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Full text of "Bulletin international. Resumés des travaux présentés"

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ACADÉMIE DES SCIENCES 
(CESKA AKADEMIE VED A UMENT) 


BULLETIN INTERNATIONAL. 


RESUMES DES TRAVAUX PRESENTES. 


CLASSE DES SCIENCES MATHÉMATIQUES, NATURELLES 
ET DE LA MÉDECINE. 


XXI ANNÉE. 


(1917.) 


PRAGUE. _ 
PUBLIÉ PAR L’ACADEMIE DES SCIENCES. 
SO RORGED 5 


ACADÉMIE DES SCIENCES 
(CESKA AKADEMIE VED A UMENI) 


? 


BULLETIN INTERNATIONAL. 


RÉSUMÉS DES TRAVAUX PRÉSENTÉS. 


CLASSE DES SCIENCES MATHÉMATIQUES, NATURELLES, 
ET DE LA MÉDECINE. 


XXIe ANNÉE. 


917. 
à + AR 


PRAGUE. 
PUBLIE PAR L’ACADEMIE DES SCIENCES. 
1919. 


JAN 25 1932 


Table des auteurs. 


Pag. 
Dr. Vinzenz Jarolimek: Zur Konstruktion einer Fläche II. Ord- 
nung aus neun gegebenen Punkten oder Berührungsebenen. .. | 
Milos Kössler: Eine neue Reihe für die Riemannsche Primzahlfunktion 9 
Friedrich Prochäzka und Joseph Zdärek: Über die harmonischen Mittel- 


Punkte eines wierpunktigen Systems: 1c)... 2... ann 13 
M. Kössler: Über Entwicklungen für analytische Funktionen..... 30 
Miloslav Pelisek: Über eine Rollfläche achter Ordnung............ 50 
Dr. Jos. Woldÿich: Über die ersten Machaerodus-Funde im Höhlen- 
diluvium von Mähren und Nieder-Osterreich ................ 85 
Dr. B. Némec: Einiges über zentrifugierte Pflanzenzellen ......... 93 
Frantisek Slavik: Die Chiastolithschiefer in der Umgeburg ven Roz- 
ER N een ohio bis we cts ee a cae CE 105 
J. Sobotka: Zur Konstruktion einer Fläche 2. Ordnung aus neun 
en es ee een 113 
J. Sobotka: Zur Konstruktion von Kegelschnitten aus imaginären 
US 2! u ee ae ee eee PR 129 
Frantisek Slavik: Uber Spilite in Pifbramer Algonkium .......... 137 


Dr. Ot. Vodräïka: Über die Stärkescheide in den Blattpolstern... 153 
Dr. Väclav Sebesta: Beitrag zur Messung von Selbstinduktionen.. 161 
Dr. Josef Woldñch: Die geologischen Verhältnisse im Talgebiete des 


Kaéakbaches zwischen UnhoSt und Nenatovic ............... 167 
J. V. Zelizko: Neue untersilurische Fauna von Roëmitäl in Böhmen 194 
J. V. Zelizko: Nachträge zur diluvialen Fauna von Wolin ........ 199 
J. Perner: Über neue Phyllocariden aus der Bande F-/,.......... 225 
C. Klouéek: Über die ayy = Schichten und ihre Trilobitenfauna.... 231 
Dr. Jan Zaviel: Die Mundteile der Tanypinen-Larven ............ 247 


R. Sokol: Über die stoffliche Inhomogenität des Magma im Erdinnern 263 


Pag. 


Dr. Inz. Bohuslav Stoëes: Studien über das Bohutinei Erzrevier. 


I. Teil. Ouarzbiotithornblendediorit von Bohutin ............. 312 
Vojtèch Rosicky: Beiträge zur Petrographie des -mittelböhmischen 

Granilmassivesca.. RE le CR tenes 328 
Zdenko Frankenberger: Ein Beitrag zur Morphologie und Systematik 

des Geschlechtsapparates der Gattung Leucochroa Beck ...... 354 
Dr. Väclav Simandl: Beitrag zum Büschel von Flächen zweiter Ord- 

NUE LOS ee ee cat ee le lee ee toy oe lav ante. Sean EERER 374 


Zur Konstruktion einer Fläche II. Ordnung aus 
neun gegebenen Punkten oder Berührungsebenen. 


(Verhandlungen der Ceskä Akademie. Jahrgg. XXV., Nr. 14.) 


Vom 
k. k. Hofrat Dr. VINZENZ JAROLIMEK, 


o. ö. Professor a. d. k, k. böhm. techn. Hochschule in Prag. 


(Vorgelegt am 11. Februar 1916.) 


Ich habe meine Lösung dieser beiden Probleme im II. Teile meines 
‘Kompendiums ‚Grundzüge der Geometrie der Lage“ schon im Jahre 1912 
publiziert, jedoch nur in allgemeinen Umrissen. Seither habe ich diese 
Methode derart vereinfacht, daß nunmehr die Konstruktion alle bisher 
bekannten Lösungen an Einfachheit übertreffen dürfte und ich hoffen 
kann, durch Mitteilung derselben das Interesse der Herren Fachgenossen 
zu erwecken. 


1 


Im ersten Falle sind im Raume neun, von einander unabhängige 
‚Punkte a...hk gegeben, so daß keine acht von denselben ‚assoziiert‘ 
-sind. Wir legen durch acht Punkte, etwa a, b, c, d, e, f, g, h zwei wind- 
schiefe Flächen II. Ordnung &°, w?, i. a. Hyperboloide.!) Diese bestimmen 
einen Flächenbüschel 2, welcher die gesuchte, durch den neunten Punkt À 
:gehende Fläche 9° enthält. Alle Flächen des Büschels & gehen durch die 
biquadratische Raumkurve (,,erster Art“) L4, in welcher sich die Hyper- 
boloide &, ©? durchdringen. Es ist jedoch nicht nötig, die Kurve LA, welche 
-mit dem Punkte k die Fläche y? genügend bestimmen würde, zu konstruieren, 
und es wird auch genügen, von den Hilfshyperboloiden &, © je drei Leit- 
‘linien zu bestimmen. 


1) Dieser Grundgedanke findet sich auch in Reye’s Geometrie der Lage, aber 
‚meine Konstruktion von &, w? ist viel einfacher. 
Bulletin International. XXI. 1 


Ein Hyperboloid & durch acht Punkte a, b...h wird bestimmt 
sein, wenn wir die Verbindungsgerade von zwei Punkten, etwa ab =P, 
als eine Leitlinie desselben annehmen; denn der neunte, die Fläche & 
bestimmende Punkt kann auf der Geraden ab beliebig angenommen 
werden. Wir legen nun durch je drei weitere Punkte die Ebenen (cde) =o, 
(f gh) =e, welche & in zwei Kegelschnitten R?, S? schneiden werden. 
Diese Kurven müssen sich, weil sie auf e? liegen, in zwei, auf der Schnittlinie 
der Ebenen @ 6 =O liegenden Punkten x, y schneiden, welche wir erhalten 
wie folgt. Schneidet die Leitlinie P die Ebene g im Punkte 7, so geht der 
Kegelschnitt À? durch die Punkte c, d, e, r, gehört also einem Kegelschnitt- 
büschel an, welcher die Gerade O in einer Punktionvolution J schneidet. 
Zwei Punktepaare derselben m, m,, n,n. erhalten wir als Schnitte der 
Geraden O mit den degenerierten Kegelschnitten des Büschels, welche 
aus den Geraden cd, er: ce, dr bestehen. Ist ferner der Schnittpunkt 
(Po)=s, so gehört der Kegelschnitt S? einem zweiten, in der Ebene & 
liegenden Büschel an, dessen Grundpunkte f, g, h, s sind. Dieser Büschel 
schneidet aus O eine zweite Punktinvolution J’ aus, deren zwei Paare 
Pa Ps 919, Wir in den Schnittpunkten der Geraden /g, hs; fh, gs mit O 
erhalten. Nun konstruieren wir die Punkte x, y als gemeinsames Punktepaar 
der beiden Involutionen J, J’ auf O, dann die Kegelschnitte R?, S? in den. 
Ebenen e, 6 aus den Punkten c, d, e, x, y resp. f, g, h, x, y gleichviel, ob 
x, y reell oder imaginär sind.!) 

Durch die Leitlinien P, R? S? ist das Hyperboloid &? bestimmt ; die 
Gerade P schneidet R?, S? in den Punkten 7, resp. s, und die Kegelschnitte 
R?, S? schneiden sich in den auf O liegenden Punkten x, y. Jede Ebene, 
welche durch die Gerade P gelegt wird, schneidet die Kurven R?, S? (außer- 
r, s) in zwei Punkten, deren Verbindungsgerade eine Erzeugende von é? gibt. 


Ebenso legen wir durch dieselben acht Punkte a, b...h ein zweites. 
Hyperboloid w?, deren eine Leitlinie etwa die Verbindungsgerade cd = Q 
ist, und konstruieren zwei Leitkegelschnitte U?, V2 wie oben R?, S?. 


Jede durch den neunten gegebenen Punkt k gelegte Ebene z schneidet 
nun die Hyperboloide &, w? in zwei Kegelschnitten G?, H? und den Flachen- 
büschel & in einem Kegelschnittbüschel, welcher durch G?, H? bestimmt 


1) Wir projizieren die Involutionen J, I’ auf eine beliebige Kreislinie U aus. 
irgend einem auf U liegenden Punkte z, bestimmen die Mittelpunkte «, p der beiden 
auf U erhaltenen Involutionen, ferner die Schnittpunkte &, 7 der Geraden € mit U, 
und projizieren die Punkte &, 7 aus dem Punkte t zurück auf die Gerade O in die 
Punkte x, y. Sind jedoch die Punkte &, 7, daher auch x, y imaginär, so suchen wir 
den Pol 8 des Kreises U zur Polare € p, ziehen durch ihn zwei Sekanten, und piojizieren 
ihre Schnittpunkte mit U aus dem Punkte t auf die Gerade O; damit sind zwei 
Punktepaare der elliptischen Involution I” auf O gefunden, welche die Punkte x, y 
als imaginäre Doppelpunkte von J” genügend bestimmen. J” ist dieselbe Involution 
harmonischer Pole, welche beide Kurven R?, S? auf O erzeugen; weiters sind Kon- 
struktionen von Kegelschnitten aus konjugiert-imaginären Punkten (wie x, y} 
bekannt. 


ist; der in demselben enthaltene und durch den Punkt k gehende Kegel- 
schnitt K? liegt auf der gesuchten Fläche 9%. Wir brauchen jedoch nur 
die Schnittpunkte von G? und H?, als Grundpunkte des Büschels, durch 
welche auch K? gehen muß. Es wird von Vorteil sein, die Ebene t durch 
den Punkt % und die Gerade P = à d zu legen. Dieselbe schneidet das 
Hyperboloid &? in der Geraden P und in einer zweiten Geraden P, (Ver- 
bindungsgerade der Schnittpunkte von z mit R?, S?), so daß der Schnitt G? 
von # mit &? in die Geraden P, P, zerfällt. Die Ebene z schneidet ferner 
die Leitlinien Q, U?, V? (des Hyperboloides ®®) in fünf Punkten, welche 
den Kegelschnitt (t @) = H? bestimmen ; die Schnittpunkte (P, H?) = m, n 
können wir bekanntlich konstruieren, ohne die Kurve H? zu verzeichnen ; 
und die Gerade P schneidet das Hyperboloid &, also auch die Kurve H? 
in den Punkten a,b. Durch die fünf Punkte a, b, m, n, k legen wir den Kegel- 
schnitt K?, welcher der gesuchten Fläche g? angehört. 

Die Ebenen (cde), (fgh) schneiden den Kegelschnitt A? in den 
Punkten J, ¢, resp. #, v; wir zeichnen noch die Kegelschnitte (c d e/ t) = L*, 
(/ghuv) = M?, welche auf g? liegen. Die gesuchte Fläche g? ist durch die 
_ drei Kegelschnitte K?, L?, M? bestimmt und die Aufgabe gelöst. Unsere 
Methode erfordert also die Verzeichnung von nur vier Hilfskegelschnitten 
R?, S?, U?, V?; sämtliche übrigen Konstruktionen können mit Geraden 
und Kreislinien ausgeführt werden. 


Il. 


Im zweiten Falle konstruieren wir zwei windschiefe Hyperboloide 
&, wo”, welche acht, etwa @...A von den neun gegebenen Ebenen a, B, y, 
0, &, p, x, A, x berühren.!) Sie bestimmen eine Flächenschar &, welche die 
gesuchte Fläche gq? enthält, und eine abwickelbare Umhüllungsfläche 
vierter Klasse AV, Wir bedürfen jedoch der Fläche AV nicht, und es wird 
auch hier genügen, von den Hilfshyperboloiden &, w? je drei Leitlinien 
zu bestimmen. 

Das Hyperboloid & aus acht Berührungsebenen ea, ß...A wird 
bestimmt sein, wenn wir die Schnittlinie von zwei Ebenen, etwa a Bp =P 
als eine Leitlinie desselben annehmen; denn die neunte, die Fläche & 
bestimmende Ebene kann durch die Gerade « ß beliebig gelegt werden. 
Bezeichnen wir die Schnittpunkte je dreier Ebenen (y d &) =7, (px À) =s. 
Aus ihnen wird das Hyperboloid &? durch zwei Kegel 9°, 6? projiziert, welche 
zwei gemeinsame Berührungsebenen £, n besitzen, und diese gehen durch 
die Schnittlinie @ 6 =O; es sind die Berührungsebenen, welche die Gerade O 


1) Diese Aufgabe ist zur I. dual; dennoch wird es vorteilhaft sein, in einigen 
Konstruktionen vom streng reziproken Vorgange abzuweichen. — Auch hier setzen 
wir voraus, daß keine acht von den gegebenen Ebenen ‚,‚assoziiert‘‘ sind, wie z. B. 
die gemeinsamen Berührungsebenen von drei Flächen II. Ordnung. 

1 * 


nach dem Hyperboloide «? ausschickt. Legen wir die Ebene (Pr) =e. 
Der Kegel o? wird die durch den Punkt 7 gehenden Ebenen y, 0, ¢, g berühren, 
also derjenigen Kegelschar angehören, welche durch diese vier Berührungs- 
ebenen bestimmt ist. Diese Schar wird aus der Geraden O durch eine Ebenen- 
involution projiziert, welche das Ebenenpaar £, 7 enthält. Diese Involution 
ist durch zwei Ebenenpaare ty He, vv, gegeben, welche die Schnittlinien 
der Ebenen y 0, #0; 7 €, 09 — als zwei degenerierte Kegel der Schar — 
aus der Geraden O projizieren. - 

Ist ferner die Ebene (P s) = 6, so wird der Kegel 6? in der Kegelschar 
(px À 6) enthalten sein, deren zwei Ebenenpaare r, r,, ~, %, die Schnitt- 
linien der Ebenen gx, 46; pd, #0 aus O projizieren. Die Ebenen é, 7 
werden nun als gemeinsames Ebenenpaar der beiden Ebeneninvolutionen 
konstruiert (mittels ihrer Schnitte mit einer beliebigen Geraden, welche 
zu O windschief ist). Zu den durch den Punkt 7 gehenden Ebenen y, 0, 
e, &, n konstruieren wir den Berührungskegel g?, und zu den durch s gehenden 
Ebenen g, x, A, &, n den Berührungskegel 0°. Das Hyperboloid é ist durch 
die Leitlinie P und die ihm umschriebenen Kegel 9?, 6? bestimmt; diese 
haben zwei gemeinsame Berührungsebenen &, n, und die Gerade P berührt 
die Kegel 9?, 6°, indem sie in ihren Berührungsebenen 9, resp. 6 liegt. Nehmen 
wir auf der Geraden P einen Punkt m an, legen durch ihn (außer e) noch 
eine zweite Berührungsebene u an den Kegel e* und (außer 6) noch eine 
zweite Berührungsebene v an den Kegel 02; die Schnittlinie dieser Ebenen 
uv=K gibt eine Erzeugende des Hyperboloides &; denn K schneidet 
die Leitlinie P und berührt die Kegel g?, 6°. Zwei andere auf P angenommene 
Punkte geben auf dieselbe Weise zwei weitere Erzeugende L, M. Die drei 
Erzeugenden X, L, M bestimmen das Hyperboloid &?. Analog konstruieren 
wir drei Erzeugende des zweiten Hyperboloides w?, welches etwa durch 
die Berührungsebenen «, ß, &, , x, A und die Schnitt- als Leitlinie y 0 ge- 
geben ist. 

Nun soll in der Flächenschar & (+? w) diejenige Fläche g? bestimmt 
werden, welche auch noch die neunte gegebene Ebene x berührt. Wenn 
wir in der Ebene x einen beliebigen Punkt v annehmen, so können durch 
ihn vier gemeinsame Berührungsebenen an die Hyperboloide & und ow? 
gelegt werden, welche mit der Ebene x einen Tangentialkegel II. Ordnung a? 
bestimmen, und dieser wird auch der gesuchten Fläche pe umschrieben 
sein. Wir konstruieren diesen Kegel a? wie folgt. Auf dem Hyperboloide & 
nehmen wir eine Gerade an, am besten «ß==P, suchen den Schnittpunkt 
(P x) = v und die zweite Erzeugende J auf &, welche durch den Punkt v 
geht. Durch die Gerade P gehen zwei (von den gegebenen) Ebenen a, B, 
welche beide Hyperboloide &, ©? berühren ; legen wir noch durch die Gerade J 
die Berührungsebenen r, $ an das zweite Hyperboloid ®2. Diese vier Ebenen 
a, B, t, ® sind gemeinsame Berührungsebenen beider Hyperboloide &, w?, 
daher auch Tangentialebenen der Umhüllungsfläche 4! und der gesuchten 
Fläche @°. Zu den fünf Ebenen a, ß, r, #, x, welche durch denselben Punkt v 


Qt 


gehen, konstruieren wir den Tangentialkegel II. Ordnung «2, welcher 
die Fläche g* längs eines Kegelschnittes U? berühren wird. Nun können 
wir zwei verschiedene, jedoch gleich vorteilhafte Wege einschlagen. Ent- 
weder 

1. Bestimmen wir die Berührungspunkte /, g der Ebene « auf den 
Hyperboloiden &, w? und die Berührungsgerade R der Ebene @ auf dem 
Kegel & ; die Ebene « berührt die Umhüllungsfläche A!Y längs der Geraden 
/g=F und die Fläche g? im Schnittpunkte (FR) =a. Auf dieselbe 
Weise erhalten wir die Berührungspunkte 5, ¢ der Ebenen ß,r auf der 
Fläche g?, und legen eine Ebene durch die Punkte (a 6 t) = y, welche die 
Ebenen «, ß in den Geraden «& w, B v und den Kegel a? in dem Kegelschnitte 
U? schneidet. Diesen U? konstruieren wir aus den Punkten a, b, { und den 
Tangenten « y, By. Analog bestimmen wir noch einen Punkt s auf der 
Fläche g? mittels eines zweiten Tangentiakegels 82, zu welchem wir aus 
einer anderen Erzeugenden N des Hyperboloides s auf demselben Wege 
gelangen, wie vorhin zum Kegel & aus der Geraden P. Nun legen wir eine 
Ebene durch die Punkte (vas), suchen ihren Schnittpunkt c (der zweite 
ist a) mit deı Kurve U?, und verzeichnen den Kegelschnitt V?, in welchem 
die Ebene (vas) die Fläche g? schneidet, aus den Punkten a, s, c und den 
Tangenten av, cv. In der Ebene (vbs) erhalten wir ebenso einen dritten 
Kegelschnitt W?, so daß die gesuchte Fläche g? durch die drei Kegelschnitte 
U?, V?, W° völlig bestimmt ist. 

2. Oder, nachdem der Kegel a? konstruiert ist, bestimmen wir die 
Schnittpunkte von je dreien gegebenen Ebenen (yd «) =r, (pxÀ) =s, 
legen durch den Punkt 7 die Berührungsebenen #,, #, an den Kegel «?, 
und konstruieren den Tangentialkegel 8? zu den Ebenen y, d, &, #,, ®,; 
ferner durch den Punkt s die Berührungsebenen ¢,, & an den Kegel @?, 
und konstruieren den Tangentialkegel y? zu den Ebenen q, x, A, &, &. 
Die drei Tangentialkegel der Fläche g? bestimmen diese zur genüge; drei 
 Kegelschnitte auf derselben erhalten wir wie folgt. Die Kegel «?, 8? werden 
die Fläche g? längs zweier Kegelschnitte A*, 5? berühren, und diese sich 
in zwei Punkten m, n schneiden. Um diese zu bestimmen, legen wir durch 
die Verbindungsgerade der Kegelspitzen v 7 an die Kegel «?, 6? zwei gemein- 
same Berührungsebenen und bestimmen die Berührungskanten, welche 
sich zu je zweien in den Punkten m, n schneiden. Der dritte Kegel y? 
berührt die Fläche g* längs eines Kegelschnittes C?, dessen Schnittpunkte 
p, g mit der Kurve B? wir erhalten mittels der gemeinsamen Berührungs- 
ebenen der Kegel 2%, y?, welche durch die Gerade 7 s gehen. Die Punkte 
m,n, p, q liegen auf der Kurve B?; legen wir durch dieselben eine Ebene 
und konstruieren ihren Schnitt mit dem Kegel 8. Die gemeinsamen 
Berührungsebenen der Kegel a’, y* liefern schließlich die Berührungspunkte 
u, v auf dem Kegelschnitt C?, welcher als Schnitt der Ebene (#gquv) mit 
dem Kegel y? erhalten wird. Die Punkte «, v liegen auch auf dem Kegel- 
schnitte A?, so daß wir diesen als Schnitt der Ebene (mn uv) mit dem 


Kegel a konstruieren. Mit den drei Kegelschnitten 42, B?, C? ist die Auf- 
gabe gelôst. 


IM 


Ein spezieller Fall der II. Aufgabe ist das durch acht Berührungsebenen 
aBydepxA gegebene Paraboloid; die neunte Berührungsebene x ist 
im Unendlichen. Wir konstruieren die beiden Hyperboloide s°, w° aus den- 
selben Elementen wie in der II. Aufgabe. Die Leitlinie P = « ß des Hyper- 
boloides & schneidet die Ebene x im unendlich fernen Punkte v, so daß 
die durch v gehende Erzeugende (des zweiten Systems) P, ||P. Wir be- 
stimmen die Gerade P, auf e® und legen durch dieselbe die Berührungs- 
ebenen t, # an das zweite Hyperboloid w?. Die Ebenen a, ß,z,% sind ge- 
meinsame Berührungsebenen der Hyperboloide &?, w?, folglich auch Tan- 
gentialebenen des gesuchten Paraboloides @?. Diese vier Ebenen gehen durch 
denselben unendlich fernen Punkt v ; wir können daher zu ihnen einen para- 
bolischen Berührungszylinder a? konstruieren, welcher das Paraboloid g? 
längs einer Parabel A? berühren wird ; und diese erhalten wir wie folgt. Wir 
bestimmen die Berührungspunkte f, g der Ebene « auf den Hyperboloiden 
€, @, und die Gerade À, längs welcher die Ebene « den Zylinder a? berührt ; 
verbinden /g=F. Die Ebene « berührt (wie in der II. Aufgabe) das 
Paraboloid g* im Schnittpunkte (FR) =a. Analog erhalten wir die Be- 
ruhrungspunkte 5, ¢, u der Ebenen ß, r, 9 auf gm. Die Punkte a, b, t, u 
müssen in einer Ebene o liegen, weil der Zylinder in diesen vier Punkten 
das Paraboloid q? berührt, ihm sonach umschrieben ist und dasselbe längs 
einer Parabel A? berühren muß; wir konstruieren demnach diese Parabel 
aus den Punkten a, 0, t, u. Außerdem sind die Schnittlinien der Ebenen 
ao, Bo... Tangenten der Parabel A? in den Punkten a, b..., der Schnitt- 
punkt (ao, B6) = p ist der Pol zur Polare a 6, also die Gerade X,, welche 
p mit dem Mittelpunkte der Sehne a 6 verbindet, ein Durchmesser der Pa- 
rabel A?; die Gerade X, ist sonach parallel zur Achse der Parabel A? und 
zugleich zur Achse X des Paraboloides g*. Analog bestimmen wir noch 
einen Punkt s auf g* mittels eines zweiten Tangentialzylinders 67, welcher 
parallel ist zu einer anderen (beliebigen) Erzeugenden N des Hyperbo- 
loides &, und legen durch den Punkt s eine Ebene # | X,, welche die 
Parabel A® in zwei Punkten m, n schneidet ; y schneidet ferner die an den 
Zylinder o? durch m, n gelegten Berührungsebenen u, v in den Geraden 
vu=M, vv=T, und das Paraboloid g? in einem Kegelschnitte C2. 
Diesen verzeichnen wir aus den Punkten s, m, n und den Tangenten M, T. 
Durch den Mittelpunkt o von C? geht die Achse des Paraboloides X || X,. 
Ist m, der Schnittpunkt der Ebene u mit der Achse X, so gibt der Mittel- 
punkt v der Strecke 0 m, den Scheitel des Paraboloides g?. Der Scheitel v, 
die Achse X und die Kurve C? lösen die Aufgabe. Je nach dem Charakter 
der Kurve C? ist das Paraboloid g? elliptisch oder hyperbolisch. 


IV. 


Wir fügen noch die Aufgabe hinzu: ein Paraboloid sei durch acht 
Punkte a, db, c, d, e, f, g, h gegeben. Durch die gegebenen Punkte legen wir 
zwei windschiefe Hyperboloide &?, w? wie in der I. Aufgabe. Die unendlich 
ferne Ebene schneidet das Flächenbüschel Z (8? w?) in einem Kegelschnitt- 
büschel S, welches durch die unendlich fernen Kegelschnitte K2, L? der 
Hyperboloide &, ®® bestimmt ist; die Grundpunkte des Büschels S sind 
die (reel. o. imag.) gemeinsamen Punkte m, n, p, g der Kurven K?, L?. 
Die degenerierten Kegelschnitte des Büschels mn, pq; mp, ng; mq, np 
sind unendlich enfernte Gerade von drei Paraboloiden, welche der Aufgabe 
genügen. Die Diagonalpunkte (mn, P)=x, (mp, n q)=y, (mq, np) =z 
des vollständigen Viereckes mn pg sind die unendlich fernen Punkte 
der Achsen X, Y, Z der Paraboloide und zugleich Ecken des gemeinsamen 
Poldreieckes x yz im Büschel S. Um dieselben zu erhalten, projizieren 
wir aus einem beliebigen Punkte s im Raume die unendlich fernen Kurven 
kK, L?: wir ziehen durch s Parallele zu fünf Erzeugenden des Hyperboloides 
&*, schneiden sie durch eine beliebige Ebene 6, und verbinden die Schnitt- 
punkte durch einen Kegelschnitt K,?; ebenso bekommen wir die Zentral- 
projektion L,? der Kurve L? aus s auf 6. Ferner konstruieren wir das ge- 
meinsame Poldreieck x, y, 2, der Kurven K,?, L? und verbinden s x, = X,, 
SV, = Y,, $z%,=Z,. Diese Strahlen sind die Richtungen der Paraboloid- 
achsen. Nun können drei Fälle eintreten: 1. alle vier gemeinsamen Punkte 
Ms, N, Py, 9, der Kurven K,?, L,?, somit auch das A x, y, 2, sind reell: alle 
drei Paraboloide sind reell und hyperbolisch. 2. Alle vier Punkte sind 
imaginär (zu zweien konjugiert), so daß nur zwei ihrer Verbindungsgeraden, 
etwa 74 %, Pi q, (Kollineationsachsen von K,2, L,?) reell sind, das A x, yı & 
ist jedoch ganz reell; in diesem Falle sind auch alle drei Paraboloide 
reell, aber nur das eine ist hyperbolisch [sein unendlich ferner Punkt 
(mn, pq) =x], die übrigen zwei sind elliptisch (unendlich ferne Punkte 
y, 2). 3. Zwei Grundpunkte sind reell, etwa m,, n,, die übrigen c,, d, Konju- 
giert imaginär, sonach wieder nur zwei Verbindungsgeraden mn, Pı % 
reell; das A x, y, hat nur die Ecke x, und die Gegenseite ?, q, (nur der 
Lage nach) reell, während die auf derselben liegenden Ecken y,, z, imaginar 
sind. Ein Paraboloid ist somit reell und hyperbolisch, die übrigen zwei 
sind imaginär. 

Um nun das erste Paraboloid g? zu konstruieren, dessen Achse X 
die schon gefundene Richtung s x, =X, hat, legen wir durch zwei von den 
acht gegebenen Punkten, etwa a, b die Ebene a || X, und verzeichnen 
die Parabel A? als Schnitt der Ebene @ mit g?. Zu dem Ende ziehen wir in 
der Ebene « eine Gerade R || X, welche den Büschel Z in einer Punktinvo- 
lution schneidet, deren zwei Punktepaare /, fs, g, & wir in den Schnitt- 
punkten der Geraden À mit den Hyperboloiden &, w? erhalten; und da die 
Gerade R das Paraboloid g? im Unendlichen schneidet, so wird der zweite 


Schnittpunkt (R g?) =7 im Mittelpunkte der Involution }, fg, 81 8 liegen. 
Dieser Mittelpunkt 7 wird bestimmt und in der Ebene « aus den Punkten. 
a, b, r und der Achsenrichtung X, die Parabel A? konstruiert. Die durch die 
gegebenen Punkte c, d, e gelegte Ebene 8 schneidet die Parabel A? in zwei 
Punkten «, v und das Paraboloid gin einem Kegelschnitte B?, welchen wir 
durch die fünf Punkte c, d, e, u,v legen. Eine durch den gegebenen Punkt 
etwa h gelegte Ebene y | X, schneidet ferner die Kurven A?, B? in vier 
Punkten, welche mit dem Punkte % einen Kegelschnitt C? bestimmen. Durch 
den Mittelpunkt o der Kurve C?ziehen wir die Achse des Paraboloides X || X,. 
Die Ebene (4 X) schneidet die Kurve C? noch in einem zweiten Punkte A, ; 
wir erhalten leicht den Scheitel v der Parabel, welche durch die Punkte 
h, h, und die Achse X bestimmt ist, ohne die Parabel zu verzeichnen. v ist 
zugleich Scheitel des Paraboloides g?; durch ihn, die Achse X und den 
Kegelschnitt C? in der Ebene y 1 X ist die Aufgabe gelöst. Nach der Art 
des Kegelschnittes C? ist das Paraboloid 9° elliptisch oder hyperbolisch. 
Analog werden auch die übrigen zwei Paraboloide konstruiert, falls sie 
reell sind. 


Eine neue Reihe für die Riemannsche 
Primzahliunktion.') 


Von 
MILOS KÖSSLER 
in Prag. 


(Vorgelegt am 19. April 1916.) 
Bezeichnen wir mit x (x) die Anzahl der Primzahlen, welche kleiner 
sind als x, so ist die Riemannsche Primzahlfunktion durch die Gleichung 
1 4 1 1 
1, (8) + Lex) + La ()+. ; 


definiert. Nach Riemann ist 


b+3 20 
al x logE(s)ds „— 
jo hy | at a, 
b—i D 


Die bekannte Riemannsche Primzahlformel 


Fi Ee (x) et x) + Lia ( + er 


log 2 
) log y : 


wird aus der vorhergehenden Integraldarstellung dadurch gewonnen, daB 
man für log € (s) eine in der ganzen Ebene gültige Entwickelung einsetzt. 
Die in dieser Formel vorkommenden komplexen Nullstellen der Funktion 
& (s) sind heutzutage noch nicht alle bestimmt. 

Zur Berechnung des Integrals brauchen wir aber die Nullstellen 
gar nicht zu kennen; es genügt uns dazu vollkommen eine solche Reihe 
für log & (s), welche nicht in der ganzen Ebene, sondern nur in der Um- 


*) Novy rozvoj pro Riemannovu funkci prvo£iselnou, rg ae Ceské Aka- 
demie cis. Frant. Josefa. XV. 26. 1916. 


10 


gebung des Integralweges gleichmäßig konvergiert. Eine solche Entwicke- 
lung kann wirklich mit Hilfe der Lagrangeschen Reihe nach den Potenzen 
S — 


a 5 
von konstruiert werden. 


Die Berechnungen werden zuerst allgemeiner auf der Dirichletschen 
Reihe 


durchgeführt. Erstens bekommen wir die Integraldarstellung 


b+i D 


Ss tx] 
Ae ee \ Dis) ds = sr Di bo (log x — log hy". D 


5 — 1)! = 


b—i a 


Weiter wird die Formel 


a a 
a chen. {a 3 D (a | 


ae 
bewiesen, wobei a eine beliebige, in der Konvergenzhalbebene der Dirichlet- 
schen Reihe liegende, Konstante bezeichnet. 
Wenn wir uns vorläufig auf den Fall 7 4 beschränken, so entfließt 
daraus 


1 dr +r—3 


(r) RS in PE PR Le Pet NE 
Ji (x) (ae SS dsk+r—8 7° (S a) or J 


Diese Reihe ist absolut und in jedem endlichen Intervalle auch 
gleichmaBig konvergent. 

Um jetzt auch den Fall 4> 7 = L zu erledigen, setzen Tas in die 
Formel für f (§, 4) nacheinander = x + &, §= Yate)?x on = v(a+e) x 
£—x und berechnen aus dem so entstandenen Sem. ae linearen 
Gleichungen die Summen 

[x] 
= Ÿ 5,logen,(k =0 1,2833 


n=1 


SO ist z.B. 


[x ao Le } 
f (x, 1) = Ÿ 0 = —V ax Jr (X), 
k=l i aan = k=0 
..(4 
= gor (ato D (a), 5 
1 d?+1 
"OSTEN Garr ee)... 


Die Zahl ¢ ist eine beliebige auf die Ungleichung 
k]l+1>x-+s 


gebundene reelle Konstante. 
Wenn wir diese allgemeinen Resultate auf den speziellen Fall 
D (s) = log & (s) 


benützen, so bekommen wir endlich mittels der letzten Formel eine Reihe 
fiir die Riemannsche Primzahlfunktion 


AG al Yo 7 (9 | 
== kUR ’ 
EEE) 
CRAN AU MR RTE Pr AR REN (5) 
a d 
gt Slog § (a)}; 


dabei kann J; (x) anstatt durch den vorhergehenden Differentialquotienten 
auch durch diese Gleichungen definiert werden: 


Te (xt) = Ja (x + 8) — 3 Ie (VHF 8) *) +3 Ale + 8) 27) — Ja (2), 
(k + 1) Ja (x) = (2k — a log x) Ja 1 (x) — (À — 1) Ja 2 (x); (5a) 


Jo (x) = log x, Jr (x) = log x — z log? x. 


Diese Reihe konvergiert absolut und ist von den Nullstellen der 
Zetafunktion vollkommen unabhängig. Alles, was wir von dieser Funktion 
wissen müssen, läßt sich in den folgenden Satz zusammenfassen. Erstens 
setzen wir die triviale Erkenntnis voraus, daß die Funktion log & (s) sich in 
eine Dirichletsche Reihe entwickeln läßt, welche in der Halbebene R (s) >1 
konvergiert, und zweitens halten wir die Werte von £ (a), 8’ (a), §” (a) 
u.s.w. für bekannt, wobei a eine Konstante bedeutet, welche der Bedin- 


gung R i) > 1 entspricht. 


Durch die angedeutete Methode kénnen noch andere Entwickelungen 
für die Funktionen f (x) und x (x) erreicht werden, von welchen ich da 
ohne Beweis der Konvergenz die folgenden aufschreibe: 


—_ 


dx 
Be = ar gar (at log € (a)}, Sats sou 6 6B a0 (6) 


La 
Lx (x) DA 7 Co t (s — a)*}, <0; | 


daraus ergibt sich durch einfache Überlegungen 


x (x) = D BM AA en ce ne ee (7) 


Die Funktionen M; (x) werden am einfachsten durch die symbo- 
lische Formel definiert 


Ma) wel), | 
1 ia) 
= = ah =2,3,... | 
Also z. B. 
I l 2 Jop? 
Mo (2) = 8, M, (2) = — 0 PE: Matze 


Diese Reihe für x (x) enthält nicht mehr die gewissermaßen auf die 
Kenntnis der Primzahlen gebundenen Moebiusschen Faktoren u (k), was 
mittels der Riemannschen Formel nicht erreicht werden kann. 

Der Gleichung (6) können wir auch die folgende Form geben: 


f (2) + Ÿ 6 + 29 a 
Bi | Ve (8) 
1 is 
Me pig | 


Wie gewöhnlich, bezeichnet dabei Lz (x) den Integrallogarithmus. 


Über die harmonischen Mittelpunkte 
eines vierpunktigen Systems. 


(Verhandlungen der Ceskä Akademie etc. Jhrg. XXV., Nr. 31.) 


Vom 
Hofrat FRIEDRICH PROCHAZKA 


und 


Assistenten JOSEPH ZDAREK. 


Vorgelegt am 27. September 1916. 


Hofrat Dr. Emil Weyr hat in zwei besonders interessanten 
Abhandlungen !) die Beziehungen zwischen den Punkten einer biquadra- 
tischen Raumkurve zweiter Art und den Berührungspunkten der durch 
dieselben Punkte gehenden Schmiegungs- und Doppeltangentialebenen 
abgeleitet. In der späteren Abhandlung: ‚Notiz über harmonische Mittel- 
punkte eines Quadrupels‘‘?) weist er auf die innere Verwandtschaft dieser 
Beziehungen zu den Konstruktionen der harmonischen Mittelpunkte eines 
Quadrupels hin. Jedoch, da er nicht von den Grundpunkten des vier- 
punktigen Systems ausgeht, sondern zu ihnen durch eine biquadratische 
Konstruktion gelangt, wir aber, die harmonischen Mittelpunkte suchend, 
diese vier Punkte immer im vorhinein als gegeben betrachten, werden 
wir im folgenden jene Konstruktionen auf dieser Grundlage selbstständig 
ableiten und ihnen eine andere, von den Eigenschaften der erwähnten 
Kurve unabhängige, Erklärung geben. 

1. Die Haupteigenschaften einer kubischen Punktinvolution auf einem 
Kegelschnitte als bekannt voraussetzend,?) widmen wir unsere Aufmerk- 
samkeit zuerst einer solchen auf einem Kreise K liegenden Involution für 


1) ,, Über die Abbildung einer rationalen Raumcurve vierter Ordnung auf einen 
Kegelschnitt und ,,Weitere Bemerkungen über die Abbildung einer rationalen Raum- 
curve vierter Ordnung auf einen Kegelschnitt“, in den Sitzungsber. d. kais. Akademie 
d. Wiss. in Wien, im Jahre 1875, resp. 1876. 

2) Sitzungsberichte derselben Akademie im J. 1880. 

3) Insofern dieselben in der trefflichen Abhandlung Dr. Emil Weyrs: 
,»Grundzüge einer Theorie der cubischen Involutionen,‘‘ Prag 1874 erwähnt sind. 


14 


den Fall, daß der entsprechende Involutionskegelschnitt J eine mit K kon- 
zentrische Ellipse ist.!) 

Sei o (Fig.1) der gemeinschaftliche Mittelpunkt von K und J,M N 
die Achsen von J, dann gehören zu jedem Punktetripel in der kubischen 
Involution des Kreises K in Bezug auf die Achsen M, N, sowie auf den 
Mittelpunkt o symmetrische Tripel. Den Durchschnittspunkten g, h, von K 
und der Achse N entsprechende (gegenüberliegende) Tangenten g, g, = G;- 
lig hg == H, von J sind zu M parallel und stellen zugleich die Scheitel- 
tangenten desselben Kegelschnittes vor. Ebenso sind die den Punkten 
& fi — in denen die Achse M den Kreis K schneidet — entsprechenden 
Tangenten E, " parallel mit N und bilden die übrigen Scheiteltangenten 
von J (Fig. 1.). 

Es seien die beiden in Bezug auf M 
symmetrischen Tripel g, ge 83, M ho hg, als 
die kubische Involution bestimmend, vor- 
ausgegeben, so ist damit auch der Invo- 
lutionskegelschnitt J (der bekanntlich die 
sechs Seiten der beiden Dreiecke g, go 83, 
M hah, berührt) bestimmt. Um die dem 
Punkte /, entsprechende Scheiteltangente 
F,= ff, zu finden, benützen wir den 
bekannten Satz:?) Die Seiten F,G, H, 
eines Dreieckes schneiden den Kreis K in 
drei Punktepaaren fyfz, 2983, ha, die mit den drei Punkten f, g, hy, in denen 
die Scheitel des Dreieckes aus einem beliebigen Punkte e, von K auf diesen 
Kegelschnitt projiziert werden, drei Tripel derselben kubischen Involution 
a Demgemäß projizieren wir die Punkte g,, h, aus ¢ auf A, G, in 

1, 2; die Verbindungslinie 12 =F, =} f.. 

Aus der Konstruktion geht sofort heraus, daß die vier Ecken eines 
durch die Scheiteltangenten des Involutionskegelschnittes gebildeten Recht- 
eckes auf den vier Seiten eines durch die Durchschnittspunkte der Achsen 
dieses Kegelschnittes mit dem Träger K gebildeten Quadrats liegen. Sind 
also a,b die beiden Halbachsen von J,r der Halbmesser von K, so findet immer 
eine von den beiden folgenden Relationen statt: 


Gat b= 9, 
je nachdem die Ecken 1, 2... innerhalb oder auBerhalb der betreffenden 
Strecke ge, e M... liegen. Merken wir uns noch den Umstand, daß 


zu den beiden Achsendurchschnittspunkten z.B. j, i, gegenüberliegende 


1) Keine von den mit K konzentrischen Hyperbeln kann als ein entsprechender 
Involutionskegelschnitt angenommen werden, da beide Kegelschnitte soviel reelle 
gemeinschaftliche Tangenten als Durchschnittspunkte haben müssen. 

®) Dr. Emil Weyr: ,,Über die Grundaufgabe der Involutionen dritten 
Grades‘. Sitzungsberichte der königl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. 
Jahrg. 1872. 


15 


Seiten F, H, der beiden Involutionsdreiecke fi fo fs, M ho hs sich auf der 
Verbindungslinie e, g, beider übriger Achsendurchschnittspunkte (im 
Punkte 1) schneiden. 

Umgekehrt kann jede mit K konzentrische Ellipse J, deren Halbachsen 
der obigen Relation Genüge leisten, als ein Involutionskegelschnitt einer auf 
dem Kreise K liegenden kubischen Punktinvolution betrachtet werden. 

2. Um alle solche Ellipsen zu bekommen, wähle man auf K (Fig. 2) 
einen Punkt # und fälle von ihm die Senkrechten ui, u j auf die Achsen 


M und N, deren FuBpunkte :7 


man durch die Gerade R verbinde. KEN 
Bewegt sich nun die Strecke 1 7 3 AA. 
in der Art, daß ihre zwei Punkte ef: 1, ne 
ij die Achsen M N durchlaufen, el Re 
so wird bekanntlich jeder Punkt crie Sea | 6 
von Reine Ellipse erzeugen, die | 17 À sl. Re 8 
MN für Achsen hat und deren U 175 Gin tN ap ae 
Halbachsen die obige Relation a 7: M ee es ee. 
erfüllen. Der Punkt « ist, wie er- eyo er 
sichtlich, das entsprechende Mo- EI Me en 
mentanzentrum!) für diese ellip- Ne ar 
tische Bewegung der unveränder- 2 St 
lichen Strecke 1 1. Ai 

Fig. 2 


Widmen wir nun unsere 
Aufmerksamkeit den beiden ku- 
bischen Involutionen, deren Involutionskegelschnitte, J,, J» durch beide 
Schnittpunkte v, w, von R mit K erzeugt werden. (Fig. 2.) 

Dem Punkte v, als Verzweigungspunkte der ersten Involution gehört 
ein mit ihm ein Verzweigungstripel bildender Doppelpunkt v,, an; der- 
selbe ist ein Schnitt der im v, an J, geführten Tangente mit dem Kreise K. 
Da aber für die angedeutete Lage der beweglichen Geraden R das Mo- 
mentanzentrum im Punkte w liegt, so steht diese Tangente zu u v, senkrecht, 
und der Punkt v,, ist der zweite Endpunkt des Kreisdurchmessers ou. Aus 
demselben Grunde fällt auch der mit w, eine Gruppe der anderen Involu- 
tion (deren Involutionskegelschnitt J» ist) bildender Doppelpunkt wy, 
auf denselben Kreisdurchmesser und ist demzufolge mit v,, identisch. 
Die im ,,=w,, geführte Tangente von K berührt zugleich auch als 
Verbindungslinie zusammenfallender Involutionspaare vy = V3, W, = Ws 
— beide Ellipsen Jy, Jw. 

Nun ist aber evident, daß die Kegelschnitte K Jv J», ihrer sym- 
metrischen Lage zu M und N wegen, dieselben vier Tangenten gemein- 
schaftlich haben müssen, deren Berührungspunkte mit K gemeinschaft- 
liche Doppelpunkte beider erwähnter Involutionen sind, zu denen auch 


1) Centre instantané de rotation. 


16 


u gehört. Dieselben Involutionen bezeichnen wir als beigeordnete kubische 
Involutionen. 

3. Läßt man die Gerade R so bewegen, daß ihre zwei Punkte i 7 die 
Kreisdurchmesser M N durchlaufen, so erzeugt der Punkt v, die Ellipse J». 
Weil aber jeder neuen Lage !R dieser Geraden ein einziger Punkt 1v (Fig. 2) 
auf J, und ein einziges Momentanzentrum !s auf K entspricht, sind diese 
beiden Reihen was... projektiv. ‚Jede im Ivan Jets 
Tangente 1V schneidet K in einem Punktepaare x, x,, und ergänzt man 
denselben mit dem Punkte x, zu einem Tripel der Involution, deren In- 
volutionskegelschnitt J, ist, so wird auch die in dieser Art abgeleitete 


Puktreihe x,... mit der Reihe ts projektiv. Fällt nun ts mit # zusammen, 
so deckt sich x, mit v,, und umgekehrt, d. h. die beiden Punktreihen 
1s |... x,... liegen involutorisch. Da dasselbe von den beiden anderen 


Doppelpunkten gültig ist, so ist o der Mittelpunkt dieser Involution und 
infolgedessen sind die Punkte Is x, die beiden Endpunkte desselben Kreis- 
durchmessers. 

Ist der Punkt v, bei der Bewegung der Geraden R nach !v gekommen, 
so gelangt der Punkt w, gleichzeitig in die Lage !w. Die im !w auf Jy 
gezogene Tangente schneidet K in y, und y, und konstruiet man den mit 
diesen ein Tripel der Involution — die durch J„ als Involutionskegel- 
schnitt bestimmt ist— bildenden Punkt y,, so ist dieser Kreispunkt wieder 
dem 1s gegenüberliegend, also mit x, identisch. 

Ist umgekehrt x, = y, der gemeinschaftliche Punkt beider beige- 
ordneter kubischen Involutionen auf X, so ist die Verbindungslinie IR der 
Berührungspunkte 1v1w beider diesem Punkte entsprechender Tan- 
genten mit den Ellipsen J, J„ eine von den Lagen der beweglichen Ge- 
raden R, durch deren elliptische (oben definierte) Bewegung diese Punkte 
beide Involutionskegelschnitte erzeugen ; das zugehörige Momentanzentrum 
ist der dem Punkte x, = y, gegenüberliegende Punkt !s auf K. 

4. Bevor wir aber zu den harmonischen Mittelpunkten eines vier- 
punktigen Systems schreiten, müssen wir noch auf eine für unsere Zwecke 
passende Konstruktion der harmonischen Mittelpunkte zweiten Grades 
einer dreipunktigen Gruppe aufmerksam machen. 

Dr. Emil Weyr hat in der Abhandlung , Über Polargruppen‘ 1) 
die Aufgabe in folgender Art gelöst: 

„Es seien die Grundpunkte a b c sowie der Pol x auf einem Kegel- 
schnitte X gegeben. Legt maninabcan K die Tangenten und verbindet 
die Ecken des entstehenden Dreiseites mit den Berührungspunkten a 6 ¢ 
der gegenüberliegenden Seiten, so werden die erhaltenen Strahlen, welche 
sich in einem Punkte o schneiden, den Kegelschnitt K in den Punkten 
a’ b' c’ treffen, welche zu a, b, c bezüglich den Punkten bc, c 1, a b kon- 
jugiert harmonisch sind. Projiziert man die Punkte a’ b’c’aus dem Punkte x 
von K auf die drei Geraden bc, resp. ca, a b, so erhält man drei mit o in 


1) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaftenin Wien, Jahrg. 1880. 


17 


einer Geraden liegende Punkte a, b,c), welche Gerade den Kegelschnitt K 
in den gesuchten Mittelpunkten x, x, 2. Grades trifft.“ 

Projiziert man die vier harmonischen Punkte bc a a’ aus x auf die 
Gerade bc in die Punkte bc m Ay, SO ist m= (xa bc) eine Ecke des diago- 
nalen Dreieckes mnp [n=(ab.xc), p= = (ca a.xb)] des v ollständigen 
Viereckes a bc x; a, muß also auf der Seite # p desselben Dreieckes liegen ; 
ebenso fällt b, ana die Seite m und auf mn zu. Man kann also sagen: 
Das Dreieck a bc der Grundpunkte liegt mit dem Diagonaldreiecke des Vier- 
eches abc x perspektivisch, wobei die Perspektive Achse den K in den beiden 
harmonischen Muttelpunkten 2. Grades schneidet.%) 

5. Indem wir zum eigentlichen Thema hinschreiten, wählen wir 
auf einer Geraden P (Fig. 3) 
vier Punkte a 8 y d als Grund- Bee Re 
punkte des vierpunktigen Sy- A A à 
stems und konstruieren für ies De a ie 
jeden dieser Punkte als Pol die a: Se AT 
harmonischen Mittelpunkte 2. : 
Grades in Bezug auf die drei a, 
übrigen als Grundpunkte. 


Zu dem Zwecke, voraus- | ax x ice 
gesetzt, daß die Strecken «y, x ER LAS 
BO sich teilweise decken, zeich- BS 2 Sey 
net man über diese Strecken De 2 
als Durchmesser Kreise K und Fig. 3. 


K' und projiziert diese Punkte 
aus einem der Schnittpunkte s de clben auf den Kreis K in die ein 
Rechteck bildenden Punkte a, =a, b,, = y, d.. 

Im folgenden werden wir immer von solchen vier Punkten auf dem 
Kreise K ausgehen und uns bei weiteren Konstruktionen mit solchen 
Projektionen begnügen. 

Um also die harmonischen Mittelpunkte 2. Grades a,a, auf dem 
Kreise K (Fig. 4) für den Pol a, in Bezug auf die Grundpunkte b, c, d, zu 
bekommen, zeichne man nach dem vorgehenden Abschnitte das diagonale 
Dreieck des Rechteckes a, 5, c, d,. Die eine Seite desselben ist die Gerade 
im Unendlichen, die beiden anderen M, N sind die zu einander senkrechten 
und mit den Seiten des Rechteckes parallelen Kreisdurchmesser. Dieses 
‚Dreieck liegt mit dem Dreiecke b, c, d, RS und die perspekti- 
vische Achse p k [P=(Nb,c), k=(M c,d;)] schneidet Kin den gesuchten 
Punkten a,a,. Ist analog r= (N ad), g= (M a, b,) und sind dy dg, & Ca, 
4, d, die harmonischen Mittelpunkte 2. Grades für die Pole b,, c,, d, und 
für die übrigen Tripel der vier Punkte a, b, c, d, als Grundpunkte, so liegen 
b, b, auf kr, c,c, auf gr und d,d, auf pq. Es liegt also immer ein Paar der 


1) Diese Konstruktion wurde auch von Th. Monin in der Zeitschrift: 
„„Casopis pro pöst. mathematiky a fysiky“, XVI. Jahrg., S. 242, abgeleitet. 


Bulletin international. XXI. 2 


18 


gesuchten Punkte auf einer Seite des dem Rechtecke a, b, c,d, einge- 
schriebenen Rhombus. 

Die vier Punktetripel a, 4243, 0, 0203 C1C2Cs d,d,d, gehören der- 
selben kubischen Involution an. Denn ist dieselbe durch zwei von ihnen 
z. B. a, a,a,, Cy Cy Cg gegeben (Fig. 4) und sucht man die beiden mit b, ein 


a 
/ i 
i Noe 
= ale 
ICE Lee 
| X 2 
N a > 
| ! = F 2 
Te ie: ene 
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Oy E , N I 1 LH Er : 1 0 
N: = H 1 | si ey) SS ei oF 
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DNS mas ul) \ N / le PES 2 / 
~ > \ : / \ TES ea 4 
SSAA ane oh ok Sa Seog 
N ae % Ni ae Dos A 
\ = e\,/ = 2 
2 az ro x / 
NS N Free = / d, 1 / 
\ \ IR Up oO / / 
\ \ 70 im fj / 
\ \ 1 | 107 / 
\ \ . 4 1 7 
XT vo + one oy’ 
o : 
Fig. 4 


Tripel bildende Punkte 6, 6, (mit Anwendung des Satzes im 1. Abschn.), 
so projiziere man 0, aus (a, az Cy C3) auf K in d,, von diesem c, auf dy a3 
inkunda,aufc,c,inr; krschneidet K in b, und b,, welche Punkte man 
jedoch schon oben als harmonische Mittelpunkte konstruiert hat. Analog 


gehört auch das Tripel d, d,d, derselben Involution an. 


Diese kubische Involution ist symmetrisch zu den Geraden MN, 
die zugleich Achsen des Involutionskegelschnittes J sind (Fig. 4). Bewegt 
sich (Absch. 2) die Gerade kp = R, so, daB diese Punkte die Achsen 
durchlaufen, so wird einer ihrer Punkte 2a die Ellipse J erzeugen. Da aber 
Ra = a a3 zugleich Tangente an J sein muß, und c, Momentanzentrum 
ist, so liegt 2a als Berührungspunkt auf der Senkrechten c, 2a L k p, wobei 
2a k, 2a p die Halbachsen von J angeben. 


19 


Bestimmen wir nun ein diese Involution auf X erzeugenden Kegel- 
schnittbüschel. 

Ist /= (M K) (Fig. 4) ein Grundpunkt, A = f a, ag a5, B= f b, by bs 
zwei der degenerierten Kegelschnitte des Büschels, so sind k = (a, a, Eu b a), 
m= (a, a, f b,) 1= (6, b, f a;) die anderen Grundpunkte desselben, und ein 
beliebiger Kegelschnitt X dieses Kegelschnittbiischels (Fig. 4) schneidet K 
außer in / noch in drei Punkten x, x, x3, die eine Gruppe der erwähnten 
Involution bilden. Das Büschel erhält noch den dritten degenerierten 
Kegelschnitt F=fk ml; die Gerade fk = M schneidet K noch in f,, 
ml in fy fs; somit ist diese Gerade eine Scheiteltangente von J.1) 

6. Zieht man an jeden Kegelschnitt des Büschels (AB...F...X...) 
Tangente in f, so schneidet dieser ee K in ne zu 
dem Kegelschnittbüschel projektiven Punktreihe ay by)... fp. nn 
(Fig. 4); in Bezug auf die degenerierten Kerken A BF ist er 
a =a, do =), fo = ji 

Legt man nun auf K eine neue, mit der kubischen Involution a, a3 a,, 
MU CG lt... prejektive Eunktreihe abc... %.%.2.50, 
daB a=a,b=b, c=c, ist, dann ist dieselbe auch mit dem Kegel- 
schnittbüschel ABC...X... und mit der Punktreihe a, dg Cy... Xo.. 
projektiv; die nee a =a, und b= b,sind Doppelpunkte der ee 
konjektiven einfachen Punktreihen, die eine involutorische Reihe bilden, 
wie sogleich gezeigt werden wird. 


Denn legt man durch die Punkte fklmc (=c,) den Kegelschnitt C 
(Fig. 4) des Büschels (/k m 2), so liegt der Pol x der Geraden ml in Bezug 
auf C in der Seite wv [u = (fm kl), v=(fl km)] des Diagonaldreieckes 
uvo des dem C eingeschriebenen Viereckes f kl m, und ist also mit dem 
Schnittpunkte von a v mit der in man C gelegten Tangente identisch. Sucht 
man aber dieselbe Tangente mit Anwendung des Pascalschen Lehrsatzes 
als die unendlich kleine Seite des eingeschriebenen Sechsecks m kc fl m, 
so ist wv zugleich die Pascalsche Gerade, durch deren Schnittpunkt x mit 
c f diese Tangente gehen muß. Demzufolge sind cf im in Bezug auf den 
Kegelschnitt C zu einander konjugiert, und ihre Endpunkte cf, Im 
werden aus jedem Punkte von C durch vier harmonische Strahlen projiziert. 
Wählt man für das Projektionszentrum den Punkt f und sucht man die 
Schnittpunkte cc, a b der projizierenden Strahlen mit K, so liegen die- 
selben harmonisch auf K, und die Verbindungslinie cc, homologischer 
Punkte beider obgenannter Punktreihen muß durch den Schnittpunkt 6 


1) Bezeichnet man in Fig. 2 die Doppelpunkte nach Weyrs Art mit d, ds ds da 
und die Verzweigungspunkte beider beigeordneter kubischen Involutionen mit 
Uy Va Vg Va TESP. Wy Wa Ws Wa, SO ist man im Stande in Bezug auf die Fig. 4 den Satz 
auszusprechen: ,,Die Tripel dvi w,... devawa gehören derselben kubischen Invo- 
lution an; die Punkte z. B. vw, sind harmonische Mittelpunkte 2. Grades für dı als 
Pol und da dy dy als Grundpunkte; damit ist eine neue Bestimmungsart beider durch 
4 Doppelpunkte bestimmter kubischen Involutionen gegeben. 

o* 


~ 


20 


beider Doppelpunktstangenten in a=a, und b = b, an K gehen, und 
damit ist die involutorische Lage beider Punktreihen bewiesen. 

Der durch d, d,d, gehende Kegelschnitt D des Büschels liegt zu C sym- 
metrisch in Bezug auf die Achse M; ihm entspricht die zu fc, symmetrische 
Tangente fd); die Verbindungslinie od, schneidet Kim d = d,, welcher 
Punkt also der vierte Doppelpunkt der Reihe abc... und der kubischen 
Involutionsreihe ist. 

Um für einen beliebigen Punkt x der Reihe abc... das homo- 
logische Punktetripel x, x, x, der kubischen Involution zu bekommen, suche 
man zuerst den Punkt x, als Durchschnitt des Kreises K mit dem Strahle 
6x, worauf der durch die Punkte fklm gehender und die Gerade fx, 
tangierender Kegelschnitt X den Kreis K in den gesuchten Punkten 4 % %3 
trifft (Fig. 4). | 

Die auf diese Art konstrmerten Punkte x, x, x; nennt man die harmo- 
nischen Mittelbunkte 3. Grades für den Pol x in Bezug auf a,b, c,d, als 
Grundpunkte. 

Jedem Grundpunkte, z. B. a als Pole gehören demnach die Punkte 
a, = 4, & ‚a, als harmonische Mittelpunkte 3. Grades. Dem Pole f = (K M) 
gehört das Tripel f, fs f,, wo fi der andere Schnittpunkt von K und M und 
f, fs die Scheiteltangente von J ist. Analoges gilt auch natürlich für den 
Punkt e=f, sowie für die Punkte g, A, in denen N den Kreis K trifft. 

7. Die soeben angeführte Konstruktion ist nur dann vorteilhaft, 
wenn es sich um die Mittelpunkte für einen einzigen Pol handelt, da man 
bei dieser kubischen Aufgabe die Konstruktion eines allgemeinen Kegel- 
schnittes nicht vermeiden kann. Geht esaber um diese Punkte für verschie- 
dene Pole, bezogen auf dieselben vier Grundpunkte, die z. B. auf einer 
Geraden P als a, ß, y, d, gegeben sind, so kann man diese Aufgabe folgender- 
weise durchführen. 

Man konstruiert zuerst für zwei der vier Punkte, etwa a, und ß, 
als Pole die harmonischen Mittelpunkte 2: Grades a, a, resp. B, B, für 
Bi 7,0, resp. a, y, 0, als Grundpunkte.!) 

Damit ist die Projektivität zwischen der kubischen Involution 
6 @,@5, Bi Ba Ba YıYaY3--. und der einfachen Punktreihe a,, B,, y,,.. 
bestimmt und man kann die irgend einem Punkte £ der letzteren als Pole 
entsprechende Punktgruppe &, & £, der ersteren darstellen. 


Zu dem Zwecke ?) projiziert man beide Punktreihen aus einem be- 
liebigen Punkte, z. B. aus dem unendlich entfernten Punkte s,, (Fig. 5) 
in der zu P senkrechten Richtung, durch zwei konlokalen projektiven 
Strahlenbüschel, von denen das eine kubisch-involutorisch und das andere 


1) Am besten projiziert man die Grundpunkte wie in Fig. 3 in ein Rechteck 
aus saufeinen Kreis, führt dann die Konstruktion wie in Fig. 4 aus und projiziert die 
harmonischen Mittelpunkte 2. Grades von s auf Pin oa, Pr Ps zurück. 

?) Anders wurde dieselbe Aufgabe von Weyr in der Abhandlung: Weitere 
Bemerkungen etc. (siehe Seite 1, erste Bemerkung) auf der Seite 3 und 4 behandelt. 


21 


einfach ist. Zieht man durch einen beliebigen Punkt — in Fig. 5 wurde 
der auf P im Unendlichen liegende Punkt 6» gewählt — zwei beliebige 
Strahlen A B, die die Strahlen so «,, sß, in a, resp. b, und die Strahlen 
des kubisch -involutorischen Biischels sx (a, «@,«,) und sw (ß, Bs Ba) i 

a, A, a, resp. à, b, b, treffen, so ist durch diese 6 Punkte und durch sa 
als Doppelpunkt eine kubische Kurve K bestimmt, die man in bekannter 
Weise zeichnen kann.!) 


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Fig. 5. 


Auf dieser Kurve K ist nun durch die zwei geraden Gruppen a, as @3, 
b, b, b, eine kubische Involution bestimmt. Der Punkt 6» ist ihr Zentrum. 
Jeder durch 6x gehende Strahl — z. B. C, der durch den Schnittpunkt 
© von K mit so y, geht -— trifft AK in einem Tripel c, c,c, derselben 
Involution. 

Die beiden projektiven Strahlenbüschel 6x (ABC... X...) und 
seo (a, B,y,... &...) erzeugen einen Kegelschnitt L (in unserem Falle 
eine gleichseitige Hyperbel), der durch die fünf Punkte sx Gx a,b, @ 
bestimmt ist, und natürlich auch durch d, = (sw 0, K) geht. 


1) Dr. Emil Weyr: Theorie der mehrdeutigen geometrischen Elementar- 
gebilde, Leipzig 1869, Seite 106. In Fig.5 wurde — in Bezug auf die Konstruktion 
Weyr’s — a, für den Mittelpunkt des einfachen Strahlenbüschels, der mit dem pro- 
jektiven quadratischen Involutionsbüschel mit dem Mittelpunkte sg die Kurve 
K erzeugt, gewählt. Der einfache Strahlenbüschel wurde durch den Strahl sg #2, 
der quadratisch-involutorische durch A geschntiten, für welchen Fall der Kegel- 
schnitt R (Fig. 5) Direktionskegelschnitt ist. 


22 


Um zu dem beliebigen Punkte & der einfachen Polreihe auf P das 
homologische Punktetripel der kubischen Involution darzustellen, kon- 
struiert man zuerst den zu & zugehörigen Punkt x auf L, wo x == (L & sw) 
ist. Der Strahl X=0% x trifft Kin x,%,%,, deren Projektionen &, £, é, 
aus So auf P die gesuchten harmonischen Mittelpunkte 3. Grades sind. 

8. Kehren wir nun zu dem Falle zurück, wo die Grundpunkte auf 
einen Kreis K in das Rechteck a, 5, c, d, projiziert wurden (Fig. 4), und 
wo man zeigte, wie man für einen Pol x die harmonischen Mittelpunkte 
3. Grades x, x, x, konstruiert. 

Bestimme man weiter für x als Pol die harmonischen Mittelpunkte 
2. Grades x’’ 1x’ in Bezug auf die Grundpunkte x, x, %3, die man die har- 
monischen Mittelbunkte 2. Grades 
x’ 1x" für den Pol x und die Grund- 
punkte a, b, c,d, nennt. Die Verbin- 
dungslinie X’ = x’’1x'’ (Fig. 6) — 
die nach Abschn. 4 dargestellt wurde 
— geht zugleich durch den Punkt 
(x), welcher ein Schnittpunkt der 
drei jede Ecke des Dreiecks % 4, 
mit dem Pole x,°%,.0x,0 der geseu= 
überliegenden Seite in Bezug auf K 
verbindenden Strahlen ist. 

Auf diese Art gehört jedem 
Pole x und somit auch dem zuge- 
hörigen Dreiecke x, x, x, ein einziger 

Fig. 6. Punkt (x) und die einzige durch 
denselben gehende Gerade X”. 

Konstruiert man so für den Pol f (Fig. 7) die harmonischen Mittel- 
punkte 2. Grades f’’1/’’, so wird, der Konstruktionssymmetrie wegen, die 
Gerade F’=f"'1f'" zu M senkrecht stehen und sie in (f) treffen. Dasselbe 
gilt auch für die zu den übrigen Durchschnittspunkten egh von K mit 
M und N zugehörige Strahlen EG” H”. 


Jedoch ist es ersichtlich, daß einem Punkte (x) in der kubischen 
Involution nur ein einziges Dreieck x, x, x, von der Beschaffenheit gehört 
(Fig. 6), daß dieser Punkt ein Schnittpunkt der drei Geraden ist, welche 
die Pole jeder seiner Seiten mit dem dritten Ecke verbinden. Denn trans- 
formiert man Fig. 6 in der Art, daß dem K wieder ein Kreis, dem Punkte 
(x) dessen Mittelpunkt entspricht, so wird die soeben ausgesprochene 
Eigenschaft nur den dem Kreise eingeschriebenen gleichseitigen Dreiecken 
zukommen. Die Scheitel dieser Dreiecke bilden eine neue kubische In- 
volution (die in den imaginären Kreispunkten dreifache Elemente hat), 
welche mit der, in die sich die unsere Involution in Fig. 6 transformiert 
hat, bekanntlich nur ein gemeinschaftliches Tripel haben kann. Hätten 
sie mehrere, so wären sie identisch, und der Punkt (x) wäre für alle Drei- 


23 


ecke x, x x... derselbe, was bei uns, wie die Punkte (f) (e) (g) (h) zeigen, 
nicht vorkommt.!) 

Also gehört jedem Pole x durch die angeführte Konstruktion nur ein 
einziger Punkt (x) und umgekehrt, d. h. die Punkte (a) (b)... (x)... 
bilden eine mit a b... x... projektive Punktreihe und erfüllen eine 
Kurve Z, die evident zu den Achsen M und N symmetrisch ist (Fig. 7). Um 


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Fig. 7. 


den Grad derselben festzustellen, stelle man sich vor, daß ein Punkt (x) 
nur dann auf K fallen kann, wenn zugehöriges Punktetripel der Involution 
in einen Doppel- und Verzweigungspunkt degeneriert, wobei sich (x) mit 
dem ersteren vereinigt. L schneidet K also in vier Punkten, ist also ein 


Kegelschnitt (Fig. 7). 


1) Dies geschieht nur dann, wenn die Grundpunkte harmonisch liegen. 


24 


Die Verbindungslinien À” BY’... X”... der harmonischen Mittel- 
punkte 2. Grades werden eine Kurve umhüllen, von der bewiesen wird, 
daß sie mit L identisch ist. Stellen wir die Klasse dieser Umhüllungs- 
linie fest. Hat man für das Tripel x, x, x, den Punkt (x) konstruiert und 
zieht man von diesem die beiden Tangenten an K, so fallen für den Be- 
rührungspunkt #, einer von ihnen als Pol die harmonischen Mittelpunkte 
2. Grades in Bezug auf die Grundpunkte x, x, x, in dem Berührungs- 
punkte #, der anderen Tangente zusammen und umgekehrt.!) Wäre 
nun x mit m, (oder n,) identisch, so wäre diese (oder die erste) Tangente 
von K zugleich die Tangente X’ der gesuchten Umhüllungslinie. Der 
Anzahl solcher gemeinschaftlichen Tangenten gleicht, wie ersichtlich, der 
Menge der Doppelpunkte beider verwandter Punktreihen x,... und 
Mz Nx.... Jedem Punkte x der ersten Reihe entsprechen zwei Punkte 
M,N, der anderen. Zieht man umgekehrt in m,an K Tangente, so schneidet 
dieselbe L in zwei Punkten (x) (y) denen in der Polreihe zwei Pole x y 
entsprechen ; die soeben besprochene Verwandtschaft ist damit zwei-zwei- 
deutige, hat also vier Doppelpunkte. Dann hat auch unsere Umhüllur gs- 
linie mit K vier gemeinschaftliche Tangenten und kann also nur ein Kegel- 
schnitt sein, dessen Achsen sich (der Symmetrie wegen) mit M und N 
decken. Die Geraden E’ F’G’ H’' sind Scheiteltangenten dieses Kegel- 
schnittes, der also mit L identisch sein muß. 


Da jede Tangente X’ von L durch den Punkt (x) desselben Kegel- 
schnittes geht, so berührt die Gerade X" den L in (x). Die Schar .der Tan- 
genten X’ ist somit mit der Punktreihe (x) und dadurch auch mit der 
Polreihe x projektiv. Da man schon für die Pole ef gh die homologischen 
Strahlen E’ F’G’” H” kennt, so ist damit die Projektivität mehr als 
genügend bestimmt, und man kann für jeden Pol x die harmonischen 
Mittelpunkte 2. Grades x’ 1x’’ auf dem homologischen Strahle X” bestimmen, 
ohne früher die harmonischen Mittelpunkte 3. Grades, darzustellen.?) 


Um die Konstruktion zu vereinfachen, ziehe man für jedes der 
Dreiecke x, x, x, die Gerade 1X, welche die drei Punkte, in denen jede Seite 
derselben die im gegenüberliegenden Scheitel an K geführte Tangente 
schneidet, verbindet (Fig. 6). Diese Gerade LX ist, wie ersichtlich, Polare 
von (x) in Bezug auf K; damit werden alle solche Geraden 1X einen zu L 
für K als Basiskurve polarreciproken Kegelschnitt 1J umhüllen. Da L 
durch die Doppelpunkte der kubischen Involution x, 3, x, geht, so be- 
rühren die in denselben an K geführten Tangenten zugleich J und W. 


1 E, Weyr: ,,Uber Polargruppen‘‘, Sitzungsber. der k. Ak. d. Wiss. in 
Wien 1880, Seite 3. 


*) Zu der konstruktiven Behandlung ziehe man über (g) (A) und (e) (f) (Fig. 7) : 


als Durchmesser Kreise und beziehe dieselben zu L affin mit der negativen Charakte- 
ristik; durch diese Affinitaten wird jeder Punkt (x) in die zwei mit x auf demselben 
Kreisdurchmesser ox liegenden Punkte überführt, womit umgekehrt eine sehr 
einfache Konstruktion von (x) und X” gegeben ist. 


bo 
> 
Ot 


Einen Punkt der Scheiteltangente 1G von 1J (Fig. 7) bekommt man, 
wenn man die Seite g, g, mit der Tangente im g, an K schneidet. Trifft - 
nun es die N-Achse in dem Scheitel 1 von J, und ist !g der Scheitel 
von 1J auf!G, so zeigt eine einfache Rechnung, daß o1g =r (2 y—a) : (2a —r) 
ist, wo 7 Halbmesser von K, a =o1 die Halbachse von J bedeutet. Ist 
nun b = 7 —a die andere Halbachse von J, und konstruiert man ebenso 
mit Anwendung des Dreiecks e, e,e, die Scheiteltangente IE mit dem 
Scheitelle von V/, so gilt e, 1e = # (7 + b) : (r — 2 b) =7 (2 7r—a) : (2 a—r). 

Es ist dadurch (Fig. 7) 01g = e,1¢,, oder oe —olg — y, d. h. die 
Differenz der Halbachsen von VJ gleicht dem Halbmesser von K; 1 ist 
somit (Abschn. 1) ein Involutionskegelschnitt einer neuen kubischen 
Involution auf K. Da nun K J1J dieselben vier Tangenten besitzen, sind 
die beiden kubischen Involutionen beigeordnet. (Abschn. 2.) 


Die durch Jauf K erzeugte Involution ist, wie ersichtlich auch zu den 
Achsen M und N symmetrisch, d. h. den Punkten ef gh (Fig. 7) gegen- 
überliegenden Tangenten 1£1F'1G1H von J sind ihre Scheiteltangenten. 
Da die Verbindungslinie f% durch den Schnittpunkt von Scheiteltangenten 
IG1E geht, so sind dieselben (Abschn. 1) den Punkten g, e entsprechend. 


Die Tangenten IX... von 1J haben wir mit Anwendung der Dreiecke 
X X, X_ (als Pascalsche Geraden) konstruiert. Da sie zugleich Polaren von 
(x) auf K sind, so bilden sie eine zu der Polreihe x auf X projektive Schar. 
Man kann sie jedoch auch als den Punkten von K entsprechende Tan- 
genten von 1J konstruieren, indem man durch diese Punkte beide Tan- 
genten an !J zieht und ihre Schnittpunkte mit K verbindet. Da man nun 
für die vier Punkte ef g » durch das erste sowie durch das andere Ver- 
fahren dieselben vier Tangenten LE 1F 1G1H erlangt, so muß auch 
jedem weiteren Punkte x der Polreihe dieselbe Tangente von 1J durch 
beide Konstruktionen gehören. 

Ist 1x der Berührungspunkt von 1X mit VJ, so bilden diese Punkte 
auf 1J eine zu der Polreihe x auf K projektive Punktreihe. Da 1x evident 
ein Pol der Geraden X’’— auf der die harmonischen Mittelpunkte 2. Grades 
x’ 1x” liegen — in Bezug auf K ist, so kommt man somit zur folgenden 
neuen Konstruktion dieser Punkte: 


Man ermittelt den Berührungspunkt 1x der dem Pole x entsprechenden 
(gegenüberliegenden) Tangenten IX in der kubischen Involution, welche 
1J zum Involutionskegelschnitt hat; die Polare X" von 1x an K enthält die 
gesuchten harmonischen Mittelpunkte 2. Grades. 

Der dem Punkte x gegenüberliegende Kreispunkt sz ist (Abschn. 
3, Schluß) das Momentanzentrum für jene Lage R, der beweglichen Ge- 
raden R, die durch den Punkt !x geht, welcher den zweiten Involutions- 
kegelschnitt 1J erzeugt. Fällt man also von s, (Fig. 7) die Senkrechten 
Sz 1, Se] zu M und N, erhält man R, = 17; da bei der elliptischen Bewegung 
der Geraden Ry der Punkt 1x die Ellipse 1] erzeugt, muß og = i!x, womit 


26 


eine neue Bestimmungsart von 1x und damit auch der harmonischen Mittel- 
punkte 2. Grades gegeben ist. 


Für einen der vier Grundpunkte z. B. a, wird c, (Fig. 7), Momentan- 
zentrum, und demzufolge ist R—=khp=a,a,. Die zugehörige Tangente 
14: von 1J geht durch den Schnittpunkt von a, a, mit der Kreistangente in ay, 
welcher also zugleich der Berührungspunkt 1a von 1A mit 1J wird. Somit ist 
kla=oig=i!x und pla —j1x = o!e, so daß die Halbachsen von WV 

sehr leicht bestimmbar sind. Man sieht auch 

sofort, daß sich für jeden der Grundpunkte 

z.B. a = a, als Pol einer der beiden harmo- 
nischen Mittelpunkte a’ mit diesem Pole 
a vereinigt und der andere 14’ mit jenem 
harmonisch zu a, a, liegt. 


ee 10. Zu einer anderen Konstruktion der 
harmonischen Mittelpunkte 2. Grades des vier- 
punktigen Systems gelangt man wie folgt: 


See 


1 t F 
Hu: | 
Teer 


oe eee 
| | no Jedem Pole x gehüren immer zwei 
= 5 solche Mittelpunkte x’’1x’”. Ist umgekehrt 
pos RARE a y"’ (Fig. 8) der harmonische Mittelpunkt 2. 
ees a ie Grades und sucht man den zugehörigen Pol 
a. re y, so ziehe man in y’’an K Tangente, die 1J 
ER vale in zwei Punkten y, ly, trifft, denen in der 
Polreihe auf K zwei Punkte ¥, y, projekti- 
Fig. 8. visch entsprechen. Die Verwandtschaft der 
Pole mit den harmonischen Mittelpukten 2. 


Grades ist somit zwei-zweideutige. 


i) 


We SH 
am UN = 
À ee 


ee, 
ne = 


Die Verbindungslinien entsprechender Punktepaare beider Punkt- 
reihen werden eine Kurve 4. Klasse umhüllen, da durch jeden Kreispunkt 
4 solche Strahlen durchgehen; in unserem Falle zerfällt jedoch diese 
Kurve in zwei zusammenfallende Kegelschnitte H. Denn nimmt man den 
Doppelpunkt 7 der kubischen Involution (Fig. 8), deren Involutionskegel- 
schnitt 1J ist, für den Pol, so berührt die entsprechende Tangente 7 y den 
Kegelschnitt 1J in dem zugehörigen Verzweigungspunkte 17, dessen Polare 
zu K auf diesem die miteinander und mit # vereinigten Mittelpunkte 
= 14" =, ausschneidet; die unendlich nahe benachbarten Tangenten 
vy’, r!r'' unserer Kurve berühren somit dieselbe in 7. Betrachtet man jedoch 
denselben Doppelpunkt 7 als einen harmonischen Mittelpunkt 2. Grades 
¢’’ und sucht man die zugehörigen Pole, so ziehe man (nach dem obigen) 
in ¢’’ Tangente an K, die zugleich Tangente von !J ist und zwar dem Punkte 
17 entsprechend. Den zusammenfallenden Schnittpunkten % = 1, derselben 
mit 1J gehören somit die zusammenfallenden Pole {= t,, die sich mif  ver- 
einigen. Die in 2’ sich schneidenden Tangenten 2” t, ¢” ¢, der Kurve 4. Klasse 
sind dadurch wieder unendlich nahe benachbart. 


27 


Aus dem gesagten ist evident, daß 717 Doppeltangente der erwähnten 
Kurve ist, deren beide Berührungspunkte sich in 7 vereinigen. Da nun die 
Kurve 4. Klasse ist und vier solche Doppeltangenten besitzt, muß sie 
notwendig in einen Doppelkegelschnitt H zerfallen. FaBt man die Bedeu- 
tung dieser Kurve ins Auge, so sieht man, daß die von einem Punkte x von 
K als Pole an dieselbe geführten Tangenten in K die beiden harmonischen 
Mittelpunkte x''1x"" 2. Grades ausschneiden. 

Durch dieselbe Konstruktion bekommt man jedoch umgekehrt die 
beiden Pole für den gegebenen Mittelpunkt 2. Grades. Somit schneidet 
jede Tangente von H den Kreis K in zwei Punkten so, daß je einem als Pole 
der andere als einer von den harmonischen Mittelpunkten 2. Grades zukommt 
und umgekehrt: die erwähnte zwei-zweideutige Verwandtschaft ist somit 
eine symmelrische, ihre Doppelpunkte erster Art sind die vier-Grundpunkte 
ab,cd,daz.Ba=a = a” ist.'!) Somit sind die Kreistangenten in den 
Grundpunkten zugleich Tangenten von H?} Der Kegelschnitt H ist in 
Fig. 7 eine Hyperbel, deren Achsen M N sind. Außer den soeben bespro- 
chenen kann man leicht eine Anzahl anderer Tangenten, z. B. ala”, ee”! 
usw. ziehen. Schlägt man jedoch über c, o als Durchmesser den Kreis K, 
(Rollkreis der elliptischen Bewegung) und führt man von 14 Tangenten 1a u 
la y an denselben, so gehören deren Berührungspunkte g, » schon den 
Asymptoten oa ov von Han; bei der elliptischen Bewegung beschreibt 
nämlich u den Kreisdurchmesser uo=m sm. Gelangt gt w nach Sm, wird 
. er Momentanzentrum für den Pol m, und die Gerade u la geht in die Tan- 
gente Sm!m von K über. Somit wird s» mit »m’’ identisch und m m’’ als 
Tangente von H, durch deren Mittelpunkt o gehend, ihre Asymptote. 

11. Der zu x in Bezug auf x'!x'' konjugiert harmonische Punkt x’ 
heißt der harmonische Mittelpunkt 1. Grades für x als Pol und die Grund- 
punkte a, b, cı dy. 

Der Punkt x’ ist auch harmonischer Mittelpunkt des ersten Grades 
für den Pol x in Bezug auf die Grundtripel x, % 3. 

Da 1x (Fig. 7) der Pol von X” = x” 1x" auf K ist, so bestimmt man x’, 
indem man die Verbindungsgerade des Poles x mit dem Berührungspunkte !x 
der entsprechenden Tangente des Involutionskegelschnittes 1J mit der Kreis- 
linie K zum Schnitt bringt. 

Für jeden der Grundpunkte z. B. a, = a vereinigt sich a’ mit dem- 
selben, da ala eine Tangente des Kreises K ist. 

Den Polen ef gh auf der Achsen M N gehört jedem immer der ent- 
gegengesetzte Punkt e’ f’ g’h’ derselben Achse als harmonischer Mittelpunkt 
1. Grades, welcher jedoch zugleich einer der harmonischen Mittelpunkte 
3. Grades für denselben Pol ist. 


1) Die Doppelpunkte zweiter Art sind, wie soeben gezeigt wurde, mit den Ver- 
zweigungspunkten der durch W erzeugten Involution identisch. 
2) Man kann leicht zeigen, daß!a der Berührungspunkt der Tangenten a 1 4a ist. 


12. Zum Schluß werden wir noch kurz die Verwandtschaften harmo- 
nischer Mittelbunkte des vierpunktigen Grundsystems mit ihren Polen be- 
sprechen, von denen die zwei-zweideutige symmetrische Verwandtschaft 
der Pole und der harmonischen Mittelpunkte 2. Grades schon erwähnt 
wurde (Abschn. 10). 

Jedem Pole x von K entspricht ein einziger Mittelpunkt 1. Grades x”, 
den man bekommt, wenn man zu x den entsprechenden Punkt 1x in der 
Punktreihe auf 1J aufsucht, und den Strahl x 1x mit K zum Schnitt bringt. 
(Fig. 7). Ist nun umgekehrt x’ gegeben und sucht man den Pol x, so geht es 
um das Aufsuchen solcher durch x’ gehender Strahlen, die die beiden homo- 
logischen Punkte der genannten Punktreihen treffen. Projiziert man die 
Polreihe x... aus x’ durch den Strahlenbüschel, so treffen dessen Strahlen 
LJ in Punktepaaren einer Involution, die zu der konlokalen Punktreihe 
1x... projektiv ist und mit ihr bekanntlich drei Doppelpunkte hat (von 
denen einer der Punkt 1x ist). Projiziert man dieselben aus x’ auf K, so 
erhält man drei Pole, denen x’ als harmonischer Mittelpunkt. 1. Grades 
zugehört. Die Verwandtschaft der Polrethe und der Reihe der harmonischen 
Mittelpunkte 1. Grades ist somit drei-eindeutige. 


Die Verwandtschaft der Polen mit den harmonischen Mittelpunkten 
3. Grades ist (Abschn. 6) ein-dreideutig. Bezeichnet man für einen Augenblick 
dieselbe als die erste und die vorige als die zweite, so kann man beweisen, 
dass sie identisch sind. 


Denn eine ein-dreideutige Verwandtschaft ist bestimmt, sobald man 
7 Paare entsprechender Elemente kennt.!) Haben nun zwei solche Ver- 
wandtschaften 7 gemeinschaftliche Elementenpaare, so sind sie identisch. 
In unserem Falle kennt man jedoch schon 8 solche Punktepaare. Denn in 
Bezug auf die erste Verwandtschaft gehören den 8 Polen abcdefghals 
Punkten der einfachen Reihe als harmonische Mittelpunkte 3. Grades 
resp. die Punkte abcdfehg zu. Bei der zweiten Verwandtschaft sind 
“ denselben 8 harmonischen Mittelpunkten 1. Grades, als zu der einfachen 
Punktreihe zugehörigen, die anderen 8 Punkte als Pole zugeordnet, womit 
die Behauptung bewiesen ist. 


Gehören also dem Punkte x als Pole in Bezug auf die Grundpunkte 
a,b, Cd die Punkte x, x2 X4 als harmonische Mittelpunkte des 3. Grades, 
dann ist für jeden dieser Punkte als Pol der Punkt x der harmonische 
Mittelpunkt des 1. Grades?) 

Die Verbindungsgeraden entsprechender Punktepaare werden somit 
in beiden Verwandtschaften dieselbe Kurve umhüllen, die man auch als 


1) Dr. Emil Weyr: ‚Die Erzeugung alg. Curven durch mehrdeutige 
Elementargebilde‘“, Abhandl. der k. böhm. Ges. d. Wiss. 1870, Seite 7. 

*) Den Satz kann man zur einer neuen Konstruktion des harm. Mittelpunktes 
1. Grades x’ für den Pol x benutzen: In Bezug zum Abschn. 6 (Fig. 4) zieht man in f 
an den durch die Punkte fk/!mx gehenden Kegelschnitt Tangente, deren Schnitt- 
punkt mit K wird aus ¢ auf dieselbe Kreisliniein den gesuchten Punkt +’ projiziert. 


29 


Produkt beider projektiver Punktreihen x... auf K und 1x... auf WJ 
erzeugen kann. Somit ist dieselbe bekanntlich eine rationale Kurve 4. Klasse 
6. Ordnung, die beide Achsen M N sowie die unendlich ferne Gerade für 
Doppeltangenten hat. Sie berührt den Kreis K in den vier Grundpunkten 
a, b,c, d,. Liegen dieselben harmonisch, so geht sie in die Asteroide über- 

Konstruiert man für das Poletripel x, x, x, die harmonischen Mittel- 
punkte 3. Grades, so bekommt man 9 harmonische Mittelpunkte 3. Grades, 
denen derselbe Mittelpunkt 1. Grades x zugeordnet ist und umgekehrt. 
Die Verwandtschaft der harmonischen Mittelpunkte des ersten und dritten 
Grades ist somit ein-neundeutig.‘) Von den 10 Doppelpunkten fallen 4 in die 
Grundpunkte zu, die vier weiteren sind die Punkte e f g k und die letzten 
zwei liegen in den imaginären Kreispunkten.?) 

Die Verwandtschaft der harmonischen Mittelpunkte des ersten und zweiten 
Grades ist zwei-sechsdeutig; ebenso die der harmonischen Mittelpunkte des 
zweiten und dritten Grades. Erstere hat die Verzweigungspunkte, letztere 
die Doppelpunkte der von 4J erzeugten kubischen Involution für Doppel- 
punkte. Dieselben sind jedoch von besonderer Natur: In den ersten 
vereinigen sich zwei harmonische Mittelpunkte des zweiten Grades mit 
dem entsprechenden des ersten Grades; in den letzteren liegen zwei des 
dritten und ein des zweiten Grades. Die übrigen Doppelpunkte beider 
Verwandtschaften liegen in den Grundpunkten. 

13. Aus dem über die konstruktive Behandlung der harmonischen 
Mittelpunkte des drei- und vierpunktigen Systems gesagten ist auch der 
induktive Weg klar, wie die harmonischen Mittelpunkte für die höheren 
Grundsysteme darzustellen: Sind a, b, c,...n, dien Grundpunkte, so zeichne 
für zwei derselben, z. B. a, b, als Pole die harmonischen Mittelpunkte 
(n—2) Grades a,a,... 4n—1 und 6, 6,... b,—1 für die übrigen (n —1) 
Grundpunkte b, c,... n, resp. a, ¢,... ,. Die (n —1) Punkte a, az... dn—1, 
sowie }, b,... bs—1 bestimmen eine Involution (n —1) Grades. Weiset 
man dieselbe projektivisch einer einfachen Punktreihe abc...,woa=a,, 
b=b, c=c, als Polreihe zu, so daB aa, ...an_1, D, b,... bn, 
Ber Cu... x 0, b, c,..., dann. bildet die dem Pole’x zugehörige 
Gruppe %% ... %—ı der Involution die harmonischen Mittelpunkte 
(n —1) Grades des Grundsystems a,b)... , deren man sich auch zu 
der Darstellung der übrigen harmonischen Mittelpunkte für denselben Pol 
x bedienen kann. 


1) Für n- punktiges Grundsystem ist die Verwandtschaft der harmonischen 
Mittelpunkte r-ten und s-ten Grades die r (n—s)— s(n— r) deutige. 

2) Liegen die 4 Grundpunkte auf einer Geraden, so konstruiert man diese 
Doppelpunkte als Doppelpunkte 3 quadratischer Involutionen, die man bestimmt, 
indem man die Grundpunkte zu zweiin zwei Paare solche Inpoluticn besttmmender 
Punkte zusammenstellt. Je zwei Paare von diesen Doppelpunkten liegen harmonisch. 


Über Entwicklungen für analytische Funktionen. 


(Ein kurzgefaßter Inhalt der Abhandlung: O rozvojich platnych pro 
funkci analytickou v daném oboru.) 


Von M. KÖSSLER in Prag. 


Vorgelegt am 11. November 1916. 


Herr G. Faber hat in zwei Abhandlungen ‚Über polynomische 
Entwicklungen‘‘1) einen Weg eingeschlagen, welcher einer wesentlichen 
Verallgemeinerung fähig ist. Wenn wir nämlich anstatt der konformen 
Abbildung des unendlichen Gebietes der z Ebene außerhalb einer regulären 
Kurve C auf das ganze Innere des Einheitskreises der + Ebene eine 
allgemeinere Abbildung nur der Umgebung der Kurve C auf die Um- 
gebung des Einheitskreises benützen, die nicht einmal überall konform 
und eineindeutig zu sein braucht, so werden wir durch das Integral von 
Cauchy zu einem allgemeineren Entwicklungssatze geführt. Dieser Satz I. 
liefert uns erstens eine Entwicklung für jede im Innern von C analytische 
Funktion und eine Nullentwicklung, welche für das Äußere der Kurve 
C gültig ist, zweitens eine Entwicklung für jede im Äußeren von C ana- 
lytische Funktion und eine Nullentwicklung, die in Innern von C kon- 
vergiert. | 


Ich beschränke mich in diesem Aüszuge auf den Beweis des allge- 
meinen Satzes I. ; was die Beweise der Sätze II. bis VI. sowie der Folge- 
rungen I. bis III. betrifft, so verweise ich auf die Originalabhandlung. 


Im III. Abschnitte ist gezeigt, wie man die Ergebnisse für die Ent- 
wicklungspraxis verwerten kann. 


I. Der allgemeine Entwicklungssatz. 


Die Ebene der komplexen Veränderlichen 2 sei durch eine ge- 
schlossene oder unendliche Kurve C in zwei einfach zusammenhängende 


1) Mathem. Ann. 1903, p. 389, 1907, p. 116. 


31 


Bereiche K, und K, geteilt. Wir bezeichnen mit À, jeden endlichen und 
geschlossenen Bereich, der ganz im Bereiche K, liegt und dessen Grenzen 
nirgends berührt. 

Die Kurve C definieren wir durch die Gleichung 


BE en en Ure (1) 


in welcher g (r) eine eindeutige Funktion bedeutet. Diese Funktion sei 
im Kreisringe 
late) Bal Rothe 


und in der Umgebung jedes Punktes an seinen Grenzen analytisch und 
soll folgende Eigenschaften besitzen. 
1. Wenn r die Punkte des Einheitskreises durchläuft, das ist, 


wenn 
te UN ET EE 


so soll der durch die Gleichung (1) definierte Punkt z in eigener Ebene 
entweder einen oder nacheinander mehrere reguläre Jordansche Bogen 
durchlaufen, die in ihrer Gesamtheit die Kurve C bilden. Es soll dabei 
möglich sein, daß sich einige Teile oder auch ganze Bogen decken, so daß 
zweien oder auch mehreren Punkten des Einheitskreises ein einziger Punkt 
der Kurve C entspricht. Die Punkte, in welchen einzelne Bogen aneinander 
grenzen, teilen die Kurve C in einige Teile, die wir Stücke benennen wollen. 

2. Wenn r den Einheitskreis im positiven Sinne einmal umkreist, 
so soll der Punkt z das k-te Stück der Kurve C n,-mal im positiven und 
(n»—1)-mal im negativen Sinne durchlaufen. Den Sinn denken wir uns 
dabei im Bezuge auf den Bereich X, definiert. Die Integration längs aller 
Jordanschen Bogen ist dann äquivalent mit der einfachen Integration 
längs der Kurve C im positiven Sinne. 

Es ist ersichtlich, daß die Anzahl der Jordanschen Bogen sich nur. 
dann von der Einheit unterscheiden wird, wenn mindestens in einem 
Punkte rt, des Einheitskreises die Gleichung 


g’ (t;) = 9 


erfüllt ist.1) In einem solchen Punkte grenzen dann zwei Jordansche Bogen 
aneinander. Existiert kein solcher Punkt z,, so definiert die Gleichung 
(1) einen einzigen glatten regulären Bogen. 

Die Kurven, welche eine solche abbildende Funktion (1) zulassen, 
bilden eine sehr ausgedehnte Gruppe. So gehört zu ihnen z. B. jede reguläre 
Kurve überhaupt; eine solche besitzt sogar eine unbegrenzte Anzahl von 
solchen abbildenden Funktionen (siehe z. B. II. § 1). 

Auf den Satz von Cauchy gestützt beweisen wir jetzt folgenden 
allgemeinen Entwicklungssatz. 


1) Daraus folgt, daß die durch die Gleichung (1) gegebene Abbildung nicht 
überall konform zu sein braucht. 


wy) 
bo 


Satz I. Wir bezeichnen mit y den Einheitskreis in der t Ebene und mit A (+) 
eine beliebige Funktion, die analytisch und von Null verschieden ist in der Um- 
gebung jedes Punktes auf der Peripherie von y. 

Das Integral 
at = be (2) 


1 h (x) g’ (x) 7 (k+]) 
271 \ (eG, RE 
Y 

definiert die Funktion bk (z), welche im Bereiche K, analytisch ist. 

Dasselbe Integral definiert im Bereiche K, eine andere analytische Funk- 
tion ck (2). 

1. Jede Funktion F, (z), die im Bereiche X,!) und in der Umgebung jedes 
Punktes auf der Kurve C analytisch ist, gibt Anlaß zu zwei Entwicklungen 


B) oS Ÿ ar CH MEN Ae eee 12) 
EC) 
Ak = ser \ Ley isslelkekidie 
2D 90 4 h (t) 
2 


Die Reihe «) ist absolut und gleichmäßig konvergent in jedem Bereiche fy, 
die Reihe f) in jedem Bereiche hg. 

2. Jede Funktion F,(z), die im Bereiche K, und in der Umgebung jedes 
Punktes auf der Kurve C analytisch ist, gibt Anlaß zu zwei Entwicklungen 


Ca 

RD Brake) 

C2 
ô) O — Baba (2); OR OCR (2a) 
k= - D 
1 Fyfe (else ar 
LE 2x1 \ h (t) ; 
Y 


Die Reihe y) ist absolut und gleichmäßig konvergent in jedem Bereiche À, und 
die Reihe 5) in jedem Bereiche A. 

Die Funktionen bg (z) und ck (z) hängen von der Form der Funktionen F, (2) 
und F, (2) nicht ab. 

Beweis. Es sei zuerst die Kurve C geschlossen und im Endlichen: 
das durch sie begrenzte endliche Gebiet bezeichnen wir als K.. 

Nach dem Cauchyschen Satze ist dann 


: F(@at __1 Filg (t)] Ae)g' (t) de | 
memes. | TB) 
y 


1) Wenn der Bereich den unendlichen Punkt enthält, so muß F (z) außerdem 
noch die Bedingung 


lim z. F (z) = einer endl. Konstante 
2-0 


befriedigen. 


33 


Die Funktion g (r) ist analytisch und also stetig in der Umgebung 
jedes Punktes auf dem Einheitskreise. Daraus folgt, daß die Gleichung 
(1) die nahe Umgebung des Einheitskreises in der # Ebene auf die nahe 
Umgebung der Kurve C in der z Ebene abbildet. Wir denken uns z. B. 
in der # Ebene einen engen Kreisring à gezeichnet, der den Mittelpunkt 
im Anfange hat und so gelegen ist, daß die Peripherie des Einheitskreises 
y in diesem Bereiche d liegt. Durch die Gleichung (1) wird dieser Kreisring 
auf einen Bereich d der z Ebene abgebildet, welcher so geformt ist, daß 
die Peripherie der Kurve C in ihm liegt. Wie die Grenzen dieses Bereiches 
a geformt sind, davon brauchen wir gar nichts zu wissen. Nur eines ist 
sicher. Wenn sich nämlich die Grenzen des Kreisringes à beiderseits der 
Peripherie des Einheitskreises y nähern, so werden sich auch die Grenzen 
des Bereiches d der Peripherie der Kurve C so nähern, daß im Grenzfalle 
sich der Bereich d auf die bloße Peripherie von y und der Bereich d auf die 
bloße Peripherie von € reduziert. Das ist eine selbstverständliche Folge 
der Stetigkeit der Funktion g (r). 

Wir denken uns jetzt im Bereiche K, einen beliebigen Bereich A. 
Nach dem Vorausgehenden können wir immer den Kreisring @ so eng 
wählen, daß sein Bild in der z Ebene — das ist der Bereich d — nirgends 
die Grenze des Bereiches À, berührt, so daß für alle Punkte des Kreisringes 
6 und für alle z des Bereiches k, die Ungleichung 


Ba) 2020 
erfüllt ist. 


Bezeichnen wir weiter mit h (r) eine beliebige im d analytische 
Funktion, so definiert auch der Bruch 


h(t) . g’ (x) 
g(t) —2 


eine im Bereiche ö analytische Funktion der Veränderlichen r, so daß wir 
die folgende Laurentsche Reihe aufschreiben können 


h(t).g’ (ct)  @ 
g (r) Se => br (2) th, 
1 h (x) g’ is ; r+) EEE Mae CAC (4) 
Fare armen ar ee 
Y 


deren Konvergenzbereich durch à gegeben ist. Wenn also z einen fest- 
gewählten Punkt im Bereiche k, bezeichnet, so ist, wie bekannt, die Reihe 
(4) für alle Punkte t auf der Peripherie von y gleichmäßig konvergent. 
Wir können also die Entwicklung (4) in das Integral (3) einsetzen und 
gliedweise integrieren. Wenn weiter die beliebige Funktion A (r) durch 
die Annahme beschränkt wird, daß sie sich in keinem Punkte r auf der 


Peripherie von y annulliert, so bekommen wir die Entwicklung (2) «). 
Bulletin international. XXI. 3 


34 


Die Funktionen 5; (2) sind dabei durch das Integral (4) definiert. 
Es kann leicht bewiesen werden, daß dieses Integral eine im ganzen 
Bereiche K, analytische Funktion darstellt. Das Integral kann nämlich 
auf die Form 
be (2) = i Site 2e Rae tr (4 bis) 
% 


schematisiert werden. Die Funktion S (r,z) ist eine stetige für beide 
Veränderlichen t und z, solange nur t auf der Peripherie von y und z im 
k, verbleibt. Erteilt man ferner t einen beliebigen Wert, so verhält sich 
S (r, 2), als Funktion von z allein betrachtet, im Bereiche fh, analytisch. 
Daraus kann man schließen, daß b; (z) eine in jedem Bereiche k, analytische 
Funktion darstellt.) Aus (4) ist auch ersichtlich, daß 5; (2) von F, (2) 
unabhängig ist. 

Ganz ähnlich leitet man die Entwicklung (2) 8) ab. Wenn wir 
nämlich den Punkt zim Bereiche K,, das ist außerhalb C wählen, so be- 
kommen wir anstatt (3) 


_ 1 ¢Ale@l 4@)e' ede 
vias ten Me ee ats oy ae (3 a) 
und anstatt (4) A 
h (e) .g’ (c) X : 
ree S 
ENTER à a 
ssl nie) g’ (x) . 7 @+0) 
GS ETS er er dt 


Der Bereich k, wird dabei gegen den Bereich k, vertauscht. 

Die Funktionen 0, (z) in (4) und cx (2) in (4a) sind nur scheinbar 
identisch. In der Formel (4) bedeutet nämlich z einen Punkt im Bereiche 
K,. Die Verschiedenheit beider Funktionen begreift man am leichtesten 
an folgendem Beispiele. 


Wir setzen 
h(t)=1, g(r) =r. 


Die Kurve C, die da durch die Gleichung 
2 


gegeben ist, wird zu dem Einheitskreise in der z Ebene. Durch K, be- 
zeichnen wir das Innere, durch K, das Äußere dieses Kreises. 
Die erzeugende Reihe (4) für die Funktionen 0, (z) ist in diesem Falle: 


I 
a3 4 


1 2 22 
eae A eo lo) << AE 


1) Siehe z. B. Osgood: Lehrbuch der Funktionentheorie I. B., 2. Aufl., 
p. 307, 7. Satz. 


und also 


bald) = 21, (k =1,2,3,...). 


Für cz (x) ist die erzeugende Entwicklung (4 a) 


Fae OT do ee lz] > |7| 
und also 
— | | 


x =O, MEL) 


Die entsprechenden Entwicklungen (2) «) und (2 a) y) sind da die 
Taylorsche und Laurentsche Reihe. Die Reihen (2) ß) und (2 a) d) reduzie- 
ren sich auf bloße Identitäten 0 = 9. 

Wir haben bisher angenommen, daß die Kurve C geschlossen und ganz 
im Endlichen gelegen ist. Jetzt wollen wir auch den Fall behandeln, daß 
sie sich ins Unendliche erstreckt. Wir denken uns den Bereich K,vollständig 
begrenzt durch einen Teil der Kurve C und durch einen Kreisbogen k, 
der den Mittelpunkt im Anfange und einen sehr großen Halbmesser hat. 
Die Funktion F, (z) muß dabei die Bedingung erfüllen 


lim z. F, (z) = einer endl. Konstante. 


Dann bekommen wir anstatt (3) 


F,(2) 1 joe 1 jaee. 


211 t{—2z 221 i—z 


Das erste Integral ist längs des entsprechenden Teiles der Kurve 
C, das zweite langs des Kreisbogens k genommen. Bei unendlich wach- 
sendem Halbmesser des letzteren verschwindet das zweite Integral und 
das erste erstreckt sich dann längs der ganzen Kurve C. Es behalten 
also die Gleichung (3) und die Entwicklungen (2) a) 8) auch in diesem 
Falle ihre Gültigkeit. 

Ein analoges Verfahren benützen wir in dem Falle, daß die Kurve 
C zwar geschlossen ist und ganz im Endlichen liegt, wir aber die Ent- 
wicklungen (2 a) für die Funktion F, (z) ableiten wollen. Den Kreisbogen 
k ersetzen wir durch den ganzen sehr großen Kreis. Mit wachsendem Halb- 
messer des letzteren konvergiert das längs dieses genommene Integral 
von Cauchy zur Null, so daß wir da anstatt (3) die Gleichung bekommen 


I ees 


mi t—z 


3* 


36 


Das negative Zeichen beim Integral wird folgendermaßen begründet. 
Wenn wir den Bereich X, im positiven Sinne umlaufen wollen, so müssen 
wir uns längs der Kurve C im entgegengesetzten Sinne bewegen als im Falle 
des positiven Umlaufes des Bereiches X,. Die letzte Gleichung tritt an 
die Stelle von (3) ; dann benützt man die Entwicklung (4a) und bekommt 
die Entwicklung (2 a) y). Ganz ähnlich wird auch die Entwicklung (2 a) à) 
bewiesen. 

Um den Beweis des Satzes I. zu vervollständigen, müssen wir noch 
die gleichmäßige und absolute Konvergenz der Reihen (2) und (24) 
beweisen. 

Wir denken uns im Bereiche K, einen kleineren und geschlossenen 
k,. Bei der Ableitung der Entwicklung (4) haben wir bewiesen, daß man 
immer in der ¢ Ebene einen Kreisring d so konstruieren kann, daß in ihm 
der Bruch 


eine analytische Funktion der Veränderlichen + darstellt, wenn nur z 
fest im À, gewählt ist. Die Grenzen des Kreisringes d sind dabei zwei 
Kreise, von welchen der erste einen Halbmesser besitzt, der größer ist 
als 1 und der zweite einen Halbmesser, der kleiner ist als 1. Im Innern 
des Bereiches d denken wir uns einen noch engeren Kreisring d, Wir 
definieren ihn näher durch die Ungleichungen 


DECO | 7) eo: 


In diesem Bereiche und auch in jedem Punktean seiner Grenze konvergiert, 
wie bekannt, die Reihe (4) absolut bei festgewähltem z im k,. Nach dem 
Cauchyschen Kriterium für absolute Konvergenz müssen also die Un- 
gleichungen 

I 
re | 


ATW OW api) cee acl 

erfüllt werden für alle #, die größer sind als eine gewisse endliche und 
positive Zahl N’. In Verbindung mit den vorausgehenden Ungleichungen 
für + bekommen wir also das Ergebnis 


Va@Iis—z<ı; VI, |<u<i. BE: (5) 


Die Grenze N’ ist dabei eine Funktion von z. Wenn also z nacheinander 
alle Punkte des Bereiches %, durchläuft, so wird sich dabei N’ fortwährend 
ändern; sie bleibt aber immer endlich. Wenn wir also mit N die endliche 
und positive obere Grenze aller diesen Zahlen bezeichnen, so werden die 
Ungleichungen (5) für jedes 

n>N 


und für jedes z aus dem Bereiche k, erfüllt. 


37 


Einer ähnlichen Behandlung unterwerfen wir die Funktion 


die sich in der Umgebung jedes Punktes auf dem Einheitskreise der x 
Ebene analytisch verhält. Man kann also immer einen Kreisring 
Te her << 


auswählen in welchem der behandelte Bruch die Laurentsche Entwicklung 


besitzt 
wt. = ae (x) | Ye 


et Fg: (e)\e" 
no fie 


Ganz analogisch, wie bei (5) kann man hier die Ungleichungen ableiten 


* Zu. V | En |<m, 


welche für alle # gelten, die nicht kleiner sind als eine positive und end- 
liche Zahl N.. 

| Wenn wir den Integralausdruck für E, mit den Koeffizienten der 
Reihe (2) vergleichen, so sehen wir, daß 


Ey — Ay 
und also 


n il ETES = 
Vl 4nl <>, NE ET (5a) 
Mit Rücksicht auf (5) können wir schreiben 
V | An Bn (2) | <m <1, 
cl EERSTE } I 
V | A-nb-n(z) | < 7 <1 | 


für alle z des Bereiches k, und für alle #, die größer sind als die größere 
der Zahlen N und N,. Dabei sind J, m, N und N, von z unabhängige 
Konstanten. 


Wenn wir nun die Glieder der absolut konvergenten Reihen 
(ee) je) 
7 _ , y m* 
k=0 k=l 


mit den Gliedern der Reihen 


38 


Saal, Diane 


k=0 k=-1 


vergleichen, so sehen wir, daß alle Bedingungen des Weierstraßschen 
Kriteriums!) für absolute und gleichmäßige Konvergenz der Reihe 


> Ax br (2) 


k=-@ 
im Bereiche À, erfüllt sind. 


Durch eine fast unveränderte Betrachtung kann man auch die gleich- 
mäßige und absolute Konvergenz der übrigen Reihen (2) und (24) beweisen. 
Dadurch ist also der Beweis des Z. Satzes im ganzen Umfange erledigt. 

Die Entwicklungsfunktionen 5; (z) und c, (2) sind in diesem Satze 
durch Kurvenintegrale definiert. Es wird uns aber in vielen Fällen gelingen, 
die Laurentsche Reihe der Funktion 


h(t). 2" (x) 
g(t) —Z 


anders zu verwirklichen,?) wodurch wir auch zur bequemeren Definition 
der 5; (z) und €; (2) gelangen. 

Mit Hilfe der Ungleichungen (5) sind wir im Stande den folgenden 
Satz zu beweisen. 


Satz II. Wenn die Reihe der sonst beliebigen Konstanten Ar die Unglei- 
chungen erfüllt 


Vi 4a S1, ‘Pas 


für alle Indexe k, die größer sind als eine endliche und positive Zahl N, so konver- 
gieren absolut und gleichmäßig die Reihen 


(ce) 22] 


Ak bk (2), Ÿ 4 ck (z), 


k= k=-@® 


und zwar die erste in jedem Bereiche À, und die zweite in jedem Bereiche fz. Es 
definiert also die erste Reihe eine im K, und die zweite eine im K, analytische 
Funktion. 


Wir haben gesehen, daß uns jede Funktion F, (2) oder F, (2) zu einer 
Nullentwicklung (2) B) oder (2a) d) führt. In manchen Fällen?) reduzieren 
sich diese Nullentwicklungen auf bloße Identitäten 0 = 0; aber es ge- 
schieht nicht immer so. Ist z. B. keine der Funktionen 0, (2) für ein 
positives oder negatives k identisch gleich Null, so existiert eine unbe- 
schränkte Anzahl von. nicht identisch verschwindenden Nullentwicklun- 


1) Siehe z. B. Osgood. I. c. p. 96. 
2) Siehe II., § 2, § 4 und IM. 
2) AUT AS 8 


39 


gen. Für L(s) =1 können wir sogar eine solche Entwicklung direkt ab- 
leiten. Sie lautet 


ia 5 
O= — B.ıb.ı (2) +Y RE -(k+2) (@) dr (2), 
k=-@ 


1 dt 
| z[g (t) — 4]: 


Dabei bedeutet a einen beliebigen im Bereiche K, liegenden Punkt; 
der Strich bei dem Summenzeichen soll die Weglassung des Index À ——1 
andeuten. 

Der folgende Satz ist nun evident. 


Satz III. Wenn man mindestens eine nicht identisch verschwindende Null- 
entwicklung (2a) à) ableiten kann, so existiert für jede Funktion F, (z) neben der 
Hauptentwicklung (2) æ&) eine unbeschränkte Anzahl von Nebenentwicklungen der 


Form 
ce 


File) = > (Ak + À Ba) bi (2) . 


k=-% 


Dabei ist A eine beliebige Konstante. 
Eif ähnlicher Satz ist auch für jede Funktion F, (z) gültig. 


II. Entwicklungen, welche zur eineindeutigen und konformen 
Abbildung gehören. 


$ 1. Allgemeine Entwicklungen. 


Wie schon am Anfange gesagt wurde, beschränken wir uns im fol- 
genden auf die bloße Aufzählung der Resultate. Die Beweise sind in der 
Originalabhandlung enthalten. 

Die Kurve C sei durch einen einzigen einfachen glatten und geschlos- 
senen Jordanschen Bogen gegeben. Das Innere bezeichnen wir als K,, 
das Äußere als K,. 

Dann ist es immer möglich, eine unbeschränkte Anzahl von folgenden 
abbildenden Funktionen zu konstruieren. 


Die Gleichung 


soll das Innere und beide Grenzen des Kreisringes &, in der t Ebene 
l>n<slelsR,>1 


eineindeutig stetig und, von einigen Punkten der Begrenzung abgesehen, 
auch konform auf die Umgebung der Kurve C in der z Ebene abbilden. 
Dabei sollen die Punkte auf der Peripherie des Einheitskreises y in der 


40 


r Ebene den Punkten auf der Peripherie der Kurve C in der z Ebene 
einander entsprechen. 
In jedem Punkte des Bereiches e&, ist 


g’ (z) +0, 
von jenen Punkten der Grenze abgesehen, in denen die Abbildung konform 


zu sein aufhört. Jedem Kreise in der 7 Ebene, der den Mittelpunkt im 
Anfange hat und dessen Halbmesser g; die Ungleichungen erfüllt 


al S Ok SR, 


entspricht in der z Ebene eine gewisse Kurve Cz. Wir erteilen dem Halb- 
messer 09, den Namen ,,das Parameter der Kurve C,“. Diese Kurven 
haben folgende Eigenschaften: | 

1. Jede Kurve Cy wird durch einen einzigen glatten und geschlos- 
senen Jordanschen Bogen gebildet, welcher sich nirgends schneidet. Auch 
zwei verschiedene Kurven C, schneiden sich nicht. 

2. Die Grenzkurven, welche den Parametern R, und 7, entsprechen, 
können Ecken besitzen und zwar in den Punkten, wo 


ee) 0: 


3. Den Parametern og, < 1 entsprechen die Kurven eines Bereiches, 
z. B. K,, den Parametern 0, > 1 die Kurven des zweiten Bereiches. 

Das Innere der Kurve C, bezeichnen wir mit K,®, das Äußere 
mit K,®. 

Die analytische und sonst beliebige Funktion A (r) sei im Bereiche 


RR, en 


definiert. Im folgenden bezeichnen wir mit R die kleinere der beiden Zahlen 
R,, R,, mit 7 die größere der Zahlen 7,, r, und mit & den Kreisring, welcher 
von den Kreisen mit den Halbmessern R und 7 begrenzt ist. 


Satz IV. Die Kurve Cr, welche zum Parameter er gehört, teilt die z Ebene 
in die Bereiche K,@) und K,(4). 

Jede Funktion F,(*) (z), welche im K,() und in der Umgebung jedes Punktes 
auf der Kurve C4 sich analytisch verhält, gibt Anlaß zu den Entwicklungen 


Q 
a) Fe) = Ÿ 4 En (2) , 
n = - D 
Le] 
8) 0 = \ An cn (2), ee 
= 
1 F,(®) [g (t)] m dt 
An = — NN — 
ei h \z) 
Ok 


Jede Funktion F,%) (z), welche im K,(%) und in der Umgebung jedes Punktes 
auf der Kurve Ck analytisch ist, gibt Anlaß zu den Entwicklungen 


41 


Le] 
y) FM (2) = pa By colle), 
n= - D 
D 
D A es 
n= - 
B 1 F,(*) [g (tJmdt 
Pris = SS = 
271 \ h ) 
Qk 


Die Funktionen tn (z) und cn (z) ändern sich nicht mit dem Parameter or. 


Im übrigen ist alles, was in dem Satze I. von den Entwicklungen (2) und (2a) 
gesagt wurde, auch für die Entwicklungen (7) und (7a) gültig mit der einzigen Ab- 
änderung, daß man anstatt K, und K, sich XK,%) und K,() denken muß. 


Der wesentliche Unterschied zwischen diesem und dem I. Satze liegt 
darin, daß im I. Satze die Funktionen b, (z) und cy (2) zu einer einzigen 
Kurve C gehören, während sie im IV. Satze der ganzen Gruppe der Kurven 
Cx zugeordnet sind. 

Anstatt des II. Satzes erhalten wir da den 


Satz V. 1. Wenn die Reihe der sonst beliebigen Konstanten An die Un- 
gleichungen erfüllt 


N PS TNT NN ER I 

VIAnI<R, V1 4-81 <3 | 
für alle Indexe n, die größer sind als eine endliche positive Zahl N, so konvergiert 
absolut und gleichmäßig die Reihe 

D 
+ An Ente) 
n= = 
in jedem endlichen Bereiche k,, der ganz im K,() so liegt, daß die Grenzen beider 
Bereiche sich nirgends berühren. 
2. Wenn die Reihe der sonst beliebigen Konstanten Pn die Ungleichungen 


erfüllt 
Ci n 1 
VlBn|<er, V | B-n| <> 


für alle Indexe n, die größer sind als eine endliche positive Zahl N, so konvergiert 


absolut und gleichmaBig die Reihe 
co 


Bn cn (2) 


n= - 2 


in jedem endlichen Bereiche %,, der ganz im Ky(k) so gelegen ist, daß die Grenzen 
beider Bereiche sich nirgends berühren. 


3. Wenn die Reihe der sonst beliebigen Konstanten Dn die Ungleichungen 


V | Dal<e, VIDal< 


für alle Indexe n, die größer sind als N, so konvergieren absolut und gleichmäßig 
die Reihen 


erfüllt 


[ee] 


= é 
Dn bn (2) 4 y Dy cn (2) ’ 
Q 


ñh= - QD n= - 


und zwar die erste in jedem Bereiche k, und die zweite in jedem Bereiche fg. 
Alle diese Bedingungen sind für die absolute und gleichmäßige Konvergenz 
hinreichend, aber nicht notwendig. 


§ 2. Polynomische Entwicklungen von Faber. 


Die einfachste Form, welche die Gleichung der Kurve C einnehmen 
kann, entsteht, wenn die abbildende Funktion 


z= g(t) 


das ganze Äußere der Kurve C in der z Ebene auf das ganze Äußere des 
Einheitskreises in der t Ebene abbildet oder wenn diese Abbildung das 
Innere beider eben genannten Kurven betrifft. Aus der Lehre von der 
konformen Abbildung ist bekannt, daB im erstgenannten Falle die abbil- 
dende Funktion die Form hat 


z=atr+P = ee nee (8) 
Die Potenzreihe 
ne (= — Oya Ot. Tee. 
konvergiert im Bereiche 
= | (7 | = Les N, 


wobei n eine positive Zahl bedeutet, die kleiner ist als die Einheit. Mit 
Hinsicht auf (4) erhält man da durch eine kurze Rechnung bei der Wahl 
h(t) =1 


b.ı (2) == lige bn (2) —— 0, N > 0 | 
@.b.n(2) = b.n+1(2). (2-00) - b-n+2(2) a, =... b-1(2).An-2- (R-2)an-2, (9) 
nn | 


Es ist also b., (z) ein Po.ynom (n— 1)sten Grades der Größe = 20) , 


(ss er 
a 23 . 


Wir erhalten für F,® (z) eine polynomische Entwicklung von der 
Torm (7) «), welche im wesentlichen mit der Faberschen!) identisch ist. 


Die allgemeinste Form der Funktion 7 (r) ist 


dessen erstes Glied ist 


1) Math. An. L c. 


43 


en 


Die Größe m ist entweder eine positive endliche oder unendliche 
ganze Zahl oder eine endliche negative ganze Zahl. 

Wir bezeichnen diesmal die zugehörigen Entwicklungsfunktionen 
mit B, (2), für welche wir die Rekursionsformeln bekommen 


Bm (2) >= 0, Enix (2) = 0, 
Pm-r (2) = dm Den (2) + Ana 0-241 (2) +... + Am-ar1ı. 5-1 (2) 


m endlich, k>1; . (11) 
L 
Bn (2) = > dyn,» b-x(z), m unendlich, 
kel 


wobei d.;(z2) durch die Gleichungen (9) bestimmt werden. Bei endlichem 
m ist also B, (z) ein Polynom (m — n — 1)-ten Grades der Größe 
8 — Gy 
EEE 


Wir erhalten für F,®(z) eine Entwicklung der Form (7) «) nach den Funk- 
tionen (11). 
Dabei ist erstens die Kurve C; auf die Ungleichungen 


Qo. >1—n 1<e<x 


gebunden und zweitens darf der Kreis @ durch keinen Nullpunkt der 
Funktion h (z) durchgehen. Uber die Bedeutung dieser Punkte für die 
Nullentwicklungen wird im, folgenden die Rede sein. 

Der zweite einfache Fall ist durch die konforme Abbildung des In- 
nern des Einheitskreises auf das Innere der Kurve C gegeben. Die ab- 
bildende Funktion ist da 


P(t) =a +dr+ar +... 
MARNE 


Dabei bedeuten a, und n andere Zahlen als in (8). 
Für Ah (r) = 1 erhalten wir 


a = 
=. an(s) = 0 


Cn (2) (dg — 2) + Cn-1 (2) 41 feet Co (2) «Qn = ln + 1) Mr, (13) 
n>1, 


44 


Es ist also c„ (2) ein Polynom (n +1)-ten Grades der Größe 


Wir erhalten für jede Funktion F,®(z) eine Entwicklung von der 
Form (7a) y), welche ein Gegenstück zu den polynomischen Entwicklungen 
von Faber bildet. 


- Im allgemeinsten Falle ist 
O0 


h(t) = D dr", 


n=-Mm 


ae 


wobei m eine endliche positive oder negative oder auch eine unendliche 
positive Zahl bedeutet. Die Entwicklungsfunktionen bezeichnen wir 
diesmal mit y, (2). Man findet 


Y-m@)=0, y-m-x (2) = 9, 
Y-m+k (z) a de Ck (z) =F di Cr-1 (2) I cee =e Amts . Cy (2) F 
m endlich, k>1; . (14) 


Yn (2) = y Ann. (2), m unendlich. 


k=0 
Jede Funktion F,®(z) besitzt also eine Entwicklung von der Form 
(Ta) 7) 
ee] 
Fy” (2) = Ÿ Burm @). 
Die Peripherie des Kreises ge; darf auch: diesmal keinen Nullpunkt 
der Funktion A (r) berühren. 


§ 3. Gleichmäßig konvergente Reihen nach den Polynomen 8, (2) 
oder », (z) und die Nullentwicklungen. 


Ist eine Reihe beliebiger Konstanten A, gegeben, so wird die Kon- 
vergenz der Reihe 


m-1 
Ÿ Ann @) 
n= - D 
nach dem Sazte V. beurteilt. Außerdem kann folgender Satz bewiesen 
werden. 


Satz VI. Konvergiert die Reihe 
m-1 


5 An Bn (2) 


n = - O0 


# 
ls u 


45 


absolut und gleichmäßig im Inneren der Kurve Cz und auch in der Umgebung jedes 
Punktes auf dieser Kurve, so kann man eine Funktion G (z) durch die Reihe de” 
finieren 
m-1 
G (2) = ha] Ÿ 4 y (2), 
n= - Q0 
die in der Umgebung jedes Punktes auf der Kurve Ck sich analytisch verhält und 
die Eigenschaft besitzt, daß 
; 1 G lg (t)] ™mdt 
An = —— —_——— . 
271 h (?) 
Qk 
Dabei ist y (z) die inverse Funktion zur Gleichung (8). Für das Innere der 
Kurve Cz ist 


m-1 i Gt 

(t)dt 
Pea D 
n= - © Cr 


Dieser Satz ist nur fürs endliche m gültig. 


Für die Nullentwicklungen nach den Polynomen 6, (2) erhalten wir 
drei Folgerungen. 


Folgerung I. Existiert überhaupt eine Nullentwicklung 
m-1 
0 = y An Pn (2) > 
n==@® 
die im Innern der Kurve Cz und in der Umgebung jedes Punktes dieser Kurve ab- 
solut und gleichmäßig konvergiert, so kann man die Koeffizienten durch folgende 
gemeinsame Formel ausdriicken 


bps 1 ae 
h (t) 


Qk 
dabei ist G (z) eine Funktion, die sich in der Umgebung jedes Punktes auf der Kurve 
Ca und in dem ganzen Teile der z Ebene analytisch verhält, den das Äußere der 
Kurve Cr bildet; außerdem ist 
lim z.G (z) = eine endl. Konstante. 


Folgeyung II. Aus den Polynomen (9) oder (11) kann man bei endlichem 
m keine Nullentwicklungen konstruieren, welche im Innern der Kurve C# und in 
der Umgebung jedes Punktes auf dieser Kurve absolut und gleichmäßig konver- 
giere, solange nur die Funktion / (t) keinen Nullpunkt im Äußeren des Kreises 
ex besitzt. 


Infolgedessen ist jede absolut und gleichmäßig konvergente Entwicklung 
nach diesen Polynomen eine Hauptentwicklung für eine nicht identisch verschwin- 
dende analytische Funktion. 


Auf die Frage, wann also die Nullentwicklungen existieren, gibt 
die Antwort folgende 


46 


Folgerung III. Die Nullentwicklungen für das Innere der Kurve Cr nach 
den Polynomen (11) existieren nur in diesen zwei Fällen: 

1. Die Zahl m ist endlich und die Funktion A (t) hat im Bereiche (10) minde- 
stens einen Nullpunkt #,, welcher die Ungleichung erfüllt 


|t,| >on. 


2. Die Zahl m ist positiv und unendlich. 
Diese Bedingungen sind fiir die Existenz der Nullentwicklungen notwendig 
und hinreichend. 


Wir haben bisher in diesem Paragraphen ausschließlich von den 
Polynomen (11) gesprochen; alle diese Betrachtungen könnten wir aber 
fast unverändert auf die Funktionen (14) übertragen. Wir erhalten wieder 
einen Satz und drei Folgerungen, welche man aus dem Satze VI. und den 
Folgerungen I., IL, ILI. folgendermaßen bekommt. Es werden die Worte 
„das Innere der Kurve C;‘‘ gegen die Worte ,,das Äußere der Kurve Cy“ 
und die Funktionen ,,(11)‘‘ — das ist ‚‚ß, (2)‘‘ — gegen die Funktionen 
„(14)“ — das ist ‚9 (2) — vertauscht. 


III. Entwicklungen, welche zu den rationalen Kurven gehören. 


Die Kurve C sei algebraisch und rational. Die Koordinaten eines 
beliebigen Punktes auf der Kurve kann man, wie bekannt, mit Hilfe zweier 
rationalen Funktionen des Parameters n in der Form ausdrücken 

X= Wir), y=-uln) 
En Se 


Durch die Transformation 


RE 


27 T — ei? 
iE 


? 3 


<p<2m 


erhalten wir daraus eine neue parametrische Gleichung, mit deren Hilfe 
wir den Ausdruck konstruieren 


x+iy= 7: 5 


wobei u (t) und v (r) teilfremde Polynome der Veränderlichen t bedeuten. 
Dadurch haben wir fiir die Kurve C eine abbildende Funktion 


z= t= et)... DRE ete eee lee ads (15) 


konstruiert, welche die Form der Gleichung (1) oder (7,) besitzt. Man kann 
also dazugehörige Entwicklungen (2), (24) oder (7) und (7a) für die im 


47 


Innern oder im Äußern der Kurve C analytischen Funktionen sofort 
aufschreiben. Es ist aber dabei möglich, die Entwicklungsfunktionen 
by (2) oder cz (2) explicit darzustellen, ohne das Kurvenintegral benützen 
zu müssen. Mit Rücksicht darauf, daß die in der Gleichung (15) auftre- 
tenden Funktionen # (r) und v (z) Polynome sind, können wir schreiben 
v(t) = by (t — B,) (r — By). ..(t — Bm), 
u(t) —zv (t) = a, (t — ©) (T — ay)... (& — a), eee 
mm. 
Die Zahlen by und alle Bg sind von z unabhängige Konstanten, während 
a und alle a, als algebraische Funktionen der Veränderlichen z aufgefaßt 
werden müssen. Es sei 
[AIS] A151 bs] S.--S] Bm | 

und bei festgewähltem z 


IA 


| @ | [@,|/S]e,|/S...< | Om]. 


Wenn die Kurve C geschlossen ist und z einen Punkt in ihrem Innern 
bedeutet, so kann man folgende Satze beweisen. 

A. Keine von den Zahlen « und ß ist dem absoluten Betrage nach 
gleich der Einheit. 

B. Bezeichnen wir mit p die Anzahl der Konstanten ß, welche dem 
absoluten Betrage nach kleiner sind als die Einheit, so sind von den 
Zahlen « (p +1) dem absoluten Betrage nach kleiner als die Einheit. Diese 
Anzahl ist von der Lage des Punktes z im Inenrn der Kurve C unabhängig 
und jede symmetrische Funktion dieser (p+ 1) Größen ist für den Bereich 
K, eine eindeutige Funktion der Veränderlichen z. 

C. Wenn der Punkt z im Äußern der Kurve C liegt, so ist die An- 
zahl der Wurzeln «, welche kleiner sind als die Einheit, gleich der Zahl p. 

Wir wählen die beliebige Funktion am einfachsten, d. i. gleich der 
Einheit; dann werden die Funktionen 6, (z) durch die Entwicklung (4) 
definiert 

d 


t Le (=) — 2] de m 1 
g’ (e) _ dt Le 1 = Fe 


also nach dem Vorhergesagten 


Br lB 2 = 
Aus 
-1 
= ye PA + a, (# +1) +...+ ee B, e+) — BU +D —. ; SATA + 
> 
ee +... + a. N], 


k=0 


Daraus sieht man, daß 


bs (2) = [BD + + — at ab], RD; 
i is a 
by (2) =— [Bd +... + Beer... GED], R<O. | 
Ähnlich erhält man für die Funktionen c; (2) 
GC kee. +... + Bu —...— atl] k>0; 
F ag (die) 
Gp (2) = —[Bs*+04...4 609 at), een], R<O, 


Sucht man also die Entwicklung für eine Funktion F (z), welche 
im Innern oder Äußern einer rationalen Kurve sich analytisch verhält, 
so konstruiert man zuerst mit Hilfe der parametrischen Gleichung die 
abbildende Funktion (15), berechnet dann aus (16) die Wurzeln ß und a, 
aus diesen baut man die Entwicklungsfunktionen (17) oder (17a) auf und 
benützt dann den Satz I. oder IV. 

So hat z. B. die Ellipse 


a eae er — ete 
: = bsing = b——¥—_., 
2 ¥ LA 21 


u COs — 


0<p<2x, 


die abbildende Funktion (15) 
T'(a+b)+a + 


BURN — ane 
Aus (16) berechnen wir 
BE a = 
z+ V22— a? + BP 
Ayo = 
a+b 


Bedeutet z einen inneren Punkt der Ellipse, so ist nach dem Satze 
Bia, (<i, 1) ss << lund nach (a7) 


by (2) = 02 0; 
Oy (2) = ale Or 


Jede im Innern der Ellipse analytische Funktion besitzt also die 
Entwicklung (2) «) 


me (VE a? + I (2 + VP — FD 
F, (2) = NEE 9 ha — 


Bedeutet z einen äußeren Punkt der Ellipse, so ist [ea] = 
{ @, | = 1 und nach (17a) 


. L Ve gh pay U +0 
oS Se 


a 


— 


49 


Jede im Äußern der Ellipse analytische Funktion besitzt also die 
Entwicklung (2 a) y) 


are RTE di 


Fu = Dal ae) + a (2 a +6 


Die Nullentwicklung (2 a) d) reduziert sich nach der Folgerung II. 
auf die bloße Identität 0 =0. Dagegen existiert immer die Nullent- 
wicklung (2) B). So ist z. B. für F, (z)=z 


—| (a + b) + a —b Pere 
ne 2 


A 


und also 
2.43 = #756 2,4 = 80 0; 


für alle übrigen Indexe k ist A, = 0. Daraus folgt nach (2) 8) 


z—\2?— a? + b? ue z + V2 — a? + D? BR 
a+b a+b ae 


Die Richtigkeit dieser Gleichung ist evident; man kann anstatt 
dessen schreiben 


(a + 6) 


CG) 

a +b 2 +V2 e+ eR] 

Es existieren also unbeschränkt viele Nullentwicklungen von der 
Form 


a D Ben er a +b )=0 
n is a +b yi. a +b z +V2— a +» ; 
wobei die D, beliebige Konstanten bedeuten. Diese Tatsache führt zur 
folgenden Nebenentwicklung für die Funktion F, (2) 
By ( a + b}"+1 4 Bea (a — b}#+1 
PQ = Bat) en 
(z + \22 — a? + 5°) 


Die Ellipse wurde als Beispiel nur der Einfachheit halber gewählt. 
Ebenso leicht könnten wir jede andere rationale Kurve z. B. eine beliebige 
Epi- oder Hypocykloide behandeln. In der Originalabhandlung findet man 
‚mehrere Beispiele dieser Art. 


Bulletin international. XXI. 4 


Über eine Rollfläche achter Ordnung. 


Von 


MILOSLAV PELISEK, 


o. ö. Professor 
an der k. k. böhmischen technischen Franz Josef-Hochschule in Brünn. 


Mit zwölf Figuren im Text. 


(Vorgelegt am 14. Jänner 1916.) 


I. Die gemeine Rollflache. 


Rollt ein Kreis x vom Halbmesser 7 auf dem inneren Umfange des 
Grundkreises À vom Halbmesser 2 7, so daß ihre Ebenen stets zusammen- 
fallen, dann beschreibt bekanntlich ein beliebiger Punkt a des Umfanges 
des Kreises x den Durchmesser a b des Grundkreises, der doppelt zählt, 
weil derselbe hin und her beschrieben wird. Sei gm der am Grundkreise 
abgerollte Winkel (Fig. 1), dann ist der Berührungspunkt o des rollenden 
(nicht eingezeichneten) und des festen Kreises der Momentanpol der 
Rollung, und die Verbindungslinie o p ist die Normale der Rollkurve, also. 
senkrecht zu ab. 


Die orthogonale Rollkurve. 


Rollt der Kreis # am Kreise k, so daß ihre Ebenen zu einander stets. 
senkrecht sind, so beschreibt derselbe Punkt a eine Raumkurve, welche 
wir kurz die orthogonale Rollkurve nennen werden. Um einen beliebigen 
Punkt g derselben zu erhalten, drehen wir den (nicht eingezeichneten). 
Kreis x um die Tangente ¢ im Momentanpol o um 90°; dann beschreibt 
der Punkt # einen Quadranten des Kreises f, dessen Ebene senkrecht 
zur Tangente fist. Fällen wir also die Senkrechte # g auf é, so ist der FuB- 
punkt g, der GrundriB eines beliebigen Punktes der betrachteten Kurve; 
seinen Aufriß und Seitenriß erhalten wir, indem wir von g, die betreffenden 
Projektionsstrahlen ziehen und auf dieselben von den betreffenden Achsen 
die Strecke pq, auftragen. Sei g,7 die Senkrechte zu ab, und betrachten 
wir das Koordinatensystem, dessen Anfang der Mittelpunkt s des Grund- 


51 
kreises ist, und dessen X-Achse mit ab zusammenfällt, dann finden wir 
aus der Fig. 1: 


sp=rcosp, OP=r sing, o1=rsinpcosp, Pqa=r sing, 
pr=rsinpcosp und qv =r sin? 


Der Punkt g hat also folgende rechtwinklige Koordinaten: 


(1) x = 7 cos p (1 + sin? p), y=rsinp, z — r sin? y. 


Fig. 1. 


Die vollständige orthogonale Rollkurve entsteht, wenn der ganze 
Umfang des Grundkreises, also zwei Umfänge des rollenden Kreises 
| abrollen ; daraus ist ersichtlich, daß die orthogonale Rollkurve symmetrisch 
zu den Ebenen XZ und YZ ist und daß sich dieselbe ganz über oder unter 
der Ebene X Y befindet, je nach dem die Ebenen beider Kreise den Winkel 
+ 90° oder — 90° einschließen. 
- Die Gleichung des Grundkreises der orthogonalen Rollkurve erhalten 
wir durch Elimination des Winkels g aus den Ausdrücken für x und y; 
die betreffende Rechnung ergibt: 


(2) 22 — Hr? (3 x2 + 4yÿ— 47?) = 0. 


¥ 
] 
x 
> 
> 


4* 


Qt 
ho 


Der Grundriß der orthogonalen Rollkurve ist also eine trizirkuläre 
Sextik, welche durch die Punkte a, bj cı d, geht und symmetrisch zu den 
Durchmessern a, b,, c, d, ist. (Ich konnte nicht feststellen, ob dieselbe 
schon bekannt ist.) 

Aus der Fig. | ist ersichtlich, daB px =rist, da o pas ein Parallelo- 
gramm ist; die Senkrechte pq, umhüllt also die Astroide, welche dem 
ie: eingeschrieben ist und durch die Punkte a, bc, dı Bei 
daraus geht aber folgende Erzeugung derselben Kurve hervor: 

Bewegt sich ein rechter Winkel og, p, so dap der Schenkel og, den Grund- 
kreis k, der Schenkel pq, Jedoch die diesem Kreise eingeschriebene Astroide 
umhüllt, dann beschreibt der Scheitel q, desselben dieselbe Sextik. 

Der Momentanpol für die Bewegung der Strecke pz ist 6. Fällen 
wir die Senkrechte ot auf p x, so ist sein Punkt der Astroide, und or 
ist ihre Normale. Sei w der Schnittpunkt von os und or, dann ist offenbar 
a der Momentanpol für die Bewegung des rechten Winkels og, p, und daher 
ist @g, die Normale der Sextik, somit die Senkrechte zu derselben die 
Tangente dieser Sextik. 

Wir beweisen leicht, daß der geometrische Ort von w eine vier- 
blätterige Rhoconea ist, welche dem Kreise k eingeschrieben ist und durch 
a, b, cy di geht. Seien nämlich @ und die Polarkoordinaten von ®, dann 
folgt aus dem rechtwinkeligen Dreiecke 06 @: 


(r + 0)? = (27 sin p}? — (27 sin pcos p}?, oder: @ + 7 = 2 r sin? y. 


Wir erhalten also in den rechtwinkligen Koordinaten £, 9 die 
Gleichung: 

(£2 + 42)? = 7? (8 — 2p)? 

Dies ist aber die Gleichung der vierblätterigen Rhodonea oder Korolla 
(siehe: Loria-Schütte, Spezielle Kurven 1910, Band L., pag. 269 und 272); 
es ist dies zugleich ein Spezialfall des Satzes von Bellavitis (vergl. 
Loria-Schütte II. Band, p. 109). 

Die Gleichung des Aufrisses der orthogonalen Rollkurve erhalten 
wir durch Elimination von p aus x und z; die betreffende Rechnung ergibt: 


(3) (7 + 2)? r—z)=r2. 


Der Aufriß der orthogonalen Rollkurve ist also eine Kubik, die aus 
Symmetriegriinden doppelt zählt und zwar der speziellste Fall Newtons 
divergenter Parabel.1) Die Kurve geht durch di 05x da, WENT Ss Gq 
= Sz 03 = So Co =s,d, =r bedeutet, und d, ist ihr Doppelpunkt, wenn 
Sd, = — s, 0, ist. Wenn die Ebenen beider Rollkreise den Winkel -L 900 
einschlieBen, gilt nur der Teil der Kurve, der über der X-Achse ist; der 


) Loria-Schüttel.c.p. 19, Absatz IV.; es ist zu substituieren: a,=—r?, 


1 - . . 
4&=+%7 a= À =: Siehe auch Teixeira: Courbes spéciales, tome 1, p. 131. 


53 


übrige Teil der Kurve ist dann der AufriB von imaginär-konjugierten 
Punkten der Raumkurve. 

Die Gleichung des Seitenrisses der orthogonalen Rollkurve (qs) 
erhalten wir durch Elimination von p aus y und z; die Rechnung ergibt: 


(4) BYE. 


Der Seitenriß der orthogonalen Rollkurve ist die semikubische Pa- 
yabel von Neil, oder — nach Longchamps eine einfache Kubik mit 
einem Kuspidalpunkte, oder auch nach Newman Whipsnake genannt.!) 
Aus Gründen der Symmetrie zählt dieselbe doppelt; es ist wieder zu 
bemerken, daß nur die Punkte für z =o bis z =~, Seitenrisse reeller 
Punkte der Raumkurve sind, während die übrigen Projektionen konjugiert 
imaginärer Punkte sind. 


Klinogonale Rollkurve. 


Drehen wir den (nichtgezeichneten Kreis) x (Fig. 1) um die Tangente 
tim Punkte o um einen beliebigen Winkel a@, so beschreibt der Punkt p 
den Bogen # m des oben angeführten Kreises f, der in Fig. 1 in der Um- 
klappung gezeichnet ist. Fällen wir die Senkrechte (m) m, auf p q,, so ist 
m, der Grundriß eines beliebigen Punktes der klinogonalen Rollkurve ; 
da (m) m, der Abstand des Punktes m von der Ebene X Y ist, erhalten 
wir leicht den Aufriß m, und den Seitenriß m, des Punktes m. Aus der 
Fig. 1 finden wir: 


pm, = P Qi — M3 n= pq, (l—cose) = 2pq, sin? > und daher: 


(5) ; ART 2 sin? é = Const. i 

Die Grundrisse m, der Punkte der klinogonalen Rollkurve teilen 
also die Strecken pg, zwischen dem Durchmesser a, b, und der Kurve (q) 
in konstantem Verhältnisse; die Kurve (m,) kann daher aus der Kurve 
(4) mittelst eines Reduktionswinkels abgeleitet werden. Wir können 
dieses Resultat auch folgendermaßen formulieren: 


Die veränderliche Strecke p g, bewegt sich so, daß ihre Endpunkte 
dı und g, den Durchmesser a, b, und die Kurve (g,) beschreiben, und der 
Punkt m,, der die Strecke pq, in konstantem Verhältnisse teilt, beschreibt 
die Kurve (m,). Wir können also die bekannte Konstruktion von Mann- 
heim?) anwenden, die Normale der Kurve (m,) in m, zu konstruieren: 


Sei # der Punkt, welcher die Strecke oo in demselben Verhältnisse 
teilt wie der Punkt m, die Strecke pq, dann ist die Verbindungslinie 


1) Siehe: Loria -Schütte |. c. Bd. 1,p.95 uBd. II., p. 23 oder Wie- 
leitner 1. c. p. 54. 
2) Mannheim: Géom. déscrip. 1880, p. 174. 


54 


m, u die Normale der Kurve (#,) im Punkte m,. Den Punkt y erhalten 
wir also mittelst desselben Reduktionswinkels. 

Da auf den Geraden fg, und ¢@ die Punkte m, und u zwei ähnliche 
Reihen bilden, so ist ersichtlich: 

Die Normalen der Grundrisse aller klinogonalen Rollkurven für 
die Punkte desselben Kreisschnittes £ hüllen eine Parabel ein. 

Bezeichnen wir die Koordinaten des Punktes m in Bezug auf das 
frühere System ebenfalls mit xyz, dann folgt aus Fig. 1: 


(6) x=rcosp+rsin®pcosp(l—cosa), y=rsin? gy (1—cosa@), 
2 FT SIND SING 

Durch Elimination von p aus je zweien dieser Gleichungen erhalten 

wir die Gleichungen des Grundrisses, Aufrisses und Seitenrisses der klino- 

gonalen Rollkurven; die betreffende Rechnung ergibt: 

a 


2 
3 
Fr E (1—4 sine £) + 164? sint & cos? à | es. 


4 R6 sint — 12 7? 42 R? sin? — cos? ~ ul — 4 sin? = ak 


7a) 


wobei k? = x? + y? —r? ist. 


(7b) (; cos a + z sin 2) «—r sin a) + 7 x? sin @ cos? = ==) 
und 
(7c) 23 — y y? sin a — 0. 


Die klinogonalen Rollkurven sind also ebenfalls Raumkurven sechster 
Ordnung. 

Ist insbesondere a — 180°, so erhalten wir die Rollung in der Ebene 
des Grundkreises und auf dem äußerem Umfange desselben. Die Rollkurve 
heißt dann Nephroide — und zwar nach Proctor, zu unterscheiden von der 
von Freeth.1) Wir können dieselbe auch ohne Rollung konstruieren, 
indem wir 9, p =q,n machen. Die Gleichungen (6) übergeben dann für 
« = 180" in folgende: 


(8) % = r cos p (1 + 2 sin? p), y=2rsin®g, z—0. 


Durch Elimination des Winkels g aus x und y erhalten wir die 
Gleichung der Nephroide: 


4: (x? + y — 2)? = 27 1 y?.2) 


Als Kontrolle erhalten wir dieselbe Gleichung, wenn wir in (7a) für 


8 


So J 
9 = 90" setzen. 


DLorra-S'chütte A: tc.1Bd p. 281. 
*) Loria-Schütte I. c., Bd. 1, p. 281, oder Wieleithner: Spezielle 
ebene Kurven 1908 p. 140. 


ae Te 


55 


Die Fläche der gemeinen Rollkurven. 


Alle Rollkurven, welche vom Punkte a ausgehen und allen Werten 
von a entsprechen, erfüllen eine Fläche, deren Gleichung wir erhalten, 
indem wir æ und aus (6) eliminieren ; die betreffende Rechnung ergibt: 
(9) APR + x4 kA + 18 7? 4? 22 k2 + 472 28 97 A yt — 0, 
wobei k? = x? + y? + 2 — 72. bedeutet ; daher: 

Die Fläche der gemeinen Rollkurven — oder kurz die gemeine Roll- 
fläche — ist achter Ordnung ; dies Resultat war vorauszusehen, da die Ebene 
X Y die Fläche in dem doppelt zählenden Durchmesser ab und in der 
Nephroide, die sechster Ordnung ist, also in einer zerfallenden Kurve 
achter Ordnung schneidet. 

Die Fläche ist zu den Koordinatenebenen X Y, XZ und YZ und 
daher auch zum Mittelpunkt s symmetrisch. 

Der Mittelpunkt s des Grundkreises ist zugleich der Mittelpunkt 
der Fläche. 

Durch Einführung homogener Koordinaten erkennen wir leicht: 

Der absolute Kreis im Unendlichen ist eine Doppellinie der Fläche. 

Für z =o erhalten wir aus (9): 


Yo und 2(x?  » —77)8 = 27 Ay? . 

Der Schnitt der Flache mit der Ebene X Y zerfallt also tatsächlich 
in den doppelten Durchmesser a b und in die Nephroide. 

Für y =o erhalten wir aus (9): 

2=0 und (744 2—7)?+ 47 2 — 0, 

Da in der Ebene X Y aur die Doppelgerade a b vorkommt, so ist in 
der Ebene X Z auBer derselben noch eine Doppelgerade, die ihr unendlich 
nahe liegt; mit anderen Worten: 

Der Durchmesser ab ist eine Doppelgerade der Fläche, nach welcher 
sich die Fläche selbst berührt. Außerdem schneidet die X Z-Ebene die Fläche 
nach zwei Nullkreisen, die mit den Punkten a und 6 zusammenfallen. 

Für x =o zerfällt die Gleichung (9) in das Produkt: 


[2+ vr] + (y + — PP — FP 4 4 (58 +A) (2 +A =0. 


Die Y Z-Ebene schneidet die Fläche in zwei Kreisen vom Halbmesser 
r, welche sich im Punkte s der Z-Achse berühren. 
Den letzten Faktor kann man auch schreiben: 


(22 + 2? + 72}? = 0 oder: (ine Nat Be 


Die Ebene Y Z schneidet also die Fläche noch in einer ni rl 


undzwar in einer imaginären Ellipse, deren Halbachsen sind 7 y und == = 


56 


Konstruktion der Fläche. 


Teilen wir den Grundkreis (Fig. 2) in gleiche Teile z. B. 24; 
die Teilpunkte 1...24 sind die Momentanpole o, beziehungsweise 6 der 
Fig. 1. In diesen Punkten ziehen wir die Tangenten ¢ zum Grundkreise, 
Ferner zeichnen wir die Rechtecke, die durch diese Punkte und die Achsen 
X und Y bestimmt sind, und ziehen in denselben die Diagonalen, die nicht 
durch s gehen, und verlängern dieselben über die X-Achse. Diese Diagonalen 


hüllen die oben angeführte Astroide ein und sind senkrecht zu den Tan- 
genten Zin den entsprechenden Punkten. Die Fußpunkte dieser Senkrechten, 
d. i, die Schnittpunkte der Diagonalen mit den entsprechenden Tan- 
genten, bilden den Grundriß der orthogonalen Rollkurve; ihren Aufriß 
und Seitenriß erhalten wir in bekannter Weise, indem wir die betref- 
fenden Projektionsstrahlen ziehen und auf dieselben von den entspre- 
chenden Achsen die Längen dieser Senkrechten auftragen und zwar 
sowohl in der positiven als auch in der negativen Richtung. Übertragen 
wir im Grundrisse die Längen dieser Senkrechten vom Grundriß der 
orthogonalen Rollkurve auf die entgegengesetzte Seite der Tangenten, 


ET ~- = 


Ou 


so erhalten wir die Punkte der Nephroide. Dieselbe ist aus Symmetrie- 
gründen der Umriß der Fläche im Grundrisse; der Durchmesser ab ist 
ebenfalls Umriß im Grundrisse. 

Die Strecken auf den Diagonalen zwischen dem Durchmesser a b 
und der Nephroide sind die Grundrisse der Kreisschnitte £ der Fläche; 
ihre Aufrisse und Seitenrisse sind im allgemeinen Ellipsen, welche in 
besonderen Lagen in Kreise oder Strecken übergehen. Die Seitenrisse 
der größten Kreisschnitte sC, sD haben wirkliche Größe und sind aus 
Symmetrierücksichten Umrisse im Seitenrisse; ihre Aufrisse sind Strecken 
auf der Z-Achse von der Länge ab. Die Achsen aller Ellipsen erhalten wir in 
bekannter Weise und konstruieren die Ellipsen mittelst der Streifenkon- 
struktion. 

Aus dem Grundrisse ist ersichtlich: 

Die Fläche hat unendlich viele Kreisschnitte, deren Ebenen zu X Y 
senkrecht sind und einen geraden Zylinder umhüllen, dessen Grundlinie 
die oben angegebene Astroide ist. Die Kreisschnitte sind paarweise zur 
Ebene X Z (und ebenso Y Z) symmetrisch und berühren einander in den 
Punkten der X-Achse. Daraus ist schon ersichtlich, daß die Fläche längs 
des Durchmessers a b sich selbst berührt. Ferner ist aus Symmetriertick- 
sichten klar, daß zu jedem Kreisschnitte ein paralleler existiert, und daß 
beide einander in denselben Kreispunkten im Unendlichen schneiden, 
woraus ersichtlich ist, daß der imaginäre Kugelkreis im Unendlichen 
eine Doppellinie der Fläche ist. Ferner konstruieren wir die Grundrisse 
der klinogonalen Rollkurven, welche den Werten a= 2219, 450, 67140. 
entsprechen. Für «-— 159, 30°, 45°... wären diese Neigungen schon 
durch die oben angeführte Teilung im Grundrisse bestimmt, und die oben 
angeführten Rechtecke bestimmten bereits auf der Y-Achse die Scheitel 
der gesuchten Kurven. Mittelst entsprechender Reduktionswinkel ver- 
kürzen wir alle anderen Durchmesser der Kreisschnitte. 

Die Aufrisse und Seitenrisse dieser Kurven können wir als Schnitt- 
punkte der entsprechenden Projektionsstrahlen mit den früher angeführten 
Ellipsen erhalten ; oder genauer, indem wir die Kreisschnitte umklappen 
und die betreffenden Ordinaten auftragen; dadurch erhalten wir eine 
Kontrolle für die Ellipsen. Berücksichtigen wir, daß die Aufrisse der 
Kurven a und 90-« gemeinschaftliche Scheitel auf der Z-Achse haben; 
ferner, daß alle Kurven im Seitenrisse durch s gehen sowie durch die Teil- 
punkte auf den Umrißkreisen. 


Der Normalkegel und der umschriebene Kegel. 


Die Verbindungslinie des Momentanpoles o (Fig. 1) mit dem Punkte 
m der klinogonalen Rollkurve, welche dem Winkel « entspricht, ist eine 
Normale dieser Rollkurve ; dieselbe Gerade ist aber auch die Normale 
des Kreisschnittes f, da dieselbe eine Erzeugende des Rotationskegels 


_ ist, dessen Scheitel 0, und dessen Grundlinie £ ist; daher: 


Die Verbindungslinie des Momentanpoles o mit einem beliebigen Punkte 
m des entsprechenden Kreisschnittes € ist eine Normale der Fläche, und der 
Rotationskegel of ist ein Normalkegel der Fläche. 

Sei v der Schnittpunkt der Tangente ¢ =og, im Momentanpole mit 
dem Durchmesser a b. Drehen wir den rechten Winkel o p v um die Tan- 
gente Z, so bleibt o p Normale, und daher v p Tangente der Fläche in den 
Punkten des Kreisschnittes £; daher: 

Der Rotationskegel v € ist der Fläche längs des Kreisschnittes Ÿ um- 
schrieben. Derselbe Kegel ist die Enveloppe der Tangentialebenen der Fläche 
in den Punkten des Kreises f. Die Scheitel v aller Rotationskegel, welche 


der Fläche längs der Kreisschnitte f umschrieben sind, erfüllen die Gerade 


ab und zwar außerhalb des Grundkreises. 

Mittelst dieser umschriebenen Kegel können wir verschiedene Auf- 
gaben über Tangentialebenen lösen, ferner die scheinbaren Umrisse der 
Fläche bestimmen und die Trennungslinie zwischer Licht und Schatten 
bei paralleler oder zentraler Beleuchtung konstruieren. 


Der scheinbare Umriß im Aufrisse. 


Legen wir (Fig. 3) durch den Scheitel v die Tangentialebene zum 
Kegel vf, welche zur Ebene XZ senkrecht ist; ihre Grundrißspur S, 
geht durch v und ist senkrecht zur X-Achse. Fällen wir vom Momentanpol 
o die Senkrechte zu S,, so schneidet dieselbe den Kreis f im gesuchten 
Berührungspunkte uw. Durch Umklappung des Kreises f erhalten wir den 
Abstand des Punktes # von der X Y-Ebene und daher auch den Aufriß =, 
und den Seitenriß u,. Die Verbindungslinie vu, ist die AufriBspur S, 
der zur Aufrißebene senkrechten Berührungsebene mit dem Berührungs- 
punkte #; daher ist «, ein Punkt des scheinbaren Umrisses der Fläche 
im Aufrisse, und v u, ist dessen Tangente, während # ein Punkt des wahren 
Umrisses ist, der diesem scheinbaren Umrisse im Aufrisse entspricht, 
nämlich ein Punkt der Raumkurve, längs welcher der aufrißprojizierende 


Zylinder die Fläche berührt. Bezeichnen wir wieder x, y und z die Koordi- 


naten des Punktes #, dann finden wir aus Fig. 3 die Werte: 
(10) x —2rcosp, y=rsing, 2? = 7? (sin! p— cos! p). 


Durch Elimination von p aus x und y erhalten wir die Gleichung 
des Grundrisses dieses wahren Umrisses: 
x2 2 
(10a) gar + + =1; daher: 
(2 r}? 7 
Der Grundriß des wahren Umrisses, der dem scheinbaren Umrisse im 
Aufrisse entspricht, ist eine Ellipse mit den Halbachsen 2 r und r; von dieser 
Ellipse gelten nur gewisse Bogenlängen. 
Durch Elimination von p aus x und z erhalten wir die Gleichung: 


ee SPRL TU, 6 


59 


x2 
2 r 


(10b) = = = 1; daher: 

Der scheinbare Umriß im Aufrisse ist eine doppelt zahlende Ellipse 
von den Halbachsen r V2 und r. Die Punkte a und b sind ihre Brennpunkte. 
Außerdem sind die beiden Nullkreise in den Punkten a und b weitere 
Teile des scheinbaren Umrisses im Aufrisse. 

Durch Elimination von p aus y und z erhalten wir die Gleichung: 


22 
2 


(10c) u | dent: 
(5) 


Y 


Fig. 3. 


Der Seitenriß des wahren Umrisses, der dem scheinbaren Umrisse im 
” L . . ; . 7 . 
Aufrisse entspricht, ist eine Hyperbel mit den Halbachsen Va und 7; auch 


von dieser Hyperbel haben nur bestimmte Bogenlängen Gültigkeit. 
Der wahre Umriß, der dem scheinbaren Umriß im Aufrisse ent- 
spricht, ist eine Raumkurve vierter Ordnung. 


Der scheinbare Umriß im Seitenrisse. 


Derselbe besteht aus den beiden Kreisen vom Halbmesser 7, welche 
im Punkte s die Z-Achse berühren, und außerdem aus dem Punkte s, welcher 
einen doppelt zählenden Nullkreis repräsentiert. Der wahre Umriß, der 


60 


dem scheinbaren Umrisse im Seitenrisse entspricht, besteht aus den zwei 
Kreisen vom Halbmesser 7 und aus dem doppelt zählenden Durchmesser a b. 


Zentralbeleuchtung der Fläche. 


Wählen wir der Einfachheit wegen den leuchtenden Punkt # auf 
der Z-Achse (Fig. 4) und bezeichnen s # =h. Der Punkt m der Trennungslinie 
zwischen Licht und Schatten, der auf dem Kreise f liegt, wird erhalten, 

indem wir wv ziehen und den Schnitt- 

punkt w dieser Verbindungslinie mit 
der Ebene des Kreises f bestimmen 

und endlich die Tangenten aus w 

zu £ konstruieren. In unserem spe- 

ziellen Falle liegt eine derselben in 

der Ebene X Z und berührt f im 

Punkte # des Durchmessers a b; 
X dieser Durchmesser, dopppelt zäh- 

lend, ist demnach ein Teil der Tren- 

nungslinie. Die andere Tangente be- 

rührt £ im Punkte m. Durch Um- 

klappung von f erhalten wir die 

- Entfernung des Punktes m von der 

Fig. 4. X Y-Ebene und daher auch den 

Aufriß m, und SeitenriB m,. Be- 

zeichnen wie mit x,y und z die Koordinaten von m, dann erhalten wir 
aus Fig. 4 nach einander: 


3 Sie rsin?y Y 
SD —=7 059, 0D—rSın — FSI" vy = —— ., Sy = 4 
p 9, op 9, Pa pe ae 


Duw = hsin y, m, ¢ = er De, pm, = r(2h — 


Für die Punkte der Trennungslinie finden wir dann die Werte der 
Koordinaten: 


_ rceosg (h + 2h sin? p— 2) 7 (2h sin? p —z) sing 
renin EE re SL DEF Daa aioe 
27h sin p 

12 ee 


(11) 
und z= 


Durch Elimination von p aus x und y ergibt sich als Gleichung des 
Grundrisses der Trennungslinie: 


4 hd (v2 + MP)? RS — 19 he A (2 + 12) (2 — 3 A?) 92 B+ 
+ 74 y? [16 74 hy? + (2 + 22) (2 — 302) = 0, 


wobei k? = x? + y?— 7 ist. 


(11a) 


61 


Ebenso folgt durch Elimination von g aus den Ausdrücken für x 
und z die Gleichung des Aufrisses: 


(11b) ?+hz22.[lr +9)z2—2rh) +2rı2=0. 


Endlich durch Elimination von p aus y und z die Gleichung des 
Seitenrisses: 
(11c) h(r + M) 8 = 2A y?, 


Der GrundriB der Trennungslinie ist also eine trizirkulare Sextik, 
der Aufriß eine doppelt zahlende Kubik, und ebenso der SeitenriB ; die 
Trennungslinie selbst ist also eine Raumkurve sechster Ordnung. 

Diese Resultate erfahren eine besondere Vereinfachung, wenn wit 
den Lichtpunkt # so wählen, daß 7? =3/? wird; dann übergehen die 
Gleichungen 11 a b c in folgende: 


A (x? + 92 —3 h2)8 + 81 12 y? — 0, (3 h—2)° (2z—3h) + 9h2=0 


(12) und eee-— 9 fs)": 


Die Strecke wird in bekannter Weise konstruiert. 


Eingeschriebene Kugeln. 


Da der Rotationskegel of (Fig. 1) ein Normalkegel der Fläche ist, 
so ist die Kugel, deren Mittelpunkt der Momentanpol o ist, und deren 
Halbmesser der Abstand des Punktes o von dem festen Durchmesser a b 
ist, unserer Fläche längs des Kreissschnites £ eingeschrieben ; diese Kugel 
dient zur Lösung verschiedener Konstruktionsaufgaben, namentlich zur 
Bestimmung der Isophoten. Es ist aber auch folgende Erzeugung der 
Fläche ersichtlich: 

Bewegt sich eine veränderliche Kugel, so daß ihr Mittelpunkt o den 
Grundkreis k beschreibt, und welche stets den festen Durchmesser a b berührt, 
so ıst die Enveloppe dieser Kugeln unsere Fläche. 


Die Hauptkrümmungslinien. 


Da die Rotationskegel o  Normalkegel der Fläche sind, so ist unmittel- 
bar ersichtlich: 

Die Kreisschnitte £ bilden die erste Schar der Hauptkrümmungslinien 
der Fläche. 

Die zweite Schar der Hauptkrümmungslinien sind also die ortho- 
gonalen Trajektorien dieser Kreisschnitte; vor allem ist ersichtlich, daß 
der Durchmesser a b und die angeführte Nephroide zu denselben gehört, 
da sie alle Kreise f rechtwinklig schneiden. Es läßt sich leicht beweisen, 
daß jede durch a b gelegte Ebene die Fläche in einer Hauptkriimmungslinie 
der zweiten Schar schneidet; in der Tat schneidet solche Ebene alle 
umschriebenen Rotationskegel vfin Erzeugenden, welche Tangenten der 
Schnittkurve sind; diese Erzeugenden sind aber zum Kreise f senkrecht. 


62 


Jede durch a b gelegte Ebene schneidet also die Kreise f rechtwinklig ; 


daher: 

Das Ebenenbüschel ab schneidet die Fläche in Hauptkrümmungs- 
linien der zweiten Schar. 

Die Gleichung einer solchen Ebene ist z = a y, wobeia=!go die 
Richtungstangente bedeutet; substituieren wir diesen Ausdruck in (9), 
so erhalten wir: | 


4 y2 [x2 + (1 + 02) 92— PP + at yt [ar + (1+ à?) 2 — PP + | 
+ 18 a 7? pt [x2 + (1 + a?) y? — 72] + 408 Py? — 27 Ay = 0. | 


Diese Gleichung zerfällt in v? =O und: 


ARS + ay? k* + 18 a? 7? y? R2 + y? (4 abr? y? — 277) = 0, 


(13) wobei k? = x2 + (1 + a?) y? — 7? bedeutet. 


Die Grundrisse der Hauptkrümmungslinien der zweiten Schar sind 
also auch Sextiken, aber nicht trizirkular. 

Da 1 + a? = sec? @ ist, so ist (1 + a?) y? =y,, wenn y, die ent- | 
sprechende Ordinate für die wirkliche Größe der Schnittkurve bedeutet. 

Die Gleichung der Hauptkrümmungslinien der zweiten Schar ist also: 


4l+ AR + a (1 + a2) y? A+ 18 a2 (1 + a?) 72 y? 2 + 


(14) == y2 [4 a’ ray: er 27 (1 4 a?) 1] = 0, 


wobei ? == x? + y2— y? ist. 


Die Hauptkrümmungslinien der zweiten Schar sind also trizirkulare 
Sextiken. 


Um die Aufrisse derselben zu erhalten, setzen wir in (9) y =— oder, 


1l : 
wenn b = ae cotg @ bedeutet, y = bz, dann bekommen wir nach Weg- 


lassung rat 2 —0: 
as) FPR + 1+ ABT Ale + (+ pt 
+ 18 087? 27 [92 + (PP) AI AAC 200 RP) 0; | 


Die Aufrisse der Hauptkrümmungslinien der zweiten Schar sind 
ebenfalls Sextiken, jedoch nicht zirkular. 
Für © = 900 ist b =0, somit nach Weglassung von 2? =0: 


(+ 2—/)?4 47 2=0. 
In der X Z-Ebene sind also die Nullkreise a,b ebenfalls Haupt- 
krümmungslinien. 
Tangentenfläche der orthogonalen Rollkurve. 


In Fig. 5 ist mit Beibehaltung der Bezeichnungen aus der Fig. 1 
g und g der Grund- und Aufriss eines beliebigen Punktes der orthogonalen 


63 


Rollkurve, © 4 =N, ist die Normale und T, die Tangente an den Grundriß 
derselben. Die Grundrißspur 2, der Tangente T liegt offenbar auf der 
Grundrißspur S, der Tangentialebene des Punktes g der Fläche ; "dabei 
geht S, durch v und ist senkrecht zu 
0g,. Die Verbindungslinie g, 2, ist der 
Aufriß T, dieser Tangente. Alle Tan- 
genten der orthogonalen Rollkurve 
bilden eine aufwickelbare Fläche, 
deren Schnitt mit der Grundrißebene 
der geometrische Ort der Punkte #, 
ist. Bezeichnen wir die Koordinaten 
des Punktes 7, mit x und y, dann fin- 
det man aus Fig. 5 der Reihe nach: 


sv = — -,09=rsingpcos 
sp’ 9, = 7 SIN | COS g, 
r sin? @ 
= iy F v= —_ 
2777.89; Gs cos p 
91:99, =0g,:00 Bi 


und daher: 
Ua I sin? p a I sin? p cos p 

= 2 ar 2 
und schließlich: 
(16) — x = 


7 sim pcos, und y=— sim 
COS p 2 li XN 2 

Durch Elimination von p aus x und y erhalten wir als Gleichung der 
Grundrißspur unserer Tangentenfläche: 


4 (4 y — 72) (x2 Ly? — 2)? + 48 72 4? (x? + y2 — 7)? + 


m) en ort (Lab Ay) — 0: 


Da diese Kurve eine trizirkulare Oktik ist, so ist auch die Tangenten- 
fläche achter Ordnung. 


II. Fläche der verkürzten Rollkurven. 


Übergehen wir nun zu dem allgemeinen Falle, daß bei derselben 
Rollung der beschreibende Punkt p ein beliebiger Punkt in der Ebene des 
rollenden Kreises x ist; fassen wir zuerst den Fall ins Auge, daß der 
Punkt # innerhalb des rollenden Kreises ist und vom inneren Umfange 
desselben die Abstände a, bhat (wobei b der kleinere ist undsomit a + b =r 
beträgt). Rollt der (nicht eingezeichnete) Kreis x am inneren Umfange 
des Grundkreises k, so daß die Ebenen beider Kreise stets zusammenfallen, 


64 


dann beschreibt der Punkt p bekanntlich eine Ellipse (Fig. 6), deren große 
Halbachse a und kleine Halbachse b ist. Dieselbe Ellipse entsteht bekannt- 
lich, wenn sich eine Strecke xy 
von der konstanten Länge 7 so 
bewegt, daß ihre Endpunkte x 
und y die Achsen X und Y be- 
schreiben ; dann beschreibt der 
Punkt 5 dieser Strecke, der 
vom Punkte x den Abstand b, 
hat, dieselbe Ellipse. Die Senk- 
rechten in x und y zu den 
Achsen X und Y schneiden 
sich in einem Punkte o des 
Grundkreises k, welcher der 
Momentanpol sowohl der Roll- 
bewegung des Kreises # als 
auch der Bewegung der Strecke 
xy ist; die Verbindungslinie 
op ist daher die Normale der 
Ellipse im Punkte 4, während 
Fig. 6. a so — der am Grundkreise 
abgerollte Winkel ist, 


Orthogonale Rollkurve. 


Rollt der Kreis x so am Grundkreise À, daß ihre Ebenen stets an 
einander senkrecht sind, dann beschreibt der Punkt p eine Raumkurve, 
welche wir kurz orthogonale Rollkurve nennen. 


Um einen Punkt g derselben zu erhalten, drehen wir den (nicht 
eingezeichneten) Kreis x um die Tangente / im Punkte o des Grundkreises 
um einen rechten Winkel; dann beschreibt der Punkt 5 einen Quadranten 
des Kreises f, der zu der Tangente ¢ senkrecht ist. Fällen wir also von 
p die Senkrechte ?g, auf #, so ist dieselbe der Grundriß dieses Quadranten, 
und der Fußpunkt g, dieser Senkrechten ist der Grundriß cines beliebigen 
Punktes g der orthogonalen Rollkurve. Sein Aufriß g, und Seitenriß g, 
ergeben sich daraus, daß p g, der Abstand des Punktes g von der Grund- 
riBebene ist. Fällen wir noch die Senkrechte von g, auf a b und legen wir 
das Koordinatensystem fest, dessen Anfang der Mittelpunkt s des Grund- 
kreises ist, und dessen Achsen X und Y sind, während die Senkrechte im 
Anfangspunkte zum Grundkreise die Z-Achse ist. Bezeichnen wir die Ko- 
ordinaten des Punktes g mit x, y, z, dann ist in Fig. 6 der Reihe nach: 


SX — 7 COS, X0 = 7 Sin p, r x — b cos p, pr=bsinpg,sr=acosp, 
s§ = (a —b) cos p, én = (a —b) cos? y, bq, = a sin? p + b cos? p 
und .daher: 


65 


x = a cos p + (a sin? p + bcos? p) cos p, y = b sin p + 


(18) + (a sin? p + b cos? p) sin p,z2—= a Sin? gp + b cos? y. 


Die vollständige orthogonale Rollkurve entsteht, wenn ein Umfang 
des Grundkreises, und somit zwei Umfänge des Rollkreise abrollen ; daraus 
ist ersichtlich, daß die Rollkurve zu den Ebenen X Z und Y Z symmetrisch 
ist und ganz oberhalb oder unterhalb der Ebene X Y sich befindet, je nach- 
dem der Winkel der beiden Kreise + 90° ist. Die Gleichung des Grund- 
risses der orthogonalen Rollkurve erhalten wir durch Elimination von @ 
aus x und y in (18); die Rechnung ergibt: 


(a + b) R-4b (a + b) (2a—b) k* + (a2—b?) [(3 a +55) y2 + 4b? (5a—b)] k? + 
{18a) + (a —b) (a?— 0?) y4 — (a — D) (a + 14a?b + 32 a? D? + 18 a b?— bi) y? — 
— 16 4 03 (a + b) (a — D}? = 0, 


wobei k? = x? + y? — (a — b}? ist. : 
Der Grundriß der orthogonalen Rollkurve ist eine trizirkulare Sextik. 
Durch Elimination von g aus x und z erhalten wir die Gleichung 


des Aufrisses: 
(18b) (a—z) (a + 2)? = (a — D) x. 


