mal  grüfjen  fott.  20 

©djroefterdjen  rief  bagroifdjen: 
$)a§  |>ünbd;en,  fanft  unb  Hein, 
$ft  grofj  unb  toff  geroorben, 
Unb  roarb  ertränlt  im  9tyein. 

[184]  2>ie  kleine  gleist  ber  (Miebten,  25 

33efonber§  roenn  fie  lad;t; 
©ie  f;at  biefelben  2tugen, 
£)te  mid;  fo  elenb  gemacht. 


VII. 

SBir  fafjen  am  gifdjerfjaufe, 
Unb  flauten  nad;  ber  ©ee; 
$>te  Slbenbnebel  famen, 
Unb  ftiegen  in  bie  £öfj'. 


94 


5  %m  Seucfjttrjurm  mürben  bie  Siebter 

Sltfmäljlig  angeftecft, 
Unb  in  ber  roeiten  $erne 
Sßarb  nodfj  ein  ©dfjiff  entbedt. 

2Bir  fpracfjen  üon  ©türm  nnb  (Schiffbruch, 
10  23om  ©eemann,  unb  mie  er  lebt, 

Unb  groifcfjen  ^immel  unb  ÜÖaffer, 
Unb  Stngft  unb  greube  fcfnüebt. 

[185]  Sßir  fpradjen  von  fernen  lüften, 
SSom  ©üben  unb  oom  -iftorb, 
i5  Unb  r>on  ben  feltfamen  Sftenfcfjen 

Unb  feltfamen  ©itten  bort. 

2lm  ©angei  buftet'8  unb  teuftet' 3, 
Unb  9liefenbäume  Mitf)'n, 
Unb  fd^öne,  ftitte  9Jienfd(jen 
20  SSor  SotoSblumen  Inie'n. 

3n  Sapptanb  finb  fdfjmutjige  Seute, 
$lattföpftg,  breitmäulig  unb  Kein; 
©ie  fernem  um'g  $euer,  unb  badfen 
©idfj  $ifdE)e,  unb  quäfen  unb  fdjrei'n. 

25  2)ie  -JRäbdfjen  fjorcf)ten  ernftfyaft, 

Unb  enblicf)  fpract)  sJliemanb  meijr; 
$)er  9Jlaft  mar  nicfjt  mefyr  ftdfjtbar, 
@<o  bunfelte  gar  ju  fefyr. 


[186 1  VIII. 

35u  fd£)öne§  $ifd£)ermäbd(jert, 
treibe  ben  Rafyn  an'3  2anb; 
$omm  ju  mir  unb  fe|e  bidfj  nieber, 
2Bir  fofen  -öanb  in  $anb. 


95 


£eg'  an  mein  ^erj  beut  Äöpfdjen,  § 

Unb  fürchte  bidj  nid)t  §u  feljr, 
93ertrau'ft  bu  bidj  bod)  forgloö 
Säglidj  bem  roilben  9)teer. 

2ftein  ^erj  gteidjt  gang  bem  SJieere, 
^at  ©türm  unb  ©66'  unb  $Iutfj,  10 

Ünb  mandje  fcr)öne  $erle 
$n  feiner  ^Ttefe  ruljt. 


IX. 

£)er  3Jionb  ift  aufgegangen, 
Unb  ü6erftral)It  bie  2M'n; 
3dj  r)a(te  fie  Heb  umfangen, 
Unb  unfre  bergen  fdunelfn. 

$m  Slrm  beS  fyolben  $inbe<§  5 

^Hu^'  idj  attein  am  ©tranb; 
SBaS  f)ord)'ft  bu  6ei'm  3ftaufcr}en  bes  äBinbeS? 
5ßa3  pcft  beine  roeijse  ^anb? 

„2)a3  ift  fein  «Rauften  be§  SBinbeS, 
35a<§  ift  ber  Seejungfern=©efang,  10 

Unb  meine  Sdjroeftem  finb  e3, 
$5ie  einft  ba<§  9fleer  oerfd)lang." 


X. 

25er  2öinb  giefyt  feine  £ofen  an, 
2)te  meinen  ÜEßafferfjofen ; 
@r  peitfdjt  bie  3BeKen  fo  ftarf  er  rann, 
2)ie  Reuten  unb  6raufen  unb  tofen. 

2lu§  bunfter  £jöf)',  mit  roUber  5Jiad;t, 
$)te  9tegengüffe  träufen; 
@3  ift  als  wollt'  bie  alte  9*ad)t 
S)aS  alte  5fteer  erfäufen. 


96 


2tn  ben  -äJlaftbaum  Hämmert  bie  SJlöoe  fidfj, 
10  3Jitt  Reiferem  (Stritten  unb  ©dfjrenen; 

©te  flattert  unb  tritt  gar  ängftlidf) 
@in  Unglütf  propfyejenen. 


[189]  XI. 

©er  ©türm  fptelt  auf  jum  Sanje, 
@3  pfeift  unb  fauft  unb  brüllt, 
$eifa,  mie  fpringt  ba§  ©dfjifflein! 
©ie  «Kadjt  ift  luftig  unb  milb. 

@in  Iebenbe§  2öaffergebirge 
Silbet  bie  tofenbe  ©ee; 
$ier  jät)nt  ein  fd^roarger  2l6grunb, 
©ort  tfyürmt  e§  ftdf)  roeifj  in  bie  #ölj\ 

@in  glucken,  GJrbredfjen  unb  SBeten, 
©dfjattt  au§  ber  Äajüte  fyerauei; 
$dfj  r)alte  midf)  fefter  am  9Kaftbaum, 
Unb  münfdfje:  mär'  idf)  gu  §au§. 

[190]  XII. 

©er  Slbenb  fommt  gebogen, 
©er  hiebet  bebecft  bie  ©ee; 
©efyeimmfjüott  rauften  bie  2Bogen, 
©a  fteigt  e§  roetjj  in  bie  £ö§'. 

©ie  9fteerfrau  fteigt  au§  ben  ÜBetten, 
Unb  fe|t  fidfj  gu  mir,  am  ©tranb ; 
©ie  roeifjen  Prüfte  quetten 
$erüor  au$  bem  ©dfjleiergeraanb. 

©ie  brüdrt  midf)  unb  fie  prefjt  midf), 
Unb  tlmt  mir  foft  ein  2öef)' ; 
©u  brücf'ft  ja  r>iel  ju  feft  midf;, 
©u  fdfjöne  Sßafferfee. 


97 


„3$  preffe  bid^  in  meinen  2trmen, 
Unb  brüdfe  bid£)  mit  ©eroalt, 
3$  roiff  bei  bir  erwärmen,  15 

SDer  2tbenb  ift  gar  ju  falt." 

[191]  35er  9Jionb  fcljaut  immer  blaff  er 
2tu§  bämm'riger  2Bolfenf)ö{)' ; 
£>ein  2luge  roirb  trüber  unb  naffer, 
£)u  fcfjöne  2Safferfee!  20 

„@S  roirb  ntcfjt  trüber  unb  naffer, 
■Jftein  2lug'  ift  nafj  unb  trüb, 
Sßeil,  aU  td)  ftieg  au§  bem  Söaffer,  \ 

@in  Stopfen  im  Sluge  blieb." 

35ie  Sftiroen  fdjjrillen  fläglicfj,  25 

@3  grollt  unb  branbet  bie  (See; 
SDein  ^erj  pocijt  roilb  beroeglid), 
£)u  fdfjöne  2Bafferfee! 

„■äftein  $erg  pod^t  roilb  beroeglicfj, 
@§  pocfjt  beroeglidf)  roilb;  30 

SBeil  ic§  bicf)  liebe  unfäglidfj, 
SDu  liebet  SRenf dfjenbilb. " 


[192]  XIII. 

2Öenn  iclj  an  beinern  §aufe 
£)e§  Sflorgen-S  worüber  g,el)', 
©0  freute  micf),  bu  liebe  kleine, 
SBenn  icf)  bidf)  am  ^enfter  felj'. 

9Jtit  betnen  fdfjroar^braunen  Slugen 
©iefyft  bu  midf)  forfd^enb  an: 
älter  bift  bu,  unb  roa§  feb.lt  bir, 
SDu  frember,  blaffer  9ttann? 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27. 


98 


%d)  bin  ein  beutfdjer  Siebter, 
10  23efannt  im  beutfdjen  Sanb; 

flennt  man  bie  beften  tarnen, 

©o  roirb  audj  ber  mein'ge  genannt. 

Unb  mag  mir  fe§lt,  bu  kleine, 
$ef)lt  9J£and;em  im  beutfdjen  £anb; 
15  Nennt  man  bie  ftfjlimmften  ©djmersen, 

©o  mirb  aud)  ber  mein'ge  genannt. 

[193]  XIV. 

S)a3  9J?eer  erglängte  roeit  fjinaui, 
^m  legten  2lbenbfdjeine ; 
2Btr  fajjen  am  einfamen  gifdjerljauS, 
2Bir  fafen  ftumm  unb  alleine. 

s  $er  klebet  ftieg,  ba§  SBaffer  fd&wotf, 

2)ie  SJiöoe  flog  I)in  unb  roieber; 
2lu§  beinen  Slugen,  liebevoll, 
fielen  bie  S^ränen  nieber. 

3jd)  faf)  fie  faEen  auf  beine  §anb, 
10  Unb  bin  auf's  $nie  gefunden; 

$d;  f>ab'  oon  beiner  meinen  §anb 
SDie  frönen  fortgetrunfen. 

<Seit  jener  ©tunbe  Derart  fidj  mein  Seib, 
$>ie  (Seele  ftirbt  t>or  Seinen;  — 
15  9Jiidj  tjat  ba3  ungftitffeef  ge  2ßeib 

Vergiftet  mit  iljren  frönen. 

[194]  XV. 

25a  broben  auf  jenem  33erge, 
35a  ftefyt  ein  feines  ©tfjlofs, 
£>a  roofjnen  brei  fd>öne  gräulein, 
3Son  benen  idj  Siebe  genofj. 


99 

©onnabenb  füjgte  midEj  $ette,  5 

Unb  ©onntag  bie  $ulia, 
Unb  SJtontag  bie  $unigunbe, 
$>ie  fyat  mid)  jerfüfjt  beina§. 

£>od[j  ©ienftag  mar  eine  $ete 
33ei  meinen  brei  $räulein  im  ©dEjlojs;  10 

^ie  9tadE)barfcf)aft§=§erren  unb  SDamen, 
SDie  famen  ju  SBagen  unb  SRojs- 

3$  a&er  roar  ntdfjt  gelaben, 
llnb  ba§  ^abt  $Ijr  bumm  gemalt! 
2)ie  jifd^elnben  9Jhtl)men  unb  23afen,  15 

$)ie  merften'3  unb  fyaben  gelabt. 


[195]  XVI. 

2lm  fernen  ^jorigonte 
(Srfdfjeint  roie  ein  üftebelbilb, 
2)ie  ©tabt  mit  iljren  Stürmen, 
3n  älbenbbämm'rung  gebüßt. 

@in  feuchter  2Binb§ug  fräufelt  5 

25ie  graue  SBafferbalm; 
SJlit  traurigem  £afte  rubert 
^)er  ©cfjiffer  in  meinem  $afyn. 

£)ie  ©onne  l)ebt  fidEj  nocf)  einmal 
2eucf)tenb  00m  33oben  empor,  10 

Unb  geigt  mir  jene  ©teile, 
2Bo  icfj  ba§  Siebfte  tterlor. 

[196]  XVII. 

©ei  mir  gegrüfjt,  bu  grofje, 
©eljeimnifroolle  ©tabt, 
5)ie  einft  in  iljrem  ©cfjoofje 
^0tein  Siebten  umföploffen  l>at. 


100 

©agt  an,  iljr  Stürme  unb  £fjore, 
2Bo  ift  bie  Sie&fte  mein? 
Qua)  Ijab'  tdfj  fie  anvertrauet, 
$ljr  fotttet  mir  SBürge  fenn. 

Unfd&ulbig  finb  bie  Stürme, 
©ie  fonnten  nicljt  oon  ber  ©teil', 
2113  ©ie  mit  koffern  unb  ©<f)ad£)teln 
SDie  ©tabt  üerlaffen  fo  fdljnelf. 

5Dte  £Ijore  jebod),  bie  liefen 
■Stein  Siebten  entnrifdjen  gar  ftilt; 
@in  !£ljor  ift  immer  roillig, 
9Benn  eine  S^örin  null. 

[197]  XVIII. 

©o  roanbr'  idp  roieber  ben  alten  ÜEßeg, 
25ie  mofylbefannten  ©äffen; 
^d§  fomme  oon  meiner  Sie&fien  §au£, 
2)a§  fteljt  fo  leer  unb  üerlaffen. 

©ie  ©trafen  finb  bodfj  gar  ju  eng' ! 
SDaS  ^flafter  ift  unerträglich! 
3)ie  Käufer  fallen  mir  auf  ben  $opf! 
%<fy  eile  fo  tüel  al§  möglich ! 

XIX. 

$jd£)  trat  in  jene  fallen, 
2öo  ©ie  mir  £reue  oerfprocljen ; 
2Bo  einft  iljre  S^ränen  gefallen, 
©inb  ©erlangen  fyeroor  gefroren. 

[198]  XX. 

©tili  ift  bie  yiatyt,  es  ruljen  bie  ©äffen, 
3n  biefem  §aufe  roofynte  mein  ©df)a§; 
©ie  Ijat  fct)on  längft  bie  ©tabt  üerlaffen, 
$Dod£)  ftefyt  nod£)  ba£  §au3  auf  bemfelben  $la£. 


101 


$)a  ftel)t  aud£j  ein  9Jlenfd£)  unb  ftarrt  in  bie  £öl)e,     s 
Unb  ringt  bie  |jänbe  oor  ©dfmterjenggeroalt ; 
■üfttir  grauft  e3,  roenn  icf)  fein  2lntli$  fefje  — 
Der  ?9tonb  jeigt  mir  meine  eig'ne  ©eftalt. 

SDu  £>oppeltgänger !  bu  bleicher  ©efeUe! 
üfikS  äffeft  bu  nad)  mein  Siebeöleib,  io 

%)a§  mxö)  gequält  auf  biefer  ©tette, 
©o  manche  3lad)t  in  alter  ßeit? 

[1991  XXL 

Sie  fannft  bu  rufyig  fcfjlafen, 
Unb  roeijst,  iclj  lebe  nodj? 
2)er  alte  3orn  fommt  roieber, 
Unb  bann  gerbrecr)'  tdj  mein  $ocf). 

$ennft  bu  ba§  alte  Siebten :  5 

2öie  einft  ein  tobter  $nab', 
Um  -IRitternacfyt,  bie  ©eliebte 
3u  ftdj  geholt  in'S  ©rab? 

©laub'  mir,  bu  rounberfdfjöneS, 
$)u  nmnberljolbeg  $inb,  1« 

3d)  l^e  unb  bin  noa)  ftärfer, 
2ÜS  aüz  lobten  finb! 


[200]  XXII. 

$5ie  Jungfrau  fdjläft  in  ber  Kammer, 
$)er  SJionb  fajaut  gitternb  hinein; 
1)a  brausen  fingt  e§  unb  flingt  e§ 
3Bie  üföaljermelobepn. 

%<$  roiH  mal  fdfjau'n  au$  bem  $enfter, 
2Ber  brunten  ftört  meine  9tu^' ; 
$)a  ftel)t  ein  Stobtengerippe, 
Unb  fiebelt  unb  fingt  baju: 


102 


£aft  einft  mir  ben  %an%  üerfprod^en, 
10  Unb  fjaft  gebrochen  bein  üßort, 

Unb  l)eut  ift  M  auf  bem  ßird)b>f, 
Äomm  mit,  mir  tangen  bort. 

Sie  Jungfrau  ergreift  e3  geroaltig, 
@§  locft  fie  Ijeroor  au$  bem  §au§; 
15  ©ie  folgt  bem  ©erippe,  baS  fingenb 

Unb  fiebelnb  fdfjreitet  r»orau3. 

[201]  @§  fiebelt  unb  tändelt  unb  Rupfet, 
Unb  flappert  mit  feinem  ©ebein, 
Unb  nidft  unb  nicft  mit  bem  ©djäbel 
20  Unljeimlidfj  im  SJtonbenfdjein. 


XXIII. 

$d>  ftanb  in  bunfeln  träumen 
Unb  ftarrte  iljr  Silbnijs  an, 
Unb  ba3  geliebte  2fntU$ 
^eimlicf)  §u  leben  begann. 

b  Um  iljre  Sippen  30g  fidEj 

@in  Säbeln  munberbar, 
Unb  mie  oon  2BeIjmutf)§tl)ränen 
(Srglänjte  if)r  Slugenpaar. 

2tucfj  meine  frönen  floffen 
10  3Jlir  oon  ben  2öangen  fjerab  — 

Unb  acf),  id)  fann  e§  nidf>t  glauben, 
25af}  ia)  SDidfj  »erloren  l)ab' ! 

[202]  XXIV. 

%ä)  unglücffel'ger  S(tla3!   eine  2BeIt, 
2)te  ganje  SÖelt  ber  ©rfjmergen  mujj  id)  tragen, 
%d)  trage  Unerträgliches,  unb  brechen 
SBill  mir  ba3  §erj  im  Seibe. 


103 

£)u  ftoljeS  §er§!  bu  fyaft  e§  ja  gerooHt,  5 

SDu  roottteft  glücflidfj  fenn,  unenblidfj  glücflicfj 
Dber  unenblidf)  elenb,  ftofjeö  ^erg, 
Unb  jetjo  bift  bu  elenb. 

XXV. 

25ie  ^a^re  fommen  unb  geljen, 
©efdf)lecf)ter  fteigen  ins  ©rab, 
S)od^  nimmer  »ergebt  bie  Siebe, 
3)ie  icfj  im  ^erjen  l;ab'. 

9?ur  einmal  nodf)  möd^t'  irf;  bid^  fefyen,  5 

Unb  finfen  nor  bir  auf3  $me, 
Unb  fterbenb  §u  bir  fpredfjen: 
SJiabame,  icf)  liebe  Sie! 

[203]  XXVI. 

9Jlir  träumte:  traurig  flaute  ber  9Jionb, 
Unb  traurig  fc^ienen  bie  (Sterne; 
@3  trug  micf)  §ur  Stabt,  roo  Siebten  mofmt, 
SSiet  Ijunbert  -Bleuen  ferne. 

@§  Ijat  micf)  ju  i^rem  §au[e  geführt,  1 

%<i)  füjste  bie  (Steine  ber  treppe, 
SDie  oft  ifyr  fteiner  $u{i  berührt, 
Unb  ifyreS  $leibe§  Schleppe. 

SDie  ^iad^t  mar  lang,  bie  üftacfjt  mar  falt, 
@<B  roaren  fo  falt  bie  Steine;  10 

@S  lugt'  au§  bem  $enfter  bie  blaffe  ©eftalt, 
23eleud)tet  nom  9Jtonbenfd(jeine. 

[204]  XXVII. 

2öa§  null  bie  einfame  ^fjräne? 
(Sie  trübt  mir  ja  ben  33licf; 
Sie  blieb  au$  alten  Reiten 
3n  meinem  Sluge  jurütf. 


104 

5  ©ie  Ijatte  r«iel  leucf)tenbe  ©dmjeftern, 

SDie  alle  jerfloffen  finb, 
SJtit  meinen  Qualen  unb  $reuben, 
Berfloffen  in  «Rac$t  unb  SBinb. 

2Bie  9lebel  finb  audj  jerfloffen 
10  2)ie  blauen  ©ternelein, 

2)ie  mir  jene  $reuben  unb  Qualen 
©elädjelt  in'<S  ^erg  Innein. 

2ta),  meine  Siebe  felber 
Berflojj  roie  eitel  §audH 
iö  SDu  alte,  einfame  %i)täne, 

3erfltefje  jetjunber  and}. 


[205]  XXVIII. 

®er  bleibe,  Ijerbftlidje  £albmonb 
£ugt  au$  ben  Wolfen  §eraug; 
©anj  einfam  liegt  auf  bem  $ird)l)of 
$a3  ftiUe  $farrerf)au§. 

£)ie  3Jtutter  lieft  in  ber  Sibel, 
£>er  ©ofm  ber  ftarret  in '3  Sidjt, 
©djlaftrunfen  belmt  fid)  bie  ält're, 
£)ie  jüngere  SCodjter  fpria)t: 

2ld)  ©Ott!  raie  ßinem  bie  £age 
Sangroeilig  l)ier  r>ergelj'n; 
%lüv  roenn  fie  ©inen  begraben, 
Söefommen  mir  etraaS  ju  feli'n. 

SDie  SJlutter  fpriajt  jnrifdjen  bem  Sefen: 
£)u  irrft,  e§  ftarben  nur  3Sier, 
©eit  man  beinen  33ater  begraben 
SDort  an  ber  $irdjljofgtl)ür. 


105 


[206]  £)ie  ältere  Xodjter  gäfjnet: 
$d)  roüt  nidjt  »erhungern  bei  eud), 
%ö)  gefie  morgen  jum  ©rafen, 
Unb  ber  ift  oerliebt  unb  reid).  20 

25er  ©olm  bricht  au§  in  Sachen: 
2)rei  Säger  jed)en  im  ©tern, 
Sie  madjen  (Mb  unb  teuren 
9ftir  bag  ©erjeimnifj  gern. 

SDie  3Jhttter  roirft  ifym  bie  33ibel  25 

$n'§  mag're  ©eficfjt  hinein: 
©0  roittft  bu,  ©ottoerfludjter, 
@in  ©trafjenräuber  femt! 

©ie  fyören  pod)en  an'§  $enfter, 
Unb  felj'n  eine  roinlenbe  §anb;  30 

2)er  tobte  33ater  ftefyt  brausen 
$m  fd^roarjen  ^ßreb'gergeroanb. 


[207]  XXIX. 


®a§  ift  ein  fd)Ied)teS  SÖetier, 
@3  regnet  unb  ftürmt  unb  fcfmeit; 
8d)  fi#e  am  $enfter  unb  fd)aue 
$inau§  in  bie  SDunfelfjeit. 

2)a  fdfjimmert  ein  etnfameS  2id)td)en, 
3)a§  roanbelt  langfam  fort; 
@in  9Kütterd)en  mit  bem  Satemdfjen 
Söanft  über  bie  ©trafje  bort. 

3d)  glaube  9Ke§l  unb  (gier 
Unb  Butter  faufte  fie  ein; 
©ie  roitt  einen  $ud)en  barfen 
$ür'§  grofje  Xöd)ter(ein. 


106 


SDie  liegt  gu  £<w§  im  Seljnftuljl, 
Unb  btinjeCt  fd£)läfrig  in'S  £id()t; 
2)ie  golb'nen  Socfen  mallen 
Ueber  ba3  füfje  ©eftdEjt. 


[208]  XXX. 

•äftcm  glaubt  bafj  icfj  midEj  gräme 
$n  bittrem  2iebe3teib, 
Unb  enblirf;  glaub'  idj  e§  f eiber 
©o  gut  mie  anbre  Seut. 

2)u  kleine  mit  grofjen  2lugen, 
3$  l)ab'  ei  fo  oft  gefagt: 
SDafj  id[j  bidfj  unfäglid)  liebe, 
SDajj  Siebe  mein  §erg  gernagt. 

SDocfj  nur  in  einfamer  Kammer 
©pradfj  idEj  fo  fecfer  2trt, 
Unb  aö§!  idj  l)ab  immer  gefcfjroiegen 
3>n  beiner  ©egenroart. 

3)a  gab  e§  böfe  @ngel, 
SDie  gelten  mir  gu  ben  üDhmb, 
Unb  ad(j!  burdfj  böfe  (Sngel 
Sin  idfj  fo  elenb  je£unb. 

[209]  XXXI. 

$)etne  roeidEjen  Siljenfinger, 
ßönnt'  idp  fie  nocfj  einmal  füffen, 
Unb  fie  brüdfen  an  mein  §erg, 
Unb  oergel)'n  in  ftißem  SBeinen! 

$)eine  flaren  $eild[jen=9lugen 
©darneben  oor  mir  £ag  unb  9kcfjt, 
Unb  midfj  quält  ei:  mag  bebeuten 
5Dtefe  füjsen,  blauen  9tätl)fel? 


107 


XXXII. 


„§at  fie  ftd)  benn  nidjt  geäußert 
Ueber  ©ein  t>erliebte€  2Befen? 
Äonnteft  2)u  in  ifjrert  Stugen 
S'iiemal'l  ©egenliebe  lefen? 

„fömnteft  2)u  in  iljren  Stugen 
9Ziemal<3  bi£  §ur  "Seele  bringen? 
Unb  3)u  bift  ja  fonft  fein  @fel, 
teurer  $reunb,  in  folgen  ^Dingen!" 


[210]  XXXIII. 

Sie  liebten  fid)  33eibe,  bocfj  deiner 
SSottt'  e§  bem  Stnbern  gefteljn; 
Sie  fafyen  fidfj  an  fo  femblid), 
Unb  wollten  nor  Siebe  oergefyn. 

Sie  trennten  fidf)  enblicf)  unb  fa§'n  fidfj 
9Rur  nocfj  guroeilen  im  £raum; 
Sie  roaren  längft  geftorben, 
Unb  raupten  es  felber  fautn. 


XXXIV. 

Unb  aU  idfj  @ud^  meine  ©cfjmerjen  gefragt 
2)a  §abt  $Ijr  gegähnt  unb  nichts  gefagt; 
£)odf)  al<§  iä)  fie  ^erlief)  in  33erfe  gebraut, 
2)a  Ijabt  3$r  wir  grofee  ©logen  gemacht. 


[211]  XXXV. 

^dfj  rief  ben  Teufel,  unb  er  tarn, 
Unb  id)  falj  tlm  mit  Sßeramnbrung  an. 
@r  ift  nicfjt  fyäfjltcl)  unb  ift  ntcrjt  laljm, 
Csr  ift  ein  lieber,  fdjarmanter  9Kann, 


108 


@in  9ttann  in  feinen  beften  Qafyren, 

33erbinbli<$  unb  fybflidEj  unb  roelierfaljren. 

@r  ift  ein  trefflicher  ^Diplomat, 

Unb  f priest  red^t  fcfjön  über  ^ird^'  unb  ©taat. 

33lafj  ift  er  etn>a§,  boef)  ift  e§  fein  Sßunber, 

©an§frtt  unb  £egel  ftubiert  er  je£unber. 

©ein  Sieblingipoet  ift  nodEj  immer  ^ouque. 

2)od(j  roitt  er  md)t  mefyr  mit  $ritif  fiefj  befaffen, 

2)ie  fyat  er  je|t  gänglidf)  überlaffen 

iDer  treuem  ©ro|mutter  §efate. 

@r  lobte  mein  juriftifdEjeS  ©treben, 

|jat  früher  ftdfj  audEj  bamit  abgegeben. 

@r  fagte,  meine  $reunbfd)aft  fep 

$f)m  nidjt  §u  treuer,  unb  niefte  babei, 

Unb  frug:  ob  mir  un3  früher  nid£)t 

©d£jon  einmal  gefefyn  beim  fpan'fdjen  ©efanbten? 

Unb  al§  idfj  red)t  befafy  fein  ©efidpt, 

$anb  idj  in  i§m  einen  alten  Sßefannten. 

[212]  XXXVI. 

2Renfd£)!  oerfpotte  nidEjt  ben  Teufel, 
Äur§  ift  ja  bie  SebenSbafyn, 
Unb  bort  unten  bie  Serbammntfj 
$ft  fein  bloßer  ^öbelroafyn. 

■JJcenfa*)!  bejahe  beine  ©dEmlben, 
Sang  ift  ja  bie  SebenSbafyn, 
Unb  bu  mufjt  nodf)  manchmal  borgen 
2ßie  bu  e§  fo  oft  getfjan. 

[213]  xxxvn. 

2)ie  §eü'gen  bret)  $ön'ge  aus  SKorgenlanb, 
«Sie  frugen  in  jebem  ©täbtdjen: 
2Bo  get)t  ber  2ßeg  naa)  3ktf)lel)em, 
3$r  lieben  33uben  unb  SRäbdfjen? 


109 

£>ie  jungen  unb  Sitten,  bie  nmfjten  e§  nicljt, 
£)ie  Könige  gogen  raeiter; 
<5te  folgten  einem  golbenen  ©tern, 
2)er  leuchtete  lieblich  unb  fetter. 

®er  Stern  blieb  ftelm  über  $>ofep§3  §au§, 
3)ct  finb  fie  hineingegangen; 
3)a3  Dedjgtein  brüllte,  ba§  $inblein  fdfjrie, 
3)ie  fyeil'gen  bren  Könige  fangen. 


[214]  XXXVIII. 

9Kein  $inb,  mir  roaren  $inber, 
3roen  $inber,  flein  unb  frolj; 
2Sir  froren  tn'§  $üf)nert)äuScl)en 
Unb  ftecften  un§  unter  baS  ©trolj. 

2öir  frästen  roie  bie  §älme,  5 

Unb  famen  Seute  oorben  — 
Äiferetul)!  fie  glaubten, 
@3  märe  ^a^nengefdpreü. 

$)te  Giften  auf  unferem  £ofe, 
£>ie  tapejirten  wir  au$,  10 

Unb  roofynten  brin  benfammen, 
Unb  matten  ein  nomeljmeS  §au£. 

$e§  9^adpbar§  alte  ßa£e 
$am  öftere  jum  33efucf); 

2ßir  matten  iljr  SBücfling'  unb  Anise,  15 

Unb  Komplimente  genug. 

[215]  2öir  l)aben  naclj  iljrem  23efinben 
Seforglicf)  unb  freunblidjj  gefragt; 
9öir  ^aben  feitbem  baffelbe 
2)tand(jer  alten  $a£e  gefagt.  20 


110 

2Bir  fafjen  aud)  oft  unb  fpradjen 
Vernünftig,  roie  alte  Seut', 
Unb  flagten,  rote  2lEe$  beffer 
©eroefen  ju  unferer  3eit; 

25                    2Bie  Sieb'  unb  Xreu'  unb  ©lauben 
33erfdf)rounben  au$  ber  üöelt, 
Unb  roie  fo  treuer  ber  Äaffee, 
Unb  roie  fo  rar  bag  ©elb ! 

Sßorbea  finb  bie  $inberfpiele, 
30  Unb  2We§  rollt  oorben,  — 

£)a<o  ©elb  unb  bie  Söelt  unb  bie  $eiten, 
Unb  ©lauben  unb  Sieb'  unb  Streu'. 


[216]  XXXIX. 

$)a§  §er§  ift  mir  bebrütft,  unb  fefynlidj 
©ebenfe  icfy  ber  alten  $eit; 
3)ie  üffielt  roar  bamate  nod)  fo  roöfmlic^, 
Unb  rufyig  lebten  r)in  bie  Seut'. 

2)odj  je£t  ift  aHe<3  roie  oerfdjoben, 
3)a3  ift  ein  drängen!  eine  9totf)! 
©eftorben  ift  ber  Herrgott  oben, 
Unb  unten  ift  ber  Teufel  tobt. 

Unb  2lfle§  fdjaut  fo  grämlid)  trübe, 
Unb  frau§oerroirrt  unb  morfdj  unb  falt, 
Unb  roäre  nxd^t  ba£  bi§d)en  Siebe, 
©o  gab'  eg  nirgenbg  einen  $alt. 

[217]  XL. 

9Bie  ber  -JJionb  ftd)  leudjtenb  bränget 
2)urdj  ben  bunfeln  Sßolfenflor, 
2Ilfo  taucht  au§  bunfeln  geiten 
■üJttr  ein  Iid)te§  33ilb  Ijeroor. 


111 

©afjen  att  auf  bem  33erbecfe, 
gaifyren  ftolg  Ijinab  ben  9l§ein, 
Unb  bie  fommergrünen  Ufer 
©lüfy'n  im  2lbenbfonnenfd(jein. 

©innenb  fafj  idj  ju  ben  $üfjen 
ßiner  ©ante  fdfjön  unb  f)o!b; 
3n  ifyr  liebes,  bleicfjeS  2lntlii} 
©pielt  ba§  rotfye  ©onnengolb. 

Sauten  Hangen,  Suben  fangen, 
üöunberbare  $röf)lict)feit ! 
Unb  ber  ^immel  rourbe  blauer, 
Unb  bie  Seele  rourbe  roeit. 

[218]  ?CRä^rcr)enr)aft  oorüber  sogen 
Serg  unb  Surgen,  Söalb  unb  2tu' ; 
Unb  ba§  3ltte§  fafj  idj  glänzen 
3>n  bem  2(ug'  ber  fdjönen  $rau. 


XLI. 

$m  SCraum  fa§  icfj  bie  ©eltebte, 
Sin  6ange3,  bekümmertes  2Beib, 
3ßerroe[ft  unb  abgefallen 
SDer  fonft  fo  blüjjenbe  Seib. 

@in  $inb  trug  fie  auf  bem  2(rme, 
ßin  anbreS  füfjrt  fie  an  ber  ^anb, 
Unb  fidfjtbar  ift  Slrmutfj  unb  ü£rübfa( 
2lm  ©ang  unb  23lid  unb  ©eraanb. 

©ie  fcfjroanfte  über  ben  -üttarftpla^, 
Unb  ba  begegnet  fie  mir, 
Unb  fteljt  mid)  an,  unb  ruijig 
Unb  fd[)mer§lidj  fag'  idf)  gu  ifjr: 


112 


[219]  $omm  mit  nctdj  meinem  §aufe, 
2)enn  bu  bift  blaf?  unb  Iranf; 
15  3$  roill  burd^  f^tei^  unb  Arbeit 

2)ir  fd^affen  ©peis  unb  %xant. 

%<fy  roill  aud)  pflegen  unb  roarten 
£>ie  $inber,  bie  bei  bir  finb, 
SBor  Slttem  aber  btöfj  felber, 
20  Su  armes,  unglütflidjeS  $inb. 

%<§  roill  bir  nie  erjagen, 
2)af$  idfj  bicfj  geltebet  r)a6', 
Unb  roenn  bu  ftirbft,  fo  roill  idfj 
SBeinen  auf  beinern  ©rab. 

[220]  XLII. 

„teurer  $reunb!  2Ba§  foÜ  e§  nü£en, 
©tet§  ba§  alte  Sieb  gu  leiern? 
üEßillft  2)u  eroig  brütenb  fi£en 
Stuf  ben  alten  Siebe§=@iern  ? 

5  „Stcfj!  ba§  ift  ein  eroig  ©attem, 

2(u3  ben  ©dEjalen  frieden  $ücfjlein, 
Unb  fie  piepfen  unb  fie  flattern, 
Unb  2>u  fperrft  fie  in  ein  SBüdEjlein." 

XLIII. 

SÖerbet  nur  nicfjt  ungebulbig, 
2öenn  »on  alten  ©d^mergengflängen 
9ftand(je  nocij  r>ernel)mlid(j  flingen 
$n  ben  neueften  ©efängen. 

5  üEßartet  nur,  e§  roirb  »erhallen 

SDtefeö  @dfjo  meiner  ©dfmterjen, 
Unb  ein  neuer  Sieberfrü^ling 
©priefst  au3  bem  geseilten  £erjen. 


113 

[221]  XLIV. 

■Jhm  ift  e3  ,3eit,  bafj  idfj  mit  SSerftanb 
9ttid(j  aller  £§orljeit  entteb'ge, 
%d)  ljab'  fo  lang  aU  ein  ßomöbiant 
■Öltt  SDir  gefpielt  $omöbie. 

$)te  prädEjt'gen  ßouliffen,  fie  waren  bematt  s 

$m  fjodjromantifdEjen  ©tnle; 
9Jlein  3tittermantel  Ijat  golbig  geftralt, 
%d)  füllte  bie  feinften  ®efüf)te. 

Unb  nun  icfj  midfj  gar  fäuberlidfj 
£)e§  tollen  £anb§  entteb'ge,  10 

•Kodfj  immer  etenb  füt)P  icfj  midi, 
2tl§  fpiett  icfj  nocfj  immer  $omöbte. 

2tcfj  ©Ott,  icfj  fjab'  ja  unbewußt 
©efprocfjen  mag  icfj  gefüfjlet; 

$d£j  \)ahJ  mit  bem  £ob  in  ber  eignen  23ruft  15 

SDen  fterbenben  ^ecfjter  gefpietet. 

[222]  XLV. 

2)en  $önig  2öi3tt)amitra, 
£>en  tretbt'3  ofme  9tafi  unb  9iuf); 
@r  roitt  burcf)  kämpf  unb  SBüjsung 
@rroerben  2öafifcf)ta3  ßufj. 

D,  ®önig  2Bi§tt>amitra,  5 

D,  roefcfj  ein  DcfjS  bift  bu, 
£)af?  bu  fo  tuet  fämpfeft  unb  büfjeft, 
Unb  Sitten  um  eine  ßulj! 

XLVI. 

#erj,  mein  $er§  fen  nicfjt  bekommen, 
Unb  ertrage  bein  ©efdjicf, 
Steuer  $rüf)ling  giebt  surücf, 
2Ba§  ber  hinter  bir  genommen. 

Litter  aturdenVmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27.  8 


114 

Unb  roie  viel  ift  bir  geblieben! 
Unb  roie  fd)ön  ift  nod)  bie  2ßelt! 
Unb,  mein  $er3,  roa§  bir  gefällt, 
211K  Stttei  barfft  bu  lieben! 

[223]  XLVIL 

£)u  bift  roie  eine  33lume 
So  fyolb  unb  fdjön  unb  rein; 
$dj  fdjau'  bidj  an,  unb  SBefjmutfy 
Sdjleidjt  mir  in'§  ^erj  herein. 

5CRir  ift  all  ob  idj  bie  ^änbe 
2tuf'§  $auot  bir  legen  fofft', 
Unb  beten,  bafj  ©Ott  bidj  erhalte 
(So  rein  unb  fdjön  unb  fyolb. 

XL  VIII. 

$inb!    @3  märe  bein  SSerberben, 
Unb  idj  geb'  mir  f eiber  SDtüfje, 
£)afj  bein  liebet  §er§  in  Siebe 
9ftmmermef)r  für  midj  erglühe. 

^ur  bafj  mir' 3  fo  leidjt  gelinget, 
2BiDt  midj  bennodj  faft  betrüben, 
Unb  idj  benfe  manchmal  bennod;: 
Sftödjteft  bu  mid;  bennod;  lieben! 

[224]  XLIX. 

2ßenn  idj  auf  bem  Sager  liege, 
3n  gffodjt  unb  Riffen  geljülTt, 
(So  fdjroebt  mir  »or  ein  füfjeS, 
Slnmutfyig  liebet  33ilb. 

üßknn  mir  ber  ftiHe  <Sd;lummer 
©efdjloffen  bie  Stugen  faum, 
©o  fdjleidjt  ba§  33ilb  fia;  leife 
hinein  in  meinen  £raum. 


[225] 


115 

1>ocf;  mit  bem  £raum  beg  2Korgen3 
ßerrinnt  e£  nimmermehr; 
£>ann  trag'  idfj  e§  im  §erjen 
©en  gangen  £ag  umljer. 


9Jläbcr)en  mit  bem  rotten  ÜIRünbdEjen, 
2Rit  ben  2leuglein  füfj  unb  Kar, 
2)u  mein  liebe§,  !(eine§  9Käbd£jen, 
©einer  benf  idf)  immerbar. 

Sang  ift  Ijeut  ber  2ßinter=2lbenb,  5 

Unb  idj  möchte  bei  bir  fenn, 
SBei  bir  fi#en,  mit  bir  fcfjroatjen, 
$m  u  ertrauten  Kämmerlein. 

2ln  bie  Sippen  rooUt'  idj  preffen 
©eine  fleine  roeifje  £anb,  10 

Unb  mit  £§ränen  fie  benetzen, 
©eine  fleine,  raeifje  ^>anb. 


[226]  LI. 

9Kag  ba  brausen  ©cfmee  fid£)  tfjürmen, 
■Btag  e£  fyageln,  mag  e§  (türmen, 
Ktirrenb  mir  an1^  $enfter  f cfjlagen, 
Zimmer  null  idfj  micfj  Beilagen, 
©enn  icfj  trage  in  ber  Sruft 
SiebdfjenS  93ilb  unb  $rüfjlinggluft. 


LH. 

Stnbre  beten  gur  -SRabonne, 
Stnbre  audj  gu  $aul  unb  $eter; 
%d)  jebocr),  idf)  miß  nur  beten 
Jim  5U  bir,  bu  fdf)öne  (Sonne. 