Der AufriB der orthogonalen Rollkurve ist eine Kubik, die aus Symmeirie- 
gründen doppelt zählt. 

Durch Elimination von aus y und 2 folgt die Gleichung des Seiten- 
risses: 


(18c) (2 — D) (+ D)? = (a — BD) y°. 


Der SeitenriB der orthogonalen Rollkurve ist ebenfalls eine doppelt 
zählende Kubik. 

Somit: 

Die orthogonale Rollkurve ist eine Raumkurve sechster Ordnung. 

Die Gerade p q, (Fig. 6) schneidetaufder Achse X und Y die Abschnitte 
=sé =(a—b)cosp und s y= (a—b) sing; daraus folgt, daß diese Ge- 
rade pq, eine Astroide einhüllt, welche dem Kreise k’ vom Radius a —b 
eingeschrieben ist, weil die Strecke &n — a —b von konstanter Länge ist. 
Daraus folgt eine neue Erzeugung des Grundrisses der orthogonalen 
Rollkurve: 

Bewegt sich der vechte Winkel og, p, so daß der Schenkel og, den 
Grundkreis k, der andere Schenkel p q, jedoch die dem Kreise k' eingeschriebene 
Astroide einhüllt, dann beschreibt der Scheitel q, desselben den Grundriß 
der orthogonalen Rollkurve. 

Ist wieder 6 der Momentalpol für die Bewegung der konstanten 
Strecke £y, und fällen wir von 6 die Senkrechte or auf §y, dann ist der 
Fußpunkt r derselben der Berührungspunkt auf der Astroide, und der 
Schnittpunkt & von or mit os ist der Momentanpol für die Bewegung des 


rechten Winkels og, p; daher ist die Verbindungsgerade ®g, die Normale 
Bulletin International. XXI. 5 


66 


des Grundrisses der orthogonalen Rollkurve ; die Senkrechte zu derselben 
ist die Tangente. Aus der Figur ist ersichtlich: 


s@—=nt = (a—b) —2(a—b)cosp oder sw= (a—b) (1 —2 cos? y). 


Bezeichnen wir die Polarkoordinaten von w mit @ und gq, dann ist die 
Gleichung des geometrischen Ortes von w: 


og = (a — b) (1— 2 cos? y) 
und die Gleichung in rechtwinkligen Koordinaten: 
(8 + 99)? = (a — D (a — 


Der geometrische Ort des Momentanpoles w ist also vierblätterige Rosen- 
kurve, welche dem Kreise k’ vom Radius a— b eingeschrieben ist. 


Klinogonale Rollkurven. 


Drehen wir (den nicht eingezeichneten) Rollkreis x um die Tangente 
t im Momentanpol o um einen beliebigen Winkel «, dann beschreibt der 
Punkt p seiner Ebene einen Kreisbogen p m des oben ang führten Kreises 
f, der in der Fig. 6 in seiner Umklappung gezeichnet ist. Fällen wir von 
(m) die Senkrechte (m) m, auf p q,, so ist m, der GrundriB eines beliebigen 
Punktes der klinogonalen Rollkurve, welche dem Neigungswinkel «& ent- 
spricht. Den Aufriß m, und Seitenriß m, desselben erhalten wir durch 
Auftragung der Strecke (m) m, auf die betreffenden Projektionsstrahlen. 
Aus der Figur finden wir wie früher (5) 


pm, 
p 


bm, = pq (1 — cos &) und somit: : 
1 


= (1— cos a) = konst. 

Die Grundrisse m, der klinogonalen Rollkurve teilen also die Strecke 
p q, zwischen der Ellipse (p) und dem Grundrisse (g,) der orthogonalen 
Rollkurve in konstantem Verhältnisse; es kann also die Kurve (m,) aus 
den beiden anderen durch Anwendung eines Reduktionswinkels abgeleitet 
werden. 

Wir kônnen dies auch so ausdrücken: 

Die veränderliche Strecke 5 q, bewegt sich, so daß ihre Endpunkte 
p und q, die Ellipse (p) und den Grundriss der orthogonalen Rollkurve 
(9,) beschreiben, und der Punkt m,, der diese veränderliche Strecke in 
konstantem Verhältnis teilt, beschreibt den Grundriß der klinogonalen 
Rollkurve (m,); wir können daher nach dem oben zitierten Satze von 
Mannheim die Normale der Kurve (m,) leicht konstruieren. Da ow = 
— 2 (asin’p + bcos?) und daher ow =2 pq, ist, so muß die Normale 
der Ellipse of durch 6 gehen und es muß op — pe sein. Konstruieren wir 
also einen Punkt u, so daß derselbe die Strecke 6 w in demselben Verhält- 
nisse teilt, wie m, die Strecke pq, teilt, dann ist die Verbindungslinie 
m, die Normale des Grundrisses der klinogonalen Rollkurve im Punkte 


Se 


67 


m,. Den Punkt w können wir also mittelst desselben Reduktionswinkels 
erhalten. Aus oben angeführten Gründen umhüllen die Normalen in allen 
Punkten m,, welche am Grundrisse desselben Kreises fliegen, eine Parabel. 

Bezeichnen wir mit x, y, z die Koordinaten des Punktes m in Bezug 
auf das frühere Koordinatensystem, so ergeben sich aus Fig. 6 die Werte: 


x = a cos p + (asinp + b cos? p) cos p (1 — cos u), 
(19) y = b sin p + (a sin? p + bcos? p) sin p (1— cos a), 
z= (a sin? p + b cos? p) sin a. 


Durch Elimination von @ aus je zwei dieser Gleichungen erhalten 
wir wieder die Gleichungen des Grund — Auf — und Seitenrisses der 
klinogonalen Rollkurve, die dem Neigungswinkel « entspricht, 

0 


4 RS sint = —4 [2 wt + (a + D) vf] sin? > 


œ œ 
2 112 
cos 9 (1 4 sin EB 


a 


(20a) + ut (1—4sinr =) [ (a 5? (1— 4 sin? 2) — 4.0 d cost £] — 


al 


ey 1,200 ag Ret ER 
16 v° sin 2 608 me 
dabei bedeutet: 
Rh? = x2 + y?— (a? + a b + DB), ut = D? x? + a? y? — a? b? 
und v= bx + ay?—ab(a- D). 


Der Grundriß der klinogonalen Rollkurve ist eine trizirkulare Sextik. 


2 
(20b) (z—a sin a) (: sin = + a cos =) + (a—b) x? sin « cos? = a 
Der AufriB der klinogonalen Rollkurve ist eine doppelzählende 
Kubik 


(20c) (z— D sin a) (2 sin = + bcos in — (a — b) y? sin a cos? = = 0. 


Der SeitenriB der klinogonalen Rollkurve ist also ebenfalls eine 
doppelt zählende Kubik. 

Die klinogonalen Rollkurven sind also ebenfalls Raumkurven sechster 
Ordnung. 

Im Falle « = 180° erhalten wir die Rollung in der Ebene des Grund- 
kreises auf dem äußeren Umfange desselben. Die Rollkurve ist bekanntlich 
die verkürzte Nephroide. Wir können dieselbe auch ohne Rollung erhalten, 
indem wir die Punkte der Ellipse im 180° um die entsprechenden Tangenten 
des Grundkreises drehen, also #g, =qg, m machen, wodurch eine einfache 
Beziehung zwischen den beiden Kurven festgelegt ist. 

Die Gleichungen für x.und y in (19) übergehen dann in folgende: 


x=4ac0Ssp-+ 2 cos p (a sin? p + b cos? p), 


(19a) 1 b sin p + 2 sin p (a sin? + b cos? p). 


68 


Durch Elimination von p aus denselben erhalten wir als Gleichung 
der verkürzten Nephroide, wenn k®? = x? + y? — (a— b)? gesetzt wird: 


[2 ®—3b(a—b)P—95(a+b) [2 B—3 d (a—b) — 


(21) — 54 (a —b) (a + HP y = 0 


welche thatsächlich für 6 =0, a —7 in die Gleichung der gemeinen 
Nephroide übergeht. 

Die verkürzte Nephroide schneidet die X-Achse in Scheiteln, deren 
Abszisse + (a + 2 6) ist, und hat auf derselben isolierte Doppelpunkte, 
deren Abszisse „)e Venen 
geschnitten, deren Ordinate + (2a + b) ist und außerdem in imaginären 
Doppelpunkten. 


ist. Die Y-Achse wird in Scheiteln 


Die Fläche der verkürzten Rollkurven. 


Alle Rollkurven, welche aus dem Punkte A ausgehen und allen 
Werten von « entsprechen, erfüllen eine Fläche, welche wir kurz die 
verkürzte Fläche nennen, und deren Gleichung durch Elimination von p 
und « aus (19) erhalten wird; die betreffende Rechnung ergibt: 


(23) 4 (a®— 5) y? (k? +3 b2)3+ u6(R24+ 3 2)2—-18 (a + b) (a2—b?) y? u? (R?+3 52) — 
— 4 (a + b) u® — 27 (a + D)? (a? — DB)? 44 = 0, 
wobei 
R = x2 + PP + 2 — (a — b)? 
und 4 = 2 b (x? + y?) — (a — b) 2 — D (a — D) (2 a + b) 
bedeutet. | 
Die verkürzte Rollfläche ist ebenfalls achter Ordnung. Dieses Resultat 
war vorauszusehen, da die X Y-Ebene die Fläche in einer Ellipse und 
in einer verkürzten Nephroide, also in einer zerfallenden Kurve achter 
Ordnung schneiden. 

Der absolute Kreis im Unendlichen ist eine Doppellinie der Fläche; 
dies geht einfach aus der Gleichung (22) hervor, aber auch geometrisch, 
da zujedem Kreisschnitte fein paralleler zugehört, welche beide die gemein- 
same Gerade im Unendlichen in denselben imaginären Kreispunkten. 
schneiden. 


Konstruktion der Fläche. 


Teilen wir (Fig. 7) den Grundkreis in 24 gleiche Teile, so erhalten 
wir die Momentanpole 0 ...24 und ziehen in denselben die Tangenten ¢ 
an den Grundkreis ; weiter zeichnen wir die Rechtecke, welche von diesen 
Punkten ausgehen, und ziehen die Diagonalen in denselben, welche nicht 
durch den Mittelpunkt s gehen. Es sind dies verschiedene Lagen der Strecke 
xy=2, deren Punkt p die Ellipse erzeugt. Aus den Punkten x tragen 
wir xp=b auf und erhalten die Ellipsenpunkte 0...24. Die Verbindungs- 


69 


linien gleichzeichneter Punkte des Grundkreises und der Ellipse sind Nor- 
malen der Ellipse. Von den Punkten 0.,.24 der Ellipse fällen wir Senkrechte 
auf die zugehörigen Tangenten /; ihre Fußpunkte erfüllen den Grundriß 
der orthogonalen Rollkurve. Dann tragen wir die Längen dieser Senkrechten 
auf die entgegengesetzte Seite der Tangenten und erhalten die Punkte 
0...24 der verkürzten Nephroide. Die Strecken 0,0...24, 24, welche 
gleich bezeichnete Punkte der Ellipse und Nephroide verbinden, sind die 
Grundrisse der Kreisschnitte k, welche senkrecht zur Ebene X Y und je 


Big, 7. 


zwei symmetrisch zu den Ebenen XZ und YZ sind. Ihre Ebenen umhüllen 
einen geraden Zylinder, dessen Grundlinie in X Y die besagte Astroide 
ist, welche dem Kreise vom Halbmesser a—b eingeschrieben ist. 

Die Aufrisse und Seitenrisse dieser Kreisschnitte sind im allgemeinen 
Ellipsen, welche aus den Achsen mittelst der Streifenkonstruktion ge- 
zeichnet werden. Die Kreise 00, 12 12 projizieren sich im Aufrisse in 
wirklicher Größe als Kreise vom Halbmesser 5, und ihre Seitenrisse sind 
Strecken auf Z von der Länge 2 b. Die Kreise 6 6, 1818 projizieren sich in 
Seitenrisse in wirklicher Größe als Kreise vom Halbmesser a, und ihre Auf- 
risse sind Strecken auf Z von der Länge 2 4. 

Die vollständigen Schnitte der Fläche mit den Ebenen X Z und YZ 
erhalten wir aus der Gleichung (22). 


70 


Für y =o erhalten wir als Gleichung des Schnittes mit der Ebene X Z: 
us (k2 + 3b2)2—4 (a + b) u° = 0 oder u$ = 0 und (+30)? 4 (a + b) =o, 
Der erste, doppeltzähiende Wert liefert: 


HE IRON NN, __ 1; somit: 
(ab) 240) CE) 
2 
In der Ebene X Z hat die Fläche eine Doppellinie und zwar eine 
reelle Hyperbel, deren Halbachsen 


an und Vb (2a-+ b) 


sind ; diese Hyperbel hat ihre Scheitel in den isolierten Doppelpunkten der 
verkürzten Nephr ide II. 
Der zweite Wert liefert das Resultat: 
[x? + 22- (a — b)? +35] —-4(a+b) 2dy?-(a-b)?-b(a-b)(2a+b)]=o. 
Diese Gleichung zerfallt in das Produkt: 
{Ix — (a + DP + 2— OB}. {[x + (a +54)? + 2 -- D} =o. 


Dies sind aber die oben angeführten Kreise vom Halbmesser b, deren 
Mittelpunkte in a und 6 sind. Das erste Resultat erheischt eine nähere 
Besprechiing. Die besagte doppeltzählende Hyperbel ist der geometrische 
Ort der isolierten Doppelpunkte sämtlicher ebener Schnitte der Fläche. 
Die Ebenen von je zwei Kreisschnitten f, welche symmetrisch in Bezug 
auf die Ebene XZ sind, schneiden sich in einer Geraden P || Z dieser Ebene, 
und beide symmetrischen Kreise schneiden diese Gerade P in denselben 
imaginären Punkter. Es wäre jedoch die Schlußfolgerung unrichtig, 
Daß der Doppelkegelschnitt in der Ebene X Z deshalb imaginär sein muß. 
Die Gerade P schneidet nämlich die oben angeführte Hyperbel in den- 
selben imaginären Punkten wie die beiden symmetrischen Kreise. Wir 
können also kurz sagen: 

Die symmetrischen Kreise € schneiden sich in imaginären Punkten 
der reellen Doppel-Hyperbel. Die lineare Exzentrizität dieser Hyperbel ist 


ye ee: 
2 
die Hyperbel wird also aus ihren Scheiteln und Brennpunkten konstrviert. 


Für x = o erhalten wir als Gleichung des Schnittes der Fläche mit der 
Ebene V7. 


4 (a6?) 9? [(y? +22) — (a2— 2 a b—92 b2) + [2 by? — (a-b) 22— b (2 a2 — ab — BY)? 

[(y°-+ 2)-(a2—2ab—20?)]2—18 (a+b) (a2—b?) y? [2 by?—(a—b)22—b(2a2—a b—b?)] 

(9? + 22)—(a2—2 a b — 2 b?)1 — 4 (a + b) [2052 — (a —b) 2—b (24? — ab — b?)P— 
— 27 (a + b)? (a — B2)2 44 = 0. 


Dieselbe zerfällt aber in das Produkt: 


{Lo — (a + WP + Fo} {Oo + (a + DE + 2 — 04. 
{2ay?+ (a+ b) 2+ a(at+ b) (a+ 2d)2 =o. 


Der Schnitt der Fläche mit der Y Z- Ebene zerfällt also in die besagten 
Kreise vom Halbmesser a, deren Mittelpunkte c und d sind, und in eine 
doppeltzählende imaginäre FEilipse , deren Halbachsen 


a und iVa (a == 2 b) sind. 


Dann Konstruieren wir den Auf- und Seitenriß der orthogonalen 
Rollkurve in bekannter Weise. Schließlich konstruieren wir die klino- 
gonalen Rollkurven, welche den Werten «= 30° 60%... entsprechen. 

Um ihre Grundrisse zu erhalten, klappen wir den Kreis 66 um, teilen 
ihn in 12 gleiche und projizieren die Teilpunkte zurück auf die Strecke 
66. Mittelst Reduktionswinkel konstruieren wir die korrespondierenden 
Punkte auf den übrigen Kreisschnitten und verbinden dieselben. Die 
Auf- und Seitenrisse der klinogonalen Rollkurven erhalten wir, indem 
wir aus dem Grundriß die entsprechenden Projektionsstrahlen ziehen und 
dieselben mit den betreffenden Ellipsen zum Schnitte bringen ;oder genauer, 
indem wir alle Kreisschnitte umklappen und die betreffenden Ordinaten 
von den Achsen auf die Projektionsstrahten auftragen, wodurch wir eine, 
Kontrolle für die Ellipsen erhalten. 


Normalkegel und umschriebener Kegel. 


Aus denselben Giünden wie oben finden wir: 

Die Verbindungslinie des Momentanpoles o mit einem beliebigen 
Punkte m des entsprechenden Kreisschnittes £ ist eine Normale der 
Fläche, und der Rotationskegel o fist ein Normalkegel der Fläche. 

Sei v der Schnittpunkt der Tangente { im Momentanpole o mit der 
Tangente der Ellipse im Punkte p (Fig. 6), dann ist aus denselben Gründen 
wie früher gültig: 

Der Rotationskegel v f ist der Fläche längs des Kreisschnittes um- 
schrieben. 

Konturen der Fläche. 


Der Umriß im Grundrisse besteht aus der Ellipse und der verkürzten 
Nephroide. Die Kreise vom Halbmesser b sind Teilumrisse im Aufrisse, 
und die Kreise vom Halbmesser a sind Teilumrisse im Seitenrisse. 

Ziehen wir (Fig. 8) durch den Scheitel v die Tangentialebene an den 
umschriebenen Kegel v f, welche senkrecht zur AufriBebene ist ; die Grund- 
rißspur S, geht durch v und ist senkrecht zu X. Fällen wir vom Momentan- 
pole o die Senkrechte auf S,, dieselbe schneidet fim gesuchten Berührungs- 
punkte #; durch Umklappung des Kreises f erhalten wir seine Ordinate 


72 


z und somit auch den Aufriß #, und Seitenriß u,. Die Verbindungslinie 
v, 4, ist die Aufrißspur S, der aufriBprojizierenden Ebene, welche die 
Fläche in # berührt; es ist somit # ein Punkt des scheinbaren Umrisses 
im Aufrisse, und S, ist dessen Tangente. 

Bezeichnen wir x, y, z die Koordinaten des Punktes #, dann folgt 


aus Fig. 8: 
(23) x=2acosp, y = (a + b) sing und 2 = a? (sin! p—-cos'g) + 2a b cos? y. 


Durch Elimination von aus x und y folgt als Gleichung des Grund- 


risses: 
x2 > aye 


(23a) Ray + > = 1; daher: 


(a + b) 


Fig. 8. 


Der GrundriB des wahren Umrisses, der dem scheinbaren Umrisse 
im Aufrisse enspricht, ist eine Ellipse, deren Halbachsen 2a und a + b sind. 


Durch Elimination von aus x und z erhalten wir 

x2 22 

(23b) DRE 
a — b 


= ir daher: 


_Der scheinbare Umriß im Aufrisse ist eine Ellipse mit den Halbachsen 


on : 
a \- == und a; diese berührt natürlich die besagten Kreise vom Halb- 


messer 0, 
Durch Elimination von g aus y und z folgt: 


MM 22 
(23c) (a Hela20) Guam 


2 (a —b) 


73 


Der Seitenriß des wahren Umrisses, der dem scheinbaren Umrisse 
im Aufrisse entspricht, ist eine Hyperbel mit den Halbachsen 


(a + b) er und Va(a— 2b). 


Der wahre Umriß selbst, der dem scheinbaren Umrisse im Aufrisse 
entspricht, ist eine Raumkurve vierter Ordnung. 


Legen wir (Fig. 9) durch den Scheitel v die Tangentialebene an den 
Berührungskegel vf, welche senkrecht zur dritten Projektionsebene ist ; 
die Grundrißspur S, derselben 
geht durch v und ist senk- 7 
recht zur Y-Achse. Fällen wir 
vom Momentanpol o die Senk- 
rechte auf S,. so schneidet die- 
selbe £ in dem gesuchten Be- 
rührungspunkte w; durch Um- 
klappung des Kreises f erhalten 
wir die z-Ordinate desselben 
und daher auch den Aufriß 
- und Seitenriß des Punktes w. 
Die Verbindungsgerade v, w, 
ist die Seitenrißspur S, der 
seitenrißprojizierenden Ebene, 
welche die Fläche in w be- 
rührt ; deshalb ist w, ein Punkt Fig. 9. 
des scheinbaren Umrisses im 
Seitenrisse und S, desen Tangente, während w ein Punkt des wahren 
Umrisses ist, der dem scheinbaren Umrisse im Seitenrisse entspricht. 


Bezeichnen wir wieder mit x, y, z die Koordinaten des Punktes w, 
so liefert die Fig. (9) folgende Werte: 


(24) = (a+b)cosp, y= 2b sin p und 2? = b? (cost — sin!p) + 2 a b sin? y. 


Durch Elimination von p aus x und y folgt: 


x2 y2 


TPE + —- = 1; daher: 


(20)? 
Der GrundriB des wahren Umrisses, der dem scheinbaren Umrisse 
im Seitenrisse entspricht, ist eine Ellipse, deren Halbachsen a +6 =r und 
2 b sind. 


Durch Elimination von aus x und zerhalten wir: 


(24a) 


24b Br: 22. 835 AUTRE ME A 
“4 meee) À ah 
2 (a — b) 


74 


Der AufriB des wahren Umrisses, der dem scheinbaren Umrisse 
im Seitenrisse entspricht, ist eine Ellipse mit den Halbachsen 


al 2Qa—b re 
HE una Vote. 
( ) F(a 2p) un b(2a—b) 
Durch Elimination von p aus y und z erhalten wir: 


y2 y2 


(240) PF 28. 
a—b 


—7]; "daher: 


Der scheinbare Umriß im Seitenrisse ist eine Hyperbel mit den Halb- 


achsen bund b V 


9 


2b à : | 
TG Der wahre Umriß, der dem scheinbaren Um- 
A — 


risse im Seitenrisse entspricht, ist also ebenfalls eine Raumkurve vierter 
Ordnung. 


Geometrischer Ort der Scheitel v der Berührungskegel. 


Bezeichnen wir die Koordinaten des Punktes v mit x und y, dann 
kann man aus der Fig. 8 folgende Bestimmungsgleichungen für dieselben 
ableiten: 

(25) x cosp-—ysing =a-+b und b x cos p— ay sin p = a b. 

Aus diesen Gleichungen ergeben sich folgende Werte für die Koordi- 
naten des Scheitels v eines beliebigen Rotationskegels, der unsere Flache 
nach einem Kreisschnitte £ beruhrt: 

a? b? 
26 x = — und y = — ———.. 
ae (a—)) cos y » (a — b) sin p 

Durch Elimination von @ aus diesen Gleichungen erhalten wir die 
Gleichung: 

(27) (a? — 5) VE a? y= daher: 

Der geometrische Orts der Scheitel v aller Rotationskegel, welche 
die Rollfläche nach den Kreisschnitten £ berühren, ist eine spezielle Kreuz- 


4 4 
LR ane a se 
kurve, setzen wir nämlich en NO el = B?, so übergeht 
47 == 0" et 28 
(27) in 
| A2 B2 
9 = 1 
(27a) => + Te iS) 


Dieselbe hat X und Y zu Asymptotenrichtungen; den unendlich 
fernen Punkten derselben entsprechen also die Rotationszylinder, welche 
die Flache längs der Kreisschnitte vom Halbmesser a beziehungsweise 
b berühren und zu den betreffenden Projektionsebenen senkrecht sind; 
daher geben diese Zylinder diese Kreise als scheinbare Umrisse. 


1) Siehe: Loria-Schütte, 1. c. pag. 226. 


Eingeschriebene Kugeln. 


Aus demselben Grunde wie oben gilt: 

Die Kugel, deren Mittelpunkt der Momentanpol o, und deren Radius 
die Normale o p der Ellipse ist, ist der Fläche längs des Kreisschnittes f 
eingeschrieben. Diese eingeschriebene Kugel dient insbesondere zur Kon- 
struktion der Isophoten der Fläche ; aus ihr ergibt sich auch folgende ein- 
fache Erzeugung der Fläche: 

Bewegt Sich eine veränderliche Kugel, so daß ihr Mittelpunkt o den 
Grundkreis k beschreibt, und welche stets jene Ellipse berührt, welche mit dem 
Kreise konzentrisch ist und in seiner Ebene liegt, und deren Halbcchsensumme 
gleich dem Radius des Grundkreises ist, dann hüllt diese veränderliche Kugel 
die verkürzte Rollfläche ein. 


Die Hauptkrümmungslinien der Fläche. 


Die Kreisschnitte f der Fläche bilden die erste Schar der Haupt- 
krümmungslinien derselben. Die andere Schar sind also orthogonale 
Trajektorien dieser Kreise. Die verkürzte Nephroide und die Ellipse bilden 
eine zerfallende Hauptkrümmungslinie der zweiten Schar, weil dieselben 
von allen Kreisen f senkrecht geschnitten werden. 

Die Erzeugenden aller Berührungskegel v f sind senkrecht zu diesen 
Kreisen, sind daher Tangente» der Hauptkrümmungslinien der zweiten 
Schar ; es gilt somit: 

Die Tangentenflächen aller Hauptkrümmungslinien der zweiten 
Schar haben ihre gemeinsame Spur in der X Y-Ebene in der oben er- 
wähnten speziellen Kreuzkurve; dieselben sind also vierter Ordnung. 
Umgekehrt: jede developpable Fläche, deren Grundrisßpur diese spezielle 
Kreuzkurve ist und deren Erzeugende die Erzeugenden der Berührungs- 
kegel vf sind, berührt die Rollfläche in ihrer Rückkkehrkante, und diese 
Rückkehrkante der developpablen Fläche ist eine Hauptkriimmungslinie 
der zweiten Schar. 

Spezialfall dieser Fläche. 


Ist der beschreibende Punkt der Mittelpunkt des rollenden Kreises, 
Y 
KE 
(402+ 452 4424322 — 647? (x? + y?) =o und (x? + 4°)? = 0. 


Die erste Gleichung bedeutet die Wulstfläche, welche umhüllt wird, 


also a—b——, dann zerfällt die Gleichung (22) in folgende: 


wenn eine Kugel vom Radius = sich so bewegt, daß ihr Mittelpunkt 


einen Kreis vom Radius r beschreibt; die zweite Gleichung bedeutet 
einen unendlich schmalen, doppeltzählenden Rotationszylinder, der mit der 
Z-Asche zusammenfällt. Dieauf derallgemeinen Flächeauftretende doppelt- 
zählende Hyperbel übergeht in diesem Spezialfalle ebenfalls in die doppelt- 
zählende Z-Achse. 


76 


111. Die Fläche der verlängerten Rollkurven. 


Rollt der Kreis X am inneren Umfange eines doppelt so großen 
Kreises À vom Halbmesser 7, so daß ihre Ebenen stets zusammenfallen, 
so beschreibt bekanntlich ein beliebiger Punkt p der Ebene des rollenden 
Kreises, der vom äußeren Umfange desselben den Abstand 6 hat und vom 
inneren Umfange den Abstand a, wobei b< a und a — 6 = rist, eine Ellipse 
mit den Halbachsen a, b. Dieselbe Ellipse entsteht bekanntlich, wenn die 
Strecke x y von konstanter Lange 7 sich so bewegt, daß ihre Endpunkte 
x, y auf zwei zu einander senkrechten Achsen X, Y gleiten, wobei die Strecke 


Fig. 10. 


x y selbst die Astroide umhüllt, welche dem Grundkreise eingeschrieben 
ist; dann beschreibt der Punkt p, der dieserhalb x y liegt und von x und y 
die Abstände 6 und ahat, wobei a—b =r; ist, dieselbe Ellipse. Wir erhalten 
also diesen Fall aus dem vorhergehenden, indem wir statt eines positiven 
b ein negatives voraussetzen. Alle Konstruktionen und Gleichungen bleiben 
wesentlich dieselben ; die Kurven jedoch, die in diesem Falle auftreten, 
und die Fläche selbst ändert ihre Gestalt wesentlich und enthält verschie- 
dene Einzelheiten, auf die es notwendig ist näher einzugehen. 


Die orthogonale Rollkurve. 


Ihren Grundriß erhalten wir (Fig. 10), indem wir aus dem Ellipsen- 
punkte # auf die Tangente ¢im zugehörigen Momentanpole o die Senkrechte 
fallen, deren Fußpunkt g, der Grundriß eines beliebigen Punktes g der 


Sn | 
1 


orthogonalen Rollkurve ist. Es ist jedoch nötig zu beachten, daß den 
Momentanpolen unter der X-Achse Ellipsenpunkte über der X-Achse ent- 
sprechen. und umgekehrt, und daß folglich die mehrgenannten Kreis- 
schnitte f in diesem Falle die X-Achs2 umschließen ; die Gleichung des 
Grundrisses der orthogonalen Rollkurve ist: 


(a — b) R&+4b(a—b) (2a + D) k!+ (a?— D?) [(3 a —5b) y2+ 4b2(5a + b)] R2 

(18a) +(a +0) (a? — D?) y* — (a + b) (at — 14a?b + 32 a? b? — 18ab? — D) y? + 
+ 16 a 8 (a — D) (a + b}? — 0, 
wobei kh? = x7 + y? — (a + b)? ist. 


Aus der Konstruktion und der Gleichung geht hervor: 

Der GrundriB der rechtwinkligen Rollkurve ist eine trizirkulare 
Sextik, welche in a, b, c. à den Grundkreis À berührt, und in den Punkten 
ö aut X reelle Doppelpunkte hat, deren Abstand von s gleich + Va?—# 
ist ; aus denselben gehen symmetrische Schleifen nach den Scheiteln a und 
b. Dieselbe hat die Gestalt einer Kornoide. 

Die Gleichung des Aufrisses der orthogonalen Rollkurve ist: 


(188) (a— 2) (a + 2)? = (a + b) x. 


Dieser Aufriß ist also eine divergente kubische Parabel!) und zwar 
doppeltzählend, welche in den Punkten 0, 8 die Tiefe b und im Punkte d 
die Hohe 6 hat und endlich in Scheitel 4, 12 die Höhe a besitzt. Die X- 


Achse schneidet dieselbe im Abstande Az von S. 


Der Seitenriß der rechtwinkligen Rollkurve hat die Gleichung: 
(187) Bed le P 


Derselbe ist also wiederum eine doppeltzählende Kubik, und zwar eine 
divergente Parabel, welche die Z-Achse in den Punkten z = + bschneidet 
und im Punkte z= + beinen Doppelpunkt hat, aus dem eine symmetrische 
Schleife ausgeht. Die größte Höhe a erreicht dieselbe in den Punkten, 
iur welche y= + riet. | 

Die orthogonale Rollkurve ist also eine Raumkurve sechster 
Ordnung. 
| Der GrundriB der orthogonalen Rollkurve entsteht auch, wenn sich 
ein rechter Winkel og, p so bewegt, daß der Schenkel o g, den Grundkreis 
einhüllt, während der Schenkel fq, die dem Kreise vom Halbmesser a +b 
eingeschriebene Astroide einhüllt; dann beschreibt dessen Scheitel g, 
diese Sextik. Daraus konstruieren wir wiederum leicht den Pol ®, dessen 
Ort die vierblätterige Rhodonea ist, welche dem Kreise vom Halbmesser 
a + b eingeschrieben ist, und deren Gleichung ist: 


(x? + PP = (a + 5)’ (x? — Y°)°. 


siehe: Teixeiral. c.-p. 131. 


18 


Die klinogonalen Rollkurven konstruieren wir ebenso wie früher 
mittelst der Reduktionswinkel; unter Benützung der Mannheimschen 
Konstruktion erhalten wir auch deren Tangenten und Normalen. Die 
Projektionen der klinogonalen Rollkurven haben die Gleichungen: 


4 k® sin! — + 4R?[2 u? + (a—b) v?] sin? = cos? = (1-4 sin? = ol. 


2 
(200%) + u? ve — b)? (1 — 4 sin? =) + 4 a b cost le — 4 sin? = — 


ue ue 
16 v° sin 9 cos 9 0, 
wobei bedeutet: 
Re = 22 + 2? — (a? — a db + 3D), 4 = Lx? + ay? — a 
und v= —bx? + ay? + ab(a —b). 


Der GrundriB ist also trizirkuläre Sextik. 


(208) (2—asina) (- Sin — + a cos = + (a + b) x? sin @ cos? = a —oe 


(209) (z + 0 sin à) (z sin = —bcos =) = (a + b) y? sin «cos? = — 10! 


Der Auf- und Seitenriß sind also verschiedene Formen divergenter 
kubischer Parabeln. Für a = 180° erhalten wir die verlängerte Nephroide, 


deren Gleichung ist: 
[2 k2 + 8 b (a+b)] + 9 b (a—b) (2k? + 3 b (a—b)} — 
— 54 (a + b) (a—b)?y? = 0, 
wobei k2 = x? + y? — (a + 6)? ist. 
Dieselbe schneidet die X-Achse in den Scheiteln, deren Abstand vom 
Mittelpunkte s gleich ist + (a—2 b), und hat auf dieser Achse Doppelpunkte, 


deren Abszissen + ER" 2) 


(21a) 


ist. Die Achse Y wird in den Punkten 


von der Ordinate + (2 a —b) geschnitten und in imaginären Doppelpunkten. 


Die Flache der verlangerten Rollkurven. 


Alle verlangerten Rollkurven, welche vom Punkte A ausgehen und 
allen Werten von « entsprechen, erfüllen eine Fläche, die wir kurz die ver- 
längerte Rollfläche nennen; ihre Gleichung ist: 


(aaa #0) 9° (+30)? + 18 (2 + 3 218 (a2) (a’- D?) y2u8 (k? +3 2) — 
— 4 (a —b) u® — 27 (a — D}? (a? — ey = 0, 

wobei | 

R= x2 + y? + 2 (a + b)?, uw = — 2b (x? + y?) — (a +b) 2 + db (a + b) (2 a —b) 


bedeutet. 


i 


79 


Für z=o0 zerfällt der Schnitt in die oben angeführte Ellipse und 
verlängerte Nephroide. 
Für v=o folgt: 
uf (hk? + 3 b?)? — 4 (a — b) u? — 0 
und daher: 
u® = o und (k? + 3 b?)? — 4 (a — D) 8 = o. 


Dem ersten Werte entspricht doppelt: 


2) ~2 


X° zZ 


Zuge "Hann 
2 


Die Fläche hat also in der X Z-Ebene eine reelle Doppellinie und 
zwar eine Ellipse, deren Halbachsen 


re Vb Ga) 
sind ; diese Ellipse geht durch die reellen Doppelpunkte der verlängerten 
Nephroide, und in den Punkten dieser Doppelellipse schneiden sich sym- 
metrische Kreisschnitte f. Dem zweiten Werte entspricht: 


(x? + 22)? —2 (a —2ab+ 2b?) x? + 2a (a —2b) 27+ a? (a—2b)? — 0. 
Diese Gleichung läßt sich in das Produkt zerlegen: 
(RP +2 —B}- {fe + (a DE + BB} = 0, 


Die X Z-Ebene schneidet die Fläche noch in Kreisen vom Halbmesser 
b, deren Mittelpunkte die Punkte a,b des Grundkreises sind. 

Für «=o erhalten wir als Gleichung des Schnittes der Fläche mit 
der Ebene Y Z: 

4 (a2 — D?) y? [(y? +22) — (a? +2ab — 202)’ + [—2dy? —(a+b)?+ 
+ b (2a? + ab —Db?)}* [(y?-+ 2) — (a? +2ab— 26°? — 18 (a — b) 
(a — 2) 2 [—2by®@— (a + 5) À + b(2a® + ab—B)] “[(y? + À) — 
(a +2ab—20?)] — 4 (a— b) [—2b4*— (a+ b) 2 + b (2a? 4+ ab— b?)]? — 
— 27 (a — b)? (a? — b?)? 44 = 0 


Diese Gleichung zerfallt in folgendes Produkt: 
{Ly —(@ — HP + 2— a} {Ly + (@ DE +20): 
{2 a y? + (a — db) 2 + a (a —b) (a— 2 b)} = 0. 


Der Schnitt der Fläche mit der Ebene Y Z zerfällt also in zwei Kreise 
mit dem Halbmesser a, deren Mittelpunkte die Punkte c,d des Grund- 
kreises sind, und in eine imaginäre Doppelellipse, deren Halbachsen sind 


er und sVa(a—20). 


80 


Aus dem Früheren folgt für den Halbmesser eines beliebigen Kreis- 
schnittes £ der Wert: 
bq, = a Sin? — bcos" @. 
Für den Nullkreis oder für die Umbilikalpunkte der Fläche haben 
wir also die Beziehung: 7 = 
SF ; | PACE 0) 
a sin? py — bcos? g = 0, oder: cos p = mere, ee 
aus welcher nachstehende einfache Konstruktion der Umbilikalpunkte 
der Fläche sich ergibt: 
Wir beschrieben (Fig. 11.) auf der Strecke C’ D, welche vom Scheitel 
D der großen Halbachse « der Ellipse begrenzt ist, die auf die Achse 
Y gedreht ist, und von dem 
Punkte C’ des Kreises vom 
Halbmesser a+ b als Durch- 
messer einen Kreis, welcher die 
X-Achse im Punkte  schnei- 
det; in diesem Punkte m er- 
richten wir die Senkrechte, 
welche den Kreis vom Halb- 
messer «a + b im Punkte 0’ 
schneidet; ergänzen wir das 
Rechteck smo’n’, dann ist 
mn’ die gemeinsame Tangente 
der Ellipse und Astroide. Fäl- 
len wir vom Punkte o’ die 
Senkrechte 0’ pauf mn’, dann 
ist p der Berührungspunkt der 
Ellipse und der Astroide. 
Fig. 11. Die erste Genauigkeits- 
kontrolle ist, daß o’ p die Tan- 
gente des Grundkreises vom Halbmesser a —b im Punkte o sein muß, der 
auf dem Halbmesser ns liegt. Ergänzen wir das Rechteck sxoy, dann 
haben wir zweite Kontrolle, daß die Diagonale x y durch p geht, und dritte 
Kontrolle, daß die Strecke mp=xp=b ist. 
Aus den Gleichungen für die Koordinaten eines beliebigen Punktes 
der verlängerten Fläche erkennen wir, daß diese Umbilikalpunkte die 
Koordinaten haben: 


ah Ir yo > : 
a + b a+b 
Aus diesen Gleichungen ergibt sich eine ebenso einfache Konstruktion 
des Umbilikalpunktes p. Die anderen Umbilikalpunkte sind zu dem 
eben gefundenen symmetrisch in Bezug auf X und Y. Der Umbilikalpunkt 
p ist offenbar der gemeinsame Schnittpunkt der Ellipse, der verlängerten 


8 —= 0. 


81 


Nephroide, der dem Kreise vom Halbmesser a+b eingeschriebenen Astroide 
und des Grundrisses der orthogonalen Rollkurve; außerdem berühren 
sich in diesem Punkte die Ellipse und die Astroide. Durch diese Umbilikal- 
punkte 5 müssen auch alle klinogonalen Rollkurven gehen ; ihre Grundrisse 
müssen sich in diesem Punkte berühren. 


Konstruktion der Fläche. 


Wir theilen (Fig. 12) den Grundkreis — da der Verlauf der Fläche 
komplizierter ist — in 36 gleiche Teile, ziehen die Tangenten in den 
Teilungspunkten, zeichnen die zugehörigen Rechtecke und deren Diago- 
nalen. Die nicht durch s gehenden Diagonalen umhüllen die dem Grund- 
kreise eingeschriebene Astroide. Auf diese Diagonalen xy übertragen 
wir von der X-Achse auf die Verlängerung die Strecke x = b und erhalten 
die Punkte 0...36 der Ellipse, deren Scheitel ABCD sind. Aus diesen 
Punkten fällen wir die Senkrechten auf die zugehörigen Tangenten des 
Grundkreises, ihre FuBpunkte 0...36 erfüllen den Grundriss der ortho- 
gonalen Rollkurve. Die Längen dieser Senkrechten übertragen wir auf die 
entgegengesetzte Seite der Tangenten und erhalten die Punkte 0...36 
der verlängerten Nephroide. 


Die Strecken, welche gleich. bezeichnete Punkte der Ellipse und der 
Nephroide verbinden, sind die Grundrisse der Kreisschnitte f und hüllen 
die dem Kreise vom Halbmesser a + b eingeschriebene Astroide. Die 
Auirisse und Seitenrisse dieser Kreise sind im allgemeinen Ellipsen, die 
wir mittelst der Streifenkonstruktion zeichnen. Die Kreise 0,0; 18,18 
projizieren sich im Aufrisse in wirklicher Größe als Kreise vom Halb- 
messer 5b; die Kreise 9, 9; 27.27 projizieren sich im Seitenrisse in wirk- 
licher Größe als Kreise vom Halbmesser a. Dann konstruieren wir die 
klinogonalen Rollkurven, die den Winkeln 22149, 45°... entsprechen. 
Ihre Grundrisse erhalten wir mittelst der Reduktionswinkel : ihre Auf- und 
Seitenrisse durch Umklappung der Kreisschnitte in die Grundrißebene. 
Endlich konstruieren wir die Umbilikalpunkte im Grundrisse und die 
Doppelellipse im Aufrisse, in deren Punkten sich symmetrische Kreise 
schneiden. 

Es ist ein besonderes Augenmerk auf den Verlauf der Kreisschnitte 
im Grundrisse vom Scheitel A der Ellipse bis zum Umbilikalpunkte 2 
und dann auf der Nephroide von diesem Umbilikalpunkte bis zum Doppel- 
punkte derselben zu richten. 

Von den Normalkegeln und den umschriebenen Kegeln gelten eben- 
falls die früher angeführten Sätze. 


Umrisse der Fläche. 


Der scheinbare und der wirkliche Umriß im Grundrisse ist die Ellipse 
und die verlängerte Nephroide. Die Kreise vom Halbmesser b sind der 
Bulletin International. XXI. 6 


83 


innere Umriß im Aufrisse, und die Kreise vom Halbmesser a sind der äußere 
Umriß im Seitenrisse. 
. Ferner gilt: 
Der scheinbare Umriß im Aufrisse ist eine doppeltzählende Ellipse, 


deren Halbachsen a = 7 und a sind; der zugehörige Grundriß der 


Berührungskurve ist eine Ellipse mit den Halbachsen 2a und a—b; der 
zugehörige Seitenriß ist eine Hyperbel mit den Halbachsen 


a—b VS Verne 
( ) (GE 0) und Va(a + 25). 
Der wahre UmriB, der dem scheinbaren Umrisse im Aufrisse entspricht, 
ist also eine Raumkurve vierter Ordnung. 
Der scheinbare innere Umriß im Seitenrisse ist eine doppeltzählende 


2b 
a—b 
der Berührungskurve ist eine Ellipse mit den Halbachsen a — 6 und 25; 
der zugehörige Seitenriß ist eine Hyperbel mit den Halbachsen 


Ellipse mit den Halbachsen 6 und eV ; der zugehörige Grundriß 


(a — D) CT und Vb(2a —b). 
Der wahre UmriB, der dem scheinbaren Umrisse im Seitenrisse entspricht, 
ist also ebenfalls eine Raumkurve vierter Ordnung. 

Der geometrische Ort der Scheitel » aller Rotationskegel, welche 
der Fläche längs der Kreisschnitte f umschrieben sind, ist dieselbe spezielle 
Kreuzkurve wie früher. 

Die Kugeln, deren Mittelpunkte Momentanpole o sind, und welche 
die Ellipse A BC D berühren, sind der Fläche längs der Kreisschnitte f 
eingeschrieben ; daher folgende Erzeugung der Fläche: 

Bewegt sich eine veränderliche Kugel, so daß ihr Milteidunkt den 
Grundkreis € beschreibt, und welche stets die konzentrische, mit dem Kreise in 
derszlben Ebene liegende Ellipse berührt, deren Halbachsenunterschied dem 
Halbmesser des Grundkreises gleich ist, dann umhüllt diese veränderliche 
Kugel die verlängerte Rollfläche. 

Die Kreisschnitte f bilden die erste Schar der Hauptkriimmungslinien. 
Die zweite Schar sind die orthogonalen Trajektorien derselben. Die Ellipse 
und verlängerte Nephroide bilden eine Hauptkrümmungslinie der zweiten 
Schar. Die gemeinsame Grundrißspur der aufwickelbaren Tangenten- 
flächen der Hauptkrümmungslinien der zweiten Schaar ist wiederum der 
oben angeführte spezielle Kreuzkurve, und umgekehrt. 

Jede aufwickelbare Fläche, deren Grundrißspur diese Kreuzkurve 
ist, und deren Erzeugende die Erzeugenden der Berührungskegel v f sind, 
berührt die verlängerte Rollfläche längs der Rückkehrkante, und diese 
Rückkehrkante ist eine Hauptkrümmungslinie der zweiten Schar. 

6* 


84 


Spezialfall der verlängerten Rollfläche. 


Ist der beschreibende Punkt # im Unendlichen, so sind a und b 
unendlich groß, deren Unterschied 4 — b =r ist aber endlich, wobei 7 
gegenüber a und 5 unendlich klein ist ; es ist daher a=b. Durch Einsetzen 
dieser Werte in die Gleichung (22*) erhalten wir die Gleichung: 


(x? + y? + 2 — a?)4 = o; daher 


Wenn der beschreibende Punkt p ins Unendliche fällt, so übergeht 
unsere Fläche in diesem Grenzfalle in die vierfachzählende Kugel vom 
unendlich großen Radius, also in die unendlich ferne Ebene. 

Schließlich sei dankend erwähnt, daß die Figuren die Herren Assi- 
stent Vladimir Maëek und Dozent Dr. V. Simandl gezeichnet haben. 


Über die ersten Machaerodus-Funde im 
Hôhlendiluvium von Mähren und Nieder-Österreich. 


Von 


Doz. Dr. JOS. WOLDRICH. 
(Mit 1 Tafel und 5 Textfiguren.) 


Vorgelegt am 14. Jänner 1916. 


Während meines Aufenthaltes in Brünn besuchte ich öfters den 
Jurafelsen ‚‚Stranska skala‘‘, welcher etwa eine halbe Stunde östlich der 
Stadt gelegen ist. Ich sammelte hier im Jurakalkstein paläontologisches 
Material und bestimmte dasselbe teilweise im geologisch-paläonto- 
logischen Institute der Universität zu Berlin. Bei dieser Gelegenheit 
gedenke ich gerne des werten Zuvorkommens, dessen ich in diesem 
Institute, insbesondere durch Herrn Geheimrat Prof. W. Branca 
und Herrn Prof. Stre mme, teilhaft wurde. Die Bearbeitung des 
Iurassischen Materials konnte ich bisher nicht zu Ende führen, da hiezu 
ein längerer Aufenthalt außerhalb Prag notwendig wäre. 


Die ‚Stränskä skäla‘‘ besteht aus Kalkstein, welcher zahlreiche 
Hornsteinlager enthält; er fällt mäßig gegen S. ein. Zum erstenmale 
wurde er wissenschaftlich von dem jüngst verstorbenen hervorragenden 
Geologen Uhlig!) erforscht. Derselbe sprach auf Grund des von 
ihm gesammelten spärlichen Materials die Ansicht aus, daß dieser 
Kalkstein mit den Ruditzerschichten gleichalterig ist; er würde also 
der Bimammatenzone des oberen Oxfordian oder dem Malm ß angehören. 


Eine größere Anzahl von Versteinerungen, die ich daselbst sammelte, 
stimmt mit der von Uhlig ausgesprochenen Ansicht überein; vielleicht 
sind hier auch noch höhere Horizonte des Malm vertreten. 


1) V. Uhlig, Jurabildungen i. d. Umgebung v. Brünn. Beitr. zur Paläont. 
und Geol. Österreich-Ungarns. 1881. Bd. I. 


86 


Die Kalksteine werden zur Kalkbrennerei, Zementfabrikation und 
zu Schotter verwendet. Nach einer vom Technologischen Gewerbe- 
Museum in Wien ausgeführten Analyse haben sie folgende Zusammen- 
setzung: 


cS) | © 1.52. ee ee Sa 1:70 
AIO, 2. dae ee ees as ee RON 0-78 
Fes, ..4.2..2.2 Aue oer 0:35 
GaO bi ces cd ule Re 54:02 
MnO. . . 4 on Sana ee 0:14 
CO, 2.2.22 200 ee ee Soucek tbo 42:38 
In HCl unlösl: Bestangtenllern eee 0:55 

99°89 


Beim Steinbruchbetriebe wurde während meines Aufenthaltes 
in Brünn eine kleine Höhle bloBgelegt, deren Vernichtung ich zur rechten 
Zeit verwehren konnte. Sie war zum groBen Teile mit Diluviallehm 
ausgefüllt, welcher reichlich Knochen und Zahne insbesondere diluvialer 
Saugetiere enthielt. 

Den Zugang zu der Höhle bildete ein etwa 1144 m breiter Gang. 
Die Höhle selbst war ca 4 m breit ; hinten wurde sie durch einen Felsen- 
vorsprung in zwei Seitenkammern geteilt. Die Länge vom Anfange 
des oben erwähnten Ganges bis zum Felsenvorsprunge betrug beiläufig 
9 m, ihre Höhe im vorderen Teile ca 13/, m bis 3 m. Von den beiden 
genannten Kammern im Hintergrunde der Höhle erreichte die eine 
die Länge von 2 m und Höhe von 3 m, die andere eine Länge von etwa 
3 m und eine Höhe von 14, m. 

Ich begann mit Hilfe einiger aber systematisch den ganzen 
Komplex der oberen dunkelbraunen und unteren helleren fossilreichen 
Lehme abzugraben.?) Im tonigen Lehme fand ich zahlreiche Stücke von 
Holzkohle und manche Knochen waren mit Asche bedeckt oder kalziniert ; 
Reste von Feuerstätten bezeugen wohl die Anwesenheit des Menschen 
zur Diluvialzeit. 

Im untersten braunen Lehme fand ich außer zahlreichen Knochen 
und Zähnen von Säugetieren einen linken oberen Reißzahn, der durch seine 
Plattheit sogleich auffallend war. Er gehört der im Diluvium ausge- 
storbenen Felide aus der Gattung Machaerodus an, deren diluviale Reste 
in Europa überaus spärlich und selten sind. In der Nachbarschaft dieses 
Zahnes lagen Knochen von Felis spelaea, Hyaena spelaea, Ursus spelaeus, 
Elephas primigenius, wahrscheinlich auch Elephas antiquus und andere. 
In dieser Arbeit will ich hauptsächlich den seltenen vereinzelten Fund 
des linken oberen Reißzahnes (P4) unseres Machaerodus beschreiben. 


*) Hiebei war mir bereitwilligst und wesentlich Herr IngC. J. Mazaé 
aus Brünn behilflich, Auch wurde ich in zuvorkommender Weise von den damaligen 
Besitzern der Stränskä skäla unterstützt. 


87 


Nach Boule’) tritt die Gattung Machaerodus in Europa zum 
erstenmale im Eozän auf; aus dem mittleren Miozän kennt man zwei 
Arten, Machaerodus palmidens Blainv. und Machaerodus Jourdani Filh.; 
aus dem oberen Miozän Machaerodus aphanistus Kaup von Eppelsheim, 
Pikermi, Samos etc. Aus dem Pliozän wurden die Arten Machaerodus cul- 
tridens Cuv. (Valdarno und Auvergne), Machaerodus crenatidens Weith. 
(Valdarno, Sainzellles u. Ceyssagnet, wahrscheinlich auch aus den 
Forestbeds in England) und Mach. Nestianus (Valdarno) beschrieben ; 
letztere Art möchte Boule eher mit der vorhergehenden zusammen- 
fassen. Aus dem Diluvium wird eine einzige Art, nämlich Mach. latidens 
Owen beschrieben. Ihre Reste wurden in den Kenthöhlen in England, 
in Frankreich in der Höhle La Baume, bei Montmaurin und Abbeville, 
ferner in Ligurien vorgefunden. In Mitteleuropa fand wohl zum ersten- 
male Überreste dieser Art Freudenber g4) in der Höhle von Hunds- 
heim in Unterösterreich. 

Beiweitem mehr als in Europa war die Gattung Machaerodus 
(auch Smilodon) im Diluvium Amerikas spezialisiert. Aus Südamerika 
(Brasilien und Argentinien) kennen wir Smilodon neogaeus, aus Nord- 
amerika einige Arten, wie Smilodon californicus (Kalifornien, s. Taf. 
Fig. IV.), Smilodon gracilis (Pennsylvanien u. a.). 

Das bezeichnendste Merkmal der Machaeroden sind die oberen 
Eckzähne, welche eine ungewöhnliche Länge erreichten (vergl. Taf. 
Fig. IV.) ; aber auch Gestalt, Form und Dimension der oberen Reißzähne 
sind für die einzelnen Arten dieser Gattung charakteristisch (vergl S. 4, 
Fig. 1—5). Ihre Krone besteht aus drei Loben, dem vorderen (Protostyl), 
mittleren (Paracon) und hinteren (Metacon) Lobus. Bei allen miozänen 
Arten ist der Prostostyl der oberen Reißzähne durch eine tiefe Rinne 
in eine kleinere vordere und eine größere hintere Spitze geteilt, bei 
Mach. aphanistus entstehen hiedurch aus dem Protostyl sozusagen zwei 
selbständige Loben (siehe S. 4, Fig. 5). Bei den pliozänen Arten ist 
der Prostostyl der oberen Reißzähne nicht geteilt, während man bei 
den diluvialen Nachkommen über Art und Gestalt dieser Zähne bisher 
nichts wußte. Es wurden nämlich bisher nirgends in ganz Europa obere 
Reißzähne diluvialer Machaeroden gefunden und beschrieben, so daß die 
beiden von uns beschriebenen Funde wesentlich die Kenntnis dieser - im 
europäischen Diluvium so überaus seltenen und spärlich aufgefundenen 
Feliden ergänzen. 

Die Zugehörigkeit des von mir im untersten Höhlenlehm der 
Stränskä skäla aufgefundenen oberen Reißzahnes zur Gattung Machae- 


3) M. Boule. Revision des espèces européennes de Machairodus. Bulletin 
de la soc. géolog. de France 1901, S. 551: — Derselbe. Les grands chats des 
Cavernes. Annales de Paléontol. Paris 1906. k 

4 W. Freudenberg. Die Fauna von Hundsheim in Niederösterreich. 
Jahrb. d. geol. Reichsanst. Wien 1908. S. 197. 


88 


yodus läßt keinen Zweifel zu. Er verrät sich durch die ungewöhnliche 
Schärfe der Zahnschneide, die teilweise Kerbung an den distalen und 
proximalen Rändern der einzelnen Loben, das Fehlen des Protocon 
an der Innenseite der Krone und durch seine ungewöhnliche Plattheit 
(Taf. Fig. I—II.);%) durch diese Merkmale unterscheidet er sich 
wesentlich von den oberen Reißzähnen anderer Feliden. 


Fig. 3. Fig. 4. 


Fig. 5. 


Schemat. Abbildungen der oberen linken Reißzähne (natürl. Gr.) 


Fig. 1. Machaerodus morav.n. sp. Hôhlendiluvium. Stränskä skala bei Brünn. Mähren. 
Fig. 2. Mach. latidens Owen. Höhlendiluvium. Hundsheim. Nieder-Osterreich. 

Fig. 3. Mach. crenatidens Fabrini. Pliozän. Valdarmo, Italien. 

Fig. 4. Smilodon neogaens. Diluvium. Süd-Amerika. 

Fig. 5. Mach. aphanistus Kaup. Ober-Miozän. Pikermi. (Fig. 5. nach Boule.) 


5) Die Photographien 1—3 auf Taf I. stellte freundlichst H. Univers.-Prä- 
parator J. Rejsek her. 


89 


In seinen Dimensionen und nach seiner Oberfläche erinnert unser 
Zahn am ehesten an die pliozäne Art Mach. crenatidens aus dem Valdarno 
(vergl. S. 4, Fig. 1. und 3.), welche von Fabrini beschrieben wurde.®) 
Die Länge der Krone ist bei beiden Zähnen fast gleich, die Höhe des 
mitteren Lobus ist in unserem Falle etwas größer, ebenso die Höhe des 
Zahnes bei der hinteren Wurzel ; auch weist der mährische Zahn eine noch 
größere Plattheit auf, als dies bei der pliozänen Art M. crenatidens der 
Fall ist (siehe die Übersichtstabelle auf Seite 6). 


Von den drei Loben der Krone unseres Reißzahnes ist der Protostyl 
abermals deutlich in zwei Spitzen geteilt, von welchen die vordere bei- 
weitem kleiner als die hintere ist (s. Taf. Fig. I—II.). Charakteristisch 
ist die Kerbung, die man am vorderen Rande der größeren Spitze des 
Protostyls und des Paracon und an hinteren Rande des Metacon beob- 
achten kann. Nech deutlicher pflegt diese Kerbung an den Erkzähnen 
der Machaeroden aufzutreten. An der Innenseite ist der hintere Teil 
des mittleren Lobus unseres Zahnes sowie der vordere Teil des hinteren 
Lobus abgenützt, so daß sich eine Kerbung nicht bemerken läßt. 


Die Höhe des vorderen Lobus beträgt an der Außenseite der Zahnes 
1:6 cm, des mittleren Lobus 2 cm, des hinteren Lobus etwa in seiner 


Mitte, durch welche eine seichte Furche verläuft, 1°9 cm. 


Der beschriebene Reißzahn hat 3 Wurzeln, von denen die hintere 
viel breiter ist als die vorderen; ersterer fügt sich der ganze hintere und 
die Hälfte des mittleren Kronenlobus an (siehe S. 4, Fig. 1 und Taf., 
Fig. I—II.). Die Oberfläche der Zahnkrone ist infolge von zahlreichen 
Längsrinnen und rundlichen Vertiefungen ziemlich rauh, ähnlich wie dies 
Fabrini bei Mach. crenatidens feststellte. Von diesem unterscheidet 
sich jedoch unser Zahn durch ein wichtiges Kennzeichen, nämlich 
die Zweiteilung des Protostyls. Dieser Meinung ist auch M. Boule, 
der sich speziell mit den europäischen Machaeroden befaßte und dem 
ich auch eine Abbildung des mährischen Zahnes zusandte.’) 

Anfangs war ich der Ansicht, daß unser Reißzahn der bisher 
einzigen, bekannten diluvialen Art Mach. latidens Owen angehört. 
Durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. F. X. Schaffer, Kustos 
des naturwissenschaftlichen Hofmuseums in Wien, erhielt ich auf mein 
Ansuchen einen Gipsabguß des rechten Oberkiefers von Machaerodus 
latidens, welcher von Freudenberg (l. c. 3) in der Höhle von Hundsheim 


8) M. Fabrini. J. Machairodus del Valdarno sup. Bollet. del R. Com. geol. 
d’Italia. 1890. Taf. 4-6, S. 121, 161. 
7) Ich entnehme seiner Zuschrift: ,,Je ne connais pas de carnassiére supéri- 


eure du M. latidens, et je ne crois pas, qu’on en conna’sse. — Jusqu’a present on ne 
conaissait pas la carnassiére superieure de Mach. latidens.‘“ — Was die Zweiteilung 


des vorderen Lobus, auf die ich aufmerksam machte, anbelangt, sagt Boule: ,,Cela 
distingue ces deux pieces (den mährischen und niederösterreichischen Reißzahn) 
de M. crenatidens, pliocene.‘ 


90 


in Nieder-Ostereich ausgegraben wurde; in diesem Oberkiefer ist auch 
der Reißzahn erhalten. Nebstdem wurden von Freudenberg hier noch 
zahlreiche andere Überreste dieser diluvialen Machaerodusart, wie 
Eckzähne, Unterkiefer, Wirbel, Beckenknochen, Rippen, Extremitäten- 
knochen und Schädelfragmente aufgefunden, jedoch bisher nicht näher 
beschrieben. 

Das genannte Oberkieferfragment mit dem zugehörigen Reißzahne 
ist ein ganz allein dastehender, überaus wichtiger Fund, da er uns zum 
erstenmale mit dem oberen Reißzahne des diluvialen Mach. latidens 

bekanntmacht. (Vergl. S. 4, Fig. 2 und Taf. Fig. III.) 


Ich konnte gelegentlich das Original im Hofmuseum zu Wien 
besichtigen. Die Länge der Krone dieses Reißzahnes ist etwas kleiner 
als beim mährischen Exemplare ; ebenso ist die Höhe des mittleren Lobus 
geringer und die Zahndicke etwas bedeutender (vergleiche die fol- 
gende Tabelle). Auffallend ist insbesondere auch die Glattheit der . 
Krone, welche den Zahn wesentlich von unserem mährischen Funde und 
von Mach. crenatidens unterscheidet. Mit ersterem stimmt er jedoch 
durch die deutliche Zweiteilung des vorderen Lobus überein. 8) 


Die nachstehende Tabelle belehrt uns über die Dimensionen der 
oberen Reißzähne bei der pliozänen Art Mach. crenatidens, bei den 
diluvialen Arten Mach. n. sp., Stränskä skäla, und Mach. latidens von 
Hundsheim, sowie bei zwei amerikanischen Smilodonten. 


M. cre- | Mach. | M. | Smil, | Smit. 
on natidens | n. sp. | latidens |neogaeus | gracilis 
Val- |Stränskä | Hunds- | Süd- ')| Port!) 
| darno®) | skäla | heim | Amerika | Kennedy 
Länge der Krone 45 43 40 45 31 
Höhe des mittl. Lobus 18 20 16 21 


Zahnhöhe bei der hint. Wurzel oi ca 39 


Zahndicke beim hint. Lobus 13 10 2 elo 14 


Ein bemerkenswertes und wichtiges Merkmal ist beim mährischen 
und niederösterreichischen Reißzahne die Zweiteilung des Protostyls. 
Wir begegnen diesem Merkmal bei geologisch viel älteren, insbesondere 


8) Am Gipsabgusse (Taf. Fig. III.) ist diese Teilung nicht erkennbar. 
*) Nach Fabrin:l.e > 
*°) Nach einem Gipsabgusse aus dem Senckenbergschen Museum zu Frankfurt, 
der mir freundlichst leihweise durch Herrn Kustos Prof. Dr. Drevermann zu- 
gesandt wurde. 
?) Nach E. D. Co p e.The fossil Vertebreta from the fissure at Port Kennedy. 
Proceed. Acad. natur. Sciences. Philadelphia 1895, S. 446. 


ui NET 


ON 


bei miozänen Machaerodenarten. Bei diesen ist allerdings der vordere 


Lobus des oberen Reißzahnes auch viel breiter als bei den pliozänen und 
bei unseren diluvialen Arten. Während er beim miozänen Mach. apha- 
nistus fast ein Drittel der Kronenlänge einnimmt, entspricht er bei letzte- 
ren bloß etwa einem Viertel derselben oder noch weniger (vergl. S. 4, Fig. 
1—3, 5). Eine Ausnahme bildet der südamerikanische Smilodon neogaeus, 
dessen oberer Reißzahn in seinen Dimensionen ziemlich mit jenem von 
Mach. aphanistus übereinstimmt. Boule hält ihn deshalb auch für 
einen Nachkommen der letztgenannten Art. 

Hingegen ist bei pliozänen Arten der vordere Lobus nicht geteilt. 
Die Zweiteilung desselben tritt jedoch, wie vorher erwähnt, abermals 
bei den von uns beschriebenen diluvialen Arten auf. Offenbar handelt 
essich bei diesen um ein atavistisches Merkmal, welches an einen ursprüng- 
lich primitiveren Stand dieser Feliden erinnert. So fand man z. B. 
eine solche Teilung auch bei den oberen Reißzähnen des Milchgebisses 
von Felis spelaea. Die Dimensionen, die Abnützung, sowie die übrigen 
Eigenschaften der von uns beschriebenen Zähne schließen allerdings 
ihre etwaige Zugehörigkeit zum Milchgebisse aus. 

Es ist gewiß interessant, daß dieses atavistische Merkmal sich nicht 
bloB — wie wir zum erstenmale in dieser Arbeit feststellten — bei den 


europäischen diluvialen Machaerodusarten vorfindet, sondern sich auch 


bei dem parallelen amerikanischen Aste der Smilodonten, der eine weit 
größere Spezialisierung als der europäische diluviale Machaerodusaufweist, 
bemerkbar macht. Eine Zweiteilung des Protostyls am oberen Reißzahne 
läßt sich bei Smilodon neogaeus aus Süd-Amerika (S. 4, Fig. 4) erkennen, 
wie ich am erwähnten Gipsabgusse feststellen konnte ; ebenso wohl auch 
bei Smilodon californicus (Taf., Fig. IV.) — soweit ich nach einer mir 
freundlichst von H. Prof. Dr. Drevermann zugesandten Photogra- 
phie des Originales im Senckenbergischen Museum zu Frankfurt urteilen 
kann. Dasselbe Merkmal findet man auch nach Cope (1. c. 8) bei einer 
kleineren amerikanischen Art Smilodon gracilis. 

Wenn ich schließlich die beiden, von uns bechriebenen oberen Reißzähne 
der europäischen diluvialen Machaeroden vergleiche, so finde ich, daß sie — 
ungeachtet der für Machaerodus überhaupt charakterischen Merkmale 
in der atavistischen Zweiteilung des vordern Lobus zwar übereinstimmen, 
sonst jedoch vielfach von einander abweichen. Die Krone des mährischen 
Zahnes ist infolge von zahlreichen Furchen und Vertiefungen rauh — 
ähnlich wie beim pliozänen M. crenatidens —, beim. Reißzahn von 
Hundsheim jedoch vollständig glatt — wie beim pliozänen M. cultridens. 
Beim -mährischem Reißzahne sind einig: Lobenränder gekerbt, beim 
niederösterreichischen konnte ich dies nicht beobachten, obwohl hier 
nicht die Möglichkeit ausgeschlossen ist, daß die Kerben durch Abnützung 
des Zahnes verschwunden sind. Es möge gleichwohl erwähnt werden, 
daß sich in ähnlicher Weise — was die Kerbung anbelangt — die oberen 


92 


Eckzähne der pliozänen Arten M. crenatidens und M. cultridens von 1 
einander unterscheiden. — Weiterhin findet man am hinteren Lobus 
des Zahnes von Hundsheim nicht jene Furche, welche bei der mährischen 
Art so deutlich hervortritt. 

Da die Zugehörigkeit des Hundsheimer Oberkiefers samt Reißzahn 
zum diluvialen M. latidens Owen infolge der gleichzeitigen Auffindung 
von unzweifelhaften Skelettresten dieser Art feststeht, bin ichder Ansicht, 
daß der durch die vauhe Kronenober fläche, seine Dimensionen und noch 
anders von jenem abweichende Reißzahn aus der Stranska skäla bei Brünn, 


einer anderen, neuen diluvialen Art angehört, die ich Machaerodus mora- « 


vicus n. sp. benennen will. 

Boule spricht in seiner ausgezeichneten Arbeit über die europäischen 
Machaerodusarten — allerdings vorläufig — die Ansicht aus, daß Mach. 
latidens vom pliozänen M. crenatidens abstammen dürfte. Auf Grund 
der von mir gemachten, oben erwähnten Untersuchungen und Beob- 
achtungen halte ich eseher nicht für ausgeschlossen, daß Mach. moravicus 
n. sp. vom pliozänen Mach. crenatidens, hingegen Mach. latidens vom 
pliozänen Mach. cultridens abstammen könnte. 

Schließlich möchte ich noch erwähnen, daß der Reißzahn unseres 
Mach. moravicus im untersten braunen Höhlenlehme in Gesellschaft 
eines kleinen, wohl ersten Milchzahnes, der höchstwahrscheinlich dem 
Elephas antiquus angehört, von mir vorgefunden wurde. Die Vergesell- 
schaftung von Machaerodus mit Elephas antiquus, zu denen sich weiters 
Ursus spelaeus, Hyaena spelaea, Bos primigenius, Equus caballus foss. — 
allerdings auch Elephas primigenius — gesellt, bezeugt, daß bier wobl 
mit Machaerodus vorherrschend eine sog. warme Fauna lebte. Ähnliche fau- 
nistische Gesellschaften, wie wir sie im untersten Höhlendiluvium der 
Stranska skäla fanden, kennt man auch von manchen anderen Lokalitäten, 
so z. B. aus der englischen Höhle von Kirkdale u. ä.; sie pflegen vielfach 
als präglazial betrachtet zu werden. Wohl zeugt die Gesellschaft von 
Machaerodus und Elephas antiguus dafür, daß die betreffenden untersten 
Höhlenlehmschichten dem älteren Diluvium angehören. Für die Annahme 
eines pliozänen Alters sind wir insbesondere in Anbetracht der anderen 
hier aufgefundenen faunistischen Reste nicht berechtigt. 

Geolog.-paläontologisches Institut der böhm. Universität, Prag. 


ERKLÄRUNGEN ZUR TAFEL. 


Fig. 1. Mach. moravicus n. sp. Der obere linke Reißzahn von der Außenseite. 
Nat. Größe. 

Fig. 2. Derselbe von der Innenseite. Nat. Größe. : 

Fig. 3. Mach. latidens Owen. Der obere rechte Reißzahn von der Außenseite; 
nach einem Gipsabgusse. Natürl. Größe. 

Fig. 4. Smilodon californicus Bov. Linker Oberkiefer. Nat. Größe. 


J. WOLDRICH: ÜBER DIE ERSTEN MACHAERODUSFUNDE IM 
HÖHLENDILUVIUM VON MÄHREN UND NIEDER-ÖSTERREICH. 


Fig. IV. 


Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 1916. 


Einiges über zentrifugierte Pflanzenzellen. 
Von 
Dr. B. NEMEC. 
Mit 10 Mikrophotographien im Text. 


Vorgelegt am 12. März 1915. 


Ich begann bereits vor dreizehn Jahren den Einfluß des Zentri- 
fugierens auf die Pflanzenzellen zu untersuchen, zunächst mit Rücksicht 
auf den Geotropismus, später auch in Bezug auf die Kern- und Zellteilung. 
Einen Teil der Resultate veröffentlichte ich im J. 1902, dann wieder im 


J. 1910.) 


Für meine Fragen erwies sich von allen, den Einfluß des Zentri- 
fugierens auf die Pflanzenzellen behandelnden Arbeiten (Mottier, 
Küster, Andrews, van Wisselingh usw.) jene von Mottier?) 
als die wichtigste. In den Staubfadenhaaren von Tradescantia untersuchte 


er auch die Einwirkung der Zentrifugalkraft auf die Teilungsfiguren. 


Er konnte feststellen, daß sich die ganze Figur wie ein einheitliches spezifisch 
schwereres Körperchen verhält. Bei der Verschiebung in ein Zellende 
beobachtete er auch eine Krümmung der Teilungsfigur (Fig. 7). Er glaubt 
folgern zu dürfen, daß die Fasern den auf dieselben während des Zentri- 
fugierens drückenden Chromosomen einen gewissen Widerstand leisten, 
aber den Druck ertragen. Selten konnte er auch andere Störungen der 
Teilungsfigur wahrnehmen (p. 338). Aus meinen eigenen Erfahrungen 
schließe ich, daß die Zellen, in welchen Mot tier derartige Störungen 
feststellen konnte, nicht ganz gesund waren. Denn in meinen Versuchen 
hatte die Zentrifugalkraft in gesunden Zellen niemals irgend welche deutliche 


Zerstörung der Figur zur Folge ; es gibt hier auch jene individuellen Ungleich- 


1) Némec B. 1910, Das Problem der Befruchtungsvorgange etc. Berlin, 


_ Gebr. Borntraeger. 


2) Mottier David M. 1899, The effect of centrifugal force upon the cell. 


Am. of Botany, V. XIII, p. 325. 


94 


heiten zwischen den Figuren, auf welche wir auch in nicht zentrifugierten 
normalen Geweben gewöhnt sind, aber nicht in einem gesteigerten Maße. 
Nur selten sah ich in gesunden, zentrifugierten Wurzelspitzen von Vicia 
faba Figuren, welche schwach S-förmig verbogen waren. Es waren dies 
hauptsächlich Telophasen (Fig. 8, 9). Bei der Erbse fand ich nicht einmal 
solche schwache Deformationen. Hingegen zeigten sich an Wurzeln, die 
sich unter abnormen Verhältnissen befanden, ziemlich viele und ver- 
schiedenartige Deformationen an den Teilungsfiguren. 

Zu den Versuchen benützte ich Keimwurzeln der Erbse (Pisum sativum), 
der Pferdebohne (Vicia faba), vom Ricinus (R. zanzibariensis und andere. 


Fig. 1. Aus einem Längsschnitt durch eine 7 Min. lang zentrifugierte Wurzel von: 
Pisum sativum. In den mittleren zwei Reihen zwei schräg stehende Figuren. 


Arten) und vom Kürbis (Cucurbita pepo). Die Wurzeln wurden sofort nach 
Beendigung des Versuches in schwacher Flemmingscher Lösung fixiert, in 
Paraffin eingebettet und die Schnitte dann mit Eisenhämatoxylin gefärbt. 


Schon nach einem 7 Minuten währenden Zentrifugieren, wobei 
die Zentrifugalkraft 150 g betrug, waren in den Wurzeln von Pisum und 
Vicra alle Kerne des hinter dem eigentlichen Meristemkegel befindlichen 
Periblems bis zu den Zellwänden verschoben, mag sich die Wurzel in der 
verschiedensten Lage befunden haben. In schräg orientierten Wurzeln. 
waren die Kerne in die Zellecke verschoben (Fig. 7). Im eigentlichen 
Meristemkegel sowie in Dermatogenzellen, die mit dichtem Plasma erfüllt 
waren, ebenso im meristematischen Teile des Pleroms, waren die Kerne: 
noch nicht umgelagert. 


rn Le 


Auch ist das Zytoplasma einseitig zentrifugal angehäuft, wogegen 
die größeren Vakuolen zu einem einzigen Zentripetal gerückten Saftraume 
zusammengeflossen sind. Immerhin bleibt auch im zentripetalen Ende 
der Zelle ein dünner, der Wand anliegender Plasmabelag erhalten. Auch 
die Amyloplaste sind verschoben. Das Verhalten der Mitochondrien habe 
ich nicht untersucht. 

In den erwähnten Zellen sind auch alle Teilungsfiguren zentrifugal 
verschoben (Fig. 1—9). Das gilt auch für solche Stadien, wo soeben die 
Scheidewand angelegt wird, jene Fälle ausgenommen, wo die Scheidewand 
schon an die Zellwand der Mutterzelle angewachsen ist. Ist sie jedoch nur 


Fig. 2. Wie Fig. 1. Eine schräge Metakinesis in der dritten Rindenschicht. 


einseitig angewachsen, so ist ihr freier Rand dem zentrifugalen Ende der 
Zelle genähert, so daß die Scheidewand gekrümmt oder schräg orientiert 
erscheint. Dabei erfahren auch die beiden Schwesterkerne eine ent- 
sprechende Umlagerung. 

Solange an den Präparaten die achromatische Spindel zu sehen ist, 
verhält sich die Teilungsfigur wie ein Ganzes. Es ist mir in keinem Fall 
gelungen, die beiden Gruppen der Tochterchromosomen von einander 
zu tiennen, auch nicht die Anlagen der Tochterkerne, solange sie durch 
einen Phragmoplasten verbunden sind, destoweniger irgend ein Chromo- 
som aus der Figur herauszureißen. Die Teilungsfigur verhält sich daher 
wie ein einheitliches Gebilde und wird unter dem Einfluß der Zentrifugal- 
kraft etwa so verschoben, wie der Kern. Sobald jedoch die Fasern des 
Phragmoplasten verschwinden, werden beide Tochterkerne frei beweglich 


96 


und man kann sie mit Hilfe der Zentrifugalkraft leicht der Scheidewand 
entlang bewegen, an dieselbe andrücken oder von ihr entfernen. 

In Zellen, welche der Teilungsfigur genug Raum bieten, nimmt sie 
unter normalen Verhältnissen eine ganz bestimmte Stellung ein. Sie steht 
in den Periblemzellen, welche wir hier hauptsächlich behandeln, in der 
Längsachse der Zelle. Bei der Einwirkung einer schwächeren Zentrifugal- 
kraft wird sie zunächst in dieser Richtung verschoben, und zwar bis zur 
Scheidewand. Sobald jedoch die Figuren mit ihrer Polspitze an die Zell- 
wand anstoßen, beginnen sie sich zu dieser oder jener Seite zu neigen, 
bei genügend starkem Zentrifugieren neigen sie sich so lange, bis sie mit 
der Zellwand, an die sie durch die Zentrifugalkraft gedrückt werden, 


Fig. 3. Wie Fig. 1. In der mittleren Reihe eine schräge Metakinesis. 


in möglichst greße Berührung kommen. Die Metakinesen liegen dann 
gewöhnlich parallel zur Wand. Die Telophasen mit einem tonnenförmigen 
Phragmoplasten nchmci. cine schräge Stellung ein. Man kann zwischen 
der Längsstellung der Figur und der definitiven Ruhelage d.h. parallel 
zur zentrifugalen Zellwand, alle Übergangsstadien in den kurz zentri- 
fugierten Wurzeln auffinden. 

Jene Stadien, in welchen die Figuren eine zugespitzte Spindel 
besitzen, sowie Stadien mit einem tonnenförmigen Phragmoplasten 
(Fig. 1, 4) zeigen die größte Tendenz sich aus der Längsachse der Zelle 
auszuneigen. Hingegen sind sehr viele von den Figuren, wo die Spindel 
breite, nicht zugespitzte Pole besitzt, nicht aus der Längsachse der Zelle 
geneigt. Sie berühren die zentrifugale Zellwand mit ihrem breiten 


Spindelpole, was sowohl bei der Erbse als auch bei der Bohne gesehen 
wurde (Fig. 5). 

Da ich wußte, daß Figuren, in welchen die achromatischen Fasern 
parallel verlaufen, somit die Spindelpole breit sind, besonders häufig 
in den Wurzelspitzen des Kürbisses vorkcmmen, wo man also zahlreiche 
Figuren als garbenförmig bezeichnen könnte, so habe ich Cucurbita pepo 
speziell auf diesen Punkt hin untersucht. Die Keimwurzeln wurden 
7—30 Minuten lang zentrifugiert (150 g) und sofort fixiert. Fast alle 
Figuren, welche zentrifugal verschoben wurden, behielten ihre Richtung 
in der Längsachse der Zelle, sie saßen der zentrifugalen Zellwand mit 
ihrem breiten Pole an. 


Fig. 4. Wie Fig. 1. In der Mittelreihe Phragmoplaste mit schräger Scheidewandanlage. 


Die Länge der Teilungsfiguren ist bis zum Stadium eines breiten 
Phragmoplasten größer als ihr Querdurchmesser. Die eben beschriebe- 
nen Beobachtungen über das Ausneigen der Figuren aus der Längsachse 
der Zelle, wenn sie bei der zentrifugalen Verschiebung an die Zellwand 
anstoßen, lassen sich sehr leicht als Ausneigungen eines festen Körpers 
aus einer labilen in eine stabile Gleichgewichtslage erklären. Labil ist 
die Lage der zentrifugierten Figuren, solange sie die Zellwand an 
einer ganz kleinen Fläche berühren. Vergrößert sich diese Fläche, so ver- 
größert sich auch die Standfestigkeit der Figuren, sie bewahren dann 
eher ihre ursprüngliche Richtung. Die garbenförmigen Figuren von 
Cucurbita werden daher seltener aus ihrer Richtung herausgedreht und 
umgeworfen, als die mit zugespitzten Enden versehenen Spindeln von 


tol 
0 


Bulletin International. XXI. 


98 


Pisum und Vicia. Einmal aus ihrer labilen Lage herausgedreht, dreht 
sich die Figur so lange, bis sie in eine beständigere oder stabile Gleich- 
gewichtslage gelangt (Fig. 5). Das ist für die Metakinesen jene Lage, 
wo die Figur in ihrer ganzen Länge der Zellwand anliegt, an die sie 
durch die Zentrifugalkraft gedrückt wird. Die Phragmoplasten nehmen 
je nach ihrer Gestalt eine verschiedenartige schräge Richtung ein. 
In dieser Lage werden auch die Scheidewände angelegt und wachsen 
so, daß die Mutterzelle in zwei ungleich große, durch eine schiefe Wand 
getrennte Zellen geteilt wird (Fig. 1, 4). 

Wenn sich nun die Figuren wie einheitliche Gebilde verhalten, 
aus denen es nicht möglich ist durch das Zentrifugieren irgendeinen 


Fig. 5. Aus einem Längsschnitt durch eine 7 Min. lang zentrifugierte Wurzel von 
Vicia faba. In der mittleren Zellreihe eine nicht ausgeneigte Figur mit breiten Polen. 
In der dritten Reihe links eine an die Zellwand völlig angepreßte Metakinesis. 


Teil herauszureißen, und wenn sie sich aus einer labilen in eine stabile, 
standfeste Lage herausdrehen, so kann man dies so deuten, daß sie im 
ganzen ela starres, einheitliches Gebilde vorstellen. Sie verhalten sich 
so, wie wenn sie aus einer festen Substanz bestehen würden, oder wie 
wenn sie wenigstens ein festes Gerüst besäßen. Jedenfalls ist es un- 
denkbar, daß sich eine flüssige Substanz so verhalten könnte, wie es 
die Teilungsfiguren während des Zentrifugierens tun. Die Flüssigkeit 
müßte sich ellipsoidisch abplatten, wenn sie durch die Zentrifugalkraft 
an die Zellwand gedrückt wäre. Es wäre nicht möglich, daß sie, ohne 
ihre Gestalt zu verändern, aus einer labilen in die stabile Gleichgewichts- 
lage übergehen könnte. 


99 


Nicht nur die Metakinesen, sondern auch Prophasen mit ent- 
wickelter achromatischer Spindel verhalten sich wie ein einheitliches 
und starres System. Wenn die Spindel an die Zellwand stoßt, beginnt 
sie sich aus der labilen Lage zu neigen (Fig. 1, 6). Dabei gleitet gewöhnlich 
der Spindelpol entlang der Zellwand. Das beweist, daß die Spindel 
ein reales, schon in vivo existierendes Gebilde ist und daß sie ebenfalls 
als starr angesehen werden kann. 

Deutliche Deformationen der Spindel oder der ganzen Teilungs- 
figur konnte ich in meinen Versuchen an den Präparaten, die schon 
erwähnten Fälle (Fig. 8, 9) ausgenommen, nicht sicher feststellen. Dies 
wäre jedoch nicht ausgeschlossen bei Anwendung von stärkeren Zentri- 


Fig. 6. Wie Fig. 5. In der Mittelreihe eine schräge Metakinesis. 


fugalkräften und es wäre ganz gut mit der cben vorgebrachten An- 
schauung über den Charakter der Teilungsfigur vereinbar. 

Auch ein starres System kann durch eine genügend große Zentri- 
fugalkraft deformiert werden. Es wäre dann interessant festzustellen, 
welche Stadien am leichtesten deformiert werden können und wie dann 
die Kernteilung fortschreiten würde. Denn die Kernteilung verläuft auch 
während der Zentrifugierung und zwar ganz normal. Schon nach einem 
20—30 Min. währenden Zentrifugieren gab es in den Präparaten zahl- 
reiche beendigte Zellteilungen, was leicht daraus zu schließen ist, daß 
sich die Mutterzelle in zwei ungleich große Zellen geteilt hat, von denen 
die kleinere immer zentrifugal gelegen ist. Die Scheidewand steht 
häufig, wie zu erwarten war, schräg. 


100 


Die Fäserchen der achromatischen Spindel erleiden durch das 
Zentrifugieren keine Veränderung. Ihre Zahl ist nicht verringert, auch 
ist an ihnen keine Körnelung zu beobachten, wie das sonst unter dem 
Einflusse von verschiedenen abnormen Faktoren oft der Fall ist. 

Ich habe auch Versuche angestellt, um die Teilungsfigur zu zer- 
reißen oder wenigstens aus der Figur einzelne Chromosomen dadurch zu 
entfernen, daß ich in kurzen Intervallen die Richtung der auf die Wurzeln 
einwirkenden Zentrifugalkraft änderte. So z. B. wurden die Wurzeln 
fünf Minuten lang mit der Spitze zentrifugal gerichtet, fünf Minuten 
zentripetal zentrifugiert usw. Die Figuren verschoben sich, wie eine 
zeitweise Fixierung der Wurzeln bewies, aus einem Zellende in das 


Fig. 7. Wie Fig. 5. In der vierten Reihe links oben eine ausgeneigte Prophasis, 
in der mittleren Reihe unten eine schräge Metakinesis. 


andere, ohne jedoch deformiert zu werden. Sie wurden also durch die 
Zentrifugalkraft wie entheitliche, starre Gebilde hin und her geworfen. 
Es gelang nicht irgend ein Chromosom aus der Figur herauszureißen, 
auch erschienen keine sonstigen Deformationen. 

Da nun einige Gifte auf die achromatische Spindel so einwirken, 
daß die Fasern an fixierten Präparaten körnig aussehen, oder völlig 
verschwinden, obzwar die Zelle nicht getötet ist, im Gegenteil nach 
einiger Zeit wieder zu normalen Verhältnissen zurückkehrt, schien es mir 
interessant zu sein, Versuche anzustellen, wie sich in derartigen Zellen 
während der Zentrifugierung die Figuren verhalten werden. Es wurden 
daher Wurzeln von Vicia faba 1 Stunde lang mit 3/,% Chloralhydratlö- 
sung behandelt und hierauf 7 Minuten lang zentrifugiert. 


101 


Das Bild, welches Präparate aus derartigen Wurzeln bieten, 
weicht bedeutend von jenem der normalen Wurzeln ab. Wiederum sind 
zwar alle Kerne und Teilungsfiguren an die Zellwand zentrifugal geworfen, 
aber nur jene Figuren sind aus ihrer labilen Lage schräg geneigt oder 
parallel zur Wand angedrückt, deren achromatische Spindel noch 
erhalten ist. Hingegen sind in den Figuren, deren Spindelfasern körnig 
oder ganz verschwunden sind, die Chromosomen ganz an die Zellwand 
angedrückt (Fig. 10). Kernplatten sind mit ihrer ganzen Breite an die 
Wand angedrückt, in Metakinesen sind beide Chromosomengruppen 
aneinander gedrückt, Kernanlagen sind von der Zellwand abgerissen 
oder an dieselbe angepreßt. Überhaupt findet man zahlreiche Zellen, 


Fig. 8. Wie Fig. 5. In der mittleren Reihe zwei umgestürzte Metakinesen. die 
untere S-förmig deformiert. 


in denen sich die Chromosomengruppen wie frei bewegliche spezifisch 
schwerere Körperchen verhalten. Die körnig gewordene Spindel leistet 
der Bewegung der Chromosomen keinen Widerstand mehr. 

Dadurch wurde nur das bestätigt, was wir für die normalen 
Spindeln gefunden haben. Dieselben sind einheitliche, starre Systeme, 
in welche die Chromosomen eingefügt sind. Ist jedoch die Spindel 
aufgelöst, so verwandelt sich die Teilungsfigur in eine oder zwei Chromo- 
somengruppen, die kein einheitliches starres System mehr vorstellen. 
Davon kann man sich gut überzeugen, wenn man in kurzen Intervallen 
die Angriffsrichtung der Zentrifugalkraft ändert. Immer nach fünf Minu- 
ten wurde die Richtung der auf die chloralisierten Wurzeln einwirkenden 
Zentrifugalkraft . verändert und nach einigen Intervallen wurden die 


102 


Wurzeln fixiert. In einigen Zellen fanden sich dann einzelne Chromo- 
somen unregelmäßig in der Zelle verteilt, se daß man annehmen muß, 
daß durch das Hin- und Herwerfen der Chromoscmengruppe dieselbe 
in einzelne Chromosomen gelöst wurde. In normalen Zellen ist das 
nie geschehen. 

Die eben beschriebene unregelmäßige Verteilung der Chromosomen 
läßt sich so erklären, daß sich beim Verschieben der Chromosomengruppe 
einzelne Chromosomen verspäten, vielleicht infolge eines größeren Rei- 
bungswiderstandes des Cytoplasmas, der durch ihre Gestalt und Lage 
bedingt ist. Oder aber es sind nicht alle Chromosomen gleich grcB und 


Fig. 9. Wie Fig. 5. In der mittleren Reihe eine schwach deformierte Metakinesis. 


gleich spezifisch schwer. Von diesem Standpunkte aus gedenke ich 
Pflanzen zu untersuchen, deren Chromosomen ungleich groß sind. 

Gleichzeitig mit der Zerstörung der achromatischen Spindel 
geht auch die Einheitlichkeit der ganzen Teilungsfigur verloren. Es ist 
zwar ein kausaler Zusammenhang beider Erscheinungen sehr wahr- 
scheinlich, aber nicht notwendig anzunehmen, da sie ja auch parallel 
auftreten könnten. 

Beim Zentrifugieren sammelt sich der Zellsaft in dem zentripetalen 
Zellraum zu einer großen Vakuole an. Die zentrifugal verschobene 
Teilungsfigur ragt häufig mit einer dicken Cytoplasmaumkleidung um- 
geben in dieselbe hinein. Die Oberflächenspannung der eingestülpten 
Vakuolenwand trägt ebenfalls dazu bei, die Teilungsfigur schräg und 
schließlich parallel zur Zellwand zu stellen. Sie wirkt in demselben 


103 


Sinne, wie die Zentrifugalkraft selbst. Dieser Umstand ändert natürlich 
nichts an unseren Ausführungen betreffend die Konsistenz der Tei- 
lungsfigur. 

Wenn wir die zentrifugierten Wurzeln wieder in normalen Verhält- 
nissen belassen, so kehren die Kerne und die Figuren, soweit sie frei 
beweglich sind, in die normale Lage zurück. Am frühsten kehren Kerne 
in ihre normale (d. h. meist zentrale) Lage zurück, welche sich eben 
zur Teilung vorbereiten, gleichzeitig mit ihnen die Teilungsfiguren. Dann 
die Kerne in meristematischen Zellen, zuletzt auch Kerne in jenen 
Zellen, welche schon ihre Teilungsfähigkeit eingebüßt haben, wie wenn 


Fig. 10. Aus einer 1 Stunde lang mit 3/,%, Chlorallösung behandelten und 7 Min. 
lang zentrifugierten Wurzel von Vicia faba. In der Mittelreihe eine Äquatorialplatte, 
die bis an die zentrifugale Zellwand angedrückt ist. 


es da auf die zentrale Lage der Zellkerne nicht ankäme. Bei Vicia 
und Pisum sind in dem meristematischen Wurzelteile schon nach zwei 
Stunden normale Verhältnisse hergestellt. Bei Ricinus sind in sich nicht 
mehr teilenden Zellen noch 14 Stunden nach dem Zentrifugieren die 
Kerne zentrifugal gelegen. Irgend welche Abnormitäten — die schrägen 
Scheidewände ausgenommen — als Folgen des Zentrifugierens wurden 
in den Wurzeln nicht beobachtet. Nur bei der Erbse wurden in einigen 
Wurzeln 4 Stunden nach dem Zentrifugieren abnorm große Zellen mit 
diploiden Kernen beobachtet. Allmählich verschwinden auch die Größen- 
unterschiede der*während des Zentrifugierens entstandenen ungleich 
großen Schwesterzellen. Vielleicht geschieht das durch eine häufigere 


Teilung der größeren Zelle, vielleicht aber auch durch ein stärkeres 


À 


104 


Wachstum der kleineren Zelle. Es ist daher nicht zu hoffen, daß das © 
Zentrifugieren zu auffallenderen anatomischen Abnormitäten in den | 
Wurzeln führen könnte. Denn die Regulation ist in ihnen ziemlich 
einfach, interessanter wäre es in dieser Beziehnung die Stammscheitel 


zu untersuchen. 


Die Chiastolithschiefer in der Umgebung von Rozmitäl. 
Résumé des böhmischen Textes. 


Von 
FRANTISEK SLAVIK. 


Mit 2 Textfiguren. 


Vorgelegt am 29. Oktober 1915. 


Die Gegend zwischen Rozmital und Padrf wurde im J. 1865 von 
F. Ambroz beschrieben,!) dreißig Jahre nachher im posthumen Werke 
von F. PoSepny?) kartiert und mehrfach erwähnt. Von späteren 
Arbeiten über die Nachbargebiete greifen teilweise diejenigen von 
J. V. Zelizko,’) dem Verfasser‘) und R. Kettner’) in dieselbe ein. 

Die Umgebung von Rozmital, wo verschiedenartige Gesteinskom- 
plexe auftreten: algonkische Schiefer, Lydite, Spilite, kambrische Sedi- 
mente des Zitecer, Tiemo$näer und vielleicht noch weiterer Horizonte, 
Granodiorit, Porphyr, intrusive Diabase — zeigt einen gewiss kompli- 
zierten geologischen Aufbau, doch ist das Studium desselben durch die 
dichte Bewaldung im N und W von der Stadt sowie durch mächtige 
Quartärablagerungen sehr erschwert. 

Die silurischen Sedimente, und zwar Osek-Kväner Schiefer (d, y), 
sind aus der Umgebung von Rozmitäl, E von der Côte 590 SE von Voltus 

1) Ambroö, Geologische Studie aus der Umgebung von Padert, Jahr. geolog. 
Reichsanstalt, XV. Bd. (1865), 215—228. 

*) PoSepny, Beitrag zur Kenntnis der montangeologischen Verhältnisse 
von Pribram, Archiv für praktische Geologie, Bd. II. (1895), 609—752, bes. 656—9, 
665—6 u. 680—1. 

3) Zelizko, Geologicko-palaeontologické poméry nejblizsiho okoli Roz- 
mitälu, Rozpravy Ceské Akademie 1906, &. 42. 

4) Slavik, O spilitech v algonkiu pribramskem, Slavnostni spis k sedm- 
desatym naroz. K. Vrby, &. 3. Praha 1915, Résumé in diesem Bulletin. 

5) Kettner, O slepencich Ziteckych — nejstarsim horizontu éeského kambria, 
Rozpravy Ceské Akademie 1915, &. 34. Résumé in diesem Bulletin. 


106 


zuerst von F. Katzer®) erwähnt und von F. PoSepny (l.c.S. 665—6) 
zitiert, später von J. V. Zelizko3) eingehender beschrieben worden. 

Die vorliegende Mitteilung hat zwei neue Vorkommen zum Gegen- 
stand, deren silurisches Alter zwar nicht wie bei Voltu$ durch Fossilien 
sichergestellt ist, aber nach der Analogie mit den Produkten der Kontakt- 
metamorphose in der Umgebung von Riéany für verbürgt gehalten 
werden kann. In dem letzteren Gebiete haben Krejéi und Helm- 
hacker’) die Zugehörigkeit einiger kontaktmetamorpher Schiefer 
zur Etage d, konstatiert, später hat F. Kat zer®) die metamorphen 
Schiefer im Liegenden der dg Quarzite als zur Etage d,y gehörige ,, Pseudo- 
chiastolithschiefer‘‘ bezeichnet und in einer weiteren Mitteilung?) die- 
selben auch aus der Zvänovicer Silurinsel angeführt. Unter den sehr 
mannigfaltigen Produkten der Kontaktmetamorphose von algonkischen 
Sedimenten werden die Chiastolithschiefer weder in diesen Arbeiten, 
noch in den späteren von F. Katzer) und A. Pelikan!) erwähnt. 


In der Gegend von Rozmitäl tritt der Granit des mittelböhmischen 
Massivs an zahlreichen Stellen inselartig zwischen algenkischen und 
kambrischen Sedimenten auf. Bei der Stadt selbst ist er von granodio- 
ritischer Natur, wie ich vor Jahren für die Arbeit von Zelizko (l.c. 3, 
S. 4—5) bestimmt habe; desgleichen W vom oberen Padrter Teiche, an 
einer schon Ambroz und PoSepny bekannten Lokalität.!2) Zwischen 
diesen beiden größeren Granitvorkommen sind einige kleinere, von 
Po*epnyÿ kartierte zerstreut; aber wie der ganze Rozmitäler Abschnitt 
seiner geologischen Karte, erfordern auch diese Angaben eine systema- 
tische Revision, was schon aus der großen Zahl der von Zelizko, dem 
Verfasser und Kettner a. a. ©. gegebenen EinzeikormeL ve 
zu ersehen ist. 

So tritt NE vom Novy rybnik (= Neuer Teich) an der als Granit 
kartierten Stelle Tremo$näer Kambrium auf, die Granitinsel im Walde 
von Zabéhla zwischen der ,,Panska louka‘‘ und der Einschicht ,,V chaiu- 
pach“ ist viel kleiner als sie dargestellt ist, dafür finden wir zerstreute 
Granitblécke am Waldwege SW von der C6 712 zwischen dem ersten und 


8) Katzer, Geologie von Böhmen, 1473—4 (1890). 

7) Krej&i u. Helmhacker, Erläuterungen zur geologischen Karte 
der Umgebungen von Prag, Archiv etc. IV., 2. 1879, S. 52—4 und 230—2. 

‘) Katzer, Geologische Beschreibung der Umgebung von Rican, Jahrbuch 
geol. Reichsanst. Wien 1888 (XXXVIII.), 355—416. 

*) Derselbe, Die Silurinsel zwischen Zvänovic und Vodérad in Böhmen, 
Verhandl. geol. Reichsanst. 1888, S. 285—8. 

”) Derselbe, Nachträge zur Kenntnis des Granitkontakthofes von Riéan, 
ebenda, 1904, 225 —236. 

U) Pelikan, Cordierithornfels aus dem Kontakthofe von Riéar, Tscher- 
mak’s Min.-petr. Mitt. 1903 (XXIV.), 187—190. 

©) Slavik, Die spilitischen Ergußgesteine etc., Archiv naturwiss. Durch- 
forschung von Böhmen, XIV. 2, S. 13. 


107 


zweiten quer gehenden Waldschlag, ferner am Waldschlage zwischen der 
„Lomskä bouda‘ und dem Cerveny vrch (= Roter Berg), und zwar im 
Abschnitt zwischen der Padrt-Rozmitäler Chaussee und dem nächsten 
Waldschlag von NW-Richtung und noch etwas weiter über den letzteren 
hinaus, endlich S vom oberen Padıter Teiche, von wo schon Ambro Z 
einen grobkörnigen Pegmatit erwähnt. Im ganzen kann man überall 
zwischen Rozmitäl und Padrt in nicht allzu großer Tiefe den Granit 
resp. Granodiorit voraussetzen. 

Die Kontaktgesteine im Algonkium zeigen, besonders typisch bei 
Zaläny, Sedlice und Hajek, den Charakter von Hornfelsen,) doch nie 
einen solchen von Chiastolithschie fern. 


\ Rozmital 


Fig. 1. Die Lage des Chiastolithschiefervorkommens unter dem Cerveny vrch. 
Maßstab 1 : 25.000. Die punktierten Partien E vom Stollenmundloch (,,s/ola‘ auf 
dem Kärtchen) sind die im Texte erwähnten Pingen resp. Pingengruppen. 


Herr J. Syrovätka, Verwalter der Eisenwerke in Rozmitäl, 
fand die hier beschriebenen zwei Vcrkommen von Chiastolithschiefern 
und machte mich freundlichst auf dieselben aufmerksam ; ihm sei auch 


. für seine liebenswürdige Begleitung an den Exkursionen sowie für alle mir 


gegebenen Informationen wärmstens gedankt. Das größere Vorkommen 
der Chiastolithschiefer bei Rozmitäl liegt im Kataster der Gemeinde 
Zabéhla, SE von derselben; unter dem SW-Abhang des Cerveny 
vrch; es ist eine Halde am Stollenmundlcch, dessen Lage in Fig. 1 ver- 
zeichnet ist. 


Evers: BP. Posepny il. c. 2, S. 627. 


108 


Auf PoSepnys Karte finden wir unweit E vom Stollen- 
mundloch einen fast genau N streichenden Pingenzug verzeichnet. 
Der südlich von der Straße liegende Teil desselben ist heutzutage 
schon ganz undeutlich, nördlich von der Straße finden wir unten eine 
Gruppe von drei Pingen, weiter nördlich und höher im Abhang eine vierte 
Pinge, die größte und besterhaltene von allen; schließlich fand ich eine 
kleine Pinge oben an der in Fig. 1 bezeichneten Stelle, fast genau E vom 
Stollenmundloch und der erwähnten Gruppe von drei Pingen. 

Historische Belege über den Bergbau am Cerveny vrch (,,Hl. Drei- 
faltigkeitsstollen‘‘), die ich dem Herrn Verwalter Syrovätka und meinem 
Vater verdanke, da ieren von den J. 1740, 1833 und 1849 und lassen 
erkennen, daß man es mit rot- und brauneisensteinreichen Lagen in den 
kambrischen Sandsteinen zu tun hat, die ein Streichen gegen N und Ein- 
fallen W haben. Die Übergänge von kompakterem Erz in Sandsteine mit 
eisenschüssigem Zement, die ich in der oberen Pinge fand, bestätigen dies. 

Die Chiastolithschiefer würden zwischen Kambrium und Granit 
zu liegen kommen, d. h. ins Hangende des ersteren. Mit ihnen findet 
man beim Stollenmundloch verwitterten Granitgrus, Stücke von grau- 
rotem Quarzporphyr, kambrischem Quarzsandstein und schalige kon- 
kretionäre Brauneisensteinmassen. 

Die zweite, kleinere Lokalität der Chiastolithschiefer in der Um- 
gebung von Rozmital liegt W vom Dorfe Bukova im Walde, fast 300 mS 
vom Jägerhaus ‚Na varté‘‘; es sind undeutliche Überreste einer Grube, 
mit welcher hier vor Jahren auf Kohle geschürft wurde. Die Umgebung 
ist algonkisch, gegen E tritt nicht weit entfernt ein zum Teile brekzien- 
artiger Kieselschiefer, noch weiter östlich metamorpher, von Aplitadern 
durchsetzter Spilit der Dubovä hora auf, den ich im Vorjahre be- 


schrieben habe. 


* * 
* 


Die : Chiastolithschiefer von Cerveny vrch sind makroskopisch 
dunkelgrau bis schwarz, weich, nicht allzu deutlich geschiefert ; die 
graulichweißen dünnen Chiastolithnadeln pflegen die Länge von 2—4, 
seltener bis 4 mm zu haben und sind bisweilen sehr dicht in der Grund- 
masse zerstreut. Die meisten liegen in den Schichtflächen, aber ohne 
jede Spur eines linearen Parallelismus, und nicht wenige setzen auch die 
Schichtung schräg bis fast senkrecht durch. Ihre Gestalt ist das angenä- 
hert quadratische Andalusitprisma mit unregelmäßiger Terminalendigung 
und oft mit einspringenden Kanten. Bisweilen ist der dunkle Kern der 
Chiastolithe ausgewittert, an einigen Stellen sind sogar alle Chiastolith- 
nadeln hohl. 

Die Chiastolithschiefer von Bukovd sind ein wenig härter, von 
zahlreichen Quarzaderchen durchsetzt, und enthalten stellenweise viel 
Pyrit in Würfeln, Körnchen und dünnen Lagen. Die Chiastolithe sind 


MES NY vst LR ee 


109 


hier reicher an Graphit und stechen nicht so scharf von der Grundmasse 
ab wie beim vorigen Vorkommen; neben ihnen beobachtet man auch 
Pseudomorphosen nach Cordierit, die sich von ihnen durch kürzere 
Form mit allotriomophem oder grob sechsseitigem Querschnitte sowie 
durch das viel massenhafter auftretende und im ganzen Kristall gleich- 
mäßig verteilte Graphitpigment unterscheiden. 

Alle Chiastolithe der beiden Gesteine sind Pseudomorphosen von 
Muskovit nach Andalusit. Schon Blu m,"%) der bloß die Pseudomorphosen- 
substanz irrtümlich tür Talk hält, sagt ausdrücklich, diese Umwandlungen 
seien so zahlreich, daß man nur selten ganz normale Chiastolithe finde. 
Es ist also die Katzersche®) Bezeichnung ‚Pseudochiastolithschiefer“ 
für analoge Gebilde aus der Umgebung von Riéany vollkommen über- 
flüssig, desto mehr als gerade jenes Vorkommen (bei Svetice) auch 
Chiastolithe mit erhaltener rosafarbiger Andalusitsubstanz geliefert hat 
(ein Belegstück habe ich den Sammlungen des Museums des Königreichs 
Böhmen übergeben). 

Die Muskovitnatur der Pseudomorphosensubstanz stellte ich durch 
qualitative Probe auf Al (Kobaltsolution) und K (Borickysche 
Reaktion) fest. 


* * 
* 


Mikroskopische Untersuchung wird durch das Graphitpigment ge- 
hindert, welches nur wenige Stellen der Grundmasse im Dünnschliffe 
durchsichtig läßt. Die feinkörnige Grundmasse besteht aus allotrio- 
morphen Quarzkörnern und ebensolchem Aggregate feinster Schüppchen 
von farblosem Glimmer, deren Muttermineral teils Orthoklas, teils Cordierit 
gewesen ist. In den Adern bemerkt man neben Quarz auch Epidot, der be- 
sonders im Gestein von Bukovä ziemlich häufig sich auch an den Glimmer- 
pseudomorphosen nach Cordierit beteiligt. Sonst gewahrt man noch hie 
und da Blättchen von primärem Muskovit, etwas Pyrit und ziemlich 
viel Rutil in winzigen Säulchen und Nadeln. 

Der Unterschied beider Fundorte besteht darin, daß die 
Schiefer von Bukovä eine dichtere und graphitreichere Grund- 
masse zeigen und große Cordieriteinsprenglinge sowie ziemlich 
viel Epidot enthalten. 

Die Umwandlung von Andalusit in Muskovit erweist sich 
auch u. d. M. als vollständig. Die Verteilung des Graphitpig- 
mentes ist in weitaus den meisten Fällen die altbekannte nor- | 
male, die Becke durch die Erscheinung der Anwachspyramidea Fig. 2. 
erklärt hat.) Selten kommt die abweichende Struktur, wie sie 


4) Blum, Nachtrag zu den Pseudomorphosen des Mineralreiches, Stuttgart 
1847, S. 64 u. 70. 

15) Katzer, l. c. (8) S. 397—8. 

1) Tscherm. Min.-petr. Mitteil. 1892. (XIII.), S. 256—7. 


110 


auf der Fig. 2 schematisiert abgebildet ist: vom dunklen Kern ver- 
breiten sich die pigmentierten Partien hauptsächlich an den Grenzen 
zwischen den Basis- und Prismenanwachspyramiden. 

Die Cordieriteinspreglinge im Gestein vom Cerveny vrch sind in 
Längsschnitten ein wenig idiomorph, in den Querschnitten unregel- 
mäßig begrenzt, vollständig zu Muskovit umgewandelt und braun ge- 
trübt. In größerer Zahl und besserer Entwickelung findet man sie 
im Gestein von Bukovä, wo sie auch makroskopisch sichtbar werden 
und annähernd idiomorphe sechsseitige Querschnitte aufweisen. 

Analogie zu unseren Gesteinen bietet der von V. M. Goldschmidt 
in seiner inhaltsreichen Monographie!”?) beschriebene Hornfels von Gu- 
nildrud in Südnorwegen. Auch dort finden wir dieselben Unterschiede 
zwischen Cordierit und Chiastolith in der Form und der Pigmentver- 
teilung, die Grundmasse enthält auch dort viel Quarz, Orthoklas und 
Rutil. Der Unterschied besteht in der teilweisen Erhaltung von Andalusit 
und Cordierit sowie Anwesenheit von Biotit und Albit im norwegischen 
Gesteine, im teilweise primären Muskovit und im sekundären Epidot 
in unseren Chiastolithschiefern. 

Goldschmidt führt weitere Beispiele analoger Gesteine von 
Südnorwegen sowie der Barr-Andlauer Gegend an. Nach all diesen 
Analogien erklärt sich ganz natürlich als Cordierit oder vielleicht an 
Einschlüssen reicherer Chiastolith, was Katzer!®) mit solcher Naivität 
aus dem Tehover ,,Pseudochiastolithschiefer‘‘ beschreibt: ‚Weil sich 
jedoch auch (d. h. außer den deutlichen Pseudomorphosen nach Chiasto- 
lith) gewisse Bildungen vorfinden, die von der übrigen Grundmasse 
zwar nicht scharf geschieden sind, aber immerhin eine Tendenz zur 
Prismengestalt, respektive zu quadratischen Figuren zeigen, so könnte 
vielleicht angenommen werden daß die Chiastolithkrystalle eigentlich 
erst im Entstehen begriffen sind. Hiernach dürfte die Bezeichnung des 
Schiefers von Tehov als Pseudochiastolithschiefer erklärlich und be- 
gründet erscheinen.“ 


* * 
* 


Die chemische Analyse des Chiastolithschiefers von Bukova wurde 
freundlichst vom H. Kollegen Jos. HanusS ausgeführt. Die Daten 
derselben bestätigen im ganzen die Übereinstimmung unseres Gesteins 
mit dem von M. Dittrich analysierten Hornfels von Gunildrud: 


Bukovä Gunildrud 

(Hanus) (Dittrich) 
SiO, 66°34%, 62°80 %, 
110} 0°45 1°36 


") Die Kontaktmetamorphose im Kristianiagebiet, Kr. 1911, S. 146—151. 
18) 1. c. (8) und Taf. IV. Fig. 2 daselbst. 


km 


Bukovä Gunildrud 

(Hanus) (Dittrich) 
Al,O, 17:06 19-74 

Fe,O3 | — — 

FeO 1°09 1°98 
MnO | — 0:02 
MgO 1°69 1°34 
CaO 0°30 0°87 
Na,O 0°58 1:22 
K,0 6°98 6°56 
P.O; 2 0:60 
S _ 0°52 
GC (2 00) 1558 
H,O konstit. (3:07) 0°86 
H,O hygrosk. 0°30 0:27 

Sane ee 99°86% Sonia 
OU S — 0:23 

99237 


Zu bemerken ist, daß die Grenze zwischen hygroskopischem und kon- 
stitutionellem Wasser bei Hanus 120°, bei Dittrich 110° entspricht 
und daß der erstere den Graphit nur approximativ — darum ist die be- 
treffende Ziffer eingeklammert —, der letztere aus der Differenz be- 
stimmt hat. 

Die Graphitnatur des Kohlenstoffs wurde von Hanuë durch die 
Graphitsäurereaktion nachgewiesen. 

Zum Vergleich mit dem Chiastolithschiefer analysierte Hanus 
auch den nicht umgewandelten d,y-Schiefer von Voltuë. Derselbe 
entstammte dem Originalmateriale von J. V. Zelizko aus dem Barran- 
deum im Museum des Königreiches Böhmen und enthielt ein Bruchstück 
des Trilobiten Trinucleus Alfredi (O. Novak) Zelizko. Da an den beiden 
Fundorten von Chiastolithschiefern das Muttergestein derselben nicht 
erhalten worden ist, so ist natürlich der Vergleich mit dem Gestein aus 
einer 5 km entfernten Lokalität nur als eine grobe Approximation 
anzusehen. 

Die Resultate der Analyse Hanus’s sind: 


SUD SEE PET 58°30% 
his Rage een en 1'11 
ACC PREMIERE 21:76 
Bee a eo ask a 3°55 
OS MP PNR TN RER 2°01 
a OF ee RS 013 
Me eSoft STE 1°65 


112 


N2,0. 22 sn 0:98 
KO EIRE 4°22 
Glübverlust pre 501 
Hygrosk. Wasser ... 0°75 
100-150, 


Diese Zusammensetzung kann man als diejenige eines an Al,O, 
und K,O reichen, an CaO, FeO und Fe,O, armen Tonschiefers charakte- 
risieren ; etwas ungewöhnlich ist auch der wahrscheinlich durch örtliche 
Anhäufung von Rutil bedingte hohe Gehalt an TiO,. 

Falls, wie wahrscheinlich, die chemische Zusammensetzung des 
Muttergesteins der Chiastolithschiefer dem Gestein von Voltuë nahe- 
stand, dann zeigt sich der Unterschied des Kontaktprodukts vom ur- 
sprünglichen Gestein in der Erhöhung der Zahlen für SiO, und K,O 
bei mäßigen Veränderungen in den relativen Mengen der übrigen Ge- 
mengteile. Die Kalizufuhr ist gewiß erst bei der Verwitterung zustande 
gekommen, welche die Umwandlung von Andalusit (und Cordierit) zu 
Muskovit verursachte; dann muß man an den benachbarten Granit als 
die Quelle des Kali denken, welches von Tageswässern aus seinen Feld- 
späten ausgelaugt wurde. Da der Muskovit gegenüber den 36°8% SiO, 
im Andalusit 45°2°% aufweist, so hat auch wenigstens ein Teil der zuge- 
führten Kieselsäure denselben Ursprung. 

Auf die Kontaktmetamorphose selbst erübrigt also in diesem Falle 
höchstens eine nicht allzu starke Zufuhr von Kieselsäure, ohne eine 
wesentliche Veränderung in den übrigen Bestandteilen. 


Mineralogisches Institut 
der böhmischen Universität. 


19) Wasser und etwas Kohlenstoff. 


Zur Konstruktion einer Fläche 2. Ordnung 
aus neun Punkten. 


Von 
J. SOBOTKA. 


Vorgelegt am 13, Oktober 1916, 


1. Die Konstruktionen, welche wir hier ermitteln wollen, beruhen 
auf einem bekannten, zu diesem Zwecke wiederholt schon benutzten 
Prinzip. Wir setzen voraus, daß die neun Punkte im Raume beliebig, 
also in allgemeiner gegenseitiger Lage gegeben sind; alsdann bestimmen 
beliebige acht von ihnen einen Büschel von Flächen zweiter Ordnung, 
und eine allen gemeinschaftliche Raumkurve 4. Ordnung 1. Art; die 
gesuchte Fläche A ist dann diejenige Fläche des Büschels, welche durch 
den neunten gegebenen Punkt geht. Dieses Prinzip hat bereits Steiner 
im J. 1836 für die Konstruktion der Fläche A aufgestellt und benützt. 
Geiser hat dieselbe in eine brauchbare Ferm gebracht und veröffent- 
licht ; er sagt diesbezüglich, daß es ihm gelungen ist, mit einigen Abänder- 
ungen und Vervollständigungen dieselbe in eine Form zu bringen, welche, 
trotzdem die gesuchte Fläche nicht linear hergestellt wird, doch mit so 
geringen Mitteln zum Ziele führt, als man überhaupt bei der komplizierten 
Aufgabe erwarten darf.!) 

Tatsächlich aber ist diese Konstruktion nicht einfach genug, und 
es wurden seither auf anderen Prinzipien beruhende Konstruktionen 
ersonnen, welche viel einfacher zum Ziele führen. Unsere Absicht ist 
zu zeigen, daß auch das an die Spitze gesetzte Prinzip ebenso einfach 
zum Ziele führen kann und daß wir uns hiebei auf lineare Konstruktionen 
beschränken können. Es handelt sich hier durchweg darum, die Konstruk- 
tionen auf die von Pascalschen Sechsecken zu beschränken und die Zahl 
derselben tunlichst klein zu gestalten. 

2. Es seien die gegebenen Punkte in beliebiger Reihenfolge mit 
1 bis 9 bezeichnet. Wir ordnen sie zu Tripeln 123, 456, 789, durch 


1) Jacob Steiners Gesammelte Werke, II. Bd., S. 719. 
Bulletin International. XXI. 


no 


114 


welche wir die Ebenen (1 2 3), (45 6), (7 8 9) legen. Es sei x die Schnitt- 
gerade der ersten zwei von ihnen, y die der ersten und dritten und schlieB- 
lich z die der zweiten und dritten ; O sei ihr Schnittpunkt. Wir wollen 
den in der Ebene (7 89) gelegenen Kegelschnitt k, von A konstruieren. | 
Zu dem Zwecke betrachten wir den Büschel von Flächen 2. Ordnung 
durch die Punkte 1 bis 8. Dieser schneidet die Ebene (7 89) in einem 
Kegelschnittbüschel 2, dessen Kegelschnitte durch 7und 8 gehen werden; 
alsdann ist k, derjenige von ihnen, welcher durch den Punkt 9 geht. 

Um eine möglichst einfache Durchführung der Konstruktion zu 
erhalten, legen wir durch.die Punkte 1 bis 8 zwei Regelflächen 2. Ordnung 
B, C und ermitteln ihre Schnitte 6, c mit der Ebene (7 89), die wir dann 
zur Konstruktion von k, benützen. Es handelt sich vor allem um eine 
vorteilhafte Wahl der beiden Flächen B,C in dem Flächenbüschel. 

3. Wir verbinden (Fig. 1) die Punkte 7,8 durch die Gerade b, 
und wählen als B die durch die Punkte 1 bis 8 gehende Fläche, auf welcher 
die Gerade b, liegt. Trifft b, die Geraden y, z in den Punkten, Y, und Z,, 
so ist in (123) durch die Punkte Y,, 1, 2, 3 ein Kegelschnittbüschel 
II, und in (456) durch die Punkte Z,, 4, 5, 6 ein Kegelschnittbüschel 
Il, festgelegt ; jeder von diesen Büscheln schneidet x in einer Punktin- 
volution. Bezeichnen wir diese Involutionen (IL), resp. (IL). Sie haben 
ein Elementenpaar gemein; durch dieses Paar geht also in II, ein Kegel- 
schnitt g, und in II, ein Kegelschnitt g,, welche beide Kegelschnitte bereits 
der Fläche B angehören. Schneidet g, die Gerade y noch im Punkte Y, 
und g, die Gerade z noch im Punkte Z,, so gehört die Gerade ,= Y, Z, 
gleichfalls der Fläche Ban und bildet mit b, den hier ausartenden Kegel- 
schnitt b = (b, b,). 

Hier ist zunächst der Umstand erschwerend, daB die Konstruktion 
des erwähnten Punktepaares quadratisch ist und daß überdies dieses 
Paar imaginär sein kann, wodurch die Darstellung der Konstruktion 
noch verwickelter wird. 

Diese quadratische Konstruktion kann man aber leicht umgehen. 
Alle Kegelschnitte, welche durch die Paare der Involution (J1,) und die 
Punkte 4,5,6 gehen, bilden selbst einen Büschel 72,', schneiden sich 
also noch in einem reellen Punkte I; folglich ist g, der durch die Punkte 
4,5,6, I und Z, gehende Kegelschnitt. Den Punkt I können wir linear 
konstruieren, etwa so, daß wir durch den Schnittpunkt der Geraden 
45 mit x den Kegelschnitt in II, legen und seinen zweiten Schnitt £ mit 
x ermitteln, wozu wir die Anwendung eines Pascalschen Sechsecks. 
benötigen; alsdann bilden die Geraden 45, £ 6 ein Element von Te 
Nehmen wir weiter den Kegelschnitt in IL, welcher durch den Schnitt 
der Geraden 4 6 mit x geht, und ermitteln wieder mit Hilfe eines Pascal- 
schen Sechsecks seinen zweiten Schnitt £ mit x, so bilden 46 und &5 
gleichfalls ein Element von IL,'. Daraus folgt, daß I der Schnittpunkt. 
von § 6 mit é 5 ist. 


115 


Wir sehen, daß die Konstruktion von J mannigfaltig durch- 
geführt werden kann, indem wir aus IZ, und II, je einen Kegelschnitt 
so wählen, daß sich beide in zwei Punkten auf x schneiden und daß 
einer von ihnen entartet. Analog könnten wir den Punkt ZI linear 
konstruieren, in welchem sich alle dem Dreieck 123 umschriebenen 
Kegelschnitte schneiden, welche durch die Paare der auf x durch IT, fest- 
gelegten Involution gehen. Dadurch ist auch g, linear durch 1, 2, 3, Y,, IT 
bestimmt, und wir können nun auch die Punkte Z,, Y,, also die Gerade 
b, linear konstruieren. 


Hier läßt sich also die erwähnte quadratische Konstruktion vermei- 
den ; die Konstruktion von 0, erheischt dabei die sechsmalige Anwendung 


Rie. Le 


“des Pascalschen Satzes. Wir wollen aber eine andere Konstruktion 
erläutern, welche diese Zahl auf vier herabdrückt. 


4. Die Fläche B, welche durch die Gerade 5, =7 8 und die Punkte 
1, 2, 3, 4, 5, 6 geht und hiedurch bestimmt ist, können wir nämlich wieder 
nach dem eingangs hervorgehobenen Prinzip konstruieren. Wir legen 
(Fig. 1) durch b, und durch die Punkte 1, 2, 3, 4, 5 zwei Flächen zweiter 
Ordnung H,, H,, deren Konstruktion sich einfach durchführen läßt; 
in dem durch sie festgelegten Büschel liegt auch die Fläche B selbst, die 
vir dann als solche ermitteln ; sie geht nämlich durch die Schnittkurve 
Flächen H,, H, und durch den Punkt 6. 
8 * 


116 


Wählen wir für die Fläche H, die Gerade g, = 1 2 als Erzeugende, 
so ist sie dann bestimmt. Wir haben also H, durch die windschiefen 
Geraden 6,, g, und durch die Punkte 3, 4, 5 festgelegt. Wir könnten sie 
etwa durch die projektiven Ebenenbüschel b, (3, 4, 5,...), g, (3, 4, 
5...) erzeugen; sie enthält tatsächlich die Punkte 1, 2, 3, 4, 5 und die 
Gerade b.. 

Wählen wir weiter etwa die Gerade g, =13 als Erzeugende für 
H,, so ist auch diese Fläche durch die windschiefen Geraden b,, g, und 
durch die Punkte 2, 4,5 festgelegt; wir könnten sie ebenso durch die 
projektiven Ebenenbiischel b, (2, 4,5...), g, (2; 4, 5,... .) erzeugen ie 
enthält ebenfalls die Punkte 1, 2, 3, 4,5 und die Gerade DR 

Die Ebene 1 2 3 schneidet H, außer in g,= 1 2 noch in der Geraden 
h,, welche den Punkt Y,= (b, y) mit 3 verbindet. Schneiden g,, A, die Gerade 
x in den Punkten «a,,ß,,so wird H, von der Ebene x zin einem Kegelschnitt 
geschnitten, der durch a, 8,, 4, 5 und Z,= (b,.2) geht und somit bestimmt 
ist. Wir konstruieren für diesen Kegelschnitt den zweiten Schnittpunkt 
L, mit z, etwa mit Hilfe des Pascalschen Sechsecks 5 B, «, 4 2,2 oder 
5a, ß,4Z,L,. (In der Fig. 1 haben wir das zweite von ihnen vervendet.) 
Dann gehört die Gerade Z,, welche den Punkt ZL, mit dem Punkte (g,. y) 
verdindet, der Fläche H, an. 

Analog verfahren wir für die Fläche H,. Die Ebene 1 2 3 schneidet 
sie außer in g, = 1 3 noch in der Geraden h,, welche Y, mit 2 verbindet. 
Schneiden gy, i, die Gerade xin den Punkten @,, ß,, so hat H, mit der Ebene 
x 2 einen Kegelschnitt gemein, welcher durch «,, B,, 4,5 und Z, geht 
und hierdurch festgelegt ist. Wir konstruieren für ihn den zweiten Schnitt- 
punkt Z, mit z,im Einklang mit Vorangehendem mit Hilfe des Pascalschen 
Sechsecks 5@,ß,4Z,L, oder 5@,ß,4Z,L,. (In Fig. 1 mit Hilfe des 
zweiten.) Dabei hat das hier benützte Seckseck mit dem für H, zuvor 
angegebenen die Seiten 4 Z,, x, z gemein und ihre Pascalgeraden gehen 
durch ©. Die Gerade J, welche den Punkt L, mit dem Schnittpunkt von 
£& mit y verbindet, gehört alsdann der Fläche H, an, indem sie mit 5, 
den vollständigen Schnitt von H, mit der Ebene y z bildet. 

Der Schnittpunkt Z = (l,1,) gehört beiden Flächen Hy, H an, 
er ist also allen Flächen gemeinschaftlich, welche durch die Gerade b, 
und durch die Punkte 1, 2, 3, 4, 5 gehen, also gehört er auch der Fläche 
B an. 

5. Nun wiederholen wir den Vorgang, indem wir durch die Gerade 
b, und die Punkte 1, 2, 3, 4, 6 zwei Flächen zweiter Ordnung K,, K,legen 
und ihre von b, verschiedenen Schnittgeraden k, bzw. k, mit der Ebene 
y z ermitteln. Für die Fläche K, wählen wir wieder g,, für K, wieder g 
als Erzeugende, so daß der ersten von ihnen h,, der zweiten A, angehört. 


Also haben wir wieder mit Hilfe des Pascalschen Sechsecks 6 B, @, 42, Ka 


oder 6a, 8,4 Z, K, (in der Fig. 1 mit Hilfe des zweiten) den Punkt K, 
zu ermitteln, in welchem K, die Gerade z noch trifft, um dann k, als die 


RN ee ii 


117 


Verbindungsgerade von K, mit dem Punkte (g, y) zu erhalten. Analog 
liefert das Pascalsche Sechseck 6 8, a, 4 Z, K, oder 6 a, B, 4 Z, K, (in der 
Fig. 1 das zweite) den zweiten Schnittpunkt von K, mit z und die Gerade 
k, ist die Verbindung von K, mit dem Punkte (g, y). Dabei haben die jetzt 
benützten Sechsecke mit den früheren die Seiten 4 Z,, x, y gemein, so 
daB ihre Pascalgeraden gleichfalls durch O gehen. 

Der Schnittpunkt K = (k,.k,) gehört beiden Flächen K,, K, an, 
er ist also allen Flächen gemeinschaftlich, welche durch die Gerade b, 
und die Punkte 1, 2, 3, 4, 6 gehen, also gehört er auch der Fläche B an. 


Deshalb liegt auch die Gerade L K auf B; sie ist die von b, verschiedene 


Gerade 6,, in welcher diese Fläche die Ebene y z schneidet. 

Wir bemerken hiezu noch Folgendes. Alle Flächen, welche durch 
fünf Punkte und eine Gerade b, gehen, schneiden sich im allgemeinen 
noch in einer kubischen Raumkurve, für welche b, eine Sehne ist. Jede 
Ebene durch b, schneidet diese Raumkurve außerhalb b, in einem einzigen 
Punkte. Wir haben also die Aufgabe gelöst: Es ist der außerhalb b, liegende 
Schnittpunkt Z resp. K der Ebene y z mit der kubischen Raumkurve zu 
ermitteln, welche b, zur Sehne hat und außerdem durch die Punkte 
1, 2, 3, 4, 5 resp. 1, 2, 3, 4, 6, geht. Wir konnten also für die Konstruktion 
der Punkte Z und K auch das Prinzip aussprechen, daß wir durch 5, 
als Sehne und je durch die Punkte 1, 2, 3, 4, 5 resp. 1, 2, 3, 4, 6 die ein- 
deutig bestimmte kubische Raumkurve /,resp. k, legen und ihren Schnitt 
L resp. K mit yz konstruieren. Alle Flächen 2. Ordnung durch 0, und 
J, bilden einen Büschel und ebenso alle solche Flächen durch 5, und ky 
und schneiden y z außer in b, noch in Geraden des Strahlenbüschels um 
L resp. K; die Fläche des einen Büschels, welche durch Z K geht, gehört 
auch dem zweiten an ; sie ist somit die Fläche B. 

Wir ersehen hieraus, daß uns die viermalige Anwendung des Pas- 
calschen Satzes die Gerade b, liefert, wobei die zugehörigen Pascalschen 
Sechsecke in besonderer Lage sich befinden, durch welche die Darstellung 
wesentlich vereinfacht wird. 

6. Zu demselben Ergebnis führt die folgende Betrachtung. Die 
Fläche B werde von der Ebene x y im Kegelschnitte (b), von x z im Kegel- 
schnitte [b] und von y z im Geradenpaare 0, b, geschnitten. Dabei haben 
(6), [6], weiter (b), b, 6, und schließlich [d], b, b, auf x, y, resp. z je zwei 
Punkte gemein. Um also B zu erhalten, hat man durch Y,,1,2,3 urd 
durch Z,,4,5, 6 die Kegelschnitte (b), [b] so zu legen, daß sie sich in 
zwei Punkten auf x schneiden; die Verbindungsgerade ihrer zweiten 
Schnittpunkte mit y und zist dann b,. Alle Kegelschnitte durch Y,,1,2,3 
bilden einen Büschel, welcher y in einer Punktreihe und x in einer zu 
ihr projektiven Punktinvolution schneidet. Alle Kegelschnitte, welche 
durch die Punktepaare dieser Involution und durch 4, 5, Z, gehen, bilden 
gleichfalls einen Büschel, welcher z in einer zu dieser Involution projek- 
tiven Punktreihe schneidet. Es sind also die so auf y und z entstehenden 


118 


Punktreihen projektiv, und da in ihnen der Punkt O sich selbst entspricht, 
was man sofort erkennt, wenn man in dem ersten Kegelschnittbüschel 
den durch O gehenden Kegelschnitt legt, so sind die soeben erwähnten 
Punktreihen perspektiv und erzeugen somit den Strahlenbüschel um Z. 
Ebenso schneiden die durch die Paare der erwähnten Involution auf x 
und durch 4, 6, Z, gehenden Kegelschnitte z in einer Punktreihe, welche 
mit der auf y entstehenden Punktreihe perspektiv ist und mit ihr einen 
Strahlenbüschel um den Punkt K erzeugt. Wir gelangen hier also zu der- 
selben Konstruktion von b, =_KL wie zuvor, wenn wir von den Geraden- 
paaren g M, ga, in dem durch Y,, 1, 2, 3 festgelegten Kegelschnitt- 
büschel ausgehen. 


7. Die Fläche C werde etwa (Fig. 2) durch die Gerade g — aie 
gelegt. Sie schneide x z im Kegelschnitt [c] und y z im Kegelschnitt {c}; 
beide Kurven schneiden einander in zwei Punkten auf z, wobei die erste 
x auBer in &, =g,.xnoch in einem Punkte C, die zweite y außer in Y, —g,.y 
noch im Punkte C, schneidet. 


Alle Kegelschnitte durch «,, 4, 5, 6, bilden einen Büschel Z, und 
schneiden x in einer Punktreihe, z in einer zu derselben projektiven 
Involution. Durch die Paare dieser Involution und durch Was 7, 8 gehende 
Kegelschnitte bilden gleichfalls einen Büschel Z,, welcher y in einer Punkt- 
reihe schneidet, welche zu der Involution auf z gleichfalls projektiv ist, 
so daß die so entstehenden Punktreihen auf x und y projektiv sind und 
da sie den Punkt O entsprechend gemein haben, wovon wir uns wieder 
mit Hilfe des durch O, «,, 4,5, 6 gehenden Kegelschnittes überzeugen 
so sind sie perspektiv. Es sei H das zugehörige Perspektivzentrum. Es 
müssen also die Kegelschnitte [c], {c} die Geraden x, y so schneiden, daß 
die Verbindungsgerade C,C der Schnittpunkte durch H geht. Diese Ver- 


119 


bindungsgerade m gehört nun der Fläche C an; sie muß also auch durch 
den Punkt 3 gehen, so daß m sich als die Verbindunsgerade der Punkte 
He ergibt. 

Dies führt zur folgenden Konstruktion. Wir verbinden «, mit einem 
der Punkte 4, 5, 6, etwa mit 4, durch eine Gerade. Diese Gerade a, 4 
bildet mit der Geraden 5 6 einen Kegelschnitt von 2,. Trifft z diese 
Geraden in dem Punkten E,F, so ist der zugehörige Kegelschnitt von 
2, durch die Punkte E, F, 7, 8, Y, festgelegt und man kann nach dem 
Eschen Satze seinen zweiten Schnittpunkt C,’ mit y ermitteln. 
Verbinden wir C,’ mit dem Punkte C’ = (56.x), so erhalten wir eine 
durch H gehende Gerade C,’ C’. 

Die Verbindungsgerade a, 5 bildet mit der Geraden 4 6 einen zweiten 
Kegelschnitt von 2,. Diese Geraden mögen z in den Punkten E’, F’ 
treffen. Alsdann ist der zugehörige Kegelschnitt von Z, durch die Punkte 
er’, 1,8, da festgelegt. Ermitteln wir mit Hilfe des Pascalschen Satzes 
den zweiten Schnittpunkt C,’’ dieses Kegelschnittes mit y; seine Verbin- 
dungsgerade mit dem Punkte C’’= (46. x) geht gleichfalls durch H. 

Wir verwenden zur Konstruktion von C’, etwa das Sechseck 7 8 
EFY,C,' und zur Konstruktion von C,” das Sechseck 7 8 E’ F’ Y, C,”, 
so daß wir dabei zur Konstruktion von C,' vier und zur Konstr Akon 
von C,” nur noch drei Geraden zu ziehen haben. Alsdann ergibt sich 
H als Schnitt der Geradem C’ C,’, C’ C,"’ und die Gerade m von C ist die 
Verbindung der Punkte H und 3; sie legt auf y den Punkt C, fest. Wir 
könnten dieser Konstruktion auch eine der früheren analoge Auslegung 
geben. 

Die Fläche C schneidet die Ebene yz im Kegelschnitte c, von welchem 
wir jetzt schon die vier Punkte Y,,C,, 7, 8 kennen. 

Legen wir weiter durch einen der Punkte 7, 8 und zwei der Punkte 
4, 5, 6 eine Ebene, etwa die Ebene 45 7. Sie schneidet C in einem Kegel- 
schnitte 7, auf ‘dem nebst den drei gewählten Punkten auch noch die 
Schnittpunkte mit g, und m liegen und der somit dadurch bestimmt ist, 
so daß man nach dem Paschcalschen Satze auch noch seinen zweiten 
Schnittpunkt R mit der Ebene yz konstruieren kann. Dieser Punkt 
gehört also auch dem Kegelschnitte c an. Damit ist c durch die Punkte 
Y,, C,, 7, 8, R hinreichend festgelegt. 

Bei unserer speziellen Wahl ist also 45 die Spur der Ebene 457 
in x z, ihre Spur ein y z verbindet den Punkt (4 5.2) mit 7 und ihre Spur 
in xy verbindet die Punkte (e. y), (45. x) und trifft m und g, in den 
Punkten M und G, von 7. Verwenden wir zur Konstruktion von R etwa 
das Sechseck MG, 45 7 R, so hat man drei neue Gerade zu ziehen, um 
den Punkt R zu erhalten. 

Aus unserer Konstruktion ersehen wir, daß wir die dreimalige 
Anwendung des Pascalschen Satzes benötigt haben, um den Kegel- 
schnitt c durch die Punkte Y,, C,, 7, 8. R festzulegen. 


120 


Durch c und 5 = b, b, ist in der Ebene y z der Kegelschnittbiischel 
Z gegeben. Unsere Aufgabe wird es jetzt sein, denjenigen Kegelschnitt 
k, desselben zu konstruieren, welcher durch den Punkt 9 geht. Hiemit 
haben wir die Konstruktion von k, auf ein. bekanntes Problem zurück- 
geführt und könnten sie als erledigt betrachten. Indes streben wir hier 
eine einfache Konstruktion an, welche auf den Satz von Pascal zurück- 
zuführen wäre. 

8. Wir wollen von der allgemeinen Aufgabe ausgehen: Gegeben 
sind (Fig. 3) in einer Ebene zwei Kegelschnitte b, c und ein auf keinem 
von ihnen gelegener Punkt R; man soll den durch R und die Schnittpunkte 
von b und c bestimmten Kegelschnitt À konstruieren. Dabei setzen wir 
voraus, daß die Schnittpunkte von b und c nicht direkt gegeben sein 
müssen und also auch imaginär sein können. 

Wir führen durch R eine Gerade, welche b in den Punkten B,, B, 
und eine andere, welche cin den Punkten Cj, C, reell schneidet und ziehen 
die Geraden B,C,, B,C,. Die erste von ihnen möge b noch in B, und c 
noch in Cy, die zweite möge b noch in B, und c noch in C, schneiden. Wir 
haben so zu den Sehnen B, B,, C, C, dieser Kegelschnitte die neuen Sehnen 
B, By, C,C, erhalten und es schneiden sich die Geraden dieser neuen 
Sehnen im Punkte J, während die Gerade der Sehne C, C, die ursprünglich 
geführte Gerade B, B, im Punkte II schneidet und die Gerade B,B, 
mit C,C, den Schnittpunkt IIT gibt. 

Man erkennt nun, daß die Punkte J, II, III auf dem durch R 
geführten Kegelschnitte k des durch b und c festgelegten Kegelschnitt- 
büschels Z liegen. 

Dazu betrachten wir das Viereck B, B, B, Bz, dessen Ecken einen 
Kegelschnittbüschel festlegen. Dieser Büschel wird von der Geraden 
R III in einer Involution geschnitten. Ein Paar dieser Involution wird 
durch d, ein zweites Paar durch B, B, und B, B, ausgeschnitten ; dieses Paar 
sind nun die Schnittpunkte C,,C, von R III mit c. Und ein drittes Paar 
wird durch die Schnittpunkte R, III dieser Geraden mit B, B, und B,B, 
gebildet. Es gehört also III mit R zu einem Paar der durch 6 und c auf 
R III festgelegten Involution; deshalb gehört III dem Kegelschnitt k 
an. Analog schließen wir mit Hilfe der Vierecke C,C,C,C,, BıB,B,B; 
daß die Punkte ZI und I dem Kegelschnitt k angehören. 

Die Geraden B, C,, B, C, schneiden 5 noch in den Punkten B,, Bg 
und c in den Punkten C,,C,. Nach der soeben erkannten Beziehung 
schneiden sich die Geraden B, Be, C,C, in einem weiteren Punkte IV 
von k, während die Geraden B, B,, C,C,sich wieder im Punkte JJ und die 
Geraden C,C,, B, Bg sich wieder im Punkte III treffen. Hiedurch ist 
k durch die 5 Punkte R, I, II, III, IV festgelegt. 

Sind die Kegelschnitte b,c durch je 5 Punkte beliebig gegeben, so 
kann man einen von ihnen auf b als den Punkt B, und einen von ihnen 
auf cals C, wählen; dann kann man nach einander die Punkte B,, als 


TEL 


121 


Schnitt der Geraden RB, mit b, und C, als Schnitt der Geraden RC, 
mit c, hierauf die Punkte B, und C, als Schnitte der Geraden B, C,, ferner 
die Punkte B, und C, als Schnitte der Geraden B,C, und schließlich die 
Punkte B,, C,als Schnitte der Geraden B, C,, oder statt B,, C, die Punkte 
B,, Ce als Schnitte der Geraden B,C, mit b bzw. c konstruieren, um dann 
in der zuvor ausgeführten Weise die Punkte J bis JV zu erhalten, nämlich 
EB, CC) (RB..C,C., III = (RC,. B, B,) und IV = (IIIB.. 
Ber iesp. IV = (III B,. II C,). 


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Sas et 


Wir haben also im ganzen achtmal, nämlich für jeden der Kegel- 
schnitte b,c viermal den Pascalsatz anzuwenden, wobei aber die zuge- 
hörigen Pascalsechsecke eine Anzahl Seiten gemein haben, wodurch sich 
die Durchführung der Konstruktionen vereinfacht. 

9. Wir kehren nun zur Konstruktion des Kegelschnittes À, in y z 
für die gesuchte Fläche 2. Ordnung zurück (Fig. 4) und wenden das soeben 
Erläuterte hieran. Zu dem Zwecke verbinden wir 9 mit C, und ermitteln 
den zweiten Schnittpunkt C, dieser Geraden mit c, etwa mit Hilfe des 
Pascalsechsecks C, Y,R78C,, für welches die Verbindungsgerade der 
Punkte b,.y und R7.9C, die Pascalgerade ist; die Sekante 9 B, zu 6 
führen wir etwa durch den Punkt B,= (b,. y), so daß 9 B, die Gerade b, 
im Punkte B, schneidet. Die Gerade y= C, B, schneidet c noch im Punkte 
C,, welcher mit Y,, und b noch im Punkte B,, welcher mit (b,,y) zusammen- 
fällt ; die Gerade C, B, schneidet c im Punkte C,, den wir etwa mit Hilfe 
des Pte atcctisecks Y,C,78C,C, konstruieren, und 6 Re sie im 
Punkte Haut db... Es sehären also die Punkte I= (B,B, Y,€,), IT = 

(9-8, Y,C,), eer = = (9C,.B,B,) dem Kegelschnitte k, an, welcher 


122 


auBerdem durch die Punkte 9, 8,7 geht und somit mehr als notwendig 
bestimmt ist. 

Bemerkt sei, daß wir den Pascalsatz zur Konstruktion von b, 
viermal, zur Konstruktion von c dreimal und zur Endkonstruktion von 
k, zweimal angewendet haben. Dabei hätten wir noch die Ermittelung 
von k, aus b, à, und cauf mannigfache Weise durch zweimalige Anwendung 
des Pascalsatzes vornehmen können. 


Die Konstruktion von k, können wir auch auf den Sturmschen 
Satz gründen. Legen wir nämlich durch zwei Grundpunkte eines Kegel- 
schnittbüschels irgend einen Kegelschnitt, so schneiden auf diesem die 
Elemente des Büschels eine Involution ein, deren Pol P auf der 


Fig. 5. 


Verbindungsgerade der übrigen zwei Grundpunkte liegt, oder mit anderen 


Worten gesagt, für welche diese zwei Grundpunkte gleichfalls ein Paar 
bilden. 


Legen wir also hier (Fig. 5) durch die Punkte 7, 8 irgend einen 
Kegelschnitt h, so werden, da k,, c undb = b, b, einem Büschel angehören, 
die Verbindungsgeraden der Schnittpunktepaare von k mit c und k, sich 
in einem Punkte P von 6, schneiden. Wählen wir als k einmal das Geraden- 
paar 79,8 Y,, so haben wir den Schnittpunkt J von 9 7 mit c mit Hilfe 
eines Pascalsechseckes zu ermitteln und es schneidet dann J %; die Gerade 
b, in dem zugehörigen Pol P; die Gerade P9 schneidet 8 Y, in einem 
Punkte U,, welcher dem Kegelschnitt k, angehört. Wählen wir die Geraden 
97 und 8C, als h, so haben wir analog den Schnittpunkt von C, J und 


123 


6, mit 9 zu verbinden und die Verbindungsgerade trifft 8 C, in einem wei- 
teren Punkte U, von k,. Ebenso könnten wir den Schnittpunkt von R J 
und d, mit 9 verbinden, und es würde diese Verbindungsgerade von R 8 
gleichfalls in einem Punkte von k, getroffen. 

Obzwar die vorhergehende Konstruktion von k, in der Durchführung 
ebenso einfach ist, sind wir hier mit einem Pascalsechseck ausgekommen. 

Wir sehen hieraus, daß wir zur punktweisen Ermittelung von k, 
mit achtmaliger Anwendung des Satzes von Pascal auskommen. 

Hätten wir die Aufgabe; ‚Eine Fläche 2. Ordnung ist durch 9 Punkte 
1 bis 9 gegeben, man soll den zweiten Schnittpunkt G derselben mit einer 
durch einen von ihnen — (9) — gehenden Geraden g, die sich auf die Ver- 
bindungsgerade zweier anderen von ihnen (8 und 7) stützt, konstruieren‘, 


so würden wir bj b, und c in der angeführten Weise bestimmen (Fig. 4.) 
und dann die Gerade g mit b,in B,schneiden. Verbinden wir dann 7 mit 9, 
ermitteln den Schnitt J von c mit dieser Verbindungsgeraden und hierauf 
den Schnitt C, mit der Geraden J B,, so schneiden sich, unserer Konstruk- 
tion gemäß, die Geraden C,8 und g in dem fraglichen Punkte G. 

Man sieht, daß wir hiezu im ganzen neunmal den Pascalsatz 
angewendet haben. Hätten wir k, in der zweiten hier erläuterten Weise 
mit Hilfe der Punkte 7, 8, 9, U,, U, konstruiert, so wäre G dann auch mit 
Hilfe eines Pascalsechsecks zu konstruieren, was wieder die Anzahl neun 
ergeben würde. 

10. Im Vorangehenden haben wir aus den gegebenen 9 Punkten 
der Fläche A den auf ihr liegenden durch 7, 8 und 9 gehenden Kegelschnitt 
* k, ermittelt. Es soll jetzt noch ein zweiter Kegelschnitt derselben dar- 
gestellt werden, etwa der durch die Punkte 4, 5, 6 gehende hy. 


124 


Zu dem Zwecke verbinden wir (Fig. 6) durch Gerade einen der 
bekannten Punkte auf %,, nennen wir ihn A, und die Schnittpunkte 4,, a, 
von z mit den Geraden 4 5 und 5 6, bestimmen dann die zweiten Schnitt- 
punkte u,v der Geraden AA,,AA, mit dem Kegelschnitte k,, verbinden 
weiter die Punkte u, v durch Gerade mit einem zweiten von den bekannten 
Punkten auf k,, nennen wir ihn ®, und bringen die Geraden u ©, v © mit 
zin #,v, zum Schnitt. Diese Geraden erhalten wir mit Hilfe der Pascal- 
sechsecke op orAu,  o6orAv, wobei 9, 6, r drei weitere bekannte Punkte 
von À, bezeichnen. Alsdann schneiden sich die Geraden 4u,6v, in 
einem Punkte E von #,. 

Denn alle Kegelschnitte durch 4, w, u, v bilden einen Büschel und 
schneiden auf z eine Punktinvolution ein. Die Kegelschnitte, welche 
durch 4,5, 6 und die einzelnen Paare dieser Involution gelegt werden, 
bilden gleichfalls einen Büschel; zwei Kegelschnitte dieses Büschels 
werden durch die Geradenpaare 4 5, 6¥,; 5 6, 4u, gebildet. Es sind also 
4,5,6, E seine Grundpunkte; der Kegelschnitt %,, welcher durch das 
Schnittpunktepaar von k, mit z und durch 4,5,6 geht, gehört auch 
diesem Büschel an; es ist somit E ein Punkt desselben. Verbinden wir 
nun w und v mit einem der übrigen gegebenen Punkte von k,, etwa mit 
t und bringen die Verbindungsgeraden mit z in u, und v, zum Schnitte, 
so schneiden sich aus denselben Gründen die Geraden », 6, u, 4 in einem 
weiteren Punkte F von ky. So würde uns jeder der bekannten Punkte 
auf k, sofort zu einem Punkte von &, führen. 

Wir ersehen daraus, daß zur punktweisen Bestimmung von À, 
noch die zweimalige Anwendung des Pascalsatzes notwendig war, wobei 
jedoch die zugehörigen Sechsecke eine Anzahl von Ecken gemeinsam 
haben. Ebenso hätten wir den durch 1, 2,3 gehenden Kegelschnitt k, 
von A ermitteln können. 

Betrachten wir die Fläche A durch &,,% und einen Punkt hin- 
reichend dargestellt, dann erkennen wir, daß zu dieser Darstellung nach 
der hier entwickelten Konstruktion die zehnmalige (beziehungsweise) 
elfmalige) Anwendung des Pascalsatzes erforderlich ist; wollen wir aber 

noch den Kegelschnitt k, von A, der durch die Punkte 1, 2,3 geht, punkt- 
weise festlegen, so haben wir den Pascalsatz noch zweimal anzuwenden, 
was im ganzen die Anzahl der Pascalsechsecke auf zwölf erhöht. 

11. Versuchen wir auf Grund der bisherigen Betrachtungen die 
Aufgabe zu lösen, für eine durch die Punkte 1 bis 9 gegebene Fläche 2. 
Ordnung A den zweiten Schnittpunkt G derselben mit irgend einer durch 
einen von ihnen, etwa 9, gezogenen Geraden g möglichst direkt zu kon- 
struieren. 

Wir legen (Fig. 7) wieder durch die Punkte 1 bis 8 zwei Flächen 
2. Ordnung B,C, und nehmen die folgende Anordnung zu Grunde. Die 
Ebene 1 2 3 möge von der Ebene 45 6 wieder in der Geraden x, von der. 
Ebene 678 aber in der Geraden y geschnitten werden; alsdann ist die 


125 


Verbindungsgerade z des Punktes O= (x.y) mit 6 die Schnittgerade 
der Ebenen 456,678. Die Fläche B soll die Gerade g,= 12 enthalten, 
wodurch sie vollständig bestimmt ist. Sie schneide die Ebene yz im 
Kegelschnitte 6, die Ebene x zim Kegelschnitte bj, und es soll sich in erster 
Reihe um diese Kegelschnitte handeln, die wir zunächst punktweise 
festlegen wollen. Bezeichnen wir die Schnittpunkte von g, mit x durch 
X, mit y durch Y,. Irgend ein Kegelschnitt (b,) durch X,, 4, 5, 6 schneidet 
z außer in 6 im Punkte (Z) und x außer in X, im Punkte (X); der Kegel- 
schnitt (b) durch (Z), 6. 7, 8, Y, treffe y noch im Punkte (Y). Verändert 
sich (d)) in dem durch seine Grundpunkte X,, 4, 5, 6 festgelegten Kegel- 
schnittbüschel, so beschreiben (X) und (Z) zwei projektive Punktreihen. - 


~Ve 


CI 


Es verändert sich dann (b) in dem durch die Grundpunkte 6, 7,8, Y, 
festgelegten Kegelschnittbüschel und es beschreiben (Z) und (Y) gleich- 
falls zwei projektive Punktreihen. Somit sind die Reihen der Punkte 
(X) und (Y) auch projektiv; da der Punkt O in ihnen sich selbst ent- 
spricht, was wir wieder erkennen, wenn wir den Punkt (Z) in O annehmen, 
so sind sie überdies perspektiv und es werden sich die Verbindungs- 
geraden einander entsprechender Punkte (X) und (Y) in einem Punkte 
L schneiden 

Um also den Punkt L zu bestimmen, nehmen wir in dem Büschel 
der Kegelschnitte (b,) zwei Geradenpaare an, etwa 65, X, 4 und 6 4, X, 5. 
Trifft dann X, 4 die Gerade z im Punkte £,, so ermitteln wir den Schnitt- 


126 


punkt n, von y mit dem durch die Punktes¢), 6,78, Y 7 testzeleseem 
Kegelschnitte, etwa mit Hilfe des Pascalsechsecks 7 6 &, 8 Y, n,. Bezeichnen 
wir mit & den Schnitt von 6 5 mit x, so ist & 9, eine solche Gerade, welche 
durch L geht. Analog schneiden wir X,5 mit z im Punkte &, und 4 6 mit 
x im Punkte & und ermitteln mit Hilfe des Pascalsechsecks 7 6 & 8 Y, 9 
den zweiten Schnittpunkt n, von y mit dem durch 7, 6, &, 8 und Y, 
gehenden Kegelschnitte. Die Gerade & 7, geht gleichfalls durch L, so 
daß dieser Punkt sich als Schnitt von &, 7, mit & 4, ergibt. Ziehen wir 
nun die Gerade h,= L 3, welche x in &,, y in J), schneiden möge. Die 
Kegelschnitte by durch die Punkte X,, &,, 4, 5, 6 und b durch die Punkte 
Y,, 9, 6, 7, 8 schneiden sich also außer 6 noch in einem Punkte auf z 
und gehören der Fläche B an, welche auch die Geraden g,, h, enthält. 

Die Fläche C wählen wir so, daß sie die Gerade g, = 13 enthält, 
wodurch sie gleichfalls vollkommen bestimmt ist. Hier verfahren wir 
ganz analog wie bei der Konstruktion der Fläche B. Sind X,, Y, die 
‚Schnitte von g, mit x und y, so heben wir wieder etwa die Geradenpaare 
6 5, X, 4 und 6 4, X, 5 hervor und bezeichnen mit 6,, 6, die Schnittpunkte 
von X,4 und X,5 mit z. Ferner konstruieren wir mit Hilfe der Pascal- 
sechsecke 760,8 Y,7, 160,8Y,r, die neuen Schnittpunktewr es 
der durch @,,6,1,8, Y, resp. @,6,1,8, Y, festgelesten “Kegelschmupee 
mit y und bringen die Geraden z,$,,r,&, im Punkte K zum Schnitt, 
hierauf verbinden wir K mit 2 durch die Gerade A,, welche wir mit x 
und y in den Punkten &,, Y); zum Schnitte bringen. Die Fläche C enthält 
die Geraden gy, fz, den Kegelschnitt c, welcher durch die Punkte Y,, 9),, 
6, 7, 8 und den Kegelschnitt cy, welcher durch die Punkte X, &,, 4, 5, 6 
geht. 

Unsere Konstruktionen von B und C haben somit im ganzen die 
Darstellung von vier Pascalsechsecken verlangt, die jedoch durch ihre 
besondere Lage gegeneinander das Ziehen von nur wenigen Geraden 
erforderten. 

12. Haben wir die Flächen B und C in dieser Weise bestimmt, so legen 
wir (Fig. 7.) die Ebene (g 6), welche die Geraden x und y in den Punkten 
X,, Y, schneiden möge. Nun konstruieren wir die Schnittpunkte B, C 
der Kegelschnitte 6 und c mit der Geraden 6 Y,, etwa mit Hilfe der Pascal- 
sechsecke 678 Y,9,B und 678Y,9,C, weiter die Schnittpunkte 
Bo, Cy dieser Kegelschnitte mit der Geraden 6X, etwa mit Hilfe der 
Pascalsechsecke 645 X, ¥, By, 6 4 5 X, %, Cy und bezeichnen mit G,, H, 
G,, H, die Schnittpunkte der Geraden X, Y, beziehentlich mit den Ge- 
taden, 2,, M, Po. ir 

Die Ebene (g 6) schneidet die Fläche B in dem durch die Punkte 
6, B, Bo, G,, H, bestimmten Kegelschnitte 7, und die Fläche C in dem 
durch die Punkte 6,C,C,, G,, H, bestimmten Kegelschnitte 7. Aus den 
Kegelschnitten 7%, 7, erhalten wir nach Früherem den Kegelschnitt 7, in 
welchem die fragliche Fläche A von (g 6) geschnitten wird, etwa so, daß. 


127 


wir den zweiten Schnittpunkt B, der Geraden G,9 mit 7, mit Hilfe des 
Pascalsechsecks G, H,B6B,B, und den zweiten Schnittpunkt C, der 
Geraden G,9 mit 7, mit Hilfe des Pascalsechsecks G, H,C 6 C,C, ermitteln, 
worauf wir die weiteren Schnittpunkte B,,C, der Kegelschnitte 7,,7 mit 
der Geraden B, C, suchen, was mit Hilfe der Pascalsechsecke 6 B H, G, B, By, 
6 C H,G,C, C, leicht geschehen kann. Es schneiden sich dann die Geraden 
PB, H.C, im Punkte J, die Geraden G,9, H,C, im Punkte ZI und G, 9, 
H, B, im Punkte III von 7, wodurch dieser Kegelschnitt, der ja noch die 
Punkte 9 und 6 enthält, festgelegt ist, und es kann nun der Schnittpunkt 
G desselben mit g nach dem Pascalsatze, etwa mit Hilfe des Sechsecks 
9IIIIII6G gefunden werden. 


Fig. 8. 


Die Konstruktion des Punktes G erfolgt also durch die Darstellung 
von dreizehn, zum Teil in besonderer gegenseitiger Lage befindlichen 
. Pascalsechsecken. 

Es muß nicht bemerkt werden, wie man einzelne von ihnen modi- 
fizieren könnte, ohne die Konstruktion umständlicher zu gestalten. 


13. Ist die Fläche 2. Ordnung A durch die 9 Punkte 1 bis 9 gegeben 
und soll sie linear durch zwei korrelative Bündel erzeugt werden, so können 
wir (Fig. 8) wie folgt verfahren. Wir stellen zuerst den Kegelschnitt A, 
in der früher auseinandergesetzten Weise durch 7, 8, 9 und zwei weitere 
Punkte dar, legen durch einen von ihnen und durch je einen der Punkte 
1, 2, 3 und 4, 5, 6 eine Ebene, etwa die Ebene 1 4 T und stellen ihre Schnitt- 
_ geraden mit den Ebenen 125,456,789 dar. Diese Ebene schneide 
x,y,z beziehungsweise in den Punkten M,N,P. Durch vorteilhaft an- 
geordnete Pascalsechsecke konstruieren wir dann die von 7 verschie- 
denen Schnittpunkte Q,, Q der Geraden N P mit c und fy, sowie den von 
1 verschiedenen Schnittpunkt Sg von N M mit dem Kegelschnitt, welcher 
durch die Punkte 1, 2, 3, (d,. y), (b,. y) geht; ferner sei Qg der Schnitt 


128 


von N P mit à, und Sy der Schnitt von N M mit der Geraden, die wir 
früher mit m bezeichnet haben. 

Unsere Ebene 1 4 7 schneidet die Flächen B,C in den durch die 
Punkte 1, 4,7, Qg, Sg beziehungsweise 1, 4, 7, Qy, S, festgelegten Kegel- 
schnitten b* c* und die gesuchte Fläche A in einem Kegelschnitte 
k, welcher durch Q geht und dem durch b* und c* festgelegten Büschel 
angehört. Dieser Biiscnel hat die Punkte J, 4, 7 zu Grundpunkten. Ver- 
binden wir den Schnittpunkt der Geraden Qg Sp, Oy Sy mit dem Punkte 
4 durch eine Gerade v; diese geht nach dem auch zuvor angewendeten 
Satze von Ch. Sturm durch den vierten Grundpunkt V des Büschels; 
wir ermitteln ihn etwa mit Hilfe des Pascalsechsecks 4 7 Qg Sg 1 V. Hiemit 
ist k durch die Punkte 1,4, 7,0,V bestimmt. 

Wählen wir den Punkt 7 als Mittelpunkt eines Strahlenbündels 
T, und 2 als Mittelpunkt eines zu ihm korrelativen Ebenenbündels Jj. 
Dem Strahle 7Q ordnen wir in T,eine durch Q gehende Ebene, etwa 
210 zu; diese schneidet À, in einem Punkte U auf der Geraden, welche 
den Schnitt ve der Geraden 1 2, y mit Q verbindet; diesen Punkt erhält 
man mit Hilfe eines Pascalsechsecks, für das wir diein k, bereits gezogenen 
geeigneten Geraden mitbenützen. 

De Korrelation zwischen I, und T, ist hergestellt, wenn man den 
Strahlen, welche 7 mit zwei der festgelegten Punkte auf k, verbinden, 
die nach diesen Punkten durch die Gerade 2 U gehenden Ebenen und 
den Strahlen 7 4, 7 V die Ebenen 214,21 V zuordnet. Denn dann ist 
dem Strahle 7 Q von £, die Ebene Q2U 1 von I, zugeordnet und die 
Bündel I,, T, erzeugen eine Fläche 2. Ordnung, welche durch k,, k und 
2 geht, also die gesuchte Fläche A ist, weil ja der in der Ebene von 
k, liegende Strahlenbüschel um den Punkt 7 mit dem ihm korrelativen 
Ebenenbüschel durch 2 U den Kegelschnitt k, und der in der Ebene von 
k liegende Strahlenbüschel um 7 mit dem ihn korrelativen Ebenenbüschel 
um 21 den Kegelschnitt À erzeugt. 

Die Konstruktion von k, wurde durch 8 Pascalsechsecke erzielt und 
zur Festlegung von I, und I, haben wir dann die Punkte Q, Qy, Ss, W 
und U mit Hilfe je eines solchen Sechsecks ermittelt. Daraus ergibt sich 
insgesamt die Anzahl 13 von vermittelnden Sechsecken, welche jedoch 
untereinander gemeinschaftliche Ecken aufweisen, was zur Vereinfachung 
der Konstruktion nicht unwesentlich beiträgt. 

Zur konstruktiven Vervollständigung der Bündel T, und T, emp- 
fiehlt sich hier ihre Schnittbildung etwa mit der Ebene 4.5 6, in der 
wir so zwei korrelative Felder erhalten, mit denen wir dann weiter 
operieren können. 

Es ist klar, daß wir von den 9 gegebenen Punkten der Fläche jeden 
beliebigen als den Punkt 7 und irgend einen zweiten als den Punkt 2 
annehmen können. 


Zur Konstruktion von Kegelschnitten 
aus imaginären Punkten. 


Von 
J. SOBOTKA. 


Vorgelegt am 13. Oktober 1916, 


1. Im Anschluß an Art. 8 der vorangehenden Arbeit!) wollen wir 
hier einige Bemerkungen bezüglich der Konstruktion von Kegelschnitten 
aus teilweise imaginären Punkten beifügen. Dort haben wir erkannt, 


wie ein Kegelschnitt  punktweise konstruiert werden kann, wenn er durch 


einen reellen Punkt R und durch die vier Schnittpunkte von zwei gegebenen 
reellen Kegelschnitten b,c gehen soll, auch dann, wenn zwei von diesen 
Schnittpunkten oder alle vier imaginär sind, oder allgemeiner gesagt, 


. wenn die Schnittpunkte von 6 und c nicht bekannt sind oder zur Konstruk- 


tion nicht verwendet werden können. 


Zerfällt b in ein Geradenpaar b, b,, dann vereinfacht sich die 
Konstruktion insofern, als wir irgend zwei gegebene Punkte auf c etwa 


als die dort mit C, und C, bezeichneten Punkte annehmen können und 


den Schritt von C,C, mit b, etwa als B,, mit 6, dann als B, wählen ; alsdann 
hat man, um für 7 außer R noch vier weitere reelle Punkte zu erhalten, 
für den Kegelschnitt c nur drei besondere Pascalsechsecke zu ermitteln, 
etwa diejenigen, welche die Punkte C,, C,, C, liefern. 

Hat man hier den Schnittpunkt G einer durch R gezogenen Geraden 
g mit 7 zu ermitteln, so verbinden wir, dieser Konstruktion zufolge, irgend 
einen Punkt C, von c mit R und mit dem Schnittpunkt B, der Geraden 
g und 5,, ermitteln nach dem Satze von Pascal die Schnitte C,, C, dieser 
Verbindungsgeraden mit c und schließlich den Schnitt C, von c mit der 
Geraden, welche C, mit dem Punkte B,= (g.b,) verbindet; alsdann 


schneidet die Gerade C,C, auf g den gesuchten Punkt G ein. 


2. Übertragen wir diese Konstruktionen auf den Fall, wenn der 


1) Zur Konstruktion einer Fläche 2. Ordnung aus neun Punkten. 
Bulletin International. XXI, 9 


130 


Kegelschnitt 7 durch einen reellen Punkt R und zweimal zwei konjugiert 
imaginäre Punkte A,, A, beziehungsweise B,, B, gegeben ist. 

Die Punkte A, 4, seien (Fig. 1) als die Doppelpunkte einer Punkt- . 
involution J, auf dem Träger a und die Punkte B, B, als die Doppe pus 
einer Punktinvolution J, auf dem Träger b gegeben. 

Es sei P, der in J, und P, der in J, dem gemeinsamen Punkte P von 
a, b entsprechende Punkt, weiter sei A’ A” irgend ein Paar von J, und 
B’ B' irgend ein Paar von J, und es werde P, P, von A’ Bin Dos 
A” B” in E geschnitten. Schneiden sich die Geraden A’ BA’ Bein 
im Punkte F, so schneidet bekanntlich der dem Dreiecke D E F umgeschrie- 
bene Kegelschnitt c, welcher die Geraden P D und P E berührt, die Träger 
a und 6 in den Punktepaaren A, A, B, B,. Der gesuchte Kegelschnitt 
r geht also durch R und durch die Schnittpunkte der Kegelschnitte (a b) 


Bie. a: 


und c. Hiedurch ist die weitere Konstruktion auf den vorigen Fall zuriick- 
geführt. 

Es möge hier nur die Konstruktion des zweiten Schnittpunktes III 
irgend einer durch R gezogenen Geraden g mit 7 duch in werd us 
da sie zu einem bekannten Ergebnis führt. 

Wir heben zu dem Zwecke wieder zunächst die Punkte P,, P, hervor ; 
die Gerade gmöge ain Q,, bin S, treffen. Der mit Q,in J, ein Paar bildende 
Punkt werde mit Q, und der zu S, in J, gehörige Punkt mit S, bezeichnet. 
Die Geraden Q, S,, 0, S, mögen sich in C, und die Gerade P, P, in den 
Punkten C,,C, schneiden. Der dem Dreiecke C,C,C, umpeschriebena 
Kegelschnitt cy, welcher PC,, PC, zu Tangenten hat, bestimmt wie zuvor 
mit dem Geradenpaar a b einen Kegelschnittbiischel, dem der fragliche 
Kegelschnitt 7 gleichfalls angehört. Durch R geht die Gerade g, welche 
Co in Cy, C, schneidet, und weiter ziehen wir die Gerade R P,, welche 6 in 
B, treffen möge, während der früher mit B, bezeichnete Punkt mit Pr 
zusammenfällt. 


131 


Dann fällt B, mit P, zusammen und B, ist der Schnitt von 
B,C, mit a. Die Gerade B,B, = P,B, schneidet also RC, in dem gesuchten 
Punkte III. Nun sehen wir, daß RP,Q,S,P,III ein Pascalsechseck 
ist, welches die Gerade B,C, B, zur Pascalgeraden hat. 

Daraus folgt, daß der Punkt I/II der von R verschiedene Schnitt- 
punkt der Geraden g mit dem durch die Punkte R, P,, P,, Qs, S, gelegten 
Kegelschnitte ist. 

3. Schließlich sei (Fig. 2) der Kegelschnitt 7 durch drei reelle Punkte 
A, B, R und zwei konjugiert imaginäre Punkte H,, H, auf dem Träger h 
als-Doppelpunkte einer elliptischen Involution J gegeben; man soll den 
von R verschiedenen Punkt III irgend einer durch R gehenden Geraden 
g mit r konstruieren. 

Dem Schnittpunkte P, von h mit A B möge in der Involution J 
der Punkt P, und dem Schnittpunkte Q, mit g der Punkt Q, entsprechen. 


Wir wissen, daß, wenn wir die Punkte A, R mit den Punkten der Paare 
in J durch Geraden verbinden, die Wechselschnitte dieser Verbindungs- 
geraden einen Kegelschnitt c erzeugen, welcher durch A, R, H, und H, 
geht. Es bilden somit c, 7 mit dem Geradenpaar A R, heinen Kegelschnitt- 
büschel. Schneiden wir nun diese Büschel durch das Geradenpaar A B, g. 
Die Gerade AB trifft c im Punkte L, der sich als Schnitt von AB=P,A 
mit R P, ergibt und g trifft cnoch im Punkte M als Schnitt von A Q, mit 
RQ,. Dieselben Geraden A B und g schneiden 7 in den Punkten B und JIT; 


“folglich müssen sich die Geraden L M und B III in einem Punkte N auf 


h schneiden. 

Wenn man also L M mit hin N schneidet, so trifft N B die Gerade 
gin III. Die Konstruktion lehrt, daß das Sechseck BA Q, P, RIII ein 
Pascalsechseck ist mit der Pascalgeraden ZM N. Daraus folgt, daß III 
der von R verschiedene Schnittpunkt der Geraden g mit dem durch die 


Punkte A, B, R, P,, Q, festgelegten Kegelschnitte ist. 


e SY 
ee 
7 


4. Wenn einer von den Kegelschnitten b,c geometrisch imaginär 
ist oder wenn es beide sind, dann versagen unsere Konstruktionen. Es 
QO* 


132 


würde sich also um solche Konstruktionen handeln, welche allgemeiner 
sind und auch in den soeben erwähnten Fällen zum Ziele führen. Ich habe 
mich mit diesem Gegenstande in meinen Vorlesungen im Jahre 1909 ein- 
gehender beschäftigt und komme nun in etwas anderer Fassung darauf 
zurück. Zunächst führen wir den dort benützten Zusammenhang von drei 
Paaren einer .Involution an. Es seien (Fig. 3) also 4 A, B Br rs 
drei Paare einer Involution auf irgend einem Kegelschnitt k, wobei wir 
annehmen, daß wenigstens das Paar P, P, reell ist. Ferner seien P und p 
Pol und Achse dieser Involution; «, ß, m seien die auf p liegenden Pole 
der Geraden A, 4,, B, By, P, P, inbezug auf k. Die Gerade P, « schneide 
k noch im Punkte P, und die Gerade P„ß schneide k noch in A. Analog 
werde der Kegelschnitt k von der Geraden P, B noch im Punkte Pg und von 
Pee im Punkte B geschnitten. Bezeichnen wir den zu P, auf k unendlich 


benachbarten Punkt mit P,’, so hat das Pascalsechseck PR Py A B Pp Py’ 
die Achse p zur Pascalgeraden, folglich geht die Gerade AB durch den 
Punkt x. 