8' 


116 

©ieb  mir  $üffe,  gieb  mir  3Bonne, 
<Sen  mir  gütig,  feg  mir  gnäbig, 
(Sdjönfte  «Sonne  unter  ben  Sftäbcfjen, 
(Sd[jönfte§  SRäbd^en  unter  ber  Sonne! 

[227]  LIII. 

SBerrietf)  mein  btaffeS  Slngefic^t 
35ir  ntdjt  mein  2iebe3roelje  ? 
Unb  roillft  bu,  bafj  ber  ftolge  9Kunb 
©a§  Settelroort  geftelje? 

D,  biefer  9Jiunb  ift  gar  ju  ftolg, 
Unb  femn  nur  füffen  unb  fdjerjen; 
@r  fprädje  oielleicljt  ein  Ijöljmfdj  2Sort, 
SBäfjrenb  id)  fterbe  oor  (Sdjmergen. 

LIV. 

teurer  greunb,  bu  bift  oerliebt, 
Unb  bid§  quälen  neue  Sdjmerjen; 
SDunfler  mirb  e3  bir  im  Äopf, 
fetter  mirb  es  bir  im  §ergen. 

teurer  $reunb,  bu  bift  »erliebt, 
Unb  bu  roittft  ei  nic^t  benennen, 
Unb  idj  fei)'  be3  §ergen§  ©lutl) 
(Sc§on  burdj  beine  2Befte  brennen. 

[228]  LV. 

$d)  roottte  bei  bir  roeilen, 
Unb  an  beiner  (Seite  ru^'n, 
5Du  mufjteft  non  mir  eilen, 
£)u  Ijatteft  oiel  gu  t§un. 

i  %<fy  fagte,  bafj  meine  «Seele 

2)ir  gänglidj  ergeben  fen; 
$)u  ladfjteft  au£  »oller  Äefjle, 
Unb  madjteft  'nm  $nir.  babei. 


117 


£>u  Ijaft  nocl)  mel>r  gefteigert 
Wxx  meinen  SiebeSöerbrufj,  10 

Unb  Ejaft  mir  fogar  nerroeigert 
2lm  @nbe  ben  2lbfd[jieb§fuJ3. 

©laub'  nidfjt,  bafj  i<fy  midfj  erfdjiefje, 
2Bie  fcfjlimm  aucfj  bie  ©acljen  ftef)'n! 
2)a3  2llle§,  meine  ©ü|e,  15 

3ft  mir  f<|on  einmal  gefdEjefj'n. 


[229]  LVI. 


©apljire  finb  bie  Stugen  bein, 
©ie  lieblichen,  bie  füfjen. 
D,  breimal  glücfliclj  ift  ber  9Jcann, 
$)en  fie  mit  Siebe  grüjjen. 

©ein  £er§,  e§  ift  ein  Diamant,      •  5 

©er  eble  Stdjter  fprüfyet; 
D,  breimal  glücflidfj  ift  ber  -JRann, 
%üx  ben  e§  liebenb  glühet. 

9tubinen  finb  bie  Sippen  bein, 
9Jcan  fann  nid^t  fcfjön're  fer)en.  10 

D,  breimal  glücfltcf)  ift  ber  -SRann, 
©em  fie  bie  Siebe  gefielen. 

D,  fennt'  icfj  nur  ben  glücflicfjen  5Rann, 
D,  bafj  ia)  ir)n  nur  fänbe, 
©0  recf)t  allein  im  grünen  2Balb,  15 

©ein  ©lud:  f)ätt'  balb  ein  @nbe. 


[230]  LVII. 


Spähe  midfj  mit  Siebe§reben 
geftgelogen  an  bein  §erj, 
Unb,  üerftridft  in  eignen  $äben, 
3Birb  sum  Srnfte  mir  mein  ©djerj. 


118 

2Benn  bu  bidfj,  mit  ootlem  Sterte, 
(SdEjer^enb  nun  »on  mir  entfernft, 
9^a§'n  fidfj  mir  bie  .§öllenmäd[)te, 
Unb  icfj  fdjiefj'  midfj  tobt  im  ©ruft. 

[231]  LVIII. 

$u  fragmentarifdp  ift  Seit  unb  geben, 
$dj  roiff  mid)  gum  beutfdfjen  ^Srofeffor  Begeben, 
©er  roeifj  ba#  Seben  gufammen  ju  fe§en, 
Unb  er  madpt  ein  oerftänblid)  (Softem  barau§; 
9ttit  feinen  -ftadljtmütjen  unb  (Sdfjlafrocffetjen 
©topft  er  bie  Süden  be§  Seitenbau '§. 

LIX. 

.ßd)  f)aV  mir  lang  ben  $opf  jerbrocijcn 
2Rit  ©enfen  unb  (Sinnen,  %a%  unb  9kd^t, 
©od)  beine  liebenSroürbigen  2lugen 
©ie  Ijaben  micfj  jum  @ntfcr)Iu§  gebracht. 

$et?t  bleib'  idj,  rao  beine  Slugen  leuchten, 
$n  iljrer  füfjen,  flugen  $rad£)t  — 
©afj  id£j  nodj  einmal  mürbe  lieben, 
$dfj  fyätt'  e§  nimmermehr  gebadet. 

[232]  \/LX. 

«Sie  Ijaben  l»eut  Slbenb  ©efefffdfjaft, 
Unb  ba<3  £au§  ift  licfjterfüllt ; 
©ort  oben  am  gellen  ^enfter 
Seroegt  ficfj  ein  <SdEjattenbilb. 

j  ©u  fd&auft  micfj  nidjt;  im  ©unfein 

(Stell'  icf)  Ijier  unten  allein; 
Sftoclj  raeniger  fannft  bu  flauen 
$n  mein  bunfleg  §er§  hinein. 


119 


■üKein  bunfleS  £erje  liebt  SDidfj 
@g  liebt  %)\d),  unb  e§  bricht, 
Unb  bridEjt  unb  jucft  unb  »erblutet, 
2lber  $u  fieljft  e§  nidjt. 


[233]  *1LXI. 


$d}  roofff,  meine  ©d^merjen  ergöffen 
<5id)  cuT  in  ein  einziges  üöort, 
£>a§  gab'  id(j  ben  luftigen  Sßinben, 
SDie  trügen  e§  luftig  fort. 

<3ie  tragen  gu  bir,  (Beliebte, 
2)a§  fdljmerjerfüllte  2öort; 
2)u  Ijörft  e§  ju  jeber  ©tunbe, 
3)u  §örft  e§  an  jebem  Ort. 

Unb  Ijaft  bu  jum  nädfjtlidfjen  ©dljlummer 
©efcf)Ioffen  bie  2lugen  faum, 
<3o  roirb  bidl)  mein  9öort  ©erfolgen 
33i§  in  ben  tiefften  Xraum. 


[234]  LXII. 


2)u  Ijaft  diamanten  unb  perlen, 
§aft  2llfeg,  roa<§  9Jienfd(jenbegef)r, 
Unb  fyaft  bie  fdfjönften  Singen  — 
9Jiein  Siebten,  roa§  rciffft  £>u  meljr? 

Stuf  beine  fdpönen  Slugen  5 

^ahy  idfj  ein  ganje§  $eer 
SBon  eroigen  Siebern  gebietet  — 
■Jftein  Siebten,  roa§  roittft  S)u  mein-? 

9Jlit  deinen  frönen  Slugen 
§aft  5Du  mxd)  gequält  fo  fef)r,  io 

Unb  fyaft  mid)  ju  ©runbe  gerietet  — 
SRein  Siebten,  roa§  roiffft  £>u  mefyr? 


120 


[235]  LXIH. 

2Ber  gum  erftenmale  liebt, 
©en'§  aucfj  glücfloS,  ift  ein  ©Ott; 
2lber  mer  gum  groettenmale 
©lücflog  liebt,  ber  ift  ein  Wan. 

5  3^^  ein  folcfjer  9?arr,  icfj  liebe 

Sßieber  oljne  ©egenliebe! 
©onne,  9ftonb  unb  ©terne  (acfjen, 
Unb  id)  ladfje  mit  —  nnb  fterbe. 

[286]  LXIV. 

©aben  mir  9tatlj  unb  gute  Sefjren, 
Ueberfcfjütteten  midfj  mit  dljren, 
©agten,  bafj  idj  nur  märten  fottt', 
£aben  mid)  protegiren  gerooßt. 

5  3lber  bei  aß  i§rem  $rotegiren, 

^ätte  idjj  tonnen  oor  junger  freptren, 
2ßär'  nicfjt  gekommen  ein  braoer  -Hflann, 
2öacfer  naljm  er  fidfj  meiner  an. 

Bremer  Sftann!    @r  fdfjafft'  mir  ju  effen! 
io  2öiE  e<§  tfjm  nie  unb  nimmer  oergeffen! 

©d)abe,  bafj  idj  ifm  nid)t  füffen  fann! 
SDenn  idfj  bin  felbft  biefer  braoe  9ttann. 

[237]  LXV. 

liefen  liebenSroürb'gen  Jüngling 
$cmn  man  mcr)t  genug  oere^ren; 
Dft  traefttrt  er  mid)  mit  duftem, 
Unb  mit  9t§einmein  unb  Siquören. 

5  3ierlic!j  ft^t  iljm  9tocf  unb  £ö§dfjen, 

2)odj  noefj  gierlidper  bie  23inbe, 
Unb  fo  fommt  er  jeben  -JRorgen, 
$ragt,  ob  idp  mid;  raofylbefmbe ; 


121 


©pridjt  »on  meinem  meiten  9toljme, 
deiner  Slnmutfy,  meinen  2öi$en;  10 

(Sifrig  unb  gefdjäftig  ift  er 
3Jiir  ju  bienen,  mir  ju  nü£en. 

Unb  be§  3l6enb8,  in  ©efettfdjaft, 
•ÜJiit  begeiftertem  ©efidjte, 
£>eflamirt  er  üor  ben  tarnen  15 

■Keine  göttlichen  ©ebicfyte. 

[238]  D,  raie  ift  e§  fjod;  erfreultdj, 
«Sollen  Jüngling  nodj  ju  finben, 
$e£t  in  unfrer  3eit,  ra0  täglidj 
•ÜJiefn-  unb  mefjr  bie  SBeffern  fdjroinben.  20 


LXVI. 

•JKir  träumt:  idj  bin  ber  liebe  ©ott 
Unb  fi$'  im  Fimmel  broben, 
Unb  ©nglein  fi£en  um  mid)  §er, 
£>ie  meine  SSerfe  loben. 

Unb  ßudjen  eff  id;  unb  Äonfeft  5 

$ür  manchen  lieben  ©ulben, 
Unb  ^arbinal  trinf  idj  babei, 
Unb  fmbe  leine  Sdjulben. 

35odj  lange  SBeile  »lagt  mid)  feljr, 
$d)  rooüY,  id)  mär'  auf  @rben;  10 

Unb  mär'  id)  nidjt  ber  liebe  ©Ott, 
$dj  tonnt'  bei  Teufels  raerben. 

[239]  2)u  langer  ©ngel  ©abriel, 
©et)',  mad;'  bidj  auf  bie  «Sohlen, 
©enufdja,  meinen  beften  $reunb,  15 

©ottft  bu  fjerauf  mir  fyolen. 


122 

©ucf)'  ilm  nid()t  im  @oftegium, 
©udfj'  iljn  beim  ©la§  £otaier, 
©udj)'  i^n  ntcfjt  in  ber  -!pebnng3fircfj', 
20  ©udfj'  i(m  bei  SRamfett  Getier. 

$>a  breitet  au§  fein  $(ügelpaar, 
Unb  fliegt  fyerab,  ber  Sngel. 
Unb  nadft  ifyn  auf,  unb  bringt  ^erauf 
£)en  $reunb,  ben  lieben  Sengel. 

25  %a,  $>ung\  tdfj  bin  ber  liebe  ©Ott, 

Unb  icfj  regier'  bie  @rbe; 
%d)  fyah'Z  ja  immer  bir  gefagt, 
SDafs  tdfj  roa§  9ledfjt§  notf;  roerbe. 

Unb  SBunber  tt)u'  idfj,  lieber  ^ung', 
30  SDie  foffen  bidfj  entwürfen! 

Unb  bir  gum  ©pafe  miß  idEj  fjeut 
$)ie  ©tabt  Berlin  beglüden. 

[240]  £ie  «Pflafterfteine  auf  ber  Straf?' 
SDie  fotten  je£t  ftcfj  fpalten, 
35  Unb  eine  2tufter,  grof5  unb  frifaj, 

©od  jeber  ©tein  enthalten. 

@in  Siegen  oon  gitronenfaft 
©ott  tljauig  fie  begießen, 
Unb  in  ben  ©trafjengöffen  fott 
40  £>er  befte  ^Ijeinroein  fliegen. 

3Bte  freuen  bie  berliner  fidf), 
©ie  geijen  fd^on  an'€  ^reffen! 
£)ie  Ferren  oon  bem  ©tabtgeric§t, 
©ie  faufen  au$  ben  ©offen. 

45  2öie  freuen  bie  $oeten  fidfj 

33ei  folgern  guten  g-rafje! 
3)ie  SeutnantS  unb  bie  gäfjnberidjS 
2)ie  lecfen  ah  bie  ©trafce. 


123 

Sie  Seutnantg  unb  bie  g-äf)nberid(j3 
Sa§  finb  bie  ffügften  Seilte;  50 

(Sie  benfen:  alle  £ag'  gefcfjieljt 
Äein  Sföunber  fo  mie  freute. 

[241]  LXYII. 

%<§  Ijab'  Gutf;  im  beften  ^uli  oerlaffen, 
Unb  finb'  @ua;  roieber  im  Januar; 
$ljr  fafcet  bamal3  fo  redjt  in  ber  ,§i£e, 
$>e$t  fenb  iljr  gefüllt  unb  Mt  fogar. 

23alb  fdljeib'  xd)  nodEjmal<§  unb  fomm'  idEj  einft  roieber,   5 
Sann  fenb  iljr  roeber  roarm  nod)  talt, 
Unb  über  (Sure  ©räber  f d^reit '  id£), 
Unb  ba3  eigne  §erj  ift  arm  unb  alt. 

[242]  LXVIII. 

3Son  frf;önen  Sippen  fortgebrängt,  getrieben 
2Iu§  fctjönen  2lrmen,  bie  un§  feft  umfd£)loffen ! 
%d)  märe  gern  nodfj  einen  £ag  geblieben, 
Sa  fam  ber  ©djroager  fa)on  mit  feinen  hoffen. 

Sa§  ift  ba§  Seben,  $inb,  ein  eraig  jammern,  5 

(Sin  emig  2(bfd£jiebnef)men,  ero'ge§  brennen! 
ßonnt'  benn  bein  ^jerj  ba€  mein'ge  niajt  umflammern? 
§at  felbft  bein  2(uge  mxd)  nidfjt  galten  fönnen? 

^LXIX. 

Sßir  fuhren  allein  im  bunfeln 
$oftroagen  bie  ganje  -ftadfjt ; 
2Sir  ruhten  einanber  am  ^erjen, 
2öir  Ijaben  gefdjerjt  unb  gelatf;t. 

Sodj  al§  e§  borgen?  tagte,  5 

9ftein  $inb,  roie  ftaunten  mir! 
Senn  jroifcfjen  un§  fafj  2tmor, 
Ser  blinbe  ^affagier. 


124 

[243]  LXX. 

S)ct§  roeijj  ©ott,  100  fid)  bie  toffe 
S)ime  einquartieret  Ijat; 
$ludjenb,  in  bem  Stegemoetter, 
Sauf  id£j  burd)  bie  gange  ©tabt. 

5  33in  id;  bodj  oon  einem  ©aftljof 

%la<$)  bem  anbern  Eingerannt, 
Unb  an  jeben  groben  Lettner 
§a6'  idj  midj  umfonft  getoanbt. 

2)a  erblid'  id;  fie  am  $enfter, 
io  Unb  fie  toinft  unb  fidjeri  ^ett. 

ßonnt'  id)  raiffen,  bu  berooljnteft, 
»djen,  fold;e3  $rad;t=£oteU 

[244]  LXXI. 

9Bie  bunfle  Staunte  fteljen 
£)ie  Käufer  in  langer  9tei§' ; 
Sief  eingefüllt  im  Hantel 
<Sd)reite  id;  fdjroeigenb  oorbei. 

5  ®er  Stfjurm  ber  (Satljebrale 

SSerfünbet  bie  gtoölfte  ©tunb; 
•Bftt  ifjren  Zeigen  unb  Püffen 
Qmoartet  mid;  Siebten  je#unb. 

$)er  -üflonb  ift  mein  Segleiter, 
io  @r  leudjtet  mir  freunblid;  oor; 

£)a  bin  id;  an  ifyrem  $aufe, 
Unb  freubig  ruf  id;  empor: 

$dj  banfe  bir,  alter  Vertrauter, 
2)afj  bu  meinen  Söeg  erteilt; 
15  $je£t  miß  id;  biet)  entlaffen, 

3>e|t  leudjte  ber  übrigen  2BeIt! 


125 

[245]  Unb  finbeft  bu  einen  Verliebten, 
2)er  etnfam  flagt  fein  Seib, 
<So  troff  ifm,  roie  bu  mia)  f  eiber 
©etröftet  in  alter  ßeit. 

LXXII. 

Unb  bift  bu  erft  mein  efjlicfjeS  Sßeib, 
SDann  bift  bu  ju  beneiben, 
S)ann  lebft  bu  in  lauter  geitoertreib, 
$n  lauter  $laifir  unb  ^reuben. 

Unb  wenn  bu  fdjiltft  unb  roenn  bu  tobft, 
$3)  roerb'  e§  gebulbig  leiben; 
S)oa;  roenn  bu  meine  SSerfe  nidjt  lobft, 
£afj  idf>  midj  oon  bir  fdfjeiben. 

[246]  LXXIII. 

3tuf  beinen  fdEjneeroeijsen  23ufen 
$>aV  id()  mein  §aupt  gelegt, 
Unb  fjeimlidf)  fann  idfj  befyorcljen, 
2öa§  bir  bein  §erj  beroegt. 

@<3  blafen  bie  blauen  §ufaren, 
Unb  reiten  gum  £l)or  herein, 
Unb  morgen  roill  midEj  oerlaffen 
S5ie  ^ergallerliebfte  mein. 

Unb  roittft  bu  m\d)  morgen  oerlaffen, 
©o  bift  bu  boa;  fyeute  nodEj  mein, 
Unb  in  beinen  fdfjönen  Slrmen 
3öilt  id£)  boppelt  feiig  fenn. 

[247]  LXXIV. 

@$  blafen  bie  blauen  ^ufaren, 
Unb  reiten  gum  £f)or  f)inau§; 
2)a  lomm'  id;,  ©eliebte,  unb  bringe 
SDir  einen  Sftofenftraufj. 


126 

5  %)a§  mar  eine  roilbe  SBMrtfjfdjaft, 

5ßiel  SSolf  unb  Äriegeeplag' ! 
©ogar  in  beinern  ^erjc^en 
SSiel  (Einquartierung  lag. 

LXXV. 

§abe  <x\xä),  in  jungen  $afyren, 
SUland^eg  bttt're  Setb  erfahren 
$on  ber  Siebe  ©lutlj. 
3)od)  ba3  ^0(5  ift  gar  ju  treuer, 
5  Unb  erlöfdjen  miß  ba3  $euer, 

Ma  foi!  unb  baä  ift  gut. 

2)a§  bebenfe,  junge  ©djöne, 
©dfjicfe  fort  bie  Summe  £fjräne, 
Unb  ben  bummen  Siebegfjarm. 
10  $ft  ba<§  Seben  bir  geblieben, 

©0  oergifj  ba3  alte  Sieben, 
Ma  foi!  in  meinem  2lrm. 

[248]  LXXVI. 

SBift  bu  roirflidj  mir  fo  feinblid), 
SBift  bu  roirffidtj  ganj  oerroanbelt? 
2tffer  2öelt  tuiil  id>  e3  Wagen, 
2)aJ3  bu  midj  fo  fdjledjt  befjanbelt. 

5  D  $§r  unbanfbaren  Sippen, 

(Sagt,  roie  tonnt  $f)r  ©djlimmeS  fagen 
$on  bem  Spanne,  ber  fo  liebenb 
(Sud^  gefügt,  in  frönen  Sagen? 

[249]  »  LXXVII. 

2Idj,  bie  Slugen  finb  eS  roieber, 
^)ie  mid)  einft  fo  lieblidj  grüßten, 
Unb  e§  finb  bie  Sippen  roieber, 
©ie  mir'§  Seben  einft  oerfüfjten; 


127 

2lud)  bie  Stimme  ift  e§  mieber,  * 

©ie  id;  einft  fo  gern  gehöret, 
Wut  id)  felber  bin'§  nid^t  mieber, 
Sin  oeränbert  l;eimgefel)ret. 

SSon  ben  weiften,  fdjönen  Slrmen 
$eft  unb  liebeooll  umfd)loffen,  10 

Sieg  id)  jefct  an  iljrem  $er;$en, 
©umpfen  (Sinnet  unb  »erbroffen. 

[250]  LXXVIII. 

Selten  fyaht  %fyx  midj  nerftanben, 
(Selten  aud;  üerftanb  id)  Gud), 
9?ur  roenn  mir  im  $otr)  un§  fanben, 
©0  oerftanben  mir  un3  gleid;. 

LXXIX. 

SSie  bie  auftraten  flagten, 
2113  id)  meine  Stimm'  ert)o6! 
Sie  flagten  unb  fie  fagten: 
$d)  fange  üiel  ju  grob. 

Unb  lieblid;  erhüben  fie  alle  5 

©ie  fleinen  Stimmelein, 
2)ie  £rilterd;en  roie  ^rnftaUe, 
Sie  flangen  fo  fein  unb  rein. 

Sie  fangen  oon  2iebe§fel)nen, 
SSon  ßieb'  unb  2iebe3erguJ3 ;  10 

©ie  ©amen  fdnoammen  in  £r)ränen 
Sei  folgern  Äunftgenufj! 

[251]  LXXX. 

2luf  ben  SBällen  SalamanfaS 
Sinb  bie  Süfte  linb  unb  labenb, 
©ort  mit  meiner  fyolben  ©onna 
Söanble  id;  am  Sommerabenb. 


128 

Um  ben  fdjtanfen  Seib  ber  (Schönen 
$ah'  idf)  meinen  Strm  gebogen; 
Unb  mit  feel'gem  Ringer  fü^P  icfj 
3$re3  23ufen§  ftolge  28ogen. 

2)oc§  ein  ängftlidfje§  ©eflüfter 
3ie^t  fi<$  burdfj  bie  buft'gen  Säume, 
Unb  ber  bunfle  SJtüljttJadfj  unten 
■JRurmelt  bange,  böfe  träume. 

2tdEj,  ©ennora,  Sffynbung  fagt  mir: 
@inft  roirb  man  midj  relegtren, 
Unb  auf  ©alamanfa§  SBällen 
©efyn  mir  nimmermehr  fpa^iren. 


[252]  LXXXI. 

hieben  mir  roolmt  £)on  §enriquei, 
S)en  man  aurf;  ben  ©dfjönen  nennet; 
9^acr)barlic^  finb  unfre  Zimmer 
Sftur  oon  bünner  Söanb  getrennet. 

5  ©alamanfa'S  ©amen  glühen, 

3Benn  er  burdfj  bie  ©trafen  fdfjreitet, 
©porenflirrenb,  fdfmurrbartfräufelnb, 
Unb  von  ^unben  ftet§  begleitet. 

Ibod)  in  ftiUer  Stbenbftunbe 
io  ©t$t  er  ganj  allein  bafyeime, 

2>n  ben  §änben  bie  ©uitarre, 
$n  ber  «Seele  füfje  träume. 

$n  bie  «Saiten  greift  er  bebenb 
Unb  beginnt  ju  pfyantaftren, 
i6  2ldE)!  roie  $a$enjammer  quält  mid£) 

©ein  ©efdfmarr  unb  Quinquiliren. 


129 


[253]  LXXXII. 

$aum  fa^en  mir  uns,  unb  an  2lugen  unb  ©timme 
SRerft'  id[),  bafj  bu  mir  geraogen  bift; 
Unb  ftanb  nicljt  babei)  bie  SRutter,  bie  fcfjlimme, 
$d£j  glaube,  mir  fyätten  un§  gleicf)  gefügt. 

Unb  morgen  oerlaffe  idfj  roieber  ba3  ©täbtdjen, 
Unb  eile  fort  im  alten  Sauf; 
£>ann  lauert  am  $enfter  mein  blonbeS  -äftäbcljen, 
Unb  freunbltdpe  ©rüfje  roerf  \d)  fjinauf. 

LXXXIII. 

Über  bie  Serge  fteigt  fdjon  bie  (Sonne, 
2)ie  Sämmerfjeerbe  läutet  fern; 
9Jkin  Siebten,  mein  Samm,  meine  (Sonne  unb  ÜEöonne, 
Wod)  einmal  fäl)'  tcf)  bttf)  gar  gu  gern! 

$d(j  fcljaue  hinauf,  mit  fpäljenber  -Jftiene  — 
Seb  roofjl,  mein  $inb,  id^  manbre  r»on  Ijier! 
Vergebens!  @3  regt  fid^  feine  ©arbine;  — 
(Sie  liegt  nodp  unb  fdpläft,  unb  träumt  r>on  mir? 

[254]  LXXXIV. 

3u  £alle  auf  bem  fflattt, 
£>a  fteljn  gtüer;  grofje  Söroen. 
@n,  bu  Ijallifdjer  £öroentro£, 
SBie  Iwt  man  bidf)  gewinnet! 

3u  §alle  auf  bem  -JRarft, 
5Da  ftefjt  ein  großer  SHiefe. 
@r  Ijat  ein  ©öpmert  unb  regt  ficfj  nicfyt, 
@r  ift  cor  (SdEjretf  »erfteinert. 

$u  ^alle  auf  bem  -äftarft, 
©a  fteljt  eine  grofje  $irdf)e. 
5Die  33urfd;enfdf)aft  unb  bie  2anb<omannfd[)aft, 
£>ie  fjaben  bort  $la§  jum  23eten. 

Litteraturdenlcmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.    27.  9 


130 

[255]  LXXXV. 

2)ämmernb  liegt  ber  ©ommerabenb 
Ueber  2Balb  unb  grünen  SBiefen; 
©olbner  Sflonb,  am  blauen  $immel, 
©trafylt  herunter,  buftig  labenb. 

2ln  bem  33ad(je  girpt  bie  ©ritte, 
Unb  e<§  regt  fidE)  in  bem  Sßaffer, 
Unb  ber  SBanbrer  tyört  ein  Sjßlätfcfjem, 
Unb  ein  2Itljmen  in  ber  ©tiEe. 

Porten,  an  bem  33act)  alleine, 
SBabet  ficfj  bie  fd^öne  @Ife; 
2lrm  unb  Warfen,  rceifs  unb  liebltdE), 
©djimmern  in  bem  SJtonbenfdfjeine. 

[256]  tLXXXVI. 

9iadjt  liegt  auf  ben  fremben  üßkgen, 
$ranfe§  ^erj  unb  mübe  ©lieber,  — 
Sldp!  $a  fliegt,  mie  ftitter  «Segen, 
©üfjer  SJlonb,  bein  Stdfjt  ^emieber. 

©üfjer  9Jlonb,  mit  beinen  (Stralen 
©dfjeudjefi  bu  ba§  näd&t'ge  ©rauen; 
@§  verrinnen  meine  Qualen, 
Unb  bie  Stugen  überbauen. 

,  LXXXVIL 

£)er  £ob  ba$  ift  bie  fltyle  «Rac$t, 
$)a§  Seben  ift  ber  fdEjttmle  Xag. 
@§  bunfelt  fdjon,  midj  fripläfert, 
35er  Sag  fyat  midE)  müb'  gemalt. 

Ueber  mein  Sett  ergebt  fidfj  ein  Saum, 
2)rin  fingt  bie  junge  Stfadfjtigau' ; 
©ie  fingt  oon  lauter  Siebe, 
Sdtj  f)ör'  e§  fogar  im  Sraum. 


131 


[257]  LXXXVIII. 

,,©ag',  roo  ift  bein  fdf)öne3  Siebten, 
$ag  bu  einft  fo  fdf)ön  befungen, 
2ll§  bie  gaubermäcfyt'gen  flammen 
üiöunberbar  bein  £erg  burdfjbrungen?" 

Jene  flammen  finb  erlofdfjen,  6 

Unb  mein  £erg  ift  falt  unb  trübe, 
llnb  bie§  Südfjletn  ift  bie  Urne 
üDtit  ber  2ffd^e  meiner  Siebe. 

[258]  ©iittcr&ämmcrimg. 

2)er  3Jioi  ift  ba  mit  feinen  golb'nen  Sintern 
Unb  feib'nen  Süften  unb  gewürgten  ©üften, 
Unb  freunblidlj  lodft  er  mit  ben  meinen  Slütfjen, 
Unb  grüfjt  au<B  taufenb  blauen  93eildjen^2tugen, 
Unb  breitet  au§  ben  blumreid^ grünen  Nepptet),  e 

2)urdm)ebt  mit  ©onnenfcfjein  unb  9Jiorgent§au, 
Unb  ruft  gerbet  bie  lieben  Sftenfcfjenfinber. 
S)a§  blöbe  SSoll  gefjorcfjt  bem  erften  9hif; 
$)ie  Scanner  gie^'n  bie  ?ianquin=§ofen  an, 
Unb  ©onntag^SKödE'  mit  golb'nen  ©piegelfnöpfen ;     io 
2)ie  grauen  fleiben  fid^  in  Unfdfjulbroeifj, 
Jünglinge  fräufeln  fid(j  ben  $rüf)ling§=<Sdfmurbart, 
Jungfrauen  laffen  i(>re  S3ufen  mallen, 
£>ie  ©tabt=$oeten  ftetfen  in  bie  £afd)e 
Rapier  unb  Sleiftift  unb  Sorgnett' ;  unb  jubelnb        15 
^ie§t  nadEj  bem  £fyor  bie  frau^bemegte  ©dfjaar, 
[259]  Unb  lagert  brausen  fid£)  auf  grünem  Stafen, 
Semunbert  roie  bie  Säume  fleißig  machen, 
Spielt  mit  ben  bunten  garten  SSIümelein, 
$ord[)t  auf  ben  ©ang  ber  luft'gen  SSögelein,  20 

Unb  jaucht  fjinauf  gum  blauen  ^immelSgelt. 

3u  mir  fam  aud£)  ber  9ftai.     @r  Köpfte  brei  3M 
3(n  meine  %f)üx,  unb  rief:  JdEj  bin  ber  3Rai, 

9* 


132 


2)u  bleicher  Träumer,  fomm',  id)  miß  bidf)  füffen! 

25       $jdj  Ijielt  oerriegelt  meine  %i)üt,  unb  rief: 
Vergebens  lotfft  bu  micfj,  bu  fdijlimmer  ©aft; 
$d£j  fyabe  bidf)  burcf)fcl)aut,  idfj  Ijab'  burdf)[d)aut 
SDen  Sau  ber  ÜBelt,  unb  ^ah'  juoiel  geflaut, 
Unb  otel  gu  tief,  unb  r)in  ift  äffe  $reube, 

30       Unb  ero'ge  Quoten  jogen  in  mein  §erj. 
$cf)  fcfjaue  burdEj  bie  fteinern  garten  9tinben 
SDer  9Jtenfd()enl)äufer  unb  ber  SJlenfdfjenfjerjen, 
Unb  fd)au'  in  beiben  Sug  unb  £rug  unb  ßlenb. 
2luf  ben  ©efidfjtern  lef  idj  bie  ©ebanfen, 

35       3SieI  fcfjtimme.     ^n  ber  Jungfrau  ©6§am=@rrötfien 
©el)'  id)  geheimer  Suft  begeljrlicfj  gittern; 
2luf  bem  begeiftert  ftolgen  $üngling§fjaupt 
©el)'  icfj  bie  bunte  ©dfjetfeniappe  fi£en; 
Unb  $ra$enbilber  nur  unb  fied)e  ©Ratten 

40       ©el)'  idfj  auf  biefer  @rbe,  unb  idfj  roeifj  nidf;t, 
^ft  fie  ein  £ottl)au§  ober  $ranfenljau3. 
$dfj  fe^e  burdfj  ben  ©runb  ber  alten  @rbe, 
[260]  8(13  fen  fie  oon  ßrnftalJ,  unb  fei)'  ba3  ©raufen, 
3)a3  mit  bem  freub'gen  ©rüne  ju  bebecfen 

45       SDer  3Kai  oergeblidfj  ftrebt.     $df)  felj'  bie  lobten. 
©ie  liegen  unten  in  ben  fdfjmaten  ©argen, 
SDie  §änb'  gefallen  unb  bie  Slugen  offen, 
SBeifj  ba3  ©eroanb  unb  roeifj  ba3  2lngeficfjt, 
Unb  burdEj  bie  gelben  Sippen  frieden  Sßürmer. 

so       $dfj  felj',  ber  ©oljn  fe|t  ftdfj  mit  feiner  Suljle 
3ur  $ur§roeil  nieber  auf  be3  33ater3  ©rab; 
©pottlieber  fingen  ring3  bie  -iftadfjtigallen ; 
35ie  fanften  Söiefenblümdfjen  lachen  Ijämifclj; 
SDer  tobte  33ater  regt  fidf)  in  bem  ©rab, 

55       Unb  fdjmerjljaft  gucft  bie  alte  9)lutter  @rbe. 

3)u  arme  @rbe,  beine  ©dfjmerjen  fenn'  idfj! 
$dfj  felj'  bie  ©lutlj  in  beinern  33ufen  raupen, 
Unb  beine  taufenb  Slbern  felj'  tdf)  bluten, 
Unb  felj',  mie  beine  9Bunbe  flaffenb  aufreiht, 


133 


Unb  roilb  fyeroor  ftrömt  $lamm'  unb  9laud)  unb  33lut.   eo 

$c(j  fei)'  bie  3Rtefenfö^n'  au§  alter  SRad^t, 

<5ie  fteigen  au$  ber  drbe  offnem  ©dfjtunb, 

Unb  fcfnoingen  rotfje  %adeln  in  ben  $änben, 

Unb  legen  iljre  @tfenleiter  an, 

Unb  ftürmen  roilb  fytnauf  jur  £immeI§oefte,  65 

Unb  fdjroarge  $roerge  Heitern  nad(),  unb  fnifternb 

3erftieben  oben  alle  golb'nen  ©terne. 

Wlit  freier  ^anb  reifct  man  ben  golb'nen  SSor^ang 

[261]  3Som  gelte  ©otteg,  f)eulenb  ftürjen  nieber 

2Iuf'§  2lngeftd£jt  bie  frommen  (Sngelftfjaaren.  70 

2luf  feinem  £l)rone  fi£t  ber  bleibe  ©Ott, 

SRei^t  fidfj  oom  $aupt  bie  $ron',  gerrauft  fein  §aar  — 

Unb  näljer  brängt  fyeran  bie  roilbe  9fotte; 

£)te  liefen  fdjleubern  tt)re  rotten  $acfeln 

3n'3  SReid^  ber  ©roigfeit,  bie  3roerÖe  fcr)[agen  75 

•IRit  ^lammengeifseln  auf  ber  (Inglein  dürfen; 

©ie  roinben  ftdj  unb  frümmen  fiel)  oor  Dualen, 

Unb  roerben  bei  ben  paaren  fortgeftfjleubert. 

Unb  meinen  eig'nen  ßngel  fei)'  idf)  bort, 

5ftit  feinen  blonben  Socfen,  füfjen  $ügen,  80 

Unb  mit  ber  ero'gen  Siebe  um  ben  9)tunb, 

Unb  mit  ber  Seligkeit  im  blauen  Sluge  — 

Unb  ein  entfetjlid)  Ijäfjltdf)  fd^marger  $obolb 

Steigt  ilm  00m  SBoben,  meinen  bleichen  ßmgel, 

Geäugelt  grinfenb  feine  eblen  ©lieber,  85 

Umfcfylingt  ifjn  feft  mit  griedfjifdfjer  Umfd^Ungung  — 

Unb  gellenb  brö^nt  ein  ©dEjrei  burdfj'3  gange  äöeltall, 

SDie  ©äulen  breiten,  @rb'  unb  |jimmel  ftürmen 

^ufammen,  unb  e§  ^errfd^t  bie  alte  üftacfjt. 

[262]  Hafrltff. 

2)er  SCraumgott  brachte  mid^  in  eine  Sanbfcfjaft, 
2öo  £rauerroeiben  mir  „2Bitltommen"  roinften 
•Jftit  ifyren  langen  grünen  Sirmen,  roo  bie  SBlumen 
2ftit  fingen  Sd)roefter= Singen  ftilt  midfj  anfafy'n, 


134 


5       2Bo  mir  oertraulidE)  Hang  ber  $ögel  3")itf<^ern, 
2Bo  gar  ber  $unbe  Neffen  mir  befannt  fd^ien, 
Unb  «Stimmen  unb  ©eftalten  midj  begrüßten 
2Bie  einen  alten  greunb,  unb  roo  bodf)  Sitten 
So  fremb  mir  fcjjien,  fo  rcunberfeltfam  fremb. 

10       S3or  einem  länbltdj  fdfjmucfen  £aufe  ftanb  tdfj, 
^n  meiner  SBruft  bewegte  fid)%  im  $opfe 
2Bar'§  rufjig,  rutyig  Rüttelte  id)  a6 
£)en  Staub  r-on  meinen  -Keifefleibern, 
SDumpf  Hang  bie  Klingel,  unb  bie  %fyüx  ging  auf. 

i5  £>a<§  nmren  Scanner,  grauen,  oiel  bekannte 

©efidjter.     ©titter  Kummer  lag  auf  allen 
Unb  Ijehnlid)  fdtjeue  2lngft.     Seltfam  oerftört, 
9Kit  $eileib3- -Kienen  faft,  fal)'n  fie  midfj  an, 
SDafj  e§  mir  f eiber  burcfj  bie  Seele  fdjauert', 

20        2Bie  Stauung  eines  unbekannten  Unheils. 

[263]  Sie  alte  SWarg'retlj  J)ab'  tc$  gleidf)  erfannt; 
$d(j  faf)  fie  forfcfjenb  an,  jebodEj  fie  fprac|  nicfjt. 
„2Bo  ift  SJlaria?"  fragt'  idj,  bodfj  fie  fpracr)  nidjt, 
©riff  leife  meine  §anb,  unb  führte  mic§ 

25        2)urdfj  oiele  lange,  leudjtenbe  ©emäd^er, 

2Bo  $runf  unb  Sßradjt  unb  £obtenftille  Ijerrfdfjte, 
Unb  füljrt  mi$  enblidf)  in  ein  bämmernb  3immer, 
Unb  geigt,  mit  abgeroanbtem  2lngefidEjt, 
Watt)  ber  ©eftalt,  bie  auf  bem  Soplm  faf}. 

30        „Sinb  Sie  -JJlaria?"  fragt'  idfj.     ^nnerlidfj 
Gsrftaunt'  ic§  felber  ob  ber  ^eftigfeit, 
2Bomit  icfj  fpradtj.    Unb  fteinern  unb  metallloS 
Scholl  eine  Stimme:  „So  nennen  midfj  bie  Seute." 
@in  fdtjneibenb  2Sel)  burdfjfröftelte  micf)  ba: 

35       ©emt  jener  fyoljle,  falte  £on  mar  bod) 

$>ie  einft  fo  füfje  Stimme  »on  —  3Raria; 
Unb  jenes  SBeib  im  fallen  2itfa*£Ieib, 
Sftadfjläffig  angezogen,  33ufen  fdjlotternb, 
£>ie  Slugen  gläfern  ftarr,  bie  SBangen^uSfeln 

40       SDeS  meinen  2lngefid()te§  leberfdfjlaff  — 


135 


2ldfj,  jene§  2öeib  war  bocfj  bie  einft  fo  fdfjöne, 

3)ie  blüljenb  Ijolbe,  lieblidje  —  SDlaria! 

„(Sie  roaren  lang'  auf  Reifen!"  fpradE)  fie  laut, 

jftit  falt  unheimlicher  23ertraulicl)feit ; 

„©ie  fdtjau'n  nidjt  meljr  fo  fdfjmacfjtenb,  liebfter  $reunb,  45 

©ie  finb  gefunb,  unb  ftratle  £enb'  unb  SBabe 

33ejeugt  ©olibität."     (Sin  füfjliclj  Säckeln 

[264]  Umgitterte  ben  gelblicf)  meinen  SRunb. 