Der Punkt P, ist nun harmonisch zu P, inbezug auf A, A, und der 
Punkt A ist wieder harmonisch zu P, inbezug auf B, B,. Umgekehrt 
ist Pg harmonisch zu P, inbezug auf B, B, und B harmonisch zu Pginbezug 
auf A, A,, schließlich ist das Paar A B harmonisch zu P,P,. Hat man 
also die Punkte A und B in der angegebenen Weise ermittelt, so kann 
man den zu P, in der Involution gehörigen Punkt P, als den zu P, inbezug 
auf das Punktepaar A B harmonischen Punkt konstruieren. 

Diese Beziehung verknüpft also drei Paare einer jeden quadratischen 
Involution. ER 

Ist also (Fig. 4) ein Kegelschnitt 7 durch die Schnittpunkte der 
Kegelschnitte a, b und durch irgend einen Punkt P, gegeben und soll man 
den von P, verschiedenen Schnittpunkt P, irgend einer durch P, gezogenen 
Geraden g mit 7 ermitteln, so suchen wir die Polaren 4, 6 von P, inbezug 
auf die Kegelschnitte a resp. b. Diese Polaren mögen g in den Punkten 


Zur 


133 


P,, Pg treffen. Weiter suchen wir die Polare von P, inbezug auf b und 
von Pg inbezug auf a; schneidet die erste von ihnen g in A, die zweite in 
B, so erhält man schließlich P, als den zu P, inbezug auf das Paar AB 
harmonischen Punkt. 

Denn schneidet g den Kegelschnitt ain den Punkten A, A,, den Kegel- 
schnitt d in den Punkten B, B,, so ist P, zu Py harmonisch inbezug auf 


A, A, und A ist zu P, harmonisch inbezug auf B, B,; ebenso ist Pg zu P, 
harmonisch inbezug auf B, B, und B zuP;inbezug auf A, A,. Daraus folgt, 
daß der zu P, inbezug auf das Paar A B harmonische Punkt P, mit P, 
ein Paar der durch A, A, und B, B, festgelegten Involution bildet, also 
gehört er dem Kegelschnitte 7 an 


zB, 


+---- - -- --+-------- -J-------- 


Wir sehen, daß die Konstruktion immer durchführbar, also unab- 
hängig davon ist, ob A, A,, B, B, reell sind oder nicht und sogar auch 
unabhängig davon, ob a oder 6 geometrisch reell sind oder nicht und be- 
merken, daß sie linear ist. 

5. Zu einem etwas allgemeineren Ergebnis führt die folgende Betracht- 
ung. Wir wählen (Fig. 5) wieder die Kegelschnitte a, b, den Punkt P, 
und die durch ihn gehende Gerade g beliebig. Irgend eine andere in der 


134 


Ebene durch P, gezogene Gerade v schneide die Polaren 3, b von P, inbezug 
auf a und b in den Punkten Vg, Vg. Projizieren wir die Involution der 
auf 4 liegenden zu a konjugierten Punkte von V, und Vg aus, so erzeugen 
die Wechselschnitte der Verbindungsgeraden einen Kegelschnitt a,, welcher 
g in denselben zwei Punkten schneidet wie a. Desgleichen erzeugen die 
Wechselschnitte der Verbindungsgeraden von V,,Vg mit den auf g lie- 
genden zu 6 konjugierten Punkten einen Kegelschnitt b,, welcher g in den- 
selben Punkten schneidet wie b. Sind wieder P,, Pg die Schnitte von g 
mit 4 und b, so sind @ und P, Vg die Tangenten von a, in den Punkten 
V, und Vg und ebenso sind 6 und PgV,„ die Tangenten von b, in den 
Punkten Vg und V4. 


Der durch a, und b, festgelegte Kegelschnittbtischel schneidet q 
in derselben Involution wie der Kegelschnittbüschel, welcher durch a und 
b festgelegt ist, weil ja a und a, und ebenso 6 und b, die Gerade q je in dem- 
selben Punktepaar schneiden. Die durch P, gehende Gerade v verbindet zwei 
Grundpunkte des Büschels (a, b,); daraus folgt, daß die Gerade «, welche 
die übrigen zwei Grundpunkte desselben verbindet, die Gerade g in dem 
Punkte P, schneiden wird, welcher mit P, ein Paar der erwähnten Involu- 
“ tion bildet, also dem Kegelschnitt 7 angehört. 


Die Konstruktion von u, also auch von P,, kann demnach allgemein, 
wie folgt, gegeben -werden. 


P, ist der Pol von V„Vg inbezug auf a, und Pz inbezug auf b,; 
folglich ist g eine Seite des gemeinsamen Polardreiecks von a, und b, und 
deshalb ist der zu P, inbezug auf V, Vg harmonische Punkt C eine Ecke 
desselben. Die Gerade # geht durch diese Ecke. 


Ist auf girgend einem Punkte A inbezug auf a,, also auch a, der Punkt 
Aa, inbezug auf b,, und also auch 6, der Punkt Ag konjugiert und einem 
anderen Punkte B ebenso die Punkte Bg, Bg, so schneiden die Geraden 
Ve Au, Ve Ag die Gerade V, A in den Punkten a, ß, von denen der erste 
dem Kegelschnitte a,, der zweite dem Kegelschnitte b, angehört. Analog 
schneiden die Geraden Vz By, Va Bg die Gerade Ve B in den Punkten 
a’, B’ von a, beziehungsweise b,. Nach dem bekannten Satze von Ch. Sturm 
schneiden sich die Geraden ««’, BB’ in einem Punkte U auf u, so daß 
u = UC die Gerade gin dem gesuchten Punkte P, trifft. 


Nehmen wir insbesondere A in P, an, so fällt Ag mit P, zusammen, 
und der zu P, inbezug auf b konjugierte Punkt auf g heiße A; nehmen 
wir zugleich Bin Pp an, der zu Pginbezug auf a konjugierte Punkt heiße 
B, während der Punkt B, jetzt mit P, zusammenfällt. Alsdann ist a= Vy 
und 6= (VgA.4@); analog «= (V„B.b) und f’=Vz. Somit ist U= 
= (BV„.AV5). Da die Punkte C und P, zu Vg, Vg harmonisch liegen 
und die Gerade # die Punkte U, C verbindet, so gelangt man zu dem 
früher abgeleiteten Ergebnis, daß P, harmonisch zu P, inbezug auf 
AB ist. 


135 


Sollten wir nun 7 hinreichend bestimmen, so künnten wir nach diesem 
Prinzip seinen auf v liegenden, von P, verschiedenen Punkt Q leicht 
ermitteln ; die Tangente von rin P;, geht nach dem Punkte &.b und ebenso 
erhalten wir die Tangente in Q, die nach dem Schnittpunkte der Polaren 
von Q inbezug auf a und 5 geht. 

6. Insbesondere wollen wir noch die folgende Aufgabe lösen. ,, In der 
Ebene sind zweimal zwei konjugiert imaginäre Geraden u, v und s, ¢ durch 
zwei elliptische Strahleninvolutionen J,, J, und außerdem ein Punkt P, 
gegeben ; man soll durch P, und durch die Punkte v.s, w.t, v.s, v.t 
den Kegelschnitt 7 legen.“ 

Wir wissen, daß die Gerade g, welche #.s mit v.t verbindet, reell 
ist, ebenso wie die Gerade Ah, welche u.¢ mit v.s verbindet ; durch die Kon- 
struktion dieser Geraden wird unsere Aufgabe auf den Fall zurückgeführt, 
in welchem der Kegelschnitt 7 durch zweimal zwei konjugiert imaginäre 
Punkte G,, G,, H,, H, auf gresp. h und durch einen reellen Punkt gegeben 
ist. Diese Punkte sind die Schnittpunkte der Doppelstrahlen von J, oder 
J, mit g und h. Die Geraden g, h selbst gehen durch den Schnittpunkt 
der Strahlen 7,,7,, welche dem gemeinschaftlichen Strahl 7 der Büschel 
von J, und J, in beiden Involutionen entsprechen. Ferner gehen sie durch 
die Schnittpunkte der Strahlenpaare m, m,, N, M, von denen das erste 
zu J, gehört und 7,7 harmonisch trennt, während das zweite zu J, gehört 
und 7,7 harmonisch trennt. 

Die Konstruktionen von m, M, 2,2 Sind jedoch quadratisch, während 
unsere soeben erläuterte lineare Konstruktion, welche uns den zweiten 
aufirgend einer Geraden g durch P, gehenden Schnittpunkt P, mit 7 zu 
ermitteln lehrt, auch bier für unseren besonderen Fall unmittelbar ange- 
wendet werden kann, wobei zu bemerken ist, daß hier a= (uv), b=(s}), 
und daß die Polare irgend eines Punktes L der Ebene inbezug auf das 
Geradenpaar wv oder st derjenige Strahl in der Involution, für welche 
es die Doppelstrahlen darstellt, ist, welcher mit dem durch Z gehenden 
Strahl derselben ein Paar bildet. 

7. Kehren wir noch zur Konstruktion des Punktes P, ım allgemeinen 
Falle mit Zuziehung der Kegelschnitte a, und 5, zurück. Die Involutionen 
auf g der konjugierten Punktepaare inbezug auf 4 und b haben ein Ele- 
mentenpaar E, E, gemeinschaftlich Folglich sind die Wechselschnitte F1, 
F, der Geraden, welche Vg und Vg mit E, und E, verbinden, die weiteren 
zwei gemeinschaftlichen Punkte von a, und b,. Es trifft also vu = (F, Fy) 
die Gerade gin dem gesuchten Punkte P,. Hiemit sind wir zu der bekannten 
Konstruktion von P, gelangt die jedoch quadratisch ist. 

Bemerkung. In unseren linearen Konstruktionen des sechsten 
Punktes P, von 7 zu den auf ihm gegebenen fünf Punkten wurde hier teils 
der Satz von Sturm, teils auch der Satz von Desargues bezüglich eines 
Kegelschnittbüschels herangezogen. Der Satz von Pascal für ein einem 
Kegelschnitte 7 eingeschriebenes Sechseck ABCDEF ist gleichfalls 


136 


eine Folge des Satzes von Sturm, was wir sofort erkennen, wenn wir etwa 
den durch die Geradenpaare A B.C D, AF.DE festgelegten Kegelschnitt- 
büschel mit dem Kegelschnitt 7, welcher durch die Grundpunkte À, D 
des Büschels geht, zum Schnitte bringen. Wir haben also denselben 
Ursprung der Konstruktionen, ob die gegebenen Punkte alle reell 
sind oder nicht. Der Satz von Sturm ist eine unmittelbare Folge des 
Satzes von Desargues. Es hängen also diese drei Sätze aufs innigste 
zusammen in der Weise, daß immer zwei von ihnen sich sofort aus dem 
dritten ergeben. 

Dies scheint mir historisch deshalb von Interesse zu sein, weil Pascal 
unter Berufung auf Desargues den Satz tatsächlich in der hier angeführten 
Weise zum Ausdrucke bringt. 

Ich berufe mich da auf die Fußnote in R. Mehmke: Vorlesungen 
über Punkt- und Vektorrechnung (Leipzig 1913) auf S. 183, worin dies- 
bezüglich auf ,, Oeuvres de Blaise Pascal, t. 4, La Haye 1779, p. 3° ver- 
wiesen wird. | 


IN OP 


ed 7 


Über Spilite in Pifbramer Algonkium. 


(Résumé des böhmischen Textes.) 


Von 
FRANTISEK SLAVIK. 
Mit Subvention aus dem Barrande-Fond ausgeführte Arbeit. 
(Mit 4 Textfiguren und 2 Tafeln.) 
Vorgelegt am 18. Juni 1915. 


Als Spilitkomplex oder Spilitformation bezeichnete ich vor einigen 
Jahren die diabasischen Gesteine algonkischen Alters, die in der sogen. 
Barrandeschen Etage B (,,Pifbramer Schiefer‘) zwischen Kladno und 
Klattau aufreten ;!) später hat sie R. Kettner?) auch in Algonkium 
des Moldaugebiets oberhalb und unterhalb Prags nachgewiesen und 
zum ersten Versuch einer stratigraphischen Einteilung des böhmischen 
Algonkiums überhaupt verwertet. 

Im Frühling d. J. durchquerte ich gemeinsam mit meinem Freunde 
Dr. Kettner das Algonkium und das benachbarte Kambrium von 
Mni$ek und Dobri$ über Pribram bis hinter Rozmitäl; in dieser Arbeit 
teile ich die Resultate mit, soweit sie die spilitischen Eruptiva betreffen, 
während die Untersuchungen über den untersten, durch die massenhafte 
Anwesenheit der Spilite im klastischen Materiale charakterisierten 
Horizont des böhmischen Kambriums, die Zitecer Konglomerate P o- 
Sep ny’s,3) in der Arbeit Kettners niedergelegt sind, die ich gleich- 
zeitig mit der vorliegenden der Böhmischen Akademie vorlege.*) 


1) Slavik, Spilitische Ergussgesteine im Praekambrium zwischen Kladno und 
Klattau, Archiv naturw. Durchf. Böhm. XIV. 2., 1908. 

2) Kettner, a) dies. Bulletin 1912; b) Véstnik V. sjezdu teskÿch piirodozpytcu 
a lékaïü 1914, S. 317—8; c) Verh. geol. R.-A. Wien 1914, 178—189; d) Sbornik Ceské 
Spoleënosti zemévédné 1914, 196—200. 

3) PoSepny a) Über die Adinolen etc., Tscherm. Mitt. X (1888), 175—202; 
b) Beitr. z. Kenntn. d. mont.-geol. Verh. von Pribram, Archiv für prakt. Geol., II. Bd. 
(1895), 609—752. 

4) Kettner, dies. Bull. 1915. 


138 


Das Profil „v Lipizi NW von Dobris. 

In seiner vorjährigen Arbeit erwähnt E. N o w a k5) das Vorkommen 
diabasischen Gesteins an dieser Stelle, das in kambrischen Sedimenten 
aufsetzen soll. Nach seiner Karte kann von der Identität seines Diabases 
mit dem hier beschriebenen Vorkommen kein Zveifel sein, die Angabe 
Nowaks über das geologische Auftreten des Eruptivums bedarf einer 
wesentlichen Korrektur, wie aus den beigegebenen Profilen Fig. 1 u. 2 
zu ersehen ist. Des näheren werden dieselben in Kettners Arbeit über 
die Zitecer Konglomerate beschrieben, hier sei nur auf die Wichtigkeit 
des Lipizer Profils in mehr als einer Richtung hingewiesen: erstens sind 
hier im Spilitkomplexe zum ersten Male unzweifelhafte Tuffe nachgewie- 
sen worden, weiter zeigt es sich hier in einem einzigen Profile, daß die durch 


Fig. 1. Profil in dem in die Lipiz mündenden Tale: links NO, rechts SW. 


Zit. = Zitecer kambrische Stufe: S = Lipizer Straße. 1—7. Gesteine des Spilit- 
komplexes: 
1. feinkörniger Spilit 
2. Augitporphyrit 
3. zersetzte Partien 
4—7. körnige Diabase. 


Wie auch die nachfolgenden, ist das Profil von uns gemeinsam aufgenommen 
und von Kettner gezeichnet worden. 


die Spilite und Kieselschiefer charakterisierte Abteilung des böhmischen 
Algonkiums, der zweiten Schieferzone der Pribramer Autoren entsprechend, 
älter ist als diejenige, welche die algonkischen Grauwackenkonglomerate 
enthält und die erste Pribramer Schieferzone mit einbegreift, und es wird 
somit ein augenscheinlicher Beweis für die Richtigkeit der Kettnerschen 
Auffassung des böhmischen Algonkiums geliefert ; die im Profil zutage- 
tretende Dislokation (s. Fig. 2) zeigt sich als eine Fortsetzung der Pribramer 
Lettenkluft, und das algonkische Alter der Spiliteruptionen wird von neuem 
durch das Vorhandensein von Spilit- und Tuffgeröllen in den Zuffitischen 
Brekzien bewiesen; was das Kambrium betrifft, zeigt das Lipizer Profil 
gut die Diskordanz gegenüber dem unterlagernden Algonkium, das Auf- 
treten der (hier feinkörnig entwickelten) Zitecer Schichten an der Basis 
des Kambriums und erscheint selbst durch eine Querverwerfung bedingt, 


5 Nowak, Jahrb. geol. R.-A. 64 (1914), 236. 


139 


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140 


welche hier die erste kambrische (Birkenberger) Grauwackenzone ab- 
schneidet. 

Im Querprofile, der das Hangende des Hauptprofils beinahe im Strei- 
chen trifft und durch den Waldweg im in die Lipiz von NO einmündenden 
Tale aufgeschlossen ist, beobachten wir zuerst (Fig. 1) im NO Zitecer Grau- 
wacken, die NO streichen und NW einfallen, in ihrem unmittelbaren 
Liegenden feinkörnigen bis dichten Spilit (1), darunter einen Augitporphyrit 
(2) und jenseits der zerrütteten und verwitterten Partien Felsen von fein- 
körnigen Diabasen bis zur Vereinigung mit dem Haupttale (4—7). Hier 
(Fig. 2) folgt im Steinbruche ein mit Tuff verbundener Plagioklasporphyrit 
(S,), dann eine sehr mächtige Eruptivmasse, die zumeist (S3, Sa, Se) die 
Beschaffenheit von körnigen, z. T. uralitisierten Diabasen, teils auch von 
Plagioklasporphyriten (S;, S,) zeigt. Es folgen dann algonkische Schiefer 
mit einem Streichen nach O und Einfallen nach N, mit einem Kiesel- 
schieferlager (B), jenseits dessen auf etwa 200 m Länge die zerrüttete Zone 
folgt (Disl. in Fig. 2); hinter dieser bilden die Schiefer eine Antiklinale 
und enthalten dann in dem, jetzt gegen S ins Hangende gehende Profile, 
noch drei Lager von körnigen Diabasen (Sg, Sy So), ziemlich weit über dem 
letzten von denselben die Einlagerung von tuffitischen Brekzien (T); nach 
einer nochmaligen Schichtenfolge von gewöhnlichen algcnkischen Ton- 
schiefern stellen sich im Hangenden, schon außerhalb der Fig. 2, die algon- 
kischen Grauwackenkonglomerate des Vetrny vrch ein. 

Alle Diabasgesteine des Lipizer Profils halte ich für algonkische Effusiv- 
gesteine, d. h. für Facies des Spilitkomplexes, obwohl die körnigen Diabase 
eine große Ähnlichkeit mit manchen viel jüngeren Gangdiabasen des 
Birkenberger Gebiets u. a. O. zeigen; denn erstens beobachtet man zwischen 
einzelnen Facies allmähliche Übergänge, und dann haben wir körnige, 
7. T. auch uralitisierte Diabase im klastischen Materiale der Zitecer Schichten 
im Profile gegenüber dem Mundlcch des Erbstollens (s. unter Fig. 4) 
konstatiert. Somit halte ich zwei für den Spilitkomplex neue Tatsachen 
aus dem Lipizer Profil für sichergestellt: das Vorkommen von Tuffen und 
die Teilnahme der körnigen Uralitdiabase an dem Facieswechsel des Spilit- 
komplexes. 

Ob die Strukturabarten im Lipizer Profil selbständige Lavaströme 
oder Teile eines oder weniger Ergüsse darstellen, läßt sich nicht mit Sicher- 
heit sagen. Die Grenze der durch das Tuffvorkommen charakterisierten 
Partie S, ist etwas deutlicher und scheint konkordant mıt den liegenden 
algonkischen Schiefern O zu streichen und N einzufallen. Sonst hindert 
die vielfach schon sehr fortgeschrittene Verwitterung und zahlreiche 
Diaklasen, einzelne Eruptionsphasen auseinanderzuhalten. 

Die Strukturabarten der Lipizer Spilite seien im folgenden kurz 
charakterisiert: 

a) Spilit im unmittelbaren Liegenden der Zitecer Grauwacken (1 in 
de Kiez | und Tas 12), 


Makroskopisch fast dicht, mit leistenförmigem Plagioklas, chloriti- 
siertem Augit und viel Leukoxen in Körnchen. Etwas dunklere Einschlüsse 
sind randlich umgeschmolzen, weiter ins Innere zu jedoch werden sie all- 
mählich der Gesteinshauptmasse gleich. 

b) Augitporphyrit (2 1. d. Fig. 1). 

Ziemlich viel Augit I. Generation, u. d. M. fast farblos, nur in der 
Vertikalzone idiomorph ; Augit der Grundmasse chloritisiert ; in derselben 
auch Plagioklasleisten, viel Magnetit und etwas Quarz, wahrscheinlich 
sekundär. 

c) Der mit dem Tuff vergesellschaftete Plagioklasporphyrit (Sq i. d. 
Die. 2). 

Makroskopisch etwas lichter als die übrigen Gesteine, von schalen- 
förmiger Absonderung. Die Verwitterung sehr vorgeschritten; u. a. auch 
Verdrängungspseudomorphosen von Chlorit nach Plagioklaseinsprenglingen. 
Die Struktur der Grundmasse stellt einen Übergang von der spilitartigen 
strahligen zur fluidalen trachytischen vor. Spärliche Mandelräume enthalten 
Chlorit und jüngeren Kalcit. 

Auch jenseits des Lipiztales gegen W tritt ein Plagioklasporphyrit 
im Walde auf, doch mit weniger Feldspateinsprenglingen und mit fluidal 
struierter Grundmasse. 

d) Leukokrater Porphyrit Sz. 

Den weiter unten beschriebenen Gesteinen aus dem Zuge N von 
der Aglaiahöhe nahestehend; die Feldspäte beider Generationen (I. nicht 
zahlreich) gehören dem Oligoklas an, die Grundmasse hat eine leptomorphe 
Struktur und erscheint von unregelmäßigen Anhäufungen des sekundären 
Chlorits gefleckt ; akZessorisch kommt auch Quarz vor, der Leukoxen und 
uralitische Hornblende sind spärlich. 

e) Plagioklaspophyrit Sz. 

Z. T. durch magmatische Korrosion gerundete Plagioklase I. Gene- 
ration massenhaft vorhanden, die Grundmasse trachytisch struiert, leuko- 
krat mit wenig Chlorit und Leukoxen. Den Geröllen im algonkischen 


- Konglomerat von Jilovisté ähnlich. 


f) Körnige Diabase (4—7 i. d. Fig. 1, Sy, 53, Sa Se Ss; So, Sıo Fig. 2.) 

Korngröße wechselt bedeutend, einige Partien, z. B. in S, nahe der 
Ecke beider Profile, sind fast grobkörnig. An dieser Stelle findet man 
auch Proben mit wenig bis fehlendem Uralit. Sonst ist dieser massenhaft 
vorhanden: es ist zumeist die gewöhnliche, helle, zwischen bläulichgrün, 
bräunlichgrün und bräunlichgelb pleochroitische ,,schilfige Hornblende“, 
daneben kommt in S, auch primäre braune Hornblende vor. Durch die 


Umwandlung des Uralits entsteht Chlorit, einmal (der satter grüne Uralit 
‘in S,) auch Biotit. Der Augit, soweit erhalten, ist der gewöhnliche rötliche 


Diabasaugit oder fast farblos, die Plagioklase reichen vom basischeren 


“O igoklas bis zum sauren Labradorit und sind bisweilen nicht lamelliert, 


142 


die Erze gehören dem Ilmenit an. Sekundär kommen noch vor: Kalcit, 
farbloser Glimmer, Epidot, Pyrit, Quarz, einmal (S,) auch fächerförmige 
Aggregate von neugebildetem Plagioklas, annähernd Andesin. Die 
Struktur ist ophitisch, z. T. in die hypidiomorphkörnige übergehend. 
Unter den spärlichen Mandelräumen kommen auch solche vor, die mit 
Pyrit erfüllt sind (=etwa Nowaks ‚Pyriteinschlüsse‘‘). 

g) Spilittuff in Sa. 

Makroskopisch feinkörnig, mit zahlreichen großen, bisweilen defor- 
mierten Vakuolen, die mit Palygorskit und Kalcit erfüllt sind (wo beide 
zusammen, Palygorskit älter). U. d. M. besteht die Hauptmasse des 
Gesteins aus sehr feinkörnigem Aggregat, in welchem Feldspatkörnchen 
und der z. T. etwas parallel geordnete Chlorit überwiegen. Darin sind 
Bruchstücke eines ziemlich grobkörnigen Diabasgesteins (Taf. I. Fig. 2), 
eckige Quarzkörner und einzelne Fragmente von Plagioklas- und 
Augitkristallen zerstreut. Sekundärer Chlorit und Kalcit verdrängen 
vielfach die primären Gemengteile. 

Anstehenden Tuff kenne ich bis jetzt von keiner anderen Stelle 
des böhmischen algonkischen Spilitkomplexes, aber die einstige Anwesen- 
heit von Tuffen in demselben bezeugen einerseits Tuffgerölle in den 
Brekzien des Lipizer Profils und vereinzelt auch im algonkischen Konglo- 
merat von Jilovisté, andererseits das massenhafte Vorkommen von losen 
Ilmeniten, Leukoxenen und Plagioklasen im klastischen Materiale ver- 
schiedener algonkischer Grauwacken (Lipiz, Litavkaprofil u. a. O.) 
und Zitecer Konglomerate. S. auch weiter unten S. 12—14. 

Wegen der großen Wichtigkeit des Lipizer Profils sei hier auch noch 
einiges zur petrographischen Charakteristik seiner Sedimente gesagt. 

h) Grauwacken zwischen Sy und So. 

Einige von diesen Gesteinen sind feinkörnig, relativ wenig polymikt, 
den gewöhnlichen algonkischen Grauwacken ähnlich; ihr klastisches 
Material besteht aus Quarz, Schiefern und etwas Feldspat (Plagioklas, 
Orthoklas, Mikroklin). In anderen Proben werden die Bruchstücke 
scharfkantig und die Grauwacke geht in eine Brekzie über ; da kommen 
auch Fragmente von feinkörnigen Spiliten und ziemlich grobkörnigen Dia- 
basen vor, sowie einzelne Kriställchen von Bestandteilen derselben 
(Leukoxen, Plagioklas). Der sekundäre, wahrscheinlich den Plagioklasen 
entstammende Kalcit ist unregelmäßig verteilt. 

1) Grauwacken zwischen Sy und So 
sind ebenfalls z. T. brekzienartig und enthalten viel lamellierten und 
nicht lam. Feldspat, allothigenen Biotit und Muskovit, sekundären Kalcit 
und Epidot. 

1) Die zwischengelagerten Tonschiefer beider Partien 


zeigen u. d. M. nichts Besonderes; an zwei Stellen enthalten sie eigen- 
tümliche Konkretionsgebilde. 


143 


k) Tuffitische Brekzien (T in der Fig. 2). 

Schon makroskopisch fallen diese Gesteine durch zentimetergroße 
scharfkantige Schiefer- und Grauwackenbruchstücke auf und &hneln 
einigen algonkischen Grauwackenkonglomeraten, z. B. vom Kocäbaufer 
zwischen Dubno und Dubenec. U. d. M. können wir — bis auf das hier 
gröbere Korn — eine fast vollständige Übereinstimmung mit den eben 
angeführten brekzienartigen Grauwacken konstatieren, die auch selbst 
unter den Bruchstücken der tuffitischen Brekzien vertreten sind. Über Spi- 
lite und Spilittuffe im klastischen Materiale der letzteren s. unten S. 13. 


Spilite in der Schwarzgrubner Abteilung des Pribramer Gangdistrikts. 

Die offizielle Publikation von J. Schmid, W. Göbl und Mit- 
arbeitern®) unterscheidet von den gewöhnlichen (Gang-) Diabasen ,, Kalk- 
diabase“ des Lill-, Strachen- und Ferdinandschachtes — also der Schwarz- 
grubner Abteilung in der II. Schieferzone — und ein ähnliches Gestein 
im Kambrium der I. Sandsteinzone des Augustschachtes bei Drkolnov. 
Die von Ambroz gegebene mikroskopische Charakteristik dieser Gesteine, 
sowie die Angaben über ihr geologisches Auftreten sind wie die ganze 
offizielle Publikation sehr dürftig und nichtssagend. Das Gestein vom 
Augustschacht habe ich in Pifbram nicht sehen können, halte aber 
angesichts der Tatsache, daß auch unter den Piibramer Gangdiabasen 
fast dichte hellere Gesteine vorkommen,’) seine Zugehörigkeit zum 
Spilitkomplex für ausgeschlossen. 


Nach den Aufzeichnungen der Grubenkarten, die mir durch die 
Freundlichkeit des Herrn Bergrats J. Lodl zugänglich wurden, setzen 
einige ,, Kalkdiabase“‘ und ‚Kalkaphanite‘ des Lill- und Strachenschachtes 
diskordant im algonkischen ,,schwarzen Schiefer‘ auf; dies ändert freilich 
nichts an ihrem algonkischen Alter, sondern beweist nur, daß die II. 
Schieferzone älter ist als gewisse Spilite und desto mehr als die konglo- 
meratführende I. Zone. 


Die ,,Kalkdiabase‘‘ und ‚‚-aphanite‘ der II. Schieferzone sind, 
wie ich festgestellt, tatsächlich Spilite. Ich war in der Lage, folgende 
von ihnen zu untersuchen: 

a) Dichter Spilit, Halde des Lillschachtes. 

Makroskopisch dicht, lichtgrau. U. d. M. ein gewöhnlicher Spilit 
mit etwas strahlig gruppierten Plagioklasen und farblosem Augit ; beide 
kommen auch als spärliche Einsprenglinge vor. Sonst nur sekundäre 
Produkte vorhanden (Kalcit, Chlorit, Leukoxen). 

b) Die Brekzien vom Lillschacht. 


8) Montangeologische Beschreibung des Piibramer Bergbau-Terrains und der 
. Verhältnisse in der Grube etc., Wien 1892. 

7) A Hofmann, Guide des excursions du IX Congrès géologique international, 
Vienne 193, S. 6. 


Erwähnt von PoSepny,§) kurz mikroskopisch beschrieben von 
F. v. Sandberger,?) der inihnen richtig Diabasgesteine erkannt hat; 
in der verpfuschten offiziellen Publikation Schmid und Göbls 
sind diese Brekzien unter ausdrücklicher Berufungaufv.Sandberger 
als ,,schiefrige Grundmassen mit Einschlüssen von Kalknatron-Feldspath‘“ 
angeführt! 

Mein Material weicht in der mikroskopischen Beschaffenheit vom 
Sandberger’schen ab, ist jedoch — wie andere algonkische Spilit- 
brekzien — selbst in verschiedenen Proben variabel, was Zusammen- 
setzung und Struktur anbelangt. Es sind tektonische Brekzien, deren 
Zement aus Kalkspat, Chlorit, Pyrit und Quarz besteht und scharf- 
kantige Bruchstücke umschließt, die zumeist aus feinkörnigem bis 
dichtem holokristallinem Spilit bestehen ; seine ziemlich häufige Mandel- 
räume sind teils mit Chlorit, teils mit grünlichem Drabasglas ausgefüllt. 
Einmal traf ich ein Bruchstück von glasiger Zwischenmasse einei Spilit- 
brekzie im Zement eingeschlossen an. — Von anderer Beschaffenheit 
ist das Handstück von der Sammlung der Bergdirektion, Nr. 820. Hier 
bestehen die Bruchstücke fast gänzlich aus bräunlichem Diabasglas, 
hatten also vor der Bildung der tektonischen Brekzie die Zwischenmasse 
einer vulkanischen Brekzie gebildet.1°) Als Entglasungsprodukte treten 
fluidal geordnete braune Augitkörnchen und winzige Variolen auf. 
Das Zement besteht aus Quarz, Kalkspat, Pyrit und feinem Zerreibsel 
der Spilitglasmasse. 

c) Halden des Ferdinandschachtes. 


Ziemlich verwitterte Mandelsteine mit Kalkspat- und Chlorit- 
vakuolen und typisch spilitischer strahliger Struktur. 

d) Brekzien aus dem Hügel zwischen dem Ferdinandschacht und 
dem gewesenen Pulvermagazım. 

Die Hauptmasse ist ein typischer Spilit, der stellenweise massen- 
haft Mandelräume enthält; diese sind mit schönen Quarzin- und 
Chloritsphärolithen erfüllt, die sich sarcinenartig häufen. Die Zwischen- 
masse der Brekzie ist stark zersetzt und unterscheidet sich nur wenig 
von der Hauptmasse. 

Eine andere Probe, die leider nicht anstehendem Gestein entstammt, 
zeigt eine glasige, blaß-bräunlich durchscheinende Grundmasse, in 
welcher zersetzte Bruchstücke eines anderen, dunkleren Diabasglases, 
dann getrübte Plagioklaseinsprenglinge, Bruchstücke eines Spilits und 
einzelne Quarzkörner eingebettet sind. Es scheint mir, daß wir hier 
einen umgeschmolzenen Diabastuff vor uns haben. 


D Posepnv.l ce 34) 2S 203 010210% 

®) Sandberger, Jahrb. k. k. Bergakademien Leoben u. Pribram 1887, 
age 

> 


5), 311—2. 
10) Vergl. Slavik, lc NS 140 1457 kets med 0998 


Variolit gegenüber Podlesi. 


J. Grimm!) kannte bereits dieses Vorkommen, zählte es aber 
den Schiefern zu, Schmid verwechselte es mit dem nahen oolithischen 
Kalkstein (!), erst PoSepny!2) hat das Gestein richtig unter die Diabase 
eingereiht. Der Variolit geht allmählich in dichten Spilit über und variiert 
sehr in der Menge und Größe der Variolen; er stimmt vollkommen mit 
den von mir beschriebenen Varioliten aus Weißgrün bei Radnic u. a. O. 
des nördlicheren böhm. Algonkiums überein. Die Variolen werden 
von nadelförmigem Plagioklas gebildet und zeigen eine sphärolithische 
oder ‚‚divergent-strahlige‘‘ Struktur. Interessant sind die in ihnen verein- 
zelt eingeschlossenen, zum Teil skelettartigen Einsprenglinge eines zer- 
setzten Feldspats. Die Grundmasse des Variolits ist jetzt chloritisch 
zersetzt und scheint glasig gewesen zu sein. Unter den sekundären 
Mineralien sind neugebildete Plagioklase ziemlich häufig. 


Spilit vom Koziéiner Versuchsschacht. 


Ein typischer Variolitaphanit, dessen Plagioklassphärokristalle fast 
die ganze Gesteinsmasse einnehmen ; zwischen ihnen sind Erzkörnchen, 
z. T. skelettartige Ilmenite, eingeklemmt, während der Augit durch 
nadelförmigen sekundären grünen Amphibol ersetzt ist. Neugebildete 
Plagioklase sind auch hier vorhanden. 


Dubovä hora bei VéSin, NW Rozmital. 


Makroskopisch einem feinkörnigen Amphibolite gleich, von schmalen 
Aplitadern durchdrungen. U. d. M. bezeugen einige Strukturrelikte, 
namentlich deutlich ophitisch struieite Partien, die Abstammung aus 
einem Spilitgestein. Die Bestandteile sind: umkristallisierte mittel- 
basische Plagioklase, fast farbloser oder schwach grünlicher, spärlicher 
Pyroxen, eine grünlichbraune, eine grüne und eine fast farblose schilfige 
Hornblende, von denen die erstere mitunter mit dem Pyroxen parallel 
verwächst, sowie etwas Zoisit. Die mitunter starke Kataklase verwischt 
natürlich die primäre Struktur. Ähnliche metamorphosierte Spilite 
beschrieb ich aus der Gegend zwischen PieStic und Klattau. 


Das Litavkaprofil unterhalb Trhové Dusniky. 


Die beigelegte Fig. 3 illustriert die schon von Grimm und Lipold 
untersuchten Verhältnisse und die Diskordanz zwischen dem Algonkium 
und Kambrium; näheres darüber vergl. in Kettners Arbeit über 
die Zitecer Konglomerate. Die Eruptivlager des Profils bestehen aus 
körnigen Diabasen, welche zwar Piibramer Gangdiabasen zum Ver- 
wechseln ähnlich sind, aber nach dem Funde von gleichen Geröllen im 
Zitecer Konglomerat von der Skrtilka (s. weiter unten) und nach ihrem 


u) Grimm, Jahrb. k. k. Mont.-Lehranst. Leoben u. Pr. 1855. 
2) Posepny, 1. c. 3b), 632. 
Bulletin international, XXI. 10 


146 


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Fig. 3. Profil des vechten Litavkaufers unterhalb Trhové Dusniky. N links, 
Kambrium: 


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S rechts. 
Diabase, b Schiefer, d Grauwacken, À. d. kugelig-schalig abgesonderte Grauwacken. 
Zitecer, hl. Hluboser Konglomerate. 
I. II. = Mühlen an der Litavka. 


it. Kongl. ie cur 
Fig. 4. Profil bei der Skrtilka, gegenüber dem Erbstollenmundloch. W links, O rechts. 
Algonkium: 
B. Schiefer, Dr. Grauwacken, K. Dr. kugelige Grauwacken. Pb,—Pb, Proterobasgange 
Kambrium: 
Zit. kongl. Zitecer, Hl. k. Hluboser Konglomerate, P, Sandsteine. 


147 


geologischen Auftreten doch wie die analogen Gesteine von Lipiz dem 
Spilitkomplexe zuzuzählen sind. Es sind gewöhnliche Diabase, deren 
ophitische Struktur einerseits bei Verfeinerung des Korns in beinahe 
trachytisch-fluidale, andererseits bei Vergröberung in hypidiomorph- 
körnige übergeht. Quarz scheint sekundär zu sein, Uralit habe ich in 
meinen Proben nicht konstatiert. 


Das Profil bei der Skrtilka (gegenüber dem Mundloch des Erb- 
stollens). 

Auch dieses Profil, auf Fig. 4 dargestellt, wird in der gleichzeitigen 
Arbeit Kettners näher erörtert und die Diskordanz zwischen dem 
Algonkium und Kambrium beschrieben. Die hiesigen Eruptivgesteine 
führe ich nur mit der Reserve in dieser Spilitarbeit an; es sind Pro- 
terobase bis fast Diorite mit brauner Hornblende neben farblosem Py- 
roxen, von ophitischer, in hypidiomorph-körnige übergehender Struktur. 
Es sind möglicherweise gangförmige Glieder der Spilitformation, denn 
sie reichen nicht über die Grenze ins Kambrium hinüber. 


Feinkörniger Uralitdiabas von Piéin 
tritt O vom Tiergartenrande am NO-Abhang der Köte 509 auf und erinnert 
an die feinkörnigeren Partien der Lipizer Diabase. Mangels besserer 
Aufschlüsse ist seine Zugehörigkeit zum Spilitkomplexe zweifelhaft, 
ebenso wie die der folgenden Gesteine: 


Feinkörniger Diabas vom Gipfel cô. 508 NW von Skorotin, 
Proterobas vom südlichen Abhange desselben Hügels, 
Diabasporphyrit im Walde NNW von Rosovie, S cö. 467 (,,Drahy“). 


Trotz ihrer abweichenden Beschaffenheit halte ich eine andere 
Zone von Eruptivgesteinen für Glieder des Spilitkomplexes, nämlich den 


Porphyrit- und Mandelsteinstreifen NO von Lipiz. 

Ernest Nowak hält, wie aus seiner Karte ersichtlich, diese Ge- 
steine für algonkische Schiefer. Es sind zum großen Teile dichte, graue 
und bräunliche Gesteine, welche NO streichend in der Länge von etwa 
zwei Kilometern von der cô. 485 NW von der Aglajahöhe über die zum 
Fürstenbrunnjägerhause führende Straße bis fast zu dem Waldschlage 
zwischen den Köten 442 und 402 ziehen und an und beiderseits der 
erwähnten Straße in Schotterbrüchen aufgeschlossen sind. Näheres über 

ihr geologisches Auftreten bringt Kettners Aufsatz und Karte im 
 „Sbornik Ceské spoleënosti zem&vedne“ 1915. 

Die Eruptivgesteine des in Rede stehenden Streifens sind im NO 
_ vorwiegend Mandelsteine, deren zumeist trachytisch-fluidal struierte 
_ Grundmassen aus nadelförmigem Oligoklas, etwas Quarz und den gewöhn- 
lichen sekundären Mineralien bestehen; die Mandelraumfüllungen be- 
stehen aus Chalcedon, sphärolithischem Chlorit oder auch eigentümlichen 


y 10* 
; 


148 


Pseudomorphosen von Quarz nach Chalcedon, mit oder ohne späteren 
gewöhnlichen Quarz; auch Brauneisenstein und Kalcit kommen als 
jüngerer Teil der Mandelraumfüllung vor, schließlich hie und da auch 
Oligoklas mit Quarz. Plagioklase I. Generation sind nur spärlich vor- 
handen. 

Im SW, zwischen der Straße und der Cö. 485, findet man 
stark verwitterte, dichte Gesteine ohne Mandelräume, die stellenweise 
auch Feldspate erster Generation führen und in der Grundmasse fast 
ausschließlich aus Oligoklas und vielleicht auch etwas Orthoklas bestehen; 
der Chlorit ist unregelmäßig verteilt. Die Struktur ist teils trachytisch, 
teils allotriomorph-körnig. 

* i * 

Mitsamt den abweichenden und nicht ganz sichergestellten Vor- 
kommen hätten wir somit im Südflügel des böhmischen Algonkiums 
folgende Gruppen von spilitischen Ergußgesteinen (vergl. die schematische 
Karten Tat, AT): 

1. Die Gegend von RoZmital (Dubova hora): zu feinkörnigem Amphi- 
bolit umgewandelter Spilit nahe der Granitgrenze. 

2. Die Koziéin-Schwarzgrubner Gruppe, reich differenziert und 
den Spiliten des nördlichen Algonkiums am ähnlichsten: Variolite, Vario- 
litaphanite, dichte Spilite, Mandelsteine, glasige Brekzien. 

3. Die Litavka-Pitiner Gruppe: ophitische Diabase, ? Proterobase ; 

4. Lipiz: ophitische Diabase, Mandelsteine, Porphyrite, Tuffe. 

5. Die Zone N von der Aglajahöhe: saurere Porphyrite und Mandel- 
steine. 

6. Zavist und das gegenüberliegende neue, von Kettner aufgefundene 
Vorkommen am linken Moldauufer bei Zabéhlic: Spilitbrekzien. 

Zwischen 5. und 6. fällt Chouzava bei Kytin, wo wir WNW vom 
Orte, S vom Jägerhause in den Feldern einen Diabas mit farblosem 
Pyroxen und in der benachbarten algonkischen Grauwacke massenhaft 
abgerollte Bruchstücke ähnlichen farblosen Pyroxens gefunden haben. 
Vielleicht stammte aus dieser Stelle eine Probe zu Ernest Nowaks 
mikroskopischer Untersuchung, da derselbe die Anwesenheit eines 
„diopsidartigen Augits‘“ für häufiger in den algonkischen Grauwacken 
zu halten scheint, als es nach unserer Erfahrung tatsächlich der Fall ist. 


Klastisches Spilitmaterial 
in algonkischen und kambrischen Sedimenten. 


Der südliche Flügel des böhmischen Algonkiums, von Ritany 
über DobriS bis Rozmital, liefert massenhaft Belege für das algonkische 
Alter der spilitischen Ergußgesteine. Es hängt dies mit dem mächtigen 


149 


Vorkommen von Konglomeraten zusammen, von denen Kettner 
nachgewiesen hat, daß sie jünger sind als die Spilite. 

Ich habe spilitisches klastisches Material aus folgenden algonkischen 
Sedimenten untersucht: 

1. Grauwacken und Brekzien des Lipizer Profils. 

In den Grauwacken B, in Fig. 2 fand ich vereinzelt Gerölle von 
gewöhnlichem Spilit, von grobkörnigeren Gesteinen mit breit lamellaren 
Plagioklasen, von einzelnen Kristallen der letzteren sowie leukoxenisierten 
Ilmenits. 

Viel mehr spilitischen Materials enthalten die gröberen tuffitischen 
Brekzien. Ich konstatierte in denselben ein Gerölle von Porphyrittuff 
(s. Taf. I., Fig. 3), zahlreiche Gerölle von gewöhnlichem Spilit, von 
Porphyritmandelstein und Leukoxengeröllchen. 

2. Grauwacken des Litavkaprofils. 

In den Grauwacken am rechten Litavkaufer unterhalb Trhove 
Duëniky, besonders in den Schichten mit schaliger Absonderung (k. d. auf 
Fig. 3) fanden sich Gerölle und Bruchstücke von Spilit mit fluidal ge- 
ordneten Plagioklasnadeln, von Variolitaphanit und Diabasglas. 


3. Algonkisches Konglomerat vom Zeleny bei Kytin. 

Dieser über 2 km lange Hügelrücken besteht auf der Rückenhöhe 
ganz aus algonkischen Konglomeraten, die ziemlich große Felsen bilden 
und an der DobiiSer Straße, im Abhange des Tälchens zwischen der 
Tocka und Voznice u. a. O. gut entblößt sind. Auf E. Nowaks 
Detailkarte ist dies alles als Schiefer kartiert. 

Das klastische Material des Konglomerates vom Zeleny bilden 
größtenteils Grauwacken und Schiefer, doch enthält es auch viele Gerölle 
von einem schönen Plagioklasporphyrit mit feinkörnig-allotriomorpher 
Grundmasse. 

4. Algonkisches Konglomerat von Jilovisté bei Königsaal (Taf. I. Fig. 4 
u. 5) wurde von Kettner W vom Jilovister Jägerhaus, an der Straße 
S von der Köte 381 gefunden. Dasselbe enthält von allen mir bekannten 
die zahlreichsten Gerölle von folgenden Spilitvarietäten: makroskopisch 
dichter, u. d. M. strahlig struierter Spilit; Plagioklasporphyrit mit 
glasiger Grundmasse ; Porphyrit, der neben Plagioklas auch Augit erster 
Generation enthält; Spilitmandelstein; Gesteine, die strukturell den 
gewöhnlichen Spiliten ähneln, aber fast ausschließlich aus leistenförnigem 
Feldspat bestehen. Die zahlreichen losen Plagioklaskristalle, die im Grau- 
wackenzement des Konglomerats zerstreut sind, leite ich aus zerstörten 
spilitischen Tuffgesteinen her. 

Gepreßter Spilitporphyrit aus dem algonkischen Konglomerate von 
Ritany (Taf. I. Fig.. 6). 

An einer von Katzer in seiner geologischen Beschreibung 
der Ritaner Umgebung nicht erwähnten Stelle, hart an der Stadt gegen 


150 


N im linken Bachufer fand ich im nördlichen Teile des großen Steinbruchs 
eine Konglomeratschicht, in welcher ein etwa dezimetergroßes Gerölle 
aus einem ganz abweichenden Gestein bestand: dasselbe ist makroskopisch 
feinkörnigen Augengneißen mit viel Chlorit ähnlich,-mikroskopisch zeigt 
es sich als gepreßter Porphyrit, dessen Augen teils einheitliche Plagic- 
klaszwillinge, teils Gruppen derselben sind, während die Grundmasse 
aus Plagioklasen und Chlorit besteht und teils ophitisch, teils mehr 
radialstrahlig struiert ist. Die intensiven Druckwirkungen äußern sich 
durch das schon makroskopisch sichtbare parallele Gefüge, durch undulöse 
Auslöschung, Biegung der Plagioklase sowie durch eine intensive Kata- 
klase. 

Man hat hier einen Beleg für eine schon im Algonkium statt- 
gefundene Druckmetamorphose ; weitere werden in Kettners Arbeit 
über algonkische Konglomerate angeführt werden. 


Spilitisches klastisches Material in den Sedimenten des Kambriums 
charakterisiert vor allem die unterste, Zitecer Siufe,) deren Gesteine 
von Spilitbruchstücken und -geröllen strotzen und verschiedenartigste 
Abarten und Fazies des Spilitkomplexes enthalten. Am häufigsten sind 
Plagioklasporphyrite, Variolitaphanite und gewöhnliche Spilite, ferner 
Diabasgläser, typische Variolite, sowohl mit Plagioklas als auch mit 
Augit als variolbildendem Minerale; ophitisch struierte phaneromere 
Diabase sind im Profil gegenüber dem Mundloch des Erbstollens vor- 
gekommen. Gegen SW in die Gegend von Rozmital und ins Hangende 
zu nehmen die Spilite ab und machen Quarz- und Kieselschiefergeröllen 
Platz. 

In den der Zitecer Stufe auflagernden Hluboser Konglomeraten 
finden wir nur vereinzelt NO von Dubno und ONO von Orlov Gerölle 
von Spiliten, Plagioklasporphyriten und Diabasglas; sonst weisen auf 
einen Ursprung aus den Spiliten zahlreiche kleine Gerölle von mehr 
oder minder leukoxenisiertem Ilmsnit hin, die wir außer den beiden an- 
geführten Lokalitäten aıch anderwärts beobachten können, z. B. an der 
Côte 547 zwischen Piibram und der Silberhiitte. i 


* 


Aus unserer Untersuchung der Spilite im Algonkium der ‚zweiten 
Schieferzone‘“ ergibt sich: 

1. Identische fazielle Verhältnisse wie im Algonkium zwischen 
Klattau und Kralupy; zu den körnigen Diabasen, Varioliten, Variolit- 
aphaniten, Mandelsteinen, Porphyriten und dichten Spiliten treten 


4) Siehe Kettners Arbeit im diesjährigen Bulletin. 


151 


neu Uralitdiabase, leukokrate acidere Porphyrite und Mandelsteine, 
vielleicht auch Proterobase hinzu. 

2. Wahrscheinlich diskordantes Aufsetzen eines Teils dieser Eruptiv- 
gesteine in den Schiefern der zweiten Zone. 

3. Zum erstenmale konstatierte Gegenwart von Tuffen in der 
Spilitformation. 

4. Neue Beweise für das algonkische Alter des Spilitkomplexes. 

5. Abwesenheit der Spilite in der jüngeren, durch Konglomerate 
charakterisierten ersten Schieferzone (Strebsko-Brod). 


Prag, Juni 1915. 
Mineralogisches Institut 
der böhmischen Universität. 


. 152 


TARELL 
Vergrößerung: 1—5 circa 30, 6 : 10. 


1. Spilit aus dem Liegenden der Zitecer Grauwacken, Lipizer Profil. Umgeschmolzene 
Randpartie des Einschlusses. 

2. Spilittuff, Lipiz (S, in Fig. 2). Bruchstück eines feinkôrnigen Diabases und einzelne 
Plagioklase in feinkörniger Grundnasse. 

3. Porphyrittuff, Gerölle in tuffitischer Brekzie, ebendaher. Plagioklase und ein 
Aschenteilchen sehr feinkörnigen Spilits in zersetzter Tuffmasse. 

4. und 5. Gerölle von Spilitporphyriten im algonkischen Grauwackenkonglomerat, 
J'ilovisté. - 

6. Gepreßter Porphyrit aus dem algonkischen Konglomerate von Ritany, mit gerundeten 
Feldspataugen und fluidal struierter Grundmasse. 

Für die Mikrophotographien danke ich herzlich den Kollegen R. Kettner 
und Vı.Vojtech. 


TAFEL II 


Übersetzung der Legende. 


M£ritko = Maßstab. Bulizniky = Kieselschiefer. 

Presmyky = Überschiebungen. Slepence = Konglomerate. 

Podélné zlomy = Langsbriiche. Zitecké slepence kambrické = Kam- 

Priéné zlomy = Querbrüche. brische Zitecer Konglomerate. 

Obce = Gemeinden. Ostatni kambrium = Sonstiges K. 

Bridlice a droby = Schiefer und Grau- Stredoleskä Zula = Mittelbôhmischer 
wacken. Granit. 


Spility v dolech — Spilite in den Gruben. 


In der Karte selbst, W Pribram: 
L. K. = Dorf Lisëi Kamna (= ,,Fuchs- rb = rybnik (Teich), 


ofen‘). Fr.b. = Frantiëkova bouda (= Franzens- 
i Eillschacht, baude). 
F = Ferdinandschacht, Vr. m. = Vranovska myslivna (= Vrano- — 
K = Koziëiner Schacht. vicer Jägerhaus). 


H = Horni (Ober-), D = Dolni (Unter-), 


FRANT. SLAVIK: UBER SPILITE IN PRIBRAMER ALGONKIUM. 


Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 1915. 


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„UNIE” PRAHA. 


Über die Stärkescheide in den Blattpolstern. 


Von 
Dr. OT. VODRAZK A. 


Mit 3 Tafeln und 2 Figuren im Text. 


Vorgelegt am 22. Februar 1916. 


Die Einwirkung der Schwerkraft auf die periodischen Bewegungen 
der Blattorgane hat schon die Aufmerksamkeit mehrerer Autoren erregt. 

Versuche, welche Pfeffer!) mit Phaseolus ausgeführt hat, haben 
gezeigt, daß nach der Umkehrung der Pflanze das in der Tagestellung 
befindliche Blatt in einigen Stunden in die der Nachtstellung ähnliche 
Lage überführt wird. Die Pflanze setzte dann unter Einwirkung der 
Schwerkraft die Schlafbewegungen fort, aber in umgekehrter Weise. 
Es wurde also dadurch der Einfluß der Schwerkraft auf die Ausübung 
der nyktitropischen Bewegungen sichtbar gemacht. 

Eine weitere Arbeit auf diesem Gebiete hat A. Fischer?) ver- 
öffentlicht und kommt zum Resultate, daß es in dieser Beziehung zwei 
Arten von Pflanzen gibt. Esgibt nämlich einige nyktitropische Pflanzen, 
bei welchen die Einwirkung der Schwerkraft auf die Bewegungen nicht 
nachweisbar ist, und andere, deren Bewegungen unter der Wirkung 
der Schwerkraft stehen. Fischer nennt die erste Gruppe autonykti- 
tropische Pflanzen, die zweite geonyktitropische Pflanzen. Meine Re- 
vision dieser Versuche®) hat gezeigt, daß auch bei den sogenannten 
autonyktitropischen Pflanzen leicht die Einwirkung der Schwerkraft 
sichtbar gemacht werden kann. Es gibt also wahrscheinlich in der 
Natur keine nyktitropischen Bewegungen der Laubblätter, die der 
Einwirkung der Schwerkraft nicht unterworfen wären. Die meiner 
Arbeit beigelegten Diagramme zeigen den wesentlichen Unterschied 
zwischen den Bewegungen der normal gestellten, sowie der invers oder 
horizontal gelegten Pflanze. Nachdem also auf diese Weise die Ein- 
wirkung der Schwerkraft auf die periodischen Bewegungen der Pflanzen 
festgestellt wurde, blieb mir eine weitere Arbeit übrig, und zwar diese 


154 


Resultate in Einklang mit der Statolithentheorie zu bringen, welche, 
in den des geotropischen Reizes fähigen Organen, die Anwesenheit der 
sogenannten Statolithen voraussetzt.*) 5) 6) 4) 

Diese Arbeit beschränkt sich auf die Feststellung des Umstandes, 
ob in den sogenannten Blattpolstern, denen die Ausführung der peri- 
odischen Bewegungen zukommt, Organe zur Perzepticn der Schwerkraft 
anwesend sind, und in welcher Form. 

Die Resultate dieser anatomischen Studien sind in dieser Arbeit 
zusammengestellt. 

Ich kann diese Einleitung nicht abschließen, ohne meinem hoch- 
verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. B. Némec, Direktor des Pflanzenphysio- 
logischen Instituts der böhm. Universität in Prag, meinen herzlichsten 
Dank für das wohlwollende Interesse auszudrücken, dessen ich mich 
während des Fortganges obiger Untersuchungen zu erfreuen hatte. 


Anatomie des Gelenkpolsters. 


Schon bei makroskopicher Betrachtung des Blattstieles der Pflanzen, 
welche nvktitropische Bewegungen ausführen, ist ein Teil desselben durch 
dunklere Farbe auffallend, und er unterscheidet sich auch anatomisch 
vom übrigen Blattstiel. 

Das ist das Gelenkpolster — welches seiner anatomischen Struktur 
nach zur Ausführung der periodischen Bewegungen der Blätter bestimmt 
ist. Im allgemeinen ist in diesen Blattgelenken der Leguminosen und 
der anderen Pflanzen die ansehnliche Krümmungsfähigkeit dadurch 
erzielt, daß die verholzten, nur wenig dehnbaren Gefäßbündel zu 
einem axilen Strang zusammenrücken uud von einem aktiven Ge- 
webe umgeben sind, das durch die Elastizität der Wandungen und 
die Formänderung der Zellen eine ansehnliche Verlängerung oder Ver- 
kürzung gestattet. Die Membranen dieses Parenchyms sind sehr elastisch 
und tatsächlich durch den Turgor ganz bedeutend gegen das kaum 
dehnbare Gefäßbündel gespannt.1) Durch verschiedene mechanische oder 
andere Reize wird die Turgoränderung in den antagonistischen Hälften 
des Gelenkpolsters herbeigeführt, was die Krümmung desselben zur 
Folge hat. . 

Die Epidermis der Polster ist mächtig, aus dickwandigen Zellen 
zusammengesetzt und dadurch charakteristisch, daß sie einer welligen 
Verbiegung fähig ist, welche ihr nötigenfalls eine enorme Verkürzung 
eventuell Verlängerung gestattet, ohne einen erheblichen Widerstand 
den Bewegungen zu bieten. Das Parenchym, welches sich einerseits 
an die Haut, anderseits an das Gefäßbündel anschließt, besteht aus 
Zellen von verschiedener Größe. Jene, welche dem Gefäßbündel näher 
liegen, und jene, die sich an das Hautgewebe anschließen, sind kleiner 


155 


und einseitig gestreckt, diejenigen, welche sich befinden mitten, sind 
größer und isodiametrisch. Abbildung 1 (im Text) veranschaulicht die 
Verhältnisse der Zellenzonen in Bezug auf ihre Größe und Form. Es 
ist dies eine Mikrophotographie des Längsschnitts durch das Gelenk- 
polster von Oxalis Ortegesii. Die Zellen des Parenchyms, die sich der 
Haut anschließen, sind quer zur Längsachse des Gelenkes gestreckt. 
Die Parenchymzellen dagegen, welche in der Nähe des Gefäßbündels 
liegen, sind parallel zum Bündel gestreckt, und unterliegen bei der 
Krümmung des Gelenkes keiner wesentlichen Veränderung ihrer Größe. 


Big-T: 


Von diesen parenchymatischen Zellreihen sind jene interessant, 
welche sich direkt knapp an das Gefäßbündel anschließen. Sie bilden 
eine ein- bis dreizellige Schicht und besitzen in ihrem Inhalte Stärke- 
körner, die sich statolithenartig umlagern. 

Diese Zellschichten bilden also eine Stärkescheide, die zur Perzep- 
tion der Schwerkraft dienen dürfte. Eine Stärkescheide kann also nicht 
nur in den Stengeln und Stengelknoten, ?) sondern auch in den Blatt- 
gelenken vorkommen und zwar fungiert sie auch da als ein Statolithen- 
gewebe. 

Die Zellen der Stärkescheide sind parenchymatisch und selten 
isodiametrisch. (Tafel I., Abb. 5.) Gewöhnlich ist die Stärkescheide aus 
Zellen gebildet, die in einer Richtung gestreckt sind (Tafel I., Abb. 2). 
Sie grenzt direkt an das Gefäßbündel, entweder aus einer oder aus zwei, 


156 


selten auch aus drei Reihen von stärkeführenden Zellen bestehend. 
(Tafel I., Abb. 5, Taf. I., Abb. 1). Auch bei einer und derselben Pflanze 
kann die Zahl der Reihen variieren. So sind z. B. bei Amicia zygomeris in 
der unteren Hälfte der jungen Gelenkpolster drei Zellreihen der Stärke- 
scheide ausgebildet, in der oberen Hälfte dagegen wird die Stärkescheide 
nur durch eine Reihe gebildet. (Tafel I., Abb. 1.) Auch das Alter der 
untersuchten Blattstiele bedingt die Zahl dieser Zellschichten. In den 
Gelenkpolstern der jungen Blattstiele findet man überall eine zwei- oder 
dreischichtige Stärkescheide, in alten Blattstielen ist nur eine Schicht 
von stärkeführenden Zellen vorhanden. (Tafel I., Abb. 3.) 


Es nehmen fast bei allen Pflanzen die Zellen der Scheide in der 
unteren Hälfte des Gelenkes an Größe zu. (Abb. 2 im Text.) 

Die Zahl sowie die Größe der beweglichen Stärkekörner ist selbst- 
verständlich bei verschiedenen Pflanzen verschieden. Es gibt Pflanzen, 
deren Stärkescheide viele Stärkekörner in den Zellen enthält, und andere, 
deren Stärkescheide ziemlich arm än Stärke ist. Bei derselben Pflanze 
ist die Zahl der Statolithen durch das Alter des Gelenkes, durch die 
Jahreszeit und durch die Lage der betreffenden Zelle im Gelenkpolster 
bedingt. 

In jungen Blattstielen findet man überall große und zahlreiche 
Stärkekörner, in den Scheiden der älteren Gelenke dagegen kommen 
nur spärliche und auch korrodierte Stärkekörner vor. (Tafel I., Abb. 3.) 


157 


Was die Jahreszeit anbelangt, so ist zu bemerken, daß im Sommer fixiertes 
Material besser entwickelte Stärkescheiden mit reichem Stärkeinhalte 
aufweist, wogegen im Herbste, Frühjahre und im Winter fixierte Gelenke 
spärlichere bewegliche Stärke besitzen. Bemerkenswert ist noch, daß die 
Zellen der unteren Hälfte des Gelenkes fast immer mehr Stärkekörner 
im Vergleiche mit denjenigen der oberen Hälfte enthalten (Abb. 2. im Text). 
Die Größe ‘der Stärkekörner ist für dieselbe Pflanze fast konstant, die 
kleinsten Stärkekörner wurden bei Robinia pseudacacia, die größten 
bei Maranta Lietzei gefunden. 

Schließlich sollen die Familien und Arten, bei denen die bewegliche 
Stärke führende Scheide von mir beobachtet wurde, aufgezählt werden. 

Papilionaceae: Amicia Zygomeris (Taf. I. Abb. 1, 2, 3), Amorpha 
canescens und Amorpha elata (Taf. I, Abb. 4), Astragalus mexicanus 
(Taf. I., Abb. 5, 6), Coronilla varia (Taf. I., Abb. 1), Laburnum vulgare 
(Taf. II., Abb. 2), Desmodium gyrans (Taf. II., Abb. 3), Galega (Taf. II., 
Abb. 4), Glycyrrhiza glabra (Taf. II., Abb. 5, 6), Phaseolus multiflorus 
(Taf. III., Abb. 1), Robinia pseudacacia (Taf. III., Abb. 2), Trifolium pra- 
tense (Taf. III., Abb. 3). Oxalideae: Oxalis Ortegesii (Taf. III., Abb. 4), Oxalis 
acetosa. Euphorbiaceae: Phyllanthus pulcher (Taf. III, Abb. 5). Maran- 
taceae: Maranta Lietzei (Taf. III., Abb. 6). 


Methoden der mikroskopischen Technik. 


Ich will hier noch kurz auf die Methoden der mikroskopischen Technik 
hinweisen, die ich zur Kontrastfarbung der Starkescheide benutzte. 

Zur ersten Orientierung ist die Jodreaktion unentbehrlich. Diese Re- 
aktion ist ja fiir die Starke ungemein charakteristisch, da wir keine weiteren 
geformten Zelleninhalte kennen, die in gleicher Weise reagieren. Um eine 
rein blaue Färbung zu erzielen, ist es nötig, die Jodreagentien (Jodkalium, 
Jodalkohol) nicht in konz. Lösung anzuwenden. Die beste Blaufärbung 
geben nach Tunmann®) kleine Jodsplitterchen. Hierzu dient eine Jod- 
verreibung (1 T. Jod, 5 Tle Bimsstein). 

Die Bestrebungen, diese spezifische blaue Jodfärbung der Stärke 
„haltbar“ für Dauerpräparate zu machen, waren noch nicht ganz erfolg- 
reich. Den Dauerpräparaten fehlt u. A. der für die Blaufärbung nötige 
Wassergehalt. 

Man benützt daher zur Herstellung von Dauerpräparaten die Eigen- 
schaft des Stärkekornes, daß es bestimmte Farbstoffe (Fuchsin, Safranin, 
Gentianaviolett etc.) in sich aufnimmt.!%) Vor der Färbung werden die 
Stärkekörner gebeizt. Als Beize dient Tannin oder Brechweinstein und 
Tannin. 

Bei meinen mikroskopischen Studien der Stärkescheide benützle 
ich die von Némec vorgeschlagene Modifikation des Rawitzschen Tannin- 
Brechweinstein-Verfahrens.?) 


158 


Die entweder mit Pikrin-Eisessig-Schwefelsäure oder Chrom-Osmium- 
Essigsäure fixierten Objekte, welche im letzten Falle zur Beseitigung der 
Osmiumschwärzung mit Wassertoffsuperoxyd zu behandeln notwendig 
ist, wurden 10—60 Minuten in einer 5%, wässerigen Tanninlösung gelassen. 
Nach 5 Minuten dauerndem Abspülen mit Wasser legt man sie auf 
5—15 Minuten in 114% wässer. Brechweinsteinlösung. Nach einer einige 
Minuten dauernden Auswaschung folgt Gentianaviolett, worin die Schnitte 
mindestens eine halbe Stunde verbleiben. Dann Auswaschen in fließendem 
Wasser, Alkohole von steigender Konzentration, Xylol und Einschließen 
in Kanadabalsam. 

Das gründliche Auswaschen nach der Brechweinsteinbehandlung 
ist unbedingt nötig, da sonst im Präparat Niederschläge entstehen, die 
kaum mehr zu entfernen sind. In den auf diese Weise hergestellten Prä- 
paraten erscheint der Zellinhalt nur ganz schwach grau, oder violett. 
Die Stärkekörner sind stark violett, und es läßt sich bequem ihre Verteilung 
in der Zelle studieren. 

Die zweite Methode, die ich am meisten zur Anwendung brachte, 
geschieht ohne Beizung in Brechweinstein. — Da verbleiben die Schnitte 
30—60 Minuten und je nach Bedarf noch länger in einer 5%, wässer. Tannin- 
lösung. Nach kurzem Auswaschen in fließendem Wasser legt man sie auf 
6—12 Stunden in Gentianaviolett (1 : 10) oder in Safraninanilin von 
derselben Konzentration, wie bei der Dreifachfärbung nach Flemming. 

Nach dem Färben folgt ein Auswaschen in Wasser und vorsichtige 
Differenzierung in Alkoholen von steigender Konzentration. Am besten 
wechselt man die schwächeren Alkohole rasch und läßt die eigentliche 
Entfärbung in Alkohol absol. sich vollziehen. Bei vorsichtiger Durch- 
führung dieser Methode werden nur die Stärkekörner und Zellwände 
gefärbt, das Andere bleibt ungefärbt. 

Was die der Arbeit beigelegten Abbildungen betrifft, so sind dieselben 
Mikrophotographien. Die Optik stammte aus Reicherts optischer Anstalt 
in Wien und als Negativmaterial wurden die orthochromatisch-lichthoffreien 
Platten Hauff-Feuerbach benützt. Positive Kopien sind auf Ridax-Chlor- 
bromsilber-Papier der Gäwert-Firma — Paris — hergestellt. 


a 8 
ae 


EM TERATUR. 


1. Pfetfer: Die periodischen Bewegungen der Blattorgane 1875. 

2. A. Fischer: Botanische Zeitung 1890. 

3.0. Vodräzka: O vyznamu tize pfi pohybech nyktitropickych. Rozpr. 
©. Akademie 1907. 

4. NémecB.: Über die Art der Wahrnehmung des Schwerkraftreizes bei den 
Pflanzen (Ber. d. D. bot. Ges. 1900). 

5. Némec B.: Uberdie Wahrnehmung des Schwerkraftreizes bei den Pflanzen, 
Jahrb. wiss. Bot. 1901. 

6. Haberlandt: Uber die Perzeption des geotr. Reizes. (Ber. d d 
Ges. 1900). 

7. Némec: O Skrobové pochvé Cucurbitacei. Rozpr. C. Akademie 1904. 

8. Tunmann: Pflanzenmikrochemie. Berlin 1913. 

9. Némec: Inverse Tinkt. Ber. d. D. bot. Gess. 1902. 

10. A. Fischer: Über die kolloidiale Natur d. Stärkekörner und ihr Ver- 
halten gegen Farbstoffe. Bot Zbl. 1905. 


11. H. Fitting: Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLI. 1906. 


DOC. 


160 


ERKLÄRUNG DER TAFELN UND ABBILDUNGEN. 


Abb. 1. im Text ist Längsschnitt durch den Blattstiel und das Gelenk von Oxalis 
Ortegesii. Obj. 1. Okular IV. Vergr. 50. 

Abb. 2. im Text ist Querschnitt durch das Gelenkpolster von Astragalus mexicanus. 
0bj. 3: OFA. Verser 120: 

Tafel I. Abb. I. Querschnitt durch das Gelenkpolster der jungen Amicia yo 
Obj. 5. Ok. IV. Vergr. 380. 

Tafel I. Abb. 2. Dasselbe stärker vergrößert Obj. 7. Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel I. Abb. 3. Querschnitt durch das Gelenkpolster einer alten Amicia zygom. 
Obj. TOK IV. Vergr. 620: 

Tafel I. Abb. 4. Längsschnitt durch das Polster von Amorpha canescens. Obj. 7. 
Ok. II. Vergr. 400. 

Tafel I. Abb. 5. Längsschnitt durch das Gelenk von Astragalus mexicanus. Obj. 7 
Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel I. Abb. 6. Querschnitt durch das Gelenk derselben Pflanze. Obj. 7. Ok. IV. 
Vergr. 620. 

Tafel II. Abb. 1. Querschnitt durch das Polster von Coronilla varia. Obj. 7. Ok. IV. 
Vergr. 620. 

Tafel II. Abb. 2. Querschnitt durch das Gelenk von Laburnum vulgare. Obj. 7. 
Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel II. Abb. 3. Querschnitt durch das Gelenk von Desmodium gyrans. Obj. 7 
Ok. komp. XII. Vergr. ca 800. 

Tafel IT. Abb. 4. Querschnitt durch das Gelenk von Galega officinalis. Obj. 7. Ok. IV 
Vergr. 620. 

Tafel IL. Abb. 5. Querschnitt durch das Gelenk von Glycyrrhira glabra. Obj. 7 
Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel II. Abb. 6. Längsschnitt durch das Gelenk derselben Pflanze. Obj. 7. Ok. II. 

Vergr. 400. 

Tafel III. Abb. 1. Querschnitt durch das Gelenk von Phaseolus multiflorus. Obj. 7 
Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel III. Abb. 2. Längsschnitt durch das Blattgelenk von Robinia pseudacacia. 
Obj. 7. Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel III. Abb. 3. Querschnitt durch das Polster von Trifolium pratense. Obj. 7 
Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel III. Abb. 4. Längsschnitt durch das Polster von Oxalis Ortegesii. Obj. 5. 
Ok. TI. Vergr.’ 230. 

Tafel III. Abb. 5. Querschnitt durch das Polster von Phyllanthus pulcher. Obj. 7. 
Ok. IV. Vergr. 620. 

Tafel III. Abb. 6. Lägsschnitt durch das Polster von Maranta Litezei. Obj. 3. 
Ok. IV. Vergr. 120. 


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ÜBER DIE STÄRKESCHEIDE IN DEN BLATTPOLSTE 


AZKA: 


DR. OT. VODRAZ 


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1916. 


Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 


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A: ÜBER DIE STÄRKESCHEIDE IN DEN BLATTPOLSTE! 


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DR. OT. VODRAZK 


1916. 


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Bulletin international de l'Académie des Sciences de Boh 


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DR. OT. VODRAZKA: UBER DIE STARKESCHEIDE IN DEN BLATTPOLSTERN. 


TAB. III. 


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des Sciences de Bohême. 1916. —— 


s : oe Cex? a as. 
L TRE SER 


Beitrag zur Messung von Selbstinduktionen. 


Von 
Dr. VACLAV SEBESTA. = 


(Auszug aus dem böhmischen Originale.) 


(Vorgelegt am 28. Januar 1916.) 


_ Zur Messung von Selbstinduktionen im Bereiche von 10° cm bis 10%c 
> mpfehlen sich die beiden Dolezalek’schen Apparate, die im Prinzip auf 
Jer Maxwellschen Vergleichsmethode beruhen. Die MeBresultate sind sehr 
befriedigend, das Aufsuchen der Nulleinstellung dagegen oft zeitraubend, 
esondere bei kleinen Selbstinduktionen. Daher erscheint es empfehlens- 
‚ bei Bestimmung von Selbstinduktionen, diese zuerst zu berechnen, 
unc d dem erhaltenen Werte gemäß die Brücke wenigstens angenähert 
NZ zustellen. Zu diesem Zwecke kann man sich einer der vielen existierenden 
formein bedienen, welche in der Literatur enthalten sind. Doch lassen 
diese Formeln nicht für alle beliebigen Versuchsobjekte anwenden, 
ede nur einen gewissen Bereich besitzt, innerhalb welchem sie genü- 
genaue Resultate gibt. Zweck der vorliegenden Arbeit war, das Ar- 
ungsgebiet der wichtigsten Formeln durch ausgeführte Messungen 


Zu diesem Zwecke wurden im böhmischen Originale die wichtigsten 
ormeln zusammengestellt, in einigen Fällen auch berichtigt und sodann 
it den enthaltenen Meßresultaten verglichen. Die in Betracht gezogenen 


TA Wied. Ann. 53, p. 929. 
x.) Elektfina a magnetismus (Sbornik Jednoty ées. mathem. ©. 11), p. 475 


2) Elektr. u. Magnet. p. 391, II. 

Ann. d. Phys. 17, p. 763. 

5) Eltechn. Zeitschr. 1906, p. 1175. 

4 ) Jahrb. d. drahtl. Telegr. V., 1912, p. 214. 

ulleti 1 International. XXI. 11 


162 


Die Messungen wurden an folgenden Objekten vorgenommen: 

1. Kreisring aus Draht mit kreisförmigem Querschnitt. 

2. Zwei lange, dicht parallel aneinander liegende gerade Drähte. 

3. Einlagige Spulen verschiedener Länge. 

4. Flachspulen. | 

In den nachfolgenden Tabellen bedeutet: # die Frequenz des ange- 
wendeten Wechselstromes, Mdie Brückeneinstellung am Dolezalekschen 
Apparat für kleinere Selbstinduktionen, J die Kerneinstellung daselbst, 
L den hiefür aus der Apparatentabelle berechneten Wert der gesuchten 
Selbstinduktion, nächste Kolonne das arithmetische Mittel zugehöriger 
Werte von L, Lxor. den korrigierten Mittelwert von L mit Rücksicht 
auf die Zuleitungsdrähte; schließlich Lier. den theoretischen Wert der 
Selbstinduktion. 

1. Kreisring aus Draht von kreisförmigem Querschnitt. Der Durch- 
messer des Kreises 2a =50'50 cm; der Halbmesser des Querschnittes 
y =0°150 cm. Nach der Formel von Kolaéek!) oder nach der korrigierten 
Formel von M. Wien?) ergibt sich: L = 1731 cm. 


| | Es 
| N | M J L 2 Lx Lxorr Leneor. 
800 | 26°0 33°4 1750 cm 
No/sek 270 288 1766, ‚, er es 
28-0 23-0 1761 1760 cm 1744 cm 1731 cm 
290 17:0 171652, 
1080 260 33 4 1750 cm 
N /sek 270 280 el, dr 
280 29-5 1753 1755 cm 1739 cm 
290 12125 11657; 
1920 260 334 1750 cm 
/sek 270 280 I ss ac 
28°0 23:0 1761 ka cm 1741 cm 
290 12755 1165 
2340 260 334 1750 cm 
No/sek 270 280 1109: bep 
280 23:0 1761 1757 cm 1741 cm 
290 1755 Imbawer 
| 


Die Korrektion der Zuleitungsdrähte von der Länge 6cm betrug 
rund 16cm. Die Übereinstimmung mit dem theoretischen Werte geht 


1) Elektr. a magnetismus p. 475. 
2) W. Ann. 53, p. 529 (Konstante 0,329 statt 0,333). 


163 


#= 


Trigger } 


rund auf 6%,. Gleichzeitig sieht man, daß der Einfluß der Frequenz in 


a : 
dem obigen Bereiche praktisch nicht bemerkbar ist, obzwar die Dicke 
des Drahtes ziemlich groß war. Die Formel von Bläthy!) gibt L = 1814 cm, 


4 diejenige von Minchin?) L= 1659 cm; die Abweichungen betragen einige 
3 Prozente. 

ss 2. Zwei parallele, dicht aneinander geführte Drähte. Die Iso- 
— fationsschicht zwischen denselben im Mittel 0,02 cm, die Gesamtlänge 
820 cm. Drahtdicke 2 7 =0,3 cm. Die Formel von Maxwell) liefert den Wert 
L =1652,3 cm für niedrige Frequenzen und L = 1546,7 cm für sehr 
schnelle Oscillationen. 


| 
et CL 


n x | | 18 

= | | 
800 no/sex | 280 | 19°5 | 1707-3cm 800 Ao/sex | 25:0 | 35°5 1693°3 cm 
2080! ;, 28:0 | 19:0 | 1700-3 „ | 1080 ., 25°0 | 35°2 | 1688°6 „, 
1920 , | 28:0 | 18:0 | 1685°9 ,, 1920 ,, 25°0 | 34:5 | 1678°0 ,, 
2340 ,, 280 | 170 | 16723 , 2340 ,, 250 | 33°5 | 1662°6 ,, 
800 Ao/sek | 27°0 | 25:0 | 1705-2cm 800 Ao/sek | 24°0 | 41°5 | 1697-4cm 
1080 , 270 | 245 | 16975 ,, 1080 , | 240 | 41:0 | 16889 , 
1920 ,, 270 | 23:5 | 1680°9 ,, 1920, ,,.. 240 | 40:0.| 1673-7 .,, 
D 2340 „ 27:0 | 230 | 16742 ,, 2340 ,, | 24:0 | 393 | 1661:1 ,, 

| | CURE 

800 Ao/sex | 260 | 30:2 | 16994cm | 800 fx | 23:0 | 472 | 16990 cm 
1080 _,, 260 | 2970} 1691-6, | 01080 ;, | 23:0 | 47°0 |. 1695°7;, 
1920 , 260 | 28:5 | 16730, | 1920 ,, | 23:0! 460 | 16793 ,, 
| 2340 ,, 26:0 | 280 | 16656 „ | 2340 ,, | 23°0 | 452 | 16662 ,, 


Nimmt man die arithmetischen Mittel für gleiche Frequenzen, 
so folgt: 


# | I: | Diff, | Diff 


65 cm | 280 CO /sek 


| 
800 Ao/sek | 17003 cm 
1080 | 16938 „, 
1920 _,, 16763 ,, De 2 ne 
2340 16670 ,, " 


1) Elt. Z. 1891. 
2) Phil. Mag. 37. 
3) Elektr. und Magn. II., p. 391. 


164 


Der Skineffekt ist hier merklich ; mit steigender Frequenz sinkt ca 
L; zugleich sieht man, daß im angeführten Bereiche die Differenzen von 
n und L praktisch proportional sind. 

Die Messung wurde so ausgeführt, daß bei unveränderter Brücken- 
einstellung die Frequenz variiert und demgemäß die Kerneinstellung 
reguliert wurde. 

3. Gerade Spule mit 30 Windungen. Durchmesser der Windungen: 
2 a —2,193 cm, die Länge der Spule 5,30 cm, daher die Ganghöhe # = 
— 0,18276 cm, die Drahtdicke 2r= 0,050 cm. Nach der Formel von 
Strasser!) folgt: L= 6738 cm, nach derjenigen von Koläëek?) — wenn für 
A der Mittelwert beider Grenzwerte genommen wird — L= 6810 cm. 


k 
ZA L:k | Lor |L({Kolitek) 


7016 cm | 6826 cm | 6810 cm | 6738 cm 


L (Strasser) 


800 Ad/sek 570 400 7026 cm 
| 58:0 355 7016 ,, 

59°0 31:0 7008 ,, 
| 60°0 26°5 ROWS 


Die Zuleitungsdrahte waren zusammen 15 cm lang, was eine Kor- 
rektion von 190 cm bedingt. Die Übereinstimmung mit der Kolätekschen 
Formel ist eine viel bessere, als mit der Strasserschen. Mit wachsender 


Frequenz zeigte sich keine Änderung der untersuchten Selbstinduktion. : 


4. Gerade, kurze Spule mit 12 Windungen. Der Halbmesser der 


Windungen a = 2.035 cm, die Spulenlänge /= 3.70 cm. Drahtdicke 0°050 cm. — 


k 
ik | M | J | L A L:k Lxorr Ly Kolaéek) L (Strasser) 
800 Ao/sek 46°0 36°5 4370 cm 
47°0 32°2 4371, 
480 283 4384 ,, | 4375 cm |4215 cm | 4165 cm | 4268 cm 
49:0 240 4385 ,, 
50:0 19:0 4375. ,, 


Die Korrektion der Zuleitungsdrähte betrug rund 160 cm. Die Über- 
einstimmung mit den theor. Werten geht etwas über 1%. Mit wachsender 
Frequenz zeigte sich keine Änderung der Selbstinduktion. 

5. Ähnlicher Fall. Gerade Spule mit 33 Windungen. Der Halbmesser 


der Windungen a= 2-04 cm, Spulenlange 2=3:88cm. Die Koläceksche 


1) Strasser: Ann.d. Phys. 17, p. 763. Statt der Konstante 0,333 soll 0,329 stehen. 
?) Koläëek: Elektr. a magnetismus p. 460. 


FE ns ae te 


4 
aap al 


165 


Formel liefert L= 30690 cm. Die Formel von Strasser wird nicht ange- 
wendet, da in seiner Arbeit die Werte für A; und Bg nicht angegeben sind. 


Lxorr | L(Koläsek) 


| 


800 Ao/sek | 83°0 576 | 30610cm | 

840 49°8 | 30610 ,, | 

85 0 42:3 | 30720 ,, 

86°0 335 | 30630 ,, | 
| 
| 


| 


30638 cm | 30478 cm | 30690 cm | 


Die Übereinstimmung mit dem Werte nach Kolaéek geht auf 7}. 
Die letzten zwei Fälle zeigen, daß die Kolaéeksche Formel auch 
noch für so kurze Spulen anwendbar ist, wo die Spulenlänge / gleich dem 
Spulendurchmesser 2 a ist, gleichviel, ob die Windungen eng aneinander 
geführt sind, oder nicht. Da die Länge / selbst oft nicht genug genau 
bestimmbar ist, so ist auch die präzise Bestimmung von A nicht notwendig, 
die überdies erst in zweitem Korrektionsgliede vorkommt. 
a 6. Kurze Spule mit 13 Windungen. Der Halbmesser der Windungen 
z= 4,05 cm, Spulenlänge /— 1.85 cm. Ganghôhe 4=0,1542 cm. Draht- 
dicke 2 7 = 0,05 cm. Die Formel von Strasser gibt hier L = 20091 cm. 
Nach der Formel von Sumec folgt, wenn man b = 1,85 und c = 0 setzt, 
L = 20310 cm. 


| k i ae 
| n M | J | L | ZL:k Lxorr | L(sumec) | L (Strasser) 
1 


80009 /sek | 77°0°| 56°5 | 20725 cm 
78:0 | 50:0 | 20680 ,, 
790 | 44:0 | 20703 ,, 
80°0 | 37:0 | 20800 ,, 
| - 


Die Korrektion der Zuleitungsdrähte betrug rund 190 cm. Die Über- 
einstimmung mit der Formel von Sumec geht auf 1%, mit derjenigen von 
Strasser auf 2%. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Gültigkeit 
der Sumecschen Formel nur angenähert, als ob anstatt der Drähte dünne 
Streifen auf die Spule aufgewickelt sein würden ; nichtsdestoweniger zeigen 
_ die Resultate, daß für die Orientation die Formel von Sumect) vorteilhaft 
anwendbar ist wegen ihrer Einfachheit. 


20727 cm | 20537 cm | 20310 cm | 20091 cm 


1) Elt. Zeitschr. 1906, p. 1175. Die dort angeführte Beziehung für mittleren 
 geom. Abstand liefert für Spulen von £ Windungen die Formel: 


PEL Bree mme LL 


0,2235 (b + c) 


166 


7. Gerade Spule mit 42 Windungen. Der Durchmesser der Windungen 
2 a= 8:01 cm, Spulenlänge /= 2,85 cm. Drahtdicke 2 r= 0:050 cm. Hier 
kann man weder die Strasser’sche roch die Kolaéeksche Formel anwenden. 
Bei ersterer fehlen die Größen A; und B: ; für die Koläteksche Fornel 
ist die Spule zu kurz. Setzt man aber in der Formel von Sumec b =2,85 cm =! 
und c= 0:05 cm, folgt: L= 168700 cm. 

Die Messung am Apparate für größere Selbstinduktionen ergab: 


L= 170000 cm mit Vergleich mit dem Normale 0:001 Henry 
T=,168000 0 n > À : 0-0001 _,, 


daher das Mittel 169000 cm, was eine Ubereinstimmung auf einige Promille 
mit dem theoret. Werte bedeutet. Kein EinfluB der Frequenz auf die 
Selbstinduktion. 

8. Flachspule mit 5 Windungen. Der Durchmesser der fünften 
Windung 32,9” cm, der ersten (inneren) 30,35 cm. Drahtdicke 0,10 cm. 
Die Drähte wurden bis auf die Isolationsschicht dicht aneinander gefühıt. 
Wird angenähert angenommen, daß die Dıähte eine ringfôrmige Scheibe 
von der Differenz der Durchmesser 2,62 cm bilden, d. h. setzt man in der 
Formel von Sumec b=1,31cm und vernachlässigt das c, so folgt: L=19420. 
Nach der Formel von Esau!) folgt L=1 9543 cm. ’ , 


7 | 
| 72 | M | Ay L DE 2 Lxorr L(sumee) | L(Esauj 
1 | a 22 Fe 
— = — on —— | — | >; = ra 
800 co/sex | 760 | 56°8 | 19663 cm | 
770 | 508 | 19686 ; 
MY 70 c! 519 cm | 1942 
78:0 | 448 | 19710 . 19679 cm | 19519 cm | 19420 cm 19543 cm 
790 | 38°5 | 19657 . 
| 
I 


Korrektion der Zuleitungsdrähte betrug rund 160 cm. Mit der Formel 
von Sumec stimmt der erhaltene Wert auf 5%, überein. Der Einfluß 
der Frequenz auf das L konnte nicht konstatiert werden. 

Auf Grund dieser Resultate kann man dafürhalten, daß für einlagige 
Spulen der Längen von 2a bis eo die Formel von Koldéek, für Spulen 
der Längen von 0 bis 2a die Formel von Sumec angewendet werden kann. 


!\ Jahrb. d. drahtl. Telegr. V., 1912, p. 214. 


‘ 


Die geologischen Verhältnisse im Talgebiete des 
Kacakbaches zwischen Unhost und Nenaïovic. 


Von Privatdozent Dr. JOSEF WOLDRICH. 
(Mit 2 Tafeln und 7 Profilen im Texte.) 


Vorgelegt am 26. Mai 1916. *) 


Einleitung. 


Das behandelte Gebiet liegt südlich von Unhoët und ist im W durch 
die Linie Nouzov-Klein KySic-Libetov-Zeleznd begrenzt ; die südl. Grenze 
verläuft von Zeleznd über Klein Pyilep gegen Nenaëovic und in das Tal 
von Hoÿelic; die östl. Grenze von hier gegen Uhonic-Ober Plié und Svérov. 
Es gehört zum Kartenblatte Kladno-Schlan und liegt im nördl. Flügel 
des älteren mittelböhmischen Paläozoikums ; seine geologischen und mon- 
tanistischen Verhältnisse behandelten insbesondere Krejëi, Lipold, 
Boricky, K. Feistmantel, Väla-Helmhacker und teil- 
weise auch Jahn. Von den unser Gebiet betreffenden geologischen 
Karten führe ich die Karte der Umgebung von Prag von Krej€i- 
Helmhacker,) Poéta s?) Karte der weiteren Umgebung von Prag 
und Väla-Helmhackers) Karte der Umgebung von Svérov und 


" Nuëic an. 


Für die Unterstützungen, welche mir bei meinen Arbeiten im älteren 
mittelböhmischen Paläozoikum aus dem Barrandeschen Fonde und von der 
II. Kl. der Böhm. Akademie der Wissenschaften zuteil wurden, spreche ich 
an dieser Stelle meinen Dank aus. 

Unser ganzes Terrain gehört dem Flußgebiete des Kaëäk oder Lo- 
denitzer Baches zwischen Klein KySic und Nenaëovic an und wird von ihm 
und seinen Zuflüssen entwässert. Der Kaläk entspringt am südl. Ab- 
hange des Zbän und durchfließt zunächst des Permo-Karbon bis gegen 


*) Ein ausführlicher Auszug aus der gleichnamigen in den ,,Rozpravy Ceské 
Akademie‘ in bôhmischer Sprache crschienenen Arbeit. 


168 


Druzec, hierauf das Algonkium : bis südöstl. von Podkozi und schließlich 
das Silur und Devon bis zu seiner Mündung bei Svbsko. Er durchfließt 
unser Gebiet von NW gegen SO und teilt dasselbe in einen nordöstl. (bezw. 
östlichen) und einen südwestl. (bezw. westlichen) Abschnitt. Den nord- 
östlichen Teil durchfurcht abermals die Svarcava (Cerny potok), der Ry- 
maner- und Svérover Bach, ein bei Podkozi mündender Zufluß und der 
Uhonicer-Bach, schließlich ein von der Kote 395 am Modry vrch herab- 
fließender kleiner ZufluB und der Hoÿelitzer-Bach. Bloß der Svarcava- 
Bach fließt in nordsüdl. Richtung ab, während die anderen Zuflüsse fast 
insgesamt eine NO—SW- oder O—W-Richtung haben. Dem südwestl. 
Teile gehört zunächst ein kleiner, bei der Dédek-Miihle mündender Zufluß, 
ferner der Chyñava-Bach, ein den Toten-Grund durchfließendes Bächlein, 
der Piileper-Bach mit seinen knieförmig umgebogenen Zuflüssen und 
schließlich ein in der östl. Fortsetzung des Hoÿelitzer-Tales flieBender 
Bach an. 

Unser Gebiet ist ein Teil einer alten Fastebene, welche vom Kaéak- 
Bache und seinen Zuflüssen durchschnitten ist. Die absol. Höhen bewegen 
sich zwischen 265 m (Kaéaktal bei Nenaëovic) und 460 m (Drabover 
Quarzite östl. von Libecov). 

Insbesondere der silurische Teil des Gebietes ist in eine Reihe von 
Rücken und Höhen zerlegt, denn es wechseln hier vielfach Gesteine 
von wesentlich verschiedener mechanischer und teilweise auch chemischer 
Widerstandsfähigkeit ab. Hingegen ist die Oberfläche des algonkischen 
Teiles infolge seiner petrographisch weniger wechselreichen Zusammen- 
setzung bei weitem einförmiger. 


I. Stratigraphie. 


In unserem Gebiete sind algonkische und silurische Schichten, Tertiär, 
Diluvium und Alluvium, jenseits der östl. Grenze Kreideschichten vertreten. 
Das Algonkium besteht aus Schiefern, Grauwacken und Kieselschiefern ; 
dem Silur gehören die Kruschnahora-, Komorauer-, Osek-Kwäner- und Za- 
hofanerschichten an. Dem Tertiär rechne ich die Schotter von P#lep, 
dem Diluvium die Flußterrassen und manche Gehänge- und Eluvial- 
ablagerungen, dem Alluvium hauptsächlich die jüngsten Flußablagerungen 
und teilweise auch den Gehängeschutt zu. Die Kreideschichten begleiten 
die östl. Grenze unseres Gebietes. 


A. Algonkium. 


Das linke Kaë4k-Ufer. Das Algonkium besteht hier aus braunen, 
grünlich-grauen bis schwarzen Tonschiefern und aus schwarzen, harten 
quarzitischen Schiefern. Den Schiefern sind zwei mächtigere Zonen, 


4 N 

4 169 

2 

welche vorherrschend aus Grauwacken und -schiefern bestehen, einge- 


a 


lagert. Die eine verläuft von Klein-KySic gegen Unhost, die zweite von 
- den Mühlen bei Podkozi nach NO. 

Das rechte Kaëäk-Ufer. Hier herrschen Tonschiefer vor. Grauwacken 
und Grauwackenschiefer treten insbesondere nordwestl. von Podkozi bei 
Kote 389 auf, bilden eine zusammenhängende Zone, welche sich aus dem 
Tale des Katakbaches über die Kote 377 südl. von Podkozi hinzieht, und 
bilden größtenteils das Liegende unseres Silurs. 

Kieselschiefer fand ich westl. von Podkozi, ferner nördl. von Chyñava 
bei Kote 410, wo auf unseren Karten irrtümlich die Bezeichnung ,,Kalk- 
steinbruch“ steht. 

Das Algonkium unseres Gebietes gehört nach der Stratigraphie von 
Kettner-Slavik®) einem höheren, jüngeren Horizonte an, als die 
Stufe, welche durch die spilitischen Ergußgesteine charakterisiert ist. 
Man findet in unserem Terrain zwar keine Spilite, jedoch Kieselschiefer, 
deren Entstehung postvulkanischen Prozessen der Spiliteruptionen zuge- 
schrieben wird. 

Man kann im Algonkium des behandelten Gebietes ganz gut neben 
vorwiegend schieferigen Zonen auch solche, welche fast ausschließlich grau- 
wackenartig sind, verfolgen und auf der Karte ausscheiden. Da hier Spilit- 
oder andere für die Stratigraphie bezeichnende Horizonte fehlen, tragen die 
Grauwacken wesentlich zur Erkenntnis der Tektonik unseres Algonkiums bei. 
Von ähnlicher Beschaffenheit ist das von mir unlängst kartierte Algonkium 
des Särkatales. 

Die bunten Schiefer, welche z. B. auf der Chrbina, bei Libeëov, im 
Särkatale und anderwärts sich unmittelbar im Liegenden des Silurs 
befinden, wurden in der älteren Literatur bald zur Etage D, bald zu C 
oder B gerechnet. Nach meinen Beobachtungen gehören sie dem Algonk:um an. 


a 
24 I 


+ 


= be 
= 
3 


B. Silur. 


Die Grenze zwischen Algonkium und Silur verläuft westl. von Li- 
beëov über den Chyñavabach, weiter über den nördl. Abhang der Chrbina 
in das Kaëäktal, wo sie südwestl. von Kote 279 entblößt ist. Sie setzt 
sich dann über den Karabinsky vrch nach NO gegen Svérov fort. Wenn 
wir sie von SW nach NO verfolgen, so beobachten wir, wie sie stufenweise 
durch Querbrüche gegen N verschoben wird. Die Diskordanz zwischen 
Algonkium und Silur äußert sich in etwas abweichender Richtung und 
verschiedenem Einfallswinkel. Während die algonkischen Schichten nahe 
der Grenze steil gestellt zu sein pflegen, beträgt das Einfallen der Silur- 
„schichten durchschnittlich nur 45°. 


1. Kruschnahoraschichten (dı.). 
Dem Algonkium sind überall in unserem Gebiete zunächst diskordant 
_ die Kruschnahoraschichten aufgelagert. Sie bestehen aus Konglomeraten, 


170 


Quarziten, Quarzitsandsteinen, grauen und roten, oft grauwackenartigen 
Sandsteinen, feinkörnigen, fleckigen oder gestreiften sandigen Schiefern 
mit Einlagerungen von grünlichen und rötlichen feinen Schiefern, ferner 
aus roten schieferigen Grauwacken und Grauwackenschiefern. Die Kruschna- 
horaschichten sind durch zahlreiche Steinbrüche aufgeschlossen, in welchen 
insbesondere die Basalkonglomerate und Quarzite ausgebeutet werden. 
So z.B. nahe der Kote 416 östl. von Libecov im Tale des Chyñavabaches 
unweit der Lokalität, ‚na Mo£idle‘‘, westl. von Libeëov, westl. von Ober- 
PHE us. Ww. 


NW. SO. 


SS T 
1 : 2 E 3 i4 5. 6:7: 8 ig: 

Fig. 1. Schematisches Profil durch die Kruschnahoraschichten (d,.) westl. von Libecov. 

1, Konglomerate. 2. Quarzitischer Sandstein. 3. Roter Sandstein. 4. Grauer, quar- 

zitischer Sandstein, 5. Dunkelrote Schiefer. 6. Graue quarzitische Sandsteine. 7. Röt- 

liche und grünliche Schiefer. 8. Fleckige Sandsteine. 9. Feinkörnige rote Grauwacke. 

NW. Chyftausky potok SO. 


Na moûdle. : 


WD 
: \Ai MANN 
1: 


‘ 


Fig. 2. Schemat. Profil durch die Kruschnahoraschichten (dy). „Na Moëidle‘ bei 


Libecov. 1. Algonkische Grauwacken. 2. Schutt. 3. Konglomerate. 4. Quarzitischer 
Sandstein. 5. Graue oder bunte Sandsteine und sandige Grauwackenschiefer. 6. Rote, 


- 


feine Schiefer, 7. dg. 
NW. SO, 


Fig. 3. Schemat. Profil durch die Kruschnahoraschichten westl. von Ober-Ptic. 1.Konglo- 
merat. 2. Grauer Quarzit. 3. Feinkôrniges Konglomerat. 4. Quarzit. 5. Roter Sand- 
stein (Horizont unbestimmt). 


Stratigraphische Übersicht. Auf Grund eines Vergleiches der Profile, 
welche uns die Kruschnahoraschichten unseres Terrains bieten, konnte 
ich in petrographischer Hinsicht 4 Horizonte unterscheiden, welche ich 
mit I.—IV. bezeichne. (Siehe Fig. 1.—3.) 
| I. An der Basis der Kruschnahoraschichten beobachten wir überall 
mehr oder weniger grobe Konglomerate, welche hauptsächlich weiBe 
Quarze und Kieselschiefer enthalten. Die Konglomerate gehen allmählich 
in Quarzite und quarzitische Sandsteine über, oder wechsellagern mit 
denselben z. B. bei Ptié. Die Quarzite sind oft den Drabover-Quarziten 


ae’ Aa 1% AP 


vor 


zii! 


überaus ähnlich. In dem Profile Fig. 1 gehören zu diesem Horizonte die 
Schichten 1—3, in Fig. 2 Schichte 3, in Fig. 3 die Schichten 1—4. 

II. Zu diesem höheren Horizonte der Kruschnahoraschichten zähle 
ich westl. von ZLibeëou Fig. 1 die Schichten 4—7, ‚Na Motidle‘ die 
Schichte 4, westl. von Ptié die Schichte 5. 

III. Die Sandsteine der Zone II. werden von rot und gelb gestreiften 
Sandsteinen und bunten sandigen Schiefern überlagert. Die Sandsteine 
und sandigen Schiefer dieser Zone sind lokal als grobförmige bis konglo- 
meratartige Grauwacken ausgebildet. Zum Horizonte III. gehören westl. 
von Libeëov Schichte 8, ‚Na moöidle‘‘ Schichte 5 mit Lingula lamellosa. 

IV. Die jüngsten Schichten der Stufe d,, bilden in unserem Gebiete 
rote, feine oder grauwackenartige Schiefer. An der Lokalitat ‚Na moéidle‘‘ 
treten sie am Felde am linken Ufer des Chyñava-Baches (Fig. 2, 
Schichte 6) auf; westl. von Libecov erscheinen sie ganz oben im Stein- 
bruche (Fig. 1, Schichte 9). Demselben Horizonte gehören wohl auch 
die roten, bisweilen grauwackenartigen Schiefer an, in welchen wir in der 
Nähe des Chrbinastollens zahlreiche Brachiopodenreste auffanden. 

Die angeführten Konglomerate wurden von Lipold (6) als Pfi- 
bramer Grauwacken, von Väla-Helmhacker (l. c. 3) als Lie- 
gendes der erzführenden Stufe betrachtet. Auf der Karte von Krejét- 
Helmhacker (l. c. 1) sind sie als C, also Kambrium bezeichnet, 
in Poëta’s Karte (1. c. 2) sind sie richtig zu d, einbezogen. Jahn?) hält 
sie für TremoSnä-Konglomerate. Meiner Ansicht nach sind es Basalkon- 
glomerate der Stufe d,,, wie wir sie ja auch an zahlreichen anderen Lokali- 
taten im Liegendteile der Kruschnahoraschichten vorfinden. Ganz richtig 
zeichnen Krej£i-Feistmantel® in den Profilen 28 und 32 
im Hangenden des Algonkiums bei Chyñava und am Karabinsky vrch 
direkt die Schichtenstufe d,,. Ähnlicher Ansicht ist auch K. Feist- 
mantel 9) betreffs der an der Basis von d,, auf der Kruschna Hora 
liegenden Konglomerate. 

Paläontologische Notizen. Versteinerungen fand ich in den Zonen 
III. und IV. der Kruschnahoraschichten. In Zone III. findet man etwas 
unterhalb der Schichten mit Lingula lamellosa Barr. cine Lingulaart von 
dreieckigem Umrisse, die an Obollela Feistmanteli Barr. erinnert. In dem- 
selben Horizonte konnte ich in einigen Exemplaren eine völlig neue, unten 
breite, nach oben stark sich verschmälernde Lingulaart feststellen. Sie ist 
in großem Barrandeschen (9 a) Werke nicht angeführt. Lingula (Obollela?) 
lamellosa Barr. ist überaus häufig isnbesondere unten hart am Chynaver 
Bache aufzufinden. In der Nähe des Chrbinastollens kommen in einer 
konglomeratartigen Grauwacke ebenfalls der Obellela Feistmanteli ähnliche 
Linguliden vor; sie gehören gleichfalls einem tieferen Horizonte als Lin- 
gula lamellosa an. In den roten Schiefern der Zone IV. fand ich am Abhange 
des Chrbinarückens Lingula miranda Barr., Lingula ancilla? Barr., Barro- 
isella insons Barr., Obolella complexa Barr. und Obolus n. sp. Ich ver- 


weise hier auf die reichhaltige von Jahn (l. c. 7) hier aufgesammelte 
Brachiopodenfauna. 


2. Die Komorauer Schichten (dı;) und Erslagerstätten. 


Die Stufe d,, enthält hauptsächlich Ergußgesteine eines Diabas- 
magmas, Schiefer und Eisenerz. Die diabasischen Ergußgesteine sind 
mandelstein- oder tuffartige, körnige oder dichte grünlichgraue Gesteine. 
Ich habe einige Proben mikroskopisch untersucht und will hier vorläufig 
nur kurz über meine Beobachtungen berichten. 

Die bereits makroskopisch tuffartigen Gesteine sind aus schlackigen 
bis aschenartigen Bruchstücken zusammengesetzt, welche unter dem 
Mikroskope eine blasige Struktur aufweisen, außer den Blasenausfüllungen 
hauptsächlich aus umgewandelter glasiger Masse, leistenförmigen Labra- 
doriten und stellenweise auch Augiten bestehen. Die Bruchstücke sind 
durch CaCO, verkittet. Mikroskopisch erinnern diese Gesteine vielfach 
an manche Basaltaschentuffe (Palagonite). Ich fand solche Tuffe z. B. 
westl. und östl. von Libeöov am Abhange des Chrbinarückens, oberhalb 
des Katék-Tales u. s. w. Andere Diabasgesteine zeigen die Beschaffenheit 
körniger, magnetitreicher Diabase; andere wiederum machen den Ein- 
druck einer ursprünglich glasreichen, blasigen Lava. In den eigentlichen 
Mandelsteinen treten leistenförmige Labradorite und Augite, die durch 
eine glasige Mesostasis verkittet sind, auf. Die Ausfüllung der Mandel- 
räume besteht insbesondere aus CaCO,. Nach Verwitterung und Aus- 
laugung derselben haben die Mandelsteine ein poröses Aussehen. 

Unweit der Lokalität ‚Na moöidle‘‘ findet man alte Haldenreste 
mit oolithischen Eisenerzen und schwarzen glimmerigen Schiefern (die) in 
denen sich nicht gut erhaltene Reste von Didymograptus vorfinden. 

Eisenerzlagerstätten. — Die Eisenerze wurden in unserem Gebiete 
insbesondere in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts abgebaut. 
Die Lagerstätten wurden aufgeschlossen bei Chynava, nordöstlich von 
Libeëov, am Chrbina-Rücken, wo sich über dem Katék-Tale der Erbstollen 
und weiter westlich der Chrbinastollen befindet. Am Karabinsky vrch 
wurden oberhalb des Chyñava-Baches ebenfalls zwei Stollen angelegt. 
Der unten am Abhange gelegene Stollen ist bis heute noch teilweise zu- 
gänglich; weiter gegen NO liegt der höhere Adalbertstollen. Von da 
gegen Ober-Pti& findet man noch 4 Schächte. 

Betreffs der Erzlagerstätten verweise ich auf die eingehende Arbeit 
von Väla-Helmhacker (l. c. 3). 


3. Osek-Kodnér Schichten (dı,). 


Die leicht verwitternden Schiefer sind meist durch Vegetation und 
Schutt verdeckt. Nur an einigen wenigen Stellen treten sie zu Tage. So ° 
z. B. am Wege des west]. Abhanges der Hürka bei Libeëov, am nördl. 


173 


Abhange der Chrbina, am neuen Wege, der von der Rejnover-Mühle auf 
den Berg Üdersko führt. | 

Ihre Mächtigkeit ist unbedeutend, entschieden bei weitem geringer 
als in ihrer nord-östl. Fortsetzung im Särka-Tale. 


4. Drabover Quarsite (d,). 


Dieselben verlaufen in morphologisch markanter Weise von der 
Hürka bei Libeëov über Kote 461 auf den Chrbina-Rücken ; am linken Katék- 
Ufer bilden sie die bedeutendsten Erhebungen am Berge Udersko, sowie 
den nördl. Teil des Rymansky vrch. Auf ihnen liegt auch der trigonome- 

_ trische Punkt 437 des Karabinsky vrch ; ihre nordöstl. Fortsetzung ist östl. 
von Ober-Ptié gegen N verschoben. Auf der Hürka, dem Chrbina-Rücken 
und Karabinsky vrch sind in ihnen größere Steinbrüche angelegt. 


5. Diabas im Hangenden der Drabover Quarsite. 


Am besten ist dieser an beiden Ufern des Kaëâk-Baches in der Nähe 
der Rejnover Mühle aufgeschlossen. Wie ich feststellen konnte, reicht er 
jedoch nicht weit nach NO und SW (siehe die geol. Karte!). Das Diabas- 
lager besteht hauptsächlich aus Tuffen, die bereits makroskopisch deutlich 
geschichtet erscheinen ; stellenweise hat es das Aussehen eines decken- 
förmigen Ergusses mit zwiebelförmig-schaliger Absonderung. Der Tuff 
besteht aus Aschenteilchen und Lapilli von glasiger und poröser Beschaf- 
fenheit, welche durch Ca CO, verkittet sind. Petrographisch ist er überaus 
ähnlich manchen Diabastuffen der Komorauer-Schichten (d,,), wie sie oben 
beschrieben wurden. 

Die Diabaseruption begann bereits vor Ende der Stufe d, und dauerte 
hauptsächlich zur Zeit zwischen der Beendigung der Ablagerung der 
Drabover Quarzite und dem Beginne der Zahoïaner-Schichten 4, an. 


6. Zahoraner-Schichten d;. 


Ton- und Grauwackenschiefer, Grauwacken und Quarzite dieser 
Stufe setzen den südl. Teil unseres Gebietes zusammen. Südöstl. von 
Libetov bei Kote 449 treten im Kerne einer teilweise denudierten Anti- 
_klinale der Zahofaner-Schichten 4, Drabover Quarzite d, auf. Nördl. 
und westl. von Nenaöovic bestehen die größten Erhebungen aus harten 
_ d;-Quarziten. 
Z _ Hieher gehört der Hügel mit Kote 426, bei Klein-Pyilep die Koten 381 
und 360, ferner Kote 347 siidl. von Nenatovic. Die genannten Hiigel 
pflegen voneinander durch kleine Täler getrennt zu sein, die einerseits 
F _ längs weicher Schieferstreifen verlaufen, anderseits aber längs Querdisloka- 
_ tionen knieförmig umbiegen. (Vergl. die geol. Karte.) 


174 
- €. Tertiär. 
1. Terrassenschotter. 


Östl. von Klein-Piilep findet man auf den Feldern eine reichhaltige 
Schotterdecke. Der Schotter besteht hauptsächlich aus Quarz-, Quarzit-, 
Kieselschiefer-, spärlichen Gneis- und Granitgeröllen. Seltener beobachtet 
man Schotterspuren westl. von Klein-Piilep am Wege nach Zelezné, ja 
selbst südl. von Zeleznd, ferner südl. des Berges ViS%ova in einer Höhe 
von 380 m. 

Diese Schotter liegen bei P/iled 360—380 m ti. d. M., während der 
Katakbach bei Nenaéovic eine Höhe von 265 m erreicht. Es liegen also 
die Schotter etwa um 95—115 m höher als das heutige Kaéaktal. Vergleichen 
wir weiter die Höhenlage der Pvileper Schotterterrasse mit der Terrasse des 
Kaëäkbaches bei Nenaëovic, welche ich für analog der Oberterrasse des 
Beraunflusses halte! Die Oberterrasse von Nenaëovic liegt 300—320 m 
ui. d. M., also 35—55 m über dem heutigen Kacaktale. Die P/tleder Terrasse 
liegt also wenigstens um 60 m höher; allerdings gelangten diese Schotter 
in östl. Richtung teilweise auch durch sekundäre Umlagerung in eine 
geringere Höhenlage. 

Ich halte die Prileper Schotter, welche demnach höher liegen und älter 
sind als die diluviale Oberterrasse bei Nenaëovic, für tertiär (vielleicht 
pliozän). Sie gehören wohl in die Reihe der Schotter in Mittelböhmen, 
welche in den letzten Jahren von verschiedenen Autoren für Tertiär 
gehalten werden. Ich erinnere an die Schotter von Korno und auf der 
Sulava, bei Tobolka,) bei Litten und Krupnaé 4) bei Sloup, Klinec und 
Zävist,2) bei Rakonitz ®) u. s. w. 


Unweit der Terrasse von P/ilep liegt eine kleine Insel karbonischer 
Ablagerungen, in welchen auch mehr oder weniger grobe Konglomerate 
auftreten. Es könnte vielleicht die Meinung ausgesprochen werden, daß 
der P#ileper Schotter einen Uberrest der zerstörten Karbonkonglomerate 
vorstelle. Ich bin nicht dieser Ansicht, und zwar wegen der Mächtigkeit 
dieses Schotters, des absoluten Fehlens jeglicher Überreste eines karbo- 
nischen Bindemittels, wegen seiner petrographischen Beschaffenheit und 
seiner Beziehungen zur Morphologie der Umgegend. Mein Freund Uni- 
versitätsprofessor Dr. J. V. DaneS stimmte ebenfalls bei Gelegenheit 
einer gemeinschaftlichen Exkursion mit meiner Auffassung des Schotters 
überein. 

2. Basaltgang. 


Bofickyÿ#) berichtet S. 144 in seinen petrologischen Studien 
über die Basaltgesteine Böhmens, dass „Prof. Safaïik auf dem Kara- 
binsky vrch bei Svérov (in untersilurischen Schichten) Basaltblôcke von 
derselben Art auffand, wie der von J. Barrande bei Sct. Ivan ent- 
deckte Basalt ist, sie sollen entweder einem verdeckten Basaltgange ange 


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175 


hören oder in Diluvialzeit als erratische Blöcke hieher verschleppt worden 
sein“. Boticky gibt einen kurzen Bericht über die mikroskopische 
Beschaffenheit des Gesteines. Katzer) meint in seiner Geologie 
Böhmens S. 984, daß die angeführte Lokalität Karabinsky vrch bei Svarov 
auf einem Irrtum beruhe. 

Bei meiner Kartierung auf dem Berge Udersko fand ich nördl. von 
Kote 418 inmitten der Drabower Quarzite ein schwarzes, hartes und 
dichtes Eruptivgestein in Form eines Lagerganges, welches morphologisch 
als ein deutlicher Längsrücken hervortritt. Seine Fortsetzung nach SW 
ist gegen S verschoben. (Siehe geol. Karte!) Makroskopisch treten haupt- 
sächlich nur Olivineinsprenglinge auf. Unter dem Mikroskope weist das 
Gestein eine deutliche Intersertalstruktur mit bräunlicher, glasiger, tri- 
chitenreicher Mesostasis auf. Die basischen Plagioklase der Grundmassa 
sind schmal und leistenförmig, die Augite braun oder rötlich. Die Feld- 
spate sind älter als die Augite, pflegen in denselben eingeschlossen zu sein 
oder ragen in diese hinein. Die grünen Olivineinsprenglinge sind stark 
zersetzt. Nach der Anwesenheit des Olivins und den zahlreichen Feld- 
spaten kann man das Gestein als echten Feldspatbasalt ansprechen. Es 
unterliegt keinem Zweifel, daß diesem von mir entdeckten Gange die von 
Boficky erwähnten Basaltblöcke entstammen. 


D. Diluvium—Alluvium. 


Die Terrassen des Katäk (Lodenitzer Baches). Wenn wir das Tal des 
Kaëâkbaches von der Ky$icer Mühle bis nach Nenaëovic verfolgen, so 
finden wir daselbst zahlreiche Reste diluvialer Terrassen. Auf dem Um- 
laufberge südlich von der Dedekmühle liegt eine Schotterterrasse etwa 
340 m ü. d. M. Am südl. Abhange des Berges tritt außerdem noch eine 
niedrige Terrasse auf. Der höheren Terrasse entspricht ein Schotterfeld 
auf dem gegenüberliegenden Ufer des Kaëäkbaches. Oberhalb des Cerveny 
miyn liegen zu beiden Ufern Terrassen in absol. Höhe 320—340 m, 
ebenso nördlich der Marekmühle. Zwischen der Unter-Podkozi-Mühle und 
Kote 279 fand ich am linken Ufer des Lodenitzer Baches eine Terrasse in 
absol. -Höhe 310—330 m, am rechten Ufer in der Höhe von etwa 320 m. 
Terrassenablagerungen (300—320 m) werden ferner vom Wege westlich 
der Kalousmühle durchschnitten; man findet hier Gerölle von Kiesel- 
schiefern, Quarzen, Quarziten, Konglomeraten (d,,), algonkischen Schiefern 
und Grauwacken. Unterhalb der Terrasse liegen mächtige, lößartige 
Lehme, darunter dann Zahoïaner Schiefer (d,); stellenweise scheinen 


_ hier auch Spuren einer tieferen Terrasse aufzutreten. 


Von der Kalousmühle zieht sich die höhere Terrasse in gleicher 


Höhe einerseits gegen N, andererseits gegen S bis zur Schlucht, welche 
| vom rechten Kaéakufer zur Kote 341 führt. Weiter südlich bis Nenaëovic 
nimmt sie bedeutend an Breite zu. Ihre südliche Fortsetzung fand ich 


176 


dann weiter am Felsenvorsprunge östl. von Kote 381 und südl. von Nena- 
éovic am östl. Abhange der Anhöhe Kote 347. Östlich von Nenaëovic 
am linken Kaëakufer liegt die höhere Terrasse in abs. Höhe über 300 m, 
die niedrigere Terrasse bei etwa 280 m. Unter den Zuflüssen des Lodenitzer 
Baches fand ich bloß im Tale des Chynaver Baches Terrassenspuren. 

Nach Ritt. v. Purkyné (l. c. 10) liegt der Beraunspiegel bei 
Tetin westlich der Mündung des Lodenitzer Baches 210 m ü. d. M., die 
Oberterrasse des Beraunflusses etwa 288 m ü. d. M., also circa 78 m höher. 
In einer beiläufig gleichen Höhe liegt auch die Oberterrasse des Beraun- 
flusses bei der Mündung des Kaëakbaches. Ich verfolgte vorläufig die 
Terrassen des Lodenitzer Baches auch außerhalb unseres Gebietes von 
seiner Mündung bis Lodenitz und halte sämtliche Terrassen, welche in unserem 
Gebiete in abs. Höhe über 300 m liegen, als äquivalent der Oberterrasse des 
Beraunflusses, die spärlichen Überreste der tieferen Terrasse als analog der 
Mittelterrasse desselben. Die obere Grenze der Oberterrasse liegt in un- 
serem Gebiete zwischen der Dédekmiihle und Kote 279 im Kaéaktale südlöstl. 
von Podkozi etwa 40 m, zwischen der Kalousmühle und Nenacovic beiläu fig 
45—55 m über dem Kacakflusse (gemessen nach den Höhenlinien auf 
der topographischen Karte 1:25.000). Die tiefere Terrasse ôstl. der 
Kalousmühle erreicht eine relat. Höhe von etwa 25 m und entspricht offenbar 
Purkyne’s Mittelterrasse des Beraunflußes, welche bei Tetin 45 m über dem 
heutigen Beraunflußspiegel liegt. Reste der Unterterrasse fand ich in 
unserem Gebiete nicht vor. 

Interressant sind mächtige Lehmablagerungen, die auch kleinere 
Geschiebe enthalten ; man findet sie abseits der Straße, welche von der 
Dédekmiihle nach Chynava führt. Sie verdanken ihre Entstehung wohl 
auch einem diluvialen Zuflusse des Kaéak. 

Mächtigere Gehängelehme diluvialen Alters befinden sich westl. von 
der Kalousmühle, nordöstl. von Klein-Piilep am Abhange unterhalb der 
Kote 449, wo eben eine Ziegelei gegründet wird, ferner bei Prilep selbst. 

Stellenweise findet man im Tale Anhäufungen von Gehängeschutt 
vermischt mit Gehängelehm, so unterhalb des südl. Abhanges des Ry- 
mansky vrch, unter dem westl. Abhange des Modry vrch nördl. von 
Nenacovic. 

Während die Gehängeablagerungen vielfach die Talabhänge unseres 
Gebietes bedecken, trifft man oben auf der eingeebnete Oberfläche des 
Gebietes öfters mächtiges Eluvium an, so bei Libeëov, südlich von Podkozt, 
insbesondere aber längs der östl. Grenze unseres Gebietes, wo nebst elu- 
vialen Lehmen auch Spuren von zerfallenen Kreideschichten auftreten. 
letztere bedecken gegen NO die Silurschichten. Bei Uhonic sind in der 
Karte 1 :25.000 Kalköfen (K. O.) eingezeichnet. Ehemalige Kalkbrennereien 
sollen den Kalkstein von Tachlovic bezogen haben, sie sind seit langer Zeit 
bereits aufgelassen. Ebenso findet sich kleine Spur mehr nach dem großen 
Ziegelofen, der einst im mächtigen Lehme westl. von Uhonic angelegt wurde. 


BE SE M ag AT Fee 


177 


Heute ist diese Stelle völlig eingeebnet und in Felder umgewandelt, die 
Ziegel der älteren Uhonicer Gebäude sollen jedoch von hieher stammen. 


II. Tektonik. 


Streichen und Fallen der Schichten. Das Streichen der Schichten ist 
in unserem Gebiete vorherrschend ein nordost-südwestliches ; im Algonkium 
beobachten wir öfters eine NNO—SSW- oder fast N—S-Richtung der 
Schichten, während die Silurschichten häufig fast O—W streichen ; aus- 
nahmsweise findet man wohl auch ein Streichen nach NNW, insbesondere 
in der Nähe von Dislokationen, wie z.B. am nördl. Abhange des Modry 
vrch und: am südlichen Abhange des Kbel. 

In der Regel fallen die Schichten gegen SO, bezw. gegen OSO oder S 
ein. Selten beobachtet man ein Algonkium und im Bereiche der Drabover 
Quarzite (d,), öfters bei den Zahoïaner Schiefern (d,) ein Einfallen nach 
NW als Beweis einer Faltung. Auffallend ist die Umbiegung der Streich- 
richtung im mittleren Teile unseres Algonkiums, z. B. im Schwarzawatale. 
Hier herrscht ein nord-nordöstliches bis nördliches Streichen vor, während 
gegen W und O die Schichten vorherrschend von SW nach NO streichen. 

Diskordanz zwischen Algonkium und Silur. Dieselbe ist an zahl- 
reichen Stellen nahe der Grenze beider Formationen erkennbar. Sie äußert 
sich hauptsächlich in etwas abweichender Streichrichtung und verschie- 
denem Einfallswinkel der Schichten. Das Algonkium weist an der Grenze 
mit d,, ein NO—SW-Streichen auf, während die Kru$nahoraschichten 
mehr ONO—WSW, oder fast O—W streichen. Die algonkischen Schichten 
sind an der Grenze steil gestellt, ihr Einfallen gegen SO beträgt 70—80° 
oder noch mehr; dagegen fallen die Schichten d,, höchstens unter 35—55° 
gegen SSO, bezw. S ein. 

Nach Katzers (lc. Taf. III.) übersichtlicher geologischer Karte 
des älteren mittelböhm. Paläozoikums verläuft längs der Grenze beider 
Formationen eine Längsdislokation. Obwohl die Grenze verschiedentlich 
entblößt ist, konnte ich eine solche Dislokation hier nicht feststellen. Die 
Basalkonglomerate der Schichtenstufe d,, liegen ungestört über dem Algon- 
kium, obwohl die Lagerungsverhältnisse doch im Falle des Vorhandenseins 
der vermeintlichen Dislokation gestört sein müßten. 

Sekundäre Fältelung im Algonkium. Nordwestl. vom Cerveny myn, 
im Tale des Rymäner Baches bei Kote 354, nördl. von Podkozi und an der 
Straße nördl. von der oberen Podkozimühle fand ich algonkische Schiefer, 
die auf ihren Schichtflächen eine sekundäre scharfe Fältelung aufweisen. 
Die genannten vier Lokalitäten liegen in 2 Zonen im Streichen der Schichten. 
Unser Algonkium wurde, wie bekannt, zunächst in jung-algonkischer Zeit 
gefaltet. Wohl dürften diese Falten eine etwas andere Richtung besessen 
haben, als die spätere variszische Faltung, der von neuem das Algonkium 

Bulletin international. XXI 12 


178 


unterlag. Hiemit ließe sich wohl auch die teilweise Diskordanz zwischen 
Algonkium und Kambrium-Silur erklären; diesem Umstande könnte 
man ebenfalls die sekundäre Fältelung auf den Schichtflächen der algon- 
kischen Schiefer, wie wir sie in unserem Gebiete gefunden haben, zu- 
schreiben. (Taf. IT., Fig. 1.) 

Langs- und Querdislokationen. Vom tektonischen Standpunkte weist 
unser Gebiet keine große Mannigfaltigkeit auf. Ich stellte hier spärliche 
Längsdislokationen, hingegen zahlreiche Querdislokationen fest. 

Eine Längsdislokation, welche meiner Ansicht nach den Charakier 
einer Faltenüberschiebung besitzt, verläuft vom Kaëdktale östl. der Rejnover 
Mühle längs der südl. Grenze des Diabaslagers durch die Cizekschlucht, 
welche zwischen Udersko und dem Rymänsky vrch gegen NO sich hin- 
zieht. (Vergl. unser Profil III. S. 14, Fig. 6.) Die Quarzite d, wurden hier 
über das jüngere Diabaslager und stellenweise über die Zahofaner Schichten 
(d,) überschoben. Langs der Überschiebung sind die Quarzite überall 
stark gestört. 

Eine zweite große Längsdislokation liegt nahe der südl. Grenze des 
kartierten Gebietes. Sie war bereits Lipold und Vala- Helmhacker 
bekannt, nach welchen sie durch das Tal von Drahelëic nach Nenaëovic 
und von hier gegen Klein-Pyilep verläuft; längs derselben stoßen Zaho- 
Yaner Schichten (d,) und Osek-Kvaner Schichten d,y aneinander; letztere 
liegen über ersteren. Die Dislokation gehött zu Krej£i-Helm- 
hackers (Il. c. 18) Hyskov—Prager Bruchlinie oder nach Krejëi- 
Feistmantel (1 c. 8) zur Prager Bruchlinie, welche von Hyskov 
über den Plesivec bei Beraun in das Kaëaktal und von hier über Draheléic 
ins Motoltal und über Prag nach Hloupétin verläuft. Nach Katzer (1. c. 15, 
S. 969) beginnt sie bereits bei Zbirov oder noch weiter südlich. 

Größer ist die Anzahl der Querdislokationen unseres Gebietes. Von 
ihnen wird die Hürka bei Libeëov in W und O begrenzt, ein weiterer Quer- 
bruch durchsetzt das Chyñavatal nahe der Lokalität ‚Na motidle‘‘, wo 
der Bach sich plötzlich gegen N wendet; drei weitere Bruchlinien ver- 
schieben die Schichten stufenweise immer etwas gegen N. 

Eine einzige Querverwerfung, welche von der unteren Podkozimühle 
über Kote 279 im Kaëäktale, von hier über den östlichen Abhang der 
Chrbina zur Rejnover Mühle verläuft, verursachte eine Schollenverschiebung 
gegen S. Sie trennt die Chrbinascholle im SW von der nordöstlichen Scholle 
(Scholle des Karabinsky vrch\, welcher außer dem östlichsten Abhange des 
Chrbinarückens der Karabinsky vrch, Udersko und Rymañskÿ vrch angehört. 
Beide Schollen unterscheiden sich voneinander durch ihren tektonischen 
Aufbau. In der Chrbinascholle folgen im Hangenden der Drabover Quarzite 
Diabaslager, über diesen in ungestörter Lagerung schwarze Schiefer der 
Schichtenstufe 4,; man kann dies gut am linken Ufer des Lodenitzer Baches 
beobachten. In der Scholle des Karabinsky vrch findet man zwar gleich- 
falls im Hangenden der Quarzite d, das Diabaslager, darüber liegt jedoch 


179 


ein zweiter, überschobener Quarzitstreifen, dem erst die Schiefer 4, aufge- 
lagert sind. Es verläuft hier eben die oben beschriebene Längsdislokation. 


Einige weitere Querbrüche, von welchen einer durch das Kaéaktal 
zwischen der Chrbina und dem Karabinsky vrch verläuft, die anderen 
letzteren Berg, Udersko und den Rymänsky vrch durchqueren, verursachen 
abermals Schichtenverschiebungen gegen N. Westlich von Ober-Ptië 
bewirkt ein Querbruch, daß Drabover Quarzite in die Nachbarschaft der 
Konglomerate d,x gelangen. Wenn wir also die Querdislokationen unseres 
Gebietes von W gegen O verfolgen, finden wir, daß sie mit Ausnahme der 
Chrbinaverwerfung stufenweise Schollenverschiebungen gegen N ver- 
ursachten. 


Die Querbrüche könnte man schwerlich in dem mehr einförmigen algon- 
kischen Gebiete ohne Verfolgung und Kartierung der Grauwackenzonen fest- 
stellen; deshalb trachtete ich in unserem Gebiete auch die mächtigeren, haupt- 
sächlich aus Grauwacken und -schiefern bestehenden Zonen auf der Karte 
auszuscheiden. Es wäre angezeigt, dies auch in anderen ähnlichen algonkischen 
Gebieten gelegentlich ihrer Kartierung zu tun. 


Das Alter der Dislokationen. In den einzelnen Phasen der varis- 
zischen Faltung, welche bei uns wohl schon im Oberdevon begann, wurden 
die algonkischen und silurischen Schichten unseres Gebietes gefaltet und 
enststanden die Längs- und Querdislokationen. Gewöhnlich sind im 
älteren mittelböhmischen Palaeozoikum die Querdislokationen jünger 
als die Längsdislokationen, was bereits Krejëi erkannte. Auf S. 386 
schreibt er: „Die Verwerfung von NW-—-SO-richtung sind etwas jünger 
als die NO—SW streichenden Verwerfungen ; letztere werden häufig durch 
erstere verschoben. Sie entstanden vor Ablagerung des Karbon.‘‘ Nach 
Krej¢éi-Feistmantel (l. c. 8) sollen die Querdislokationen we- 
nigstens teilweise gleichaltrig sein mit den Längsdislokationen. 


Ähnliche Beziehungen zwischen Quer- und Längsbruchlinien, wie sie 
Krejëi feststellte, fand ich in verschiedenen von mir kartierten Gebieten 
unseres älteren mittelböhmischen Paläozoikums. Anderer Ansicht bin 
ich jedoch betreffs des gegenseitigen Altersverhältnisses zwischen der 
Querverwerfung am östl. Abhange der Chrbina und der Längsdislokation 
zwischen Udersko und dem Rymänsky vrch. Letztere bricht plötzlich an 
der Chrbinaverwerfung ab und man findet am rechten Katäkufer keine 
Spur mehr von ihr, denn es liegen daselbst im Hangenden des Diabas- 
lagers ungestört d,-Schiefer. Ich bin also der Ansicht, daß zur Zeit, als 
die Längsdislokation entstand, die Chrbinascholle bereits von der Scholle 
des Karabinskÿ vrch durch die Querverwerfung getrennt sein mußte. Nur 
dann kann ich mir erklären, warum die Faltenüberschiebung nicht von 
einer Scholle auf die andere hinübersetzt. Ich halte also die Überschiebung 
(Längsdislokation) zwischen Udersko und dem Rymänsky vrch für jünger 
als die Querwerfung am östlichen Chrbinarücken. 

12* 


180 


Einfluß von Eruptionen auf die Tektonik. Lipold (1. c. 6) sucht 
die Ursache der Dislozierung der Erzlagerstätten unseres Gebietes in der 
Eruption der Pürglitz-Rokitzaner Porphyrzone. Seine Ansichten über die 
Eruptionszeit der Porphyre, Diabase und des mittelböhmischen Granites 
sind, wie wir heute bestimmt wissen, nicht richtig. Daß die Diabas- | 
eruptionen keinen wesentlichen Einfluß auf die Faltung und Dislozie- 


NW. so. 


Profi I. 
AIS yf pol AIT - MFilepy. ; 


1 IS ey 6 af bere 6 gi | 
Fig. 4. Profil zwischen Kote 387 an der Straße Podkozi-Chynava und KleinPrilep. | 
Maßstab 1 : 22.000. 1. Algonk. Schiefer. 2. Algonk. Grauwacken. 3. Kruschna hora- 
schichten (dg). 4 Komorauer Schichten (die). 5. Osek-Kvanér Schichten (d,y)- | 

6. Drabover Quarzite (d,). 7. Zahoïaner Schichten (d,). | 

NW. SO: 


Profil I 
Podhozi Au pot Ohrbina. Miley ail Aacak. à 


DA CR 2 NT 3740 6 pers À 1958 8 
Fig. 5. Profil zwischen Podkozi und dem Kacäktale bei der Kalousmühle. Maßstab 
1 : 22.000. 1. Algonk. Grauwacken. 2. Algonk. Schiefer. 3. Kruschnahoraschichten 
(dig). 4. Komorauer Schichten (dg). 5. Osek-Kvanér Schichten (dy). 6. Drabover 

Quarzite (d,). 7. Diabaslager, 8. Zahoïaner Schichten (d,). 


NW. Profil I SO. 
. Karab orch Udersko C@kova rokle. Rymdtisky v Uhonickiy p. 


wand: pe Aer ee: 10 

insky vrch und dem Uhonitzer Bache. Maßstab 

1 : 22.000. 1. Algonk. Grauwacken. 2. Algonk. Schiefer. 3. Kruschnahoraschichten 

(dia). 4. Komorauerschichten (d,g). 5. Osek-Kväner Schichten (dy). 6. Drabover 

Quarzite (d,). 7. Basalt. 8. Schieferscholle d,. 9. Überschiebung, 10. Zahoraner 
Schichten (d,). 


Fig. 6. Profil zwischen dem Karab 


rung der Silurschichten hatten, habe ich in meiner Arbeit über das Silur- 
gebiet zwischen Litten und Budñan zu beweisen gesucht (1. c. 11). Auch 
in unserem Gebiete kann von einer genetischen Beziehung zwischen den 
Eruptionen der Pürglitz-Rokitzaner Zone und der Dislozierung der Erzlager- 


RE eT 


Diane saree 


181 


stätten keine Rede sein, da diese zur Zeit der variszischen Faltung entstand 
und demnach viel jünger ist als die genannte Eruption. 

Beschreibung unserer Profile 1.—I1l. und Vergleich mit diesbezügli- 
chen Profilen der älteren Literatur. Unser Profil I. Fig. 4 S. 14. verläuft. 
von Kote 387 an der Straße Podkozi—Chyñava über den Chyhavabach zu 
Kote 461 und von da etwa über Kote 449 nach Klein-Pyilep. Zunächst 
finden wir im Profile algonkische Schiefer, welchen unweit der Silurgrenze 
ein Streifen von Grauwacken aufgelagert ist; ihr Einfallen beträgt etwa 
70° nach SO. Im Hangenden des Algonkiums folgen dann diskordant die 
Kruschnahoraschichten (d,x), die gegen SO etwa unter 45° einfallen ; sie 
sind gut an der Lokalität ‚Na moéidle‘‘. im Chÿñavatale aufgeschlossen. 
Dann folgen die Komorauer Schichten (d,ß), in deren Liegendteile etwas 
weiter gegen NO von unserem Profile ein öolithisches Eisenerzlager zu 
Tage tritt. Weiter folgen die Schiefer der Schichtenstufe d,y, dann mäch- 
tige Drabover Quarzite (d,), hierauf die Stufe d,, zwischen welcher bei 
Kote 449 abermals die Quarzite d, emportauchen. Zwischen Kote 461 
und 449 liegt wohl eine Synklinale weicher Zahoïaner Schiefer d,, die 
gegen SO in eine teilweise abgetragene Antiklinale übergehen, in deren 
Kerne die älteren d,-Quarzite zu Tage treten. 

Katzer!2) veröffentlichte ein Profil durch das ganze ältere Paläo- 
zoikum Mittelböhmens. Der nordwestl. Teil des Profils verläuft von Chy- 
nava nach Klein-Piilep, also westlich von unserem Profile I. Das Profil 


beginnt bei Chysiava mit Urschiefern (= Algonkium), die gegen SO ein- 


fallen, hierauf folgen die Stufen d,y, d,, Diabas und d,; die Schichten d,y 
bis d, sind mit nordwestl. Einfallen eingezeichnet. Soweit ich das bereits 
außerhalb unseres Terrains liegende Profil begangen habe, scheinen mir 
jedoch hier ganz ähnliche Lagerungsverhältnisse zu herrschen wie in unse- 
rem Gebiete (Profil I.). Die Diskordanz zwischen Algonkium und Silur 
besteht nicht in einem widersinnigen Einfallen, wie des Katzer in 
seinem Profile angibt; die algonkischen und silurischen Schichten fallen 
insgesamt nach SO bezw. fast S ein, wie dies auch richtig in Krej£i- 
Feistmantels Profil zwischen Chynava und Klein-Pyilep (1. c. 8, 
S. 40, Fig. 28) angedeutet erscheint. 

Unser Profil II. beginnt bei Podkozi, verläuft über das Chynavatal 
unweit seiner Mündung auf den Chrbinarücken, von da über den „Toten 


- Grund“ in das Katéktal südlich von der Kalousmühle. Das Profil durch- 


quert zunächst eine algonkische Grauwackenzone, welcher algonkische 
Schiefer aufgelagert sind; diesen folgen dann abermals an beiden Ufern 
des Chyñavabaches Grauwackengesteine. Sie fallen steil (70—80° nach 
SO ein. Im Hangenden befinden sich dann in diskordanter Lagerung 
Kruschnahoraschichten mit geringerem Einfallswinkel, hierauf Komorauer 
Schichten und Drabover Quarzite. Im Gegensatze zum vorhergehenden 
Profile I. folgt nun ein meist aus geschichteten Diabastuffen bestehendes 
Diabaslager, über diesem schließlich konkordant die Schichten der Stufe 


182 
d,. Letztere bilden zunächst eine Synklinale, in welcher der ‚Tote Grund‘ 
verläuft ; dieselbe geht dann in eine Antiklinale über, deren Südflügel bei 
der Kalousmühle etwa 10—26° gegen SO einfällt. 

In Lipolds Profile (l. c. 6, Seite 358) zwischen dem Chynava- 
bache und Nenaëovic ist die Diskordanz zwischen Algonkium und Silur 
nicht eingezeichnet, auch fehlt hier völlig das mächtige Diabaslager zwischen 
d, und d,; die d,-Schichten zwischen der Rejnover Mühle und der Längsdis- 
lokation bei Nenaëovic werden bis auf zwei seigere Antiklinalen bei Nena- 
covic und der Kalousmühle irrtümlich als 4, gedeutet. 

Krejei.(l. c. 17,8. 398, Fig. 164) veröffentlichte ein Profilene: 
Nenaëovic. Es liegt wohl ein Irrtum vor, wenn die auf Zahoïaner Schichten 
im Tale liegende Ortschaft im Profile auf einer Anhöhe der Drabover 
Quarzite eingezeichnet ist. Auch liegt das Diabaslager nicht zwischen 
Drabover Quarziten, sondern im Hangenden derselben. 

Unser Profil III. beginnt an der Straße, die von Podkozi nach 
Svarov führt, verläuft über den Karabinsky vrch, Udersko, die Cizekschlucht 
und den Rymansky vrch in das Tal des Uhonitzer Baches. Soweit es das 
Algonkium durchquert, besteht dasselbe vorwaltend aus Grauwacken 
und -schiefern, bloß am Karabinsky vrch liegt zwischen diesen eine mäch- 
tigere Tonschieferzone. Sie fallen ziemlich steil gegen SO ein. In dis- 
kordanter Lagerung folgen dann die Kruschnahoraschichten, Komorauer 
Schichten, in welchen knapp östlich von unserem Profile der Adalberts- 
stollen getrieben wurde. Im Hangenden liegen die weichen Osek-Kvanér 
Schiefer, über diesen die harten Drabover Quarzite, zwischen welchen ich 
auf dem Berge Udersko einen Basaltlagergang entdeckte. In der Cizek- 
schlucht treten nebst d,-Ouarziten dislozierte, typische Grauwacken 
und Tonschiefer der Stufe d, auf. Durch die Schlucht verläuft die Falten- 
überschiebung, längs welcher Drabover Quarzite d, über eine abgerissene 
Scholle von d,-Schichten (weiter gegen SW über das jüngere Diabaslager) 
überschoben wurden. Die genannte Überschiebung konnte man weder im 
Profil I. noch im Profil II. beobachten ; sie ist eben charakteristisch für die 
Scholle des Karabinsky vrch. Im Hangenden der Quarzite folgen dann 
Zahofaner Schichten (d,). 

Vala-Helmhacker (l.e. 3, Taf. Il.’ Fig. 1) geben einem 
gchendes Profil zwischen dem Karabinsky vrch und dem Ühonitzer Bache; 
das Profil verläuft in derselben Richtung wie unser Profil III. Die Autoren, 
welche Krejëi-Lipolds Trennung der Schichtenstufe d, in d,a, 
dB, d;y nicht anerkannten, identifizieren irrtümlich die schwarzen Grau- 
wackenschiefer und Diabastuffe in der CiZekschlucht mit d,. In Wirklichkeit 
gehört der in der Schlucht auftretende Diabas einem Ausläufer des Diabas- 
lagers von der Rejnover Mühle an, während die Grauwackenschiefer 
der Schichtenstufe d, zuzuzählen sind. Es blieb eben die Längsdislokation, 
welche durch die Schlucht verläuft, unerkannt. Die Diabastuffe, welche 
nach den genannten Autoren im Liegendteile der Drabover Quarzite sich 


183 


vorfinden sollen, konnte ich nicht feststellen, dafür fand ich hier einen 
Basaltgang. 

Krej¢i-Helmhacker (lc. Taf. I, Fig. 4) geben das Profil 
Väla-Helmhackers wieder. Krej¢éi-Feistmantel l. c. 
S. 43, Profil 32) veröffentlichten ein Profil zwischen dem Karabinsky vrch 
und Nenaëovic. Es fehlt hier zwar das Diabaslager im Hangenden der 
Quarzite d,, die Längsdislokation ist jedoch im ganzen richtig eingezeichnet. 
Die schwarzen Schiefer der Cizekschlucht sind jedoch fälschlich als d,y 
bezeichnet. 


III. Morphologie. 
Nach unserer heutigen Ansicht war Mittelböhmen, also auch unser 


Gebiet, zur Oligozänzeit in eine Fastebene eingeebnet worden, deren Ober- 
fläche aus Kreideschichten bestand. In nacholigozäner Zeit wurde das 


- ursprünglich einheitliche Kreideplateau durch die an der Oberfläche der 


Fastebene entstehenden Flüsse in eine Reihe von Hügeln und Bergen 
zerlegt; mit der Zeit blieben von ihm bloß Überreste meist in Gestalt 
von Zeugenbergen erhalten. Selbst diese wurden später vielfach zerstört 
und abgetragen. 

Im Gebiete der Wasserscheide zwischen dem Kaëakbache und der 
Moldau blieben Zeugenberge bei Unhost und bei Kladno erhalten. Bei 
Kladno verschmälert sich plötzlich der Unhoëter Zeugenberg ; der Tejnicer 
Bach, welcher bei Kralub in die Moldau mündet, hat sich hier durch 
Rückerosion weit nach SW eingeschnitten und trachtet dem Kaëakbache 


einen Teil seines Flußgebietes zu entreißen. Zweifellos wird er in ver- 


hältnismäßig kurzer Zeit den Unhoster Zeugen vom Kladnoer Zeugenberg 
mit dem Zbän vollständig abtrennen. Eine ähnliche Tendenz wie der 
Tejnicer Bach haben weiter gegen NW der Zakolaner, Trebichovicer Bach 
und der Cerveny potok, welche den Zbén in der Richtung zur 
Moldau entwässern. Das asymmetrische Tal des Kaläkbaches empfängt 
hier bloß am rechten Ufer Zuflüsse, welche den Kreidezeugenberg von 
StraSeci entwässern. Auf diese sonderbare Erscheinung sowie auf die 
Raubtätigkeit der genannten Moldauzuflüsse machte zum ersten Male 
Dane ë 19) in seiner inhaltsreichen Abhandlung über die morphologische 
Entwicklung von Mittelböhmen aufmerksam. 

Das Unhoëter Kreideplateau erreicht in seinem südl. Teile an der 
Wasserscheide zwischen Kaëak und Moldau, z. B. bei Unhoët und Roth- 
Ujezd eine absolute Höhe von ca 400 m, während es gegen N bedeutend 
sinkt. Auch hier scheinen die mächtigeren Zuflüsse der Moldau, welche 
das Plateau nach N entwässern, mit der Zeit sich des Kaëaktalgebietes 
bemächtigen zu wollen, der von hier mit Ausnahme der Schwarzawa bloß 


unbedeutende Zuflüsse erhält. 


In nacholigozäner Zeit büßte natürlich die oligozäne Fastebene, 


184 


bezw. ihre Zeugenberge durch Denudation und Erosion bedeutend an 
Höhe ein. Danes$ (l. c. 19) setzt eine Abtragung von mindestens 50 m, — 
wahrscheindlich noch mehr voraus. 

Das Tal des Kaéakbaches ist, wie wir später sehen werden, ein ty- 
pisches, auf Kreideschichten angelegtes epigenetisches Tal. Das von ihm 
durchflossene Gebiet erreicht in unserem Falle stellenweise eine Höhe 
über 450 m. Die Kreidedecke dürfte also hier zur Oligozänzeit noch höher 
gelegen sein, denn nach ihrer Abtragung und nach der Entblößung des 
algonkisch-silurischen Untergrundes wurde dieser jedenfalls auch noch 
bedeutend erniedrigt. Wenn wir also hier die Abtragung der oligozänen 
Fastebene bis auf die heutige Zeit auf wenigstens 100 m schätzen, dürften 
wir nicht übertrieben haben. | 

Überblicken wir von Libetov gegen N unser algonkisches Gebiet, so 
sehen wir vor uns eine einförmige, nur mäßig wellige Hochebene. Die 
eingeebnete Oberfläche des Algonkiums erreicht hier eine absol. Höhe von 
36C—390 m, diese wird bloß von den Kieselschiefern nördl. von Chynava 
(400 m) und stellenweise von algonkischen Grauwacken, z. B. am Mittel- 
berge (Stÿedni hibet Rymansky, 397 m) überragt. 

Im silurischen Gebiete unseres Terrains gibt es bei weitem mannig- 
faltigere Oberflächenformen als im Algonkium; es ist dies die Folge der 
verschiedenartigen Beschaffeffheit und der verschiedenen Verwitterungs- 
fähigkeit derhier auftretenden Gesteine. Vom morphologischen Stand- 
punkte sind daselbst am meisten die Drabover Ouarzite (d,) charakteristisch, 
indem sie auch die bedeutendsten Höhen erreichen. Ich erwähne die 
Hürka bei Libecov (455 m), Kote 449 östlich von hier, den Längsrücken 
der Chrbina mit den Koten 461 m, 451 m, den Berg Udersko (418 m), Ka- 
rabinsky vrch (437 m) u. s. w. Eine bedeutendere Höhe erreichen auch die 
teilweise aus harten Quarziten und Grauwacken der Stufe d, aufgebauten 
Hügel, so z. B. die Hügel westlich von Nenaëovic, der Bergrücken Kbel, 
der Modry vrch. Von den übrigen Silurschichten bilden insbesondere 
die Konglomerate und Grauwacken d,« stellenweise eine deutlichere Felsen- 
stufe, wie z. B. westl. von Libeëov, am nördl. Abhange der Chrbina, westl. 
von Ober-Ptië und anderwärts. 

Von der Oberterrasse des Kaéakbaches führt zu der eingeebneten 
Oberfläche des Algonkiums oft eine auffallende Stufe, so daß man un- 
mittelbar auf eine vordiluviale, etwa pliozäne Oberfläche erinnert wird. 
In beiläufig gleicher Höhe liegt auch das Schotterfeld von Klein—Prilep, 
welches ich — wie früher erwahnt—gleichfalls für tertiär (pliozän?) halte. 

Der Hauptfluß unseres Gebietes ist der Kadak oder Lodenitzer Bach, 
welcher am rechten Ufer Nebenflüsse aus dem Algonkium — Silur erhält, 
während die zahlreicheren Zuflüsse des linken Ufers das Unhoster Kreide- 
plateau entwässern. | 

Das Katäktal und seine Entstehung. Der Kaëdk wurde ursprünglich 
als konsequenter AbfluB auf der Oberfläche der oligozänen Fastebene 


185 


angelegt. Er floB ihrer Neigung gemäß nach SO ab und vertiefte sein Bett 
zunächst in den Kreideschichten. Offenbar begann er infolge seines ge- 
ringen Gefälles auf der Kreideoberfläche zu mäandrieren. Im Laufe 
seiner Vertiefung stieß er unter der Kreidedecke zunächst auf die harten, 
am höchsten in die Sedimente des Kreidemeeres emporragenden Drabover 
Quarzite und Diabase. Frühzeitig benützte er dann wohl manche Querdislo- 
kationen zur weiteren Vertiefung seines Bettes. An ein pliozänes (?) 
Stadium erinnert die oben angeführte Stufe, zwischen seiner Oberterrasse 
und der Oberfläche des Algonkiums. Zur Zeit seiner diluvialen Ober- 
terrasse war sein Gefälle noch unbedeutend, wie wir aus den Höhen, in 
welchen ich Überreste dieser Terrasse auffand, schließen können. Seine noch 
auf der Kreidedecke angelegten Mäander begannen sich allmählich auch 


N in den härteren Untergrund einzusenken. 5 


Male’ Prlepy. Nenacovice. Modrÿ vrch. 


Fig. 7. Profil zwischen Klein-Prilep und dem Modry vrch. 1. Uberrest der durch 

Denudation erniedrigten oligozänen Fastebene. 2. Tertiäre Terrasse bei Prilep. 

3. Diluviale Oberterrasse des Katäkbaches. 4. Diluviale Mittelterrasse desselben. 
; Maßstab 1 : 25.000. 


In einem weiteren Erosionszyklus entstand dann die Mittelterrasse, 
deren spärliche Reste ich gleichfalls auffand. Zur Entwicklung einer 
weiteren tieferen Terrasse, welche etwa der Unterterrasse des Beraunflusses 
entsprechen würde, kam es meiner Ansicht nach nicht. Der mächtigere 
Beraunfluß konnte nämlich bei weitem schneller sein Flußbett vertiefen, 
als seine schwächeren Zuflüsse, so daß durch Tieferlegung ihrer unteren 
Erosionsbasis auch ihre Erosionstätigkeit neubelebt wurde. Indem sie 
sich so hinter dem Hauptflusse etwas verspäteten, gelangten sie nicht zur 
Bildung der Unterterrasse. 

Da die alten Mäander des Kaëâk von einem Erosionszyklus in den 
anderen übernommen wurden, begegnen wir in seinem heutigen Tale 
prächtigen, tief eingesenkten Mäandern. Malerische Amphitheater von 
halbkreis- bis kreisförmigem Umrisse sind insbesondere im algonkischen 
Teile unseres Gebietes häufig. Ihnen gegenüber am anderen Ufer verlaufen 
oft langgezogene Sporne. Wo die Mäander mit der Zeit durchschnitten 
wurden, entstanden Inselberge, die ringsherum vom Bache umflossen 
werden. Ein schönes Beispiel hiefür beobachtete ich bei der Dödekmühle 
(Taf. II., Fig. 2), ferner bei Kote 279 südöstl von Podkozi. Ohne Voraus- 
setzung und Kenntnis des epigenetischen Ursprungs des Lodenitzer Baches 
könnte man sich gar nicht das rücksichtslose Einschneiden der Mäander 
in den harten Untergrund erklären. 


186 


Die Höhenbeziehungen des heutigen Kacaktales zu seinen diluvialen 
Terrassen und zur Zertiären Oberfläche klärt folgendes Profil (Fig. 7) auf. 
Das Tal erhebt sich zunächst zur Mittelterrasse (4), von hier geht ein 
Steilhang zur Oberterrasse (3). In noch bedeutenderer Höhe liegt weiter 
westlich die Prileper Terrasse (2), die vielleicht pliozänen Alters sein 
könnte, während wir im Osten Reste der durch Denudation allerdings 
bedeutend erniedrigten, oligozanen Fastebene (1) sehen. 

Nebentäler des Kacäkbaches. Zu den ältesten Zuflüssen des Lodenitzer 
Baches gehört die offenbar noch gleichfalls auf der Kreidedecke angelegte, 
schwach mäandrierende Schwarzawa und vielleicht auch der Chynavabach. 
Die übrigen Zuflüsse sind wesentlich jünger; sie mäandrieren nicht, 
ihre schmalen Täler entstanden hauptsächlich nur durch Vertikalerosion. 
Einige von ihnen, z. B. westl. von Nenaëovic, sind subsequente, in weichen 
Schiefern angelegte Zuflüsse. Durch die Nebentäler des Kaéak wird unser 
Gebiet in eine Reihe von Rücken und Hügeln zerlegt. 

Einfluß der Tektonik auf den Veriauf der Täler. Was den Lodenitzer 
Bach anbelangt, so wurde in der älteren Literatur stets die innige Be- 
ziehung zwischen seinem Tale. und den Querdislokationen betont. Nach 
Vala-Helmhacker (l.c. 3) durchläuft das Kaläktal von Podkozi 
nach Lodenitz eine Querbruchspalte ; ähnlich schreibt K re jËi in seiner 
Geologie. Meiner Ansicht nach steht zwar das Kaläktal zwischen Podkozi 
und der Kalousmühle in Beziehung zu den in gleicher Richtung verlau- 
fenden Querdislokationen; sonst besteht jedoch wohl in unserem Gebiete 
kein Zusammenhang zwischen dem auf der ehemaligen Kreidedecke 
angelegten Kaëaktale und den Dislokationen. Die Dislokationsspalten 
zwischen Kote 279 und der Rejnover Mühle benützte der Lodenitzer Bach 
wahrscheinlich schon recht frühzeitig, denn hier stieß er zunächst auf den 
harten silurischen Untergrund. 

Ich stimme mit der Ansicht Vala-Helmhackers, als ob auch 
die Nebentäler längs Bruchspalten angelegt worden wären, nicht überein. 
Ich habe für dieselbe keinerlei Beweise vorgefunden. Bloß der kleine 
Bach der Cizekschlucht verläuft in der Richtung einer Längsdislokation, 
ebenso bewirkten Querdislokationen die knieförmigen Umbiegungen der 
kleinen Täler westlich von Nenaëovic (siehe die geol. Kartel). 

Die morphologischen Elemente unseres Gebietes. Einige morpho- 
logische Grundelemente (im Sinne von Da vis?) unserer Gegend kann man 
gut von der Hürka bei Libecov überblicken. Gegen N in der Richtung nach 
Unhost schen wir vor uns in einer absol. Höhe von 350—400 m die durch 
Denudation erniedrigte tertiäre Fastebene. In nordöstl. Richtung von 
Libeéov beobachten wir ein anderes morphologisches Element unseres 
Gebietes in Form eines aus harten Drabover Quarziten bestehenden Längs- 
rückens, dem die Koten 461 und 451 auf der Chrbina, 418 auf Udersko, 
437 auf dem Karabinsky vrch angehören. Hinter diesem Quarzitriicken 
der Stufe d, bleiben manche Quarzithügel der Zone d, nicht viel zurück ; 


187 


so z. B. Kote 429 auf der Visnova, Kote 402 auf dem Kbel, Kote 415 auf 
dem Modry vrch. Ein weiteres Element bildet die Zertiäre Terrasse bei Prilep, 
welche bis zu einer Höhe von 360—380 m reicht. Noch treten die morpho- 
logisch so charakteristischen älteren Terrassenreste des Lodenitzer Baches 
hinzu, die wir gut von der Oberterrasse aus, am Abhange des Modry vrch 
östlich von Nenaëovic überblicken können. Vor uns liegt in westl. Richtung 
über dem linken Ufer des Kaëâk die Mittelterrasse ; unterhalb dieser sehen 
wir das jüngste morphologische Element unserer Gegend, nämlich das 
heutige Kaëäktal, in welches am rechten Ufer die Seitentäler jüngerer 
Zuflüsse münden. Über dem heutigen Tale erhebt sich dann bei Nenaëovic 
eine schön erhaltene Terrassenstufe in relat. Höhe 40—50 m über dem 
Lodenitzer Bache, als Überrest eines Erosionszyklus aus der Zeit der 
Oberterrasse. Im westlichen Hintergrunde erblickt man schließlich noch 
das Niveau der Piileper Tertiärterrasse. 

Bodenbeschaffenheit. In größerer Mächtigkeit findet man Tonböden 
in unserem Gebiete insbesondere an der Oberfläche der Hochebene und 
dort, wo das Terrain aus Tonschiefern besteht. Auch im Bereiche der 
Diluvialterrassen pflegt der Boden tonig oder tonig-sandig zu sein. Steinigen 
Boden trifft man überall, wo algonkische Grauwackengesteine auftreten, 
so insbesondere am Mittelberge, bei Podkozi, Klein-Ky$ic u. s. w., am 
Talabhange pflegen daselbst typische Felsenmeere aufzutreten, so südöstl. 
von Podkozi am linken Ufer des Kaläkbaches. Noch steiniger ist der 
Boden in der Umgebung der Kieselschiefer. Im waldreichen Terrain 
verdeckt humöser, schwarzer Boden oft völlig den geologischen Untergrund. 
Lößartige Lehme fand ich am Talabhange bei der Kalousmühle. 


188 


RESUMÉ. 


1. Das Algonkium unseres Gebietes besteht insbesondere aus Ton- 
schiefern und aus selbständigen Grauwackenzonen. Es ist jünger als 
der durch Spiliteruptionen charakterisierte Horizont unseres Algonkiums. 
An zwei Stellen wurde Kieselschiefer vorgefunden. Die bunten Schiefer 
im Liegenden von d,«, welche in der Literatur bald als Etage B, bald 
als C oder D angeführt wurden, sind algonkischen Alters. 

2. In der Schichtenstufe dx unterscheide ich vom petrographischen 
Standpunkte auf Grund der im Gebiete zu beobachtenden Profile vier 
Horizonte. Die Konglomerate, welche unmittelbar das Algonkium über- 
lagern, zähle ich den Kruschnahoraschichten zu. Im 3. Horizonte fand 
ich eine neue, typische Lingulaart. Sonst wurden Brachiopodenerste 
im 3. und 4. Horizonte aufgefunden. 

3. In der Komorauer Schichtenstufe (d,ß) treten nebst Schiefern und 
Eisenerzen insbesondere diabasische Effusivgesteine und Tuffe auf. 
Die Tuffe pflegen aus schlacken- bis aschenartigen Bruchstücken zusammen- 
gesetzt zu sein, welch Ictztere aus umgewandelter Glasmasse, Plagio- 
klasen und Augiten bestehen. Das Bindemittel ist gewöhnlich Ca CO,. 
Anderwärts machen die Effusionen den Eindruck einer blasigen, glasreichen 
Lava. In den Mandelsteinen pflegen die Labradorite und Augite durch 
eine glasige Mesostasis verkittet zu sein. 

4. Südöstl. von Libeëov treten Drabover Quarzite (d,) inmitten von 
Zahoïaner Schichten auf. Sie liegen im Kerne einer teilweise denudierten 
Antiklinale. Am linken Ufer des Kaläkbaches fand ich zwei Quarzit- 
streifen (d,), die voneinander durch eine Längsdislokation getrennt sind. 

5. Zwischen den Stufen d, und d, liegt ein Diabaslager, das haupt- 
sächlich aus geschichteten Tuffen besteht. Die Tuffe sind aus Asche und 
Lapilli zusammengesetzt, welche durch Ca CO, verkittet sind. Die Eruption 
des Diabasmagmas begann hier bereits vor Beendigung der d,-Stufe. Das 
Diabaslager keilt bald gegen SW und NO aus. Die schwarzen Grauwacken- 
schiefer in der Cizekschlucht, die bisher als dyy angesprochen wurden, ge- 
hören der Stufe d, an. ae) 

6. Im liegenden Streifen der Drabover Quarzite (d,) entdeckte ich 
auf dem Berge Udersko einen bisher unbekannten Feldspatbasaligang. 

7. Bei Nenaëovic fand ich in Schiefern der d,-,bezw. d;-Stufe zum 
ersten Male cinige Versteinerungen, wie Ilaenus sp., Trinucleus u. a. 


189 


8. Die in einer Höhe von 95—115 m über dem Kaéakbache liegenden 
Schotter bei Piilep halte ich für tertiär (pliozän?) ; sie befinden sich 60 m 
über der Oberterrasse des Kaläkbaches. 

9. Ich halte alle Terrassen des Kaëäkbaches, welche in abs. Höhe über 
300 m liegen, für äquivalent der Oberterrasse des Beraunflusses, die spär- 
lichen Reste einer niedrigeren Terrasse für analog der Mittelterrasse des 
genannten Flusses. 

10. Die Diskordanz zwischen Algonkium und Silur äußert sich in 
etwas abweichender Streichrichtung und in steilerem Einfallen der algon- 
kischen Schichten. Ich bin nicht der Ansicht, daß zwischen Algonkium 
und Silur hier eine Dislokation verläuft. 

11. Unerkannt blieb bisher die Längsdislokation zwischen Udersko 
und dem Rymansky vrch, längs welcher der zweite, hangende Quarzitstreifen 
(d,) emporgehoben wurde. Überaus zahlreich sind die Querdislokationen 
unseres Gebietes, welche von W nach O in der Regel die Schichten gegen N 
verschieben. Bloß die Chrbinaverwerfung bewirkt eine Verschiebung 
nach S; sie trennt die Chrbinascholle von der Scholle des Karabinsky 
vrch. Die oben genannte Längsdislokation ist jünger als die Chrbina- 
Querwerfung. 

12. Im Gebiete der Wasserscheide zwischen dem Kaläkbache und 
dem Moldauflusse blieben unter anderen die Kreidetafelzeugen bei Unhost 
und Kladno erhalten. Die Zuflüsse der Moldau bestreben sich den Kaëäk- 
bach eines Teils seines Zuflußgebietes zu berauben. | 

13. Der Kaéakbach entstand als konsequenter Fluß auf der oligo- 
zänen Fastebene, welche seit dem jüngeren Tertiär bedeutend (wohl bei 
weitem über 50 m) abgetragen und erniedrigt wurde. Der Kaéak ist an der 
Oberfläche der Fastebene ursprünglich auf Kreideschichten angelegt 
worden; sein Tal ist epigenetisch. Seine alten Mäander haben sich in den 
Untergrund vertieft, wie dies insbesondere im algonkischen Teile unseres 
Gebietes schön zu ersehen ist. 

Die Neubelebung der Erosionstätigkeit des Katakbaches zur Dilu- 
vialzeit entstand einerseits durch schnellere Vertiefung des Hauptflusses, 
nämlich der Beraunflusses, also durch Tieferlegung der unteren Erosions- 
basis, andererseits erhob sich vielleicht die obere Erosionsbasis, der Zbän. 
Wo die vertieften Mäander mit der Zeit durchschnitten wurden, ent- 
standen Inselberge. 

Ein Einfluß der Tektonik auf den Verlauf des Katäk äußert sich 
hauptsächlich nur in dem aus harten Silurschichten zusammengesetzten 
Gebiete. Bei kleineren Zuflüssen entstanden westl. von Nenaéovic durch 
Anzapfung knieförmige Talumbiegungen längs Querdislokationen. 


Geologisch-paläontologisches Institut 
der böhm. Universität in Prag. 


190 


LITERATURVERZEICHNIS. 


1..J. Krejöi-R. Helmhacker. — Geolog. Karte der Umgebung 
von Prag 1868—1877. 

2. Ph. Poëta. — Geolog. Karte von Böhmen. Die weitere Umgebung von 
Prag. Archiv der naturw. Landesdurchforschung Böhmens. Bd. XII., Nr. 6. 1902. 

3. J. Vala und R. Helmhacker. — Die Eisenerze in der Gegend 


zwischen Prag und Beraun. Archiv der naturw. Landesdurchforschung von Böhmen. 
TI: Teil 1847. 
4. R. Kettner. — Nékolik poznamek k otäzce stratigrafického rozélenénf 
éeského algonkia. Véstnik sjezdu tes. piirodozpytcu a lékaïü. 1914. Seite 317. 
F. Slavik. — Spilitische Ergußgesteine im Präkambrium zwischen Kladno 
und Klattau. Archiv. d. naturw. Landesdurchforschung v. Böhmen. Bd. XII. 
Nr. 2. 1909. 


Derselbe. — O spilitech v algonkiu pribramskem. Slavnostni spis k 70. 
narozeninam dvor. rady Dra K. Vrby. II. tr. €. Akad. 1915. 

5. J. Woldrich. — Prüvodce do üdoli Sareckého u Prahy. Sbornik 
klubu pfirodov. v Praze. 1914. S. 14. 

Derselbe. — Geologickä prochäzka Särkou. Casopis spoleën. pfätel staro- 
Zitnosti éesk. v Praze. Jahrg. XXII. 

6. M. V. Lipold. — Die Eisensteinlager der silur. Grauwackenformation 


in Böhmen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. Wien 1863, S. 339. 

7. J. J. Jahn. — Okrusnohorskych vrstvach (4,). Rozpravy Ces. Akademie 
Jahrg. XIII., Nr. 30, Prag 1904. 

8. J. Krej&i-F. Feistmantel. — Orographisch-geotekton. Übersicht 
des silur. Gebietes in Mittelböhmen. Archiv der naturw. Landesdurchforsch. von 
Böhmen. Bd. V., 1885. 

9. K. Feistmantel. — Zwei Profile durch die Basis der böhm. Silur- 
Etage D. Sitzber. d. kgl. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1879. S. 4. 


Derselbe. — Spongien-Reste aus silurischen Schichten von Böhmen 
Ibidem. 1884. S. 2. 

9.a) J. Barrande. — Système silurien du centre de la Bohême. Bra- 
chiopodes. 


10. Cyr. Ritt. v. Purkyné. — Terasy MZe a Vltavy mezi Touskovem 
u Plzné a Prahou. Sbornik zemévéd. spol. 1912. 

11. J. Woldïich. — Die geol. Verhältnisse der Gegend zwischen Litten, 
H. Treban und Pouënik bei Budñan. Sitzungsb. d. kgl. böhm. Gesellsch. d. Wissen- 
schaften. Prag 1914. 

12. R. Kettner. — Die tertiären Schotter und Tonablagerungen bei 
Sloup und Klinec. Sitzungsb. d. kgl. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. Prag 1911. 

Derselbe. — O terasäch vltavskych mezi Svatojansk. proudy a Zbraslavi. 
Sbornik zemévéd. spol. 1913. 

13. V. Smetana. — Piispévek k seznäni tfetihor. ütvaru na Rakovnicku. 
Véstnik kräl. les. spoleé. nauk. 1915. 


191 


14. E. Boricky. — Petrograph. Studien an den Basaltgest. Böhmens. 


Arch. d. naturw. Landesdurchf. Böhm. Bd. II. Teil II. 

15. F. Katzer. — Geologie v. Böhmen. Prag 1902. 

16. J. Krejéi—R. Helmhacker. — Erläuterungen zur geol. Karte 
der Umgebungv. Prag. Arch. d. naturw. Landesdurchforschung v. Böhmen. Bd. IV. 
Nr. 2, Prag 1879. 

17. J. Krejéi. — Geologie. Prag 1877. 

18. F. Katzer. — Das ältere Paläozoikum in Mittelböhmen. Prag 1888. 


Profil 6. 
19. J. V. Danes. — Morfolog. vyvoj stied. Cech. Sbornik &. 


spoleën. XIX. Praha 1913. 
20. W. M. Davis. — Die erklärende Beschreibung der Landformen. 


Deutsch bearbeitet von A. Rühl. Leipzig-Berlin. 1912. 


zemévéd. 


> 


192 


INHALT. 
Seite 
Einleitung |) Wut. NT TRS lant A Soe er en ee Re ce 
I. Stfatisraphie 2.1: 5 (HE kel PORE ee ER SP a See 7 a 
A, Algonkium- 5.30023 OPEN ee a CR RE RE RER 
Bar: see. CLO wig Sea eS. cat De. 
ac Kruschnahoraschichten (de) SEAT ER AL MR IR 
2. Komorauer Schichten und Erzlagerstätten (arg) à Gy Cea 
3. Osek-Kvaner Schichten (dı,) ray ee eee RIRES 
ie Drabover Quarzite (4) 2 2. DE pute | 
. Diabas im Hangenden der Drabbver Oran el | 
6 Zahoraner Schichten. (dg). "2. 296 1. en Pre 
CHAPEAU QUE ee © oO 11 
is Dore one RE ls D 
2: Basaltgang ‘405 0 20 See) Ree at a cee ce TE 
D. Diluvium-Alluvium à 
IL Fektonmik ts: 3.0 207.0. Se EE MR NE OI CRE 
TEE. Morphologie <. eV... 2, 22 m NERO NE clare re eC 
Resume. „u kn. koe) AMEN OM Sr IR RE ec N 


Literaturverzeichnis er a CHE 


Geologische Karte des Kaëäk-Wassergebietes zwischen Kysie 


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Geologische Karte des Kacäk-Wassergebietes zwischen Kysie und Nenaëovie nach J, Woldiich. 


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Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 1916. 


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DR. JOS. WOLDRICH: DIE GEOLOGISCHEN VERHÄLTNISSE IM TAL- 
GEBIETE DES KACAKBACHES ZWISCHEN UNHOST UND NENACOVIC. 


| TAB. II. 


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at Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 1917. 


193 


ERKLÄRUNGEN ZU TAFEL II. 


Fig. 1. Sekundäre scharfe Fältelung auf den Schichtflächen der algonkischen 
Schiefer an der Straße nördl. von der oberen Podkozi-mühle. (Phot. d. Autors.) 

Fig. 2. Vertiefter Mäander des Kacäkbaches bei der Dédekmihle. Der 
Bach fließt von NW von der KySicer Mühle zu der Dédekmihle, umfließt den Insel- 
berg (Kote 341), auf welchem im Vordergrunde eine deutliche Terrasse zu sehen 
ist. Er kehrt zur Dödekmühle zurück, um dann gegen OSO abzufließen. Die Pfeile 
geben die Stromrichtung an. Linksein schönes Amphitheater. (Photogr. d. Autors.) 


Bulletin International. XXI. is 


Neue untersilurische Fauna von Rozmitäl - 
in Böhmen. 


Von 
I. Ve ZELIZKO. 


Mit 1 Tafel. 


(Vorgelegt am 10. Marz 1916.) 


Die sonderbare untersilurische Fauna von Voltu$ bei Rozmital, welche 
wir seinerzeit provisorisch in die Bande d, y!) mehr aus stratigraphischen 
als paläontologischen Riicksichten einreihten, trotzdem einige Umstande 
bezüglich der Zugehörigkeit einiger Arten auch den höheren Horizonten 
der Schichtenfolge D, zu entsprechen scheinen, hat nachträglich weitere 
Versteinerungen, über welche wir nachstehend berichten, geliefert. 

Es sind dies drei Bivalven, ein Brachiopode und zwei Pygidien von 
Trilobiten. 

Wie wir schon in dem ersten Bericht erwähnten, waren die Schiefer 
von Voltu$ einem gewaltigen allmählichen Drucke ausgesetzt, dessen Ein- 
fluB auch auf die Tierreste nicht ohne Wirkung geblieben ist, denn es gibt 
fast keine einzige Versteinerung, welche nicht mehr oder weniger gepreßt 
oder sonst deformiert wäre. Verhältnismäßig besser erhaltene, also eine 
nähere Bestimmung zulassende Arten sind sehr selten. Trotzalldem, obwohl 
dieses mühsam und kostspielig gewonnene Material insgesamt nicht die 
am besten erhaltenen Arten enthält, weist es doch manche bemerkenswerte, 
im böhmischen Silur früher überhaupt unbekannte Formen auf. 


Auch jene Arten, welche wir heute beschreiben, bilden eine interes- 
sante Ergänzung zu der bisherigen Fauna von Roëmitäl. 


1) Geologicko-balaeontologicke poméry nejblizstho okoli Roëmitälu. (Rozpravy 
Ceské Akademier. XV., &. 42. Praha 1906. Mit deutschem Resumé im Bulletin inter- 
national dortselbst.) — Die silurischen Ablagerungen im südwestlichen Teile Mittel- 


böhmens und in den Ostalpen. (Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien, 
N. 16. 1909.) 


Br a 


195 


Modiolopsis? problematica Zel. (n. sp.) 
(Fig. 1.) 


Es wurde ein Abdruck und ein Gegenabdruck des Steinkernes mit 
beiden Schalen gefunden. Das beiliegende Bild zeigt teilweise den UmriB 
der bedeutend gedrückten 47 mm langen und etwa 20 mm hohen Oberschale. 

Die Oberfläche ist glatt und nur auf dem unteren Rande des negativen 
Abdruckes kann man Spuren einiger konzentrischer Rippen beobachten. 
Der ursprünglich gewölbte Oberrand hat sich infolge des starken Schichten- 
druckes oben bedeutend verschoben und ist vollkommen mit der Schale 
vorflossen, deren ursprüngliche Form ganz anders aussah, als sie jetzt ange- 
deutet ist. Nach dem Umriß ist zu sehen, daß die Schale auch in der Länge 
verändert war, so daß die Versteinerung genau zu bestimmen unmöglich ist. 

Von der Ventralschale ist nur der untere Rand bemerkbar. 

Im ganzen handelt es sich um ein größeres Exemplar einer Art, die 
in normaler Form den Barrandeschen, aus der Stufe d,—e,?) des 
Unter- und Obersilurs angeführten, sowie einigen von Ha1lP?) beschriebenen 
amerikanischen Arten von Modiolopsis, deren Form wie bekannt so variiert, 
am meisten zu ähneln scheint. Unser Exemplar erinnert teilweise auch 
an einige gleichfalls von Hall erwähnte Formen der Cypricardinien. 


Modiolopsis deformis Zel. 
(ig: 7) 


Gleichfalls ein gedrückter Steinkern 30 mm langer und 17 mm hoher 
Schale ohne jedwede Spuren der konzentrischen Rippen auf der Oberfläche. 

Gegen den Oberrand zu normal gewölbte, hinten abgerundete Schale 
wurde zur linken Seite sowie auch vorne gepreßt, infolgedessen erscheint 
der Umriß auf beiden Seiten regelmäßig abgerundet. Das Fossil korrespon- 
diert am meisten mit Modiolopsis Draboviensis, welche Form Barrande 
aus den verschiedenen Lokalitäten der Bande d, und dg beschreibt .‘) 

Eine andere kleinere Form Modiolopsis sp. haben wir schon früher 
angeführt 5) 

Leda primula Zel. 
(Fig. 6.) 


Eine stark gepreßte, dünne, 29°5 mm lange und 1'35 mm hohe Schale. 
Die früher glatte Oberfläche ist jetzt rissig. 

Die nach hinten und nach vorne eng verlängerte Schale erinnert nur 
teilweise an einige aus der Etage Dstammende Barrandesche Arten. 


2) Systeme Silurien. Vol. VI. 

3) Natural History of New-York. Part. VI. Palaeontology. Vol. 1 und 3, Albany 
1843 a 1861. 

4) Systeme Silurien, Vol. VI., Pl. 264, III. 

5) Geologicko-palaeontologicke poméry nejblizstho okolt Roëmitälu. 


13* 


196 


Der Form nach ähnelt sie am meisten der Leda coercita von Kosov (d,) ,‚®) 
die aber viel kleiner ist. 

Wie bekannt, reiht Neumayr’) einige untersilurische Arten von 
Leda und Nucula auf Grund bestimmter morphologischer Merkmale zu 
einer selbständigen Gattung von Myoplusia ein. 


Lingulella? grandis Zel. (n. sp.) 
(Fig. 2 und 3.) 


Auf einem Schieferbruchstücke wurden knapp nebeneinander ge- 
preßte Abdrücke des Inneren von zwei ungleichen, mäßig gewölbten Schalen, 
wahrscheinlich ein und derselben Art angehörend, gefunden. Die ursprüng- 
lich ovallängliche, jetzt deformierte Ventralschale ist 35 mm lang und 
etwa 33°5 mm breit. Der Schloßrand ist ungenügend erhalten. 


Zwei schwach angedeutete, senkrechte, unregelmäßig lange, vom 
Oberrand parallel auslaufende Linien sind wahrscheinlich Spuren der 
Wirbelleisten. Die Schalenoberfläche ist in der höheren Partie glatt; nur 
am Unterrande kann man eine Reihe konzentrischer Anwachsstreifen 
beobachten. 

Auf der zweiten 29 mm langen und 32:5 mm breiten Klappe sind 
teilweise Spuren feiner, konzentrischer Rippen sichtbar. 

Die genaue Bestimmung des Fossils ist mangels charakteristischer 
Merkmale unmöglich. Wahrscheinlich handelt es sich um eine ungemein 
große, zur Ordnung der Inarticulata angehörende Brachiopode. Die Un- 
regelmäßigkeit sowie die breite, zum Oberrand sich verengende Schale 
erinnert am meisten an die Lingulella. Da von dieser Gattung keine ein- 
zige, bisher beschriebene Art unserem abgebildeten Exemplare entspricht, 
bestimmte ich sie als eine neue Art. (Übrigens ist es auch nicht ausge- 
schlossen, daß die betreffenden Klappen zwei verschiedenen Brachiopoden 
angehören.) 

Eine andere, auffallend große, 42 mm breite und 34 mm lange Brachio- 
pode Orthis Novaki haben wir bereits von Voltu$ in der vorherigen Arbeit 
angeführt. 

Aeglina cf. rediviva Barr. 
(Fig. 4.) 


Ein positiver und ein negativer Abdruck eines zur linken Seite ge- 
drückten flachen Pygidiums, ursprünglich halbkreisförmiger Form, dessen. 
wirkliche Breite 11 mm und die Höhe 6°5 mm betrug. 


6) Systeme Silurien. Vol. VI. Pl. 264, VII. 

7) Zur Morphologie des Bivalvenschlosses. (Sitzungsber. der mathem.-naturwiss. 
Klasse d. kaiserl. Akademie der Wissenschaften. B. d. LXXXVIII., I. Abt., Jg. 1883, 
Heft I. bis V. Wien 1884.) 


„A 


‘ 197 M 


Der Gesamtcharakter ist durch eine halbkreisförmige Achse,’ 
die bei dem Rumpfrande etwa ein Fünftel der Gesamtbreite desselben 
einnimmt, nur schwach angedeutet. Die Achse reicht etwa ein Drittel in 
die Gesamtlänge des Pygidiums. 

Spuren der Querteilung derselben, sowie die nebenseitigen, schrägen, 
zum Oberrand des Pygidiums sich verbreitenden Rippen sind wenig 
deutlich. 

Der Unterrand des Pygidiums ist mit einem engen Saum versehen. 

Das vorliegende Stück ähnelt am meisten der Aeglina rediviva, welche 
Barrande aus verschiedenen Fundorten der Bande d,, ds—d, erwähnt, 
die aber viel kleiner ist als das Exemplar von Voltuë, dessen Form an die 
vergrößerte, von Barrande von Trubin beschriebene Aeglina rediviva 
besonders erinnert .S) 

Aeglina sp. 
(Fig. 5.) 


Gleichfalls ein zur linken Seite gedrücktes, halbkreisförmiges, schwach 
gewölbtes und am Außenrande mit einem engen Saum versehenes Pygi- 
dium, dessen wirkliche Breite etwa 10°5 mm und die Höhe 7 mm betrug. 

Die nach unten sich verengende Achse nahm etwa ein Drittel der Ge- 
samtbreite des Rumpfrandes ein und reichte kaum in die Hälfte des 
Schwanzschildes. Die Querteilung sowie die nebenseitigen Rippen der 
Achse sind schwach angedeutet. 

Sonst ist die ganze Oberfläche völlig glatt. 


* * 
* 


Die Fauna von Rozmital zählt heute zusammen 34 Arten, von welchen 
8 auf Trilobiten, 2 auf Cephalopoden, 8 auf Brachiopoden, 3 auf Gastro- 
poden, 5 auf Pteropoden und 8 auf Lamellibranchiaten entfallen. 

Diese Fauna gibt uns auch mit dem neuen Zuwachs keine Môglich- 
keit zur präzisen Einreihung in eine entsprechende Stufe der Etage D, 
so daß sie vorläufig bis auf weiters Relikt der isolierten, im böhmischen 
Silur eine besondere Stelle einnehmenden ‚Fauna von Rozmitäl‘“ 
bilden wird. 


3) Systéme Silurien. Vol. I. Pl. 34. Fig. 7. 


TAFELERKLÄRUNG. 


Fig. 1. Modiolopsis? problematica Zel. | Be. 
Fig. 2. Lingulella? grandis Zel. (Gipsabdruck des Inneren der Schale.) _ 
Fig. 3. Lingulella? grandis Zel. (Das Innere der Ventralschale.) 

Fig. 4. Aeglina cf. rediviva Barr. 

Fig. 5. Aeglina sp. 

Fig. 6. Leda primula Zel. 


Fig. 7. Modiolopsis deformis Zel. 


Bemerkung: Alle in der natürlichen Größe (mit Ausnahme der Fig. 4u 
abgebildeten Stücke sind Eigentum des Museums des Königreiches Böhmen. 


Ate V: ZELIZKO: NEUE UNTERSILURISCHE FAUNA VON 
ROZMITAL IN BÖHMEN. 


Bulletin international de l’Academie des Sciences de Bohême. 1917. 


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Nachträge zur diluvialen Fauna von Wolin. 


Ven JV: ZELIZKO. 


Mit 1 Textabbildung und 1 Beilage. 


(Vorgelegt am 14. Jänner 1916.) 


DEKANSKY VRCH. 


Im Jahre 1914 und 1915 konnte ich dank der Unterstützung der 
II. Klasse der Böhmischen Akademie der Wissenschaften mit Erfolg die 
Forschung auf dem Dekansky vrch bei Wolin in Südböhmen, welcher 
Fundort im Jahre 1913 fünfzehn Arten gemischter Glazial- und Steppen-. 
fauna lieferte,!) fortsetzen. Durch die neuen Forschungen wurde die betref- 
fende Anzahl mehr als verdoppelt, so daß sich die angeführte Lokalität 
zu dem benachbarten, von mir früher gleichfalls eingehend durchforschten 
Fundorte bei Zechovic stellt.) 

Die vorteilhafte Lage des fast bei der Stadt Wolin liegenden Dékansky 
vrch hat meine anderseits langwierige und viel Geduld erfordernde Arbeit 
gewiß bedeutend ermöglicht. 

Die Arbeit wurde im ersten Profil bei der Felswand und zwar der 
ganzen Länge nach gegen Osten fortgesetzt. 

Auf diese Weise wurde ein Teil der Ablagerung in Form eines unglei- 
chen Dreieckes in der Ausdehnung von 11 m?, und von unregelmäßiger 
Mächtigkeit, die im höchsten Punkte etwa über 2 m betrug, durchgegraben. 
| Das Abräumen der Erde, des Schotters und der großen Blöcke, 
welche die diluvialen Lehmschichten bedeckten, die gegen Osten gleich- 
falls eine Menge kleinerer und größerer kantiger Steine enthielten, nahm 

besonders viel Zeit in Anspruch, 
| Die unteren, diluviale Fauna enthaltenden Ablagerungen waren 
immer nach der Entfernung der oberen Decke von mir mit einem Messer 


1) Diluviale Fauna von Wolin in Südböhmen. (Bulletin international de l’Aca- 
démie des Sciences de Bohême. Prag 1909.) 
2) Ein neuer Fundort diluvialer Fauna bei Wolin. (Ibid. 1914.) 


200 


Stück nach Stück untersucht, so daß sämtliche Knochen durch meine Hand 
gingen. Infolgedessen ist jeder Irrtum hinsichtlich der Provenienz sowie 
der stratigraphischen Lage der betreffenden Funde völlig ausgeschlossen.) 

Über die täglichen Resultate habe ich dann die nötigen Notizen 
geführt. 

In einer Entfernung von 3 m 40 cm längs der Felswand gegen Osten, 
wo die Nachgrabung wegen vorgeschrittener Herbstzeit vorläufig beendet 
wurde, waren die geologischen Verhältnisse der Ablagerung vielabweichender 
als bei dem, im Anfang sich zeigenden Durchschnitt, wie unsere in der 
ersten Publikation abgebildete Situation darstellt. 


EIN 


Durchschnitt der diluvialen Ablagerung auf dem Dékansky vrch im Jahre 1915. 
I. Walderde mit kleineren, kantigen Steinen. — II. Schwarze, mit Schotter ver- 
mengte, Schnecken und Spätfauna enthaltende Schicht. — III. Dunkelbrauner 

diluvialer Lehm. — IV. Gelblichbraune untere diluviale Schicht. 


Wie der heutige neue Durchschnitt zeigt, maß die oberste, mit klei- 
neren Steinbruchstiicken vermengte Walderde 25 bis 30 cm (L.). 


Unterhalb dieser ruhte unregelmäßig gelagerte, ebenfals mit Schotter 


») Auseigener Erfahrung weiß ich, daß zu vieles Vertrauen den Arbeitern gegen- 
über nur zu den größten Irtümmern und Unannehmlichkeiten führt, namentlich 
wenn ihnen eine besondere Belohnung für bestimmte Anzahl der Knochen versprochen 
wird. Es kommt dann oft vor, daßin das fossile Materialauch rezente Reste geschmugelt 
werden. Der erfahrene Forscher erkennt natürlich diesen Betrug auf den ersten 
Blick, nimmt aber dann die weiteren Funde mit Mißtrauen an. 


201 


vermischte auffallend schwarze Erde (II.) in der Mächtigkeit von 50 cm. 
Der Schotter dergegen Norden streichenden Schicht war mit kleineren Holz- 
kohlensplittern vermengt, die jedenfalls erst später hinein durchdrangen. 

Diese schwarze Erde ist dadurch von Bedeutung, daß sie eine Unzahl 
von Schnecken sowie auch eine charakteristische Spätfauna lieferte. Die 
hier vorkommenden Tierreste weisen eine dunklere Farbe auf als die früher 
bei Zechovic und auf dem Dékansky vrch gefundenen diluvialen Knochen. 

Darauf folgte brauner diluvialer, infolge der höher liegenden schwar- 
zen Erde dunkel gefärbter Lehm. Seine Mächtigkeit betrug 45 cm (III). 
Derselbe war gleichfalls mit Schotter und Blöcken vermischt ; die letzten 
hatten besonders in der Nähe der Felswand riesige Dimensionen. 

Die Tierreste wurden in diesem Lehm erst auf dem Grund, an der 
Grenze des gelblichbraunen diluvialen Lehms (IV.) und zwar in der lehmig- 
sandigen lößartigen Schicht, gefunden. 

Es sind dies Zähne und Knochen von Wildpferd, Renntier und 
Wisent; von dem letzten wurde knapp bei der Felswand ein mittlerer 
Teil des Femurs gefunden. Der früher beschriebene Teil einer Tibia, sowie 
das aus dem Jahre 1915 stammende Unterkieferfragment mit gut erhal- 
tenen Milchzähnen fand man etwas tiefer in der IV. Schicht, aus welcher 
die meisten Funde stammen, unter welchen auch die in der letzten Publi- 
kation beschriebenen fünfzehn Arten inbegriffen sind. In die bereits be- 
sprochenen Ablagerungen verlief die Kalksteinwand mit einigen scharfen 
Ausläufern. 

Die untere Diluvialschicht (IV.), jetzt in der durchschnittlichen 
Mächtigkeit über 50 cm, enthielt im Jahre 1915 viel mehr scharfkantige 
Bruchstücke, Steine und Blöcke, als beim Anfang der Forschung. Jeder 
der Blöcke mußte gleichfalls mit einem Messer allmählich aus der Ab- 
lagerung befreit werden, denn gerade in dem an der Oberfläche der 
Steine fest angeklebten Lehm, sowie im Lehm der Spalten zwischen 
diesen Blöcken, meistens interessante Tierreste, besonders der Mikro- 
fauna vorkamen. Diese langwierige Art und Weise der schon ohnehin in- 
folge des zeitweisen Regens, oft auf einige Tage unterbrochenen Arbeit 
hatte den Vorteil, daß es mir zwar nicht zu viel ausgedehnten Erdkomplex 
zu durchgraben, dafür aber zahlreiches und wertvollstes Material zu ge- 
winnen gelang. 

Die scharfkantigen, meistens Kalkstein- und Aplitbruchstücke, 
sowie zerschlagene Renntier- und Wildpferdknochen, von denen in der 
letzten Schicht eine unzählige Menge gefunden wurde, wiesen oft eine 
auffallende Form verschiedener Messer, Spitzen, Schaber u.a. auf, so daß 
ein phantasievoller Finder in diesen Pseudoartefakten kostbare, von Ur- 
menschen verfertigte Werkzeuge vermuten könnte. 

In dem vorhandenen Material gibt es fast keinen größ:ren Knochen, 
der nicht Spuren der Abnagung hätte. Die Beute wurde von Raubtieren 
entweder in die Verstecke zwischen angehäuften Blöcken, oder ins Freie 


zur Felswand verschleppt und hier verzehrt. Die an Ort und Stelle ge- 
lassenen Knochen wurden dann später von Erde und Blöcken verschüttet. 


Es ist bemerkenkenswert, daß einige Knochen, z. B. ein vorderer 
Unterkieferteil und eine Phalanx eines Wildpferdes, die man unter einem 
Blocke fest eingeklemmt fand, wurden infolge des gewaltigen Druckes nicht 
zerquetscht, sondern nur ‘im kompakten Lehm gepreßt und deformiert. 
Dort, wo die großen Knochen frei lagen, d. i. wo sie vor größerem Druck 
geschützt waren, war der Lehm ringsherum feinsandig und mürbe. Dafür 
war aber der einige Arvicolidennester enthaltende Lehm gröber. Wie das 
Schlemmen einiger Proben zeigte, bestand das überbliebene Material aus 
scharfkantigen Körnern von Kalkstein, Aplit, Quarzit und spärlich von 
weißem Quarz, von den kleinsten mikroskopischen Dimensionen bis zu den 
über 1 cm großen Bruchstücken, also insgesamt ein aus der Nähe ange- 
schwemmtes oder angeschüttetes Material. Außer diesen Bestandteilen 
enthielt das Schlemmen auch eine Menge kleinerer Zähne von Arvicoliden. 

Im Laufe der letzten zwei Jahre wurde von Dékansky vrch nicht 
nur die Anzahl für diese Lokalität neuer Formen vermehrt, sondern auch 
die Anzahl der Knochen fast aller, in unserem ersten Bericht bereits an- 
geführten Arten. So haben wir von dort Reste z. B. des Wildpferdes, die 
wenigstens zehn Individuen angehören (nur die Zahl der Backenzähne 
beträgt 219), ferner einige Kiefer, Zähne und ein schönes Stirnbeinfrag- 
ment des Renntiers, über 50 Unterkiefer von Halbsbandlemming, über 120 
von der gemeinen Feldmaus und über 50 von der sibirischen Zwiebelmaus 
To Se We 

Alle diese Zuwachse, die sich zu der schon früher vertretenen Fauna 
beziehen, werden nicht in der vorliegenden Arbeit ausführlich beschrieben, 
sondern nur weitere neue Formen erwähnt. 

Bei der Beschreibung einzelner Arten halte ich mich der klareren 
Übersicht wegen, an die bisherige Nomenklatur, obwohl mir das neueste 
Werk Trouessarts ‚Faune des mammiferes d'Europe‘ bekannt ist. 

Eine Bemerkung über die geographische Verbreitung einzelner Tiere 
lege ich nur in dem Falle bei, wenn es sich zu einer entweder in dem Be- 
richte über die Fauna von Zechovic oder aus dem Dëkanskÿ vrch noch 
nicht angeführten Art bezieht. 

Die im Jahre 1914 und 1915 auf dem Dékansky vrch gemachten Funde 
bestimmte ich, insofern mir mein Vergleichsmaterial genügte, selbst und 
bei den fraglichen Resten halfen mir wiederum die umfangreichen Samm- 
lungen und langjährigen Erfahrungen bekannter mährischer Forscher aus. Es 
waren folgende Herren, denen ich für ihre freundliche Mithilfe herzlichst 
danke: V. Capek, Oberlehrer in Oslavan, J. Knies, Oberlehrer in 
Sloup, Dr. M. Kiiz in Steinitz und Regierungsrat K. J. Maëka in 
Brünn. 

Auch die Sammlungen des Museums des Königreiches Böhmen in 
Prag, des Mährischen Landesmuseums in Brünn, ferner einiger Museen und 


203 


wissenschaftlicher Institutionen in Wien, Berlin, Stockholm, Christiania 
und Bergen, haben mich bei meinen Studien in mancher Hinsicht belehrt. 

Die auf dem Dékansky vrch letztfestgestellte unten beschriebene 
Fauna stammt insgesamt aus der unteren IV. Schicht. 


A. MAMMALIA. — SÄUGETIERE. 


I, Carnivora. — Raubtiere. 


a) Felidae. — Katzen. 


Felis (Lynchus) lynx L. 
(Der Luchs.) 


Von dieser zweitgrößten Katze wurde die zweite Phalanx gefunden. 

Früher hat nur eine einzige Lokalität in Böhmen und zwar Srbska 
sluj bei Beroun von Luchs einen schön erhaltenen Unterkiefer, mehrere 
Phalange und einige Extremitätknochen, die sich im böhmischen Landes- 
museum befinden, geliefert.) 


Obwohl der Luchs in Böhmen, namentlich im Böhmerwald bis zum 
Ende des vorigen Jahrhunderts so häufig war, in welcher Zeit auf der Winter- 
berger Herrschaft noch über hundert Stück erschossen wurden, so kamen 
seine Reste im Diluvium doch sehr selten vor. Es scheint eher, daß manche 
Reste dieser Katze in den verschiedenen Museen bisher unbeachtet auf- 
bewahrt sind. 

Nehring’) zählt den Luchs unter diejenigen Säuger, welche zwar 
keine charakteristischen Tiere der Steppenlandschaften sind, obwohl 
dieselben da als zeitweise Gäste auftreten und zwar teils in den zugehörigen 
Waldkomplexen und Gebirgen, teils auch in den eigentlichen Steppen- 
distrikten. 


Ein solcher zeitweiser Gast war eben der Luchs bei Wolin. Da die Dilu- 
vialschicht auf dem Dékansky vrch meistens Glazial- und Steppenfauna 
enthält, war damals der Luchs viel seltener als zu Ende der Diluvialzeit, 
in welcher das Vorgebirge des Böhmerwaldes sich dicht zu bewalden begann 
und in den felsigen Wäldern der Luchs, der Wolf und der braune Bär bis 
zur historischen Zeit ihre ununterbrochene Zuflucht hatten. 

Der Luchs lebt heute in den Alpen, Karpaten, Rußland, Sibirien 
und in Schweden bis zum Lappland hinein. In Amerika leben einige Abarten 
dieses Tieres. 


4) Kafka J. Fossile und recente Raubtiere Böhmens. (Archiv der natur- 
wissensch. Landesdurchforschung von Böhmen, Bd. X. Nr. 3, Prag 1903.) 


5) Ueber Tundren und Steppen der Jetzt. und Vorzeit. Pag. 68. Berlin 1890. 


204 


Nach Knies?) kam derselbe in den letzten Jahren besonders häufig 
auf der Babia Gora bei Ziwiec vor. Von den Karpaten verläuft er sich 
auch in das Gebirge des östlichen Mährens, wo im Jahre 1888 ein Stück 
bei Pitin und im Jahre 1891 ein anderes zwischen Frankstadt und Lysä 
hora erschossen wurde. 


b) Canidae — Hunde. 


Vulpes vulgaris Briss. 
(Der gemeine Fuchs.) 


Es wurde gefunden 1 Ulna, 1 Atlas, 1 Diaphysis ohne Ober- und 
Unterschenkel, 2 Halswirbel von einem starken Tiere, 1 Eckzahn, 1 Schneide- 
zahn und 2 Prämolare I. u. IV. 


Kommt im böhmischen Diluvium ziemlich häufig vor; unter anderen 
Lokalitäten auch bei Zechovic. 


Vulpes lagopus L. sp. 
(Der Eisfuchs.) 


Ein schön erhaltener Metatarsus von einem jüngeren Tiere, 1 Radius 
und 1 Schneidezahn. - 


In Böhmen ist der Eisfuchs von Zuzlawitz, Beroun und Zechovic 
bekannt. 
Lupus vulgaris Gr. 


(Der Wolf.) 


Vorhanden ist 1 Radius, 1 Ulna, 3 Metatarsi, 1 Humerus, I. und II. 
Phalanx, 1 Rückenwirbel N. 4. und ein abgewetzter Schneidezahn. 


In Böhmen ist der Wolf aus den diluvialen Ablagerungen der Gegend 
von Beroun und Prag bekannt. 

Heute ist derselbe in verschiedenen Varietäten in Europa, Asien Nord- 
amerika und Nordpolargebieten gemeinsam mit dem Eisfuchs, Moschusochs, 
Renntier, Schneehasen und anderen Säugern sehr häufig verbreitet.” 
Nathorst vermutet, daß der Wolf, der noch bis vor kurzem in Ost- 
grönland vollkommen unbekannt war, hieher vom Norden kam und hier 


damals zahlreiche Renntierherden ausgerottet hat.) Etwas Ähnliches 


8) Stopy diluvialniho élovéka a fossilnt zvtvena jeskyn Ludmirovskych. (Casopis 
moravskeho musea zemskeho. Jg. V. Brünn 1905.) 

7) Ausführlichere Daten sind in den Reisewerken neuerer Forscher zu finden 
wie bei: Eduard Toll, Rob. Peary, Einwund AsrropaAcheon 
Friis, Otto Sverdrup, FreNansen Ss ye meee dime a 

8) Otto Nordenskjôld. Die Polarwelt und ihre Nachbarlander, 
S. 12. Leipzig und Berlin 1909. 


Walddistrikten verdrängte. Durch energische Verfolgung wurde aber 
das Raubtier ausgerottet und begannen sich die Elche wieder allmählich 
zu vermehren. 

Der Wolf ging in Böhmen wie bekannt in verhältnismäßig kurzer 
Zeit ein. Im März des Jahres 1679 haben die Wölfe während eines großen 
Schneesturmes auf der Frauenberger Herrschaft 18 Hirsche zerrissen. 
Das letzte Tier wurde hier im J. 1706 erlegt. In der Gegend von Wit- 
tingau wurden im J. 1740 noch 6 Stück und auf der Winterberger Herr- 
schaft vom J. 1721 bis zum J. 1756 zusammen 15 Stück erlegt.®) Auch in der 
Gegend von Rozmitäl kamen die Wölfe noch in der ersten Hälfte des 
vorigen Jahrhunderts vor. Der letzte zeigte sich im J. 1750 bei Rozelov.10) 
Der angeblich letzte Irrläufer wurde in Böhmen überhaupt im J. 1850 
bei Leitomischl erschossen. 

Nach Mähren überlief der Wolf während des strengen Winters auf 
der zugefrorenen Waag über die ungarischen Pässe. Das Schlachtgewühl 
der letzten Zeit hat ihn warscheinlich öfters nach Mähren vertrieben, 


c) Mustelidae. — Marderartige Raubtiere. 


Mustela martes Briss? 
(Der Baummarder.) 


Von diesem Raubtier fand man einen Tibiateil und ein Beckchen, 
welches der Form nach dem Beckchen des erwähnten Tieres am meisten 
ähnelt. Dasselbe ist groß und da es nicht vollkommen erhalten ist, ist es 
unmöglich die diesbezügliche Art genau zu bestimmen. 

Der Baummarder ist aus den diluvialen Ablagerungen der Gegend 
von Prag bekannt ; ein Zahn wurde nachträglich bei Zechovic gefunden. 
Bei Zuzlawitz ist das Vorkommen dieses Tieres gleichfalls fraglich.) 


II. Glires. — Nagetiere. 


a) Sciuridae. — Eichhörnchen. 


Spermophilus citillus Bl. 
(Der gemeine Ziesel.) 


Es liegt eine einzige Ulna vor. 
Kommt in den diluvialen Ablagerungen der Gegend von Prag vor. 
Rezent erscheint er im nordôstlichen und mittleren Bühmen. In den 


®) À. E. Brehm. Zivot zvirat I. S. 439. 

10) Blatensko a Bfeznickho. Praci uëitelstva. S. 72. Blatnä 1915. 

u) J. N. und Jos. Woldfich. Geologische Studien aus Südböhmen. Il. 
Wolynkathal im Böhmerwalde (Archiv der naturwissenschaftl. Landesdurchforsch.. 


von Böhmen. Bd. XII. Nr. 4. Prag 1904). 


206 


südlichen Teilen ist unbekannt, dafür in Mähren häufig. Sonst bewohnt 
derselbe Südrußland um das Schwarze Meer herum. 


Sciurus vulgaris L. 
(Das Eichhörnchen.) 


Ein Humerus, ein Beckchen und ein unteres Femurende. 
Wurde in Böhmen bei Zuzlawitz, in der Srbskä sluj und St. Prokop- 
höhle festgestellt. 
b) Muridae. — Mäuse. 
Cricetus vulgarıs (fossilis) Kaup. 
(Der gemeine Hamster.) 
Einige Schneidezähne und ein oberes Femurende. 
Von Böhmen ist er aus mehreren Lokalitäten bekannt. Bei Zechovic 
fand ich seine Reste sehr häufig. 


Rezent zeigte er sich in der Gegend von Wolin in den letzten drei 
Jahren besonders in größerer Menge. 


Cricetus phaeus (fossilis) Nehr. 
(Der ReiBhamster.) 
Ein rechter, ausgezeichnet erhaltener Unterkiefer. 
Von Zechoyic besitze ıch einen linken Unterkiefer. 
c) Arvicolidae. — Feldmäuse. 


Arvicola nivalıs Mart. 
(Die Alpenratte.) 


Eine linke und eine rechte Unterkicferhälfte. 
In Böhmen wurde sie nur bei Zuzlawitz und Zechovic gefunden. 


Arvicola campestris Blas. 
(Die braune Feldmaus.) 


Eine rechte Unterkieferhälfte. 
Gleichfalls nur von Zuzlawitz und Zechovic bekannt. 


III. Artiodactyla ruminantia. — Paarhufer. 


Cervus elaphus L. 
(Der Edelhirsch.) 


Vorhanden ist ein oberes Ende des linken Metatarsus, einer klei- 
neren Art. 


207 


Der Edelhirsch ist in den diluvialen Ablagerungen Böhmens sehr 
verbreitet. Derselbe wurde auch von Zuzlawitz angeführt. Auch bei Ze- 
chovic wurde er nachträglich konstatiert. 


Cervus capreolus L. 
(Das Reh.) 


Zwei Halswirbel von einem starken Exemplar. 

Dieselben waren in der Mitte der Schicht gemeinsam mit den Resten 
von Renntier, Pferd, Wolf und Wasserratte gefunden. 

Das Reh gehört nach Nehring zu denjenigen Tieren, die zwar 
nicht an die Steppe gebunden sind, welche aber nach den Beobachtungen 
verschiedener Forscher in Sibirien im Herbst regelmäßige Züge vom 
Gebirge in die Steppe und im Frühjar wiederum ins Gebirge unternehmen. 
Auch der Edelhirsch steigt zeitweise aus seinen Walddickichten zum 
Rande der Steppe herunter, um sich hier anzuweiden. 

Das Reh führt man aus dem böhmischen Diluvium von Kon£prus, 
aus der Srbska sluj und Turskaé maStal an. Auch bei Zechovic wurde es 
von mir in der letzten Zeit gefunden. 


Capella rupicapra Keys. & Blas.? 
(Die Gemse.) 


Es liegt ein Metacarpus ohne Oberschenkel und ein unteres Humerus- 
ende ohne Epiphysis vor. Deswegen ist es unmôglich mit absoluter 
Sicherheit zu behaupten, daB es sich tatsächlich um das angeführte Tier 
handelt. Dafiir aber besitze ich von Zechovic ein distales, der Gemse be- 
stimmt angehörendes Humerusende. 

Von Böhmen sind ihre Reste von Lubnä und aus der Srbskä sluj be- 
kannt. 

Die Gemse lebt heutzutage in den schwer zugänglichen Gehängen 
der Alpen, Pyrenäen, Abruzzen, Karpaten, Balkan und Kaukasus. Wenn 
sie nicht verfolgt ist, steigt sie zeitweise zum Tiefland herunter. 


B. AVES. — VÖGEL. 
I. Rasores. — Hühnervögel. 
Lagopus alpinus Nilss. 


(Das Alpenschneehuhn.) 


Neben den im ersten Bericht angeführten Knochen von Moorschnee- 
huhn wurde in der tieferen Lage unter den Kiefern und Knochen von 
Arvicoliden ein einziger, 31°5 mm langer Tarsometatarsus gefunden. 


208 


Nehring) führt die durchschnittliche Lange des: Tarsometatarsus 
beim Alpenschneehuhn zwischen 32—33 mm und beim Moorschneehuhn 
38 mm an. 

Die Länge des Tarsometatarsus von Zuzlawitz gibt Woldrich®) 
322 mm an. 

Einige rezente, in den Sammlungen Nehrings befindliche 
Knochen der besprochenen Art, weisen die gleiche Länge wie unser Tarso- 
metatarsus vom Dékansky vrch auf (von Island 31°5 mm, von Norwegen 
31 mm). 

Der auf dem Dékansky vrch nachträglich gefundene Tarsometatarsus 
des Moorschnechuhns (Lagopus albus) ist 35°5 mm lang. 

Das Alpenschneehuhn ist heimisch im Hochgebirge oberhalb der 
Waldregion, in der Nähe der Schnee- und Eisgrenze in den Alpen, im 
Norden Skandinaviens, in Asien und Amerika. Während des strengen 
Winters fliegt es zur Niederung herunter. 

Im Jahre 1914 sah ich im Museum in Bergen in Norwegen mehrere 
Bastarde, die durch Kreuzung zwischen einem Moorschneehuhn und einer 
Henne von Auerhuhn entstanden sind, die unter dem Namen Felsen- 
schneehuhn (Lagopus lagopus) bekannt sind. Diese Mischlinge haben im 
erwähnten Museum wieder ihre weiteren, durch Kreuzung zwischen dem 
Moorschneehuhn und dem Auerhuhn entstandenen Sprößlinge u. s. w. 

Das Alpenschneehuhn war im böhmischen Diluvium bisher nur von 
Zuzlawitz bekannt. 

Tetrao bonasia L.? 


(Das Haselhuhn.) 


Ein distales Ende des Humerus, der am meisten diesem Hühnervogel 
ähnelt. 
Das Haselhuhn lebt hauptsächlich in den Mischwäldern Nord- und 
Mitteleuropas. In Ungarn, Galizien, Rußland und Sibirien kommt es 
häufiger als in Böhmen vor. 

Fossil von Zuzlawitz ist es fraglich. 


Perdix cinerea Lath. 
(Das Rebhuhn.) 


Eine linke Ulna aus der tieferen Lage der Diluvialschicht. 


Dasselbe ist heute in Mitteleuropa und Asien in den Feldern, Steppen 
und am Rande der Wälder sehr häufig. 


2) Die kleineren Wirbeltiere vom Schweizerbild bei Schaffhausen. (Denkschrift. 
d. Schweiz. Naturfor. Ges. Bd. XXV. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage.) 
Basel 1901. 

13) Diluviale Fauna von Zuzlawitz. (Sitzungsber. d. k. Akademie der Wiss. I. 
Abt., Bd. LXXXIV., II. Th.) Wien 1881. 


209 


Aus dem Diluvium Böhmens ist es nur von Zuzlawitz und in der 
neueren Zeit auch von Zechovic bekannt. 


II. Raptatores. — Raubvögel. 
a) Strigidae. — Eulen. 


Otus vulgaris Flem. 
(Die Waldohreule.) 


Von dieser wurde gleichfalls in der tieferen Lage ein schön erhaltener 
Metatarsus gefunden. 


In Böhmen ist sie ein stätiger Gast der Nadel- und Laubwälder. 
Sie ernährt sich meistens von Feld-, Wald- und Spitzmäusen, hie und da 
auch von kleineren Vögeln. 


Im böhmischen Diluvium ist das der erste Fund. 


III. Oscines. — Singvögel. 
b) Fringillidae. — Sperlinge. 
Passer domesticus BP. 
(Der Haussperling.) 


Eine einzige, wahrscheinlich diesem Vogel gehörende Tibia. 


Jüngere Fauna der schwarzen (Il.) Schicht. 


A. MAMMALIA. — SÄUGETIERE. 


I. Carnivora. — Raubtiere. 
Canidae. — Hunde. 


Canis familiaris var. palustris Rütm. 


(Der Torfhund.) 


Vorhanden ist ein Fragment des linken Unterkiefers und zwei 
ReiBzähne. 

Von Böhmen führt man Schädel aus den neolithischen Stationen 
von Hrädek bei CAslav und Hradiëtë bei Kuttenberg, ferner von Stradonic 
und aus der Kalvarichöhle bei Reporyj an. 

Bulletin international. XXI. 14 


210 


II. Insectivora. — Insektenfresser. 


Sorex vulgarıs L. 
(Die gemeine Spitzmaus.) 


Eine vollkommen erhaltene linke Unterkieferhälfte. | 
In Böhmen wurde sie in einigen Lokalitäten, unter anderem auch 
bei Zuzlawitz und Zechovic festgestellt. 


III. Glires. — Nagetiere. 
a) Sciuridae. — Eichhôrnchen. 


Myoxus glis Blas. 
(Der Siebenschläfer.) 


Eine rechte Unterkieferhälfte und ein Bruchstück derselben. 

Sichere diluviale Reste sind in Böhmen nur von Zuzlawitz und 
Kotläïka bei Prag bekannt. 

Derselbe lebt in den Laubwäldern Süd- und Mitteleuropas. 

Nach Pallas zeigt er sich zeitweise in den felsigen Regionen 
der russischen Steppen. In Böhmen wurde er in der Gegend von Prag von 
Zävist bis zum Karlstein, ferner in der böhmischen Schweiz, bei Pürglitz, 
Turnau, Königgrätz u. a. festgestellt. 


b) Arvicolidae. — Feldmäuse. 


Hypudaeus glareolus Wagn. 
(Die Waldwühlmaus.) 


Zwei linke und eine rechte Unterkieferhälfte. 
Im böhmischen Diluvium wurde sie nur bei Zuzlawitz und Zechovic 
gefunden. 
Arvicola arvalis Selys. 


(Die gemeine Feldmaus.) 


Eine rechte Unterkieferhälfte. 

Aus dem böhmischen Diluvium ist sie aus einigen Lokalitäten be- 
kannt. Auch bei Zechovic und in der IV. Schicht auf dem Dekansky 
vrch kam sie häufig vor. | 


Arvicola amphibius Desm. 
(Die Wasserratte.) 


Eine linke Unterkieferhälfte und einige Knochen eines starken 
Exemplares. 


211 


Über ihre Verbreitung im böhmischen Diluvium gilt dasselbe, was 
über die gemeine Feldmaus angeführt wurde. 


Arvicola subterraneus Sélys. 
(Die kurzohrige Erdmaus.) 


Eine rechte Unterkieferhälfte. 
In Böhmen wurde sie bei Zuzlawitz, Podbaba, Zechovic und in der 
IV. Schicht auf dem Dékansky vrch gefunden. 


c) Muridae. Mäuse. 


Mus rattus L. 
(Die Ratte.) 
Ein einziger Wirbel. 
Von Böhmen ist sie von Zuzlawitz und Zechovic, wo erst nach- 
träglich einige Knochen gefunden wurden, bekannt. 


Mus sylvaticus L. 
(Die Waldmaus.) 


Zweı linke, vollkommen erhaltene Unterkieferhälften und drei an- 
dere zahnlose. a 

Die Waldmaus lebt in ganz Europa am Rande der Walder und in den 
Garten, sowie in den Steppen Ost- und SiidruBlands und Sibirien. Aus 
dem böhmischen Diluvium wurde sie von Zuzlawitz angeführt. Zuletzt 
wurde dieselbe bei Zechovic konstatiert. 


IV. Artiodactyla ruminantia. — Paarhufer. 


Cervus capreolus L. 
(Das Reh.) 


Von diesem ist nur die II. Phalanx vorhanden. 
Wie schon oben angefiihrt, kam es auch in der IV. Schicht vor. 


B. AMPHIBIA. — AMPHIBIEN. 


Rana temporana L. 
(Der gemeine Frosch.) 


Einige Femora und Humeri, Tibia, 1 Os coccygis, mehrere Phalange 


und andere Knochen. 
14* 


212 


Rana esculenta L. 
(Der Wasserfrosch.) 


Ein Fragment des mit der Ulna verbundenen Radius und andere 
Knochen. 
Bufo vulgaris L. 


(Die gemeine Kröte.) 


Einige Phalange, 1 Os innominatum, 1 Femur und andere Knochen. 

Zwei oben angeführte Arten und Bufo sp. sind auch von Zuzlawitz 
bekannt. Alle dreisind auf Grund des nachträglichen Materiales auch bei 
Zechovic vertreten. Die Froschreste von dort weisen aber mehr diluviales 
Aussehen als die Reste vom Dékansky vrch auf, welche schwärzlich gefärbt 
sind und auch sonst ein jüngeres Alter verraten. 


Weichtiere der zweiten und vierten Schicht. 


Wie bereits oben angeführt wurde, enthält die zweite Schicht außer 
den hier beschriebenen Wirbeltieren auch eine Menge von Schnecken, für 
deren Bestimmung ich wieder Herrn Zd. Frankenberger in Prag 
zu großem Dank verbunden bin. | 

Dieselben wurden teilweise in der schwarzen Erde, teilweise in 
dem übergehenden dunkelbraunen Lehm gefunden.In dieser Menge fand man 
auch eine Unzahl von gut erhaltenen Schalen, die aber bei der geringsten 
Berührung ins Staub und kleinere Splitter zerfielen. Es waren dies entweder 
längere Zeit der Luft ausgesetzte oder durchnäßte Exemplare. 

Die Zahl der aus der IV. Schicht stammenden Schnecken ist sehr gering. 

In diesem Abschnitte werden wir vorläufig ein Verzeichnis aller 
zuletzt gefundenen Arten bringen und das Gesamtresultat dann erst, 
später behandeln. 


Zu den vom Dekansky vrch im früheren Berichte angeführten fünf 
Arten sind noch folgende zugekommen: 

Hyalinia (Euhyalina) glabra (Stud.) Fer. Sehr häufig. 

Hyalinia (Polita) nitens Mich. Selten. 

Hyalinia (Polita) nitidula Drap. Häufig. 

Patula (Discus) rotundata var. globosa Friedl. Einige Exemplare. 

Fruticicola (Perforatella) unidentata Drap. Selten. 

Fruticicola (Monacha) incarnata Müll. Häufig. 

Helix (Eulota) fruticum Müll. Häufig. 

Helix (Gonostoma) holosericea Stud. Selten. In unterem Material ist 
auch die Form tridentata Ulicny vertreten. 

Helix (Tachea) hortensis Müll. Ziemlich häufig. 

Buliminus (Napaeus) montanus Drap. Selten. 


213 


Pupa (Pupilla) muscorum L. f. edentula Slavik. Ein Exemplar. 

Clausilia (Clausiliastra) laminata Mtg. Selten. 

Die Molluskenfauna vom Dékanskÿ vrch weist also zusammen 
17 Arten auf. 

Es sei bemerkt, daß die rezente Art Xerophila (Helicella) obvia Him., 
die auf der Oberfläche des kalkigen Bodens auf dem Dékanskÿ vrch in 
staunender Menge vorkommt, unter den obenangeführten Mollusken 
durch kein einziges Exemplar vertreten ist. 


ZECHOVIC. 


Nach Veröffentlichung meiner Publikation über die diluviale 
Fauna von Zechovic im Bulletin der Böhmischen Akademie 1909, gelang 
es mir wieder einige nachträgliche Zuwachse zu gewinnen, so daß die ange- 
führte, im Jahre 1909 33 Arten zählende Fauna um weitere für die betref- 
fende Lokalität neue Arten bereichert ist. 

Heute ist der Fundort vollständig ausgebeutet und die einst für 
uns so bedeutende Stelle mit dem Boden gleichmäßig gemacht. 

Daß aber bei Zechovic noch weitere Funde zu erwarten sind, dafür 
spricht mein vorläufiger Bericht,!) in dem ich über einige, an der Ostseite 
der Kalksteinbrüche „Ve vopuce“ unlängst gefundene Reste des Nashorns, 
Renntiers und des Wildpferdes schreibe. 

Im folgenden füge ich ein nachträgliches Verzeichnis der nach dem 
Jahre 1909 von Zechovic stammenden Fauna bei. 


A. MAMMALIA. — SÄUGETIERE. 
I. Carnivora. — Raubtiere. 
Mustelidae. — Marderartige Raubtiere. 


Mustela martes Briss. 
(Der Baummarder.) 


Im Verzeichnisse der vorherigen Fauna von Zechovic befindet sich 
ein linker Unterkiefer und ein Reißzahn von einem jüngeren Individuum, 
das ich als Mustela? (Marder), bezeichnete. In den nachträglichen Funden 

~wurde noch ein, bestimmt dem Baummarder (Mustela martes) gehörender 
oberer Schneidezahn festgestellt. Deswegen fehlen wir nicht, wenn wir 
auch die vorhergehenden Reste dieser Art zurechnen. 


4) Einige Bemerkungen zu dem neuesten Funde diluvialer Tierreste bei Zechovic 
in Südböhmen (Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. in Wien, Nr. 2. 1916). 


214 


II. Glires. — Nagetiere. 
a) Sciuridae. — Eichhörnchen. 


Spermophilus citillus Bl. 
(Der gemeine Ziesel.) 
Zwei Humeri. 
Rezent in Südböhmen unbekannt. 


Myoxus glis Blas. 
(Der Siebenschläfer.) 


Eine rechte Unterkieferhälfte und ein Fragment des Femurs. 


Myoxus avellanarius L. 
(Der Haselschläfer.) 

Zwei Unterkiefer. 

Dieser kleine Schläfer kam bisher im böhmischen Diluvium nicht 
vor. Er hält sich am liebsten in den höheren buschigen und bewaldeten 
Lagen auf. Seine Verbreitung läßt sich in Südeuropa und im Norden bis 
gegen Schweden verfolgen. Von Böhmen wurde er aus der Gegend von 
Roztok, Chuchle, Zävist und Karlstein angeführt. In Mähren ist er sehr 
häufig verbreitet; auch aus dem dortigen Diluvium und Alluvium ist der 
Haselschläfer bekannt.) 


b) Muridae. — Mäuse. 


Mus rattus L. 
(Die Ratte.) 


Zwei Femora und 1 Os innominatum. 


Mus sylvaticus L. 
(Die Waldmaus.) 


Ein rechter Unterkiefer eines alten Individuums. 


III. Artiodactyla ruminantia. — Paarhufer. 


Cervus claphıs L. 
(Der Edelhirsch.) 


Ein unteres Metacarpusende von einem jungen Exemplare und 1 Os 
sesamoideum. 


5) J. Knıes. Pravéké nalezy jeskynni Balcarovy skaly u Ostrova na vysocine 
Drahanshé. (Véstnik Klubu piirodovédeckého v Prostéjcvé 1909.) 


Cervus capreolus L. 
(Das Reh.) 


Ein unteres Metacarpusende, 1 Scapulafragment und 1 Carpale 3 sin. 


Capella rupicapra Keys. & Blas. 
(Die Gemse.) 


Vorhanden ein distales Humerusende. 


B. AVES. — VOGEL. 
Von diesen bestimmte Herr V. Capek folgende Arten: 


I. Raptatores. — Raubvögel. 
a) Falconidae. — Falken. 


Falco tinnunculus L. 
(Der Turmfalk.) 


Ein rechtes Schulterblatt ohne Spitze und ein rechter Femur eines 
starken Exemplares. 

Im böhmischen Diluvium wurde er bis jetzt nicht gefunden. 

Dieser kleine Falk hält sich auf dem Reutland, am Rande der Wälder, 
auf den felsigen Gehängen, Türmen und Ruinen in ganz Europa von 
Lappland bis nach Südspanien hinein, sowie in Asien und Nordafrika auf. 
Middendorf erschoß den Turmfalk in Sibirien noch hinter dem 71° 
n. B. und Collet bezeichnet 690 40’ n. B. als den nördlichsten Punkt, 
wo der Vogel bisher in Skandinavien beobachtet wurde. 


II. Scansores. — Klettervögel. 
Picidae. — Spechte. 


Picus major L. 
(Der große Buntspecht.) 


Ein gut erhaltener Metacarpus und ein proximaler Teil des rechten 
Kieferastes. 

Aus dem böhmischen Diluvium wurde der fragliche Mittelbuntspecht 
(Picus medius L.) angeführt. 

Der große Bundspecht haust in ganz Europa und Sibirien biszum 
Kamtschatka sowie Japan hinein, wo er sich gern am Rande und inner- 
halb der Kiefer- und Pappelwälder aufhält. 


216 


III. Oscines. — Singvögel. 
a) Turdidae. — Drosseln. 


Turdus musicus L. 
(Die Singamsel.) 


Ein rechtes Coracoideum. 

In den diluvialen Ablagerungen der Gegend von Prag ist dieser 
Vogel fraglich. Von Zuzlawitz ist eine ähnliche, gleichfalls fragliche Art 
Turdus pilaris L. (Wacholderdrossel) bekannt. 

Die Singamsel bewohnt bei uns Wälder, Gärten und Parke. Sie ist 
im größten Teile Europas, sowie in Nord- und Mittelasien, in nordwestli- 
chen, seltener nordöstlichen Afrika verbreitet. 


Turdus viscivorus L. 


(Die Brachlerche.) 


Ein linker Metatarsus. 
Aus dem böhmischen Diluvium ist sie unbekannt. 


Geographische Verbreitung: in ganz Europa und Asien bis zum 
Himalaya. Bei uns hält sie sich in den Nadelwäldern auf. 


b) Corvidae. — Raben. 


Corvus monedula L. 


(Die Dohle.) 


Ein distales Metacarpusende. 
Im böhmischen Diluvium wurde diese Art noch nicht festgestellt. 
- Aus den diluvialen Ablagerungen zwischen Karlstein und Beroun, sowie 
von Zuzlawitz, wurde der Kolkrabe (Corvus corax) angeführt. In der 
letzten Lokalität sollte auch die fragliche Art Corvus pica (Elster) gefunden 
worden sein. 

Die Dohle nestet auf hohen Bauten, Türmen und in Laubwäldern 
im größten Teile Europas und in manchen Gegenden Asiens. In Rußland 
und Sibirien ist Sie am meisten verbreitet. 


Garrulus glandarius Vieil. 
(Der Waldhäher.) 


Es wurde ein unvollständiger Tarsus und ein Metacarpus gefunden. 

Im böhmischen Diluvium wurde er noch nicht festgestellt. 

Derselbe haust in den Wäldern ganz Europas, ausschließlich die 
nördlichsten Gegenden. 


PT ps po 


c) Fringillidae. — Sperlinge 


Pyrrhula vulgaris Pall. 
(Der Gimpel.) 
Ein linkes Schulterblatt und ein rechter Humerus. 
Im böhmischen Diluvium fehlte er bis jetzt. 


Geographische Verbreitung: Ganz Europa, die östlichen und nörd- 
lichen Gegenden ausgenommen. Bei uns nistet er in Gebirgswäldern. 


Fringilla spinus L. 
(Der Zeisig.) 


Es liegt ein rechter Humerus vor. 


Im böhmischen Diluvium unbekannt. Der von Woldrich an- 
geführtelé) Vertreter der Sperlinge Fringilla sp. ist fraglich. 

Der Zeisig ist in ganz Europa, inwieweit es bewaldet ist, gegen Norden 
bis zu der Breite Mittelnorwegens verbreitet. Bei uns hält er sich während 
des Sommers in Nadelwäldeın der Gebirgsgegenden auf. 


Emberiza miliaria L.? 


(Die Grauammer.) 


Ein unvollständiger Humerus eines kleineren, dem angeführten Sing- 
vogel am meisten ähnelnden Vogels. 


Im böhmischen Diluvium wurde sie noch nicht gefunden. 


Geographische Verbreitung: in ganz Europa von Südnorwegen 
angefangen, sowie in Westasien, wo sie während des Sommers ausgedehnte 
Kornfelder bewohnt. In Böhmen hält sich dieselbe gerne auf feuchten 
Wiesen in den fruchtbaren Gegenden des mittleren Teiles auf. 


IV. Rasores. — Hühnervögel. 


Tetrao medius Meyer. 
(Der Rackelhahn.) 


Unter den vielen Knochen des Auerhuhnes und Birkhuhnes von 
Zechovic, die aber bis jetzt auf dem Dékansky vrch fehlen, finden sich ent- 
weder schon von früher oder aus der letzten Zeit stammende Knochen, 
welche wahrscheinlich diesem, zwischen beiden oberwähnten Arten oft 
entstandenen Mischlinge angehören. Es ist: 1 Tarsus, 1 Sternum, 1 Ober- 
ende des Femurs, 1 Ulna und andere Knochen. 


€ 


16) P¥ehled fauny obratlovch z, éeského massivu' 
kräl. Ceské spol. nauk 1897.) 


za éry anthropozoické. (Véstnik 


218 


Der Rackelhahn wurde im böhmischen Diluvium bei Habichau und 
in der Höhle von Konéprus gefunden. 


Derselbe hält sich überall dort auf, wo auch das Auerhahn und 
Birkhuhn lebt, besonders in Skandinavien. 


Perdix cinerea Lath. 
(Das Rebhuhn.) 


Vorhanden ist 1 Femur, 1 Humerus und 1 Sternumbruchstück. 


Coturnis communis Bonn. 


(Die Wachtel.) 


Ein Humerus und ein Femur bestimmt dem betreffenden Vogel 
angehörend. 

Die aus dem böhmischen Diluvium früher nur von Zuzlawitz ange- 
gebene ist fraglich. 

Es gibt wenige Gegenden in Europa, Asien und Afrika, wo sie nicht 
bekannt wäre. 


V. Natatores. — Wasservögel. 
Anatidae. — Enten. 


Anser segetum Naum. 


(Die Saatgans.) 


Es wurde die II. Phalanx gefunden. 
Aus dem böhmischen Diluvium wurde nur die Wildgans (Anser 
cinereus) von Zuzlawitz angeführt. 


Die Saatgans nistet auf der Insel Island, in Lappland und im hohen 
Norden überhaupt. Unsere Gegenden durchfliegt sie im Herbst und 
Frühjahr, wenn sie fortzieht, oder vom Süden zurückkehrt. Sie läßt sich 
gerne auf mit seichtem Wasser umsäumten Flußinseln nieder, um von 
dort zur bestimmten Zeit ihre Nahrung zu suchen. 


C. AMPHIBIA. — AMPHIBIEN. 


Rana esculenta L. 
(Der Wasserfrosch.) 


Ein Os innominatum und andere Knochen. 


Im böhmischen Diluvium wurde er nur bei Zuzlawitz gefunden. 


219 


Bufo vulgaris L. 
(Die gemeine Kröte.) 
Es liegen zwei Humeri vor. 


Von Zuzlawitz wurde Bufo sp. angeführt. 


D. MOLLUSCA. — WEICHTIERE. 


Zu den von Zechovic bisher bekannten Arten sind noch folgende 
von Herrn Frankenberger sorgsam bestimmte zugekommen. 

Patula (Discus) rotundata Müll. Einige Exemplare. 

Fruticicola (Monacha) incarnata Müll. Häufig. 

Helix (bomatia) pomatia L. juv. Selten. 


Es sind uns daher von Zechovic zusammen 14 Arten bekannt. 

Auf Grund dieser Anzahl, sowie auf Grund des Materiales vom 
Dekansky vrch füge ich nachstehende Übersicht über die Verbreitung 
einzelner Arten (Varietäten, Formen) teilweise nach dem systematischen 
Ausweis Babors bei.!”) 

Es sind daher von Zechovic und vom Dekansky vrch bisher zu- 
sammen 24 Schnecken bekannt, von denen 14 auf die erste und 18 auf die 
zweite Lokalität entfallen. Für beide Lokalitäten gemeinsame Arten sind 8. 

Woldrich führt in deutscher Übersetzung seiner Geologischen 
Studien aus Südböhmen II. folgende 9 Schnecken an (gegenüber den 
6 früher in böhmischer Originalarbeit angegebenen), von denen die mit * 
bezeichneten auch in unseren beiden Lokalitäten gefunden wurden. 


Hyalinia hydatina Rossm. 

Hyalinia pseudohydatina Bet. 

* Buliminus montanus Drap. 

* Helix personata Lam. 

* Helix fruticum Müll. 

* Helix lapicida L. 

* Helix (Patula) rotundata Müll. 

* Helix holosericea Stud. 

Helix strigella Drap. 

Woldrich zählt alle diese Schnecken zu der Fauna der Steppen- 
periode. 

Es wäre zu gewagt, alle oben angeführten Schnecken von Zechovic 
und vom Dékansky vrch zu den rein diluvialen Typen zu rechnen. Na- 
mentlich in der Lokalität bei Zechovic kamen oft einige, jüngeres Aussehen 
aufweisende Mollusken neben anderen weißen, verkalkten vor, die unzwei- 


1?) Die Weichtiere des böhmischen Pleistocaen und Holocaen. (Archiv für natur- 
wissenschaftl. Durchforsch. von Böhmen, Bd. XI., Nr. 5. Prag 1904.) 


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5 ART 
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3 > ’ > | 
7, Species, varietas, forma ig à a Bemerkung 
a Q| al tl 2 
Aitelimlae ela bra PÉNALES Eevee —|+|+| Lebt in Mittel- und Westeuropa. 
De bryalania nitens MICRO m RECRUE NT wee —/+/+/+/+] Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des Paläarkt. Gebietes. 
AV nitidulay DEEP "FREE te — +J1J—|+| Lebt in der germ. und mittelländ. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
A epatuls vorundatasr Muller. + +-++/+| Eine paläarkt. Art (mit Ausnahme der mittelasiatischen Provinz), 
5 Patula rotundata Müll. var. globosa Friedel — + —-|+| Lebt am meisten in Nordeuropa. 
Gis a tila snuderatan Studer: oem aan... an +/—/+/—|+| Eine arkt. und paläarkt. Art (in der germ. und mediterran. Provinz). 
étre unidentata! rape wi. «tae sera —|+/—|/+|/+] Lebt in der germ. und Mittelmeer-Provinz des paläarkt. Gebietes. 
SErrehztrutcumeluller rer +/+ [214-1 | Eine arktische und paläarktische Art (mit Ausnahme der Provinz der atlantischen Inseln). 
9! Helix fruticum Müll. var. turfica Slav. ...|+—|-+/+/—| Eine in Böhmen ausgestorbene Form; lebt selten in Deutschland, aber nur auf Moorboden. 
10 Helix holosericea Stud... siege ots [+++ Lebt in der germ. und mittelländ. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
11) Helix holosericea Stud. f. tridentata Ulitny |—|-+-|—|—|+| Lebt wahrscheinlich in derselben Provinz mit der typischen Form. 
12\eHTelix, personatarLam. „a. ee one +/+|+/+/+4| Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
Ialnkfelstlapieida: ESS TE u en em an +++ — Lebt in der germ. und Mittelmeer-Provinz des paläarkt. Gebietes. 
14| Helix hortensis Müll..... FE EA SE —|+|+|+)/4| Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
15 Helix@hoztensise Null  MINOMNU gene +/—+11/+J Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
161 Helixeincarnatas Muller a RTE +/+ /+]+|/+]'Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
17, Helix pone Planes. ae an en +—+|-!+| Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
18| Buliminus montanus Dr. ........... ....-/+/+/—|+|+]| Lebt in der germ. und Mittelmeer-Provinz des paläarkt. Gebietes. 
19| Cionella lubrica Müll. var. columna Cless. .|+|—|+|—|+| Lebt selten in Mitteleuropa. 
20| Pupa muscorum L. f. edentula Slav. .....|—|+|7|—|+| Hie und da mit der typischen Form. 
21 Clausiliatventricosd Dr, ee Ce ++/+—-| Lebt in der germ. und Mittelmeer-Provinz des paläarkt. Gebietes. 
22| Clausilia, lineolata EI Pr Cr ae +|—|+|—|+-| Lebt in Mitteleuropa. 
23) Glausilia dubia Drap ee —+—+|1| Lebt in der germ. und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
24! Clausilia laminata Mtg..... …........../[—/+{+l+{[+] Lebt in der germ, und mediterr. Provinz des paläarkt. Gebietes. 
| Zusammen ,.... {1418 | 


221 


felhaft diluvialen Alters sind, da sie meistens in Gesellschaft charakteristi- 
scher Arvicoliden gefunden wurden. Nach alldem handelt es sich um 
eine diluviale Fauna mit holozäner Beimischung, da nur Xerophila (Heli- 
cella) obvia, insofern mir bekannt ist, eine rezente, auch bei Zechovic und 
auf dem Dékansky vrch massenhaft lebende Art repräsentiert. 

Daß übrigens in den beiden Lokalitäten fast alle aus den anderen 
Teilen Böhmens als rezent bekannten Arten vertreten sind, ist aus unserer 
Übersicht ersichtlich. 

Schon etwas besser konnte ich die Molluskenfauna auf dem Dekansky 
vrch kontrollieren. Dazu sei aber gleich bemerkt, daß ich auch hier trotz 
der aufmerksamen Beobachtung keinen präzisen Zusammenhang in der 
Aufeinanderfolge der Mollusken- und Wirbeltierfauna wahrnehmen konnte. 
Eine einzige, im unteren Horizont gemeinschaftlich mit der Tundren- und 
Steppenfauna in situ bisher gefundene Schnecke ist Pupa (Pupilla) mus- 
corum L. f. edentula, die in Gesellschaft des rötlichen Ziesels, Schneehasen 
und Zwerg-Pfeifhasen festgestellt wurde. 

Die übrigen, im ersten Bericht angeführten Arten stammen entweder 
aus den dünkleren diluvialen Ablagerungen des zweiten Durchschnittes. 
mit Pferden- und Renntierresten, oder aus den analogen Ablagerungen 
des ersten Durchschnittes, und zwar von der Grenze zwischen der dritten 
und zweiten Schicht. 

Aus dieser letzten, welche durch die jüngste Fauna charakterisiert ist, 
stammt der größte Teil der Schnecken. 

Alles, was hier über die südböhmischen Funde der interessanten 
Molluskenfauna gesagt wurde, bestärkt wiederum die Deduktion Babors, 
daß weder paläontologisch noch faunistisch ein wesentlicher Unterschied 
zwischen Weichtieren der holozänen und pleistozänen Schichten besteht, so 
daß es unmöglich ist sie streng stratigraphisch auseinander zu halten. 


Schlußwort. 


Zu den Funden von Zechovic, die hinsichtlich der Anzahl der Arten 
neben den von Woldrich gemachten Funden bei Zuzlawitz die zweite 
Stelle einnehmen, gesellt sich jetzt auch ‚der Dekansky vrch, welche Loka- 
lität der Mehrzahl und Mannigfaltigkeit der Fauna nach, heute der dritte 
Fundort in Böhmen ist. 

Wie aus der beiliegenden Übersicht ersichtlich ist, kennen wir von 
Zechovic und vom Dekansky vrch im ganzen 65 Wirbeltiere. Auf die erste 
Lokalität entfallen 56 Arten, auf die zweite 43 (insgesamt der aus den jüng- 
sten Ablagerungen stammenden 9 Arten). Gemeinsame Arten sind in den 
beiden Lokalitäten 34. Im Fundorte bei Zuzlawitz sind 42 gemeinsame 
Arten, welche auf die Gesamtzahl unserer beiden Lokalitäten entfallen. 


N 


Ww 


Die Glazial- oder Tundrenfauna enthält die charakteristischesten, in 
allen drei Lokalitaten durch fast gleiche Anzahl vertretenen Arten, so daB 
auf Zechovic acht, auf den Dékansky vrch und Zuzlawitz je neun entfallen. 

Diese sind: Vulpes lagopus, Putorius (Ictis) Erminaeus, Myodes tor- 
quatus, Arvicola nivalis, Arv. gregalis, Lepus variabilis, Rangifer tarandus, 
Lagopus albus und Lagopus alpinus. 

Die überwiegende Mehrzahl in allen drei Fundorten des Böhmer- 
waldgebietes bildet die Sieppenfañna, welche unten mit den glazialen und 
oben mit denjenigen Arten vermischt ist, welche zwar nicht ausschließlich 
Steppenarten sind, die aber zeitweise entweder in den eigentlichen Step- 
pendistrikten, oder mit diesen zusammenhängenden Waldkomplexen 
und Gebirgen vorkommen. Es ist dies insgesamt eine Fauna, die sich 
vielleicht bis heute stellenweise in russischen und sibirischen Steppen 
verfolgen läßt!82) und welche Woldrich auf Grund der Forschungen 
der beiden Spalten bei Zuzlawitz als Weiden- und Waldfauna unterscheidet. 

Zu den bedeutendsten und bedeutenden Steppenvertretern gehört: 
Alactaga saliens, Spermophilus rufescens, Sperm. citillus, Cricetus phaeus, 
Hypudaeus glareolus,Ÿ) Arvicola agrestis, Arv. arvalisu.a., Lagomys pusillus, 
Antilope Saiga?, Equus ferus?®) und zahlreiche Vögel. 

Die in den Funden von Zechovic vertretene Steppenfauna überwiegt 
rechnungsmäßig die Fauna von Zuzlawitz und diese wiederum die Fauna 
vom Dekansky vrch. 

Das Wildpferd ist auf dem Dekansky vrch ein steter Begleiter des 
Renntiers schon vom Grunde der auf der Felsunterlage ruhenden Ablage- 
rungen, in denen seine zahlreichen Reste in Gesellschaft der Tundren- 
fauna gefunden wurden und von da erscheint es mit dem Renntier bis zur 
Grenze der IV. Schicht. 

Daraus geht hervor, daß das Pferd in der Glazialperiode bei Wolin 
sehr verbreitet war und hier bis zum Ende der Diluvialepoche geblieben ist. 
Von der Existenz des Pferdes in der Glazialperiode zeugt nicht nur die gleich- 
altrige charakteristische Fauna, sondern auch die unberührten, die Pferde- 
reste beherbergenden Ablagerungen. Der Umstand, daß das Wildpferd 
im Böhmerwaldgebiete schon in der Glazialzeit auftrat, ist gar nicht über- 
raschend, da wir auch von wo anders Pferdereste die nicht nur in 
glazialen, sondern auch in präglazialen Schichten vorkommen, kennen. 


18) A. Nehring. Ueber Tundren und Steppen. S. 68. 

19) Es ist interessant, daß sie auf dem Dékansky vrch erst in der jüngsten 
sogen. schwarzen Schicht erscheint, wogegen dieselbe bei Zechovic und Zuzlawitz 
schon unter der Steppenfauna nachgewiesen wurde. Dafür sind aber andere Arten 
wie Ayvicola arvalis, Ayv. amphibius und Arv. subterraneus, auf dem Dékansky vrch 
in der Steppen —sowie auch in der jüngsten Fauna vertreten. Solch ähnliche Fälle 
sind übrigens auch aus anderen Fundstellen bekannt. 

20) Ob es sich bei Wolin auch um eine Lokalrasse im Sinne Nehrings handelt 
(Fossile Pferde aus deutschen Diluvial- Ablagerungen), wird das spätere Studium des 
osteologischen Materiales, von dem eine hübsche Menge vorhanden ist, zeigen. 


to 
bo 
w 


In der Glazialperiode treffen wir das Pferd in denjenigen Ablage” 
rungen, welche in einiger Entfernung von den Gletschern entstanden 
sind, d.h.nach Nehring ®%)in solchen Distrikten, in denen während jener 
für das Pferd ungünstigen Epoche seine Existenz überhaupt möglich war, 

Etwas ähnliches war wahrscheinlich auch mit dem im Vorgebirge 
des Böhmerwaldes lebenden Pferde, als die höchsten Gipfel der Grenz- 
_gebirge noch mit Eis und Schnee bedeckt waren, während in den Niederungen 
weiter gegen Süden um den unteren Wolinkalauf herum und im Wotawa- 
gebiete ein spärlicher Graswuchs dem Pferde und anderen Grasfressern 
eine bescheidene Existenz bot. 

Daß das Landschaftsbild der diluvialen Tundra ganz anders aussah, 
als nur ein eintöniges, eisiges, allen Wuchs überhaupt entbehrendes Gefilde, 
wie man früher allgemein vermutete, davon überzeugt uns am trefflichsten 
Nehring. 

Wie schon oben bemerkt, wurden besonders auf dem Dekansky vrch 
keine Pferde-, Renntier- oder andere Knochen gefunden, welche nicht 
von einem Raubtier abgenagt wären. Die Raubtiere verschleppten nur die 
einzelnen Teile der gejagten Beute und deı Kadavern größerer Säuger in 
ihre Verstecke. In der Gegend von Wolin war es vor allem der Wolf, ferner der 
Eis- und gemeine Fuchs, der Löwe und Luchs. Ein Schrecken kleinerer Tiere 
war wieder der Marder und das Hermelin. 

. Die in den Nestern angehäuften Arvicolidenreste hat wahrscheinlich 
die Schneeule (Nictea nivea) hinterlassen. Dieselbe kam bisher zwar weder 
bei Zechovic noch auf dem Dékansky vrch vor, konnte aber auch in der 
Gegend von Wolin leben, da sie auch in nahen Zuzlawitz konstatiert 
wurde. Auch können die Reste einiger Nagetiere und Vögel ganz leicht von 
den Mahlzeiten eines anderen Raubvogels oder Säugetieres stammen. 


Die Mischfaunen aus den neuen südböhmischen Lokalitäten führen 
uns ein getreues Bild der längstvergangenen Tundren und Steppen vor, 
ein Bild, welches sich nur in einem Vorgebirge, wie das Böhmerwaldgebiet 
ist entwickeln konnte, dessen Landschaften während der Tundra einen ähn- 
lichen Charakter der arktischen Tundren aufwiesen,, wie z. B. in OstruB- 
land, Nordost- und Nordwestsibirien und nach den neuesten Forschungen 
der Tundren der eisfreien Regionen in Nordostgrönland, wo wir derselben 
typischen Fauna, welche auch die diluvialen Ablagerungen bei Wolin 
beherbergen, bis zum heutigen Tage begegnen. 

Die Tundrenfauna, welch enamentlich durch den Halsbandlemming 
charakterisiert ist, lebte noch lange Zeit im Böhmerwaldgebiete, als in den 
Niederungen die Steppenfauna sich zu verbreiten begann, wie die Forschun- 
gen Woldrichs bei Zuzlawitz und meine bei Wolin bestätigen. 


21) Bericht über neue bei Westeregeln gemachte Funde, nebst Bemerkungen über 
die Vorgeschichte des Pferdes in Europa. (Sitzungsber. der Ges. naturforsch. Freunde 
zu Berlin vom 17. April 1883.) 


224 


Zu dieser Zeit fing an auch der Landschaftscharakter freundlicher 
zu werden als früher, da die nahen kahlen Bergrücken mit ihrer lang- 
andauernden Schneedecke, mit den mit grauem Moos und Flechten bewach- 
senen Felsen sowie feuchten Gehängen wechselten und als das Schnee- und 
Steingefilde mit halbzugefrorenen Wasserläufen und Lachen, in deren Nähe 
niedriges Gestrüpp und Gräser ihre Wurzeln faßten, das Landschaftsbild 
dieser arktischen Szenerie, in die nur der kurze Sommer ein wenig Abwech- 
selung brachte, erhöhten. 

Diese Gegenden waren damals eine beliebte Zufluchtstätte der 
Tundrenfauna. 

Die günstigeren klimatischen Verhältnisse der sich im Laufe der Zeit 
allmählich entwickelten Steppenperiode subarktischen Charakters, blieben 
auch nicht ohne Einfluß auf die weitere Entwickelung der Pflanzen und 
Tiere 

Im Böhmerwaldgebiete war aber nicht überall die echte typische 
Steppe, welche sich allmählich im Norden in Inneren des Landes, z. B. im 
Elbegebiete entwickelte. Eine große Grassteppe verbreitete sich erst im 
Wotawagebicte östlich von Strakonic gegen RaZic und Pisek, ferner gegen 
Protivin, Vodñan, Netolic und von da bis hinter Budweis. Ausgedehnte, 
aus der Tertiärzeit stammende Tümpel und Seen, heute in vorzügliche 
Teiche umgewandelt, beherbergten während der Steppenperiode eine 
Menge verschiedener Vögel. 

Dafür aber hatte das Vorgebirge des Böhmerwaldes günstigere Bedin- 
gungen zur Entwickelung der späteren Busch- und Waldkomplexen und 
Weiden, in denen neue Tiere in der Nachbarschaft der bis heute 
existierenden Steppenfauna ihre Zuflucht suchten. 

Diesen hier geschilderten Landschaftscharakter hat sich das Böhmer- 
waldgebiet im großen und ganzen bis heute bewahrt, trotzdem es durch 
Agrikultur und andere Kunstmittel modifiziert ist. 

Die diluvialen Funde von Wolin bestätigen neuerdings die Ansicht 
verschiedener Forscher, daß während der Glazialperiode in Mitteleuropa 
teilweise arktische Steppen oder Tundren, teilweise auch subarktische 
Steppen oder steppenähnliche Distrikte mit einem subarktischen Klima 
existierten. 

In welcher Glazial- resp. Interglazialperiode die oben beschriebene 
Fauna von Zechovic und vom Dékansky vrch zu uns gekommen ist, läßt 
sich erst nach Beendigung meiner unlängst in diesen Gegenden begonnenen 
morphologischen Studien sagen. 


Über neue Phyllocariden aus der Bande /-/.. 


Von J. PERNER. 


Mit 1 Tafel. 
(Vorgelegt am 23. Juni 1916.) 


(Resume des böhmischen Textes.) 


Vor mehreren Jahren ist es mir gelungen vom Herrn Postmeister 
A. Schubert in Radotin aus seiner umfangreichen Sammlung manche 
neue Fcssilien aus der Bande F—f, für das Museum des Königr. Böhmen in 
Prag zu erwerben ; es waren darunter besonders schön erhaltene Fischreste 
und verschiedene Crustaceen, wovon eine kleine Auswahl im Barrandeum 
unter provisorischen (Manuskript-) Namen ausgestellt wurde. Nach dem 
im vorigen Jahre erfolgten Tode des Inhabers jener Sammlung, als die 
Möglichkeit entstand, daß einige, wenn auch minder gut erhaltene Dupli- 
kate der obenerwähnten Versteinerungen ins Ausland gelangen, entschloß 
ich mich, wenigstens die interessantesten Novitäten aus F—/, zu veröffentli- 
chen, wodurch das Bild der Fauna unserer jüngsten Silurschichten 
wesentlich ergänzt wird. 

Bisher waren nur 3 Phyllocariden aus der Bande F—/, bekannt. 
welche O. Novak?) in seiner bekannten Abhandlung angeführt resp. 
abgebildet hatte, nämlich: 

Aristozoe solitaria Novak (nur Telson bekannt), 

Ceratiocaris modesta ,, 

; Damesi ,, 

Außerdem hatte J. V. Z e1izk 0?) aus demselben Horizont angeführt 
(ohne nähere Beschre‘bung): 

Ceratiocaris, Mâchoires isolées, und 

Ceratiocaris n. sp. 


1) Zur Kenntniß der Fauna der Etage F—f, etc. Sitzungsber. d. Kgl. bohm. 
Gesellsch. d. Wissensch. 1888. 
2) Über die Fauna der Bande f,. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1898. 
Nro. 9, 10. 
Bulletin International. XXI, 15 


226 


In der vorliegenden Abhandlung werden 3 weitere neue Phyllo- 
cariden aus dieser Bande beschrieben. 


Pygocaris Schuberti ». g. . sp. 
Taf. I. Fig. 1—5. | 


Von dieser Phyllocaride sind nur die Panzerschalen einer einzigen 
Art bekannt, weshalb die Gattungsmerkmale mit der Artbeschreibung 
zusammenfallen. 

Die Schalen sind flach, dünnwandig, nach vorne gestreckt und er- 
reichen ihre größte Breite schon im ersten Drittel ihrer Länge. Ihr Vorder- 
rand ist schief abgestutzt und läuft in einen schnabelartigen, stumpf 
abgerundeten, schief nach abwärts gerichteten Fortsatz. Der unterhalb 
dieses Fortsatzes befindliche Teil des Vorderrandes hat einen konkaven 
Umriß. Der Unterrand ist stark bogenförmig und an der Stelle, wo er in 
den Hinterrand übergeht, ein wenig abgestutzt. Der Hinterrand ist unmittel- 
bar unterhalb des Rückenrandes konkav ausgeschnitten. Der Rückenrand 
der mäßig abgeplatteten Stücke ist wellig verbogen, was wohl teilweise 
durch die Aufpressung der Höckeıbasis über den Rückenrand verursacht 
wurde. Bei einem ganz wenig deformierten Exemplar, welches aus einer 
kalkigen Einlage stammt, ist der Rückenrand viel weniger verbogen, wie 
es die Fig. 5 zeigt. Bei allen Exemplaren läuft das mäßig konkave Ende 
des Rückenrandes in eine kurze, nach aufwärts gerichtete Spitze aus. 

Mit Ausnahme des Rückenrandes ist der ganze Schalenrand mit einer 
massiven, stark gewölbten, bis 4 mm breiten Leiste versehen, welche durch 
eine ziemlich tiefe und breite Furche von der übrigen Schalenoberfläche 
getrennt ist. 

Hinter dem Schalenfortsatz sind deutlich 4 fast rundliche Höcker 
hintereinander entwickelt, deren Größe und Entfernung voneinander 
gegen die Schalenmitte hin zunimmt. Unterhalb dieser Höckerreihe sind 
2—3 flache größere Höcker vorhanden; ihre genaue Anzahl konnte wegen 
der oft vorkommenden Deformationen der Oberfläche nicht ermittelt 
werden. 

Welcher von diesen Höckern als sogenannter ,, Augenhôcker‘1) anzu- 
sehen wäre, bleibt auch zweifelhaft. 

Fast die ganze Oberfläche ist mit zahlreichen schmalen runzelartigen 
scharfen Rippen veıziert ; dieselben treten manchmal nui als schuppenartige 


1) Manche von jenen Höckern, welche Jones und Woodward (British paleoz. 
phyllopoda Pt. 1) bei Ceratiocariden (s. 1.) als ,,ocular tubercules‘“ bezeichnen, dürften 
eher als Stellen der Muskelinsertionen aufzufassen sein ; Beecher (Revision of Phyllo- 
carida .Quart. Journ. Geol. Soc. 1902. Aug.) betrachtet bei den Rhinoaridenals ,,optical 
nods“ nur solche Höcker, welche mit einem Grübchen (,,optical pit‘‘), versehen sind 
und nach Clarke (N. York State Mus. 54%» annual Report. 1901) ist das Vorhanden- 
sein und Lage der Augenmakel (,,eyespot‘‘) ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal 
für ähnliche Gattungen, 


227 


Furchen hervor. Einige kann man fast über die ganze Schale hindurch 
verfolgen, einige dagegen sind kurz und hören plötzlich auf, um ein Stück 
weiter wieder aufzutauchen. Ihr Verlauf ist wellig, und manchmal fließen 
2—3 Runzeln zusammen; gegen den Rückenrand hin treten sie dichter 
auf als im unteren Teile der Schale; auch sind sie dort mehr wellig. 

Die auf dem abgebildeten Exemplar (Positiv und Negativ, Fig. 1, 2). 
sichtbaren schiefen Falten sind wohl infolge des Seitendruckes entstandene 
Deformationen. 

Nach der Art der Erhaltung ist ersichtlich, daß die dünnwandigen 
Schalen leicht miteinander verbunden waren, und sich voneinander bis zu 
gewisser Grenze entfernen konnten. Die besonders starke Randleiste 
diente wohl zur Verfestigung der Schalen, die im Gegensatz zu den in 
diesen Schichten vorkommenden massiven, fast immer mit ursprünglicher, 
starker Wölbung erhaltenen Aristozoen immer flach sind. 

Die Gattung Pygocaris steht der Gattung Avistozoe Barr. aus der 
Familie der Echinocariden Clarke am nächsten. Von der Gattung Aristozoe 
unterscheidet sich Pygocaris durch stark hervortretenden Fortsatz am 
oberen Vorderrand, durch tiefen Ausschnitt am Vorderteil, ferner durch die 
Flachheit und aufallende Dünnwandigkeit der Schalen, und zuletzt duıch 
die eigenartige Skulptur. 

Durch die Größe und Skulptur der Schalen erinnert Pygocaris an 
die Untergattung Limnocaris Clarke!) aus der Familie der echten Ceratio- 
cariden, welche lang gestreckte Schalen mit einem kleinen ‚„Augenhöcker ‘ 
und nebstdem noch einige kleine vorne zerstreute Höcker besitzt. Jedoch 
bei Limnocaris entbehren die Schalen des schnabelartigen Vorsprungs und 
sind mit kontinuierlichen, geraden scharfen Rippen versehen ; auch fehlen 
ihnen die großen Höcker nahe dem Rückenrande. 

Pygocaris dürfte wohl in die Familie der Echinocariden eıngereiht 
werden, ebenso wie die ihm nächststehende Gattung Aristozoe Barr., die 
zwar schon vor mehr als 30 Jahren Ot. No väk?) zu den Ceratiocariden 
(s. 2.) gestellt hatte, aber dessen geniale, durch das Material belegte 
Rekonstruktion des ganzen, an Nebalia so lebhaft erinnernden Körpers von 
Aristozoe leider in unverdiente Vergessenheit geraten ist. Es ist nicht aus- 
geschlossen, daß einige von den in der Literatur aus F—}, angeführten Cerati- 
ocaris-Reste (Telson und verschiedene Abdominalsegmente mit Stachel) zu 
Pygocaris gehören.?) 

1) New York State Museum. 54 annual Report. 1901. p. 92. 

2) Remarques sur le genre Aristozoe. Sitzungsber. d. Kg. böhm. Gesell. d. Wis- 
sensch. 1885. : 

8) Ceratiocaris modesta Nov., Cer. Damesi Nov; vielleicht auch Arisiozoe solitarıa 
Nov. Vergleiche ©. No v 4 k: Zur Kenntniß der Fauna der Etage F—f, etc. Sitzber. 
d. Kgl. bühm. Gesellsch. d. Wissensch. 1886.— TJ. Zelizko (Über die Fauna der Bande 
f.. Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1898. No.9, 10) führt noch isolierte Kiefer von 
Ceratiocaris (nach Barrande) und eine nicht näher beschriebene Ceratiocaris n. sp. 
aus F—f an. 

15* 


228 


Aristozoe parabolica 1. sp. 
Taf. I. Fig. 9—11. 


Der Umriß der Schale gleicht einer Parabel, die durch einen flachen 
Bogen abgeschnitten ist. Der Vorderrand der Schale besitzt oben einen 
ganz schwach hervortretenden abgerundeten Vorsprung; der unmittelbar 
darunter befindliche Theil des Randes ist schwach konkav, um gleich darauf 
in einen konvexen Bogen zu übergehen. Der untere Rand ist parabolisch 
gekrümmt. Der ebenfalls stark konvexe, ein wenig schief abgestutzte Hintet- 
rand übergeht ziemlich rasch in den schwach bogenförmigen Rückenrand. 

Die kaum 1 mm breite Randleiste tritt an den plattgedrückten 
Exemplaren undeutlich hervor. 

Die Schale erreicht den Gipfelpunkt ihrer Wölbung etwa im vor- 
deren Drittel der Schale; der Hinterteil ist abgeflacht, und es zieht sich 
sogaı eine Depression entlang des Unterrandes gegen den Hintertheil hin. 

An der Oberfläche kann man mit Sicherheit 2 große Höcker konsta- 
tieren, welche einen subquadratischen Umriß besitzen und durch ziemlich 
tiefe Furchen von der übrigen Oberfläche geschieden sind. Ob noch ein 
dritter flacher Höcker hinter ihnen entwickelt war, läßt sich infolge der 
meist immer etwas deformierten Oberfläche nicht sicherstellen. Dagegen 
zeigen 2 besterhaltene Exemplare, daß jeder von den erwähnten 2 großen 
Höckern durch eine furchenartige Einsenkung in 2 kleinere Höcker geteilt 
ist, was kaum auf eine zufällige Deformation zurückzuführeu wäre. 

Durch den Schalenumriß nähert sich diese Art am meisten der viel 
kleineren Art Arist. inclyta Barr.!) aus E—e,; die letztere besitzt aber nur 
einen großen Höcker; auch die im Umriß ähnliche, ebenfalls kleine Ar. 
amica aus F—f, ist einhöckerig. Die Anordnung der Höcker bei Arist. 
parabolica ähnelt derjenigen bei Avist. memoranda Barr. Jedoch besitzt die 
letztere, aus Unterdevon (Ff,) stammende Art anders geformte Hôcker 
und außerdem ist ihr unterer Schalenrand schwächer gekrümmt. 


Dimensionen: Die größten Exemplare erreichen eine Länge von 47 mm. 
Fundort: Kosof, Ff, (11 Exemplare bekannt). 


Aristozoe Clarkei 7. sp. 
Taf. I. Fig. 6—8. 


Die Schale hat einen halbkreisförmigen Umriß. Dort, wo der Vorderand 
mit dem Rückenrand zusammenstößt, bildet die Schale einen abgerundeten, 
schwach hervortretenden Vorsprung ; der unter diesem Vorsprunge befind- 
liche vertikale Vorderrand ist schwach welltig und ohne Randleiste. Dieselbe 
wird erst an der Grenze zwischen dem Vorder- und Unterrand deutlich. Der 
Unterrand ist mit einer starken, etwa 21/, mm breite Leiste versehen, welche 


1) Barrande |. c. Pl. 24. fig.40 41. p. 478. 


229 


durch eine fast ebenso breite seichte Furche von der übrigen Oberfläche 
getrennt ist. 

Der Hinterrand ist ein wenig schief abgestutzt. Der Rückenrand er- 
scheint vielfach gewellt, was wohl mit den zablreichen Warzen, mit denen 
diese Partie besetzt ist, zusammenhängen dürfte. Besonders große Konve- 
xität zeigt jene Stelle des Vorderrandes, wo der große Höcker entwickelt ist. 

Im oberen Drittel der Schale sind zwei große Höcker entwickelt, wovon 
der erste kleiner, mehr gegen den Vorderrand gerückt und von länglich eiför- 
miger Gestalt ist. Der zweite, größere, dicht an den Dorsalrand hinab- 
reichende, und tief nach unten bis zur Spitze des ersten Höckers sich 
erstreckende Höcker, hat einen sphärisch dreieckigen Umriß. Beide 
Höcker sind durch ziemlich tiefe Furchen voneinander geschieden und 
treten deutlich hervor. 

Außer diesen 2 Höckern ist der größere Teil der Oberfläche mit 
zahlreichen, flach gewölbten kreisförmigen Wärzchen besetzt. Ihre An- 
ordnung scheint den Umrissen des Rücken- und Hinterrandes zu folgen. 

Unter der Lupe gewahrt man nebstdem viele haarförmige, kurze Run- 
zeln, weiche sich zwischen den Höckern und Wärzchen und sogar über die- 
selben in verschiedener Richtung hinwegziehen. Es bleibt unentschieden, 
ob dieselben zur Ornamentation der Schale gehören, oder eines anderen, 
vielleicht pathologischen (durch Parasiten hervorgerufenen?) Ursprungs 
seien, was eher anzunehmen ist. 

Durch die Form des Schalenumrisses nähert sich die vorliegende 
Art zu Aristozoe perlonga Barr), jedoch macht die sehr charakteristische 
waızıge Skulptur der Oberiläche bei Ar. Clarkei etwaige Verwechselung 
bei der Arten unmöglich. Eine entfernt ähnliche Skulptur der Oberfläche 
fanden wir nur bei einem Exemplar von Aristozoe aus F—/,, welches Bar- 
rande?) als zu Arist. memoranda gehörig abgebildet hatte. Jedoch zeigt dieses 
Stück viel kleinere, sehr zahlreiche, kegelförmige Erhebungen und nebstdem 
ganz feine punktförmige Grübchen, welche der Ar. Clarkei fehlen. 


Dimensionen: Länge bis 40 mm; Breite 24 mm. 
Fundort: Kosot — Ff,. 


1) Barrande, Syst. silur. Vol. I. Suppl* Pl. 23. fig. 26—39. 
2) 1. c. Pl 32 fig. 16—17; wahrscheinlich ist es eine neue Art. 


TAFELERKLARUNG. 


Fig. 


1, 


r 


ee) 


10. 
LL 


2. Pygocaris Schuberti n. sp. 
Abdruck mit Gegenabdruck, an denen die hintere Rückenpartie fehlt. Natürl. 
Größe. 


. Idem. Vertikalschnitt durch die Schale, geführt hinter dem letzten Höcker. 
. Id. Idealer Längsschnitt, beiläufig in der Mitte der Breite geführt. 
. Id. Halberwachsenes Exemplar, aus einer kalkigen Einlage stammend, dessen 


Umriß ein wenig deformiert ist (vorne), welches aber einen wohlerhaltenen 
Rückenrand aufweist. Kombiniert nach dem Positiv und Negativ, welche 
stellenweise die charakteristische Skulptur zeigen. 


. Aristozoe Clarkei n. sp. 


Positiv mit erhaltener Skulptur. Vergr. ?,. 
Die kurzen, in verschiedener Richtung sich ziehenden strichförmigen Runzeln 
rühren wahrscheinlich von Parasiten her. 


. Id. Optischer Längsschnitt. 
. Id. Optischer Querschnitt. 
. Aristozoe parabolica n. sp. 


Ganz wenig deformiertes Stück, dessen Hinterrand nach anderen Exemplaren 
ergänzt wurde. Natürl. Größe. 

Id. Optischer Vertikalschnitt. 

Id. Optischer Längsschnitt (schwach vergr.). 
Alle Originale stammen aus Kosof, F—f,, und sind im Museum des Königr. 


Böhmen aufbewahrt. 


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J. PERNER: ÜBER NEUE PHYLLOCARIDEN 


AUS DER BANDE F-;. 


rae : ême. 1916. 
Bulletin international de l'Académie des Sciences de Boh@me. 19 
Autor ad nat. del. 


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Uber die a@i,-Schichten und ihre Trilobitenfauna. 


Von C. KLOUCEK. 


Resumé des böhm. Textes. 
Vorgelegt am 27. Juni 1916. 


In den letzten 10 Jahren wurde in der untersilurischen Bande D, 
besonders fleißig nachgeforscht und eine Menge von neuen Petrefakten zu- 
sammengebracht. 

Dadurch wurde nicht nur die Fauna von D, bedeutend vermehrt, 
sondern auch die stratigraphische Stellung dieser Stufe und ihre Beziehungen 
zu den analogen fremden Ablagerungen mehr aufgeklärt. 

K. Holubs Entdeckung der jüngeren Euloma-Niobe-Fauna in : 
dygbei Klabava (Rokycany) 19071) hat überrascht, obzwar die früher 
schon bekannten Typen wie Amphion Lindaueri Barr., Harpides Grimmi 
Barr. und Cheirurus Hofmanni Perner die Existenz dieses Horizontes in 
Böhmen vermuten ließen. 

Noch überraschender, weil gar nicht vorausgesehen, war die Ent- 
deckung von Trilobiten in d,, (KruSnahora-Schichten), die dem Autor 1914 
bei Olesnd, unweit St. Benigna, geglückt ist?) Aus diesen Schichten waren 
bisher außer Brachiopoden und Spongien überhaupt keine anderen Fossilien 
bekannt. Die darin gefundene Trilobitenfauna ist von kambrischsilu- 
rischem Charakter — etwa des Lower-Tremadoc, wodurch die stratigra- 
phische Stellung der d,,-Schichten als des untersten Gliedes des böhmischen 
Untersilur schlagend bewiesen wird. 

Die d,y-Schichten, obzwar schon früher besser durchgeforscht, erfuhren 
auch eine namhafte faunistische Bereicherung und somit auch eine weitere 
stratigraphische Klärung, worüber hier, mit besonderer Berücksichtigung 
der Trilobiten, berichtet werden soll. 


1) K. Holub ‚‚Novä fauna spod. siluru v okoli Rokycan“, ,, Uber eine neue 
Fauna des Untersilurs in der Umgebung von Rokycan“ und ‚‚Nachträge‘‘, Bull. 
internat. d. Acad. d. sc. de 1. Boheme, 1911—12. 

2) C. Klouéek ,,Nälez trilobitü v da‘, ,, Trilobitenfund in d,g", Sitzb. d. k. 
böhm, Ges. d. Wiss., Prag 1914. 


232 


Die d,,-Schichten bestehen bekanntlich aus dunklen Schiefern mit 
stellenweise auftretendem Eruptivgestein — seltener mit wenig mächtigen 
Eisenerzablagerungen — und sind sehr trilobitenreich. 

Ihre statigraphische Stellung hat W. C. Brogger hauptsächlich 
auf Grund der von J. Perner beschriebenen Graptolithen festgestellt 
und d,, in Middle-Arenig bis Lower-Llandeilo placiert.?) Zugleich wies er 
auf die sonderbare Mischung von älteren und jüngeren faunistischen Formen 
in d,, hin, mit der Bemerkung, daß eine weitere Teilung der Bande d,, 
wünschenswert und vielleicht bereits möglich wäre. 

Diese Voraussage Broggers ist 1908 in Erfüllung gegangen. Eine 
Menge von neuem selbstgesammelten Material aus Vokovice-Särka bei 
Prag und aus Male Pyilepy (nw. von Beroun), sowie die älteren Trilo- 
bitenfunde aus dem Kozojeder Stollen (bei St. Benigna), die zuerst von 
Lipold-Fritsch (Friè) 1861 publiziert wurden, haben mich — unter 
teilweiser Mitwirkung von K.Holub — von der Existenz zweier faunistisch 
abweichender, somit selbständiger Zonen in d,, überzeugt, worüber in 
den Sitzungsber. d. K. böhm. Ges. d. Wiss. 1908 ,,0 2 horizontech v diy; Uber 
2 Horizonte in dy, in Kürze berichtet wurde.*) | 

Seitdem hat sich das beweisführende Petrefaktenmaterial stark 
vermehrt, wovon die nachfolgenden 2 Verzeichnisse der Trilobitenfauna 
aus den beiden Zonen eine Vorstellung geben sollen. 

Die da verzeichneten Trilobiten sind, nur einige der oberen Zone 
ausgenommen, aus den Konkretionen bekannt. Die Konkretionen sind in 
diy, hart, meist schwarz, seltener braun; in d,,, dagegen oft weich, grau 
oder gelblich — seltener auch dunkel und hart. 


Trilobiten in d 
s. = selten, s.s. = sehr selten, h. = häufig, s. h. = sehr häufig. 


lya: 


| Erlischt 
in | Osek | Särka 
diya 
Le eA cudas pis PAR "Bares mn Dr SAS IS 
2. | Acıdaspis Buchi var. macrophthalma Klou. Ss. NS 
8.1 mA salına. Drisea DATE u. aa ane eee ? S. : 
| 4. | Aeglina prisca var. synophthalma Klou.... | + | S. 
5) Dr. Jaroslav Perner ,,Etudes sur les Graptolites de Bohême‘ II. p., 
1895. 


J. W. Brogger ,,Uber die Verbreitung der Euloma-Niobe-Fauna“, 
Nyt. Magazin f. Naturvid., 1897—8. 
*) Die von mir angewandte Bezeichnung, d,,» für die untere und d,y, für die 
obere Zone, halte ich nur für provisorisch, bis eine den heutigen Verhältnissen ent- 
sprechendere Benennung im böhm. Silur eingeführt sein wird. 


RP — F 


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BS BONS bs) ho SS RO 


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D I Ci 


233 


Erlischt 
in |Osek | Särka 
diya Bee] 
Aeglina speciosa Corda .................. Suis s: 
Aeglina princeps mut. praec. Klou. ...... + LS: 
Aeglina Kossleri Holub n. sp. ........... LL GREE 
Aeglina Bergeron Nov. ................. -| Sb 
Aeglina sulcata Barr. ................... s, SU Es 
Aeglina mitvata Nov. ................... S.1S% 
Amphion senilis Barr. .................. SiS. Se 
Areia Barrandei Nov. .................. LS tests 
Cheirurus pater Barr. ................... Pr 52: S8 SE 
 Cheirurus ne Se REN S Ss. 
Dindymene bohemica Ea. CCSN RP ENNNREe Les PIS 
Placoparia Zippei Boeck. ............... baby uns. ha |es-ne 
Bathycheilus perplexus Barr. (emend. Holub). | + |s.s 
Bohemilla stupenda mut. praecedens. Klou. SE 
Calymene Arago Rou.................... wise he | SUR 
Calymene inopinata Nov................. t Sas.) | Ss 
Pharostoma pulchrum Barr. (emend. Pom- 

20 1) ile seed ae ister o nw te ata nn Re oS: 
Dalmanites atavus Barr.................. = h. + A. 
Dalmanites atavus var. intermedia Nov.... S. S. 
Dalmanites atavus var. transiens Nov. .... | + 5 =“ 
Dalmanites atavus var. microphthalma Nov. | + |S-S.| 8. 
Dalmanites Barroist Nov. ............... 4 S. 
Dicelocephalina bohemica Nov. ......... Ss 
Dionide prima Klou. n. Sp. ......-.-.... SISLI ONE 
Harpes primus Barr. ................... LIST SRE 
Trinucleus Reussi Barr. ................. ESRI ER 
Holometopus? (Ulaenus) bohemicus Barr... | 1 | S- S| 5+ S: 
Asaphellus (Ogygia) desideratus Barr. (em. 

EDR) hoes ee Fee weitere ns ? Hoyt D: 
Ptychocheilus (Niobe) discretus Barr. (em. 

LR | ee ee cer EEE ETES Ae ON Se S. 
Megalaspides alienus Barr. (emend. Brogger) | ? bh.’ Be 
Platypeltis (Nileus) puer Barr. (emend. 

Brass seems eye sen tes es | FAR 
Symphysurus (Ulaenus) calvus Barr. (emend. 

Be 9 RE RE CEREEERE EEE | + |s.s | 
Barrandia bohemica Nov. ............... + h. 
Illaenus Katzeri Barx........... N Gar a RA Pan 
Illaenus Särkaensis Nov. ................ 2) aes |S. ha 


234 


= Erlischt ren 
in | Osek | Särka 
a diya ar. 
40. | Illaenus parabolinus Nov. ............... | + 
41. | Zllaenusadvena Date... ze - S. 
42 Bumastus avus? Holub, .... Seen san 4.8487 ss 
3. | Bumastus pragensis Klou. n. sp. ......... ar 52.5, 
44, | Jlaenusic. 1. aavena Bar... ne 0] S 
45. l'Lichas-avus Ban M ee eee is ee 
46.7) MEichas’ ıncola Pan Re ER ESS 
41. |. Lichas giganteus Holub. n. sp... ss... eee + |s.s. 
46; | Agnostus Tullberri, Nov... ....0... en car S..S. |S. S. 
49. 1 Agnostus ‘stmilaris Bart.s re coeur S. 5. 
50. | Agnostus perrugatus var. caducus Barr. (em. 
lous TRUE er hote Haute SE SNS INSEE 
51... Aemostus Derimyegatus BAR TN ER: S. S. | S.S 
DAS | CAO NOS LUS DUSMANONEE CREME ee + |s.s. 
53. | Agnostus Frié: Holub......... saree CRE + 155. 
54. | Agnostus bohemicus Barr... Se 
Trilobiten in d,,,. : 
Ze | Erlischt | Särka—| 
in Voko- 
| diyb | vice 
l. | Acidaspis Buchi var. macrophthalma Klou...... S.S 
2: | Ageling speciosa Corda... Lee ES 
3. | Aeglina speciosa var. brachycephala Klou. ..... S: 
4. | Aeglina speciosa var. synophthalma Klou....... | + |s.s. 
5. | Aeglina princeps Barr. ................ er + | h 
6. | Aeglina prisca var. longicephala Klou.......... + | h. 
T.: |. Acghna blamecphala Nov: ne re + |s's 
8. | „Asplina rediuiun Batt.... wc a ole pho ee ee Shee 
9. | Aeglina monophthalma Klou. n. sp. ........... + |ss 
LO.) | LAMPYS ti. SP. ee ee Poe ogee 
Ll. | AreasRrıeı Bann en terrae on Re Eo Be | 
12. | «Chesrurus vinculum Ban... Re ee, 55 
13. | Cheirurus ni sp:?....:; de Ira dw tebe ASE ee cement ? 
14. | Dindymene Haidınzerv Barr Re Se 
15. | Placoparia Zippei var. tumida Klou. .......... ARTS 
16. | Asaphus Mobilis Barr Re S. 
17. | Barrandia crassa Barr........ SRG ABLE RE Age eae 


ts 


Erlischt | Särka— 


18. | Platypeltis (Nileus) puer Barr. sp........ ND + 

19. | Platypeltis (?) longicaudus Klou. n. sp. ........ + 138 
202 Bohenmlla stupenda Barr. 0... codec cues eewn = | Ses 
21. | Calymene Avago var. macrophthalma Klou...... + | os. 
22. | Carmon primus Barr. .....,...... De ods PL m4 
PRO dE Jormosa DALE. esta ion Cw ee 
24. | Trinucleus Buckland: mut. praec. Klou. ....... tas ESA'S 
Dope GF PCS Bememensis BATES: le sine 305 6600 de cease 4 S. 
OR DR MARÉES Orensy DAL do. 0e. uso ete h. 
27. | Dalmanites oriens var. myloensis Klou. ........ | 

28. | Dalmanites atavus var. Novakı Klou........... S. 
OS | Jeu a RE D D SCR SD Ss OO eco e Pas 
30, se iilaenus Benienensis Nov. „2... 5... .......... | h. 
SI llaenuseanalus Bates vd ais soos ieee ees 

32 TlacnussBermnen OO EEE owners 

sos) Dllgenus Perneri? vat. glabra Klou:........... 3 NSS, 
TO US CNP TMUIUS Bat... wessen cena ? 

Soe Sarkıa bohemica Klou.n. 2. n. Ssp...2..2.:2.: UNSS. 
DO  Apnostus SIMMATIS Tall. esse seven one 

Bien)  Aemoszus Derrugatus Barr. SP. ie. ne. 18.5, 
38. | Agnostus perrugatus var. caducus Barr. (emerd. 

LOU CIS a EAS mere Oe Che a IE + PS.8. 
RAP A0S is TullberizNos. eo... IX Er Lie, wes = ers 
| ae ee ER | 
U EN ET LS (ee Pe: 
a2 | Agnostus bohemicus Nov..........,..........n. + [Ses 


Ganz vereinzelt, wahrscheinlich aus den Ubergangschichten®) stam- 
mend, wurden bis jetzt folgende der Zone d,,, zugehörige Trilobiten auch 
in der Zone dy, gefunden: 


1. Asaphellus desideratus Barr. 
. Calimene Arago Rou. 

. Cheirurus pater? Barr. 

. Illaenus Katzeri Barr. 

. Illaenus Särkaensis Nov. 

. Lichas incola Barr. 


1ya 


D mw bo 


5) Dem ähnlichen petrographischen Charakter nach zu urteilen ist mit dy 
keine wesentliche Veränderung der Lebensbedingungen eingetreten, weshalb auch 
die Fauna in d,,» keine plötzliche Umgestaltung zu erfahren hatte. 


236 


~I 


. Placoparia Zipper Boeck. 
Megalaspides alienus? Barr. 
9. Trinucleus Reussi Barr. 


= 


Diese Verzeichnisse besagen folgendes: 

1. Die Trilobiten der Zone d,,, zählen heute 54 Arten und Varietäten; 
in der Zone d,,, 42 Arten und Var. (die erwähnten vereinzelt gefundenen 
9 Arten nicht mitgerechnet). 

2, Gemeinschaftlich den beiden Zonen sind nur 6 Trilobiten: Acı- 
daspis Buchi var. macrophthalma Klou., Aeglina speciosa Corda, Agnostus 
bohemicus Nov., Agnostus Tullbergi Nov., Agnostus similaris Barr. und 
Agnostus perrugatus var. caducus Barr. 

Die gesamten Trilobitenarten (und Varietäten) im ganzen dy 
erreichen also bereits die hohe und gewiß unerwartete Zahl %. 


3. In höhere Banden (D,—D,) steigen: 


Asaphus nobilis Barr. Aeglina sulcata Barr. 
Dionide formosa Barr. Pharostoma pulchrum Barr. 
Aeglina speciosa Corda. Acidaspis Buchi Barr. 
Aeglina rediviva Barr. Acidaspis Buchi var. macrophthalma 
Aeglina speciosa var. brachycephala Klou. 

Klou. , Illaenus Perneri Klou. 
und 


Dalmanites oriens Barr. (wenig verändert als D. Hawlei und D. Des- 
hayesi Barr.). 

4. Die meisten bisjetzt beschriebenen Arten aus dy — Schichten‘) ge- 
hören der unteren Zone d,ya an.?) 


6) J. Barrande ,,Syst.silur.‘ Vol.I. u. Suppl. O. Novak ,,Zur Kennt- 
niss der bohm. Trilobiten‘ in Beiträge zur Palaeontologie Österreich-Ungarns und 
d. Orients B. III, H. I—II., 1883. K. Holub ,,Piispévek ku poznäni fauny 
pasma d,y‘‘, ,,Beitrag zur Kenntniss der Bande 4,4", Bull. internat. d. P Acad. d. sc. 
de Bohême, 1908. C. Klouéek ,,0 geol. horizontu rudniho loziska na Karÿzku“, 
,, Uber den geolog. Horizont desErzlagers bei Karyzek‘, ebenda 1918. J. V. Zelizko 
,, Geologischpalaeontol. Verhältnisse der nächsten Umgebung von Rozmital in Böh- 
men“, ebenda 1906, ist hier nicht berücksichtigt, da der Horizont von RoZmitäl noch 
nicht sichergestellt ist und wegen seiner typischen Dionide formosa Barr. und einer 
Strophomena in d,ys wenigstens nicht gehört. 

7) In den ‚‚Erläuterungen zur geol. Karte der Umgebung von Prag“ von 
J. Krejëi und R. Helmhacker im Archiv f. naturwiss. Durchforschung 
Böhmens, 1879, Bd. 4, S, 24 hei®t es: ,, Im Hangenden dieser Schiefer (d,y) erscheinen 
an einigen Orten spärliche Koncretionen.‘“ 

Diese Angabe Krej£is gilt nur für einige Lokalitäten z. B. bei Male Pfilepy, 
trifft aber für das ganze d,, durchaus nicht zu, wie das große (erst nach Krej ¢i ent- 
blößte) Schieferprofil der unteren Zone d,y bei Vokovice (Särka) w. bei Prag, wo die 
Konkretionen stellenweise häufig und petrefaktenreich sind, handgreiflich beweist. 
Fr. Katzer nahm augenscheinlich die unzutreffende Angabe Krejèis in 
seine ,,Geologie von Böhmen‘ S. 860 auf, wodurch im Auslande die irrige Ansicht 


237 


Ähnlich wie die Trilobiten verhält sich auch die übrige Fauna der 
Zone d, ya zu der entsprechenden Fauna in d, yb. Die meisten Arten der 
Zone d, ya erscheinen nicht mehr in der oberen Zone d, yb (Orthis moesta 
Barr., Orthis socialis, Babinka (Anuscula) prima Barr., einige Varietäten 
der Redonia bohemica Barr., die meisten Arten der Gattung Orthoceras 


und Didymograptus, einige Gastropoden etc.), oder treten dort in ab- 
weichender Gestalt als Mutationen auf. 


Dagegen erscheinen in d, y 6 meist zum ersten Male: die Chitonidenart 
Helmithochiton aequivoca Robson n. sp., Strophomena, einige Lingula-Arten 
(L. trimera Barr.), Paterula bohemica Barr., Synek (Filius) antiquus und 
Deeruska (Filiola) primula Barr., neue Pteropoden, Crinoiden, Ostra- 
coden, Gastropoden und Graptolithen (Diplograptus sp., Cryptograptus 
(Idiograptus) Zricornis Carr. etc. 

Alle diese Tatsachen beweisen wohl zweifellos, daß die d, Y- Schichten 
faunistisch nicht einheitlich sind, sondern aus 2 (annähernd gleich mächti- 
gen) faunistisch abweichenden Zonen bestehen. 


Besondere faunistische Erscheinungen in d,y. 


Alle silurischen Trilobitgattungen der Fauna von d,ß erscheinen, 
mehr oder weniger verändert, in d, y wieder: Nileus, Barrandia, Megalaspis, 
Niobe, Amphion, Cheirurus und Aeglina. 


entstehen konnte, die Fauna der Konkretionen in dy gehöre in das Hangende resp. 
in die obere Zone d,,5. So wurde wohl J. Pompeckj (,, Uber Calymene Brogniart“. 
Neues Jahrb. f. Min., Geol. u. Pal. B. I., 1898) irregeleitet, denn Calymene Arago Rou., 
Calymene inopinata Nov. Pharostoma pulchrum Barr. erscheinen in der unteren Zone 
von dy, wo C. inopinata Nov. auch erlischt. Die Ausführungen Pompe ckjs auf 
Seite 225—6, 232—4 werden natürlich dadurch tangiert. 

Dabei ist in dieser Abhandlung Pompeckjs noch die Stelle auf Seite 226 
zu berühren: ,,es ist bei den Trilobiten mit ;icherheit zu behaupten, daß Wangen- 
stacheln bei jüngeren Formenreihen derselben Gattung oder Familie nicht erworben 
werden, sondern daß in der Regel Wangenstacheln ein Kriterium altertümlicher und 
älterer Familien und Gattungen sind. Diese Regel. ..‘“ Dementgegen führe ich an, 
daß in Böhmen dieälteren Arten der Gattungen Barrandia in dy, und in d,g (Holub), 
Dalmanitesind ,y und Illaenus in d,y—d, keine Wangenstacheln besitzen, die jüngeren 
Arten dieser Gattungen jedoch in d,,» (Barrandia crassa Barr.), D, (Dalmanites socialis 
Barr.) und D, (Illaenus Zeidleri und Ill. Wahlenbergianus Barr.) die Wangenstacheln 
aufweisen. Ebenso wird der wangenstachellose Nileusaus dyg (Autor) und d,g (Holub)— 
beibe freilich erst unlängst entdeckt — in d,, wangenstachlig. 

Rücksichtlich der Angabe E. Dagués (Grundlagen u. Methoden der Paläo- 
geographie, 1915),,es fehlt im Untersilur in Böhmen Aeglina, Chasmops, Nileus — —‘‘ 
genügt wohl die Bemerkung, daß Barrande bereits im Jahre 1852 in ‚‚Syst. silur.‘“ 
Vol. I. und im Suppl. Vol. I. 1872, 6 Aeglina-Arten aus dem Untersilur Böhmens in 
Wort und Bild vorgeführt hatte. 

Die Gattung Nileus hat Br@gger schon 1897 (,, Über die Verbreitung 
der Euloma-Niobe-Fauna‘‘) in der Art Illaenus puer Barr. erkannt, was ja übrigens 
O. Novak schon 1883 in ,,Zur Kenntniß der böhm. Trilobiten‘‘ angedeutet hat, 


238 


Mit ihnen treten jedoch weitere neue Trilobiten auf, darunter 3 außer- 
halb Böhmens bereits im Tremadoc vorkommende Gattungen: Dicelo- 
cephalina, Holometopus? und Ampyx (d, yb). 


Von diesen überrascht besonders Dicelocephalina (Dicelocephalus) 
bohemica Novak, die bei Vokovice (Särka) von O. Noväk®) entdeckt 
wurde und das letzte faunistische Ausklingen des Kambrium in Böhmen 
bildet. Zugleich stellt auch Dicelocephalina bohemica mit Holometopus? 
(Illaenus) bohemicus Barr. und Ampyx sp. (gefunden von Ing. F. Hanus) 
ein gutes Beispiel von späterer Einwanderung in Böhmen vor. 

Zum Vergleich mit außerböhmischen Horizonten als besonders ge- 
eignet erscheint Trinucleus Bucklandi mut. praecedens Klou., der in d,yb 
entdeckt wurde und der englischen Art Trinucleus Murchisoni Salt. (Shrop- 
shire, Lower Llandeilo) wohl nahverwandt ist. 


Besonders interessant sind 2 weitere im Vokovicer dyb vom Autor 
gefundene neue Trilobiten: Aeglina monophthalma Klou. n. sp. und Sérkia 
bohemica Klou. n. g. n. sp., derer Eigenartigkeit weiter besprochen werden 
soll. 


Aus den Funden der übrigen Fauna sticht besonders eine vom Autor 
in d,yb gefundene Chitonidenart Helminthochiton aequivoca Robson n. sp. 
(Geol. Magazine 1913, Vol. X. Nr. 589 pp. 302—4, Guy Robson: ,, Helmintho 
chiton aequivoca n. sp., lower Ordovician, Bohemia‘‘) hervor, denn sie 
repräsentiert bis jetzt das erste Auftreten der Polyplacophora überhaupt. 


Über Graptolithenfunde in d, y wäre zu erwähnen, daß Graptolithen- 
horizonte in d,y, mit einer einzigen vom Autor konstatierten Ausnahme 
(Sarka, Horizont mit Didymograptus V fractus Salt. var. volucer Nich 
und einigen anderen Didymograptus-Arten), aus den Liegendschichten 
des d, ya, bis jetzt nicht festgestellt wurden. 


Bemerkungen zu den einzelnen Trilobiten des d,y.”) 


Numeriert nach den Verzeichnissen. 


Trilobiten in d, Ya. 


2. Acidaspis Buchi var. macrophthalma Klou. Unterscheidet sich 
durch große Augen und nach rückwärts gebogene Rippenstacheln vom 
typischen A. Buchi Barr., der gerade Stacheln und kleine Augen besitzt. 


8) Die Fauna des d,, von Särka studierte unser ausgezeichneter, leider zu früh 
verstorbener ©. Novak (71892) als erster, wovon die Reihe von ihm aufgestellter 
neuer Species (meistin Manuskript) und ein diesbezügliches, mitschönen, von O. Novak 
s:|bstgezeichneten Tafeln versehenes nachgelassenes Manuskript zeugt. 

Mit der Herausgabe dieser Arbeit wurde Dr. Jaroslav Perner betraut. 

°) Solange das neue Trilobitenmaterial aus dy nicht publiziert sein wird, sollen 
diese Bemerkungen als Notbehelf bei Unterscheidung der betreffenden Arten dienen. 


239 


Die Wangenstacheln gehen beim typischen A. Buchi plötzlich, beim 
A. Bucht var. macrophthalma jedoch allmählich in die Wange über. 
Vorkommen: Das ganze d, Ya. 


3. Aeglina prisca Barr. 


Bekannter Trilobit, dessen Hypostom aber erst unlängst vom Autor 
bei Vokovice (Särka) gefunden wurde. Das Hypostom ist winzig, kurz 
und breit. 

Sein aufgetriebenes Mittelfeld ist in der Mitte etwas vertieft und an 
den Seitenenden gerundet. Das zwei cm langes Individuum hat 3.5 mm 
breites Hypostom. 

Vorkommen: Das ganze d, Ya. 


4. Aeglina prisca var. synophthalma Klou. 


Seltene Varietät mit vorn verengter Glabella. Große Augen sind 
unter der Stirn ganz nahe beieinander und nur durch schmalen Streifen 
getrennt, im Gegensatz zur typischen A. prisca Barr., die außerdem 
auch größer ist. 

Vorkommen: Särka. 


6. Aeglina princeps mut. praecedens Klou. 


Hat auf der Glabella 6 schwach eingedrückte Furchen, dort wo die 
typische A. princeps Barr (d,yb) 6 von der Achse nach dem Glabellarand 
rückwärts gebogene, oft undeutliche Linien zeigt. Augen kürzer als bei 
typischer A. princeps, Hypostom jedoch fast identisch. 

Vorkommen: Särka, 1 Ex. 


7. Aeglina Kossleri Holub (in lit.) n. sp. 


Ähnelt in Form und Größe der bekannten A. rediviva Barr. (d,Y b). 
Zwei im Bogen eingedrückte Seitenfurchen auf der Glabella entsprechen 
den hintersten 2 Linien bei A. princeps Barr. Pygidium nur mit einer 
Segmentfuiche beiderseits nahe unter der Halbrippe. Pygidiumspindel, 
etwas länger als bei A. rediviva, verengt sich rückwärts und endigt nicht 
so rundlich und stumpf wie bei A. rediviva. 


Vorkommen: Das ganze d,yb. 


8. Aeglina Bergeroni Novak (in lit.) n. sp. 


Glabella länglich, vorn stark zugespitzt, mit 3 Linien beiderseits 
etwa wie A. princeps Barr., welche bei größeren Individuen als schwach 
vertiefte Furchen erscheinen. Augen groß, jedoch schmäler als bei A. prisca 
Barr.,i reichen, wie bei dieser Art, vorn unter die Glabella. Hypostom 


249 


winzig wie bei À. prisca. Sein aufgetriebenes Mittelfeld ist jedoch an den 
Seitenenden zugespitzt und ohne Vertiefung in der Mitte. Die Thoraxspindel, 
mäßig gewölbt und breit, verengt sich stark rückwärts. Pygidium kurz 
und breit, etwa Übergang zwischen Pygidium von A. prisca und A. speciosa 
Corda. 


Vorkommen: Nördlicher Streifen des d,y a. 


18. Bohemilla stupenda mut. praecedens Klou. 


Äußerst seltener Vorgänger der typischen und ebenso seltenern B. stu- 
penda Barr. (d,y 6), von der er wahrscheinlich (man kennt von ihm bis jetzt 
nur Glabella und 2 Pleuren) nur durch seine vorn breitere Glabella ab- 
weicht. Diese Abweichung war schon O. Novak bekannt, der die im 
Barrandeum befindliche Glabella mit B. cf. stupenda Barr. bezeichnete. 


Vorkommen: Särka. 


22. Dalmanites atavus Barr. 


Bekannte und häufige Art, die von allen Trilobiten in d,y (Illaeniden 
ausgenommen) die zahlreichsten Varietäten aufweist, die O. Novak im 
vorerwähnten Manuskript nach Größe der Augen unterscheidet. 


Vorkommen: Das ganze d,ya. 


.Dalmanites Barroisi Novak (in lit.) n. sp. 


Glabella vorn breit und hinten verengt, etwa wie bei Phacops Volborthi 
Barr., mit den kleinsten Augen unter den Dalmaniten (15—20 Linsen), 
welche ganz ohne vorstehende Ränder und ganz flach sind. Wangen glatt. 
Pygidium sehr breit und ziemlich kurz, mit scharf eingeschnittenen Seg- 
menten. Länge des Individiuums bis 10 cm. Seine Varietät in Uvaly und 
Osek hat eine schmale Glabella. 


Vorkommen: Särka. 


27. Dicelocephalina (Dicelocephalus) bohemica, Novak (in lit.). 


Glabella und Mittelteil des Pygidiums ähnelt stark der D. dicreura Ang. 
(J.C. Moberg, Geol. förh. bd.2 2, h. 7). Das Pygidium hat 4 flache Stacheln, 
also nicht bloß 2, wie die außerböhmischen Species der Untergattung 
Dicelocephalina Brogger. 


Vorkommen: Särka. 


28. Dionide prima Klou. n. sp. 


Vorgänger der typischen D. formosa Barr. (d,yb und höher), von 
der erdurch die Glabella verschieden ist, die gegenden Hinterrand zu 


241 


nicht so ausgesprochen in 3 Loben geteilt ist, sondern ähnlich wie Trinucleus 
Reussi Barr. hinten beiderseits 1 Höckerchen besitzt. 


Vorkommen: Das ganze d,y.a 


31. Holometopus (Illaenus) bohemicus Barr. 


Sehr seltene Art mit 9 flachen Pleuren. Glabella flach, rundlich, 
mit erhöhtem Saum ringsum. Mittelglabella hinten fast gleich breit wie die 
festen Wangen. Wangenstacheln breit, nach hinten divergierend. Augen 
klein und stark rückwärts gelegen. Thoraxspindel ziemlich schmal und 
mäßig gewölbt. Pygidium breit und gerundet, seine Spindel schmal, un- 
deutlich segmentiert. (Vergl. C. Wiman in Palaeontolog. Notizen 7—12, 
1906.) 

Vorkommen; Särka und Osek. 


37. Barrandia bohemica Nov. (in lit.) 


Wangenstachelloser Vorgänger von B. crassa Barr. (d,yb). Bis un- 
längst nur im nördlichen d,y a bekannt, wurde von mir und meinem Sobne 
bei Cekov und Sirä (zwischen Zbiroh und Myto) gefunden. 


42. Bumastus avuus? Holub. 


K. Holub hat in seiner bereits zitierten Arbeit ein Pygidium 
des B. avus abgebildet, das unserem Särkaer Pygidium recht nahe steht, 
obzwar dieses etwas länger ist und seine Spindel merklicher ange- 
deutet erscheint. Die Glabella hat Holub nicht abgebildet. Diese ist bei 
unserem Exemplar breit, mäßig gewölbt und nur ganz schwach — in 
Übereinstimmung mit dem Pygidium — vom Wangenfeld getrennt, demnach 
im schroffen Gegensatz zu B. pragensis Klou. Augen wahrscheinlich (das 
Exemplar ist teils beschädigt) kleiner als bei Bumastus pragensis. 


Vorkommen: Särka. 


43. Bumastus pragensis Klou. n. sp. 


Glabella breit, mäßig hoch wie bei B. avus? Holub, jedoch durch 2 
lange zur Achse eingebogene Furchen sehr deutlich geteilt. Augen groß, 
etwa bei Illaenus advena Barr. 

Thoraxspindel noch breiter als bei B. avus? Holub, */; der Thorax- 
breite einnehmend. 

Vorkommen: Särka. 


44, Illaenus cf. advena Barr. 


Ubergangsform von Illaeniden des Typus Il. advena Barr. zum Bu- 
mastus. Glabella flächer und Augen etwas kleiner als bei Ill. advena ; die 
Bulletin international XXI. 16 


242 


Abgrenzung der Glabella von den festen Wangen ähnlich wie bei Bumastus 
pragensis Klou. 

Thoraxspindel, kaum breiter als bei /l}. advena, verbreitet sich etwas 
gegen das Pygidium, welches keine bemerkbare Spindel zeigt. 

Vorkommen: Särka, 1 Ex. 


45. Lichas avus Barr. 


Bekannte seltene Spezies aus Barrandes Syst. silur, wo ihr jedoch 
ein Pygidium von Lichas incola Barr. zugeteilt wurde. K. Holub hat 
das richtige Pygidium abgebildet, jedoch mit unvollständigem großem 
Stachel. Dieser ist ebenso lang wie Cephalothorax und ist im mäßigen 
Bogen aufgewölbt, etwa wie bei Dalmanites socialis Barr. Das Pygidium 
des Oseker L. avus hat 6, des Särkaer 8 Seitendornen. 

Vorkommen: Das ganze di. 


47. Lichas giganteus Holub (in lit.). 


Steht zwischen L. avus Barr. und L. incola Barr. Ist mindestens so 
groß wie L. avus. Die Oberfläche hat Wärzchen wie L. incola, unter denen 
größere Wärzchen schütter auftreten. Die Glabella ähnelt mehr L. avus und 
ist hochgewölbt ebenso wie das Hypostom, welches L. incola näher steht. 
Pygidium ohne großen Mitteldorn, wie bei L. incola. 

Vorkommen: Rokycany—Osek. 


48. Agnostus Tullbergr Nov. 


Die Negativabdrücke des Pygidiums zeigen die Skulptur oft sehr 
undeutlich und veranlaßten wohl O. Novak zur Gründung der Spezies 
Agnostus accedens Nov. Durch Vergleich von zahlreichem später gesammel- 
ten Material stellte der Autor die Identität des A. Tullbergi mit A. accedens 
fest, so daß man höchstens die Bezeichnung A. Tullbergi var. accedens Nov. 
für gewisse Form, die in d,,, vorkommt, zulassen kann. 

Vorkommen: Särka besonders. 


Agnostus perrugatus var. caducus Barr. 


Ähnlicher Fall wie bei A. Tullbergi Nov. 

Agnostus perrugatus Barr. ist öfters glatt, ungerunzelt. Diese Glätte 
tritt zwischen dem skulptierten Stirnlappen (auch der Pygidiumspindel) 
und dem Außensaum auf, wo sonst die bekannte Runzelung vorkommt. 
Diese Runzelung erscheint noch deutlicher bei dem in d,,, auftretenden 
A. perrugatus Barr., der außerdem dort merklich größer ist.10) 

Vorkommen: Särka besonders. 


10) Agnosten, die in dg häufiger vorkommen als in d,,., erscheinen in den 
Konkretionen oft allein resp. ohne Beimengung vonanderen Gattungen, jedoch nicht 


243 


Trilobiten in d,,,. 


3. Aeglina speciosa var. brachycephala Klou. 


Glabella breit wie lang, vorn stumpf abgerundet ; auf dem Hinterteil 
2 flache Quergrübchen wie bei der typischen A. speciosa Corda. Pygidium- 
spindel gut hervortretend, mit wenig deutlicher Segmentierung. Diese Varie- 
tät ist kleiner als A. speciosa Corda. 

Vorkommen: Särka (Vokovice) u. M. Prilepy. 


4. Aeglina speciosa var. synophthalma Klou. 


Glabella wie bei voriger Form, vorn jedoch mäßig zugespitzt. Augen 
vorn ganz nahe beisammen, nur durch schmalen Streifen getrennt — wie bei 
A. prisca var. synophthalma Klou. Pygidium mit undeutlicher Spindel. 


Vorkommen: Wie vorher. 


5. Aeglina princeps Barr. 


Bekannte für d,,, charakteristische Art, deren Hypostom erst unlängst 
vom Autor gefunden wurde. Dasselbe ist 3mal so groß als bei A. prisca 
Barr. Sein Mittelfeld hat zugespitzte Seitenenden und ist in der Mitte 
- mäßig vertieft. . 
Vorkommen: Das ganze di. 


6. Aeglina prisca var. longicephala Klou. 


Glabella schmäler resp. länger als bei der typischen À. prisca Barr., 
mit undeutlichen Grübchen und Verzierungen neben dem Mittelwärzchen. 
Augen noch größer als bei A. prisca Barr. 

Vorkommen: Das ganze dy». 


9. Aeglina monophthalma Klou. n. sp. 


Das Cranidium erinnert eher an Bohemilla als an Aeglina. Hat 3 Paar 
Seitenfurchen, von denen 2 hintere in der Achse zusammenfließen. Hat nur ein 
großes Auge, das etwa in der Hälfte der Glabella beiderseits anfängt, vorn 
die größte Breite erreicht und etwas schräg aufwärts gerichtet ist. Ein ex- 
tremes Beispiel vom Zusasemmefließen der Augen. 

Verwandt mit A. monophthalma ist wohl Trilobites in Fricke Barr. 
(Syst. silur. Vol. I., pl. 34) aus Trubin, Dg. 

Vorkommen: Särka. 


„in der Regel“, wie ©. Jaekel meint (in ,, Über die Agnostiden‘, Zeitschr. d. 
Deutschen geol. Ges. Bd. 61, S. 386, 1909). Öfters sind mit den Agnosten (besonders 
in Särka) kleine Individuen von Placoparia Zippei Boeck, Calymene Arago Rou., 


oder Orthis moesta Barr. beisammen. 
16* 


244 


10. Ampyx n. sp. 


Erstes Auftreten dieser Gattung in der Bande D,, über welche ich 
jedoch, ebenso wie über 13. Cheirurus n. sp.? und 29. Holometopus? n. sp. 
nicht näher referieren kann, da sie mir d. z. nicht zugänglich sind. 

Ampyx n. sp. und Holometopus? n. sp. stammt aus Särka, Cheirurus 
n. sp.? aus M. Piilepy. 


15. Placoparia Zippei var. tumida Klou. 


Eine Übergangsform zu Pl. grandis Corda aus D,. Der Vorderrand 
der Glabella ist nach unten gezähnt, wie bei Pl. grandis. Die festen Wangen 
rundlicher und aufgetriebener als bei Pl. Zippei Boeck. Pleuralleisten des 
Pygidiums neigen sich plötzlicher nach rückwärts als bei der typischen 
Pl. Zipper Boeck. 

Vorkommen: Das ganze d, ¥ b. 


18. Platypeltis (?) longicauda Klou. n. sp. 


Pygidium im Gegensatz zu Platypeltis puer sp. Barr. schmal und 
länglich, rückwärts zugespitzt und an der Innenseite von der Achse schräg 
nach hinten zugeschnitten. Pygidiumspindel hochgewölbt, unter der Halb- 
rippe nicht mehr segmentiert, reicht in die Hälfte der Yen ne Pleuren 
stark rückwärts gebogen. 


Vorkommen: M. Prilepy. 


20. Bohemilla stupenda Barr. 


In Barrandes Syst. silur. ist sie nach verdrücktem Schieferexemplar 
gezeichnet, darum stellenweise (Glabella und feste Wange) nicht ganz 
richtig, wie meine aus den Konkretionen stammenden Exemplare beweisen. 
Glabella länglich, stark gewölbt und vorn ziemlich breitgerundet. Augen 
groß, knapp an dem Glabellarand placiert. Der Hintenrand der festen 
Wange verläuft im Winkel von etwa 60° nach vorn. Hypostom, unlängst 
von mir entdeckt, besitzt ein aufgetriebenes, rundlich fünfseitiges, nach 
hinten mäßig zugespitztes und von dem flachen verbogenen Saum ringsum 
durch Furche getrenntes Mittelfeld. Der hintere flache Saum läuft in 
2 schräg rückwärts divergierende, stark nach unten gebogene Lappen aus. 
An ihrem äußeren oberen Rand sitzt je 1 hohes Wärzchen. 


Vorkommen: Wohl im ganzen d, yb. 


24. Trinucleus Bucklandi mut. praecedens Klou. 


Der schmale hufeisenförmige Außensaum der Glabella hat im Negativ- 


abdruck der unteren Fläche 2 Reihen von hohen Warzen dicht neben- 
einander. 


245 


Pygidium, dessen Unterseite dreieckig ist, kürzer als bei Tr. Buck- 
landi Barr. und ist samt der Spindel nach abwärts umgebogen. Die Bug- 
kante verläuft im Bogen. 


Vorkommen: Nördliches d, yb. 


27. Dalmanites oriens var. mytoensis Klou. 


Glabella, in scharfeingeschnittene Seitenlappen geteilt, ist ebenfalls 
durch scharfe Furchen von den mit Grübchen versehenen festen Wangen 
getrennt und bildet mit denselben eine gewölbte Fläche. Augen groß mit 
niedrigem Rand ringsum. 


Vorkommen: Myto. 


28. Dalmanites atavus var. Novaki Klou. 


Die Augen mit ganz unbedeutenden Rändern oder überhaupt ohne 
Ränder, wie etwa Dalmanites Barroisi Nov., jedoch größer als bei dieser 
Form und sind an den Längsenden gerundet. Pygidium gewölbt wie bei 
D. Barroisi, aber länglicher. 

Vorkommen: Das ganze d, y b. 


33. Illaenus Perneri? var. glabra Klou. 


Seltene Varietat, die Ill. Perneri Klou. nahesteht, jedoch nicht dessen 
6 warzenartige Erhöhungen der Glabellaachse entlang besitzt. 


Vorkommen: Särka. 


35. Sdrkia bohemica Klou. n. g. n. sp. 


Neue Gattung, die am nächsten Harpes verwandt ist. Glabella mit 
hufeisenförmigem Saum, der schmäler ist als bei Harpes und reicht etwa 
bis zur 7. Pleura. Stirnlappen hinten und vorn gleich breit, vorn verflacht 
und stumpf gerundet ; hat seitlich je 4 Einschnitte, welche gewölbte Loben 
bilden — annähernd wie bei Calymene. Oberfläche fein gekörnt. Augen- 
leisten verlaufen vom vorderen Drittel der Glabella schräg nach rückwärts. 
Augen undeutlich. 

10 flach gerundete Pleuren, deren Enden stark nach unten umge- 
bogen sind. Pygidium sehr kurz und breit, bogenförmig, mit deutlich seg- 
mentierter Spindel. Seitwärts von der Spindel je 3 Segmentfurchen im 
Pygidium, dessen Außensaum im Einklang mit den Pleuren, stark nach 
unten umgebogen ist. 

Vorkommen: Särka (Vokovice). 


* x 


246 


Zum Schluß die Angabe der häufigsten Leitfossilien (Trilobiten) in 
beiden Zonen der d,y— Schichten. 


Zone d, ya: Zone d,yb: 
Placoparia Zippei Boeck. Placoparia Zippei var. tumida Klou. 
Calymene Arago Rou. Aeglina prisca var. longicephala 
Illaenus Katzeri Barr. (Süd-West). Klou. 
Illaenus Sarkaensis Nov. (Sarka).. Aeglina princeps Barr. 
Aeglina prisca Barr. (Särka). Aeglina rediviva Barr. (Süd-West). | 
Trinucleus Reussi Barr. (Süd-West). Illaenus benignensis Nov. 
Barrandia bohemica Nov. (Sarka). Barrandia crassa Barr. 


Asaphellus (Ogygia) desideratus Barr. 


Prag, im Mai 1916. 


TAFELERKLÄRUNG. 


. Helminthochiton aequivoca Robson n. sp. 1914 (Chiton? sp. Klouëek 1910). 
Negativabdrücke einzelner Glieder mit ihren sattelartigen Hohlräumen. ?/,. 
Item. Ein vollständiges Glied von der Seite. ?/,. 

. Item. Außenseite der Gliedes. ?/,. 

. Aeglina monophthalma Klou. n. sp. Glabella von oben. {/,. 

Item. Vorderansicht. 4/.. 

. Item. Seitenansicht. */,. 

. Aeglina princeps Barr. Hypostom. 2/;. 

. Aeglina prisca Barr. Hypostom. 4/,. 

. Aeglina Bergeroni Novak. Hypostom, unvollständig. ?/,. 

. Bohemilla stupenda Barr. Hypostom. 4/.. 


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C. KiouceK UBER dig, -SCHICHTEN uno IHRE TRILOBITEN. 


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Bulletin international de l'Académie des Sciences de Bohéme 1916. 


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Die Mundteile der Tanypinen-Larven. 


Dr. JAN ZAVREL. 


Vorgelegt am 12 Mai 1916. 


Bei den Vorarbeiten zu einer monographischen Bearbeitung der 
Chironomiden*)-Metamorphose habe ich erkannt, daß die Mundteile der 
Chironomidenlarven nicht nur für die systematische Gruppierung dieser 
Larven wichtige Anhaltspunkte bieten, sondern daß sie sich auch vom 
Standpunkte der allgemeinen Morphologie als nicht zu vernachlässigbare 
Untersuchungs- und Demonstrationsobjekte erweisen. Darum habe ich 
die Mundteile der Chironomidenlarven einer gründlichen Untersuchung 
unterzogen. Ehe ich dazu kam, meine diesbezüglichen Resultate zu 
veröffentlichen, sind die Arbeiten von Bause und Goetghebuer erschienen, 
worin die Mundteile der Tanytarsus- und Chironomuslarven mit einer 
großen Sorgfalt und Genauigkeit behandelt werden. Die Mundteile der 
Orthocladiinen- und Ceratopogoninenlarven werden neu in den Arbeiten 
von Potthast (1914) und Rieth (1915) geschildert, aber diese Arbeiten 
bedürfen in mancher Hinsicht noch Nachuntersuchung und Ergänzung. 
Die Mundteile der Tanypinen sind von denen anderer Chironomiden- 
larven so abweichend gebaut, daß in der Deutung mancher ihrer Be- 
standteile in der bisherigen Literatur eine völlige Unklarheit herrscht. 
Darum habe ich mich entschlossen, Resultate meiner diesbezüglichen 
Untersuchungen sogleich zu veröffentlichen, noch bevor ich Gelegenheit 
haben werde, meine Monographie über Tanypinenmetamorphose der 
Öffentlichkeit zu übergeben. Ich bemerke hier noch, daß die hier ver- 


*) Ichbenützein dieser Arbeit eine andere Nomenklatur als in der böhmischen 
Originalabhandlung. Es herrscht eine Unsicherheit in der Nomenklatur der Chiro- 
nomiden, da bei den fortschreitenden Kenntnissen auch neue Namen gebildet 
wurden. Diese neuen Namen. habe ich auch in meine Originalabhandlung über- 
nommen, habe aber auch immer die älteren Synomyma beigefügt. Unterdessen 
hat mir Dr. A. Thienemann mitgeteilt, er habe jetzt gerade eine Arbeit in Druck 
gegeben, wo er die’Synonymie der Chironomiden klar legt. Darnach wende ich 
jetzt die Namen Tanypinae (statt Pelopiinae), Chironomus und Chironomidae (statt 
Tendipes und Tendipedidae) an. 


248 


öffentlichten Tatsachen und Ansichten schon längst fertig waren, bevor 
ich die Gelegenheit gefunden hatte, die Richtigkeit meiner Befunde an 
dem reichen Metamorphosen-Material zu prüfen, welches mir Herr Dr. 
Aug. Thienemann aus Münster i/W. gütigst zur Verfüfung stellte. Ich 
erfülle eine angenehme Pflicht, indem ich ihm dafür an dieser Stelle 
meinen innigsten Dank ausspreche. 

Ein ausführlicher Bericht über den Bau, die Entwicklung und 
Funktion der Mundteile der Tanypinenlarven wurde am 24. März 1916 
in der Sitzung der II. Klasse der Böhmischen Akademie der Wissen- 
schaften vorgelegt und erscheint in deren Sitzungsberichten. Die vor- 
liegende Arbeit enthält einen kurzen Auszug der wichtigsten Tatsachen 
und Ergebnisse. | 

Die Mundteile der Tanypinenlarven sind: 

1. Das Labrum, an dessen Unterseite nur winzige Spuren der bei 
Chironomus-, Tanytarsus- und Orthocladiuslarven vorhandenen, reichen 
Epipharynxarmatur zu finden sind. 

2. Die ,,Préamandibularblaschen“. 

3. Die sichelförmigen Mandibeln, welche sich in der Horizontalebene 
gegeneinander bewegen, während sich die Mandibeln anderer Chirono- 
midenlarven in einer schiefen Ebene, an den Zähnen des Labiums vorbei, 
bewegen. 

4. Die Maxillen mit je einem verhältnismäßig langen Palpus maxillaris. 

5. Ein weichhäutiges Labium, welches basal mit Chitinkämmen oder 
Chitinleisten versehen ist. 

6. Der Hypopharynx mit einem überaus komplizierten Chitingerüst. 

Das Labrum erscheint als eine weichhäutige, mit Chitinleisten ver- 
stärkte, ventralwärts umklappbare Platte von etwa trapezoidischem 
Umriß, welche sich mit ihrer breiteren Basis an den vorderen Rand des 
Clypeus anknüpft. Nach der Form und Verteilung der Sinnesborsten, 
die am vorderen Rande des Labrums stehen, kann man zwei Typen der 
Tanypinen-Larven unterscheiden. 

Typus I. (‚‚Micropelopia“-Typus): 

Der mäßig konkave Vorderrand trägt jederseits: ein 2-gliedriges 
Stäbchen (a), zwei steife, auf zylindrischen Sockeln stehende Borsten (b), 
eine blasse Schlauchborste mit einer terminalen, gebogenen Spitze (c) 
und medianwärts davon ein tiefes Chitingrübchen (Borstenmal) mit 
einer steifen Borste (d); der ganze Vorderrand ist mit dichten, blassen, 
keilförmigen Borsten besetzt. (Fig. 1, 2 A.) Die Schlauchborste c scheint 
bei einigen Arten zu fehlen. 


Typus IT. (‚Tanypus“-Typus): 
Der Vorderrand des Labrums ist durch eine ziemlich tiefe Ein- 


kerbung, welche von einer V-förmigen Chitinspange umsäumt wird, in 
zwei Hälften geteilt. Jede Hälfte trägt: ein zweigliedriges Stäbchen (a), 


VE a + 


249 


eine blasse Schlauchborste mit einer endständigen, gebogenen Spitze (b), 
eine blasse, keilf6rmige Borste, an deren Basis eine blasse Schuppe steht (c), 
drei birn- oder ovalförmige Bläschen, welche distal je ein kurzes Chitin- 
röhrchen mit einer steifen Borste tragen (d). Durch die Schlauchborste (b) 
sowie durch die Bläschen (d) zieht sich ein deutlicher Nerv zu der Spitze, 
respektive zu den Borsten. (Fig. 3 A, B.) 


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Fig. 1. Labrum von Pelopia fulva Kief. 


Epipharynx. Johannsen (1905) und Kraatz (1911) behaupten, 
daß die Ventralfläche des Labrums fein behaart sei (,,delicately haired‘). 
Vom Epipharynx sagt Johannsen ausdrücklich: ”I have discovered no 
part, which is comparable to the epipharynx in Chironomus‘. Die feine 
Behaarung der ventralen Labralfläche konnte ich nirgends entdecken; 


Fig. 2. A. Labrum von Pelopia fasciigera Kief (Costalis-Gruppe). 
2. B. Büschelborste von der Ventralfläche des Labrums. 


ich glaube, daß damit die blassen, keilförmigen Borsten am Vorderrande 
des Labrums (I. Typus) gemeint sind. Dagegen habe ich bisher fast bei 
allen Larven an der Ventralflache des Labrums ein Paar ziemlich großer, 
blasser Büschelborsten entdeckt, oder wenigstens zwei große Borstenmale 
an ihrer Stelle. Diese Borsten halte ich für den letzten Rest der Epi- 


pharyngxarmatur (Fig. 2 B). 


Obj:"8,"Oc; 4. 


Fig. 4. Mandibeln verschiedener Tanypinenlarven; Jz Lateralzahn, vz Nebenzahn, 
db Zahnborste, me Musculus extensor, mr Musculus retractor mandibulae; 
Obj. 8, Oc. 2. A. Pelopia fasciigera Kief; B. Pel. fulva Kief., C. Pel. discolor Kief. 
(Nig-opunctata-Gruppe); D. Pel. minima Kief; E. Psectrotanypus brevicalcar Kief. 
(Langsschnitt); F. Macropelopia (bimaculata-Gruppe); H. Trichctanypus sp. (Culici- 
formis-Gruppe). J. Protenthes (Tanypus) bifurcatus Kief. 


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251 


Prämandibeln. Mit diesem Namen bezeichnet bekannterweise Goet- 
ghebuer (1912) zwei starke, bewegliche, am freien Ende gezähnte Chitin- 
gebilde, welche lateral aus der Ventraltläche des Labrums auswachsen 
("lateral arms‘ bei Johannsen, ‚‚Greifer‘‘ bei Potthast und Grippekoven). 
Solche Organe sind bisher bei Chironomus-, Tanytarsus- und Orthocla- 
dius-Larven festgestellt worden. Ich betone noch, daB ihr Basalteil auf 
der Innenseite eine blasse, aufgeblasene Membran tragt, die mit einem 
Polster feiner Haare versehen ist. Solche mandibelähnliche, chitinige und 
gezähnte Pramandibeln sind bei keiner Tanypinen-Larve vorhanden. Dafür 
erwachsen lateral aus der Ventralflache des Labrums (also an derselben 
Stelle) bei allen Tanypinen-Larven zwei birn- oder kugeltörmige (Typus L.), 
oder sogar kompliziert gefaltete Bläschen (Typus IL), die als Homologon 
der oben erwähnten Prämandibeln, respektive nur ihres weichen Basal- 
teiles autzufassen sind. Ich werde sie ‚„Prämandibularbläschen‘“ nennen. 
(Bi, 20.8, 8:5A,) 

An der sichelförmigen Mandibel erkennt man: einen großen, dunklen, 
an der Spitze fast schwarz gefärbten ,,Endzahn‘, einen ,,Lateralzahn‘‘ 
und zwischen beiden noch einen ,,Nebenzahn‘‘. Im Lateralzahne tindet 
man immer ein helleres Chitinröhrchen, aus welchem eine lange, blasse, 
nach vorn gerichtete ,,Zahnborste“ hervorwächst. Diese, für alle larvalen 
Chironomidenmandibeln typische Zahnborste kann man hier aber nur 
in günstigen Fällen erkennen; sie drückt sich nämlich ihrer ganzen 
Länge nach an den inneren, konkaven Rand des dunklen Endzahnes 
und wird teilweise oder ganz von ihm verdeckt. Sie erscheint dann nur 
als ein heller Saum des Endzahnes, oder nur als eine Membran, welche 
die Spitze des Lateralzahnes mit der Basis des Endzahnes verbindet. 
Der Nebenzahn steht entweder in dem Winkel zwischen dem Lateral- 
und Endzahne — also vor dem Lateralzahne (Typus I., Fig. 4 A, B, C, D), 
oder an der Dorsalfläche der Mandibel, neben dem Lateralzahne (Typus III., 
Big. 4, PH). 

Von diesem allgemeinen Typus weichen beträchtlich die Mandibeln 
von Psectrotanypus brevicalcar und Tanypus bifurcatus ab. Die Mandibel 
von Psectrotanypus brevicalcar trägt unter dem Lateralzahne noch eine 
Reihe (etwa 5) blasser Zähne, sie ist also sägeförmig (Fig. 4 E). Bei Ta- 
nypus bifurcatus (Fig. 4 J) ist der Basalteil der Mandibel sehr breit, der 
Endzahn besitzt an der konkaven, inneren Kante proximal 3—4 stumpfe 
Einkerbungen ; dadurch nähert sich die Mandibel dieser Larve am meisten 
dem allgemeinen Bautypus der Chironomidenmandibeln. Darnach ent- 
spricht der Endzahn einer Tanypinenmandibel der ganzen, dunkel ge- 
färbten Zahnpartie einer Chironomus- oder Tanytarsusmandibel; der 
Nebenzahn entspricht dann wahrscheinlich dem dorsalen, blassen Zahn 
einer Chironomusmandibel (= ‚une dent mousse, en forme de mamelon“ 
nach Goetghebuer). Der Lateralzahn entspricht demjenigen Höcker 
des Basalteiles, aus dem die Zahnborste hervorwächst, nur ist er bc 


252 


Tanypinen-Larven stärker chitinisiert als bei anderen Chironomiden- 
larven (bei Tanypus bifurcatus fehlt noch diese stärkere Chitinisierung!). 

Im Innern der Mandibel erblickt man einen Nervenstrang, der aus 
bipolaren, spindelförmigen Nervenzellen besteht; er entsendet einen Ast 


Fig. 5. Maxille und Labium von Pel. fasciigera Kief 5A. Lacinia von Pel. fulva mit 
einer eigentümlichen Sinnesborste. 


in den Endzahn hinein und einen anderen zu der blassen Zahnborste. 
(Fig. 4 E). 

Die Maxille trägt einen auffallend langen Palpus maxillaris, welcher 
in mancher Hinsicht an die Antenne erinnert. Sein stark chitinisiertes 
Basalglied ist mit einem großen „Ringorgane“ versehen. An der blassen 
Kappe des Basalgliedes steht die 2—3gliedrige Geißel und daneben 


253 


mehrere blasse Borsten, Zapfen und Stiftchen. Am größten davon sind 
die Schlauchborsten mit einer terminalen, gebogenen Spitze, die voll- 
kommen mit ähnlichen Borsten des Labrums übereinstimmen. Es sind 
meistenteils zwei solche Schlauchborsten vorhanden, eine längere und 
eine kürzere. (Fig. 5, 6, 7.) Bei dem ‚Micropelopia“-Typus ist Palpus 
maxillaris retraktil! 

Medianwärts steht neben dem Palpus ein blasser, zweiteiliger, auf 
der Außenseite stark chitinisierter Lappen — die Lacinia. Die Ränder 


Fig. 6. Maxille von Macropelopia (bimaculata-Gruppe): A. von der Außen-, B. von der 
Innenseite gesehen; v/,d/ Ventral- und Dorsallappen der Lacinia; @ die Geißel, 
b Schlauchborsten am Palpus, c Schuppenborste. 


der Lacinia tragen entweder nur blasse Keilborsten (Micropelopia-Typus) 
(Fig. 5) oder Keil- und Haarborsten (Büschelborsten) (Tanypus-Typus). 
(Fig. 6 B.) 

Der in die Mundôtfnung hineinragende Basalteil der Maxille tragt 
entweder ein ziemlich groBes, blasses Bläschen und daneben eine blasse, 
keilförmige Borste (I. Typus, Fig. 5) oder eine lanzettförmige Blattborste 
mit einer inneren Chitinleiste und neben ihr eine steife, einfache Borste 
(II. Typus Fig. 6 B). 

Da bei den meisten Chironomidenlarven das Labium in der Form 
einer am Vorderrande gezähnten Chitinplatte ausgebildet ist, so ist es 
begreiflich, daß man bisher fast allgemein die zwei gezähnten ,,Para- 


254 


labialkamme“ für das eigentliche Labium der Tanypinenlarven hielt. So 
schreibt z. B. Kraatz (1911, S. 3): ,,Labium aus 2 in der Mitte durch eine 
dünne Chitinhaut verbundenen Kämmen bestehend, von denen jeder 
mit 5—8 Zähnen besetzt ist“. Da aber diese Kämme nur bei einigen 


Fig. 7. Maxillarpalpus von Pel. monilis L. Fig. 8. Labium und Paralabialkamm 
von Psectrotanypus brevicalcar Kief. 


Larven vorhanden sind (Typus IL) und da man sie trotzdem überall 
sehen wollte, so ist einigen Autoren ein begreiflicher Fehler unterlaufen: 
sie haben die hypohparyngeale Zahnleiste und die Paralabialkämme mit- 
einander verwechselt (so z. B. Johannsen bei Procladius adumbratus, 
und Rhode bei Pelopia nigropunctata). 


Fig. 9. Labium und Paralabialkämme Fig. 10. Labium und Labialbläschen (vl.) 
einer Macropelopia-Larve. von Pel. fulva Kief. 


Das eingentliche Labium der Tanypinenlarven besteht aus einer 
weichen, blassen, etwa dreieckigen Platte, welche direkt dem ventralen 
Kopfintegumente aufsitzt. An der Dorsaltläche dieser Platte zieht sich 
von der Spitze bis zur Basis ein ziemlich breites Band rauhen Chitins, 


das ich mit dem Namen ,,Pseudoradula“ bezeichnet habe. Die Seiten- 
ränder der Labialplatte sind manchmal kompliziert gefaltet oder gekerbt. 
Wie ich mich durch mühevolle Untersuchungen überzeugen konnte, kommt 


Fig. 11. A. Medianer Sagittalschnitt durch den Kopf von Psectrotanypus brevicalcar 

Kief; B. ein etwas mehr seitlicher Schnitt durch den Hypopharynx aus derselben 

Serie; d h dorsale Falte des Hypopharynx, ds Ausführungsgang der Speicheldrüsen, 

gf Ganglionfrontale, gm Gehirn gs Subösophagealganglion, 7h Imaginalscheibe, 

j Glossa, 1 Labium, m./, m. ph, m.o Labial-, Pharyngeal- und Ösophagealmus- 

kulatur, p/ Palpus hypopharyngealis mit dem zugehörigen Nerven (n) A. bei Obj. 
4, Oc. 2, B. bei Obj. 8, Oc. 2. 


diese Labialplatte bei allen Tanypinenlarven vor, obzwar sie bisher bei 
den meisten Arten übersehen worden ist. Die erste klare Abbildung 


256 


dieser Platte findet man bei Meinert (1886, Fig. 94; ,,Tanypus varius“); 
er bezeichnet sie falsch als ,,Spindeworte“ (Spinnwarze!). Eine zweite 
Abbildung dieser Platte fand ich bei Johannsen (1905, Pl. 19, Fig. 1, Ab. 
labesmia flavifrons). Kraatz (1911) zeichnet die Labialplatte ziemlich 
genau (zuerst auch die Pseudoradula eingezeichnet!) bei der Larve von 
Psectrotanypus brevicalcar, doch hält er sie falsch für ‚ein hypopharyn- 
geales Gebilde“. In den mir gütigst zur Verfügung gestellten Notizen 
des H. Dr. A. Thienemann fand ich gute Zeichnungen der Labialplatte 
von Psectrotanypus longicalcar und von Pelopia bimaculata. 


Fig. 12. Hypopharynx einer Macropelopia-Larve Obj. 8, Oc. 2 gl Glossa, pgl 
Paraglossa, #2 Palpus hypopharyngealis, z/ Zahnleiste 12 B. Palpus hypopharynge- 
alis derselben Larve; Obj. 8, Oc. 4. 


In den analen Ecken der Labialplatte stehen bei den Larven des 
II. Typus zwei bogenförmige, am Vorderrande gezähnte Chitinplatten, 
die in der Mitte durch eine dünne Chitinnaut verbunden sind — es sind 
die schon erwähnten Paralabialkämme (Fig. 8, 9); bei den Larven des 
I. Typus stehen an derselben Stelle einfachere, ungezähnte Chitinleisten, 
von welchen blasse, birn-, oval- oder lanzettförmige Bläschen (,,Labial- 
blaschen‘‘) hervorwachsen. (Fig. 5, 10, 17.) Solche Labialbläschen habe 
ich bisher bei den Larven des zweiten Typus nirgends gefunden, dafür 
sind hier aber die analen Ecken der Labialplatte gelappt oder pfeilartig 
ausgezogen. 

Hypopharynx. An Sagittalschnitten durch den Kopf einer Larve 
(Fig. 11) sieht man, daß der Mundboden über dem Labium zwei Quer- 
falten bildet, eine ventrale und eine dorsale; in der Rinne zwischen beiden 
Falten mündet der Ausführungsgang der Speicheldrüsen. Beide Falten 


257 


sind durch ein kompliziertes Chitingerüst (,Hypopharyngealgerüst‘) 
unterstützt. Die ventrale Falte trägt ventral: eine starke, längliche Chi- 
tinplatte, welche oralwärts gewöhnlich in 5 Zähne ausläuft (Psectro- 
tanypus brevicalcar besitzt da nur 4 Zähne.) (Fig. 12, 13, 15, 16.) Diese 
Platte, die von Meinert als ‚lame pharyngée:, von Johannsen als ,,La- 
bium“, von Kraatz als ,,Epilabialplatte“ bezeichnet wird, nenne ich 
„Glossa.‘“ Neben ihr steht jederseits eine starke Chitinspitze (Laıven 
des I. Typus und Macropelopia), oder eine gezähnte Chitinischuppe (Larven 
des II. Typus mit Ausnahme der Macrcpelopia). Diese Chitinspitzen oder 
Schuppen werde ich ,,Paraglossae“‘ nennen. (Fig. 14, 15.) Es ist sehr schwer 
das übrige Hypopharyngealgerüst zu beschreiben und ich verweise darum 


Fig. 14. Paraglossa 
Fig. 13. Hypopharynx einer Pelopia-Larve Fig. 15. Hypopharynx von Psectro- 
von Macropelopia Fehl- (Nigropunctata-Grup- tanypus brevicalcar Kief.; Obj. 8, 
Hanne, Obj. 4. Oc, 4124 pe); Obj. 8, Oc. 2: Ve. 


an die betreftenden Abbildungen (Fig. 12, 13, 15, 16). Es besteht ge- 
wöhnlich aus einer Ventralplatte, die seitlich und dorsal in Chitinleisten 
und Spangen ausläuft. Das Gerüst der dorsalen Falte besteht aus zwei 
bogenförmigen, gezähnten Chitinleisten (= ,,Zabnleisten“). (Fig. 11 u. f.) 
Die ventrale Falte des Hypopharynx trägt oral und lateral ein Paar zy- 
lindrischer Palpen mit je drei konischen, gegliederten Endpapillen (,,Palpi 
hypopharyngeales“, Fig. 12, A, B). | 

_ Der ganze Hypopharynx ist ein äuBerst bewegliches Organ, indem 
er durch 3 Muskelpaare vorgestreckt, zurückgezogen oder auch um- 
geklappt werden kann, so daB dann der gezähnte Rand der Glossa anal- 
wärts liegt. Von diesen Muskeln, die sich an das Hypopharyngealgerüst 
anknüpfen (Fig. 16), sind diejenigen des ventralen Paares am stärksten 
und gehören überhaupt zu den stärksten Muskeln des Kopfes. Sie ziehen 
sich von der ventralen Chitinplatte des Hypopharyngealgerüstes parallel 
. der Mittellinie des Kopfes bis zu seinem verstärkten analen Chitinrande. 


. Man kann also nach dem feineren Baue der Mundteile zwei scharf 
umschriebene Typen der Tanypinenlarven unterscheiden: 
I. Typus (= ‚„Micropelopia“-Typus; Fig 1, 2, 4, A, B, C, D, 5, 7, 
10, 14, 16). Das am Vorderrande nur mäßig konkave Labrum trägt keine 
Bulletin international, XXI. 17 


258 


Sinnesbläschen, dafür aber einen dichten Saum von blassen, keilförmigen 
Borsten. 

Prämandibularbläschen klein, kugel- oder ovalförmig. 

Mandibeln: Der Nebenzahn steht vor dem Lateralzahne. 


Maxtilen: Palpus retraktil(!), sehr lang und schlank, bei Pelopia 
monilis mit einem 2-gliedrigen Basalstück. (Fig. 7.) Lacinia am Rande 
mit blassen Keilborsten besetzt. Im Mundinnern erwächst aus dem 
Basalteile der Maxille ein blasses Maxillar- 
bläschen und daneben eine blasse Keïlborste. 

Labium. Ohne Zahnkämme. An ihrer 
Stelle stehen einfachere Chitinplatten oder 
Leisten mit je einem blassen Labialbläschen. 

Paraglossae stilettformig mit je einer 
größeren und einer kleineren (inneren) Spitze. 
Hypopharyngeale Zahnleisten mit schlanken, 
scharfen Zähnen. ; 

Schon Thienemann faBt in seinem 
Manuskript die zu diesem Typus gehörenden 
Larven unter dem Namen ,,Micropelopia“ 
zusammen. 

II. Typus (,,Tanypus‘‘-Typus) (Fig. 3, 
LE; Bi 6,78, 9,-11.21275 13, LEE 
19). Labrum vorne durch eine tiefe Einker- 
bung in zwei Hälften geteilt. Jede Hälfte 
trägt außer anderen Sinnesborsten 3 auf- 
fallende Sinnesbläschen mit je einer kurzen 


Fig. 16. Labium und Hypo- Borste. 


pharynx einer Pelopia-Larve Prämandibularbläschen: ziemlich groß, 
(Nigropunctata-Gruppe); gelappt. 
Obj. 7, Oc. 2. Mandibeln: Der Nebenzahn, wenn über- 


haupt vorhanden, steht niemals vor, sondern 
immer neben dem Lateralzahne auf der Dorsalfläche der Mandibel. 


Maxillen. Palpus kürzer und breiter als beim I. Typus. Lacinia 
mit haar-(biischel-)férmigen Randborsten, oder es sind neben solchen 
auch keilf6rmige Randborsten vorhanden. *Im Mundinnern steht an der 
Maxille eine Blattborste mit einer inneren Chitinleiste und eine ein- 
fache Nebenborste. 


Labium immer mit paralabialen Zahnkämmen, aber ohne labiale 
Blaschen. 


Hypopharynx: Glossa 5- oder 4-zähnig (Psectrotanypus brevicalcar) ; 
der Mittelzahn gewöhnlich am kleinsten. Paraglossae entweder wie beim 
ersten Typus stiletttörmig (Macropelopia), oder öfters breit blattförmig, 
‘am Rande gezähnt. 


u ntfs Vo nt 


259 


Beim II. Typus kann man also nach der Form der Paraglossae 
{und auch nach anderen Körpermerkmalen) zwei Untertypen unterscheiden. 

A. Larven mit ‘einer stilettförmigen Paraglossa (nach Thienemann 
„Macropelopia‘“ ; Pelopia bimaculata, enhydra, Fehlmani). 

5. Larven mit einer blattförmigen Paraglossa (Tanypus, Psectro- 
tanypus, Trichotanypus). 

Es ist wohl merkwürdig, daß man diese, bloß nach der Morphologie 
der Mundteile aufgestellten Typen, auch nach anderen, kons*anten Körper- 


g.thl. 


Fig. 17. Kopf einer aus dem Ei ausgeschlüpften Larve von Psectrotanypus brevi- 
calcar (?); Ventralansicht Zb7 Labrum, md Mandibel, $m Palpus maxillaris, at 
Antenne, gl Glossa, Jo Larvenauge, fr. o ‚‚Frontalorgan‘‘, gm Gehirn, gs Suböso- 
paagealganglion, g.th I., II. Thorakalganglien, s/ Speicheldrüsen. Obj. 8, Oc. 4. 


merkmalen leicht unterscheiden kann, und daß sie ganz gut auch an 
den Puppen wiederzuerkennen sind. Die Kieffersche Systematik der 
Imagines zeigt aber eine etwas andere Einteilung. Unsere Kenntnisse 
der Tanypinen-Metamorphose sind bisher noch sehr liickenhatt; soviel 
darf man doch schon jetzt sagen, daß nach der Larven- und Puppen- 


17* 


260 


morphologie die Genera: Diamesa, Prodiamesa und Corynoneura eher 
zu der Orthocladius-Gruppe als zur Subfamilie der Tanypinar gehören. 

Da die Mundteile der Tanypinenlarven auch Sinnesorgane tragen, 
so ist es wohl begreiflich, daß sie durch Nerven mit den Kopfganglien 
verbunden sind, und daß man entweder an ihrer‘ Basis oder im Innern 
der Mundteile selbst Anhäufungen von Ganglienzellen findet. Bei gerade 
ausgeschlüpften Larven (sowie bei größeren kurz nach der Häutung) 
erblickt man an der Basis der Mandibeln, Maxillen und des Hypopharynx 
ganglionartige Anhäufungen kugeliger Zellen, die durch Neryen mit dem 
Subösophagealganglion in Verbindung stehen (Fig. 17). Nur das Labrum 


md. Pr. 


at. 


pr.n. 


Fig. 18. Kopf eines Tanypinen-Embryo; Obj. 8, Oc. 4 pr Prämandibeln, mx 
Maxille, Ap Hypopharynx, py. Vorderfüßchen. 


wird aus einem selbstandigen Ganglion frontale innerviert (Fig. 11 A). 
Nachdem die Chitinhülle des Kopfes und der Mundteile erhärtet, sucht 
man vergeblich diese Ganglien an lebenden Objekten. Datür aber erblickt 
man an Schnittserien im Innern der Mandibeln, des Palpus maxillaris 
und des Hypopharynx starke, aus bipolaren, spindelförmigen Ganglien- 
zellen zusamengesetzte Nervenstränge (Fig. 4 E, 11 B). Es ist zu betonen, 
daß in dieser Hinsicht der innere Bau der Mandibeln, des Palpus ma- 
xillaris und der Palpi hypopharyngeales mit dem inneren Bau der larvalen 
Antenne vollkommen übereinstimmt! 

Die ersten Anlagen der Mundteile entstehen an sehr jungen Em- 
bryonen als höckerförmige Erhebungen im Umkreise der Mundöffnung. 
Noch bevor sich das Pigment in den Larvenangen entwickelt, sind sie 


261 


fast fertig und man kann an ihnen schon Einzelheiten erkennen (z. B. Palpus 
maxillaris, beide Falten des Hypopharynx, die Mündung der Speichel- 
drüsen u. s. w., Fig. 18). Die Mundteile einer ausgeschlüpften Larve 
(Fig. 17) unterscheiden sich von denjenigen einer erwachsenen Larve 
durch etwa folgende Merkmale: Die Chitinhülle der Mundteile ist noch 
nicht gefärbt, nur die Spitze der Mandibel und die Zähne der Glossa haben 
einen leichten, schwarzgrauen Anflug. Die Mandibel ist ziemlich kurz, 
ihr Basalteil auffallend breit ; Palpus maxillaris noch auffallend kurz 
und breit; Labialkamme sind noch nicht vorhanden, die Labialplatte 
besitzt am Rande mehrere Einkerbungen. Im ganzen erinnern solche 
Mundteile mehr an die Mundteile anderer Chironomidenlarven, als wenn 
sie erwachsen sind. 


Fig. 19. Zwei Querschnitte durch Hypopharynx einer Macropelopia-Larve, Obj. 8 
Oc. 2; ih, il Imaginalscheiben im Hypopharynx und Labium; if Pharynx- 


intima, 7z Zahnleiste, » Nerv, m Muskeln. 


Die Entwickelung der larvalen Mundteile während des Puppen- 
stadiums und ihre Verwandlung in imaginale Organe habe ich nicht ver- 
folgt. Nur das habe ich an lebenden Objekten, sowie an einigen Schnitt- 
serien sicherstellen können, daß sich an der Basis der larvalen Mundteile 
schon bei einer etwa mittelgroßen Larve Imaginalscheiben bilden, das 
ist Einstülpungen der verdickten, larvalen Hypodermis, aus deren Boden 
durch sekundäre Faltungen die imaginalen Mundteile hervorwachsen ; 
an der Basis der Mandibeln entsteht eine einfache, an der Basıs der 
Maxillen und unter dem Hypopharynx. eine doppelte Imaginalscheibe. 
(Fig. 19.) 

Die Abweichungen im Baue der-larvalen Mundteile der Tanypinen 
vom allgemeinen Chironomidentypus sind wohl durch die Ernährungsweise 
erklärlich. Während sich andere Chironomiden durch pflanzliche Nahrung 
ernähren, sind die Tanypinenlarven hauptsächlich karnivor. Man findet 
in ihrem Ösophagus zwar auch Algen (Diatomeen, Desmidiaceen), aber 

‘das Groß des Inhaltes besteht aus Resten tierischer Organismen (Cen- 
tropyxis und Arcella, leere Häute von Kopepoden, Cladoceren, Ostracoden 


262 


und Dipterenlarven). Während kleinere Beute unversehrt verschluckt 
wird, spielt sich beim Verschlucken größerer Beute (z. B. einer Dipteren- 
larve) ein komplizierter Prozeß ab, an dem alle Mundteile beteiligt werden. 
Die Beute wird durch die sichelförmigen Mandibeln erfaßt und durch- 
stochen; sie sucht sich freilich durch heftige Bewegungen zu befreien, 
aber sie wird mit einer großen Kraft festgehalten. Überrascht wurde 
ich dadurch, daß die Bewegungen der Beute rasch an Intensität abnehmen 
und ziemlich bald aufhören. Die durch Mandibeln bewirkten Wunden 
können doch nicht einen so raschen Tod herbeiführen! Es macht den 
Eindruck, als ob es sich um eine Vergiftung handle. Wo hegt aber die 
Giftdrüse? Ich habe in der Originalabhandlung die Vermutung ausge- 
sprochen, daß das Sekret der stark entwickelten Speicheldrüsen die Ver- 
giftung bewirken könnte. Die Speicheldrüsen anderer Chironomidenlarven 
dienen bekannterweise zum Spinnen der Larvengehäuse ; Tanypinenlarven 
spinnen aber nicht und doch sind die Speicheldrüsen nicht verkümmert. 
Freilich ist das noch kein Beweis für die Giftwirkung des Speicheldrüsen- 
sekretes, und ich halte die ausgesprochene Ansicht für nichts mehr, als 
für eine wahrscheinliche Vermutung. 