$n  ber  93ermirrung  fpradfj'3  au§  mir  Ijerr-or: 

„9Jian  fagte  mir,  ©ie  fjaben  ficfj  r>ermäf)lt?"  50 

„2ldfj  ja!"  fpract)  fie,  gleichgültig,  laut  unb  ladjenb; 

,,§a6'  einen  ©tocf  von  ^olj,  ber  überwogen 

5Rit  Seber  ift,  bei  mir  im  53ette  liegt, 

Unb  fid)  ©emafyl  nennt.     2tber  §olj  ift  §ol$, 

Unb  einen  ©tocf  roerf  iclj  gum  löett  Ijtnaug!"  55 

Unb  flangloä  roibrig  ladete  fie  babei, 

SDafj  falte  Slngft  burdfj  meine  «Seele  rann, 

Unb  3meifel  micfj  ergriff:  finb  bag  bie  leufd^en, 

©ie  blumenjarten  Sippen  von  —  SJlaria? 

©ie  aber  f)ob  ftcfj  in  bie  §öl)',  nalnn  rafrf)  60 

ÜBom  ©tul)l  ben  IXürfen^Sljarol,  roarf  iljn 

Um  it)ren  Warfen,  Ijing  mir  balb  am  9lrm, 

$og  mtdfj  r>on  Rinnen  burdf)  bie  offne  ^pau^t§ür, 

Unb  50g  midEj  fort  burdf)  gelb  unb  SBufd)  unb  2lu'. 

SDie  glü^enb  rotr)e  ©onnenfcfjeibe  fdEncebte  65 

©cljon  niebrig,  unb  i§r  Purpur  überftra^lte 
£)ie  33äume  unb  bie  Blumen  unb  ben  ©trom, 
2)er  in  ber  gerne  majeftättfdf)  flofj. 
„©elj'n  ©ie  ba§  grofje  golb'ne  2luge  fdfjroimmen 
$m  blauen  Söaffer?"  rief  3Raria  Ijaftig.  70 

„©tili,  armeä  SBefen!"  fpraclj  ic§,  unb  iöp  flaute 
$m  Dämmerlicht  ein  märchenhaftes  Soeben. 
@3  ftiegen  5Rebelbilber  aus  ben  gelbem, 
UmfdEjlangen  fidfj  mit  roeifjen,  meinen  Slrmen; 
£>ie  $eild)en  falj'n  ficlj  järtltcfj  an;  fe^nfüd^tig  75 

[265]  3ufammenbeugten  ftdfj  bie  SUjenfelcfje ; 


136 


2lu§  allen  9tofen  glühten  2öolluftglutl>en ; 
£>ie  helfen  wollten  fid)  im  $audj  entjünben; 
$n  fei' gen  SDüften  fdnoelgten  alle  ^Blumen, 

so      Unb  alle  meinten  ftitte  2öonnetf)ränen, 
Unb  alle  jauchten:  Siebe !  Siebe!  Siebe! 
£)ie  ©djmetterlinge  flatterten,  bie  gellen 
©olbfäfer  fummten  feine  Siebling<l=Siebd)en, 
$>ie  2lbenbmmbe  flüfierten,  e§  räufelten 

85      £)ie  (Sieben,  fdjmelgenb  fang  bie  SRad^tigaEC  — 
Unb  jtüifd^en  all  ba§  $lüftern,  Staufdjen,  ©ingen, 
©d)roa#t  nun  mit  blechern  flanglo§  talter  ©timme 
25a3  roelfe  ÜBeib,  ba§  mir  am  Slrme  l)ing. 
„$dj  fenn'  %t)t  nädjtlid)  treiben  auf  bem  ©djloft. 

90      £)er  lange  ©chatten  ift  e*n  9uter  ^roPfr 

@r  nidt  unb  nieft  gu  2tllem,  ma§  man  nriU; 
£>er  SBlaurod  ift  ein  (Engel;  bod)  ber  9lotf)e, 
■JRit  blandem  ©djroerbt,  ift  $l>nen  fpinnefeinb. " 
Unb  nod)  oiel  bunt're,  rounberltdje  Sieben 

95      ©djroatjt'  fie  in  einem  fort,  unb  fe£te  fid; 
©rmübet  mit  mir  nieber  auf  bie  9Koo3banf, 
SDie  unter 'm  alten  ßidjenbaume  ftefjt. 

S)a  fafjen  mir  beifammen,  ftiU  unb  traurig, 
Unb  falj'n  un§  an,  unb  mürben  immer  traur'ger. 

ioo      2)ie  (Sidje  fäufelte  mie  ©terbefeufger, 

^ieffcr)mergUcr)  fang  bie  sJladjtigall  Ijerab. 

[266]  £)odj  rotr)e  Sinter  brangen  bura)  bie  Blätter, 

Umflimmerten  9ttaria'<ö  meines!  2lntli$, 

Unb  lodten  ©tutr)  au$  i^ren  ftarren  Slugen, 

105      Unb  mit  ber  alten  füjjen  ©timme  fprad)  fie: 
„2Bie  mufjteft  £)u,  bafj  idj  fo  elenb  bin, 
$jd)  lag  e§  jüngft  in  ^Deinen  milben  Siebern?" 

@i§falt  burdjj$og'§  mir  ba  bie  Sruft,  mir  graufte 
Dh  meinem  eig'nen  üfikljnfinn,  ber  bie  .ßufunft 
ho      ©efdjaut,  e§  judte  bunfel  burdj  mein  §irn, 
Unb  oor  @ntfe£en  bin  idj  aufgemalt. 


137 
Marina  QTIara. 

(2luS  einem  fpamfd)en  SRomane.) 

$n  bem  abenblicfyen  ©arten 
2öanbelt  beg  SHfaben  Sodjter; 
$aufen=  unb  SErommetenjubel 
klingt  herunter  oon  bem  ©d)loffe. 

„Säftig  roerben  mir  bie  £änge  5 

Unb  bie  füfjen  ©djmeidjelroorte, 
Unb  bie  -Witter,  bie  fo  jierlid) 
3Jiicr)  Dergleichen  mit  ber  ©onne. 

„Ueberläftig  mirb  mir  2ltteS, 
(Seit  xä)  faf),  bei'm  (Strahl  be§  3Ronbe3,  10 

3enen  bitter,  beffen  Saute 
;ftäd)ten3  midj  an'§  genfter  locfte. 

„2ßie  er  ftanb  fo  fdjlanf  unb  mutfyig, 
Unb  bie  2lugen  leudjtenb  ferjoffen 
2lu§  bem  ebelblaffen  3lntli£,  15 

©lidj  er  nmfyrlid)  <5anct  ©eorgen." 

[268]  SÜfo  badjte  $onna  glara, 
Unb  fie  flaute  auf  ben  23oben; 
2öie  fie  aufbücft,  ftefyt  ber  fcr)öne, 
Unbekannte  bitter  r>or  ifjr.  20 

Ijänbebrüdfenb,  liebeftüfternb, 
Sßanbeln  fie  umfyer  im  -Jftonbfdjein, 
Unb  ber  3eof)i;r  fd^meid^elt  freunblidj, 
3Räf)rcf)enartig  grüben  -Rofen. 

SfJlä^rcr)enarttg  grüfjen  9tofen,  25 

Unb  fie  glüfm  roie  Siebenten. 
2Iber  fage  mir,  ©eliebte, 
SBarum  bu  fo  plö^Iidj  rot§  wirft? 


138 

*9Jlücfen  ftadjen  mid),  ©ettebter, 
30  Unb  bie  SRücfen  finb,  im  ©ommer, 

■iDlir  fo  tief  oerljafjt,  aU  mären '<§ 
Sangenaf'ge  ^ubenrotten. " 

Safe  bie  dürfen  unb  bie  Quben, 
©pri^t  ber  bitter,  freunblidfj  fofenb. 
35  SSon  ben  9ftanbel6äumen  fatfen 

Staufenb  roeifje  Slütljenflocfen. 

[269]  Saufenb  metjse  33ttitf)enflocfen 
£a6en  ifjren  SDuft  ergoßen. 
StBer  fage  mir,  (Miebte, 
40  $ft  bein  §erj  mir  ganj  geroogen? 

„Sa,  icfj  tiefte  bicfj,  (Beliebter, 
S3et)  bem  §eilanb  feo'§  gefdfjrooren, 
£>en  bie  gottüerfhtdfjten  Quben 
SoSljaft  tücfifcf)  einft  ermorbet." 

45  £afj  ben  £eilanb  unb  bie  $uben, 

©pridjt  ber  bitter,  freunblidfj  fofenb. 
$n  ber  gerne  fcfjroanfen  traumhaft 
äöeifje  Sifjen,  lidjtumfloffen. 

Sßeijse  Siljen,  lidEjtumffoffen, 
so  SBUtfen  na<$  ben  (Sternen  broben. 

2Iber  fage  mir,  ©eliebte, 
§aft  bu  audEj  nidEjt  falfcfj  gefcfjrooren. 

„$alfd(j  ift  nicfjt  in  mir,  (Mtebter, 
2Sie  in  meiner  23ruft  fein  tropfen 
55  Sftut  ift  oon  bem  SBhtt  ber  9ftof)ren 

Unb  be§  fcfjmu$'gen  $ubem>olfe3." 

[270]  Safj  bie  9ttof)ren  unb  bie  ^uben, 
©priest  ber  bitter,  freunblicfj  fofenb; 
Unb  nacfj  einer  9Jtyrtf)enlaube 
eo  $üf)rt  er  bie  Sllfabentocfjter. 


139 

3ßie  mit  roeidfjen  £iebe§ne§en 
$at  er  r)eimltc^  fie  umflorten; 
Äurje  SBorte,  lange  $üffe, 
Unb  bie  §erjen  überfloffen. 

2Bie  ein  fdfjmelgenb  füjseS  23rautlieb  es 

«Singt  im  Saub'  ein  $aubert)ogel ; 
üüßie  jum  ^acfeltanje  Rupfen 
^euermürmd^en  auf  bem  33oben. 

$n  ber  Saube  roirb  e§  ftitler, 
Unb  man  f)ört  nur,  roie  r>erftol)len,  70 

£)a§  ©eflüfter  fluger  9Jtyrt§ert 
Unb  ein  langet  2ltl)eml)olen. 

2lber  Raufen  unb  ^Drommeten 
©dfjallen  plö^lidfj  au§  bem  ©dfjloffe, 
Unb  erroad^enb  Ijat  fid£)  @lara  75 

2lu§  be§  Gitters  2lrm  gebogen. 

[271]  „tQoxtyl  ba  ruft  e<3  midfj,  ©eliebter, 
2)odfj,  beoor  mir  fcfjeiben,  foffft  bu 
kennen  beinen  lieben  tarnen, 
©en  bu  mir  fo  lang  »erborgen."  so 

Unb  ber  SRitter,  Reiter  läcfjelnb, 
$üjjt  bie  Ringer  feiner  £olben, 
®üf$t  bie  Sippen  unb  bie  ©time, 
Unb  er  fpridfjt  bie  langen  Sßorte: 

„$dj,  ©ennora,  Csu'r  ©eliebter,  ss 

Sin  ber  ©olm  be§  tnelbelobten, 
©rofjen,  fdEjriftgelefyrten  Stabbt 
$frael  oon  ©aragoffa." 


140 
[272]  mimanmr. 

(%\i§  einem  fpanifdjen  SRomane.) 
I. 

$n  bem  $)ome  gu  Gorbuoa 
©tefjen  ©äulen,  brengeljnljunbert, 
£>ret)gel)nl)unbert  9ttefenfäulen 
fragen  bie  geroalt'ge  Kuppel. 

5  Unb  auf  ©äulen,  Kuppel,  Söänben, 

3ief)'n  oon  oben  fidfj  bis  unten 
$)e§  @oran§  arab'fd^e  ©prücfye, 
$lug  unb  blumenfyaft  »erfcf)Iungen. 

9Jlo^renlön'ge  bauten  roettanb 
io  2)iefe§  §au§  gu  2tttap  9htlnne, 

£)odj  f»at  2ltte§  fiel)  nernmnbelt 
$n  ber  fetten  bunfelm  ©trubel. 

2luf  bem  Sturme,  roo  ber  Stürmer 
$um  ©ebete  aufgerufen, 
i5  $ebt  ficfj  jeijt  ber  ©fjriftenglocfen 

■JMandEjoIiftfjeiS  ©efumme. 

[273]  3fof  ben  ©tufen,  rao  bie  ©läub'gen 
2)a§  ^ropljetenroort  gefungen, 
feigen  je£t  bie  ©la^enpfäfflein 
2©  $l)rer  SD^effe  fabei  Sßunber. 

Unb  ba§  ift  ein  $)refyn  unb  ÜIBinben 
Sßor  ben  buntbemalten  puppen, 
Unb  ba§  blöcft  unb  bampft  unb  flingelt, 
Unb  bie  bummen  bergen  funfein. 

25  $n  *>em  ®ome  gu  ßorbuoa 

©tel)t  Sllmanfor  ben  2lbbuttaf), 
21C[  bie  ©äulen  ftitt  betrachten*), 
Unb  bie  ftitfen  Söorte  murmelnb: 


141 


„D,  %§x  ©äulen,  ftarf  unb  riefig, 
@tnft  gefdjmüdft  §u  2lllaf)3  Stumme,  30 

$e$o  müfjt  $$r  bienenb  Imlb'gen 
$>em  üerljafjten  ßfjriftentljume ! 

„$ljr  bequemt  @udj  in  bie  Reiten, 
Unb  $#*  tragt  bie  Saft  gebulbig;  — 
@t),  ba  mufj  ja  roofjl  ber  ©djroädj're  35 

9?oc^  r»iel  leitfjter  fidj  beruf) 'gen." 

[274]  Unb  fein  #aupt,  mit  Ijeiterm  2tntli#, 
33eugt  Sllmanfor  Ben  Stbbutfar) 
Ueber  ben  gegierten  £aufftetn, 
$n  bem  SDome  gu  ßorbuoa.  40 


II. 


^aftig  fd&ritt  er  au3  bem  SDome, 
$agte  fort  auf  feinem  Wappen, 
SDajj  im  2ßinb  bie  feuchten  Sorten 
Unb  be£  £ute§  $ebern  mallen. 

2luf  bem  2öeg'  nadj  Sllfolea,  5 

SDem  ©uabalquitur  entlange, 
2Bo  bie  meinen  SJlanbeln  blürjen, 
Unb  bie  buft'gen  ©olb=Drangen ; 

Porten  jagt  ber  luft'ge  Stitter, 
pfeift  unb  fingt,  unb  tad)t  befjaglicr),  10 

Unb  es  ftimmen  ein  bie  Söget, 
Unb  be§  ©trome§  laute  ÜEßaffer. 

[275]  $n  bem  ©djlofe  gu  Slltolea 
2Bor)net  ßlara  be  2lltmre§, 
$n  9kr>arra  fämpft  ifyr  SBater,  15 

Unb  fie  freut  ftd)  minbern  3roange3. 


142 

Unb  Sllmanfor  fyört  fdjon  ferne 
Raufen  unb  Srommeten  fdjatfen, 
Unb  er  fiefjt  bei  ©d&foffeg  Sidjter 
20  S3Ii^en  burdj  ber  Säume  ©Ratten. 

Sn  bem  ©dfjlojj  gu  Sttfolea 
fangen  groölf  gefdfjmüdfte  Samen, 
Sanken  graölf  gefdjmücfte  Filter, 
Sodj  am  fcr)önften  tangt  2Hmanfor. 

25  2Bie  befdjnringt  tum  muntrer  Saune 

flattert  er  Ijerum  im  ©aale, 
Unb  er  meij?  ben  Samen  aßen 
©üfje  ©djmetdjelenn  gu  fagen. 

SfobeEeng  fdfjöne  £änbe 
so  ßüfct  er  rafdf),  unb  fpringt  uon  bannen; 

Unb  er  fe£t  fid)  vox  (Sloiren 
Unb  er  fdjaut  ifjr  fror)  in'§  2lntli£. 

[276]  Sadjenb  fragt  er  Seonoren: 
Oh  er  fjeute  ifjr  gefalle? 
35  Unb  er  geigt  bie  golbnen  ßreuje 

@ingefticft  in  feinen  Hantel. 

Unb  gu  jeber  Same  fpridjt  er: 
Saf  er  fie  im  ^erjen  trage; 
Unb  „fo  maljr  id>  Gfjrift  bin"  fdjmört  er 
40  ®rengig  9ttal  an  jenem  Slbenb. 


III. 

Sn  bem  ©dplofj  ju  Sllfolea 
3ft  nerfdjoflen  Suft  unb  klingen, 
£err'n  unb  Samen  finb  »erfdprounben, 
Unb  erlofdjen  finb  bie  Sinter. 


143 

£>onna  Glara  unb  Stlmanfor  5 

©inb  allein  im  ©aal  geblieben; 
©infam  ftreut  bie  le£te  Sampe 
lieber  benbe  ifyren  Stimmer. 

[277]  Stuf  bem  ©effel  fifct  bie  $ame, 
STuf  bem  ©djemel  fi£t  ber  bitter,  10 

Unb  fein  $aupt,  ba§  fdjlummermübe, 
9tuljt  auf  ben  geliebten  $meen. 

9ftofenöl)l,  au§  golb'nem  $läfd)cl)en, 
©iefjt  bie  ü£)ame,  forgfam  ftnnenb, 
3luf  2llmanfor§  braune  Socfen  —  16 

Unb  er  feufjt  au$  ^ergenStiefe. 

©üfjen  $ufj,  mit  fanftem  -JJhmbe, 
£)rücft  bie  SDame,  forgfam  finnenb, 
2luf  2llmanfor§  braune  Soden  — 
Unb  e3  raölft  fidj  feine  ©tirne.  20 

£ljränenflutlj,  au§  listen  2tugen, 
Sßeint  bie  2)ame,  forgfam  ftnnenb, 
2luf  2lImanfor§  braune  Soden  — 
Unb  e§  guctt  um  feine  Sippen. 

Unb  er  träumt:  er  ftelje  roieber,  25 

£ief  ba§  ^aupt  gebeugt  unb  triefenb, 
3jn  bem  SDome  gu  ©orbutm, 
Unb  er  Ijört'  oiel  bunfle  (Stimmen. 

[278]  3ltt  bie  $o$en  Sfiiefenfäulen 
^brt  er  murmeln  unmutfjgrtmmig,  so 

Sänger  roollen  fie'3  nid)t  tragen, 
Unb  fie  roanfen  unb  fie  gittern; 

Unb  fie  bredjen  roilb  gufammen, 
@§  erbleichen  Soll  unb  ^riefter, 
ßradjenb  ftürgt  Ijerab  bie  Kuppel,  85 

Unb  bie  ßfyriftengötter  roimmem. 


144 

[279]  3&tE  Waüfalpt  narfi  m*Waar. 

I. 

2lm  genfter  ftanb  bie  SJhttter, 
%m  Sette  lag  ber  ©oljn. 
„Mft  $u  ntdjt  aufftefcn,  SBityefot, 
$u  ftfjaun  bie  $ro§effion?"  — 

5  „$dj  6in  fo  franf,  o  SRutter, 

2)ajj  id>  nid)t  §ör'  unb  felj' ; 
%d)  benf  an'§  tobte  ©retdjen, 
£)a  t^ut  ba§  §erj  mir  melj."  — 

,,<3telj'  auf,  mir  rooll'n  nad)  ßeolaar, 
10  ^imm  23udj  unb  9tofenfrang; 

5Die  9Jtuttergotte§  fyeilt  2)tr 
SDein  franf e3  ^erge  ganj." 

@§  flattern  bie  $irdjen=$a£)nen, 
@§  fingt  im  Äirdjenton; 
15  2)a§  ift  ju  (Sölln  am  9lr)emer 

SDa  geljt  bie  $rojeffion. 

[280]  $ie  Butter  folgt  ber  9Kenge, 
£)en  <5olm,  ben  führet  fie, 
(Sie  fingen  33eib'  im  S^ore: 
20  ©elo&t  fen'ft  $u,  9Jlarie! 

IL 

£)ie  9Jhtttergotte§  ju  Äeolaar 
£rägt  Ijeut'  tf)r  6efte§  $leib; 
§eut'  l)at  fie  oiel  -$u  fdjaffen, 
<t§  fommen  tuet'  franf e  Seut'. 

5  2)ie  franfen  Seute  legen 

Sfyr  l)in  als  Dpferfpenb', 
2tu§  2Badj§  gebilbete  ©lieber, 
SBiel  roädjferne  $üfje  unb  $änb'. 


145 

Unb  roer  eine  2Sadj§f)anb  opfert, 
©em  fyeitt  an  ber  §anb  bie  SBunb' ;  10 

Unb  roer  einen  2Badj§fuJ3  opfert, 
©em  roirb  ber  $ujs  gefunb. 

[281]  9tadj  ßeolaar  ging  9ttandjer  auf  ßrücfen, 
©er  jetjo  tanjt  auf  bent  (Seil', 
©ar  -üOtandjer  fpielt  je|t  bie  Sratfdje,  15 

©em  bort  fein  fyinger  mar  fjeit. 

©ie  9Kuttcr  nafjm  ein  2öad)§Udjt, 
Unb  bilbete  b'rau§  ein  §erj. 
„Döring'  bai  ber  9fluttergotte§, 
©ann  f)ei(t  fie  ©einen  ©djmerj."  20 

©er  ©oljn  nafmt  feufjenb  ba§  2Sac^§^erj, 
©ing  feuf^enb  gum  £eiligenbilb ; 
©ie  freute  quillt  au<a  bem  Stuge, 
©a§  2öort  au§  bem  bergen  quillt: 

,,©u  §odjgebenebeite,  25 

©u  reine  ©ottedmagb, 
©u  Butter  aller  ©nabe, 
©ir  feg  mein  Seib  geflagt. 

$dj  mofmte  mit  meiner  -üDtutter 
Sn  @öHn,  ber  fyetf'gen  ©tabt,  30 

©er  ©tabt,  bie  oiele  fyunbert 
Kapellen  unb  ßirdjen  l)at. 

[282]  Unb  neben  uni  mofynte  ©retten, 
©od)  bie  ift  tobt  je|unb  — 
Wiatk,  ©ir  bring'  icf)  ein  äBacpfyerj,  35 

$eil  ©u  meine  ^ersenSrounb'. 

$etf'  ©u  mein  franfeS  -gierte, 
$dj  roid  audj  fpät  unb  früt) 
$nbrünftiglid(j  beten  unb  fingen: 
©elobt  fet/ft  ©u,  9Jiarie!"  *o 

Litteraturdenkmale  des  18.  n.  19.  Jahrh.    27.  10 


146 


III. 


£)er  franfe  ©ofm  unb  bie  -äftutter, 
*3)ie  fdf)liefen  im  Kämmerlein, 
$>a  tarn  bie  9ttuttergotte3 
©anj  leife  gefcfyritten  herein. 

5  ©ie  beugte  fid£)  über  ben  $ranfen, 

Unb  legte  ifjre  £anb 
©anj  leife  auf  fein  §erje, 
Unb  lächelte  milb  unb  fdjroanb. 

[283]  Sie  Butter  fdfjaut  Mzi  im  Traume, 
io  Unb  Ijat  nocij  mefyr  geflaut; 

6ie  rcadfjte  auf  aui  bem  ©Plummer, 
Sie  §unbe  bellten  §u  laut. 

£)a  lag  baljin  geftretfet 
3§r  ©ofjn,  unb  ber  mar  tobt, 
15  @3  fpielt  auf  ben  bleichen  Söangen 

2)a§  lidpte  SJtorgenrotf). 

Sie  ÜJlutter  faltet  bie  £änbe, 
3f)r  mar,  fie  mufjte  ntcfjt  mie; 
2lnbäcfjtig  fang  fie  leife: 
20  ©eiobt  fer/ft  £)u,  Sparte ! 


147 


n$  ir:er  3§arfreij£* 

1824. 


<Bd)wax^e  Siödfe,  feibne  ©trumpfe, 
■JBeifje  fyöfücfye  9ttanfd)etten, 
©anfte  Sieben,  @mbraffiren  — 
2ldj!  roenn  fie  nur  ^er^en  Ratten! 

§er§en  in  ber  Sruft,  unb  Siebe,  5 

SBarme  Siebe  in  bem  £ergen  — 
2ldf),  mtdj  tobtet  i§r  ©efinge 
Son  erlognen  Siebegfdjmerjen ! 

2(uf  bie  Serge  null  idfj  fteigen, 
2öo  bie  frommen  glitten  fter)en,  10 

2Bo  bie  Sruft  ftd)  frer;  erfdjliefjet, 
Unb  bie  frenen  Süfte  roefyen. 

[288]  2tuf  bie  Serge  miß  idj  fteigen, 
2ßo  bie  bunfeln  Pannen  ragen, 
Sädje  rauften,  $ögel  fingen,  15 

Unb  bie  froren  SBolfen  jagen. 

Sebet  roofyl,  $f)r  glatten  ©ääle! 
©latte  Ferren,  glatte  grauen! 
3tuf  bie  Serge  roill  idj  fteigen, 
Sadjenb  auf  (Sud)  nieberfdjauen.  20 

10* 


148 

[289]  Bßrg-^KÜB. 

I. 

2(uf  bem  Serge  ftefjt  bie  #ütte, 
2ßo  ber  alte  SBergman  roolmt, 
Porten  raufet  bte  grüne  &anne 
Unb  erglänzt  ber  golbne  -JRonb. 

5  !yn  btx  §ütte  ftefjt  ein  Sefmftufyl, 

2Iu§gefd[jni£t  unb  rounberlidfj, 
3)er  barauf  ft#t,  ber  ift  glücfftdEj, 
Unb  ber  ©KicHid&e  Bin  %% ! 

Stuf  bem  ©dfjemel  fi£t  bie  kleine, 
io  ©tüfct  bie  2lrm'  auf  meinen  ©cfjoofj ; 

2leugtein  roie  jroet)  Haue  ©terne, 
9JlünbIein  roie  bie  Sßurpurrof. 

Unb  bie  lie&en  Blauen  ©terne 
©dfjaun  midEj  an  fo  Ijimmelgrofj, 
15  Unb  fie  legt  ben  Siljenfinger 

©dfjalffjaft  auf  bie  ^urpurrof. 

[290]  «Rein,  eS  fte$t  uns  nidfjt  bie  Butter, 
3)enn  fie  fpinnt  mit  grofjem  ^leijj, 
Unb  ber  SSater  fpielt  bie  Ritter, 
20  Unb  er  fingt  bie  alte  2öeif. 

Unb  bie  steine  flüftert  tetfe, 
Seife,  mit  gebämpftem  Saut, 
9Kancfje§  roidjtige  ©efjetmnifi 
§at  fie  mir  fdfjon  anoertraut. 

25  „216er  feit  bie  9Jlu§me  tobt  ift 

können  roir  ja  nid)t  meljr  gelm 
Sftadfj  bem  ©dpü|en^of  gu  ©o<§tar, 
Unb  bort  ift  e§  gar  ?u  fd£)ön. 


149 

„§ier  bagegen  ift  e§  einfam, 
2luf  ber  falten  SBergelljöf)',  30 

Unb  bei  2Btnter§  finb  roir  gänjltcty 
3Bie  cergraben  in  bem  SdEmee. 

„Unb  idEj  bin  ein  banget  3Räbd^en, 
Unb  icfj  fürd^t'  midfj  roie  ein  $inb 
23or  ben  böfen  23erge3geiftern  35 

2)ie  bei  yiafytZ  gefdjäftig  ftnb." 

[291]  Pö^lidfj  fdjroeigt  bie  liebe  kleine, 
SGSie  vom  eignen  2öort  erfdfjrecft, 
Unb  fie  §at  mit  beiben  .^änbcfjen 
£<$re  2teugelein  bebedft.  40 

Sanier  raufet  bie  £anne  braufjen, 
Unb  ba§  «Sptnnrab  fd()narrt  nnb  brummt, 
Unb  bie  Ritter  Hingt  bagrotfcljen, 
Unb  bie  alte  ÜSeife  fnmmt: 

%üxd)V  bicf)  nidfjt,  bu  fleine§  $inbcf)en,  45 

33or  ber  böfen  ©eifter  9Jiad^t; 
%a%  unb  9ktf)t,  bu  fleineS  ßinbdEjen, 
galten  Günglein  bew  bir  2Bad)t. 


II. 


Tannenbaum,  mit  grünen  Ringern, 
$od[)t  an '3  niebre  ^enfterlein, 
Unb  ber  Sftonb,  ber  ftitte  Saufdfjer, 
üKHrft  fein  füfjeS  SidEjt  herein. 

[292]  Sater,  Butter,  fdjnardfjen  leife, 
$n  bem  naljen  ©d^Iafgemad^ ; 
SDocfj  roir  beibe,  feelig  fdfmm^enb, 
galten  un§  einanber  roadj. 


150 

,,©af$  bu  gar  ju  oft  gebetet, 
10  ©a§  ju  glauben  roirb  mir  fdjroer, 

$ene§  3ucfen  beiner  Sippen 
$ommt  rooljl  nicf)t  vom  33eten  fjer. 

,,^ene§  böfe,  falte  3u<fen, 
©a§  erfd^recft  mid)  jebegmafyl, 
15  ©od)  bie  bunfle  SXngft  befdfjroidjtigt 

©einer  Slugen  frommer  ©trat)l. 

„Studfj  bejroeifl'  icb,  bafj  bu  glaubeft 
Söag  fo  rechter  ©lauben  l)eifjt, 
©laubft  rooljl  nicfjt  an  ©ott  ben  23ater, 
20  Unb  an  «Sofjn  unb  getigert  ©eift?" 

2ld),  mein  $inbdfjen,  fdjon  aU  $nabe, 
%U  id)  fafj  auf  Cutters  ©cfjoojj, 
©laubte  tcf)  ein  ©ott  ben  SSater, 
©er  ba  maltet  gut  unb  grojj; 

25  [293]  ©er  bie  fdjöne  SBelt  erfd^affen, 

Unb  bie  frönen  9Eftenf  cfjen  brauf , 
©er  ben  ©onnen,  Sftonben,  Sternen, 
SSorgejeic§net  i§ren  Sauf. 

2113  icb,  größer  mürbe,  ^inbd^en, 
30  ^oeb,  oiel  meb,r  begriff  icb,  fcfjon, 

Xlnb  begriff,  unb  roarb  oernünftig, 
Unb  icb,  glaub  audfj  an  ben  <5ofm; 

2ln  ben  lieben  ©ofm,  ber  liebenb 
Un<S  bie  Siebe  offenbart, 
35  Unb  ^um  Sob,ne,  mie  gebräudfjlicf), 

33on  bem  SSolf  gefreujigt  raarb. 

$e£o  ba  id)  auggeroad^fen, 
Siel  gelefen,  oiel  gereift, 
©cljroillt  mein  §erg,  unb  ganj  »on  ^jerjen 
40  ©laub'  \6)  an  len  (jeil'gen  ©eift. 


151 

SDiefer  tljat  bie  gröften  Söunber, 
Unb  tuet  gröfjre  tfyut  er  nodfj; 
6r  serbridfjt  bie  gunngfjerrnburgen, 
Unb  ^erbridjt  beS  ©ftaoen  $odf). 

[294]  2Hte  £obe3rounben  IjeUt  er,  45 

Unb  erneut  ba<S  alte  9ied)t: 
Slllfe  SKenfdfjen,  gleid^geboren, 
<Sinb  ein  abligeg  ©efd^ted^t. 

@r  Derfd)eud)t  bie  böfen  -iftebel 
Unb  ba£  bunfle  |)irngefpinft,  so 

£>a£  un§  Sieb  unb  Suft  verleibet, 
£ag  unb  -ftacijt  un3  angegrtnft. 

i£aufenb  bitter,  raofytgeroappnet, 
§at  ber  Ijeilge  ©eift  erroäfjlt 
(Seinen  SBitten  gu  erfüffen,  55 

Unb  er  fyat  fie  mutbefeelt. 

$$re  treuem  ©djinerter  bfyjen! 
$f)te  guten  Sanner  weint! 
@t),  bu  möcf)teft  roofyl,  mein  ^inbdjen, 
©oldEje  ftolje  bitter  fefm?  eo 

Sftun,  fo  fdfjau  midj  an,  mein  $inbcf>en, 
$üffe  midfj,  unb  fdEjaue  breift: 
£>enn  idfj  felber  bin  ein  foldfjer 
9titter  non  bem  r)extgen  ©eift. 


III. 

©tili  r-erftecft  ber  9ttonb  ficf;  brausen 
hinter' m  grünen  Tannenbaum, 
Unb  im  3immer  unfre  Sampe 
$lacfert  matt  unb  leuchtet  faum. 


152 

5  2lber  meine  blauen  ©terne 

©tralen  auf  in  fetter  'm  2icf)t, 
Unb  bie  $urpurrö§lein  glühen, 
Unb  baä  liebe  -Btäbdfjen  fpridfjt: 

„kleines  23ölfd£jen,  SSid^telmännd^en, 
10  ©teilen  unfer  33rob  unb  ©ped; 

2lbenb§  liegt  eg  noclj  im  haften, 
Unb  be§  Borgern!  ift  e§  roeg. 

„kleines  SSölfcfjen,  unfre  ©afyne 
9iafd^t  e3  oon  ber  Wüd),  unb  läfjt 
15  Unbebecft  bie  ©djüffel  fielen, 

Unb  bie  $a§e  fäuft  ben  3teft. 

[296]  „Unb  bie  $a£'  ift  eine  §e£e, 
SDenn  fie  fcfjteidit,  ben  -Kadjt  unb  ©türm, 
Grüben  nadj  bem  ©eifterberge, 
20  ÜRadEj  bem  altöerfallnen  Xl>urm. 

„SDort  Ijat  einft  ein  ©cfjlofe  geftanben, 
Voller  £uft  unb  2öaffenglanj, 
Slanfe  Dritter,  $raun  unb  knappen 
©drangen  ftclj  im  ^acfeltang. 

25  „2)a  »emmnfdfjte  ©d&lofj  unb  Seute 

@ine  böfe  gauberinn; 
9htr  bie  krümmer  blieben  fteljen, 
Unb  bie  ßulen  niften  brinn. 

,,£)od)  bie  feel'ge  SJlu^me  fagte: 
30  2ßenn  man  fpridfjt  ba§  redjte  2öort, 

^ädptliö^  gu  ber  redeten  ©tunbe, 
Grüben  an  bem  regten  Drt; 

„©o  üermanbeln  ftcfj  bie  krümmer 
SSieber  in  ein  fyelle§  ©cfjlofj, 
35  Unb  e§  tanjen  roieber  luftig 

bitter,  $raun  unb  Änappentrojj. 


153 


[297]  „Unb  roer  jene§  ÜBort  gefprocfyen, 
£)em  gehören  ©djlofj  unb  ßeut; 
Raufen  unb  trompeten  Imlb'gen 
©einer  jungen  §errlid(jf  eit. "  40 

2Ufo  Blühen  5Rär)rd^en6ilber 
2(u3  be§  SföunbeS  SRöfelein, 
Unb  bie  2lugen  gießen  brü6er 
Styren  blauen  ©ternenfcfjein. 

$fyre  golbnen  |jaare  roidelt  45 

3Rir  bie  kleine  um  bie  |>änb', 
©iebt  ben  Ringern  fyübfdfje  tarnen, 
Sadjjt  unb  füfjt,  unb  fdfjmeigt  am  ©nb. 

Unb  im  ftitten  3immer  93Ctfe0 
23titft  midfj  an  fo  mofyloertraut,  50 

%\\<$)  unb  ©dfjranf,  mir  ift  als  fyätt'  icfy 
©ie  fcfjon  früher  maljl  geflaut. 

$reunblidf)  ernftt)aft  fd£jroa£t  bie  SBanbufjr, 
Unb  bie  $itter,  hörbar  faum, 
$ängt  oon  felber  an  ju  Hingen,  55 

Unb  id£)  fiije  wie  im  Sraum. 

[298]  3e£o  ift  bie  redete  ©tunbe, 
Unb  e§  ift  ber  redEjte  Ort; 
Staunen  mürbeft  bu,  mein  Äinbcfjen, 
©prädfj  idf)  au3  ba§  redete  2öort.  eo 

©pretf;  id£j  jene<§  SBort,  fo  bämmert 
Unb  erbebt  bie  -Btitternacfjt, 
33acf)  unb  Pannen  braufen  lauter 
Unb  ber  alte  SBerg  ermaßt. 

^itterflang  unb  ^raergenlieber  65 

£önen  au$  bei  Sergej  ©palt, 
Unb  e§  f priejjt,  roie'n  toffer  $riu)Ung, 
$5rau§  fyeroor  ein  Slumenroalb. 


154 


'  ahmten,  ftilme  Söunberblumen ! 
™  Blätter,  breit  unb  fabelhaft, 

2)uftig  Bunt  unb  ^aftig  regfam, 
2ßie  gebrängt  oon  Seibenfdjaft. 

■  9to[en,  rotlb  rote  rotfye  flammen, 
(Spruen  au§  bem  ©eroü^t  fjeroor. 
75  Siljen,  roie  friftattne  Pfeiler, 

Sdjiefjen  fytmmelljodj  empor. 

[299]  Unb  bie  «Sterne,  grofj  rote  «Sonnen, 
Sdjau'n  Ijerab  mit  Sefynfudjtglutf), 
—  $n  ber  Siljen  JRiefenfeldje 

so  Strömet  tfjre  Stralenfhttl). 

£)odj  roir  felber,  füfjeS  $inbd£)en, 
Stnb  nerroanbelt  nod)  oielme^r, 
^acfelglang  unb  ©olb  unb  Seibe 
Stimmern  luftig  um  uni  fyer. 

85  £)u,  bu  rourbeft  gur  $rinjeffinn, 

SDiefe  ^ütte  roarb  §um  «Sdjlofj; 
Unb  ba  jubeln  unb  ba  tanken 
bitter,  $raun  unb  $nappentrofj. 

3(ber  idj,  idj  §ah'  erroorben 
90  SDidj  unb  2tfle§,  Sdjlofj  unb  Seut; 

Raufen  unb  trompeten  fyulb'gen 
deiner  jungen  .£>errlidjfeit. 


[300J  3tx  ^irfenftnabe. 

$önig  ift  ber  §irtenfnabe, 
©rüner  §üge(  ift  fein  ü£f)ron, 
Ueber  feinem  §aupt  bie  Sonne 
3ft  bie  fdjroere  golb'ne  $ron'. 


155 

^m  ju  ^üfjen  liegen  ©dfjafe,  5 

25eid)e  ©djmetdjter,  rotljbefreugt ; 
ßaoaUere  finb  bie  $ä(ber, 
Unb  fie  roanbeln  ftolj  gefpreigt. 

§offd)aufpieIer  finb  bie  Söcflein, 
Unb  bie  SBöget  unb  bie  $ür)',  10 

3Rit  ben  flöten,  mit  ben  ©löcflein, 
©inb  bie  $ammermuftgi. 

Unb  ba3  Hingt  unb  fingt  fo  IteMid), 
Unb  fo  lieblidj  rauften  b'rein 
SöafferfaE  unb  Tannenbäume,  15 

Unb  ber  $önig  fd)lummert  ein. 

[301]  Unterbeffen  mufj  regieren 
2)er  -XRtnifter,  jener  $unb, 
SJeffen  Inurrige^  ©ebeffe 
9Bieberr)aCTet  in  ber  9tunb\  20 

©djtäfrig  latft  ber  junge  $önig: 
„£>a§  Regieren  ift  fo  ferner, 
2td^,  idj  roottt',  bafj  id)  ju  §aufe 
©d)on  bei  meiner  ^ön'gin  mär'! 

,,^n  ben  2lrmen  meiner  $ön'gin  25 

?Rui)t  mein  $önig3r)auüt  fo  roeidj, 
Unb  in  ir)ren  lieben  Stugen 
Siegt  mein  unermefjlid)  Sfteidj!" 


[302]  Auf  tarn  Brurftttt, 

fetter  roirb  e§  fdjon  im  Dften 
Surdj  ber  ©onne  fleineS  ©Ummen, 
üfiteit  unb  breit  bie  SBergeSgipfel 
^n  bem  9iebelmeere  fdjroimmen. 