Die gefangene Beute wird dann durch Bewegungen aller Mundteile 
langsam in den Mund hineingeschoben, wobei wahrscheinlich auch die 
Pseudoradula des Labiums mithilft. Dabei wird der Inhalt der gefan- 
genen Beute durch heftige Bewegungen der Glossa ausgepreßt. Durch 
ungewöhnlich starke Pharyngealmuskulatur wird die Pharynxhöhle 
abwechselnd erweitert und verjüngt, wodurch eine mächtige Saug- 
wirkung entstehen muß. So wird der ausgepreßte Inhalt rasch verschluckt. 
Zuletzt kommt in den Ösophagus fast leere Exuvie. 


Über die stoffliche Inhomogenität des Magma 
im Erdinnern. 


Ein Beitrag zur Klassifikation der Gesteine. 


Von R. SOKOL. 
(Mit 2 Abbildungen.) 


Vorgelegt am 5. Mai 1917. 


Die Verschiedenheiten in der chemischen Zusammensetzung der 
Eruptivgesteine erklärt man gewöhnlich durch Spaltung eines einheit- 
lichen Stammagma in chemisch differente Teilmagmen. Als Ursachen 
der Magmadifferenzierung nimmt man hauptsächlich folgende an: eine 
durch Diffusion und Abkühlung bewirkte Anreicherung von femischen 
(an Fe, Mg und Ca reichen) Silikaten an den Grenzflächen, Assimilation 
des Nebengesteins, Sonderung nach dem spezifischen Gewichte, Liquation 
oder Saigerung (gemischte Teilmagmen erstarren nämlich stets bei einer 
Temperatur, die niedriger ist als der Schmelzpunkt jedes einzelnen 
Teilmagma, keineswegs aber zugleich in der ganzen Menge, ausgenommen, 
daß das Gesamtmagma in einem bestimmten ‚eutektischen‘ Mischungs- 
verhältnis darliegt; das überschüssige Magma kristallisiert früher aus). 


Für die Wahrscheinlichkeit dieser Homogenitätshypothese werden 
angeführt: Die basischen und sauern Schlieren in Gesteinen (Graniten, 
Dioriten, Syeniten), basische Randpartien von Granitmassiven, Sal- 
bänder der gemischten Gänge, verschiedenes Ganggefolge bei den drei 
Hauptreihen der Gesteine, verschiedene Produkte eines und desselben 
Eruptivherdes, die Möglichkeit durch künstliches Schmelzen aus einer 
und derselben Materie verschiedene Produkte zu erzielen. Rosen- 
buschl) meint endlich, daß aus der Tatsache, in der Gewichtseinheit 
jedes wasserfrei gedachten Tiefengesteins sei die gleiche Anzahl von 184 


1) Rosenbusch: Elemente der Gesteinslehre. III. Aufl. 1910. S. 234. 


264 


Metallatomen vorhanden, die Notwendigkeit einer einzigen Stammaterie 
folgen müsse. 

Einer Kritik hat die Gründe der Homogenitätshypothese besonders 
Bergeat!) unterworfen. Er nimmt gegen die Hypothese Stübels 
(von den peripherisch getrennten, mit verschieden differenzierten Teil- 
magmen gefüllten Herden) eine zusammenhängende irdische Magmazone 
von wechselnder stofflichen Ungleichartigkeit an. 

Ich möchte zuerst auf die Unhaltbarkeit der Rosenbuschschen 
Folgerung eingehen. Rosenbusch?) führt eine große Anzahl (52) 
Analysen von Gesteinen der foyaitisch - theralitischen, granito-diori- 
tischen und gabtroperidotitischen Magmen an, dividiert die reduzierte 
Analyse durch 1%, des Molekulargewichtes und erhält durch Summation 
der gewonnenen Molekularquotienten deren Gesamtzahl (,,Zahl‘‘), 
die sich zwischen 140 (N. 11 der foyaitisch-theralitischen Magmen) und 
204 (N.26 der gabbroperidotitischen Magmen) bewegt. Aus den Molekular- 
quotienten folgen gleieh große ev. verdoppelte (bei Molekülen mit 
verdoppelten Metallatomen) Metallatomquotienten, deren Gesamtzahl 
(,,Metallatomzahl‘) zwischen 175 und 204 (N. 18 und 26 der gabbroperi- 
dotitischen Magmen) liegt. Zur Orientierung sei noch bemerkt, daß 
Rosenbusch an betreffender Stelle seines Werkes weder die Analysen 
noch Molekularquotienten und Metallatomquotienten, sondern nur Pro- 
zente der beiden letzteren Werte, dann die ,,Zahlen“ und ,,Metallatom- 
zahlen‘, wohl auch ihre aus 242 Analysen gewonnenen Durchschnitte 
152-5 resp. 184-0 anführt (1. c. S. 232). Die Tatsache, daß es von der 
ersten Zahl nur wenig Abweichungen gibt, findet er wichtig und be- 
langreich. 

:: Rosenbusch gibt selbst zu (S. 233), daß die ‚Zahl‘ 166 des 
reinen Quarzgesteins (berechnet in der oben angeführten Weise als 
100 : 0-6) niemals stark verschleiert werden kann, da die Molekular- 
gewichte der übrigen sieben Bestandteile teilsunterteils über dem der Kiesel- 
säure liegen und die Kieselsäure immer den Hauptbestandteil bildet. 
Die Erklärung betrachtet er aber nicht für genügend, vielmehr hält er 
an der Konstanz der Molekularzahl fest und sagt, daß sie einer der 
Faktoren sei, welche die Konstitution der Eruptivgesteine bedingen. 
Er führt theoretische Beispiele von Gesteinen an und zwar von einem 
mit dem Durchschnittsmolekulargewichte der acht Hauptoxyde (,Zahl“ 
124) — welche also im Gewichtsverhältnis ihrer Molekulargewichte 
vorhanden sind — und von anderen mit acht Hauptoxyden in gleicher 
Gewichtsmenge (,Zahl“ 145). Er sieht in der Zahl 166 die obere, in der 


1) Bergeat: Betrachtungen über die Inhomogenität des Magma im 
Erdinnern. Mit. d. Geogr. Ges. München, Bd. I1I., H. 2, S. 152 ff. Siehe auch 
Ampferer: Über das Bewegungsbild von Faltengebirgen. Jahrb. d. k. k. geol. 
Re Ar 56; 1906, S.2S3u 12 

JULIE Si 7226 came 


265 


Zahl 124 die untere Grenze, zwischen welchen die Molekularzahl liegen 
und um die dritte 145 sich nach oben und unten bewegen müßte, wenn 
es keine tiefere Gesetzmäßigkeit in der Stammaterie geben würde. 

Dagegen möchte ich bemerken, daß wenn man als eine Grenze 
100% SiO, annimmt, man folgerichtig als andere Grenze resp. Grenzen 
nicht aliquote Mengen von 8 Oxyden, sondern 100% jedes einzelnen 
oder Kombinationen von sieben übrigen annehmen müsse. Deswegen 
habe ich, dem theoretischen Beispiele Rosenbusch’ folgend, außer tat- 
sächlich in der Natur vorkommenden Verbindungen auch die nicht 
selbständig existierenden Oxyde (Zahlen der letzteren kursiv gedruckt) 
berechnet. 


Molekularzahl 


Molekularzahl 
PO (Haematit)ern.. mus: GMAO. 2.085 MUR 161 
AO Manette). rat 86 Na, SiO; (in alkalischen Am- 
en yOw (Korund)) = % crease. 98 phibolen und Pyroxenen) 164 
BO he RE FRERE 106  [Missourit, Rosenbusch 


Al, SiO; (Andalusitgruppe) . 123 


Mens 52295. NAG. alors 165] 


2251.05, (Aesirin)re 1... Beer), 252.22 167 
Beet SO, (Eeueit).......2-% 13% Ca (Me. Fe) Si, 0, (Diopsid) 172 
M RAT AE For. 139 Ca SiO, (Wollastonit) 3.172 
Kenjaurit, Rösenbusch H K, Al, Sis Os +3 Mg, SiO0, 

a N. IT) 2... 140 EN SER 175 
Na Al SiO, (Nephelin) ..... ATOME CAO RER RENTE pes 179 
(Mg, Ca) Al, SiO, (im Augit) 142 MgSiO, (in Amphibolen und 

Bai 52,0, (Anorthit).::.. 144 Pysoxenen); se ee 200 
eA Si, 0, (Orthoklas) ...... 144. [Dunit, Rosenbuschl.c: 

ig 4750, (Albit)\.. 0.0%. 147 R26... SE cores 204] 
Fe, SiO, (in Olivingruppe).. 147 Mg, SiO, (in Olivin) ...... 214 
PAL St, 0 (Muskovit).. 151 MgO ................2... 250 
[Gesteins-Analysenmittel ... 152] (4,0 .................... 555) 


Aus der Zusammenstellung, der auch das Wasser und zwei am 
meisten vom Mittelpunkte abweichende Gesteine und auch das dem- 
selben nächste Gestein (in Klammern []) zugefiigt sind, ist ersichtlich, 
daB die Oszillation der Molekularzahlen um die Zahl 152 (Analysen- 
mittel) nur in der Kieselsäure ihren Grund hat. Die möglichen Kombi- 
nationen der Oxyde sind nämlich im allgemeinen die, in welchen SiO, 
als Bindemittel fungiert. Man sieht im folgenden, wie die Oxyde in 
gesteinsbildenden Mineralien dadurch und durch Verbindung mit 
anderen Oxyden ihre „Zahl“ der Durchschnittszahl nahe bringen: 


Ai, 0, 98 — Aj, SiO; 123 — Leucit 137 — Nephelin 141, 

K,0 106 — Leucit (K Al Si,0,) 137 — Muskovit 138 — Orthoklas 144, 
Ca O 179 — Ca SiO, 172 — Anorthit 147, 

MgO 250 — Mg, SiO, 214 — Mg SiO, 200 — Diopsid 172. 


266 


Die Oxyde bilden ein Gestein immer mit einer großen Masse (35°2 bis 
84-6 Mol.-Proz.) S:0,, wodurch eben die Molekularzahlen zwischen 
140 und 165 (204) entstehen. Diese ‚Zahlen‘ weichen keineswegs um 
einen geringen Betrag von der Mittelzahl 152 ab, weil sich aus den 52 
Analysen Rosenbusch’ hinsichtlich der ‚Zahl‘ eine fast konti- 
nuierliche und nur wenig zu 152 ansteigende Reihe zusammenstellen 
läßt, besonders wenn man einen Ausgleich vornimmt (anstatt 4 Analysen 
mit der ,,Zahl‘‘ 146 und 2 Analysen mit der ‚Zahl‘‘ 147 in beiden Fällen 
je 3 setzt wis. w)s) 1,02, 29252512; 23) 84 9.8, 2), Ba RO PRE 
1,1, 1, 1, 0,1, 0, 1. Es läßt sich kaum von einer Oszillation um einen 
Punkt sprechen, höchstens vom Verbleiben in einem Intervall 
140—165, hauptsächlich zwischen 146 bis 154. Aus diesem Umstande 
läßt sich schließen, daß die Oxyde im Magma in solchen relativen Mengen 
vorhanden sind, daß die Molekularzahlen zwischen 140 bis 165 sich er- 
geben. Keineswegs aber läßt sich ein Schluß ziehen, daß im Magma eine 
Kombination von 8 Hauptoxyden mit der Molekularzahl 152 existiere, 
aus welcher sich andere durch Spaltung entwickeln. Ebensowenig darf 
man schließen, daß im Magma die Oxyde in einem Gewichtsverhältnis 
zu je 12-5% Si O,, Al, Os, Fe, Os, Fe O, Mg 0,Ca0,Na,0,K,O (Molekular- 
zahl 145) enthalten seien, und daß daraus durch Kombination die Teil- 
magmen entstehen. 

Die Annäherung beiderlei Molekularzahlen (152 und 145) wird 
durch den Umstand bewirkt, daß der Fe O-Quotient in der Nähe von 145 
und die der anderen Oxyde in fast gleichen Abständen von dieser Mitte 
liegen; in wirklichen Analysen steckt der Grund in der großen Masse 
von SiO, und in der Verbindung von Si O, mit Metalloxyden von kleineren 
Molekularzahlen zu Mineralmolekülen. Die Molekularzahlen sagen uns 
folglich nichts mehr, als was uns bereits die Analysenresultate gesagt 
haben. 


Die Annahme Rosenbusch’, daß 124 eine Grenze für die Mo- 
lekularzahl bildet, beruht auf der Voistellung gleicher Molekularmengen 
von 8 Oxyden im Stammagma: 


60 x 100 102 x 100 160 x 100 127x100 40 x 100 
—__ | ue eee ee 
CA UT RSS ae? Sa<leh dE S 620372 = ISxXUL 
56 x 160 62 x 100 | 94 x 100 80.000 
: Sx 056 (Ex en i 


wo S die Summe der Molekulargewichte von 8 Oxyden = 646 bedeutet. 
Diese ,,Zahl‘‘ 124 entspricht keiner realen mineralischen Verbindung 
(siehe oben), sie ist daher rein willkürlich; infolgedessen stellt sie keine 
Grenze dar, da eine solche nach unten von Fe, Og gebildet wird. 


!) Die Anzahl der die Durchschnittszahl 152 zeigenden Analysen. 


Die Molekularzahl 145 habe ich hinsichtlich der realen Zusammen- 
setzung des Magma abgelehnt. Da aber die Gesteine im allgemeinen aus 
8 Oxyden in verschiedener relativen Menge bestehen, so ist es klar, daß 
aus der Verbindung im Gewichtsverhältnis 1 : 1 : 1 u. s. f. alle Gesteine 
durch Verminderung der Komponenten bis zum Ausfall und zugleich 
durch Vergrößerung der anderen sich theoretisch ableiten lassen, wodurch 
die Grenzen in 100% Fe, O3 (,,Zahl‘ 63) und 100% MgO (,Zahl‘ 250) 
ev. 100% Mg,SiO, (,,Zahl‘‘ 214) entstehen. Wäre diese Annahme 
dennoch in der Natur verwirklicht, so müßte man erwarten, die Wahrschein- 
lichkeitsrechnung werde zeigen, wie aus der Annahme die speziellen 
Fälle entstehen. Setzen wir diese Annahme als wirklich existierend 
für einen Augenblick voraus. 


Fig. 1. Eine hypothetische Raumverteilung von acht Hauptoxyden 
in Quer- und Längsschnitt. 


Denken wir uns gleiche Gewichtsmengen der 8 Oxyde als Punkte | 
nebeneinander in einer Reihe. Setzen wir weiter voraus, daß eine eben- 
solche Reihe parallel liegt und eine Möglichkeit des Austausches eines 
Oxydes der ersten Reihe für ein Oxyd der zweiten Reihe vorhanden ist. 
- Dann ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Oxyd der zweiten Reihe z. B. 
SiO, seine Stelle mit einem ungleichen Oxyd der ersten Reihe (es gibt 


i 
sieben solche unter acht) vertauschen wird, gleich —- und die Wahr- 


7 
scheinlichkeit, daß es gerade Si O, sein wird, gleich TEE Die Ge- 


wichtszusammensetzung der ersten Reihe wäre dann: 2:0:1:1:1:1:1:1 
die der zweiten Reihe 0:2:1:1:1:1:1:1 Dieser ideale Fall hilft 
aber wenig. Man muß zu einer Raumvorstellung übergehen (Fig. 1). 
Zur größeren Anreicherung mit irgend einem Oxyd müssen aus mehreren 
Reihen aus der Umgebung gleichbenannte Mengen hereintreten. Für 
den Grenzfall muß man sieben solche Reihen im Raume voraussetzen, 
welche zylinderartig die erste Reihe umhüllen und jede von ihnen wieder 
in einem eben solchen Verhältnis zu ihrer Umgebung steht. Dann ist 
die Wahrscheinlichkeit, daß aus der dritten Reihe wieder Si O, heraustritt 
und für ein ungleiches eintritt (deren jetzt nur sechs vorhanden sind}, 


6 , 
3” Die Wahrscheinlichkeit, daß SiO, dann unter den sieben 


gleich es, 


268 


diese dritte Reihe umhüllenden Parallelreihen gerade die mit I bezeichnete 

Reihe auswählt, ist siebenmal kleiner, also ———————— Dasselbe muß 
D COCA à 

sich bei jedem Austausch von SiO, wiederholen, es gilt folglich für die 

Wahrscheinlichkeit des n-ten Austausches der Wert 


8 —n 
Box IB. : 
Diese sinkende Wahrscheinlichkeit, die sich analog für jedes andere 
Oxyd und auch fiir-jede andere als oben vorausgesetzte Zusammen- 
setzung berechnen läßt, steht nicht im Einklang mit der Wirklichkeit. 
In der Natur gibt es nur Gesteine, die rund 3 bis 6 SiO, (40 bis 80%) 
besitzen. 

Rosenbuschl) bemerkt richtig, daß keineswegs alle theoretisch 
möglichen Oxyden-Mischungen in der Natur auftreten, welche der An- 
forderung der Konstanz von der Molekularzahl genügen würden. Den 
Grund dieser Tatsache gibt er nicht an, wohl aber die Folgerung, daß 
in der gesagten Konstanz nicht die letzte Ursache aller Gesetzmäßig- 
keiten steckt. Ich sehe den Grund darin, daß das ,,Gesetz‘‘ von der 
Konstanz der Molekularzahl in der Gewichtseinheit eines Gesteins über- 
haupt kein Gesetz ist, sondern nur ein mathematischer’ Zufall, der übrigens 
keine Schärfe besitzt, welche ihm zugesprochen wurde. 

Was Rosenbusch von der Molekularzahl behauptet und was 
von mir zu widerlegen versucht wird, das bezieht sich auch auf die Me- 
tallatomzahl. Rosenbusch leitet aus der Konstanz dieser Metall- 
atomzahl (= 184) die Existenz nur einer Materie der Gesteine (eines 
Stammagma) ab. Er will die Tatsache feststellen, daß in der Gewichts- 
einheit jedes wasserfrei gedachten Tiefengesteines die gleiche Anzahl von 
184 Metallatomen vorhanden ist. Betrachten wir näher! Die Tiefen- 
gesteine haben eine variable chemische Zusammensetzung, die Metall- 
atome sind verschieden schwer, doch soll ihre Anzahl nach Rosen- 
busch in der Gewichtseinheit stets dieselbe sein. Verändert sich die 
Zusammensetzung, müssen wegen der Erhaltung desselben Gewichtes 
schwere Atome für viele leichte Atome ausgetauscht werden. Wie kann 
dabei die Anzahl der Metallatome beständig 184 bleiben? Es ist dies nur 
möglich, wenn zwei oder mehrere Atome A, B, C u. s. w., deren Gesamt- 
gewicht gleich s ist, für von ihnen verschiedene Atome «, ß, y u. s. w. mit 
demselben Gesamtgewichte s ausgetauscht werden. In Wirklichkeit ist 
die Aufgabe noch verwickelter, da nicht die Metallatome allein, sondern 
ihre Oxyde das Gesamtgewicht bestimmen. Es sind folglich zwei Gleichun- 
gen mit acht Unbekannten zu lösen: 


DELHI 


269 


G+b+tc+d+e+f+g+h—184, 
b 
0-6 a+ 1.02 — + 16 — + 0-72 d + 0-4 e + 0:56 f + 0-62 g + 0-94 4 = 100, 


_wo die Buchstaben die Metallatomzahl von SiO,, Al,O,, Fe,03, FeO 
u. s. w. bedeuten. Ist dieser rechnerische Vorgang in der Natur wahr- 
scheinlich ? Steht überhaupt die Konstanz von Metallatomzahlen fest? 

Bevor ich darangehe, dies zu beantworten, will ich noch einer Be- 
hauptung Rosenbusch’ erwähnen. Er berechnet nämlich (l. c. 
S. 234), welches Atomgewicht g ein Stoff haben müßte, von welchem 184 
Atome dasselbe Gewicht hätten, wie die Summe von x-Atomen Si, Y- 
Atomen Al, zAtomen Fe, u-Atomen Mg, v-Atomen Ca, w-Atomen Na, 
t-Atomen K. Er meint, das Atomgewicht dieses Stoffes durch die Gleichung 


28 x + 27 y+3624+24u 40 +23 w + 394 
184 ae 


festzustellen, indem er die Zahl der Atome mit ihren Atomgewichten multi- 
pliziert, die Produkte addiert und die Summe durch 184 dividiert. Er 
führt die Rechnung für 52 Gesteine durch und erhält als Gesamtmittel 
rund 

g=16, 


nahezu das Atomgewicht des Sauerstoffs. 

Zuerst sei bemerkt, daß Rosenbusch bei der Berechnung für 
x, y, 2 u. S. w. keineswegs die Metallatomzahlen, sondern Metallatom- 
prozente substituiert. Die Metallatomprozente sind aber durch Multi- 


100 
plikation mit Tr aus den Metallatomzahlen hervorgegangen und infolge- 


dessen resultierte g = 16 anstatt der richtigen 


SR Bene Ar lc K | Na |Summe 


Gewichts t | 76 
ombre] 72:99 | 3-76] 12:16 


Metallatom- = ; 
| iy Due a] 23:8 


1) Rosenbusch ibid. S. 228, N. 1 der granito-dioritischen Reihe, wo. 
aber nur Metallatomprozente (nebst Molekularprozenten) angegeben sind (Bausch- 
analyse S. 88). 


Metallatom- | Be 
“prozen ie a ema 2-9 13:8 1.0 7-9 


Dividend der | 
Rosenb. Glei- | 
chung (erhalten NS Er = ‘ ” 9 € 99,” x à 
Sur Malo 28x121'7| 56x5-2 | 27x23.8 | 40x1-7 |39x13-8 | 23x7-0 | 5108.6 
kation mit Me- | | 

| tallatomzahl) | 


Dividend der 
| Rosenbuschschen 
Gleichung (er- | | | 2 
halten durch | 28x 70-4 56x2-9 | 27x13-8 | 40x1-0 | 39x 7-9 23x4-0 | 29467 
Multiplikation 
mit Metallatom- 
prozenten) | 


Dividiert man den ersten Dividend durch die Summe der Metallatom- 
zahlen 173-2, erhält man 29-5; dieselbe Zahl erhält man bei der Division 
des zweiten Dividends durch die Summe der Metallatomprozente 100. 
Das ist das Atomgewicht des gesuchten Stoffes, welcher keineswegs in 
der Nähe desjenigen des Sauerstoffs, sondern in der Nähe von Si liegt, 
wie man schon voraussagen konnte. Sz nimmt unter den Atomen nicht 
nur, was das Atomgewicht, sondern auch was die relative Atommenge 
betrifft, eine ähnliche Stellung ein, wie Si O, unter den Molekülen (Oxyden). 
Dies ergibt sich schon aus der Abhängigkeit der Metallatomzahl von der 
Molekularzahl. 


Wie bei der Berechnung der Molekularzahl, so ist auch bei der Be- 
rechnung der Metallatomzahl das Resultat von den Molekulargewichten 
(Mg0 40, Ca O 56, Si0,60, Na,0 62, FeO 72, K,0 94, Al,O, 102, Fe,0,160, 


10000 
Durch itt 1 81) abhängig. Die Molekul I SR nn nn. 
urchschnittszahl 81) abhängig. Die Molekularza ( Mois Sr) 


steht mit dem Molekulargewichte im umgekehrten Verhältnis, so daß 
die Reihe der Molekularzahlen umgekehrt ist (Fe, O, 62, Al, O3 98, K, O 106, 
Fe 0139, Na, O 161, SiO, 167, Ca O 179, Mg O 250, Durchschnittszahl 145). 


10000 
Die Metallatomzahl (— MR x Anzahl der Metallatome im 
olek.-Gewic 


Molekül) ist umgekehrt proportional dem Molekulargewicht und direkt 
proportional der Anzahl der Metallatome im Molekül. Infolgedessen weisen 
die mit einem Metallatom versehenen Moleküle den Molekularzahlen 
gleichende Metallatomzahlen (Fe 0139, Si 0,167, Ca O 179, Mg O 250), die- 
jenigen mit zwei Metallatomen aber verdoppelte Metallatomzahl (Fe, O3 125, 
Al, O3 196, K, O 213, Na, O 322) auf, so daß eine gegenüber der Mole- 
kularzahlenreihe veränderte Metallatomzahlenreihe (Fe, O3 125, Fe O 139, 
Si 0,167, Ca0 179, Al, Os 196, K,O 213, MgO 250, Na,O 322, Durch- 
schnittszahl 199) entsteht. 

Aus den 52 Analysen Rosenbusch’ folgen für Metallatom- 
zahlen hauptsächlich Werte zwischen 173 und 188 (nur 5 reichen bis 204). 


Sie weichen bedeutend von dem von Rosenbusch aus 242 Analysen 
berechneten Mittel 184 ab und lassen eine Stetigkeit durchblicken, wie 
es bei den Molekularzahlen der Fall war, jedoch mit viermaligem Ansteigen 
der Analysenanzahl: 


0.2.03 


a Ma - CAO RI 
0,0, es Er Oy. Ur 2 een 


2 


Dieses Ergebnis darf kaum den Satz von der Konstanz der Metall- 
atomzahl als gültig erkennen lassen, sondern höchstens den von der Kon- 
stanz eines breiten Intervalls derselben. In der Gewichtseinheit eines jeden 
Tiefengesteins ist nicht die gleiche Anzahl von 184 Metallatomen vor- 
handen. 

Die am meisten in Gesteinen auftretenden Silikate besitzen eine 
184 nahe liegende Metallatomzahl (Feldspate 179—184, Leucit 183) oder 
sie sind mit anderen, eine eventuelle Differenz ausgleichenden Mineralien 
verbunden (Quarz 167 mit Muskovit 226 und Biotit 210 in Graniten, 
Amphibol 191 und Augit 190 mit Olivin 175 und Magnetit 129 in gabbro- 
peridotitischen Gesteinen, Nephelin 212 mit Ägirin 173 in Phonolithen, 
mit Diopsid 172 in Theralithen u. s. f.). 

Man könnte einwenden, daß ich die aus der Regelmäßigkeit der 
Oxyden-Verhältnisse der Analysen entstehende Frage nur in die regel- 
mäßige Bildung immer derselben Mineralien verlegte, daß aber eben diese 
Bildung von denselben und in einem bestimmten Verhältnis stehenden 
Mineralien die Existenz von nur einer Materie beweise. Es ist wahr und 
ist eine altbekannte Tatsache, die ich nicht zu bestreiten gedenke, daß 
es in der Erdkruste nur eine Materie mit acht Hauptoxyden gibt. Aber 
der Kern der geologischen Auffassung der Frage liegt in dem Verhältnis 
dieser Oxyde. Man behauptet, daß ein Stammagma von nur einem be- 
stimmten Oxydenverhältnis existiere und daß aus diesem Stammagma der 
Tiefe durch Spaltung Teilmagmen von verschiedenen anderen Oxyden- 
verhältnissen entstehen. 

Wenn es wirklich nur ein einziges solches Stammagma gäbe, dann 
müßte die Durchschnittsanalyse aller Gesteine seine Zusammensetzung 
darstellen. In der Tat wurden solche Versuche von Clarke?) gemacht 
und von Anhängern der Homogenitätshypothese völlig gewürdigt. Eine 
Hauptbedingung für einen solchen Versuch ist aber die Kenntnis der 
Menge der an der Bildung der Erdkruste anteilnehmenden Gesteine, 
Nicht nur die Daten der Analysen, sondern auch die Mengen muß man 
in die Rechnung ziehen, was aber kaum ausführbar ist. Wäre die Berechnung 
richtig und existierte auch dieses ,,homogene‘‘ Gesteinsmagmä, so dürfte 
man erwarten, daß das Gestein, dessen Analyse mit der berechneten Mittel- 


1) Mit durchschnittlicher Metallatomzahl 184. Metallatomzahl 173 hat Hautzen- 
berger Granit. Es gibt aber Analysen mit einer noch niedrigeren Metallatomzahl 
z. B. Peridotit (Riccoletta, Predazzo) mit 166. 

2) Näheres in Rosenbuschl.c. S. 12 ff., auch die Literatur. 


272 


analyse übereinstimmt, auch reichlich in der Erdkruste vorhanden ist, 
da die üblichen Differentiationsbedingungen doch nicht überall genug 
intensiv wirken können. Die Monzonite und Essexite, deren Analysen 
mit den Clarkeschen Resultaten übereinstimmen, sind leider sehr 
sporadisch. Durch diese Tatsache wird die Homogenitätshypothese wohl 
nicht gefördert, aber auch nicht widerlegt, da die Resultate nicht logisch 
einwandfrei sind. Man kann zu keinem richtigen Ergebnis gelangen, 
wenn man z. B. die Analysenresultate einer Rarität (eines seltenen Tiefen- 
gesteins) neben die Analysenresultate eines in enormen Massen vorhan- 
denen Gesteins (Granits) stellt und daraus (durch Summation und Di- 
vision durch 2) Schlüsse betreffend das gemeinsame Magma zieht. Folglich 
erst aus einer mit Rücksicht auf die Gesteinsmassen gewonnenen Mittel- 
analyse können die richtigen Resultate (Molekularzahl und Metallatom- 
zahl) gefolgert werden. 

Auch Rosenbusch hat zur Berechnung der Durchschnitts- 
molekularzahl und -metallatomzahl tatsächlich wie Clarke eine gleiche 
Masse der an den Tag kommenden Gesteine vorausgesetzt und deswegen 
kann er zu keinem einwandfreien Ergebnis kommen, selbst wenn es wirklich 
nur ein Magma gäbe. 

Ich mache noch auf eine Sache aufmerksam. Wenn wirklich die Mole- 
kularzahl 152 und die Metallatomzahl 184 eine Eigenschaft des Stamm- 
magma vorstellten, müßten auch die mit der Molekularzahl 152 versehenen 
Gesteine dem Stammagma am nächsten sein und dabei die andere 
Eigentümlichkeit desselben, d.h. die Metallatomzahl 184, besitzen. Die 
Molekularzahl 152 gehört (l. c. S. 228 u. 229) den Analysen N. 3 und 22 
der foyaitisch-theralitischen Magmen, N. 4, 6, 12, 15, 23 der granito-dio- 
ritischen und gabbro-peridotitischen Magmen an, welche aber keineswegs 
die Metallatomzahl 184, sondern der Reihe nach Metallatomzahlen 181, 
185, 177, 179,-176, 179, 181 aufweisen. Die Metallatomzahl 184 liefern 
Analysen N. 4 und 6 der foyaitisch-theralitischen Magmen, welche aber 
nicht die Molekularzahl 154, sondern 149 und 147 ergeben. 

Rosenbusch will noch andere gemeinsame Merkmale (S. 233) 
der Analysenresultate feststellen, welche er in Verbindung mit der ,,Kon- 
stanz‘‘ der Molekularzahl und Metallatomzahl bringt. Er spricht nämlich 
von zwei „Tatsachen“. Die erste: Wo in den Alkaligesteinen CaO (mit 
dem niedrigen Molekulargewicht 56) reichlicher auftritt, zeigt sich ein 
Anwachsen des K,O (mit dem höheren Molekulargewicht 94) gegenüber 
dem Na, O (mit dem niederigeren Molekulargewicht 62), wie in den Leucit- 
syeniten, Borolaniten und Leucitophyren. Die zweite: In den an MgO 
reichen Endgliedern der gabbro-peridotitischen Magmen, wenn ein Alkali 
überhaupt innennenswerter Menge vorhanden ist, findet man zur Aus- 
gleichung des niedrigen Molekulargewichtes 40 des Mg O das schwerere K, 0. 

Wenn die erste Tatsache wirklich existierte, müßte man sie nicht 
anders als durch das Streben nach der Konstanz der Molekularzahl in der 


273 


Gewichtseinheit erklären. Wenn sich leichte Moleküle (CaO) anhäufen, 
müssen unbedingt, falls dasselbe Einheitsgewicht und dieselbe Molekular- 
zahl wie früher bleiben soll, andere leichte Moleküle (Na, O) in größerer 
Menge austreten und statt der letzteren schwere K, O-Molekiile in einem 
ganz bestimmten Verhältnis eintreten. Bezeichnen a, b, c, x die ursprüng- 
lichen Molekularzahlen von CaO, K,0, Na,O und den übrigen Oxyden, 
welche in der Gewichtseinheit enthalten sind, so gilt die Gleichung 


56a4+ 9464+ 62ctex=1. 


Wenn weiter «, B die Zuwachse von a und b, y die Abnahme von c be- 
deuten, dann folgt 


56 (a + à) + 94(b+ B) + 62 (c—y) +2x=1. 


Durch Subtraktion efhält man aus beiden Gleichungen 


56 ig 
aa; 


Da aber die Gewichtseinheit stets dieselbe Anzahl der Moleküle enthalten 
soll, muß die Abnahme dem Zuwächse gleichen: 


Y=a tk. 
Aus den beiden Werten für y läßt sich berechnen 
3 19 
Soak Seat thes 


| 3 
Wenn « Moleküle zu CaO hinzukämen, müßte K,O um ee Moleküle 
D 


Lg 
zu- und Na,O um TR Moleküle abnehmen. 


Die Analysen zeigen aber, daB diese Verhältnisse nicht eingehalten 
werden. Leucitsyenit (Rosenbusch |. c. S. 229, N. 15) hat um 
4 CaO mehr als beide vorangehenden Gesteine, so daß man bei K,O 
eine Zunahme rund 1 Molekül (in Molekularzahlprozenten) und bei Na, O 
eine Abnahme von 5 Molekülen erwarten sollte; statt dessen ist die Zu- 
nahme von K,0 2 bis 3, die Abnahme von Na,0 8 bis 11 Moleküle. 
Bei dem Borolanite (S. 151, N. 14) vermehrt sich CaO gegenüber dem 
Leucitsyenit (ib. N. 13) um 1°85 (berechnet in Molekularzahl), X, O steigt 
nur um 0-35 anstatt um 3-5, Na, O sinkt um 3-5 anstatt um 2-2. Beim 
Borolanite N. 15 ib. wächst CaO gegenüber dem vorhergehenden um 
15-36 an, K,O aber sinkt um 0-21 anstatt um 2-2 zuzunehmen; Na,O 
vermindert sich nur um 6-18 anstatt um 18-24. 

Es sei noch zugefügt, daß beim Durchsehen anderer Analysen sich 
die erste Deduktion Rosenbusch’ keineswegs als durchgreifend zu 

Bulletin international. XXI. 18 


274 2 


erkennen gibt. In der Analyse Laurvikits (ib. S. 228, N. 5 der foyait.- 
theral. Magmen) ist CaO gegenüber allen vorangehenden foyaitischen 
Gesteinen merklich angewachsen, kaumaber K, O, welches sogar gegenüber 
der zweiten und vierten Analyse daselbst abgenommen hat. Ähnliches 
gilt von den Analysen 7 und 8, 11 und 12, 13 und 14, 15—16—17, 22— 
23—24 derselben Reihe. Ein Parallelismus zwischen CaO und K,O läßt 
sich auch nicht in der Reihe der granitodioritischen und gabbroperi- 
dotitischen Magmen zwischen den Analysen N. 1—2—3, 4—5—6—7—8, 
11—12, 14—15—16—17, 20-21, 22—93—24 feststellen. 

Was die zweite Behauptung Rosenbusch’ betrifft, so lese 
ich in fast allen von N. 17 bis N. 23 reichenden Analysen der gabbro- 
peridotitischen Magmen eine größere Molekularzahl für Na, O (1-0 bis 6-9%), 
fir K,O nicht einmal 1% (0-1 bis 0-9%). Eine Ausgleichung des Mo- 
lekulargewichtes MgO (vorhanden bis zu 18-9 Mol.-Z. %) kann somit 
K,O nicht übernehmen. Wohl ist es möglich bei Glimmerperidotit von 
Kaltem Tal bei Harzburg (ib. S. 216, N. 1), auch bei Kimberliten (ib. 
N. 2 und 3), aber im allgemeinen gilt dies nicht. In Amphibolperidotiten 
sind nur Spuren von Alkalien vorhanden und im Wehrlit mit 23 Gewichts- 
prozenten Mg O (ib. N. 8) ist das Verhältnis der Alkalien sogar umgekehrt.}) 


Fassen wir jetzt noch alles zusammen. Es gibt zwei Aufgaben. 
Die erste: Unter der Voraussetzung, daB stoffliche Homogenitat des Magma 
existiere, soll man die prozentuelle Zusammensetzung desselben ausfindig 
machen. Dazu sind zuerst chemische Analysen aller Gesteinstypen 
der Lithosphäre nôtig, die aus dem Magma hervorgingen, und zweitens 
die Kenntnis ihrer Verbreitung auf der Erde. Zur Beantwortung dieser 
Frage fehlt hauptsächlich die zweite Bedingung (geologische Beschaffen- 
heit des ozeanischen Bodens kennen wir nicht!), infolgedessen ist dieselbe 
unlösbar. Die zweite Aufgabe lautet: Es ist die Frage zu beantworten, 
ob es nur eine Stammaterie der Tiefengesteine gibt (ob das Magma stofflich 
homogen ist.) Da sich die mittlere Zusammensetzung derselben nicht 
präzis erschließen läßt, ist auch diese zweite Aufgabe unlösbar. 

Es gibt aber doch Fälle, wo wir einen induktiven Schluß bei ähn- 
licher Gelegenheit anwenden können. Wenn z, B. alle Analysen, besonders 
alle jene, deren Richtigkeit sich nicht anzweifeln läßt, ein und dasselbe 
Merkmal zeigen würden, dürfte man mit einer sehr großen Wahrschein- 
lichkeit sagen, daß dasselbe auch für die vorausgesetzte Stammaterie 
gültig ist. Und in der Tat läßt sich bei den meisten Analysen ein Überschuß 
an SiO, über dem bunten Durcheinander der übrigen Oxyde feststellen. 
Es zeigt sich weiter, daß die Menge von Al mit Fe mindestens Gleichgewicht 
mit der Summe K + Na + Ca zu halten strebt. Wenn viel K + Na vor- 


!) Wegen der großen analytischen Fehler bei der Bestimmung der Alkalien 
sind alle solche Folgerungen zweifelhaft. Cfr. Doelter C. T. M. p. M. XXL, 
1902, S. 196. 


275 


handen ist, ist Na im Überschusse, und wenn sich Na + K vermindern, 
hat Mg zugenommen. Endlich läßt sich ein Antagonismus zwischen Mg 
und Al, auch zwischen Mg und Si erkennen. Darin dürfte man die Haupt- 
merkmale der hypothetischen Urmaterie erblicken.!) Der Inhalt der 
Sätze deutet kaum auf eine Homogenität der Materie hin. 


Dieselbe war anfänglich und ist noch jetzt mit SiO, so durchsetzt, 
daß sie eine die Hydro- und Atmosphäre gemahnende Silicosphäre 
darstellt. Die übrigen Oxyde kommen darin wie eine Art von Verunreini- 
gung vor, die sich ändert und aus dem hypothetischen Urmagma in Wirk- 
lichkeit eine Menge von Magmen hervorbringt. Nach Rosenbusch 
sollte noch die Konstanz der Molekularzahl und Metallatomzahl ein ge- 
meinsames Merkmal sein. Ich habe gezeigt, daß diese Konstanz (die 
überdies nicht korrekt ist) kein aus den Analysen allein folgendes Ergebnis 
ist, sondern daß sie als Konstanz der Atomgewichte vor den Analysen 
bestand und in dem Verhältnis des Molekulargewichtes SiO, zu den 
übrigen Oxyden ihren Grund hat. 


Obgleich sich die Molekularzahl und die Metallatomzahl für die 
"Spekulation wertlos und wegen des Schwankens innerhalb der Magmen- 
reihen für die Klassifikation als unfruchtbar erwiesen haben, gelang es 
mir doch an der Hand der Metallatomzahl für das letztere Ziel ein wichtiges 
Mittel zu entdecken. Das ist auch der positive Erfolg meiner Arbeit. 


1) Ähnlich stellt Rosenbusch (l. c. S. 225) Parallelismus zwischen 
Tonerde und Alkalien + Kalk, Antagonismus zwischen Tonerde und Magnesia, 
aber auch zwischen Kieselsäure und zunehmender Magnesia fest. Loewinson- 
Lessing (Compt. rend. de la VII session du Congrès Géol. Internat. Russie 1897. 
Petersbourg 1899) hebt hervor: 1. Antagonismus zwischen Alkalien und alkalischen 
Erden, wodurch eine Einteilung der Gesteine in alkalische und erdalkalische als 
berechtigt erscheint; 2. Parallelismus zwischen der Tonerde und den Alkalien. Andere 
Beziehungen gelten nach Loewinson-Lessing nur für größere oder kleinere 
Magmengruppen, infolgedessen legt er denselben keine allgemeine Bedeutung bei. 

Aus Osanns (Versuch einer chemischen Klassifikation der Gesteine, 
T.M.p.M., XXII., 1903, S. 342 ff.) allgemeinen Resultaten will ich folgende Eigen- 
schaften herausnehmen: Es gibt Übergangsglieder zwischen den durch bestimmte 
Werte von s, a, c, f, n, m, k (s = die molekulare Menge Si O,; a =204:0, 
e=%0C:0,f=20F:o wo À = (Na, K),0, C= Al,O,— A, F = (Fe, Mg, Ca) 

10 Na, O m (Mg, Fe, Mn, Co, Ni) O 


Oe. Dr A C+-Fın= ——; —— = 
meet CNT Per: En 7 (Ca, Ba, Sr) O 


s - 
k = ————_——_ ) charakterisierten Familien, welche folglich nicht scharf ge- 


64 +2C+F 
trennt sind und sich im allgemeinen mit den Rosenbuschschen decken. Die 
Zahl s schwankt zwischen 82% und 39% und ist ganz wesentlich von a abhängig 
(nimmt mit ihm gleichzeitig und im allgemeinen gleichmäßig ab), die Zahl a 
‚schwankt zwischen 17 und 0, c zwischen 15 und 0, f zwischen 20 und 1, k zwischen 
1:8 und 0°5. Gesteine mit hohem Werte von nd. h. > 5°5 herrschen, gegen die 
der Kalivormacht vor, der Wert m wechselt stark, aber auch der Wert » ist beisauren 
Gesteinen einem starken Wechsel unterworfen. 
18* 


276 


Rosenbusch abstrahierte von der Anzahl der Sauerstoffatome 
und fand eben dadurch, daß die Anzahl der sowohl in den sauersten als : 
auch in den basischen Magmen enthaltenen Metallatome ‚konstant‘ 
ist. Die Gesteine beherbergen daneben aber keine konstante, sondern 
eine variable Anzahl von Sauerstoffatomen. Wenn Rosenbusch 
nur Metallatomzahlen der Gesteine nebeneinanderstellt und bei der gra- 
phischen Darstellung auf dieselbe Distanz d. h. auf 100 umgerechnet 
einträgt, wird das Bild der Gesteine wegen des Sauerstoffausfalles so- 
zusagen verzerrt. Die Sauerstoffatomzahlen sind auch darzustellen. Die 
Sauerstoffatomzahl ist hauptsächlich wegen des Uberschusses von Si 
immer größer als die Metallatomzahl. In den 52 Analysen Rosen- 
busch’ (l.c. S. 228 und 229) macht sie 265 bis 310 aus. 

Loewinson-Lessingt) benutzte bereits das Verhältnis des 
Oder SiO, zu dem O sämtlicher Basen zur Klassifikation der Gesteine, 
Er nennt es Aciditätskoeffizient «. Schon früher bediente sich Justus 
Roth?) zur Diskussion einer Gesteinsanalyse der sogenannten Sauer- 
stoffproportionen und des Sauerstoffquotienten. Als Sauerstoffquotienten. 
bezeichnete er das Verhältnis des Sauerstoffs sämtlicher Basen zu dem- 
jenigen der Kieselsäure Si O,, zu welchem Verhältnis der Loewinson- 
Lessings Acıditätskoeffizient « den reciproken Wert darstellt. Sauer- 
stoffproportionen sind-Verhältnisse der in einzelnen Oxyden vorhandenen 
DRE ICE GERALD 

102 60 
Gewicht von 47,03, a das der SiO, bedeutet. 


In R Molekülen Si O, einer Analyse sind R Atome Si und 2 R Atome 
Olean R Molckülen der dreiertieen Basen (Al,0,, Fe: Os) 2 R Atome. 
Al + Fe und 3 R Atome O, in R Molekülen der zweiwertigen Basen 
(Fe O, MgO, CaO) R Atome Fe + Mg + Ca und R Atome O, in R Mo- 
lekülen der einwertigen Basen (X,0, Na,O) 2 R Atome K + Na und 


Sauerstoffgewichte z. B. , wo b das prozentige 


R Atome O enthalten. Es läßt sich folglich der Aciditätskoeffizient « als. 


a=2R:83R+R+R) 


ausdrücken, wodurch er in ein Verhältnis der Molekularzahlen überführt 


me m 


ist. Falls aber Re: R, R Metallatomzahlen bezeichnen, folgt für « 
der Ausdruck 


vee 3 wr ” 1 ’ m LA 


I Erlen: R+R+  R=4R:öR+2R+R). 


*) Loewinson-Lessing: l.c. S. 193 ff. Unter ß versteht er die Zahl 
der Basenmoleküle auf 100 Moleküle der Kieselsäure. 
*) Justus Roth: Die Gesteinsanalysen ec. 1861. 


277 


Aus beiden Ausdrücken für « ist zu schen, daß sie nur ein verändertes 
Verhältnis von Molekular- resp. Metallatomzahlen darstellen. Von dem 
eigentlichen Verhältnis des Sauerstoffs zu der Metallatomzahl ev. Mo- 
lekularzahl sagt « nichts aus.) In J. Roths Sauerstoffproportionen 
sind ähnliche Werte enthalten. 

S 
6A+2C+4+F 
ist das Verhältnis der gesamten Molekularmenge von Si OQ, (s) zu der in 
den Alkalifeldspaten [(K,, Na.) O.A1,03.6 S10,] an A-Alkalien ge- 
bundenen (also 6 A), zu der in dem Kalifeldspate (Ca O . Al,0,.2 Si Os) 
an C-Kalkmoleküle gebundenen (also 2C), und endlich zu der in Metasi- 
likaten [(Mg, Fe) O . Si O,] an F-färbende Oxyde (Mg O, Fe O) gebundenen 
Kieselsäure (also F) ausgedrückt. Wenn À Molekularzahl bezeichnet, ist 


Im Osannschen Kieselsäurekoeffizienten k = 


ait 


B—s:(64+2C+F)—R:(6R+I2R,+R)—R:(R +2R,46R): 
wenn aber R Metallatomzahl bedeutet, ist 


LU LL " 


R=R:(GR+2R+R)=R:(R+2R+3R). 


Falls k 1, so sind andere Silikate oder freier Quarz vorhanden?) Es 
. ist klar, daß der Koeffizient À nur zur Beantwortung dieser speziellen 
Frage taugen will, da in demselben keine Rücksicht auf dreiwertige Metalle — 
genommen ist. Wie weit diese Beantwortung mit dem Koeffizienten & 
gelingt, zeigt die folgende Betrachtung. Wenn alle Alkalien, Kalk und 
färbende Oxyde feldspatartig ev. metasilikatisch gebunden wären, dann 
müßte wohl À > 1 freie Kieselsäure bedeuten. Falls aber Gesteine mit 
anderen Silikaten durch diese Berechnung in einen feldspatartigen ev. 
metasilikatischen Zustand gebracht werden, kann À keineswegs dieselbe 
Bedeutung behalten. Setzt man in den Nenner der obigen Bruchzahl 
6 A anstatt 4 A (bei dem Vorhandensein von Leucit), oder anstatt 3 A 
(bei dem Vorhandensein von Biotit), oder anstatt 2 A (b. d. V. v. Nephelin), 
setzt man 2 C anstatt 1C (b. d. V. v. Pyroxen und Amphibol), F anstatt 
14 F (b. d. V. v. Orthosilikaten) und ist nur die zur Bildung der in Klam- 
mern genannten Silikate nötige Kieselsäure vorhanden, dann muß der 


1) Es läßt sich ähnlich zeigen, daß 


” 


R R 
2, — TEE wo R die Molekularzahlen bedeutet, oder 
R 
50(R+2R+R 
= > Br un, wo R die Metallatomzahlen bedeutet. 
R 


2) A. Osann (l.c. S. 345) sagt: Mit Eintritt des Quarzes steigt der Wert %, 
bei Anwesenheit von Olivin und Feldspatvertretern sinkt er unter 1 herab. 


278 


Wert À < 1 sein. Nur bei der Abwesenheit der den Wert À herabdrückenden 
Silikate bedeutet der Wert k >1, daß freier Quarz im frischen Gestein 
zugegen ist. Wenn der Wert k auf die genannte Weise herabgedrückt 
ist, kann auch bei k < 1 der Quarz anwesend sein z.B. beim Äkerit (R o- 
senbuschl.c. S. 132, N.4), welcher quarzführend ist und doch k = 0-9 
aufweist. Daß bei k — 1 nicht notwendig nur die feldspatigen Silikate 
und Metasilikate, sondern auch die Nephelin-Leucitsilikate mit Olivin- 
gruppe oder Pyroxenamphibolgruppe anstatt des Anorthits gesteinsbil- 
dend auftreten können, ergibt sich von selbst. Die Eventualitäten sprechen 
gegen die Eindeutigkeit des Kieselsäurekoeffizienten A. 

Der Loewinson-Lessingsche Wert « bietet bei der Klassi- 
fikation für die an Sz reichen Gesteine (Hauptgruppe D) genügend Raum 
(2-3 bis 4-76), für die basischen (Hauptgruppe B) wenig (1-4 bis 2-2), für 
ultrabasische (Hauptgruppe A) wieder mehr Raum (0-35 bis 1-4). Falls 


roe 


oR see == R + R (R = Metallatomzahl), dann ist « = 2; man be- 
findet sich in der Nähe der neutralen Gesteine (Hauptgruppe C, wo 
x — 2 bis 2-5). Durch die Benützung der Metallatomzahlen, die der Klassi- 
fikation Loewinson-Lessings zu Grunde gelegt sind, erklären 
sich sowohl die Vorteile als auch die Nachteile seines Systems. Ein Vorteil 
ist, daß die Gesteine eine einzige Reihe bilden, ein Nachteil, daß verwandte 
Eruptive in verschiedene Hauptgruppen gelangen (z. B. Diorit in H.-g. 
B, Andesit in H.-g. C, Granodiorit und Dacit in H.-g. D)1). Die Haupt- 


gruppen müssen in Untergruppen nach dem Verhältnis R, O : RO (in 
Molekularzahlen) in erdalkalische (R,O < RO), intermediäre (R,O = RO) 
und alkalische Magmen (R,0 > RO) geteilt (in der Hauptgruppe A 
kommt noch eine Untergruppe ‚Tonerdemagmen‘, in der Hauptgruppe B 
eine solche von fast oder ganz tonerdefreien Magmen vor) und in den- 
selben natürliche Familien aufgestellt werden. Dabei verliert sich der 
klassifikatorische Wert der Zahl «, da sie infolge der Einführung der 
Untergruppen innerhalb der Hauptgruppen verschiedenartig oszilliert. Es 
ist klar, daß denselben Dienst wie « die Metallatomzahl von Sz oder die 
Molekularzahl von Sz O, verrichten würde. Man würde dann die Arbeit des 
Berechnens von « ersparen. 

Ich will hervorheben, daß das Verhältnis der Anzahl von Sauerstoff- , 
atomen zu der Anzahl der Metallatome (die für 100 Sauerstoffatome vor- 
handene Anzahl der Metallatome) eine für die Klassifikation verwendbare 
Größe ist. Es ist nämlich durch dieselbe ausgedrückt, auf welche Weise 
vier-, drei-,.zwei- und einwertige Metallatome an der Zusammensetzung 
eines Gesteines teilnehmen. Die Sauerstoffatomzahl wächst am schnellsten 
mit der Si-Atomzahl, am langsamsten mit der K-Na-Atomzahl und zwar 


1) Bereits in der Rezension Milchs (C. f. M. G. P. 1900, S. 184) ausge- 
sprochen. 


279 
proportional mit 2 ar kK, R— R, wo R die Metallatomzahl der ver- 
schiedenwertigen Metalle vertritt. Das Verhältnis der Summe dieser mit 
Metallen verbundenen Sauerstoffe zu der Summe der Metallatome 


mr wr 


oe tk Rk eR SR PARR 


Re Rs Mi gee Pep ete 


und daraus folgendes 


weer ” 


200 (Rk + R+ K+ R) } 


Y= 


eee ROR LR 

ist eine in den Magmenreihen (Rosenbusch’ oft regelmäßig anstei- 
gende GrôBe. Theoretische Grenzen derselben werden durch die An- 
nahme gefunden, daB eine Atomenart die maximale Anzahl erreiche (an 
100 Sauerstoffatome entfällt in Si O, 50 Sz, folglich y = 50% u. s. f) : 50 


für Si O,, 66-7 für Ry Os, 100 für RO, 200 für R, O. 

In der Reihe der foyaitischen Magmen (Rosenbuschl.c. S. 
228, 229) gelangt das Verhältnis y zu folgenden Werten (in Klammern 
Nummer der Analyse): 57-1 (1), 58-0 (2) u. s. w., in der Reihe der thera- 
litischen Magmen : 65-4 (20), 65-7 (18) u. s. w., in der Reihe der granito- 
dioritischen Magmen : 57-9 (1), 58-6 (2), 58-8 (4) u. s. w., in der Reihe der 
gabbroperidotitischen Magmen : 63-9 (18), 65-4 (19) u. s. w. Fast genau 
stimmt die y-Folge mit der Rosenbuschschen Ordnung der Ana- 
lysen in der Reihe der gabbroperidotitischen Magmen (y = 63-9 bis 74-7) 
überein, eine gute Übereinstimmung hat sie auch mit der der foyaitischen 
(y = 57-1 bis 73-2) und theralitischen (y = 65-4 bis 69-6) Sippe, ganz 
verändert ist sie aber hinsichtlich der granitodioritischen Reihe (y = 57-9 
bis 64-4) 2). Die letztere Erscheinung ist das Ergebnis der unregelmäßigen 
Oszillation einzelner Metallatomzahlen in dem Verzeichnisse von R o- 
senbusch, wo Si-Atomzahl 5mal, Al 5mal, Fe 5mal, Mg 4mal, Ca 
5mal, Na 6mal, K 4mal a seigt und diese „Wellen“ keineswegs parallel 
laufen. 

Es ist klar, daß man mit dem Koeffizienten y, ohne vorherige um- 
ständliche Erforschung des Verhältnisses einer Analyse zu anderen Ana- 
‚lysen, sofort bestimmen kann, wie weit diese Analyse vom Anfange 


1) Falls R Metallatomprozente bezeichnet, dann ist 


y= 20.000: (4R +3R+2R +R). 


2) Metallatomzahl des Hautzenberger Granits (Nr. 1) ist richtiger 173 (nicht 
178). 


280 


der Reihe entfernt ist. Der Koeffizient y stellt eine Abszisse dar; als 
Ordinate, wenn man die Zuständigkeit zu den Rosenbusch’ Sippen 
erkennen will, kann am besten die Differenz Na—K (in Metallatomzahlen) 
dienen (positive Zahlen nach oben). Die foyaitisch-theralitischen Magmen 
sind nämlich nach Rosenbusch’ Kerntheorie diejenigen, in welchen 
Na und K, besonders Na, vorherrschen. Diese Ordinate hilft aber kaum 
bei den Gliedern, in welchen die Reihen zusammenfließen, dann muß 
doch eine ausführlichere Untersuchung Platz greifen. 

Mit der Loewinson-Lessings Klassifikation läßt sich y in 
keine direkte Verbindung bringen, da in y die Summe der Sauerstoff- 
atomzahlen, in « ein Verhältnis zwischen zwei Teilen derselben Summe 
enthalten ist. Weil aber Sz am meisten über die Anzahl der Sauerstoff- 


i 
atome entscheidet, ist doch zwischen y und =r ein angenäherter Paralle- 


lismus vorhanden. 

Endlich sei noch zum Koeffizienten y eine spekulative Betrachtung 
zugefügt. Denken wir uns den Vorgang, wie die Oxydation der Metallatome 
im Erdinnern stattfindet.1) Der Umstand, ob dabei die Sauerstoffatome 
unter den Metallatomen vorhanden sind oder erst von der Oberfläche 
herkommen, scheint dabei belanglos zu sein. Falls weniger Sauerstoff 
als nötig, zur Verfügung stände, dann bleiben einige Metallatome un- 
oxydiert. Die Frage, welche von den Metallatomen den Vorteil der Oxydation 
haben werden, läßt sich nicht in dem Sinne beantworten, daß es diejenigen 
sein werden, welche mehr Affinität?) besitzen. Es ist wohl wahrscheinlich, 
daß in der unterirdischen Glut alle Metallatome in dieser Hinsicht ein- 
ander gleich iind. Sonst müßte bei einer ungenügenden Sauerstoffszu- 
fuhr — von dem Mangel an Sauerstoff zeugt der metallische Erdkern ?) — 
ein 100% des prävalenten Oxyds enthaltendes Gestein entstehen. Das- 
selbe müßte auch in der Erdkruste öfters vorkommen, was aber, von dem 
winzigen Si O,-Vorkommen und Erzgängen absehend, keinswegs zutrifft. 
Es folgt, daß bei der ungenügenden O-Zufuhr nur physikalische Bedin- 
gungen entscheiden. Die nächsten (an der Oberfläche befindlichen) Metall- 
atome werden der Oxydation anheimfallen. Es wird eine wenig mächtige 
Schicht oxydiert, deren Verhältnis der Oxyde genau das Verhältnis der 
Metallatome der glutigen Unterlage (Si: Al,:Fe,:Fe:Ca:Na,:K,) 
wiedergibt. 


1) Der Vereinfachung wegen ist der intermediären Verbindungen (Chloride, 
Silizide, Karbide, Phosphide, Sulphide etc.) nicht gedacht. 

®) W. A. Wahl (Beiträge zur Chemie der Meteoriten. Z.f. anorg. Chemie 
69, 1911, S. 52 ff.) hat folgende absteigende Reihenfolge der Affinität an der Hand 
der Bildungswärme der Oxyde festgestellt: Mg, Ca, Al, Na, K, Si, C, Fe, Ni, Cu. 

3) Auch die Lava, die heute noch gefördert wird, besitzt reduzierende Eigen- 
schaften. Freier Sauerstoff kommt nicht im Magma vor. (Cir. F. v. Wolff: Der 
Vulkanismus. 1914, S. 98 u. f.) 


281 


Mag also die O-Zufuhr genügend oder ungenügend sein, so kommen 
doch Oxydengemische heraus, die dieselbe metallatomische Zusammen- 
setzung wie die Metallegierung des Erdinnern aufweisen. Wenn diese 
Metallegierung homogen wäre, müßten auch die aus dem Oxydengemische 
entstandenen Gesteine dem Analytiker stets dieselben Resultate liefern, 
was aber keineswegs zutiifft. Die Wanderung der Oxyde und mineralischen 
Kombinationen derselben dürfte Rand- und Schlierenbildungen erklären, 
keineswegs aber die chemische Veıschiedenheit ganzer enormer, hunderte 
km breiter Komplexe. Es scheint, daß diese chemische Verschiedenheit 
in der glutigen Metallatombathosphäre ihren Grund hat und daß folglich 
das Urmagma inhomogen ist. Es gibt verschiedene Teilmagmen, die aus 
differenten Metallegierungen hervorgegangen sind. Die Metallegierungen 
liefern auf jedes 100 eindringender Sauerstoffatome y Metallatome zur Oxy- 
dation. Aus den Oxyden werden dann Mineralien gebildet. 

Die alte Auffassung, daß die verschiedensten Eruptivgesteine eine 
ziemlich ununterbrochene Reihe zwischen zwei Endgliedern darstellen 
(Bunsen 1851, Durocher 1857), ließ man fallen, als man erkannte, 
daß sich durch Mischung dieser zwei Endglieder nicht die wirk’ichen 
Massenverhältnisse deı Analysen oder umgekehrt, aus diesen Analysen 

“zwei der Bedingung entsprechende Endglieder rechnungsmäßig ableiten 
lassen.1) Zu demselben negativen Ergebnis führte auch die Annahme von 
3 oder 4 Endgliedern. Man meinte dann, daß es nur zwei Auswege gäbe: . 
en:weder für jedes Eruptivgestein eine besondere Quelle in der Batho- 
sphäre oder aber nur ein einheitliches sich spaltendes Urmagma fii alle 
Eruptivgesteine voraussetzen zu müssen, und entschied sich für die letztere 
Möglichkeit. Dazu sei zuerst bemerkt, daß zu den beiden noch eine dritte 
Möglichkeit sich logisch zugesellt: Es gibt mehrere spaltbare Urmagmen. 

Die alte Idee wurde wegen der Unmöglichkeit einer rechnungs- 
mäßigen Ableitung der Zwischenglieder aus den Endgliedern aufgegeben. 
Lassen sich aber aus einem sich spaltenden Urmagma rechnungsmäßig 
zwei wirklich existierende ,,Spaltungsprodukte‘ ableiten? Ist nicht dabei 
ein zwar umgekehrter aber wesentlich derselbe Prozeß im Spiele? Im 
ersten Falle sollen zwei Summanden durch eine Summe, im zweiten eine 
Summe durch zwei Summanden erklärt werden, was aber nicht gelingt. 

Tatsächlich also ist nicht bei der Homogenitätshypothese der Um- 
stand wichtig, daß von nur einem Magma und infolgedessen von der 
Spaltung anstatt Mischung gesprochen wird, als vielmehr daß eine Wan- 
derung bestimmter Oxyde und deren Anhäufung an einzelnen Orten 
angenommen wird. Wenn man aber einmal diese Wanderung grundsätzlich 
zugibt, so ist zugleich auch die Einheitlichkeit des Magma preisgegeben. 
Wollte man den Anfang des Wanderns erst in das Stadium der Bildung 
von Oxydenkombinationen oder sogar der Kristallisation verlegen, was 


1) Cfr. A. Harker: The Natural History of igneous Rocks. 1909, S. 309 ff. 


bo 
u 
bo 


schon in der Nahe der Oberfläche sich abspielt, dürfte man die Differenzi- 
ation innerhalb der einzelnen Bassins erklären, keineswegs aber diejenige 
der Bassins selbst. 


Mit Rücksicht auf die gewiß enorm hohe Temperatur des Erdinnern 
dürfen wir mit Günther und LukaSevic}) annehmen, daß sich dort 
alle Stoffe im überkritischen Zustande befinden und daher eine gas- 
förmige Phase bilden. Diese müßte homogen ?) sein, da den Gasen eine 
unbegrenzte Mischbarkeit zukommt. Dieser gasfüimige Kern ist von 
einer flüssigen Schicht umgeben, welche ihrerseits von der festen Erdrinde 
umschlossen wird. 

Die Gase des Erdinnern werden sich nun in der flüssigen Schicht 
auflösen, und zwar jedes in einer Menge, die seinem Partialdruck %) in 
der gasförmigen Phase und seiner Lösungsfähigkeit entspricht. Das 
bedingt zum Teil auch eine andere Zusammensetzung der flüssigen Schicht 
der gasförmigen gegenüber, stört aber keinesfalls die Homogenität der 
ersteren nahe der Grenzfläche. Wäre die Temperatur der flüssigen Schicht 
in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmäßig, so müßten die Konzentrationen 
der erwähnten Gase in beiden Phasen unabhängig vom Druck in einem 
konstanten Verhältnis zueinander stehen (Absorptionsgesetz von Henry). 
Die Temperatur der flüssigen Zone nimmt aber nach oben allmählich ab, 
und da der Löslichkeitskoeffizient von der Temperatur abhängig ist, so 
wird sich auch die Gaskonzentration mit der Höhe kontinuierlich ändern. 

Im Laufe der geologischen Entwickelung wird allem Anscheine 
nach nicht nur die feste Phase, sondern auch die flüssige Phase des Erd- 
körpers mächtiger, wodurch sich die innere Abgrenzung der festen Phase 
von der gasförmigen Phase relativ mehr und mehr entfernt. Dadurch 
läßt sich erklären, warum der Gasgehalt der rezenten Laven klein, der 
der terziären Eruptivgesteine dreimal, der paläozoischen und präkam- 
brischen siebenmal, der archäischen zwanzigmal größer ist (absolute 
Daten der Chamberlins Analysen siehe in Wolff: Vulkanismus 
S. 73 ff). Wolff) ist der Ansicht, daß im Laufe der Zeit zu den primären 


1) TIykamıesuup, I. D.: Mexannka semHom Kopst. Verh. d. kaiserl. russ. miner, 
Ges. St. Petersburg, 1907, S. 521 ff. 

2) Da dieses homogene System eine im Vergleich zum Erdradius bedeutende 
Mächtigkeit wohl besitzen muß, wird eine wenn auch unbedeutende Trennung nach 
Dichte (Prinzipvon Gouy und Chaperon) auftreten. Diese Wirkung wird 
durch die Zentrifugalkraft ein wenig gehemmt. 

3) Streng gilt es von einatomigen Gasen und geschmolzenen Metallen (A. Sie- 
werts und H. Oehme, Ber. d. D. chem. Ges. 46 [1913] 1238). Zweiatomige 
Gase werden einatomig (mit ¥ proportional )absorbiert. 

4) 1.c.S.80. AuchH.E. Boe ke (Grundlagen der phys.-chemischen Petro- 
graphie, 1915, S. 226) meint, daß die Zunahme des Gasgehaltes mit dem Alter der 


283 


Gasen — deren Menge setzt er wohl der der rezenten Laven gleich — 
von auBen neue Gasmengen hinzukommen, nachdem der Gestaltungs- 
prozeB der Gesteine bereits zum AbschluB gekommen ist. Den Ursprung 
der Gase sucht er keineswegs im gasförmigen Erdinnern, sondern ,,unter 
anderem in den Gasemanationen beim Zerfall radioaktiver Elemente‘. 
Seine Ansicht ist im konsequenten Zusammenhange mit seiner Theorie 
über den zum Teil radioaktiven Ursprung der innerirdischen Wärme. 
Man muß aber bedenken, daß sowohl die bereits verfestigten Gesteine, 
als auch die als rezente Laven herausgeförderten Magmen eine gleiche 
Zeit unter der radioaktiven Wirkung standen. Nur wenn man annimmt, 
daß bei Intrusion und Extrusion des Magma eine gänzliche Entgasung 
stattfindet, wäre die Annahme Wolffs einwandsfrei, dies läßt sich 
aber bei diesen erst bei einer hohen (4(0°—800°) Temperatur entweichenden 
Gasen kaum behaupten. Eszeugen davon schon die Versuche A. Bruns;}) 
junge Eruptive (,,Roches actives‘) explodieren fast in der Nähe ihres 
Schmelzpunktes, Granit, Gabbro und andere ‚tote Gesteine’ weisen 
keine lebhaften Erscheinungen auf, trotzdem sie eine größere Menge 
der gasförmigen Phase (mechanisch eingeschlossen oder okkludiert) ent- 
halten. Es ist vielmehr anzunehmen, daß die explodierenden Gase (haupt- 
sächlich 7 C7) der jungen Eruptivgesteine einen Rest des im Magma ur- 


sprünglich anwesenden Gasgehaltes darstellen — die Gase lösen sich 
doch im Magma ihrem Drucke proportional auf und werden beim Auf- 
steigen der Lava während der Druckentlastung nur teilweise frei —, durch 


Vollkristallisation der Laven und Verwitterung derselben und auch der 
alten Eruptivgesteine verlieren sich allmählich die explodierenden 
Gase. ?) 

Die von mir chemisch begründete Verschiedenheit der aufeinander 
folgenden Zonen der flüssigen Schicht läßt sich nicht mit einer primären 
Differentiation der Autoren identifizieren, unter welcher man einen inner- 
halb der schmelzflüssigen Phase (also vor dem Beginne der Kristal- 
lisation) sich abspielenden Trennungsvorgang ohne Substanzzufuhr von 
außen und ohne Änderung der Phase versteht. Diese primäre Differen- 
ziation halte ich für unmöglich, insofern sie nur auf der Diffusion basiert. 
Das Ziel der Diffusion ist nämlich eine gleichmäßige Verteilung der Kom- 
ponenten, keineswegs also eine Differenzierung. Der primären Differen- 
ziation wird übrigens wegen der Viskosität des Magma von Autoren?) 
eine geringe Bedeutung zugeschrieben. Ähnliches gilt von dem Soret- 


Gesteine auf einen Nachschub oder vielleicht z. T. auf die Wirkung radioaktiver. 
Elemente deute. 

1) A. Brun: Recherches sur l’Exhalation volcanique. Genf. 1911. 

2) Von einem enormen Reichtum der Gase zeugt z. B. die junge flüssige 
Oberfläche der Sonne. 

8) Cfr. G. F. Becker: Some queries on rock differentiation. Am. Journ. 
Ot Science. 1897. S. 21 ff. 


284 


Ludwigschen!) Prinzip, welches besagt, daß eine Wanderung des 
gelösten Stoffes längs des Temperaturgefälles (auch Druckgefälles) statt- 
findet, wenn die Lösung in ihren Teilen verschiedene Temperaturen (Drucke) 
aufweist. Damit wollte man die Anhäufung der schwerer löslichen Ver- 
bindungen an den Abkühlungsflächen erklären; ‚aber der Effekt der 
Diffusion längs des Temperatur-(Druck-)Gefälles kann nicht groß sein, 
da sie durch zu hohe Viskosität verhindert wird, und wenn nicht, dann 
heben wieder Konvektionsströmungen die Diffusion auf. Im Einklange 
damit ist die Beobachtung, daß die Abscheidung der basischen Fazies 
an der Abkühlungsfläche keine allgemeine ist. Doelter?) ordnete 
die Gesteine nach der Viskosität und hat nicht einmal bei dünnflüssigen 
(basischen) Schmelzen eine Differenzierung beobachtet, was er ähnlich 
wie Michel Lévy, Sollas und Becker mit dem Fehlen derin- 
neren Beweglichkeit erklärt. Er meint aber, daß unter hohem Druck und 
bei Gegenwart der Mineralisatoren doch die nötigen Bewegungen möglich 
wären. Nach meiner Ansicht läßt sich die Möglichkeit der Bewegungen 
wohl nicht bestreiten, aber eine andere Frage ist es, ob es dabei wirklich 
zu einer Anhäufung bestimmter Stoffe und nicht eher zu einer angenähert 
gleichmäßigen Verteilung derselben — die Randzonen etwa ausgenommen 
— kommen würde. Die spezifisch schweren Stoffe konnten sich bei Ver- 
suchen Doelters erst beim Beginn des Erstarrens am Boden des Tiegels 
oder (vom Gas getragen) an der Oberfläche absetzen. 

In dem von mir angenommenen flüssigen Schichtsystem können 
bei tektonischen Vorgängen untere Schichten teilweise in die oberen 
hineingepreßt werden, wie man es bei der Eruptionstätigkeit an der Ober- 
fläche beobachtet, Die strömende Bewegung kann durch Dichteänderung 
(stärkere Abkühlung, lokale Gaszufuhr oder Aufsteigen juveniler Gase 
nach Sueß) veranlaßt werden. Die vertikale (radiale) chemische In- 
homogenität wird dadurch zur horizontalen (tangentialen). Kann aber 
diese horizontale Inhomogenität dauernd erhalten bleiben? Wird nicht 
der in die öbere Schicht hineingedrungene Teil der unteren Schicht von 
jener aufgelöst werden? Ich meine, daß es keineswegs im vollen Maße 
geschehen kann, weil das Magma im allgemeinen nicht dünnflüssig ist, 
ausgenommen basische (an FeO und MnO reiche) Partien desselben. 
Saure (an K,O, Na,O, SiO,, Al, Og reiche) Silikatschmelzen sind nämlich 
zähflüssig (die Al, Os-Schmelzen wie Teer’), damit stimmt die Beobachtung 
der saueren Laven überein. Der osmotische Druck d.h. die Kraft, welche 
den gelösten Stoff vom Orte höherer Konzentration zu solchem niederer 
treibt, ist dem Druck in Gasen analog. Im Gase stellt sich Gleichgewicht 
der Dichte bald her, in den Flüssigkeiten träge und langsam, da die Rei- 


1) Wien. Akad, Ber. 20, 539. 

*) C. Doelter: Die chemische Zusammensetzung und die Genesis der 
Monzonitgesteine T. M. D ME RT, 19027 SSR 

2) Fo. Woolf idee Sash: 


bungswiderstände in den letzteren groß sind. Die innere Reibung ist eine 
der Bewegung der Masseteilchen entgegenwirkende Kraft. Sie ist dem 
Diffusionskoeffizienten umgekehrt proportional. Da der Diffusionskoeffi- 
zient mit der Temperatur wächst, muß die innere Reibung sinken und 
umgekehrt mit der sinkenden Temperatur anwachsen. Das letztere ist 
abeı der Fall in äußeren Schichten der Bathosphäre. Von der Diffusion 
im Magma gilt wohl fast dasselbe wie von der Kristallisation, von welcher 
F. v. Wolff) trefflich sagt, daß sie in einer Ordnung der regellos ver- 
teilten Moleküle zum Kristallbaustein und zum Kristallgebäude besteht. 
„Es ist klar, daß dieser Ordnungsvorgang eine Funktion der Zeit ist. Je 
kleiner die innere Reibung einer Flüssigkeit ist, desto größer wird die 
Beweglichkeit der Moleküle sein, desto schneller muß sich der Ordnungs- 
prozeB zum Kristall vollziehen können; mit anderen Worten, in einer 
dünnflüssigen Schmelze wird sich die Kristallisation viel schneller ab- 
spielen als in einer zähflüssigen. Ja im äußersten Grenzfalle, wenn die 
Zähflüssigkeit einen derartigen Grad angenommen hat, daß die entspre- 
chend gesteigerte innere Reibung die Bewegung der Moleküle nahezu 
aufhebt, kann die Kristallisation erst nach sehr langer Zeit oder über- 
haupt nicht eintreten.“ 


Aber auch im Falle, daß die Diffusion kräftig obwalten kann, und 
dies muß man in unteren Schichten annehmen, dürfte noch ein Umstand 
hemmend wirken. In der Chemie sind wohl Flüssigkeiten bekannt, die . 
sich nur teilweise gegenseitig lösen. Jeder Temperatur entspricht eine 
ganz bestimmte Löslichkeit der einen in der andern und umgekehrt. 
Die gegenseitigen Löslichkeiten steigen meistens mit der Temperatur, 
Dann nähert sich die Zusammensetzung beider Lösungen immer mehr, 
bis sie gleich wird. Es tritt dann volkommene Mischbarkeit ein. Oft 
verhalten sich aber beide Löslichkeiten gerade umgekehrt oder es sinkt 
eine mit zunehmender Temperatur, während die andere steigt. 


Auf diesem Principe baute Bäckström?) seine Differentiations- 
theorie auf. F. v. Wolff3) will auch die Rosenbuschsche Kern- 
theorie auf dieselbe Weise deuten. Rosenbusch) selbst geht nicht 
so weit. Er sagt nur, daß sich die Spaltungen schon im Zustande der Me- 
tallegierung des tellurischen Urmagma entwickeln müssen und daß sich 
erst beim Aufsteigen in höhere Regionen des Erdinnern die Oxydation 
und die Wasseraufnahme vollzieht. Alle späteren Spaltungsvorgänge in 
diesem Silikatschmelzfluß seien durch die den Metallatomen innewohnenden 
Verwandtschaftskräfte bedingt. Die Gesetzmäßigkeiten desselben Vorgangs 


ewe wolff ].c, S. 52. 

?) Bäckström: Causes of Magmatic Differentiation. Journ. of Geol. 
1893, S. 773 ff. 

Are) S; 163. 

eho) Ss 225. 


286 


werden nach Rosenbusch hervortreten, wenn wir die metallischen 
Kerne ,,herausschälen. ‘‘ : 

Wenn einmal im Magma bestimmte chemische Verbindungen ent- 
stehen, ‘könnten sie wohl einander unvollkommen!) und erst bei bestimmter 
Temperaturstufe vollkommen mischbare Lösungen bilden. Auf diese 
Weise müßte aus den vollkommen mischbaren Lösungen ein Haupt- 
gestein von einer mittleren Zusammensetzung und aus den unvollkommen 
mischbaren Lösungen solche von einer ergänzenden Zusammensetzung 
entstehen, die die Zusammensetzung des Hauptgesteines ergeben sollten. 
Einen solchen einfachen Fall gibt es aber keineswegs in petrographischen 
Provinzen. Was die Rosenbuschsche Kerntheorie speziell anbe- 


langt, so sind die Kerne (Na, K) Al Sip, Ca Al, Si, R Si, R,Si, R und die 
von Brögger (Das Ganggefolge des Laurdalits) zugegebenen (Na, K) Al Si, 
(Na, K) Al Sig, Ca Al, Si, (in Urtiten, Umptekiten, Lestiwariten) im 
sauerstoffreien Magma nur wenig existenzfähig, da sie den Chloriden, 
. Karbiden, Nitriden, Sulphiden, Phosphiden etc. ganz gewiß Platz räumen 
müssen, wie schon die Meteorite lehren. 


* * 
ok 


Aus dem Bilde, welches die chemischen Betrachtungen darbieten, 
mußten wir die die Homogenität des Magma betreffende Frage negativ 
beantworten. 

Das geologische Bild läßt die Frage offen. Man hat zwar festgestellt, 
daß verschiedene Gesteine gleichzeitig und geologisch gemeinsam aus 
dem Magma entstanden sind, aber anstatt des an der Hand liegenden 
Schlusses, daß das Magma inhomogen ist, hat man in Anbetracht der 
basischen und sauern Schlieren in einem und demselben Gesteinskörper 
die Spaltungs- und Homogenitätshypothese ausgebaut. 

Es bleibt noch für die Lösung der Frage das petrographische Bild 
(die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine) übrig. Zweifellos 
hängt die mineralogische Zusammensetzung von der chemischen ab und 
könnte uns vielleicht auch über die Urmaterie Bescheid geben. Auf solche 
Weise wagte man es z. B. auf eine Spaltungsfähigkeit des hypothetischen 
Urmagma aus der großen Spaltungsfähigkeit der Monzonite und Essexite 
zu schließen. Analysen derselben Gesteine stimmen nämlich, wie schon 
oben gesagt, mit den Clarkeschen, die Zusammensetzung des intra- 
tellurischen Magma vermutlich anzeigenden Durchschnittszahlen überein. 
Bei solchen Schlüssen wird oft vorausgesetzt, daß das petrographische 
Bild der Tiefengesteine nicht von anderen außerhalb des Magma liegenden 
Faktoren beeinflußt werde. Um das zu prüfen, müssen wir uns die Gewiß- 
hiet verschaffen, wie weit die mineralogischen Eigenschaften der Tiefen- 
gesteine von den chemischen abhängig seien. 


1) Ch. Boeketl.e. 82141 


287 


E. Reyer!) sagt: ‚Die Mengenverhältnisse der meisten Elemente 
(Oxyde) können (im Bereiche der Reyerschen Typen) innerhalb weiter 
Grenzen schwanken; es trıtt dann nur je nach der elementaren Mischung 
bald der Feldspat, bald Hornblende und Augit vor, ohne daß der mine- 
ralische Charakter des Gesteins sich ändert. Ein Magma von der Zusammen- 
setzung des Typus I (Granit-Liparit) kann ebensowohl wie ein Magma 
von der Zusammensetzung des Typus IT (Syenit-Granitit-Trachyt) oder III 
(Diabas-Gabbro-augitischer Andesit) als Syenit ausgebildet erscheinen ; 
der Kieselgehalt kann zwischen 70% und 50% schwanken und doch 
bildet sich nur Feldspat und Hornblende aus. Sobald aber in einem Magma 
nur wenige % mehr Alkalien oder Mg auftreten, als das normale Magma 
enthält, bilden sich Nephelin, Leucit und Olivin und es wird durch diese 
kleine chemische Variation mit einem Schlage der ganze mineralische 
Charakter des Magma geändert.‘ Darin willReyernach meiner Meinung 
aussprechen, daß der petrographische Charakter Feldspat — Hornblende 
sich nicht nur aus syenitischen, sondern auch aus granitischen und gab- 
broiden Magmen ausbilden könne, d. h. nicht von einer bestimmten che- 
mischen Zusammensetzung (stets gleicher S7 O,-, Al, O3-, Fe, Oz u. Ss. w. 
Menge), wohl aber von dem stets gleichen Verhältnis bestimmter Oxyde 
(Na,O, K,O, MgO) abhängig sei. Eine und dieselbe Analyse könnte 
nach Reyer keineswegs von einem Granit (einer basischen Schliere 
desselben), einem Syenit oder einem Gabbro geliefert werden. In Wirklich- 
keit kommt aber der Fall vor (vergl. Rosenbuschl.c.S. 95, N. 2 
manos 5. 121, N°. 10;,5.180, N. 1).. Im weiteren bringt Reyer die 
Bildung von Leucit — Nephelin — Olivin in Verbindung mit der Menge von 
Alkalien und Magnesia. Er spricht die Vermutung aus (l. c. S. 221), daß 
ein verhältnismäßig geringer Überschuß eines Elementes die Bildung 
neuer Minerale verursache z. B. daß beim Hinzutreten von 4% Kali (3% 
Natron) Leucit (Nephelin) gebildet werde. Seine Vermutung läßt sich 
aber durch den Vergleich einer Analyse des orthoklasführenden Shon- 
kinits (Rosenbusch |. c. S. 204, N. 2 mit 5-61 Gewichtsprozenten 
K,0) mit einer Analyse des leucitführenden Missourits (ib. S. 208, N. 1, 
mit 5-14%, K,O), durch den Vergleich eines Anorthosits (ib. S. 186, N. 6, 
mit 3-68%, Na,O) mit einem Nephelinijolith (ib. 5. 210, N. 6, mit 2-60% 
Na; O) und durch den Vergleich eines olivinfreien Diorits (ib. S. 167, 
N. 15a, mit 6-24° Meg O) mit einem Olivingabbro (ib. S. 180, N. 14, mit 
4+62°% Mg O) widerlegen. Demzufolge scheint die Bildung eines bestimmten 
Minerals nicht zum chemischen Begriff der Gesteine zuzugehören, aus- 
genommen etwa die nicht weiter „spaltbaren‘“ Magmen und magma- 
tischen Reste, welche die Zusammensetzung eines Eruptivgesteine bildenden 
Minerals aufweisen?) 


1) E. Reyer: Theoretische Geologie. 1888, S. 221 u. f. 
2) Aber auch in einem solchen Falle, falls z. B. ein sauerstoffreies Magma die 
Zusammensetzung eines Albitkerns Na, Al, Si, besitzt, dürfte wohl — wenn die 


288 


In dem Kapitel ,,Existenzbedingungen der Minerale — Genetische 
Beziehungen“ (l. c. S. 222) spricht schon Reyer ganz ausdrücklich aus, 
daß die Existenz bestimmter Minerale nicht bloß von dem chemischen 
Bestande, sondern auch wesentlich von den genetischen Verhältnissen 
abhängt. Er hebt Druck und Durchtränkung hervor. Aber die Beispiele, 
die er anführt (Verschiedenheiten in der feineren chemischen Zusammen- 
setzung und Habitus eines und desselben Minerals z. B. Orthoklas — Sa- 
nidin, oder einer und derselben oder ähnlichen chemischen Verbindung z.B. 
Quarz — Tridymit —amorphe Kieselsäure, Augit der Tiefe — Hornblende 
der Oberfläche) verengen seinen Standpunkt auf die Gegensätze des mi- 
neralischen Bildes, welche sich als Funktion des Niveaus (Schnelligkeit 
des Erstarrens) äußern. Ich will vielmehr im folgenden zeigen, daß unter 
den genetischen die physikalischen Bedingungen auch in der Tiefe Ober- 
hand haben. Der Beweis wird an der Hand des in Rosenbusch: 
„Elemente der Gesteinslehre“‘ enthaltenen Analysenmaterials betreffend 
die Bildung von Leucit, Nephelin, Anorthit, Olivin und Hornblende 
geführt. 

In Graniten werden Alkalifeldspate und sauere Plagioklase ge- 
bildet, in Leucit- und Elaeolithsyeniten, wo keine freie Sz O, übrigbleibt, 
sind neben Kalifeldspat (Orthoklas, Mikroklin, Anorthoklas) und Albit 
oft Leucit, Nephelin,. wohl aber keine Plagioklase (außer Albit) entstanden. 
In normalen Syeniten werden Plagioklase gebildet, aber der Ouarz fehlt 
kaum jemals. Die genannten Gesteinsgruppen sind sehr verwandt und 
durch Übergänge verbunden, der Hauptunterschied ist der Mangel an 
Quarz bei den Leucit- und Elaeolithsyeniten. Untersuchen wir, ob von 
diesem Mangel die Bildung von Leucit und Nephelin abhängig ist.?) 


Massenverhältnisse allein im Spiele wären —.ein Gestein aus 50% (Albit Na,Al, SigOig), 
30% Nephelin (Na Al SiQ,) und 20% Quarz (SiO,) entstehen. Daraus erklären 
sich die Schwierigkeiten der Berechnung von Analysen, von welchen Osann 
(Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. T. M. p. M. XXI, 
S. 409) spricht, indem er die diesbezügliche Äußerung Lincks zitiert. Dieselben 
sind auch jedem Geologen ziemlich bekannt. Osann selbst führt in derselben 
Arbeit für die Natronminette von Hao wesentlich andere Prozente der Mineralien 
als Brögger an. 

2) Vergl. auch die Versuche Lagorios (Über die Natur der Glasbasis 
sowie die Kristallisationsvorgänge im erupt. Magma. T. M. p. M. VIII., 1887). Auch 
F. Becke (Die Eruptivgebiete des böhm. Mittelgebirges und der amerikanischen 
Andes. Atlantische und pazifische Sippe der Eruptivgesteine. T. M. p. M. XXII, 
1903, S. 216) will als Tatsache feststellen, daß je nach dem Si O, — Gehalte (der 


Höhe der Si-Ordinate) aus A = (Na, K), O die Feldspatmolekel R, Al, Sig Oye, 
bei geringerem Gehalt die Leuzitmolekel À, Al, Si,O,, oder die Nephelinmolekel 
m, Al, Si, O, entstehen kann. Ist der Gehalt an Si größer als die Si-reichsten Ver- 
bindungen erfordern, so führt das notwendig zur Bildung von Quarz, Tridymit oder 
Si-reichem Glas. Das Sinken des Si-Gehaltes unter die Sättigungsgrenze bedeutet 
nach Becke Bildung von Feldspatvertretern ev. Olivinsilikat [aus F = (Mg, Fe, 
Ca) O— Al,O,— A] oder Ausscheidung freier Oxyde. 


289 


Die Alkalifeldspate (K Al Si, Os, Na Al Si3O$) brauchen zur Bildung 
eines Moleküls 3 Sz O,-Oxyde, Leueit (K Al Si,0,) nur 2 SiO,, Nephelin 
(Na Al Si O,) endlich nur 1 SiO,. Es ist wahrscheinlich, daß bei einer 
geringeren Menge von Sz O, sich entweder zuerst aus Alkalien die Leucit- 
und Nephelinmoleküle bilden und dann erst aus der übrigbleibenden 
Menge von 5:0, durch Zunahme von 1 resp. 2 SiO, in Feldspat umge- 
wandelt werden, oder aber die Feldspate zuerst gebildet werden und dann 
die noch freien Alkalien den Feldspatmolekülen die Kieselsäure abnehmen. 

Was den Bedarf an Si 0, betrifft, lassen sich die gesteinsbildenden Mi- 
neralien ev. einige charakteristische Moleküle derselben in folgende anstei- 
gende Reihe (der eine A/,03-Bedarfsreihe zugefügt wurde) zusammenstellen: 


Relative Si-Menge in Mineralien: 
Pin (Me; Fe), S10, . … R, (= # Valenzen) : Si 
Nephelin Na Al SiO, ... RR (= 4 Valenzen) : Si 
Anorthit Ca Al, Si, 0,... RR, (= 8 Valenzen) : 2 Si = 4 V. : Si 


Biotit H,0.2 K, 04. 3 Al Os. 6 SiO, + 6 Mg, SiO,... Rg Rig Re (= 48 Va- 
lenzen) : 12 Si = 4V.: Si 


Bi koyit 2 H,0.K,0.:3 Al, 0,.65S1:0,...R, R, (= 24 Valenzen): 6 Si = 


TS 
Leucit (K, Na) Al Si,0,... RR (— 4 Valenzen) : 2 Si 
en Ca (Mg, Fe) Si, 0, 


(Ce, Mg, Fe) (Al, Fe), Si 0%) 
Aegirin Na F, 2,0, 
Arfvedsonit Ne, F Ca Sty Oo 


Albit Na Al Si30, ..... RR (= 4 Valenzen) : 3 Si 
Orthoklas K Al Sis Os “140 eye 3 ” PR) 


SEN: Warne 


Relative Al-Menge in Mineralien: 
Pyroxen ? ... (Ca,Mg) 0: 41,0, =R:2Al=2R:2 Al=R:Al 


Anorthit... CeO : AL Os = R :2 Al =, 
Orthoklas... K,O LA O3 = 
Tzueit;;'... K, 0 Al, 0; = 
“Albit . . . Na,0  :Al,0;= 
Nephelin ... + = 


1) 4), (Al, Fe) = Si. 
2) Nur Al-haltige alkalifreie Moleküle angeführt, nur dieselben werden auch 
weiter unten in Erwägung genommen. 
Bulletin international XXI. 19 


290 


C9 


5 
Biotit ....-2'K,0:3 Al, 0; DRS Ar Be 


bo 


r 


Muskovit 7...% 2023 AI OR Je A 


Durch die obige Beobachtung ermuntert, dürfte man einen induktiven 
Schluß ziehen, daß die Bildung der Feldspate und der ım ersten Verzeichnis 
unten angeführten Mineralien überhaupt nur an die mit S:0, ange- 
reicherten, die der oberen daselbst an die mehr basischen Analysen zu- 
fallen müsse. Es stimmt auch oft. Der Quarz ist nicht vorhanden z. B. 
in leucit- und pseudoleucitführenden Missouriten, Fergusiten, Leucitshon- 
kiniten, ebensowenig in nephelinführenden Essexiten, Shonkiniten, Thera- 
lithen, Maligniten und Ijolithen. Es existieren aber auch Ausnahmen. 
In Alkalisyeniten — Nordmarkite und Pulaskit (Rosenbusch lc. 
S. 128, N. 5) ausgenommen — fehlt der Quarz, doch die Leucit- und 
Nephelinbildung bleibt aus. In Monzonit ist kein Quarz oder nur in sehr 
geringer Menge vorhanden (die Quarzmonzonite ausgenommen), trotzdem 
entsteht Leucit nur in Sommaiten und Nephelin in Nephelin-Monzoniten. 
Was diese Ausnahmen betrifft, so haben Shonkinitfazies von Monzoniten 
(l.c. S. 123, N. Ic, 2c, 3c), Nephelinmonzonite (4a, 4b, 4c) und Som- 
maite (5a, 5b, 5c) in ihren Analysen stets weniger als 52% Si O,; wo die 
Si O,-Menge anwächst, bleibt die Leucit- und Nephelinbildung aus. 
In Alkalisyeniten findet man im Einklange damit 52-34% bis 63-76% 
Si0,. Doch darf man in der angeführten Zahl keine allgemein gültige 
Grenze sehen, da im Jjolith (S. 210, N. 7) bei 63-76% SiO, (Ubergangs- 
gestein in Granit) noch Nephelin entstanden ist.}) 

Auch in anderen Richtungen gibt das obige Verzeichnis keinen Be- 
scheid. Gleich beim Granit könnte man fragen, warum bildet sich Biotit 
anstatt des Orthoklases, warum entsteht aus seinem Mg O nicht ein Mineral 
aus der Pyroxen-Amphibolgruppe? Dürfte das vorhandene Wasser die 
Bildung Biotits veranlassen? In dem Falle aber konnte anstatt des Biotits 
wasserhaltiger Muskovit entstehen und aus MgO ein an SiO, reicherer 
Amphibol. Vielleicht ist dabei im Spiele der Al,0,-Gehalt? Stimmt es 
aber mit der Wirklichkeit? Zeigen Analysen, daß bei einem gleich- 
prozentigen Mg O-Gehalte mehr Al, Oz in Amphibolgranititen, bei einem 
gleichen Al,0,-Gehalte mehr MgO in Granititen vorhanden ist? Eine 
positive Antwort findet man zweimal (S. 88, N. 5 und 13, 4 und 10), eine 
negative auch zweimal (ib. N. 7 und 12, 5 und 11). 

In der Familie der Leucit- und Elaeolithsyenite sind keine kalk- 
haltigen Feldspate vorhanden, die Bildung Anorthits Ca Al, Si, O4 kommt 
nicht zu stande. CaO ist enthalten in Pyroxen oder Amphibol. Da in 
dem Molekül des Anorthits zu Ca zwei Al und zwei Si gehören, in dem 


1) Nicht nur in diesem Ijolith, sondern auch in anderen oben genannten Ana- 
lysen mit weniger als 52% SiO, ist genug SiO, zur Bildung der Feldspate. 


291 


Tonerde - Molekül des Pyroxens zwei Al und ein Si, in dem Tonerde- 
Molekül des alkalifreien Amphibols ?/, Al und ein Si, dürfte man erwarten, 
daß der Überschuß an 47, O4 und SiO, die Bildung des Anorthits fördert. 
Aber ein plagioklasführender Glimmersyenit (S.121, N. 3a) mit 1-24% CaO 
hat um 8-94% 47,0, weniger als Elaeolithsyenit (S. 146, N.5) mit einer fast 
gleichen Menge SiO, und 1:15% CaO. Obwohl das Beispiel dagegen 
spricht, muß man noch bedenken, daß in Elaeolithsyeniten nur soviel 
Al, O3 vorhanden ist, daß die Alkalien genügen (in N. 5 ein Überschuß 0-9 
M.-Z., in N. 6 ein Mangel 0-8 M.-Z. Alkalien) sie feldspatartig zu binden. 
In den Glimmersyeniten im Gegenteil bleibt ein Überschuß an Al, Os 
(in N. 3a + 2-5 M.-Z., in N. 3b + 2-3 M.-Z.) nach der Bindung der Al- 
kalien übrig, und das dürfte der Grund sein, weshalb in den letzteren 
der Anorthit gebildet werden kann. Wenn diese Regel richtig wäre, müßte 
bei normalen Graniten, Dioriten, Gabbros, Noriten, Essexiten und Thera- 
lithen ähnlich wie bei den normalen Syeniten nach der Bildung von 
Alkalifeldspaten noch freies Al, O3-Oxyd übrigbleiben, aber bei alkalischen 
Graniten, alkalischen Syeniten und Shonkiniten ähnlich wie bei den 
Elaeolithsyeniten müßte seine Menge knapp sein. Nichtsdestoweniger 
zeigt Laurvikit (S. 228, N. 5) ein 4-1 Mol. % ÜberschuB an A/,0, und 
dabei keinen Plagioklas. CaO (3.03%) findet in Augit, Diopsid, Hyper- 
sthen, barkevitischer Hornblende und spurenweise in Orthoklas ihr 
Unterkommen. Ähnlich sieht man einen Tonerdeüberschuß von 2-2 M.% 
in Sodalithsyenit (S. 228, N. 6), 24 M.% in Litchfieldit (ib. N. 7), 1-4M.% | 
in Lujaurit (ib. N. 8), 1-0 M.%, in Ditroit (ib. N. 9), 2-5 M.% in Laur- 
dalit (ib. N. 12) und dabei keinen Plagioklas. Es ist interessant, daß bei 
Äkeriten (N. 4 bis 7) dieser Überschuß rund 1-2 bis 7-5 M.% ausmacht 
und zugleich zur Bildung des Plagioklases führt. Bei augitführendem 
‚Glimmersyenit von Hedrum (S. 132, N. 9) kommt nur ein 0-2 M.% Al, Og- 
Überschuß und trotzdem bilden sich Plagioklase. Bei Nordmarkiten, 
Hedrumiten, Pulaskiten, Umptekiten, Pyroxen- und Aegirinsyeniten ist 
-die Molekularzahl der Alkalien derjenigen der Tonerde gleich,*) Plagioklase 
werden nicht gebildet. Die Gültigkeit der Regel findet man bei Essexiten _ 
(3-5 bis 4-9 M.%, Tonerdeüberschuß), Graniten und anderen Gesteinen 
der granitodioritischen Reihe, auch bei Gabbros (1-2 bis 11-0 M.% Tonerde- 
überschuB). Bei Monzoniten, Nephelinmonzoniten, Sommaiten und Kent- 
alleniten begleitet ein Tonerdeüberschuß von 2 bis 7M.% die Bildung 
‚Anorthits in Plagioklasen. 

Aber bei plagioklasfreien alkalischen Graniten findet sich erst bei 
Riebeckit- und Riebeckitakmit-Graniten (S. 86, N. 8 bis 11) ein kleines 
_ Defizit an Tonerde (höchstens rund 1 M.%, bei Aegiringranit rund 4 M.%), 
‚sonst bei Alkaligranititen ein Tonerdeüberschuß von rund 1M.% (bei 


1) Ausnahme: Pulaskit von Kyschtym-Ural mit 34 M.% 4Al,0, gegenüber 
14-7 M.%, Alkalien. 
19* 


292 


Alkaligranitit mit Turmalin 3-7 M.%, der Eisenwert desselben ist klein 
und zwar 0-77% Fe, O,, sonst 1 bis 2M.%). In den plagioklasfreien 
Elacolithsyeniten, Pyroxen-, Glimmer- und Amphibolfoyaiten schwankt 
sich die Molekulardifferenz Al, Os—Alkalien um #2 M.%. Bei Mariupolit, 
Chibinit, aegirinreichem Lujaurit, Eudialytsyenit, Katapleiitsyenit, So- 
dalithsyenit, Tawit, Urtit, Cancrinitaegirinsyenit, Cancrinitsyenit und 
Leueitsyenit ist stets ein Deficit an Tonerde erkennbar und dabei kein 
Plagioklas. Bei Monmouthit und Borolanit ist Al, O3-Uberschu8 vor- 
handen (bei Monmouthit rund 3 M.%, bei Borolanit rund 2 bis 4-5 M.%), 
doch nur der erste beherbergt Plagioklase in einer kleinen Menge. Dabei 
enthält Monmouthit 5-759 CaO, 0-44% Fe, O3, 2:19% Fe O, Borolanit 
5-4 bis 146% CaO, 6-7 bis 10-06% Fe, Os, 0-8 bis 2:71% FeO. Es ware 
die Vermutung möglich, daß die größere Eisenmenge in Borolanit die 
Bildung der Plagioklase hemme. Die Vermutung bewährt sich aber 
keineswegs bei plagioklasführenden Theralithen, die einen ebensogroßen 
Eisengehalt als plagioklasfreie Shonkinite von paralleler chemischer Zu- 
sammensetzung aufweisen. 

Die letztgenannten Familien sind noch in einer anderen Hinsicht 
interessant. Ca O-Gehalt sucht bei Shonkiniten in Pyroxen und Amphibol 
sein Unterkommen. In Shonkinit S. 205, N. 14 ist sogar zweimal soviel 
Ca O (14%) als in Theralith ib. N. 20 und dabei weist Theralith mehr 47, Oz 
auf. Theralith N. 21 daselbst ist sowohl an CaO als Al, Og reicher als 
Shonkinit N. 5. In den Analysen N. 15 u. 16 daselbst besitzt Theralith 
mehr Ca O aber weniger Al, Oz als Shonkinit N. 10. Die in den drei letzten 
Sätzen angegeb-nen Verhältnisse gelten auch hinsichtlich der Molekular- 
zahl von Al,03 + Fe, O3. Es läßt sich folglich keine Beständigkeit darin 
feststellen. 

Dabeı zeigen aber Theralithe (auch Teschenite und Augitteschenite) 
weniger K, O als Shonkinite mit einem fast gleichen Gehalt an S:0, 
(vergl. N. 18 und 1, 19 und 13, 20 und 14, 10 und 15 und 16, 22 und 6, 
23 und 3, 24 und 1, 25 und 17, 26 und 16) und nur in einem Falle sind sie: 
hinsichtlich X,O einander gleich. Es scheint, daß auch molekulare Menge 
von Al,03 + Fe,0; bei Theralithen stets größer sein sollte, da nur in 
zwei Fällen (N. 19 und 13, 22 und 6) ein kleiner Gegensatz vorkommt. 
Die A7,0,-Menge ist dabei einmal kleiner, ein andermal größer als in 
Shonkinit. In den Analysen, wo Al, Oz reicher in Theralith als in Shonkinit 
vorkommt, läßt sich nichts Ähnliches bei anderen Oxyden feststellen. 
Die Theralith- (Teschenit-) und Shonkinitanalysen, welche eine fast gleiche 
Gewichtsmenge von Ca O zeigen (N. 10 und 14, 19 und 13 und 15, 20 und 3, 
21 und 15 und 13, 22 und 12, 23 und 3, 25 und 13 und 15, 26 und 3). 
lassen zwei Gesetzmäßigkeiten erkennen und zwar eine Anreicherung 
mit K,O in Shonkiniten, eine Anreicherung mit der Molekularsumme 
Al, Og + Fe, Og in Theralithen. Es folgt daraus, daß aus zwei sonst gleichen 
shonkinitischen Magmen sich plagieklasführender Theralith (Teschenit), 


293 


nur aus demjenigen entwickelt, welches bei gleicher Si O,-Menge weniger 
K, O und bei gleicher Ca O-Menge mehr 47, O3 + Fe, Oz-Moleküle besitzt. 

Dieses Ergebnis ist aber nicht im Einklang mit der Zusammen- 
setzung der Plagioklase (des Anorthits). Zur Bildung des Anorthits ist 
doch soviel Al, O3 nötig als zur Bildung von tonerdehaltigen Molekülen 
der Pyroxene, in welchen bei Shonkinit Ca O sein Unterkommen sucht. 

Warum sollte bei Theralithen mehr 47,0, + Fe, O3 zu demselben 
Zwecke vorhanden sein? Es ist wahr, daß auch ein wenig Fe, Og in Anorthit 
eintreten kann, besonders aber gilt es von Pyroxenen, und infolgedessen 
dürfte man eine gerade gegensätzliche Erscheinung erwarten. Ebenso- 
wenig läßt sich eine kausale, genetische Verbindung der Plagioklase mit 
der Menge an K, O begreifen. Der K, O führende Orthoklas kommt sowohl 
in Shonkiniten als auch in Theralithen vor, er gehört sogar zum Begriffe 
dieser Familien und seine große Menge vermag kaum die Bildung des 
Plagioklases hindern, umsoweniger als in anderen Gesteinen sich große 
Orthoklasmengen mit Plagioklasen gut vertragen. 

Äkerit (S. 132, N. 3 bis 8) und Laurvikit (ibid. N. 1 und 2) lieferten 
sehr ähnliche Analysen (vergl. besonders N. 1 und 4), aber Plagioklas 
bildete sich nur in Äkerit. Die um 2% größere Menge an CaO bei Äkerit 
konnte dabei nicht entscheiden, da in Laurvikit N. 2 noch mehr CaO 
vorkommt als in Äkerit, während die Molekularzahlen von AJ, Og, ein- 
andergleichen. 

In Fergusit ist kein Plagioklas. Seine Analyse (S. 208, N. 2) und die 
Analyse eines plagioklasführenden Essexits (S. 196, N. 6) geben folgende 
Molekularprozentc: 


Si0,\41, 0, Fe,0;| Fe O|Mg O| Ca O |Na,0| K, O 
Fergusit |58-4 | 9-7 | 2-1 1 5 " 7 a 9| 32 | 5.5 
Essexit  |57-6 19.7 |2-8 1 5 | 9-8 | 12:5| 45 | 1.6 


Es zeigt sich, daß in Essexit für eine etwa gleiche Menge von CaO nur 
dasselbe Quantum A/, O03 und annähernd auch SiO, zur Verfügung steht. 
Da wir die Wirkung des Kali bereits ausgeschlossen haben, wo sollen 
wir dann den Grund suchen? — 

Für die Bildung des Olivins (Mg, Fe), SiO, scheint in Fergusit mehr 
Gelegenheit zu sein als in Essexit. Es ist wohl in Essexit mehr (Mg, Fe) O 
und zwar um 2-1 M.%, aber nach Bildung von Alkalifeldspat und 
Nephelin (aus 1-6M.% K,O und 4:5M.% Na,O) bleibt in demselben 
48-3 M.% SiO,, in Fergusit nach Bildung von Pseudoleucit nur 38-7 M.% 
SiO, übrig. Olivin verbraucht am wenigsten S?O,. Da sich in Pseudo- 


294 


leucit 8:7 M.% Alkalien und ebensoviel Al, Og vorfinden, bleibt für zwei- 
wertige Oxyde in Fergusit nur 10 M.% Al,O,; (mit Fe, O, zusammen 
3-1 M.%). Man sollte demzufolge Amphibol erwarten, der sich mit wenig 
Al, O, vergnügt. Trotzdem wird Diopsid und sogar Biotit gebildet, welch 
letzterer von allen genannten am meisten 47,0, benötigt. Wenn auf 
solche Weise 47,0, rasch absorbiert wird, muß sich selbstverständlich 
für die Bildung eines tonerdefreien Olivins viel Gelegenheit bieten. 


Ijolithe sind mit Shonkiniten chemisch sehr verwandt, weshalb 
sie als feldspatfreie Shonkinite bezeichnet werden. Warum wird aber 
in jenen nicht Orthoklas gebildet? Im Jjolith von Jivaara (S..210,N. 2) 
ist fast ebensoviel K,O als im Shonkinit (S. 204, N. 6) und an Al,0, 
ist keine Not, da im Jjolith weit mehr derselben vorhanden ist und nach 
der Nephelinbildung eine gleich große Molekularmenge von A/,O3 wie 
bei Shonkinit übrigbleibt. 

Fassen wir nun die Ergebnisse zusammen! Die Bildung von Orthoklas 
und Leucit, von Albit und Nephelin, auch von Anorthit, Hornblende, 
Orthoklas, Muskovit einerseits und von den übrigen dieselben Oxyde 
enthaltenden Mineralien andererseits ist nicht chemisch eindeutig bestimmt, 
d. h. es läßt sich, vorausgesetzt, daß die nötigen Oxyde vorhanden sind, 
aus den Massenverhältnissen der Analysen im allgemeinen nicht heraus- 
lesen, was für ein Glied aus den zugehörigen Paaren das Tiefengestein 
beherbergt. 

Da sich die Mineralienbildung nicht allein aus den chemischen Massen- 
verhältnissen erklären läßt, so ist es klar, daß dabei auch physikalische 
Verhältnisse eine Rolle spielen müssen. Die Mineralienbildung ist somit 
eine Funktion nicht nur der chemischen, sondern auch der physikalischen 
Agentien. Das wurde bereits mehrfach experimentell bewiesen. Die 
Löslichkeit im Magma, die mit der Viskosität steigende Fähigkeit im 
Magma unterkühlt zu werden, Kristallisationsvermögen und Kristalli- 
sationsgeschwindigkeit (= Wachstumsgeschwindigkeit gesteinsbildender 
Mineralien), beide von Übersättigung und Unterkühlung abhängig, be- 
einflussen nicht nur die Ausscheidungsfolge, sondern teilweise auch den 
Mineralbestand. Die ausgeschiedenen Kristalle können durch Wirkung. 
der Schwere nach ihrem spezifischen Gewichte abtransportiert werden, 
wodurch eine lokale Differenziation zustande kommt. 

Feinere Veränderungen der genannten Faktoren verursachen z. B. 
die Zonenstruktur.!) Eine wichtige Rolle spielen auch die Mineralisatoren 
(agents minéralisateurs) z. B. Verbindungen von CI, F, B, W, P, C. Vom 
chemischen Standpunkte aus sind sie als Katalysatoren aufzufassen. 
Bedeutend ist aber auch ihre physikalische Wirkung, die hauptsächlich 
in der Herabsetzung der Viskosität der Schmelze und aus dieser folgenden 


1) Cir. Becke F.: Über Zonenstruktur der Krystalle in Erstarrungs- 
gesteinen. T. M. XVIII., 1898. 


295 


Erhöhung der Kristallisationsfähigkeit besteht. Außerdem erniedrigen 
sie auch den Schmelzpunkt und ermöglichen dadurch die Bildung von 
Mineralien, welche sonst aus dem Schmelzfluß nicht hätten entstehen 
können. 

Außer durch den wichtigsten aller physikalischen Einflüsse, die 
Temperatur, werden auch durch den Druck den Existenzgebieten ein- 
zelner Gesteinsmineralien Grenzen gelegt. Der Einfluß des Druckes offen- 
bart sich am deutlichsten in der Schmelzpunktsverschiebung, die gemäß 
der aus der Thermodynamik bekannten Gleichung von Clausius- 
Clapeyron ; 

at EST; 

a p Q 
erfolgt, in welcher T die absolute Schmelztemperatur, # den Druck, Q die 
Schmelzwarme, V, das spezifische Volum der fliissigen und V, dasjenige 
der kristallisierten Phase bedeuten. Die Differenz V,—V, hat bis auf 
seltene Ausnahmen (Wasser, Wismut) einen positiven Wert, somit wird 
im allgemeinen der Schmelzpunkt durch den Druck erhöht.!) Auf den 
Einflu8 der Temperatur und des Druckes auf die chemischen Vorgänge 
im Magma werden wir bei Besprechung des chemischen Gleichgewichtes 
noch naher eingehen. 


Wahrend die Gesteinsanalysen eine enorme Anzahl verschiedenster 
Oxydverhältnisse liefern, ist diejenige der gesteinsbildenden Haupt mine- 
ralien eine recht geringe. Die Gesteinsfamilien werden aber von den Petro- 
graphen nach ihrer mineralischen Zusammensetzung charakterisiert, was 
eine künstliche Vereinfachung der Gesteinswelt bedeutet.?) In der T. t 
gibt es zahlreiche Übergänge in den Gesteinsfamilien, hauptsächlich bei 
Essexiten, Monzoniten, Dioriten, Gabbros etc. 

Es ist wohl ein Bedürfnis der Menschen, nach dem Muster der or- 
ganischen auch in die anorganische Welt den Gedanken einer Verein- 
fachung, nämlich den Begriff einer Art und Familie, hineinzutragen.. 
Da dieser Gedanke durch die mineralische Vereinfachung der Gesteins- 
entwickelung gefördert wurde, wagt der sinnende Geist zur weiteren 
Deduktion der Homogenität des Stammagma und hofft durch dessen 


1) Nach Tammann verringert sich der Unterschied zwischen den spezi- 
fischen Volumina der flüssigen und der festen Phase mit steigendem Druck, kann 
Null und schließlich auch negativ werden. Dementsprechend vermindert sich auch 
der Einfluß des Druckes auf den Schmelzpunkt, welcher in der Nullage von Vf—Vk 
sein Maximum erreicht, um bei weiter steigendem Druck zu sinken, wenn V/—Vk 
negativ geworden ist. 

2) Man könnte einwenden, daß sich die Anzahl der Gesteine keineswegs ver- 
mindert, sondern vergrößert, wenn durch verschiedene physikalische Einflüsse aus 
einer und derselben Materie verschiedene Mineralien und folglich auch verschiedene 
Gesteine gebildet werden können. Diese Vergrößerung erscheint aber gegenüber der 
durch Mineralienbildung verursachten Vereinfachung sehr unbedeutend. 


296 


Spaltung die schon verkleinerte Anzahl der Gesteine aus demselben er- 
klären zu kônnen. Wie man aber in der Zoologie den Gedanken La - 
marks von einer einzigen aufsteigenden Linie in der Entwickelung 
der Organismen fallen ließ und einen polyphyletischen Ursprung annahm, 
so wird es höchst wahrscheinlich auch in der Geologie mit der Homo- 
genität des Magma sein müssen. 

Die bemerkenswerte petrographische Gleichartigkeit eines und des- 
selben petrographischen Vorkommens (Erguß- oder Tiefen-Gesteins) er- 
klärt sich auch bei der angenommenen Inhomogenität eben aus den großen 
Dimensionen der Bathosphäre; auch wenn sie inhomogen ist, dürfen 
große Partien derselben eine ziemlich konstante Zusammensetzung auf- 
weisen. Umgekehrt sprechen deutlich für die Inhomogenität: Bildung 
der basischeren und dunkleren ‚älteren Ausscheidungen”’, Schlierenbil- 
dung der Essexite, Diorite und Gabbros, essexitische Konkretionen in 
Foyaiten, das geologische Treffen der verschiedenen Typen von alkalischen 


Syeniten (Nordmarkit, Akerit, Laurvikit, Laurdalit) und alkalischen 
Graniten, schlieriger Ausbau der Monzonite aus Teilen von angenähert 
granitischer, dioritischer, gabbroider, pyroxenitischer, peridotitischer und 
shonkinitischer Zusammensetzung, der allmähliche Ubergang der Leuzit- 
syenite in Foyaite, gemeinsames geologisches Auftreten der Nephelin- 
und Leucitsyenite mit Alkali-Syeniten und -Graniten, der Peridotite und 
Pyroxenite mit Dioriten, Gabbros und theralitischen Gesteinen (Essexiten, 
Shonkiniten, Theralithen, Missouriten und Ijolithen), der Gabbrotypen 
mit Granititen, Syeniten und Dioriten. 


Mit der Inhomogenitätshypothese steht in keinem Widerspruch, 
daß Kalkalkaligesteinsreihe (Granite, Diorite, Gabbros, Peridotite, Pyro- 
xenite) und Alkaligesteinsreihe (Alkali-Granite, -Syenite, Elaeolith-Syenite, 
Essexite, gewisse Peridotite und Pyroxenite) eine geologische Selbstän- 
digkeit besitzen und daß eine solche für die Charnockit-Anorthosit-Reihe 
vermutet wird. Wenn aber nur ein Stammagma angenommen wird, muß 


man zuerst diese ,,Spaltung‘‘ in drei sekundäre Stammagmen und dann 


erst eine ausführlichere ‚Spaltung‘ eines jeden erklären, was wieder 
neue Schwierigkeiten mit sich bringt. 

Durch Eintritt von etwas basischem Plagioklas oder Feldspatoiden 
gehen Peridotite und Pyroxenite allmählich in diorito-gabbroide ev. the- 
ralitische oder anorthositische Gesteine über, mithin wird eine sichere 
Unterscheidung der Pyroxenite und Peridotite der Alkaligesteinsreihe 
von denjenigen der Kalkalkaligesteinsreihe und von denjenigen der Char- 
nockit-Anorthosit-Reihe nicht immer möglich, falls der örtliche Verband 
mit verwandten Gesteinstypen fehlt. Wenn die Homogenitätshypothese 
richtig wäre, müßte man nicht dann in diesen gemeinsamen Endgliedern 
gerade den Ausdruck der Zusammensetzung des Stammagma erblicken ? 
Doch wie weit sind diesbezügliche Analysen von den Clarkeschen 


297 


Durchschnittszahlen entfernt? Und weiter, wie könnten sich aus einem 


mit RO vollgepfropften und an SiO, relativ armen Magma durch 
Spaltung dreierlei selbständige Magmenreihen entwickeln, deren Glieder 
je weiter vom gemeinsamen Punkte desto mehr SiO, besitzen? Wo- 
her sollte dieses SiO, herkommen, wenn nur ein und dazu an SiO, armes 
Stammagma existierte? 

Ein zur Spaltung geneigtes Magma müßte der Homogenitätshy po- 
these gemäß immer Spaltungsprodukte abgeben, da die Bedingungen 
dazu (Abkühlungsflächen, Nebengestein zur Assimilation, überaus kleine 
Wahrscheinlichkeit einer gerade eutektischen Mischung, Wirkung der 
Schwere) überall vorhanden sind; trotzdem treten z. B. Monzonitformen, 
zumal die quarzmonzonitischen und pyroxenitischen, in Tirol selb- 
ständig auf, während sie in Nord-Amerika einen einzigen Gesteinskörper 
bilden. | 

Es ist wahr, daß die ‚Magmaspaltungen“ bei ErguBgesteinen viel 
seltener sind, was die Homogenitätshypothese durch die rasch sinkende 
Temperatur einfach erklären kann. Die Inhomogenitätshypothese muß 
zu Erscheinungen des vulkanischen Ausbruchs Zuflucht nehmen. In 
engen Ausbruchskanälen werden die mit Gasen erfüllten Magmen ge- 
nügend gemischt. 

Auch das ist zu bemerken, daß in einzelnen Familien der Gesteine 
sich keine natürliche Durchschnittsanalyse finden läßt, welche sich wirklich 
als solche durch ihre häufige Wiederholung und die Tatsache auszeichnete, 
daß andere Analysen derselben Familie sich desto häufiger zeigen, je 
näher sie zu derselben stehen. Durchschnittsanalysen, welche künstlich 
berechnet werden, haben für die Charakteristik der Familie oft wenig 
Wert. Aus einer und derselben Analyse lassen sich verschiedene Mine- 
ralien und im allgemeinen verschiedene (mineralogisch definierte) Gesteine 
ableiten. Zu dem, was oben davon gesagt wurde, sei noch folgendes 
zugefügt. 

Es gibt etwa 15 Mineralien, die als Hauptbestandteile die Gesteine 
zusammensetzen und aus einer verschiedenen Menge von acht Oxydarten 
bestehen. Bezeichnet man die Menge der im Mineral M anwesenden, aus 
Oxyden zusammengesetzten Moleküle m, die der im Mineral N an- 
wesenden #, die der im dritten Mineral O anwesenden o u. s. w., stecken 
weiter 


in jedem Mol. des Min. M a,,- Mol. von Si Og, bm- Mol. von A/,0,, Cm- Mol.v onFe,O, usw. 


= 
” ” ” yy ») N Ay- ») + ” bn - », ” », Cn - 
LE ” ” ” ” O do” ” ’ ” bo - ») ” ” Co - 
> E 
LE ” DE} ’ ” IE dp- ” ” ” bp - ” ” », Cp 


und ähnlich bei den übrigen ilauptmineralien, so muß die Anzahl von 
Si O,-Molekülen zusammengenommen den Wert s der in Molekularprozent- 
zahlen ausgedrückten Analyse geben, die Al, O,-Anzahl den Wert 4, die 


298 


Fe, Oÿ Anzahl den Wert fe, u. s. w., falls man von einer aus 100 Molekülen 
bestehenden Gesteinsmenge ausgeht. Da hauptsächlich 8 Oxyde in Ge- 
steinen vorkommen, hat man folgendes System von 8 Gleichungen!) 


ig MO: N U, AO A Da ES 
Du 00, M ye UE 0 PER 
EM TC MI Oa Dee 
mimthn.nth,.o+th,.d+t...=h. 


Das System hat für m, n, 0, $ u. s. w. eine Lösung, wenn nicht mehr als 
8 Mineralien im Gestein vorhanden sind und wenn es vorher bekannt 
ist, aus welchen von 15 Mineralien das Gestein sich zusammensetzt. Wenn 
dies nicht bekannt ist oder mehr als 8 Mineralien vorhanden sind, gibt 
es für m, m, 0, p u. s. w. mehrere Lösungen, folglich dürften aus einem und 
demselben Oxydgemisch auch im allgemeinen verschiedene Mineralien 
(Gesteine) entstehen. Die ausführliche Kenntnis der diese Mineralaus- 
scheidung regelnden chemischen Gleichgewichte fehlt uns noch? 

Die mineralische Zusammensetzung erlaubt folglich keinen eindeu- 
tigen Hinweis auf die Eigenschaften des Magma. Aus der petrographischen 
Gruppierung der Gesteine und deduzierten Magmaspaltung läßt sich 
kein zwingender Schluß über das Urmagma ziehen. Bei der Entstehung 
der durch Mineralien charakterisierten Gesteinsfamilien sind zur Zeit 
wenig bekannte physikalische Bedingungen im Spiele, welche aus einem 
und demselben Magma verschiedene Gesteine, aus verschiedenen Magmen 
oft nur ein Gestein entstehen lassen. Das wurde auch experimentell be- 
wiesen. Werden Gesteine geschmolzen und nach Fouqu&s Methode zur 
Kristallisation gebracht, so bilden sich oft andere Mineralien z. B. aus dem 
aus Diallag, Bronzit, Hornblende, Spinell, Granat und Olivin zusammen- 
gesetzten Ariégit entsteht ein Gemenge von Augitmikrolithen und By- 
townit. Aus Granat bildet sich Anorthit und Mehlith.3) 

Unter gewöhnlichen physikalischen Bedingungen des Experimentes 
dürfen wohl lediglich Massenwirkung und chemische Affinität der Basen 


CET. Rosenbuschl1.eS.. 

2) Die Phasenregel enthält keine Anhaltspunkte, welche Stoffe auftreten 
werden, wohl aber bestimmt sie die maximale Zahl der festen Mineralien, die gleich- 
zeitig nebeneinander existieren können. Nach V. M. Goldschmidt (Die 
Gesetze der Mineralassoziation vom Standpunkte der Phasenlehre, Z. f. anorg. 
Chemie 1911, S. 313) ist diese maximale Zahl derjenigen der Einzelkomponenten 
gleich. Näheres siehe auch bei Be Gossner: Neuere Ergebnisse der Anwendung 
phys.-chemischer Methoden auf Probleme der Geologie, Geol. Rundschau, 7 (1915) 228. 

#) Beispiele der Gleichungen, welche einerseits die Gemengteile eines Erstar- 
rungsgesteins, andererseits die eines kristallinischen Schiefers von verschiedener 
mineralischer aber gleicher chemischer Zusammensetzung aufführen, siehe bei 
F. Becke: Mineralbestand und Struktur der kristal. Schiefer. Denk. Wiener 
Ak. 75 (1903) S.-Abdr. S. 27 ff. 


299 


oder besser das Massenverhältnis (verglichen mit dem eutektischen Ver- | 
hältnis) bei der Ausscheidungsfolge von Mineralien bestimmend wirken. 
Vogt!) will die Art der Mineralien in Zusammenhang damit bringen. 
Von dem Verhältnisse Ca: Al, soll abhängen, ob sich aus Ca O-reichen 
und A/,O;-haltigen Schmelzen Akermanit (beim Verhältnis 100 % 
CaO :0% Al, O3), Melilith (7 Ca O : 1 Al,0,), Gehlenit (3 CaO : 1 Al, Où) 
oder Anorthit (1 CaO : 1 Al, O3) bildet. Von dem Verhältnis 2 K, O : 1 Na, O 
hängt nach Lagorio die Auskristallisierung des Sanidin ab; Orthoklas 
wird aus Si O,-reichem Magma bei ausreichender Anwesenheit von K,O 
und A/,O, gebildet, aus Si O,-armen aber Leucit. Diese im Laborato- 
rium erzielten Angaben besitzen wohl ihre theoretische Gültigkeit, aber 
für die wirklichen Magmenverhältnisse unter obwaltenden veränder- 
lichen physikalischen Verhältnissen taugen sie kaum durchgreifend, wie 
ich oben für Anorthit, Leucit und Orthoklas gezeigt habe. 

Die Schwankung der mineralogischen Zusammensetzung haben 
Cross, Iddings, Pirsson, Washington? am meisten ak- 
zentuiert, indem sie an der Hand von Bauschanalysen und willkürlich 
gewählten ‚‚Standardmineralien‘ ein quantitatives petrographisches System 
erbauten. Sie bemerken richtig, daß die ‚normativen‘ Gesteine, deren 
„Modus“ (= tatsächliche mineralogische Zusammensetzung) mit der 
„Norm“ (= in ‚Standardmineralien‘ ausgedrückte Zusammensetzung) 
übereinstimmt, weniger häufig sind als die ‚abnormativen‘“. 

Ich will nicht behaupten, daß sich nirgends eine durchgreifende 
Abhängigkeit des Mineralbestandes von dem Verhältnisse der Bausch- 
analyse vorfinden könne. F. Becke*) konnte feststellen, daß im böhm. 
Mittelgebirge die karge Menge an Si mit der Entstehung der Feldspatoide 
im ursächlichen Zusammenhange steht; oft finden die Alkalien nicht 
genügend A/ zur Bildung der Feldspate oder Feldspatoide und werden 
genötigt, andere Stoffe wie Cl, SO, zu binden, wodurch Sodalithmine- 
ralien entstehen. 


Die Entstehung von Mineralien im Magma, die Bildung von zu 
ihrem Aufbau nötigen Atom- und Molekülkomplexen ist eine chemische 
Reaktion und muß also auch den Gesetzen der chemischen Gleich- 
gewichtslehre im allgemeinen unterstehen‘) 


1) J. H. L. Vogt: Die Silikatschmelzlösungen mit besonderer Rücksicht 
auf die Mineralbildung und die Schmelzpunkterniedrigung .1903. 

®) Cross-Iddings-Pirsson-Washington: Quantitative Classi- 
fikation of Igneous Rocks based on chemical and mineral Charakters, with a sy- 
stemical nomenclature. 1903. 

oe Becke:T.M. p. M. XII, 1903, S. 227. 

4) Oft kann die Verwandlung nicht spontan vor sich gehen, z. B. wenn das 


300 


Als chemisches Gleichgewicht bezeichnen wir den Zustand, in dem 
eine umkehrbare Reaktion in beiden Richtungen der Reaktionsgleichung 
mit gleicher Geschwindigkeit vor sich geht, so daß durch die in einem Sinne 
verlaufende Umsetzung gleiche Mengen derselben Stoffe verbraucht, wie 
durch die im entgegengesetzten Sinne sich abspielende gebildet werden. 
Dieses Gleichgewicht ist außer von der Konzentration der beteiligten 
Stoffe im gegebenen System (Massenwirkungsgesetz) auch von der Tem- 
peratur und dem herrschenden Druck abhängig. 

Laut dem van’t Hoffschen Prinzip des beweglichen Gleich- 
gewichtes und im Sinne des allgemeineren Prinzips von Le Chatelier- 
Braun (wornach jedes System auf eine auf dasselbe ausgeübte Wirkung 
derart reagiert, daß es sich ihr zu entziehen trachtet) werden durch stei- 
gende Temperatur endotherme, durch sinkende exotherme Reaktionen 
bevorzugt, während der steigende Druck diejenigen Reaktionen, welche 
unter Volumkontraktion verlaufen und der sinkende die mit Volum- 
zunahme verbundenen fördern wird. Es wird also je nach der Tiefe der 
in Betracht kommenden Magmaschicht die eine oder die andere Art 
Reaktionen überwiegen. 

Da die Umsetzungen, die zu einer Volumvergrößerung führen, in 
der Regel Wärme verbrauchen, hebt sich die Wirkung der steigenden 
Temperatur zum Teil,. jedoch nicht ganz, durch den wachsenden Druck 
auf, wenn wir in der Richtung gegen das Erdinnere zu gehen. 

Als Beispiel der obenerwähnten Volumregel, welche in deı Petro- 
genesis unter dem Namen des Volumgesetzes von Lepsius bekannt 
ist, führt Loewinson-Lessing die Bevorzügung von Eisenmagne- 
siasilikaten vor der Feldspatbildung in einer entsprechenden Schmelze 
durch Druck an, was dadurch erklärt wird, daß das Molekularvolum der 
ersteren Silikate kleiner, dasjenige der Feldspate aber größer ist als die 
Summe der Molekularvolumina der die erwähnten Mineralien zusammen- 
setzenden Oxyde.) 

Es ist demnach der Massenwirkung, der Temperatur und dem Drucke 
zuzuschreiben, warum diese und nicht andere Mineralien gebildet werden, 

arum in einem in große Tiefe abgesunkenen Magma andere Mineralien 
entstehen als in der Nähe der Oberfläche, warum endlich in bereits ver- 


molekulare Gleichgewicht nicht erreicht ist (,, Hysteresis‘‘ in Pseudosystemen) oder 
wenn die Verwandlung des molekularen Raumgitters eine Vermehrung der Energie 
erfordert. Vergl. H. E. Boeke 1. c. S. 55f. 

1) Kritische Bemerkungen zu den zu weitgehenden Folgerungen aus den eben 
besprochenen Regeln über den Einfluß des Druckes und der Temperatur auf die 
Reaktionen im Magma siehe: H. E. Boeke l.c. S. 76f. u. 399f. J. H.L. Vogt 
(Phys.-chem. Gesetze der Krystallisationsfolge in Eruptivgesteinen, T. M. p. M. 27 
[1908] 124) macht darauf aufmerksam, daß 80%,der Mineralien der Eruptivgesteine 
sowohl in den Silikatschmelzen als auch in den Decken-, Gang- und Tiefengesteinen 
vorkommen und sich infolgedessen ziemlich unabhängig von Zeit und Druck aus- 
scheiden. 


sol 


festigten Gesteinen die Kristallisationsdifferenziation sich ohne Zutun 
neuer Reagentien gründlich verändern kann (Bildung wärmebeständiger 
Mineralgattungen wie Biotit, Labradorit, Orthoklas bei der katogenen 
Metamorphose Beckes, statischen Metamorphose Milchs). 


Wo die feste Gesteinskruste an die flüssige Magmenschicht grenzt, 
herrscht auch Gleichgewicht, sobald die Lösungstension des sich lösenden 
Stoffes dem osmotischen Druck der gelösten Moleküle gleich wird. Die 
feste Gesteinskruste wird nicht von allen Magmen gleichmäßig aufgelöst, 
sondern in dem Verhältnis, wie die Gesteine sich in diesen Magmen auf- 
lösen. Wenn unter zwei Magmen in dieser Hinsicht ein bedeutender Unter- 
schied vorhanden ist und dieselben ihren Ort und ihr hangendes, aus 
ihnen durch Verfestigung hervorgegangenes Gestein infolge tektonischer 
Bewegungen oder infolge einer durch Dichtenunterschiede verursachten 
Strömung verlassen, werden sie wohl jenes Gestein auflösen können, 
dessen Liegendes sie jetzt bilden, und werden dadurch ihre Zusammen- 
setzung ändern können (Assimilation des Nebengesteins). Die gelöste 
Substanz verändert dabei den Erstarrungspunkt der Schmelze. Wenn 
das Magma infolge der Lösung fremder Stoffe bei anderer Temperatur 
auskristallisiert, muß auch in der Struktur und im Mineralbestand des 
entstehenden Gesteins eine Veränderung stattfinden. 


Die Förderer der magmatischen Homogenitätshypothese strebten, 
die megmatische Differenziation an der Hand der Gesetze von den eu- 
tektischen Mischungen 1) begreiflich zu machen. Wenn aus dem Gemische 
nur eine Komponente teilweise auskristallisiert ist, so liegt der Erstar- 
rungspunkt eines solchen Gemisches stets niedriger als der Erstarrungs- 
punkt der auskristallisierten Substanz im reinen Zustande, da der Schmelz- 
punkt einer Substanz durch Beimengungen in der Regel (insoweit sich 
keine feste Lösung bildet) erniedrigt wird. Die Zusammensetzung der 
Schmelze verändert sich bei fortschreitender Ausscheidung einer Kom- 
ponente und ihr Gefrierpunkt sinkt. Endlich kommt man zum niedrigsten 
Temperaturpunkte, bei welchem die übrigbleibende Lösung ähnlich einer 
reinen Substanz bei konstanter Temperatur als s. g. eutektische Mischung 
erstarren kann. Dann wird sich ein mechanisches Gemisch von allen in 
der Lösung befindlichen Stoffen absondern, und zwar in dem Verhältnis, 
in dem sie in der Lösung vorhanden sind. Beispiele: schriftgranitische 
Verwachsung von Orthoklas und Quarz, mikroperthitische- Feldspate, 
Antiperthite, Granophyre, sphärolithische und mikrofelsitische Struktur- 
formen. Die Seltenheit derselben erklärt sich dadurch, daß das Zustande- 
kommen typischer Eutektstrukturen durch die verschieden große Wachs- 
tumsgeschwindigkeit und das verschieden große Kristallisationsvermögen 
verhindert wird. 


1) Cfr. J. H.L. Vogt: Physik.-chemische Gesetze der Krystallisations- 
folge in Eruptivgesteinen. T. M. p. M. XXIV. (1905), XXV. (1906), XXVII. (1908). 


302 


J. H. L. Vogt!) führt noch einen anderen die vorzeitige Ausscheidung 
aus der Schmelze begünstigenden Umstand an. Die Silikatschmelzen 
sind nämlich Elektrolyte und ihre Bestandteile sind teilweise in Ionen 
dissoziiert. Auch F. v. Wol ff?) will auf dieselben das Nernstsche 
Gesetz anwenden. Er sagt: ‚Die physikalische Chemie lehrt, daß wenn 
in einer Lösung oder einer Schmelze sich zwei Komponenten im teilweise 
dissoziierten Zustande befinden und ein gemeinsames Ion besitzen, die 
Löslichkeit dieser Substanz herabgesetzt und ihre Ausscheidung aus der 
Schmelze begünstigt wird. In den Gesteinen sind fast immer Mineralien 
anwesend, die gemeinsame Ionen besitzen, ist doch die Zahl der Elemente, 
die man in größerer Menge im Eruptivgestein antrifft, eine verhältnis- 
mäßig beschränkte. Demnach lernen wir in der Dissoziation eine Erscheinung 
kennen, welche besonders in den verwickelten Gemischen der Eruptiv- 
gesteine die frühzeitige Ausscheidung gewisser Komponenten, die gemein- 
schaftliche Ionen besitzen, begünstigt und das Kristallisationsspatium 
derselben bis zur Erreichung des Eutektikums verlängert.“ Nernst®) 
selbst spricht aus, daß die Löslichkeit eines Salzes (z. B. Kaliumchlorates) 
nach Zufügung eines zweiten mit einem gemeinschaftlichen Ion (Chlor- 
kalium oder Natriumchlorat) sinkt und folglich im Vorhandensein einer 
gesättigten Lösung des ersten Salzes ein weißer Niederschlag desselben 
entstehen muß. Das-zweite Salz ev. seine Lösung muß von außen zu- 
gegeben werden und seine Wirkung zeigt sich eben bei einer gesättigten 
Lösung des anderen Salzes. Dieses zweite Salz konnte wohl auch vom 
Anfang an in der Lösung enthalten sein, seine Wirkung zeigt sich 
eben in der frühzeitigen Sättigung der Lösung. Das ist eben der Fall, 
den F. v. Wolff meint und der bei Silikatschmelzen vorkommen 
könnte. Doch hat das Gesetz seine Ausnahmen im Falle der Bildung 
komplexer Ionen, wobei die Löslichkeit in der Gegenwart eines gleichionigen 
Salzes keineswegs erniedrigt, sondern erhöht wird. Im allgemeinen hat 
das Gesetz nur die Bedeutung, daß es die vorzeitige Ausscheidung 4) der 
Minerale aus der Silikatschmelze bedingt, was aber keineswegs ,,das 
Kristallisationsspatium verlängern muß“, wie F. v. Wolffes will. Der 
eutektische Schmelzpunkt ist nämlich von den Schmelzpunkten einzelner 
Komponenten abhängig. Falls diese Schmelzpunkte sich verändern (dem 
Nernstschen Gesetze gemäß sich einer von denselben erhöht), muß 
der eutektische Schmelzpunkt auch verschoben werden. Daraus folgt 
aber nicht, daß sich das Kristallisationsspatium immer verlängern muß. 


= 


) L c. XXV. (1906), 155. 
2) Al 20-2800! 

) LCI3S756b4F. 

) Nach C. Doelter (Die Schmelzbarkeit der Mineralien und ihre Löslich- 
keitim Magma. T. M. p. M. XXII. 1903, S. 327 ff.) sind die Bedingungen des Auf- 
lösens:. Druck, chemische Zusammensetzung des Magma, Temperatur des Magma, 


Eigenschmelzbarkeit (Schmelzpunkt) der Mineralien außerhalb des Magma. 


DM 


4 


303 


In den früher erstarrten Kristallen sieht die Homogenitätshypothese 
ein Zeichen der magmatischen Differenziation. Aber die Kristalle erfüllen 
den Raum ziemlich gleichmäßig, da infolge der Diffusion die diesbezüglichen 
Moleküle allseitig zerstreut wurden. Wenn wir eine nicht eutektische 
Schmelze, die allmählich bis unter ihren niedrigsten Gefrierpunkt ab- 
gekühlt wurde, mikroskopisch untersuchen, so sehen wir in einer sehr 
feinkörnigen und das eutektische Gemisch darstellenden Grundmasse 
größere Kristalle des Stoffes, der im Überschuß vorhanden war. Es ist 
derselbe Eindruck, den die Präparate von porphyrischen Gesteinen 
darbieten. 

Bei der Abkühlung eines Eruptivkörpers sinkt die Temperatur 
an der Wand am ehesten. Hier wird das Magma zuerst verfestigt und 
enthält auch die früher ausgeschiedenen Kristalle, insofern sie nicht von 
der Schwerkraft abtransportiert worden sind. Diese Teile des Magma 
können auch durch Konvektionsströmungen anderswohin gelangen, ebenso 
kann das erstarrende Magma durch Auspressung (gerichteten Druck) von 
dem noch flüssigen Magmareste befreit werden.1) 

In tiefer gelegenen Niveaux sinken ev. steigen (je nach ihrem 
spezifischen Gewicht) die Erstlinge der Kristallisation (hydrostatische 
Hypothese *)). Das ideale Stadium kann aber wegen der im Magma platz- 
greifenden Strömung nicht erreicht werden. Auf solche Weise lassen sich 
die sogenannten Assoziationssphären Reyers?°) und die Entmischungen 
der Metallurgen erklären. In dem Augenblicke, wo repulsive Diffusions- 
kräfte zwischen den Molekülen zu wirken aufhörten und attraktive kri- 
stallbildende Kräfte obwalten, lassen sich keine unter den gebildeten und 
in der Lösung schwebenden Kristallen herrschenden Molekularwirkungen, 
die Schwerkraft und ev. Zentrifugalkraft ausgenommen, annehmen. 

Insofern die ersten ausgeschiedenen Kristalle 4) schwerer sind als 
das Eutektikum, sinken sie und gelangen in tiefere Schichten. Um- 
gekehrt gilt es von spezifisch leichteren Kristallen. Dadurch müßten aus 
jeder magmatischen Schmelze, wenn nur genug Zeit dazu vorhanden ist, 
drei differente Schichten entstehen und zwar in der Mitte diejenige mit den 
dem Eutektikum) — was das spezifische Gewicht betrifft — gleichenden 
Betr. A. Harker: The natural History of Igneous Rocks. 1909. S. 309 ff. 

®) Cfr. R. A. Daly: The Differentiation of a secondary Magma trough 


gravitive Adjustement. Festschrift H. Rosenbusch, 1906, S. 203 ff. 

2120 Sais 7 u. f. 

4) Nach A. Harker (The Natural History of Igneous Rocks 1909) kristal- 
lisieren folgende Minerale zuerst, also bei hoher Temperatur und sogar ohne Ein- 
wirkung der Mineralisatoren: Olivin, Pyroxen, Melanit, anorthitreiche Plagioklase, 
Leuzit, Nephelin, Sillimanit, Kordierit, Korund, Rutil, Spinell, Magnetit, Hämatit 
u.a. m., bei wenig hoher Temperatur und am besten (Quarz nur) bei Gegenwart von 
Kristallisatoren: Alkalifeldspate, Amphibol, Zirkon, Titanit, Sodalith u. a. m. 

5) Eine nahezu eutektische Zusammensetzung wird den beiden häufigsten 
Magmen (dem granitischen und gabbrobasaltischen) von H. E. Boeke (Il c. 
S. 93) zugeschrieben, beide zeigen eine körnige Struktur ohne Einsprenglinge und 


304 


Erstlingen der Kristallisation. Auf diese Weise lassen sich ‚wohl sauere 
und basische Schlieren der Gesteine erklären, auch können durch Strömung 
sauere und basische Partien in andere Orte (als Schlieren) gebracht werden. 

Genügt diese ,,Saigerungshypothese‘‘ die allgemeine Differenzierung 
des sämtlichen Urmagmas klar zu legen? Die aus der abgekühlten (dem 
Eutektikum nahen) Schmelze ausgeschiedenen Kristalle müßten durchaus 
dieselbe verlassen, damit ein Gestein von einer Grundmasse, welche von 
der obigen verschieden ist, entstehen könnte. Unterhalb des bereits dif- 
ferenzierten liegt ein Magma von einer höheren Temperatur. Die gesun- 
kenen Kristalle lösen sich in demselben und streben durch Diffusion 
sich überall zu zerstreuen. Da mit der Temperatur die Geschwindigkeit 
wächst, mit welcher sich die entstandenen Ionen durch das Gemisch 
bewegen, darf im Gebiete der abgesunkenen Kristalle ein fast homogener 
Zustand bald entstehen.1) Es ist klar, daß spezifisch schwere Kristalle 
auf solche Weise in der Tiefe sich anhäufen und umgekehrt in der Nähe 
der Peripherie solche sich ansammeln, die spezifisch leichter sind. Darin 
scheint der Grund zu liegen, warum die Kruste hauptsächlich aus kie- 
seligen, die tiefsten Zonen aus schweren metallischen Massen bestehen. 
Induktiv ist A. Osann?) zur Annahme solcher Differenzierungsvor- 
gänge dem spezifischen Gewichte nach im aufsteigenden Magma gekommen. 
Er fand in Ergußgesteinen (Lipariten, Trachyten, Phonolithen, Daciten, 
Andesiten, Plagioklasbasalten) höhere Werte von s und a aber niedere 
von / als in den entsprechenden Tiefengesteinen. 

Man muß sich also vorstellen, daß die mit schweren Metallatomen 
beladenen Kristalle wie ein dichter Regen tiefer sinken, und es entsteht 
wohl die Frage, warum schon längst alle schweren Metalle aus der oberen 
magmatischen Schicht nicht entfernt wurden? Diese obere Schicht ver- 
ändert ihre Zusammensetzung, sie verfestigt sich oben und wird unten aus 
den tieferen Zonen wieder ergänzt, in welch tieferen Zonen die Saigerung 
und Kristallbildung überhaupt wegen der zu hohen Temperatur nicht statt- 
finden kann. In diesen tieferen Zonen sammeln sich an und zerstreuen 
sich wieder spezifisch schwere Stoffe. Man darf voraussagen, daß die 
Magmen, je länger sie als solche bestehen, desto mehr spezifisch schwere 
Stoffe enthalten werden. 

Aber auch darin gibt es eine Grenze, welche wohl durch den Kontakt 
der flüssigen magmatischen und der im Erdinnern anwesenden gasförmigen 
Phase gegeben ist. Das Gleichgewicht beider Phasen ist von der Qualität 
der flüssigen Phase abhängig. Verändert sich die Zusammensetzung dieser 


stellen ,,Schmelzreste eines großen ursprünglichen Magma‘ dar. Aber wie erklärt 
man dann die Verschiendenheit im Bereiche jedes einzelnen sekundären Magma? 

!) Nach dem Prinzipe von Gouy und Chaperon wird auch hier die 
Konzentration der schwereren gelösten Substanzen mit der Tiefe zunehmen. 

2) A. Osann: Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. 
T..M. p. M. XXII., 1903. S. 3451. 


305 


flüssigen Phase in der gerade angegebenen Richtung, d. h. wächst die 
Konzentration eines bestimmten Urstoffes in der flüssigen Phase, bis sie 
den Wert 


Elia 
k = — (Gesetz von Henry, 
LE 

, = die Konzentration des Stoffes in der gasförmigen Phase, c, = die 
Konzentration desselben in der flüssigen Phase), der nur von der Tempe- 
ratur abhängig ist, übersteigt, dann geht der Stoff in das gasförmige 
Erdinnere über und vermehrt infolgedessen dort seine prozentuelle Menge. 
Auf solche Weise wird der Überschuß an der spezifisch schweren Masse 
im Erdinnern angesammelt. Das Erdinnere muß viel solche Stoffe, namentlich 
Eisen, enthalten. 

Die geschilderte Zusammensetzung der magmatischen Zonen entspricht 
der Annahme E. Sueß’l) von einer salischen (an Si und A/ reichen) 
und einer tiefer liegenden spezifisch schwereren simischen (an Si und 
Mg reichen) Schicht, auch derjenigen Daly’s?) von einer feuerflüssigen 
überall verbreiteten und eine salische Hülle tragenden Unterlage. Durch 
die eutektische Theorie kann die geschilderte magmatische Differenziation 
begreiflich gemacht werden, keineswegs aber zugleich die Entwickelung 
von Teilmagmen aus einem universalen Stammagma, wie es die magma- 
tische Homogenitätshypothese braucht. 

Die Homogenitätshypothese muß zu anderen Hypothesen greifen, 
um ‚Spaltung‘ zu erklären (Akkumulations-, Assimilations-, Saigerungs- 
und hydrostatischer Hypothese). Demgegenüber geht die Inhomogenitäts- 
hypothese von der Verschiedenheit der Gesteine und Magmen aus, sie 
muß folglich dieselbe nicht erklären und bildet einen freien Weg zur Er- 
forschung der in dieser Verschiedenheit obwaltenden Gesetze. Für die 
Untersuchung des Magma taugen nur chemische Analysen. Zur Zeit 
lassen sich einfache Gesetze der örtlichen Verteilung von Elementen im 
Magma nicht einwandfrei feststellen. Um sie zu entdecken, ist es aber 
nötig, sich von der mineral-petrographischen Anschauung radıkal zu 
befreien. Es ist wahr, was F-v. Wolff?) in seiner Kritik der rein quanti- 
tativen petrographischen Systeme bemerkt, daß die mineralogische Zu- 
sammensetzung neben der chemischen auch noch die anderen Gestalt ungs- 
bedingungen zum Ausdruck bringt und daß folglich das Gestein nicht 
allein durch seine chemische Zusammensetzung bestimmt werden kann; 
aber die Gesteine eben gehen uns jetzt nicht an, sondern die Erforschung 
des Magma. Aus dem Grunde muß man den quantitativen Systemen 


Je Sieh): Anthitz der Erde. III. 2. S. 626. 
iR, A, Daly: Mechanics of Igneous Intrusion. Am. Journ, of Science. 
1903 und 1908. 
Derselbe: The Nature of Volcanic Action. Proceedings Am, Acad. Arts 
and Sciences. 1911, 47. 
el, 1e: Sv 130. 
Bulletin international, XXI. 20 


~ 


306 


Vorzug geben.’ Und dabei wird die Inhomogenitätshypothese mehr 
Nutzen bringen, wenigstens wird sie nicht hemmend wirken. 

Einen wichtigen Schritt hat F. Beckel gemacht, da er gefunden 
hat, daß die an leichtere Elemente (Si, Al, Mg, Na) reicheren Gesteine 
der pazifischen (andesitischen, auch foyaitisch-theralitischen) Gruppe 
vorzugsweise (seit dem Terziär) in Geosynklinalen von gefalteten Ketten- 
gebirgen (der große Vulkanring, der den stillen Ozean umgibt, Vulkanreihe 
der großen Sundainseln, persische und kaukasische Vulkane, Vulkangebiete 
der Karpaten in Ungarn und Siebenbürgen) auftreten, aber die an K, 
Ca, Fe reicheren atlantischen (tephritischen, auch granito-dioritischen 
und gabbro-peridotitischen) Gesteine an die Gebiete der vertikalen Dislo- 
kationen (das böhmische Mittelgebirge, das Duppauer Gebirge, Rhön 
und Vogelsberg, Hegau, der Kaiserstuhl, die Eifel, das rheinische Sieben- 
gebirge, die jungvulkanischen Gesteine des Zentralplateaus in Frankreich, die 
mittelitalienischen Vulkane bis zum Vesuv und den phlegräischen Feldern, 
Azoren, Capverden, die vom Kamerungebirge ausstrahlende Vulkanreihe, 
Texas u. a. m.) gebunden sind.?) 

Vom Standpunkte der Assimilationstheorie wird die Erscheinung 
auf die Weise erklärt, daß sich bei der Faltung die obersten Schichten 
der Erdkruste (Kompressionsschale — v. Wolff) heben und auflockern, 
so daß in dieselben lakkolith- und lagergangartige Intrusionen eindringen 
können, die die an SiO, und A/l,0, reiche Umgebung assimilieren und 
dadurch einen salischen Charakter annehmen.?) Nur ausnahmsweise ent- 
stehen in diesem Falle klaffende Spalten, durch welche dann das Magma 
an den Tag kommt. Wo aber die seitlich nicht gepreßten Schichten bersten 
— wohl infolge des seitlichen Zuges beim Sinken oder des Druckes von 
unten beim Heben — kann durch die in gewaltige Tiefe bis unter die Ten- 
sionsschale reichenden Spalten das femische (an Fe und Ca reiche) Magma 
bis an die Oberfläche gelangen. Dieses Magma dringt nicht in Schichtungs- 
flächen der Nebengesteine, da ihr Schichtungsverband nicht gelockert (die 
Schwerkraftwirkung in denselben im Momente der Intrusion nicht auf- 
gehoben) ist. Eine größere Assimilation kann nicht stattfinden, folglich 
müssen diese Eruptiva einen relativ basischen Charakter aufweisen. 

F. Becke4) selbst ist von einem gemeinsamen Ursprunge beider 
Sippen überzeugt, indem er annimmt, daß zu einer Zeit, als die Elemente 


NP Mi ip, MOET O0 ES PU. 

*) Nach F. v. Wolff (l.c. S. 132ff.) haben die bisherigen Forschungen 
ergeben, daß die atlantische Sippe über die ganze Erde verbreitet ist und daß die 
pazifischen Gesteine die atlantischen Provinzen umrahmen. Man kennt zwei gewaltige 
pazifische Zonen: die zirkumpazifische und die mediterrane (im Gebiete der Tethys 
Sueß’). Zu denselben fügt v. Wolff noch eine dritte ‚‚arktische‘‘ Sippe von 
Basalten in nördlichen Circumpolarländern und Gondx ana. 

3) Cfr. R. A. Daly: Origin of the Alkaline Rocks. Bull. Geol. of America. 
191025. 87 41. 

Al. ©. S..247, 


207 


noch im Gaszustand den Erdball zusammensetzten, eine Differenzierung 
nach der Gasdichte (dem Atomgewicht) erfolgte. Die oberen Schichten 
sind reicher an den leichteren Elementen (das pazifische Magma), die 
tieferen an den schwereren (das atlantische Magma). 

Ich will auf die Tatsache aufmerksam machen, daß die Faltungs- 
erscheinungen doch hauptsächlich, was ihre vertikale Dimension an- 
belangt, an die Oberfläche gebunden sind, während die Spalten der verti- 
kalen Dislokationen in unabsehbare Tiefen reichen. Schon in manchem 
Steinbruche lassen sich kleine Faltungserscheinungen beobachten, die 
im Liegenden und Hangenden von unberührt geraden Schichten begrenzt 
sind, während die Diaklasen die Felsenwände von oben bis unten schneiden. 
Die Hunderte km langen meridionalen Bruchlinien der Erde müssen wohl 
bis zur magmatischen Schicht reichen. Demzufolge wage ich, obzwar 
ich der allgemeinen Folgerung F. Beckes nicht zustimme, doch den 
Schluß zu ziehen, daß die Zusammensetzung des Magma einem vertikalen 
Gesetze: oben salisch, unten femisch folgt, weil eben die Faltungen 
und vertikalen Dislokationen verschieden tief, die letzteren enorm tiefer 
reichen. Die atlantischen Magmen sind im allgemeinen tiefer, die pazi- 
fischen Magmen weniger tief in der Bathosphäre lokalisiert, wohl können 
sie aber infolge Konvektionsströmungen nebeneinander geraten. Bei 
dieser Annahme läßt sich leicht begreifen, warum sauere Gesteine im 
Anfange der eruptiven Tätigkeit auch in dem Gebiete der atlantischen 
Sippe sich bilden können z. B. Feldspatbasalte im böhm. Mittelgebirge. 
Durch die dem Magma freien Weg bietende Spalte muß zuerst das oft 
nur in einer relativ winzigen Mächtigkeit vorhandene sauerere Magma 
emporsteigen. Auch erklärt sich damit die diverse Eruptionsfolge, welche 
von Richthofen und Iddings einerseits und von Brögger 
andererseits angegeben wird. Für die älteren Magmenprovinzen bestand 
nach v. Wolff) eine derartige Beziehung zu Verwerfungen und Fal- 
tungserscheinungen noch nicht. Der Grund dürfte in einer nicht genug 
vorgeschrittenen Differenzierung stecken. Es läßt sich auf obige Weise 
die Beobachtung Schwantkes?) erklären, daß keine scharfe Tren- 
nung der Alkalimagmen und Alkalikalkmagmen in hessischen Basalten 
stattfindet. Schwantke will diese Erscheinung damit begreiflich 
machen, daß alkalische (theralitische) Magmen solche sind, die nicht 
so viel Spaltungsprodukte (die juvenilen Wasser Sue 8’ und ihr Mineral- 


1) 1c. S. 154. Es sei bemerkt, daß in dem Werke (S. 132) die Merkmale 
beider Sippen Beckes anders angegeben sind. Rosenbusch' foyaitisch- 
theralitische Reihe und Iddings alkalische Gruppe entsprechen wohl der Gruppe 
der pazifischen Gauverwandtschaft. Dieselben Gesteine sind bei ähnlichem Basenver- 
hältnis reicher an Si und Al, der Überschuß an Na und Mg ist verschwindend gering 
gegenüber den Differenzen innerhalb jeder Gesteinsreihe. Vergl. auch die Besprechung 
Beckes in T. M. p. M. 1915., XXXIII. S. 370 ff, 

2) A. Schwantke: Das chemische System der Eruptivgesteine und di 
Theorie ihrer Genesis. C. f. M. G. P. 1910. S. 169 ff. 


508 


gehalt) abgegeben haben als die granodioritischen. Man muB aber be- 
denken, daB sich solche Spaltungsprodukte erst als Nachklange der erup- 
tiven Tatigkeit melden und fiir den chemischen Bestand der bereits aus- 
gestoBenen Gesteine belanglos sind. 

Bei den groBen Dimensionen der Erdkruste (Litho- und Batho- 
sphare), welche wir als ein Produkt der Entgasung des unbekannten 
Erdinnern ansehen, ist nicht zu glauben, daß überall dieselben Verhältnisse 
in der Zusammensetzung des Magma obwalten sollten. Zu der gegen- 
sätzlichen Ansicht (der Homogenitätshypothese) verleitet die Beobachtung 
der Atmo- und der Hydrosphäre, deren allerorten gleiche Zusammen- 
setzung sich wohl durch ihre Beweglichkeit erklärt, obgleich trotzdem in den- 
selben keine strenge Gleichheit in der Zusammensetzung herrscht. Der 
Hauptfaktor ist die Insolation, welche durch Wind und Strömungen die 
Unterschiede aufhebt. Ein ähnlicher Faktor fehlt aber in der Bathosphäre 
und im Erdinnern überhaupt. Mit der Feststellung der Dichte des Erd- 
körpers wurde zugleich die von der Erdkruste abweichende Zusammen- 
setzung des Erdinnern bewiesen. Dazu können noch die Gründe zugefügt 
werden, welche zur Aufstellung von 3 verschiedenen Magmenreihen in 
der Petrographie führten. Das alles spricht gegen die Einheitlichkeit 
des Magma im geologischen Sinne. Der homogene Zustand des Magma 
scheint nicht der Gesteinsentwickelung anzugehören, sondern ist älter 
als die Erde. Die qualitativen der Homogenitätshypothese entsprin- 
genden petrographischen Systeme sollen demzufolge den quantitativen 
Platz machen, zu denen Loewinson-Lessing, Osann, Gross 
etc. die erste Grundlage gelegt haben.1) 

Die bildliche, so sehr die geistige Arbeit erleichternde Därstellung 
A. Osanns, welche tatsächlich von der mineralogischen Anschauungs- 
weise der Kerntheorie Rosenbusch’ausgeht, muß bei dieser Forschung 
durch einfachere und mehr allgemeine ersetzt werden. Dasselbe Streben 
läßt sich in der von A. Osann?) selbst unternommenen Abänderung 
seiner ursprünglichen Projektionsweise erkennen. Am zweckmäßigsten 
wird man in der Hauptsache die alte Projektion Rosenbusch, 
(l. c. S. 693) benützen können. 

Ich bin der Ansicht, daß ähnlich wie die Chemie auch die petro- 
graphische Projektion von dem chemischen Inhalte einer Gewichtseinheit 
des Gesteins ausgehen soll. Trotzdem benützen die Autoren (Rosen- 
busch, Osann u. a.) fast durchgehends prozentige Molekularzahlen 
oder prozentige Metallatomzahlen. Sie gründen infolgedessen die graphische 
Darstellung auf ungleiche Gewichtsmengen der Gesteine. In der Ge- 


!) Den Gedanken, in dem Eutektikum die Grundlage einer natürlichen Syste- 
matik zu suchen, hat G. F. Becker (21, Ann. Rep. U. S. Geol. Surv. IIT, 
1901, 519) ausgesprochen. | 

2) A. Osann: Petrochemische Untersuchungen. I. C. £ M, G. P. 1913. 
S. 481 ff. Orig. Abh. d. Heidelb. Ak. d. Wiss., m.-nat. Kl. 2. Abh, 1913. 


309 


‘(puef93S nan 'sureyunom-ung) rung pun (pfemuspQ ‘wroysıoryos) 3opuodjoqyduy ‘(o1owmeg 
‘do uno) orqqeo “(gesp-iorun ‘rregrioq Sıaquazremyss) uorq ‘(quomorx "epppig) yueAsjoqrydwmy ‘(uro4eg ‘Sroquezynex) 
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pun (w>3>mioy ‘punsimoyg wog) JrueıdusygsıadAf OUIOM U9U9SHISOUJIOUP—JMIOUIEU9 19p sne ‘(ozzepsıg 194 eygajoory 19P 
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38 592 


Fame 


Si 


> 


310 


wichtseinheit des Gabbro aus Radautal (Harz) sind 175 Metallatome 
vorhanden, in demselben Gewichte des Dunits von Dun-Mountains (Neu- 
Seeland) aber 204 Metallatome. Durch auf 100 vermindert 


sich die Metallatomzahl des Dunits weit mehr a D als diejenige des 


204 


160 
Gabbro (I75 


eines und desselben Metalles von zwei oder mehreren Analysen lassen 
sich nicht gut miteinander vergleichen, falls der Gedanke einer gleichen 
ursprünglichen Gewichtsmenge mit denselben verbunden ist. 

Folglich will ich von Metallatomquotienten ausgehen. Zu dem 
Zwecke werden die prozentigen Zahlen einer Bauschanalyse durch 1% 
des Molekulargewichtes der Oxyde dividiert, aus den gewonnenen Molekular- 
quotienten folgen dann Metallatomquotienten. Nach dem Beispiele 
Brôggers1), der alle Oxyde für sich allein abgebildet hat, trage ich 


alle Metallatome (also auch Fe und Fe) ab. Ich folge aber nicht der Ansicht 
Mügges,?) welcher gegenüber Rosenbusch verlangte, daß die 
Zahlen für Sz anders abgebildet werden, da Siin den Gesteinsanalysen eine 
wesentlich andere Rolle spielt als die Basen. Dagegen will ich betonen, daß 
Si auch durch Al und Fe vertreten werden kann und daß in einem richtigen 
Bilde Si keineswegs weggelassen oder untergeordnet abgebildet werden darf. 

Ich benütze ein gewöhnliches Koordinatensystem, dessen Abszisse 
(Fig. 2) den Wert y (Zehntel z. B. in mm). und dessen Ordinate reihen- 


mal). Die auf solche Weise veränderten Metallatomquotienten 


weise acht Hauptmetalle in einer stets gleichen Ordnung (Al, Fe, Fe, Mg, 
Ca, Na, K, Si) im passenden Maßstabe (etwa in mm) und mit verschiedenen 
Abzeichen versehen angibt. Die pazifischen Gesteine (in Fig. 2 Alkali- 
granitit [Analyse nRosenbuschl.c.S. 86 N. 2], Nordmarkit [da- 
selbst S. 128 N. 3], Foyait [S. 146 N. 10], Ijolith [S. 210 N. 1], Theralith 
[S. 205 N. 21] und Peridotit [S. 222 N. 18]) sind oben, die atlantischen (in - 
Fig.2 Granit [S.88N.1], Hornblendesyenit [S.121N.6], Diorit [S. 167 
N. 15], Gabbro [S. 180 N. 4], Amphibolperidotit [S. 216 N. 4] und Dunit- 
[S. 216 N. 17]) sind unten abgebildet. Die Charnockitanorthositgruppe ) 
ist der pazifischen zugegeben (in Fig. 2 Hypersthengranit [S. 184 N. 3a] 
und Anorthosit [S. 184 N. 3d]). 

Bei der Verwendung der Metallatomquotienten wird durch die 
Endpunkte (der Ordinaten), welche bisher bedeutungslos waren, die ver- 
änderliche Metallatomzahl d: h. der Umstand abgebildet, wie verschiedene 
Metallatome die Gewichtseinheit eines Gesteins zu bilden helfen. Zugleich 
erspart man sich das Berechnen von Metallatomprozenten. Durch den 


1) Brögger: Das Ganggefolge des Laurdalits. 1897. 

a Musee Zur graphischen Darstellung der Zusammensetzung der Ge- 
steine.-N.. J. f.. M.; 19002 ds. 4004: 

*\ = die arktische Sippe F. v. Wolffs. 


311 


Koeffizienten y ist der Ort jeder Analyse streng bestimmt, was bei R o- 
senbusch nicht der Fall war. 

Beim Vergleiche der gleichwertigen Punkte von zwei Nachbarordi- 
naten muB man sich vergegenwärtigen, daB dieselben tatsächlich einfache 
oder verdoppelte Molekularquotienten abbilden, welche durch Division 
der Gewichtsprozente mit einer gleichen Zahl (1% des Molekulargewichts) 
gewonnen wurden. Die Differenzen der Gewichtsprozente von zwei 
Analysen kommen folglich in den Differenzen der Metallatomzahlen 
wieder zum Vorschein und zwar in demselben Maße verkleinert, was 
wohl auf die Orientation, die das Ziel der graphischen Darstellung ist, 
keineswegs störend wirken kann. Die graphischen Differenzen sind selbst- 
verständlich nicht in Metallatomprozenten angegeben, wie es beiRosen- 
busch der Fall ist. Die prozentige Differenz läßt sich erst aus 


100 a 160 a’ | 
== — ——— — berechnen (a, a’ = Metallatomquotienten desselben Me- 
Zi = 


talls in 2 Analysen, die verglichen werden, z,, 2, = Metallatomzahlen 
derselben Analysen). 


Studien über das Bohutiner Erzrevier. 


I. Beil, 


Quarzbiotithornblendediorit von Bohutin. 


Von 


Dr. Ing. BOHUSLAV STOCES, 
Pribram. 


(Mit 1 Abb. im Texte.) 


Vorgelegt am 9. Marz 1917. 


Im geologischen Aufbaue der Piibramer Umgebung spielen die 
vulkanischen Erscheinungen eine wichtige Rolle; es gehören hierher die 
Eruptionen verschiedener Gesteine, sowie auch die Pfibramer Erzgänge, 
von denen schon PoSepny behauptet, daß sie eruptiven Ursprungs 
sind. Für die Erkenntnis der Genesis der Pribramer Erzgänge — welche 
zweifellos auf einen größeren magmatischen Herd gebunden zu sein scheinen, 
ist eine systematische Durchforschung der Piibramer Eruptivgesteine 
von großer Wichtigkeit. Da es aber sicher ist, daß alle Eruptivgesteine 
der Pribramer Gegend nicht von demselben Charakter sind und daß sie 
eigentlich mehreren Komplexen angehören — welche Annahme in der 
letzten Zeit besonders von Slavik bekräftigt wurde — so wird es 
nötig sein, die Eruptivgesteine systematisch durchzuforschen und zu 
entscheiden, welche von ihnen und inwieweit sie an der Bildung von Erz- 
gängen teilgenommen haben, wie sie sich gegenseitig zueinander verhalten 
und was für eine Rolle sie in der tektonischen Entwickelung der Pribramer 
Gegend gespielt haben. In der vorliegenden Arbeit möchten wir zur Lösung 
dieser Fragen beitragen. 

Die Piibramer Erzgänge pflegen gemeinschaftlich mit den Diabasen 
vorzukommen. Diese Tatsache hat dazu beigetragen, daß die älteren 
Forscher die Erzgänge als Begleiterscheinungen der Diabaseruptionen 
betrachtet haben. 

Es gibt aber keinen so engen Zusammenhang zwischen den Diabas- 
und den Erzgängen. 


> 
ed 
2 

4 


313 


Bei den Pfibramer Erzgängen handelt es sich um eine nachträgliche 
Ausfüllung der schon vorher bestehenden Spalten. Will man solche 
Lagerstätten beurteilen, so muß man die beiden Fragen beantworten: 
1. Welches war denn die Ursache der Spaltenbildung und was für eine 
Beschaffenheit weisen diese Spalten auf? 2. Welches war die Ursache 
der Ausfüllung dieser Spalten, und wie mag die Gangstruktur ent- 
wickelt sein? 

Die Ursache von der Bildung der Spalten und der späteren Aus- 
füllung derselben braucht nicht eine und dieselbe zu sein, obwohl es 
bei den meisten Lagerstätten der Fall ist. Die Entstehung der Spalten hängt 
gewöhnlich mit den Vorgängen der Gebirgsbildung zusammen; die vul- 
kanischen Ausbrüche pflegen dann Hand in Hand mit den tektonischen 
Prozessen aufzutreten. Die Art und Weise der Bildung von den Spalten 
der Pribramer Gegend ist bisher noch nicht gelöst worden. Zwar haben 
die zwei hervorrangendsten Piibramer Forscher, Grimm und Po- 
Sepny, manche wertvolle Beobachtungen gemacht, und viele interes- 
sante Tatsachen festgestellt, es bleibt aber trotzdem das ganze Problem 
der Spaltenbildung in genetischer Hinsicht fast gänzlich ungelöst und wartet 
auf seine Beantwortung. Es blieben sogar die Grundzüge der Stratigraphie 
der Piibramer Gegend bis in die letzte Zeit unbekannt, und die Entdeckun- 
gen, welche PoSepny seinerzeit über die Stratigraphie des Pribramer 
Kambriums gemacht hat, sind leider bisher beinahe unberücksichtigt 
und unbekannt geblieben. Erst in den letzteren Jahren hat man den strati- 
graphischen Fragen wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet und be- 
sonders durch die Arbeiten Kettners ist eine feste Grundlage für die 
weitere Forschung gegeben worden. Auf Grund der neuen Stratigraphie 
muß man nun die Tektonik der Pribramer Gegend zu erklären versuchen, 
und erst nach der Erforschung des tektonischen Aufbaues wird man im 
Stande sein, die ganze geologische Entwickelung der Pribramer Gegend 
befriedigend darzustellen. Dann wird uns vielleicht auch die Ursache 
und die Bildungsart der die Erzgänge bedingenden Spalten einleuchten. 
Gegenwärtig läßt sich über die Kluftbildung folgendes sagen: 


Aus einer uns heute unbekannten Ursache ist in einer dem Empor- 
treten des Granites kurz vorangehenden Zeit ein System von Klüften zustande 
gekommen, auf denen bald nach ihrer Entstehung das diabasische Magma 
aufstieg. 

Daß die Klüfte vorgranitischen Alters sind, bezeugt uns die Tatsache, 
daß Diabase von der Beschaffenheit wie diejenigen der Pribramer Gegend 
nirgends den Granit durchbrechend aufgefunden worden sind. Daß sie sich 
kurz vor dem Aufsteigen des Granites gebildet haben, ersehen wir daraus, 
daß sie die schon gefalteten Schichten des Barrandiens durchdringen .*) 


*) Vergl.: Schmid, Bilder von den Lagerstätten ctc, zu Pribram, Wien 1887, 
S. 16. 


314 


Sollte es im Laufe der Zeit einst gelingen, das Verhältnis der Diabase 
zu den vor- und postgranitischen Querstörungen zu enträtseln, und sollte 
man irgendwo in der Nähe des Granites eventuell auch eine kontaktmeta- 
morphe Umwandlung der Diabase finden, so würde uns das Alter der 
Diabase verhältnismäßig verläßlich bekannt werden. 


Daß die Kliifte nicht lange klaffend waren, beweist uns der Umstand, 
daß die Diabasgrenze glatt ist, und daß die Diabase nur selten Einschlüsse 
des Nebengesteins enthalten. 