156 

.Jpätt'  idj  ©iebenmeüenftiefel, 
Sief  idj  mit  ber  £oft  bei  SÖinbeS, 
Ueber  jene  33ergeSgipfel, 
9lad)  bem  feauZ  beä  lieben  $inbe§. 

$on  bem  Setttfien,  roo  fie  fdjlummert, 
309'  id)  leife  bie  ©arbinen, 
Seife  füjjt'  idj  t^re  ©time, 
Seife  ir)re§  9Jlunb€  Rubinen. 

Unb  nod)  leifer  mottt'  idj  flüftern 
$n  bie  fleinen  2i(jen=Dfjren : 
£>enf  im  £raum,  bafj  mir  un3  lieben, 
Unb  bofj  mir  un£  nie  oerloren. 


[303]  Sfe  31fr. 

$dj  bin  bie  $ringeffin  $lfe, 
Unb  mofjne  im  ^Ifenftein; 
$omm  mit  nadj  meinem  ©djloffe, 
2öir  motten  feiig  fenn. 

£)ein  |jaupt  mitt  idj  bene^en 
3Rit  meiner  Haren  2Sett, 
£>u  fottft  beine  ©djmerjen  »ergeffen, 
2>u  forgenfranfer  ©efett! 

^n  meinen  raeifjen  Slrmen, 
2ln  meiner  meinen  33ruft, 
2)o  fottft  bu  liegen  unb  träumen 
3Son  olter  SWärdjenluft. 

^dj  mitt  biet)  füffen  unb  fyerjen, 
2öie  id)  ge^ergt  unb  gefügt 
£>en  lieben  $aifer  £einridj, 
2)er  nun  geftorben  ift. 


157 

[304]  @§  bleiben  tobt  bie  lobten, 
Unb  nur  ber  Sebenbige  lebt; 
Unb  id)  bin  fcr)ön  unb  blüfjenb, 
sDiein  ladjenbeS  £erge  bebt.  20 

Unb  bebt  mein  §erj  bort  unten, 
©rauft  oben  ber  SÖafferfatt, 
£>ie  @ia)en  unb  Suchen  flauem, 
@§  trittert  bie  9tad)tig,aff. 

Unb  bebt  mein  $erj  bort  unten,  25 

©0  Hingt  mein  crnftaUeneS  ©ajtofj, 
@3  tanjen  bie  ^räulein  unb  Siitter, 
@i  jubelt  ber  $nappentrofj. 

@i  raufdjen  bie  feibenen  «Schleppen, 
@3  flirren  bie  GJifenfpor'n,  30 

©ie  groerge  trompeten  unb  paufen, 
Unb  fiebeln  unb  Hafen  ba<§  §orn. 

SDodj  bia;  fott  mein  2trm  umfdjlingen, 
2öie  er  Äaifer  £einridj  umfdjlang; 
$d)  Ijielt  i^m  ju  bie  Dfjren,  35 

2Benn  bie  £rompet'  erflang. 


158 


1825. 


<£rjl*  lW4jöutt0. 


Uneigennützig  su  fetjn  in  3niem,  am 
unetaennüBigften  in  Siebe  unb  $reunbf$aft, 
war  meine  £>öd&fte  Siift,  meine  Forinte, 
meine  SluSübung,  fo  baf?  jenes  freie,  tyätere 
2ßort  „2Bemt  id)  bi*  liebe,  toa§  gefefS  bid) 
an?"  mir  redjt  aus  ber  ©eele  ge[proa?en  ift. 
(2Iu8  ©ölfjre  „SHdjtimg  unb 
2Baßrt)eit"  oierje^nteS  SBuctj.) 


[309]  i. 

%f)t  Sieber!  3§r  meine  guten  Sieber ! 
2luf,  auf!  unb  raappnet  @ud)! 
Safjt  bte  trompeten  Hingen, 
Unb  rjebt  mir  auf  ben  (2d)ilb 
£>ie3  junge  Sttäbdijen, 
2)a§  je£t  mein  gange<§  ^erj 
23eljerrfd£jen  fotf,  afö  Königin. 

#eil  bir!  bu  junge  Königin! 

33on  ber  ©onne  broben 
Sieife'  idj  ba§  ftraljlenb  rotfje  (Mb, 
Unb  roebe  b'rau§  ein  Siabem 
%üx  bein  gemei^te^  §aunt. 


159 


[310]  Von  ber  flatternb  Maufeib'nen  ,£jimmeI§becEe, 

SBorin  bie  üftacfjtbtamanten  blifcen, 

©cfmeib'  id;  ein  f oftbar  ©tücf,  15 

Unb  Ijäng'  e3  bir,  all  $rönung3mantel, 

Um  beine  föniglidfje  «Schulter. 

%<fy  gebe  bir  einen  ^jofftaat 

SBon  fteifgepu^ten  Sonetten, 

©tollen  Statinen  unb  Ijöflidjen  (Standen;  20 

21I§  Säufer  biene  bir  mein  2ßi£, 

2U3  Hofnarr  meine  $b,antafie, 

3113  §eroIb,  bie  ladfjenbe  S^räne  im  Sßappen, 

£>iene  bir  mein  §umor. 

Slber  idf;  felber,  Königin,  25 

Qcf)  fniee  oor  bir  nieber, 

Unb  rmlb'genb,  auf  rotfyem  ©ammetfiffen, 

UeberreidEje  icf)  £>ir 

T>a§  bigdjen  SSerftanb, 

$)a§  mir,  au§  5ERitleib,  nod£)  gelaffen  t)at  3a 

©eine  Vorgängerin  im  SFtett^. 


[311]  II. 

2(m  blaffen  SKeerelftranbe, 
©afj  icfj  gebanfenbefümmert  unb  einfam. 
£>ie  ©onne  neigte  fid(j  tiefer,  unb  roarf 
©lüb,rotb,e  Streifen  auf  ba§  2öaffer, 
Unb  bie  meinen,  roeiten  SBetten,  5 

SSon  ber  $lutl)  gebrängt, 
©Räumten  unb  raufdfjten  näfyer  unb  närjer  — 
@in  feltfam  ©eräufdj,  ein  gtüftern  unb  pfeifen, 
(Sin  Sachen  unb  Murmeln,  ©euf^en  unb  ©aufen, 
©ajnufcfyen  ein  roiegenliebfjeimüdfjel  ©ingen  —      ia 
9Jtir  mar  aU  fyört'  icfj  üerfdfjott'ne  ©agen, 
Uralte,  liebliche  SJcafyrcIjen, 
$)ie  idfj  einft,  all  $nabe, 


160 

33cm  9cad[)6ar!§finbern  üernafjm, 

15  2öerm  mir  am  Sommerabenb, 

2tuf  ben  £reppenfteinen  ber  §au3tfjür, 
3um  ftiffen  ©rgä^fen  nieberfauerren, 
■Öttt  flehten,  tyordjenben  £er§en 
[312]  Unb  neugierflugen  STugen;  — 

20  Söäfjrenb  bie  großen  9)cäbdjen, 

9Zeben  buftenben  Sfumentöpfen, 
©egenüber  am  ^enfter  fafjen, 
Stofengeficijter, 
£ädf)emb  unb  monbbeglänjt. 

[313]  III. 

Snrmemmfcrgartg. 

©ie  glüfjenb  rotfje  Sonne  fteigt 

$mab  in '3  roeitauffdjauernbe, 

Silbergraue  äöeltmeer; 

Suftgebilbe,  rofig  angef)aud)t, 
6  2Öallen  ir)r  nadj,  unb  gegenüber, 

2tu§  fjerbftlidj  bämmernben  Sßolfenfdilenem, 

©in  traurig  tobt&Iaffe«  3lntfi^, 

33ricf)t  rjeroor  ber  -ötonb, 

Unb  hinter  ifmt,  Sidjtfünfdjen, 
io  Sftebelroeit,  flimmern  bie  Sterne. 

Otnft  am  §immel,  glänzten, 
(umlief)  neretnt, 

Suna,  bie  ©öttin,  unb  Sol,  ber  Öott, 
Unb  e§  rcimmelten  um  fie  r)er  bie  Sterne, 
15  2)ie  {(einen,  unfdjulbigen  $inber. 

[314]  $oc$  Böfe  3ungen  jifdfjetten  ^roiefpalt, 
Unb  e§  trennte  fidj  feinblid) 
3)a3  fjor)e,  leucfjtenbe  (Slj'paar. 

3>e$t,  am  £age,  in  einfamer  $radjt, 
so  @rgef)t  fid)  bort  oben  ber  Sonnengott, 


161 


D6  feiner  ^errlttfjfeit 

angebetet  unb  nielbefungen 

23cm  ftotjen,  glücfgefyärteten  -iftenfcfjen. 

STber  be§  9toc$t8, 

2(m  Fimmel,  roanbelt  Suna,  25 

2)ie  arme  SRutter 

■Dcit  tfjren  »erroaiften  ©ternenfinbern, 

Unb  fie  glänzt  in  ftummer  SBefymutl), 

Unb  liebenbe  -iJJcäbdjen  unb  fanfte  £>id(jter 

Soeben  iljr  S^ränen  unb  Sieber.  30 

25ie  roeidfje  Suna!    Söeiblitf)  gefinnt, 
Siebt  fie  nocfj  immer  ben  frönen  ©emafyt. 
©egen  2(benb,  jitternb  unb  bleidj, 
Saufet  fie  fjeroor  au%  leichtem  ©eroölf, 
Unb  fd^aut  nadf)  bem  <Sd)eibenben,  fdfjmerjndE),        35 
Unb  mötf;te  ifym  angftlirf;  rufen:  „$omm! 
$omm!  bie  $inber  »erlangen  nadf;  ®ir  — " 
2(ber  ber  tro^ige  «Sonnengott, 
[315]  Sen  bem  2foblitf  ber  Gtottin,  erglüht'  er 
$n  Doppeltem  Purpur,  40 

$or  $om  unö  ©dfjmerj, 
Unb  unerbittlich  eilt  er  Ijinab 
3n  fein  flutl;enfalte§  Söittroerbett. 

* 
SBöfe,  jifd^elnbe  $ungen 
23ract)ten  alfo  @djmw$  unb  ^erberben  45 

Selbft  über  eroige  ©ötter. 
Unb  bie  armen  ©ötter,  oben  am  §immel 
SBanbeln  fie,  qualootl, 
Stroftlos  unenblicfje  23almen, 
Unb  fönnen  nicfjt  ftcrben,  50 

Unb  fdfjleppen  mit  fidf) 
3(jr  ftrar)tenbe§  Glenb. 

$jcf;  aber,  ber  9Jtenfd(j, 
SDer  niebriggepflanjte,  ber  S£ob=beglü<fte, 
$tf;  flage  nitfjt  länger.  55 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrb.    27.  •  11 


162 


[316]  IV. 

^t£  Hatf|t  am  Sfranfce. 

(Sternlos  unb  talt  ift  bie  ^acfyi, 

@§  gäfyrt  ba§  -iDteer; 

Unb  über  bem  -Bleer',  platt  auf  bem  SBaudfj', 

Siegt  ber  ungefialtete  -ftorbnünb, 
5        Unb  fyeimttdj,  mit  ädfjjenb  gebämpfter  «Stimme, 

SBie'n  ftörriger  ©rieggram,  ber  gutgelaunt  roirb, 

(Scf»t>a£t  er  in '3  SBaffer  fyinein, 

Unb  ergäbt  oiel  tolle  ©efd)id)ten, 

Stiefenmä^rc^en,  tobtfcijlaglaunig, 
io       Uralte  (Sagen  au§  Sftorraeg, 

Unb  bajroifcfjen,  roeitfdjallenb,  ladfjt  er  unb  fyeult  er 

SefdfjmörungSlieber  ber  ßbba, 

©raue  Sftunenfprüdje, 

(So  bunfeltro^ig  unb  jaubergemaltig, 
i5       3)af5  bie  meinen  Sfteerfinber 

$odjauffpringen  unb  jauchen, 

Uebermutl)4eraufcfjt. 

[317]  SDerroeilen,  am  flauen  ©eftabe, 

Ueber  ben  flutf)befeucfjteten  (Sanb, 
20       Streitet  ein  ^rembling,  mit  einem  -£jergen, 

£>a§  milber  nodEj  al§  2Binb  unb  Sßefien; 

2Bo  er  Eintritt, 

©prüfen  $unfen  unb  Iniftern  bie  -JRufdjeln, 

Unb  er  Ijüllt  fiel)  feft  in  ben  grauen  SRantel, 
25       Unb  fdfjreitet  rafclj  burclj  bie  mefyenbe  9?adpt; 

(Sicfjer  geleitet  oom  fleinen  Sichte, 

£>a<§  locfenb  unb  lieblidf)  flimmert, 

2lu§  einfamer  ^ifdfjerljütte. 

SBater  unb  SBruber  finb  auf  ber  See, 
30       Unb  mutterfeelallein  blieb  bort 
$n  ber  §ütte  bie  ^ifd^ertod^ter, 
£)te  rounberfdEjöne  ^ifdjertodjter. 
Slm  $eerbe  fi£t  fie 
Unb  |ordf)t  auf  be3  SBafferfeffel« 


163 


Slfjmmgfüfjeg,  fyeimlidfjeg  Summen,  35 

Unb  fluttet  fnifternbeä  Seifig  in '3  $euer, 

Unb  bläfjt  hinein, 

$)afj  bie  fladfernb  rotten  Siebter 

gauberlieblidfj  roieberftrafylen 

Stuf  ba§  blüfjenbe  2tntlt£,  *o 

2luf  bie  jarte,  roeifje  «Sdjulter, 

£)ie  rüfyrenb  fyeroorlaufdfjt 

[318]  2tu§  bem  groben,  grauen  §embe, 

Unb  auf  bie  fleine,  forgfame  §anb, 

"Die  ba§  Unterröcken  fefter  binbet,  45 

Um  bie  feine  §üfte. 

2lber  plö^ltcfj,  bie  %i)üx  fpringt  auf, 
Unb  e§  tritt  herein  ber  nächtige  ^rembling; 
2iebefitf)er  rufyt  fein  Sluge 

2luf  bem  roeifjen,  fd&lanfen  ;3Käbdfjen,  so 

2)a§  fdjauemb  cor  i§m  fteljt, 
©leiefj  einer  erfdjrocfenen  Silje; 
Unb  er  wirft  ben  9JianteI  §ur  @rbe, 
Unb  lad)t  unb  fprid^t: 

©ie§ft  bu,  mein  $inb,  id(j  Ijalte  SBort,  55 

Unb  id)  fomme,  unb  mit  mir  lommt 
$)ie  alte  3eit,  roo  bie  ©ötter  be§  ^immel^ 
^ieberftiegen  ju  ^öd^tern  ber  SRenfdfjen, 
Unb  bie  Xöd)ter  ber  -üDtenfdfjen  umarmten, 
Unb  mit  i§nen  ^engten  eo 

3eptertragenbe  ^önigggefd^led^ter 
Unb  gelben,  SBunber  ber  Söelt. 
2)oofj  ftaune,  mein  $inb,  nidEjt  länger 
D6  meiner  ©öttlid)feit, 

Unb  id£j  bitte  bidj,  foct)e  mir  £§ee  mit  9fium,        es 
[319]  ®enn  brausen  roar'S  Mt, 
Unb  ben  foldfjer  «Rocjtluft 
frieren  aud£)  mir,  mir  eroigen  ©ötter, 
Unb  friegen  roir  leidet  ben  göttlidfjfien  (Schnupfen, 
Unb  einen  unfterblidjen  Ruften.  70 

11* 


164 
[320]  V. 

Sie  (Sonnenlichter  fpielten 
Ueber  baS  roeitfyinrottenbe  SEReer; 
$ern'  auf  ber  3^t)ebe  glängte  ba§  ©a;iff, 
£>a<3  midj  gur  §eimatf)  tragen  foHte; 
5       2tber  e3  fehlte  an  gutem  ^aljrroinb, 

Unb  id?  fajj  nodj  ruljig  auf  weiter  SDüne, 
2lm  einfatnen  ©tranb, 
Unb  tdj  lag  ba§  Sieb  t>om  DbüffeuS, 
3)a<§  alte,  bag  eroig  junge  Sieb, 
io       2hi3  beffen  meerburdjraufdjten  blättern 
2ftir  freubig  entgegenftieg 
2)er  Slttyem  ber  ©ötter, 
Unb  ber  leuajtenbe  ^enfdjenfrütyling, 
Unb  ber  blüljenbe  £immel  non  £eEag. 

15  -UJcein  ebleS  #er§  begleitete  treuttdj 

Sen  ©oljn  be§  Saerteä,  in  ^rrfafjrt  unb  $wmgfal, 

[321]  ©efcte  ftdj  mit  iljm,  feetenbefümmert, 

2ln  gaftlia)e  beerbe, 

2Bo  Königinnen  Purpur  fp innen, 
20       Unb  fjalf  tym  lügen  unb  glüäflidj  entrinnen 

2lu3  9tiefenf;ö^len  unb  Sfympfyenarmen, 

folgte  tf;m  naa)  in  fümerifdje  Sftadjt, 

Unb  in  ©türm  unb  ©djiffbrudj, 

Unb  bulbete  mit  ilmt  unfäglidfjeS  ßlenb. 

25  ©eufgenb  fpraä;  idj:  $)u  böfer  $ofeibon, 

SDein  $ovn  ift  furchtbar, 
llnb  mir  felber  bangt 
Dh  ber  eignen  ^eimfe^r. 

Raum  fpradj  id)  bie  SBorte, 
30       3)a  fdjäumte  ba§  -SReer, 

Unb  aus  ben  roeiften  SSetten  ftieg 

5Da§  fdpilfbefrängte  |>aupt  be3  9tteergottg, 

Unb  Ijöfmifd)  rief  er: 


165 


gürdjte  bid)  nidfjt,  ^ßoetlein! 
%<$  mitt  ntdfjt  im  gringften  gefäfyrben  35 

$>ein  arme3  Sd(jiff<|en, 
Unb  nidfjt  bein  liebe§  Seben  beängft'gen 
[322]  «Kit  aajubebenfliclem  ©Räufeln. 
SDenn  $)u,  «ßoetfein,  ^aft  nie  micfj  erzürnt, 
$)u  §aft  fein  eingigeg  X()ürmc§en  »erlebt  40 

2ln  ^riamog  ^eiliger  SBefte, 
$ein  einjige§  .£ärc|en  §aft  bu  »erfengt 
2lm  2htg'  meinet  ©oljn§  SJMüpfjemoä, 
Unb  2)idj  Ijat  niemals  ratfyenb  befd^ü^t 
Sie  ©öttin  ber  ßfog^eit,  $aaa§  Sirene.  45 

Sllfo  rief  $ofeibon 
Unb  taucfjte  prücf  in '3  -JSJleer; 
Unb  über  ben  groben  ©eemann^roiij 
Sagten  nnter  bem  2öaffer 

2(mpf)itrite,  \>a§  plumpe  ^ifdljroeib,  50 

Unb  bie  bummen  £öd)ter  be£  sJlereu3. 


[323]  VI. 

(Erklärung. 

■gierangebämmert  fam  ber  2lbenb, 
©über  tofte  bie  %iut\), 
Unb  idEj  fafj  am  ©tranb,  unb  flaute  gu 
£>em  roeifjen  !£ans  ber  Neffen, 
Unb  meine  Sßruft  fcfjroott  auf  raie  ba§  «JEReer, 
Unb  felmenb  ergriff  mia)  ein  tiefet  #etmu>efy 
Wad)  bir,  bu  §olbe3  «Üb, 
$5a3  überall  midtj  umfdfjroebt, 
Unb  überall  micf)  ruft, 
Ueberatf,  überaß, 

£$m  ©aufen  be<3  2Binbe§,  im  Traufen  be§  9tteer3, 
Unb  im  ©eufjen  ber  eigenen  SBruft. 


166 

■äftit  leidstem  9lo§r  fdjrieb  idf)  in  ben  <Sanb: 
„2lgne§,  idfj  liebe  3)ic§!" 
15       ©od)  Böfe  SBeffen  ergoffen  fiel) 
lieber  ba§  füfje  33efenntnif$, 
Unb  löfd^ten  e<§  au§. 

[324]  3erbred()licl)e3  Stoljr,  gerftiebenber  <Sanb, 

^erflie^enbe  2öellen,  @udj  trau'  td(j  nicljt  meljr! 
20       ©er  §immel  mirb  bunfler,  mein  §erS  wtö  nnlber, 

Unb  mit  ftarfer  £anb,  au§  9?orroeg§  üöälbern 

Sfteijj  id)  bie  ^öd^fte  Spanne, 

Unb  taucfje  fie  ein 

$n  be§  2letna§  glüljenben  ©cljlunb,  unb  mit  foldjjer 
25       ^euergetränften  -föiefenfeber 

©cfjreib'  tdjj  an  bie  bunfle  ^immelgbede : 

„2lgne§,  iä)  liebe  ©id£)!" 

$ebroebe  9^acr}t  lobert  aisbann 
©ort  oben  bie  ewige  glammenfcfjrift, 
30       Unb  alle  nad)road)fenbe  ©nfelgefdjledjter 
Sefen  jaudfjgenb  bie  |nmmel3n)orte : 
„2lgne§,  id)  liebe  ©id£j!* 


[325]  VII. 

Barfjfce  in  frcr  ©ajüie. 

©a§  Sfteer  Ijat  feine  perlen, 
©er  ^immel  l)at  feine  (Sterne, 
2lber  mein  $erj,  mein  #erj, 
SfJleirt  §erj  fat  feine  Siebe. 

©rofj  ift  ba§  -Jfteer  unb  ber  §immel, 
©odj  größer  ift  mein  §erg, 
Unb  fdjöner  al§  perlen  unb  ©terne 
Sendetet  unb  ftra^lt  meine  Siebe. 


167 


SDu  fleine§,  junge«  9Käbd[>en, 
$omm  an  mein  grojse§  £erj ;  10 

9Jtein  £erj  unb  ba3  9Keer  unb  ber  $immel 
Sßergelm  cor  lauter  Siebe. 


[326]  2ln  bie  blaue  Irimmelsbecfe, 
2Bo  bie  fdjönen  Sterne  blinfen, 
W6d)V  idf)  preffen  meine  Sippen,  15 

^reffen  roilb  unb  ftürmifcfj  meinen. 

!yene  Sterne  finb  bie  2(ugen 
deiner  Siebften,  taufenbfältig 
Schimmern  fie  unb  grüben  freunblicr), 
2tu§  ber  blauen  .Ipimmetebecfe.  20 

%laü)  ber  blauen  .^hnmetebetfe, 
ytad)  ben  2lugen  ber  ©eliebten, 
^eb'  icfj  anbadfjtSüoll  bie  2lrme, 
Unb  tcfj  bete  unb  icfj  flelje: 

$olbe  2lugen,  ©nabenlictjter,  25 

D,  befeligt  meine  Seele, 
Safjt  midp  fterben  unb  erroerben 
@ucij  unb  (Suren  ganzen  §imme(! 


[327]  VLuZ  ben  $immel<3augen  broben, 
fallen  gitternb  lichte  $unfen  30 

%)uvd)  bie  üftacfyt,  unb  meine  (Seele 
SDelmt  fidfj  lieberceit  unb  meiter. 

®,  $#*  |>immel3augen  broben! 
üfiteint  @udf)  atö  in  meine  Seele, 
$)afj  t)on  lieben  Sternentljränen  35 

Ueberfliefjet  meine  (Seele. 


168 

(Singemiegt  »ort  Sfteeregroelten, 
Unb  von  träumenben  ©ebanfen, 
Sieg'  idfj  ftill  in  ber  ßajüte, 
40  $n  bem  bunfeln  SBinfelbette. 

SDurdE)  bie  offne  Sufe  fdfjau'  ia) 
Proben  Ijodfj  bie  fetten  ©terne, 
Sie  geliebten,  füfjen  Slugen 
deiner  füfjen  Vielgeliebten. 

45  [328]  Sie  geliebten,  füfjen  öligen 

Sßadfjen  über  meinem  Raupte, 
Unb  fie  flingen  unb  fie  roinfen 
2lu<§  ber  blauen  ^immelsbecfe. 

■Kaci)  ber  blauen  §immel3bedfe 
so  ©dfjau'  tdjj  feiig  lange  ©tunben, 

33i§  ein  meiner  9?ebelfcfjle«er 
Wix  »erfüllt  bie  lieben  2tugen. 


Sin  bie  bretterne  ©d)ipu>anb, 

Sßo  mein  träumenben  §aunt  liegt, 
55  Trauben  bie  SBeHen,  bie  milben  SBellen. 

©ie  rauften  unb  murmeln 

■üttir  tjeünlicl)  in'3  D§r: 

„SBetljörter  ©efeHe! 

Sein  2lrm  ift  fur$,  unb  ber  §immel  ift  roeit, 
60  Unb  bie  ©terne  broben  finb  feftgenagelt, 

Vergebliches  ©ebenen,  üergeblicfjed  ©eufjen, 

Sa§  Sßefte  märe,  bu  f erlief eft  ein." 


[329]  @§  träumte  mir  üon  einer  meiten  £aibe, 
2ßeit  überbedft  üon  meinem,  meinem  ©cfjnee, 
es  Unb  unter'm  meinen  ©clmee  lag  iclj  begraben, 

Unb  fdtjltef  ben  einfam  falten  £obesfcf;laf. 


169 


$)odfj  broben  au§  bem  bunfeln  £immel  flauten 
herunter  auf  mein  ©rab  bie  ©ternenaugen, 
£>ie  füfjen  2tugen!  unb  fte  glänzten  ftegfyaft 
Unb  rul)tg  Reiter,  aber  notter  Siebe.  70 

[330]  VIII. 

@s  roütfjet  ber  ©türm, 
Unb  er  peitfdjt  bie  2M'n, 
Unb  bie  SÖMen,  rautljfdEjäumenb  unb  bäumenb, 
Stürmen  firf;  auf,  unb  e§  mögen  lebenbig 
£ie  meinen  Sßafferberge,  5 

Unb  ba§  ©dEjifflein  erftimmt  fie 
§aftig  mutant, 
Unb  nlö^lid)  ftürjt  e§  Ijinab 
$n  fdjroarje,  meitgäljnenbe  glutfyabgrünbe  — 

D  5Öieer!  10 

9Jlutter  ber  ©dpönfyeit,  ber  ©dfjaumentftiegenen ! 
©rojjmutter  ber  Siebe!  fcfjone  meiner! 
©djon  flattert,  leidjenroittemb, 
£)ie  roeifje,  gefpenftifclje  Wöve, 
Unb  roe$t  an  ben  9Jiaftbaum  ben  ©dmabel,  15 

Unb  led^t,  voll  ^rajsbegier,  nadlj  bem  9)tunb, 
25er  com  9tu§m  beiner  Xodfjter  ertönt, 
[331]  Unb  led)3t  nadf)  bem  .£jergen, 
3)a3  bein  dnfel,  ber  fleine  ©dEjalf, 
3um  ©pieljeug  erroäfylt.  20 

Vergebens  mein  Sitten  unb  $lefm! 
9#ein  Stufen  uerfyaflt  im  tofenben  ©türm, 
3>m  ©dfjladfjtlärm  ber  üöinbe; 
@3  brauet  unb  pfeift  unb  praffelt  unb  Ijeult, 
SÖie  ein  £ottljau3  r>on  £önen!  25 

Unb  jroifajenburcfj  £)ör'  itf)  üernefymbar 
Sodfenbe  #arfenlaute, 


170 

©efjnfudfjtratfben  ©efang, 
©eelenfcfjmetjenb  unb  feelen^erreifsenb, 
30  Unb  idj  ernenne  bie  Stimme. 

$ern  an  fdjottifdjer  gelfentufte, 
2öo  ba§  graue  ©d£)löfs(ein  IjinauSragt 
Heber  bie  branbenbe  ©ee, 
SDort  am  I)od(jgen)ött)ten  $enfter, 

35  ©tefjt  eine  fc^öne,  franfe  %xau, 

,3artburcf)fid)tig  unb  marmor&lafj, 
Unb  fie  fpiett  bie  §arfe  unb  fingt, 
Unb  ber  SSMnb  burdjroüp  ifjre  langen  Soden, 
Unb  trägt  ifjr  bunffe§  Sieb 

40  Ue&er  ba3  roeite,  ftürmenbe  9fteer. 

[332]  IX. 

9tteere3ftiae!    Sftre  ©trafen 
2öirft  bie  ©onne  auf  ba§  2Baffer, 
Unb  im  mogenben  ©efcfjmeibe 
giefjt  ba<3  ©dfnff  bie  grünen  $urdjen. 

5  Set)  bem  ©teuer  liegt  ber  33oot3mann, 

Stuf  bem  Saud),  unb  fdjnardjet  leife. 
Set»  bem  9Jiaftbaum,  feegelflidfenb, 
dauert  ber  bewerte  ©djipjung. 

hinter 'm  ©djmu£e  feiner  Sangen 
io  ©prüljt  e§  rorf),  roefymütfyig  jucft  e3 

Um  ba§  breite  9Raut,  unb  fd&merjlidf) 
©dfjau'n  bie  grofjen,  frönen  Sfugen. 

[333]  2)enn  ber  Sapitän  ftefjt  üor  ifjm, 
£obt  unb  flucht  unb  ftf)ilt  ifm:  ©pifcbub. 
15  „©pi$bub!  einen  gering  Ijaft  bu 

2(u3  ber  £onne  mir  geflogen!" 


171 

9Reere3ftiHe!  2tu§  ben  SöeUen 
%aud)t  fyerüor  ein  f(uge§  $ifd£)lem, 
SBärmt  ba§  ^öpfd^en  in  ber  ©onne, 
^ßlätfd^ert  luftig  mit  bem  ©c§roänjd)en.  20 

©odfj  bie  -Jftöüe,  au§  ben  Stiften, 
©dfjtejjt  herunter  auf  ba§  $ifcf)tein, 
Unb  ben  rafdjen  Staub  im  ©djnabel 
©dfjnringt  fie  fidf)  hinauf  in'<§  Staue. 

[334]  X. 

%<§  aber  tag  am  9knbe  be§  ©d£jiffe3, 
Unb  fcfjaute,  träumenben  3tuge§, 
£inab  in  ba§  frnegelftare  Söaffer, 
Unb  flaute  tiefer  unb  tiefer  — 
33i§  tief,  im  9Jleere§grunbe,  5 

2lnfang§  roie  bämmernbe  hiebet, 
$ebod()  attmäfytig  farbenbeftimmter, 
$ircf)enfuppel  unb  ü£§ürme  firf)  geigten 
Unb  enbtidfj,  fonnenffar,  eine  gange  ©tabt, 
3lltertt)ümlicr3  niebertänbifdf),  10 

Unb  menfrf;enbelebt. 
SBebäcfjtige  Männer,  fdtjroargbemäntett, 
9ttit  meinen  ^aföfraufen  unb  @§renfetten 
Unb  langen  SDegen  unb  langen  ©efidfjtern, 
©freiten,  über  ben  mimmetnben  2Eftarftpla£,         15 
[335]  9iarf;  bem  treppenfyofyen  Statfyfyauf, 
ÜBo  fteineme  ÄanferbUber 
SBad^t  Ratten  mit  ^epter  un*>  ©tfnnerbt. 
Unferne,  nor  langen  §äufer=9tetf)'n 
Wlit  fpiegelblanfen  ^enftern,  20 

©tefjn  pnramibtfdfj  befdpnittene  Sinben, 
Unb  roanbeln  feibenraufdfjenbe  ^ungfrau'n,. 
©in  gülben  23anb  um  ben  fa)lanfen  Seib, 
5Die  ShtmengeftdEjter  fittfam  umfcfjloffen 


172 

25  3Son  fdEjmarjen,  fammtncn  9ftü£djen, 

2ßorau§  bte  Sotfenfütte  fyertmrbringt. 

23unte  (gefeiten,  in  fpanifdfjer  £rad)t, 

©tottrat  üorüber  unb  nitfen. 

S3eja|rte  grauen, 
30  $n  braunen,  üerftf;of(nen  ©eroänbern, 

©efangbucf;  unb  $ofenfran§  in  ber  §anb, 

©ilen,  trippelnben  <Sd£jritt§, 

■iftadj  bem  großen  SDome, 

©etrieben  t>on  ©lodrengeläute 
35  Unb  raufcfjenbem  Drgelton. 

■äflidfj  felbft  ergreift  be§  fernen  $lang§ 
©etyeimnifmoü'er  ©dfjauer, 
Unenblid^el  ©efmen,  tiefe  2öefymutlj 
93efd^Ietcr)t  mein  $erj, 

40  9Jiein  faumgeljeUteg  £erg; 

[336]  9Jtir  ift  alt  mürben  feine  3Bunben 
33on  lieben  Sippen  aufgetufjt, 
Unb  träten  roieber  bluten, 
$eifje,  rotlje  tropfen, 

45  S)ie  lang  unb  langfam  nieberfatl'n 

2luf  ein  a(te§  $au§  bort  unten 
$n  ber  tiefen  SReerftabt, 
Stuf  ein  alte§,  fjodEjgegtebelteg  £au3, 
®a§  melandEjolifd)  menfdEjenleer  ift, 

so  Sfur  bafj  am  untern  $enfter 

©in  aJtäbdjen  fifct, 
$>en  Äopf  auf  ben  2lrm  geftü|t, 
SSie  ein  armes,  »ergeffeneS  $inb  — 
Unb  idfj  fenne  bidfj  arme<§,  »ergeffeneS  $inb! 

55  ©o  tief,  fo  tief  alfo 

SSerftedrteft  bu  bidf)  cor  mir, 

2lu§  finbifdfjer  Saune, 

Unb  fonnteft  nicfjt  me§r  f)inauf, 

Unb  fafjeft  fremb  unter  fremben  Seuten, 

co  ^ünffjunbert  ^a^re  lang, 


173 


SDerroeüen  idj,  bie  «Seele  »oft  ©ram, 

Stuf  ber  gangen  @rbe  bidfj  futf;te, 

Unb  immer  bicfj  fudjte, 

2)u  ^mmergeliebte, 

2)u  Sängftuerlorene,  65 

[337]  ©u  @nblia)gefunbene,  — 

3dj  Ijab'  bidf)  gefunben  unb  fdjaue  mieber 

SDetn  ffifjeS  ©efidjt, 

£>ie  futgen,  treuen  2(ugen, 

£>a3  liebe  Säbeln  —  70 

Unb  nimmer  roitt  tdEj  bid()  roieber  »erlaffen, 

Unb  id^  fomme  fyinab  511  bir, 

Unb  mit  ausgebreiteten  Strmen 

©türj'  idfj  Ijinab  an  bein  §erj  — 

2lber  jur  redeten  $eit  nocfy  76 

Ergriff  midfj  betjm  $ufj  ber  Gapttän, 
Unb  30g  midfj  »om  «Schiff  §ranb, 
Unb  rief,   ärgerlich  ladfjenb: 
2>oftor,  finb  ©ie  be3  Teufels? 

[338]  XI. 

j&£tni0im0. 

SBleib'  £)u  in  betner  -Jfteere^tiefe, 
äBafynfinniger  £raum,  << 

2)er  bu  einft  fo  manche  -iftacfjt 
9Kein  |jer§  mit  falfdfjem  ©lud  gequält  fjaft 
Unb  jefct,  aU  <5ee=@efpenft,  5 

Sogar  am  (Jetten  £ag'  midj  bebrofjeft  — 
23Ieib'  SDu  bort  unten,  in  (Sroigfeit, 
Unb  id(j  merfe  nocf;  ju  bir  Ijinab 
Slff  meine  ©cfjmerjen  unb  Sünben 
Unb  bie  ©cfjettenfappe  ber  ^t)orr)ett,  10 

£)te  fo  lange  mein  §aupt  umfUngelt, 
Unb  bie  falte,  gleifjenbe  ©öfjlangenljaut 
£)er  ^eudfjdeo, 


174 


£>ie  mir  fo  long'  bie  «Seele  umtounben, 
15  £>ie  franfe  Seele, 

SDte  gottoerleugnenbe,  engeloerleugnenbe, 

[339]  Unfelige  Seele  — 

#oil)o!  #otf)o!  2)a  fommt  ber  2Binb! 

SDie  Segel  auf!    Sie  flattern  unb  fdjroelTn; 
20  Ueber  bie  ftilloerberblidje  $läd)e 

ßilet  ba§  Schiff, 

Unb  e<8  jaudjgt  bie  befrente  Seele. 

[340]  XII. 

^ocr)  am  ^immel  ftanb  bie  Sonne, 

33on  meinen  Sßolfen  umroogt, 

25a3  $teer  mar  ftill, 

Unb  finnenb  lag  idj  am  Steuer  be3  Sdjiffe3, 
5  £räumerifdfj  finnenb,  —  unb  l»alb  im  SBadjen 

Unb  Ijalb  im  Schlummer,  flaute  id)  Gfjriftu§, 

$>en  ^eilanb  ber  Sßelt. 

$m  raallenb  meinen  ©eroanbe 

SBanbelt'  er  riefengrofj 
io  Ueber  Sanb  unb  9Jieer; 

@§  ragte  fein  «irjauot  in  ben  ^immel, 

$)ie  $änbe  ftrecfte  er  fegnenb 

Ueber  Sanb  unb  9Keer; 

Unb  aU  ein  ^erj  in  ber  23ruft 
i5  £rug  er  bie  Sonne, 

$)ie  rotl)e,  flammenbe  Sonne, 

[341]  Unb  btö  roilje,  flammenbe  Sonnenljerj 

©ofj  feine  ©nabenftraljlen 

Unb  fein  fjolbeg,  liebfeligeS  Sitfjt, 
20  ©rleudfjtenb  unb  roärmenb, 

Ueber  Sanb  unb  9Jteer. 

©lodfenflänge  gogen  fenerlitf; 
#in  unb  l)er,  jogen  toie  Sdjroäne, 


175 


2lm  9tofenbanbe,  ba§  gleiienbe  ©dfjiff, 
Unb  sogen  e€  fpielenb  an '3  grüne  Ufer,  25 

3ßo  9JJen|d^en  roolmen,  in  fyodjgetfjürmter, 
Sftagenber  ©tabt. 

D  ^riebensrounber !  2Bie  ftitt  bie  ©tabt! 
@<S  rufyte  ba§  bumpfe  ©eräufdEj 
Der  fcfiroa^enben,  ftfjroülen  ©eroerbe,  30 

Unb  burcfj  bie  reinen,  Ijaffenben  ©trafen 
$ogen  -JRenfdEjen,  roeijjgefteibete, 
^almjnieig^tragenbe, 
Unb  roo  fidfj  3tüe9  begegneten, 
©aljn  fie  ficf)  an,  r»erftänbnifjinnig,  30 

Unb  fdijauemb,  in  Siebe  unb  füfjer  (Sntfagung, 
ßüfjten  fie  ficfj  auf  bie  ©tirne, 
Unb  flauten  hinauf 
%lad)  be§  £eUanb§  ©onnenfyerjen, 
[342]  Da§  freubig  oerföfynenb  fein  rot§e3  23lut      40 
^inunterftrafylte, 
Unb  brenmalfelig  fpracijen  fie: 
©elobt  ferj  ^efu  ©§rift! 


^ätteft  bu  bod£>  bieg  ÜlraumbUb  erfonnen, 
2öa3  gäbeft  bu  b'rum,  45 

©eliebtefter ! 

Der  bu  in  $onf  unb  Senben  fo  fcfjroadfj, 
Unb  im  ©lauben  fo  ftarf  bift, 
Unb  bie  Drenfaltigfeit  efjreft  in  Einfalt, 
Unb  ben  5D?op§  unb  ba3  Äreuj  unb  bie  $fote       50 
Der  fyofyen  ©önnerin  täglich  füffeft, 
Unb  bidj  fyinaufgefrömmelt  Ijaft 
3um  £ofratf)  unb  bann  jutn  ^uftijratlj, 
Unb  enblicf)  jum  SflatEje  ben  ber  Regierung, 
3n  ber  frommen  ©tabt,  55 

2öo  ber  ©anb  unb  ber  ©tauben  blitzt, 
Unb  ber  ^eiligen  ©prea  gebutbigeS  Sßaffer 


176 


SDie  «Seelen  roäfdjt  unb  ben  £ljee  oerbünnt  — 

#ätteft  bu  bod)  bieg  £raum&ilb  erfonnen, 
6o  ©elieotefter ! 