Daß das Magma in offene Spalten eingedrungen ist, zeigt auch die 
Struktur der Diabase, welche gewöhnlich keine Merkmale eines während 
der Kristallisation wirkenden Druckes, sowie desjenigen nach der Er- 
starrung erkennen lassen. Gerade dieser Umstand spricht dafür, daß die 
Diabase kurz vor der Graniteruption, oder vielleicht gleichzeitig mit 
derselben, also in der Zeit, in welcher schon der Gebirgsdruck nachgelassen 
hatte, aufgestiegen sind. Es ist nämlich bekannt, daß der orogenetische 
Vorgang sich mit dem Aufsteigen des größten Teiles der Magmamassen 
vollzieht, welcher Umstand dann eine Abnahme des Druckes zur Folge 
hat. Die Gesteine dieser Periode pflegen sowohl kein paralleles Gefüge 
als auch keine anderen Druckerscheinungen zu zeigen.*) 


Die Entstehung der Spalten der Pribramer Gegend kann kaum der 
Wirkung des Druckes zugeschrieben werden. Eher ein Zug und die ihn be- 
gleitende Zerrung der Kruste mögen hier eine Rolle gespielt haben. Das be- 
zeugt übrigens schon der Umstand, daß die Gänge häufig . anastomosieren 
und daß keine größere Bewegung auf ihnen stattgefunden hat, was sicher 
unter der Wirkung eines Druckes geschehen wäre. 

Die Zerrung, welche die Spalten für Diabasgänge erzeugte, dauerte 
aber noch lange Zeit. Es bildeten sich neue Spalten von derselben Richtung, 
und zwar sehr oft auch auf den alten Stellen; vielleicht deswegen, weil die 
Verwachsung des Diabases mit dem Nebengestein eine zu feste war. Auch 
konnten die kleinen, bei der Abkühlung des Diabases entstandenen Kon- 
traktionsrisse die Spaltung erleichtern.**) 

Die offenen Spalten zeigten den aus der Tiefe aufsteigenden erzbrin- 
genden Dämpfen und Wässern eine bestimmte Bahn. Die Spalten wurden 
schr bald nach ihrer Entstehung ausgefüllt. 

Die spaltenbildende Kraft wirkte aber auch nach der Ausfüllung 
der Spalten durch das erzige Material fort, wie es die zahlreichen Letten- 
bestege und Harnische im Bereiche der Erzgänge bezeugen. 

Eingehender ist die zweite Frage durchforscht, welche die Ursache 


*) Zu denselben Resultaten gelangte auch Kettner. Siehe seinen Bericht: 
O povltavskych vyvielinach mezi Svatojanskymi proudy a tistim Berounky. Sbornik 
ceské spol. zemévédné. XX, 1914. str. 196. - 

**) Vergleiche: Schmid: ‚Bilder etc.“ S. 16, und Schmid: ,,Montan- 


geologische Beschreibung etc.‘ Wien 1892, Ebenso: Poëepnÿ: ,,Montangeo- 
logische etc.“ 


Pea Ae Cee URGENT ES 


Mh 
5 


315 


betrifft, die das Aufsteigen der heißen erzführenden Lösungen zur Folge 
gehabt hatte und auf welche Art die Ausfüllung der Spalten durch das Erz- 
material vor sich gegangen sein mag. Besonders die Art und Weise der _ 
Füllung ist durch die Arbeiten Reuß, Babäneks und anderer, 
in den letzten Jahren namentlich durch diejenigen Hofmanns und 
Slaviks bekannt geworden. 

Als Ursache der Erzbildug werden einhellig, wenn wir Lateralsekre- 
tion unberücksichtigt lassen, die Nachklänge der eruptiven Tätigkeit an- 
gegeben. Weil aber die Pribramer Eruptivgesteine keinesfalls einheitlich 
sind und mehrere selbständige Gruppen bilden, wird es nötig sein, an 
deren Durchforschung systematisch weiter zu arbeiten und zu entscheiden, 
welche von den Eruptiven es sind und was für einen Anteil sie an der 
Gangbildung haben und wie sie sich zueinander verhalten. 

Schon Vrba führt an, daß neben den Gesteinen der Diabasgruppe 
auch Diorite, (Sddek, Zdaboÿ) und augitische Minette (Augustschacht) 
an dem Bau der Pribramer Gegend beteiligt sind. Auch der von uns 
hier zu beschreibende Bohutiner Quarzdiorit war damals bekannt und 
hat auch so viele Diskussionen verursacht (PoSepnys Beweis von 
dem archaischen Alter des Granites) und wurde deswegen von Grimm, 
Ambroz, Sandbergerund Foullon beschrieben und auch von 
der k. k. geol. Reichsanstalt untersucht. Vor diesen Untersuchungen hat 
man dieses Gestein für einen Granit gehalten, wie es zahlreiche Benen- 
nungen der Grubenbauten bezeugen (Granitschlag, Granitort etc.). 


In der neueren Zeit wurden dann in der Pribramer Gegend durch 
Slavik auch die Eruptivgesteine des algonkischen Spilitkomplexes 
nachgewiesen. 

Also bilden die Eruptivgesteine der Pribramer Umgegend 3 selb- 
ständige Gruppen. 

1. Die ältesten von ihnen, die Gesteine des spilitischen Komplexes, 
können für die Entwickelung der Gänge gar keine Bedeutung gehabt 
haben, da ihre Eruptionszeit in das Algonkium fällt. Sie beschränken 
sich sonst nur auf die zweite Schieferzone, und haben deswegen eine große 
Bedeutung für die stratigraphische Zugehörigkeit der einzelnen Schichten- 
komplexe der Pfibramer Umgebung. 

2. Eine größere Bedeutung und einen größeren Einfluß auf die 
Füllung der Erzgänge schrieb man immer den jüngeren, intrusiven Dia- 
basen zu, welche nicht nur das Algonkium, sondern auch das Kambrium 
durchsetzen. Es wäre aber gewagt, solch basischen Gesteinen solche 
gewaltigen posteruptiven Wirkungen zuzuschreiben. Ist ihr Magma 
arm an agents minéralisateurs, wie es die nur geringfügige Kontakt- 
metamorphose in ihrer Un gebung zeigt. Und die Gangformation ,,silber- 
haltige Blei- und Zinkerze‘‘ sind kaum irgendwo an ein so basisches Magma 
gebunden, sondern sie hängen eher von den schwach- bis mittelsäuren 
Gesteinen ab, 


316 


Sonst sind bei uns viele Diabasgänge in den ganzen Bezirken ohne 
irgendwelche Erzführung, und wie schon PoSepny bemerkt, ist die Fül- 
lung des Erzganges, was die Menge der Erze betrifft, in keinem Verhältnis 
zu der Menge der in der Umgebung auftretenden Diabase. 


Wenn die Diabase einem selbständigen Magmaherde entstammen 
sollten, dann hätte die Füllung der Erzgänge gar nichts Gemeinsames mat 
den Diabasen; nur die Ursache der Entstehung ven den Spalten ist den 
Diabasen und den Erzgängen gemeinsam. Wenn aber die Diabase von dem 
Magmaherde des mittelböhmischen Granites abstammen, dann sind sie mit 
den Erzgängen nur indirekt genetisch verknüpft u. zw. soweit sie beide von 
demselben gemeinsamen Magmaherde abstammen. Die Diabase stellen uns 
dann die Einleitung, respektive basische Begleiterscheinung, die Erz- 
gänge die thermalen Nachklänge der granitischen Eruption.*) 


Ähnliche Diabase, wie es die Pifbramer sind, sind auch überall in 
der Richtung gegen NO, das ist gegen DobriS, verbreitet, aber sie werden 
nirgends durch die Erzgänge begleitet. 

3. Es erübrigt noch eine Gruppe der Eruptivgesteine, was die Er- 
klärung der Füllung der Erzgänge betrifft, und zwar die Gesteine, welche 
dem magmatischen Herde des mittelböhmischen Granites angehören. 


Die Einreihung der Pribramer Erzgänge unter die Erzaureole des 
mittelböhmischen Granites ist naheliegend; liegt doch Pribram nahe an 
der Granitgrenze, nur 4:75 km von ihr entfernt. Die Erzgänge von ähn- 
lichem Typus sind gewöhnlich an die granodioritischen Magmen ver- 
knüpft. 

Den besten Beweis für die Abhängigkeit der Erzgänge vom grani- 
tischen Magma liefert aber das Auftreten von solchen Mineralien an den 
Erzgängen, deren Zugehörigkeit und Herkunft vom granitischen Magma 
eine ev dente ist. Es sind folgende Mineralien: Apatit, Uranin, Zinn- 
stein, Scheelit, Stannin, von denen die beiden letzteren von Hofmann 
und Sla vik**) entdeckt wurden, welche auch die Wichtigkeit und Bedeu- 
tung dieser Mineralien gewürdigt haben. 

Ein anderer Beweis für die Abhängigkeit der Erzgänge mit dem mittel- 

*) Die Frage, ob es möglich wäre, die Piibramer Diabase zu den Gesteinen 
der granitischen Gruppe anzureihen, ist noch nicht entschieden. Wenn aber die 
Behauptung Grimms, welche auch Vrba zitiert, eine Tatsache sein sollte, daß 
nämlich ein Teil der Diabasgänge die Erzgänge durchsetzt, dann wäre die Ver- 
knüpfung der Diabase mit dem Granite eine evidente: Die Diabase werden durch 
Erzgänge durchsetzt, diese durchsetzen aber auch die Gesteine der granitischen 
Familie und ein Teil der Diabase ist sogar jünger als die Erzgänge. Anders gesagt, 
die Entstehung der Erzgänge fällt mit der eruptiven Tätigkeit des diabasischen 
Magmas zusammen und ist gleichzeitig jünger als die granitischen Gesteine, das 
heißt: Die Eruption der Diabase, der granitischen Geisteine und die Entstehung 
der Erzgänge sind zeitlich und räumlich eng miteinander verknüpft. 

**) Neues über das Piibramer Erzvorkommen; 0, Z. f. B. u. H. 1906, Nr. 10; 
Hofmann a Slavik: O rudonosném kitemeni pribramském, R, C. Al SEL Ne 


317 


böhmischen Granite ist das häufige Auftreten von Antimonit auf den Erz- 
gängen, besonders im Bohutiner Reviere. Antimonit kommt bei uns 
im Granite ziemlich häufig vor. Auch in der Nähe von Pfibram findet 
er sich im Granit bei der ärarischen Straße bei der Kreuzstelle zwischen 
Haje und Bytiz vor (PoSepny und Grimm). 

Für die Herkunft der Pribramer Erzgänge vom granitischen Magma 
spricht aber auch der gewichtige Umstand, daß auch im eigentlichen Be- 
reiche der Erzgänge solche Gesteine auftreten, welche dem Magmaherde 
des mittelböhmischen Granites angehören, und daß diese Gesteine durch die 
Erzgänge durchsetzt werden. Für die Zugehörigkeit dieser Gesteine 
zu dem Granite spricht schon ihr Habitus und ihre Struktur, die mit den 
Gesteinen, welche bei Milin und RoZmital weit verbreitet sind, vollkommen 
identisch ist. 

Außer dem Bohutiner Diorit werden auch die von Vrba beschrie- 
benen Diorite vom Sddek-Schaf und Zdaboï dieser Gruppe angehören, 
sowie die augitische Minette aus dem Kaiser-Stollen vom August-Schacht 
und der Pegmatit aus dem Stephan-Schacht. Die Anzahl dieser Gesteine 
wird gewiß durch systematisches Verarbeiten des Materials noch vergrößert 
werden. Die Erzgänge durchsetzen diese Gesteine, sind also jünger. 

Die Gesteine vom granitischen Typus sind am meisten im Bohutiner 
Erzreviere und in der südwestlich angrenzenden Gegend verbreitet. Es 
wird in der vorliegenden Arbeit auf Grund der chemischen und mikrosko- 
pischen Untersuchung die stoffliches Verwandtschaft des am meisten ver- 
breiteten Gesteines — des Bohutiner Quarzdiorites mit dem Magma des 
mittelböhmischen Granites nachgewiesen. 

Die Geologie dieses Gesteines soll erst in der Arbeit besprochen werden, 
welche die Geologie des ganzen Bohutiner Revieres umfassen soll. Nur 
das möchte ich noch kurz bemerken, was für eine wichtige Rolle dieses 
Gestein in der Tektonik der Pribramer Umgegend gespielt hat. 

Grimm hält dieses Gestein für Granit. Nach ihm stellt uns dieses 
Gestein nur eine Apophyse des mittelböhmischen Granites. PoSepny 
erwähnt dieses Gestein mehrmals in seinen Arbeiten und nennt es ebenso 
Granit. Sein Auftreten sollte ihm den Beweis für das archaische Alter 
des mittelböhmischen Granites liefern; er hielt dafür, daß die Pribramer 
Schiefer auf dem Granite aufgelagert sind. Gestützt auf diese Ansicht, 
benützte PoSepny das Auftreten des ‚Granites“ in Bohutin dazu, um 
auch die Tektonik von der Pribramer Umgegend zu erklären. Der Bohu- 


_ tiner Diorit ist hier nach seiner Ansicht in die Schichten eingefaltet. 


Aber später haben die in die Tiefe fortschreitenden Grubenbauten 
auf dem 9. Horizonte gezeigt, daß die Pifbramer Lettenkluft auch dieses 
Gestein durchsetzt, weiter, daß dieses nicht nur die Schichten des Algon- 
kiums, sondern auch die des Kambriums durchbricht; PoSepnv gibt 
zu, daß diese neuen Aufschlüsse seiner früheren Annahne nicht ent- 


‚sprechen, weil sie das postkambrische Alter des Diorites beweisen. 


318 


(Posepny: Beitrag zur Kenntnis der montan-geologischen Verhältnisse 
von Pribram, S. 180). 

Mehr Aktivität schreibt Babänek dem Bohutiner Quarzdiorit 
zu, weil er dafür hält, daß dieses Gestein die letzten tektonischen Stö- 
rungen der Pribramer Gegend verursacht und daß es die ganze zweite 
Schieferzone samt den Erzgängen in der NO-Richtung verschoben hat. 
Diese Ansicht soll hauptsächlich das Auftreten des Diorites in der Richtung 
der Hauptstörung, das heißt, in der Richtung der Lettenkluft, bekräftigen. 
Das hat auch schon Grimm bemerkt, und verfolgte ähnliche Gesteine 
bis nach der Roëmitaler Gegend hin. Seiner Ansicht nach gehört der Bohu- 
tiner Diorit den Gesteinen der Granitgruppe an. 

Auf Grund folgender Tatsachen: 

1. daß die Gesteine von ähnlichem Habitus, wie es bei dem Bohutiner 
Diorit der Fall ist, in der Richtung der Lettenkluft von Bohutin über 
Vranovic bis Roëmitäl auftreten, und 

2. daß die Lettenkluft auch den Bohutiner Diorit durchsetzt, halte 


ich dafür, daß der Bohutiner Diorit und die ihm verwandten Gesteine 


aus der Umgebung von Vranovic als eine Apophyse des mittelt ühmischen 
Granitmassives zu seinem Empordringen die Lettenkluft benützt haben, 
durch welche sie jedoch noch später betroffen und disloziert wurden.*) 


Sandberger und Foulon analysierten auch den Bohutiner 
Quarzdiorit und nennen ihn Quarzporphyr, Quarzporphyrit und glimn er- 
reichen Granit. 


Der Bohutiner Quarzdiorit. 


Der Bohutiner Quarzdiorit ist ein Gestein von mittlerem Korn. 
In der Korngröße gibt es weder bei den Probestücken aus den Gängen, 
noch bei solchen aus dem Hauptstocke keine großen Variationen. Auch 
gegen die Grenzen ist keine merkliche Änderung wahrzunehır en. 

Mit der Schwarzschen und der analytischen Wage wurde das spezi- 
fische Gewicht 2-76 bis 2-82 bestimmt. , 

Der Bohutiner Quarzdiorit ist eher ein melanokrates als leukokrates 
Gestein, von dunkelgrauer Farbe mit einem ins Grünliche übergehenden 
Stich. Örtlich weist er lichtere Partien auf und nähert sich so den fein- 
körnigeren Graniten. 

Mit dem unktewaffneten Auge ben erken wir die fettglanzenden Feld- 
spatkörner, deren Größe zwischen 3—5 mm schwankt, und welche nur 


unvollkommen begrenzt sind. Mit der Lupe sehen wir ihre Zwillings- 


streifung. Örtlich sind die Feldspate rötlich gefärbt und häufen sich in der 
Form von Schlieren an. Der Biotit bildet bis 1-5 mm große Blättchen, der 
Amphibol unregelmäßige Körner von beinahe 6 mm Größe. Mit dem unbe- 


*) Vergleiche: R. Kettner: Die Zitecer Konglomerate. S. B. d. b. A.d. 
W. XXIV. Nr. 34, S. 30 u. 45. 


319 


waffneten Auge unterscheiden wir sonst noch den graulichen bis klaren Ouarz 
und hie und da ein Pyritkorn eingesprengt. Bei manchen Probestücken 
tritt der Biotit ganz zurück, ist in ganz kleinen Blättchen entwickelt 
und kann bei flüchtiger Untersuchung leicht übersehen werden. Die 
Gesteinsrisse sind durch Kalkspat, Chlorit und Quarz ausgefüllt ; der letzt- 
genannte füllt die Risse entweder in der Form von isometrischen Körnern 
aus, oder bildet auf die Art des Gangquarzes zahlreiche pyramidale 
Kristalle, welche von den Wänden gegen die Mitte des Risses zu 
gerichtet sind. 

Die Struktur des Diorites ist überall holokristallinisch, körnig phane- 
romer und weist nicht die geringsten Andeutungen einer porphyrischen 
Entwickelung auf. 

Viele von den Protestücken des Bohutiner Diorites zeigen die Tendenz 
sich grobkörnig zu entwickeln. Solche Partien bilden Nester im normalen 
mittelkörnigen Diorit und bestehen aus Körnern eines gelblich weißen 
grobkörnigen Feldspates (mehrere mm große Körner), welche durch einen 
strahligblätterigen, schwarzgrünlichen Amphibol (die Länge der Stengel 
über 1-5cm, Breite ca 0-5 cm) begleitet sind. 

Die Feldspate dieser grobkörnigen Partien gehören den Plagioklasen 
der Reihe Oligoklas bis Andesin an. Auf dem Kontakte des Quarzdio- 
rites und der metamorphosierten Grauwacke sind quarzige Partien in der 
Form von beinahe 2—2!/, cm großen Linsen gefunden worden. Sie bestehen 
aus zahlreichen, über 1 mm großen Quarzkôrnern von rundlicher Begren- 
zung, seltener sind sie lappenartig. 

Mittels des Mikroskopes kann man unterscheiden: ° 


1. Hauptbestandteile: Feldspate, Quarz, Biotit, Amphibol. 

2. Nebenbestandteile: Apatit, Zirkon, Ilmenit, Pyrit. 

3. Sekundäre Mineralien: Kalkspat, lichten Glimmer, Chlorit, Leuko- 
xen, Eisenerze. 

Die Struktur ist hypidiomorphkörnig. 

Von den Feldspaten kommen in dem eigentlichen Gestein nur die 
Glieder der triklinen Reihe vor. Orthoklase komm en nur bei aplitischen 
Gängen, welche das Gestein durchsetzen, vor, und nur selten bilden 
sie auch im Gesteine selbst rötliche Schlieren. 

Die gewöhnlich stark zersetzten Feldspatkörner sind gegen Quarz 
idiomorph, gegen Biotit und Amphibol teilweise allotriomorph Eegrenzt. 
In manchen Partien des Gesteins ist aber auch eine ältere Generation von 
Feldspaten enthalten. Ihre Körner sind idiomorph gegen Amphibol und 
Biotit, häufig auch im Amphibol selbst eingewachsen. Die Feldspate 
haten sich ziemlich lange ausscheiden müssen; ein Teil von ihnen wurde 
schon vor den dunklen Bestandteilen, resp. mit ihnen gleichzeitig gebildet, 
die anderen dagegen haben sich vor der Auskristallisation des Quarzes, 
und die letzten schließlich gleichzeitig mit dem Quarz ausgeschieden, wie 


320 


die hie und da konstatierte pegmatitartige Verwachsung der beiden Bestand- 
teile bezeugt. 

Die Plagioklase sind schön zonar gebaut. Die Zonen sind schon in 
gewöhnlichem Lichte nach den schmäleren und breiteren Streifen der sub- 
mikroskopischen Einschlüsse merklich, die die idiomorphe Begrenzung 
der Körner andeuten. Bei den meisten Querschnitten sind die inneren 
Zonen basischer als die äußeren, also nimmt die Acidität von der Mitte 
gegen die Oberfläche zu; mit ihr sinkt auch die Lichtbrechung und es tritt : 
auch eine Änderung der Auslöschungsschiefe ein. In manchen Fällen aber 
löscht der ganze Plagioklas-Ouerschnitt trotz seines zonaren Baues gleich- 
zeitig aus, und dieser Umstand beweist uns, daß die Unterbrechung des 
Wachstums des Feldspates nicht in allen Fällen eine Änderung des che- 
rischen Bestandes des Feldspates zur Folge haben müßte; in solchen 
Fällen ist dann die zonare Struktur nur durch die erwähnten Streifen des 
Trübungsmittels angedeutet. Manche von den Zonen sind gewöhnlich 
stark zersetzt, manchmal sind die frischen und zersetzten Zonen abwech- 
selnd gelagert. Diese Alternation stimmt auch mit der Auslöschung man- 
cher zonarer Körner überein, bei welchen die geraden Zonen gleichzeitig 
und die ungeraden ebenso gleichzeitig auslöschen. Bei der Zersetzung 
bildet sich der feinschuppige Muskovit und Kalkspat. In seltenen Fällen 
schließlich war das allotriomorphe basischere Korn überkrustet durch eine 
Zone des frischeren, säuereren Feldspates. 

Die Größe der Feldspatkörner beträgt bis 4-5 mm; am häufigsten 
kommen aber kaum solche von 0-3, 0-5, 1:00, 15 mm Lange und 03, 
0:6, 0-7 mm Breite vor. 

Die Plagioklase sind am häufigsten nach dem Albitgesetz, seltener 
nach dem Periklingesetz verzwilligt ; außerdem sind aber die lamellierten 
Körner nochmals verzwilllingt und zwar nach dem Karlsbadergesetz, 
seltener auch nach dem Bavenoergesetz. 

Der Brechungsindex aller untersuchten Körner der Plagioklase liegt 
zwischen 1-536 (Brechungsindex des Zimtöles) und 1:564 (Brechungsindex 
einer Mischung von Badian und Cassiaöl) ; sie gehören dem Oligoklas-Albit, 
Oligo! les, Andesin bis Labradorit an (in den Kernen). Nur ausnahmsweise 
sind achu Körner von niedrigerem Brechungsvermögen als 1:536 gefunden 
worden, und diese gehören dem Orthoklas an. Im unbedeckten Schliffe ist 
kein Korn vom niedrigeren Brechungsvermögen als 1:531 (Mischung von 
Zimmt und Lewandelöl) gefunden worden; darnach ist der Orthoklas im 
Gesteine äußerst spärlich vertreten. In einigen Fällen grenzen die Felds- 
patkörner im Schliff an Quarze; hier konnte man sicherstellen, daß der 
Brechungsindex des Feldspates zwischen © und € des Quarzes liegt. 
(Oligoklas-Andesin). 

Die Richtigkeit der Bestimmung der Feldspate nach dem Brechungs- 
vermögen bestätigen auch die Auslöschungsschiefen auf den Flächen der 
Spaltungsstücke und zwar auf der Basis und dem Klinopinakoide. Auf 


321 


demselben wurden folgende Werte konstatiert: beim Oligoklas ungefähr 
0%, resp. 3-50 5 (häufiger rund 4%), beim Oligoklas-Andein 6%— 
beim Andesin 8°—12/,°, beim Labradorit 15°—19°, seltener über 20°, 
Auf der Basis des Labradorites wurde eine Auslöschungsschiefe rund 
3°—5° konstatiert, bei den basischeren Gliedern bis 9, Oligoklas-Albit 
wurde an niedrigerem Brechungsvermögen als jenes des Kanadabalsams 
und nach dem + opt. Charakter erkannt (auf dem zur optischen Achse 
1 Schnitte). Die Winkel des rhombischen Schnittes auf M bei der 
Zwillingbildung nach Periklingesetz betragen: beim Oligoklas 70-30, bei 
dem basischeren Oligoklas-Andesin ca 2°, beim Andesin 11/,0—01/,0, beim 
sauren Labradorit 21/,0—4°, bei den basischeren Gliedern bis 9°. 

Die Feldspate sind stark zersetzt und getrübt. Stellenweise ist das 
Produkt der Zersetzung ein blätteriges glimmerartiges Mineral, stellen- 
weise der Kalkstein, welcher im Schliff mittels der Salzsäure bestimmt 
wurde. 

Biotit bildet einzeln und spärlich verstreute, bis über 1 mm große 
allotriomorph begrenzte Blättchen. Ihre Ränder sind größtenteils fransig 
und nur selten haben wir eine unvolkommene 6 seitige Begrenzung konsta- 
tieren können. 

Die basischen Schnitte sind im Schliff im gewöhnlichen Lichte dunkel- 
braun bis beinahe schwarz mit einem rostartigen Stich; die Querschnitte 
sind licht braun. Biotit ist stark pleochroitisch und stark lichtabsor- 
bierend. Die zur Basis schwingenden Strahlen sind schwach gelblichbraun, 
bis dunkelbraun. 

Der Winkel der optischen Achsen ist sehr gering und taupt wegen 
der Unvollkommenheit des Interferenzbildes nicht für die Messung. Die 
Biotitblättchen sind nur hie und da verbogen ; auf den Querschnitten sind 
gelenkartige Umbiegungen wahrzunehmen; das sind die Zwillingsver- 
wachsungen nach den Gleitflächen {102} resp. {133}, wie sie M. Bauer*) 
beschrieben hat. 

Im Biotit sind zahlreiche idiomorphe Körner von Apatit und Zirkon 
eingeschlossen, welche gut entwickelte pleochroitische Höfe **) umgeben. 
Außerdem sind von den opaken Mineralien Ilmenit und Pyrit ein- 
geschlossen. 

Nach einer schwarzen Farbe, einem starken Glasglanze und in erster 
Linie nach der starken Absorption können wir auf den an Fe und Ti reichen 
Glimmer schließen und zwar allen Charakterzügen nach ist es Lepilomelan. 


*) M. Bauer, Z. d. d. g. G. 26, 1874, 159; siehe auch V. Rosicky, 
Berker & sp, N. (Sitzb. d. k. b. G. d. W.) 1901, Nr. 80. 6. 

**) Die Anwesenheit von pleochroischen Höfen im Biotit um die Apatit-Ein- 
sprenglinge wurde auch durch Kettner auf den Luditzer Gneisen bestimmt 
(S. B. d. b. A.d. W. 1913, No. 43, S. 18) und durch Rosicky im Biotitpy- 
roxensyenit von Täbor. (S. B. d. b. A. d. W. XXIV. Nr. 4, S. 5). 

Bulletin international XXT. ; 21 


322 


Biotit findet sich häufig in Chlerit umgewandelt. Diese Änderung 
fängt bei den Grenzen und Spaltungsrissen, stellenweise sind nur die mitt- 
leren Partien der Biotitblättchen erhalten; das übrige ist in Chlorit umge- 
wandelt. Bei dieser Änderung werden kleine opake Erzkörnchen aus- 
geschieden, welche die Substanz des Chlorites durchsetzen. 


Chlorit ist im gewöhnlichen Lichte lichtgrün, im polarisierten deutlich 
pleochroitisch; für das _L zur {001} schwingende Licht zeigt er eine sehr 
schwach grün-gelbe Farbe, für das || mit {001} eine schwach aquamarin- 
grüne (Absorption ist stärker). Die Doppelbrechung der nach der Basis 
geschnittenen Blättchen ist fast gleich 0, die übrigen Schnitte zeigen ano- 
male indigoblaue Interferenzfarben. Das Interferenzbild ist beinahe 
einachsig, optischer Charakter +. Wegen dieser Eigenschaften gehört der 
sekundäre Chlorit dem Pennin an. 


Die pleochroitischen Höfe sind auch im Chlorit erhalten und treten 
in diesem vorzugsweise deutlich hervor, vor allem in der Lage der stärkeren 
Absorption des Lichtes, wobei der Hof dunkler als seine Un gebung ist. 

In manchen Partien des Gesteins tritt Biotit ganz in den Hinter- 
grund und an seine Stelle tritt Amphibol. 


Der zweite dunkle Bestandteil des Gesteins ist Amphibol. In manchen 
Partien ist er überhaupt nicht vertreten, in anderen Partien vertritt er 
den Biotit vollständig und ist neben den Feldspaten der häufigste Bestand- 
teil des Gesteines. Er ist teilweise vollkommen idiomorph; besonders auf 
der vertikalen Zone weist er die Formen [110}, [010} auf. Die nach dem 
Prisma für Amphibol charakteristischen Spaltrisse sind vorzüglich ent- 
wickelt. 


Die Einzelindividuen sind häufig nach [100} verzwillingt, wie es 
im Schliff schon nach der verschiedenen Absorption des Lichtes bei beiden 
Individuen zu erkennen ist. Makroskopisch haben die Körner des Amphi- 
bols eine schwarzgrüne Farbe; sein Schliff aber zeigt im gewöhnlichen 
Lichte eine braune, braungelbe und grünbraune Farbe. Die Lichtbrechung 
ist größer als die des Acetylentetrabromides (# = 1-641); gehört also dem 
gemeinen Al-Amphibole an. 

Die. Amphibolkörner erreichen eine Länge von 0-3 mm und eine 
Breite von 0-1 mm bis 1-8 mm Länge und bis 0-5 mm Breite. 

Die Spaltblättchen nach {110} löschen durchschnittlich c:y = 13°. 
Auf den Längsschnitten, welche beinahe nach {010} geführt worden sind, 
und auf den Querschnitten wurden oberhalb des unteren Nikols folgende 
Achsenfarben bestimmt: 


N licht-gelbbraun 
Bil ARE dunkelrostbraun mit dem Stich ıns Grünliche. 
Ye blaugrün (in der Mitte des Kornes häufig rostgrün). 


Absorption: B>y>a. 


323 


Die Doppelbrechung ist ziemlich hoch; durch Vergleich der Inter- 
ferenzfarben des Amphiboles mit denen des Feldspates wurde mit 0-020 
bestimmt. Optischer Charakter ist —. 


In einem von den Schliffen wurde auch ein Amphibol gefunden, welcher 
von einem abweichenden Charakter ist. Er ist eher strahlschuppig, nur 
schwach pleochroitisch zwischen der grünlichen und gelblichen Farbe mit 
einer ganz geringen Ahsorption. Bildet Aggregate, welche durch ihre 
Un grenzung verraten, daß sie Pseudomorphosen nach einem vollkommen 
idiomorphen stengelartig entwickelten Minerale sind; sie sind bis 1 mm 
lang und 1/, mm breit. Der Brechungsindex dieses Amphibols ist teilweise 
höher, teilweise niedriger als der von Acetylentetrabromid; gehört also 
der Gruppe der an Al reicheren Aktinolithen, und ist mit dem Aktinolith 
von Kragerö in Norwegen verwandt.*) 

Sekundär wandelt sich dieser Aktinolith in ein chloritisches Mineral 
um, Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Amphibol-Pseudomorphosen 
aus einem Pyroxen entstanden sind, welcher lokal in der betreffenden Partie 
des Gesteins Amphibol vertritt und erst später magmatisch in Amphibol 
umgewandelt wurde. 

Amphibole ändern sich sekundär einesteils in einen mit dem Pennin 
verwandten Chlorit, andernteils in ein dem blätterigen Antigorit ähnliches 
Mineral; dasselbe ist graugrün, zeigt einen schwachen Pleochroismus, der 
durch eine dunkle und lichtgraugrüne Farbe gekennzeichnet wird. y —a 
liegt sehr nahe der Doppelbrechung des Quarzes, y —8 ist beinahe gleich 
0; dieses Mineral ist deutlich zweiachsig und sein opt. Charakter ist —. 

Der jüngste Hauptbestandteil ist Quarz, welcher allotriomorphe 
Körner bildet, und die Zwischenräume zwischen den übrigen Bestandteilen 
ausfüllt. Er enthält häufig ganz kleine Poren, welche sich in Reihen ordnen. 
An einigen Stellen ist die gleichzeitige Auslöschung der verschiedenen 
Quarzpartien zu beobachten, welche, obzwar getrennt, einem Individuum 
angehören. 

Neben diesem Quarze, dem jüngsten Bestandteile des Gesteins, 
finden wir auch den älteren Quarz, welcher in der Form von 0-05 — 
0-2 mm großen Körnern im Biotit, Amphibolit und Feldspaten ein- 
geschlossen ist. Dieser Charakter ist der ganzen Reihe der Gesteine vom 
Rande des mittelhöhmischen Granitmassives eigen. 

Unter die zuerst ausgeschiedenen Mineralien unseres Gesteins ge- 
hören die Net enbestandteile: Apatit und Zirkon, beide schön idiomorph 
begrenzt. Diese Mineralien sind in den übrigen Bestandteilen ziemlich 
zahlreich eingeschlossen, und durchsetzen besonders in einigen Partien 
die übrigen Bestandteile. Um den Zirkon herum sind schöne pleochroi- 
tische Höfe, besonders im Chlorit, schwächer im Biotit und Amphibol, 
ausgebildet. 


*) Siehe/W. E. Ford, Z. f. Kryst;,.64. 1915, J, 
| 21% 


324 


Von den opaken primären Bestandteilen ist noch Z/meni! und Pyrit 
vertreten. Ilmenit ändert sich von den Rändern aus in Leukoxen; dies 
ist besonders im einfallenden Lichte deutlich. Pyrit ist nur sporadis ch 
eingesprengt. Bei der Umwandlung des Biotites in Chlorit scheiden sich 
feine schwarze, im Chlorit pigmentartig verstreute Körnchen aus; es 
sind Eisenerze. 

Von den sekundären Bestandteilen neben dem schon oben ange- 
führten Chlorit, welcher in den stärker zersetzten Partien des Gesteins 
fächerartige Aggregate bildet, ist Kalkstein der häufigste. Er füllt auch 
alle Risse und Spalten des Gesteines aus und trübt alle Feldspate. Der 
Kalkstein ist nach —1/, R verzwillingt und zeigt an den Zwillingsflächen 
Autopolarisation. Kalkstein stammt aus den zersetzten Feldspaten, 
welche er trübt; von denselben stammen auch die fein blätterigen Aggre- 
gate des Muskovites. In der Nähe von Erzgängen sind die Feldspate 
besonders stark zersetzt und in Serizit um gewandelt. 

Manche von den Partien des Gesteins zeigen. die Wirkung eines 
starken äußeren Druckes; wir finden in ihnen eine stark undulöse Aus- 
löschung des Quarzes, verbogene Blättchen des Biotites, hieund da auch Sy- 
sten e von schmalen mehr oder weniger parallelen Rissen, welche mit Zer- 
setzungsprodukten, Kalkspat, Chlorit als auch Quarz gefüllt sind. Diese 
Risse durchsetzen alle Gem engteile ohne Unterbrechung, und beweisen 
somit, daß sie erst nach der vollständigen Erstarrung des Gesteins zu 
Stande gekommen sein müssen. Diese schmalen Risse iil erqueren schief 
die spärlicheren, aber breiteren Spalten, welche durch ähnliches Material 
ausgefüllt sind. Die Merkmale des starken Druckes im Bohutiner Quarz- 
diorit bekräftigen die schon früher ausgesprochene Ansicht, daß die Ge- 
steine (auch die. Eruptivgesteine) in der Nachbarschaft der Lettenkluft 
durch diese noch nachträglich betroffen wurden. 


Chemische Beschaffenheit des Bohutiner Quarzdiorites. 


Die chemische Analyse des Bohutiner Quarzdiorites hat sehr sorg- 
fältig Herr Josef Hanu§&, ord. Professor der anal. Chemie an der 
Prager böhm. technischen Hochschule, ausgeführt. Die Analyse hat fol- 
gende Werte geliefert: 


+: 11.00. RIT IV. 
SiO, 59-75%, 61-18 1-0197 65-82 
TiO, 0-70 0-72 0-0090 0-58 | 66-40 
AO) 15-52 15-89 0-1558 10-06 
Fe, 0, 1-46 1-49 0-0093 = 
FeO 5-65 5-78 0-0803 6-38 
Mn O 0-11 0-11 0-0015 0-10 


CaO ; 5-4] 5-54 0-0989 6-38 


fru.) ae OT ET © 


MgO 3°59 3:68 0:0920 5-94 
K,0 3:05 3°12 0:0332 2-14 
Na,O 2-43 2-49 0-0402 2-60 
Glihverlust 2-51 == = = 
H,O bei 130° 0-17 = = >. 


100.35 % 100-00 1:5399 100-00 


I. Analyse des Gesteins. 

IT. Dieselbe, übergeführt nach der Subtraktion des Glühverlustes 
und des hygroskopischen Wassers auf 100%. 

III. Molekularquotienten. 

IV. Dieselben, übergeführt auf 100; der Betrag von Fe, O, um- 
gerechnet auf FeO. 


ANY DEN 
ANNE 


É 


_ Die Analyse liefert folgende Osannsche Werte: s = 66:4; A = 4:74; 
C = 5-32; F = 13:48. 
Formel des Gesteines: 
Sgo-a %q Cars hrs; % = 55 


S ALF = 21.3.6; AIC AIR = 14.9.7; NK =55; MC = 4-8 


326 


Nach den Werten: s,a,c, f der Osannschen Berechnung kann man 
das Gestein am besten mit dem Biotit — Hypersthen — Quarz — Diorit 
von Visdarthal bei Klausen vergleichen, dessen: 


s—65-14, A = 503, C — 5-89, FA Na — 2-0, 
CO — 10:5. — 8251500, 53 IE 


Unser Gestein entspricht also den dioritischen Gesteinen Osanns. 
Typus Butte (Formel: sg, @; Cas fio-s) *), welchem angehören: 

1. Granodiorit von Butte Co., Cal., 

2. Quarzführender Pyroxen — Amphibol — Biotit — Diorit vom 
Electric Peak (61:22 Sz O,), 

3. Augitglimmerdiorit von Robinson Castle Mis. Mont., 

4. Hornblende — Augit — Biotit — Diorit von Brush Creek, EIk 
Mts., Col., 

5. Quarzführender Hypersthen — Biotit — Diorit (Quarznorit) von 
Klausen, Sz 0, = 64-12%. 

6. Quarzführender ai. — Biotit — Diorit aus dem Vildar- 
tal bei Klausen (59-97% SiO,) 


Nummer Si | 4 an (& + F a. [6 | Î N 
1 69-88 5-22 | 3-90 11-85 5 | 3:5 11-5 | 71 | 
2 66-00 5-91 | 4-25 13-60 5 328) 11-5 | 7-9 | 
3 62-62 6-92 | 4-88 13-784/06°5 4 10-5 | 6-7 | 
4 68-35 5-79 | 5-15 9-77 Sa 3) 9-5 | 6:4 | 
5 65-92 | 5-40 ae 10:22 |G. 6 10 9726 | 
| 6 66-74 5-93 12-43 4-5) 5 10-5 | 8-2 | 
Durchschnitt| 66.92 | 11-94 | = | 


51 | 43| 10-6 


Auch nach den Werten von SAIF, AIC, Alk gehört der Bohutiner 
Diorit den Quarzdioriten an; demselben ist der Granodiorit von Gold 
Creek (S Al F = 21. 3.5. 5-5, AIC Alk, = 14-5.95. 6) und der schon früher 
erwähnte Quarzdiorit von Elektric Peak (SAIF = 21.3-5.5-5, Alc Alk = 
= 13-5.8-5.8) sehr verwandt. Bei diesen Gesteinen hat aber Na von den 
Alkalien ein entschiedenes Übergewicht.**) 

Es ist interessant, daß die durchschnittliche Zusammensetzung der 
Erdkruste Werte besitzt, die denen des Bohutiner Quarzdiorites gleich 
kommen: SAIF = 21:3. 5. 5-5, AIC Ak = 14. 8. 8, NK =6-4, MC = 55. 


Die Verwandtschaft des Bohutiner Diorites mit der Gruppe der Dio- 


*) A. Osann: Tsch. M. p. M. 19 1900, 413. 
**) A. Osann: Petrochemische Untersuchungen I. 1913, 78. 


327 


rite ist auch aus der Stellung seines Poles in der Dreieckprojektion (siehe 
Abb.1.) zu ersehen. In der Projektion sind neben dem Bohutiner Quarzdiorit 
(D. B.) auch die oben erwähnten Gesteine Typus Butte (1.—6.) dargestellt, 
zu denen der Pol des Bohutiner Diorites gut paßt. Der schwarze Punkt 
in der Projektion bezeichnet die Position der Typenformel. 
Die Berechnung der Analyse nach Loewinson-Lessing führt 
zu den Werten: 
Formel: 2RO : R,O, : 6 Si0, 
SOS RO = 1: 3:7 
6 == 51-5 
| 
Es bildet also der Bohutiner Quarzdiorit die Grenzscheide zwischen 
den ,,Mesiten“ und den „Aciditen“ nach Loewinson-Lessings 
Terminologie ; ist aber ein bischen basischer und ärmer an Alkalien, als der 
typische Quarz-Diorit-Typ dieses Autors (@ = 2:8; R,O:RO1: 2-4). 


Zusammenfassung der Ergebnisse. 


1. Das bei Bohutin unweit von Pribram auftretende und die algon- 
kischen und kambrischen Schichten durchbrechende Gestein ist quarz- 
führender Biotit-Amfibol-Diorit. Derselbe weist durch seine Zusammen- 
setzung und Struktur als auch seinen Zusammenhang mit dem Rozmi- 
taler Granite auf einen mit dem mittelböhmischen Granitmassive gemein- 
schaftlichen Ursprung, dessen Spaltungsprodukt er bildet. 

2. Höchst wahrscheinlich benützte der Diorit zu seinem Empor- 
dringen die Pribramer Lettenkluft, durch welche er aber später noch be- 
troffen und disloziert wurde. Diese gewaltigen Störungen haben auch in 
ihm selbst deutliche Spuren hinterlassen (Systeme von Rissen, Defor- 
mation von Bestandteilen). 

3. Diorit ist von Erzgängen durchsetzt, deren Ursprung in post- 
eruptiven Prozessen des mittelböhmischen Granitmassives zu suchen ist. 

4. Auch die chemische Zusammensetzung des Bohutiner Quarz- 
diorites beweist die Verwandtschaft des Gesteins zu der Familie der Quarz- 
diorite (Granodiorite) im Sinne Osanns; die Quarzdiorite Loewinson- 
Lessings sind ein bißchen saurer und reicher an Alkalien. 


* Xf 
* 


Der petrographische Teil dieser Arbeit wurde im mineralogisch- 
petrographischen Institute der k. k. béhmischen Universitat in Prag aus- 
geführt. Est ist mir eine angenehme Pflicht, dem Herrn Doz. Dr. V. Ro- 
sick y für all seine Mühe und außergewöhnliche Bereitwilligkeit, mit der 
er mir entgegengekommen ist, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen, 


Pribram, im Jänner 1917. 


Beiträge zur Petrographie des mittelböhmischen 
Granitmassives. 


Von VOJTECH ROSICKY in Prag. 


(Mit 1 Tafel und 2 Figuren im Text.) 


Vorgelegt am 12. Feber 1916. 


is 
Uber den Biotit-Pyroxensyenit von Tabor. 


Das mittelböhmische Granitmassiv läuft auf seiner südöstlichen 
Grenze in eine gewaltige Bucht aus, deren Achse die Richtung NW—SO 
hat. Sie reicht bis zu Täbor und Slap, indem sie an dieser Stelle von allen 
Seiten vom Gneis umgegrenzt ist. Das Gestein, das in der Umgebung 
von Täbor herrscht, weicht in manchen Richtungen vom mittelböhmischen 
Granit ab, deshalb wurde es von den früheren Geologen öfters unter ver- 
schiedenen Namen beschrieben. 

So bezeichnet es F. X. M. Zippet) als einen ‚merkwürdigen Stock 
von Granit“; D.Stur?) nennt es ,,Taborer Granit‘ im Gegensatze zum 
gewöhnlichen, das nördlich von der Grenze Revnov—Vläsenice—Drah- 
nétice herrscht. Die Gemengteile des Täborer Granites sind nach Stur: 
Orthoklas, etwas Quarz, Phlogopit; er erwähnt auch die durch dunkles 
Glimmer bedingte porphyrische Struktur. Ähnlich schreibt auch F. R. 
v.„Hauer,) 

F. Safränek hat in seiner ersten Publikation über diesen Gegen- 
stand‘) das Gestein nach Stur als eine Granitfazies bezeichnet. Erst 
später, nach einer gründlichen mikroskopischen Untersuchung?) konnte 


1 Sommer]. G., Königreich Böhmen X. Taborer Kreis 1842, pag. XIII. 
?) Jhb. g. R.-A. VIII. 1857. Sitz. pag. 784; IX. 1858, pag. 661—688. 

3) Geol. Übersichtskarte d. öst. Mon. Jhb. g. R.-A. XIX. 

4) Vyr. Zpräva c. k. v. r. gymn. v Täboïe 1878. 

*) Sitzungsber. d. b. königl. Ges. d. W. 1883. 


“HONTE 


329 


er eine neue und in manchen Richtungen sehr gute Beschreibung geben ; 
in dieser zweiten Arbeit wählt er für das Gestein den Namen ‚‚Kersanton‘“. 

F. Sitensky®) beschreibt das Gestein nur makroskopisch. Die 
Feldspate sind seiner Meinung nach größtenteils Plagioklase, deswegen 
bezeichnet er das Gestein als Diorit. Ähnlich erwähnt auch A. Jelinek”) 
das Gestein unter dem Namen glimmerreicher Augit-Quarzdiorit‘‘. 

J. Bernard) benutzt in seiner Übersicht der geologischen Ver- 
hältnisse von Täbor den von Safränek eingeführten Namen Ker- 
santon. 

Beim Studium der Umgebung von Täbor fand ich, daß die mikro- 
skopischen sowie die chemischen Eigenschaften dieses interessanten Gesteines 
zum Namen ‚Biotit-Pyroxensyenit‘“ führen. 


* * 
* 


Die Grenzen des Syenites gegenüber anderen Gesteinen bedürfen 
einer Revision, denn die Angaben von Stur, Safränek und Si- 
tensky stehen an einigen Stellen nicht im Einklange. Das gilt namentlich 
von der Grenze am N und am W von Täbor. Am nächsten der Wahrheit 
ist die vonStur festgestellte; sie muß jedoch (N von Tabor) südlich ven 
den Gemeinden Radimovice und Nasavrky geführt werden, da diese Orte 


schon am Gneis stehen, und im Lunice-Tale (W von Täbor) etwas 


weiter westlich verschoben werden, damit sie den Fluß beim Hegerhause 
übergehe, das sich am r. Ufer östlich von Piibénice befindet. 


Der Täborer Syenit, von der Ferne beobachtet, ist blaugrau, mit 


schwachem Stich ins Grüne. Seine Korngröße ist recht wechselnd ; manche 


Stücke sind kleinkörnig, andere mittel- bis großkörnig. Die Struktur ist 
größtenteils richtungslos körnig, mit Anlauf in die porphyrische, hie und da 
bemerkt man aber eine mehr oder minder deutlich ausgebildete Parallel- 
struktur. Dichte (hydrostatisch) = 2°77—2°78 beim mittelkörnigen, 2°84 beim 
grobkörnigen Gesteine. Makroskopisch kann man feststellen: Biotit in 
größeren, oft lappigen, bis 1cm großen Blättern, welche den porphyrartigen 
Charakter der Struktur bedingen, sowie in kleineren, 1—2 mm großen 
Blättern 2E = ca 15°. Orthoklas, dicktafelig bis lamellartig-nach M 
(010) ausgebildet, ist sehr oft nach dem Karlsbader Gesetz verzwillingt 
(P : P’ =51° 51’ gem., 52° 06’ ber.). Pyroxen in bräunlich grünen Kör- 


nern, die in kleine Aggregate zusammengehäuft sind. Etwas Quarz 


ist vorhaden. 

Das Mengenverhältnis der Gemengteile ist recht schwankend; ich 
konnte in den Dünnschliffen mit dem Hirschwalds Okular %) folgende 
Zahlen messen (am Syenit von der Papiermühle): 


6) Sitzungsber. d. b. königl. Ges. d. W. 1893. Nr. 35. 

?) Sitzungsber. d. b. königl. Ges. d. W. 1899. Nr. 28. 
8) Vyr. zpräva c. k. v. r. gymn. v Täbofe 1909. 

9) Centralbatt f. M. etc. 1904. 630. 


330 


13:5%, Pyroxen : 21:7% Biotit : 648 Feldsp. u. a. 
147% LABOUR, T0 670 i IR: 


In beiden Fällen sind die hellen Gemengteile in Mehrzahl (65 : 35 
resp. 57 : 43). 

Mikroskopisch kann man feststellen: Hauptgemengteile: Biotit, Pyroxen, 
(Diallag und Hypersthen), Orthoklas. Minder häufig bis selten ist Plagioklas. 
Nebengemengteile und Übergemengteile: Quarz, Apatit, Rutil (Magnetit), 
Ilmenit, Pyrit. 

Sekundär sind: (außer gewöhnlichen Zersetzungsprodukten): Titani 
und Amphibol. 


Mikroskopische Charakteristik der Bestandteile: 

Biotit bildet 1—2 mm große, bis 0:6 mm dicke Blättchen, die oft in 
größere lappige Aggregate zusammengedrängt sind. Sie sind meist allotrio- 
morph, nur hie und da kann man Spuren von idiomorpher Ausbildung 
beobachten. Charakteristisch sind die tief eindringenden Buchten von der 
Basis in das Innere der Blättchen, welche bei basalen Schnitten die Gestalt 
rundlicher Löcher haben. Man sieht die Tendenz des Biotits, diese, durch 
magmatische Korrosion verursachten Löcher und Buchte auszuheilen; 
dadurch entstehen die skelettartigen Wachstumsgebilde, wie sie die Fig. 
1 und 2 der Tafel im Quer- und Längsschnitte vorstellen. 

Die Farbe ist auf (001) dunkel bräunlichrot, in Querschnitten gelb- 
braun. Pleochroismus sehr stark: 

| c’ blaB braungelb 

tc’ schwarzbraun, fast undurchsichtig, mit Stich ins Rötliche. 


Es scheint, daß dieser Biotit an 72 reich ist. 


Einschlüsse: Ilmenit, (Magnetit?), rhombischer und monokline 
Pyroxen (oft idiomorph ausgebildet), nadeliger Rutil, rundliche, etwa 
idiomorphe Quarzkörner und 0'1—0'2 mm lange, 0:02—0:06 mm breite 
Apatitsäulchen. Um dieselben kann man manchmal gut ausgebildete pleo- 
chroitische Höfe, mit stärkerer Absorption, als die Umgebung ( | c’ blaB- 
gelb, Le’ schwarz) beobachten.1%) Wenn wir mit Müggel!) annehmen, 
daß die pleochroitischen Höfe durch radioaktive Emanationen der Ein- 
schlüsse entstehen, so müssen wir dem Syenite von Täbor ein recht hohes 
geologisches Alter zuschreiben, da um ein so schwach radioaktives Mineral, 


10) NachE. Weinschenk (Gesteinsbild. Min. pag. 117) bilden sich um Apatit 
die pleochroitischen Höfe nicht. Cohen (N. Jhb. f. Min. 1888, I. pag. 166) führt sie 
als undeutliche und unsichere Erscheinung an. Me nnel (Ref. Z. f. Kr. 52 pag. 416) 
beschreibt sie um Apatiteinschlüsse ; er meint, sie sind durch sehr winzige, radioaktive 
Einschlüsse im Apatit verursacht. Damit aber kann ich nicht einverstanden sein, 
da solche in unserem Falle nicht zu sehen sind. R. Kettner hat diese Höfe 
im Biotit um Apatitsäulchen im Orthogneis von Luditz in Böhmen beobachtet. 
(Rozpravy Ceské Akademie XXII. 1913. Nr. 43. pag. 8.) 

!!) Centralblatt f. Min. etc. 1907. pag. 397. 


331 


wie Apatit, deutliche Hôfe entstanden sind. Selten findet man im Biotit 
kleine Zirkonkörner mit starken pleochroitischen Höfen. 


Der Biotit kommt in zwei Generationen vor ; außer den eben beschrie- 
benen, magmatisch resorbierten Blättern finden wir noch jüngere, dünn- 
tafelige, fächerartig sich gruppierende Blättchen, welche, wie es scheint, 
gleichzeitig mit den skelettartigen Wachstumsformen entstanden sind 
(Tafel Fig. 3). Dieser jüngere Biotit ist niemals magmatisch resorbiert ; 
die Blättchen sind 0-2—0°4 mm lang, 0-025—0-05 mm stark. Die fächer- 
förmigen Aggregate sitzen oft auf den älteren Bestandteilen, z. B. auf 
Pyroxenkristallen, oder sie sind in jüngeren Bestandteilen eingeschlossen 


(z. B. in Feldspaten). Sehr merkwürdig ist die genetische Beziehung des 
jüngeren Biotites zum Pyroxen; wo nämlich die Biotitblättchen beim 
Wachstum die Pyroxenkörner (Diallag so wie Hypersthen) berührten, 
begannen sie in dieselben einzudringen. Dadurch entstanden im Pyroxen 
zuerst breite und seichte, später schmale und tiefe Löcher, die gewöhnlich 
breiter sind als die eindringenden Biotitblättchen. Der Raum zwischen 
diesen und dem Pyroxen ist von Quarz ausgefüllt. Am schönsten sieht 
man die Erscheinung, wenn ein fächerförmiges Aggregat in ein Pyroxenkorn 
eindringt (Textfigur 1, Tafel Fig. 5). 

Es ist kein Zweifel daran, daß hier der jüngere Biotit auf Kosten 
des Pyroxens gewachsen ist.!2) Der Quarz, welcher den Raum zwischen 
den Biotitblättchen und dem Pyroxenkorn ausfüllt, ist ein Produkt dieses 
Resorptionsprozesses, da der Pyroxen reicher an SiO? ist als der Biotit. 
Auf dieselbe Weise kann man auch das Hineinwachsen der skelett- 
artigen Biotitwachstumsformen in die Pyroxenkörner erklären. Manchmal 
finden wir die letzten Reste des Pyroxens in Form kleiner, rund geätzter, 
gleichzeitig auslöschender Körner, die in den skelettartigen Biotitwachs- 
tumsformen eingeschlossen sind. Die letzteren bilden auch nach den 
Pyroxenkristallen vollkommene Pseudomorphosen. 

Hypersthen bildet langsäulige, in der vertikalen Zone idiomorph 


1) Ähnliche Verhältnisse fand auch J. de Lapparent in den gabro- 
dioritischen Gesteinen von Saint-Quay-Portrieux (Bul. soc. fr. de min. XXXIII. 
1910. pag. 286). 


332 


begrenzte Kristalle; die Kanten und Ecken sowie die beiden Enden sind 
durch magmatische Resorption gerundet. 

Die Kristalle sind meistens ca. 0-8 mm lang und etwa 0-25 mm breit; 
seltener erreichen sie bis 21% mm Länge oder eine bedeutendere Breite 
(1-3 mm). Die Kristalle sind einzeln oder in Gruppen zusammengehautt ; 
dabei ist ihre Begrenzung hypidiomorph. 

Außer der Spaltbarkeit nach (110) bemerkt man einzelne Risse nach 
(010) und (100). 

Die Hypersthene besitzen in manchen Durchschnitten typische dünn- 
blätterige bräunlich rosafarbige Einschlüsse, die senkrecht zur Achse c’ 
geordnet sind. Man trifft jedoch mehrere Durchschnitte, welche diese 
Einschlüsse vollkommen entbehren. 

Makroskopisch ist die Farbe gelblich braun, im Dünnschliffe sind 
die Durchschnitte fast farblos, gelblich bis grünlich. 

Die Auslöschung ist parallel. Zwischen den gekreuzten Nikolen 
zeigt der Hypersthen eine faserige Zusammensetzung.?) 

Zwischen den einzelnen Fasern findet man eine farblose Substanz, die 
wahrscheinlich dem Quarze angehört. 

Pleochroismus (im Diinnschliff): 


a (= 6) gelblichrosa 
6 (— 2) zotlich 
y (= c’) blaßgrünlich. 


Lichtbrechung hoch, Doppelbrechung niedrig, negativ. Durch Ver- 
gleich der Interferenzfarben mit denen des Orthoklases wurden folgende 
Werte gemessen: 

y— x (annähernd) = 0-011, 
y — B = 0.003 — 0004, 


Das Achsenbild ist recht verschwommen, deswegen konnte 2 E nur 
annähernd zu 75°—90° bestimmt werden. Aus allen diesen Daten folgt 
daß in diesem Hypersthen FeO + MnO > 10% sei.). 

Ein Blättchen nach (010) wurde 1 Minute lang vor dem Gebläse 
gegliiht.5) Die Farbe wird dunkler, die Absorption stärker. Der Pleo- 
chroismus war: 

y = dunkel rotbraun 
ß = lichter rotbraun. 


Hie und da sind die Hypersthenindividuen vom Diallag umgesäumt ; 
in einem Falle bildete dieser im Hypersthen parallel untereinander orien- 
tierte Einschlüsse. 


2) H. Rosenbusich, Mikr Phys. 1905: T 27pa2 149: 

4) C. Hintze. Handbuch d. Min. II. 1897, pag. 963. 

#) E. Boticky, Archiv d. naturw. Landesdurchforsch. v. Böhmen, T. 111. 
Abt. 5. 1377. pag. 44. 


333 


Im Hypersthen findet man kleine schwarze Erzkörner, sowie sehr 
dünne bis 0°4 mm lange, jedoch nur 0'001 mm breite Nädelchen eingewachsen. 
Bei starker Vergrößerung und aufgehobenem Kondensor zeigen dieselben 
eine gelblich braune Farbe ; sie sind immer senkrecht zu c’ orientiert, während 
andere, kürzere (0-1 mm lange), sonst aber ähnlich erscheinende Stäbchen 
| c’ liegen. Es scheint, daß diese Einschlüsse dem Rutil angehören. 

Der Diallag bildet makroskopisch schmutzig gelblich grüne Körner ; 
einmal wurde ein fächerförmiges Aggregat von stengeligen, 3—4 mm 
langen Diallagindividuen vorgefunden. Dieselben waren in der Prismen- 
zone von herrschenden a (100) und 6 (010) und untergeordnetem m (110) 
begrenzt. 

a:m = 46° 42’ gem., 460 30’ ber. 
NORME 1900s. ,, 
GeO ABN 439.30" : 


Die Polausbildung war unkristallonomisch. 

Die Absonderung nach a ist besser als die Spaltbarkeit nach m; 
die Blättchen nach a löschen parallel aus und zeigen einen schiefen Achsen- 
austritt, während diejenigen nach m 38°—40° schief auslöschen. Manche 
Blätter waren von zahlreichen Zwillingslamellen durchgesetzt. 

Der Diallag bildet meist allotriomorphe bis lappig begrenzte, fast 
isometrische Körner. Hie und da beobachten wir in der vertikalen Zone 
die Formen a, b, m. In den Querschnitten sieht man Risse nach der pris- 
matiscehn Spaltbarkeit, sowie feinere und vollkommen scharfe und gerad- 
linige Risse nach a. Die Dimensionen sind 0-3—0-5 mm x 0-16—0-25 mum. 

Tiefe und gerundete Buchten zeugen, daß auch der Diallag resorbiert 
wurde. 
Die Farbe ist schwach grünlich, Pleochroismus fehlt. Manche Durch- 
schnitte besitzen ähnliche blätterige Einschliisse, wie der Hypersthen ; 
dieselben sind in schiefe Reihen gegen die Vertikalachse geordnet. 

Die Licht- sowie Doppelbrechung sind recht hoch. Auf den Schnit- 
ten || 6 (010) y—a = 0-026 (im Vergleich mit Quarz) ; die Auslöschungs- 
schiefe auf 5 (010) = 42°. 

Ein Diallagblättchen ( || 010), stark geglüht, wird dunkler (bräunlich 
grün), chne jedoch pleochroisch zu werden. 

Einschlüsse im Diallag sind: Erzkörner (Ilmenit und etwas Magnetit), 
Apatitsäulchen, zarte Rutilnadeln, hie und da Biotitschüppchen. 

Wie der Hypersthen, bildet auch der Diallag große Menge von kleinen, 
teils idiomorphen Individuen, welche hauptsächlich in den Feldspäten 
eingeschlossen sind. 

Es handelt sich um Kristallisationskerne, die aber nicht weiter 
wuchsen. 

Plagioklas bildet hypidiomorphe Körner, die gegenüber dem Ortho- 
klas kristallonomisch, gegenüber dem Biotit und Pyroxen unkristallo- 


334 


nomisch begrenzt sind. Dieselben sind im Dünnschliffe farblos und haben 
auch dann ein frisches Aussehen, wenn die zahlreicheren Orthoklase recht 
starke Spuren von Verwitterung zeigen. Die Korngröße schwankt von 
0-2 bis zu 0-6 mm Länge und von 0-1 zu 0-2 mm Breite. Seltener sind 
größere Individuen. ; 


Die Plagioklase gehören meist der Andesinreihe, mit der Licht- 
brechung > 1-547, < 1-550. Einige Körner gehören den saueren Gliedern 
der Reihe (sie nähern sich der Oligoklasreihe) Ab,; Ans (Ausl. auf M 4°, 
Schiefe des rhomb. Schn. 1:59, sp. Gew. = 2-67), andere den basischeren 
Andesiten Ab,, Any (Ausl. auf M 7:59, die Schiefe des rh. Schn. 1°), Ab, 
Any. Minder häufig sind Körner, welche der Labradoritreihe angehören 
(nahe der Mischung Ab,, An, mit Ausl. auf M 21° und mit der Schiefe 
des rh. Schn. 6-5°) sowie die Glieder der Oligoklasreihe. 


Die Zwillingsbildung nach dem Albitgesetze ist häufig; die Lamellen 
sind bei einigen Durchschnitten zahlreicher und dünner, bei anderen minder 
zahlreich und breiter. Die Lamellen nach dem Periklingesetze sind oft 
anwesend, nimmer aber zahlreich. Auf einigen Durchschnitten nach P 
trifft man unter den Lamellen nach dem Albit- auch solche nach dem 
Karlsbader Gesetze. Der Auslöschung derselben (2% des Blättchens, 10° der 
Lamelle) sowie der Lichtbrechung nach gehört der Feldspat dem Andesin 
ADgg Ang. : 

Auch der Plagioklas bildet kleine, idiomorphe Kristallchen, die im 
Orthoklas eingeschlossen sind; sie sind (wie es bei den Pyroxenen der Fall 
war) Kristallkerne, welche mit dem Wachstum bald aufgehört haben. 


Der Plagioklas schließt in sich den Pyroxen und Biotit ein, seltener die 
Rutilnadeln. Er bildet mit dem Quarze zierliche Myrmekite, welche sich 
am Ende der Plagioklaskristallisation und vor dem Orthoklas gebildet 
haben. In einigen Fällen ist nur ein Teil des Kornes myrmekitisch ent- 
wickelt, in anderen ist das ganze Korn von wurmähnlichen, im Querschnitt 
rundlichen Quarzstreifen durchgewachsen. Oft ist die äußere Begrenzung 
der Myrmekite halbkugelig bis traubig; sie sitzen gern als Kruste auf den 
älteren Bestandteilen, oder sind im jüngeren Orthoklas eingeschlossen.) 


Der Orthoklas bildet mehrere mm große, nach M dick tafelige Indivi- 
duen; an der Grenze mit anderen Orthoklaskörnern oder mit Quarz hat er 
recht idiomorphe Begrenzung nach M, anders krumme. Die Zwillingsbildung 
nach dem Karlsbader Gesetze ist sehr häufig. Unter den Spaltungsblättchen 
fand ich auch ein mit paralleler Auslöschung zu den Spaltrissen nach M, 
sehr niedriger Doppelbrechung und im konvergenten Lichte mit schiefem 
Bissektrixaustritt («). Die Achsenebene steht senkrecht zu den Spaltrissen 
nach M. Es handelt sich ohne Zweifel um eine bei Orthoklas seltene 
Spaltung nach À (100). 


16) Analoge Gebilde beschrieb in neuerer Zeit Schwenkel (T. M. p. M. 
31, 205.) 


330 


Charakteristisch fiir diesen Orthoklas ist seine mikroperthitische 
Natur. Er enthält nämlich eine Menge von winzigen Albiteinschliissen, 
welche die Form dünner, gegen die Ränder zugeschärfter Lamellen haben. 
Sie liegen den Flächen % (100) resp. M (010), eventuell der Ebene der Murchi- 
sonitspaltung parallel.) Die Querschnitte dieser Einschlüsse haben des- 
wegen eine scharf spindelartige Form ; ihre Länge erreicht 0:02—0:05 mm, 
die Breite 0-002—0-003 mm. 


Die Licht- sowie die Doppelbrechung der Einschlüsse ist etwas höher 
als beim Orthoklas; die mikrochemische Reaktion nach Boticky 
bewies die Anwesenheit von Na. 


In manchen Durchschnitten sind die Albitkörperchen gleichmäßig 
zerstreut; in anderen aber sind sie an einigen Stellen angehäuft, während 
sie den anderen Partien desselben Kornes vollkommen fehlen. 


Bei der Verwitterung erscheint in den Orthoklaskörnern eine bräun- 
liche Trübung, welche in manchen Fällen die zonare Struktur des Kornes 
verrät. 

Sehr verbreitete Einschlüsse macht im Orthoklas der nadelförmige 
Rutil. Seine Orientation ist in manchen Fällen unregelmäßig, oft aber kann 
man erkennen, daß die Nadeln gesetzmäßig im Orthoklas, untereinander 
parallel eingelagert sind: ein System derselben geht auf den Spaltung- 
blättchen nach M parallel den Spaltrissen P : M, ein anderer schließt 
mit denselben etwa 32° im stumpfen Winkel ß!8), der dritte folgt der Rich- 
tung der Zonenachse Mx = (100) : (101), indem er mit à etwa 51° (500 16’ 
ber.) schließt. 

Außer den früher erwähnten zahlreichen winzigen Kriställchen von 
Biotit, Pyroxen und Plagioklas enthalten die Orthoklasindividuen auch 
idiomorphe Quarzkörnchen und Apatitsäulchen. Diese zahlreichen Ein- 
schlüsse des Orthoklases verursachen zwischen gekr. Nik. den Eindruck 
einer siebartigen Struktur. 


Die größeren Individuen der älteren Bestandteile, des Pyroxens, Biotits 
und Plagioklases greifen in den Orthoklas ein, sie sind aber selten von dem- 
selben eingeschlossen. Die Zusammenhäufung der genannten Mineralien 
zwischen den großen, jüngeren Orthoklaskörnern macht den Eindruck, 
‚als ob sie von den wachsenden Orthoklasen zur Seite in Nester und Streifen 
zusammengeschoben wären, wo wir sie jetzt auch finden. 


Der Quarz ist spärlich; er ist der jüngste Gemengteil des Gesteines, 
indem er die letzten Räume zwischen den älteren Mineralien ausfüllt. Wie 
schon früher erwähnt wurde, hat etwas Quarz schon vor dem Biotit resp. 
gleichzeitig mit ihm auskristallisiert, ebenfalls gleichzeitig mit dem Pla- 
gioklas (Myrmekit) und in kleinen idiomorphen Individuen vor dem Ortho- 


17) Ähnliche Orientierung beschreibt auch F. Becke aus dem niederöst. 
“Waldviertel (T. M. p. M. 4. 1882. pag. 197). x 
18) Diese Richtung entspricht ungefähr der Kante Mg = (010) :(203)=33° 51’ber. 


336 


klas, welchen er auch pegmatitisch durchwächst. Diese wiederholte Kri- 
stallisation des Quarzes ist, wie es scheint, eine recht allgemeine Eigenschaft 
mancher Gesteine am Rande des mittelböhmischen Granitmassives. So 
beschrieb sie F. Katzer 1%) aus der Granitgrenze gegen Schiefer von Ritan 
und hielt sie für endogene Metamorphose; J. Fis er) fand sie bei den 
Gesteinen aus der Umgebung von Stéchovic; nach ihm kristallisierte der 
Quarz gleichzeitig mit dem Amphibol. FiSer sieht die Ursache dieser 
Abnormität im starken äußeren Drucke, welcher auf das kristallisierende 
Magıra gewirkt hat. 

Der A fatit bildet schmale, gewöhnlich 1—2 mm lange und 0-2—0-6 mm 
breite Säulchen, die oft mit queren Sprüngen und Rissen durchgesetzt 
sind. Hie und da trıfft man auch kurze und breite Apatitkristalle. Die 
Polausbildung derselben ist immer unvollkommen, gerundet, während 
die vertikale Zone gut kristallonomisch ausgebildet ist. Der Apatit gehört 
zu den ältesten Gemengteilen. 


Das Erz erscheint in drei Formen. Ein Teil derselben gehört zu den 
ältesten Ausscheidungen des Magmas; es sind kleine (0-01—0-04 mm 
große), vollkommen opake, im auffallenden Lichte gräulich schwarze, me- 
tallisch glänzende Körner. Ihre Umrisse sind gerundet, undeutlich sechs- 
seitig bis stabförmig verlängert. Diese Erze sind in allen Gemengteilen 
(auch im Apatit) eingewachsen ; sie gehören teilweise dem Magnetit (leicht 
lö:lich in HCl), teilweise dem Ilmenite an (unlöslich in HCl). Magnetit ist 
sehr sparlich, wie auch die Gesteinsanalyse verrat elle Eisen konnte 
nur als Eisenoxydul bestimmt werden). 


Außer diesen Erzkörnern trifft man stellenweise 0: 1—0'4 mm große, 
allotriomorph begrenzte Körner eines schwarzgrauen metallisch glän- 
zenden opaken Erzes; ihre lappigen Ränder besitzen hie und da teilweise 
kristallonomische Begrenzung, welche an Rhomboederdurchschnitte er- 
innert. Es wurde auch beobachtet, daß vom solchen Korne krumme 
Äderchen zwischen die Blätter des jüngeren Biotites hineingedrungen sind. 
Dieses Erz ist nicht magmatisch, sein Strich ist schwarzgrau; in HCl 
löst es sich nicht auf. Die Phosphorsalzperle im Reduktionsfeuer färbt es blaß, 
jedoch deutlich violett. Daraus kann man auf Ilmenit schließen, welcher 
gleichzeitig mit dem jüngeren Biotit aus dem Fe- und Ti-Gehalte des 
resorbierten älteren Biotites entstand. 

Endlich finden wir ım Gesteine noch Pyrit- und Pyrrhotinkörnchen, 
die allotriomorph und älter als die zweite Biotitgeneration sind; sie bilden 
das Strukturzentrum, um welches sich manche fächerförmige Biotit- 
aggregate gebildet haben. 

Einmal wurde im Syenit (von der Kv&ch’s Mühle?) bei Tabor) 


1%) Jhb. g. R. A. XXXVIII. 1888. pag. 408. 
20) Sitzungsber. d. b. königl. Ges. d. W. 1900. Nr. 17, pag. 50. 
2) Auf der Karte des Generalstabes ist dieselbe als Papiermühle bezeichnet.. 


337 


ein fremdes Korn mit dem Kelyphitkranze angetroffen. Das Korn ist 
ungefähr oval (Tab. Fig. 4), 0-6 X0-4 mm groß, schwer durchsichtig mit 
einer dunkel bouteillegrüner Farbe und von unregelmäßigen Sprüngen 
durchgesetzt. Von einer Seite ist es mit einem Erzkorne (Ilmenit?) zu- 
sammengewachsen, welches in dasselbe schmale Äderchen aussendet 
Das grüne Mineral ist sehr stark lichtbrechend und einfachbrechend. 
demzufolge muß man es dem Pleonast zurechnen. Der kelyphitisch ; 
Kranz umhüllt das Pleonast- sowie das Erzkorn; er ist etwa 0'1 mme 
breit und besteht aus farblosem, blatterigem Minerale, dessen Blatter 
meist regellos, seltener (ungefähr) radial geordnet sind. Dem mittleren 
Brechungsexponent und sehr hoher Doppelbrechung nach handelt es sich 
vielleicht um Talk. 

Die Herkunft des Pleonastes kann man schwer bestimmen, vielleicht 
gehört er zu den ältesten Magmaausscheidungen,”) welche später resorbiert 
wurden, vielleicht ist er aber dem Syenitmagma vollkommen fremd. Bei 
der Resorption entstand das Erzkorn aus dem Fe-Gehalte, der Talk aus 
dem Mg-Gehalte des Spinells. Das Magma lieferte dazu das Si und H. 


Die Ausscheidungsfolge wäre also etwa folgende: 


Ein Teil des Erzes, der Apatit, der Rutil. 
Hypersthen, Diallag. 
Älterer Biotit ;#) (etwas Quarz). 


Die Resorption des Pyroxens und des Biotites ; die für diese Mineralien 
ungünstige Periode verwandelte sich in eine für Biotit günstige Periode. 


Die Bildung des jüngeren Biotites, welcher auf Kosten des Pyroxens 
wuchs. 

Plagioklase ; Quarz (hauptsächlich in Myrmekiten). 

Orthoklas. 

Quarz. 

Der Druck, welcher auf das Syenitmagma während der Krystalli- 
sation gewirkt hat, verrät sich durch mehrere Wirkungen. Er verursachte 
die parallele Textur des Gesteines an vielen Orten (die Biotitblätter und 
die Orthoklastäfelchen wurden ungefähr in eine Ebene geordnet) und auch 
die Existenz der früher erwähnten, sehr zahlreichen, kleinen idiomorphen 
Kriställchen von Biotit, Pyroxen und Plagioklas muß man mit dem 
Drucke in Verbindung stellen. Diese rudimentären Kristallisationskerne 
konnten sich nämlich neben den großen Individuen der bezüglichen Mi- 
neralien nur bei sehr viskosem Magma erhalten, in welchem schon jede 
intensivere Wirkung der Konzentrationsströme aufgehört hat ; die Viskosität 
hat wahrscheinlich der Druck verursacht. Auch die anomale wiederholte 
Kristallisation des Quarzes hat sicher ihren Grund im gewaltigen Drucke. 


2) Siehe HtRosenbusch, Physiographie etc. I. 2. 14. 
23) Ungeachtet lassen wir dabei die spärlichen, vor den Pyroxenen ausge- 
schiedenen Biotitschüppchen. 
Bulletin international. XXI 29 


333 


Den kräftigsten Beweis des auf das noch flüssige Magma wirkenden 
Druckes muß man in den protoklastischen Erscheinungen betrachten, 
welche sich hauptsächlich an den Feldspaten deutlich machen. Wir finden 
an verschiedenen Stellen des Gesteines viele Orthoklasdurchschnitte, die 
mehr oder minder gebogen sind, chne jedoch gebrochen zu werden. Die 
Biegung ist im gewöhnlichen Lichte durch Störung der Reihen der Albit- 
einschlüsse auffallend, zwischen den gekr. Nik. durch undulöse Auslöschung 
in der Biegungszone. Den Untersuchungen von A. Day und E. Allen? 
zufolge wird der Orthoklas in der Nähe des Schmelzpunktes®) plastisch, 
so daß man ihn leicht (schon durch einen geringen Druck) deformieren 
kann. Daraus kann man wohl mit Recht schließen, daß auch die Orthoklase 
des Täborer Syenits noch bei hoher Temperatur deformiert wurden, 
als sie noch einen bedeutenderen Grad der Plastizität besaßen. 


Der Druck wirkte aber auch nach dem Erkalten des Gesteines, wie 
die verschieden starke Kataklase belchrt. Stellenweise sehen wir die 
ersten Merkmale der Kataklase: undulôse Auslöschung, Sprünge und 
Risse, die die Körner durchsetzen und zertrümmerte Ränder der Bestand- 
teile.) Bei stärkerem Drucke entstand eine Augenstruktur ; die lichten 
Bestandteile bilden (auf dem Querbruche) linsenförmige Augen, welche von 
den dunklen Streifen umgefaßt sind.?7) Der Biotit ist dabei in kleine 
Schüppchen zern alnt, ebenfalls die größeren Körner anderer Bestandteile. 

Die stärkste Kataklase finden wir aber in der Nachbarschaft von 
aplitischen und pegmatitischen Gängen; der Syenit hat an der Grenze 
mit denselben eine ausgesprochen parallele Textur, indem in ihm dunkle, 
aus Biotit und (sekundärem) Amphibol zusammengesetzte Streifen mit 
weißlichen bis gelblich gefärbten, aus Feldspat zusammengesetzten Streifen 
alternieren. Der Dünnschliff zeigt u. d. Mikroskope eine typische Mörtel- 
struktur. 

Aus diesen Verhältnissen kann man schließen, daß die jüngere 
aplitpegmatitische Injektion eben in den durch Druck und Kataklase 
schwächer gemachten Stellen stattfand. Daß aber auch nach der Injektion 
ein gewaltiger Druck weiter gewirkt hat, beweisen die Kataklasphänomene 
im Innern der Aplite und Pegmatite, sowie die vielfältige Krümmung 
mancher Aplitgänge. 

Im Syenite finden wir an mehreren Stellen (so z. B. im LuZnice- 
Tale vnterhalb des Klosters Klokoty), daß sich der Pyroxen in den 


24) Z. f. phys. Chemie 1906. 54. 33. 

25) Die Autoren arbeiteten mit den Temperaturen 1200°—1300° C. C. Dölter 
sagt (T. M. p. M. 22. 1903, pag. 298):,,Es scheint, daß der Übergang aus dem kristalli- 
nischen Zustand in den amorphen zumeist im viskösen Zustande vor sich geht.‘ 

%) Z. B. der Syenit im Steinbruche gegenüber der Matous’s Mühle am 
1, Luznice-Ufer. 

27) Sehr hübsche - Stufen findet man bei der Venduläk’s Mühle am 
r. Luznice-Ufer. 


eee ASS 


339 


Amphibol umgeändert hat. In einigen Fällen ist die Umwandlung im 
Anfangsstadium: die Pyroxenkörner sind nur von den Rändern in den 
Amphibol umgewandelt. Derselbe ist faserig, blaßgrün, deutlich pleo- 
chroitisch zwischen Gelbgrün und Blaugrün. Die Lichtbrechung ist in allen 
Positionen niedriger als 1-641 ;?8) es ist also ein aktinolitischer Amphibol. 
Er bildet um die Pyroxenkörner einen Saum und dringt in dieselben ein; die 
Vertikalachsen beider Mineralien sind oft untereinander parallel. 


Die Umwandlung ist intensiver namentlich bei den durch die Kata- 
klase stärker beeinflußten Pyrcxenkörnern; bei solchen finden wir nur 
einen kleinen Pyroxenrest, während der ganze übrige Teil des Kornes 
in Amphibol umgewandelt wurde. Endlich gibt es vollkommene Pseudo- 
morphosen des Amphibols nach Pyroxen, wobei der letztere entweder 
durch einen Aggregat von Amphibolkörnern, oder durch ein einheitliches 
Amphibolindividuum pseudomorphosiert wurde. Die Amphibolpseudo- 
morphosen besitzen oft die idiomorphe Form der Pyroxenkrystalle. 


Nicht selten überlangen die Amphibolfasern über den Rand der 
Pseudomorphosen und zerfasern sich pinselartig. 


Die Amphibolisierung des Pyroxens wurde von manchen Petro- 
graphen zum Produkt der Dynamometan orphose erklärt ;?®) diese Er- 
klärungsweise paßt jedoch auf den Syenit von Täbor nicht. Wir finden 
nämlich oft eine intensive Pyroxenumwandlung in Gesteinpartien, die von 
der Kataklase fast unberührt geblieben sind. Demgegenüber konnte in 
vielen Fällen eine Abhängigkeit der Umwandlung von den Spalten und 
Rissen im Gesteine beobachtet werden. Auf beiden Seiten von denselben 
sehen wir nam lich die Feldspate stark getrübt und die Pyroxene vollkommen 
uralitisiert. Demzufolge kann man sicher dafürhalten, daß die Ursache 
der Uralitisierung wenigstens zum Teil in den postvulkanischen Thermen und 
Gasemanationen steckt. Ähnlich äußert sich auch E. Weinschenk ®) 
J. de Lapparent bewies dasselbe für die gabbrodioritischen 
Gesteine von Saint-Quay-Portrieux.*!) Manche Gründe sprechen jedoch 
für die Ansicht, daß auch das Magma bei der Umwandlung mitgewirkt 
hatte, so daß ein Teil der Pseudomorphosen magmatischen Ursprungs 
ware.*2) So könnte man die braungrünlichen bis rostiggrünlichen Biotit- 
blättchen erklären, welche die Amphibolpseudomorphosen oft zu begleiten 


28) Acetylentetrabromid. Siehe die Lichtbrechungsexponenten verschiedener 
Amphibolvarietäten in Z. f. Kryst. LIV. 1914. 1. 

2) H. Rosenbusch (1.c. I. 21905, pag. 151, 206); U. Grubenmann 
(Die kristallinen Schiefer I. 1904, pag. 43). 

30) Allgemeine Gesteinskunde 1902. I. 118—119. 

31) 1. c. (Siehe die Fußnote 12). 

82) Siehe auch: M. Slavikovä, Sitzungsber. d. b. königl. Ges. 1904, Nr. 27. 
pag. 11;V. Rosicky, ibidem 1901. IV. 30. pag. 21.; T. G Hornung, Bul. soc. 
fr. de min. 1907 (Sep.), pag. 77. 

22* 


340 


pflegen, als Produkt der magmatischen Einwirkung auf die sich umwan- 
delnden Pyroxene.3) 
Es scheint, daß die Hypersthene leichter uralitisieren, als die Diallage. 


Aus dem 71:-Gehalte der Hypersthene entstand der sekundäre Titanit 
in Körnern, deren Dimensionen etwa 0-3 x 0-2 mm sind. 

Durch Verwitterung des Amphibols und des Biotits entsteht Chlorit. 
Seine Farbe ist grün, der Pleochroismus zwischen hellen gelbgrünen 
Tönen. Die Doppelbrechung ist sehr gering, die Interferenzfarben sind 
meist anomal. Der Pyroxen ändert sich durch Verwitterung auch zu 
Chlorit, jedoch ohne Pleochroismus. Durch seine Maschenstruktur erinnert 
er an Serpentin. 

An mehreren Stellen des Syenites finden wir dunkle basische Aus- 
scheidungen, welche mit dem sie umgebenden Syenite mineralogisch ganz 
analog sind; der Unterschied besteht nur in dem Mengenverhältnis der 
Bestandteile, indem diese Partien mehr melanokratisch sind, als der eigent- 
liche Syenit. Aller Pyroxen ist in Amphibol umgewandelt. Es scheint, daß 
diese basischen Ausscheidungen auch den Kordierit enthalten (oblonge bis 
sechsseitige Durchschnitte, jene mit negativem Charakter der Länge; auf 
dın passenden Durchschnitten tritt zweiachsiges Achsenbild mit nega- 
tivem Charakter auf. Die Licht- sowie die Doppelbrechung sind den- 
jenigen des Quarzes sehr ähnlich). 

Andere Einschlüsse gehören wahrscheinlich den assimilierten fremden 
Gesteinsbruchstücken an. Sie sind gräulich bis bräunlich grün, und bestehes 
vorwiegend aus dem gemeinen Amphibole. Außerdem finden wir in diesen 
Einschlüssen stark korrodierte Biotitblättchen, an deren Rändern viele 
kleine, durch Resorption des Biotites entstandene Titanitkriställchen 
sitzen, den Quarz, den Feldspat, den Apatit und den Titanit. Der Amphibol 
bildet verschieden große, allotriomorphe Körner (von 0-04 bis 0-5 mm), 
die im gewöhnlichen Lichte verschiedenartig gefärbt sind (bläulichgrün, 
gelblichgrün, bräunlichgelb). Der Pleochroismus der Querschnitte ist: 

| 6 rostiggrün bis grünlichbraun. 

L zu ö blaß gelblich bis gelbllichgrün. 

Auf dem Schnitte ungefähr (010) ist y rostig bis bläulichgrün. 

Die Lichtbrechung ist nahe dem Werte 1-641 (Acetylentetrabromid) ; 
in einigen Schnitten etwas höher, in anderen niedriger. 

Der Amphibol schließt die Biotitblättchen sowie die Titanitkörner 
ein, er ist also erst nach der Biotitresorption entstanden. Die Titanit- 
sowie die Apatiteinschlüsse im Amphibol sind von sehr gut ausgebildeten 
pleochroitischen Höfen umgegeben (Pleochroismus derselben ist zwischen 
blaß gelblichbrauner und dunkel bis schwarz grünlichbrauner Farbe). 
Interessant sind auch kleine, wie es scheint, mikropegmatitisch mit Amphi- 
bol zusammengewachsene Quarzkörner, deren wir stellenweise große Menge 


») Namentlich Al der Biotite wäre magmatischen Ursprungs. 


341 


in den Durchschnitten beobachten kônnen. Der Quarz bildet auch idio- 
morphe Individuen, sowie allotriomorphe Ausfüllungen; die Apatit- 
säulchen erreichen die Länge 0-4 mm, die Breite 0°2 mm. Selten sind die 
Feldspatkörner. 

Vermutlich entstanden diese Einschlüsse durch Assimilation fremder 
Gesteinsbruchstücke, die vielleicht einem mergeligen Sediment angehört 
haben. Manche Gemengteile jedoch (namentlich der resorbierte Biotit) 
stammen wahrscheinlich aus dem Syenitmagma her. 


* A * 

Der Syenit von verschiedenen Orten der Taborer Umgebung zeigt 
wenige Unterschiede; es sind: verschiedene Korngröße, verschiedenes 
Verhältnis der Gemengteile, richtungsloskörnige oder parallele Textur 
RS." Ww. 

Der Syenit von ,,Dobr4 Voda stammt aus kleinen Felsen ab, die in 
den Feldern W. von Dobré Voda bei Klokoty an den Tag treten. 


Das Gestein ist ziemlich dunkel grau, mit Stich ins Grüne. Der Biotit 
ist spärlich und bildet meist die porphyrisch eingewachsenen Blätter. 
Mit Hılfe des Hirschwalds Okulars wurde folgendes Mengeverhältnis sicher- 
gestellt: 

30.5 Pyroxen : 8-0 Biotit : 61-5 Orth. + Plag. + Quarz. 

Das Verhältnis der hellen zu den dunklen Gemengteilen ist also 
beiläufig gleich demjenigen des normalen Syenites (61:5 :385). 

Der Pyroxen ist größtenteils Hypersthen, neben ihm aber kommt 
auch der Diallag vor. 

Rutil bildet im Gesteine nicht nur dünne Nadeln, sondern auch 
Körner sowie säulenförmige Kristalle. Im durchfallenden Lichte ist der 
Rutil ziemlich schwer durchsichtig, deutlich, obschon schwach pleochroi- 
tisch (eg = rotbraun bis dunkel rostigbraun, © = gelblich rotbraun bis 
gelblich rostigbraun). Im einfallenden Lichte sind die Kristalle und 
Körner halbmetallisch glänzend. 

Die Kristalle sind nach der Hauptachse lang gestreckt, in der 
vertikalen Zone durch m (110) und a (100) begrenzt; am Pole finden 
wir eine Pyramide) Ihre Lange ist 0*3—0'6, ihre Breite 0°04—O'1 mm. 

Auch in dieser Syenitfazies erscheint der jüngere Biotit, welcher 
auf Kosten des Pyroxens wächst. 

Am Wege von Makov nach Tyemes nd wurde ein ziemlich grobkörniger 
Syenit gefunden; in einem Biotitblättchen desselben wurde ein radial 
strahliges Pyroxenaggregat als Einschluß sichergestellt. Als Kristallisa- 
tionszentrum desselben diente ein Apatitkristall. 

Etwas quarzreicher, als der Syenit von Täbor ist derjenige, welcher 


3) An einem Durchschnitte konnte der Winkel der Spitze zu ca 49° gemessen 
werden, was an die Deuteropyramide e (011) hinweist (49° 58’ ber.). 


342 


größere Blöcke im Vläsenicer Bachtale zwischen Tÿemeÿn4 und Mezdrië 
bildet. Man kann das Gestein als quarzreichen Biotit-Pyroxensyenit be- 
zeichren-#)# 

Im grobkörnigen Syenite von Bälkova Lhota wurde ein sechsseitiger 
Durchschnitt (etwa 0°24—0:17 mm breit) gefunden, welcher wahrscheinlich 
dem Ilmenitglimmer angehört. Er ist nur in der Mitte dunkel rotbraun 
durchscheinend, sehr stark lichtbrechend. 


Das Übergangsgestein von Radkov. 


NW von Radkov, S von der cö 599 befinden sich seichte Steinbrüche 
auf ein bläulich graues Gestein, dessen Kennzeichen in manchem vom 
Täborer Syenit abweichen, während sie sich dem Granodiorit von Dehetnik 
nähern. Deswegen wurde das Gestein als ein Übergangstypus bezeichnet. 

Makroskopisch können wir folgende Gemengteile unterscheiden: 
Biotit, Pyroxen, Amphibol, Feldspat, Quarz. 

Die Textur ist ziemlich deutlich parallel, indem die lichten und die 
dunklen Gemengteile beiläufig parallele Streifen bilden. Die Biotitblättchen 
haben auf den Schieferflächen die Form von .lappigen, untereinander 
anastomosierenden Fetzen, welche die unregelmäßig begrenzten hellen 
Partien umarmen. 

Der Biotit hat nur ausnahmsweise skelettartige Wachstumsgebilde 
an den Rändern; die fächerförmigen Aggregate des jüngeren Biotites 
fehlen in diesem Gesteine vollständig. Die Apatiteinschlüsse mit den 
pleochroitischen Höfen sind seltener. 

Der Pyroxen ist größtenteils Diallag; der Hypersthen ist minder 
häufig, als im Täborer Syenite. 

Der Amphibol ist, wie es scheint, sekundär ; er entstand wahrscheinlict 
hauptsächlich aus dem Hypersthen, welcher, wie der Taborer Syenit belehrn 
sich leichter ändert als der Diallag. Manche Amphibolaggregate behalteh 
noch die Kristallform der ursprünglichen Pyroxenindividuen, oder sie 
enthalten hie und da noch in der Mitte die Reste derselben.) Die Farbe 
der Amphibolkörner ist im Innern lichtgrün, an den Rändern dunkler 
grün, mit dem Pleochroismus zwischen grünlichblauer und gelblichgrüner 
bis grünlichgelber Farbe. Die Lichtbrechung des lichteren sowie des dunk- 
leren Amphiboles ist höher als 1'641 (Acetylentetrabromid) ; dieser Amphibol 
gehört also zu den „gemeinen“, sesquioxydhaltigen Varietäten. Aus 
diesen Verhältnissen kann man schließen, daß die Umwandlung der 


») Die Pyroxenresorption, die auf der Tafel Fig. 5. abgebildet ist, gehört 
diesem Gesteine an. 

3) Ähnlich, wie die Amphibolaggregate mancher Granite des mittelböhmischen 
Granitmassives (z. B. von Zampach bei Eule; s. V. Rosicky, Sitzungsber. d. b. 
königl. Ges. d. W. 1901. Nr. 30, pag. 21). 


343 


Pyroxene in Amphibol magmatisch war; die dunkleren, wahrscheinlich 
sesquioxydreicheren Ränder beweisen, daB sich die Zusammensetzung 
des Magmas im Laufe der Umwandlung beträchtig verändert hat. 

Der Plagioklas ist häufiger als im Täborer Syenit. Seine Lamellierung 
geht in manchen Fällen nicht durch das ganze Korn, sondern sie keilt 
sich aus oder ist an das eine Ende desselben beschränkt; diese Erscheinung 
wurde beim Täborer Syenit niemals beobachtet, demgegenüber ist sie 
häufig bei dem Granodiorit von Dehetnik. 

Den optischen Eigenschaften nach gehört der Plagioklas der Reihe 
Oligoklas-Andesin an. Mit dem Quarze bildet er häufig myrmekitische 
Verwachsungen. 

Der Orthoklas bildet bis mehrere mm große Individuen. Sie enthalten 
auch albitische spindelförmige Einschlüsse sowie dünne Rutilnadeln, je- 
doch beide in einer beträchtlich kleineren Menge, als das beim Täborer 
Syenit der Fall war. Die kleinen idiomorphen Pyroxenkörner, welche im 
jetzteren so häufig im Orthoklase eingewachsen sind, finden wir im 
Gesteine von Radkov nicht. 

Der Quarz ist in diesem Gesteine in größerer Menge vorhanden, als 
im Täborer Syenit, jedoch in kleinerer, als im Granodiorit von Dehetnik. 
Er gehört größtenteils der letzten Kristallisationsepoche an, nebstdem 
finden wir jedoch auch einzelne idiomorphe, im Orthoklas, Plagioklas, 
ja sogar im Pyroxen eingenwachsene Körner. 

Die Kristallisationsfolge weicht von derjenigen des Täborer Syenites 
etwas ab, indem im besprochenen Gesteine der Biotit der älteste 
Gemengteil ist; seine Blätter finden wir in großen Diallagdurchschnitten 
eingeschlossen. 

Den Druck, welcher wahrscheinlich in der Zeit der Kristallisation 
des Gesteines herrschte, verrät die parallele Textur, die Krümmung 
der Feldspatkörner, das undulöse Auslöschen derselben sowie des Quarzes, 
endlich auch die deutliche Kataklase. 


Der Granodiorit von Dehetnik. 


Das Gestein stammt aus kleinen Felsen, welche sich nördlich vom 
Berge Dehetnik (cô 676. SW. von Borotin) beim Wege von Pykov nach 
Kamenna Lhota befinden. 

Der Granodiorit hat mittlere Korngröße und eine graue Farbe mit 
grünlichem Stiche; die hellen Gemengteile (Quarz und Feldspat) bilden 
lappige bis fast rundliche Aggregate, welche von den dunklen, aus 
Pyroxen, Biotit und Amphibol zusammengesetzten Streifen umgegeben 
sind; dadurch entsteht ein der Augenstruktur ähnlicher Gesteinsbau. 

Wesentliche Gemengteile sind: Biotit, Diopsid (und Amphibol), 
Plagioklas, Orthoklas, Quarz. Die Nebengemengteile sind: Erz und Apatit; 


344 


sekundär entstehen die Titanitkôrner und die Chloritschüppchen. Die 
Struktur ist holokristallin-hypidiomorph. Das Mengenverhältnis ist: 
5 Pyrox. + Amphib.: 19-8 Biotit: 75-2 Feldsp. + Quarz (die lichten zu 
den dunklen Gemengteilen sind fast im Verhältnisse 3 : 1). Sp. Gew. = 2-76. 

Im Gesteine frifft man häufig dunklere basische Partien an, die faust- 
bis kopfgroß sind und schon von weitaus sich vom Gesteine abheben. 
Sie sind aus denselben Mineralien wie das Hauptgestein . zusammen- 
gesetzt, nur herrschen die dunklen Gemengteile vor ; das Mengenverhältnis 
ist: 26 Pyroxen + Amphibol: 28-5 Biotit : 45-1 Feldsp. + Quarz (die 
dunklen zu den lichten Gemengteilen wie 54-9 : 45-1). Sp. Gew. = 2-94. 

Der Biotit bildet 0-5 — 1 mm große und etwa 0-5 mm dicke Blattchen. 
Im Dünnschliffe ist er an den basalen Schnitten rotbraun gefärbt ; die 
Querschnitte sind stark pleochroitisch zwischen rotbrauner (_L c’) und licht 
gelbbrauner ( || c’) Farbe. Die Umgrenzung ist hypidiomorph. Manchmal 
machen sich die Druckphänomene durch Biegung der Blättchen geltend. 
Niemals ist die Resorption und die Bildung der jüngeren, fächerförmigen 
Aggregate beobachtet worden. Die Apatitsäulchen, die im Biotit einge- 
wachsen sind, sind von deutlichen pleochroitischen Höfen umgegeben. Die- 
selben verlieren sich auch im sekundär entstandenen Chlorit nicht (ihr 
Pleochroismus ist zwischen licht gelblichgrüner und fast schwarzer 
Farbe). Bei dieser Umwandlung entstehen aus dem Ti-Gehalte des 
Biotites zahlreiche, in Aggregate dicht zusammengedrängte Titanit- 
körnchen, die zwischen den Chloritblättchen angehäuft sind. Sie fehlen 
den frischen Biotitblättchen vollkommen. 

Der Pyroxen ist ein sehr blaß gefärbter Diopsid (gelbbräunlich mit 
Stich ins Grünliche). Die Ausbildung ist hypidiomorph (in der vertikalen 
Zone ziemlich gut idiomorph), säulenförmig nach c’, bis Imm lang und 
0:5 mm breit. Der größte Auslöschungswinkel der prismatischen Zone 
beträgt 39120. 

Die Umwandlung des Pyroxenes in den Amphibol ist allgemein. 
Derselbe gehört zu dem ‚gemeinen Amphibole (n>1641) und ist 
deutlich pleochroitisch: || « gelblichgrün ins Bräunliche, || ß braünlich- 
grün, || y bläulichgrün. Vielleicht handelt es sich um eine magmatische 
Umwandlung. 

Der Plagioklas bildet nach M tafelförmige Individuen, die gegen 
Orthoklas und Quarz oft idiomorph, gegen Pyroxen allotriomorph begrenzt 
sind. Die Zwillingslamellierung ist nach dem Albit- sowie Periklingesetze 
ausgebildet ; dabei beobachtet man verschiedene Anomalien in der Aus- 
bildung. In einigen Körnern sieht man die Lamellen nur auf einem Ende 
entwickelt, während sie sich zu dem gegenüberliegenden auskeilen. In 
anderen Fällen sind die Körner von beiden gegenüberliegenden Rändern 
lamelliert, die Lamellen aber verengen sich gegen die Mitte bis sie sich 
ganz auskeilen. Die mittlere Partie des Kornes ist nicht lamelliert. Die 
Zwillingslamellen mancher Körner verengen sich plötzlich, ehe sie sich 


345 


auskeilen. Auch die Umbiegung der Lamellen wurde beobachtet. Alle diese 
anomale Lamellierung zeigenden Plagioklaskörner löschen undulös aus. 

Die folgenden zwei Beispiele überzeugen uns, daß die Zwillings- 
lamellierung der Plagioklaskörner im kausalen Zusammenhange mit den 
mechanischen Störungen sein kann. 

Das erste Korn (1:3 x 1°2 mm) ist polysynthetisch lamelliert und 
von einem zu den Lamellen fast senkrechten Sprunge durchgesetzt. Einige 
der Lamellen gehen ungestört das ganze Korn durch; es sind diejenigen, 
welche im Korne existierten, ehe der Sprung entstanden ist. Die anderen 
Lamellen aber hören beim Sprunge plötzlich auf, oder sie fahren in die 


zweite Hälfte des Kornes mit anderer Breite fort. Die Auslôschung ist 
undulös. 


Das zweite Korn (1-2 x 0-9 mm) ist fast senkrecht zu einer Achse 
geschnitten; seine Auslöschung ist undulös. Etwa in der Mitte des 
Kornes sehen wir einen ziemlich geradlinigen Sprung (Fig. 2), welcher 
beiläufig senkrecht zu den nicht zahlreichen, ziemlich breiten Lamellen 
das Korn durchsetzt. Wie die Figur belehrt, passen die Lamellen der einen 
Hälfte nicht zu den Lamellen der anderen ; sie sind in beiden Hälften ganz 
selbständig. 

Ganz analoge Verhältnisse bezüglich der Zwillingslamellierung der 
Plagioklase beschreibt L. v. Werveke?”) aus dem Olivinnorit von 
Labrador und aus dem Olivingabbro von Store Belskafjord in Norwegen. 
Werveke glaubt, daß es sich in diesen Fällen um sekundäre, durch 
den Druck hervorgerufene Lamellierung handelt.%) Im gleichen Sinne 


87) N. Jhb. f. M. etc. 1883. II. pag. 97—101. 

38) Dieser Autor läßt die Frage offen, ob es sich um neue, erst durch den 
Druck neugebildete Lamellen, oder um ursprüngliche, jedoch umgeformte Lamellen 
handelt. Meiner Meinung nach wäre die erstere Eventualität die wahrscheinlichere. 


346 


äußert sich auch Ju d d%*) Durch die beschriebenen Beispiele aus dem 
Dehetniker Granodiorit ist die Erklärung beider Autoren gut gestützt. 

Die Lichtbrechung des Plagioklases ist höher als dıejenige des Kanada- 
balsams, manchmal jedoch niedriger als E des Quarzes. Die Spaltblättchen 
haben etwas niedrigere Lichtbrechung (in allen Positionen) als 1-552; 
die Lamellen nach dem Albitgesetze löschen unter dem Winkel 1?/,° aus. 
Diese Eigenschaften führen zum Andesin von der Zusammensetzung 
Ab Ang. 

Andere Körner haben höhere Lichtbrechung als 1-552, wenn die 
Lamellen (nach dem Albitgesetze) senkrecht zum Polarısator stehen, da- 
gegen niedrigere, wenn dieselben parallel mit dem Polarisator sind. Die 
Auslöschungsschiefe beträgt 214°; solche Körner kann man also als Andesin 
Ab# Ans bestimmen. 

Hie und da trifft man endlich ein Körnchen an, dessen Spaltungs- 
lamellen in allen Lagen höher lichtbrechend sind als 1'552; die Zwillings- 
lamellen löschen unter dem Winkel 414—5° aus. Solche Körner gehören 
den basischeren Gliedern der Andesinreihe an, welche schon näher der 
Labradorreihe sind und der Mischung Ab An, entsprechen. 

Die Größe der Plagioklaskörner ist verschieden ; sie erreicht 0°75 bis 
25 mm. Sie wandeln sich an manchen Stellen in den kleinschuppigen 
Muskovit um. 

Im Plagioklas sind die Biotitblättchen, die Amphibol- und Quarz- 
körner eingeschlossen. Seltener, als im Täborer Syenit, findet man die 
myrmekitischen Ver nen 

Der Orthoklas bildet recht große, isometrische bis nach M .. 
Individuen, die nach dem Karlsbader Gesetze verzwillingt sind. Sie erreichen 
1 bis 5 mm Länge und bis 2 mm Breite und schließen idiomorphe (0-5 x 0-25 m) 
Plagioklaskörner ein. Die spindelförmigen Albiteinschlüsse sind, wie im 
Gesteine von Radkov, ungleichmäßig verteilt und spärlicher, als im Syenit 
von Tabor. 

Durch Atzen mit HF und Farbung mit Anilinblau wurden die Plagio- 
klasdurchschnitte bläulich gefarbt; dadurch wurde ersichtlich, daB der 
Plagioklas und der Orthoklas etwa in gleicher Menge im Gesteine vor- 
handen sind. 

Der Quarz ist größtenteils der jüngste, allotriomorphe Gemengteil ; 
er ist in größerer Menge vorhanden, als es im Taborer Syenite der Fall war. 

Der Titanit bildet allotriomorphe ca 0°1 mm (seltener 0°2 mm) große 
Körnchen, die deutlich pleochroitisch zwischen rosagelber und rosabrauner 
Farbe sind. 

Der Apatit ist ganz ähnlich demjenigen aus dem Syenit von Täbor. 

Das Erz ist durch idiomorphe Pyritkörnchen vertreten. 


%) Ref, N. Jhb. f. M. etc. 1886. I. pag. 67. 


247 


Mehreremals wurde gefunden, daß die Pyroxenindividuen gegenüber 
.den Biotitblättchen idiomorph begrenzt waren, obschon sie in anderen 
Fällen die letzteren einschließen. Diese Erscheinung kann man begreifen, 
wenn man annimmt, daß der Pyroxen noch am Ende der Kristallisat.on 
des älteren Biotites zu kristallisieren begann. 

Der Druck, welcher während der Kristallisation sowie nach derselben 
gewirkt hatte, ließ manche Spuren im Gesteine zurück: mehr oder minder 
ausgeprägte parallele Textur, Deformationen der Bestandteile (undulöse 
Auslöschung, gebogene Plagioklaskörner, sekundäre Zwillingslamellen 
der Plagioklase) und die Kataklase. 

* A * 

Während den Südabhang des Berges Bukovec (cô 657 SW. von 
Borotin) der porphyrartige, mittelkörnige Granit bildet (Bestandteile: 
Biotit; Orthoklas, saurer Plagioklas, Quarz, Apatit, Granat), trifft man 
am Gipfel desselben Berges den Granodiorit an, der ganz analog demjenigen 
vom Fuße des Dehetnik ist. In demselben wurde ein Feldspatkorn gefunden 
(Taf. Fig. 6), welches schr deutlich die bruchlose, plastische Deformation 
zeigt. Seine Lamellen sind zweimal gebogen, ihre Auslöschung ist kontinu- 
ierlich undulös. Es scheint, daß die Deformation durch die Gruppe der 
‘Q :arzkérner verursacht wurde, welche wir am unteren Rande des Feldspat- 
kornes sehen. Aus den früher erwähnten Gründen können wir dafürhalten, 
daß diese Deformation des Feldspatkornes bei hoher Temperatur statt- 
‚gefunden hat. 


Über die chemische Natur des Syenites von Täbor und des 
Granodiorites von Dehetnik. ; 


Die Analysen beider Gesteine hat gefällig H. Professor der böhmi- 
schen technischen Hochschule Jos. Hanus durchgeführt. 


a) Syenit von Tabor. 
Es bedeutet: 
I. Analyse des Gesteines. 


II. Dieselbe nach Abzug von H,O und P, 0%, auf 100% 
umgerechnet. 


III. Molekularvolume. É 
IV. Dieselbe, auf 100 umgerechnet. 
V. Metallische Elemente. 

VI. Dieselbe, auf 100 umgerechnet. 


348 


IL Le Le IV. V. Nae 

TiO, 58-87% 59.29% 0-9882 63-31 Si 98-82 53-98% 
Si Os 0-83 0-84 0-0105 0-67 Ti 1-05: 0-57 
Al, O; 14-81 14-92 0-1463 9-37 Al 29.26 15-99 
Fe, Os 0-00 0.00 — == ae 6-54... 18:57 
FeO 4-68 4-71 0-0654 419 Mn 030 0-17 
MnO 0-21 0-21 0-0030 0-19 Ca 7:86 4.29 
CaO 4-37 4-40 0-0786 504 Mg 1457 7-96 
MgO 5°79 5-83 0457 933° K 13-46 7-35 
EO) 6-29 6-33 00673". 4:31 Na 1120. 6:13 
Na, O 3-45 3-47 0-0560 3:59 183.06 100-009, 
HO hygr. 0:25 — — = 

2 chem. 0°62 = — = 
Pz 0; 0-15 = = = 


100.329 100-00%  1-5610 100-00% 


In der Diskussion wurde Ti 0, zu SiO, (Ti zu Si) und MnO zu FeO 


zugerechnet. 


Aus den angeführten Zahlen folgen: 
Rosenbusch’s Kerne: 


Is, (Nae) St ee 53-88%, 
LL US ee aes 8-82 
Te eG Re se aries 29-46 
VS each en et eee 7-84 

~100-00% 


Zahl = 156, M—A—Zahl = 183-06. 
Loevinson-Lessings Gesteinsformel lautet: 
2-38 RO. R,0,. 66 Si0; 
a= 2:28) B= 57-1 
Ra D ROME 
Osanns Werte sind: 
A = 17:30, (CAT, F = 17-28 
Séso 9 Cri fiso Mes 5 “oo 
S ALF?) — 20-84 : 3-05 : 6-11 
ALC Alk = 12-60 : 6-78 : 10-62 
N K = 4-54, MC = 6-49 


10) A. Osann, Petrochemische Untersuchungen. Heidelberg 1913. 6. 


049 


Auf Grund aller dieser Berechnungen können wir (vom chemischen 
Standpunkte aus) die Erfolge der mikroskopischen Forschung bestätigen. 
Es handelt sich um ein quarzarmes, jedoch orthoklasreiches, ziemlich me- 
lanokrates Gestein, welches dem Glimmersyenit von Frchnau in Schwarz- 
wald recht nahe kommt.) . 

Aus dieser Diskussion ergibt sich auch von sich selbst der richtige 
Name für das Gestein ; es ist „Syenit“. Safräneks Bezeichnung ,, Kersan- 
ton“, also Lamprophyr, erweckt vom geologischen Standpunkte aus 
Bedenken, indem wir uns unter diesem Namen ein Ganggestein vorstellen, 
welches sich scharf von dem Nebengesteine abhebt. Übrigens, wie Osanns 
Tabelle III. belehrt?), besitzen die Kersantite fast allgemein niedrigere 
Zahlen für S und A/k, und höhere, für C, F und N K als der Syenit von 
Tabor. Die Namen ‚‚Granit‘ und ,,Diorit‘ der älteren Autoren sind evident 
unrichtig ; für Granit hat unser Gestein zu wenig Si, für Diorit einen zu 
niedrigen Wert Ca Al,Si,; auch Osanns Wert a ist gewöhnlich bei 
‚den Dioriten niedriger als im Syenit von Tabor, umgekehrt # und c höher.) 

Man kann nicht einige Beziehungen unseres Syenites zu den Lampro- 
phyren leugnen. Es ist die Andeutung einer porphyrischen Struktur, die sich 
durch zwei Biotitgenerationen verrät,#) nebstdem auch die nahen Werte 
S ALF und A/C Alk des Taborer Syenites und der Minette von Wehrtal 
im Schwarzwalde. 

| b) Granodiorit von Dehetnik. 


Die Bedeutung der Ziffern ist dieselbe, wie bei der Syenitanalyse. 


i 198 mul IV. Va ML: 

SiO, 63-47%, 63-90% 1-0650 69-21% Si 106-50 59-19% 
170: 0:63 0-63 0-0079 O51 57% 0-79 0-44 
Al, Oz 15-67 15-78 0-1547 10:05 Ae 30:94 17-19 
Fe,03 0-00 0-00 — — Fe 5-69 3-17 
FeO 4-07 4-10 0.0569 m Mn 0:76 0-42 
Mn O 0-54 0-54 0-0076 0:49 Ca 6-55 3-04 
CaO 3-65 3-67 0-0655 426 Mg 7-55 4:20 
MgO 3-00 3-02 0:0755 ~ 491 °K 11-30 6-28 
kK, 0 5-27 5-31 0.0565 3-67 Na 9-84 5-47 
Na, O 3-03 3-05 0-0492 3-20 179-92 100-00 — 

hygr. 0:06 = — — 
9 sg 0-63 — — = 
2,0, 0-09 Fa ie de 


99-33% 100-00%,  1:5388 100-00%, 


41) Siehe H. Rosenbusch, Elemente der Gesteinslehre 1901, pag. 190, 
ot A Osann,..l. c. pag. 121, Nr. 142. 

lc pac. 158, 159. 

#) Tsch. M. p. M. XXII. 1903. pag. 412. 

#) Eine Tendenz, skelettartige Kristalle zu bilden, zeigt auch der Biotit der 
Minette von Zampach (V. Rosicky, kL c. pag. 7). 


350 


Daraus folgen: 
Rosenbusch’s Kerne: 


ik (NCE) ER 47-000/, 
Ti Ca dl Sie es ee 19-04 
TEL RC Pr nan 17-42 
VISE DEMO 1 AR NE 16-54 


Zahl = 153-88; M = A - Zahl’ = 179-92: 
Loevinson-Lessings Gesteinsformel lautet: 
23:1 RON RO 1-1:8705 
& == 2-18,,B = 43-66. ee re He walled: 
Osanns Werte sind: 
681, 6 =3i18 71048 
Sage Gennes Traun. — I 
S Al F = 22°46 : 3:24 : 4:30 
ALC Alki= 14-34 200329778 
=NK 4.66, WG = 5-35 
Alle diese Zahlen beweisen, daB das Gestein vom Berge Dehetnik 
an der Grenze zwischen Granit und Diorit steht. Den Granit 
erwähnt der recht hohe Wert des 1. Kernes Rosenbusch’s resp. a 


der Gesteinsformel Osanns. Demgegenüber sind die Kerne Nr. 2 und 
3 bei dem Dehetniker Gesteine höher, als es bei den Graniten der Fall ist. 


Die nach Osann berechnete Gesteinsformel zeigt recht starke 
Analogien mit dem Granodiorit von Butte, fiir welchen gilt: 


Sg9.9 Ag Ces fins M74 Mag; 
die Werte S Al F, AlC Alk und MC unseres Gesteines kommen recht nahe: 
dem Quarzglimmerdiorit von Hurricaneridge,#%) bei dem wir finden: 


S Al F = 22-5 :3-5:4; ALC Alk = 14:6:10; NK = 6-2, MC = 5-2. 


Das Gestein von Hurricaneridge ist also etwas reicher an albitisches 
Molekül als der Granodiorit von Dehetnik; derselbe verrät also durch den 
hohen Kaliumgehalt deutlich seine granitische Natur. 

Beide Gesteine, den Syenit von Täbor sowie den Granodiorit von 
Dehetnik müssen wir als Teilmagmen des mittelböhmischen Granitmassives 
betrachten. Beide sind reich an das alkalische Kern (der Syenit reicher als 
der Granodiorit), sonst aber stellt der Syenit ein femisches, an Metasilikate: 


*) A. Osan nly ce. par od. DSP 


ag 


351 


reiches, jedoch quarzarmes Spaltungsprodukt vor bei welchem auch das 
Anorthitmolekül in den Hintergrund tritt; Cem gegenüber finden wir 
bei dem Granodiorit alle drei Kerne (II., III., V.) fast im Gleichgewichte: 


TENNIS AT Say... .. 53-88 (Syenit) ..... 47:00 (Granodiorit) 
LHS Tras VERS ANR EEE BA PL SDS 19-04 
PHARES NIT... AO PE HE I abe 17-42 

VAS REC. MON ANA AINIRERS 34 16°54 


Die dunkleren Schlieren im Syenite von Tabor sowie im Granodiorite 
von Dehetnik einerseits und die aplitisch-pegmatitischen Ganggesteine 
andererseits beweisen, daB die Differentiation des granitischen Magmas 
noch weiter gegangen ist; sie häuft in den ersteren Spaltungsprodukten 
die basischen, in den letzteren die sauren Kerne. 


Schluß und Übersicht. 


Die Resultate dieser Arbeit sind: 

1. Das Gestein, welches die nächste Umgebung von Tabor in Böhr en 
aufbaut, ist ein Biotit-Pyroxensyenit. Die älteren Namen: Granit, Ker- 
santit, Diorit sind unrichtig; ebenfalls die in der Literatur angegebenen 
Grenzen gegenüber den benachbarten Gesteinen sind nicht an allen Stellen 
richtig bestimmt und bedürfen einer Korrektur. 

2. Die Hauptgemengteile sind: Biotit, Pyroxen (Diallag und Hyper- 
sthen), Orthoklas; minder häufig ist Plagioklas. Nebengemengteile sind: 
Quarz, Apatit, Rutil, Magnetit, Ilmenit, Pyrit. Sekundär ist Titanit und 
An phibol (außerdem die gewöhnlichen Zersetzungsprodukte). Die Korn- 
größe und das Mengeverhältnis der Gemengteile variieren stark. Die 
Struktur ist holokristallin hypidiomorph. 

3. Der Biotit ist in zwei Generationen anwesend. Die ältere (große 
Blättchen) zeigt deutliche Spuren einer Resorption und des späteren 
skelettartigen Wachstums. Die jüngere hat die Blättchen in fächerförmige 
Aggregate geordnet. Der jüngere Biotit wächst auf Kosten des Pyroxens. 
Der Plagioklas ist größtenteils ein Andesin; er bildet mit. dem Quarze 
myrmekitische Verwachsungen. Der Orthoklas enthält zahlreiche winzige, 
kristallonomisch orientierte Albiteinschlüsse (Mikroperthit). Der Quarz 
bildet den jüngsten Bestandteil, man trifft jedoch auch einzelne Körner an, 
die älter als Orthoklas, Plagioklas, ja auch als Biotit sind. Die Literatur 
belehrt, daß diese Erscheinung nicht selten im mittelböhmischen Granit- 
massive vorkommt. Interessant ist ein (fremdes?) Pleonastkorn mit 
kelyphitischem Kranze. Die im Biotit eingeschlossenen Apatite sind 
von pleochroitischen Höfen umgegeben. 

4. Die Kristallisationsfolge ist: Erze, Apatit, Rutilnadeln; Pyroxen, 
Biotit. Dann kam eine Periode, in welcher beide diese Bestandteile gelöst 


und resorbiert wurden; nach dieser bildete sich die zweite (fächerförmige) 
Generation des Biotites. Jünger ist der Plagioklas, dann kristallisierte 
der Orthoklas, zuletzt der Quarz. 

5. Verschiedene Merkmale beweisen die Existenz eines gewaltigen 
Druckes, welcher wahrend der Kristallisation sowie nach derselben gewirkt 
hat: mehr oder minder deutliche Paralleltextur, anomale Ausscheidungsfclge 
des Quarzes, Biegung und Zertrümmerung verschiedener Gemengteile, Ent- 
stehung zahlreicher kleiner Kriställchen von Pyroxen, Biotit, Plagioklas. 
Sehr starke Kataklase wurde in der Nähe der Aplitgänge beobachtet. 

6. Sehr verbreitet ist die Uralitisierung des Pyroxens ; der entstehende 
Amphibol ist ein Aktinolith. Die mikroskopische Untersuchung macht 
es wahrscheinlich, daß die Ursache der Uralitisierung die postvulka- 
nischen Prozesse sind, bei denen aber teilweise auch. das Magma 
mitgı wirkt hat. 

7. Im Syenite finden wir mehrere Einschlüsse ; es sind teils die basi- 
scheren Spaltungsprodukte, teils aber auch assimilierte Bruchstücke der 
durchgebrochenen Sedimente. In den letzteren sind merkwürdig deutliche 
pleochroitische Höfe um Titanitkörnchen im Amphibole. 

Die Syenite aus anderen Lokalitäten der Umgebung von Tabor sind 
dem Hauptgesteine ganz ähnlich; sie unterscheiden sich durch die Pro- 
portionen der Bestandteile (das Gestein von Dobra Voda ist biotitarm, 
dasjenige aus dem Tale des Vläsenicer Baches quarzreicher, das von 
Drahnetic fast hypersthenfrei u. s. w.). 

9. Das Gestein von Radkov ist ein Verbindungsglied zwischen dem 
Syenite von Tabor und dem Granodiorite von Dehetnik; dem letzteren ist 
es auch makroskopisch ähnlicher. In demselben finden wir keine fächer- 
förmigen Biotitaggregate, Hypersthen ist spärlich. Durch die Uralitisierung 
bildete sich der gewöhnliche, sesquioxydhaltige Amphibol. Das Gestein 
von Radkov ist plagioklas- sowie quarzreicher als der Syenit von Tabor. 
Die Albiteinschlüsse im Orthoklas und die Rutilnadeln sind spärlicher 
als im Syenite. Der älteste Bestandteil ist der Biotit. 

10. Der Granodiorit von Deheinik (sw. von Borotin) besteht aus 
Biotti, Diopsid, Amphibol, Plagioklas, Orthoklas, Quarz. Nebengemengteile 
sind: Apatit, Erz; sekundär entsteht der Chlorit und Titanit. Basische 
Schlieren besitzen mehrere farbige Gemengteile als das herrschende Ge- 
stein. Der Biotit zeigt keine Spuren von Resorption und vom skelettartigen 
Wachstum an den Rändern ;auch die fächerförmigen Aggregate des jüngeren 
Biotites fehlen vollkommen. Der durch die Uralitisierung des Pyroxens ent- 
stehende Amphibol gehört zu den sesquioxydhaltigen. Der Plagioklas ist 
Oligoklas und Andesin; seine Körner zeigen manche Störungen in der 
Lan ellierung. Besonders interessant ist aber die Abhängigkeit der La- 
mellen von den Klüften (und dadurch auch vom dieselben erzeugenden 
Drucke). Der Orthoklas enthält etwas von Albiteinschlüssen, die Rutil- 
nädelchen aber fehlen vollkommen. Die Kristallisationsfolge ist ganz 


Beiträge zur Petrographie des mittelböhmischen Granitmassives. 


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(Phot. Rosicky.) 
Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême 1916. 


Vojtech Rosick 


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353 


ähnlich, wie im Gesteine von Radkov. Der Granodiorit wurde auch am 
Gipfel des Berges Bukovec (cô 657) vorgefunden. 

11. Die Analysen des Syenits von Tébor und des Granodiorites von 
Dehetnik beweisen die Zugehörigkeit dieser Gesteine zu den granodiori- 
tischen Magmen. Man muß sie als basischere Spaltungsprodukte des mittel- 
böhmischen Granitmassives betrachten, die zu den zahlreichen jüngeren 
Apliten und Pegmatiten komplementär sind. Charakteristisches, sehr vielen 
Gesteinen des mittelböhmischen Massives gemeinsames Merkmal ist der 
uralitisierte Pyroxen, wie wir ihn in den Gesteinen der Umgebung von 
Tabor sahen; wir treffen ihn oft auch in manchen Amphibolgraniten des 
erwähnten Massives an. 

Mineralogisch-petrographisches Institut 
der böhmischen Universität in Prag. 


TAFELERKLÄRUNG. 


Fig. 1. Ein schiefgeschnittenes Biotitblättchen aus dem Syenite von Täbor; 
die durch Resorption entstandenen Löcher wurden durch nachträgliches Wachstum 
wieder teilweise ausgeheilt. Vergr. 39x. 

Fig. 2. Ein Querschnitt durch das skelettartig gewachsene Biotitblättchen 
desselben Syenites. Vergr. 45x. 

Fig. 3. Fächerförmiges Aggregat des jüngeren Biotites (Syenit von Tébor). 
Vergr. 47x. 

Fig. 4. Spinellkorn mit einem Kelyphitkranze (Syenit von Täbor). Vergr. 44x. 

Fig. 5. Ein Hypersthenkristall, auf dessen Kosten ein Biotitaggregat wächst 
(Syenit vom Tale des Vläsenicer Baches). Vergr. 91x. 

Fig. 6. Plastische Deformation eines Plagioklaskornes (Granodiorit vom 
Deheinik). Zwischen x Nik. Vergr. 17x. 


Bulletin international. XXI. 23 


Ein Beitrag zur Morphologie und Systematik des 
Geschlechtsapparates der Gattung Leucochroa Beck. 


Von ZDENKO FRANKENBERGER, Prag. 
Mit zwei Tafeln. 


(Vorgelegt am 23. Februar 1917.) 


Anatomische Verhältnisse der Vertreter der Gattung Leucochroa 
Beck sind schon mehreremals Gegenstand des Studiums verschiedener 
Autoren gewesen, hauptsächlich freilich zwecks Feststellung der syste- 
matischen Verwandtschaft dieser Formen; aber je nach dem, worauf der 
betreffende Autor bei seinen Forschungen Gewicht gelegt hat, ist auch 
die systematische Einreihung der ganzen Gattung sehr verschieden aus- 
gefallen, die noch immer ziemlich zweifelhaft erscheint. Vor einiger Zeit 
sind mir durch die Freundlichkeit meines lieben Freundes, } Ph. Dr. 
Heinrich Vesely, ein ge Stücke von Leucochroa candidissima Drap. 
ven Nervi in Norditalien in die Hände gelangt, bei deren anatomischem 
Studium ich ein’ge interessante E:nzelheiten gefunden habe, die einerseits 
von morfolcgischer Seite, einerseits auch in systematischer Hinsicht mir 
ziemlich wichtig erscheinen, so daß ich die folgende Mitteilung nicht für 
überflüssig halte. 

Es sind mir drei Beschreibungen und Abbildungen von Genitalien dieser 
Art bekannt, und zwar von Moquin-Tandon (15), A. Schmidt 
(18) und H. A. Pilsbry (17), aber alle drei sind, wie ich mich überzeugt 
habe, ungenügend und mehr oder weniger unvollkommen, weshalb ich 
zuerst eine n akroskopische Beschreibung nach meinen Erfahrung n anführe 
(Taf. I., Fig. 1.). Hermaphroditische Drüse — bis auf die bedeutende 
Größ2 — und die Ausfiihrorgane bis zur vollständigen Trennung (also 
hermaphroditischer Gang, Eiweissdrüse und Ductus ovoseminalis) weisen 
keine Besonderheiten auf. Vas deferens ist lang, dünn, und mündet plötz- 
lich in einen langen, ziemlich starken Epiphallus, der am proxin alen Ende 
mit einem nicht allzu langen Flagellum versehen ist. Auf dem distalen 
Ende bildet der Epiphallus eine Schlinge und übergeht unmerklich in den 
kurzen Penis; die Grenze wird eigentlich nur durch die Insertion des 


355 


Musculus retractor gebildet. Penis ist mit einem kleinen Anhang von 
beiläufig herzförmiger Gestalt versehen und mündet in das gemeinsame 
Atrium genitale, welches schlank und ziemlich lang ist. Der freie Ovidukt 
(oder ‚„Vagina‘“) ist lang und schlank ; kurz vor dem Eintritt in das Atrium 
genitale mündet in denselben der sehr lange, dünne, etwa in der Hälfte 
seiner Länge mit einem kurzen Diverticulum versehene Stiel des Recepta- 
culum seminis, dessen Ampel klein; kugelförmig ist. Nahe unterhalb der 
Mündung des Receptaculums sitzt auf derselben Seite dem freien Ovidukte 
ein kleines, kaum 1 mm langes Organ an von walzförmiger oder keulen- 
förmiger Gestalt, auf dessen obere Seite sich mittels eines dünnen, etwa 
2 mm langen Ausführganges ein sonderbares drüsiges, ei- oder nieren- 
formiges Organ anheftet. 

Bei den angeführten Autoren finden wir gerade hinsichtlich einiger 
dieser kleinen Anhangsorgane geradezu unbegreifliche Mängel. So fehlt 
jener Anhang am Penis in den Abbildungen von Moquin-Tandoni) 
und Pilsbry, während A. Schmidt ihn ganz richtig gezeichnet 
hat (l. c. Taf. VIII., Fig. 56) und auch im Texte seiner Erwähnung tut 
(„auch befindet- sich hier nicht weit von der Einmündung in den gemein- 
schaftlichen Geschlechtsgang ein kleines bei H. baetica und H. cariosula 
fehlendes Knötchen,“ 1. c. pag. 34). Aber das erwähnte walzenförmige 
Organ am freien Ovidukt fehlt bei allen drei genannten Autoren, alle 
zeichnen die Verhältnisse so, als wenn jene ei- oder nierenförmige Drüse 
mit ihrem dünnen, kurzen Ausführgange direkt in den Ovidukt einmünde, 
was mir besonders bei Moquin-Tandon auffällig ist, weil dieser 
Autor das untere Ende des Oviduktes mit dieser Drüse noch bei größerer 
Vergrößerung abbildet (l. c. Taf. VIIL., Fig. 7);und daß Pils bry dieses 
Gebilde übersehen hat, ist mir gerade unbegreiflich, ebenso wie das Unter- 
lassen des Penisanhanges. 

Es handelt sich nun zuerst darum, zu entscheiden: welche ist die 
morphol gische Bedeutung einzelner dieser Organe, und dann um die 
Würdigung ihrer Bedeutung für die systematische Einreihung der Gattung 
Leucochroa. Was den herzförmigen Anhang am Penis anbelangt, so fällt 
natürlich der Gedanke ein, denselben für ein Homologon jenes auch von 
anderen Gruppen schon bekannten Anhangsgebildes zu halten, für welches 
der Name Appendix in Verwendung ist. Dieses Organ ist schon von einer 
ganzen Reihe von Stylommatophoren beschrieben worden; allzu große 
Wichtigkeit für die Systen atik ist ihm wohl nicht anzuerkennen, denn es 
ist manch al bei einander ganz nahen Gruppen (selbst Arten) teils ent- 
wickelt, teils fchlend. In der Mchrzahl der Fälle ist es zwar als ein länglicher, 


!) Freilich bemerkt dieser Autor in der Tafelerklärung (Taf. VIII., Fig. 6) 
von der nahe am Penisende befindlichen, mit e bezeichneten Stelle: ,,e, petite dila- 
tation inferieure de ce fourreau. Il ya ordinairement, dans cet endroit, deux ren- 
flements irréguliers obovés placés l’un au-dessus de l’autre‘*, was freilich eine nicht 
genug genaue Beschreibung des erwähnten Anhangs ist. 


23* 


306 


walzförmiger Anhang beschrieben, was aber der. Homologisation mit 
unserem kleinen Anhange bei Leucochroa gar nicht im Wege steht. Um seine 
wahre morpholcgische Beschaffenheit zu erkennen, habe ich Serienschnitte 
hergestellt, aus deren Studium folgendes sich ergibt (Taf. I., Fig. 2): Penis 
selbst hat eine muskulöse Wand, die von Muskelfasern von vorwiegend 
zirkulärem Verlaufe zusammengesetzt ist. Das Innere ist mit einem ein- 
schichtigen zylindrischen Epithel mit ovalen, mehr weniger in der Mitte 
der Zellhöhe gelegenen Kernen ausgekleidet ; Protoplasma ist haupt- 
sächlich auf den Rändern granuliert, in engster Un gebung des Kernes 
heller und mehr homogen (Taf. I., Fig. 3). Vor der Abtrittsstelle der Appen- 
dix wird das Lumen des Penis, das sich bis jetzt ganz in der Mitte befand 
und in drei Falten zusammengelegt war, näher an die Appendix disloziert 
und nimmt einen mehr spaltenförn igen Durchschnitt an. Die Muskulatur 
des Penis hängt direkt mit jener der Appendix zusammen, und zwar so, 
daß zuerst die äußeren Schichten direkt ineinander übergehen, während 
um das Penislumen eine selbständige zirkuläre Schicht erhalten bleibt. 
Erst wenn das Lumen der Appendix mit jenem des Penis sich verbunden 
hat, übergehen auch die innersten Muskelschichten direkt ineinander über. 
Das Epithel an der inneren Wand der Appendix ist ganz von demselben 
Charakter wie im Penis; das Lumen der Appendix ist durch einige Falten 
und Einbicgungen kompliziert. Im ganzen erscheint die Appendix als eine 
blosse seitliche Erweiterung des Penis, deren Wände und Epithel von 
demselben norpholcgischen Charakter sind wie beim Penis selbst; es 
handelt sich also wchl nicht um ein selbständiges Organ, sondern nur 
um eine sekundäre Ausstülpung des ursprünglich einheitlichen Lumen. 

Bchufs Vergleichung mit einer anderen systematischen Gruppe, bei 
welcher solcher Anhang für eine wahre Appendix gchalten wird, habe 
ich die Genitalien ven Clausilia (Herilla) dacica (Friw.) Pfr. herauspräpa- 
riert, wo eine typische walzenförn ige Appendix entwickelt ist, und habe 
ich auch von denselben Serienschnitte gen acht (Taf. I., Fig. 4). Ihr Studium 
hat einen mit Leucochroa vollkomn.en gleichen Erfolg geliefert. Die Muskel- 
wand ist hier bedeutend dünner, die Muskelfasern sind nicht so dicht 
zusammengelegt wie bei der vorigen, Epithel (Taf. I., Fig. 5) ist kubisch, 
Protoplasn a im inneren (in das Lumen g wendeten) Bezirke in ziemlich. 
starker Schicht zwischen einzelnen Kernen und an der Zellenbasis in 
dünner Schicht granuliert; um die Kerne, die von kugeliger Form sind, 
ist je eine groß: Vakuole entwickelt, so daß der Kern eigentlich in derselben 
gelagert erscheint. Hie und da wird das Protoplasma durch diese Vakuolen 
fast vollkommen verdrückt und zwischen zwei Vakuolen bleibt dann nur 
eine ganz dünne Protoplasmawand übrig. Auch hier geht die Muskulatur 
der Peniswand ganz allmählich in jene der Appendix über, und auch beide 
Jumina kommunizieren; auch hier ist das Penislumen in der Gegend 
ear Appendix abgeflächt, und das Lumen der Appendix in zahlreiche. 
Fdltungen von vielerlei (bis drei) Ordnungen zusammengelegt, also noch 


357 


komplizierter als bei Leucochroa. Ihr Epithel ist wiederum vollkommen 
mit jenem des Penis übereinstimmend; auch hier sind kubische Zellen 
mit in großen hellen Vakuolen gelagerten Kernen, so daß man auch hier 
die Appendix bloß für eine sekundäre Ausstülpung des Penis halten kann, 
nicht für ein morphologisch selbständiges Organ ; deshalb kann man sowohl 
bei Leucochroa als bei Clausilia dacica mit demselben Rechte von der 
Anwesenheit einer Appendix sprechen, und beide diese Organe sind’ morpho- 
logisch für ganz gleichwertig zu halten. 


Schwieriger ist die morphologische Beurteilung des oben beschrie- 
benen akzessorischen Organs am freien Ovidukt. Es scheint freilich auch 
hier auf den ersten Blick ersichtlich, daß es sich wahrscheinlich um einen 
rudimentären Pfeilsack handelt, denn die Form dieses Anhanges entspricht 
vollkommen der, wie wir sie bei den Pfeilsäcken einiger niederer Heliciden, 
vorwiegend Helicellen und Fruticicolen, kennen. Von einem Pfeile ist in 
diesem Gebilde natürlich keine Spur mehr, aber in den bekannten rudi- 
mentären Pfeilsäcken einiger Helicellen kommt es auch nicht mehr zur 
Pfeilbildung, so daß dieser Umstand nicht so schwerwiegend wäre. Am 
wichtigsten für die Entscheidung dieser Frage erschien mir eine gründliche 
Untersuchung des Baues dieses winzigen Organs und seines Verhältnisses 
zum freien Ovidukt. 


Auf Serienschnitten, die quer durch das gemeinsame Atrium und 
den Ovidukt geführt sind, sehen wir zuerst — in den distalsten, noch dem 
Atrium angehörigen Partien — ein vielfach gefältetes Lumen, in welches 
von jener Seite, wo wir höher eben jenen Anhang mit der eiförmigen Drüse 
— und höher auch das Receptaculum seminis — sehen, ein kegelförmiger 
Zapfen hineinragt, der mit eigenem, in niederen Partien mit dem Ovidukt- 
lumen kommunizierenden Lumen versehen ist. Dieses eigentliche spalten- 
förmige Lumen des Zapfens obliteriert höher, dagegen erscheint aber in 
demselben ein neues Lumen, das sich gleich in zwei Schenkel teilt — rich- 
tiger gesagt, es handelt sich um einen einheitlichen Kanal, der in dieser 
Partie eine Schlinge bildet, deren ein Schenkel schräg nach außen führt — 
dieser wird dann das Lumen des eigentlichen ,,Pfeilsacks‘‘,1) — der andere 
in der Mitte des erwähnten Zapfens, dessen oberes Ende ebenfalls frei und 
= "kegelförmig verjüngt ist, hinaufführt, sich dann dem dem „Pfeilsack“ zu- 
gekehrten Rande nähert und in das Lumen des eigentlichen Ovidukts ein- 
mündet. Der Zapfen, der an der dem ,,Pfeilsacke‘‘ zugekehrten Seite im 
kleinen Umfang mit der Wand des Oviduktes zusammenhängt, erscheint 
also als ein Doppelkegel, dessen eine Spitze hinunter gegen das Atrium 
gerichtet ist — hier ist er mit einer blinden Einstülpung des Atriums 
versehen — die andere hinaufin den Ovidukt ; dieses Ende nimmt in sich 
das schlingenförmig gebogene Lumen des „Pfeilsacks“ auf. 


1) Ich beniitze bisweilen, solange wir die wahre Bsschaffenheit und Bedeutung 
dieses Anhanges nicht geklärt haben, die Bezeichnung ,,Pfeilsack‘‘ in Gänsefüßchen, 


358 


Dieses Lumen verläuft dann schräg auf die Außenseite mit einer 
eigenen zirkulären Muskelfaserschicht versehen, durchbohrt die Ovidukt- 
wand und wird zum selbständigen Anhange. Der innere im oberen Teile 
des Doppelkegels verlaufende Schenkel hat eine Länge von 0-7 mm (nach. 
10 x dicken Schnitten gemessen) ; der äußere Schenkel bis zur Einmündung: 
der eiförmigen Drüse (s. u.) 0-98 mm. Das Lumen dieses äußeren Schenkels 
hat im Querschnitt eine etwa nierenförmige Form mit der Konvexität 
nach außen, Konkavität nach innen zum Ovidukt; das Epithel ist in 
ganzem Umfange zylindrisch, einschichtig, nicht allzu hoch, dessen Kerne : 
auf der äußeren (konvexen) Seite klein, eiförmig, auf der inneren (konkaven) 
mehr länglich. An dieser konkaven Seite sind in einem longitudinalen. 
Streifen unter dem Epithel einige Zellen von drüsiger Beschaffenheit 
gelagert ; die Muskulatur verläuft in zirkulärer Richtung, unter den Fasern 
sind plasmatische Zellen mit großen ovalen Kernen zerstreut. 

Wie schon gesagt, spaltet sich etwa 1mm oberhalb der unteren 
Umbiegung von dem äußeren Schenkel der Ausführgang eines drüsigen 
Gebildes ab (Taf. II., Fig. 1), von dem wir noch später eingehender berichten 
werden. Die konkave Wand des ‚‚Pfeilsacklumens‘ tritt mehr in die Höhle 
des letzteren hervor, erscheint dann wie gespalten und schließlich schließt 
sich die so gebildete Rinne in einen engen Ausführgang ven dreikantigem 
Durchschnitt (Taf. II., Fig. 2), der zuerst keine eigene Muskelwand besitzt, 
in den höheren Partien jedoch sich vom „Pfeilsack‘“ entfernt und eine 
selbständige Wand von zirkulär verlaufenden Muskelfasern bekommt 
(Taf. II., Fig. 3). Das Lumen des ‚‚Pfeilsacks‘ behält anfangs auch oberhalb 
der Mündung dieses Ausführganges seine Form bei, seine Wand ist gegen 
den Ausführgang konvex, nach außen konkav (Taf. II., Fig. 2), in der 
Konvexität kann man noch immer spärliche Drüsenzellen feststellen. 
Das Epithel ist in dieser ganzen Partie und auch noch ein Stück höher 
ziemlich hoch, zylindrisch, einschichtig, mit runden, an der Zellenbasis. 
gelegenen Kernen. Das Epithel des Ausführganges der eiförmigen Drüse 
ist noch etwas höher, mit mehr ovalen Kernen. 

Etwa 0-3 mm oberhalb der Mündung des Ausführganges vergrößert 
sich das Lumen des ,,Pfeilsacks“‘, legt sich ineinige längliche Einbuchtungen 
zusammen, die voneinander durch ziemlich hohe Falten getrennt sind 
(Taf. II., Fig. 3). An der Basis dieser Falten liegen wieder Gruppen von 
drüsigen und plasmatischen Zellen; das Epithel wird in dieser Partie 
viel höher, die Kerne sind noch immer an der Basis gelegt, jedoch hier 
mehr von kurz ovaler Form. Die Muskelwand ist kaum dicker, ja hie und 
da vielleicht selbst dünner als in der unteren Partie. Diesen Charakter behält 
das Epithel bis in die obersten Partien bei, wo freilich zuletzt die Falten 
verschwinden, das Lumen wird schn äler und endet zum Schluß blind. 

Wenn wir auf weiteren Schnitten den Ausführgang der eiförmigen 
Drüse verfolgen, so sehen wir, daß auch hier das Epithel höher und das 
Lumen etwas breiter wird. Die Muskelwand ist ziemlich mächtig und 


359 


bleibt so auch am Anfang des Eintritts in die Drüse ; sie wird aber bald 
dünner und bleibt zuletzt in der Mitte der Drüse nur als eine ganz einfache 
Schicht von zirkulären Muskelfasern erhalten. Zugleich wird der Ausführ- 
gang in diesen höchsten, bereits innerhalb der Drüse gelegenen Partien 
flächer, und schließlich übergeht sein Lumen vollkommen, aber ganz ab- 
gegrenzt, in das eigentliche Drüsenlumen. 

Die Drüse selbst (Taf. II., Fig. 4) ist histologisch gewiß eines der 
interessantesten Gebilde bei Stylommatophoren überhaupt. Sie ist eine 
tubulöse Drüse, die am Schnitte den Eindruck einer ungemeinen Kompli- 
ziertheit macht, in der Tat handelt es sich aber um einen einzigen, vielfach 
geschlängelten Tubulus mit spärlichen sekundären Tubuli, deren blinde 
Endigungen hie und da in Schnitten zu finden sind. Das ganze Organ 
ist mit einer dünnen Muskelschicht umhüllt, ähnlich hat auch jede Schlinge, 
wie sie am Schnitte getroffen sind, eine eigene Muskelwand von einer 
einfachen oder doppelten Muskelfaserschicht. Zwischen den einzelnen 
Tubuli befinden sich ziemlich zahlreiche, größere oder kleinere Blutlakunen. 
Das Epithel dieser Drüse (Taf. I., Fig. 6) ist von jenem des Ausführganges 
vollkommen verschieden. Es ist aus sehr hohen, zylindrischen Zellen mit 
reichlichem granuliertem Protoplasma zusammengesetz. Das Protoplasma 
hat meistens gegen das Lumen einen scharfen Saum, jedoch ist der Rand 
an vielen Stellen, wo wahrscheinlich die Zelle sich in Tätigkeit befindet, 
undeutlich, gekerbt und oberhalb des Niveau der übrigen Zellen hervor- 
ragend. Die Kerne sind groß, kugel- oder eiförmig, meistens von einer 
mehr homogenen Protoplasmaschicht umgeben, oder direkt in einer Vakuole 
liegend. In sehr zahlreichen Zellen finden wir außer dem Kerne ein oder 
zwei (selten auch mehrere) kugelförmige Körperchen, kleiner als der Kern, 
mit Hämatoxylin weniger intensiv als der Kern gefärbt. Ob es Sekret- 
körner — resp. Prosekretkörner, denn die im Innern der Tubuli befindlichen 
Sekretmassen sind sauer, mit Eosin gefärbt, so daß es sich nicht um Körper 
von derselben chemischen Beschaffenheit handeln kann — sind, kann ich 
wegen der ungenügenden Konservierung meines Materials (mit Formol) 
nicht entscheiden, auch hat es übrigens für unsere Zwecke keine Be- 
deutung. 

Dadurch hätten wir eine eingehende Beschreibung der Ausführwege 
der Genitalien von Leucochroa candidissima fertig, und es handelt sich 
darum, zu entscheiden, welche Bedeutung ihnen in vergleichend-anato- 
mischer Hinsicht zuzuteilen ist. Wenn wir die Verhältnisse bei unserer Art 
mit anderen Leucochroa-Arten — sofern uns solche von A. Schmidt’s 
Untersuchungen bekannt sind — vergleichen, sehen wir folgendes: 

Alle drei übrigen Arten, deren Anatomie A. Schmidt untersucht 
hatte, haben an der Stelle, wo sich bei L. candidissima das eben beschriebene 
Organ befindet, einen viel längeren Anhang, der bei L. cariosula Mich. 
an der Basis aufgetrieben, gegen das Ende verjüngt ist, bei L. baetica Rm. 
walzenförmig, bei L. cariosa Oliv. dünn, ziemlich lang. Bei allen diesen 


360 


drei Arten zeichnet Schmidt das Ende dieses Anhangs zugespitzt. 
Kurz vor diesem spitzen Ende spaltet sich von ihm auf der oberen Seite 
ein neues Organ ab, welches bei L. cariosa eine länglich eiförmige, mit dem 
schmaleren Ende nach oben gewendete Form hat und mittels eines dünnen 
Ausführganges mit dem ersteren verbunden ist, bei L. cariosula und baetica 
ist er von walzig-keulenförmiger Gestalt und sitzt dem ersten Anhang 
des Oviduktes mit ziemlich breiter Basis an. Es steht also, wie schon 
Schmidt selbst bemerkt, in dieser Hinsicht L. cariosa der candidissima 
näher, während die anderen zwei Arten wieder einander sehr ähnlich sind ; 
dagegen ist konchologisch L. baetica der candidissima sehr ähnlich. Über 
die morphologische Bedeutung dieser Organe äußert sich Schmidt 
natürlich nicht viel, jedoch dachte er schon an eine Homologisation dieser 
Organe mit einem ähnlichen Anhang bei Theba, dem später der Name 
Appendicula gegeben wurde. Von dieser sagt er aber ausdrücklich, daß 
sie nicht für einen Pfeilsack gehalten werden kann (,,Derselbe kann füglich 
nicht für einen Ersatz des Pfeilsacks genommen werden,“ 1. c. pag. 33), 
teils weil sie bei einigen Arten (cantiana) bis dem Atrium ansitzt, teils 
wegen der länglichen Form und des langen dünnen Anhangs am Ende. 
Pilsbry sagt dagegen ausdrücklich, daß der erwähnte blinde Anhang 
(nach unserer Beschreibung also das zugespitzte Ende hinter der Mündung 
der Drüse) vielleicht ein rudimentärer Pfeilsack ist (,,Probably the spur 
mentioned is a remnant of the dart sack,“ 1. c. pag. 10), freilich ohne die 
Verhältnisse bei L. candidissima — wie schon oben erwähnt — richtig zu 
kennen; die angeführten Worte bezieht er nur auf die übrigen drei von 
Schmidt untersuchten Arten. 

Es ist also ersichtlich, daß die Frage der Homologisation dieses akzes- 
sorischen Organs bei der Gattung Leucochroa in zwei Teile zerfällt:1.ob man 
dieses Organ für ein Homologon der sog. Appendicula verschiedener anderer 
Heliciden halten kann, 2. welche ist die morphologische Bedeutung dieser 
Appendicula, bzw. direkt, ob man dieselbe für einen Pfeilsack halten 
kann. Wir werden noch gegen Ende dieser Abhandlung sehen, daß die 
Entscheidung dieser Fragen von ungemeiner Wichtigkeit für die ganze 
Systematik der Heliciden ist, die gerade jetzt eine möglichst kritische 
Bearbeitung braucht. Die in neuerer Zeit mit großem Eifer geführte ana- 
tomische Erforschung verschiedener Vertreter von Stylommatophoren und 
vorwiegend Heliciden hat gewiß unsere Kenntnisse von den natürlichen 
Verwandtschaften einzelner Gruppen nicht unbedeutend bereichert, jedoch 
läuft sie jetzt schon die Gefahr in denselben Irrtum zu verfallen, welchem 
sie Stirn bieten wollte und den sie der älteren konchyliologischen Richtung 
vorwirft: die Überschätzung verschiedener geringer, sekundärer Merkmale 
und Erheben derselben zu Unterschieden von Gattungen und selbst höheren 
systematischen Einheiten. Es ist deshalb nötig, das bereits vorhandene 
anatomische Material wieder einer wirklich wissenschaftlich kritischen 
Kontrolle zu unterwerfen und dasselbe vom vergleichend-anatomischen 


3 4 A 


361 


“Gesichtspunkte zu beurteilen, und dann erst die so erhaltenen Erfolge für 
‚die systematische Einteilung der ganzen Gruppe zu benützen. 


Doch kehren wir zu unserem Thema zurück. Die sog. Appendicula 
(d. h. ein blinder Anhang auf dem weiblichen Anteile der Genitalien von 
unbekannter Bedeutung) ist schon von einer ganzen Reihe von Heliciden 
bekannt, hauptsächlich freilich bei der Gruppe der Helicellinen; die Gat- 
tungen Cochlicella Risso, Monilearia Mas., Theba Risso (bis auf kleine, 
unten zu erwähnende Ausnahmen) sind eben durch die Anwesenheit dieses 
‘Organs charakterisiert. Seine Form ist verschieden, manchmal ist es ein 
Anhang von bedeutender Größe, ein anderesmal ganz gering; in einigen 
Fällen sind auch zwei solche Anhänge vorhanden. Fast immer tragen sie 
am Ende oder nahe demselben noch ein akzessorisches, entweder langes, 
peitschenförmiges, oder kürzeres, dickeres, oder auch gespaltenes oder 
verästeltes Organ. Die Hauptcharakteristik dem Pfeilsack gegenüber 
besteht selbstverständlich darin, daß es keinen Pfeil bildet, ferner in dem 
Vorhandensein des letztgenannten Anhangsgebildes, sowie darin, daß 
Arten bekannt sind, wo ein ähnliches (am Atrium lokalisiertes) Organ 
neben dem normalen Pfeilsack existiert (Helicella pyramidata Drap. und 
elegans Drap.) ; nichtsdestoweniger ist schon hier anzuführen, daß gerade 
bei diesen zwei Arten Schmidt die Appendicula ganz anders zeichnet 
als sonst wo, als einen ganz kurzen Anhang am Atrium nämlich ohne jede 
komplizierenden Nebenorgane. Es ist also nicht sicher, daß es sich hier um 
dasselbe handelt wie bei der Appendicula aller anderen, des Pfeils und seines 
Sackes entbehrenden Formen — geschweige denn, daß wir bis jetzt keine 
eingehendere anatomische Untersuchung dieses Organs besitzen. Es ist 
mir bis jetzt die einzige Mitteilung von Overton (16) bekannt, der die 
Appendicula von Cochlicella barbara Li) auch an Schnitten histologisch 
untersuchte, weshalb ich mich bei seiner Arbeit länger aufhalten will. 


Die Beschreibung dieses Organs lautet: „It is 4-5 millim. in length, 
with a maximum diameter of 0-5 millim. and minimum diameter of 0-2 
millim., and lies coiled upon the vestibule and vagina. Near to the distal 
end of this organ there is a small muscle, which attaches it to the common 


1) Overton nennt die von ihm untersuchte Art Helicella barbara Lh = 
Helix acuta, er hält also beide Namen (gemeint ist selbstverständich acuta Müll.) 
für Synonyme, wie überhaupt eine ganze Reihe von Autoren. Dagegen unterscheidet 
die französische Schule beide Arten als verschiedene, ähnlichauchWesterlund. 
Caziot (6) versucht es z. B. zu beweisen, daß es sich tatsächlich um zwei ver- 
schiedene Arten handelt, und stützt sich dabei auf die (mir leider unbekannten) 
Studien von Coutagne. Das von uns besprochene Organ wird von Overton 
als einfach zugespitzt abgebildet, während ich unter dem Namen acuta Müll. auf 
den Abbildungen von Schmidt (l. c. Fig. 78), Moss und Paulden (Kopie bei 
Pilsbry l. c. Taf. 69, Fig. 19) und Wagner (19, Taf. 13, Fig. 71) das Ende 
in 2-3 kurze Ausläufeı gespalten finde. Ob es sich hier um einen spezifischen ana- 
tomischen Unterschied handelt, kann man natürlich von voınherein ohne wieder- 
holte Studien nicht entscheiden. 


362 


duct, opposite and just above the point where the vas deferens is given off.“ 
Und höher sagt er:,,There is no true dart gland in this mollusc, but a small, 
glandvlar diverticulum, which has been very differently interpreted by 
various authors." Die histologische Beschreibung ist dann wie folgt: ‚In 
a transverse section through the proximal end (Fig. 2),:the external wall 
is seen to be made up of a connective tissue sheath and a series of circular 
muscle fibres, which constitute the greater portion of the organ. Within 
this, at intervals, are groups of small gland cells and a lining layer of co- 
lumnar epithelial cells. The lumen in this region has a somewhat stellate 
appearance, owing to the wall being thrown into a series of large and small 
longitudinal ridges. Towards the middle of the gland these ridges become 
less pronounced (Fig. 3); otherwise a transverse section through this. 
region differs very little from the condition observed in Fig. 2. In a section 
through the distal end the gland cells appear to be absent, as also any 
indication of the longitudinal ridges, and the lumen contains a mass of 
mucus (Fig. 4). 

After comparing the histological structure of this gland with that 
of other dart-glands, and, taking into consideration its position in relation 
to the other terminal ducts of the generative organs, I am inclined to regard 
it as a degenerate dart-gland rather than an appendix or mucous gland.“ 

Wenn wir diese Beschreibung und die Abbildungen von Overton 
damit vergleichen, was wir oben über den Bau des Anhanges am Ovidukte 
von Leucochroa candidissima gesagt haben, so sehen wir, daB es sich ganz 
entschieden um Organe von vollkommen derselben morphologischen Bedeutung 
handelt. Es ist hier derselbe Bau der Wand von zirkularen Muskelfasern, 
dieselbe Form des hohen zylindrischen Epithels mit basalgelegenen Kernen, 
ganz ahnliche Form des gefalteten Lumens, dieselben Einlagerungen von 
Drüsenzellen an der Basis einzelner Falten. Ein Unterschied ist nur im 
Faltenreichtum, der bei Cochlicella größer ist (auf der Fig.2 bei Overton 
sind deren 11, davon kann man jedoch 4 als Hauptfalten unterscheiden — 
diese tragen auch an ihrer Basis die Driisenzellen, und an deren Aufbau 
nimmt auch die Muskulatur teil — die übrigen sind nur vom Epithel 
gebildet) als bei unserer Leucochroa, was aber selbstverständlich ein ganz 
untergeordneter Umstand ist, der fiir die Homologisation beider Organe 
nicht die geringste Bedeutung hat. Wenn also der Anhang bei Cochlicella 
als Appendicula bezeichnet wird, so gehört dieser Name auch unserem 
Organe von Leucochroa. 

Der zweite Teil unserer Frage ist nach der morphologischen Be- 
deutung dieser auch von anderen Helicellinen bekannten Appendicula. 
A. Schmidt führt sie von Helicella pyramidata Drap. (Taf. VII., 
Fig. 46) und H. clegans Gm. (Taf. VII., Fig. 48) an (bei diesen Arten als 
einen kleinen, dicken, kurzen Anhang, außerdem am Ovidukt zwei typische 
Pfeilsäcke und Glandulae mucosae); in ähnlichen Verhältnissen noch 
Moquin-Tandon bei H. trochoides Poir. (Taf. XX., Fig. 15) und 


263 


schlieBlich v. Ihering (11) bei H. elata Faure (Taf. XIX., Fig. 17), 
alles Arten, die zur Sektion Trochula Schlüt. (= Turricula Beck) angehören. 
Ferner kommt ein den Pfeil nicht bildender Anhang am Ovidukte ver- 
schiedener zu Helicellinen gezählten Gruppen vor, die aber keinen Pfeil- 
sack besitzen ; jetzt wird dieser Anhang auch bei diesen Formen als Appen- 
dicula bezeichnet. Hieher gehören die Gattungen Cochlicella Risso (es 
wurde mehreremal C. acuta Müll. untersucht, z.B.von Schmidt Taf. X., 
Fig. 78 als Buliminus acutus; Moquin-Tandon Taf. XX., Fig. 29, 
ferner auch Ashford, Moss und Paulden (Kopie auch bei 
Pilsibeyune, Taylor, in neuester: Zeit Wagner, l.-c.) ; die Arten 
C. conoidea Drap. und ventricosa Drap. beschreibt und zeichnet Moquin- 
Tandon, ihre Verhältnisse scheinen bedeutend abweichend und werden 
wahrscheinlich noch eine Revision brauchen; am auffallendsten ist der 
Umstand, daß er bei der ersten einen Pfeilsack angibt und beide einige 
Schleimdrüsen haben, während C. acuta keine besitzt. Eine weitere mit 
diesem Organ versehene Gruppe ist nach der neuesten Arbeit von Hesse 
(10) Monilearia Mas., wo es in der Form eines walzig-spindelförmigen 
Körpers entwickelt ist, welcher am Ende einen langen, in drei Äste ge- 
spaltenen Anhang trägt. Schließlich gehört hieher die Gattung Theba, 
von welcher einige Arten Schmidt, Moquin-Tandon, Wagner, 
ferner eine ganze Reihe von Arten in einigen Publikationen (auch aus 
neuester Zeit) Hesse (7, 8, 9) beschreiben. In dieser Gattung halte 
ich für einen besonders wichtigen Umstand, daß von einer ihrer Art (Th. 
ravergieri Fer.) Hesse (9) zwei Appendiculae angibt ; leider gibt Hesse 
nichts Näheres über ihre Gestalt und Position an, so daß wir seine künftige 
eingehendere Bearbeitung und Veröffentlichung dieses Befundes abwarten 
müssen. 

Obgleich er so wertvolle Belege über die Verbreitung dieses Organs 
bei den Helicellinen gebracht hat, so hat sich doch Schmidt zu keinen 
Vermutungen über seine morphologische Bedeutung entschlossen; im 
Gegenteil, er sagt auf S. 9 ausdrücklich: „Was für Funktionen die Glan- 
_ dulae mucosae haben, wozu der Blasenstiel in vielen Fällen mit einem 
Divertikel versehen ist, was es mit den Anhängseln an der Vagina unterhalb 
der Glandulae mucosae für eine Bewandtnis hat, welche oft als Stellvertreter 
des Pfeilsacks betrachtet werden,!) wozu der peitschenförmige Anhang dient, 
der bei mehreren Bulimusarten, unterhalb des Musculus retractor sich an 
die Rute heftet und gleich dieser einen besonderen Arm des Musculus 
retractor erhalten hat, darüber wage ich keine Vermutungen auszu- 
sprechen.“ 

Die erste — und bis jetzt eigentlich auch die einzige ganz originelle 
— vergleichend-anatomische Würdigung dieser Verhältnisse hat v. Ihe- 
ring (11) durchgeführt. Er hält die Appendix am Penis und die Appen- 


1) Von mir gesperrt. 


364 


dicula am Ovidukte, bzw. am Atrium für homologische Organe, und spricht 
sich in dieser Weise mehreremal ganz entschieden aus. So sagt er S. 402: 
„Von besonderer Wichtigkeit ist die Beachtung des Appendix, also jenes 
Blindsackes am Penis, welcher distal vom Retraktor sich befindet, bald 
näher an der Genitalkloake, bald weiter davon. Es scheint nun, daß dieses 
- Organ in manchen Fällen auf die Genitalkloake oder auf die Vagina über- 
tritt. Instruktiv scheinen mir in dieser Hinsicht die bei manchen Xerophilen 
beobachteten Verhältnisse zu sein. So haben Helix joppensis Roth und 
tuberculosa Conr. einen Appendix am Penis, während bei den nahe ver- 
wandten Arten H. pyramidata Drp. und H. elegans Gm. ein ähnlicher 
Blindsack am Penis fehlt, aber an der Vagina angetroffen wird. Da alle 
diese Formen doppelte und sehr kleine Pfeilsäcke besitzen, so kann es sich 
in diesem unpaaren sehr langen zuweilen in zwei Abschnitte gegliederten 
Anhang nicht um eine Umbildung des Pfeilsackes handeln, zumal beide 
Gebilde in den meisten Fällen nebeneinander existieren. ...‘“ Und ein Stück 
weiter: „Ich halte danach den Appendix des Penis für homolog mit dem 
wohl drüsigen Blindsacke der genannten Xerophilen, welcher am weiblichen 
Leitungswege ansitzt und als Appendicula bezeichnet werden mag.“ Er 
führt jedoch diese Homologie noch weiter und zwar mit jenem Organ, 
das als Pfeilsack bei verschiedenen Vertretern der Zomtiden (Nanina, 
Zonitoides, einige Vitrinen usw.) bezeichnet wird, das jedoch mit dem 
Pfeilsack der Heliciden nichts zu tun hat und welches im Unterschied 
zu diesem, den er hasta amatoria (Liebespfeil) nennt, v. Ihering als 
pugio amatorius (Liebesdolch) bezeichnet. „Appendix, Appendicula sind 
danach homologe Gebilde und auch der Liebesdolchapparat gehört hierher. 
Ist das richtig, so wird man nie Appendicula, Appendix und Liebesdolch- 
sack oder zwei von beiden gleichzeitig antreffen, was tatsächlich nie 
der Fall ist. Wenn der Liebesdolchapparat sich zur Appendicula rück- 
bildete, so darf sich also bei den damit ausgerüsteten Gattungen weder 
Appendicula noch Appendix vorfinden und das geht ja auch aus den 
Tatsachen hervor. — Wenn die Appendicula an der Vagina oder im 
Winkel zwischen ihr und Penis mündet, ist ihre Deutung klar, tritt sie 
ganz auf den Penis über, so nennen wir sie Appendix.‘ (S. 411.) 

Ich habe diese ganzen Sätze aus Iherings Arbeit angeführt, 
weil ich sie für das wichtigste halte, was bis jetzt von der morphologischen 
Beschaffenheit dieser Organe gesagt wurde, obgleich ich gleich bemerke, 
daß ich mich denselben nicht ausnahmslos anschließen kann. Derselbe 
Autor hält den blinden Anhang am Atrium von Cochlicella acuta Müll. 
fur eine Appendicula (‚Ich dagegen halte das dem Penis gegenüber an 
der Genitalkloake sitzende Anhangsgebilde für Appendix resp. für die 
Appendicula,“‘ S. 440). Dagegen spricht er sich von dem ähnlichen akzesso- 
rischen Organe der Carthusiana- (= Theba-) Arten ganz änders aus. Auf 
der Mitteilung von Hesse fußend, daß Dietz in diesem Anhang 
bei Helix cantiana einen 10 mm langen Pfeil gefunden hat, sagt er: ,, Wenn 


An ee 


365 


die Beobachtung, wie wohl kaum zu bezweifeln, richtig war, so ist also 
dieser Anhang von Carthusiana ein rudimentärer modifizierter Pfeilsack 
und nicht mit der sehr ähnlichen Appendicula mancher Xerophilen zu 
verwechseln.‘ Das ist ein sehr wichtiger Satz, welcher eine größere Be- 
achtung späterer Autoren verdient hätte, als er gefunden hat, und der 
die tatsächlichen Verhältnisse gewiß ganz richtig ergründet — freilich mit 
dem Nachtrage, daß er nicht bloß für die Gattung Theba gültig ist. 
Den oben erwähnten Ansichten von Ihering über die Homo- 
logie des Appendix und der Appendicula hat sich vollständig F. Wieg- 
mann (22) angeschlossen, der ebenfalls die Ausnahme von Theba gelten 
läßt, wo er die Möglichkeit einer Homologisierung mit dem Pfeilapparat 
zuläßt ; überhaupt sind seine Ausführungen eigentlich nur eine Wieder- 
holung jener von Ihering mit einer geringen Applikation auf die 
Gattung Buliminus Ehrbg. Eine etwas andere Richtung hat Pilsbry (17) 
eingeschlagen ; er stimmt zwar mit Ihering darin überein, daß die 
Appendix des Penis mit der Appendicula einiger Helicellinen homolog 
ist (so sagt er auf S. XV.: „The gland or sack upon the penis, called the 
appendix, is probably a very ancient character, and is homologous with 
that sometimes developed upon the atrium,“ und S. 262 von der Sektion 
Trochula Schlüt.: ‚At base of. vagina or on the atrium a large sack-like 
appendicula‘‘), aber den Anhang am Ovidukte von Cochlicella hält er 
nicht so entschieden für eine Appendicula wie Ihering, denn er sagt 
davon (S. 263): „a long organ of unknown function, either a degenerate 
dart sack or an appendix“. Dagegen hält er die sog. Appendicula bei Theba 
ganz entschieden für einen rudimentären Pfeilsack ; auf S. 265 lesen wir 
bei der Beschreibung der Genitalien dieser Gattung: ‚Far below them 
(gemeint sind die Glandulae mucosae) is a long blind sack with plicate 
internal walls, but containing no dart, evidently a degenerate dart sack.” 
Overtons Ansicht iiber die Beschaffenheit der sog. Appendicula 
bei Cochlicella barbara haben wir schon oben (S. 12) angeführt, und wir 
haben erwähnt, daß er dieses Organ eher für einen degenerierten Pfeilsack 
als für Appendix oder Glandula mucosa halten will. Nichtsdestoweniger 
wendet Hesse in seinen neuen Publikationen von der Gattung Theba 
immer den Namen Appendicula — freilich ohne sich bis jetzt in Betrach- 
tungen über ihre vergleichend-anatomische Beschaffenheit einzulassen — an 
und ähnlich auch Wagner (19), indem er über Theba und Cochlicella 
handelt ; sie halten also wahrscheinlich dieses Organ für homoleg mit der 
Appendicula am Atrium einiger Helicellen aus der Verwandtschaft von 
H. elegans (= Trochula Schlüt.). Ganz ähnlich betrachtet wohl Hesse 
auch den ähnlichen Anhang bei Monilearia, den er ebenfalls Appendicula 
nennt. 
Um in diesen schwierigen Fragen Sicherheit zu gewinnen, wäre 
es zuerst selbstverständlich nötig, die betreffenden Organe in ihrer embryo- 
logischen Entwicklung bei zahlreichen Vertretern zu untersuchen und 


366 


dann nach den Grundsätzen der strengen vergleichenden Anatomie und 
Embryologie die Homologisation dieser verschiedenen akzessorischen 
Organe durchzuführen. Dieses Ziel wird wohl noch lange ein pium desi- 
derium bleiben; jedoch müssen wir dennoch heute nicht nur immer bei 
der oberflachlichen Vergleichung der Form und Lage dieser Organe ver- 
bleiben, sondern wir können wenigstens eine einigermaßen eingehendere 
Analyse durch die Uttersuchung des histologischen Aufbaues durchführen 
und auf diesem Wege die Lösung der betreffenden Probleme versuchen. 
Dieser Weg ist in der vergleichenden Anatomie der Stylommatophoren 
schon höchst nötig; denn ich bin überzeugt, daß bei der Art und Weise 
der anatomischen Untersuchung, wie sie heute getrieben wird, sehr oft 
geringe Unterschiede der äußsren Form einzelner Organe überschätzt, 
oder andererseits wieder Sachen, deren morphologische Bedeutung ganz 
verschieden ist, durcheinander geworfen werden. Auf einen solchen Fall 
aufmerksam zu machen, habe ich zusammen mit Dr. J. F. Babor (3) 
Gelegenheit gehabt bei der Beschreibung einer neuen Art der Gattung 
Agriolimax Mörch aus den Ostkarpathen (Agriolimax huculorum), welche 
sich von allen anderen Arten ihrer Gattung dadurch unterscheidet, daß 
ihr jene verschieden ausgebildete akzessorische Drüse am Penisende fehlt, 
so daß die äußere Form der Genitalien keineswegs als der Gattung Agrio- 
limax gehörig imponieren konnte; durch mikroskopische Untersuchung 
haben wir jedoch eine Menge Drüsenzellen in der distalen Partie des Penis 
festgestellt, die — sowohl vergleichend-anatomisch als höchstwahrscheinlich 
auch funktionell — der akzessörischen Drüse anderer Agriolimax-Arten 
entsprechen. 

Zu demselben Zwecke habe ich also Serienschnitte durch die sog. 
„Appendicula“ von Theba carthusiana und den Pfeilsack von Helicella obvia 
Htm. hergestellt. Bei der ersteren (Taf. II. Fig. 5) schen wir folgenden histo- 
logischen Bau: Unter einem zarten bindeg web gen Überzuge (,,Peri- 
toneum‘‘) finden wir zuerst eine ganz dünne Schicht ven lengitudinalen 
Muskelfasern, unter welcher sich eine zien lich n ächtige Schicht ven Fasern 
von vorwiegend zirkulärem Verlaufe befindet. Diese Schicht bildet g-gen 
das Lumen zahlreiche längliche Falten (auf unserem Schnitt gibt es 11 
gr 6Bere und etwa 5—6 kleinere), die mit einem einschichtigen zylindrischen 
Epithel nit länglich-ovalen Kernen bedeckt sind. Am distalen Ende dieses 
Oigans sitzt ein langer dünner Anhang, der an Schnitt fast nur von zirku- 
lären Muskelfasern gebildet erscheint; das Epithel ist hier bedeutend 
höher als in der unteren Partie, das Lumen zien lich einfach, auf der Bildung 
dieses vierlapp'gen Lumens nimmt keine Muskelschicht, sondern nur 
das Epithel teil. 

Wenn wir mit diesem Befund den Bau des Pfeilsacks bei der ge- 
nannten Helicella-Art vergleichen, so sehen wir ganz ähnliche Verhältnisse. 
Auch hier finden wir eine äußere Schicht von longitudinaler Muskulatur, 
nur ist sie bedeutend mächtiger als bei dem erstgenannten Organe; 


367 


während dieselbe dort nur die Dicke einer bis zwei Muskelfasern enthalten 
hat, ist sie hier als eine mächtige, etwa ein Drittel bis hie und da fast eine 
Hälfte der Dicke der ganzen Wand einnehmende Schicht. Mittels einer 
schräg verlaufenden Ubergangsschicht geht dann diese äuBere Schicht 
in die mittlere von zirkulären Fasern über, auf welche dann als innerste eine 
direkt unter dem Epithel liegende Schicht folgt, wo außer zirkulären 
- Fasern stark auch solche von radiärem Verlaufe hervortreten. Das Epithel 
selbst ist wieder hoch, zylindrisch, mit basal gelagerten, ovalen Kernen. 
Das Lumen ist hier nicht von einem so komplizierten Bau wie bei der 
vorigen, jedoch bei anderen Heliciden ist das Lumen des Pfeilsacks von 
sehr kompliziertem Durchschnitt. In der höchsten Partie wird das Lumen 
enger, sein Epithel wird höher, die longitudinale und innere radiale Muskel- 
schicht wird dünner, bis diese letztere schließlich ganz verschwindet. 

Wir sehen also, daß es absolut keinen prinzipiellen Unterschied 
im Bau der scg. Appendicula bei Theba und eines echten Pfeilsacks bei 
Helicella gibt: Unterschiede, die wir gefunden haben, betreffen die Mäch- 
tigkeit der Schicht der longitudinalen Muskelfasern, den Bau der innersten 
(radiären) Muskelschicht bei Helicella und die Kompliziertheit des Durch- 
schnitts. Die ersten zwei Umstände sind ganz gew 8 dem Verluste der 
ursprünglichen Funktion: Bildung des Pfeiles, zuzuzählen. Wie bekannt, 
wird bei der Paarung dieses Gebilde von dem als Weibchen fungierenden 
Tiere mit bedeutender Kraft nach auß n vorgeschnellt und in den Leib 
des anderen Tieres eing stossen. Zu dieser Bewegung, wenn sie von ge- 
nügender Schnelligkeit und Kraft sein soll, ist die Mitwirkung eben jener 
drei Muskelschichten nötig, die wir bei Helicella in sehr proportioneller 
Zusammenstellung festgestellt haben ; während die radiären und zirkulären 
Muskeln den Pfeil wie ein Schraubstock zusammendrücken, können di 
longitudinalen Fasern durch eine plötzliche Kontraktion den Pfeil mie 
bedeutender Schnelligkeit hervorschnellen — so etwa, wie die Gewehrkuget 
eine größere Durchschlagskraft dadurch bekonr t, daß sie sich durchl 
die ihr einen bedeutenden Widerstand bietende Laufbchrung durch- 
arbeiten muß. Daß die Anordnung der Muskulatur diesen dynamischen 
Verhältnissen entspricht, dafür zeugt auch der Un stand, daß die innerste 
— radiäre — Schicht verhältnismäß g am losesten ist, die Lücken zwischen 
den Fasern größer sind, so daß bei dem starken Druck der zirkulären 
Schicht diese inneren Fasern nicht rücksichtslos g gen den harten Pfeil 
gedrückt werden, sondern seitwärts ausweichen können. Nun verschwindet 
selbstverständlich bei Theba nit dem Verluste der Pfeilbildung auch das 
Bedürfnis dieses kon plizierten Baues der Wände; deshalb schen wir die 
äuß re longitudinale Schicht nur ganz dünn, die radiäre als selbständige 
Schicht verschwindet vollkomnen, und es ist eigentlich als einz ge ‘bei 
eventueller Kontraktion in Betracht zu ziehende Schicht die zirkuläre 
übriggeblieben. Über die Funktion des in dieser Weise degenerierten Pfeil- 
sackes wissen wir freilich vorläufig nichts ; sollte sie von drüsiger Natur 


368 


sein (was jedoch nach seinem Epithel kaum wahrscheinlich erscheint), 
dann würde wohl zur Entleerung seines Sekrets die zirkuläre Muskulatur 
völlig hinreichen. Jedoch sind solche Vermutungen bisweilen bei unseren 
rein morphologischen Betrachtungen überflüssig. 

Durch diese eben ausgeführte Analyse betrachte ich die Frage nach. 
der morphologischen Bedeutung der sog. Appendicula, die bis jetzt bei 
Cochlicella, Theba und Monilearia festgestellt wurde, für erledigt in dem. 
Sinne, daß es sich um einen echten Pfeilsack handelt, der die Funktion der 
Pfeilbildung eingebüßt und eine andere, bis jetzt unbekannte Funktion 
angenommen hat; durch diese Funktionsänderung sind zwar einige sekun- 
däre Bauveränderungen entstanden, der Grundplan jedoch gleich geblieben 
und die gleiche morphologische Beschaffenheit ersichtlich ist. Wenn wir 
aber das, was wir oben schon von dem akzessorischen Organ am Ovidukte 
von Leucochroa candidissima gesagt haben, mit den bisjetzigen Betrach- 
tungen vergleichen, so sehen wir, daß wir auch hier ein Organ von derselben 
vergleichend-anatomischen Bedeutung haben. Was uns hier als das einzige 
gewisse Verlegenheit bereiten kann, ist die Anwesenheit der sonderbaren 
komplizierten Drüse mit dem langen dünnen Ausführgang. Aber der Bau 
dieses Ausführganges erinnert auffallend auf den Bau des dünnen Anhangs. 
am Pfeilsacke — denn so können wir schon das Organ nennen — von 
Theba; auch Overtons Abbildung der distalen Partie desselben 
Organs bei Cochlicella paßt hieher ganz gut, und ich bin sicher, daB'auch 
der dreifach gespaltene lange Anhang bei Monilearia von ganz gleichem 
Bau ist, so daß es sich hier wohl um homologische, auf verschiedenen 
Reduktionsgraden befindliche Organe handelt. Einen gewissen Beleg für 
diese Ansicht bildet auch der Umstand, daß Hesse bei Theba ravergieri 
zwei solche Anhänge festgestellt hat, die höchstwahrscheinlich den dop- 
pelten Pfeilsäcken einiger Helicellen und Fruticicolen entsprechen. 

Nun bleibt noch das Verhältnis dieser als degenerierter Pfeilsack 
begriffenen ‚„Appendicula“ zu der Appendicula jener Helicellen der Sektion 
Trochula zu lösen übrig, wo sie als ein Anhang am Atrium bei Anwesenheit 
von echten — wenn auch kleinen — Pfeilsäcken am Ovidukte vorkommt. 
Leider wissen wir noch nichts von der genaueren morphologischen Zusam- 
mensetzung dieser Anhänge, jedoch erscheinen sie schon äußerlich als 
Organe, die mit den eben besprochenen nicht viel Gemeinsames haben. 
Es sind das am wahrscheinlichsten unbedeutende Ausstülpungen des 
Atriums, und diesen kann man bisweilen,den Namen Appendicula lassen ; 
auch kann man böchstens nur von ihnen die v. Iheringschen Ansicht 
von der Homologie mit der Appendix am Penis vielleicht gelten lassen. 
Daß die übrigen, am Ovidukte als Appendicula beschriebenen Organe 
keine Homologa der Appendix sind, beweist am besten eben unsere Leuco- 
chroa, von der wir oben gezeigt haben, daß sie eine typische Appendix 
am Penis und daneben am Ovidukt ein Organ hat, welches mit der früher 
sog. „Appendicula‘“ von Cochlicella indentisch ist. Wir haben hier also- 


369 


jenen Fall verwirklicht, welchen Ihering für nicht existierend gehalten 
und dessen Nichtexistenz er als eine der stärksten Stützen für seine Ho- 
mologisierung der Appendix und der Appendicula geführt hat: die Gleich- 
zeitigkeit beider, d. h. die gleichzeitige Entwicklung eines Anhangs am 
Penis und am Ovidukt. Schon daraus ist es ersichtlich, daß es sich bei dem 
letzteren nicht blcB um ein Homologon der Appendix handeln kann, 
sondern um ein ganz anderes Organ; und da muß man gestehen, daß es 
am richtigsten — wenn auch freilich mit gewisser Beschränkung, denn 
bei L.’candidissima hat er es nicht gekannt, sondern hat nur nach 
Schmidts Abbildungen von anderen Leucochroa geschlossen — 
Pilsbry begriffen hat, der — wie wir schon oben bemerkt haben — 
es für einen degenerierten Pfeilsack hält. 

Versuchen wir nun nach diesen vergleichend-anatomischen Betrach- 
tungen ihre Resultate hinsichtlich der systematischen Stellung der Gattung 
Leucochroa zu würdigen. Vielleicht ist es auch hier ratsam, einige Daten 
aus der zien lich bunten Historie anzuführen. Ursprünglich wurden die 
hieher gehörigen Arten von Beck (1837) in die grcB2 Gattung Helix L. 
gereiht, und zwar in die Nähe der Helicellen wegen der ähnlichen Lebens- 
weise und gewisser Schalenähnlichkeit.. Auch Albers (1) stellt sie in 
seine Untergattung Crenca, die freilich sehr hetercgene Elemente umfaßt 
(z. B. auch Iberus gualtierianus L.). Aber Moquin-Tandon und 
Bourguignat, die gefunden haben, daß Leucochroa candidissima 
einen glatten, in der Mitte mit einem Zahn versehenen Kiefer besitzt, haben 
eine Verwandtschaft zu den Zonitiden vorausgesetzt, ja Moquin- 
Tandon stellt sie direkt als Untergattung Calcarina zur Gattung Zo- 
nites, eine Ansicht, die trotz ihrer Sonderbarkeit Nachfolger gefunden hat. 
Unter ihnen ist zuerst E.v. Martens (2) anzuführen, der in der zweiten 
Ausgabe der Albersschen Heliceen Leucochroa als eine selbständige 
Gattung vor die Gattung Helix legt; ersagtausdrücklich, daß er es wegen 
der Verhältnisse der Genitalien macht — was freilich n ehr gegen die direkte 
Einreihung zu Zonites als zur Gattung Helix gerichtet ist (‚Der Mangel 
aller Ähnlichkeit in Habitus und Lebensweise mit Hyalina und Zonites 
veranlassen mich, auf die Differenzen im Geschlechtssystem generischen 
Wert zu legen,“ S. 79); nichtsdestoweniger ist er wahrscheinlich dem 
Eindrucke unterlegen, den der Befund eines glatten Kiefers bei einer sonst 
so ausgesprochen helix-ähnlichen Form gen acht hat. Ähnlich hat auch 
Westerlundin seiner Fauna (20) und im Methodus (21) für die Gattung 
Leucochroa eine besondere Familie Leucochroidae errichtet, die er in der 
ersten Publikation direkt hinter die Familie der Vitrinidae stellt, in der 
zweiten zwischen beide noch die Allognathidae einschiebt. Ferner hat 
auch Kobelt in seinem Kataloge (13) die Gattung Leucochroa in die 
Familie Vitrinidae eingereicht. 

Es ist wirklich sonderbar, daß sich eine solche Ansicht so lange 
tradieren konnte, obgleich A. Schmidt schon 1855 gezeigt hat, daß 

Bulletin international. XXI. 24 


370 


die hieher gerechneten Arten wegen der Lage des rechten Tentakelretraktors, 
der nach innen von den Genitalien und nicht oberhalb derselben zwischen 
Penis und Ovidukt liegt, ihre Verwandtschaft zu den Helicellinen kundgeben. 
Ähnlich glaubt auch Binney (5) nach der Beschaffenheit der Radula 
von L. boissieri Ch., daß diese Gattung entschieden zu Heliciden und nicht 
Vitriniden gehört. v. Ihering (11) widmet der Leucochroa nur wenig 
Aufmerksamkeit ; doch ist es aus der Bemerkung von der Anordnung 
der Muskulatur auf S. 428 ersichtlich, daß er wohl schon damals von der 
Zugehörigkeit zu den Helicellinen überzeugt war, die er ganz entschieden 
in der neueren Arbeit (12) vertritt. Hier hält er den glatten Kiefer von 
Leucochroa für sekundär aus dem gerippten Kiefer der übrigen Heliciden 
entstanden, und er denkt wohl auch schon auf eine Homologisation des 
Anhangs am Ovidukte mit dem Pfeilsack (,,Erstere Gattung [d. h. Leu- 
cochroa] hat einen durch Rückbildung der feinen Rippen glatt gewordenen 
Kiefer und am Genitalapparat Pfeilsack und glandulae mucosae stark 
degeneriert,‘“ S. 431). 

Äußerst sonderbar hat Leucochroa Pilsbry (17) eingereiht. Aus 
der Voraussetzung ausgehend, daß der Unterschied in der Form der akzesso- 
rischen mukosen Drüsen bei ostasiatischen und europäischen Helicident) 
von prinzipieller Bedeutung für die Verwandtschaft der belogonen (d. h. 
dauernd oder wenigstens in phylogenetischer Vergangenheit mit Pfeil 
versehenen) Heliciden ist, hat er dieselben in Belogona Euadenia und Belo- 
gona Siphonadenia geteilt. Während er aber alle europäischen Heliciden 
(Eulota fruticum ausgenommen, die in die erste Gruppe gehört) in S:pho- 
nadenia eingereiht hat, hat er die Gattung Leucochroa daraus herausge- 
rissen und reiht sie in Belogona Euadenia ein, die ovale Drüse von L. candi- 
dissima für die Glaudula mucosa der Heliciden haltend: Freilich tut er 
das nicht ohne Vorbehalt, denn S. 176 sagt er ausdrücklich, daß es eine in 
Genitalien und Kiefer degenerierte Gruppe ist und daß es sich vielleicht 
zeigen wird, daß sie unter Siphonadenia, in die Nachbarschaft von Helicella 
gehört. 

Pilsbrys Einteilung der Heliciden in Gruppen mit sackförmigen 
‚und walzenförmigen mukosen Drüsen hat in neuerer Zeit auch Kobelt 
(14) aufgenommen, der aber Pilsbrys Namen durch die B griffe 
. selbständiger Familien Eulotidae und Helicidae ersetzt hat. Leucochroa 
stellt er selbstverständlich in diese zweite Familie in die Verwandtschaft 
der Xerophilen (= Helicellen) ; darin hat sich ihm vollends auch C. R. 
Boettger (4) angeschlossen. 


Wenn wir nun auf Grund unserer vorausgehenden morphologischen 
Auseinandersetzungen über die systematische Stellung der Gattung Leuco- 


1) Deren erstere knäuel- oder sackförmige, in den Pfeilsack einmündende, 
letztere röhrenförmige, einfache oder gespaltene, am Ovidukt oberhalb des Pfeilsacks 
sitzende Drüsen haben. 


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371 


chroa entscheiden wollen, so müssen wir zuerst gewiB mit derjenigen über- 
einstimmen, die dieselbe in die Gruppe der Helicellinen eingereiht haben. 
Dem glatten Kiefer kann man keine solche Bedeutung zuerkennen, wie 
es einige Autoren nach Moquin-Tandon gemacht haben, und durch 
alle anderen Merkmale imponiert sie ersichtlich als eine Helicide. Der 
einzige wichtigere Unterschied den übrigen Helicellinen gegeniiber liegt 
vielleicht in der Anwesenheit des Diverticulums am Stiel des Receptaculum 
seminis ; erwagen wir jedoch. daB es selbst in einer so natiirlichen Gruppe 
wie die Sektion Helicogena Risso Arten ohne (pomatia L.) und mit Diverti- 
culum gibt, werden wir auch diesem Merkn ale nicht das Gewicht zu- 
sprechen, wie es vielleicht anfangs erscheinen môchte. In der Unterfamilie 
der Helicellinen ist dieselbe in die nahere verwandtschaftliche Gruppe 
der Gattungen Theba, Monilearia und Cochlicella einzureihen, die durch 
einen degenerierten, keinen Pfeil mehr bildenden Pfeilsack ausgezeichnet 
sind. Wenn die Angaben von Moquin-Tandon über C. conoidea 
und ventricosa sich als richtig erweisen sollten, dann waren wohl diese 
Arten der acuta nicht so nahe verwandt, wie man bis jetzt gedacht hat. 
Den typischen Helicellinen am nächsten würde Theba stehen, bei welcher 
noch typische Glandulae mucosae am Ovidukte erhalten sind; gleich 
danach komn t Monilearia, die keine akzessorischen Glandulae mucosae am 
Ovidukte mehr besitzt, den Pfeilsack jedoch von bedeutender Größe, 
mit einem langen gespaltenen Anhang versehen. Dann könnte man viel- 
leicht Cochlicella einreihen, und erst zuletzt würde die Leucochroa kommen, 
die in der Deg neration am weitesten vorgeschritten ist und zugleich in 


der Entwicklung des Kiefers abgewichen ist. 


Wenn wir zum Schlusse die Ergebnisse dieser Arbeit kurz zusammen- 
fassen wollen, so- können wir es in folgenden vier Thesen machen: 

1. Appendix des Penis verschiedener Stylommatophoren ist kein 
selbständiges .akzessorisches Organ, sondern bl.B eine sekundäre Aus- 
stülpung des Penis. 

2. Diesog. Appendicula einiger Helicellinengattungen (Theba, Cochlicella, 
Monilearia und Leucochroa) ist nicht nit den Appendix des Penis homolog, 
sondern bloß ein auf verschiedenen Stufen der Degeneration befindlicher 
Pfeilsack. 

3. Für ein Homologon der Appendix kann man höchstens die Appen- 


dicula am Atriun. der Helicellinen aus der Gruppe Trochula halten, und 


man kann nur für dieses Oigan diesen Namen belassen. 
4. Leucochroa ist eine echte Helicelline, die sich von ihren nächsten 
Verwandten nur sekundär durch den glatten Kiefer, was ein ganz neben- 


sächliches Merkmal ist, und durch das Diverticulum am Receptaculum 
seminis unterscheidet. 


24* 


372 


VERZEICHNIS DER ZITIERTEN LITERATUR. 


1. Albers, J. Ch.: Die Heliceen nach natürlicher Verwandtschaft syste- 
matisch geordnet. Berlin 1850. 
| 2. Albers, J. Ch-Martens E.: Die Heliceen nach natürlicher Ver- 
wandtschaft systematisch geordnet. II. Ausg. Leipzig 1860. 

3. Babor, J. F.u. Frankenberger Z.: Zur Kenntnis der karpa- 
thischen Weichtiere. Verh. d. k. k. zool.-bot. Ges. in Wien. Jahrg. 1914. 

4. Boettger,C.R.: Ein Beitrag zur Erforschung der europäischen Heli- 
ciden. Nachrbl. d. Deutsch. Malakozcol. Ges., XL]. 1909. 

5. Binney, W. G: On the Anatomy and Lingual Dentition of Ariolimax, 
andother Pulmonata. Proceed. of the Acad. of Nat. Sciences of Philadelphia. 1874. 

6. Caziot: Apropos des Helixacuta, barbara, crenulata et conoica. Feuille 
de Jeunes Naturalistes. 

7. Hesse, P: Beiträge zur Molluskenfauna Griechenlands III Jahrb. 
d. Deutsch. Malak. Ges. 1884. 

8. —, Kritische Fragmente V. Bemerkungen über das Genus Theba Risso. 
(Carthusiana Kob.) Nachrbl d. D. Mal. Ges. XL., 1908. 

9.—, Uber einige vorderasiatische Schnecken. Nachrbl. d. D. Mal. Ges. 
XIII: 1910. 

10. —, Zur Kenntnis der Anatomie von Monilearia phalerata W. B. Nachrbl. 
dD Mal> Ges! RETIT: (1911. 

11. Ihering, H. v., Morphologie und Systematik des Genitalapparates 
von Helix. Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. LIV. 1892. 

12. —, System und Verbreitung der Heliciden. Verh. d. k. k. zool.-bot. Ges. 
in Wien. 1909. 

13. Ko belt, W. Catalog der europäischen Binnenconchylien. Cassel 1871. 

14. —, Iconographie der Land- und Süßwassermollusken, N. F. Registerband. 
Wiesbaden 1904. ‘ 

15. Moquin-Tandon, A., Histoire naturelle des mollusques terrestres 
et fluviatiles de France. Paris 1855. 

16. Overton, H., Some Notes on the so-called Appendix of Helicella 
barbara (L.). Journ. of Mal: col., vol. X. 1903. 

17. Pilsbry, H. A. Manual of Conchology, vol. IX.: Guide to the Study 
of Helices. Philadelphia 1894. 

18. Schmidt, A., Der Geschlechtsapparat der Stylommatophoren in 
taxonomischer Hinsicht. Berlin 1855. 

19. Sturany, R. und Wagner, A.,Über schalentragende Landmol- 
lusken aus Albanien und Nachbargebieten. Denkschr. d. math.-naturw. Kl.d. Kais. 
Akad. d. Wiss. Wien 1914. 

20.Westerlund,C.A., Fauna der in der palaearctischen Region lebenden. 
Binnenconchylien. I. Lund 1886. 

21. W, Methodus dispositionis conchyliorum extremarinorum in regione 
palaearctica viventium. Acta Acad.scient.etart. Slav.merid. vol. 151. Zagrabiae 1902. 

22. Wiegmann, F., Die Genera Helicella Fer. und Buliminus Ehrbg. 
Nachrbl. d. D. Mal. Ges. XXXVII. 1905. 


Zdenko Frankenberger: Ein Beitrag zur Morphologie und Systematik des 
Geschlechtsapparates der Gattung Leucochroa Beck. Tafel I. 


Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 1917. 


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Ein Beitrag zur Morphologie und Systematik des 


Zdenko Frankenberger: 


Geschlechtsapparates der Gattung Leucochroa Beck. 


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Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême. 1917. 


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TAFELERKLARUNG. 


Tafel I. 


Fig. 1. Ausführgänge der Genitalien von Leucochroa candidissima. 

Fig. 2. Querschnitt durch den Penis von L. candidissima mit Appendix. Links 
Penis, rechts Appendix. Vergr. 40x. 

Fig. 3. Ein Teil des Epithels aus dem Penis von L. candidissima. Reichert, 
Obj. 8, Oc. 4. 

Fig. 4. Querschnitt durch den Penis von Clausilia dacica mit Appendix. Links 
Penis, rechts Appendix. Vergr. 40x. 

Fig. 5. Ein Teil des Epithels aus dem Penis von Cl. dacica. Reichert, Obj. 8, 
Oc. 4. 

Fig. 6. Ein Teil d2s Epithels aus der akzessorischen Drüse des Pfeilsagkes 
von L. candidissima. Reichert, Obj. 8, Oc. 4. 


Tafel II. 


Fig, 1. Querschnitt durch den Pfeilsack von L. candidissima an der Stelle 
der Abspaltung des Ausführganges der akzessorischen Drüse. Vergr. 72x. 

Fig. 2. Querschnitt durch dasselbe Organ, 0-14 mm oberhalb des vorigen 
'Schnittes. Vergr. 72x. 

Fi. 3. Querschnitt durch dasselbe Organ, 0-61 mm oberhalb des ersten 
Schnittes. Vergr. 72X. 

Fig. 4. Querschnitt durch die akzessorische Drüse von L. candidissima 
"Vergr. 30x. 

Fig. 5. Querschnitt durch den Pfeilsack von Theba carthusiana Vergr 72x. 

Fig. 6. Querschnitt durch den Pfeilsack von Helicella obuia. Vergr. 72x. 


Beitrag zum Büschel von Flächen zweiter Ordnung. 


Von DR. VÄCLAV SIMANDL, 


Privatdozenten an der böhmischen Technik in Brünn. 


(Vorgelegt am 23. Juni 1917.) 


Weil jeder Fläche 2. Ordnung zwei Regelscharen angehören, so können 
wir den Inbegriff aller Regelscharen eines Büschels von Flächen zweiter 
Ordnung als ein gewisses System von oo! Regelscharen betrachten. Wie 
wir im folgenden zeigen werden, können wir ein derartiges System von 
Regelscharen eineindeutig auf den Inbegriff aller Punkte einer doppel- 
punktlosen ebenen Kurve dritter Ordnung zuordnen. Diese Zuordnung 
wird uns zu einigen Zusammengehörigkeiten der Flächen 2. Ordnung und 
der linearen Komplexe führen. Insbesondere werden .uns die linearen Kom- 
plexe drei ausgezeichnete Involutionen in den Flächen des Büschels zeigen, 
nämlich diejenigen drei Involutionen, welche immer durch zwei Flächen- 
paare, in welche man auf die dreifache Weise die vier singulären Flächen 
des Büschels zuordnen kann, bestimmt sind. 


1. Über eineindeutige Zuordnung der Regelscharen der Flächen zweiter Ord- 
nung eines gegebenen Büschels auf die Punkte der doppelpunktlosen ebenen 
Kurve dritter Ordnung. 


Auf der Raumkurve 4. Ordnung erster Art 7, welche wir als die 
Grundkurve eines Flächenbüschels 2. Ordnung 3 betrachten wollen, 
denken wir uns einen beliebigen Punkt P, von welchem wir diese Raum- 
kurve auf eine gegebene Ebene # projizieren. Die Projektion unserer Raum- 
kurve ist eine ebene Kurve 3. Ordnung c vom Geschlechte 1. Der 
Gesamtheit aller 1 Regelscharen der oo! Flächen unseres Büschels wird 
dann durch unsere Projektion die Gesamtheit aller o! Strahlenbüschel 
erster Ordnung, welche ihre Scheitel in den Punkten der Kurve c? haben, 
korrespondieren. Es sei Q der Schnittpunkt der im Punkte P zu der Raum- 
kurve #4 geführten Tangente mit der Ebene w. Dieser Punkt muß selbst- 
verständlich auf der Kurve c? liegen. Wir werden dann durch unsere Pro- 
jektion folgende eineindeutige Zuordnung haben: 


Eine Regelschar des Flächen- Ein Strahlenbüschel, dessen Schei- 


büschels 2. tel auf c® liegt. 
Zwei Regelscharen eines Hyper- Zwei Strahlenbüschel, bei denen 
boloides des Flächenbüschels 2. die Verbindungslinie ihrer Scheitel 
Die vier singulären Regelscharen | durch den Punkt Q hindurchgeht. 
(Kegel) des Flächenbüschels 2. Die vier Strahlenbüschel, deren 


vier Scheitel auf c?zum gemeinsamen 
Tangentialpunkte den Punkt @Q 
| haben. 


Fragen wir uns jetzt, was in den Regelscharen des Flächenbüschels Z 
den Strahlenbüschelpaaren, deren zwei Scheitel immer ein Paar von kon- 
jugierten Punkten der Kurve c bilden, entspricht. Es ist aber aus der 
Theorie der doppelpunktlosen ebenen Kurven 3. Ordnung bekannt, daß 
zwei konjugierte Punkte auf diesen Kurven immer zu den ®! sogenannten 
Steinerschen Vierecken führen. Je zwei Gegenseiten dieser Vierecke sind 
dann die Strahlenpaare zweier Involutionen in den Strahlenbüscheln, 
deren Scheitel die zwei erwähnten konjugierten Punkte sind!) Es ent- 
sprechen also unseren beiden Strahlenbüscheln im Flächenbüschel Z zwei 
Regelscharen von der Eigenschaft, daß in den Geraden dieser Regelscharen 
zwei derartige Involutionen existieren, daß die Paare der einen Involution 
mit den entsprechenden Paaren der anderen immer ein windschiefes Vier- 
seit bilden. Jede von diesen Involutionen können wir als Involution von 
konjugierten Polaren eines linearen Komplexes betrachten. Dieser lineare 
Komplex enthält die Leitschar der Regelschar, in welcher wir die Involu- 
tion betrachten. Es ist aber auch ersichtlich, daß dieser lineare Komplex 
die andere von unseren beiden Regelscharen enthält. Wir sind hier also 
zu einer besonderen Lage von zwei Regelscharen gekommen, mit welcher 
wir uns auf einer anderen Stelle?) beschäftigen, wo wir derartige zwei Regel- 
scharen, als zwei Regelscharen in Involution bezeichnet haben. 

Wir haben also weiter bei unserer Projektion der Raumkurve r! aut 
die Ebene x folgende Zuordnung: 


Zwei Regelscharen des Flächen- ZweiStrahlenbüschel, deren Schei- 
büschels &, von denen die eine | tel ein Paar von konjugierten 
mit der Leitschar der anderen in | Punkten auf der Kurve c® bilden: 
demselben linearen Komplexe ent- | ~ 
halten ist. 


Weil aber zu jedem Punkte auf c® drei konjugierte Punkte auf c* an- 


1) R. Sturm: Die Lehre von den geometrischen Verwandtschaften. IV. Band 
pag. 174. $ 837.. 
2) Siehe meine Arbeit: ,, Über die windschiefen Hyperboloide in ihrem Zusam- 
menhange mit den linearen Komplexen.‘‘ Bulletin international de l’Académie des 
Sciences de Bohême. 1915. 


376 


gehören, so köanen wir von den Regelscharen eines gegebenen Flächen- 
büschels 2. Ordnung folgenden Satz aussprechen: 


Im Flächenbüschel 2. Ordnung existieren zu Jeder beliebigen Regelschar 
drei andere R:gelscharen, welche mit der ersteren immer in einem linearen 
Komplexe enthalten sindA) 


2 Über lineare Komplexe in ihrem Zusammenhange mit den Flächen des 
Büschels der Flächen zweiter Ordnung. 


Wir wollen jetzt beweisen, daß die erwähnten drei linearen Kom- 
plexe, welche durch jede Regelschar a? des gegebenen Flächenbüschels 
hindurchgehen, in Involution sind. Dazu brauchen wir zu zeigen, daß 
die drei Involutionen: J (@,, 8), J (&,,9), J (@,, d) von konjugierten Polaren, 
welche unsere drei linearen Komplexe in den Geraden der Leitschar a? 
der gegebenen Regelschar a hervorrufen, ein Tripel von drei sich gegen- 
seitig stützenden Iuvolutionen bilden. Wenn das der Fall sein soll, so 
müssen sich die drei Involutionen J (a,, B), J (@,, y), J (a, d) auf der 
Regelschar a,2 vom Punkte P der Grundkurve »* durch drei sich gegen- 
seitig stützende Strahleninvolutionen in einem Punkte A, der ebenen 
Kurve ¢? projizieren. Es seien 82, y2, d? die drei Regelscharen des Flächen- 
büschels Z, welche mit der Regelschar a? immer in einem linearen Kom- 
plexe liegen, und es seien B, C, D die Schzitel der drei Strahlenbüschel, 
welche die Projektionen dieser Regelscharen vom Punkte P auf die Ebene # 
sind. Nach der letzteren durch die Projektion der Grundkurve r! gewon- 
nenen Anordnung sehen wir, daß die vier Punkte A,, B,C, D ein Quadrupel 
von konjugierten Punkten auf der ebenen Kurve c® bilden. Der Punkt A, 
bestimmt je mit einem Punkte von den drei Punkten B,C, D immer ein 
System 6,,0,,0, von oo! Vierecken, welche sich der Kurve c3 einschreiben 
lassen, und welche die Punktepaare 41, B, A,C, Ay D, immer zu zwei 
gemeinsamen G2genecken haben. Diese Punktepaare bestimmen dann 
die drei eindeutigen involutorischen Korrespondenzen I}, I, Ty auf der 
Kurve 3, 

Es ist aus der Theorie dieser Kurven bekannt 2) daß wenn die Ecken 
eines vollständigen Vierseits auf der c3 liegen, die Gegenecken in einer 
T gepaart sind. Daraus geht aber sofort hervor, daß durch die Seiten- 
paare der Vierecke der Systeme @,, 6,, 6,, welche durch den Punkt A, 
hindurchgehen, die drei involutorischen Korrespondenzen von diesem 
Punkte A, projiziert werden. Es bilden dann die drei Systeme von 
den betrachteten Seitenpaaren drei Strahleninvolutionen, welche 


1) Vergl.: AHarnack: ,, Über die Darstellung der Raumkurve vierter 
Ordnung erster Species und ihres Secantensystemes durch doppelt periodische Funk- 
tionen.‘ Math. Annalen Bd. 12. Siehe den Satz auf Seite 73. 

*) R. Sturm: Die Lehre von den geometrischen Verwandtschaften IV. 
pag. 159. 


377 


sich gegenseitig stützen.t) Damit ist also auch die gegenseitige Involution 
der drei Involutionen J (a, B), J (a, y), J (&, d) und somit auch unserer drei 
linearen Komplexe, bewiesen worden. Wenn wir für den linearen Komplex, 
der zwei Regelscharen u?, v? enthält, die symbolische Bezeichnung 


{u?, v?} 


einführen, so werden wir für unsere drei gegenseitig sich in Involution 
befindlichen linearen Komplexe fo!gende Symbolik haben: 


{@*, 8°}, (@?, 7°}, {e?, 6°). 


Es seien A?, B?, C?, D? die Flächen 2. Ordnung, die Träger von den 
Regelscharen «?, B?, y?, d? sind, und es seien weiter a,?, 82, y, d die Leit- 
scharen dieser R:gelscharen. In Bezug auf die Existenz der drei angeführten 
linearen Komplexe und in Bezug auf die Tatsache, daß wenn zwei Regel- 
scharen in einem linearen Komplexe enthalten sind, auch ihre Leit- 
scharen in einem gewissen linearen Komplexe enthalten sind, geht die 
Existenz der drei linearen Komplexe: 


{a,?, By}, (2,2, x2}, {a?, 02 . 
hervor. 


Es läßt sich leicht ersehen, daß wir auf ganz dieselbe Weise, auf 
welche wir von der Regelschar «2 zu den drei linearen Komplexen: {a?, B?}, 
{a?, y?}, {a?, d?} gelangt sind, von der Regelschar @,? zu den drei Komplexen 
{vw 2, B°}, {@,2 y}, {@,2, 0,7} gelangen können. Es befinden sich also auch 
diese letzteren drei Komplexe in gegenseitig involutorischer Lage. 

Weil aber zwei lineare Komplexe schon in Involution sind, wenn 
einer von ihnen die Leitschar einer Regelschar, welche sich im ersteren 
befindet, enthält, so schen wir, daß die beiden hier betrachteten Tripel 
von linearen Komplexen eine Gruppe von sechs linearen Komplexen in 
Involution bilden. 

Weil die beiden Regelscharen «2 und @,? derselben Fläche 2. Ordnung 
A? angehören, die b>liebig in unserem Flächenbüschel gewählt werden 
kann, können wir unsere letzten Resultate in folgenden Satz zusammen- 
fassen: 

Mit jeder Fläche 2. Ordnung eines gegebenen Flächenbüschels ist eine 
Gruppe von 6 in gegenseitig involutorischer Lage sich befindlichen linearen 
Komplexen verbunden. Diese sechs linearen Komplexe enthalten zu ‘je drei 
je eine Regelschar der betrachteten Flächen des Büschels und haben die Eigen- 
schaft, daß in jedem von ihnen noch eine Regelschar enthalten ist, die einer 
von weiteren dre: Flächen des Büschels angehört. 

Wir sehen daraus, daß jede beliebige Fläche A? des Flächenbüschels 
2. Ordnung & uns noch drei weitere Flächen dieses Büschek, nämlich die 
Flächen B?, C?, D? definiert. 


1) ibidem pag. 158. 


378 


Bei unserer Projektion der Grundkurve # unseres Büschels von 
dem Punkte P auf die Ebene x projizieren sich die Regelscharen unserer 
Flächen, nämlich die Regelscharer : 


a, B?, y?, 02; a2, B2, v2, 02 


in die Strahlenbüschel, deren Scheïtel immer vier folgende Punkte auf 
der Kurve c® bilden:. 
ABCD AG, Bi Cal DE 


so daß immer die vier Punkte: 
A, B,, Cz DE A, 18% & 2; 


ein Quadrupel von 4konj. Punkten bilden und so, daß die Verbindungs- 
linien: : 
AAT PET CCC DD: 


durch den Punkt Q hindurchgehen, den schon betrachteten Schnittpunkt 
der zu der Grundkurve #4 im Punkte P geführten Tangente mit der Ebene x. 
Weil jeder Punkt von einem Quadrupel konjugierter Punkte auf c® immer 
auf dieselbe Weise die weiteren vier Punkte des Quadrupels definiert, so 
sehen wir, daß wir von jeder der vier Flächen A2, B2, C2, D? immer zu den 
übrigen drei auf dieselbe Weise gelangen. 

Es bilden also die Quadrupel A?, B?, C?, D? eine Involution 4.Grades J# 
in unserem Flächenbüschel. Ein Quadrupel dieser Involution J* bilden auch 
die 4singularen Flächen, die 4 Kegel des Büschels. Die linearen Komplexe, 
die dieses Quadrupel definiert, sind sämtlich spezielle lineare Komplexe. 
Es existieren insgesamt 6 derartige spezielle Komplexe oder Strahlen- 
gebüsche, ihre 6 Leitgeraden sind die 6 Kanten des Polartetraeders des ge- 
gebenen flachenbiischels. Im allgemeinen Falle bei dem Flächenquadrupel 
A?, B*, C? D? bekommen wir 12 lin. Komplexe, welche auf vierfache Weise 
zu je sechs eine Gruppe von 6 lin. Komplexen in Involution bilden. Diese 
4 Gruppen von linearen Komplexen sind ersichtlich die fulgenden: 


(a? 8°}, {@ 7%}, {a2 0°), {a 262}, (a? 977), {a 29}, 
er, Br, {BO}, (a? By}, (B°7,°}, (PRO) 
(y, Br Ph Ir 0) 1a Vas Pre Oral 
(a? O°}, {8,7 0°}, {1° 9}, {a7}, (BO), (7? 0,7} 


3. Uber drei besondere Involutionen im Flächenbüschel 2. Ordnung. 


Bei der Projektion der Grundkurve »? des Flächenbüschels Z von 
einem ihrer Punkte P, projizieren sich, wie wir oben in dieser Arbeit schon 
gezeigt haben, zwei Regelscharen p?, p,? einer Fläche M? des Büschels in 
zwei Strahlenbüschel, deren Scheitel M, M, auf der Projektionskurve c* 
liegen und durch den festen Punkt Q auf der c® hindurchgehen. Oder wir 


379 


können kürzer sagen, daß bei unserer Projektion jeder Fläche M? des Bü- 
schels Z eine Gerade m des Strahlenbüschels mit dem Scheitel Q eindeutig 
zugehört. Die Gerade m ist die Verbindungsgerade der Punkte M, M”, 
Es wird dann unserer Involution J? der Flächenquadrupel A?, B?, C?, D? im 
Flächenbüschel Z eine Involution 4. Grades der Strahlenquadrupel 
a, b, c, d im Strahlenbüschel mit dem Scheitel Q eindeutig zugeordnet. 
Wir können aber leicht ersehen, daß die Involution 4. Grades in dem 
Strahlenbüschel (9) diejenige Involution in diesem Strahlenbüschel ist, 
durch welche sich vom Punkte Q die Quadrupeln von konjugierten Punkten 
auf c? projizieren. Es ist aber aus der Theorie der doppelpunktlosen ebenen 
Kurven 3. Ordnung bekannt!) daß derartige Involution 4. Grades in drei 
gewöhnliche Involutionen, welche sich gegenseitig stützen, zerfällt. Wenn 
hy, Ra, Ra, Ry die vier Tangenten vom Punkte Q zu der Kurve c sind, so sind 
diese drei sich gegenseitig stützenden Strahleninvolutioren immer durch 
folgende zwei Paare bestimmt: 


PE eek a Ra hy 


Bei unserer Projektion der Grundkurve 74 auf die Ebene # sind aber 
wie wir oben gezeigt haben, den 4 Tangenten vom Punkte Pzu der Kurve c? 
vier Kegel des Büschels 2 zugeordnet. Bezeichnen wir uns diese Kegel 
K., K2, K,2, K,2. Es zerfällt also unsere Involuticnen 4. Grades J* im 
Flächenbüschel 2 in drei gevéhnliche Involutionen, welche immer durch 
folgende zwei Flachenpaare bestimmt sind: 


Wir wollen im Folgenden diese drei Involutionen als drei besondere 
Involutionen J;, Jz, J, des Flächenbüschels 2 bezeichnen. 


Diese drei Involutionen haben drei Paare von Doppelelementen, 
wir bekommen also ın jedem Büschel von Flächen 2. Ordnung sechs be- 
sondere Flächen, welche sich dreimal zu je zwei paaren. Zu diesen sechs 
besonderen Flächen ?. Ordnung des gegebenen Flächenbüschels sind schon 
mehrere Autoren auf verschiedenen Wegen gelangt. 2) Insbesondere aus- 
führlich hat sich mit ihnen A. Schrö.ter in scinem bekannten Buche über 
die Raumkurven 4. Ordnung erster Species beschäftigt. H. Schrötter defi- 
niert diese 6 besonderen Flächen als Hyperboloide, welche unendlich viele 


1) Siehe R. Sturm: Die Lehre von den geometrischen Verwandtschaften, 
Bd. IV. pag. 158. 

2) Laguerre: Sur un probleme de Géométrie relatif aux courbes gauches 
du quatrieme ordre. Journal de mathematiques. II serie, tome XV, pag. 193. — 
A. Voss: Die Liniengeometrie in ihrer Anwendung auf die Flächen zweiten Grades 
Mathematische Annalen. X. Band. pag. 177. A. Harnack:a.a.O. siehe die Seite 74 der 
zitierten Abhandlung. — A. Ameseder: Über Konfigurationen auf der Raumkurve 
vierter Ordnung erster Species. Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der 
Wissenschaften Bd. 87. II. Abtheilung pag. 119. 


380 


windschiefe Vierseite besitzen, welche gleichzeitig der Grundkurve des 
Flächenbüschels eingeschrieben sind?) 

Daß wirklich unsere sechs besonderen Flächen mit diesen sechs 
Hvperboloiden identisch sind, läßt sich leicht aus der Projektion der Grund- 
kurve rtauf die Ebene x ersehen. Bei dieser Projektion haben wir ersichtlich 
folgende Zuordnung: 


Die 6 Paare von Regelscharen der Die 6 Paare von Strahlenbüscheln, 
6 besonderen Flächen des Flächen- | deren Scheitelpaare auf 6 Geraden 
büschels 2. liegen, welche zu je zwei Doppele 


elemente der drei hier erwähnten 
sichstützenden Strahleninvolutionen 
im Punkte Q der Kurve c sind. 


Die Scheitel jedes beliebigen Strahlenbüschelpaares von unseren sechs 
Strahlenbüschelpaaren bilden immer ein Paar von konjugierten Punkten 
der Kurve c?. Es bestimmt also jedes von diesen 6 Punktepaaren auf die 
bekannte Weise ein System von oo! Vierseiten, welche der Kurve c? einge- 
schrieben sind. Diese sechs Mannigfaltigkeiten immer von oo! Vierseiten 
sind dann die Projektionen der Mannigfaltigkeiten der o1 windschiefen 
Vierseite, welche auf unserem besonderen Hyperboloide liegen und der 
Grundkurve 74 unseres. Flächenbüschels eingeschrieben sind. 

Es seien 

H2 HZ; H2 H2; H He 
die drei Paare von unseren besonderen Flächen des Büschels und 4,4? Yo? 
die beiden Regelscharen des Hyperboloides H?. Weiter seien Hy, H, die 
Scheitel der Strahlenbiischel, in welche sich diese Regelscharen vom 
Punkte P der Raumkurve 7! auf die Ebene x projizieren. Wenn wir die 
zwei Punktepaare H,, Ha, Hy, Hy. in Betracht nehmen, so sehen wir 
daß sie ein Quadrupel von konjugierten Punkten auf der Kurve c® bilden. 
Es führt also nach den B:trachtungen am Anfange dieser Arbeit die Existenz 
der vier Paare: 
My, His Hy, Ho, Hy His, Ay Hos 

von konjugierten Punkten auf der Kurve c® zu der Existenz folgender 
vier linearen Komplexe: 


Kr Aa}, War? rz}, (ln Lie), Kat 42). 

Wir sehen also, daß das Flächenpaar H,? H,? derartige Eigenschaft 
besitzt, daß durch jede Regelschar der einen Fläche zwei lineare Komplexe 
gehen, welche die Regelscharen der anderen Fläche enthalten. Die vier so 
gewonnenen linearen Komplexe sind in gegenseitiger Involution, weil sie 
zur Gruppe von 6 in gegenseitiger Involution sich befindlichen linearen 

*) H. Schrötter: Grundzüge einer rein-geometrischen Theorie der Raum- 


kurve vierter Ordnung erster Species. Leipzig 1890. Pag. 68, $ 10, insbesondere siehe 
‘den Satz auf der Seite 81. 


381 


Komplexen, welche sowohl mit der Fläche H,? als auch mit der Fläche H,? 
im Flächenbüschel & verbunden ist, ech Es ist ja klar, daß ebenso, 
wie das Flächenpaar H,? H,? zu vier linearen Komplexen führt, auch die 
zwei anderen Bitchenpaare, auf ganz dieselbe Weise zu je vier linearen 
Komplexen führen. Aus der Projektion vom Punkte P auf die Ebene x 
kann man dann ersehen, daß weitere Flächenpaare im Biischel 2 von der 
Eigenschaft der drei eben besprochenen Flächenpaare nicht existieren 
können. 

Wir können jetzt folgenden Satz aussprechen: 

In jedem Büschel von Flächen 2. Ordnung existieren drei Flächenpaare 
von der Eigenschaft, daß durch jede Regelschar der einen Fläche zwei lineare 
Komplexe hindurchgehen, welche je eine Regelschar der anderen Fläche ent- 
halten. Die vier so gewonnenen linearen Komplexe befinden sich in gegen- 
seitig involutorischer Lage. 

Weil die drei erwähnten Flächenpaare, welche wir jetzt als drei 
besondere Flächenpaare des Büschels Z bezeichnen wollen, die Doppelele- 
mente der drei sich gegenseitig stützenden Invcluticren J, Jo, Js sind 
so sehen wir, daß je zwei von diesen drei besonderen Flächenpaaren sich 
harmonisch teilen müssen. 

Von zwei Flächen unseres besonderen Flächenpaares läßt sich leicht 
beweisen, daß auf jeder von ıhnen ein windschiefes Vierseit liegt, welches 
mit seinen Diagonalseiten das Polartetraeder der anderen Fläche bildet 1) 
Daraus geht aber weiter hervor, daß die Flächen unseres besonderen Flächen- 
paares eine derartige specielle gegenseitige Lage haben, daß sie auf den 
Kanten eines Paares ihres gemeinsamen Polartetraeders immer zwei 
Punktepaare schneiden, welche sich harmonisch teilen. Auf demjenigen 
Gegenkantenpaare nämlich, das das gemeinsame Liagcnalseitenpaar 
der beiden erwähnten windschiefen Vierseite auf den beiden Flächen ist. 
Von zwei Flächen 2. Ordnung in dieser Lage haben C. Segre und G. Loria 
gezeigt, daß der harmonische Battaglinische Sirehlerlcn plex, welchen sie 
definieren, ein quadratischer Kemplex von der Kategcrie [(11) 1111] ist. 
Nämlich ein Komplex, dessen singuläre Fläche nicht ein allgemeines Tetra- 
edroid ist, sondern eine Regelfläche 4. Grades mit zwei doppelten wind- 
schiefen Leitgeraden.?) 


1) Siehe pag. 5 meiner hier schon zitierten Arbeit: ,, Über die windschiefen 
Hyperboloide etc.‘ 

AL Voss, a.a..O. pag. 174. 

2) C. Segre et G. Loria: ,,Sur les différentes espèces de complexes du 26 
dégré des droites, qui coupent harm~niquement deuxsurfaces du second ordre." Mathe- 
matische Annalen Bd. 23, pag. 223 und 224. 

Vergl. auch meine Arbeit: ,, Über die P* Flächen in ihrem Zusammenhange 
. mit den Raumkurven 4. Grades erster Species und den harmonischen quadratischen 
Strahlenkomplexen.‘‘ (Bulletin de l’Académie des Sciences de Bohême 1915), wo in 

$$ 2 und 3 die hier erwähnte spezielle Lage von zwei Flächen 2. Ordnung behandelt 
und als „harmonische Lage‘‘ zweier Flächen 2. Ordnung bezeichnet wird. 


Die Entwicklung der Milz. 


J. JANOSIK. 


(Vorgelegt am 26. Mai 1916.) 


Bei meinen entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten bin ich zu der 
Überzeugung gekommen, daB es nôtig ist will man die Entwickelung eines 
Organes studieren, von weit jiingeren Stadien auszugehen, als jene sind, 
in denen man bereits die Anlage des Organes erkennen kann. Denn es 
sind gerade die vorangehenden Veränderungen, die die Entwickelung 
irgendeines Organes einleiten, die lehrreichsten, indem sie den Weg der 
Entwickelung geradezu vorzeichnen. Zu dieser Zeit sind die Beziehungen 
irgendeiner Anlage zu der Umgebung die einfachsten und kônnen deshalb 
leicht begriffen werden. 

Nochmals habe ich mich entschlossen die Entwickelung des Milz 
zu studieren, da bisher in dieser Sache keine Einigung erzielt worden ist. 
Wera Dantschakoff}) gibt zwar an, daB sich die Milz ohne jede Be- 
teiligung des Pankreas oder des Darmepithels entwickelt, sie führt aber 
aus, daß auch das Cölomepithel nicht den Ausgangspunkt bildet, denn 
die Milzanlage wird nur durch Verdichtung der Mesenchymzellen gebildet, 
indem die Mesenchymzellen dicht beieinander bleiben. 


Ich will hier nicht die in der Literatur befindlichen Angaben über 
die Entwickelung der Milz näher anführen, es ist dies in der Arbeit von 
B. Choronschitzky?) Dantschakoff uy 2. geschenen pines 
will ich nur der Hauptfragen gedenken, nachdem ich mich bereits in 
einer meiner früheren Arbeiten?) demit befaßt hatte. 


Nach dem Vorgange von v. Kupffer haben viele Forscher de 
Milz als ein Derivat des Hypoblastes oder des Darmepithels betrachtet 


1) W. Dantschakoff: Über d. Entw. d. Blutes u. der Blutbildungs- 
organe etc. Arch. f. mik. Anat. Vol. 87. 1916. 


?) B. Choronschitzky: Die Entstr. d. Milz. etc. Anat. Hefte. Vol. 13. 1900. 


8) JanosSik: Slezina a pankreas. Rozpravy C. Akademie cis. Fr. Jos. rot, 
4. 1895 a v Ballet. daselbst und Le pancrées et la rate. Bibliogr. anat. Vol. 3. 1895, 


383 


und zwar so, daß sie dieselbe direkt vom Darmepithel ableiteten oder durch 
Vermittelung des Pankreas. Glas‘) spricht direkt von einer Splenisation 
eines Teiles von Pankreas. Maurer?) hat einen anderen Weg angegeben: 
es soll die Milz von Zellen, die im Mesenchym sich befinden, aber von dem 
Darmepithel abstammen, den Ursprung nehmen. 

Radford?) tritt dieser Angabe Maurers entgegen und zwar 
deshalb, weil ‘‘Cells identical with the intestinal epithelium were to be seen 
here and there in the mesentery, but were few in number, and easily to be 
distinguished from the mesenchyme cells among which they lay (Fig. [4]a). 
In no case were there such cells in the spleen-anlage itself, nor was there 
any transition...“ ,,...the spleen in Rana arizes from the mesenchyme 
tissue of the dorsal mesentery, in close connection with the mesenteric 
artery, as a thickening of the lymphoid tissue which surrounds the wall 
of the artery at an early stage.‘ Doch ist die Abbildung des jüngsten Sta- 
diums (Fig. 2 I. c.) gänzlich unbeweisend und scheint eher die Herkunft 
vom Mesothel zu beweisen, indem man keine Verbindung mit ,,the lym- 
phoid tissue‘ sehen kann. Die Abbildungen von älteren Stadien sind für 
die Milzanlage von keiner Bedeutung mehr. 

Bemerkenswert ist die Angabeder Autorin, daß “The coelomic epi- 
thelium appears to form the capsule,and perhaps enters into the formation 
of the reticular network.‘ Für diese Angabe bringt die Autorin nichts 
Beweisendes. 

Andere Autoren betrachten die Milz nur als einen Abkömmling des 
Mesenchyms und machen keinen Unterschied zwischen Mesenchym und 
Mesothel und andere sehen die Milzanlage gerade im Mesothel. 


Einen vermittelnden Standpunkt veitritt Pinto?) Er hatte 
zwar nicht die Gelegenheit gehabt eine zusammenhängende Reihe von 
Säugetierembryonen zu untersuchen und hat eigentlich von verschiedenen 
Säugern nur einige ältere Stadien gesehen, doch kommt er zu dem Schlusse: 
„Che la milza nei vertebrati à un organo di origine mesenchimale. — Che 
l’epitelio coelomatico nella maggioranza di essi partecipa alla sua forma- 
zione.‘‘ Ich will hier nicht weiter darauf eingehen, warum Pinto dem 
Epithel auf der Oberfläche des Milzhüges keine Bedeutung zuschreibt, nur 
darauf sei hier hingewiesen, dass Pinto angibt, daß die Milz ,,in tutti 
i vertebrati sia un derivato del foglietto medio... nel senso pit lato.‘ 


In meiner angeführten Arbeit habe ich zu beweisen getrachet, daß 
die Milz vom Mesothel den Ursprung nimmt, wie es Toldt angegeben 


4) Glas: Über d. Entw. d. Milz bei Tropidonotus ant. Sitzber. d. k. Akad. 
Wien. Vol. 109, 1900. 

5) Maurer: Die erste Anl. d. Milz. etc. Morphol. Jahrb. Vol. 16, 1890. 

6) Miss M. Radford: Developm. of the spleen. Journ. of Anat. and Physiol. 
Vol. 42, 1908. 

7) C. Pinto: Sullo svillupe della milza etc. Arch. ital. di Anat. e di embryol. 
Vol. III. 1904. 


384 


hat. Ich befaBte mich damals mit Embryonen von der Eidechse und fügte 
hinzu Beobachtungen beim Huhn, Schaf und Menschen. 

Nach den bisher erlebten Erfahrungen bin ich jetzt, wie bereits 
angeführt, bei dem Studium der Milzentwickelung zu weit jüngeren Stadien 
hinuntergestiegen und gerade dieser Weg scheint mir ein besonderes Licht 
auf die Milzentwickelung zu werfen und zwar besonders, was die Beziehung 
zum Mesothel anbelangt. Zum Studium griff ich zu Zieselembryonen, die 
ich von freilebenden Tieren erhalten habe. Dieses ist wichtig, weil darin 
die Garantie für die ganz normalmäßige Entwickelung gegeben ist. Ferner 
besitze ich gerade von diesem Tiere eine ganze Reihe nahe aneinder lie- 
gender oder ganz gleicher Stadien und das ermöglicht auch die individuellen 
Verschiedenheiten und Abweichungen zu erkennnen. 

Bei diesem Tiere findet man bereits bei Embryonen von 3 mm Länge 
besondere Verhältnisse des Mesothels, die man in dem ganzen Umfange 
im Auge halten muß, um die Milzentwickelung dem Verständnis näher zu 
bringen. 

Bei einem der 3 mm langen Embryonen (bezeichnet mit «) finde ich, 
daß das Mesothel zu beiden Seiten des Mesenteriums, wo es nur etwas 
länger ist und dann an der Oberfläche der Darmwand, eine auffallende 
Mächtigkeit aufweist. Proximal kann die Verdickung des Mesothe's bis. 
zu jener Stelle verfolgt werden, an der die Herzwand der Darmwand. 
anliegt und da schreitet eine kleine Strecke weit das verdickte Mesothel 
auch auf den Peritonealüberzug des Herzens. Auch noch weiter proximal’ 
kann diese Verdickung bis auf den Pharyngealabschnitt zwischen 
die Viszeralbogen verfolgt werden. 


An der Stelle, an der die beiden 
Venae omphalomesentericae mit einander 
verbunden sind, findet man auf derrechten 
Seite des Mesenteriums eine kleine Rinne 
(Tab. I. Fig. 1.), die durch das wuchernde 
Mesothel bedingt ist. Diese Rinne zieht an 
der dorsalen Seite etwa von der Mitte des 
freien Mesenteriums ventral bis zu jener 
Stelle, an der das Herz der Darmwand an- 
liest.“ (Textfig. 1%) 

Die Rinne zieht etwa über sechs. 
Schnitte und endet mit einer Erhöhung‘ 
an jener Stelle, an der das Mesothel vom 
Fig. 1. Embryo etwa 3mm lang; Mesenterium an die anliegende Darmwand 
ms = Mesothel; vk = ventr. Kante. übergeht. In dieser Erhöhung (vh) ist ein 

kleiner Venenstamm zu sehen. 

Betrachtet man näher die Wucherung des Mesothels im ganzen, so- 
findet man, daß die Proliferation an der linken Seite mächtiger ist. 


385 


Besonders auffallend ist dieser Unterschied in der Gegend der sich 
entwickelnden Leber. Hier ist das Mesothel so mächtig, daß es fast das 
Mesenchym ganz verdrängt und sich bis an das Epithel des Darmrohres 


anlegt. Man kann aber noch bei diesem 
Stadium doch eine Spur des zwischen 
Darmepithel und Mesothel eingeschobenen 
Mesenchyms beobachten. 

Die Leberanlage besteht bei diesem 
Stadium nur aus zwei hohlen Epithel- 
kanälen, die von der Darmhöhle ausgehen, 
einander gegenüberliegend. Von dem rech- 
ten Kanälchen laufen noch einige solide 
Sprossen aus. (Fig. 2.) 

Auch noch an jener Stelle, an der 
sich das Darmrohr in die Nabelblase öff- 
net und nur sozusagen eine Rinne bildet, 
ist das erhöhte Mesothel an der linken 
Seite zu sehen, wo es sich noch eine 
Strecke weit auf der Splanchnopleura 
weiter zieht, es ist aber in dieser Ge- 
gend bereits ziemlich schwach und die 
Proliferation ist beschränkt. An der 
rechten Seite ist das Mesothel bereits 
ganz flach und e nschichtig geworden. 


IN 
Fig. 2. Vom selben Embryo in der 
Gegend der sich entwickelnden Le- 
ber (7). Ungleichheit des Mesothels 
an beiden Seiten (ms); vo = Vena 
omphalomesenterica. 


Distal von jener Stelle, an der man den Abgang der Leberanlage vom 
Darme sehen kann, gehen von der linken Vena emphalomesenterica Äste 
ab, die zwischen das Mesothel und das 


Äste. Auch 
mesenterica 


vz 
Fig. 3. Von demselben Embryo; 
der Schnitt ist in der Gegend der 
Verbindung des Darmrohres mit — 
der Nabelblase vz geführt. vu =V. In der sich 


abgabe von 


Darmepithel eindringen in dorsaier Rich- 
tung verlaufend; es sind das nur schwache 


von der rechten V. omphalo- 
gehen in dieser Richtung Äst- 


chen ab, die aber bedeutend schwächer 
sind als jene der linken Seite. An der dor- 
salen Seite des Darmrohres anastomosieren 
diese Äste nicht untereinander. Diese Ast- 


den Vv. omphalomesentericae 


ist auch noch in jener Gegend zu sehen, 


das Darmrohr mit der Nabel- 


umbilicalis; vo = V. omphalome- blase verbindet. (Fig. 3.) 
senterica ; p = die Pankreasanlage. Die Arteriae omphalomesentericae 
sind stark und von der rechten geht ein 


‚starker Ast in de Wand der Nabelblase. 


Bei einem um ein wenig in der Entwickelung vorgeschriteneren 
Embryo (2) reicht die Mesothelproliferation proximal soweit als das Colom. 


Bulletin International. XXI. 


25 


386 


(Fig. 4.) Auch hier übergeht die Mesothelverdickung eine Strecke weit 
an das Mesothel der Herzwand dort, wo dieselbe dem Darmrohre anliegt. 


Fig. 4. Etwas weiter entwickelt 

als der Embryo der Fig. 1.—3. 

a = Aorta; ve = Vena cardı- 

nalis; rz = Verdauungsrôhre; 
v = venöser Herzsinus. 


Schon in dieser Gegend kann beobachtet wer- 
den, daB die Verdickung des Mesothels an der 
linken Seite eine mächtigere ist, als an der 
rechten. 

Jene Rinne, von der bei dem vorange- 
henden Embryo (x) an der rechten Seite des. 
Mesenteriums gesprochen wurde, ist weiter ent- 
wickelt: sie ist tiefer und breiter. Am Schnitte 
ist sie mit einer dorsalen und ventralen Kante 
begrenzt. 

Bei dem jüngeren Stadium (z) ist eigent- 
lich nur die ventrale Kante mehr ausgebildet, 
an der dorsalen Abgrenzung der Rinne geht 
dieselbe nur durch eine leichte Hervorw6lbung. 
in die Umgebung über. In diesem Stadium ist 
die ventrale Kante weniger hervorragend, ob- 
wohl in derselben ein Venenast zu sehen ist. 
(Pig. 5), (Tat. 1. Fig. 2.) Unter die dorae 
Kante dieser Rinne zieht eine Einstülpung 
proximal und man kann dieselbe über drei 


hintereinander gehende Schnitte verfolgen. Sie zieht zwischen dem 
Mesothel und dem Darmepithel. Über die ventrale Kante setzt sich das 


verstärkte Mesothel auch auf die Herzwand 
fort, wie bei dem jüngeren Stadium ange- 
führt wuide. 

Die Vv. omphalomesentericae sind weit, 
so daß sie das proximal von der Leberanlage 
gelegene Cölom fast ganz ausfüllen. Das Me- 
sothel ist, wie angeführt, hoch und zwar auf 
beiden Seiten des Mesenteriums und des 
Darmrohres und bleibt hoch auch bis über 
jene Erhabenheiten, die durch die Entwicke- 
lung der Lunge bedingt sind. 

Zwischen dem Mesothel und dem Darm- 
epithel befindet sich in den proximalen Par- 
tien etwas Mesenchym, je weiter man aber 
distal fortschreitet, umsomehr ist das Me- 
senchym durch das wuchernde Mesothel ver- 
drängt, so daß in der Gegend der sich ent- 
wickelnden Leber nur hie und da zwischen 


Fig. 5. Ein Schnitt in der sich 

entwickelnden Herzgegend von 

demselben Embryo ; a = Aorta; 

vu = V. umbilicalis; ms = Me- 

sothel; vk = ventrale Kante; 
dh = dorsale Kante. 


Mesothel und Darmepithel eine Mesenchymzelle zu treffen ist. Erst dann, 
wo sich das Darmrohr in die Nabelblase öffnet und das Mesothel niedriger 


387 


geworden ist, drängt sich zwischen beide mit den Ästen der V. omphalo- 
mesenterica sinistra und weiter auch mit den Ästen der V. omphalomes. 
dextra etwas Mesenchym hinein. 

In diesem Stadium verbinden sich beide Venenäste dorsal vom Darm- 
rohre durch schwache Anastamosen untereinander und zwar an jener 
Stelle, an der die erste Wucherung des Darmepithels als Pankreasanlage 
zu finden ist. 

Diesem Stadium (2) steht sehr nahe jenes vom Embryo bn. Alle 
bisher angeführten Embryonen sind etwa 3 mm lang, doch ist der Grad der 
Entwickelung nicht ganz gleich, aber gerade deshalb kann eine zusammen- 
hängende Reihe der Entwickelungsphasen zusammengestellt werden. 

Auch bei diesem Embryo bn reicht das hohe Mesothel proximal so 
weit, als das Cölom reicht und zwar wieder nur dort, wo das Mesothel 
die Darmwand und ihr Mesenterium bedeckt. Man kann in dem Mesothel 
hier keine besondere Anordnung finden. Weiter distal, wo ein längeres 
Mesenterium sich vorfindet, ist das Mesothel stark, kompakt, so daß 
dasselbe einen starken Mesothelstreifen vorstellt, der bis zum Darmepithel 
reicht und das hier früher befindliche Mesenchym fast ganz verdrängt. Es 
bleibt hier vom Mesenchym nur hie und da eine Zelle übrig und ein 
schwaches Blutgefäßchen. Diese starke Wucherung des Mesothels, das das 
Mesenchym verdrängt und bis zum Darmepithel reicht, ist kaum ohne jede 
weitere Bedeutung. Man muß gerade aus diesem Verhalten des Mesothels 
darauf schließen, daß sich wichtige Entwickelungsvorgänge vorbereiten, bei 
denen dem Mesothel die größte Wichtigkeit zufallen wird. Es zeigt aber das 
Verhalten des Mesothels zum Mesenchym ganz klar, daß man beide nach 
der genetischen Seite nicht für gleichwertig betrachten und sich der Be- 
nennungen promiscue bedienen darf. Es wird auf diese Beziehungen weiter 
noch eingegangen werden. _ 

Die bei jüngeren Stadien an der rechten Seite des Mesenteriums im 
Mesothel und auch das Mesenchym eindrückende Rinne ist breiter und 
tiefer geworden. Der von dieser Rinne proximal ausgehende Fortsatz 
kann auf sechs Schnitten verfolgt werden und endet ebenfalls blind. Die 
Rinne und die von ihr ausgehende Ausstülpung üben einen Druck an das 
Darmrohr aus, das infolgedessen etwas plattgedrückt und gegen die 
linke Seite verdrängt wird. (Fig. 6.) 

Bei dem jüngeren Stadium trat die dorsale Kante der Rinne mehr 
hervor als die ventrale, die bei dem Stadium x kaum zu bemerken war. 
Distal verschwinden beide Kanten und es öffnet sich die proximal in eine 
blinde Ausstülpung auslaufende Rinne in die gemeinsame Cölomhöhle 
noch proximal von der Leberanlage. 

Bei diesem Embryo ist zu sehen, daß auch an der linken Seite ein 
Anlauf zur Bildung einer Rinne besteht, obwohl hier nur die ventrale 
Kante etwas vorspringt. Aber es verhält sich mit dieser ventralen Kante 
bei jüngeren Stadien ebenfalls so auch auf der rechten Seite. (Fig. 1.) 


25* 


388 


In der Gegend der Leberanlage ist das Mesothel mächtig, reicht aber 
nur an der linken Seite bis zum Darmepithel. An der rechten Seite ist 
das Mesothel niedriger und es befinden sich zwischen demselben und dem 
Darmepithel einige Mesenchymzellen. Dieser 
Unterschied ist auch weiter distal zu sehen, 
wie bei jüngeren Stadien angeführt wurde 
und zwar bis in jene Gegend, wo sich das 
Darmrohr in die Nabelblase öffnet. 

Die venösen Äste dringen von der 
linken V. omphalomesenterica bereits Ge- 
flechte bildend zwischen das hohe Mesothel 
und das Darmepithel und zwar dicht hinter 
der Leberanlage. Auch von der rechten V. 
omphalomes. gehen zwischen das dünne 
Mesothel und das Darmepithel Äste ab, 
die mit jenen der linken Seite anastomi- 
sicren und zwar dorsal vom Darme, eigent- 
lich dorsal von der in die Nabelblase sich 


VC = 


MS AN 
dh SHEETS 
Un. 


UM -- 


Fig. 6. Von einem etwas in der . 
GE fortsetzenden Darmrinne. 
Entwickelung vorgeschritteneren 


Stadium als Fig. 5. vc = V. car: An keiner Stelle kann bisher von einer 
dinalis; vu = V. umbilicalis; vo Milzanlage gesprochen werden, obwohl der 
= V. omphalomesenterica; vh = Anstoß dazu bereits durch das Auftreten 
ventrale — dh = dorsale Kante der Venengeflechte gegeben ist. Von der 

RU mn Aorta aus geht hier ein Stämmchen ventral 

gegen die Darmrinne, es ist aber unmôglich 
die kleinen Äste weiter zu verfolgen. Es ist das höchstwahrscheinlich 
die A. coeliaca. Man kann bisher noch nicht von einer A. lienalis, ga- 
strica etc. sprechen, weil diese Gefäße nicht nur in ihren Anfängen, 
sondern auch durch ihr Verhalten dazu gar nicht den Anlaß geben. 
Doch ist das in dorso-ventraler Richtung erweiterte Darmrohr proximal 
von der Leberanlage als die Anlage des Magens anzusehen. 

Ein etwas älterer Embryo ist mit ¢ bezeichnet. Proximal dehnt sich 
bei diesem das wuchernde Mesothel wieder bis in die Gegend, in der der 
Sinus venosus dem Darmrohre anliegt und kann als erhöht auch noch auf 
den Überzug des Sinus verfolgt werden. Es ist an der linken Seite eine 
stärkere Wucherung des Mesothels zu verzeichnen als an der rechten Seite; 
es ist das auffallender als bei jüngeren Stadien. In der Herzgegend ist durch 
das Mesothe: das Mesenchym ganz verdrängt und in dieser Gegend ist 
der Unterschied auf beiden Seiten am a ffälligsten. 

Distal von der Leberanlage ist die Pankreasanlage als eine Ver- 
dickung des Darmepithels zu sehen, die von jener Stelle ausgeht, an 
der sich wie in einer Kante die beiden Seiten des Darmrohres ver- 
einigen. Zwei Schnitte weiter distal öffnet sich das Darmrohr in die 
Nabelblase. 


389 


In der Gegend der Pankreasanlage ist das Eindringen der Äste von 
der V. omphalomesent. zwischen das hohe und wuchernde Mesothel und 


das Epithel der Darmwand am auffälligsten 
und es ist wieder an der linken Seite be- 
deutender als auf der rechten. Beide Äste 
vereinigen sich dorsal von der Darmwand 
und es zieht in dieses Geflecht, das sie bil- 
den, ein arterielles Stämmchen von der 
Aorta, wie bei dem vorangehenden Embryo. 

Jene bei jüngeren Stadien an der 
rechten Seite des Mesenteriums beschrie- 


bene Rinne ist tiefer geworden und die von 


ihr proximal ausgehende Ausbuchtung ist 
länger: man kann dieselbe an zehn Schnit- 
ten zwischen dem Mesothel und dem Darm- 
epithel verfolgen. Diese Ausbuchtung ist 
von den Seiten her abgeplattet und stellt 
somit am Querschnitte einen Schlitz mit 


S 
Qty 


| 
/ 


Fig. 7. Von einem weiter vorge- 
schrittenen Embryo als die Fig. 
Gave — V. cardınalısz v4 — 0e 
umbilicalis; vo = V. omphalo- 
mesenterica ; ms = Mesothel; 7 = 


dorsaler und ventraler Rinne dar. Um die 


Leberanlage. 


dorsale Rinne ist das Mesothel höher. Dort, 
wo sich die Ausbuchtung in das Cölom öffnet, tritt wieder die ae 


Fig. 8. Ein etwas längerer Embryo 

als 3 mm. Der Schnitt ist dicht pro- 

ximal von der Vereinigungsstelle 

der beiden Kanten geführt. ch = 

die proximale Cölomausstülpung; 

ve = V. cardinalis; ms = Meso- 
thel; vz = Darm. 


Kante stärker hervor, die ventrale ist fast 
ganz flach. An der linken Seite kann man 
keine Anzeichen einer Rinne sehen, nicht 
einmal so, wie bei dem frither beschrie- 
benen Embryo. Es ist möglich, daß dieses 
durch das Wachstum des Mesenteriums 
in ventraler Richtung bedingt ist, oder es 
handelt sich nur um individuelle Ver- 
schiedenheiten, die nicht immer zu wei- 
teren Abweichungen führen. 

Der Embryo v ist um etwas länger 
als 3 mm und ist auch weiter entwickelt. 
Die Verhältnisse des Mesothels sind im 
proximalen Abschnitte dieselben geblieben. 
Die Cölomausstülpung, die sich entlang 
der rechten Seite des Darmes zieht, kann 
auf 12 Schnitten getroffen werden. Im 
distalen Abschnitte ist diese Ausstülpung 
groß und verdrängt deshalb das Darmrohr 
noch mehr gegen die linke Seite zu, als es 
bei jüngerem Stadium der Fall war. D'e 
Beziehungen der Ausstülpung und ihres 


Mesothels sind in der Fig. 8 zu sehen. Das Mesothel ist in dieser Coelom- 


390 


ausstülpung höher am Mesenterium und an der Darmwand und zieht 
in dieser Beschaffenheit über die proximale Rinne auch auf das Septum, 
; das in dieser Gegend die Cölomausstül- 
pung von der übrigen Cölomhöhle ab- 
grenzt. Weiter distal, wo diese Ausstül- 
pung in die Rinne übergeht und wo also 
das Septum nicht vorhanden ist, kann 
man kein Verdrängen des Darmes nach 
der linken Seite zu beobachten. (Fig. 9.) 
Am Übergange in die Rinne ragt die 
dorsale Kante dieser Rinne mehr hervor. 

Schreitet man etwas weiter distal, 
so gelangt man in die Gegend der sich 
entwickelnden Leber. Dieselbe besteht in 
diesem Stadium aus zwei in entgegen- 
gesetzter Richtung von dem Darme abge- 
henden hohlen Sprossen. Von diesen 
Fig. 9. Ein Schnitt aus der Leber- Sprossen fangen aber weitere Zellbälk- | 
gegend desselben Embryo wie Fig. 8. ham stehran ide au. | 


vc = V. cardinalis; = V. ili- 
calis ; vo ae ; Nachdem in distaler Richtung die 
ms = Mesothel; 7 = die Leber. Leberanlage geschwunden ist, erscheint 
d’e Pankreasanlage. Dieselbe ist nur 
durch eine Verdickung des Epithels in der dorsalen Rinne des erweiter- 
ten Darmes gebildet. Diese Verdickung ist 
etwas gegen die rechte Seite gebogen (Fig. 
10) und reicht bis zu dem Mesothel der 
rechten Seite, das hier ein wenig erhöht 
erscheint. In der Fig. 10 ist an dieser 
Stelle das Mesothel infolge der Form der 
Rinne schiefgetroffen. 

Das Mesothel der linken Seite ist 
bedeutend hoch und zwar schon in dem 
proximal von der Leberanlage gelegenen 
Abschnitte, wie in der Fig. 8 zu sehen 
ist. Diese Verdickung ist in der Gegend 
der Leber- und Pankreasanlage besonders 
stark. Auf den ersten Blick scheint es, 
daß zwischen das Mesothel und das Darm- Fig. 10. Ein etwas weiter distal ge- 
epithel etwas Mesenchym eingeschoben ist führter Schnitt desselben Embryo; 
und zwar von der ventralen Seite her, °° = V- Caïdinalis, vu = V. eae 
Ù : licalis; vo = V. omphalomesent. ; 
Verfolgt man aber die Verhältnisse des p = Pankreasanlage; s = Schief- 
Mesothels und des vermeintlichen einge- schnitt durch das Mesothel. 
schobenen Mesenchyms, so kann man sich 
überzeugen, daB das verdickte Mesothel bis zu dem Darmepithel reicht 


391 


daB- nur das Aussehen und Gefüge desselben in der Tiefe ein anderes 
ist, als in den mehr oberflächlich gelegenen Schichten. An der Ober- 
fläche haben die Zellen die Zylinderform beibehalten und proliferieren 
stark in die Tiefe, was man aus der Lage der mitotischen Figuren 
erschließen und sicherstellen kann. In der Tiefe haben die Mesothelzellen 
eine rundlichere Form, an einzelnen Stellen sind sie zu Nestern gruppiert 
und sind nicht so dicht aneinder gelagert, wie an der Oberfläche und in 
dem unter der Oberfläche gelegenen Abschnitte. Dadurch wird die schein- 
bare Mesenchymeinlagerung verursacht, obwohl diese Zellen direkt von den 
Mesothelzellen abstammen und sie übergehen in die oberflächlicheren 
Lagen ganz obne Grenze. 

Dieses ganze vom Mesothel abstammende Gewebe ändert sich be- 
sonders in jenen Entwickelungsstadien und an der Stelle, in denen jene 
«erwähnten Venengeflechte mächtiger geworden sind. 

‚Diese Venengeflechte sind in diesem Stadium etwas mehr entwickelt, 
sie sind aber in denselben Beziehungen zu den Vv. omphalomesentericae 
geblieben. In der Gegend der Pankreasanlage sind die Geflechte etwas 
schwächer als etwas distal von dieser Stelle. 

In diesem Abschnitte ist das Mesothel auf der linken Seite niedriger 
und hier kann man ganz gut sehen, daß zwischen das Mesothel und das 
Darmepithel mit den kleinen Venenstämmchen auch etwas Mesenchym 
eindringt. Aber auch von der dorsalen Seite her kann das Eindringen 
des Mesenchyms beobachtet werden. | 

An der Textfigur 11 von diesem 
Embryo kann man sehen, wie sich die 
zwischen beiden Venen ausgespannten 
Ästchen verhalten. Es ist in diesem Sta- 
dium fast bereits dazu gekommen, was 
man bei älteren Stadien vorfindet, nämlich 
daß es außer den in die Darmwand ein- 
dringenden Netzen, besonders an der lin- 
ken Seite, zu einer direkten. Verbindung 
zwischen den Vv. omphalomesentericae 
gekommen ist. Man kann auch sehen, daß 
bis in diese Gegend das an der linken 
Seite wuchernde Mesothel herreicht, ob- 
wohl es bereits niedriger geworden ist. An 
der rechten Seite ist es mehr proximal 


Fig. 11. Ein Schnitt desselben Em- 
bryo. Der Anfang der Bildung von 
Venengeflechten zwischen beiden 


bereits ganz flach geworden. Vv. omphalomesentericae (vo); vu 
Bei einem etwas älteren Embryo (bb) = V. umbilic. ; vc. = V. cardinalis; 
(Fig. 12) kann man ein Stärkerwerden des et 


Mesothels proximal erst in jener Gegend 
wahrnehmen, in der ventral dem Darme das Herz anliegt, wo es denselben 
Charakter behaltend auch auf den Überzug der Herzwand eine kurze 


392 


Strecke weit übergeht. Erst distal von dieser Gegend wird das Mesothel be- 
sonders an der linken Seite höher ; auch an der rechten Seite wird es etwas 
höher, aber weit weniger alsan des linken. 

Bei diesem Embryo, obwohl der- 
selbe makroskopisch kaum größer er- 
scheint (etwa 3°3 m,) als die bisher ange- 
führten Embryonen, deren Länge etwa 
3 mm beträgt, ist bereits die Lungenan- 
lage zu finden. Bis in diese Gegend reicht 
die erwähnte Cölomausstülpung und zwar 
als ein schmaler Spalt, der durch niedri- 
ges Mesothel ausgekleidet ist. Dieser Spalt 
ist entsprechend der Biegung der Speise- 
röhre abgebogen und liegt dorsal von 
der rechten Lungenanlage. Weiter distal 
ist in dieser Cölomausbuchtung das Me- 
sothel etwas erhöht in derselben Art, wie 
ten Eben bei jüngerem Embryo erwähnt wurde. 
dinalis; ch = proximale Ausbuch- Niergends erreicht das Mesothel an der 
tung der Bursa omentalis; ms = rechten Seite jene Stärke, wie an der 

Mesothel; dC = Ductus Cuvieri. ]inken. 

Wenn proximal von der Leberanlage 
sich die Cölomeinstülpung in die Rinne geöffnet hat, so geht das 
erhöhte Mesothel eine kleine Strecke 
weit über die proximale Kante und 
zwar bis zur Basis derselben. 

Weiter distal bedingt diese Rinne 
eine bedeutende Hervorwölbung des 
Mesenteriums und des Darmes gegen 
die linke Seite. Dort, wo die Verbin- 
dung der Leberanlage mit dem Darme Tn 2 
und auch die Pankerasanlage getrof- vu-f/- ( 
fen ist, schwindet die Rinne und zwar °° |" }\ 
durch die mächtig vorspringende V. 
omphalomesent. dextra ; sie wird auch 
durch die von dieser Vene abgehenden 
Aste verdrangt. (Fig. 13.) Dadurch ist 
auch das Mesothel, soweit es das Me- 
senterium bedeckt, verdrängt. 

An der linken Seite bleibt das D*Y° @ls jener der Fig. 12. ve = V. car- 

£ \ ‘ ... dinalis; si = Milz; ms = Mesothel; vx 
Mesenterium, das durch die Einstül- _ y ymbilicalis vo = V. omphalome- 
pung und durch die Rinne nach der lin- sent.; j= Leber p = Pankreasanlage. 
ken Seite zu verdrängt wurde, in dieser 
Lage auch dort, wo die Rinne durch die V. ophalomesent. verdrängt war. 


Fig. 12. Von etwas weiter entwickel- 


ve -\--- 


MS-- -~f-~--f=--~---=-+ 


Fig. 13. Etwas weiter entwickelter Em- 


393 


In dieser Gegend kann man auf der linken Seite de> Mesenteriums 
eine bedeutende Erhöhung beobachten, die durch das wuchernde Mesothel 
gebildet wird. Das Mesothel und seine Derivate reichen bis zu dem Darm- 
epithel und der Pankreasanlage. In dieses 
vom Mesothel abstammende Gewebe wachsen 
Äste von der linken V. omphalomesent. Diese 
Gefäße bilden ein ziemlich dichtes Netz und 
reichen fast dicht unter die oberflächlichsten 
Lagen des Mesothels. (Vergl. Taf. III. Fig. 8.) 
Dadurch kommt es zustande, daß man den 
Eindruck bekommt, daß die Gefäße zwischen 
das Mesothel und das Mesenchym gelagert 
erscheinen. Vergleicht man aber die ganze 
Reihe jüngerer Embryonen, so sieht man, daß 
die Gefäße in das wuchernde Mesothel und pig 14. Von demselben Em- 
seine Abkömmlinge gelagert sind. Auch noch bryo. Einschnittaus der Gegend 
jetzt hängt das tiefer gelegene Gewebe überall der vereinigten beiden Vv. 
mit den oberflächlichen Schichten des Meso-  °Mphalomesentericae (n). 
thels zusammen. 

Etwas weiter distal, wenn in den Schnitten die Pankreasanlage ge- 
schwunden ist, verschwindet auch diese durch das wuchernde Mesothel ge- 
bildete Erhöhung ziemlich rasch, es bleibt 
aber däs erhöhte Mesothel eine kurze 
Strecke weit bestehen und wird schließ- 
lich platt. Das Gewebe, das vom Meso- 
thel den Ursprung genommen hat, schwin- 
det fast zugleich mit der Erhöhung. Dieser 
Vorgang wird eigentlich noch dadurch 
unterstützt, daß die Venengeflechte der 
linken Seite mächtiger werden und sich 
schließlich mit dem Venengeflechte der 
rechten Seite, das ebenfalls an Stärke 
zugenommen hat, verbinden. Diese Ver- 
bindung wird weiter distal durch ein 
mächtiges Gefäß zum Teil ersetzt (Fig. 
Fig. 15. Ein Schnitt von demselben oe): > PA 
Embryo; s = die Verbindung der Überraschend ist eine V erbindung 
beiden Vv. omphalomesent. (vo); dieser Venengeflechte durch einen Ast 
vu = V. umbilicalis; ve = V. cardi- mit der V. cardinalis, wovon man sich 
nalis; d. W. = Wolffscher Gang. hei dem Durchsuchen aller Schnitte zwi- 

schen den Fig. 12 und 14 überzeugenkann. 

In diese proximal gelegenen Venengeflechte mündet auch ein Ast 
von der Aorta. Auch weiter distal von der mächtigen Verbindung 
beider Vv. omphalomesent. kann mehr dorsal gelegen das Venenge- 


ms 


394 


flecht verfolgt werden und hier mündet in dasselbe noch ein Ast von 
der Aorta. | a Se 
Diese mächtige Verbindung der starken Vv. omphalomesentericae 
unterliegt, obwohl sie immer von den Venengeflechten ausgeht, ziemlich 
großen individuellen Schwankungen. Bei 
dem Embryo bz (3°5 mm) liegt an der Stelle 
der mächtigen Verbindung nur ein relativ 
schwacher Ast, nur wenig stärker als bei 
dem Embryo v (Fig. 11), obwohl die Pan- 
ve kreas- und Leberentwicklung weiter vor- 
geschritten erscheint als bei dem Embryo 
- sl bb; andere Verhältnisse weichen nicht auf- 
fallend bei diesem Embryo gegenüber dem 
Lyu Embryo bb ab. 
Hae Auch noch bei einem Embryo von 
3°6 mm (bm) hat sich nicht viel verandert. 
Der Hiigel an der linken Seite des Mesen- 
teriums ragt stärker in das Cölom hinein 
besonders in der Gegend der Pankreasan- 
Fig. 16. Embryo 36 mm lang. ve = lage und auch das Wuchern des Mesothels 
V. cardin.; vu = V. umbilic.; vo= ist hier am stärksten. (Fig. 16.) Das Ge- 
V,jomphalomesent.; 2 — Pankreas; webe des Hügels ist von Venennetzen 
a durchsetzt. (Taf. I. Fig. 4 und Taf. III. 
Fig. 8.) Diese Venennetze sind auch an 
der rechten Seite zu sehen aber viel schwächer. Das Mesothel ist an 
dieser Stelle bereits ganz flach, wiewohl es in der Rinne des Mesente- 
riums, von der die proximale Ausbuchtung ausgeht, noch fast zylin- 
drisch ist. 


VU | 


Bei diesem Embryo ist auch die auffallende Veränderung in den gegen- 
seitigen Beziehungen des Leberausführungsganges und des sich bildenden 
Pankreasausführungsganges zu bemerken. Die Mündung des Pankreas- 
ausführungsganges ist bedeutend proximal verschoben. Dieses Verhältnis 
ist, wie ich gezeigt habe 8) durch das ungleichmäßige Wachstum der 
Darmwand bedingt. Das Pankreas kann man an 10 Schnitten verfolgen. 
Die Leber besteht bereits aus verschieden verästelten Zellbalken, die dicht 
den Wänden der beiden Vv. omphalomesent. anliegen. 

In das venöse Netz mündet hier ein von der Aorta ausgehender Ast, 
der sich gleichmäßig in dem Mesothelhügel und auch gegen die Leber- 
anlage zu verästelt. Die Venennetze werden distal von der Pankreasanlage 
stärker und es kommt hier zu so einer Verbindung, wie bei dem Embryo bb 


8) Janosik: Pomér vyvodu jatern. a pankr. u ëlovèéka. Rozpravy und 
Bulletin Cesk& Akad. 1908, Sur les rapports du cond. choled. et des cond pancréatiques 
chez l’homme. Archives de Biol. Vol. 24. 1908. 


395 


(Fig. 14). Zu einer so mächtigen Verbindung, wie man bei diesem Embryo 
db weiter distal vorfindet (Fig. 15), kommt es bei dem Embryo bm nicht. -Es 
zieht sich bei dem Embryo bb weiter distal das venöse Netz eine Strecke 
weit auf beiden Seiten der Darmwand, aber das Mesothelgewebe hat auf- 
gehört und die oberflächlichen Me- 
sothelschichten sind zu einem ein- Pan. 
schichtigen, flachen Mesothel ge- 

worden. 

Die proximal ziehende Cölom- 
ausbuchtung reicht auch bis zu 
der Lungenanlage. Sie ist schlitz- 
förmig und ist dorsal von derlinken ve .\- 
Lungenanlage gelegen. In das Sep- 
tum, das diese Ausbuchtung von 
der übrigen Cölomhöhle trennt, 
wächst ein starker Ast der V.om- c4 |. 
phalomesent. dextra und zwar an = 
genen stelle an der distaldjese Coelo- M" "| en 
mausbuchtung sich in die Rinne EN 
fortsetzt ; das ist proximal von der \ 
Fran | 

Nach dem Studium dieser Fig. 17. Embryo 45 mm lang. vc = V. car- 
dicht hintereinander in der Ent- dinalis; vo=V.omphalomesent. ; ch=Cölom- 
wickelung folgenden Stadien kann ausbuchtung; 7 = Leber; ms = Mesothel. 
man zu älteren Stadien übergehen. 

Bei dem Embryo bg von 45 mm Länge (Fig. 17) ist die Entwickelung 
schon ziemlich vorgeschritten und es hat sich bereits eine ansehnliche Bursa 
omentalis ausgebildet, als deren Ausgang jene bei jüngeren Embryonen 
angegebene Rinne anzusehen ist. Es ist nötig hier von diesem Vorgange 
etwas weiter zu berichten. 

Es ist schon bei dem Embryo u darauf aufmerksam gemacht worden, 
daß sich eine Rinne an der rechten Seite des Mesogastriums zu bilden 
anfängt, die sich besonders dadurch bemerkbar macht, daß bei der 
Vereinigung der beiden Vv. omphalomesentericae zum Venensinus des 
Herzens ventral eine höhere Kante vorragt, die durch erhöhtes Mesothel 
gedeckt ist. In dieser Kante ist ein kleines venöses Gefäß zu beobachten. 
Diese Rinne wird bei älteren Embryonen immer tiefer, es erhebt sich 
nämlich gegen die ventrale Kante später eine Kante von der dorsalen 
Seite, die bald stärker wird (Fig. 5), bis schließlich sich diese beiden Kanten 
vereinigen. So entsteht eine Scheidewand (vergl. Fig. 8), die einen Teil 
des Cöloms abschneidet. Dadurch ist eine proximal von der Rinne aus- 
laufende Ausbuchtung entstanden, die bis in die Gegend der Lungenanlage 
verfolgt werden kann. 

Schon durch die Bildung der Rinne, aber noch mehr durch das Zu- 


N 


CT ru 


re ~~ {= 


al 
vu 


396 


standekommen der Ausstülpung ist der Darm und später auch sein Mesen- 
terium nach der linken Seite zu gedrängt. (Fig. 18.) Weiter distal ist im 
dieser ventralen Kante, die die Rinne begrenzt, der starke Stamm der 
V. omphalomesent. dextra gelagert von Leberzellbalken umgeben. Es ist 
eigentlich der ventrale Teil der Rinne stark vertieft und verdrängt weit 
das Mesogastrium und mit demselben den auf seiner linken Seite befind- 
lichen Hügel stark nach der linken Seite zu. Dieser Hügel ist, wie bereits. 
angeführt, durch Abkömmlinge des Mesothels gebildet und in dieses. 
Mesothelgewebe sind Venennetze eingelagert. Das Darmrohr ist nicht nur 
nach links, sondern auch ventral verdrängt. Diese Rinne mit der Aus- 
buchtung ist die Bursa omentalis. 

Die proximal verlaufende Ausbuchtung der Bursa omentalis reicht: 
auch hier bis in die Lungengegend, legt sich wie ein Spalt um den Oso- 
phagus bis an seine ventrale Seite reichend herum und liegt immer noch 
dorsal von der Anlage des rechten Bronchus. 

Die Verhältnisse des Mesothels sind bei d esem Stadium kurz folgende: 


Proximal kann man ein stärkeres Mesothel wieder in der Gegend, 
in der das Herz der Darmwand anliegt, vorfinden und es zieht sich eine 
Strecke weit auf die Herzwand, doch ist diese Erhöhung nur auf die linke 
Seite beschrankt. Auf der rechten Seite ist hier das Mesothel ganz flach, 
erst weiter distal wird es etwas höher und das erstreckt sich über die 
Scheidewand bis in die Rinne der Bursa omentalis. 

An der linken Seite erhoht 
sich das Mesothel in distaler Rich- 
tung viel schneller und erreicht 
. g die größte Machtigkeit in jenem 
Streifen, der am Schnitte als ein 
..vu Hügel erscheint. (Fig. 18.) 

In diesem Mesothelstreifen 
sind die venösen Geflechte in den 
oberflächlichen Schichten des Me- 
sothels gelagert, so daß das vom 
Mesothel gelieferte, weiter in der 
Fig. 18: Vou demselben bye er u an 
ve = V. cardinalis; vu = V. umbilicalis; vo = chym vortäuscht. Die Zellen die- 
V. omphalomesent.; sl = Milz; vz = Darm; Ses vom Mesothel abstammenden 

j = Leber. Gewebes fangen bei diesem Sta- 
à dium sich um die GefäBe zu ord- 
nen an, so daß sie um dieselben ganze Scheiden bilden. 

Die Leber ist, wie in den Fig. 17 und 18 zu sehen ist, schon ziemlich 
weit entwickeit und es sind die Leberzellbalken um die Gefäße so gelagert, 
daß sie ganz an ihr Endothel reichen und bilden so ähnliche Scheiden um 
die Gefäße, wie die Zellen des vom Mesothel abstammenden Gewebes. 


 proximale Ausbuchtung der 


397 


Die Pankreasanlage bildet immer noch einen soliden Zellzapfen, der 
nach der rechten Seite zu abgebogen ist. Auch hier geht von der Aorta 
ein Gefäß ab, das einen Ast in den Mesothelhügel, und einen zweiten in 
die venösen Netze der Leberanlage aussendet. 


Distal von der Pankreasanlage wird das Mesothel schnell dünner, 
doch die oberflächlichste Schichte wuchert noch eine Strecke weit, wird 
aber schließlich auch ganz flach und einschichtig. Die venösen Netze 
des Hügels werden immer weiter dorsal und nach der linken Seite zu ver- 
schoben, bis endlich die starke Verbindung der beiden Vv. omphalomesent. 
auftritt. 


Nach dem, was angeführt, kann man die älteren Stadien schon 
schneller überblicken. Bei den Embryonen ad (45 mm), cc (etwa 45 mm), 
c (4°83 mm) hat sich wenig vom wesentlichen geändert. Erst bei dem Em- 
bryo ag (498 mm) kann man wichtigere Veränderungen antreffen. 


Die proximal gerichtete Ausbuchtung der Bursa omentalis bat eine 
Veränderung dadurch erfahren, daß sich der dorsale spaltförmigeAbschnitt 
durch eine Scheidewand von dem ventralen Abschnitte getrennt hat. Der 
am meisten proximal reichende Teil dieser Ausbuchtung, der dorsal von 
der rechten Lungenanlage gelegen war, liegt nun ventral. Man kann bei 
den Embryonen diese Veränderung Schritt für Schritt verfolgen und sie 
ist bei diesem Embryo schon fast ganz vollendet, man kann aber dennoch 
den Rest der dorsalen Spalte 
sehen. 


In distaler Richtung ist 
am auffälligsten das Auswach- 
sen der Äste der V. omphalo- 
mesenterica dextra und der Le- 
berzellbalken in die Scheide- 
wand, die das Cölom und die 


Bursa omentalis trennt. Da- 
durch wird der bei der Leber- 
anlage liegende Teil dieser Aus- 
buchtung bedeutend verengt 
und es ist das Mesogastrium 
und der Magen stark nach der 


Fig. 19. Embryo 4'98 mm lang. a = Aorta; 


» linken Seite zu verdrängt.Dieses „_Y. cardin.: vw = V. umbilic.; vo = V. 


Verdrängen fällt besonders in omphalomesent.; v W = ductus Wolffi; si = 
jene Gegend des Mesogastriums, Milz; p = Pankreas; j = Leber; rz = Darm; 
in der an der linken Seite des sb = ein Nest von Mesothelzellen. 
Mesogastriums die mesotheliale 

Erhöhung sich befindet. Gegen dieselbe wächst auch die Pankreasanlage. 
Hier ist auch der Magen stark distal verdrängt. (Fig. 19.) 


398 


Aus dem venösen Netze der V. omphalomesent. dextra gehen auch 
Äste in die Magenwand und in das Mesogastrium hinein. 

Das verdickte Mesothel reicht nicht so weit proximal, nicht einmal 
auf der linken Seite, wie bei jüngeren Embryonen. Erst weiter distal von 
jener Gegend, in der sich die Lungenanlage befindet, fängt sich das flache 
einschichtige Mesothel in kubisches umzuwandeln an und’wird erst noch 
weiter distal zylindrisch. Hier findet man auch das erste Zeichen einer 
Wucherung, die dann rasch zunimmt und wird in der Pankreasgegend am 
mächtigsten. Das hochgewordene Mesothel ist auch eine Strecke weit an der 
Magenwand zu finden, es wuchert hier aber weniger,und erreicht nicht 
die größte Konvexität der Magenwand. 

Auf der rechten Seite des Mesenteriums und auch in der Ausbuchtung 
bleibt es weiter distal niedrig, so wie auf der linken Seite, wird aber dann 
auch etwas höher, doch nur in einer kleinen Ausdehnung, so daß es bereits 
dort, wo sich die Bursa omentalis in das Cölom Öffnet, kubisch wird. 
Aber gerade dieser Gegend entsprechend wuchert das Mesothel der linken. 
Seite amstärksten. Es geht aber die Wucherung (Proliferation) nicht gleich- 
mäßig vor sich, sondern es wuchern die oberflächlichen Mesothelzellen 
sozusagen gruppenweise. 

Die in das Mesothelgewebe eindringenden venösen Netze sind von 
Abkömmlingen des Mesothels scheidenartig umgeben. Die Zellen, die die 
Gefäße umschließen, hängen stellenweise noch mit dem oberflächlichen 
Mesothel zusammen. Wie angeführt, liegen diese Zellen dem Endothel 
der venösen Netze so dicht an, wie die Leberzellen auch der GefaBwand 
so dicht anliegen, daß man zwischen beiden kein Mesenchym vorfindet. 
Es liegen aber, auch ohne direkt Gefäße einzuschlieBen, in dem Mesothel- 
gewebe Herde von Mesothelzellen, wie in der Fig. 19 schematisch ange- 
deutet. In dieser Fig. handelt es sich um eine größere Zellinsel, die am 
Schnitte walzenförmig aussieht. 

Das Pankreas ist bei diesem Embryo schon weit in der Entwickelung 
vorgeschritten. Von jenem nach der rechten Seite gerichteten Zellzapfeu 
wächst eine Zellplatte gegen den Mesothelhügel und wendet sich mit seinem 
Ende etwas distal, so daß dasselbe an mehr distal geführten Schnitten 
nur als eine Zellinsel aussieht. (Fig. 19.) 

Die Venennetze sind stark, dringen in den Hügel nur von der linken 
V. omphalomesent. ein. Die rechte V. omphalomesent. ist gänzlich von den 
Leberzellbalken umgeben. Weiter distal erscheint die starke Verbindung 
der beiden Vv. omphalomesentericae, die Venengeflechte hören auch in . 
dem Hügel auf und bald hernach schwindet auch der Mesothelhügel selbst. 

Dieselben Verhältnisse finde ich bei den Embryonen bv, ca, az, die 
etwa 5 mm lang sind. 

Bei einem Embryo von 5:04 mm Länge (ba) hat sich auch noch nichts. 
Bemerkenwertes verändert. Dasselbe gilt für den Embryo c und eine ganze 
Reihe von in der Entwickelung nahe aneinander stehenden Embryonen 


399 


von 5'18, 5°24, 5°3, 5°4, 5°44, 5°5, 5°51 und 5°7 mm Länge. In dieser 
ganzen Reihe kann man nur feststellen, daß die Wucherung des Mesothels 
sich immer mehr und mehr nur auf den Hügel und seine nächste Umgebung 
beschränkt und daß das hohe Mesothel an der rechten Seite immer auf 
kleinere Strecke beschränkt bleibt und daß da die Wucherung immer 
mehr aufhört. Die Proliferation am Hügel ist äußerst groß und die reichli- 
chen Venenstämme sind immer mehr von den Mesothelzellen eingeschlossen. 

In dieser Zeit wächst die Leber stark, besonders in ihrem rechten 
Lappen. Dadurch wird die Bursa omentalis tiefer und das Mesogastrium 
wird immer mehr nach der linken Seite verdrängt. 

Auch das Pankreas ist in der Entwickelung vorgeschritten, besonders 
jener distal abgehende Lappen. Der Teil, der zuerst gegen die rechte Seite 
zu gerichtet war, kommt immer mehr in die mediane Lage. 

Die stark entwickelten Venengeflechte können auch in das Meso- 
gastrium hinein verfolgt werden. 

Bei älteren Embryonen schreiten alle diese Gebilde in der Entwicke- 
lung weiter vor und es soll hier nur das hauptsächlichste des näheren an- 
geführt werden. Bei einem Embryo von 5°7 mm (bl) bleibt die Mesothel- 
wucherung auf dem Hügel immer stark und das findet man auch bei den 
Embryonen bd (5°8 mm) und ah (5°85 mm). Bei diesem Embryo sei nur 
noch angeführt, daß sich die Nebenniere zu bilden anfängt und daß die 
rechte V. omphalomesent. immer mehr von der linken eingenommen wird. 

Bei den Embryonen ag (6°12 mm) und k (6°87 mm) schreitet die 
Entwickelung der angeführten Gebilde weiter fort. Jener Teil der Leber 
und der Äste der V. omphalomesent. dextra, soweit beides in der Scheide- 
wand zwischen der proximalen Ausbuchtung und der übrigen Cölom- 
höhle gelegen ist, werden immer stärker und dadurch wird immer mehr 
die Verbindung der Bursa omentalis mit der übrigen Cölomhöhle ventral 
und distal verschoben. 

Die Ausdehnung des wuchernden Mesothels ist schon fast nur auf 
den Hügel beschränkt. Die Venengeflechte in dem Hügel sind bedeutend. 

Bei dem Embryo bu (7:6 mm) ist die rechte V. omphalomesenterica 
ganz in die linke eingenommen und die Verbindung der Bursa omentalis 
ist noch mehr ventral und distal verdrängt. 

Beim Embryo f (7°66 mm) reicht die Ausbuchtung der Bursa omen- 
talis bis zwischen den Ösophagus und der Leberlappen ist hier aber überall 
durch feine Duplikaturen der feinen Cölomwand abgeschlossen. Distal ver- 
läuft diese Ausbuchtung in eine Spalte aus, die sich entlang der Magenwand 
hinzieht. Diese Spalte Jäuft in eine dorsale und eine ventrale Rınne aus. 
Der dorsale Teil dieser Spalte schw.ndet bald und der ventrale setzt sich 
stark verengt in die Bursa omentalis fort. 

Die proximal verlauferde Ausbuchtung der Bursa omentalis wird 
bei einem Embryo von 7°7 mm (l) (Fig. 20.) in jener Gegend, bevor sich 
die Magenerweiterung zu zeigen beginnt, sehr dünn und verschwindet bald, 


400 

so daB die Verbindung dieser Ausstülpung mit der Bursa omentalis nicht 
mehr nachgewiesen werden kann. Der VerschluB dieser Verbindung ist 
durch das eben angeführte Wachs- 
tum der Leber in der Zwischen- 
yc wand verursacht. Bei dieser Ab- 
--„wschnürung der Ausbuchtung von 
ne der Bursa omentaiis vergeht bei 
diesem Embryo zuerst die ventrale 
2 Rinne und dann die dorsale. Es 
-~-J ist also anders wie bei dem Em- 
bryo f, bei dem gerade die ven- 
trale Rinne die Verbindung auf- 
2%, recht erhält, 


Hier muß noch angeführt 
werden, daß die ursprüngliche Rin- 
ne selbst, diezu der Verschiebung 
Fig. 20. Embryo von 7 7 mm. a = Aorta; des Mesenteriums und des Darm- 
ve. = V. cardin.: vu = V'umbilic.+ voo=v. Tohrés. nach der linken Seiteszy 
omphalomesent.; mg = Mesogastrium; z = führte, durch die raschere Ent- 
Magen; vW = ductus Wolffi; 7 = Leber. wickelung der Leber in der Zwi- 

schenwand relativ proximal ver- 
schoben wird, obwohl sie in der proximo-distalen Ausdehnung de facto 
auch immer länger wird, aber nicht in demselben Maße als das Darmrohr. 
In der Fig. 20 ist durch eine punktierte Linie a angedeutet, bis wohin 
die Verbindung der Bursa omentalis mit dem Cölom gereicht hat und 
die punktierte Linie b gibt an, bis wohin diese Verbindung durch das 
Wachstum der Leber in dem Septum verschoben wurde. Nach zwei 
weiter distal geführten Schnitten ist die Verbindung der Linie b ent- 
sprechend zu sehen. Für die Fig. 20 ist absichtlich jene Stelle gewählt 
worden, an der man noch gut das Anzeichen der Verbindung entlang 
der Linie a sehen kann. 


Die Verhältnisse des Mesothels sind bei dem Embryo f (7:66 mm) 
die folgenden: Das wuchernde Mesothel ist nunmehr nur auf den Hügel 
beschränkt, der besonders in der Pankreasgegend hervorragt. (Fig. 21.) 


Wenn man die Fig. 19 und 21 vergleicht, so entgeht uns nicht, daß 
der Mesothelhügel im Vergleich zu dem ganzen Embryo eigentlich in der 
Entwickelung zurückgeblieben ist, aber er tritt schärfer hervor und hebt 
sich mehr von der Umgebung ab. Das Mesothel ist an der Oberfläche nıcht 
besonders hoch: es ist einschichtig, zyl.ncrsch und die Pr lif ration, 
wiewohl sie besteht, ist ganz unbedeutend imvergleich mit jüngeren Sta- 
dien. In die Umgebung gehn die Mesothelzellen schnell in kubische | 
und dann in flache Zellen über. | 


Die Mesothelderivate sind um die Venennetze dicht angehäuft, sie 


401 


sind in regen Teilungen, wie man nach den zahlreichen Mitosen urteilen 
kann. Die reichen Venengeflechte ziehen bis in das Mesogastrium. 

Bei der weiteren Ent- 
wickelung ändert sich an die- 
sen Verhältnissen fast nichts. 


So besteht bei einem Embryo ar 
von 83] mm noch eine rege a = 

. . \ | 
Proliferation des Mesothels ,, Be ya u? 


und die Venengeflechte blei- 
ben reich. Das ist auch noch 
bei den Embryonen von 8'4, 
86 und 9°06 mm. _ 

Auch noch bei einem 
Embryo von 9°4 mm besteht 
eine abgeschwä‘hte Prolifera- vo ---f\--- 
tion (Taf. If. Fig: 5). -Die 
Zellnester um die GefäBe und 
zwischen ihnen werden deut- rz 
licher und die Lagerung der 
Mesenchymzellen in der Tiefe 
beginnt immer deutlicher und 
deutlicher das Milzgewebe von - pig. 21. Embryo von 7:66 mm. a = Aorta; ve = 
der Umgebung abzugrenzen. V. cardin.; vu = V. umbilic.; $ = Pankreas; 

Bei dem Embryo vor dW = ductus Wolffi; bo = Bursa omentalis; 
9°5 mm wächst die Milzanlage * = Magenwand; zp = Geschlechtsdrüse ; rz = 
gegen die Radix mesenterii a en 
und zwar durch Proliferation 
des eigenen Gewebes, ohne benachbartes Gewebe in sich einzuschließen. 
Dadurch gelangt dieser am meisten medial gelegene Teil der Milzanlage 
direkt gegen die Geschlechtsdrüsenanlage. In distaler Richtung ver- 
längert sich die Milzanlage mehr lateral und ragt hier am stärksten 
hervor. Sie ist also schräg gelagert: der proximale Abschnitt medial, 
der distale lateral. In jüngeren Stadien ragte der Hügel so vor, daß er 
zwischen die Geschlechtsdrüsenanlage und den Mesonephros zu liegen 
kam. 

Das Mesothel proliferiert immer schwächer und wird kubisch. An 
einzelnen Stellen ist es gegen das Milzgewebe scharf begrenzt. Das Milz- 
gewebe hebt sich von der Umgebung durch das Aussehen und das Gefüge 
der Zellen sowie durch die Färbefähigkeit z. B. nach Eosin ab. Auch die 
Abgrenzung durch das Mesenchym besonders gegen das Pankreas ist inmer 
schärfer. 

Diese Abgrenzung ist bei einem Embryo von 9°5 mm schon fast 
vollständig, obwohl die anderen Beziehungen sich kaum merklich geändert 
haben. Dasselbe ist bei den Embryonen von 9:58, 9°89 uhd 10°18 mm, bei 

Bulletin International. XXI. 26 


402 


denen die weitere Entwickelung vorschreitet so, daB bei einem Embryo 
von 10°5 mm die Milz stark in das Cölom hervorragt. Das Oberflächen- 
mesothel ist niedrig kubisch geworden, es proliferiert zwar noch hie und da 
und die Abgrenzung des Milzgewebes gegen die Umgebung wird immer 
bestimmter. 

Auf einem Stiel am Schnitte aufsitzend ist die Milzanlage bei einem 
Embryo von 11°04 mm. Die venösen Geflechte in der Milzanlage, die auch 
in die Umgebung des Pankreas stark entwickelt waren, sind langsam ge- 
ringer geworden und sind in diesem Stadium bereits ganz schwach. Ähn- 
liche Verhältnisse finde ich noch bei dem Embryo von 13°33 mm (Taf. II. 
Fig. 6 und Taf. III. Fig. 9) und auch noch bei einem Embryo von 13:9 mm. 
Bei diesem Embryo ist die Milz bereits so gewachsen, daß sie sich gegen 
die Geschlechtsdrüsenanlage, die ebenfalls mächtiger geworden ist, drängt, 
so daß an ihrer Oberfläche eine Vertiefung en‘steht. (Taf. III. Fig. 7.) 
Die Abgrenzung der Milz gegen die Umgebung ist eine vollständige. 

Schließlich wird das Oberflächenmesothel der Milz ganz flach, so 
wie an anderen Stellen des Cöloms. (Taf. III. Fig. 10.) 

Dadurch sind wir zu jenem Stadium gelangt, in dem die Milz bereits 
als ein selbständiges Organ auftritt und man kann von ihrer Entwickelung 
in Kürze folgendes Bild geben: 

Bei jungen Embryonen kann man sehen, daß das Mesothel an beiden 
Seiten des Verdauungsrohres bedeutend hoch ist, so daß es an der linken 
Seite die zwischen ihm und dem Darmepithel gelegenen Mesenchymzellen 
schließlich ganz verdrängt. Die Ausbildung des Mesothels ist an der linken 
Seite bedeutend größer als an der rechten Seite. Besonders auffallend ist 
es in der Gegend der Leberanlage. Das Mesothel proliferiert, ist hoch 
auch auf dem bisher kurzen Mesenterium und geht schließlich an der 
Radix des Mesenteriums auf beiden Seiten in ein flaches Mesothel über. 

In distaler Richtung erstreckt sich das hohe Mesothel bis in die 
Gegend der Pankreasanlage (Fig. 3), aber nur auf der linken Seite. An 
der rechten Seite ist das Mesothel schon früher niedrig geworden. 

Das Mesothel der linken Seite proliferiert bei älteren Embryonen 
derart, daß der Unterschied gegen die rechte Seite mehr auffällt. Das 
Mesothel verdrängt völlig das Mesenchym und reicht bis zu dem Darm- 
epithel. Am mächtigsten ist das immer in der G gend der Leber- und dann 
der Pankreasanlage (Fig. 10) und zwar immer auf der linken Seite. 

Bei noch älteren Embryonen bildet das proliferierende Mesothel 
auf der linken Seite einen Hügel und zwar in der Gegend der Pankreas- 
anlage. Der Hügel reicht proximal bis in die Gegend der Leberanlage, 
distal aber hört er sehr bald auf. (Fig. 13, 16, 18, 19.) Der ganze Hügel 
ist von den Abkömmlingen des Mesothels gebildet. | 

In dieses vom Mesothel stammende Gewebe dringen bald Âste von 
der V.omphalomesenterica sinistra (Fig. 13 und weitere). Weiter distal ver- 
binden sich bei älteren Stadien diese Âste mit jenen der rechten Seite und 


403 


zwar dorsal vom Darme. Diese in das Mesothelgewebe des Hügels eintre- 
tenden Äste verhalten sich wie Venae advehentes und revehentes der Leber- 
anlage. Je stärker der Hügel entwickelt ist, umso stärker sind auch die 
Venengeflechte in demselben. Diese Venengeflechte fangen später an sich 
zu verkleinern und spärlich zu werden und zwar in der Zeit, in der die Milz- 
anlage durch das Mesenchym gegen die Umgebung sich abgrenzt. Die 
definitiven Venen der Milz sind Abkömmlinge dieser Netze. 

Die arteriellen Gefäße sind klein, das hauptsächlichste ist die venöse 
Zirkulation ähnlich jener der Leber. 

Je deutlicher sich der Mesothelhügel ausbildet, umsomehr ver- 
schwindet das hohe Mesothel und zwar vom proximalen Ende anfangend 
und schneller auf der rechten Seite. 


Als sich endlich ein bestimmter in der Gegend des Pankreas liegender 
Abschnitt des wuchernden Mesothels zur Milzanlage herausgebildet hat, 
da hört die Mesothelproliferation auch auf der Oberfläche der Milzanlage 
auf und es wird das Mesothel hier flach, ohne ein Zeichen einer Proliferation 
aufzuweisen. 


Es handelt sich also bei der Entwickelung der Milz um eine besonders 
differenzierte Proliferation des Mesothels auf beiden Seiten des Darmes, aus 
der nur ein Teil der ursprünglichen Proliferation als Milzanlage auf der 
linken Seite des Mesogastriums erhalten bleibt. 

Das sind kurz die objektiven Befunde und es erübrigt nur ganz 
wenig zu ihrer Bedeutung, soweit es die Anlage der Milz anbelangt, hinzu- 
fügen. Es stehen aber die Sachen ganz anders, wenn man sich über 
die Bedeutung der ganzen Proliferation des Mesothels aussprechen sollte. 


Eines ist sicher, nämlich das, daß man sich kaum denken kann, daß 
ein so regelmäßig verlaufender Gang der Entwickelung ganz ohne jede 
Bedeutung wäre, oder daß es nur auf die Produktion der Mesothelzellen 
ankäme. Überall, wo man im Laufe der Entwickelung weit weniger auf- 
fällige Vorgänge beobachtet als diese hier beschriebenen Veränderungen 
im Mesothel und zwar an bestimmten Stellen und im bestimmten Zeit- 
punkte, kann es im weiteren Verlaufe zu bestimmteren oder weniger be- 
stimmten Veränderungen kommen, die die Bedeutung dieser entwickelungs- 
geschichtlichen Vorgänge beleuchten. 

Die Bedeutung des Mesothels zu der Milzanlage ist ganz klar: das 
ganze embryonale Milzgewebe hat den Ursprung aus dem Mesothel ge- 
nommen und in dieses Gewebe sind die Venennetze mit dem Mesenchym 
hineingewachsen. In meiner Arbeit (1. c. sub 3) habe ich angegeben, daß 
ich mich damit nicht einverstanden erklären kann, was Laguesse®) 
angibt, der das Mesothel vom Mesenchym gar nicht getrennt wissen will. 

9) Laguesse: La rate est-elle d’orig. entoderm. ou mesodermique. Biblio- 
graph. anatom. 1894. 

26* 


404 


Nach meiner Ansicht ist es nötig beides streng auseinanderzuhalten 
und zwar in dem Sinne, daß das Mesothel verschiedenen Zellen den Ur- 
sprung geben kann und ihn auch gibt, aber keine Mesenchymzelle kann 
eine Mesothelzelle ersetzen. Es ist das etwas Ähnliches wie mit anderen 
embryonalen Epithelien z. B. den epiblastischen. .Was alles von diesen 
Zellen den Ursprung nimmt, ohne daß irgende ein Derivat dieser epiblasti- 
schen Zellen eine dieser Zellen ersetzen könnte. Auch die differenzierten 
hypoblastischen Zellen können einander nicht ersetzen, nicht einmal eine 
hypoblastische Zelle eine hypoblastische Zelle eines anderen Abschnittes. 
Ich habe damals angeführt: ‚Si nous disons qu’une formation a pris son 
oligine aux dépens du mésenchyme ou du mésothélium, nous exprimons 
deux choses différentes .. .“‘ Daran kann nichts auch durch die Kompro- 
mißstellung, die Pinto (l. c.) einzuführen trachtet, geändert werden. 


Es ist ganz falsch, was dieser Autor anführt, daß: ,,L’epitelio celo- 
matico non presenta in genere sul cumulo splenico particolari aspetti da 
qualche altro punto di rivestimento del mesenchima.‘ 


Umgekehrt ist das der Fall, denn auf jedem Präparate kann diese 
auffallende Verschiedenheit beobachtet werden. Damit aber, wie Pinto 
selbst anführt, daß auf dem Milzhügel ‚‚solo per un tempo più lungo esso 
rimane ispessito‘“, ist bewiesen, daß ein Unterschied besteht. 


Wenn das Mesothel in der ganzen Ausdehnung der Darmwand vom 
gleichen Charakter wäre, dann könntc man dafürhalten, daß das deshalb 
sich so verhält, weil das Mesothel schneller die Mesenchymzellen produziert. 
Aber auch dieses kann man nicht annehmen, wenn sich das parietale 
Mesothel anders verhält. 


Dadurch aber, daß das Mesothel nur an der Darmwand und dem 
zu ihr gehörenden Mesenterium und zwar nur in einer bestimmten Aus- 
dehnung proliferiert und daß das proliferierende Mesothel sich an beiden 
Seiten verschieden verhält, ist schon gegeben, daß hier verschiedene 
funktionelle Vorgänge vorliegen, wenn man auch geneigt wäre, nur auf 
die quantitativen Verhältnisse der gelieferten Derivate zu denken. 


Wenn man aber sieht, daß nur auf der linken Seite und im bestimmten 
Bezirke die Proliferation die mächtigste wird und das gerade an jener 
Stelle, wo die Milzanlage erscheint, so kann man sich dem Gedanken nicht 
erwehren, daß gerade das wuchernde Mesothel es ist, dem bei der Miz- 
entwickelung die wichtigste Aufgabe zukommt. Diese Aufgabe besteht, 
soweit man sie morphologisch verfolgen kann, in der Produktion der Ele- 
mente des Milzparenchyms. 

Dazu kommt noch der Umstand, daß in diesen Mesothelhügel in ~ 
einer bestimmten Zeit Blutgefäße eindringen in derselben Weise, wie man 
es bei der Leberentwickelung vorfindet. Dieses Verhalten der Blutgefäße 


deutet sicher darauf hin, daß es sich hier um einen wichtigen Vorgang 
handelt. 


405 


Anders verhält sich die Sache, wenn man fragt, wie der ganze Pro- 
liferationsprozess des Mesothels zu deuten wäre, aus dessen distaler Partie 
die Milz den Ursprung nimmt. Es ist nicht möglich weder nach der funk- 
tionellen, noch nach der histogenetischen Seite anzugeben, von was für 
einer Bedeutung der ganze Vorgang ist. Es ist höchst auffallend, daß dieser 
ganze Vorgang an den proximalen Abschnitt des Verdauungsrohresgebunden 
ist und daß er nur auf eine bestimmte Zeit gebunden ist. Es kann nicht 
übersehen werden, daß je mehr die Milz, eigentlich schon ihr Vorgänger, 
die Bildung des Mesothelgewebes in der Entwickelung fortschreitet, umso- 
mehr die übrige Wucherung rückgängig wird. 

Es ist höchst wahrscheinlich, daß es sich in jenem wuchernden Mesothel 
um ein embryonales Organ handelt, dessen am meisten distal gelegener Ab- 
schnitt auf der linken Seite normal zur Bildung der Milz führt. 

Es bleibt noch zu erwägen, wie sich die Milz bei dem Situs inversus 
verhält. Man bat gegen die Entwickelung der Milz aus einem bestimmten 
Bezirke an der linken Seite der mesogastriums folgenden Einwand erhoben: 
Wenn die Entwickelung der Milz an eine bestimmte Stelle des Mesothels 
gebunden ist und zwar an jene, die bei der Bildung der Bursa omentalis 
nach links frei vorliegt, dann müßte bei Situs inversus die Milz in die Bursa 
omentalis verlegt werden, wohin der betreffende Mesothelbezirk verdrängt 
wurde. Nach dem, was angeführt wurde, fällt dieser Einwand weg, denn 
die Entwickelung der Milz ist nicht an eine bestimmte Stelle, wenigstens was 
das Mesothel anbelangt, gebunden, denn es kann die Milz an jeder Stelle 
des gewucherten Mesothels entstehen. Daß sich aber die Milz gerade an der 
linken Seite am distalen Ende des Mesothelstreifens entwickelt, ist bedingt 
durch die Entwickelung der venösen Netze von der linken V. omphalo- 
mesent. sinistra. Auf die Entwickelung dieser Netze macht bereits bei 
Amia calva Piper) aufmerksam, indem er anführt, daß die Vena sub- 
intestinalis ‚,...löst sich im Gebiete der Milz in varicôse Einzelgefäße 
auf und steht durch feine Zweige mit den lakunären Bluträumen des Organes 
in Verbindung.‘ Die erste Milzanlage erscheint hier ‚als verdichteter eigen- 
tümlich differenzierter Mesenchymherd in der Wandung der Vena sub- 
intestinalis“. Etwas von den Venengeflechten mochte schon Pinto 
gesehen haben, wie aus seinen Abbildungen hervorzugehen scheint. 

Es ist ganz gut möglich, daß sich die Milz bei veränderten Zirkula- 
tionsbedingungen auch an einem anderen Orte im Bereiche des gewucherten 
Mesothels entwickeln kann und man kann von diesem Standpunkte aus 
das Vorkommen von verlagerten oder akzessorischen Milzen ganz gut 
verstehen. 

Hier möchte ich noch auf eine besonders abweichende Lage der Milz 
aufmerksam machen und zwar am proximalen Pole des Hodens im Scrotum, 


1) Piper: Die Entw. d: Leber, Pankreas etc. bei Amia calva. Arch. f. Anat. 
u. Entwgesch. d. Supplb. 1902. 


406 


wie es Sneath¥) beschrieben hat. Dieser Autor führt an, daß die akzes- 
sorische Milz ”’almost completely ensheathed in the tunica vaginalis‘ war. 
Es ist hier wahrscheinlich die Tunica vagin. communis gemeint. Was die 
histologische Seite dieses Befundes anbelangt, so ist nur angegeben: "it 
was found to consist of quite normal splenic tissue." Von dem distalen 
Ende der Milz konnte ein Strang bis zu diesem am Hoden befindlichen. 
Körper verfolgt werden. Von der Entstehung dieser Abnormität gibt 
‘Sneath an ”...slight inflamation of the peritoneum“ könnte in der 
Entwickelungsperiode eine Verbindung zwischen die-er akzessorischen 
Milz und der Geschlechtesdrüsenanlage veranlaßt haben und bei dem 
Descensus sei so die Milz in das Scrotum gekommen. 


Indem keine weiteren eingehenderen histologischen Angaben über 
das Gewebe dieser Milz vorliegen, ist es möglich anzunehmen, daß hier 
dieser Körper vielleicht gar keine Milz war, sondern nur ein verlagerter Teil 
der Glandula suprarenalis, wie seinerzeit Dagonet beschrieben hat. 
Doch die Anmerkung, daß dieser Körper mit der Milz durch einen Strarg 
verbunden war, läßt annehmen, daß es sich doch um eine akzessorische 
Milz handeln konnte. Doch die Erklärung, die Sneath für die Entstehung 
gibt, ist ganz willkürlich, auf Tatsachen nicht gestützt. Viel leichter wäre 
dieser Fall daducrh erklärlich, daß das wuchernde Mesothel über die Radıx 
mesenterii bis zur Geschlechtsdrüsenanlage geschritten ist und so sich mit 
dieser in Verbindung gesetzt hat. 

Es ist auch nötig hier auf die Entwickelung der Bursa omentalis mit 
einigen Worten einzugehen. Denersten Anfang kann man bei dem Embryo w 
(3 mm) sehen. Hier kann man an der rechten Seite des Darmes eine kleine 
Kante sehen und zwar in der Rinne, in der das Mesothel der Darmwand in 
das Mesothel über dem Ductus Cuvieri, der hier in die V. omphalomesen- 
terica einmündet, übergeht. Diese Kante ist durch einen Venenast verur- 
sacht. (Fig. 1.) Gegen diese ventrale Kante erhebt sich fast nur aus Mesothel 
bestehend eine dorsale Kante (Fig. 5). Die ventrale Kante kann, wie in 
diesem Falle, ganz klein sein, immer ist aber in ihr ein Ast der V. omphalo- 
mesenterica dextra enthalten. Eine ähnliche, obwohl kleinere Kante 
kommt auch auf der linken Seite zustande. (Fig. 6.) In dieser Zeit begirnt 
schon die an der rechten Seite zur weiteren Entwickelung gelangende Rinne 
den Darm mit seinem Mesenterium auf die linke Seite zu verdrängen. 


—= 


Aus der Beschreibung und aus den beigegebenen Figuren ist zu sehen, 
daB die Bildung der ventralen Kante gewohnlich an die rechte. V. omphalo- 
mesent. gebunden ist und wenn dann die dorsale und ventrale Kante sich 
berühren und verschmelzen, so wachsen die Aste von der rechten V. omphalo- 
mesent. in diese so entstandene Scheidewand oder Septum hinein und 
diese Venenäste folgen auch die Leberzellbalken. Ven der linken V. omphalo- 


4) Sneath: An apparent third testicl cons. of a scrotal spleen. Journ. 
of Anat. and Physiol. Vol. 47, 1913. 


407 


mesenterica wachsen die venüsen Âste in den Mesothelhügel und diese 
geben den Ursprung den Milzvenen. Es ist die Entwickelung der Leber 
besonders auf die Äste der V. omphalomesent. dextra gebunden und die 
Entwickelung der Milz an jene der V. omphalomesent. sinistra. Die 
Ausbildung dieser Venen und ihrer Verbindung mit dem Sinus venosus 
des Herzens sind sicher von hohem Einflusse auf die Lage des Herzens. 

Man sieht also, daß durch eine Verschiebung oder eine Umwachsung 
der venösen Äste die Lage des Herzens und des ganzen proximalen Abschnittes 
des V erdauungsrohres verändert werden kann und es wird bei dieser Umlagerung 
auch die-Milzanlage auf die rechte Seite gelangen und nicht in die Bursa 
omentalis. Es ist aber, wie es die Ausbildung der beiderseits gelegenen Meso- 
thelstreifen nahelegt, auch möglich, daß gelegentlich, ohne daß es zum Situs 
inversus kommen müßte, eine Milz an der gegen die Bursa omentalis ge- 
legenen Seite des Mesogastriums entstehen könnte. 

Auffallend ist es, daß sich die an der rechten Seite gebildete Rinne, 
die den Anfang für die Entstehung der Bursa omentalis abgibt, proximal] 
in der Form einer Ausbuchtung bis in die Lungengegend erweitert und 
daß sich dieser ganze Abschnitt besonders durch die Entwickelung der 
Leber von der e‘gentlichen Bursa omentalis abtrennt. Diese ist also nur 
der am meisten distal gelegene Abschnitt dieser ursprünglichen Rinne. 


Fig. 


gQ 


Fig. 


D 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig 


Fig. 


Fig 


Fig 


TAFELERKLÄRUNG. 


Tres 


1. Von einem 3 mm langen Embryo. Die Mesothelverdickung ist an beiden Seitem 
fast ganz gleich. An der rechten Seite ist der Anfang der ventralen Kante 
(v h); C = Ductus Cuvieri. 

2. Von einem Embryo derselben Größe, der aber in der Entwickelung weiter 
fortgeschritten war. dh = dorsale Kante; vh = ventrale Kante der Rinne, 
die den Anfang der Bursa omentalis bildet. 

3. Von einem Embryo von 3.3 mm. Der Milzhügel (S) mit dem wuchernden 
Mesothel; ac = Arteria caeliaca; vod = V. omphalomesent. dextra; vos= 
V. omphalomes. sinistra. Von dem Darmepithel aus dorsal entwickelt sich 
das Pankreas. 

. 4. Von einem Embryo von 3°6 mm. Die Mesothelwucherung an der Oberfläche 

des Milzhügels (S); ac = Äste der Arteria coeliaca; p = Pankreasanlage. 

Die übrigen Bezeichnungen wie bei Fig. 3. Von dem ventralen Abschnitte 

der Darmwand gehen Leberzellbalken besonders gegen die rechte V. omphalo- 

mesent. dextra. 


Tate TI 


5. Von einem Embryo von 9°4 mm. Die Venennetze grenzen scheinbar das ober- 
flächliche Mesothel von dem darunter und vom Mesothel entstandenen Ge- 
webe ab. 

6. Von einem Embryo von 13°33 mm. Das oberflächliche Mesothel beginnt 
niedriger zu werden an. Die Abgrenzung der Milzanlage durch das Mesenchym 
ist deutlicher. 

Tafel IT. 


. 7, Von einem Embryo von 139 mm. Die Milz ist so gewachsen, daß sie von der 
Geschlechtsdrüsenanlage (p) eingedrückt wird. Das Mesothel ist noch nie- 
driger geworden als in Fig. 6. Bei a befindet sich das Mesothel scheinbar noch 
in Proliferation, doch das ist eine infolge der Form der Milz schräg getroffene 
Stelle. 
8. Ist bei einer stärkeren Vergrößerung das Präparat von Fig. 4 photographiert. 
Die scheinbare Abgrenzung des Oberflächenmesothels durch einen Venenast ist 
zu sehen. 
.9. ist bei schwächerer Vergrößerung die Übersicht des Präparates von Fig. 6. Die 
Milzanlage (S) liegt zwischen der Geschlechtsdrüsenanlage und der Uiniere (2); 
! = Niere; ps = Pankreas; bo = Bursa omentalis; v = Magen. 

.10. Ein Abschnitt der Milzoberfläche von einem Embryo von 15'53 mm. Das: 
Oberflächenmesothel ist bereits überall flach als anderwärts in der Cölom- 
höhle. 


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Janosik: Entwickelung der Milz Tafel I. 


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Bulletin international de l’Académie des Sciences del’Empereur 
François Joseph. 
(Ceska akademie cisare Frantiska Josefa.) 


JanoSik: Entwickelung der Milz. Tafel II. 


Bulletin international de l’Académie des Sciences del’Empereur 
François Joseph. 


(Ceska akademie cisaïe Frantiska Josefa ) 


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ACADEMIE DES SCIENCES 
(CESKA AKADEMIE VED A UMENT) 


BULLETIN INTERNATIONAL 


RESUMES DES TRAVAUX PRESENTES. 


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XXII® ANNÉE. 


(1920.) 


PRAGUE. 
PUBLIE PAR L’ACADEMIE DES SCIENCES. 
1920. 


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RESUMES DES TRAVAUX PRESENTES. 


CLASSE DES SCIENCES MATHEMATIQUES, NATURELLES 
ET DE LA MEDECINE. 


XXIIe ANNÉE. 


(1920.) 


PRAGUE. 
PUBLIE PAR L’ACADEMIE DES SCIENCES. 
1920. 


KNIHTISKARE CESKE | AKADEMIE VÉD A UMENT | 


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CKEHO v PRAZE. 


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AE 


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Table des Auteurs: 


Ludm. Slavikova et Frant. Slavik: Études sur les minérais de fer du 
Sikgmeneinferleursde,la Boheme 2.212... uote ES 


« Prof. Dr. Jar. Milbauer: Über die Reduktion der Schwefelsäure durch 


MOTO CR PP Ren ee ne ain 
Fr. Slavik: Données optiques sur quelques minéraux.............. 
J: V. Zelizko: Der Steppeniltis (Foetorius Eversmanni Less.) im Di- 
imo CR ee LE Re 
FA Slavik: Über einige Prbramer Gesteine . .... 0... 02... see vets 
Dr. Vaclav Hruska: Sur les relations parmi les périodes des intégrales 
HDÉTEMHES AS CRÉÉE Re SET RTE a Ane woes Yh og Ab. a 


Dr. Vaclav Simandl: Über eine Gruppe von 8 Flächen 2. Grades und 
über die damit zusammenhängende Transformationsgruppe .. 
Milos Kössler: Sur une formule de récurrence relative aux nombres 
RE PE aes SAN eet a en RE DS CU LE 
M. V. Posejpal: Sur la variation de la réfraction des gaz avec la pression 
Een Ch anervatmosphere.. — The... Yan: cee DR nee 
F. Slavik: Über Tellurwismut cus den böhmischen Goldgängen .... 
J. Milbauer et J. Setlik: Méthode pour separer le plomb du chrome 
par l’electrolyse et analyse du chromate de plomb et des couleurs 
ALIEN, NS te SNS laters, vas dle Wola a's te nt ee 
Dr. Radim Kettner: Ein Profil durch das Pribram- Jinecer Kambrium 
Dr. Jan Zaviel: Über Atmung und Atmungsorgane der Chironomiden- 
NÉ nee Eek re td eu gore 
J. Sobotka: Über einen Steinerschen Satz, die Krümmungskreise eines 
Kegelschnittes betreffend und einige Beziehungen desselben zum 


FI een PIE ve ee rt ee Oe 
Prof. Dr. Jaroslav Milbauer: Über die Bestimmung des aktiven Sauer- 
Pee NAL TATE L ORY Oe 3. 20 en ae ee A ee 
Dr. Vaclav Hruska: Sur les racines rationnelles du polynöme 
es 


—— +- = v.—v3 qui figure dans la théorie des fonctions 
27 3 
abeliennes singulières de trois variables ............,.:... 
J. Sobotka: Uber den Zusammenhang der Krümmung einer Kurve mit 
ihrer Projektion und einige damit verwandte Beziehungen .... 


130 


150 


MUDr. Bohumir Rejsek: Annotation concernant l’étiologie des sarcoïdes 
Boeck-Darier er a REP ER eee 
J. Sobotka: Zur Krümmung zentrisch kollinearer Kurven in der Ebene 
J. Sobotka: Betrachtungen zur Krümmung der Kegelschnitte ...... 
J. Sobotka: Einige spezielle Beziehungen der Krümmungsmittelpunkte 
eines Kegelschnittes 28 2.220 ann om ee CP en ee PP EEE 
J. Sobotka: Kegelschnitte und Kreise, welche einen gegebenen Kegel- 
schnitt oskulieren” „.. 2526 CH so ne ee Eee ANS 
J. Sobotka: Zur Krümmung algebraischer Kurven, Eee 


Te 


Études sur les minérais de fer du silurien 
inférieur de la Bohême. 


Par LUDM. SLAVIKOVÄ et FRANT. SLAVIK. 


Résumé du texte tchèque. 


Présenté dans les séances du 27 avr., 8 juin et 23 nov. 1917. 


Les minérais de fer oolithiques dans le silurien inférieur du centre 
et de l’ouest de la Bohême font partie de trois étages stratigraphiques: 
du d,4#, couches de Komärov (= trémadoc supérieur), du d,,, couches de 
Osek—Kyän (arenig s. et inf.) et du d,,,, couches de Zahoïany (= caradoc 
inférieur). À présent on ne les exploite que dans la zone de Nuëice et N de 
Zdice (d,,,), sur le mont KruSna hora (d,,) et dans les environs de Kla- 
bava et Ejpovice (d,, et d,,). Les nombreuses localités, mentionnées il 
y a plus de cinquante ans dans le mémoire de M. V. Lipold (24a)*) 
sont aujourd’hui abandonnées ou ont été dans les ans derniers objet des 
travaux d’exploration. — 


Par conséquence, la plupart de ces localités n’offre q’un matériel 
assez peu favorable aux recherches microscopiques, à cause d’une alté- 
ration avancée. Toutefois ayant étudié des minérais et leurs transitions 
aux roches environnantes, ramassées dans presque toutes les localités, de 
même que des échantillons provenants de plusieurs collections de Prague, 
Plzeñ et Pribram, nous croyons pouvoir baser nos conclusions sur l’origine 
et le mode de formation des minérais en question sur une base assez large 
et solide. 


Les minérais de fer oolithiques de la Bohême ont été l’objet des 
nombreux travaux scientifiques; la nature minéralogique du minérai 
primaire très répandu et son identité avec la chamosite a été reconnue 
pour la première fois par Jan Krejéi (16)* en 1854, les roches dia- 
basiques tuffoïdes, qui accompagnent le minérai à de nombreuses loca- 
lites, identifia A. E. Reuss (30) avec les ,,schalsteins“ du dévonien 


*) Voir la liste de la littérature, pp. 22—23 du mémoire présent. 
Bulletin international, XXII. 1 


rhénan en 1857; M. V. Lipold (24a) a décrit en 1863 les profils geolo- 
giques de la plupart des gîtes ferrifères, K. Balling (1) en 1867 publia 
un grand nombre d’analyses chimiques, K. Feistmantel (10) en 
1876 ses recherches microscopiques, très intéressantes et importantes. 
encore aujourd’hui; par des investigations spécielles ont contribué à nos 
connaissances sur les minérais: J. Väla et R. Helmhacker (32), 
K. Feistmantel 11),-J. Krejci et K, Feistmanter.dı, 
E. Bäumler (2), B. Katzer (12), C. de-Purky ne (26-390 
A. Liebus (21—24), C. Klouëek: (15), R. Kettner (14), 
J. Woldrich (34-35) etc. Les oeuvres synthétiques sur la metallo- 
génie basent leur descriptions de nos gîtes ferrifères sur les résultats de 
ces auteurs, plus ou moins incompletement; il n’y a que dans l’ouvrage 
deM.K.I. Bogdanovi£ (5) qu’on trouve des recherches microscopiques 
originales sur le minérai de Nu£ice, faites par M. A. N. Zavarickij. 
Parmi les travaux sur des gîtes analogues étrangers, ce sont ceux de M. L. 
Cayeux (8) en France et de M. KR. E. Zalinski (36) en Thuringe, 
qui ont pour nous la plus grande importance. 


* * 
* 


Nos minérais de fer renferment un nombre assez considérable de 
minéraux. Ce sont: 

1. Dans les oolites: chamosite (et peut-étre autres minéraux chlori- 
tiques), ,,myéline“ (v. plus bas), hematite, limonite, sidérose, quartz, loca- 
lement aussi phosphorite, pyrite, kaolinite et magnétite. 

2. Dans la substance interstitielle: entreles minéraux authigénes pré- 
vale notamment la sidérose, assez répandues sont aussi les chlorites ferru- 
gineuses, le quartz, l’hématite et la limonite, accessoirement le pyrite, i’arséno- 
pyrite, la magnétite et la phosphorite; les éléments allothigènes sont le 
quartz, le mica blanc, des substances chloriteuses et terreuses. 

3. Dans les ognons et concrelions, on trouve le pyrite, la phosphorite 
et la sidérose. 

4. Comme minéraux secondaires des fissures il y a des sulphures 
(pyrite, cinnabre etc.), des carbonates (calcite, ankerite, sidérose), du quartz, 
des phosphates (wavellite, kakoxéne, dufrénite, picite), de la barytine, 
sélénite et kaolinite. 


Les caractères macroscopiques et m'croscopiques des minéraux respectifs. 


Chamosite. 

La chamosite de nos minérais est transparente en couleur vert de 
diverses nuances, tantôt distinctement bleuâtre, tantôt presque purement 
vert; dans le premier cas l’absorption et la nuance bleuâtre est plus forte 
dans l'orientation || (001). Nos chamosites n’ont pas toujours une couleur 
moins intense que la thuringite, comme le trouva M. Zalinski (36) 
pour les minérais de Schmiedefeld. L’ indice de réfraction moyenne est 


approximativement 1-64, de même pour les variétés plus pâles que pour 
celles d’une couleur plus foncée; pour la thuringite de Chabiéov (Moravie), 
nous avons trouvé la réfringence 1-62, pour la moravite originale de M. 
Kretschmer (18) de la même localité (identique avec la ,,thuringite 
incolore‘ de M. Zalinski) —1-615. La biréfringence est faible, néga- 
tive, les couleurs d’interférence souvent anomales. La dureté de la chamosite 
absolument fraiche dépasse 5, mais diminue vite par l’altération, laquelle 
change successivement ses couleurs vertes en jaunâtres et brunâtres. 


La structure de la chamosite est typiquement oolitique, mais elle se 


borne en quelques cas (Ohrazenice) aux parties extérieures de l’oolite, tandis 
que le centre est compact. 


La chlorite non-oolitique 


forme en plusieurs minérais de la bande d,, (Skelna Hut, Chÿñava) et 
surtout du d,, (Klabava, Horni Kran, Pliskov) un élément constitutif 
du ciment ; elle est d’une structure très fine lamellaire, presque compacte 


et dans ses propriétés optiques elle ne se distingue pas essentiellement 
de la chamosite. 


„Myeline“ et kaolinite. 


Dans de très nombreux minérais de tous les trois étages stratigra- 
phiques, les oolites sont constituées par une substance grise verdätre, 
grise brunätre ou presque blanche, d’unaspect steatitique; au microscope 
elle présente une structure oolitique normale, est presque incolore ou faible- 
ment jaunätre ou brunätre, d’une biréfringence negative, considérablement 
supérieure que celle de la chamosite; les indices de réfraction sont de 
1-58 à 1-59 ou un peu plus. Densité 2-714. Dureté 2— 2b». 

Le minéral fond difficilement en colorant la flamme d’un violet 
faible et devient brun rougeätre clair; l’acide chlorhydrique n’agit presque 
pas sur lui. | 

M. le prof. J. Hanuë, de l’École polytechnique tchèque, a eu 
la bienveillance de faire un examen chimique de ces oolites (de Bïezina); 
elles n’ont malheureusement pû être totalement dépourvu de la sidérose, 
qui les pénetre en petits grains et minces veinettes. Les résultats de 
l’analyse, qui a ainsi dû rester incomplète, sont les suivants: 


I. portion 
SiO, TiO, ALO, Fe,O, +FeO MnO CaO MgO 
44-29 0-28 31:31 6:08*) trace 0:60 0-75 
II. portion 


co, H,O constitutive H,O hygroscopique 
3-02 4-82 1:37 


*) En une autre épreuve, FeO 1°95. 
1* 


Le reste se compose principalement des alcalis (plus de potasse 
que de soude). | 

La substance de ces oolites est donc un silicate d’alumine avec seu- 
lement une petite portion de fer et nous l’appellons dans ce mémoire provi- 
soirement ,,myéline“ à cause de son aspect macroscopiquement compact 
et presque terreux, sans toutefois vouloir affirmer son identité avec les 
substances — d’ailleurs souvent pas plus caractérisées — qui ont été dé- 
crites sous ce nom. 

Dans un minérai de Klabava nous avons trouvé un silicate semblable, 
dans lequel nous voyons une transition de cette ,,myéline“ à la kaolinite 
typique; elle possède une couleur presque blanche, sa biréfringence est 
plus faible, l’indice moyen de réfraction 1-56. 

Nous regardons ces oolites comme un produit d’une altération dia- 
génétique de la chamosite, ce processus chimique étant analogue à la „baueri- 
tisation‘ des biotites. 


Hématite. 

L’hematite cristalline est assez rare dans nos minérais, où elle forme 
avec le quartz des concrétions à structure concentrique (Libetov) ou plus 
souvent des roches siliceuses, des quartz ferrugineux; dans ce dernier 
cas, la forme de l’oligiste est pour la plupart squeletteuse et la structure 
microscopique de la roche rappelle celle des agats mousseux. Tout autre 
minérai de fer rouge très répandu dans les oolites comme dans la sub- 
stance interstitielle est compact et il reste incertain, s’il appartient 
entièrement à l’hématite ou, pour une part du moins, à la turjite. 

Magnétite (voir pl. III. fig. 1.) 

Déjà Krejéi, Zippe et Reuss ont constaté, que plusiers 
minérais chamositiques de Nuëice et d’autres localités sont magnétiques ; 
Väla et Helmhacker (32) de même que Feistmantel (10) 
ont reconnu, que cela est dû aux cristaux et grains microscopiques de la 
magnétite, disséminés dans les oolites de la chamosite. Dans le quartz 


ferrugineux de Ouvaly, la magnétite accompagne en quantité assez notable 
l’hématite prévaillante. 


La goethite 

n’a été observé que dans le quartz ferrugineux de l’ancienne mine 
Ouzky près de Holoubkov, où elle forme une bordure fine autour des sque- 
lettes cristallins de l’hématite. 

L’hydroxyde de fer brun 

est toujours le produit d’ane altération superficielle des minérais 
et apparaît dans ses formes les plus communes. 

Sidérose. 

La sidérose apparait dans nos minérais de fer: 1) comme le ciment 
primaire, aythigéne et syngénétique, d’une structure compacte, mêlé 


d'éléments clastiques (quartz, mica blanc, substances argilleuses): une 
grande part des minérais des étages d,, et d,,; 2) comme ciment cri- 
stallin, granulaire, plus pur: presque tous les minérais de l’etage d,,4, 
des autres seulement ceux de Pliskov et quelques localités analogues; 
3) comme aggrégat granulaire, au premier aspect presque congruent 
au precédent, mais d’une formation postérieure, pénétrant tout le minérai 
et oblitérant la structure oolitique: c’est le cas des minérais métasoma- 
tiques de la Dédova hora appelés „flinz“ (v. pl. II. fig. 3.), partiellement 
aussi des minérais de Nuëice, Zdice, Karyzek, KySice; 4) comme un 
minéral de fissures et imprégnations secondaires, accompagné de sulphures 
métalliques, de Larytine, d’ankérite etc. 

Les minérais totalement ou presque non oolitiques ce composent 
en majeure partie de la sidérose compacte (1) et forment des petites inclu- 
sions et couches minces interstratifiées dans les masses du minérai oolitique, 
principalement aux localités de l’étage d,,: Zdejéina, Klabava, MniSek. 
Les minérais oolitiques les plus riches en sidérose sont ceux du mont Radeë 
et de ses environs, de Karyzek en d,,, quelques de Nu£ice (la variété dite 
„piskovice‘ = minérai sableux) et de Zdice en d,,,, qui appartiennent 
au groupe 3. 

Pyrite. 

Dans les localités de l’étage d,,,, le pyrite est assez abondant, 
forme des concrétions ellipsoïdiques qui atteignent parfois les dimensions 
d’un décimètre, voire même davantage (Nuëice), des cristaux cubiques et 
pentagon-dodécaèdriques disséminés dans le minérai (dto), des couches 
alternant avec le minérai et renfermant de phosphorite colloide (Zdice). 
Dans les deux étages plus anciens, le pyrite est également assez répandu, 
mais seulement en petites quantités, comme imprégnations, grains et 
cristaux. Les concrétions pyritiques de Nuëice possèdent une structure 
oolitique, les oolites consistant en pyrite ou myéline; dans les schistes 
pyriteux de Zdice, on peut ol server deux générations de pyrite, l’antérieure 
compacte, alternant avec des couches de phosphorite, et la postérieure 
cristalline, granuleuse. La première paraît s’été formée originairement en 
état colloïde (la melnikovite de M. B. Doss, 9). En général il y a une 
analogie très marquée entre l’occurrence du pyrite et celle de la phospho- 
rite colloïde dans nos minérais. 


Phosphorite. (Pl. I. fig. 3, pl. IIL. fig. 5.) 


Jusqu’à présent inconnue, la phosphorite colloïde est très répandue 
dans nos minérais à l’état microscopique ; en concentrations macroscopiques 
elle se borne à un petit nomtre de localités: en d,,4, ce sont Trubin et 
Zahoÿany près de Beroun et Zdice; en d,, Hiebeny Hostomické et Kysice, 
en d,, Brezina. Partout la phosphorite apparaît comme un élément D'1- 
maire du minérai. Au microscope, la phosphorite est translucide ou trans- 
parente en couleur jaune ou brun de diverses nuances, sa couleur macrosco- 


pique est un gris foncé, parfois brunâtre ou rougeâtre par les oxydes de 
fer secondaires. Entre nicols croisés, toutes les phosphorites sont abso- 
lument isotropes. L'indice de réfraction 1-60 (rognons presque blancs de 
Biezina), 1-615 (couches alternantes microscopiques dans les oolites au 
minérai de Karyzek), 1-620—1-625 (concretions des Hostomické Hiebeny, 
translucides en couleur brun). Le minéral incolore isotrope, qui se trouve 
aux oolites de Karyzek plus rarement que la phosphorite, a l’indice de 1-58 
et paraît être une collophanite pure. La dureté varie autour de 4. 
L'analyse chimique de la phosporite de Hostomické Hiebeny, faite 
par M. le Dr. Jaroslav Splichal, a donné les résultats réproduits 


ici dans la colonne 4; dans b, la partie soluble dans les acides est calculée 
sur 100-00%. 


a b 
Insoluble en acides 20-70*) — 
P.O, 26-63 33-87 
SO, 1-41 1-79 
CO: 1-02 1-30 
Cl 0-02 0-02 
F trace — 
510, soluble 0-20 == 
CaO, 32 37-20 47-32 
MgO 0-60 0-76 
ALO, 8-01 10-19 
Fe,O, 2-09 2-66 
H,O constit. et matières 
organiques 1-64 2-17 
H,O hygroscopique 0-36 — 
99-88 100-00 


Cette substance colloide nous offre évidemment un exemple d’un 
mélange d’adsorption, dans la composition duquel l’acide sulphurique entre 
selon toute probabilité sous forme d’un phosphate diadochitique, l’alumine 
comme hydroxyde bauxitique ; ceci est témoigné par les indices de réfraction, 
trop hauts pour un mélange de phosphorite avec un des phosphates 
amorphes d’alumine (evansite etc.). 

Le concrétions de Trubin et Zahoïany se composent d’un mélange 
de phosphorite avec la sidérose et les oxydes de fer secondaires. 

L'examen microscopique prouve que dans tous ces cas la phosphorite 
est d’une origine simultanée avec les minéraux ferrifères, la chamosite 
ou la sidérose, de même qu’avec la myéline. La nature primaire est surtout 
documentée par des morceaux clastiques de la phosphorite, trouvés dans 
quelques minérais de Karyzek, Brezina, Klabava, et formant parfois un 
noyau central des oolites. 


*) 19°36 SiO,, le rest est principalement Al,O;. 


1 


Sans aucun doute, la phosphorite de nos minérais est organogene et 
provient principalement des coquilles phosphatiques des Lingulides et 
peut-être d’autres brachiopodes, dont les débris se trouvent en masse dans 
certaines roches sédimentaires polymictes, mêlées des oolites hématitiques 
(Brezina, Ouzky près de Holoubkov, Janovky près de Cheznovice), assez 
fréquemment aussi dans certains minérais eux-mêmes (chamosites de 
Osek, Pliskov, Ohrazenice). La substance des coquilles apparaît au micro- 
scope incolore ou brunätre, avec l'indice de refraction = 1-61; elle est 
presque toujours isotrope et ne montre que rarement des traces de biré- 
fringence par tension. Les coquilles sont parfois silifiées. 


Quartz. 

Les minérais de l’étage d,,, sont presque exempts de quartz, ceux 
des deux étages plus anciens parfois très riches en quartz clastique, mêlé 
à leur susbtance interstitielle et formant souvent le noyau central des 
oolites (en ce dernier cas, il ne renferme pas d’inclusions de chlorites, 
sidérose ou oxydes de fer et se montre donc tout à fait différent du quartz 
pseudoclastique, trouvé par M. L. Cayeux (8) dans les minérais ooli- 
tiques français). Cf. les fig. 1 et 4 de la pl. IT. 

Le quartz authigène a été observé en forme syngénétique, dans les 
quartz ferrugineux, mentionnés plus haut. Comme élément épigénétique, 
silifiant les oolites et parfois aussi certaines parties du ciment et une part 
des coquilles de brachiopodes, nous le trouvons dans plusiers minérais: 
de Zdice en d,,,, de Zdejéina, Cheznovice, Brdo en d,,, de Svatä, Bie- 
zina etc. en d,,. (Voir les fig. 2 et 3 dans le texte et fig. 2 et 4 pl. II.) 

Les carbonates (ankerite, dolomite) de même que la barytine sont de- 
minéraux epigénétiques des fissures et des imprégnations ; 

la muscovite 
un élément clastique trés fréquent. 

La calcite 
provient des débris organiques (cystoides, céphalopodes au minérai de 
Nuëice) ou d’une décomposition des tuffes diabasiques, disséminés dans 
plusieurs minérais de l’étage d, ;. 


Les minérais de fer comme roches. 

Les minérais de fer sont des roches mixes, caractérisées par les miné 
raux qui forment les oolites et le ciment ; selon la composition, on peut 
distinguer seize catégories: : 


Oolites: ciment: 

. sidérose 

un mléange clastique 
un minéral chloritique 
un Zuffe diat asique 


A. chamosite 


HR 9 D 


B. myeline . Sidérose 


. un mélange clastique 
. un Zuffe diabasique mêle du 
matériel clastique (,,schal- 


I Or 


stein“) 
C. siderose prévalemment 8. sidérose prévalemment 
D. fer rouge 9. siderose 


10. un mélange clastique 
11. un ‚‚schalstein“ 


E. limonite 12. sidérose 
13. un mélange clastique 
F. silifiées : 14. sidérose 


15. un mélange clastique 
G. 16 quartz ferrugineux et leurs transitions au minérai de fer rouge. 


Dans l’étage d,,, on trouve aux horizonts inférieurs principalement 
des minérais rouges (9, 10, 11, 16), qui font complétement défaut dans 
les étages d,, et d,,,. Les quartz ferrugineux forment un horizont distinct 
à la base du d,,. D'autre part, l'étage d,, est caractérisé par une asso- 
ciation fréquente des minérais avec les tuffes diabasiques; dans ce cas, 
le minéral ferrifère est presque toujours l’hématite, les catégories 7 (Dé- 
dova hora — Giftberg pro parte) et 4 (Ohrazenice) n’étant représentées 
que par une seule localité chacune. Certaines variétés, qui se bornent aussi 
à l’étage d,,, ont un caractère plus local: 1) les minérais métasomatiques, 
constitués principalement par la sidérose: la Dédova hora et l’Ostrÿ; 
2) les transitions du minérai de fer rouge aux sédiments riches en frag- 
ments de porphyres décomposés (Brezina, Cheznovice) ; 3) les conglomérats 
de l’Ouzky et 4) les minérais non-oolitiques de Ouvaly. 


Au d,,, on peut distinguer trois types de minérais: a) minérais avec 
des oolites chamositiques au ciment sidéritique ou chloritique (1, 3), les- 
quels forment un horizont à la base de l’étage (Klabava, Osek, très pro- 
bablement aussi Pliskov, Horni Kvän, Mnisek pro parte); b) minérais 
presque entièrement sidéritiques ou qui renferment partiellement des 
oolites myéliniques (5, 8): Karÿzek, Radeë; c) minérais avec les oolites 
silifiées (Zdejéina, Sarka, la mine abandonnée Prokop près de Cheznovice, 
Hostomické Hiebeny, Ptäkov, probablement aussi Pisky près de Cenkov, 
la mine Josef au Brdo, la mine Ignäc près de Kvai). Ce qui caractérise 
tous ces minérais, ce sont les transitions graduelles aux roches sédimen- 
taires. 


La silification ne se borne pas à l'étage d,,, mais apparaît souvent 
aussi en d,g (Biezina, Dédova hora, Kleëtënice, Ostry, Zajetoy), parfois 
(Zdice) même en d,,4. 

Les minérais du d,,, sont caractérisés par leur ciment sidéritique 
plus ou moins pur, les éléments clastiques ne se trouvent que dans les tran- 


> 


sitions aux roches sédimentaires voisines: les oolites sont constituées de 
la chamosite, myéline, sidérose ou quartz secondaire, et leur composition 
minéralogique varie même dans une même localité (Zdice: 5, 8, 14, Nu- 
ice, 1, 5, 8). 


Question de la forme primaire du phosphore dans les minérais. 


Dans un mémoire sur les minérais de fer oolitiques de la Lorraine, 
M. F. Villain (33) a discuté un grand nombre d'analyses chimiques 
et croyait en pouvoir conclure, que la forme normale primaire du phos- 
phore dans les minérais est le phosphate de fer, non celui de chaux. M. L. de 
Launa v (20), dans son oeuvre admirable sur la métallogénie, a montré, 
qu’en général les minérais de fer non métamorphiques sont riches en 
phosphore, tandis que ceux, qui se sont développés par la substitution 
metasomatique des calcaires, en renferment d’ordinaire très peu. L'origine 
du phosphore dans les minérais sédimentaires est attribuée par lui à la 
décomposition des coquilles et d’autres débris organiques. 


Cette explication est sans doute juste et nos recherches microscopi- 
ques la confirment de nouveau pour les minérais du silurien bohême en 
ce qui concerne la part géologique du problème. Le côté minéralogique 
de la question n’a point été considéré jusq’ici — voilà pourquoi M. Vil- 
lain à pu tenter de soutenir sa conclusion par le fait observé par lui, 
aue la teneur en phosphore ne diminue pas même dansle cas, où il ya absence 
totale de débris organiques visibles. La présence du colloïde minéral, pres- 
que généralement répandu dans nos minérais et capable — comme les 
colloïdes en général — d’absorber d’autres substances colloïdes en quantités 
notables et très variables, ne permet pas d'appliquer ces déductions à nos 
minérais et rabaisse essentiellement la valeur des analyses en bloc lors de 
solution de pareils problèmes. 


Les quartz ferrugineux. 


L'examen microscopique des quartz ferrugineux, provenant de nom- 
breuses localités, prouva, qu’ils sont constitués par le quartz granulaire, 
en quelques cas par la calcédoine et par des squelettes cristallins d’hématite ; 
la finesse de ces beaux groupements de cristaux et leur ramification multi- 
pliée leur donnent une ressemblance structurelle aux agats mousseux ; sans 
doute, la formation de la silice a eu lieu à l’état colloïde et contempo- 
rainement avec la cristallisation du sesquioxyde de fer, d’une manière 
analogue à l'expérience de D. Gergens sur la diffusion du sulphate de 
fer dans le verre soluble, cité récemment dans le travail intéressant de M. 
R. E. Liesegang (25); plus tard, la silice a passé successivement 
de l'état colloïde au cryptocristallin (calcédoine) et de la à l’état cristal- 
lin-granulaire. Nous espérons pouvoir publier en peu de temps une note 
spéciale sur la nature de ces quartz ferrugineux. 


10 


La structure des minerais et la paragénése de leurs éléments minéralogiques. 


Seule la localité d’Ouvaly renferme dans ses parties restées accessibles 
exclusivement des minérais non oolitiques; dans toutes les autres, nous 
ne trouvons que de petites couches interstratifiées et de noyaux d’une 
sidérose compacte, mêlée de matériel clastique, le plus fréquemment dans 
la plupart des localités en d,,: Zdejéina, MniSek, mine Josef à Brdo, Pisky 
près de Cenkov; mais elles se trouvent aussi aux autres étages (Kla- 
bava en d,,, Nuëice en 43,4). 


Dans d’autres cas, la structure oolitique primaire a été „detruite 
secondairement par des processus métasomatiques (les „flinz“ de la Dé- 
dova hora et de l’Ostrÿ) ou par une cataclase (le groupe du Radeë). 


Tous les autres minérais sont des oolites typiques. L’élément consti- 
tutif primaire de la structure est avant tout la chamosite. Ses oolites mon- 
trent entre nicols croisés la croix noire normale, parfois disloquée ; la struc- 
ture concentrique embrasse la masse entière de l’oolite ou seulement ses 
parties extérieures, le centre étant occupé par un aggrégat du minéral 
chloritique compact ou par un noyau étranger: quartz clastique, fragment 
d’une coquille, tuffe diabasique, porphyre vitreux décomposé, schiste 
ou phosphorite. 


Les déformations des oolites sont fréquentes et on peut observer 
très souvent, que la structure concentrique intérieure de l’oolite s’acco- 
mode à ses contoures déformées ; déjà en 1876, K. Feistmantel (10) 
en tira une conclusion en faveur de la formation authigène des oolites, 
analogue à celle des concrétions, et de leur nature originairement plastique 
et — comme nous le dirions aujourd’hui — coriogènes. Les analogies struc- 
turelles des concrétions constituées par la sidérose et la phosphorite (Trubin, 
Zahoïany) avec les oolites sont un témoignage de plus en faveur de cette 
opinion. 

Les fissures de contraction, formées pendant le desséchement du 
sédiment, tant radiales que concentriques, sont très typiques dans quel- 
ques minérais de Zdice, Nuëice, Karÿzek (PLAIT tig. 2). 


Ce n’est que dans un nombre restreint de localités (Hudlice, Neïe- 
Zin), qu’on trouve dans les sédiments tuffogénes (,,schalsteine“) des oolites 
hématitiques roulées, selon toute la probabilité allothigènes. 


Dans les oolites chamositiques ou myéliniques non altérées, ainsi 
que dans ceux dont le silicate a été substitué par la sidérose, on ne trouve 
point de couches alternantes de la silice, soit cristallisée ou colloïde: 
les annelets de silice, obtenus par Bleicher (4) dans les minérais lor- 
rains et déjà par Feistmantel dans ceux du silurien bohême en 
faisant agir l’acide chlorhydrique et nitrique sur les oolites, paraissent 
être un phénomène secondaire (la même opinion a été prononcée par 
M. A. Lacroix, 19, tome I, p. 402, t. III, p: 381-3). 


11 


Nous pouvons toutefois citer un très bel exemple d’oolites constituées 
par un colloïde et un cristalloide alternants — ce que M. H. Schade 
regarde comme le cas normal des oolites — savoir les oolites et les concré- 
tions d’une constitution et structure conforme aux derniers (Trubin et 
Zahoïany), composées de la phosphorite et de la sidérose. (Pl. III. 5.) 


Les structures du ciment. 


Chez la plupart des minérais du d, , et d,, le ciment reliant les: oolites 
est analogue aux roches entourantes sédimentaires (schistes, grès, grau- 
wackes) ou tuffiques mêlées de sidérose et passe à ceux-ci par la disappa- 
rition des oolites et de la sidérose. Dans les minérais chamositiques au 
d,, ou aux horizons plus recents du d,, une grande part de la sidérose 
du ciment est parfois substituée par une chlorite, qui forme des écailles 
très rninces ou est presque compacte ; quant’à ses propriétés optiques, elle 
ressemble complètement à la chamosite (Pliskov, Osek, Klabava). 

Les minérais du d,,, ont au contraire un ciment sidéritique cristallin 
qui ne doit cependant être regardé comme produit d’une épigénèse posté- 
rieure à la formation des dépôts ferrifères. On observe sans doute souvent 
deux générations de sidérose, la première plus troublée et d’un grain plus 
fin, la seconde plus pure et cristalline, mais toutes les deux appartiennent 
à la période diagénétique des minérais. 

La sidérose distinctement métasomatique, assez fréquente dans — 
quelques localités du d,, (Dédova hora, Ostry, Svata) est accompagnée — 
dans les imprégnations aux minérais mêmes aussi tien que dans les fissures 
traversantes les derniéres — de barytine, ankerite et de sulphures divers 
(cinnabre, pyrite etc.). 


Les effets de la pression 


se manifestent parfois en une cataclase intense microscopique (les mi- 
nérais sidéritiques aux oolites minces du Radeë), en des brêches macro- 
scopiques (minérais hématitiques de Zajeéov, passant aux quartz ferru- 
gineux, les mêmes de Zähoïek près de Hiedly, associés aux tuffes diaba- 
siques, les grés passant aux minérais limonitiques, riches en phosphorite, 
du d,, à KySice). Au d,,,, seulement le gisement de Zdice, dont les couches 
sont trés disloquées, montre des phénoménes de pression. 


La succession des éléments dans les minérats. 


Krejéi et Boricky (6, 7) regardent la chamosite, Feist- 
mantel (10) la sidérose comme le minéral primaire des oolites; Za- 
varickij et Bogdanovié (5) ont constaté, que dans les oolites du 
minérai de Nuëice la sidérose et le quartz sont plus récents que la cha- 
mosite. M. A. Bencke (3) applique à nos minérais — sans toutefois 


12 


donner des propres observations — la série génétique de Ca yeux: calcite 
— sidérose — chamosite — magnétite — quartz — hématite et limonite. 
Par nos investigations vient s’ajouter une autre question, celle de la rélation 
de la myéline, phosphorite et du pyrite aux autres minéraux. 

Dans tous les minérais étudiés par nous, la chamosite montre un 
caractère décidément primaire; partout, où elle est voisine à la sidérose, 
celle-ci est l'élément plus récent, qui détruit la structure normale oolitique. 
Il ya la même relation entre la sidérose et la myeline. La succession des 
silicates oolitiques et de la sidérose est donc contraire à celle observée 
par M. L. Cayeux dans les minérais français. Le quartz est postérieur 
aux deux silicates oolitiques et les remplace souvent, parfois jusqu’à la 
silification complète; quant’à la sidérose, nous observons dans quelques 
minérais du d,,, (la ,,piskovice“ = minérai sableux de Nuëice, une partie 
des minérais de Zdice) sa contemporanéité avec le quartz, en d’autres 
cas celui-ci est l’élément le plus récent. Dans les localités caractérisées par 
les processus filoniens et métasomatiques (Dédova hora, Biezina) c’est 
le cas inverse qui a été constaté, la sidérose se répandant au dépens du 
quartz granulaire du ciment. 

L’hematite est partout produit d’oxydation des autres minéraux ferri- 
feres; dans certains cas elle provient directement de la chamosite, dans 
d’autres, de la sidérose. Parfois on observe une silification des oolites 
hématitiques (Svatä). 

La phosphorite est d’une part l’équivalent de la chamosite, formant 
des oolites constituées exclusivement par elle, d'autre part de la sidérose 
et du pyrite. Ce dernier est dans les oolites postérieur aux autres éléments. 

La myéline n’est pas un produit de l’altération récente superficielle 
de la chamosite, ce qui est témoigné par les enclaves des minérais de 
Zdice dans une brêche diabasique contemporaine, lesquels renferment 
déjà des oolites myéliniques. Les phénomènes de transition entre les deux 
silicates, oF servés p. e. dans quelques minérais de Nuëice et Mniëek, mont- 
rent pourtant, que la myéline s’est formée de la chamosite par une perte 
du fer presque totale; ce processus a dû être terminé déjà dans la période 
diegénétique. 

Dans le ciment on observe souvent deux générations de la sidérose ; 
la chlorite non-oolitique des minérais de Klabava, Pliskov, Horni Kvan 
est contemporaine avec la première génération. Une silification du ciment 
n’est pas rare. La phosphorite et une partie du pyrite sont les équivalents 
de la première génération de la sidérose, tandis que l’autre partie du 
pyrite est plus récente. 

En général, nous pouvons distinguer la succession: 

1. chamosite, myéline et magnétite dans les oolites, chlorite et sidé- 
rose presque compacte dans le ciment; 2. sidérose granulaire; 3. quartz 
p. p.; 4. oxyde de fer rouge et brun, une autre part du quartz. La phos- 
phorite appartient aux grouppes 1 et 2, le pyrite à 3 et 2. 


Le phénomènes métasomatiques sont les mêmes dans le ciment que 
dans les oolites. 

Les localités caractérisées par les métasomatoses: Dédova hora, 
Ostry, Brezina, Svata, Kruën4 hora, Svärov, toutes de yp, montrent un 
dévéloppement notable des tuffes diabasiques; évidemment, les métaso- 
matoses sont liées aux lieux d’une manifestation plus intense du vulca- 
nisme. Tous les filons et imprégnations sont des phénomènes postvulca- 
niques des diabases infrasiluriens mêmes et bien antérieures aux gîtes 
filoniens de Pribram et d’autres localités en connexe avec le grand massif 
granitique du centre de la Bohême. 


Les rapports des gîtes ferrijeres aux roches voisines. 


Les minérais sont séparés de leurs roches voisines, dans la plupart 
assez distinctement ; les seules transitions sont celles aux schistes argilleux 
et tuffogènes, aussi qu’aux tuffes diabasiques du d,,, à quelques schistes 
du d,, et aux grès du d,,,; les diabases grenus, porphyriques et amyg- 
daloïdes et les tuffes diabasiques communs, nommés ,,zal Ak“ (pierre de 
grenouilles), sont toujours séparés des minérais d’une manière très distincte. 


Le niveau stratigraphique des minérais dans les étages respectifs 
n’est pas précisément constant. Dans les parties inférieures du d,, il y a des 
minérais hématitiques ; ils sont souvent associés, comme observa déjà 
Lipold, aux „schalsteins“; dans les horizons de passage entre d,, 
et d,,, on peut constater des minérais chamositiques, intimement liés aux 
schistes sédimentaires. 


Comme horizons locaux, on peut distinguer d’après nos investi- 
gations les suivants (en succession des plus anciens aux plus récents): 


conglomérats ferrifères (Ouzkÿ, Svojkovice) ; 

quartz ferrugineux (Libeëov, Toënik, Eugenov, Ouvaly etc.) ; 

minérais de fer rouge avec fragments du porphyre (Cheznovice, 
Svarov) ; 

minérais associés aux tuffes (Zajeéov, Dédova hora, Ostry, Olırazez 
nice, Svärov) ; 

grauwackes avec des coquilles et des oolites hématitiques (Brezina, 
Ouzky, Cheznovice) ; 

minérais chamositiques appartenant d’une part sûrement au d,,, 
de l’autre indécis entre d,, et les parties supérieures du dız 
(Klabava et Osek au toit immédiat de l’horizont Euloma- 
Niobe, Pliskov, Baba etc.) ; 

minérais passant aux grés quartzitiques dans d,, (Klabava p., Ky- 
Sice p.). 


Malheureusement les découvertures de nos gites ferriféres dans 
le dy, et d,, sont si rares et si imparfaites, qu’il n’est pas possible de 


14 


résoudre définitivement la question, si ces horizons forment une serie 
successive ou si quelques-uns d’eux se remplacent réciproquement. 


Dans l'étage d,,, les minérais appartiennent à un niveau strati- 
graphique assez bien déterminé; dans le mur de ce dernier les schistes 
sont riches en grès quartzitiques interstratifiés, dans le toit elles en sont 
pauvres. Les éruptions diabasiques du même étage apparaissent aussi 
bien au mur qu’au toit des minérais, mais ne sont nullepart liées plus 
intimement avec eux. Dans les brêches tuffiques de Zdice et de Krahulov 
nous avons constaté, que la roche éruptive et les sédiments mélés du 
minérai s’includent mutuellement, ce qui est un témoignage important 
pour l’origine primaire des minérais. 