2)u  trügeft  e§,  Pieren  DrteS,  $u  9Rarft, 

SDein  roeidjeS,  bltnjelnbe-S  2(ntft$ 

$erfd)tt)ämme  gang  in  2lnbadf)t  unb  SDemutf), 

Unb  bie  .£jodfjerlaua)te, 
es  SSergüctt  unb  roonnebe&enb, 

Sänfe  fcetenb  mit  bir  auf's  $nie, 

Unb  i§r  2(uge,  fetig  ftraljlenb, 

SSer^tejge  bir  eine  ©eljaltjulage 

3Son  fyunbert  Sfcfjatern  $reufjifd)  Mourant, 
to  Unb  bu  ftammelteft  fjänbefaltenb : 

(Mo  6t  fet>  ^efu  G&rift! 


177 


3xt  Bxrrtrfee* 

1826. 


L343]  Jftmfe  m&ffujiimtg. 

2Kotto:  Xenopfcon'ä  HnafcaftS  IV.  7. 
I. 

X&alatta!  2$afotta! 
©ep  mir  gegrüßt,  bu  eratge§  sIReer! 
©et)  mir  gegrüßt  gelmtaufenbmal 
2lu3  jaud^enbem  ^erjen, 

SBie  einft  bidfj  begrüßten  5 

3e^ntau[enb  ©riecfjenfjerjen, 
Unglücfbefämpfenbe,  fjetmatljüerlangenbe, 
2Beltberül)mte  ©ried^en^erjen. 

@3  raogten  bie  ^lutljen, 
©ie  roogten  unb  brauften,  10 

£)ie  ©onne  gofj  eilig  herunter 
SDie  fpielenben  9tofcnlidjter, 
[344]  3)ie  aufgefcf)eucfjten  Sftöoenjüge 
flatterten  fort,  lautfcfjrepenb, 
@S  ftampften  bie  3^offe,  e§  flirrten  bie  ©djilbe,        15 
Unb  roeitfyin  erfdEjoU  e3,  roie  ©iegegruf: 
^liahtta!  Sfjalatta! 

Utteraturdenkmale  des  18.  n.  19.  Jahrh.    27.  12 


178 


©eg  mir  gegrüßt,  bu  einiget  9Jleer, 
2Öie  Sprache  ber  ^»eimat^  raufet  mir  bein  9©affer, 
2öie  träume  ber  ^tnbtjett  fei)'  idfj  e§  flimmern 
Stuf  beinern  roogenben  SBellengebiet, 
Unb  alle  ©rinn'rung  erjäfylt  mir  auf's  neue, 
3Son  all  bem  lieben,  IjerrlidEjen  ©pieljeug, 
3Son  all  ben  blinfenben  2öeil)nacl)t§gaben, 
2?on  all  ben  rotten  Gorallenbäumen, 
©olbfifdjdfjen,  perlen  unb  bunten  -JRufcljeln, 
£)ie  bu  gefyeimnifjüoll  beroaljreft 
SDort  unten  im  flaren  $riftallf)au§. 

D!  roie  Ijab'  icfj  gefa^mad^tet  in  ober  ^rembe! 
©letcfj  einer  roelfen  SBlume 
$,n  be§  23otanifer3  bleierner  Zapfet, 
Sag  mir  bas>  §er^  in  ber  53ruft; 
3Jltr  ift,  al§  fafj  xd)  rointerlange, 
©in  $ranfer,  in  bunfler  ^ranlenftube, 
Unb  nun  oerlaf?  idj  fie  plö^lid;, 
[345]  Unb  blenbenb  ftraljlt  mir  entgegen 
©er  fdjmaragbne  $rüi)ling,  ber  fonnengeroedte, 
Unb  e§  rauften  bie  meinen  33lüt§enbäume, 
Unb  bie  jungen  Blumen  fdjauen  mid;  an, 
SUlit  bunten,  buftenben  2lugen, 
Unb  e§  buftet  unb  fummt,  unb  at^met  unb  Iad)t, 
Unb  im  blaum  Fimmel  fingen  bie  33öglein  — 
2l)alatta!  Sfjalatta! 

$)u  tapfere^  9iü<f^ugr)erg ! 
3Sie  oft,  mie  bitteroft 
S3ebrängten  bicr)  be§  Sorbens  Barbarinnen! 
3lu§  großen,  fiegenben  Slugen 
Stoffen  fie  brennenbe  Pfeile; 
SJlit  frummgefdpliffenen  Porten 
©rotten  fie  mir  bie  Sruft  j$u  fpalten, 
9Jiit  ßeilfdfjriftbilletS  ^erfdplugen  fie  mir 
$>a§  arme,  betäubte  ©efjim  — 
Vergebens  Ijielt  icfj  ben  Sdjilb  entgegen, 


179 


2)ie  Pfeile  jifd^ten,  bie  triebe  fragten, 

Unb  von  bes  Sorbens  Barbarinnen  55 

üffiarb  icfj  gebrängt  bi<S  an'S  SReer, 

llnb  frenaufatrjmenb  begrüß'  idj  ba§  -Jfteer, 

2>a3  liebe,  rettenbe  5Reer, 

£l)alatta!  2r,alatta! 


[340]  II. 

©Eilriff  er. 

^umpf  liegt  auf  bem  9Keer'  ba§  ©eroitter, 
Unb  burtf)  bie  fdjroarje  3ßolfemt>anb 
3udt  ber  jarfige  2öetterftrarjl, 
SHafd)  aufleudjtenb  unb  rafct)  üerftfjroinbenb, 
SBie'n  5Siij  au§  bem  Raupte  ÄronionS.  5 

lieber  ba§  roüfte,  roogenbe  Sßaffer 
Sßeit^in  rotten  bie  Bonner 
Unb  fpringen  bie  roeifjen  2öeEenroffe, 
$)ie  33orea3  felber  gezeugt 

5Rit  be§  (Sridjtljong  rei^enben  ©tuten,  10 

llnb  e§  flattert  ängftlicr)  ba3  ©eegenögel, 
3Bte  ©dfjattenleidjen  am  ©to£, 
$)ie  Sharon  abratet  00m  nädfjtlidjen  $alm. 

2lrme§,  luftiges  ©dfjiffletn, 
2)as  bort  bafjintanjt  ben  fdjlimmften  %an$\  15 

Sleolug  fdjicft  tr)m  bie  flinlften  ©efelfen, 
[347]  ©ie  milb  auffpielen  jum  frötjltdjen  Zeigen; 
IDer  Gine  pfeift,  ber  9lnbre  bläft, 
$>er  ^Dritte  ftreidfjt  ben  bumpfen  Brummbaß  — 
Unb  ber  fdnnanfenbe  ©eemann  ftetjt  am  ©teuer,       20 
Unb  fdjaut  beftänbig  nad)  ber  Suffole, 
$>er  gitternben  ©eele  be§  ©cfjiffeS, 
Unb  fjebt  bie  £änbe  fletjenb  jum  Fimmel: 
D  rette  midj,  Üaftor,  reifiger  $elb, 
Unb  $u,  Kämpfer  ber  gauft,  $olnbeufe§!  25 

12* 


180 


[348]  III. 

Hoffnung  unb  Siebe!  2We§  zertrümmert! 
Unb  tcfj  felber,  gleid)  einer  Seidje, 
$>ie  grollenb  auSgeroorfen  ba3  9Keer, 
Sieg'  idj  am  ©tranbe, 
5  2lm  oben,  fallen  ©tranbe. 

5ßor  mir  moget  bie  SSafferroüfte, 
hinter  mir  liegt  nur  Kummer  unb  (Slenb, 
Unb  über  mid^  {»in  gießen  bie  Söolfen, 
2)ie  formlog  grauen  £öcijter  ber  Suft, 

io  Sie  au§  bem  -JReer',  in  -ftebeleimern, 

$Da3  SÖaffer  fd^öpfen, 
Unb  e3  müljfam  fd)leppen  unb  fcf)leppen, 
Unb  e§  roieber  üerfd)ütten  in'§  ^JJZeer, 
©in  trübe§,  langroeil  ge§  ©efcfjäft, 

i5  Unb  nu|lo§,  raie  mein  eignes  Seben. 

[349]  2)ie  SBogen  murmeln,  bie  Morien  fdfjrillen, 
2tlte  ßrinn'rungen  roeljen  midE)  an, 
SSergeffene  träume,  erlofdfjene  Silber, 
üualoolt  füfje,  tauten  i)ert>or! 

20  @3  lebt  ein  2Seib  im  Sorben, 

@in  fc§öne§  2Öeib,  fömglidf)  fcfjön. 

5Die  fcjjlanfe  3ppreffengeftalt 

Umfcfjliefst  ein  lüftern  roeijje§  ©eroanb; 

SDie  bunfle  SodrenfüUe, 
25  2öie  eine  feiige  9kd(jt,  ergießt  ficlj 

S8on  bem  Ijofyen,  fledjtengefrönten  Raupte, 

©ie  ringelt  ftdlj  träumeriftf;  ftifj 

Um  ba§  füfje,  blaffe  2lntli£ ; 

Unb  au§  bem  füjjen,  blaffen  2lntli£, 
30  ©rofj  unb  geroaltig,  ftraljlt  ein  Sluge, 

2öie  eine  fdjroarje  ©onne. 

D,  bu  fdEjroar^e  (Sonne,  roie  oft, 
©ntjücfenb  oft,  tranf  id&  aui  bir 


181 


Sie  rauben  23egeift'rungsflammen, 

Unb  ftanb  unb  taumelte,  feuerberaufcfjt  —  35 

Sann  fd^roebte  ein  taubenmilbe§  Sädjetn 

Um  bie  ^od^gefd^ür^ten,  froren  Sippen, 

Unb  bie  tyodjgefdjürjten,  froren  Sippen 

[350]  £audjten  2öorte,  füjs  roie  2KonbIid)t 

Unb  $art  roie  ber  Suft  ber  9tofe  —  *o 

Unb  meine  Seele  errjob  fidj 

Unb  flog,  roie  ein  Star,  hinauf  in  ben  -Jpimmel! 

Sc&roeigt,  i§r  Sogen  unb  SJiöüen! 
Vorüber  ift  3ltte§,  ©lücf  unb  Hoffnung, 
Hoffnung  unb  Siebe!    £$  liege  am  93oben,  45 

(tin  ober,  fcfjiffbrüdfjiger  SRann, 
Unb  brücfe  mein  glüfyenbeS  2lntli$ 
$n  ben  feudfjten  Sanb. 

[351]  IV. 

Srmrtfmmtergang. 

Sie  fdfjbne  Sonne 
$ft  rufjig  fyinabgeftiegen  m§  2fteer; 
Sie  roogenben  SSaffer  finb  fcr)on  gefärbt 
33on  ber  bunfeln  $lacf)t ; 

9iur  nod)  bie  2l6enbrötl;e  5 

Ueberftreut  fte  mit  golbnen  Sintern, 
Unb  bie  raufcfjenbe  ^lutfygeroalt 
drängt  an '3  Ufer  bie  roeifjen  ÜBellen, 
Sie  luftig  unb  fyaftig  Rupfen, 
SGSte  roollige  Sämmerrjeerben,  10 

Sie  2lbenb3  ber  fingenbe  Hirtenjunge 
9lad)  £aufe  treibt. 

2£ie  fcr)ön  ift  bie  Sonne! 
©0  fpradfj  nadf)  langem  Scfjroeigen  ber  $reunb, 
Ser  mit  mir  am  Stranbe  roanbelte,  15 

[352]  Unb  fdjer^enb  Ijalb  unb  l)alb  roelnniitfyig, 
S5erficr)ert'  er  mir:  bie  «Sonne  feo 


182 

Gine  fdfjöne  $rau,  bie  ten  alten  -Jfteergott 

2tu§  ßonoenteng  gefyeuratfyet ; 
20      £)e§  £age§  über  roanble  fie  freubig 

2lm  fyofyen  §immel,  purpurgepuijt 

Unb  biamantenblitjenb, 

Unb  allgeltebt  unb  allbenmnbert 

33on  alten  ÜBettfreaturen, 
2a      Unb  alle  Sfiteltlreaturen  erfreuenb 

9ttit  ir)re^  23litfe§  2id)t  unb  2ßärme; 

Slber  bei  SlbenbS,  troftlo§  gelungen, 

$efjre  fie  roieber  jurücf 

$n  ba§  feuchte  £au§,  in  bie  oben  2lrme 
30     2)e§  greifen  ©emalite. 

©laub'  mir  —  fetjte  ^inju  ber  ^reunb, 

Unb  ladete  unb  feufate  unb  lad;te  roieber  — 

$)ie  führen  bort  unten  bie  gärtlicfjfte  (Sfye! 

@ntraeber  fie  fd^lafen,  ober  fie  ganten  fidt), 
35     £)aJ3  Ijocfjaufbrauft  f)ier  oben  ba§  3Jieer, 

Unb  ber  «Schiffer  im  üfikllengeräufcf)  e§  fyört, 

2Bie  ber  Sitte  fein  SBeib  auffeilt: 

„Sftunbe  9Jle£e  be§  2öeltalt3! 

©trafylenbuljlenbe ! 
40      SDen  ganzen  £ag  glütift  bu  für  Slnbre, 

[353]  Unb  9*ad)tg,  für  midfj,  bift  bu  froftig  unb  mübe!" 

SRacfj  folcfjer  ©arbinenprebtgt, 

SBerftetjt  fid),  bricht  bann  aus  in  frönen 

25ie  ftolge  (Sonne,  unb  fragt  iljr  (Slenb, 
45      Unb  flagt  fo  jammerlang,  bafj  ber  -Jfteergott 

$lö$lid)  oerjroeiflunggooll  au§  bem  23ett  fpringt, 

Unb  fdfjnelt  nacfj  ber  SEReere§fläd^e  fyerauffdjroimmt, 

Um  Suft  unb  Sefinnung  %u  fdfjöpfen. 

—  ©o  fafj  idfj  Um  felbft  oerfloffene  3lad)t 
so      Sil  an  bie  2)ruft  bem  5Reer  enttauctjen. 
GJr  trug  eine  ^acfe  oon  gelbem  ^lanell, 
Unb  eine  lilienroeifje  %lati)tmü%\ 
Unb  ein  abgeroelfteS  ©eficfjt. 


183 

[354]  V. 

3tx  ©cfang  fccer  Bftcanifcen. 

2tbenblid[j  blaffer  roirb  e§  am  SJieere, 
Unb  einfam,  mit  feiner  einfamen  ©eele, 
©ifct  bort  ein  5CRann  auf  bem  fallen  ©tranb, 
Unb  fdfjaut,  tobtfalten  33(icfe3,  Ijinauf 
yiatf)  ber  roeiten,  tobtfalten  §tmmel3u>ölbung,  5 

Unb  fa^aut  auf  bai  weite,  roogenbe  -Sfteer, 
Unb  über  bag  roeite,  roogenbe  SKeer, 
Sßie  Süftefegler,  gierjn  feine  ©eufjer, 
Unb  feljren  roieber,  trübfetig, 

Unb  Ratten  r>erftf;loffen  gefunben  ba§  §er3,  10 

SBorin  fie  anfern  mollten  — 
Unb  er  ftör)nt  fo  laut,  bajs  bie  meinen  Wövzn, 
2lufgefcfjeud()t  au§  ben  fanbigen  Heftern, 
$l)n  fyeerbenroeif  umflattern, 

Unb  er  fprtdjt  §u  iljnen  bie  ladjenben  Söorte.  15 

[355]  ©dfjroarjbeinigte  SBögel, 
SEfttt  meinen  klügeln  ;Jfteer=überflatternbe, 
9fttt  frummen  Schnäbeln  ©eeroaffer=faufenbe, 
Unb  tr)ranigte§  9tobbenfleifd^=freffenbe, 
@u'r  Seben  ift  bitter  raie  Sure  -ftaljrung!  20 

3>dj  aber,  ber  ©lücfliclje,  fofte  nur  ©üfteS! 
^4  Mte  ben  füfjen  3)uft  ber  9tofe, 
®er  9ftonbfd)ein=gefütterten  92ad(jtigallbraut ; 
%<§  fofte  nodj  füfjere  $oftr^23aiferS, 

■Jflit  meiner  ©eligfeit  gefüllte;  25 

Unb  ba§  2lHerfüj$efte  foft'  itfi: 
©üfje  Siebe  unb  füfjei  ©eliebtfemt. 

©ie  liebt  mxcfyl    ©ie  liebt  midj!  bie  r)oIbe  Jungfrau! 
Seijt  fteljt  fie  baljeim,  am  Srfer  be§  §aufe§, 
Unb  fdjaut  in  bie  £)ämm'rung  r)inau§,  auf  bie  Sanbftrafj',  30 
Unb  fyordjt,  unb  feljnt  fidj  nadfj  mir  —  roaljrljaftig ! 
93ergeben§  fpä^t  fie  untrer  unb  fie  feufeet, 
Unb  feuf^enb  fteigt  fie  fyinab  in  ben  ©arten, 


184 


Unb  roanbelt  in  ©uft  unb  -IftonbfdEjein, 
85      Unb  fprid^t  mit  ben  23Iumen,  erjagtet  irmen: 

2öie  idfj,  ber  ©eliebte,  fo  lieblidf)  bin 

Unb  fo  liebengroürbig  —  roar)rr)aftig ! 

%laä)l)ex  im  Seite,  im  ©dfjlafe,  im  £raum, 

Umgaufelt  fie  feiig  mein  tfyeureS  23ilb, 
40      ©ogar  be£  9Jtorgen3,  beim  ^rüfyftücf, 

[356]  Stuf  bem  glän^enben  23utterbrobte, 

©iefyt  fie  mein  läd[jelnbe§  2lntft£, 

Unb  fie  frifjt  e§  auf  oor  Siebe  —  roaljrfjaftig ! 

Sllfo  prallt  er  unb  prallt  er, 
45      Unb  groifdjenbrein  fdfjritten  bie  9Kör»en, 

2Bie  talteS,  ironifcfje§  $icfjern; 

©te  ©ämm'rungSnebel  fteigen  herauf; 

%u§>  niolettem  ©eroölf,  unfyeimlidEj, 

©cfyaut  rjeroor  ber  graSgelbe  9Konb; 
so      £od()aufraufdfjen  bie  9tteere§n>ogen, 

Unb  tief  au$  fyodfjaufraufcfyenbem  9fleer, 

ÜIBerjmütfyig  roie  flüfternber  2öinbgug, 

£önt  ber  ©efang  ber  Dfeaniben, 

©er  fdfjönen,  mitkib'gen  Sßafferfrau'n, 
55     93or  allen  oerneljmbar  bie  lieblidfje  «Stimme 

©er  filberfüfjigen  $eleu3=@attin, 

Unb  fie  feufjen  unb  fingen: 

D  £§or,  bu  %i}ox\  bu  prarjlenber  Sljor! 
©u  fummergequälter ! 

eo      ©aljingemorbet  finb  aU'  beine  Hoffnungen, 
©ie  tänbelnben  $inber  be§  §ergen§, 
Unb  acr) !  bein  ^erg,  bein  ^iobe^erj 
SSerfteinert  oor  ©ram! 
[357]  $n  beinern  Raupte  rairb'3  9iad^t, 

es      Unb  e§  judfen  r)inburd£j  bie  23li£e  beg  ÜffialmfinnS, 
Unb  bu  pral)lft  oor  ©d^mergen! 
D  %fyox,  bu  Xf)ox\  bu  praljlenber  %i)ox\ 
£alsftarrig  bift  bu  roie  bein  Slljnljerr, 
©er  Ijorje  Titane,  ber  fyimmlifajel  $euer 


185 


2>en  ©Ottern  ftafjl  unb  ben  ?CRenfd^en  gab,  70 

Unb  ©ener=gequälet,  $elfen=gefeffelt, 

Dlnmpauftro^te  unb  trotte  unb  ftörmte, 

$)aj3  mir  e3  Ijörten  im  tiefen  Wim, 

Unb  ju  iljm  famen  mit  £roftgefang. 

D  £r)or,  bu  £r)or!  bu  prafylenber  £l)or!  75 

3>u  aber  bift  ohnmächtiger  nodj, 

Unb  e§  märe  üernünftig,  bu  e^rteft  bie  ©ötter, 

Unb  trügeft  gebulbig  bie  Saft  be3  @lenb§, 

Unb  trügeft  gebulbig  fo  lange,  fo  lange, 

23i§  2WaS  fe!6ft  bie  ©ebulb  oerliert,  so 

Unb  bie  fernere  2Mt  oon  ben  ©djultern  abroirft 

$n  bie  eroige  -Rad^t. 

<3o  fdjoH  ber  ©efang  ber  Cfeaniben, 
$)er  frönen,  mitleibigen  Sßafferfrau'n, 
33i§  lautere  2öogen  iijn  überraufdjten  —  85 

hinter  bie  2BoIten  §og  ftdj  ber  -iSJconb, 
(Ig  gähnte  bie  -Kadjt, 
Unb  \<$)  fajj  nodfj  lange  im  3)unfeln  unb  meinte. 

[358]  VI. 

3He  ©ötter  ©rterfirnlantrsr. 

2Mblüf>enber  9Jconb!  $n  beinern  £id)t, 
2öie  fltejsenbe^  ©olb,  erglängt  ba§  9Jker; 
2öie  ^agegflarfyeit,  bodj  bämmrig  nerjaubert, 
2iegt§  über  ber  roeiten  ©tranbeSflädje ; 
Unb  am  ^ellblau'n,  fternlofen  §immel  5 

©djmeben  bie  roeifjen  2Bolfen, 
2Bie  Moffale  ©ötterbilber 
23on  leudijtenbem  Marmor. 

■Wein,  nimmermehr,  ba§  finb  feine  Sßolfen! 
©a§  finb  fie  felber,  bie  ©ötter  oon  fedlaZ,  10 

£ie  einft  fo  freubig  bie  üffielt  6er)errfcr)ten, 
£>odj  jetjt,  oerbrängt  unb  oerftorben, 


186 

2Ui  ungeheure  ©efpenfter  ba^tn^te^n 
2lm  mitternäcfjtlidEjen  £jimmel. 

i5  [359]  ©taunenb,  unb  feltfam  geMenbet,  betraft'  ic$ 

S)qS  luftige  ^antfjeon, 

$>ie  feierlitf;  ftummen,  grau'nfjaft  beraegten 

Sftefengeftalten. 

S)er  bort  ift  ßronion,  ber  £immel3fönig, 
20         ©cfmeeroeifj  finb  bie  Socfen  bei  Haupts, 

$)te  berühmten,  olömpoSerfdfnttternben  Socfen, 

@r  l)ält  in  ber  |>anb  ben  erlogenen  33li£, 

^n  feinem  ©efidfjte  Hegt  Unglüä;  unb  ©ram, 

Unb  bod^  nodfj  immer  ber  alte  ©tolg. 
25         £)a§  maren  beffere  $eiten,  o  $eu§, 

2H3  bu  bidf)  fummlifdlj  ergö£teft 

2ln  Knaben  unb  -Jtympfjen  unb  §efatom6en! 

SDodfj  audEj  bie  ©ötter  regieren  nidfjt  emig, 

£)te  jungen  Derbrängen  bie  alten, 
30         2Bie  bu  einft  fet&er  ben  greifen  SSater 

Unb  beine  £itanen=Deljme  oerbrängt, 

Jupiter  ^arriciba! 

2lud£)  bidfj  erfenn'  idfj,  ftolje  £ere! 

£ro£  aU  beiner  eiferfüdfjtigen  Sfngft, 
35         §at  bodfj  eine  Slnbre  ba#  .ßepter  gewonnen, 

Unb  bu  Bift  nidfjt  mefjr  bie  #immel<3fön'gin, 

Unb  bein  grofjeS  2lug'  ift  erftarrt, 

Unb  beine  Silienarme  finb  fraftloS, 

Unb  nimmermehr  trifft  beine  Sftacfje 
40         2)ie  gottbefrudjtete  Jungfrau 

Unb  ben  rounbertfjätigen  ©otte§fo§n. 

[360]  %ud)  bidj  erfenn'  idj,  *JMa3  2lt§ene! 

SKit  ©djilb  unb  2Bei«$ett  fonnteft  bu  nidjt 

2l6roef)ren  ba§  ©ötteroerberben  ? 
45         2ludfj  bidEj  erfenn'  idfj,  aud)  bidfj,  2tof)robtte, 

ßinft  bie  golbene!  je#t  bie  filberne! 

3roar  fcljmücft  biet)  nodfj  immer  be§  ©ürtete  Sie&reij; 

t)odfj  graut  mir  fyeimlidfj  t>or  beiner  <3df;önljeit, 


187 


Unb  wollt'  mid;  beglüden  beut  gütiger  £etb, 

3öie  anbre  gelben,  ich,  ftürbe  uor  Stngft;  so 

2(l§  Setcr)engöttin  erfd^eirtft  bu  mir, 

$enu§  Sibitina! 

■fticfjt  mefyr  mit  Siebe  fdjaut  nad)  bir, 

©ort,  ber  fcfjredlidfje  2lre§. 

G3  fdfjaut  fo  traurig  $t)öbo3  2lpollo,  55 

£>er  Jüngling.     @3  fdjweigt  feine  Sen'r, 

£)ie  fo  freubig  erllungen  beim  ©öttermafyl. 

Wod)  trauriger  fdjaut  .^epfyaiftoS, 

Unb  waljrlid;,  ber  Jptnfenbe!  nimmermehr 

%-äUt  er  §ebe'n  in3  Simt,  eo 

Unb  fdjenft  gefdfjäftig,  in  ber  SSerfammlung, 

©en  lieblichen  SReftar  —  Unb  längft  ift  erlofcfjen 

35as  unau§löfd;Iid[je  ©öttergelädjter. 

%d)  Ijab'  dud)  niemals  geliebt,  3$r  ©btter! 
£>enn  wiberwartig  finb  mir  bie  ©rieben,  65 

Unb  gar  bie  Körner  finb  mir  uerljajst. 
[361]  $)od£j  Ijeil'geS  Erbarmen  unb  fdjaurtge§  -XRitleib 
SDurdjftrömt  mein  §erj, 
SBerat  icfj  @ucf)  jeijt  ba  broben  fd^aue, 
$$erlaffene  (Sötter,  70 

£obte,  nadjtmanbelnbe  ©Ratten, 
•iftebelfdjwadfje,  bie  ber  SBinb  üerfdjeudtjt  — 
Unb  wenn  idij  bebende,  wie  feig  unb  winbig 
SDie  ©ötter  finb,  bie  ®ud)  befiegten, 
S)ie  neuen,  Ijerrfcfjenben,  triften  ©ötter,  75 

SDie  ©cfyabenfrofjen  im  ©d^af§pel§  ber  SDemutl)  — 
D  ba  faf$t  midfj  ein  büfterer  ©roE, 
Unb  brechen  möd£)t'  \d)  bie  neuen  Tempel, 
Unb  fämpfen  für  Qud),  £#r  alten  ©ötter, 
%üv  (Sud;  unb  Gu'r  gute§,  ambrofifd£je3  9led£)t,  so 

Unb  cor  Csuren  Iwfyen  Slltären, 
S)en  roiebergebauten,  ben  opferbampfenben, 
9)cod)t'  id;  felber  fnien  unb  beten, 
Unb  flefjenb  bie  3lrme  ergeben  — 


188 

es         SDenrt,  immerhin,  %f)x  alten  ©ötter, 

.gabt  %f)x'$  audfj  efy'malä,  in  kämpfen  ber  ^enfd^en, 
<Stet§  mit  ber  ^artfyeo  ber  (Sieger  gehalten, 
©o  ift  bodfj  ber  -JRenfdfj  großmütiger  al§  3^, 
Unb  in  ©ötterfämpfen  fyaW  idtj  e3  je|t 

90      SCRtt  ber  ^artfyen  ber  befiegten  ©ötter. 

*  * 

* 

[362]  Sllfo  fpradf)  idE),  unb  fid^tbar  erröteten 

Proben  bie  blaffen  2Mfengeftalten, 

Unb  flauten  midfj  an  roie  ©terbenbe, 

©dfjmerjenüerflärt,  unb  fdfjroanben  plö^Ucr). 

95      ©er  SJconb  oerbarg  fttf;  eben 

hinter  ©eroölf,  ba§  bunfler  fjeran^og; 

^od^aufraufd^te  ba§  3EReer, 

Unb  fiegreid^  traten  fyeroor  am  £immel 

2)ie  ewigen  ©terne. 

[363]  VII. 

Sragen. 

SCm  -JReer,  am  roüften,  nädfjtltcfjen  SReer 

<Stef)t  ein  ^üngling^SJcann, 

$)ie  Sruft  t>oß  2ße§mutlj,  ba3  §aupt  voll  ßroeifel, 

Unb  mit  büftern  Sippen  fragt  er  bie  2öogen : 

5  „D  löf't  mir  ba3  9tät§fel  be3  2eben3, 

$)aä  quafooU  uralte  9tätljfel, 

SBorüber  fdfjon  manche  £äupter  gegrübelt, 

Häupter  in  §ieroglt)pI)enmü$en, 

■Häupter  in  Durban  unb  fcfjroarjem  SBarett, 
io     $erüd;enljäupter  unb  taufenb  anbre 

Slrme,  fdjn>i£enbe  9Jienfd£)enf)äupter  — 

•Sagt  mir,  mag  bebeutet  ber  SJcenftf;? 

2öo§er  ift  er  fommen?    2öo  ge§t  er  l)in? 

2Ber  raofynt  bort  oben  auf  golbenen  Sternen?" 

15  [364]  @3  murmeln  bie  Sßogen  ifjr  ero'ge§  ©emurmel 

@§  me^t  ber  2öinb,  e§  fliegen  bie  Wolfen, 
@S  blinfen  bie  ©terne,  gleichgültig  unb  falt, 
Unb  ein  sJcarr  roartet  auf  2lntroort. 


189 


[365]  VIII. 

©3  fommt  ein  $ogel  geflogen  au§  SÖkften, 
@r  fliegt  gen  Dften, 
9tod(>  ber  öftlid^en  ©artenfyeimatf), 
2öo  Spejerenen  bttften  unb  roacfjfen, 
Unb  Jahnen  rauften  unb  Srunnen  füllen  —  5 

Unb  fliegenb  fingt  ber  Sßunberuogel : 

„(Sie  liebt  ilm!  fie  liebt  ilm! 
(Sie  trägt  fein  Silbnifj  im  !(einen  ^erjen, 
Unb  trägt  e§  füfj  unb  Ijeimlid)  »erborgen, 
Unb  roeifj  e§  felbft  nid£)t!  10 

216er  im  Traume  fteljt  er  »or  if)r, 
(Sie  bittet  unb  meint  unb  füfjt  feine  §änbe, 
Unb  ruft  feinen  Dtamen, 
Unb  rufenb  ermaßt  fie  unb  liegt  erfdprocfen, 
Unb  reibt  ficfj  oermunbert  bie  frönen  2(ugen  —         15 
(Sie  liebt  ilm,  fie  liebt  ilm!" 


[366]  2lm  -öiaftbaum  gefeint,  auf  bem  Ijofyen  3Serbecf, 
(Staub  idfj  unb  f)ört'  idfj  bei  93ogel§  ©efang. 
2öie  fcfjroarjgrüne  Stoffe  mit  filbernen  SJlälmen, 
©prangen  bie  roeifjgefräufelten  Sßelfen,  20 

9Bie  (Scfjroänengüge  fdt)ifftert  »oriiber, 
5Rit  fdfjimmernben  (Segeln,  bie  §elgolanber, 
£>ie  fecfen  9?omaben  ber  9?orbfee; 
Ueber  mein  §aupt,  im  eroigen  23lau, 
£inflatterte  roeif$e§  ©eroölf  25 

Unb  prangte  bie  eroige  (Sonne, 
£>ie  SRofe  be§  §immel3,  bie  feuerblüljenbe, 
SDie  freuboott  ficfj  im  5Reer  befpiegelte; 
Unb  ^immel  unb  SReer  unb  mein  eignet  $erg 
ßrtönten  im  ytadftaü:  so 

Sie  liebt  ilm!  fie  liebt  ilm! 


190 
[367J  ]X. 

©lüdlid)  ber  9)?ann,  ber  ben  Reifen  erreidjt  fjat, 
Unb  hinter  fid;  liejg  ba§  -IReer  unb  bie  Stürme, 
Unb  jeijo  roarm  unb  rufjtg  fitjt 
$m  guten  Statljsfeu'er  §u  Bremen. 

5  2Öie  bod)  bie  SBelt  fo  traulidj  unb  lieblidj 

$m  Sftbmerglas  fid;  roieberfpiegelt, 
Unb  roie  ber  roogenbe  9ftif'rofo3mu3 
Sonnig  fyinabfliefjt  in'3  burftige  ^er^! 
Stiles  erblirf'  id)  im  ©la§, 

lo      Sllte  unb  neue  SSMfergefdjidjte, 

dürfen  unb  ©rieben,  |>egel  unb  &an$, 
3itronenroälber  unb  3ßad)tparaben, 
SÖerltn  unb  ©d)ilba  unb  2atni§  unb  Hamburg, 
9Sor  allem  aber  ba§  SBüb  ber  ©eliebten, 

15      2)a§  ©ngelföpfdjen  auf  9ft)einroeingolbgrunb. 

[368]  D,  roie  fdjön!  roie  fdjön  bift  bu,  ©eliebie! 

£>u  bift  roie  eine  $ofe! 

9lid)t  roie  bie  9tofe  non  Sd)ira§, 

2)ie  Ijafilbefungene  3?ad)tigattbraut ; 
20      9?idjt  roie  bie  9tofe  von  Saron, 

$>ie  fjeiligrotfye,  propfyetengefenerte; 

$u  bift  roie  bie  9lof  im  9fJatr)^feCfer  51t  Bremen! 

®a§  ift  bie  9tofe  ber  9tofen, 

$e  älter  fie  roirb,  je  lieblicher  bittet  fie, 
25     Unb  ifjr  fyimmüfdjer  2)uft,  er  §at  mid)  befeligt, 

@r  Ijat  mid)  begeiftert,  er  rjat  mid)  beraufdjt, 

Unb  Ijielt  midj  nidjt  feft,  am  Stopfe  feft, 

£>er  Sftatrjlfellermeifter  non  ^Bremen, 

$dj  roäre  gepurzelt ! 

30  25er  braoe  -Xftann!  roir  fafjen  beifammen 

Unb  tranfen  roie  ©ruber, 


191 


äBw  [prägen  oon  fjoljen,  fyeimlidjen  fingen, 

2Bir  feufjten  unb  fanfen  uns  in  bie  2lrme, 

Unb  er  Ijat  mid;  befefyrt  gum  ©lauben  ber  Siebe, 

Qdj  tranf  auf  ba3  2$ol;[  meiner  bitterften  $einbe,       35 

Unb  allen  fd;led;ten  Poeten  »ergab  id), 

3Bie  einft  mir  felber  «ergeben  foll  werben; 

^dj  meinte  r>or  2lnbad;t,  unb  enblidj 

@rfd)loffen  fid;  mir  bie  Pforten  be§  «!rjeil§, 

2Öo  bie  jwölf  Slpoftel,  bie  r)eil'gen  ©tüdfäffer,  40 

[369]  ©djraeigenb  preb'gen,  unb  bod;  fo  oerftänblid; 

$ür  alle  Söller. 

£a£  finb  Männer! 
Unfdjeinbar  üon  aufjen,  in  (jö^ernen  9töd(ein, 
@inb  fie  von  innen  fdjöner  unb  leudjtenber,  45 

2)enn  af(  bie  ftoljen  Seoiten  be§  Tempels, 
Unb  be§  ^erobeS  Trabanten  unb  Höflinge, 
$ie  golbgefdjmüdten,  bie  purpurgefleibeten  — 
feab1  id;  bod;  immer  gefagt 

^iid;t  unter  gan$  gemeinen  Seuten,  so 

■Kein,  in  ber  alferbeften  ©efeßfdjaft, 
Sebte  beftänbig  ber  $önig  be§  §imme(g. 

^allelujal)!  2ßie  lieblid;  umroefyn  mid; 
2>ie  Jahnen  uon  SBet^  61! 

2Sie  buften  bie  50ii;rr§en  uon  Hebron!  55 

2Bie  raufd;t  ber  $orban  unb  taumelt  üor  $reube!  — 
2(ud)  meine  unfterblidje  «Seele  taumelt, 
Unb  id;  taum'Ie  mit  ifyr  unb  taumelnb 
bringt  mid;  bie  treppe  hinauf,  an'Z  ܣag3lid)t, 
&er  braoe  9tat(;§Mermeifter  oon  Bremen.  eo 

£}u  braoer  Sftatrjgfettermeifter  r>on  Bremen! 
©ief)ft  bu,  auf  ben  £)ädjern  ber  Käufer  fi£en 
$)ie  Güngel  unb  finb  betrunken  unb  fingen; 
[370]  SDie  glüfyenbe  Sonne  bort  oben 
3ft  nur  eine  rotlje,  betrunfene  9^afe,  es 

Unb  um  bie  rotfye  2öeltgeift=^afe 
*£>ref)t  fid;  bie  ganje,  betrunfene  ÜEßelt. 


192 

[371]  X. 

Cßptfog. 

2Bie  auf  bem  $elbe  bie  Söeigenljalmen, 
©o  roadjfen  unb  wogen  im  3Renfd;engetft 
SDie  ©ebanfen. 

2tber  bie  garten  ©ebanfen  ber  Siebe 
(Sinb  roie  luftig  bagmifdienblüfjenbe, 
Sftot^*  unb  blaue  Blumen. 

diotf)1  unb  blaue  ^Blumen! 
SDer  mürrifdje  Sdmitter  oerroirft  @udj  aU  nu£lo3, 
^ölgerne  Riegel  gerbröfdjen  (Sudlj  Ijöfmenb, 
(Sogar  ber  fyablofe  Söanbrer, 
$)en  ßu'r  Stnbticf  ergoßt  unb  erqutcft, 
©Rüttelt  ba§  <§aupt, 
Unb  nennt  ®ud)  fd)öne3  Unfraut. 
2t6er  bie  länblidje  Jungfrau, 
$)ie  Äränjeroinberin, 
[372]  Sßere^rt  (Sud)  unb  pflücft  ®ud) 
Unb  fdjmücft  mit  @udj  bie  frönen  Soden, 
Unb  alfo  gegiert,  eilt  fie  gum  Xangp(a$, 
2öo  pfeifen  unb  ©eigen  lieblidj  ertönen, 
Ober  gur  füllen  33udE)e, 

2öo  bie  «Stimme  be<§  Siebften  nodj  lieblicher  tönt 
2113  pfeifen  unb  ©eigen. 


Nachlese. 


Litteratnrdenkmale  dw  18.  u.  19.  Jahrb.    27.  13 


195 


Liebeslieder. 


Erste  Abteilung. 

I. 
^te  taetJtc  Mumt. 

3n  3Sater§  ©arten  Ijeimlidfj  ftefyt 
Sin  331ümd(jen  traurig  unb  bleidfj; 
Ser  äßinter  jiefjt  fort,  ber  ^rüfyüng,  roeljt, 
Sleidj  23lümc|en  bleibt  immer  fo  Meidfj. 
Sie  bleibe  SBlume  fdEjaut  5 

2Bie  eine  Iranfe  Sraut. 

3u  mir  Meidfj  Stummen  reife  fpricfjt: 
Sieb  SBrüberdEjen,  pflücfe  midfj! 
$u  SlumdEjen  fpredij  id§:  Sag  tfju'  id(j  nidfjt, 
2>dfj  pflücfe  nimmermehr  bidfj;  10 

3«$  fudp'  mit  3Rfi§  unb  3tat$ 
Sie  33htme  purpurrot!). 

SBleidfj  Sölümdfjen  fprtcfjt:  <Sud(j'  fyin,  fudfj'  fyer, 
23i§  an  beinen  fügten  £ob, 

Su  fucfjft  umfonft,  finb'ft  nimmermehr  15 

Sie  ölume  purpurrot^; 
Wild)  aber  pflücfen  tfm', 
%d)  bin  fo  franf  mie  bu. 

13* 


196 

©o  lispelt  Meid)  33tümd;en,  unb  bittet  fefjr, 
3)a  gag'  idj,  unb  pflücf'  irf;  e§  fdjneft. 
Unb  plöijlidj  blutet  mein  §erge  nid)t  mein-, 
9ftein  inneres  2luge  n)irb  |ett. 
$n  meine  ttmnbe  SBruft 
ßommt  ftitte  ©ngeltuft. 


II. 

Sie  bu  bift  fo  fdjön  unb  rein, 
ÜBunneootteS  Sftagebein, 
Seinem  Sienfte  ganj  allein 
■Jftödjt  idj  voofyl  mein  Seben  roeify'n. 

5  Seine  füfjen  Sleugelein 

©längen  milb  rote  ■3Jlonbe3fdjein ; 
§elte  9tofenlid)ter  ftreu'n 
Seine  rotten  Sßßängelein. 

Unb  au<§  beinern  Sftünbdjen  Hein 
io  33linft'§  Ijeroor  roie  $erlenretl)'n; 

Sodj  ben  fdjönften  ©belftein 
£egt  bein  ftiHer  Sufenfdjretn. 

fromme  SOtinne  mag  e§  fenn, 
2Ba3  mir  brang  in'§  §erg  Jnnein, 
in  2tl3  td)  roeilanb  flaute  bein, 

SBunneüotteä  Sftagebetn! 


III. 
Mxnmkla$t. 

©infam  Hag  idj  meine  Seiben, 
^m  vertrauten  ©djooS  ber  9iarf;t; 
$rof)e  -JJlenfdjen  mu|  idj  meiben, 
$ltef)en  fd;eu  roo  $reube  ladjt. 


197 

©infam  fliegen  meine  frönen,  5 

^liejsen  immer,  fliegen  ftill; 
2)od>  be§  ^ergen§  brennenb  Seinen 
Äeine  S^räne  löfdjen  roitf. 

(Stuft  ein  ladjenb  muntrer  $nabe 
©pielt'  id)  manches  fdjöne  ©piet,  1« 

freute  mtdj  ber  Sebenigabe, 
SBufjte  nie  von  ©d)mer§gefülj(. 

SDenn  bie  2öelt  mar  nur  ein  ©arten, 
2Bo  tuet  bunte  Blumen  blülj'n, 
2öo  mein  Xagroetf  33htmen=roarten,  15 

9fofen,  SSeitdjen  unb  ^agmin. 

Sräumenb  füfc  auf  grüner  2lue 
©alj  id)  SBädjtein  fliegen  milb; 
3Benn  id)  je$t  in  23äd)lein  fdjaue, 
3eigt  fid;  mir  ein  bteidje§  Silb.  20 

Sin  ein  bteidjer  9Kann  geworben, 
©eit  mein  2tuge  fie  gefeljn; 
|jeimlidj  roef)  ift  mir  geroorben, 
Söunberfam  ift  mir  gefdjefy'n. 

Xief  im  $er§en  fyegt'  idj  lange  25 

©nglein  ftttfer  $rieben§ru§ ; 
2)iefe  flogen  gittemb,  bange, 
$f)rer  ©temenfjeimatf)  gu. 

©djroarje  9fkdjt  mein  2lug'  umbüftert, 
©Ratten  brofyen  feinblid)  grimm;  30 

Hnb  im  Sufen  fjeimltdj  flüftert 
@ine  eigen  frembe  ©timm'. 

frembe  ©djmer§en,  frembe  Seiben 
Steigen  auf  mit  milber  2Butf), 
Unb  in  meinen  (Singemeiben  35 

Beeret  eine  frembe  ©tut. 


198 

Stbcr  baj?  in  meinem  fersen 
flammen  müßten  fonber  Sftujj, 
£>afj  idfj  fterbe  Ijin  oor  ©dEjmergen  — 
40  Sttinne  fielj!  ba§  tljateft  bu! 

IV. 
Srfjnfudii 

Sebroeber  ©efelle,  fein  2ftäbet  am  2trm, 
SDurd^roanbelt  bie  Sinbenreilj'n; 
3$  aber  idj  roanble,  bafj  ©ort  erbarm, 
©ang  mutterfeel  allein. 

s  9Jiein  $erg  roirb  beengt,  mein  2luge  wirb  trüb, 

Söenn  ein  2lnbrer  mit  Siebten  fia;  freut. 
Senn  idj  Ijabe  aucfj  ein  füfje§  Sieb, 
35odEj  roofnrt  fte  gar  ferne  unb  meit. 

©o  manches  %a1)x  getragen  idEj  i)ai>\ 
io         Sri)  trage  nid&t  länger  bie  $ein, 

Söp  fdjnüre  mein  Sünbtein,  unb  greife  ben  ©tab, 
Unb  roanbr'  in  bie  Söelt  hinein. 

Unb  roanbre  fort  mandfj  Imnbert  ©tunb', 
33i3  idEj  fomm'  an  bie  grofje  ©tabt; 
15         ©ie  prangt  an  eines  ©tromeä  9Jhmb, 
SDren  feflidpe  Stürme  fte  *>at. 

35a  fa^roinbet  balb  mein  Siebeäfjarm, 
3)a  Ejarret  $reube  mein; 
3)a  fann  id£j  manbeln,  fein§  Siebten  am  Slrm, 
20         3)ura)  bie  buftigen  Sinbenrei^'n. 

V. 

SÖenn  idfj  bet)  meiner  Siebften  bin, 
3)ann  gel)t  ba§  ^erj  mir  auf, 
3)ann  bin  idfj  reidfj  in  meinen  ©inn, 
%%  biett)  bie  2öelt  ju  Äauf. 


199 

$)odj  roenn  id(j  roieber  fdjeiben  mufj 
2lu§  iljrem  ©dEjroanenarm, 
£)ann  fdproinbet  all  mein  Überfluß 
Unb  idj  bin  bettelarm. 

VI. 

mn  $te. 

$>te  rotten  Blumen  Ijier  unb  audEj  bie  Bleiben, 
SDie  einft  erblüht  au3  blut'gen  «^erjenSrounben, 
3)ie  f)ab'  idEj  nun  gum  fd^mucfen  ©traufs  oerbunben, 
Unb  roilt  ifjn  Sir,  bu  fd&öne  |>errin,  reiben. 

■iftimm  Ijulbreidlj  l)in  bie  treuen  ©angeSfunben, 
$d(j  fann  ja  nidtjt  au§  biefem  Seben  meieren, 
Dlm'  rüdEjulaffen  bir  ein  Siebegjeicijen,  — 
©ebenfe  mein,  roenn  id(j  ben  ÜCob  gefunben! 

£>od£j  nie,  o  Verrinn,  follft  bu  midfj  bef lagen; 
SöenetbenSroertl)  roar  felbft  mein  ©d(jmer§enleben  — 
35enn  liebenb  burft'  td(j  bidfj  im  ^erjen  tragen. 

Unb  gröjs're§  |>eil  noefj  fott  mir  balb  gefdpe^en: 
■Dftt  ©eifterfcfju$  barf  idfj  bein  §aupt  umfcfjroeben, 
Unb  ^riebenlgrüfje  in  bein  §erje  roeljen. 

VII. 

(Schöne,  fyelle,  golbne  ©terne, 
©rüfjt  mein  Siebten  in  ber  $erne; 
©agt,  bafj  icf)  nod)  immer  fer> 
$rani  unb  elenb,  bleidfj  unb  treu. 

VIII. 

@3  flauen  bie  33lumen  alle 
$ur  leudjtenben  ©onne  fyinauf; 
(53  nehmen  bie  ©tröme  alle 
3um  leud^tenben  -fixere  ben  Sauf. 


200 

s  @3  flattern  bie  Sieber  alte 

$11  meinem  Ieud)tenben  Sieb; 
:fter)mt  mit  meine  Spänen  unb  ©eufger, 
$f>r  Sieber  roeljmütljtg  unb  trüb! 

IX. 

$eglicf)e  ©eftalt  befletbenb, 
93in  id?  ftetg  in  beiner  fJiä^e. 
316er  immer  bin  idj  leibenb, 
Unb  bu  tfyuft  mir  immer  roerje. 

5  SBenn  bu,  grcifcfjen  Blumenbeeten 

SEßanbelnb  in  be<§  <5ommer<S  £agen, 
@inen  (Schmetterling  vertreten  — 
$örft  bu  midE)  nicr)t  leife  i lagen? 

Sßenn  bu  eine  SRofe  pflütfeft, 
io  Unb  mit  finbiftfjem  Belagen 

©ie  entblätterft  unb  jerftüdeft  — 
£örft  bu  mid)  nicr)t  leife  f  lagen? 

SBenn  bei  folgern  Dfofenbredpen 
33öfe  SDornen  einmal  magen 
i5  ^n  bie  Ringer  bidfj  gu  ftect)en  — 

£örft  bu  midfj  nid^t  leife  Ilagen? 

$örft  bu  niö^t  bie  $lagetöne 
©elbft  im  £on  ber  eignen  Äefjle? 
Qn  ber  9kd£)t  feufj'  icfj  unb  ftöljne 
20  2lu§  ber  Xiefe  beiner  (Seele. 

X. 

$d[j  glaub'  nict)t  an  ben  £immel, 
2Öooon  baS  $fäfflein  fprid^t; 
!ydfj  glaub'  nur  an  bein  Sluge, 
£>a§  ift  mein  $immel§licfjt. 


201 

$d)  glaub'  nicfyt  an  ben  Herrgott, 
Söooon  ba§  $fäfflein  fprtcfyt; 
$cfy  glaub'  nur  an  bein  .^erje, 
'nen  anbern  ©Ott  r)ab'  tc§  nid)t. 

$d)  glaub'  nid£)t  an  ben  33öfen, 
2ln  £ölT  unb  ^öUenfd^merg ; 
%<fy  glaub'  an  Sein  böfe3  lluge, 
Unb  an  bein  böfeS  £er§. 


XL 

$|cf)  bac&t'  an  fie  ben  ganzen  £ag, 
Unb  badfjt'  an  fie  bie  fjalbe  -ftacfjt. 
Unb  al<o  xd)  feft  im  ©d)lafe  lag, 
£at  mid)  ein  Straum  ju  iijr  gebraut. 

©ie  blül)t  tüie  eine  junge  S^of, 
Unb  fiijt  fo  rufjig,  ftitl  beglüdft. 
@in  Stammen  ruljt  auf  ir)rem  ©cljoof?, 
SBorauf  fie  roeifje  Sämmdfjen  fticft. 

©ie  fdfjaut  fo  fanft,  begreift  e§  nic§t, 
SBarum  idf)  traurig  cor  ifyr  ftefj'. 
„2Ba§  ift  fo  blajj  bein  2tngefid)t, 
^einrict),  fag'  mir'3,  tr»o  tlmt'g  bir  roel)?'' 

Sie  fdfjaut  fo  fanft  unb  ftaunt,  bafj  id£) 
©tili  meinenb  ifyr  m'3  2luge  fer)'. 
„2Ba§  meineft  bu  fo  bitterlich, 
.ipeinrid),  fag'  mir'3,  roer  tfjut  bir  roel)?" 

©ie  fc^aut  tnitf;  an  mit  milber  9htf), 
%dt)  aber  faft  r»or  ©djmerj  nergel). 
„9ßer  roel)  mir  tljat,  mein  Sieb,  bift  bu, 
Unb  in  ber  ©ruft  ba  ftfct  ba§  2öef)." 


202 


£>a  fte^t  fie  auf,  unb  legt  bie  £anb 
9flir  auf  bte  Söruft  gang  feierlich; 
Unb  plö|lid)  aU  mein  SBefj  üerfdnuanb, 
Unb  Rettern  ©inn'3  erroadfjte  idf). 

XII. 

@§  fafjt  midf)  toieber  ber  alte  2Kutlj, 
9ftir  ift  afö  jagt'  i$  ju  Stoffe, 
Unb  jagte  raieber  mit  liebenber  ©lut, 
yiaä)  meiner  Siebften  ©dEjloffe. 

5  @3  fafjt  midp  rcieber  ber  alte  9ftutl), 

9Kir  ift  al*  jagt'  i$  ju  Stoffe, 
Unb  jagte  gum  (Streite,  mit  Ijaffenber  SButy, 
©cljon  fjarret  ber  ßampfgenoffe. 

3$  jage  gefdjrcinb  mie  ber  2öirbelroinb, 
10  2)ie  2Öälber  unb  gelber  fliegen! 

9Jlein  Äampfgenofj  unb  mein  fd)öne§  Äinb, 
©ie  muffen  betbe  erliegen. 

xni. 

£>ie  SÖelt  mar  mir  nur  eine  Sflarterfammer, 
2ßo  man  midfj  Ben  ben  $üfjen  aufgefangen, 
Unb  mir  getieft  ben  Seib  mit  glauben  fangen, 
Unb  eingeflemmt  in  enger  ©ifenllammer. 
5         2ßilb  fdfjrie  idE)  auf,  oor  namenlofem  Jammer, 
Slutftröme  mir  au3  -iftunb  unb  2lugen  fprangen,  — 
3)a  gab  ein  9Jiägblein,  ba§  »orbengegangen, 
Sftir  föpnell  ben  ©nabenftojj  mit  golb'nem  Jammer. 

Neugierig  fie^t  fie  gu,  wie  mir  im  Krämpfe 
io      3)ie  ©lieber  guefen,  mie  im  Xobegfampfe 

$>ie  3ung'  <*u3  blut'gem  9)hmbe  Ijängt  unb  lecket. 

Neugierig  Ijordjjt  fie  mie  mein  §erg  nod^  ädfjget, 
Wlufti  ift  i|r  mein  le£te§  3;obe§röd>eln, 
Unb  fpottenb  ftel)t  fie  ba  mit  faltem  Sädjeln. 


203 


XIV. 


2)te  äBälber  unb  gelber  grünen, 
@3  trillert  bie  Sera)'  in  ber  Suft, 
SDer  $rü§ting  ift  erfd^ienen 
SSJtit  Sintern  unb  färben  unb  2)uft. 

£)er  SerdEjengefang  erroeicfjt  mir  s 

£>a§  rointerlid)  ftarre  ©emütfj, 
Unb  au$  bem  ^erjen  fteigt  mir 
©in  trauriges  $lagelieb. 

£)ie  Serdpe  trillert  gar  feine: 
2Sa3  fingfi  bu  fo  trüb  unb  bang?  10 

3)a§  ift  ein  Siebten,  o  kleine, 
25a§  fing'  id(j  fdfjon  ^aljretang. 

2)a§  fing'  idj  im  grünen  §aine, 
£>a§  £erg  oon  ©ram  fcefdjmert; 
©d^on  beine  ©rofjmutter,  o  kleine,  15 

§at  biefeS  Siebten  gehört. 

XV. 

2öenn  junge  §ergen  bredfjen, 
So  lachen  brob  bie  (Sterne, 
©ie  ladfjen  unb  fie  fprecfjen 
|jerab  aus  ber  blauen  $erne: 

„SDie  armen  9Kenfd(jen  Heben  5 

©icfj  groar  mit  üollen  (Seelen, 
Unb  muffen  ftd;  bod;  betrüben, 
Unb  gar  §u  SEobe  quälen. 

„Söir  Ija&en  nie  empfunben 
SDie  Siebe,  bie  fo  oerberblidjj  10 

SDen  armen  -Utenfcljen  brunten; 
$>rum  finb  mir  and)  unfterblidfj." 


204 


Zweite  Abteilung. 


£)u  Sitte  meiner  Siebe, 
2)u  ftefyft  fo  träumenb  am  Sßad), 
Unb  fct)auft  §inem  fo  trübe, 
Unb  ftttfterft  2öe$  unb  2ldj! 

©efj  fort  mit  beinern  ©efofe! 
3<*j  roeijs  eg,  bu  falfdfjer  Sttann, 
SDafj  meine  Goufine,  bie  9<tofe, 
SDein  fatfdje§  §ers  gewann. 


IL 

2Bir  motten  je£t  ^rieben  machen 
3$r  lieben  Slümelein 
SBir  motten  fd(jroa#en  unb  lachen 
Unb  motten  un3  roieber  freun. 

2)u  meines  Sflcmenglöcfdfjett, 
$>u  Sftofe  mit  rotljem  ©efidfjt, 
SDu  9Mfe  mit  bunten  $lecfcfjen, 
2)u  blauet  SSergifjmeinnidDt ! 

$ommt  Ijer,  ifjr  SBlumen,  jebe 
©ott  mir  roittfommen  fenn, 
9?ur  mit  ber  fdfjlimmen  Stefebe 
Sajj  icfj  midlj  nid£)t  mefjr  ein. 


205 


III. 


$»n  ben  Püffen  roelctje  Süge! 
SÖeld^e  2Sonne  in  bem  ©cfjein! 
2lcfj,  rote  füfj  ift  "oaä  Setrügen, 
©üfjer  ba§  Setrogenfenn! 

Stebdfjen,  rote  bu  bidfj  audj  roeljreft, 
Söeifs  id)  boct),  roa§  bu  ertaubft; 
©tauben  rottt  icfj,  roa<3  bu  fdEjroöreft, 
©dfjroören  roiff  idj,  roas  bu  glaubft. 


IV. 

2)u  foffft  micfj  tiebenb  umfdjttefjen, 
©eliebteg,  fdjöneS  Söeib, 
Xtmf dfjling '  mtcf)  mit  2lrmen  unb  gaijjen 
Unb  mit  bem  gefdfjmetbigen  Seib. 

*  * 

* 

©eroaltig  Ijat  umfangen, 

Umrounben,  umfdfjtungen  fd^on 

2)ie  atterfd^önfte  ber  ©drangen 

SDen  gtücflidfjften  Saoloon. 


2tt§  ©ie  mitf)  umfcttfang  mit  gärttiöpem  ^reffen, 
35a  ift  meine  ©eele  gen  §immel  geflogen! 
$dfj  liefj  fie  fliegen,  unb  Ijab'  unterbeffen 
£>en  -Jtettar  oon  $§ren  Sippen  gefogen. 

VI. 

$tmmlifd(j  roar'3,  roenn  ic§  begroang 
SÖteine  fünbige  Segier, 
2lber  roenn '3  mir  nicr)t  gelang, 
£att'  \ä)  bocfj  ein  grofj  Paifir. 


206 

VII. 

£ctft  bu  bie  Sippen  mir  rounb  gefügt, 
©o  fiiffe  fie  mieber  fjeil, 
Unb  wenn  bu  &fö  Slbenb  nid^t  fertig  bift, 
<So  Ijat  ei  aud)  feine  (Sil. 

$)u  ^aft  midj  ja  nodfj  bie  ganje  -iftacfjt, 
$u  «gerjatferliebfte  mein! 
9J£an  lann  in  foldj  einer  gangen  9?adjt 
Siel  lüffen  unb  feiig  fenn. 


vin. 

SBlamir'  midj  nicrjt,  mein  liebeä  ßtnb, 
Unb  grüf}'  midj  nid)t  unter  ben  Sinben; 
SBenn  mir  nad>§er  gu  §aufe  finb, 
2Birb  ftdj  fc$on  »3  finben. 


IX. 

3a,  tJreunb,  fjier  unter  ben  Sinben 
ßannft  bu  bein  §erj  erbau'n, 
§ier  fannft  bu  beifammen  finben 
t)ie  atferfdjönften  $rau'n. 

Sie  Wüfm  fo  fyolb  unb  minnig 
3m  farbigen  ©eibengemanb ; 
@in  SDidjter  fyat  fie  finnig: 
SBanbelnbe  Blumen  genannt. 

3öelcr)'  fdjöne  $eberl)üte! 
Mdfj'  fcr}öne  £ürfenfdjarol3 ! 
Söeldj'  fd)öne  Söangenblütfje ! 
üBMd)'  fc^öner  <5dfjroanenf)al3 ! 


207 


X. 


(£v\nntv\m$. 

(Ueberfefct  auä  bem  ©nglifdjen.    Sentimental  Magazine  Vol.  35). 

2Ba§  lüittft  bu,  traurig  liebes  £raumgebilbe  ? 
%d)  felje  bidfj,  id)  füljle  beinen  ^aucf;! 
SDu  fdjauft  miclj  an  mit  roeljmutlraoller  9ßtlbe; 
3>d[j  fenne  btcJj,  unb  adfj!  bu  fennft  micfj  audlj. 

%d)  hin  ein  franfer  Jüngling  jeijt,  bie  ©lieber  5 

©inb  leben^matt,  ba<8  ^erj  ift  aufgebrannt, 
SJiifsmutlj  umflort  midEj,  Kummer  brütft  midj  nteber, 
93iel  anberi  raar'3,  aU  id)  bidfj  einftenS  fanb! 

^n  ftoljer  $raft,  unb  von  ber  §eimatr)  ferne,  - 
%d)  jagte  ba  nadfj  einem  alten  2öar)n;  10 

^ie  @rb'  roollt'  id(j  gerftampfen,  unb  bie  (Sterne 
SSofft'  icfj  entreißen  tr)rer  ,!r)immelgbafm. 

$ranffurt,  bu  Ijegft  oiel  S^arr'n  unb  23öferaidfjter, 
Qod)  lieb'  id)  btdj,  bu  gabft  bem  beutfdtjen  Sanb 
SJiancr)  guten  ßaifer  unb  ben  beften  QidjUx,  15 

Unb  bift  bie  ©tobt,  rao  id)  bie  ^olbe  fanb. 

2>d£j  ging  bie  3eil'  entlang,  bie  fcfjöngebaute, 
@§  mar  bie  -Bteffe  juft,  bie  ©cfjadfjerjeit, 
Unb  bunt  mar  ba$  ©eraimmel,  unb  idfj  flaute 
3ßie  träumenb  auf  be<3  SBolfö  ©efdjäftigfeit.  20 

35a  fa§  idfj  ©ie!  -Sfttt  £)etmlicr)  füfjem  ©taunen 
Grblicft'  idfj  ba  bie  fdfjraebenbe  ©eftalt, 
2)ie  fei 'gen  Singen  unb  bie  fanften  braunen  — 
@3  ^og  midfj  Ijm  mit  feltfamer  ©eraalt. 

Unb  über  Sftarft  unb  ©trafen  ging'g,  unb  raeiter    25 
23i3  an  ein  ©äfften  fdfjmal  unb  traulid;=flein  — 
®a  brefjt  fidf;  um  bie  £Jolbe,  lädf;e(t  fjetter, 
Unb  fdfjlüpft  in'g  iQan§  —  idfj  eile  Ijinterbrein. 


208 


$)ie  2Ru§me  nur  umr  fdtfedjt,  unb  ifjrem  ©eije 
(Sie  opferte  be<S  9Jtäbcfjen§  231ütf)en  t)in; 
35a§  $inb  ergab  mir  roiflig  feine  Steige, 
3>ebocf),  bei  ©ort!  e§  bac^t'  nidfjt  an  ©erainn. 

Sei  ©ott!  auf  anbre  Söeiber  nodfj  al§  5Rufen 
SSerftelj'  idfj  midfj,  miclj  taufet  fein  glatt  ©eficfjt, 
©o,  roetf}  idfj,  flopft  fein  einftubirter  2mfen, 
Unb  fotd^e  Slicfe  Ijat  bie  Süge  nidf)t. 

Unb  fie  mar  fdfjön!    So  fjolb  ift  nidEjt  geroefen 
SDie  ©öttin,  als  fie  ftieg  au§  SBellenfcfjaum. 
SBieCfeid^t  mar  (Sie  baS  tounberfcfjöne  SSefen, 
2)a§  idfj  geahnt  im  frühen  $nabentraum. 

$cfj  Ijab'  e§  nidfjt  erfannt!  ©3  mar  umnadjjtet 
■Stein  Sinn,  unb  frember  $auber  miclj  umroanb. 
3SieCfetdr)t  ba3  ©lücf,  monadfj  iclj  ftets  gefcfjmacljtet, 
^cfj  l)ielt'3  im  Slrm,  —  unb  §ab'  e3  nidfjt  erfannt! 

©ocfj  fcljöner  mar  fie  nocfj  in  iljren  Scfjmerjen, 
2113  nacf)  brei  £agen,  bie  idj  rounberfüjs 
Verträumt  an  ifjrem  nmnberfüfjen  -öe^en, 
©er  alte  2Bafm  midfj  roeiter  eilen  I)ie{$; 

2113  fie,  mit  roilboer^roeifelnber  ©ebärbe 
Unb  aufgelöftem  £aar,  bie  ^änbe  rang, 
Unb  enblidfj  nieberftürjte  auf  bie  @rbe, 
Unb  lautaufroeinenb  meine  ^mt'  umfdfjlang ! 

2Idfj  ©ott!  e3  Ijatte  fidfj  in  meinen  Sporen 
$fjr  $aar  oerroirfelt  —  bluten  fal)  idfj  fie  — 
Unb  bodfj  rifj  idfj  midfj  lo3  —  unb  Ijab'  oerloren 
9Jtetn  armes  $tnb,  unb  roieber  falj  idf)'3  nie!  — 

$ort  ift  ber  alte  Sßaljn,  jebodfj  ba3  2Hlbnifj 
2)e3  armen  $inb3  umfdfjroebt  midfj,  roo  idfj  bin. 
2Bo  irrft  bu  jeijt,  in  melier  falten  2öilbnij$? 
Sern  @lenb  unb  bem  ©ram  gab  idfj  bidf;  Ijin! 


209 


XI. 


Schöne,  nnrtfjfdfjaftltdfje  SDame, 
$au§  unb  $of  ift  rooljibeftettt, 
Söofjfoerforgt  ift  <Btaü  unb  Äcffcr, 
SBoPeatfert  ift  ba$  $efo. 

lieber  2ßinfel  in  bem  ©arten  5 

3>ft  geräutet  unb  gepult, 
Unb  ba3  <Stro§,  bai  auSgebrofdEj'ne, 
SÖirb  für  Letten  noclj  benu^t. 

£>od(j  bein  £er§  unb  beine  Sippen, 
©dfjöne  ©ante,  liegen  bracfj,  10 

Unb  $ur  §älfte  nur  benu^et 
3ft  bein  trautet  ©dfjlafgemadj. 


XII. 

D,  mein  genäbigel  gräulein,  erlaubt 
Uftir  franfen  ©o(m  ber  5Kufen, 
3)afj  fdfjtummernb  ru§e  mein  ©ängerfjaupt 
2luf  @urem  ©rfjroanenbufen ! 

„■Stein  §err!  roie  tonnen  ©ie  e§  roagen, 
Mix  fc  rca§  in  ©efellfcfjaft  gu  fagen?" 


XIII. 

3u  ber  Saufyeit  unb  ber  $laufyeit 
^Deiner  ©eele  pajjte  nidpt 
deiner  Siebe  roilbe  9tauljeit, 
SDte  fidfj  23a§n  burdfj  Reifen  bricht. 

£)u,  bu  liebteft  bie  Gljauffeen 
$>n  ber  Siebe,  unb  idfj  fc^au 
©idf)  am  2trm  bei  ©atten  gefyen, 
@ine  brawe,  fdfjroang're  $rau. 

Litteraturdenkmale  des  18.  u.  19.  Jahrh.     27.  14 


210 


XIV. 


%d)  mottle  meine  Sieber 
$)ag  mären  Slümelein, 
%<fy  fdfjicfte  fie  jum  rieben 
$)er  §er§atterlieüften  mein. 

%d)  moüte  meine  Sieber, 
$)a§  mären  $üffe  fein, 
%ö)  fdjicfte  fie  f)eimlidfj  atfe 
%lad)  SiebäpenS  2Bängelein. 

%d)  motfte  meine  Sieber 
$a§  mären  ©rbfen  flein, 
%d>  fodjt'  eine  @rofenfupoe, 
£>te  follte  föftlidj  fenn. 


211 


Vermischte  Gedichte. 


i. 

Ähmnefreraiafrc,  ritt  IfcIfrEttaEttrfit  in  2  ©Efattas. 

1.  ©efang. 

Jpolbe  3Jlufe  gib  mir  Äunbe 
2öie  einft  Ijergefcljoben  fommen, 
^ene§  fugelrunbe  (SdfjroeindEjen, 
®a§  ba  Wfinneberg  gereiften. 

2luf  ben  iserloner  Triften  5 

28arb  mein  Sdjraeindjen  einft  geroorfen, 
2llba  fielet  nod)  ba§  £röglein, 
2Bo  e§  roeiblidj  fidEj  gemäftet. 

Xöglicr)  in  ber  trüber  SJlitte 
Surselt  e§  fjerum  im  -Stifte,  10 

Stuf  ben  £interpfötdf)en  Ijüpfenb,  — 
Zernial  ift  SDrerf  bagegen. 

Unb  bie  Butter  mit  ©efatten 
©dEjauet  i^re§  <Soljn'§  ©ebeien, 
2öie  ba<S  feifte  ÜEßänftdEjen  fdfjraetfet,  15 

2öie  bie  giegelbacfen  quellen. 

Unb  ber  $ater  mit  ©ntjüdfen 
£ört  be§  <Sohjte§  erfteS  Quirren, 
Unb  ba§  liebtid)  fyette  ©runjen 
bringt  jum  üäterlid^en  $ergen.  20 


212 

[2]  2lber  fotf  im  5Rift  r-erroetfen 
©iefe  garte  ^erfenblume  ? 
©oll  ber  ©pröfjling  ebler  33eefter 
Dfme  yiafyxvfym  einft  üerrecfen? 

25  2llfo  finnen  nun  bie  Gütern 

2Ba§  ifyr  ©öljndjen  einft  fott  werben, 
Unb  fie  ftritten,  ftritten  lange, 
■iDtit  ben  Sorten,  mit  ben  Rauften. 

„£olbe  Drutch!"  fpradj  ber  G^err, 
30  „SDu  mein  alter  Sftumpelfaften ! 

„Sa,  idj  fufdje,  ja,  idj  fdjroör  es, 
,,^a  mein  ©ofm  fott  $fäflein  roerben. 

„SDortljin,  roo  bie  ftfjmucfe  SDüffel 
„©cfjlänglenb  fidEj  im  $H§ein  ergiefjet, 
35  „SDortljin  fenb  idj  meinen  Sümmel, 

„3u  ftubieren  ©ottgelar)rtr)eit. 

„SDorten  lebt  mein  $reunb  Asthöver 
„£)en  idj  einft  traftiert  mit  Caffe, 
„Unb  mit  33re^el  unb  mit  $läl3d;en,  — 
40  „©djlau  erroägenb  fünft  'ge  Reiten. 

„2Utdj  ber  riefenmädjt'ge  tarnen 
„äöanbelt  bort  fein  getftftdj  2eben; 
„©djretffyaft  gittern  feine  jünger, 
„Sßenn  er  fdjroingt  bie  9KufengetJ3el. 

45  [3]  „liefen  -SRännern  übergeb'  idj 

„deinen  ©oljn  gur  ftrengen  Seitung 
„SDiefe  toä^V  er  ftdj  gum  SSorbilb, 
„Söiä  fein  Saudj  fidj  einft  r-erfläret." 

Sftfo  fpradj  gur  $rau  ber  @r)ljerr, 
so  Unb  er  ftreid§elt  iljr  ba§  ^fötdjen; 

Slber  fie  umarmt  iljn  glüfyenb, 
SDafj  ber  ©djmerbaud;  Ijeftig  brölmel. 


213 


£alt  bie  Obren  gu,  o  9!Kufe! 
$e$o  rcirb  mein  ©dmmn  gefdfjäuert, 
9Jiit  ber  ©lutlj  im  2Baff erfüoen ;  55 

Unb  e§  fd^reit  unb  fräd^jt  erfcärmlidj. 

Unb  ein  flimperflein  ^rifördpen 
träufelt  ä  l'enfant  bie  33orften, 
^arfütmrt  fie  mit  ^omabe,  — 
23i<8  nacfj  Gersheim  fjat'3  gerochen.  «0 

Unb  mit  oielen  Complimenten 
Äommt  ein  ©cbneiber  bergetrippelt, 
Unb  er  bracht  ein  altbeutfcfj  9?MIein, 
2ßie§  Arminius  getragen. 

Unter  fold^er  Vorbereitung  es 

2Bar  bie  5Rac§t  fjerabgefunfen, 
Unb  jur  9lu§e  blie§  ber  ©auljirt, 
lieber  frodp  in'§  niebre  BtäU^m. 


[4]  2.  ©efang. 

©djnardjenb  lag  ber  ^augfned^t  Tröffel, 
93i§  ber  £ag  berangebrodfjen, 
©nblidfj  rieb  er  ftdf)  bie  Stugen, 
Unb  üerliefj  fein  roeidfjeS  Sager. 

Unb  im  £ofe  fcfjon  »erfammelt, 
$inbet  er  bie  .§au3genoffen, 
Um  ben  jungen  §errn  fidj  brängenb, 
Unb  fie  nebmen  rüfyrenb  2tbfc§ieb. 

Sinnenb  ftebt  ber  emfte  23ater, 
2113  bebordtjt  er  $löbgefr>räcbe ; 
Unb  bie  Butter  fniet  im  SKifte 
SBetenb  für  be§  ©ofm'S  (Spaltung. 


214 

2tudj  bie  $uljmagt  fyöxhav  fdtjlucfjfet, 
£>enn  eg  fd^eibet  ber  ©eliebte, 
15  3)en  ©ie  einft  in  Sieb  befangen 

SDurdEj  ber  btcfen  Söaben  Steige. 

„Seberooljr  bie  Srüber  grunzen, 
„Seberoo^l"  ber  $ater  mattet; 
Unb  ber  (Sfel  gärtfia)  fäuf^enb 
20  ©einen  $jugenbfreunb  umarmet. 

©elbft  bie  |jüner  traurig  gatfern; 
3lux  ber  23ocf  ber  fdEjroeigt  unb  fdjmunjelt, 
@r  oerliert  ein'  Sftebenbufjter 
33eo  ben  Ijolben  ^tegenpärdEjen. 

25  [5]  traurig,  in  ber  ^reunbe  üftitte, 

©tanb  nun  felbft  mein  armes  ©a)roeina)en, 
Siebeoott  bie  Äuglein  glänjen, 
Unb  e§  ltejj  ba3  ©terjgen  Rängen. 

SDa  erljub  fid£j  männlidfj  £röffel:    . 
30  ,,©agt  ma§  fott  ba§  -äßeiberplärren, 

„©elbft  ber  eble  Da;3  ber  meinet, 
„@r,  ben  icfj  für  9Jlann  gehalten! 

„2lber  tröffe!  fann  bieg  änbern!" 
©pradEj§,  unb  rafa;  im  eblen  3orne, 
35  ^afte  er  mein  ©4iroein  benm  fragen, 

Sanb  jufammen  alle  Vieren, 

£ub  e§  fd^neE  auf  feinem  ©dfjubrarn, 
Unb  er  fd£)iebet  flinf  unb  luftig, 
Ueber  gelber,  über  Serge, 
40  33i§  an  Düsseldorfs  Lyzeum. 

2lber,  ber  eudfj  bieg  erjaget 
SBunbert  eucfj,  ba§  ift  ein  $ube, 
Unb  er  fjat  ein  ©dfjroein  befungen 
2Tu3  purer  ^oleranj. 


215 


II. 


2öenn  bie  ©tunbe  fommt,  roo  ba§  ^erj  mir  fdjnnllt, 
Unb  blüfjenber  $auber  ^em  23ufen  entquillt, 
3)ann  greif  ia;  jum  ©riffel  rafdEj  unb  roitb, 
Unb  maljle  mit  SBorten  ba§  ßaubergebilb.  — 

III. 

2H3  idEj  ging  nadj  Dttenfen  r)in 
Stuf  ßlopftofö  ©rab  geroefen  idfj  bin. 
Sßiet  fcfjmuäfe  unb  ftattlidpe  9ftenfdEjen  bort  ftanben, 
Unb  ben  SeidEjenftein  mit  33Iumen  umroanben, 
3)ie  lädfjelten  fidfj  einanber  an 
Unb  glaubten  SBunberS  roa§  fie  get&an.  — 
3<fj  aber  ftanb  beom  fjeiligen  Drt, 
Unb  ftanb  fo  ftitt  unb  fpradfj  fein  SBort, 
ÜJieine  ©eele  mar  ba  unten  tief 
HBo  ber  fjeilige  beutfdfje  (Sänger  fdjjlief.  —  — 


IV. 

©infam  in  ber  SSklbfapette, 
33or  bem  23ttb'  ber  §immetejungfrau, 
Sag  ein  frommer,  btetdEjer  $nabe, 
£)emutfj§üotf  ba^ingefunfen. 

D  9Jlabonna!  lajj  mia)  enüg  5 

§ier  auf  biefer  ©d^roette  fnien, 
SBotteft  nimmer  micf)  oerftofjen 
^n  ber  Sßelt  fo  falt  unb  fünbig. 

D  üttabonna!  fonnig  matten 
3)eine3  §aupteä  ©tratenlocfen,  10 

©üfjeS  Säbeln  milb  umfpielet 
S)eine3  9Jhmbe3  rjeil'ge  9lofen. 


216 


D  SJJabonna !  beine  2lugen 
'  Seudjten  mir  mie  ©ternenlidfjter ; 
i6  Sebenifdjifflein  treibet  irre, 

©ternlein  leiten  ewig  fidler. 

0  JäJlabonna!  fonber  Sßanfen 
;£rug  :d)  beine  ©djmerjenprüfung, 
frommer  SKinne  blinb  oertrauenb, 
20  ©lüfyenb  nur  in  beinen  ©luten. 

D  SÖlabonna!  työr'  mitf)  §eute! 
Steidj  an  nmnberfamer  ©nabe, 
©penbe  mir  ein  HulbeSjeidjen, 
9tor  ein  leifeä  £ulbe3geidjen ! 

25         2>a  tf)ät  firf)  ein  fd^auerlid^  SBunber  befunben, 
2öalb  unb  kapeU  finb  auf  einmal  oerfäpnmnben, 
ßnabe  ntdjt  nmfjte,  roie  ifym  gefdjeljn, 
£at  alles  auf  einmal  umftaltet  gefefm. 

Unb  ftaunenb  ftanb  er  im  fdjmucfen  ©aale, 
30     2)o  fafj  SJkbonna,  bodj  olme  ©traten; 
©ie  fjat  fidj  oerroanbelt  in  lieblidje  9ftaib, 
Unb  grübet  unb  lädjelt  mit  finblidjer  $reub. 

Unb  fiel)!  r>om  Ijolben  Socfenljaupte 
©ie  felber  fidj  eine  Socfe  raubte, 
35      Unb  fagte  jum  Knaben  mit  tyimmlifdjem  £on: 
„üftimm  rjin,  mein  ßnäblein,  ben  ©rbenlolm!" 

©pridf)  nun,  roer  bezeugt  bie  2Beüje? 
©afyft  bu  nidjt  bie  färben  mögen 
$Iammig  an  ber  Himmelsbläue? 
40  9ttenfdE)en  nennen '§  Regenbogen. 

(Snglein  fteigen  auf  unb  nieber, 
©dalagen  raufc|enb  mit  ben  ©Urningen, 
$Iüftern  nmnberfame  Sieber, 
©üfser  Harmonien  klingen. 


217 

Rnahe  §at  e§  roofyl  üerftanben, 
3Ba§  mit  ©efynfucf)t§glut  if>n  jiefjet 
$ort  unb  fort  na<f)  jenen  Sanben, 
2Bo  bie  SJtyrte  einig  blühet. 


V. 

©of)n  ber  Xr)ort)ett!  träume  immer 
Söenn  bir'g  §erj  im  Sufen  firnißt; 
$)ocfj  im  £eben  fucr)e  nimmer 
SDeineS  £raume§  ©benbilb! 

Sinft  ftanb  id[j  in  fdEjönren  Sagen  5 

2luf  bem  fyödjften  93etg  am  3^r)ein ; 
$)eutfd)Ianb§  <3aum  oor  mir  lagen 
SBlüfjenb  Ijell  im  ©onnenfcfjein. 

Unten  murmelten  bie  SBogen 
2öilbe  gaubermelobenn,  10 

©üfje  Sllmbungfcfjauer  jogen 
©dfjmetdf)lenb  in  mein  ^erj  §inein. 

Saufdj'  idfj  je£t  im  ©ang  ber  Segen, 
klingt  »iel  anbre  beloben: 
(Schöner  £raum  ift  längft  nerflogen,  15 

©cfyöner  2öa§n  bradfj  längft  entjroen. 

©cfjau'  idlj  je£t  oon  meinem  93erge 
$n  ba§  beutfdje  Sanb  fyinab: 
©ef)  idfj  nur  ein  3SöI!Iein  3roerge 
Äriedfjenb  auf  ber  liefen  ©rab.  20 

©uefj'  idE)  je§t  ben  golbnen  ^rieben, 
föen  bag  beutfdje  33Iut  erfiegt, 
©et)'  idfj  nur  bie  $etie  fdfjmieben, 
^ie  ben  beutfdfjen  Warfen  biegt. 


218 

85  Darren  f)br'  id)  jene  fabelten, 

£>ie  bem  $emb  in  milber  ©dEjlaajt 
[2]  ßttyn  bie  Sfruft  entgegenftettten, 
Dpfernb  felbft  fta;  bargebraajt. 

D,  ber  ©d§anbe!  jene  barben 
so  £>te  ba$  SSaterlanb  befreit; 

S^rer  Sßunben  IjeiFge  -Karben 
SDecft  ein  grobes  Settlerfleib ! 

■äJhttterföfmcfjen  gelm  in  ©eibe, 
kennen  fia;  be§  9Soße8  $em, 
35  ©Surfen  tragen  dljrgefdjmeibe, 

©ölbner  brüften  fic§  aU  §err'n. 

Wm  ein  ©pottbilb  auf  bie  Sinnen 
3ft  ba§  So»  im  beutfdpen  ßleib; 
Unb  bie  alten  fftöcfe  mahnen 
40  ©cfjmergücfj  an  bie  alte  $eit: 

2öo  bie  (Sitte  unb  bie  SCugenb 
SßrunftoS  gingen  $anb  in  £anb; 
SBo  mit  6^rfurd)tfa)eu  bie  $ugenb 
Sßor  bem  ©reifenalter  ftanb; 

45  2Bo  fein  Jüngling  feinem  9Jiä^a)en 

SRobefeufjer  »orgetügt; 
2öo  fein  mi£ige§  £)e§pötd(jen 
SJteineib  in  ©n§tem  gefügt; 

2öo  ein  §anbfd(jtag  mefjr  aU  @ibe, 
so  Unb  -iftotarienafte  mar; 

3Öo  ein  -Kann  im  ßifenfleibe, 
Unb  ein  §erj  im  Planne  mar.  — 

Unfre  ©artenbeete  Ijegen 
Saufenb  Slumen  nmnberfein, 
55  [3]  ©ajroelgenb  in  bei  93oben§  ©eegen 

Sinb  umfpielt  t)on  ©onnenfdjein. 


219 

$>odj  bie  atferfd)önfte  33tume 
33lül)t  in  unfern  ©arten  nie, 
©ie  bie  einft  im  Slltertljume 
©elbft  auf  felf'ger  §ölj'  gebielj;  &o 

£)ie  auf  falter  SergeSoefte 
■äftänner  mit  ber  ßifen^anb 
pflegten  al§  ber  33lumen  befte,  — 
©aftlidtfett  roirb  fie  genannt. 

5Rüber  2ßanbrer  fteige  nimmer  es 

Wad)  ber  Ijofjen  33urg  ijinan, 
«Statt  ber  gaftltdj  roarmen  3immer 
$alte  üüöänbe  btd;  empfafj'n. 

23on  bem  SBarttljurm  bläjst  fein  äBädjter, 
$eine  $atf6rücf  rollt  Ijerab;  70 

©enn  ber  Surgfyerr  unb  ber  2Bädjter 
©djlummern  längft  im  füllen  ©rab. 

$n  ben  bunfeln  ©argen  ruljen 
2ludj  bie  grauen  minneljolb; 
SBa^rlid)  liegen  foldje  5£ruljen  75 

Sftetdjern  ©c§a£  benn  $erl'  unb  ©otb. 

§eimlidj  flauem  ba  bie  Stifte 
Sßie  oon  9Jtinnefängerl)audj ; 
©enn  in  biefe  Ijeil'gen  ©rufte 
©tieg  bie  fromme  2Jtinne  and).  so 

$n>ar  auä§  unfre  tarnen  preif  idj, 
$enn  fie  blühen  rcie  ber  SOtao; 
[4]  Sieben  aud)  unb  üUn  fleifjig 
fangen,  ©tiefen,  Malerei; 

©ingen  auefj,  in  füfjen  Steinten  ss 

SSon  ber  alten  Sieb  unb  £reu' ; 
$reiltdj  groeiflenb  im  ©etjeimen: 
Dh  ba3  s3ttäljrdjen  möglia)  fe»? 


220 

Unfre  9)iütter  einft  ernannten, 
90  ©innig  roie  bie  ©infalt  pflegt, 

SDajj  ben  fcfjönften  ber  Demanten 
5Wur  ber  -äftenfclj  im  23ufen  trägt. 

©ang  nicfjt  au§  ber  2lrt  gefdfjlagen 
©inb  bie  fingen  Södjterlein, 
95  $)enn  bie  $rau'n  in  unfern  Sagen 

Sieben  audj  bie  ßbelftein. 

Sraum  ber  gteunbfdjaft 


100 


"üJlodfjt  audp  Aberglauben  fjerfdfjen 


$>enn  bie  fd^öne  $orban§per(e 
£at  be3  ^ömerg  ©eij  oerfälfd^t, 


%oxt,  iljr  Silber  fdEjönrer  Sage! 
uo  Sßeid^t  §urücf  in  Sure  9?adf)t! 

9Becft  nicr}t  mefjr  bie  eitle  Älage 
Um  bie  $eit,  b\e  un§  üerfagt! 

VI. 

HJjnung. 

Dken  mo  bie  ©terne  glühen 
•äftüffen  un§  bie  $reuben  blühen, 
S)ie  un§  unten  finb  »erfagt; 
^n  be3  £obe§  falten  Slrmen 
5  $ann  ba3  Seben  erft  ermannen, 

llnb  ba§  Sidjt  ber  9?ad£)t  enttagt. 


221 
VII. 

Butter  gum  23ienetein: 
§üt'  bicfj  cor  Äerjenfc^etn ! 
SDodfj  roa<§  bie  StRutter  fpricljt, 
Sienelein  achtet  nidEjt. 

©djrotrret  um§  SidEjt  fyerum,  5 

(Sdfjrairret  mit  ©umfumfum, 
§brt  rnd^t  bie  Butter  ftfjrein: 
Sienelein!  33ienelein! 

junges  SBIut,  tolles  SBlut 
treibt  .in  bie  ^lammengutt,  10 

treibt  in  bie  $lamm  hinein.  — 
S3ienelein!  23ienelein! 

'©  fladrert  nun  lidfjterrotfj. 
flamme  gie&t  ^lammentob; 
$üt'  bicfj  üor  9Jcagebein,  15 

©ö^nelein!  ©ölmelein! 


VIII. 
©raunt  vrntt  %tbtn. 

@3  glühte  ber  %<x%,  e§  glühte  mein  §er§, 
©tili  trug  icf)  mit  mir  §erum  ben  ©dfjmerg. 
Hnb  als  bie  9^ad§t  tarn,  fdfjlicl)  iclj  fort 
3ur  Müfjeuben  9tofe  am  füllen  Ort. 

%<$  naljte  mid?  leife  unb  ftumm  roie  ba3  ©ra6; 
Sftur  frönen  rollten  bie  2ßangen  ljina&; 
$,dfj  fdjjaut'  in  ben  ÄeldEj  ber  $ofe  hinein,  — 
£)a  glomm'S  fyeroor  roie  ein  glüfyenber  Schein.  — 


222 


Unb  freubig  entfdjlief  idf»  beim  Sfofenbaum ; 
10    ©a  trieb  fein  ©piel  ein  necfenber  £raum: 
3$  fal)  ein  rofigei  Sttäbdjenbüb, 
©en  23ufen  ein  rofigeS  SRieber  umfüllt. 

©ie  gab  mir  roa§  fyübftfjeS,  redjt  golbig  unb  meid;; 
3>dj  trug'S  in  ein  golbeneS  ^jäugdjen  fogleidj. 
15    $m  ^äuildjen  ba  geljt  e§  gar  rounberlidj  bunt, 
©a  brer)t  ftd)  ein  33ölfdjen  in  §ierlitf;er  SHunb. 

2)a  tanjen  jmölf  Sänger,  oljn'  üftul)  unb  SRaft, 
©ie  fyaben  fidj  feft  ben  ben  £änben  gefajjt; 
Unb  rcenn  ein  Sang  gu  enben  begann, 
20    ©o  fängt  ein  anbrer  oon  »orne  an. 

Unb  e<8  fummt  mir  in'S  D§r  bie  ü£anputfif: 
©ie  fcpnfte  ber  ©iunben  fe^rt  nimmer  gurücf, 
©ein  ganjeS  Seben  mar  nur  ein  £raum, 
Unb  biefe  ©tunbe  ein  £raum  im  £raum.  — 

25  ©er  Sraum  mar  au3,  ber  borgen  graut, 
3Rein  Stuge  fdjnett  nadj  ber  9fofe  fdjaut,  — 
D  SBelj!  ftatt  be§  glüfjenben  günfleinS  ftedrt 
3m  ßeldje  ber  SWofe  ein  falteS  Qnfeft. 

IX. 
SJän&rfpen  thit&  Meivtxtn. 

deiner  fdjlafenben  guleima 
SRinnt  auf's  §erg,  i^r  Sfyränentropfen, 
©ann  roirb  ja  baS  ffifje  #erjc§en 
©etmfudjtsüoll  nadj  Slbbutt  flopfen. 

5  deiner  fdjlafenben  guleima 

©pielt  um'<§  Df)T,  i§r  ©eufjer  trübe, 
©ann  träumt  ja  ba3  blonbe  ®öpfd;en 
,§eimlidj  füfj  von  2tbbuff§  Siebe. 


223 


deiner  fdfjlafenben  3uleima 
©tröm'  auf's  ^änbdjen,  ^ergblutqueffe !  10 

$>ann  trägt  ja  iljr  fü^e§  §änbc§en 
2lbbutf3  Seinen  rotfj  unb  fjette. 

2(dj!  ber  ©dfjmerj  ift  ftumm  geboren, 
Dfy\e  $unge  in  Dem  Sftimbe, 
£at  nur  Xfjränen,  §at  nur  «Seufjer,  15 

Slut  nur  auä  ber  ^erjenSrounbe. 


X. 

Steiget  auf,  $§r  alten  träume! 
Deffne  btdj,  bu  ^erjenätljor ! 
Steberroonne,  2Be§mut§§t^ränen, 
«Strömen  rounberbar  l)en)or. 

$urd[j  bie  Pannen  miß  icf)  fdfjroeifen,  1 

2öo  bte  muntre  Quelle  fpringt, 
2öo  bte  ftolgen  §trfd^e  manbeln, 
2ßo  bte  liebe  $>roffel  fingt. 

Stuf  bie  Serge  miß  idfj  fteigen, 
Stuf  bie  fdfjroffen  $elfen§ölj'n,  10 

2Bo  bie  grauen  ©tftfofjruinen 
$n  bem  -IftorgenlidEjte  fielen. 

Porten  fe§'  idfj  ftifl  micfj  nieber 
Unb  gebenfe  alter  $eit, 

2Ilter  blüljenber  ©efdfjlecfyter  15 

Unb  üerfunf'ner  |jerrlicfjfeit. 

©ra3  bebecft  je$t  ben  Xurnierp(a£, 
2ßo  gefämpft  ber  ftolje  SOtann, 
£)er  bie  heften  übermunben 
Unb  be3  Kampfes  ^ßretö  geroann.  20 


224 

©pfyeu  rcmft  an  bem  33alfone, 
2Bo  bie  fd^öne  SDame  ftanb, 
SDie  ben  ftolgen  Uebertuinber 
2Kit  ben  Stugen  überrcanb. 

25  2ldf)!  ben  (Sieger  unb  bie  ©ieg'rin 

£at  befiegt  beS  £obe3  §anb.  — 
$ener  bürre  ©enfenritter 
©tretft  un<§  2(tte  in  ben  ©anb! 


XL 


%$  roiff  midfj  im  grünen  2Balb  ergeljn, 
2Bo  23htmen  fpriefjen  unb  SSögel  fingen; 
£)enn  roenn  idfj  im  ©rabe  einft  liegen  raerbe 
3ft  2Utg  unb  Dfjr  bebedft  mit  @rbe, 
£)ie  Blumen  fann  id£)  nicf)t  fpriefjen  fefyn, 
Unb  93ögetgefänge  fyör'  idj  nidfjt  flingen. 


XII. 

Stuf  ben  SÖoßen  ru§t  ber  9Konb, 
@ine  9ftefenpommeranje, 
Ueberftralt  ba<§  graue  2Reer, 
©reiten  «Streifs,  mit  golb'nem  (3lan%e. 

i  Ginfam  roanbF  tdEj  an  bem  ©tranb, 

2öo  bie  raeifjen  Sßetten  brechen, 
Unb  idj  f)ör'  oiel  füfteö  Söort, 
©üjjel  SCBort  im  Söaffer  fpredtjen. 

2ld^  bie  HRad^t  ift  gar  gu  lang, 
10  Unb  mein  §erj  fann  nicfjt  mefyr  fdtjroeigen 

©dEjöne  -Kirrn,  fommt  fyerüor, 
£anjt  unb  fingt  ben  $auberreigen  t 


225 


■iftefjmt  mein  £cmpt  in  (Suren  Scfjoojj, 
Seib  unb  <5eel'  fet)  Eingegeben! 
©ingt  micf)  tobt  unb  fyerjt  micf)  tobt,  15 

Äüfjt  mir  au3  ber  Bruft  baS  Seben. 


XIII. 

GJingeIjütft  in  graue  ÜKßotfen 
(Schafen  je|t  bie  großen  ©ötter, 
Unb  idb,  fyöre  raie  fie  fcfjnarrdEjen, 
Unb  mir  fyaben  roilbeS  SBetter. 

2Bilbe3  2ßetter!  ©turmeSroütljen  5 

3BiU  ba3  arme  (Schiff  jerfd^eUen  — 
2lcf),  roer  jügelt  btefe  Sföinbe 
Unb  bie  Ijerrenlofen  SBellen! 

$ann'3  nidfjt  fnnbern,  bafj  e§  [türmet, 
2)ajs  ba  brennen  StRaft  unb  Bretter,  10 

Unb  id)  fyixü'  midlj  in  ben  Sftantel, 
Um  ju  fdjfofen  raie  bie  ©ötter. 


XIV. 
Src&ranKljetf. 


2)ie  grauen  sJZad(jmittag3tt)offen 
©enfen  fidb,  tiefer  fyinab  auf  ba3  9Cfteer, 
SDaS  ifjnen  bunM  entgegenfteigt, 
Unb  jroifdfjenburdf)  jagt  ba§  ©dfjiff. 


©eefranf  fi£'  icfj  nocfj  immer  am  9Jcaftbaum  5 

Unb  macfye  Betrachtungen  über  mtcb,  felber, 
Uralte,  afdfjgraue  Betrachtungen, 
£)ie  fdjon  ber  Skter  Sotb,  gemalt, 
2U3  er  be§  ©Uten  ju  oiel  genoffen, 
Unb  fidf)  nad)f)er  fo  übel  befanb.  10 

Litteraturden!;male  des  18.  n.  19.  JalrK    27.  15 


226 


Mitunter  benf  idf)  autf;  alter  ©efdjidjten : 
2öie  freujbejeidjnete  $i(ger  ber  SSorgeit, 
2luf  ftürmifcfjer  9fteerfaf)rt,  ba§  troftreid^e  33ilbnifj 
$)er  IjeUigen  Jungfrau  gläubig  fügten; 

15         2Bte  franfe  bitter,  in  folcfjer  Seenotfj, 
$)en  lieben  §anbfd)ufy  tljrer  £>ame 
3(n  bie  Sippen  preßten,  gleidfj  getröftet  — 
%<$)  aber  fv£e  unb  faue  üerbriefjlidfj 
(Sinen  alten  $eering,  ben  fähigen  £röfter 

20         $n  $a£enjammer  unb  ^unbetrübfal! 

Unterbeffen  fätnpft  ba§  ©dEjiff 

■Xftit  ber  rauben,  roogenben  $luti); 

2ßie'n  bäumenbe<§  ©cfjladfjtrofj  ftetlt  e§  jtdfj  jei3t 

Stuf  ba§  ^intert^eil,  bafj  ba§  ©teuer  fradfjt, 
25         $etjt  ftürjt  e§  fopfüber  roieber  Ijinab 

$n  ben  Ijeulenben  ülöafferfdjlunb, 

2)ann  roieber,  rote  forglo§  liebematt, 

2)enft  e§  fidfj  ^injulegen 

2ln  ben  fdjroarjen  Sufen  ber  ^Riefenroette, 
30         £>ie  mächtig  fjeranbrauft, 

Unb  plötjltcf),  ein  roüfter  9)ieerroafjerfaK, 

$n  roeifjem  ©efräufel  sufammenftürjt, 

Unb  midEj  felbft  mit  ©djaum  bebecft. 

£>iefe3  ©dEjroanfen  unb  (Sdjroeben  unb  Sdfjaufeftt 
35  $ft  unerträglich! 

33ergeben§  fpä§t  mein  Sluge  unb  fucr)t 
$ie  beutfdEje  ßüfte.     £)od;  ad)l  nur  2Baffer, 
Unb  abermals  Sßaffer,  beroegte§  SBaffer! 

2öie  ber  üEßinterroanbrer  be£  2tbenb§  fidfj  fefynt 
40         %lad)  einer  roarmen,  innigen  Xaffe  %i)w, 

(So  fet)nt  firf;  jetjt  mein  ^erj  nacfj  bir, 

9flein  beutfdfjeS  SSaterlanb! 

;3ftag  immerhin  bein  füfjer  SBoben  bebecft  fetm 

SCRit  Sßaljnfinn,  ^ufaren,  fdfjledljten  Werfen 
46         Unb  ©emüt^ebiar^ee^oerbreitenben, 


227 


Hunnen  Sraftätcfjen ; 

2Rögen  immerhin  beine  $ebra3 

ÜRit  9iofen  fidj  mäften  ftatt  mit  Sifteln; 

•Dtögen  immerhin  beine  noblen  Slffen 

^n  müßigem  ^3u£  fidEj  oomeljm  fpreitjen,  50 

Unb  fidj  beffer  bünfen  aU  aü  ba3  anbre 

söanaufifcf;  fdjroerljimDanbelnbe  §ornmef); 

yjlaa,  immerhin  beine  ©dtmecfenüerfammlung 

Sidfj  für  unfterbltd^  galten 

2öeil  fie  fo  langfam  baljinfriedfjt,  55 

Unb  mag  fie  täglidfj  ©timmen  fammeln 

D6  ben  SJtaben  be§  $äfe§  ber  ßftfe  gehört? 

Unb  nodfj  lange  $eit  in  SBeratfjung  giefyn, 

2öte  man  bie  ägüütifdjen  ©cfyafe  oereble, 

SDamit  ifjre  Sßotte  ftdfj  beffre  eo 

Unb  ber  £irt  fie  fdjeeren  fönne  rote  2lnbre, 

Dlim'  Unterfdfjieb  — 

$mmerl)in,  mag  Xljorljeit  unb  Unrecht 

2>itf)  gan-$  bebecfen,  D  SDeutfdtjlanb ! 

%d)  fefyne  micfj  bennodf)  nad£>  bir:  es 

SDenn  roenigften3  bift  bu  bodfj  feftes  Sanb. 


XV. 

Sieben  unb  Raffen,  Raffen  unb  Sieben, 
$ft  atte§  über  midj  Eingegangen; 
SDodtj  blieb  üon  allem  nidfjtS  an  mir  fangen, 
%d)  bin  ber  atterfelbe  geblieben. 


XVI. 

J-reunbfcfjaft,  Siebe,  «Stein  ber  SBeifen, 
$>iefe  brewe  f)ört'  idf>  »reifen, 
Unb  id£j  prie§  unb  fudjte  fie, 
2(ber  adfj!  idfj  fanb  fie  nie. 

15* 


228 


XVII. 


2)afj  idfj  bid^  liebe,  o  SJlöpgd^en 

2)ct§  ift  bir  roofjlbefannt. 
SBenn  icf)  mit  3utfer  bid)  füttre, 
©o  letfft  bu  mir  bie  §anb. 

SDu  roittft  auä)  nur  ein  $unb  [ein, 
Unb  rmtfft  rttcr)t  fdjjeinen  mefyr; 
2(ff  meine  übrigen  $reunbe 
SBerfteHen  fidf)  gu  feEjr. 


XVIII. 

£ag  unb  -KadEjt  I)a6'  id£)  gebietet 
Unb  |ab'  bocr)  nid^t§  ausgerichtet ; 
Sin  in  Harmonien  gefdfjroommen, 
Unb  bin  botf)  gu  nicfjtS  gefommen. 


XIX. 
^a»  Bilt>. 

Srauerfptel  Dorn  gretfcrrn  <£.  ö.  §outoalb. 

Se[ftng=ba  33ingi3  -Iftatfian  unb  ©alotti, 
©d£jitter=9tar>ljaete  Söatfenftein  unb  $ofa, 
@gmont  unb  $auft  Don  ©ötrje=23uonarotti  — 
S)ie  nimm  gum  dufter,  §ourt)alb=<3pinarofa ! 

XX. 

Sa»  jmxjpeftftrfce.  Denkmal  ©ötfte's 
in  3franKfurk 

£ört  gu,  ifjr  beutfdfjen  Männer,  9ftäbd£)en,  grauen, 
Unb  fammelt  ©ubfcribenten  unoerbroffen ; 
$ranffurt'§  2Jeroor)ner  fjaben  je|t  befdijlojfen, 
©in  @r)renbenfmat  <$ötfyen  gu  erbauen. 


229 


„$ur  ^ftefjgeit  wirb  ber  frembe  Krämer  flauen,"       5 
©0  benfen  fie  —  „bafj  2öir  be§  9Jlann'§  ©enoffen, 
$)af$  Unferm  33oben  foldfje  23lum'  entfproffen, 
Unb  blinblingg  roirb  man  Un3  im  £anbel  trauen." 

D  lafjt  bem  $)idjter  feine  Sorbeerreifer, 
3fc  |>anbel^err'n !  Seiltet  @uer  ©elb.  10 

@in  Senf  mal  Iwt  ftdj  ©ötfje  felbft  gefegt. 

$n  SBinbeln  mar  er  einft  @udfj  nalj,  bodfj  je£t 
brennt  @ud^  r>on  © ötr)e  eine  gange  ÜEßelt, 
@ucfj,  bie  ein  $lüf$lein  trennt  00m  ©adfjfenfyäufer. 


XXI. 

(%n  Cßt»0nt!) 

©in  ^afyrtaufenb  fdjon  unb  länger, 
Bulben  mir  un3  brüberlict), 
2)u,  bu  bulbeft  baft  icfj  atijme, 
SDafj  bu  rafeft  bulbe  idj. 

•JJiandfjmal  nur,  in  bunfeln  3e^erif  5 

2Barb  bir  rounberlidf)  gu  Ttutf), 
Unb  bie  üebefrommen  ÜCätjcfjen 
$ärbteft  bu  mit  meinem  93Iut! 

$e£t  roirb  unfre  $reunbfdjaft  fefter, 
Unb  nod)  tägüa)  nimmt  fie  gu;  10 

£>enn  icf)  felbft  begann  gu  rafen, 
Unb  icf)  roerbe  faft  roie  2)u! 


XXII. 

33rid(j  aus  in  lauten  klagen, 
$)u  büftreg  SJcartnrerlieb, 
35a3  id£j  fo  lang  getragen 
$m  flammenftilfen  ©emütf)! 


230 


5  @§  bringt  in  alle  D§ren, 

Unb  burdj  bie  Dl>ren  ini  ^erg ; 
^a;  §a6e  gewaltig  befdjrooren 
SDen  taufenbjäljrigen  ©djmerg. 

@§  meinen  bie  ©rofjen  unb  deinen, 
io  ©ogar  bie  falten  <£jerrn, 

£>te  grauen  unb  Blumen  meinen, 
@3  meinen  am  $immel  bie  ©tern' ! 

Unb  alle  bie  SCljränen  fliegen 
■Iftadj  ©üben,  im  füllen  herein, 
15  (Sie  fliegen  unb  ergießen 

©ia;  all'  in  ben  Qorban  hinein. 

XXIII. 

$u  SDregben  in  ber  fdjbnen  ©tobt  ber  Gilbe, 
SBo'S  gibt  £abacf=  unb  ©trolj=  unb  SerSfabrifen, 
@rl)ebt  fidj,  um  bie  $öpfe  ju  berufen, 
(Sin  Sieberfränjletn  unb  ein  Siebgemölbe. 
5        8ft  nun  mit  $errn  unb  $rau'n  befe^t  baffelbe, 
©o  lefen  t>or,  @lut^3Rutfc33Iut  in  ben  «tiefen, 
$err  ßuljn  unb  gräulein  9iofti£  —  o  ©nt^ütfen! 
£a!  £errltdj!  2Seg,  ßritif,  bu  gäbe,  gelbe! 

2lm  anbern  Sage  fteljt  ei  in  ber  ßeitung, 
io    £eIT'3  §eWjeit  fdjroabemt,  ßinb'3  Äintyeit  ift  finbifa), 
Sagrotfdjen  friert  bai  frtt'fcr)e  Seiblatt  fjünbtfdj. 

2lrnoIbi  forgt  für'3  ©elb  unb  bie  Verbreitung, 
,3ulei$t  fommt  Söttiger,  unb  madjt  ©peftafel, 
Sie  2lbenbjeitung  fei  ba§  SBeltorafel. 

XXIV. 
Bamberg  imfc  BDürjtmrg. 

Qn  beiber  Söeidjbilb  fliegt  ber  ©naben  Queue, 
Unb  taufenb  Söunber  täglidj  bort  gefdfjefyen. 
Umlagert  fieljt  man  bort  üon  Äranfen  ftet)en 
£>en  dürften,  ber  ba  feilet  auf  ber  ©teile. 


231 

6r  fpridE)t:  „©tefyt  auf  unb  gefyt!"  unb  fünf  unb  f djnette  5 
<5tefyt  man  bie  Salinen  felbft  von  Rinnen  gefyen; 
@r  fpridfjt:  „Scfjaut  auf  unb  feljet!"  unb  e»  fefyen 
©ogar  bie  SSünbgebor'nen  flar  unb  ^elle. 

din  Jüngling  nafyt,  oon  Söafferfudjt  getrieben, 
Unb  fle^t:  „„§ilf,  2SunbertIjäter,  meinem  Seibe!""  10 

Unb  fegnenb  fpricfjt  ber  f^ürft :  ,,©el)  f)in  unb  fd^reibe!" 

$>n  Bamberg  unb  in  Söürjburg  mac§t'#  ©peftafel, 
Sie  £anbhmg  ©abdarbt' 3  rufet  laut  „Strafet!"  — 
tfteun  2) r amen  fjat  ber  Jüngling  fcfjon  gefd^rieben. 


XXV. 

9Bte  näfmt'  bie  2lrmutf)  bafb  bei  mir  ein  @nbe, 
SBüfft'  idfj  ben  $infel  funftgeredpt  gu  führen 
Unb  fyübfcfj  mit  bunten  Silbern  ju  servieren 
SDer  $trdjjen  unb  ber  ©cfjlöffer  ftolje  SBänbe. 

2öie  flöffe  balb  mir  ju  be§  ©ofbe§  ©penbe,  5 

SBüff t '  icfj  auf  flöten,  ©eigen  unb  Planieren 
©0  rüljrenb  unb  fo  fein  gu  mufijiren, 
©a§  $errn  unb  2)amen  ffatfd^ten  in  bie  §änbe. 

2)od)  afyl  mir  Slrmen  lächelt  9Jiammon  nie: 
©enn  leiber,  leiber  trieb  id£)  bicf)  alleine,  10 

SBroblofefte  ber  fünfte,  $oefie! 

Unb  acfj!  roenn  Slnbre  fidEj  mit  uotten  pumpen 
3um  ©orte  trinfen  in  S^ampagnerroeine, 
2)ann  muff  id£)  bürften  ober  idfj  muff  —  pumpen. 

XXVI. 

Drf)fe,  beutfcfjer  Jüngling,  enbüd), 
SRette  beine  ©dfnoänje  nadp; 
©inft  bereuft  bu,  bajj  bu  fäjänblicf) 
£aft  oertröbelt  mannen  £ag! 


232 


XXVII. 


©elig  bämmernb,  fonber  £arm, 
Siegt  ber  2flenfd)  in  greunbeS  3(rm, 
2>a  fommt  plö£lid)  nue'<8  SBerfjängnifc 
2)e§  Consiliums  SBebrängnijj 
Unb  roeit  fort  »on  feinen  Sieben 
9fluj5  ber  3Kenfd>  fidj  weiter  fd)ieben. 


233 


An  Personen. 


Bn  Sranf  in  3. 

@§  gieljt  midEj  nad)  üftorblanb  ein  golbner  «Stern ; 
2lbe,  mein  ©ruber,  benf  mein  in  ber  $ern' ! 
23leib'  treu,  bleib'  treu  ber  $oefie; 
3SerIa^  ba§  füfje  Sräutdfjen  nie. 
©eroaljr'  in  ber  33ruft  roie  einen  £ort  5 

$)a§  liebe,  fcfjöne,  beutle  2Bort.  — 
Unb  fommft  bu  ma§l  nadfj  bem  -Korberftranb, 
©0  laufte  nur  am  9lorberftranb ; 
Unb  laufdje  big  fern  fidj  ein  klingen  ergebt, 
Unb  über  bie  fenernben  $lutr)en  f djroebt.  10 

£)ann  mag'§  rooljl  feon,  bajs  entgegen  bir  giefyt 
35e<8  mo^lbefannten  ©ängerg  Sieb. 
Dann  greif  audEj  bu  in  bein  ©aitenfpiel, 
Unb  gieb  mir  füfjer  Äunben  üiel: 
üEöie'S  bir,  mein  trauter  ©änger,  ergebt,  15 

Unb  roie'S  meinen  Sieben  aUen  ergebt, 
Unb  roie'§  ergebt  ber  fdjönen  5Raib, 
*£>ie  fo  mand£je§  $üngling§l)er;$  erfreut, 
Unb  in  mandfjeg  gefenbet  üiel  ©lut  hinein, 
2)ie  Müfyenbe  9tofe  am  blüfyenben  9tr;ein !  20 

Unb  and)  00m  33ater(anb  $unbe  gieb; 
DV$  nocf)  ba§  Sanb  ber  treuen  Sieb', 
£)b  ber  alte  ©ott  nodEj  in  2)eutfd£)fanb  tr«or)nt, 
Unb  niemanb  mefyr  bem  23öfen  frofjnt. 


234 

25       Unb  roie  bein  füfceS  Sieb  erflingt, 
Unb  fettere  9Jiäf)ren  hinüber  bringt, 
2Öof)l  über  bie  2Sogen  jum  fernen  (Stranb, 
So  freut  ftd)  ber  (Sänger  im  -ftorberlanb. 

II. 

$$  toolmte  früher  roeit  oon  l)ier, 
3toet  Käufer  trennen  mid^  jeijt  oon  £)ir: 
@3  fam  mir  oft  fdfjon  in  ben  (Sinn 
%d)\  warft  bu  meine  -iftadfjbarin. 

III. 
3\t  Batfif  auf  fcem  ^rarfsenfcl». 

Sin  grij  ö.  S3. 

Um  -SRitternadjt  mar  fcfjon  bie  23urg  erftiegen, 
SDer  £ol§ftof$  flammte  auf  am  $ufj'  ber  dauern, 
Unb  roie  bie  ^urfd^en  luftig  nieberfauern, 
CsrfcfyoU  ba§  Sieb  oon  £)eutfcfjlanb3  fjeil'gen  (Siegen. 
5      9Bir  tranfen  SDeutfdEjlanbfl  2öof)l  au§  •ftfjeinroeinfrügen, 
2öir  farjn  ben  2mrggeift  auf  bem  Sturme  lauern, 
SSiet  bunfle  Sfttterf chatten  un§  umfdjauem, 
3Stel  9tebelfrau'n  ben  un§  oorüberfliegen. 

Unb  au$  ben  Krümmern  fteigt  ein  tiefet  Stechen, 
io  @3  flirrt  unb  raffelt,  unb  bie  ©ulen  fräßen ; 
©ajroifa^en  Ijeult  bei  -ftorbfturmS  Sßutljgebraufe.  — 

Siel)'  nun,  mein  greunb,  fo  eine  9^aa;t  burd£)roaa)t'  icf) 
2luf  Ijoljem  SDradfjenfell,  bodfj  (eiber  braajt'  id> 
£>en  Sdfjnupfen  unb  ben  Ruften  mit  nad)  £>aufe. 

IV. 

Oben  auf  bem  SRolanbSedf 
Saft  einmal  ein  Stebe3gecf, 
(Seufjf  fidEj  faft  ba§  §er§  l)erau3, 
ßucft'  fi<$  faft  bie  2lugen  aus, 


235 

9tadj  bem  fyübfdfjen  Älöfterlein,  5 

£>a§  ba  liegt  im  füllen  Streut. 

£yri$  üon  SBeugljem!  bertf  audE)  fern 
$ener  ©tunben,  aU  mir  gern 
Oben  $0$  von  25anief  3  ßniff 
©ganten  nad£)  bem  ^elfenriff,  10 

2Bo  ber  franfe  bitter  fafj, 
SDeffen  §erge  nie  genafj. 

V. 
Bn  Svij  tmn  Heusern! 

sDiein  §frijj  lebt  nun  im  23aterlanb'  ber  ©cfjinfen, 
%m  gauberlanb',  rao  ©dfjroeinebolmen  blühen, 
3m  bunfeln  Dfen  ^umperniM  glühen, 
2Bo  SDtd^tergeift  erlahmt,  unb  SSerfe  Ijinfen. 

SKein  ^yrij,  geroolmt  au$  Ijeil'gem  Quell  gu  trinfen,     5 
(Soll  nun  §ur  franfe  gel)n  mit  fetten  Äüfjen, 
©oll  gar  ber  kernig  2lcftenmagen  gießen,  — 
$<f;  fürdjte  faft  er  mu|  im  ©(|famm  oerfinfen. 

9ftein  $rij,  gerooljnt  auf  buntbeblümten  3luen 
©ein  ^tügelrofj,  mit  leidster  §anb,  gu  leiten,  10 

Unb  ftcfj  gu  fdjnnngen  fyocfj,  roo  2lbler  l)orften; 

sDJein  ^rij  roirb  nun,  null  er  fein  ^erg  erbauen, 
2luf  einem  bürren  Sßrofagaul  burdjreuten  — 
£>en  ^nüppelmeg  r>on  fünfter  h\§  nad)  3)orften. 

VI. 
Bn  3fri|  $t 

Qfn'S  <Stamm&udj. 

£>ie  ©djledfjten  fiegen,  unterge^n  bie  2Bacfern, 
©tatt  Porten  lobt  man  nur  bie  bürren  Rappeln, 
25>orin  bie  Slbenbminbe  tüdptig  rappeln, 
©tatt  ftiller  ©lut  lobt  man  nur  gelles  $latfern. 


236 


33ergeben3  wirft  bu  ben  $arnaf$  beacfern, 
Unb  ȟb  auf  Silb,  unb  SBlum'  auf  Slume  ftapeln, 
33ergeben§  roirft  bu  bidf)  §u  Xobe  gappeln,  — 
Sßerftef)ft  bu'g  nid^t  nodE)  »or  bem  (£n  ju  gacfern. 

Slucf)  muft  bu  rote  ein  ßampfftier  bidj  befyörnen, 
Unb  ©dmt5=  unb  £rui^@ritifen  machen  lernen, 
Unb  fräftig  oft  in  bie  ^ßofaune  fcfjmettern; 

2tud^  fdfjreibe  nicfyt  für  Sftadnoelt,  fct)reib  für  työhd, 
©er  $natteffecft  fet)  beiner  ©id£)tung  ,£>ebel,  — 
%lux  bann  roirb  bidfj  bag  ^ublifum  vergöttern. 

VII. 

©er  fdfjlimmfte  2Burm:  be§  3roeifel3  ©oldfjgebanfen, 
©a§  fcfjlimmfte  ©ift:  an  eig'ner  Äraft  »erjagen, 
©a§  rooKt'  mir  faft  be§  SebenS  5Rarf  jemagen; 
$d£)  roar  ein  9lei<§,  bem  feine  ©tü£en  fanfen. 

©a  mo<f)teft  ©u  ba§  arme  9tei§  befragen, 
2ln  ©einem  gut' gen  Sßort  läjst  ©u  e§  ranfen, 
Unb  ©ir  allein,  mein  -JReifter,  fott  idfj'3  banfen, 
Sßirb  einft  ba§  fdjroacfje  9iei3lein  S3tütr)en  tragen. 

D  möd^'ft  ©u'§  ferner  nod£)  fo  forgfam  roarten, 
©afj  e§  al§  23aum  einft  gieren  fann  ben  ©arten 
©er  frönen  $ee,  bie  ©icf)  jum  Siebling  roöfjlte. 

23on  jenem  ©arten  meine  21mm'  erjagte: 
©ort  lebt  ein  r)eimltd^  rounberfüfjeg  Älingen, 
©ie  Blumen  fprecfjen  unb  bie  Säume  fingen. 

VIII. 

3ufrieben  nid^t  mit  ©einem  ©igentlmme, 
©oflt'  nodj  beS  31  f» eineö  ^iblungC^ort  ©id)  laben, 
•Kaljmft  bu  oom  £  §  e  m  f  e  firanb  bie  ÜEßunbergaben, 
Unb  pflücfteft  fülm  be§  £ajo=Ufers  Shtme. 

©er  £iber  r)aft  mandEj  Üleinob  ©u  entgraben, 
©ie  ©eine  mufjte  Rotten  ©einem  SRufyme  — 
©u  brangeft  gar  gu  58raf)ma3  £eiligtfmme, 
Unb  roollt'ft  audf)  perlen  au§  bem  ©ange§  fyaben. 


237 


2)u  geij'ger  ÜKann,  \d)  ratlje,  fet)  gufrieben 
9fltt  bem,  ma§  feiten  9)knfd^en  roarb  belieben, 
2)enf  an'<S  SerfcJjroenben  je£t,  ftatt  an'3  ©rroerben. 

Unb  mit  ben  ©dEjätjen,  bie  $)u  oljn'  ©rmüben 
gufammen  Ijaft  gefdjleppt  au3  -iftorb  unb  ©üben, 
9)tad)'  reidfj  ben  ©cf)üler  jetjt,  ben  luft'gen  (Srben. 


IX. 

Sang  Ijat  ber  ißfaff  ftdfj  in  ber  $ird[)  »erfroren, 
S)er  ,£>errfdfjling  gittert  auf  bem  morfdfjen  £§rönlein, 
2luf  feinem  Raupte  roatfelt  fcfjon  fein  $rönlein  — 
2)enn  9touffau§  Tanten  Ijab  id^  au3gefprod(jen. 

$)od(j  roäfme  nidEjt  ba§  $üpplein  roomit  podfjen 
2)te  SRt^tifer  fei)  9touffau3  ©  1  a  u  6  e  n  3  fäfmlein, 
2ludfj  rjalte  nicijt  für  9touffau§  $rewljett,  ©öljnlein, 
£)a§  ©üpplein  ba§  bie  ^Demagogen  fod^en. 

©en  beinei  9famen<3  roertt),  für  roaf)re  ^renljeit 
Unb  frerje  2ßa^r^eit  fämpf  mit  beutfcjjem  ©inne; 
©d^lag  brein  mit  SBort  unb  ©dproert,  fet»  treu  unb  bieber. 

©lau ben,  grenfyett,  SERinne  fet)  beine  2)renl)eit, 
Unb  fel)lt  bir  aud^  ba§  5Rnrt§enreii  ber  -Dtinne, 
©o  r)aft  bu  bocr)  ben  Sorberfranj  ber  Sieber. 


X. 

%n  X  B.  B. 

2)ein  tfreunbeSgrufj  fonnt'  mir  bie  Sruft  erfcljltefjen, 
S)ie  bunfle  ^erjengfammer  mir  entriegeln; 
$cfj  bin  umfächelt  rote  tron  ßauberflügeln, 
Unb  heimatliche  Silber  mid)  begrüben. 

£)en  alten  9t^einftrom  fei)'  id)  roieber  fliegen, 
$n  feinem  Slau  ftclj  Serg  unb  Surgen  fptegetn, 
©olbtrauben  roinfen  tron  ben  9tebenf)ügeln, 
SDie  2öin§er  flettern  unb  bie  Slumen  fpriefjen. 


238 

D,  tonnt'  idj  Ijin  §u  bir,  gu  bir  ©etreuer, 
$)er  bu  nodj  an  mir  fyängft,  fo  rote  fia)  fdjlingt 
£>er  grüne  ßpfjeu  um  ein  morfd)'  ©emäuer. 

D,  fönnt  id)  f)in  §u  bir,  unb  leife  laufdjen 
93er;  beinern  Sieb,  berroeü  Sfotfjfefyldjen  fingt, 
Unb  ftiß  be£  9tf)eine3  2Bogen  midj  umraufdjen. 


XI. 

Bn  iren  ^ofraifi  ©bot:«  $. 
in  ©öfttnajm» 

©tolg  unb  gebietenb  ift  be§  £eibe§  Haltung, 
£>od)  Sanftmut^  fiefjt  man  um  bie  Sippen  fdjroeben, 
£)a§  2tuge  bli$t,  unb  alle  3JiuefeIn  beben, 
SDoct)  bleibt  im  Sieben  ruhige  Entfaltung. 

©o  ftefyft  bu  auf  bem  £et)rftur)lr  tron  Serroaltung 
£>er  Staaten  fpretfjenb,  unb  nom  flugen  Streben 
£>er  Kabinette,  unb  tron  SSölf erleben, 
Unb  von  ©ermanienS  Spaltung  unb  ©eftaltung. 

2lu3  bem  ©ebädjtnifc  lifdjt  mir  nie  bein  23ilb! 
$n  unfrer  3eit  ber  ©elbftfudjt  unb  ber  Stoljljeit, 
drquitft  ein  fold£je§  23ilb  oon  ebler  |>oljeit. 

SDodE)  roa§  bu  mir,  redjt  näterlidj  unb  milb, 
3um  bergen  fpradjft  in  ftitler  trauter  ©tunbe, 
2)a3  trag'  idj  treu  im  tiefen  «^erjensSgrunbe. 


XII. 
„KuraJTm  unir  BitüIcttEu 

ober 

„3&fce  Jxtbt  au»  irer  guten  alfen  %?it." 

2ln  3.  g.  Äoteff. 

§aft  einen  bunten  £eppid;  ausgebreitet, 
Vorauf  geftitft  finb  leudjtenbe  Figuren. 
@§  ift  ber  Äampf  feinbfeliger  Naturen, 
£>er  tjalbe  Sftonb,  ber  mit  bem  ßreuge  ftreitet. 


239 


Srompetentufdj !  ®ie  <2d!)lad[jt  wirb  r»or6ereitet; 
$m  Werfer  fdljmacljten,  bie  fidf)  £reue  fcfjttmren; 
©dfjalmeien  Hingen  auf  ^rowencer  $htren; 
Stuf  bem  Sa^ar  $artf)ago'3  «Sultan  fdfjreitet. 

$reunblid(j  ergoßt  bie  Bunte  ^errltc^fett : 
2Sir  irren  roie  in  märchenhafter  2Silbni§, 
23i3  Sieb'  unb  Sidfjt  6efiegen  ,£jaf3  unb  9iacfjt. 

$u,  ÜKeifter,  fannteft  ber  Äontrafte  SJcadtf, 
Unb  gabft  in  fdfjledEjter  neuer  $dt  baS  JBilbmS 
35on  Siebe  au§  ber  guten  alten  3eit! 

XIII. 

An  Maximilian  Heine. 
In  ein  Exemplar  des  Goetheschen  Faust. 

3)iefe3  23ucfj  fei  "üDir  empfohlen, 
Sefe  nur,  roenn  £)u  audlj  irrft: 
Stodfj  raenn  ©u'3  oerfteljen  nrirft, 
ÜEßirb  2)idfj  aud^  ber  Teufel  Ijolen. 

XIV. 
Zueignung. 

9ln  ©atomort  $eine. 

Steine  Dual  unb  meine  klagen 
feah1  idfj  in  bieg  53ucr)  gegoffen, 
Unb  roenn  bu  e§  aufgefdEjlagen, 
§at  ftdjj  £)ir  mein  §erj  erfdj (offen. 


240 


[Gedichte  143] 


[145]  manfrEir. 

<g  r  |t  e  *   auftritt. 

©ine  got&ifdje  £atfe.  —  9ttitternadjt.  —  SJlanfreb  allein. 

■UJlanfreb. 

$d;  mufj  bie  Simpel  toieber  füllen,  bennod) 

brennt  fie  fo  lange  nidjt,  aU  id;  mujj  roadjen. 

9ftein  «Schlaf  —  roenn  id;  oud)  fdjlaf  —  tft  bodj  fein  <5d)laf ; 

9Zur  ein  fortbauemb  dritten  in  ©ebanfen, 

6   £>ie  id;  nidjt  bannen  fann.     $m  ^erjen  pod;t  mir'3 
©leid;  roie  ein  SBeder,  unb  mein  2lug'  erfdjliefjt 
©id)  nur  einroärtS  gu  fdjau'n.    Unb  bennod;  leb'  id), 
Unb  trage  9Kenfd;enform  unb  -IRenfdjenantlifc. 
[146]  £od)  Kummer  foHt'  bei  Seifen  Sebrer  fetm; 

io  ©er  ©djmerj  madjt  roeife,  unb  roer'S  meifte  roeifc, 
SDen  fdjmerjt  am  meiften  audj  bie  bittre  3Q3ar)rf;ett : 
SDajj  ber  ©rfenntnijsbaum  fein  33aum  be3  2eben3! 
üftun  ^ah1  idj  jebe  SSiffenfdjaft  burdjgrübelt, 
2lud)  SBeltroeiSfjeit,  bie  Gräfte  ber  -Jtatur 

15  (Srforfdjt,  unb  fübf  im  bergen  bie  ©eroalt, 
Sie  fo!cr)e  bienftbar  madjen  fönnt'  mir  felber. 
SDod)  frommt  ei  nid;t.  —  S)en  9ftenfd)en  tbat  id;  ©uteS, 
Unb  mir  gefdjaf)  aud)  ©ute§,  felbft  oon  5Renfcben. 


241 


SDod)  frommt'  ba§  nicfjt.  —  $d)  r)atte  meine  $einbe, 

%<fy  fanf  oor  feinem,  mancher  fanf  oor  mir.  20 

SDodf)  frommt'  e3  nid^t.  —  SDenn  ©uteS,  33öfe3,  £eben, 

■Iftadjt,  Seibenfcfjaft,  tote  idj'3  ben  2(nbern  feJlje, 

£)a<§  mar  ben  mir  roie  Siegen  auf  ben  Sanb, 

Seit  jener  graufen  Stunb.    %<$  fürchte  nichts, 

5Ricfj  quält  ber  $lu<$,  bajj  irf;  nidtjtS  fürchten  fann,  25 

$ein  ftärfreä  $od£)en  fitfji',  uon  Hoffnung,  Sßünfdfjen, 

Selmfucljt  nadfj  einem  Sßefen  biefer  @rbe. 

•äJcein  Söerf  beginn' ! 

©efyeimnifeootte  9Jiäd^te ! 
[147]  3$r  ©eifter  biefe§  unbegrenzten  SBeltaflte! 
$fjr,  bie  id(j  ftetö  gefugt  in  Sidfjt  unb  3)unfeU  30 

$l)r,  bie  ben  ©rbbatf  ring3  umroebt,  unb  luftig 
$m  §audpe  roofmt;  %f)t,  bie  aU  £iebling£plät3e 
(fudfj  auigefud^t  bie  fteilften  Skrgeggipfel ; 
$§r,  bie  in  @rb=  unb  9J£eerabgrünben  Raufet,  — 
@ud£j  ruf  icfj  fyer  fraft  be§  gefdfjrtebnen  3auber§,  35 

2)er  @udEj  mir  unterjocht,     Steigt  auf!  ©rfdEjeint! 

«Jaufe.) 

«Sie  jögern.  —  $cfj  befdfjroöV  (£ud[j  ben  bem  SBorte 

£)e£  ©eifterober§aupt<§,  ben  biefem  $eidEjen, 

£>a<3  (Sudj  erbittern  madfjt,  beim  2öiITen  beffen 

©er  nimmer  'ftirbt,  —  «Steigt  auf!  Steigt  auf!  ©rf  dEjeint !  40 

CPaufe.) 

Sie  jögem.  —  ©eifter  in  ber  <£rb'  unb  Suft! 

^5§r  foÜt  nidEjt  fnotten  meiner,     $d[j  befdfjroör'  @ud(j 

33en  norf;  oiel  mädfjt'grer  -äJcacfjt,  beim  ÜCaUSman, 

£>en  au3gefjetft  etnft  ber  »erbammte  Stern, 

2)er  nun,  ein  £rümmerbranb  gerftörter  üfiklt,  45 

2ßie  eine  §ött'  im  ero'gen  Sftaume  roanbelt; 

23eim  graufen  $lud[),  ber  meine  SeeP  belaftet, 

93en  bem  ©ebanlen,  ber  ftetö  in  mir  lebt, 

Unb  um  midf)  lebt,  befdfjroör'  id^  @ucf).     drrfdEjeint ! 

T1481  (®in  ®tent  ro'rb  fiebtbar  im  buntein  $tnterflrunbe  ber  §aHe.    ©r  bleibt 
*-        -1  ftet>n.    2Kan  bort  eine  ©rimme  fingen.) 

Litteraturdenkmale  des  18.  und  19.  Jahrb..    27.  16 


242 


@rfter  ©eift. 
50      fcfdfj!  2tuf  beineä  2Borte§  ©dfjall 

Siefj  idfj  meine  2öolfenl)aE', 

£>ie  ber  £>ämm'rung  $audfj  gebilbet, 

£>ie  ba§  2lbenblidf)t  oergülbet 

SRit  ßarmtn  unb  himmelblau', 
55      £)afj  fie  mir  ein  SuftljauS  fea. 

3mar  follt'  idfj  gefyordfjen  nimmer, 

SDennodf)  ritt  idfj  auf  bem  ©dfjüumer 

@ine§  ©ternleinS  ju  bir  l)er; 

•üJcenfdfj !  erfüllt  fe»  bein  Segeln*. 

3meiter  ©eift. 

eo      Montblanc  ift  ber  Äönig  ber  33erge, 

$>ie  frönten  fdf)on  längft  feine  JQofy ; 

Stuf  bem  $elfentljron  ft|enb,  im  2Bolfen=£alar, 

Empfing  er  bie  Jtrone  r-on  ©dfjnee. 

Sßie'n  ©urt  umfdfjnallt  feine  £üft'  ein  2Balb, 
65      ©eine  §anb  bie  Saline  fjält, 

$)o<i)  »or  bem  $all  mufj  ber  bonn'renbe  33all 

©tili  fteljn,  roenn'3  mir  gefällt. 

$e§  ©letfdfjeri  ruhelos  falte  SJcaffe 

[149]  9toUt  tiefer  Sag  für  £ag; 
70     SDocJj  idf)  bin§,  ber  fie  finfen  laffe, 

Unb  audfj  fie  fyemmen  mag. 

$dfj  bin  ber  ©eift  bei  23erge3  Ijter, 

SMt'  ic§'8,  er  beugte  fid), 

Srjittemb  bi§  jum  9Jcarfe  fdf)ier  — 
75      Unb  bu,  mag  riefft  bu  midfj? 

dritter   ©eift. 

$n  bem  bläulichen  -fergrunb, 
2Bo  ber  2öeEenfamr>f  fdfnoeigt, 
2Bo  ein  $rembling  ber  2öinb  ift, 
Unb  bie  -äReerfdfjlange  freuet, 
eo     28o  bie  9iij:e  ifu*  ©rünljaar 
SCRit  9Jhifdf)eIn  burd^fc^lingt  — 


243 


2öie  ein  ©turnt  auf  ber  SCReerflädE)' 

<&d)oU  bein  ©prudE),  ber  midj  groingt. 

3n  mein  ftiHeS  ßoratfljauä 

Gjrbröfynte  er  ferner,  se 

$enn  ber  SEßaffergeift  bin  idj, 

©prtdfj  au§  bein  Segeljr! 

Vierter  ©eift. 
2öo  ber  @rbfdpütt'rer  fdfjlummert 
2luf  Riffen  t)on  ©lutlj, 

2Bo  bie  ^ßedpftröm'  aufmälgen  so 

[150]  $ie  lodpenbe  ^hitf), 
3Bo  bie  SBurgel  ber  3(nbe3 
£>ie  @rbe  burcfyroebt, 
2ttfo  tief  roie  ifyr  ©tpfel 

3um  §immel  aufftrebt,  95 

SDort  lief?  iclj  bie  £eimatf), 
£)ein  Stuf  rtfj  midfj  fort  — 
33m  $nedjt  beineä  ©prucljeg, 
9Jcein  |jerr  ift  bein  SBort. 

fünfter  ©eift. 
TOein  9lo%  ift  2öinb,  mit  ©eifcetyieb  100 

£rieb  id)  ba§  ©turmgettmljl ; 
£)a§  28etter,  ba§  bahnten  blieb, 
3ft  nodfj  r>on  33lii5en  fdfjttmf)!. 
•3Jlidj  Ijat  gar  fd§nett,  über  £anb  unb  SM', 
@in  Söinbftofj  hergebracht;  105 

$)ie  ftfott',  bie  idfj  traf,  bie  fegelt  brat), 
SDodfj  finft  fie  noä?  Ijeut  9lad^t. 

(Sedjäter  ©etft. 
2Jcein  2öolmf)au3  ift  ber  ©chatten  füfjer  9?adf)t; 
2Ba§  quälft  bu  midfj  an'3  SidEjt  mit  BaubermadEjt? 

©tebenter  ©eift. 
93or  Gürbbeginn  bel>errfcr)te  id[j  110 

^)en  ©tem,  ber  nun  Bet)errfcr)et  bidp. 

16* 


244 


[151]  2)ct3  mar  ein  ßrbbatf  ^ü6fd^  belebt, 

3Bie  feiner  je  bie  ©onn'  umfdnüebt; 

©ein  Sauf  mar  fdjön  geregelt,  faum 
115    £rug  fdjön'ren  ©tern  ber  $immefäraum. 

2)a  fam  bie  ©tunbe  —  unb  er  warb 

@in  ^lammenbatf  unförm'ger  2Crt, 

©in  ©djroeifftern,  ber  ftdj  pfab(o£  fdjttngt, 

Unb  9Jlenfd)en  fd^redft  unb  Unheil  bringt, 
120    £)er  nie  ermattenb  rottt  unb  fdjroeift, 

Unb  irrenb  oljne  Saufbafyn  läuft, 

@in  £ottbüb,  ba§  ba  oben  brennt, 

@in  Ungeljeu'r  am  Firmament! 

Unb  bu,  bem  bieg  ber  ©djicffalftern, 
125    SBurm,  bem  id)  Ijofntüott  bien'  aU  $erm, 

SDu  groangft  mid)  (mit  ber  furzen  SfJlad^t, 

£>ie  bid^  am  @nb'  mir  eigen  matf)t) 

2luf  furge  $rift  Ijierfjer,  roo  gar 

Sang  gittemb  biefe  ©eifterfdjaar 
130    9Jlit  einem  S)ing,  roie  bu  bift,  fcjjroätjt  — 

®u,  ©ofm  be§  ©taub 'S,  ma§  roiffft  bu  je$t? 

S)ie  fieben  ©eifter. 

@rb',  9ßeltmeer,  Suft  unb  9iaa)t,  ©ebürg  unb  ©türm, 
Unb  audj  bein  ©tern,  umftefi'n  aU  ©eifter  bidj, 
[152]  Unb  Ijarren  beine§  2öitfen§ ;  SKenfö^enmurm  — 
135    2öa§  roittft  bu  nun,   bu  ©of)n  be§  ©täubet?  —  fpridj! 

9Jianf  reb. 
$dj  null  oergeffen  — 

@rfter  ©etft. 

2Ba§  —  unb  nrie  —  roarum? 

SSKanf  reb. 

2öa§  in  mir  ift  roitt  td)  üergeffen,  [efet'ö 

$n  mir  —  3$r  fennt'3,  unb  \ä)  tann'S  nimmer  fagen. 


245 


©eift. 

%lux  roa§  mir  Ijaben  fönnen  mir  bir  geben, 

Verlange  ©egenftänbe,  £errfdf)aft,  SEeltmadjjt,  140 

©anj  ober  nur  ein  %i)exl,  »erlang'  ein  Beiden, 

£)a§  bir  bie  Elemente  bienftbar  madf)t, 

£>ie  mir  regieren,  jebei,  aß  bergleid;en 

©et)  bein. 

9flanfreb. 

$ergeffen,  ©elbftoergeffenfyeit  — 
ßönnt  %1)x  nicr)t  fcr)affen  bie<§  au§  bunflen  9teicf)en,  145 

^r,  bie  mir  pratjlerifcr)  fo  »iele3  bietet? 

[153]  ©eift. 

$n  unfrer  ^ERacrjt  fter)t'^  ntcr)t ;  e§  fene  benn  — 
$u  ftürbeft  jefct. 

SJianfreb. 

SGBirb  mvr'§  ber  £ob  gemäßen? 

©eift. 

2öir  finb  unfterbltdj  unb  oergeffen  nidfjt; 

2£ir  leben  eroig,  unb  33ergangne§  ift  un$  150 

■IRitfammt  ber  ßuftmft  gegenwärtig,     ©ieljft  bu? 

Sftanfreb. 

3*)r  f)öf)nt  midj;  bocfj  bie  9fladjt,  bie  @uc(j  ^ier^erjraang 

©ab  @udfj  in  meine  |janb.     £öfjnt  mdfjt,  i§r  Anette! 

$>ie  ©eel\  ber  ©eift,  ber  prometfje'fcfje  gatnfen, 

2)ie  flamme  meines  Seben§  ift  fo  leudfjtenb,  155 

$>urd[)glüf)'nb,  unb  roettfyinbli^enb  roie  bie  @ure, 

©iebt  ber  nidfjts  nadfj,  obgleidj  in  ©taub  geÜeibet. 

©ebt  2lntroort!  fonft  beraeif  idf),  mer  idfj  bin. 

©eift. 

SDie  alte  3lntroort  g'nügt;  bie  befte  Stntroort 

©tnb  beine  eignen  SBort'.  ieo 


246 

attanfreb. 

drflär'  bie  !Rebe. 
[154]  ©etft. 

SBemt,  tote  bu  fagft,  bettt  SJBefen  unferm  gleicht, 
©o  Ijatteft  bu  fd&on  2tnttoort,  aU  mir  fagten: 
2Ba§  £ob  bie  9Kenf($en  nennen,  bleibt  un§  fremb. 

9Jianfreb. 
©o  rief  icf)  @u<$  umfonft  au§  Suren  9teidEjen, 
165  $$r  fönnt  ntdEjt  ober  tootft  nid^t  Reifen. 

©etft. 

Spritfi, 
3öa§  mir  oermögen,  bieten  mir,  bein  feo'3; 
SBefinn'  bidEj,  elj'  bu  un§  entläßt,  frag'  nochmals,  — 
•IRadEjt,  ^errfd^aft,  $raft,  Sßerlängrung  beiner  Sage  — 

9Jtanfreb. 
SSerflucfjt!  toa§  l)abe  idj  gu  tlmn  mit  £agen? 
170  Sie  finb  mir  je|t  fdfjon  allzulang,  —  fort!  fort!    . 

©etft. 
©emadj!  finb  mir  mafyl  Ijier,  fann'^  bodfj  bir  nüfcen, 
Sefinn  bidp,  giebt'S  benn  gar  nichts,  ba§  mir  fönnten 
SRtd^t  gang  umoertf)  in  beinen  Stugen  machen? 

■Jftanfreb. 

9tan,  nidtjtg;  bodfj  bleibt,  —  ic§  mödjt'  tooljt,  e§'  mir  fd^eiben, 
175  [155]  (SudEj  fdfjaun  oon  Slngefid^t  §u  Slngefid^t. 

$cfj  f)öre  (Sure  Stimmen,  füfj  unb  fd^madptenb, 

äöie  ^arfentöne  auf  bem  2Baffer,  immer 

Steljt  leudEjtenb  oor  mir  jener  ftare  (Stern; 

2)oc[)  anberS  nidtjtS.    $ommt  näfyer  wie  ${jr  fenb, 
i8o  $ommt  att,  fommt  eingeht,  in  getoo^nten  formen. 

©eift. 
3ßir  tragen  feine  formen,  aufjer  bie 
£)e§  (Clements,  mooon  mir  Seel'  unb  Urgeift; 
SBä^r  bie  ©eftalt,  morin  toir  tommen  fotten. 


247 

9JI  an  f  r  eb. 

%<$)  roäfylen!  ©iebt'3  ja  feine  $orm  auf  @rben, 

2)ie  fyäfclid)  ober  rei^enb  mär'  für  micf).  iss 

@u'r  Sftädjtigfter  mag  ruät)(en  fidfj  ein  2(nttt§, 

SDa3  t^m  ba3  befte  bünft.     ßrfdjein' ! 

(Siebenter  ©eift 

(Qrrfdjeint  in  ber  ©eftalt  eines  frönen  SBeibeS.) 

<Siefy  Ijer! 
SKanfreb. 

D  ©ott !  SBenn'3  fo  fenn  fott,  unb  S)u  fein  2öaf)nbUb 
Unb  aucfj  fein  SBlenbmerf  bift,  fo  fönnt'  idfj  bennodfj 
SftedEjt  glücfticfj  fenn,  —  Umarmen  miß  idf)  SDicfy,  190 

[156]  2Öir  motten  mieber  — 

(bie  ©eftatt  öerfönrinbet) 

'S  §erj  ift  mir  ^ermahnet. 

(SWanfreb  ftürjt  beftnnungSIoS  nieber.) 
(6ine  «Stimme  ftm<f)t  fofgenben  Bauberbann.) 

2Benn  ber  9)lonb  im  SKaffer  fdjtmmmt 
Unb  im  ©ra§  ber  ©tüljrourm  blinft, 
Senn  am  ©rab  baS  ©unftbilb  glimmt 
Unb  im  (Sumpf  ba§  Srrlidfjt  rainft,  195 

2ßenn  bie  Sterne  nieberfdfjiejsen 
Unb  ftdf)  @ulen  frädfjjenb  grüben, 
2öenn  umf djattet  oon  ben  §öfj'n 
Saum  unb  8lätter  fülle  ftefj'n: 
SDann  fommt  meine  Seel'  auf  bid[),  200 

Unb  mein  $auber  reget  fidEj. 

£)rücft  aud)  Schlaf  bie  Slugen  ju, 
$inbet  boclj  bein  ©eift  nidfjt  $tulj; 
(Statten  gieot'3,  bie  nie  »erbleichen, 
Unb  ©ebanfen,  bie  nidjt  meinen;  205 

SSon  geheimer  -iDiacfjt  umraufcfyt, 
33ift  bu  nimmer  unbelaufdfjt ; 


248 

33tft  tote  Setdjerttudj  umfängt, 
ÜEßie  oon  SBolfen  eingehängt; 
210  [157]  ©oßft  je£t  mofynen  immerfort 

|jier  in  biefem  gaubermort. 

©ieljft  tnicfj  groar  nicrjt  fidjjtbarltdfj, 

£>ennod[j  fürjlt  bein  2luge  micf) 

2n<3  ein  £)ing,  ba§  unfidfjtbar 
215  9?ar)  bir  ift  nnb  nafje  mar; 

Unb  roenn'3  bir  bann  Ijeimttdfj  grauft, 

Unb  bu  rjaftig  rticfraärts  fdfjau'ft, 

©terjft  bu  ftaunenb,  bajj  \<fy  nur 

33in  ber  ©chatten  betner  ©pur, 
220  Hnb  oerfd^raeigen  mufj  bein  9Jiunb 

$ene  -äftadjt,  bie  bir  roarb  funb. 

Unb  ein  3auberfang  unb  ©prucfj 

§at  bein  $auyt  getauft  mit  $lucfj; 

Unb  ein  Suftgeift  notier  Sift 
225  Segt  bir  ©klingen,  mo  bu  6ift; 

$n  bem  3Öinb  Ijörft  bu  ein  2Bort, 

£>a§  bir  fö^eud^t  bie  ^reube  fort; 

Unb  bie  -ftacfyt,  fo  friß  unb  fyefyx, 

©önnt  bir  9htr)e  nimmermehr; 
2so  Unb  beg  ü£age£  ©onnenfd^ein 

©oH  bir  unerträglicfj  fenn. 

[158]  2tu§  beinen  grauen,  falfcf)  unb  fcr)Iau, 
®oc§t'  id)  ein  töbtltd&ed  ©ebrau; 
2tu§  beineS  $er§en3  fd^roarjem  Cueli 

235  ?Prcft'  idfj  be§  fdm>ar§en  SluteS'  M ; 

2tui  beinei  2äd^eln§  $alt'  \<fy  50g 
£)ie  ©erlang',  bie  bort  ficr)  rmgelnb  bog, 
2lu3  beinern  9Kunb  nafjm  id£j  ben  ifteij, 
£)en  Duett  bc3  allerfdplrmmften  2eib'§; 

240  %d)  prüft'  manef;  ©ift,  baä  mir  befannt, 

2)odfj  bein '3  am  giftigften  id)  fanb. 


249 


SSei  beineg  ©djj(cmgenlädfjeln§  9Qcunb, 
@i§f altem  ^erjen,  9lrgliftfa)hmb, 
Sei  beinern  2lug',  fdfjeinfyeilig  gut, 
Sei  beiner  Seel'  üerfdtfofj'ner  2Butlj,  245 

Sei  beiner  ßunft,  roomit  bu  gar 
£>ein  #er§  für  menfdftficf)  gabeft  bar; 
Sei  beiner  Suft  an  frembem  Setb, 
Sei  beiner  $ain§=2feijnlid)feit, 
hierbei  oerfludj'  idjj  bidfj,  ©efeft:  250 

<§ea  f  eiber  beine  eig'ne  Jpöß' ! 

Unb  auf  bein  $aupt  giefc'  idfj  ben  «Saft, 
2)er  bir  ein  folcr)  33err)ängnif}  fdjafft: 
[159]  „Schlafe  nid[)t  unb  fterbe  nid^t!" 
£)a§  ift'<S,  roaS  bein  Sa^idffal  fpric^t;  255 

©ottft  ben  2:ob  ftet§  naf>e  fdjau'n, 
greubig  jroar  unb  bocr)  mit  ©rau'n. 
<Bkf)\  ber  gauber  fdjon  umringt  bidfj, 
ßlanglog  feine  ßett'  umfdfjlingt  bidf); 
Stuf  bein  §erj  unb  §irn  jugleidfj  2co 

$am  ber  ©prucf?  —  üerroelf,  üerbteicr) ! 

[160 1         Xmfr  B^rmt*  X£teftu>f|Z*); 

»örtltdj  au§  bem  Sngtifdjen  überfefct. 

S3efreunbet  waren  e!j'mal§  ibre  £eraen; 
5Eocb  2afteräungen  fb'nnen  SBabrbett  fdjtoarsen ; 
Unb  bie  ©eftänbigteit  looljnt  nur  bort  oben; 
Unb  bornig  ift  baS  Sieben,  Qfugetib  eitel; 
Unb  großen  unb  entjtoeit  ieün  mit  (beliebten         5 
25aS  muß  wie  SBaljnftnnfdjmerä  im  $irne  toben. 

2)od)  nie  fanb  ftdj  ein  Mittler  biefer  beiben, 
2)er  beilen  ffioHte  ifirer  £>er.^en  Seiben;  — 
©enüber  ftanben  fid)  bie  ©djmersgeftalten, 
2Bie  Alicen,  bie  beS  »lißeS  ©tratyl  gehalten;    10 
(Sin  nriifter,  tmlber  €5ee  fließt  ießt  bastDtfdjen, 
2)od)  aller  ©temente  jorn'ge  <2ä)aar, 
Sermag  »obl  nimmer  gänslid)  ju  öermifd^en 
£>ie  rjolbe  ©pur  oon  bem,  toaS  einftenS  mar. 

[161]  2ebe  mofy,  unb  fer>'§  auf  immer, 
Unb  fer/ä  auf  immer  —   lebe  rool)!! 
$>od(j,  Serföfmungelofe,  nimmer 
$>ir  mein  #er§e  jürnen  fotf. 


*)  Sin  feine  bon  iljm  gefd)iebene  ©attin. 


250 

5  Äönnt  idj  öffnen  bir  bie3  Jperje, 

2Bo  bein  §aupt,  oft  angefcfjmtegt, 
^ene  füjje  9htf)  gefunben, 
£)ie  bidEj  nie  in  ©djlaf  me§r  roiegt. 

ßönnteft  bu  burdjfdjau'n  bieg  Jperje 
10  Unb  fein  innerfteS  ©efüfyl, 

2)ann  erft  fälj'ft  bu:  e§  fo  graufam 
^ortguftofjen  mar  ju  tuet. 

■äftag  fenn,  bajs  bie  2BeIt  bidj  »reife, 
Unb  bie  %fyat  mit  ^reuben  felj'  — 
15  9Jtufs  nidfjt  felbft  ein  2ob  bidj  fränfen, 

$)a£  erfauft  mit  meinem  9Be§? 

[162]  50lag  feon,  bafj  riet  ©dEjulb  icfj  trage, 
©ab'g  fein  anbrer  2lrm  im  Sanb, 
3Jlir  bie  £obe§rounb  gu  fcfjlagen, 
20  2ttS  ber  einft  mid^  lieb  umroanb? 

$)ennod(j  täufdEje  bidEj  nidfjt  felber, 
Sangfam  roelft  bie  Siebe  btofj, 
Unb  man  retftt  fo  raffen  33rucfje3 
•iftictyt  ein  §erj  oom  -jserjen  lo§. 

25  $mmer  foff  bein  £erj  nocfj  fd^agen, 

■Jftein'3  audj,  blut't  e§  nodfj  fo  f e^r ; 
$mmer  lebt  ber  ©cfjmerjgebanfen : 
Söteberfeljn  mir  un§  nicljt  meljr?! 

©otdfje  Sßorte  fdfjmerjen  bitt'rer, 
30  2110  roenn  man  um  lobten  ftagt; 

$eber  borgen  fott  un§  finben 
$m  oerroittroet'  Seit  ermaßt. 

©udfjft  bu  £roft,  roenn'3  erfte  Satten 
Unfrei  9JiägbIein§  bicf)  begrübt, 
35  äöiffft  bu  lehren  SSater  fagen, 

©ie,  bie  SSatert)ulb  oermifjt? 


251 


[163]  Söenn,  umarmt  rron  ityren  £änba)en, 
SDidj  i^r  füfjeS  9Jiünbdjen  füfjt, 
2)enie  fein,  ben  einft  bu  liebteft, 
$>er  btdt)  liebenb  nie  »ergibt.  40 

3Benn  bu  fdfjau'ft,  bafj  i§r  ©efidjtlein 
■Jfteinen  öligen  ä^nlid^  fer), 
gucft  tnetteidjt  in  beinern  ^erjen 
@tn  ©efüfjl,  ba3  mir  nodfj  treu. 

2tUe  meine  $ef)ltritt'  fennft  bu,  45 

Sltt  mein  SBafynfinn  fremb  bir  blieb ; 
Slff  mein  $offen,  roo  bu  geljen  magft, 
2öefft,  —  bodj  gel)t'§  mit  bir,  mein  Sieb. 

8eb'  ©efüljl  r,a(t  bu  erf füttert; 
©etbft  mein  ©tolg,  fonft  felfenfeft,  50 

Seugt  fid)  bir,  —  r»on  bir  oerlaffen, 
SReine  ©eete  midj  nerläjst. 

SDodj  roa§  rjelfen  eitel  2öorte,  — 
$ömmt  ja  gar  non  mir  ba§  2öort! 
sJhtr  entgügelte  ©ebanfen  55 

«rechen  burcr,  be§  SMenS  «Pfort ! 

[164]  Sebe  roof)U  icfj  bin  gefd^Ieubert 
$ort  rron  allen  Sieben  mein, 
^erjfranf,  einfam  unb  ^ermahnet,  — 
STöbttid^er  !ann  £ob  nicfjt  femt!  eo 


[165]  %n  J\\t%. 

S&ttbe  §arotb.    Gcfter  ©efang. 

D,  lädjle  nic§t  ob  meinen  finftern  brauen, 
2)a§  Sßieberlädfjem  roirb  mir  gar  gu  fdfnner! 
2)od(j  Sljränen  mögen  nie  bein  2(ug'  betrauen, 
Umfonft  geroeinte  frönen  nimmermehr. 


252 


5  D,  forfd£>e  nicfjt  oon  jenem  Sdfjmerg  bte  $unbe 

©er  nagenb  $reub  unb  $ugenb  mit  jerfrifjt. 
©ntljüu'e  nid)t  bte  tiefgefjeime  2öunbe, 
©ie  bu  fogar  gu  feilen  mad£)tlo3  bifi. 

@§  ift  fein  2iebe§wef),  e3  ift  fein  Raffen, 
10      @<S  ift  fein  «Sdfjmerj  getäufdf)ter  Sjftufjmbegier, 
2öa§  ftet§  micf)  treibt,  baS  Siebfte  §u  oerlaffen, 
3ßa§  mir  bie  ©egenroart  oerefelt  fd^ier. 

@3  ift  ein  Ueberbrujs,  ber  micfj  erbrücfet, 
Sen  allem  roaä  idfj  f)öV,  unb  fe§',  unb  fü§P. 
15      ©enn  feine  @d)önf)eit  giebt'3,  bie  midfj  entjücfet, 
$aum  nocf)  ergoßt  miclj  ©einer  SUtgen  Spiel. 

[166]  @3  ift  bie  büft're  ©Ott,  bie  ftetS  getragen, 
$n  tiefer  ©ruft,  ber  ero'ge  üBknbergmann, 
©er  ntrgenbrco  ficf)  fann  ein  ©rab  erjagen, 
20     Unb  boc|  im  ©rab  nur  SHufye  finben  fann. 

Sßeldj  ßlenb  fann  fidfj  felbft  entfliefm?  Vergebens 
©urdfjjag'  idfj  raftlog  jebe§  fernfte  2anb, 
Unb  ftetg  »erfolget  mic§  ber  Xob  beg  Sebeng, 
©er  Teufel,  ber  „©ebanfe"  wirb  genannt. 

25         ©ocfj  anbre  fef)'  icfj  bie  fidfj  luftig  taudtjen 
$n  jene§  $reubenmeer,  bem  id[j  entreiß; 
D  möge  nie  ifyr  fdfjöner  Xraum  »erraudjjen, 
Unb  feiner  mög'  ermaßen  fo  roie  i$! 

9tod(j  mannen  $immef§ftridfj  muf?  idf)  burdEjeUen, 
30      33erbammt  nocfj  mandfjeä  mafjl  gurücf  §u  fefm; 
S^ur  ein  Söeroufjtfenn  fann  mir  £roft  erteilen: 
2öa§  audp  gefdfjet)',  ba§  ©d^limmft'  ift  mir  gefdfjefjn. 

2Ba3  ift  benn  btefeö  ©öpltmmfte?  Safj  bie  f Warfen, 
©ie  fdfmrfen  ©tadEjelfragen  faffe  fort! 
35      D  läcfyle  nur,  —  bocf)  fucfi'  nidfjt  gu  entlaroen 
@in  9Jiänner^erg,  ju  fd^aun  bie  £öHe  bort. 


253 

[167]  (&uV  marfji 

Sflitbe  §arolb.    (Stfter  ©efang. 

£eb  rool)l!  leb  n>of)l!  im  blauen  sDker 
Skrbletdfjt  bie  £eimatl)  bort. 
35er  -iftacfytratnb  feufjt,  mir  rubern  fcfjioer, 
«SdEjeu  fliegt  bie  9ftöüe  fort. 
2öir  fegein  jener  (Sonne  gu,  5 

£>ie  untertaucht  mit  $radjt; 
2eb  rooljl,  bu  fdEjöne  Sonn'  unb  bu, 
SÖZein  SBaterlanb,  —  gut'  «Rad&t! 

2luf'3  neu'  fteigt  balb  bie  <5onn'  l)eran, 
©ebäljrenb  £age§tid)t;  10 

9?ur  Suft  unb  9Keer  begrüß'  id^  bann, 
SDodfj  meine  §eimatlj  nicfjt. 
•ötan  gutes  ©djlofj  liegt  rauft  unb  leer, 
■Biein  £eerb  ftel)t  öbe  bort, 

£>a§  Unfraut  ranft  bort  roilb  untrer,  15 

•iJJcetn  |mnb  §eult  an  ber  $fort'. 

ßomm  Ijer,  fomm  Ijer,  mein  $age  Kein, 
2öa§  raeinft  bu,  arme§  $inb? 
[168]  gürdjt'ft  bu  ber  SSogen  roilbeS  &räun, 
Wafy  gittern  bid^  ber  2ßinb?  20 

3Bifd)'  nur  uom  2lug'  bie  greine  Ijell, 
2)a§  <5d)iff  ift  feft  gefügt, 
ßaum  fliegt  ber  befte  $alf  fo  fdfjnell 
SBie  unfer  ©djifflein  fliegt. 

„2afj  braufen  $lut,  lafj  beulen  SÖinb,  25 

mid)  fd&recft  nid)t  SBinb,  nid^t  glut; 
<Sir  Gfjilbe  oiel  anbre  SDing'  e$  finb, 
2Bef$ljalb  idj  fdt)ltmmgemutlj. 
2)enn  idp  »erlief;  ben  3Sater  mein, 
Unb  audj  bie  Butter  traut;  30 

■üJtir  blieb  fein  $reunb  als  bu  allein, 
Unb  ber  bort  oben  fcfyaut. 


254 

„2ang  fegnete  mein  93ater  mid), 

£>od).  flagte  er  nicr)t  feljr. 
35     2)od)  -JRutter  meint  mofjl  bitterlich, 

S3i'§  bafj  idj  roieberfef)r'."  — 

©tili,  ftill,  mein  SBub',  bidj  gieret  ^olb 

$m  2luge  foldie  Xfjrän', 

#ätt'  id)  bein  fdjulbloS  £erg,  man  follt' 
40     Sludj  mein§  nidjt  trotfen  fer)'n. 

[169]  $omm  l)er,  fomm  l)er,  mein  ©djlofjbienftmann, 
2Ba§  l;at  bidj  bleich  gemacht? 
$ürd)t'ft  bu  ber  $ran§mann  tarn'  l>eran, 
35urd)fröftelt  bid)  bie  STCad)t? 
45      „©laubft  bu,  id)  gittre  für  ben  Seib? 
©ir  @f)ilbe,  bin  nict)t  fo  bang! 
35odj  benft  er  an  fein  fernes  2öetb 
SBirb  bleidj  be§  freuen  2öang' ! 

„2lm  ©eeranb,  wo  bein  ©tammfdjlofj  ragt, 
50     35a  moljnt  mir  2Beib  unb  $inb; 

2Benn  nun  ber  23ub'  nad)  93ater  fragt, 

2Ba§  fagt  fie  iljm  gefdjroinb?" 

©tili!  ftill,  mein  roadrer  ©cfilolßbienftmann, 

2Ran  e§re  beinen  ©djmerg; 
55     35od;  id)  bin  leidjtrer  2lrt,  unb  fann 

(Sntfltefy'n  aU  feo'g  ein  ©djerj. 

$dj  traue  2ßeibe§feufjern  nidjt! 
@in  frifd^er  SBufjlertrojj 
2Birb  trodnen  jenes  2luge  lidjt, 
6o     $)a$  jüngft  nodj  überflog. 

■IRtd;  quälet  fein'  @rinn'rung  füfj, 

$ein  ©türm,  ber  näljer  rollt; 

[170]  3D^icr)  quält  nur,  bafj  id;  nid)t§  üerliejj, 

SBefjjjalb  id;  meinen  follt'. 

65         Unb  nun  fdjroimm'  id;  auf  meitem  9Keer, 
Sin  einfam  in  ber  üßklt:  — 
©oUt'  id;  um  anbre  meinen  feljr, 
35  a  mir  fein  X^ränlein  fällt  ? 


255 


ÜJletn  £unb  r/eult  nur,  h\$  neue  ©peif 
©in  neuer  £err  iljm  reidfjt;  70 

$ef>r'  ia)  §urücf  unb  naj)  ilmt  leif  — 
^erfleifdfjt  er  midf)  tuelletd&t. 

?Kit  bir,  mein  ©dljiff,  burdEjfegl'  idf)  frep 
2)a§  roilbe  9fteerge6rau3 ; 

Xtatf  micr)  nad£)  roelcfjem  £anb  e§  fe»,  75 

%lux  trag  midfj  nicr)t  nacfj  §au3. 
©et)  ntir  miUfomnten  5Dleer  unb  Suft! 
Unb  ifi  bie  ftafyxt  »ottbracfjt, 
©et)  mir  roittfommen  Sßalb  unb  ßluft! 
3Jiein  33aterlanb  —  gut'  ^acrjt!  so 


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