La génèse des minérais. 


L’explication de la génèse du minérai de fer par un remplacement 
métasomatique des calcaires oolitiques n’est pas applicable à nos gîtes 
ferrifères. Nous ne connaissons dans toute l'extension de notre silurien 
nférieur aucun lieu, ou il y aurait des calcaires oolitiques; ce que Li- 
pold (24a) et Liebus (24) ont mentionné comme calcaires du d,,, ne 
sont que des tuffes diabasiques décomposés et riches en calcite secondaire ; 
les calcaires impurs,. interstratifiés au d,,, en quelques localités, n’ont 
pas une trace de structure oolitique et font partie d’un niveau supérieur 
que celui des minérais, déjà au passage à la bande d,. Nous n’observons 
ni failles nourricières ni accumulations des minérais dans les diabases 
mêmes. Au microscope, nous constatons avec certitude une succession 
génétique tout à fait différente de celle trouvée par M. L. Cayeux 
dans les minérais métasomatiques de la France. Les processus de silifi- 
cation ne dépendent pas du niveau de l’altération superficielle actuelle. 


Pour ces raisons, nous devons attribuer à nos gîtes ferrifères une 
origine syngénétique ; restera la question, d’où provient le fer et à quel 
degré les phénomènes volcaniques participent à la formation des minérais. 
Comme nous avons déjà mentionné plus haut, les roches éruptives sont 
séparées des gîtes ferrifères partout par une limite très distincte, sauf les 
tuffes mélés de matériel sedimentaire (schalsteins) au d,,; contrairement, 
les minérais passent aux roches sédimentaires du d,,, et surtout du d,, 
graduellement et leur ciment correspond, quant’à la composition minéra- 
logique et la structure, aux sédiments voisins. Les analogies paragénétiques 
et structurelles de la chamosite et sidérose avec la phosphorite et le pyrite, 
minéraux organogènes, ne sont pas d’accord avec l’origine des minérais 
par l’action thermale des eaux postvulcaniques. La nature cristalline du 
ciment sidéritique aux minérais de Nuëice et autres localités n’exclut pas 
nécessairement sa formation sédimentaire et non-métamorphique, spéci- 
ellement depuis que les investigations de M. F. Tuéan (81) ont montré 
la fréquence extraordinaire des structures cristallines dans les roches carbo- 


ah 


natiques, même quand ces dernières se trouvent loin de toute possibilité 
d’une métamorphose. 


Les oolites hématitiques dans quelques tuffes du d,g paraissent être 
allothigènes, apportées des roches ferrifères plus anciennes, dans lesquelles 
la formation des oolites et leur transformation en hématite s’est produite 
plutôt que la sédimentation du tuffe. Dans un autre cas, réprésenté princi- 
palement par le minérai de Ohrazenice (v. p. 18, 24), la génèse des oolites 
est sûrement contemporaine avec la sédimentation des cendres volcaniques 
et antérieure à leur cimentation par la calcite secondaire. Dans les brêches 
volcaniques du d,,, (Zdice, Krahulov) on peut enfin observer, comme 
nous l’avons déjà mentionné dans un des chapitres précédents, des inclu- 
sions de minérais, dans lesquelles des transformations secondaires eurent 
déjà lieu (génèse de la myéline, silification des oolites). 


Tous ces phénomènes conduisent à la conclusion, que non seulement 
la première génèse des minérais et la formation des oolites a été contem- 
poraine avec la sédimentation des roches entourantes, mais que même 
les éléments minéralogiques, lesquels au microscope se montrent comme plus 
récents, ont fini leur processus de formation dans cette même époque. Au- 
trement dit, l’image actuelle minéralogique et structurelle de nos minérais 
date de la période diagénétique des sédiments ferrifères. Il n’y a que les 
phénomènes locaux d’une métasomatose et d’un remplissage filonien 
(voir p. 13), qui soient postérieurs à la diagénèse ; ils appartiennent cepen- 
dant encore à l’époque d'activité volcanique infrasilurienne. Nous ne 
pouvons fixer avec une précision suffisante la date géologique de la trans- 
formation des minérais originairement chamositiques en hématite ; cepen- 
dant la génèse des grandes couches de l’hématite oolitique dans les parties 
inférieures du d,, (Kru$nä hora, Kyëice-Ejpovice etc.) n’est pas die à l’al- 
tération superficielle récente et s’effectua certainement dans des époques 
géologiques trés anciennes, antérieures au plissement variscien. 


Pour un autre processus secondaire, pour la siification des oolites, 
nous possédons des preuves directes de ce qu’elle s’est produite, pour une 
grande part du moins, déjà pendant la diagénèse. Nous avons mentionné 
plus haut sa présence dans les inclusions des bréches tuffiques au d,,4 (p. 7) 
et dans les coquilles de brachiopodes, qui forment le noyau central des 
oolites dans les minérais de Pliskov et d’autres localités (p. 7, 24). De 
même, dans l'étage d,,, auquel appartient la plupart des minérais renfer- 
mant des oolites silifiées (Zdejëina, Cheznovice, Särka), la silification 
concrétionnaire est un phénomène très commun (les „globules de Roky- 


_cany“ ou „gl. d’Osek‘“). M. B. Katzer (13) a montré par ses études 


microscopiques, que l’aggregat du quartz au grain très fin est congruent 
dans ces concrétions et dans les schistes environnants, qui ne se distinguent 
des globules que par leur pauvreté relative en quartz; iln’ya aucun doute, 
que cette silification ne soit aussi un phénomène diagénétique. 


16 


Cependant, le quartz étant un des minéraux les plus récents dans 
la paragénèse de nos gîtes, on doit regarder la formation de la chamosite, 
myéline, sidérose, phosphorite et au moins de la plus grande part du pyrite 
également comme un processus géochimique, termine avant la solidification 
des sédiments ferriferes. 


Dans les périodes diverses du silurien inférieur, les schistes en sédi- 
mentation se sont enrichis de combinaisons de fer; la décomposition des 
plus fines cendres volcaniques, mêlées aux sédiments, a contribué essenti- 
ellement à cet enrichissement, qui a déterminé une précipitation rhytmique 
du silicate chamositique à la forme des oolites. Par ces phénomènes de dif- 
fusion, les oolites se sont différenciées du ciment, qui par lui même est 
analogue aux sidéroses marines et a la même origine sédimentaire que ce- 
dernières. Les transformations chimiques dans les sédiments pas encors 
endurcis consistaient en la formation de myéline par l’extraction du fer de 
la chamosite, en une cristallisation partielle de la sidérose et sa pénétratioe 
dans les oolites, en une formation de la phosphorite au dépens de la subn 
stance phosphatique des coquilles et finalement en une précipitation du 


plus fin aggrégat quartzeux et une transformation des minéraux primaires 
de fer en oligiste. 


Notes sur les gisements ferriferes dans d,p et d,,. 


Dans les deux étages plus anciens de notre silurien, d,, et d,,, les 
gîtes ferrifères s'étendent des environs de Prague (la Sarka) au sud-ouest 
par Svärov et Libeëov près de Unhoët aux environs septentrionaux de 
Beroun, Zdice et Zbiroh (les localités: Zdejäina, Kruën4 hora, Hiedly, 
Pliskov, le mont Radeë) jusqu’au district ferrifère de Rokycany (Biezina, 
Osek, Klabava, KySice). De là, une autre série de gisements se dirige, au S 
du rayon des couches siluriennes plus récentes, à Cheznovice, Karÿzek, 
Zajeéov, Svatä Dobrotivä (Sta Benigna), Horni Kväi, Dedova hora 
(,Giftberg““ des auteurs allemands), environs de Jince (Ostry, Ohrazenice), 
Hostomice (Baba, Hrebeny) et MniSek. Une localité isolée est celle de 
Ouvaly E de Prague. 


De tous ses gisements, on n’exploite à present que ceux de Krusna 
hora et de Klabava-KySice, les autres étant abandonnées depuis 30—60 ans. 
Ce que nous avons pu ramasser sur les terrils et trouver dans les collections 
du Musée du Royaume de la Bohême, de l’École montanistique supérieure 
de Pifbram et du Musée municipale de Plzeñ, suffit pour caractériser 
globalement les localités respectives, mais pour une monographie définitive 
de nos gîtes ferrifères il faut encore attendre des réouvertes plus nom- 
breuses, qui offriraient du matériel moins altéré. 


Suivant l’ordre géographique indiqué plus haut, les localités princi- 
pales du d,, et d,,, étudiées par nous, sont les suivantes: 


17 


la Särka: tuffes ferriféres (schalsteins), hématite oolitique, schistes d,, 

| avec oolites silifiées. 

Svdvov—Libetov: minérais et roches analogues à ceux de la Sérka, schistes 
avec des oolites de myéline. 

Chynava: les mêmes et minérai chamositique. 

Zdejéina: minérais au ciment sidéritique et oolites silifiées dans le d 
pas de tuffes. 

Svatd: dans le d,,, minérai hématitique, tuffes ferriferes, produits des 
processus épigénétiques: sidérose cristalline, barytine, ankérite. 


ly? 


Krusna hora: dans la couche principale (inférieure) hématite oolitique avec 
tuffes et diabases amygdaloïdes, au toit, déjà au d,,, schistes avec 
sidérose et oolites myéliniques. 

Toënik: quartz ferrugineux. 

Dlouhé skäla près de Kublov: limonites ochreuses et scoriacées. 

Hiebeny près de Lisnd: oolites de myéline en un ciment schisteuse. 

Pliskov près de Zbiroh: dans le d,,, très beau minérai chamositique avec 
ciment constitué pour une part par la sidérose, pour l’autre par 
mune chlorite. (PIS 11H01) 

Sebesice, Bechlov, Radeë: minérais très riches en sidérose, appartenant 
vraisemblablement au d,, supérieur; oolites petites, constituées 
par la myéline et sidérose secondaire; cataclase intense. 

Skelné Hut: minérai chamositique avec ciment chloritique, riche en magné- 

tite: d;, inférieur? 

Biezina: hématite oolitique, minérai schisteux avec oolites de myéline, 
grauwackes mélées d’oolites hématitiques et de lumachelles de Obo- 
lella complexa. (Pl. I. fig. 1.) 

Osek: oolites chamositiques dans le schiste d,,. 

Klabava, rivage droit de la rivière Klabavka: minérai hématitique en d, ,, 
sans tuffes. 

Klabava, rivage gauche: à la galerie Kristian, couche de minérai en d,, 
inférieur, au toit immédiat des tuffes diabasiques schisteux, qui 
appartiennent au niveau Euloma-Niobe. Le minérai se compose 
d’oolites chamositiques et de ciment de sidérose, chlorite et éléments 
clastiques. (Pl. I. fig. 2, II. fig. 2.) 

Kysice: hématite oolitique en d,,; en d,,, les grès quartzeux interstra- 
tifiés passent à un minéfai limonitique avec de gros oolites, riche 
en phosphorite. 

De Klabava à Plzenec: schistes à oolites chamositiques, minérais aux oolites 
de myéline et transitions aux schistes argilleux et aux grès quartzi- 
tiques. | 

L’Ouzky près de Holoubkov: hématite compacte, conglomérat quartzeux 
avec ciment hématitique, quartz ferrugineux avec squelettes cristal- 
lins d’oligiste. 

Bulletin international. XXII. 2 


18 


Cheznovice, mine abandonnée Prokop: minéraï au d, ,, pour la plupart limo- 
nitique ; silification intense des oolites. 

Cheznovice, m. a. Janovky: minérai hématitique, passant aux grauwackes 
avec fragments de porphyre altéré. 

Karyzek: minérai avec oolites myéliniques; minérai presque totalement 
sidéritisé ; beaucoup de phosphorite dans les oolites et les concrétions ; 
transitions aux sédiments schisteux et psammitiques, fossiles dans 
les derniers comme dans le minérai lui-même. Le git appartient au d,, 
supérieur. (Pl. I. fig: 3) 

Zajecov: tuffes ferrifères, hématites oolitiques, quartz ferrugineux passant 
au minéral. 

Klestenice: hématite oolitique, silification des oolites chamositiques. (Pl. 
11. Tig..4.) 

Ptäakov: schiste du d,, avec oolites de myéline. 

Hrbek près de Sv. Dobrotiva (localité originelle du cacoxène, de la picite 
et berounite, qui se trouvaient ici comme minéraux secondaires aux 
fissures): limonites scoriacées et indistinctement oolitiques. 

Horni Kodi: hématites oolitiques, minérais constitués par la chamosite 
et par un ciment schisteux avec beaucoup de chlorite et sidérose. 

Hlava près de Mala Viska: hématites oolitiques, tuffes ferrifères, minérais 
avec des oolites myéliniques, passant à des grès schisteux. 

Zuzana, mine abandonnée, près de Nefeïin: hématites oolitiques, tuffes 
ferrifères très variés. 

La Dédova hora (Giftberg) près de Komarov: minérais chamositiques et hé- 
matitiques, tuffes ferriféres, minérais sidéritiques nommés ,,flinz“, 
dont les oolites myéliniques sont partiellement remplacées par la 
sidérose, partiellement silifiées; aussi dans le ciment de la sidérose 
métasomatique se répand et de nombreux petits filons et imprégna- 
tions se trouvent dans le gisement avec la sidérose, barytine, ankérite, 
lescinabreetcy (Plaid, fig. ET Tip) 

L’Ostry pres de Felbabka: hématites oolitiques, ,,flinz“, tuffes ferriféres. 

Eugenov près de Jince: quartz ferrugineux. 

Ohrazenice: tuffes ferriferes avec des oolites chamositiques et des lapilli 
diabasiques chloritisés; tuffes ferrifères communs avec hématite 
oolitique. (Pl. II. fig. 5.) 

Pisky pres de Cenkov: minérai du d,, avec oolites silifiées. 

Baba près de Hostomice: minérais chamositiques et mixtes de l’hématite 
et limonite, au passage du d,,, tuffes ferrifères, pour la part très fins. 
(PE 1. fig. 16) 

Hyebeny hostomické: schistes du d,, avec des oolites de la myéline, concré- 
tions de la phosphorite. 

Mine abandonnée Josef à Brdo: oolites myéliniques notamment silifiées 
en un ciment schisteux, riche en sidérose; le gisement paraît ap- 
partenir au d,,. 


1 y’ 


19 


MniSek: minérais oolitiques hématitiques, minérais avec chamosite dans 
un ciment principalement sidéritique. 

Ouvaly: minérais sans oolites, pour une part quartz ferrugineux avec héma- 
tite et magnétite, pour l’autre schistes chloriteux. 


Les minérais de Vétage ds, 4. 


La zone ferrifère de Nuëice, décrite en 1877 par Vala et Helm- 
hacker (32), est aujourd’hui exploitée à ciel ouvert et aux travaux 
subterranés à Jinoëany, Nuëice, Krahulov, Chrustenice; elle contient 
plusieures variétés du minérai: la sklenenka (= minérai de verre) se compose 
d’oolites chamositiques avec beaucoup de magnétite dans un ciment de 
sidérose cristalline, sans l’admixtion du matériel clastique; le ,,minérai 


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Fig. 1. La situation des gisements ferrifères entre Beroun et Zdice. (1: 75.000). 
Les gisements de dg+4 sont marqués par des cercles noirs remplis, ceux de d,g et 
de d,, par des cercles vides. S = Nord, J = Süd. 


o* 


20 


bleu“ contient peu de magnétite et ses oolites sont pour la plupart myéli- 
niques ; la piskovice“ (= minérai de sable) renferme des oolites transformées 
en sidérose cristalline, mêlée de beaucoup de quartz secondaire; la ‚‚belka“ 
(= minérai blanc) est un minerai appartenant aux deux variétés précé- 
dentes, dans lequel les oolites ont été blanchies par l’extraction secondaire 
du fer et la formation de la kaolinite terreuse. Les concrétions pyriteuses, 
à structure oolitique, formées par le pyrite et la myéline, ne sont pas rares. 
La phosphorite ne se trouve qu’à l’état microscopique, tant aux oolites, 
que — plus fréquemment encore — dans le ciment, associée en règle au 
pyrite. (PL ATE ie.) 


A la Hrouda, au N de Zdice, les minérais de d,,, sont exploités 
sur une échelle plus restreinte; ils correspondent essentiellement au „mi- 
nérai bleu“ et à la „piskovice“ et ,,bëlka“ de Nuëice, mais en diffèrent 
en quelques détails (silification intense des oolites etc.). Les schistes pyri- 
teux interstratifiés contiennent beaucoup de phosphorite et ont en ce cas 


Fig. 2. Une oolite du minérai de Zdice, composée de la limonite qui a remplacé 
la sidérose et la myeline, et des cristaux de quartz (Aggr. 26x). 


une structure concrétionée avec des couches alternantes des deux mi- 
néraux; leur pyrite paraît s’être formé par une cristallisation du Fes, 
primairement colloïde (melnikovite). La phosphorite se trouve en outre 
dans les schistes du toit et y forme de concrétions macroscopiques d’une 
structure compacte. (Pl. III. fig. 2—4 et fig. 2—3 du texte.) 


Fig. 3. Une oolite de Zdice composée du quartz secondaire (blanc), de la sidérose 
(un individue cristallin au centre et un aggrégat grénu, gris) et de la limonite (noir). 
Dessiné entre des nicols croisés. (Aggr. 38x.) 


21 


Entre Zdice et Beroun (fig. 1.), on fit dans les derniers ans des travaux 
de recherche. A Zahorany, Trubin et Cernin on a trouvé des schistes argilleux 
et des grès quartzitiques passant au minérai oolitique. Dans le premier cas, 
les oolites se composent de myéline, dans le deuxième de sidérose, alter- 
nant avec la phosphorite et la limonite; les concrétions de phosphorite 
sont très fréquentes, et leur structure intérieure est analogue à celle des 
oolites: les couches alternantes se composent de phosphorite et de sidérose. 
EIS LET fey; À) 

‘Les minérais de l'étage d,,, ne sont pas liés aux tuffes ferrifères, 
ni aux quartz ferrugineux comme ceux du d,,. Leur ciment est généralement 
presqu’ exempt d'éléments clastiques, leur quartz ne constituant qu’une 
imprégnation secondaire. Au point de vue chimique, les minérais du d;,,4 
sont d’une composition plus constante que ceux du d,, et d,,, et con- 
tiennent moins de silice et plus de fer et de phosphore: par un grand nombre 
d’analyses chimiques publiées jusq’ici, on a put constater dans les minérais 
chamositiques 


du d3,s du d,, et di, 
max. min. moy. max. min. moy. 
S10, 22% 113292 .16% 36% 20% 30% 
31.05.1160, 12/4 21 21 (GE 14 
Fe 361/, 311% 33/4 36 15 27/4 
Po: 2-4 aan EL 1-1 trace 0-6 


(Les hématites oolitiques, caractérisant le niveau ferrifére inférieur 
de l’étage d,,, ne se trouvent pas aux gisements du d;,,.) 


Novembre 1917. 


Cabinet minéralogique de l’Université tchèque. 


10. 


12. 


13. 


Liste de la littérature. 


. Balling K., Die Eisensteine der k. k. Montanherrschaft Zbirow, Oesterr. Zeitschr. 


für Berg- und Hüttenwesen 1867 (15), 250—258, 263—266. 


. Baumler E., Ueber das Nutschitzer Erzlager bei Kladno in Böhmen, Oesterr. 


Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1887 (35). 
Bencke A., Neue Anschauungen über die Entstehung des oolithischen Eisen- 


erzes, Oesterr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1914 (62), 297 
à 299. 


. Bleicher, Le minerai de fer de Meurthe-et-Moselle, extr. du Bulletin de La 


Société industrielle de l'Est, Nancy 1894. 


. Bogdanovié K. I., Rudnyja méstorozdénija, Petrograd I. 1912, II. 1913; 


sur les minérais de fer oolitiques voir tome II, 269—293 (en colla- 
boration avec A.N. Zavarickij). 
Boficky Em., O nerostech v päsmu Zeleznÿch rud silurskych se objevujicich. 
Ziva II, 1869. 
= Zur Entwickelungsgeschichte der in dem Schichtenkomplex der 
silurischen Eisensteinlager Böhmens vorkommenden Minerale. Sitzb. 
k. k. Akad. d. Wiss. Wien, 1869 (59). 


. Cayeux L., Les minérais de fer oolitiques primaires de la France. Revue de 


Métallurgie 1911 (8), 117—-126. Le grand ouvrage du méme auteur 
de l’année 1909 ne nous était pas accessible; (citations chez Bogda- 
novié, De Launay et Lacroix). 


. Doss B., Melnikovit, ein neues Eisensulfid und seine Bedeutung für die Ge- 


nesis der Kieslagerstätten, Z. prakt. Geol. 1912 (20), 453—483. 
Feistmantel K., Die Eisensteine in der Etage Ddes böhmischen Silurgebietes, 
Abh. d. k. böhm. Ges. d. Wiss. VI (8) 1876. 
— Zwei Profile durch die Basis der böhmischen Silur-Etage D an den 
entgegengesetzten Beckenrändern, Sitzb. k. böhm. Ges. d. Wiss. 
1879. 
Kaizer B., Ueber die Grenze zwischen Kambrium und Silur in Mittelböhmen, 
Sitzb. k. böh. Ges. d. Wiss. 1900, Nro 18. 
= Notizen zur Geologie von Böhmen X. Beiträge zur petrologischen 
Kenntnis des älteren Palaeozoikums in Mittelböhmen. Verh. k. k. 
geol. Reichsanst. 1905, 37—61. 


. Ketiner R., Piispévek k petrografii vrstev krusnohorskych (dı „), Rozpr. Ceské 


Akad. 1916, I. Nro 16, II. Nro 34. 


. Klouëek C., O geologickém horizontu rudniho loziska na Karyzku, Rozpr. 


©. Akad. 1913 Nro 9. 


. Krejëi J., O zeleznych rudäch, zvlasté v Cechäch. Ziva II (1854), 383—4. 
. Krejei-Feistmantel, Orograficky a geotektonicky pirehled silurského üzemi 


ve sttednich Cechäch. Arch. pro pfirod. vyzkum Cech. V. 5, 1890. 


. Kretschmer F., Neue Mineralien vom Eisenerzbergbau Gobitschau nächst 


Sternberg (Mähren). Centralbl. für Min., Geol. und Palaeontologie, | 
1905, 195—204. 


23 


19. Lacroix A., Mineralogie de la France et ses colonies. Tome I 1893—5, 397 sq. 
(chamosite); tome IV 1900, 561 sq. (collophanite); 597 sq. (diado- 
chite) etc. 

20. De Launay L., Traité de métallogénie. Gîtes mineraux et metallifères. Tome 
I—III. Paris 1913. Sur les minérais de fer t. II, 266—520. 

21. Liebus Ad., Die Z-förmige Umbiegung der Quarzite bei Lochowitz und deren 
Umgebung, Verh. geol. R.-A. 1904, 323—326. 


29. —— Das Gebiet des Roten und Jalovy Baches um Komorau und das 
Schieferterrain um Lochowitz, Verh. geol. R.-A. 1904, 62—66. 

23. == Die Bruchlinie des Vostry im Bereiche der SW-Sektion des Karten- 
blattes Zone 6, Kol. Xund ihre Umgebung, Jahrb. geol. R.-A. 1910 
99—114. 

24. — Geologische Studien am Südostrande des Altpalaeozoikums in 


Mittelböhmen. Jahrb. geol. R.-A. 1913, 743—776. 
24.a) Lipold M. V., Die Eisensteinlager der silurischen Grauwackenformation 
in Böhmen, Jahrbuch geolog. Reichsanst. Wien 1863, 339—448. 
25. Liesegang R.E., Die Achate, Dresden 1915. Be 
26. Purkyné C. de, Nästin geologickych pomért okoli Klabavy, Brdsky kraj 1909. 


27. — Geologie okresu plzenskeho. Plzen 1913, la carte géologique 1910. 

28. — Kambrium mezi Plzencem a Zdärem u Rokycan, Sbornik mést. 
histor. musea v Plzni 1914. 

29. — Zprava o geologickem mapoväni Rokycanska, Véstnik V. sjezdu 


ces, pit. arlek. 1914, 316: 

30. Reuss A. E., Ueber silurische Schalsteine und das Eisenerzlager von Auwal 
bei Prag, Sitzb. k. k. Ak. Wien 1857 (25), 563—578. 

31. Tuéan F., Die Kalksteine und Dolomite des kroatischen Karstgebietes, Annales 
géologiques de la Péninsule balcanique, VI, 2. 1911, 609—814, spec. 
775 sq. 

32. Vala-Helmhacker, Die Eisenerzlager in der Gegend zwischen Prag und Beraun, 
Arch. ntw. L. Durchf. Böhm. 1874. 

33. Villain F., Le gisement de minerai de fer oolitique de la Lorraine, Annales 
des mines, XM serie, Mem. I, 1902, 113—220 et 223—290. 

34. Woldfich J., Udoli Särecke, Sbornik Klubu piirodovédeckého v Praze 1913, 
I. 5, 14—24. 

Ds = Geologické poméry v üdoli Kaëäku mezi Unhoëti a Nenatovicemi 
Rozpr. Ces. Akad. 1916 Nro 37. 

36. Zalinski E. R., Untersuchungen über Chamosit und Thuringit aus Thüringen 
und Umgebung, Neues Jahrbuch für Min., Geol. und Palaeont. 
1904, Beil.-Bd. 19, 40—84. 


Explieation des planches. 


FE 


1. Grauwacke avec des lumachelles des brachiopodes (Obolella complexa Barr. 
sp.) de Bfezina. Le ciment est composé d’une sidérose fine-grénue, troublée par 
la décomposition. Aggr. 28x. 

2. Minérai chamositique de Klabava (d,). Une section transversale des 
oolites déformées; le ciment est formé par un mélange d’une sidérose fine-grénu > 
avec une chlorite ferrugineuse et un peu de quartz clastique. Aggr. 28 X. 

3. Minérai de Karyzek, photographié entre des nicols croisés, avec une couche 

concentrique de la phosphorite amorphe dans une oolite sideritique. Presque tout 


24 


le minérai est formé par la sidérose, dont les grains plus grands et plus clairs mon- 
trent évidemment leur origine postérieure. Aggı. 28x. 

4. Minérai chamositique de la Dédova hora avec un ciment de sidérose cri- 
stalline. Débris des coquilles de brachiopodes forment parfois le noyau centrale 
des oolites. Aggı. 11x. 

5. Une oolite chamositique de la Baba; au ciment: siderose grenue, quartz 
clastique et substance argilleuse. Aggr. 28x. 


PLAN: 


1. Deux oolites de chamosite du minérai de Pliskov, l’une avec un noyau 
cential du quartz clastique, l’autre d’un fragment d’une coquille (brachiopode). 
Aggr. 22x. 

2. Minérai des environs de Klabava avec un ciment cristallin de sidérose, 
une oolite silifiée et une petite fissure remplie de quartz épigénétique ; la limonite 
secondaire (noir) sépare les rhomboedres de la siderose. Aggr. 21x. 

3. La métasomatose dans le ,,flinz’’ de la Dédova hora: la sidérose grénue 
remplace les oolites myéliniques. Aggr. 25x. 

4. La silification irrégulière dans le minérai de Kleëtënice; un grain clastique 
de quartz dans le centre d’une oolite, à droite. Aggr. 22x. 

5. Minérai de Ohrazenice: dans le ciment troublé par la décomposition (noir) 
qui est foım& prévalemment par un minéral chloritique, se trouvent des oolites 
de chamosite, des morceaux de tuffe diabasique amygdaloïde et des grains de 
quartz clastique. 


Pl; LIT. 


1. Minerai de Nuëice: ciment sidérose, oolites myéline avec des cristaux 
de magnétite et des grains de sidérose secondaire. Aggr. 13x. 

2. Minérai de Zdice: fissures de contraction dans les oolites myéliniques, 
remplies de sidé:ose grénue ; le ciment se compose de sidérose. Apgr. 24 x. 

3. Un autre échantillon du même: oolites de sidérose cristalline. Aggr. 30x. 

4. Un autre échantillon du même: oolites constituées par sidéiose et quartz 
cristallisé, pour la grande partie détruites à la préparation de la plaque mince. 
Aggr. 30 X. 

5. Une concrétion de Trubin avec une partie de la roche environnante. Le noyau 
de la concrétion est formé prévalemment par sidérose compacte avec une admix- 
tion de phosphorite ; à ia périphérie de la concrétion et dans les oolites, des couches 
de sidérose grénue alternent avec celles de phosphorite. La petite partie, plus claire, 
est congruente avec le ciment sidéritique de la roche encaissante. La dernière 
(à droite) renferme des grains de quartz clastique avec contures aiguës, cimentés 
par siderose gienue; les oolites en elle sont identiques à celles des concrétions. 


Une d’eux inclus des rhomboédres purs de la sidérose secondaire; dans une autre - 


(au dessous de la précédente) sidérose dans la périphérie, phosphorite au centre. 
Aggr. 20x. ” 


na as 


Dr. Ludm. Slavikovä et Fr. Slavik: Études sur les minérais de fer du 
silurien inférieur de la Bohême. Tab.-I. 


Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême 1918. 


Dr. Ludm. Slavikovä et Fr. Slavik: Etudes sur les minérais de fer du 
silurien inférieur de la Bohême. Tab, II. 


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Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême 1918. 


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Dr. Ludm. Slavikova et Fr. Slavik: Études sur les minérais de fer du 
silurien inférieur de la Bohême. Tab: LIT, 


Bulletin international de l’Académie des Sciences de Bohême 1918 


Über die Reduktion der Schwefelsäure durch Kohlenoxyd. 


Von Prof. Dr. JAR. MILBAUER, Prag. 


[Mitteilung aus dem Laboratorium der anorganischen Technologie 
der böhm. techn. Hochschule in Prag.] 


Vorgelegt am 23. Juli 1916. 


Zur Klarmachung der Reaktionen, die bei der Kjeldahlschen Stick- 
stoffbestimmung verlaufen, ist es sehr von Belang, sicherzustellen, wie 
sich einige der einfachsten Stoffe, besonders Gase, zur konzentrierten 
Schwefelsäure in der Hitze verhalten. Seinerzeit veröffentlichte ich in der 
Zeit. f. phys. Chemie 1907, S. 649 eine Studie über Oxydation von Wasser- 
stoff durch Schwefelsäure. An dieser Stelle referiere ich ganz kurz!) über 
eine weitere Reaktion, welche bisher weder beobachtet, noch durchforscht 
wurde, und zwar über die Reduktion der Schwefelsäure durch Kohlenoxyd. 
Zu ihrem Studium bediente ich mich derselben Apparatur, welche sich bei 
der zitierten Arbeit bewährt hat. 

In einen Gasometer von konstantem Druck wurde chemisch reines 
Kohlenoxyd gesammelt, welches, wie durch eine Reihe von Experimenten 
bewiesen wurde, sich aller Unreinheiten, wie auch aller Spuren von Wasser- 
stoff ledig darstellen läßt, wenn man reine konz. Schwefelsäure in eine konz. 
Lösung von ameisensaurem Natron zutropfen läßt bei gleichzeitigem Er- 
wärmen im Wasserbade. Aus dem Gasometr wurde das Kohlenoxyd von 
konstanter Durchflußgeschwindigkeit durch ein Chlorcalciumrohr in das 
Reaktionsgefäß geführt, welches sich in einem elektrischen Ofen, der auf 
konstante Temperatur erwärmt wurde, befand. Die Reaktionsprodukte 
entstehen nach der Gleichung: 


1) Einzelheiten sind in Rozpravy Ces. Akademie XXV., N. 46 publiziert. 


26 


Um die Reaktionsgeschwindigkeit zu bestimmen, wurde gewöhnlich 
das entstehende Schwefeldioxyd durch jodometrische Titration bestimmt. 
Von Zeit zu Zeit wurden zur Kontrolle die Reaktionsprodukte in eine Na- 
tronlaugelösung gefangen und das Kohlendioxyd gravimetrisch nach 
Messinger und in einem anderen Teile nach Oxydation des SO,’’-Ions 
das BaSO, gewogen. Die Reaktion verläuft in nachweisbarem Maße erst 
bei 200°. Bei einer DurchfluBgeschwindigkeit von 6-6 / in der Stunde 
ergab das Kohlenoxyd bei Durchstreifen einer Säule von Schwefelsäure 
(E. Merck, 94°6%) 9-5 cm hoch bei 250°C durchschnittlich 24-8 mg SO, 
pro Stunde. Bei der Reaktion entsteht zwar eine kleine Menge Wasser, 
das aber, wie später gezeigt wird, ohne Einfluß ist, solange die Konzentration 
der Schwefelsäure nicht unter 91% sinkt. Die Werte der Reaktions- 
geschwindigkeit sanken selbst nach langem, vielstündigem Durchleiten des 
Kohlenoxyds nicht, obzwar die Schwefelsäure durch das Reaktionswasser 
verdünnt wurde. Außerdem fand man, daß das Trocknen durch Calcium- 
chlorid völlig genügte; die Resultate waren gleich wie beim absoluten 
Trocknen mittels Phosphorpentoxyd. Was die Einflüsse der Durchfluß- 
geschwindigkeitsveränderungen betrifft, zeigt die folgende Übersichts- 
tabelle, daß sie beträchtlich sind: 


Bei Durchfluß- Drm Ne Es entstand in einer Stunde 
Mise Geschwindigkeit in on 
geschwindigkeit: einer Minute (mg SO,): durchschnittlich: 
0-21 pro Stunde 0-233 14-0 mg SO, [Mittel von drei nach- 
einanderfolgenden 
stündlichen Beobach- 
tungen] 
BEN: Ps 0-333 19-9 ,,  [Mittelvon 6 Beobacht.] 
0-6 > a 6413 DAS: BR al u ] 
1-0 A 0-688 40°] A Er: 6 = ] 
1-2 Ne Es 1-015 GO; ORNE a en 7 ] 


Manche Stoffe beeinflussen die Reaktionsgeschwindigkeit beträcht- 
lich als positive Katalysatoren. Sie wurden in einer Menge von 0-001 mol 
des betreffenden Elements passender Form in absolut reinem Zustande 
für 25 cm Schwefelsäure (94-6%) verwendet. Die Ergebnisse, welche bei 
der Durchflußgeschwindigkeit von 0-6/7 pro Stunde, einer Säule Schwefel- 
säure 9-5 cm hoch und bei der Temperatur von 250° gefunden wurden, 
führe ich in folgender Übersicht an und bemerke behufs Vergleichung, 
daß der mittlere Wert der Geschwindigkeit (a/t) ohne Katalysator 0-413 
(d. h. mg SO, in der Minute) beträgt. 


27 


Zahl der 
Element pr Mittelwert: Anmerkung: 
gen 
Kupfer CuSO,. H,O 4 0'228 = 
In der Schwefel- 
säure in der Hitze 
gelöst 
Silber Ag,SO, 6 0'802 = 
Gold Goldschwamm 5 0'756 Die Schwefelsäure enthäl® 
ausgeschiedenen Gold- 
schwamm. 
: 3 CdSO,. 8 H,O 3 0°207 — 
te caso, 3 0-205 as 
Queck- HgSO, gelöst 27 2630 Zuerst wird das Queck- 
silber (für den |silbersulfat teilweise (bis 
konstanten | 20%) in Quecksilberoxyd- 
Teil) sulfat reduziert. 
Hg,SO, 17 2-7 Es erfolgte zuerst die Oxy- 


(für den |dation bis der Gleichge- 

konstanten | wichtszustand von 20% 
Teil) erreicht wurde. 
0-273 = 


bo 


Lanthan Das Oxyd wurde 
in der Hitze gelôst 

Thorium Als Sulfat ver- 

wendet 

Zinn Der Zinnschwamm 
wurde in Schwefel- 
säure gelöst u. die 
Lösung ausgekocht 

Cer Das Sulfat wurde 
gelöstu.ausgekocht 


0-747 = 


Nach den Versuchen ent- 
hielt die Schwefelsäure 


- : Q2 (er) 
© 
bo 
Qt 
© 


leine weiße kristallinische 


| 
| Suspension. 
Blei Es wurde Sulfat 5 0-345 — 


verwendet. 
Thallium dto 6 0-275 Nach den Versuchen ist 
in der Schwefelsäure ein 
weiBer Niederschlag aus- 
geschieden worden. 
Vanad Das Vanadium- 10 0-353 Zuerst erfolgte eine Re- 
pentoxyd wurde in (für den |duktion. Nach den Ver- 
der Hitze gelöst u. konstanten |suchen war die Lösung 
ausgekocht. Teil) von grüner Farbe. 
Arsen Das Arsentrioxyd 5 0-240 — 
wurde 3 St. in der 
Schwelefsäure er- 
hitzt u. die gewon- 
nene Flüssigkeit 
verwendet. 
Antimon | Als Antimonsulfat 6 0.340 —- 
verwendet. 


| Zahl der 


Element pes Mittelwert: Anmerkung: 
gen 
Tantal Es wurde Ta,O, 6 0-343 Nach den Versuchen wurde 
verwendet. nicht alles gelôst. 
Wismut Wismutsulfat 4 0-297 — 
Chrom Gewogen CrO, 6 0-245 Am Anfang erfolgte die 
(fiir den | Reduktion. Nach den Ver- 
konstanten | suchen war die Lösung 
Anteil) klar von grüner Farbe. 
Selen Als solcher. 5 1-105 Die Lösung war grün. 
| Molybdaen MoO,. 7 0-210 Zuerst erfolgt die Reduk- | 
(für den tion. Die Lösung grün. 
konst. Teil) 
Wolfram WO,. 5 0.338 Nach den Versuchen war 
(für den |die Säure gelbbraun und 
konstanten |enthielt einen grünen 
Anteil) Niederschlag. 
Uran Uranylsulfät. 4 0-270 Alles gelôst, das Uranyl- 
salz unverändert. 
Chlor- Vor das Reaktions- 3 0-418 — 
wasserstoff | gefaB wurde ein 
U-Rohr mit granu- 
liertem Natrium- 
chlorid und konz. 
Schwefelsaure ein- 
gereiht. | | 
Mangan MnSO, 4 0-183 — 
Eisen Es wurde FeSO,. 5 0-270 Zuerst geschah eine Oxy- 


7 aq verwendet. (für den | dation in Ferri-Form. Nach 
konstanten |dem Versuche fand man 
Teil) ausgeschiedenes Fe,(SO,),. 


Kobalt CoSO, 5 0-200 we 
Nickel NISO, H,O 3 0-327 = 
Ruthenium | Rutheniumchlorid 7 1-030 — 


wurde 11/, Stunde 
mit konz. Schwefel- 
saure erhitzt und 
die braune Lôsung 
verwendet. 
Rhodium |Dto. Die braune | 12 3-909 In der. braunen Lésung 
Lösung enthält eine eine schwarze Suspension. 
schwarze Suspen- 
sion. 
Palladium | Es wurde Palladiumchlorid 4 . 8-095 = 
4 St. mit konz. Schwefel- 
säure gekocht und gleich- 
‚zeitig das Kohlenoxyd durch- 
geleitet. Die zu den Ver- 
suchen verwendete Lösung 
enthielt eine schwarze Sus- 
pension. 


Zahl der 
Beob- 
achtun- 
gen 


Element Mittelwert: Anmerkung: 


Osmium Das Osmiumtetro-| 12 0-185 Nach den Versuchen ent- 
xyd wurde durch hielt die Schwefelsäure eine 
Schwefeldioxyd re- schwarze Suspension, 
duziert getrocknet, 
konz. Schwefelsäure 
zugefügt und in der 
Hitze Wasserstoff 
durchgeleitet, dann 

1 Stunde “das 
Kohlenoxyd bei 
250° ohne Absorp- 
tion und erstnach- 
her wurden die 
Versucheangestellt 

Iridium Als Oxyd. 7 0.555 | Dto, 

AIS Sulfat. "Die | IM 0.770 Rotbraune Lösung. 
Lösung war von 
brauner Farbe. 
Dieselbe LERUn | 10 | 3-000 Rotbraune Lösung. 
wurde zwei Tage 
erhitzt, bis sie blau 
geworden war, dann 
hat man Sauerstoff 
durchgeleitet, bis 
sie die Farbe von 
lichtem Weine an- 
nahm, und erst 
nachher erfolgte 

die Absorption. 

Platin Die Chloroplatin-| 18 | Die Werte, welche während 6 Stunden 
säure wurde mit immerfort sanken aus dem ursprüng- 
Schwefelsäure ge- lichen aft = 2-661, sind bis auf alt = 
kocht, bis der Chlor- = 1-551 gesunken. Es fand eine Ver- 
wasserstoff ganz giftung des Katalysators statt und die 
vertrieben wurde Konstante ist nicht erreicht worden. 
und dann wurden Die Lösung war nach den Versuchen 
die Versuche an- rotbraun, enthielt ausgeschiedene Pla- 

gestellt. tin. 


Von den geprüften Stoffen, welche in passender Form verwendet 
wurden, erwiesen sich als positive Katalysatoren meistens Pd, weiter 
Rd, Ir, Hg, Se, Ru, Ag, Au und Sn, wo konstante Resultate erzielt wurden ; 
bei Platina, welche zwar ein positiver Katalysator ist, wurde eine ,,Ver- 
giftung‘“ des katalytischen Einflußes beobachtet. Osmium, welches 
einzige Oxydationen (z. B. des Wasserstoffs durch Schwefelsäure) stark 


30 


beeinflußt, zeigte sich in unserem Falle gänzlich unaktiv. Dasselbe wurde 
bei Kupfersulfat beobachtet, welches die Kjeldahlisationen der organischen 
Stoffe beschleunigt. 

Die Geschwindigkeit ist von der Konzentration des Katalysators 
abhängig. So wurde bei der Verwendung des Merkurisulfats bei sonst 
gleichen Bedingungen gefunden 


wenn 0-01 Mol verwendet wird, die Konstante a/t = 4-075 


2 0-001 PR) ” PR) ” PR) = 2-646 
” 0-0001 „ PR) PR) ” ” == 1-332 
” 0-00001 ” PR) ” PR) ” = 0-766 


Es ist weiter festgestellt worden, daß durch erhöhte Konzentration - 
des Kupfersulfats sich dasselbe nicht als positiver Katalysator erwies, 
dafür aber wirkte das Ceriumsulfat bei höheren Konzentrationen positiv 
(bei 0-001 Mol a/t = 0-242, bei 0-0025 Mol schon 0-450). 


Von den Mischungen der Katalysatoren wurde die Kombination 
Ag + V geprüft à 0-0005 Mols und man fand im Einklang mit dem Patent 
der F* Bayer (D. R. P. 280. 960), welche dadurch die Kontakterzeugung 
der Schwefelsäure beschleunigt, daß bei der von uns studierten Reaktion 
sich der Wert a/t =0-9444 ergibt, welcher jene der einzelnen Kompo- 
nenten übersteigt. Bei Quecksilber + Zinn (à 0-0005 Mols) ist keine Be- 
schädigung eines Katalysators durch den anderen zu bemerken, a/¢ wurde 
1-672 gefunden. Quecksilber und Selen, beide positive Katalysatoren, er- 
geben Resultate, die rasch sinken, denn es wird ein Niederschlag gebildet, 
in welchem sowohl Quecksilber als auch Selen enthalten ist; die Kon- 
zentration der Katalysatoren sinkt, der Wert a/t im Laufe von sieben 
fünfzehnminutigen Versuchen sank von 1-058 auf 0-564. 


Einen besonders bemerkenswerten Einfluß der Temperatur auf die 
Reaktionsgeschwindigkeit bei sonst unveränderten Bedingungen kann 
man aus folgender Übersicht entnehmen: 


001 Mol 001 Mol en 
Temperatur [Ohne Katalysator : > 0.001 Mo 0:001 Mo 


Pd Se HgSO, 
130° == — = 0-100 (a/t) 
150° _ 0-275 0-066 — 
155° (0-2 in der Stunde) — — 0-255 
190° oa — = 0-558 
200° 0-047 1-656 0-337 — 
2150 0-138 — = 1-367 
235° 0-254 — = 2-037 
250° 0-413 8-095 1-105 2-630 
2600 au en a 3-078 


280° 1-467 — — 4-057 


31 


Wird Kohlenoxyd mit Stickstoff verdünnt, so sinkt die Reaktions- 
geschwindigkeit bei dem Gemisch von 50% N + 50% CO fast Null. 
Dasselbe wurde bei Mischungen mit Sauerstoff beobachtet und gleichzeitig 
festgestellt, daß die Reaktion CO + O = CO, nicht verläuft. 

Sehr interessant und die Arbeit ermöglichend ist das Faktum, 
welches seinerzeit bei der Studie über die Oxydation von Wasserstoff durch 
Schwefelsäure beobachtet wurde, nämlich, daß geringe Spuren von Wasser, 
die bei der Reaktion entstehen, die Geschwindigkeit nicht verringern (Ver- 
gleiche auch Bredig u. Brown analoge Beobachtung beim Studium der 
Kjeldahlisatoin: Zeit. f. phys. Chem. 1903. Bd 46. S. 512). Dies bestätigen 
am besten die Ergebnisse, welche im Laufe eines sechsständigen Durch- 
leitens des Kohlenoxyds, nicht sanken (a/¢ war konstant) und weiter die 
Versuche über den Einfluß der Konzentration der Schwefelsäure auf die 
Reaktiongeschwindigkeit. Damit die Reaktion, welche durch eine sehr 
kleine Reaktiongeschwindigkeit sich charakterisiert, meßbar wird, wurde 
ohne Katalysator bei 250° gearbeitet; als es sich aber zeigte, daß bei ver- 
dünnteren Säuren das Wasser destillierte, wurde Quecksilbersulfat als 
Katalysator zugegeben und der Einfluß wurde bei niedrigerer Temperatur 
(196°) verfolgt, wo der hervorgehobene Mangel nicht in Erscheinung trat. 


Die Resultate führe ich in folgender Tabelle an: 


Die Anzahl der aufeinander- 


Konzentration se een Mittelwert von 
der Schwefelsäure alt x 60 
Versuche 

74-3 9/, 3 8-0 
76-0% 3 8-6 
80:3 % 2 12-2 
836% 3 15-7 
350% 4 18-5 
85-9 YA 3 22-4 
88-2 VA 3 25-4 
SI 3 28-8 
90-7 JR 5) 30-5 
93-3% 4 33-2 
94-6% 3 83-D 
96-0% 3 40-3 
96:9% 3 44-9 
98-3 % 3 48-0 


Es ist ersichtlich, daß in den Grenzen 94-6—91% die Reaktions- 
geschwindigkeit fast konstant ist und daß also kleine Wassermengen, 
die sich bilden oder mit dem Katalysator zugetührt werden, sich nicht 
durch schädliche Wirkung geltend machen. 

Zum Schlusse sei es erlaubt zu bemerken, daß durch die hier studierte 
" Reaktion sich die Bildung von Kohlendioxyd bei der Darstellung des 


32 


Kohlenoxyds nach Fownes und Rayleigh (Proc. Royal. Soc. 62. 204) aus 
Ferrocyankalium durch konzentrierte Schwefelsäure erklären läßt, denn 
sie findet bei höherer Temperatur statt, wo das entstehende Kohlenoxyd 
durch Schwefelsäure zu Kohlendioxyd oxydiert wird. Aus demselben 
Grunde bei Zerlegung der sekundären u. primären Karbonsäuren durch 
Schwefelsäure in der Hitze (Bystricki u. Siemiradski: Ber. d. d. chem. 
Ges. 39. S. 63 u. Bd. 41 S. 1665) wird das sich abspaltende Kohlenoxyd 
durch Schwefelsäure verunreinigt. 

Bei dieser Arbeit wurde ich ausgiebig von meinen Assistenten Herren 
Ing. Ot. Hanuë und Dr. A. Némec unterstützt. Ich statte ihnen hier 
meinen aufrichtigen Dank ab. 


Données optiques sur quelques minéraux. 


Par FR. SLAVIK. 
(Présenté le 26™° novembre 1917.) 


Dans cette petite communication je résume les résultats des investi- 
gations optiques sur quelques minéraux, dans lesquelles je poursu vais 
pour la plupart des buts comparatifs et diagnostiques. Sauf quelques 
douzaines de minéraux des roches, nos connaissances des constantes opti- 
ques des minéraux sont encore très incomplètes. Le plus grand nombre 
des déterminations optiques, exécutées sur d’autres minéraux, est donné 
par deux savants: par J. L.C. Schroeder van der Kolk dans son livret déter- 
minatif 1) et par A}. Lacroix?) dans sa grande oeuvre sur la minéralogie de 
la France et ses colonies. 

Dans cette contribution à l’étude diagnostique des minéraux je donne 
en première ligne des déterminations des indices réfractifs, obtenus par la 
méthode comparative de Becke; je me suis servi d’une série de liquides 
à haute réfraction, dont les indices ont été déterminés sur l’appareil d’Abbe- 
Zeiss. M. le Dr. Jaroslav Splichal, qui a étudié la réfraction des mélanges 
colloïdes de silice et d’alumine lors de son travail sur leur nature et leurs 
propriétés physico-chimiques, a préparé pour l'institut minéralogique 
de l’Université tchèque une série de liquides à haute réfraction et fait 
de nombreuses expériences sur leur applicabilite, dont les résultats j’éspére 
de pouvoir présenter en peu de temps à l’Académie dans un travail spécial 
de M. Splichal. | 

Voici les résultats de mes détérminations suivant l’ordre systéma- 
tique des minéraux. 


Bauxite. 


Schroeder van der Kolk donne pour la bauxite l'indice 1-57, en accen- 
{uant l’inconstance de cette valeur selon les variations de la composition 
chimique. J’ai obtenue deux valeurs plus élevées: 


1) Tabellen zur mikroskopischen Bestimmung der Mineralien nach ihrem 
Brechungsindex, I1™* édition, Wiesbaden 1906. 
2) Minéralogie de la France et ses colonies, tome I—V, Paris 1893—1903, 
Bulletin international. XXII. 3 


34° 


bauxite de Bohinje (=Wochein), Carniolie n = 1-60 
de Aquila, Abbruzzi n = 1-61 


Zippeite. 


Ce beau minéral, sulfate double d’uranium et de calcium, n’a pas été 
étudié au point de vue optique. Les échantillons de Jachymov (Joachimstal), 
localité origmale de la zippéite, et de Seifen près de cette ville, sont composés 
de petites aiguilles, transparentes en couleur jaune avec un faible pléo- 
chroïsme: dans la direction longitudinale l’absorption est plus forte et la 
couleur jaune est sans la nuance verdâtre qui caractérise la direction perpen- 
diculaire à l’allongement. L’extinction est parallèle, la double réfraction 
faible, les couleurs d’interférence anomales, le signe optique de l’allonge- 
ment négatif, les indices de réfraction: 


| à l’axe verticale 1-635 
dl” 39 22 39 1-645 env. 


Szajbélyite. 


Le borate de magnésie de Rezbänya au Banate, d’où 1l a été décrit 
par K. F. Peters, consiste des aiguilles qui forment un tissu irrégulier ; leur 
extinction est parallèle à l’allongement, le signe de la direction longitudinale 
est négatif; les indices 


|| à l’allongement 1-60, 
wile ” PR 1-575 Chive 


Wavellite. 


L'indice de réfraction, appartenant à l’axe verticale, a été déter- 
miné dans les échantillons de la localité très connue, Tienice près de Zbiroh 
(Bohême) : | 


Ne = 1-545 ; 


pour les autres indices, on a obtenu: 
Ny = 1-526, 
N, = 1-520. 
(Comp. Lacroix 1. c. tome IV, p. 525 et Schroeder van der Kolk 1. c. p. 
30—31.) 
Spherite. 


La sphérite de la localité originale, Zajeéov près de Zbiroh, diffère des 
autres phosphates d’alumine (wavellite, variscite, barrandeite, richmondite) 
par le signe negatif de l’allongement de ses individus aciculaires. L’extinc- 
tion est parallèle à l’allongement ; on peut observer de très beaux enroule- 


35 


ments hélicoïdaux. La réfringence moyenne est plus forte que celle de la 
wa vellite et atteint à peu près celle de la variscite d’après M. W.T. Schaller. 
La double réfraction dans les sections verticales ou presque verticales est 
plus faible que celle de ces deux minéraux. 

J'ai déterminé 


| à l’axe verticale 


Zepharovichite. 


Ce mineral, décrit de Trenice par Em. Boricky, a l’aspect macro- 
scopique compact; au microscope, il se compose de courtes aiguilles 
orientées sans aucune règle, troublées parfois par une substance terreuse. 
L’extinction est parallèle à l'allongement, le signe de la direction longitudi- 
nale est positif. A cause des dimensions trop petites des individus, il n’a 
pas été possible de déterminer les indices singles ; la réfraction moyenne est 
1-55. 


Richmondite (gibbsite). 


La richmondite de Richmond, en Massachussets, a la structure de 
l’aragonite thermale, en se composant des individus fibreux, orientes paral- 
lèlement entre eux et perpendiculairement à la surface des croûtes ; les 
couches sont alternativement pures et troublées par une substance terreuse. 
L’extinction est parallèle, avec le caractère positif de l'allongement ; la 
double réfraction est plus forte que dans la sphérite, mais n’atteint pas 
celle de la variscite. Les indices de réfraction sont 


|| a l’allongement des fibres 1-578 
elas = zu = 1-56—1-565. 


Fischerite colloide (uhligite de Cornu). 


Ce phosphate amorphe, plus pauvre en eau que l’évansite, est carac- 
térisé par une réfraction notamment plus haute, 


n = 1:533 ; 


cette valeur a été déterminée sur un échantillon de la localité originale de 
Roman Gladna en Transsylvanie, tandis que pour l’évansite M. Schaller 
a trouvé 

n = 1-485, 


L’uhligite n’est pas absolument colloide ; en quelque lames on peut 
observer le commencement d’une cristallisation fibreuse, avec le carac- 
tére positif de l’allongement des individus. 


3* 


36 


Les phosphates de fer. 


La fouchérite (synon: bofickyte, v. Lacroix, 1. c. tome IV, p. 535—6), 
de Trubin près Beroun en Bohême, entièrement isotrope, a la refraction de 


1:64 ..,.01-6D, 
de même la Picite de Svat& Dobrotivä (Sta. Benigna) 
nm = 1.64. 


Ces résultats sont en plein accord avec la détermination de M. Lacroix 
pour la egueiite, également amorphe et d’une composition chimique voi- 
sine a la fouchérite (# = 1-65). 

La fouchérite et la picite apparaissent au microscope translucides 
en couleur brun or brun rougeâtre, les fragments plus minces brun jau- 
nâtre. 

Les ,,diadochites‘‘, décrites sous ce nom de Nuëice, Zdice, Chvaletice, 
Vysoëany, Vinof, Ouvaly forment des rognons d’une couleur jaunâtre à la 
surface, plus foncée à l'interieur, jusqu’au rouge-brique. Au microscope, 
elles se montrent cryptocristallines, formées d’individus lamellaires ou 
presque aciculaires, translucides en couleur jaunätre avec une teinte bru- 
nätre ou faiblement verdätre ; la double réfraction est assez haute, l’extinc- 
tion oblique en divers angles. Ces concrétions appartiennent donc à la 
destinézite et ont en accord avec leur état cryptocristalline une réfraction 
plus forte que celle de la diadochite amorphe. 


J'ai déterminé la réfraction moyenne approximativement à 
1-64, 


tandis que la diadochite colloïde selon M. Lacroix a l'indice de seulement 
1-606, la destinézite de 1-64 à 1-66 (1. c. tome IV, pp. 598, 599). 


Phosphorite (collophanite). 


Dans un mémoire sur les minérais de fer du silurien inférieur de la 
Bohême, présenté récemment à l’Académie et publié dans ce même tome 
du Bulletin, nous avons, ma femme et moi, montré que la phosphorite 
amorphe est très répandue dans nos minérais de fer et leurs roches voisines, 
formant des couches microscopiques dans les oolithes de la chamosite, 
sidérite ou hématite, à quelques localités aussi des rognons macroscopiques, 
mêlés avec de la sidérite, des oxydes de fer secondaires et des éléments 
clastiques. La phosphorite des rognons provenants des Hfebeny près de 
Hostomice a été analysée par M. le Dr. Splichal ; les resultats de l’analyse 
(après la soustraction du reste insoluble) sont les suivants: 


37 


P,0; 33°87 
SOs 1-79 
CGS 1-30 
Gl 0-02 
ae trace 
CaO 47-32 
MgO 0-76 
Al,O. 10-19 
Be, 0, 2-66 
H,0 2-17 
100-00. 


Au microscope, cette phosphorite est translucide, brune, entière- 
ment isotrope ; 


nm = 1:620 à 1-625. 


La phosphorite formante des minces couches microscopiques au miné- 
. rai de Karyzek, transparente en couleur brun jaunätre, a donné 


n = 1:615, 
un mineral amorphe de la même apparance, mais incolore, 
n = 1:58. 


Les concrétions blanchätres du minérai hématitique de Biezina 
près de Radnice, composées des couches alternantes de la sidérite et d’un 
phosphat de chaux amorphe, donnent pour le dernier la valeur 


n = 1-60. 


La phosphorite des minérais de fer en question provient, comme 
nous avons montré, de la décomposition des débris organiques, en premiére 
ligne des Lingulides etautres brachiopodes avec des coquilles phosphatiques. 
La substance des coquilles de Obolella complexa, formantes des lumachelles 
dans un sédiment, riche en hématite, de Brezina, est homogéne et isotrope, 
avec la refringence 

n=16l. 


Toutes ces valeurs sont comprises entre les limites, trouvées par M. 
Lacroix (1. c. IV. p. 561) pour les collophanites: 


collophanite de Pouzillac 1-569, 
de l’île Rurutu 1-612. 


Les substances adsorbées évidemment élévent la réfraction des mé- 
langes colloides. Les données de l’analyse chimique éxecutée par M. Splichal 
et la comparaison avec les constantes optiques d’autres minéraux colloides 
montrent que l’alumine est adsorbée dans l’état du hydrate amorphe Al O 


38 
(OH), la sporogélite de M. Tucan, quiest la componente principale des bauxi- 
tes; l’uhligite et l’évansite auraient dû abaisser en un degré considérable 
la réfringence du mélange colloïde (v. p. 3 de cette communication), tandis 
que les indices des bauxites ne dépassent pas les valeurs des collophanites 


(p. 1—2). ‘ 


Institut minéralogique 
de l'Université tchèque. 


Der Steppeniltis (Foetorius Eversmanni Less.) 
im Diluvium bei Wolin. 


Von 


ION SZELIZKO: 
(Mit 1 Tafel.) 


Vorgelegt am 12. Oktober 1917. 


Im südöstlichen Teile des Kalksteinbruches bei Zechovic, südwestlich 
von Wolin, unweit von der Stelle, von wo ich im Jahre 1909 und 1916 
im Bulletin der böhmischen Akademie eine reiche diluviale Fauna be- 
schrieb, wurde dank dem jetzigen Eigentümer des Steinbruches, Herrn 
K. Turek, im Jahre 1913 ein neuer von mir bis jetzt nur teilweise durch- 
forschter Fundort gemischter Tundren- und Steppenfauna gefunden. 

Die unregelmäßig mächtigen, zur Westseite sich verengenden Ab- 
lagerungen, die diese Fauna enthalten, ruhen auf dem geschichteten, von 
einer Bank des Biotitgranit durchtretenden Kalkstein, welcher im west- 
lichen Teile einen scharfen, ca 2:5 m hohen Vorsprung bildet. Diese Ab- 
lagerungen bestehen aus einer Menge scharfkantiger Schotter und Blöcke, 
mit lichtbraunem, kompaktem, stellenweise gewissermaßen grobkörnigem 
Gehängelehm. Die bis jetzt bloßgelegte, gegen Norden gewendete Wand 
der Diluvialablagerung mißt ca 4 m in der Länge und 1:5 m im höchsten 
Punkte.1) 

Auf der westlichen Seite, wo sich die Ablagerung infolge der schief 
aufgehobenen Kalkschichten einigermaßen auskeilt, überwiegt oberhalb 
des Schotters ein feinerer, dunkler gefärbter Lehm, als der, der zwischen 
dem Schotter und den Blöcken eingelagert ist. 

Darauf folgt eine gleichfalls unregelmäßig mächtige, bisher aber 
sehr wenig bloßgelegte Holocänschicht einer schwarzbraunen Erde, in 
welcher einige Mollusken gefunden wurden. 


1) Im Berichte Einige Bemerkungen zu dem neuesten Funde diluvialer Tier- 
reste bei Zechovic in Südböhmen (Verhandl. der k. k. geolog.:Reichsanst. 1916) 
habe ich nach dem Stande der Abgrabung aus dem Jahre 1915 die größte Schichten- 
mächtigkeit 1 mangeführt, welche aber nach dem weiteren Abräumen im Jahre 1916 
noch um einen halben Meter höher festgestellt wurde. 


40 


Die genannte Schicht mit Schotter und Erde der jüngsten Periode 
bildet dann die oberste ca 3 m mächtige Decke. Es sind hier also- beinahe 
dieselben Lagerungsverhältnisse vorhanden, die wir schon früher bei 
Zechovic und auf dem Dékanskÿ vrch kennen gelernt haben, nur daß 
die neue Fundstelle viel weniger Lehm enthält als die beiden vorher- 
gehenden Lokalitäten. 

Der diluviale Lehm, welcher die Zwischenräume zwischen den 
Blöcken und Schotter ausfüllt, zeichnet sich in der niedrigen Lage durch 
eine gänzlich arme Fauna aus, dafür aber hat die obere Schicht bis heute 
Reste folgender für die Tundra und Steppe entschieden typischen Arten 
geliefert: 


Atelodus (Rhinoceros) antiquitatis Pom. — Das Nashorn. 
Equus ferus (foss.) Pall. — Das Wildpferd. 
Rangifer tarandus Jard. — Das Renntier. 


Cricetus phaeus (foss.) Nehr. — Der Reißhamster. 
Myodes torquatus Pall. — Der Halsbandlemming. 
Arvicola gregalis Desm. — Die sibirische Zwiebelmaus. 
Arvicola arvalis Selys. — Die gemeine Feldmaus. 
Arvicola subterraneus Selys. — Die kurzohrige Erdmaus. 
Arvicola amphibius Desm. — Die Wasserratte. 

Lepus variabilis Pall. — Der Schneehase. 

Lagomys pusillus Pall. — Der Zwergpfeifhase. 


Ende August 1916, als ich fast nach vierzehntägigem Regenwetter 
meine Forschung bei Zechovic fortsetzen konnte, gelang es mir in dem 
westlichen Zipfel des Fundortes einen schön erhaltenen Schädel eines 
marderartigen, an den Iltis erinnernden Raubtieres mit einem Messer aus 
diesem feuchten Lehm herauszuschälen. 

Denselben Tag und auch früher habe ich in der Nähe des Schädels 
Reste noch folgender Säugetiere gefunden: acht Unterkiefer des Halsband- 
lemmings, mehrere Unterkiefer und Knochen verschiedener Arvicoliden, 
einige Zähne des Schnechasen, einen Halswirbel des Nashorns, einen Astra-- 
galus des Renntiers, einige Backenzähne des Wildpferdes und einen Kiefer 
des Zwergpfeifhasen. 

Nach der Reinigung des Schädels, welcher sich durch eine gelblich- 
braune Farbe wie die übrigen Tierreste kennzeichnet, fand ich, daß 
demselben die Schneidezähne und auf der rechten Seite der Prämolar 
(#2) sowie die Krone des letzten Höckerzahnes (m,) fehlen. Dafür aber 
war das Gebiß der linken Seite vollständig. Der Unterkiefer wurde trotz 
weiteren eifrigen Nachsuchens nicht gefunden. 

Der verhältnismäßig nicht zu große Schädel, dessen Basilarlänge 
58 mm beträgt, ist entwickelter gegenüber dem robusten Schädel des 
gemeinen fossilen Iltisses (Foetorius putorius). Am auffallendsten ist ber 
demselben die ungemein starke Einschnürung der Stirngegend im Ausmaße 


4l 


von 11 mm. Der ietzte Höckerzahn ist gleichfalls kleiner als beim ge- 
meinen Iltis. 

Durch eine auffallende Übereinstimmung des von mir gefundenen 
Exemplares mit dem rezenten, von Kafka?) abgebildeten Schädel des 
Steppeniltises von Sarepta an der Wolga, welcher laut Mitteilung 
des Herrn Kafka Eigentum der wirtschaftlichen Hochschule in Berlin ist, 
sowie durch die allseitige Vergleichung meines Fundes namentlich mit 
dem Material Hensels,?) wie weiter angeführt ist, bin ich zu der Über- 
zeugung gelangt, daß der Schädel aus dem neuen Fundort von Zechovic 
ebenfalls dem Steppeniltis angehört, wofür die ungemein starke Ein- 
schnürung der Frontalia, welche als charakterischestes Zeichen bei der 
Bestimmung des erwähnten Tieres gilt, der beste Beweis ist. 

Es ist dies also zum erstenmal, daß wir in der diluvialen Steppenzert 
dieses typische marderartige Raubtier bei Wolin begegnen. 

Der Steppeniltis wurde zuerst von Pallas als eine sibirische 
Varietät des gemeinen Iltisses betrachtet, die später Lichtenstein 
als var. Eversmanni bezeichnete. Lesson war dann der erste, welcher 
das Tier als eine selbständige Art unter dem Namen Mustela Evers- 
manni#) in die Naturgeschichte einführte. 

Seit dieser Zeit betrachteten die Zoologen den Steppeniltis einmal 
als eine Varietät, das anderemal wiederum als eine selbständige Art, ohne 
daß ihnen einfiel, sich mit einem ausführlichen Studium des Tieres zu 
befassen. 

In den sechziger Jahren v. J. hat Ra dde) auf Grund einer Ver- 
gleichung zahlreicher Felle einen Übergang vom Steppeniltis zum ge- 
meinen Iltis zu finden geglaubt und daher beide Arten wieder vereinigt. 
Die Beobachtungen betreffs der Schädelverhältnisse sind nirgends ange- 
führt bis auf die Bemerkung über die starke Einschürung der Stirnbeine. 

Erst R. Hensel, welcher 14 Schädel zur Disposition hatte, führte 
ihre eingehende Messung durch und stellte fest, daß neun männlich und 
fünf weiblich sind. 

Alle Schädel stammten aus dem Gebiete der unteren Wolga von 
Sarepta gegen Astrachan®) zu, wo sich die Verbreitungsbezirke 


2) Fossile und recente Raubthiere Böhmens (Carnirora). (Archiv der naturwis. 
Landesdurchforsch. von Böhmen. Bd. X. Ab. 6. Prag 1903) p. 106. 

3) Craniologische Studien (Nova Acta der Kais. Leopold-Carolin. deutsch. 
Akademie der Naturforscher. Bd. XLII. No. 4. Halle 1881). 

4) Eduard Friedrich Eversmann, russischer Naturforscher 
(geboren 1794, gest. 1828) erwarb sich als Zoolog Verdienste um die Forschungen 
namentlich der russischen Fauna. Im J. 1823 wurde er Professor der Zoologie und 
Botanik in Kazaf und unternahm einige Forschungsreisen nach Astrachan, auf 
das Kaspische Meer, nach Saratov u. a. 

5) Reisen in Ost-Sibirien. Bd. 1. Petersburg 1862, p. 39—42. Taf. 1. fig. 6. 

6) Nehring inseiner Arbeit Die geographische Verbreitung der Säugetiere 
in dem Tschernosem-Gebiete des rechten Wolgaufers, sowie in den angrenzenden Ge- 


42 


des gemeinen und des Steppeniltisses berühren und wo nach Ra dde 
der Übergang zwischen beiden Arten notwendig zu suchen ist. 

Den lebenden Steppeniltis führt auch Brandt von Alta; 
im Werke Hofmanns: ‚Der nördliche Ural und das Kiistengebirge 
Pae-Choi“, Bd. IT. an, welches im Jahre 1856 in Petersburg erschienen ist.?) 

Der genannte Forscher schloß daraus, daß auch die fossilen Reste 
des Iltisses aus den altajschen Höhlen wahrscheinlich der sibirischen 
Varietät Mustela Eversmanni gehören.®) 

Fast alle älteren Forscher stimmen überein, daß der Steppeniltis 
kleiner als der gemeine Iltis ist und daß seine Farbe sehr wechselt und von 
weißer, gelbbrauner und fuchsiger bis zur braunschwarzen und schwarzen 
übergeht.?) Die wesentlichen Unterschiede zwischen beiden erwähnten 
Arten lassen sich in der zoologischen Abteilung des böhmischen Landes- 
museums, wo sich ein ausgestopftes, gleichfalls von Sarepta stammendes | 
Exemplar des Steppeniltisses befindet, beobachten. 


bieten (Zeitschr. der Ges. f. Erdkunde zu Berlin, Bd. XXVI. No. 4., 1891) führt 
ein Verzeichnis über 50 von Bogdanov festgestellte Säugetiere auf, den 
Steppeniltis aber darunter nicht erwähnend. Von Steppeniltissen führt er den überall 
vorkommenden Foet. putorius neben dem Foet. sarmaticus auf, der nur einmal 
in der Steppe bei Sarepta gesehen wurde. F. Eversmanni in dem betreffenden 
Gebiete nach alldem auch selten vorkommend, konnte leicht der Aufmerksamkeit — 
Bogdanovs entgangen sein, namentlich wenn derselbe dem Forscher noch 
unbekannt war und von ihm mit dem gemeinen Iltis identizifiert wurde, — 
Nehring zählt aufeiner anderen Stelle (Ueber Tundren und Steppen, p. 69.) 
den Steppen- und den gemeinen Iltis zu solchen Säugetieren, die zwar für subarkti- 
sche Steppen Rußlands und Südwestsibiriens nicht charakterisch sind, die aber 
in denselben von Zeit zu Zeit erscheinen. Weiter schreibt der genannte Forscher: 
, sehr häufig und weit verbreitet in den südrussischen und wolgo-uralischen Steppen- 
gegenden sind die Iltisse (Foetorius putorius bezw. Foetorius Eversmanni). Früher 
nahm man gewöhnlich an, daß der Steppen-Iltis nur eine hellere und etwas kleinere 
Varietät des gemeinen europäischen Iltisses sei; neuerdinges wird dieser meistens 
als selbständige Art (Foetorius Eversmanni Lesson) neben diesem unterschieden, 
namentlich seitdem Hensel sich auf Grund genauerer Schädel- Untersuchungen 
dafür ausgesprochen hat. Immerhin sind die Unterschiede nicht sehr bedeutend, 
und es dürfte schwer halten, zwischen beiden Arten eine scharfe geographische 
Grenze festzustellen. Die älteren Autoren, wie Pallas, Eversmann, Kessler, Czernay, 
Nordmann, Brandt, unterscheiden sie nicht in ihren zoogeographischen Angaben, 
und ich muß deshalb hier davon absehen.“ 

?) Bemerkungen über die Wirbelthiere des nördlichen europäischen Russlands, 
besonders des nördlichen Urals, p. 27. 

®) Brandt-Woldrich, Diluviale europäisch-nordasiatische Säugethier- 
fauna und ihre Beziehungen zum Menschen. Mémoirs de l’Académie des Sciences 
de St.-Petersbourg. VII Ser. Tome XXXV., N. 10, pag. 54, 1887. 

*) Inder neuesten Auflage von Brehms Tierleben (1915. Bd. III.) findet 
man auf Seite 311 über den Steppeniltis folgende Bemerkung: ,,In Südrußland 
tritt eine andere Art, M. Eversmanni Less., für unseren Iltis ein, die sich von ihm 
hauptsächlich dadurch unterscheidet, daß sie im Winter weiß wird. Nur die Spitzen 
der langen Rückenhaare bleiben schwarz. Ihr Verbreitungsgebiet reicht bis nach 
Turkestan und Südsibirien.“ 


43 


Hensel gelangte auf Grund des Studiums des oben angeführten 
Materiales zur festen Überzeugung, daB es notwendig ist, den Steppeniltis 
als eine selbständige Art zu betrachten. Den Hauptgrund dafür sieht 
Hensel vor allem in der starken Einschnürung der Stirnbeine, welche 
einen selbständigen, wenn auch nahe verwandten Typus verrät. 

In dieser Hinsicht ist auch der fossile Schädel von Zechovic wie aus 

. der beigelegten Abbildung (Taf. Fig. 2.) auf den ersten Blick zu sehen ist, 
ein neuer und besonders beredter Beweis. 

Interessant ist, daß seinerzeit jenes eigentümliche marderartige 
Raubtier Nordamerikas, von Audubon und Bachman als Puto- 
fis nigripes beschrieben, nach. Hensel, mit Foetorius 
Eversmann il") identisch ist. Als Heimat des Tieres wurde das Gebiet 
des Platte Riverrs und die übrigen Teile des Zentralplateaus angegeben. 
Die bis jetzt bekannten Exemplare stammen von Kansas, Nebraska, 
Woyming, Montana und Colorado. Wahrscheinlich ist dies nur die südliche 
Grenze seines Vorkommens, welches sich bis nach Norden Amerikas er- 
strecken wird. 

Hensel sieht hier einen höchst interessanten Fall, daß ein sibiri- 

‚sches Tier sich wahrscheinlich noch unverändert erhalten hat. 

Wie schon oben bemerkt wurde, ist nach Angaben bisheriger 
Forscher der Schädel des Steppeniltisses verhältnismäßig kleiner als der des 
gemeinen Iltises. Die Basilarlänge bei sechs männlichen, von Hensel 
gemessenen Individuen erreichte ein Maximum von 63 mm, welches Maß 
der normalen Länge des Schädels beim gemeinen Iltis entspricht. Die 
Basilarlänge der übrigen fünf männlichen Schädel zeigte 58-5, 58, 55-8 

53-8 und 53-6 mm. Deswegen gehört der fossile Schädel von Zechovic, 
dessen Basilarlänge 58 mm beträgt, gleichfalls einem ausgewachsenen 
Männchen an. Bei zwei weiblichen Schädeln konstatierte Hensel die 
Basilarlänge von 51-1 und 50-1 mm. Die minimale Einschnürung in der 


10) In den neuerer Zeit noch Cerrit S. Miller (jr.) im List of North 
American Land Mammals in the United States National Museum 1911 (Smithsonian 
Instit. U.S.N.M. Bulletin 79. Washington 19 12) führt den Namen Mustela nigripes 
(Audubon and Bachman) an und zitiert auch die älteren Synonyma: 

1851. Putorius nigripes Audubon and Bachman. Quadr. N. Amer., vol. 2, 
p. 297. 

1885. Putorius nigripes True, Proc. U.S. Nat. Mus., vol 7 (1884), p. 609, 1885. 

Als Hauptlokalitäten sind bezeichnet: Fort Laramie, Laramie County, 
Wyoming (Hayden, Trans. Amer. Philos. Soc., n. s., vol. 12, p. 138, 1862.). — 

E. L. Trouessart v Catalogus Mammalium (str.) 

275) zaznamenava pod ëislem 1642: 
_ P. Eversmanni Lesson, Man. de Mamm., 1827, p. 144; 
Gray, P. Z. S. 1865, p. 109. Siberia, Turkestan, 
putorius, var. sibirica Pall. Zoog. Ross.-As., 1808,jRossia Orient, Reg. 
2895. Blyth,. I. A. S. B, XI. p. 281. 
 putorius Radde, Reise, I., Säug., 1862, p. 39., pl. I., | Astrakanet Cosac. 
fig. 6. Don. (Tanaïs). 


44 


Stirngegend beträgt nach demselben Autor beim Steppeniltis G 10-6 mm, 
beim © 11mm, beim Nörz G 12-4 mm, beim © 11-4 mm; bei gemeinem 
Iltis d 145 mm, beim 2 13-1 mm. 

Etwaige Übergangszeichen zwischen den Schädeln beider Iltisse hat 
Hensel nicht gefunden. Dafür aber hat derselbe festgestellt. daß die 
Nasenöffnung beim Steppeniltis niedriger und nach oben zu mehr ab- 
gerundet als beim gemeinen Iltis ist, wogegen dieselbe bei letzterem sich 
in dieser Richtung hin etwas verengert. Eine ähnliche Abrundung der 
Nasenöffnung ist auch auf dem Schädel von Zechovic gut sichtbar. 

Bei unserem Exemplare kann man auch die auf der linken Seite 
des Oberkiefers divergierende Lage des Prämolars (p 2) bemerken. Auf der 
rechten Seite ist dieser Zahn nicht erhalten. Die vordere kleinere und 
die hintere größere Alveole zeugt, daß der Zahn zwei ungleiche, von sich 
vollkommen getrennte Wurzeln besaß, wie auf unserem von untem abge- 
bildeten Schädel ersichtlich ist. 

Diesen Umstand betrachtete Blainville) als charakteristisch 
für das Gebiß des amerikanischen Nörzes (Foetorius vison), welchen 
Woldrich irrtümlich mit der europäischen Art (Foetorius Lutreola) 
verwechselte, da er ihm einige Schädelbruchstücke von Zuzlawitz 2) 
anrechnete. In Wirklichkeit aber hat der erste Lückenzahn (p 2) dieses 
Tieres nur eine Wurzel. 

Winterfeld) sah wiederum in dem Funde von Zuzlawitz 
Reste des gemeinen Iltises (Foetorius Putorius). Den zweiwurzeligen 
Lückenzahn hielt er für ein wichtiges Zeichen beim Iltisse aus dem ältesten 
Diluvium.") 

Woldïich hat übrigens später den Nôrz aus dem Verzeichnis 
der Fauna von Zuzlawitz gestrichen.") 

Woldrich fügt zwar auf der Seite 54 der Publikation Brandts 
(Diluviale europäisch-nordische Säugethierfauna) bei, daß möglicher- 
weise die I. Spalte von Zuzlawitz Reste der sibirischen Form M. Eversmanni 
angehörend, liefern könnte, aber im letzten Faunenverzeichnis von Zuzla- 
witz führt er nur die vermutliche Art Putorius sarmaticus an. Meiner 
Ansicht nach könnte das von Woldrich im II. Teile seiner Fauna 
von Zuzlawitz atgebildete Bruchstück (Taf. II, Fig. 3—4) als Foetorius 


11) Osteographie, Tom. II. Mustela, pag. 40. 

2) Diluviale Fauna von Zuzlawitz 11. (Sitzung sb. d. Ak. der Wiss. Wisn 1881). 

13) Ueber quartäre Mustelidenreste Deutschlands. (Zeitschr. der deutsch. 
geolog. Gesellschaft, Bd. XXXVII. Berlin 1885.) 

14) Derselbe bemerkt auf Seite 845 (i. c. 13) folgendes: ‚Wir dürfen 
demnach diese beiden Schädelstücke wohl für F. Putorius erklären und sie als 
weitere Belege dafür ansehen, daß der erste obere Lückenzahn bei dem gemeinen 
Iltis noch im ältesten Diluvium zumeist zweiwurzelig war.“ 

15) Geologische Studien aus Südböhmen. II. Wolynkathal im Böhmerwalde 
(Archiv der naturwissenschaftl. Landesdurchforsch. von Böhmen. Bd. XII. Nr. 4. 
Prag 1904). 


45 


Lutreola bestimmt, eher dem F. Eversmanni angehören, da dasselbe eine 
auffallende Übereinstimmung mit dem Schädel von Zechovic zeigt, wie 
ich am Tage des Fundes gleich erkannte. 

Nach der mir später zugesandten Abhandlung von Dr. A. Wurm 
„Über eine neuentdeckte Stepbenfauna von Mauer an der Elsentz (bei Heidel- 
berg)‘‘1) wo auch ein Schädel von Steppeniltis beschrieben wird, fand ich, 
daß auch der genannte Forscher das Fragment Woldrichs für 
F. Eversmanni hielt. 


Wurm betrachtete sogar auch andere von Woldiich als 
F. putorius bezeichnete Funde von Zuzlawitz als Reste von F. Eversmanni. 
Es sind dies die im I. Teile (Taf. II., Fig. 26 und Taf. III., Fig. 1—2) 
und im III. Teile (Taf. II. Fig. 1—2) abgebildete Schädel. 

Das läßt sich allerdings mit Bestimmtheit erst durch eine neue 
Untersuchung des Materiales selbst, das heute Eigentum des böhmischen : 
Landesmuseum ist, beweisen. 

Mit der Frage der pleistocänen. Iltisse Mitteleuropas, namentlich für 
die ungarischen Funde maßgebend, befaßte sich in der letzten Zeit ein- 
gehender F. Kormos.”) 


Aus seinen an vier Schädeln der fossilen Art Mustela robusta durch- 
geführten Untersuchungen geht hervor, daß die ersten oberen Lücken- 
zähne insgesamt zwei Wurzeln besaßen, worin Kormos einen der 
wichtigsten Unterschiede sieht, auf deren Grund er die Selbständigkeit 
der Art beweist. Offenbar handelt es sich hier um eine im Laufe der Zeit 
entstandene Reduktion, die nach Winterfeld mit der Verkürzung 
der frontonasalen Gegend verbunden ist, wodurch die Zähne aneinander 
gedrängt wurden. Die Reduktion scheint noch am Ende des Pleistozäns 
begonnen zu haben, da der obere p 2 einiger ausländischer fossiler Schädel 
schon einwurzelig erschien. 

Da Hensel in seiner Monographie nirgends angegeben hat, op der 
obere Lückenzahn beim rezenten Foet. Eversmanni ein- oder zweiwurzelig 
ist, ersuchte ich das königl. zoologische Museum zu Berlin, wo sich einige 
von Hensel gemessene Schädel befinden, um die Untersuchung dieses 
Umstandes. 

Musealdirektor Herr Prof. Matschie teilte mir dann freundlichst 
mit, daß die oberen p 2 aller im Museum befindlichen Schädel insgesam! 
einwurzelig sind 18) 


16) Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen geologischen 
Vereines. Neue Folge, Bd. III., H. 1. Karlsruhe 1913. 

17) Die Felsnische Pillisszantö. Beiträge zur Geologie, Archäologie und Fauna 
der Posiglazialzeit (Mitteil. aus d. Jahrb. der kgl. ungar. geolog. Reichsanst. Bd. 
XXIII. H. 6. Budapest 1916). 

18) Herr Direktor Matschie bemerkt noch dazu, daß die von Hensel 
in seiner tabellarischen Übersicht angeführten Exemplare nicht mit den in Museal- 
katalog laufenden Nummern bezeichnet sind, so daß der Schädel Nr. 5auf der 


46 


Dieser gewiB sehr wichtige Umstand bestätigte also die Berechtigung 
der obigen Erörterung Winterfelds, nur wäre es nach dem bis- 
herigen fossilen Einzelfunde natür'ich vorzeitig, eine bestimmte Regel 
zu ziehen, daß der ursprüngliche mit zwei Wurzeln versehene # 2 infolge 
der allmählichen Reduktion zu einem einwurzeligen Typus gelangte. 

Der letzte quer liegende Höckerzahn (m,) ist beim rezenten sowie 
bei unserem fossilen Steppeniltis verhältnismäßig kleiner, enger und auf 
der vorderen sowie der hinteren Seite gleichmäßig breit, wogegen dieser 
Zahn beim gemeinen Iltis bedeutend größer und auf der hinteren Seite 
breiter ist. 

Dieselben Verhältnisse wie bei Foet. Eversmanni fand Kormos 
auch beim großen Iltis Mustela robusta aus dem Pleistocän Ungarns.) 

Der Höckerzahn (m,) ist beim Exemplare von Zechovic 5-5 mm lang 
‘ und bei den zwei ungarischen 5-5 mm und bei einem anderen 5-6 mm. Der” 
sagittale Durchmesser des hinteren Zahnteiles zeigt wie bei unserem Funde 
so auch beim ungarischen Exemplare 2:7 mm. Beim rezenten Tiere 
beträgt dieser Durchmesser nach Hensel 2:5—3-95 (©) und 2:9-—-3-90 
(3) mm. Die Maximallänge des Reißzahnes (p 4) mißt beim Steppeniltis 
von Zechovic 8 mm, bei gemeinem Iltis von Zuzlawitz 8-5 mm. 

Nähere Angaben betreffs der Schädelverhältnisse des Iltisses Foet. 
Eversmanni von Zechovic sind in der weiter beigelegten Vergleichsüber- 
sicht angeführt. 

Es.ist mekwürdig, daß im Laufe der jahrelangen Forschungen im 
Diluvium bei Wolin, von wo ich seit dem Jahre 1902 bis zum Jahre 1915 
nicht weniger als 65 Wirbeltiere beschrieben habe, es mir nicht gelungen 
ist, irgendwelche Reste zu finden, die auf die Existenz des gemeinen Iltisses 
in der betreffenden Gegend hinweisen, wogegen aus den nahen Zuzlawitz, 
wie bekannt, Woldrich Reste mehreren Individuen angehörend, 
gefunden hat. 

Von den übrigen Maßen betreffs des Schädels von Zechovic seien noch 
folgende angegeben: 

Länge der Backenzahnreihe vom Vorderrande der Lückenzahn- 
alveole (p 2) bis zu dem Hinterrande des Fleischzahnes (# 4) 14:8 mm. 

Breite der Incisivreihe 6-7 mm. 

Länge der Eckzahnkrone (vorn-hinten) 4 mm. 

Länge von der mittleren Incisivalveole bis zum Hinterrande des 
Fleischzahnes 22-5 mm. a 

Breite des Gaumens zwischen dem Innenrande der Alveolen der 
vorderersten Lückenzähne (p 2) 10 mm. 


Taf. E. als’ A. 2757 und Nr. 6. auf derselben Tafel als d' 2760 eingetragen ist. 
Beide Schädel sammelte v. Nordmann in der Umgebung von Odessa. Der 
von Sarepta stammende Schädel X Nr. 2. trägt Nr. A. 2558. Der vierte im Museal- 
katalog unter der Nr. 4215 angeführte Schädel ist aus der Kirgisensteppe. 

28) Wid 17. sp. 774) (149), 


AT 


Foetorius 


435 
oa \ 
0 45 Einzelne MaBe 
“ehr 
au 
a | Basilarlänge 
b | Scheitellänge 
Größte Breite des Schädels an den Joch- 
=: bogen gemessen 
Breite des Hirnteiles am Schädel hinter 
d | den Jochbogen und über der Gehöröff- 
nung gemessen 
e | Größte Breite des Hinterhauptes 
Geringste Breite an den vereinigten Stirn- 
f | Deinen (Die Einschnürung der Frontalia) 
Entfernung der Spitzen der Processus 
5 postorbitalis 
Geringste Breite der Stirn zwischen den 
h ; 
Orbiten 
Breite des Schädels an den Eckzähnen 
; des Oberkiefers oder Abstand der Außen- 
ränder der Alveolen für die oberen Eck- 
zähne von einander 
k | Gaumenlänge 
Die Entfernung vom Vorderrande der 
1 Alveole des oberen Eckzahnes bis zum 


Hinterrande der Alveole des Zahnes m, 
an der Stelle der hinteren Außenwurzel 


(Nach Hensel 4,) 


Länge des Zahnes p 4 im Oberkiefer 


Eversmanni| Foetorius 
foss. Eversmanni 
von Hensel*) 

Zechovic 
58 58 
57-5 57-5 
36-5 == 
28-2 28-1 
34-5 94-1 
11 10-8 
20-5 20-6 
16 16 
15-5 15-2 
29-5 29 
19-4 19-3 
7-8 7:8 


*) Zur Vergleich wurde ein d Exemplar von gleicher Basilarlänge 
genommen. 


48 


Nachtrag. 


Im Laufe der Korrektur sandte mir Herr Dr. W. Soergel in 
Tübingen eine ausführliche Abhandlung ‚Der Steppeniltis Foetorius Evers- 
mani Less. aus dem oberen Travertin des Travertingebietes von Weimar “29) 
welche eine Reihe neuer Ergebnisse zur Charakteristik des fossilen sowie 
des rezenten Steppeniltisses enthält, sodaß die Angaben Hensels in 
mancher Hinsicht revidiert und ergänzt sind. Nichtsdestoweniger ist die 
Monographie Hensels, wie Soergel selbst bemerkt, als eine Grund- 
lage für alle späteren Arbeiten auf dem Gebiet der Musteliden geworden. 

Was den morphologischen Unterschied zwischen dem Schädel des 
Steppen- und des gemeinen Iltisses anbelangt, kommt Soergel zur 
folgenden Überzeugung: 

Für Foetorius Eversmanni ist charakteristisch eine durchgehende 
beträchtlichere Einschnürung der Frontalia, der auf der Schädelunterseite 
im allgemeinen ein sehr schmales Palatinum entspricht, eine niedere 
Nasenöffnung; die relative Länge der Backenzahnalveolenreihe ist im 
Ober- wie im Unterkiefer im allgemeinen größer als bei F. putorius, die 
Oberkieferalveolenreihen divergieren stärker nach hinten; der Unter- 
kiefer ist im allgemeinen länger und vor allem höher ; der letzte mandibulare 
(m 1) und der letzte maximale (m 2) Molar sind stärker verkümmert. 

In jedem Fall bei Artbestimmung entscheidend ist die stärkere 
Einschnürung der Frontalia, meist auch die Größe m 1 max. und die Unter- 
kieferhöhe, vielfach die Größe des m 1 mand. 

Die Schädelgröße entscheidet nach Soergel nicht für die Art- 
zugehörigkeit beider Lltisse. 

Außer den oben angeführten zwei Lokalitäten von Mauer und 
Weimar ist der Steppeniltis noch aus den schwäbischen Höhlen von 
Sirgenstein) und Hohlefels, 2) von Seyackenbergrr. 
Goslar?) und schließlich von Teyat (Dordogne) °%) bekannt. 


20) Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. 69, S. 139—181. 
Berlin. 

21) E.Koken. Die Geologie ündThierwelt der paläolithischen Kulturstatien 
Deutschlands in R.R. Schmidts Monographie Die diluviale Vorzeit Deutschlands. 
Stuttgart 1912. (Schweizerbartscher Verlag.) 

2) A Nehring. Diluviale Wirbeltierreste aus einer Schlotte des Se- 
veckenberges bei Questinburg. Zeitschr. d. Deutschen Geolog. Ges. Bd. 56, S. 290 
bis 303. Berlin 1904. 

23, No Oe Tp el aches bogs 

4) Harlé. Nombreux vestes de Lemming dans la station préhistorique dei 
Abri Mége à Teyjat (Dordogne). Compte Rendu des séances de la Soc. Géol. de 
France 1912. 


J. V. ZELIZKO: Der Steppeniltis im Diluvium bei Wolin, 


Fig. 1—3. Foetorius Eversmanni Less. — Diluvium bei Zechovic. 


Hip 4. Foetorius Eversmanni Less.— Rezentes Exemplar von Sarepta. (Photogr. 
Herr Dir, J. Kafka.) 


Böhmische Akademie der Wissenschaften II. Kl. Nr. 59. 1917. (XXVI.) 


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fort ae Cb 3; fon 
Bi! RE ART 


Über einige Pfibramer Gesteine. 
Von 
F. SLAVIK. 


Mit 3 Textfiguren. 
Norseleetiam,.12, Mar 1916: 


(Résumé des böhmischen Textes.) 


TI: 


Vor einigen Jahren erhielt ich durch die Freundlichkeit des Herrn 
Bergrats J. Lo d1 in Pfibram zwei größere Gesteinsserien vom 32. und 
33. Horizonte in Birkenberg, deren Untersuchung und Vergleich mit an- 
stehenden, von mir und dem Kollegen Kettner in der weiteren Pribramer 
Umgebung gesammelten Gesteinen hier vorgelegt werden. 

Die Lage der Stellen, denen die Proben entnommen worden sind, 
zeigen die beigelegten Kartenskizzen an. 


TE 
Die Diabase. 


Die Diabase der neuen Proben unterscheiden sich keineswegs we- 
sentlich von denen, die aus dem Piibramer Grubenbezirke Vrb a!) und 
ich im Hofmannschen Führer?) beschrieben. In dem großen Diabas- 
gange vom 33. Horizonte (Nr. 19—12 der Proben) ist kein Struktur- 
wechsel zu verzeichnen. Der schwächere Gang mit dem Gesteine Nr. 21 
zeigt ein viel feinkörnigeres und ins Porphyrartige übergehendes Gefüge 
(mit spärlichen Plagioklasen I. Generation). Der dritte Gang (I—e Fig. 2) 
zeigt eine Kornabnahme an einem Salband (d und e). Am 32. Horizont 
nimmt in dem vom Muttergottes-Gange durchsetzten Diabasgange die 


1) Vrba, Oest. Z. für Berg- u. Hüttenw. 1875, ausführlicher: Tschermaks 
Miner. Mitt. 1877, 223—242. 
2?) Hofmann im Guidedes excursions du IX Congres géologique inter- 
national 1903. 
Bulletin international. XXII. 4 


50 


Korngröße gegen die Salbänder zu sehr deutlich ab. Von den älteren, 
bei Hofmann beschriebenen Proben ist zu verzeichnen, daß drei von 
den vier porphyrartigen Gesteinen selbständige schmale Gänge bilden. 


esskä 


Vojt 


x 
s\ÿchod Ini prekop 


Anensky dül ey | = 


IY ° 
Voitéëslt da 
/ ojtessby dul 


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1 
1 ‘ 
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Prokops m 


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} 
1 
| 
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\ 
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\ 
} 
1 


at 


Fig. 1. Orientationsplan der Stellen, denen die Proben entnommen wurden. 
Maßstab. 1 : 5760. 
Vollgezogen: 33. Lauf, Teufe am Adalbertschacht 1149 m 
Gestrichelt: 32. a u % 1099°3, am 
Annaschacht 1094°5 m. 

a — a die Stelle am 33. Lauf (Fig. 2), wo die Proben genommen wurden. 

b — b dto am 32. Lauf (Fig. 3). 

9, 10-12, 15 Stellen am 30. Lauf, von denen ich im J. 1903 Grauwacken- 
gesteine für den Hofmannschen Führer untersucht habe. (Teufe am Adal- 
bertschacht 999.2 m.) \ 


Übersetzung der Bezeichnungen: Vojtësskÿ dül = Adalbertschacht, Anen- 
sky = Anna-; Zila = Gang, Vojteäskä hlavni Adalb. Haupt-, Matkobozska = 
Muttergottes-; Vychodni prekop = Ost-Querschlag; Rozsedlina jilova = Let- 
tenkluft, S = sever — Nord. 


51 


Im ganzen wiederholt sich also, wenn auch keineswegs als eine 
ausnahmslose Regel, die Erscheinung, daB die schwächeren Diabasgänge 
in Pribram ein feinkörnigeres und bisweilen porphyrisches Gefüge zu haben 


Vojtesskä 


Fig. 2. Die Lage der untersuchten Gesteine am 33. Horizont, im Ostquerschlag 
des Adalbertschachtes. 


Maßstab 1 : 720. 
Punktiert die Diabasgänge. Bezeichnungen wie bei Fig. 1. 


pflegen, sowie daß in mächtigeren Gängen die Korngröße gegen die Salbänder 
zu abnimmt und die Struktur zu einer feinkörnig-ophitischen ohne Plagio- 
klase I. Generation wird. 

Die makroskopisch durch den Farbenwechsel (zu isabell- bis braun- 
gelb) sehr merklich ausgeprägte Veränderung der Diabase an den Erz- 


0 
£ 


MatkobozS 


Fig. 3. Die Lage der untersuchten Gesteine am 32. Lauf, im Osiquerschlag des 
Annaschachtes. 


Maßstab 1 : 720. 


gängen besteht im Eindringen des Eisenspates (und Kalkspates) und in der 
Zersetzung der ursprünglichen Diabasbestandteile sowie des sekundären 


4* 


52 


Chlorits: die Feldspate sind zu trüben dichten Aggregaten eines hellen 
Glimmers, Ilmenit zu Leukoxen, Augit resp. aus ihm enststandener Chlorit 
zu erdigen, mit Brauneisenstein durchtränkten Substanzen umgewandelt. 
Die Verquarzung ist in meinen Proben nur sehr gering. 


PLE. 
Die Grauwackengesteine aus der Grube. 


In den Jahren 1887—95 sind tiber Pribram vier zusammenfassende 
Arbeiten erschienen. Von den zwei offiziellen Publikationen bringt die 
erste, von F. M.von Friese und J. Grafen Falkenha yn unter 
zeichnete?) sehr wenig Neues und reproduziert zumeist von den Gesteinen 
in gekürzter Fassung das, was schon dreiBig Jahre zuvor J. Grimm gesagt 
hatte; die zweite, welche die Namen J. Schmid und W. G6b! trägt?) 
bringt zwar leider sehr zahlreiche eigene, hier zum erstenmale veröffent- 
lichte Daten, aber kaum wurde je eine so wertlose kostspielige Repräsenta- 
tionspublikation herausgegeben. Ich hatte im Vorjahre’) die Gelegenheit, 
auf Belege von petrographischon Unrichtigkeiten dieser Publikation 
hinzuweisen, die geologischen wurden von PoSepny®) und Kettner’) 
dargelegt; aber vor allem geniigt ein einziger Blick auf die Schmidsche 
Karte, um das hier abgegebene Urteil von der Qualität dieser offiziellen 
Publikation noch allzu mild erscheinen zu lassen. 

F. PoSe pny hat in seiner Adinolenarbeit®) den Versuch gemacht, 
das böhmische, speziell das Pribramer Kambrium in vier Horizonte zu 
teilen: Zitecer, Bohutiner, Birkenberger und Jinecer (Paradoxides-)Stufe, 
hat sie aber nicht weiter charakterisiert als: die Zitecer Konglomerate 
mit tonigem Zement, Bohutiner dunkle, Birkenberger lichte Quarzsand- 
steine. Hier seien drei Bemerkungen zu PoSepnys Angaben gemacht. 

1. Die Ansicht (1. c. S. 177), als hätten die kambrischen Gesteine im 
NW-Flügel der Birkenberger Synklinale ihren Grauwackencharakter 
sekundär durch Metamorphose und Verquarzung erworben, wurde durch 
die mikroskopische Untersuchung nicht bestätigt. 

2, Die Bestimmung der in der Tiefe unter der Lettenkluft befind- 
lichen Grauwackengesteine als Bohutiner Horizont, der hier am Tage nicht 


8) Bilder von den Lagerstätten des Silber- und Bleibergbaues zu Piibram 
und des Braunkohlen-Bergbaues zu Brüx, Wien 1887. 

4) Montangeologische Beschreibung des Piibramer Bergbau-Terrains und 
der Verhältnisse in der Grube, Wien 1892. 

5) Slavik, O spilitech v algonkiu piibramském, Slavnostni spis Ceské 
Akademie k 70. narozeninäm K. Vrby, III. S. 15, 18, 22. Résumé in diesem Bul- 
letin 1915 (Bd. XX). 

6) Posepny, Archiv für prakt. Geologie II. 609—752, 1895. 

7) Kettner, Rozpravy Ceské Akademie 1915 Nr. 34 u. dies. Bull. 

8) PoSepny, Tscherm. Min.-petr. Mitth. 1888 (X. Bd.), 175—202. 


53 


ansteht, in der Tiefe jedoch gegen NO fortsetzt, 1.c.S.186, ist nach meinen 
diesjährigen sowie früheren, bei Hofmann veröffentlichten Unter- 
suchungen ganz richtig. 

3. S. 198—9 hebt PoSepny die Unterschiede zwischen Gesteinen 
aus der Grube und aus den Ausbissen hervor, welche die Identifikationen 
unsicher machen. Ich kann darauf hinweisen, daß lithogenetisch beiderlei 
Gesteine , trotz dem Unterschiede in der Farbe, wesentlich identisch sind. 

Die Bohutiner Stufe PoSepnys ist ebensogut wie die Zitecer ein tat- 
sächlich wohlcharakterisierter Horizont des böhmischen Kambriums, dessen 
Sedimente sich durch ihre petrographische Beschaffenheit als sowohl von lie- 
genden als auch von hangenden Schichtenkomplexen hthogenetisch wesentlich 
verschiedene Bildungen zeigen. 

Der Vergleich mit anstehenden Sedimentgesteinen der weiteren Um- 
gebung hat ergeben, daß die im Vorjahre von Kettner (l.c. 7) proviso- 
risch und mit Reserve ausgeschiedenen ,,Sddeker Schichten“ trotz ihrer hel- 
leren Farbe und abweichenden Habitus Produkte gleicher lithogenetischen 

Bedingungen wie die Bohutiner darstellen und folglich mit diesen zu ver- 
einigen sind. 


Die Sedimentgesteine aus der Grube 


sind makroskopisch feinkörnig bis fast dicht, oft quarzitähnlich, von 
splittrigem bis fast muschligem Bruch ; die Farbe ist dunkel grünlichgrau, 
selten heller. Einige sind fast glimmerfrei, andere enthalten bisweilen 
ziemlich viel Muskovit und gehen in wohlgeschichtete Gesteine, bis in 
Schietereinlagen über, wobei dann die Farbe in dunkel rotbraune oder 
rotgraue überzugehen pflegt. 

In der Nähe der Erzgänge werden die Grauwackengesteine heller 
bis graulichgelb oder licht rostbraun durch Auslaugung der Eisens, 
teilweise auch durch die Eisenspatimpregnation. Die Endprodukte dieser 
Umwandlung sind den ebenso umgewandelten Diabasen ziemlich ähnlich, 
aber wie schon Grimm, auch hierin ein vorzüglicher Beobachter, be- 
merkt, die im Sandstein immer wenigstens vereinzelt zerstreuten 
Glimmerschüppchen geben ein sicheres Unterscheidungsmerkmal ab. 

Das klastische Material besteht vorwaltend aus Quarz und Feld- 
spaten (Orthoklas, Oligoklas), aus bisweilen häufigem Muskovit sowie 
akzessorischen Bruchstücken von Ilmenit, Epidot und Chloritpseudo- 
morphosen nach unbekanntem Minerale ; spärlich treten Turmalin, Granat, 
Titanit und z. T. chloritisierter Biotit auf. 

Die im Bindemittel und sekundär vorkommenden Bestandteile sind: 
Chlorit, Muskovit, Kalcit, Siderit, Epidot, Hämatit, Pyrit und trübe erdige 
Verwitterungsprodukte von Feldspaten. Von diesen tritt der Hämatit 
hauptsächlich in den schieferigen Einlagen. 


54 


Die relative Menge der Bestandteile und die Struktur ändern sich oft 
auch in derselben Probe von Stelle zur Stelle. Der Gesamthabitus des 
Gesteins ist beim Vorwalten des klastischen Materials über dem Binde- 
mittel und beikleiner Menge von Glimmer massig und quarzitisch ; mit 
der Zunahme von Muskovit und minder kompaktem Bindemittel ragen 
einzelne Geröllchen deutlicher aus diesem hervor und der Gesteins- 
charakter wird mehr sandsteinartig, eine weitere Zunahme von Muskovit 
und vollkommener parallele Lagerung desselben bedingt Übergänge in 
schiefrige Gesteine, bei welchen gewöhnlich auch eine Verkleinerung des 
Kornes und Imprägnation mit sekundärem Roteisenstein eintritt. 

Im klastischen Materiale überwiegt bisweilen der Quarz bedeutend, 
der Mehrzahl nach sind jedoch auch die Feldspate in bedeutender Menge 
vertreten ; auch der Anteil der übrigen Bestandteile schwankt beträchtlich. 
Im Bindemitiel der Gesteine vom quarzitischen Aussehen ist entweder 
wieder viel Quarz zu beobachten, der mit anderen Bestandteilen des Ze- 
ments vermengt ist, oder es ist überhaupt das Bindemittel auf ein Minimum 


beschränkt, und in diesem Falle ist es der Chlorit allein, der nur allerdünnste 


Membranen zwischen den Quarzgeröllchen ausmacht und das Gestein 
dunkel färbt. Wo der Gesamthabitus des Gesteins mehr sandsteinähnlich 
ist, tritt auch das Bindemittel reichlicher auf und.hat den Charakter eines 
Zerreibsels, das aus Quarz, feinstschuppigem Muskovit, erdigen Verwit- 
terungsprodukten cer Feldspate, rhomboédrischen Karbonaten und 
Chlorit in mannigfaltigsten relativen Mengen besteht. In den schieferigen 
Partien nimmt das Bindemittel noch mehr überhand und wird in der Regel 
eisenschüssig. 

Die Quarze sind in einigen quarzitähnlichen, besonders aber in den 
schieferigen Gesteinen ziemlich scharfkantig, sonst mehr oder weniger 
gerundet. 


Die Paralleistruktur wird hauptsächlich durch Muskovit, bisweilen 
auch durch tafeligen Ilmenit bedingt. Auch kann man u. d. M. den Wechsel 
von Lagen mit mehr und weniger dunklen Mineralien, besonders Epidot 
und Ilmenit, beobachten, obwohl nicht so ausgesprochen wie in den typi- 
schen „Sädeker“ Sandsteinen. Bisweilen findet man in Grues 
gesteinen kleire Gerölle von den schieferigen Gesteinen. 


In Adern und Imprägnationen treten Quarz, Chlorit, Siderit, Kalcit 
‘und Pyrit auf. 


Die Mineralkombination des Bindemittels im Vergleich mit dem 
klastischen Materiale weist auf die Entstehung des Bindemittels durch Zer- 
setzung der Feldspate und der untergeordneteren Bestandteile des klastischen 
Materiales hin. Vielorts kann man diese Entstehung u. d. M. direkt in 
einem Übergangsstadium beobachten. Die trüben Feldspatverwitterungs- 
produkte bilden zum Teile noch volkommene Pseudomorphosen mit erhalte- 
nen Umrissen der ursprünglichen Feldspatkörner, teils kriechen sie aus. 


QU 
ot 


den zersetzten Feldspaten heraus und umgeben die Quarzgeröllchen ; 
auch der Chlotit ist in den Geröllchen und im Zement identisch. 

Die mineralogische Zusammensetzung des klastischen Materiales weist 
auf granitischen Ursprung hin, die ungewöhnliche Häufigkeit der dunklen 
schweren Mineralien zeugt für die Erklärung, daß es besonders basischere, 
dioritische Fazies waren, die in erster Linie von der Denudation betroffen 
worden sind, welche das klastische Material der Grauwackengsteine ge- 
liefert hat. (Vergl. die Angaben Kettners, |. c. 7, über granitische 
Gesteine im klastischen Materiale der Zitecer Konglomerate.) 

Das granitische Material in den Bohutiner Sedimenten des Pribramer 
Kambriums weist gerade wie dasjenige in den Zitecer und auch algon- 
kischen Konglomeraten darauf hin, daß durch die vorkambrische Denuda- 
tion. besonders Randfacies der granitischen Tiefengesteinskörper zerstört 
worden sind. 

Die von Hofmann gesammelten und von mir i. J. 1903 untersuch- 
ten Grauwackengesteine von der Adalbertabteilung des 30. Laufs sowie 
diejenigen von der Muttergottes-Abteilung des 32. L. sind mit den Ge- 
steinen des 33. Horizonts, Adalb.-Abt., kongruent. Einige von den Grau- 
wacken des 32. Laufs enthalten viel schon makroskopisch sichtbaren 
Epidot, der sowohl dem klastischen Materiale als auch den sekundären 
Bildungen des Bindemittels angehüit; in einer Probe wurden Chlorit- 
pseudomorphosen nach Biotit gefunden. 

Auf den Halden des Augustschachtes bei Drkolnov fand ich etwas 
hellere Grauwacken, bisweilen mit hübsch entwickelter diagonaler Schich- 
tung, deren Bindemittel bedeutend reichlicher ist und aus Quarz und sehr 
feinschuppigem, durch Zersetzung der Feldspate entstandenem hellem Glim- 
mer besteht. Andere Proben sind ziemlich verwitterte Konglomerate mit 
kleinen Geröllchen von Quarz und algonkischen Gesteinen (Grauwacken, 
Kieselschiefern, Spiliten). 


Grauwacken und Grauwackenschiefer des Bohutiner Horizonts 
aus anstehenden Fundorten. 


Nach den vorstehenden Daten über die petrographische Beschaffen- 
heit der Grauwacken von den tiefsten Niveaus der Birkenberger Gruben 
kann man diesen Schichtenkomplex als makroskopisch feinkörnige, dunkel 
grünlich- bis schwarzgraue Grauwacken charakterisieren, die zum Teile 
fast glimmerfrei, zum Teile reicher an Muskovit und dann deutlicher ge- 
schichtet sind und mit schiefrigen, an Roteisenstein und Muskovit reichen 
Zwischenmitteln wechsellagern ; mikroskopisch tritt die granitische resp. 
granodioritische Natur des klastischen Materiales zum Vorschein. 

Diese Merkmale sind als gemeinsame habituelle und lithogenetische 
Charakteristik des Bohutiner Horizontes anzunehmen, denn PoSepny 
hat die untersuchten Abteilungen des Grubenreviers in denselben eingereiht 


56 


und die typischen Gesteine vom Anstehenden bei Bohutin und Dolni Läz 
stimmen wesentlich mit den beschriebenen überein. 


R. Kettners provisorisch ausgeschiedene ,,Sddeker Schichten‘ 
aus der nördlichen Umgebung von Pfibram (Sadek-Bradkovicer Gegend) 
sind makroskopisch heller als die Bohutiner Gesteine, oft (Steinbruch am 
N-Abhang der Cö. 521 S von Sädek) schön diagonal geschichtet, mikro- 
skopisch zeigt sich ihre lithogenetische Identität mit den Bohutiner Grau- 
wacken. Der Unterschied besteht hauptsächlich in der Beschaffenheit des 
Bindemittels, das reichlicher ist und mehr Kalcit enthäli. Die schwereren 
Mineralien des klastischen Materiales (Ilmenit, Epidot, Titanit, Chlozit, 
weniger Granat und Turmalin) sind von Quarz und Feldspaten in ab- 
wechselnden dünnen Schichten gesondert. 


Im ganzen konnte ich Bohutiner (und ,,Sadeker“‘) Gesteine sowie 
deren Übergänge zu den überlagernden Tremosnä-Schichten aus folgen- 
den anstehenden Lokalitäten untersuchen: 

1. in der TyemSiner Gruppe: Rozelov, NE vom erzbischöflichen 
Sommerhause ; 

2. in der Mitte der ersten Grauwackenzone: Zezitky, E von der Segen- 
gottes-Gruppe, Heiliger Berg, Neues Wirtshaus ; 

3. am Nordwestrande derselben: zwischen Bohutin und der Duchon- 
mühle, NE vom Stephanschacht, N und W von Tisovä (Segengottesgrube), 
Svatojansky vréek bei Pribram (cô. 511), N W-Abhang des Certüv pahorek, 
Kvétna-Schacht, die Straße nach Obéov NNE vom Hügel Pichce ; 

4. in der zweiten Grauwackenzone: Profil von Dolni Läz zum Läzer 
Teiche, (Dubova hora), W-Ende des Dorfes LiSti kamna, Côte 547 zwischen 
Pribram und der Silberhütte, der Teil zwischen den Dörfern Sadek und 
Bradkovice im N W, Deutsch-Lhota und der Valcha-Mühle an der Litavka 
har gns) Ds 

5. Weiter gegen Norden wiederholen sich die ,,Sadeker“ Gesteine bei 
Dominikälni Paseky und nochmals am Südende von Cenkov. — 

Von einzelnen Vorkommen sei nur folgendes hervorgehoben: RoZelov . 
Grauschwarzes, sehr festes Gestein, mit scharfkantigen klastischen Quarzen 
und Magnetit, im Bindemittel Feldspatverwitterungsprodukte, Chlorit 
und Hämatit. 


Zexitky, N von der Schwarzenberggrube: feinkörniges sandsteinartiges 
Gestein mit viel Chlorit und dichtem Glimmer im Bindemittel und 
wenigen Feldspatgeröllchen neben vorwaltendem Quarz. 

E vom Teiche an der Segengottesgrube: lichtgraues Gestein mit viel Muskovit, 
Feldspaten, Epidot und Ilmenit neben Quarz im klastischen Material, 
dichtem Glimmer, fast ohne Chlorit im Zement. 

Der Schacht am Heiligen Berge: teils feinkörnige Gesteine vom Bohutiner 
Charakter, aber noch feinkörniger als das von Zezicky, teils Gesteine, 
die demjenigen vom Segengottesschacht ähnlich sind, aber durch das 


57 


bedeutende Vorwalten des Quarzes im Bindemittel einen Übergang 
zu den Tremosna-Sedimenten vermitteln ; diese selbst kommen in 
chloritreicher grünlicher Abart vor. 

Neues Wirtshaus: bräunlich gıaues bis fast rostbraunes feinkörniges 
Sediment, das den schiefrigen Einlagen der Bohutiner Grauwacken 
nahesteht. 

Zwischen Bohutin und Dolni Laz: a) Eine ältere Probe aus der Barrandeum- 

sammlung des Böhmischen Museums entspricht im ganzen den be- 
schriebenen Gesteinen aus der Grube mit sehr spärlichem Glimmer 
und ohne Epidot mit reichlicherem, aus feinschuppigem sericitischen 
Glimmer, Kalcit, Chlorit und feinkörnigem Quarz bestehendem Binde- 
mittel. 
b) An Ort und Stelle, am Hügel N von der Rozmitäler Straße 
zwischen Bohutin und der Duchonmühle gesammeltes, makroskopisch 
mit dem vorigen ganz kongruentes Gestein enthält in einigen Partien 
den Chlorit des Bindemittels teilweise oder ganz in Biotit umgewandelt, 
offenbar eine Kontaktwirkung des hier unterirdisch in geringer 
Tiefe von Bohutin gegen Rozmitäl fortsetzenden Quarzdiorits. Sonst 
istin den Bohutiner Gesteinen, entgegen der Behauptung der offiziellen 
Schmid-Göblschen Publikation, kein authigener Biotit ge- 
funden worden ; nur das Gestein 

im Walde NE vom Stephanschacht gleicht dem soeben erwähnten. 

N von Tisové: kongruent mit dem feinkörnig sandsteinartigen Gestein 
von Zezicky. 

W von Tisovä: Quarz- und muskovitreiche Übergänge zu den Sedimenten 
der Tremosna-Stufe. 

Segengottesgrube: ähnliche Übergangsgesteine ; gewöhnliche Bohutiner Grau- 
wacken mit viel Feldspaten, Leukoxen und Epidot im klastischen 
Materiale ; schiefrige Einlagen. 

Svatojansky vr3ek: rötliche, glimmerreiche, den schiefrigen Einlagen der 
Bohutiner Grauwacken ähnliche Gesteine. 

NW-Abhang des Certüv pahorek: graugrünliches Gestein mit chloritischem 
Bindemittel, eckigen Quarzkörnern, zersetzten Feldspaten, Chlorit- 
pseudomorphosen nach Biotit und ziemlich viel Leukoxen und 
Muskovit. 

NNE vom Hügel Pichce: dem vorigen ähnlich, weniger chloritisch und 
weit feinkörniger. 

Kvötnäschacht: feinkörniges sandsteinähnliches Gestein mit viel Muskovit, 
ähnlich den Sädekert Grauwacken. Zersetzte Feldspate überwiegen 
selbst über den Quarz, auch viel Chlorit imallothigenen Material ist 
zugegen ; im Bindemittel waltet dichter heller Glimmer vor. 

Profil zwischen Bohutin und Dolni Läz (PoSepnys Monographie S. 646): 
eine mit Bohutin a) (s. oben) übereinstimmende Grauwacke. 


Dubova hora: helles sandsteinähnliches Gestein, fast nur Quarz und zersetzte 
Feldspate im klastischen Materiale, Quarz und dichten hellen Glim- 
mer im Bindemittel führend. 

Côte 547 zwischen Pribram und der Hütte: typische Bohutiner Grau- 
wacke ; klastisches Material besteht aus Quarz, Orthoklas, Oligoklas, 
einem kieselschieferartigen Gestein, Imenit, Leukoxen und wenig Mu- 
skovit ; das Bindemittel sehr spärlich, vorwiegend nur als allerdünnste 
Chloritmembranen zwischen den Geröllchen entwickelt ; wo es zu- 
nimmt, gesellen sich dem Chlorit der aus Ilmenit herausverwitternde 
Hämatit und erdige Feldspatverwitterungsprodukte zu. 

W-Ende von Listi Kamna: ähnlich dem Gesteine von der Dubova hora, 
durch reichlich beigemengten Kalkspat im Bindemittel einen Über- 
gang zu den Sädeker Grauwacken vermittelnd. 

S und SW von Sädek (N-Abhänge der Cö. 521, 524): typische ,,Sadeker“ 
Grauwacken s. oben S. 8. 

Der Hügelrücken zwischen dem Sadeker Schacht und der Cöte 524: grau- 
grünliche Grauwacke, vielärmer an Muskovit als die vorigen, mikro- 
skopisch mit denjenigen typischen Bohutiner Grauwacken kon- 
gruent, bei denen das Bindemittel auf die dünnsten Chloritmem- 
branen beschränkt ist. Im klastischen Materiale Quarz, vieLOligoklas, 
Orthoklas, Muskovit, Epidot, Leukoxen, Ilmenit, etwas Granat, fein- 
körniges Quarzgestein. 

Sadeker Schacht: Rötlichgraues sandsteinartiges Gestein mit vielen Eisen- 
erzen im klastischen Anteil, aus denen durch Verwitterung Hämatit 
entsteht, außer ihnen Quarz, Orthoklas, Oligoklas, Muskovit, Epidot, 
Chlorit, Titanit, Zoisit. 

Cöte 475 S von Bradkovice: aus etwas höherem geologischen Niveau stam- 
mendes Gestein, in dessen klastischen Materiale dementsprechend 
der Quarz stark überwiegt ; außer ihm vorhanden: Chlorit, Turmalin, 
Ilmenit, Leukoxen, Orthoklas, Oligoklas, Muskovit, sehr wenig Epi- 
dot. Bindemittel spärlich, aus Feldspatverwitterungsprodukten und 
sehr feinkörnigem Quarz bestehend. 

Rechtes Ufer der Litavka bei Dominikdlni Paseky: sandsteinartige, ziemlich 
deutlich geschichtete Gesteine von graulicher oder bräunlicher Farbe, 
im ganzen den Sädeker Grauwacken entsprechend. 

Rechtes Ufer der Litavka am Südende von Cenkov:sandsteinartiges, grünlich- 
oder gelblichgraues, ziemlich feinkörniges Gestein. Von allen hier 
beschriebenen durch die Gegenwart von vielen Geröllchen ver- | 
schieden, die aus einem Quarzaggregate und aus trüben, wahr- 
scheinlich den Feldspaten entstammenden Verwitterungsprodukten 
bestehen ; auch ziemlich viele Kieselschiefergeröllchen. Außerdem 
sind im klastischen Materiale auch Epidot, dichte Chloritpseudomor- 
phosen, größtenteils verwitterte Feldspate (Orthoklas und Oligoklas) 


59 


und spärliche Erze vorhanden. Das Bindemittel ist ein feinkör- 
niges Gemenge von Quarz und dichtem hellen Glimmer ohne 
Kalkspat. 


* * 


Im ganzen kann man die Grauwackengesteine der Bohutiner und der 
mit denselben identischen Sadeker Schichten lithogenetisch durch das häufige 
Vorhandensein von granitischem resp. granodioritischem klastischen Materiale 
charakterisieren ; die Übergänge ins Hangende zu, in die Sedimente der Tie- 
mosnd-Stufe, äußern sich in der Zunahme des Quarzes und Abnahme 
übriger klastischen Bestandteile sowie in der Abnahme von Chlorit ım 
Bindemittel. 


Prag, Anfang Mai 1916. 


Mineralogisches Institut der böhmischen Universitat. 


Sur les relations parmi les périodes des 
intégrales abéliennes dégénérées de genre 3. 


Par Dr. Vaclav Hruëka, assistant pour les mathématiques 
à l’École polytechnique tchèque à Prague. 


1 Soient %,, %, us les intégrales abéliennes de première espèce nor- 
males attachées à une courbe algébrique f (x, y) =@ de genre 3. Pour 
que f — 9 se réduise par une substitution 


(1) sn De Ey) 

à une courbe de genre 1, il faut et il suffit qu’il existe parmi les intégrales 

de 1*° espèce attachées à f = 9 une, disons u) = a,% u, + a, uy + ag Us, 

dont le nombre des périodes se réduise à 2. Or, si l’on désigne par 
MIT 8 9 ty Ta ty 

(2) wy) 0 190 7, Te Ts 

Us | PIE ES RO RE ANS 


les 6 systèmes de périodes normales des intégrales %,, %,, Ua, les équations 
linéaires aux inconnues 4,0), a,®, a,®, @,, @, 


A as) = a; @ Qi, © : 
(3) J 1 ‘ iis ir ie | LE 1, 2, 3, 
Lars + ag” tig + ag” Tig = a5 4 9,1, + 3340, | 


où les a,ı dys (u = 1, 2,3, 4,5, 6) sont des nombres entiers, doivent être 
résolubles,1) c’est-à-dire le rang du tableau formé par leurs coéfficients 
ne doit pas surpasser 4. On vérifie, que la condition nécessaire et suffi- 
sante. pour qu'il en soit ainsi est, que les zx satisfassent au système de 
relations singuliéres 


‘) Krazer, Lehrb. d. Thetafunktionen, p. 471, théorème I. 


61 


3 
| Ey = As (en) + Asa (tra) + Ass (%13) + 2 Ai + 30367 


3 
— 3 As; + 3 72,5 + Ay = Ÿ 


i=1 + 


3 
Ey = Ass (ta) +. Aga (Fog) + Ag (U) + 2 As, i + 3 1,5 — 
@ i 
—2Aii43%341+ An =9 


CE | 


3 
Es = Ass (tar) + Aga (Faz) + Ass (U) + À Ari + 3 72,5 — 
i-1 


3 
| eds Ad 
t= 
ou 
(5) Ar = (44 4 3,1 Gk + 3,4), Ars, = — (44,1 Gk + 3,4) =—Abk,i+s 
Aj + 3,4 +3 = (ai Ah), (G,R = 1, 2,3) 


et (zx) désigne le mineur adjoint à zw dans le déterminant || (1, k = 1, 2, 3). 

Les équations (5) définissent les 36 nombres entiers A,,, (u,v =], 
2, 3, 4, 5, 6) qui, à cause de A,,, =— Ay, n, Ay,» = 9, forment un tableau 
pseudosymmétrique de rang 2. 

Alors le systéme adjoint de relations singuliéres est identiquement 
nul, c’est-à-dire, le système (4) est exceptionnel.?) Inversement, étant donné 
un système exceptionnel de relations singulières, on peut parvenir à ce que 
le système adjoint soit identiquement nul?) Or, le rang du tableau | 4,, || 
(u,v =1, 2, 3, 4, 5, 6) étant 2, on peut déterminer 12 nombres entiers 
an, Aus (Wu =1, 2, 3, 4, 5, 6) de sorte que les équations (5) soient satis- 
faites.*) En substituant ces nombres dans les équations (3) on trouvera que 
le rang du tableau de ces équations soit égale exactement à 4. Donc les 
équations (3) n’on qu’une solution indépendante 4,0, a, ag, 1, Ty. 
Il en suit le 

Théorème: Pour que f =0 se réduise par une substitution (1) 
à une courbe de genre 1, il faut et il suffit que les périodes tw satisfassent 
à un système exceptionnel de relations singulières. 

Pour le calcul des ai, ay, on peut trouver 20 équations linéaires 
à 6 inconnues, dont il n’y a que 4 linéairement distinctes. On aura alors 


du = Uy À Me Oks 
(6) ui 11 Liu À U; Lau | eae 2 3 
Aus = Ugy Liu + U Cap 


2) Humbert-Levy, Sur les fonctions abéliennes singulières de trois 
variables, Comptes rendus, t. 158, p. 1609—1616. J’appelle le système 
adjoint celui désigné par Humbert-Lévy E, = 9, Ei’ = 9, E,” = G. Ses coëfficients 
sont les coëfficients de A,»dans le développement du pfaffian (1 2 3 4 5 6) suivant 
les éléments d’uneligne du tableau pseudosymmétrique |Au>ll, (wv = 1, 2, 3, 4, 5, 6). 

3) Humbert-Levy, cit., l’art. 4. Nous le supposerons toujours dans ce que 


va suivre. 
4) Frobenius, Journal für Mathematik (Crelle), t. 86, p. 154—155. 


62 


en désignant par || aju|| (2 = 1,4) le tableau des solutions fondamentalles 
de ces équations.*) Les nombres entiers wx,1 (h, J = 1, 4) ne sont liés que 
par la relation 4, Uy — Uy Un = Id; dest le p. g. c. d. de tous les 
nombres Au. 


Le nombre entier 


(au Ay) + (an M54) + (au aa) = Au + As + Ay = M 


est différent de zéro.f) On en déduit, qu'il est impossible, que les périodes 
des intégrales abelienes de genre 3 satisfassent à un système exceptionnel 
de relations singulières, dont le système adjoint soit identiquement nul et 
M = 9. Si nous avions de telles intégrales abéliennes, tous les coefficients 
des relations singulières corresbondantes devraient s'annuler. 

On en conclut, en désignant par (1, %...12,) un pfaffian d'ordre v 
formé des éléments du tableau | 4, |, (vu, » =1, 2, 3,4,5,6) et Ko 
=(123456), L= (1245) + (2356) + (8164), que dans le cas du 
systeme exceptionnel de relations singulieres le polynome K + L x — M x? — x8 
a une racine double et vice versa. | 

2. Remarquons, que dans ce qui va suivre doit uw, v = 1, 2, 3, 4, 5, 6; 
SNS ND ORNE DNS" 

On peut trouver un tableau (R) |a,s|| de 6 x 4 nombres entiers 
satisfaisant aux équations 


(7) (Ayu 00) + (apa a5) + (Au A6») = M . ew 


1 


J 


ou &,, désigne + 1, —1, ou G, suivant que v—u est égal à +3, —3 
ou n’est pas divisible par 3. 
Considérons la transformation des intégrales abéliennes 
ud) = b,® u, a b,®) Us + b,® Us 
by) = Ak; + Akg Bu + ks Be + Ake Bis 
| 6, Tr] + 6, Tko + b,® Tkg = Ak+3,8 +- Ak +3, aBi + Ak+g,5 Bis + Ak+3:6 Bis 
Birk —= Da: 


(8) 


Les équations (8) n’ont qu'une solution indépendante. Après les avoir 
comparés aux équations (3), on trouve que cette solution est 


DO = a, Bu =Ts, Ba= Bu =9, 


2) — 73 (2 Sy 3 en = == 
be) = az! ) by) == Gn ), a 29 » B, = 95 » BST 


où ay, af, a), 1,7,, est la solution des équations (3). C'est-à-dire, 
chacune des intégrales 


5) Le terme ,,solutions fondamentalles‘‘ est usé ici dans le sens défini par 
J; St. Smith, {Coll Math. Papers, vol lip. 372. 

‘) Krazer, Lehrb. d. Thetafunktionen p. 470, (10). On peut même supposer 
M © 0. Dans le cas contraire on peut revenir sur ce cas, en multipliant les équa- 
tions (4) par — 1. 


u™ = au, + a?) un + au 

ud = a) u, + a,® us + az) u, 
n’a que 4 périodes. D’oü le théorème bien connu.f) 

al Ci HN 6 : 
On vérifierait aisément, que les ( 4 ) = 15 déterminants du tableau 

(R) sont égaux aux 15 nombres A,, distincts. Donc, à cause de (4), le 
rang du tableau du système d’équations 
| Di = Aig Do + Aig O3 + dis Ds + 4,0, 
| ran + Oy Tin + 05 Tig = Aitg, 9 Do + Mr, à Os + Ait+g.5 Ws + Airz,g De 


(9) 


est exactement 5. Ces équations n’ont que 2 solutions distinctes et l’on 
trouvera, en les comparant à (8), qu’elles sont égales à ak 1, 0, Toe, Tye 
Be ee OL dog. Ml oss 

3. Les 4 x 6 nombres entiers a,; forment un système complet de 
solutions du systéme de 6 équations 


(10) Api %s + Ayo Ges + Aus ass + Aus ays + Aus Ass + Aus As = 0 


dont elles ne sont que deux indépendantes. En désignant par ||«e,, | le 
tableau des solutions fondamentalles du système (10) on a 


Aus = Usy Cou + Usz Eau + Us; Asp + Usg Con 


où le déterminant (we aa Us, Ugg) = + M .d. Outre cette relation, les 16 
nombres entiers w,; sont lies par les 6 équations 


(11) Ones tes — Us; , (G6 2.23, 85.60): 
0,0 
ou 
08 = (@o1 &o4) + (Go2 O05) ar (&.3 Cab). 


On trouve, que les équations (11) sont toujours résolubles en nombres 
entiers et que le tableau |#,,| peut être obtenu par la composition de 
certains trois tableaux. 


*) Krazer, Lehrb. d. Thetafunktionen, p. 499, théorème X11. 


Über eine Gruppe von 8 Flachen 2. Grades und über die 
damit zusammenhängende Transformationsgruppe. 


Von 
Dr. VÄCLAV SIMANDL, 


Privatdozenten an der böhmischen Technik in Brünn. 


(Vorgelegt am 27. Juni 1916.) 


Jede Fläche 2. Grades definiert uns in Bezug auf jedes von ihren 
Polartetraedern eine gewisse Gruppe von 8 Flächen 2. Grades. Wenn 
wir dieses Polartetraeder als das Fundamentaltetraeder eines homogenen 
Koordinatensystemes betrachten, so hat die Fläche 2. Grades die Gleichung: 


HK - Ay Xo? + Ag Xÿ + Ay x2 = 0 


und die 8 Flächen 2. Grades der Flächengruppe, mit welcher wir uns be- 
schaftigen wollen, werden die folgenden 8 Gleichungen haben: 


Th AH? + Ag Xo? + Ag Xo + A, XP = 0. 


Diese Flachengruppe, welche wir als die Gruppe von 8in Bezug auf ein Te- 
traeder assoziierten Flächen bezeichnen werden, können wir in zwei vier- 
flachige Flachengruppen teilen, und zwar in die Flachengruppen, deren 
Gleichungen eine gerade oder ungerade Anzahl von positiven resp. nega- 
tiven Gliedern haben. Diese Gruppen werden wir dann als die Gruppen 
von 4 in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder harmonischen Flächen 
2. Grades bezeichnen. Insbesondere werden wir auch auf den Zusammen- 
hang dieser Flachengruppen mit den linearen Komplexen zeigen. 


Wir werden auch die Gruppen von Transformationen studieren, 
in Bezug auf welche die Gruppe von 8 assoziierten und die Gruppe von 4 
in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder harmonischen Flächen invariant 
sind. Es werden das eine gewisse Gruppe G, und ihre Subgruppe G, sein. 
Diese Transformationsgruppen werden sich immer auf achtpunktige 
Gruppen beziehen, nämlich auf die Gruppen von acht assoziierten Punkten, 
die immer drei Flächen 2. Grades angehören, die das gegebene Polar- 


65 


tetraeder gemeinsam haben. Derartige Punktgruppen werden wir als die 
Gruppen von 8in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder assoziierten Gruppen 
bezeichnen. 


1. Über die Gruppe von 8 in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder 
assoziierten Punkten und über die damit zusammenhängende 
Transformationsgruppe. 


Betrachten wir ein beliebiges Tetraeder 4 und einen beliebigen 
Punkt P,. Führen wir durch diesen Punkt drei Transversalen zu den drei 
Gegenkantenpaaren des Tetraeders und konstruieren wir auf diesen Trans- 
versalen die Punkte P,, P,, P,, welche die Eigenschaft haken, daß sie 
vom Punkte P, immer durch die zwei Schnittpunkte auf den Kanten des 
Tetraeders harmonisch geteilt sind. Wenn die homogenen Koordinaten 
des Punktes P;: 


NR IG 


sind, und wenn das Tetraeder 4 das Fundamentaltetraeder des Koordi- 
natensystemes ist, so sind: 


die Koordinaten der Punkte P,, P, und P,. 


Weiter konstruieren wir die Punkte P;, P4, Pz, Ps auf die Weise, 
daß wir den Punkt P, immer mit einem Scheitel des Tetraeders 4 ver- 
binden und auf der so gewonnenen Verbindungsgeraden immer den Punkt 
konstruieren, der von dem Punkte P, durch den Scheitel des Tetraeders 
und den Schnittpunkt der gegenüterliegenden Tetraederebene harmonisch 
geteilt ist. Es werden dann die Punkte P;, P,, P;, Ps die folgenden Ko- 
ordinaten haben: 

ER SRE eg Nig 
Ni Ro Hair 
Nig Ny Hs Ya 
SH Nail as as 


Wir sehen also, daß wir auf dieselte Weise, auf welche wir von dem 
Punkte P, zu den iibrigen sieben Punkten gekommen sind, auch von 
jedem beliebigen Punkte von diesen zu den übrigen gelangen können. 
Wir wollen dann die Gruppe von derartigen 8 Punkten als Gruppe von 
8 in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder assoziierten Punkten bezeichnen. 
Transformationen, welche von einem gegebenen Punkte zu der Gruppe 
von 8assoziierten Punkten führen, sind drei gescharte Involutionen, deren 


Achsen immer zwei Gegenkanten des Tetraeders 4 sind, und vier per- 
Bulletin international. XXII. 


66 


spektivische Involutionen, deren Involutionszentren und die zugehörigen 
Involutionsebenen immer eine Ecke und die gegenüberliegende Ebene 
des Tetraeders 4 sind. Diese 7 Transformationen bilden dann mit der 
identischen Transformation eine Gruppe von 8 Transformationen, welche 
wir als Gruppe gg bezeichnen werden. 

Es ist also die Gruppe von 8 in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder as- 
soziicrten Punkten invariant gegen die Transformationen der Gruppe gs. 

Die achtgliedrige Gruppe Gg besitzt cine viergliedrige Untergruppe 
G,, welche die drei gescharten Involutionen und die identische Transfor- 
mation tilden. In Bezug auf diese Untergruppe sind dann invariant 
die Punktquadrupeln::P,, Ps, P;, P, und P;, Pe, Pr, Ps. Es seien 2, und 
4A, zwei Tetraeder, deren Scheitel die zwei letztgenannten Punktgruppen 
sind. Die vier perspektivischen Involutionen, die in der Transformations- 
gruppe gs enthalten sind, zeigen uns, daß die zwei Tetraeder 4 und 4, 
ebenso wie die Tetraeder 4 und 4, auf vierfache Weise in perspektivischer 
Lage sich befinden, und daß die vier perspektivischen Zentren die Ecken 
der Tetraeder 4, und 4, sind. Es bilden also die drei Tetraeder 4 4, 4, 
das sogenannte desmische System, und wir können dann folgenden Satz 
aussprechen: 

Die Gruppe von 8 assoziierten Punkten in Bezug auf ein gegebenes 
Tetraeder ist zusammengesetzt aus zwei vierpunktigen Gruppen, von denen 
jede gegen die Transformationen der Untergruppe g, invariant ist. Die beiden 
vierpunktigen Gruppen bilden die Scheitel von zwei Tetraedern, welche mit 
dem gegebenen Tetraeder ein desmisches System bilden. 

Weil die Gleichungen von drei Flächen 2. Grades, deren gemein- 
sames Polartetraeder das Koordinatentetraeder 4 ist, folgende Form 
haben: 

ET N 
b, 2 + by %2 bs + 0,42 =0 
CHA Cy REC, he Cate 0 


so ist ersichtlich, wenn diesen drei Flachen ein gewisser Punkt 


Bre, ee es 
gemeinsam ist, daB ihnen auch die übrigen 7 Punkte der achtgliedrigen 
Punktgruppe: 
re elle u 


angehören. Das ist aber die Gruppe von 8 in Bezug auf unser Tetraeder 4 
assozilerten Punkten. Es gilt also der folgende Satz: 

Die Gruppe von 8 in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder assoziierten 
Punkten ist gelichzeitig eine Gruppe von 8 assoziierten Punkten, die ge- 
meinsame Punkte von drei Flächen 2. Grades, deren gemeinsames Polar- 
tetracder dieses Tetraed.r ist, sind: | 


67 


2. Über die achtgliedrige Transformationsgruppe der 8 assoziierten 
Gruppen von assoziierten Punkten in Bezug auf ein gegebenes 
Tetraeder. 

Betrachten wir folgende acht eineindeutige Transformationen der 


Gruppe von acht in Bezug auf das Koordinatentetraeder assoziierten 
Punkten: 


En Eh: Em ti = En: Em: tx: tx (74) 
= bat tx: img: tir (I) 

athe uae DIN Da io 1, (Ta) 

= LA: tir: tir: + xy (Ty) 

EI Pr do en dut TU, (Ts) 

= EM EX: ting: tx (Z's) 

Hwy: tim: xy tx, (I) 

= Fix EX Xi +X, (Ts) 

Es ist klar, daß unsere 8 Transformationen 7,,T,,....T,eine Trans- 


formationsgruppe bilden. Einheitselement dieser Gruppe ist die identische 
Transformation T,. Bezeichnen wir uns diese Gruppe Gs. Wir sehen, daß 
die vier Transformationen 7, T, T; T, wieder eine Gruppe bilden, es sei 
das die Gruppe G,. Es ist also die Gruppe G, Untergruppe von der Gruppe 
Gs. Weiter sehen wir, daß die Gruppe G, und die Gruppe g, holoedrisch 
isomorph sind. 

Studieren wir jetzt die geometrische Bedeutung der Transforma- 
tionsgruppen G, und G,. 

Es sei S, die Gruppe der acht in Bezug auf 4 assoziierten Punkten: 
aly Hye tes. 0 dg ye Ky und es, seien ts, Sy... Sg die. Punktgruppen, in 
welche die Gruppe S, durch die Transformationen T,, T,...T, übergeht. 
Die Transformationen T,, T;, T, führen die Punktgruppe S, in die Punkt- 
gruppen So, Sa, S, auf folgende Weise über: Führen wir durch die Punkte 
der Punktgruppe S, Transversalen zu einem Gegenkantenpaare des Te- 
traeders A. Weil auf jeder derartigen Transversale immer zwei Punkte 
der Punktgruppe S, liegen, so existieren insgesamt vier solche Trans- 
_ verselen. Wenn wir jetzt auf jeder von unseren vier Transversalen zwei 
Punkte konstruieren, welche gleichzeitig zwei Punkte der Gruppe $, 
und zwei Punkte auf dem Gegenkantenpaare harmonisch teilen, so bekom- 
men wir schon acht Punkte der Gruppe S,, S, oder S,, je nach dem, zu 
welchem Gegenkantenpaare des Tetraeders 4 wir die Transversalen ge- 
führt haben. Das ist die geometrische Bedeutung der Transformationen 
LES 2 a. 

Studieren wir jetzt die geometrische Bedeutung der Transforma- 
tionen T,, T,, Tz, T4. Verbinden wir eine Ecke des Tetraeders 4 mit den 
Punkten der Punktgruppe S,. Es existieren vier derartige Verbindungs- 

5* 


68 


geraden und es liegen auf jeder zwei Punkte der Gruppe. Wenn wir jetzt 
auf diesen vier geraden zwei Punkte, welche gleichzeitig die zwei Punkte : 
der Gruppe S, und die Ecke und den Punkt, welchen auf unserer Verbin- 
dungsgeraden die, der erwähnten Ecke gegenüberliegende Ebene aus- 
schneidet, harmonisch teilen, konstruieren, so bekommen wir acht Punkte 
der Gruppe S,, Se, S,, Ss je nach dem, welche Ecke des Tetraeders 4 
wir erwähnt haben. 

Die Gruppe von den acht Punktgruppen S,, S,,...S, werden wir 
als ,,die Gruppe von acht in Bezug auf das Tetraeder 4 assoziierten Punkt- 
gruppen S“ bezeichnen. Wir sehen also, daß diese Gruppe von acht asso- 
ziverten Punktgruppen invariant in Bezug auf die Transformatiensgruppe 
G, 151. 

Wenn wir die beiden viergliedrigen Gruppen der Punktgruppen 
Sy, 59, 93, Sa und Sp; Se 97 Ss näher betrachten, so sehen. wir, dabuaze 
Gruppe von 8 assoziterten Punkigruppen aus zwei viergliedrigen Punkigruppen 
zusammengesetzt ist, und daß jede von diesen Punkigruppen gegen die 
Transjormationen der Untergruppe G, invariant ist. 


3. Über die Gruppe von acht assoziierten und über die Konfi- 
guration von vier in Bezug auf das gegebene Tetraeder harmo- 
nischen Flächen 2. Grades. 


Betrachten wir eine beliebige Fläche 2. Ordnung, deren Polar- 
tetraeder das Koordinatentetraeder 4 ist. Die Gleichung der derartigen 
Fläche ist: 

DB don a a N: 


Diese Fläche definiert uns gleichzeitig folgende Gruppe von acht Flächen 
2. Grades: 


arf Faxe Fax + a,x = 0. 


Diese Flächengruppe werden wir als „die Gruppe von 8 in Bezug 
auf das Tetraeder Zassoziierten Flächen 2. Grades‘ bezeichnen, und wir 
sehen gleich: daß die Gruppe von 8 in Bezug auf das gegebene Tetraeder 
assozucrten Flächen 2. Grades gegen die Transformationen der Gruppe G, 
invariant 151. 

Die Gruppe von unseren acht Flächen können wir in folgende zwei 
viergliedrige Flächengruppen teilen. Es sind das die Flächengruppe: 


RSR a ng 
AX" + AK — Ask — Aug = 
41% — Agr + A,X — a,x? = 0 
A,X — AK — A,X + a,x2 = 0 


und die Flächengruppe: 


GX + ANS + a — ag = 0 

AK + Ak — Ask + Ay = 0 

AXE — 4% + asx + Axe = 0 
— MX + as + a + a,x = 


Es ist sehr leicht einzusehen, daß jede von diesen beiden Flächen- 
gruppen gegen die Transformationen der Untergruppe G, invariant ist. 
Zu derartiger viergliedrigen Flächengruppe werden wir geometrisch auf 
folgende Weise gelangen. Betrachten wir eine beliebige Fläche 2. Grades 
A? und ein von ihren Polartetraedern J. Konstruieren wir jetzt auf allen 
0° Transversalen eines Gegenkantenpaares des Tetraeders 4 die Punkte- 
paare, welche gleichzeitig die zwei Punkte auf der Fläche 4? und die beiden 
Punkte auf den Gegenkanten harmonisch teilen. Die so gewonnenen 
Punktepaare liegen dann auf einer Fläche 2. Grades B®. Auf ganz dieselbe 
Weise führen die beiden anderen Gegenkantenpaare des Tetraeders 4 
zu den Flächen C? und D?. Die vier Flächen A?, B?, C?, D? bilden dann 
eine invariante Flächengruppe in Bezug auf die Transformationsgruppe G4. 

Wir wollen jetzt derartige Konfiguration von 4 Flächen 2. Grades 
als die Konfiguration von 4 in Bezug auf das gegebene Tetraeder harmo- 
nischen Flächen 2. Grades bezeichnen. 

Es ist sehr leicht zu zeigen, daß je zwei Flächen von derartiger 
viergliedrigen Flächengruppe sich bloß in den Geraden schneiden. Es 
seien: 

Ma Le + Mp xg" + Mm, x,? + ms xr = 0 
Ma Xe + Mp x —m, x,2 — Ms Xx = 0 


zwei Flächen von unserer Flächengruppe. Der Büschel Z von Flächen 
2. Grades, den diese zwei Flachen bestimmen, hat die Gleichung: 


Ma Xo? + Max + m, XP + max? + A (Me Xa" + MX —M, x? —ms xs") = 0. 


Für die Werte: 
A= land 1—= —1 


bekommen wir zwei spezielle Flachen des Biischels: 


2 Pet 
Ma Xe + Me Xp = 0 
M, x + max = 0. 


Das sind aber zwei Ebenenpaare, welche ihre Achsen in den Kanten eines 


Gegenkantenpaares des Tetraeders 4 haben. Es ist damit also der fol- 
gende Satz bewiesen worden: 


Zwei beliebige Flächen der Konfiguration von 4 harmonischen Flächen 
2. Grades schneiden sich bloß in den Geraden. 


70 


Wenn wir in die Gleichung des Büschels Z für A die Werte 0 und & 
einsetzen, bekommen wir die beiden betrachteten Flächen unserer Kon- 
figuration. Weil dann den vier Werten 4: 


0, ©, 1, —1 


in dem Flächenbüschel zwei harmonisch sich teilende Flächenpaare 
- entsprechen, so sehen wir, daß beliebige zwei Flächen der Konfiguration 
von 4 harmonischen Flächen 2. Grades in dem Büschel, den sie bestimmen, 
von zwei Ebenenpaaren des Büschels harmonisch geteilt sind. 


Weil die Konfiguration von vier harmonischen Flächen 2. Grades 
invariant gegen die Transformationen der Gruppe G, ist, und weil bei 
diesen Transformationen in der Gleichung: 


Pete ail , 2 2 Pe 
Cy X40 =F Cy Ko Cg He Ca X — 0 


immer zwei Koeffizienten c, gleichzeitig ihr Zeichen ändern, so sehen wir, 
da8 wir den folgenden Satz aussprechen kénnen: 

Wir unterscheiden zwei Arten von Konfigurationen der vier in Bezug 
auf ein Tetraeder harmonischen Flächen 2. Grades. Zur Konfiguration 
der ersten Art gehören immer drei veelle Flächen 2. Grades mit reellen Ge- 
raden und eine imaginäre Fläche 2. Grades an. Die Konfiguration der an- 


deren Art ist aus 4 reellen Flächen 2. Grades mit imaginären Geraden zu- 
sammengesetzt. 


4. Über den Zusammenhang unserer Flächen 2. Grades mit 
der Liniengeometrie. 


Mit der Konfiguration von 4 in Bezug auf ein Tetraeder harmo- 
nischen Flächen 2. Grades ist eng ein System von 6 in gegenseitiger In- 
volution sich befindlichen linearen Komplexen verbunden. Teilen wir uns 
ein derartiges System von 6 lin. Komplexen in drei Paare von lin. Kom- 
plexen: 

DEI BL 


Es seien nun die Paare von gemeinsamen Polaren dieser drei Kom- 
plexpaare die Gegenkantenpaare des Koordinatentetraeders 4. Dann 


werden unsere lin. Komplexe in den Linienkoordinaten #;, folgende Glei- 
chungen haben: 


A, Pre + dy Pas = 9, hi Pıa — dy Pas = 0 
U Pro + Wa Paa = 9, u] Pig — Ua Pos = 0 
Vi Pra + Vo Pas = 9, Vi Pia — Va Pog = 0 


wo À, u, v gewisse Konstanten bedeuten. 


Th 


Suchen wir jetzt die Gleichungen von 4 Flachen 2. Grades, deren 
Regelscharen immer in den folgenden 3 lin. Komplexen enthalten sind: 


DER MERAN 
ESS UT 
I; Jy I;, I qT, Ir, 
BETTER N EVER 
Es seien 
eee EL le 
diese 4 Flachen. 
Betrachten wir zuerst die Fläche P, deren Geraden den drei lin. 
Komplexen: 


Ay P13 + de bse = 9, Ua Pis + Ua Pos — 0, Vi Pia + Va Pas = 9 (1) 


angehoren. 


Die Gleichung dieser Fläche werden wir ganz auf dieselbe Weise 
bestimmen, wie es O. Staude im allgemeineren Falle in seinem bekannten 
Buche: „Analytische Geometrie etc.“, tut.*) Wir werden; in den Punkte 
koordinaten den geometrischen Ort derjenigen Geraden suchen, welche 
unseren drei lin. Komplexen angehören. Wenn p eine derartige Gerade 
und x, ein auf ihr liegender Punkt ist, so gelten die Gleichungen: 


Psa ka — Pan X3 + Dos Xa = 9 

Pia %3 — Pan % + Pris Xa = 0 
Pas % — Pia Xe + Po Xa = 9 
Pas % + Pas Yo + Po X3 = 0. 


Diese Gleichungen sind nichts anderes als die Gleichungen des Punktes 
x, in den Punktkoordinaten.**) 

Wenn wir aus den Gleichungen (1) und aus den beliebigen drei Glei- 
chungen von den vier Gleichungen (2) die sechs Koordinaten ?,, elimi- 
nieren, so bekommen wir als Resultat der Elimination eine Gleichung, 
welche die Gleichung der Fläche P ist. Diese Gleichung ist die Deter- 
minante: — | 


(2) 


0 0 À OEP ORI dg 


DES ER ae FE 
v,0 0 A AO: 0 0 
%70:0 OÙ tea le “ 
0 X40 CE 7 


*) O. Staude: Analytische Geometrie des Punktepaares, des Kegel- 
schnittes und der Fläche zweiter Ordnung. II. pag. 829—830. 

##) O. Staude: Analytische Geometrie des Punktes, der geraden Linie 
und der Ebene; pag. 329, $ 60. 1. 


72 


Nach der einfachen Ausrechnung bekommen wir die Gleichung der 
Fläche P,2 in der Form: 


° 
HV + Ay My Vy XQ? + him + Ay My My XP = 0. (3) 


Es ist klar, daß wir zu dieser Gleichung auch dann gelangen, wenn 
wir anstatt der Werte A,, p,, v, die Werte —4,, —w,, —w, setzen. Das 
ist die Folge der Tatsache, daB die gemeinsame Regelschar der lin. Kom- 
plexe Ij’, I’, I,’ die Leitschar der gemeinsamen Regelschar der Kom- 
plexe I], I, I,ist. Die Gleichungen der Flächen P,?, P2 und P2 bekommen 
wir, wenn wir in die Gleichung (3) anstatt der Werte 


Ay, Up, Vp 
sukzessiv die Werte: 
Ay, Ua, — V2; dy, — lg, Vo; Ay, —Us, — v5; 


oder die Werte: 
nes 


Ha, Vas — À, Us, — V2; — À, Ug, Ve 
setzen. 


Wir haben dann für die Flächen P2, P.2, P2 folgende Gleichungen: 


- 9 - 2 2 we 

Ay thy Vy Xp — Ay UV Xo” — Ay Vy XQ? + bmx — 0 

Ay thy Va X" —Ay po Vy Xo? Py fly Vy X? — Ay Hy Vo XY? = 0 (4) 
Ay By Ya Xp Ay My Vy X — Ay fy Vy Vg? —Ay fy Vo XP = 0. 


Wir sehen also, daß die vier Flächen P?, P,2, P2, P2 eine Konfiguration 
von vier in Bezug auf das Koordinatentetraeder harmonischen Flächen 
bilden. 


Es sei nun eine beliebige Fläche 2. Grades und ein von ihren Poler- 
tetraedern J gegeben. Diese Fläche 2. Grades und das Tetraeder 4 de- 
finiert uns ein System von 6 lin. Komplexen, die in gegenseitig involu- 
torischer Lage sich tefinden. Jeder von diesen Komplexen ist durch ein 
Paar von Gegenkanten des Tetraedes J als ein Paar von seinen kon]. 
Polaren und eine Regelschar der Fläche als seine Regelschar bestimmt. 
Wie wir aber eben gezeigt haben, bestimmen uns derartige 6 lin. 
Komplexe eine Konfiguration von 4 Flächen 2. Grades in harmonischer 
Lage. Wir können also folgende Sätze aussprechen: 

Die Regelscharen der 4 Flächen 2. Grades, welche eine Konfiguration 
von 4 in Bezug auf ein gegebenes Tetraeder harmonischen Flächen bilden, 
haben die Eigenschaft, daß beliebige 2 Regelscharen auf zwei verschiedenen 
Flächen immer in einem linearen Komplexe enthalten sind. In jedem auf 
diese Weise definierten linearen Komplexe sind dann 4 Regelscharen ent- 
halten, welche sukzessiv allen 4 Flächen der Konfiguration angehören. Die 
sechs durch die Konfiguration definierten linearen Komplexe befinden sich 
in gegenseitig involutorischer Lage. 


73 


Betrachten wir von der Konfiguration unserer 4 Flächen eine Fläche, 
z. B. die Fläche P? und auf dieser Fläche eine Regelschar, z. B. die Regel- 
schar, die in den lin. Komplexen I, I, I-, enthalten ist. Mit dieser Regel- 
schar haten die Regelscharen die immer in den drei linearen Komplexen: 
I, I,T;,'; I, Iy 13; I, I, I, enthalten sind, je zwei Geraden gemeinsam. 
Diese drei Geradenpaare sind Teile der Durchschnittskurve der Fläche 
PR mit den Flächen P,?, P?, P?. Wir sehen dann, daß wir diese drei Ge- 
radenpaare als Durchschnitte der Regelschar, die in den linearen Kom- 
plexen I, I, I, enthalten ist, mit den lin. Komplexen, Iy’, 1,’ und I,’ 
definieren können. Weil die drei Komplexe Ij’, I,’ und I,’ in gegenseitig 
involutorischer Lage sind, und weil sie die Leitschar der Regelschar der 
Komplexe I, I,und I, enthalten, so sehen wir, daß sich unsere drei Geraden- 
paare gegenseitig harmonisch teilen müssen. Wir können also folgenden 
Satz aussprechen: 

In der Konfiguration von vier in. Bezug auf ein gegebenes Tetraeder 
harmonischen Flächen schneidet jede von diesen Flächen die drei Übrigen 
Flächen in drei windschiefen Vierseiten, welche die Eigenschaft haben, daß 
ihre drei Gegenseitenpaare sich immer harmonisch teilen. 

Das Tetraeder 4 und die drei Komplexpaare: 


DT, BR, Bt 


definieren uns noch drei neue Paare von lin. Komplexen in involutorischer 
Lage: 
de A ANA NA 
nämlich auf die Weise, daß immer zwei Komplexpaare: 
BL, 4 4; 


T; 15% As 22 5 
I, TI’, 4435 . 


demselben Büschel von lin. Komplexen angehören und sich in diesem 
Büschel immer gegenseitig harmonisch teilen. Wir sehen, daß wir auf 
ganz dieselbe Weise, auf welche wir von den Komplexen Izu den Kom- 
plexen 4 gelangten, auch von den Komplexen 4 zu den Komplexen T° 
gelangen können. In Bezug auf die Gleichungen der Komplexe Ir werden 
die Komplexe A folgende Gleichungen haten: 


Ai Pye + 1 hy Pas = 9, A; Piz — i Ay pas = 0 
Uy Pig + 2 Ua Pos = 0, Hr Pas —* He Poa + 9 
Va Pia + 2 Va pos = 9, v Pa — 1 Va Pog = 0. 


Die Gleichungen der 4 Flachen 2. Grades der harmonischen Konfigu- 
ration, welche diese 6 Komplexe bestimmen, werden wir dann bekommen, 
wenn wir in die Gleichung (3) und in die Gleichungen (4) statt der Werte: 


Ay, Ho, Vo 


74 


die imaginären Werte: 
1 hy, U Us, iv, 


setzen. Wir bekommen also folgende 4 Flächen 2. Grades: 


Ay Uy Vz XP + A fy Vy Xe + Ag My Vy X37 — dg My Va XP = 0 
—Ay My Vo XP Ay fly Vy XQ? À Ay My Vy — Ay Hy V5 XP? = 

Ay My Vo À — dy My Vy XQ? + Ay My Vy XZ + do Uo VQ XP = 0 

Ay fy Oy MP Ay Uy Vy XQ" — Ay hy Vy x + & Uy Vy XP = 0. 


Wir sehen dann, daß die letzten 4 Gleichungen die Gleichungen von 
der invarianten Konfiguration in Bezug auf die Gruppe G, sind, und wir 
sehen weiter, daß 8 Flächen 2. Grades, welche die Gleichungen (3), (4) 
und (5) haben, eine Gruppe von 8in Bezug auf das Koordinatentetraeder 
4 assoziierten Flächen bilden. Es ist also mit einer derartigen Gruppe 
von 8 Flächen 2. Grades immer eine Gruppe von 12 linearen Komplexen 
verbunden, von denen 6 reell und 6 imaginär sind, wo die reellen sowohl, 
als auch die imaginären in gegenseitig involutorischer Lage sind. In jeder 
von diesen Gruppen existieren dann drei Paare, von welchen jedes die 
Eigenschaft hat, daß ihm ein Paar der anderen Gruppe entspricht, von 
welchem es harmonisch geteilt wird. | 


Sur une formule de récurrence relative 
aux nombres premiers.") 


Par MILOS KÔSSLER. 


La fonction $& (s) est définie par la formule d’Euler 


I 
CO I ae LS pu 


OÙ ~,, Pa, ... sont les nombres premiers ~, = 2, p, = 3, p, = 5 et ainsi 
de suite. Posons 


Der bis) Eee ee) 


Nous en déduirons facilement 


26 - re 


où chaque terme de la série est plus petit que le précédent. 
On obtient à l’aide de la formule (1) 


Am tae) N ch 
See 


p (s) = a, New 


an 


En posant 


ona 


1 | 
ns er Pasi a À Ten +2} a | 


*) O rekurrentnim vzorci pro prvoëisla. Rozpravy Ceské Akademie XXVI. 
1917. | 


76 


mais 
ER 1 : 1 RE 
Pra) (Dir Te ee ER 
1 J Os 
4 4 
SA) dr 21: 2 
O<9<1; 
donc 
Dr ) | Dr+1 i SE @ | . E 
S Se) | aoa) Mar email en ae No des oo. 3: 
AS a At vn 
Si nous prenons 
ee CADET NES TE ACCES rn (3a) 
nous pouvons écrite 
S SIE Wr Peete 
12 Prat ee rier 
donc 
Pr | s 
S ee SE NAT 4. 
p (9) < (2e ER (4.) 
Alors on aura d’après (2) 
® 
p= lim SR Me TE DE (5.) 


smo D (S + 2) 
Cette formule donne une solution du problème proposé. Mais on 
peut déduire de l’équation (2) une autre solution d’une forme beaucoup 


plus simple. 
Or on a d’après (2) et (4) 


9 D (s) 2 pb S Pr ) à 
p= eee ae . 
Ha) CA can Vin 
Si l’on peut trouver un nombre entier @ de sorte que 
.G o+1 
PILE ae) RN ee (6a) 
6 Pr+ı 
on a aussi 
s+1 
ahs ( Ph REN... (6.) 
6 Pr+1 
Sa: 
donc 


P=E or | ER EU (6b.) 


F (x) désigne le plus grand entier contenu dans x. 


77 


Considerons l'inégalité évidente 


Pr+1 — Dr +2 


Pros oc PR 
et l'inégalité de CebySev 
Pr <2 Pr1; 
nous voyons que au lieu de Ae on peut écrire 
2 Pr 10 IR EUR Veet 
Pr-ı 


Cette’inegalite et l’inégalité (3a) admettent la, solution 
O= 7 Pr-1 log prt, 
B-ı > I 
pour la quelle a fortiori a lieu l'inégalité (6a). 
En substituant 
s =2 m, (mentier) 
92m—1 Du 7 m 


SE) (2 m)! 


> 


on obtient enfin l’équation (6b) sous la forme 
92m—1 Bam?" (1 DT) (1 pee) RER 
4 2m+1 Prime (= pr?) ee ed ee 
ee a) | 
PU nn (a Wh ay | 
ER Le m > 3° Pr-1 log Pa, 


OÙ Bm, Bm+1 sont les nombres bien connus de Bernoulli. 

Étant donnés les nombres premiers 21, Pa,... pea d’indice plus 
petit que k, on peut, au moye de la formule (7), calculer le nombre pre- 
mier Pr. 


a E|@m+ 1) (2 m + 2) 


Sur la variation de la réfraction des gaz avec la pression 
au-dessous d'une atmosphere. —I. 


Par M. V. POSEJPAL. r 


Présenté le 10 novembre 1917. 


$ 1. On trouve un assez grand nombre de travaux recherchant ex- 
périmentalement la variation de la réfraction # — 1 d’un gaz avec sa 
pression. Ce sont des raisons purement pratiques autant que théoriques 
qui mènent à de telles recherches. L'épreuve des formules de réfraction 
spécifique de Newton-Gladstone ou de Lorenz-Lorentz y tient la première 
place. Pour faire une telle épreuve il faut connaître hors de la fonction 
en question encore la variation de la densité absolue @ avec la pression. 
Cette variation, elle aussi, a été l’objet de nombreuses études. C'était 
tout d’abord la région de hautes pressions qui a permi d’atteindre une 
connaissance suffisante de toutes les deux fonctions. Quant aux pressions 
au-dessous d’une atmosphère ce n’est au contraire que depuis quelques 
années que l’on connaît suffisamment bien pour la plus part des gaz la 
variation de la densité avec la pression grâce aux travaux recents de M. 
M. D. Berthelot et Lord Rayleigh, tandis que quant à la variation de la 
réfraction celle-ci restait jusqu’à présent pour tous les gaz aussi bien que 
inconnue. On ne trouve sur ce champ, si je ne me trompe pas, que un seul 
travail, celui-ci de M. W. Kaiser!) à qui je renvoie le lecteur en fait d’une 
liste complète de la littérature ancienne de cet objet, maïs qui n’apporte 
pas d’assez bons résultats. 

En possédant une nouvelle methode d’observation dans l’emploie 
du refractomètre interférentiel de Jamin j’ai repris cette étude en espérant 
d'arriver par là à des résultats plus précis que ceux-là de mon prédecesseur, 

§ 2. Soit L la longueur du parcours de la lumière de longueur d’onde . 
4 (vacuum) dans un tube vide de la machine de Jamin et soit s le nombre 
de franges déplacées par l’introduction dans ce même tube d’un gaz de 
la pression p et d'indice de réfraction n. Il existe entre ces grandeurs, 
comme on le sais, la relation 


1) W. Kaiser, Annalen der Phys. 13, 210, 1904. 


ee né la fn dde AE 


5 
E 
P 
5 
; “ 


79 


(1) | n — 1 = + Si 

qui permet de calculer la valeur exacte de n pour chaque pression donnée 
p. En variant p on trouverait la lois cherchée de la variation de # ou de 
n—1 avec p. Ce procedé n’est pas cependant pratique en nous obligeant 
à mesurer très précisément des valeurs de p et de s tantôt relativement 
très petites, tantôt très grandes. Nous évitons cette difficulté en différen- 
tiant l’équation (1) d’après #, ce qui donne 


dn AUS 
2) Re 


ds 
ap 
enfin aussi à la solution du problème donné. Tandis que » —1 est en pré- 


et en étudiant la variation de la fonction avec la pression, ce qui méne 


ER à : ds ; 
mière approximation proportionel à #, augmente ap avec la pression 


très doucement restant en prémiére approximation constante. Il suffit 
donc dans ce second cas la à mesurer la pression p avec une précision mé- 
diocre, une précision exacte n’étant à demander que pour la mesure de la 
variation d p de la pression. On choisira avec avantage pour cette variation 
une différence constante de la pression ce qui donnera pour ds une valeur 
de même sensiblement constante. J’ai pris dp = 100 mm, le déplacement 
correspondant des franges ds fait à-peu-près 32. Une précision de 0:19, 


dans l’évaluation de > doit être regardée comme indispensable ce qui 
exige pour dd une précision de quelques centièmes de mm, pour ds celle 
de 0°03 d’une frange au moins. La méthode interférentielle mentionnée 
plus haut permet sans peine d’atteindre pour ds la précision demandée, 
il ne reste donc que à satisfaire à la précision de dp. J’y suis arrivé par 
construction d’un manomètre approprié. 


$ 3. C’est un manomètre à mercure, comparable à un baromètre 
à deux branches de Gay-Lussac. (Voir la figure No. 1.) Les pressions p 
y sont mesurées de la manière usuelle au moyen d’un cathétomètre. Mais 
quant à la différence constante dp de la pression, c’est le microscope qui 
sert à son évaluation. On observe à ce propos les déplacements de les deux 
lignes très fines qui partagent le mercure de la paroi du verre. La ligne 
dans la branche À du manomètre reste comprise pendant toutes les pres- 
sions ? entre les deux marques fixes dg, as, la ligne dans la branche B entre 
les deux marques by, b;. A ce propos la branche ouverte B est fixe, tandis 
que la branche À renfermant le vacuum de Toriceili au-dessus de la sur- 
face libre du mercure peut être librement déplacée sur le support solide 
en bois P y étant supportée par une glissière S. Cette glissière est soutenue 
dans sa position par la règle glissante M et la manivelle X. Chacune des 


80 


marques fixes est faite par 

de trois traits très fins que 

P on désigne par (Ayo, Ayı, oo), 

(450, 451, 452), (doo, Bor, Boa); 

(O59, 551, ds). La quantité 

du mercure manometrique 

doit être telle que les lignes 

du mercure se trouvent à la 

fois au voisinage le plus 

étroit des traits centraux 

dy et bn. Le calibre des 

tubes est a tel point con- 

stant, que en faisant par- 

courir la ligne du mercure 

dans la branche B le trajet 

de boy à 05, de fsorte que 

cette ligne vienne s’arreter 

au voisinage immédiat du 

trait central 5b,,, la ligne 

dans la branche À va par- 

courir d’une manière ana- 

logue le trajet de a, à as. 

Comme il a été déjà dit, on 

observe la ligne du mercure 

au moyen d’un microscope. 

L’epaisseur de la paroi des 

tubes À et B est si grande, 

que en pointant le micro- 

scope contre un trait tout 

proche de la ligne du mer- 

cure, on ne voit pas du tout 

à la fois cette ligne et vice 

versa. Pour éviter les in- 

convénients résultants de 

ce fait on a muni le micro- 

scope d’une petite fenêtre 

en verre planparallèle qui 

peut sans peine être intro- 

Figure No. 1. duite devant son objectif 

ou en être éloignée. L’é- 

paisseur de cette fenêtre est telle que son introduction devant le micro- 

scope pointé contre le trait le fait immédiatement pointé contre la ligne 
et vice versa. 

On travaillait toujours avec une variation negative dp de la pres’ 


N 


eS Oe 


Re ee 


81 


sion. Son évaluation manométrique exige la connaissance de la longueur 
des trajets verticaux 09551, 41451, qui sont des constantes du manométre, 
ainsi que la connaissance de la valeur d’une division du micromètre oculaire 
du microscope. Le tableau No. I apporte les données obtenues au moyen 
d’un comparateur pour le trajet 05,0... Il s’en suit pour la température 
de 0°G la valeur 

(O0 51)0 = 49-984 + 0-001 mm. 


Tableau I. 

t by, 05, mm 
1592 49981 
1505 49°978 
15°8 49° 977 
15°9 49°976 

49°972 
49°970 
16°5 49°97 4. 
49°979 
49°978 
ong 49°970 
Moyenne 16°0 49°975 + 0°001 


La comparaison de a 45, avec Did, effectuée sur le même compa- 
rateur a donné 
Agy45, = Vo1051 + 0-025 + 0-001 mm, 


ce qui donne pour la température de 0°G 
(491451)9 = 50-009 + 0-002 mm. 
L'évaluation d’une division m du micrométre a donné 


m = 0:01210 + 0-00002 mm. 
Nous posons 


dhp=x+7y 


en désignant par x le trajet vertical parcourru par la ligne du mercure 
dans le tube B et par y le trajet analogue dans le tube A. Le trajet x est 
à une petite fraction & près identique avec la distance b,,0,,, on a alors 


% = Deby, + &. 


C’est précisément cette fraction § ce que on mesure avec le micro- 
scope. Soit par exemple 4, la petite distance entre le trait moyen b,, et 


la ligne du mercure, exprimée en divisions du micrométre oculaire et sup- 
Bulletin international, XXII. 6 


82 


posée positive, si la ligne du mercure se trouve au-dessus de ce trait, et 
soit A, une distance analogue correspondante au trait 09;. On aura alors 


pour & 
E£ = (4, — 4;) m = (45 — 4;) 0-01210 mm. 


On obtient d’une manière analogue 
Y = 454, +7, 9 = (0; — 0)) 0-01210 mm. 


L'évaluation de la différence dp de la pression exige alors en somme 
quatre lectures microscopiques. Le fait, que le rapport y :x doit rester 
constant dans les limites de précision avec laquelle on mesure ces gran- 
deurs, permet de réduire les quatre lectures microscopiques à deux seules, 
celles-ci relatives à x, bien entendu. On n’a qu’à déterminer d’avance 
a valeur de ce rapport. Pour le faire on a effectué en somme 9 expériences 
consécutives qui ont 
donné x == 1:001112=0-00020; 


d’oü vient y = x (1-00111 + 0-00020). 


On voit que pour x d’ordre de grandeur de 50 mm la faute en y est 
d'ordre de 0-01 mm. En remarquant que les mesures directes de x et y at- 
teignent une précision de 1 ou 2 millièmes de mm, on doit en conclure 
que cette précision-ci est plus grande que celle-là avec laquelle x et y 
sont garanties par le fonctionnement du manométre lui même. 

Pour l’évaluation de dp on obtient alors la formule 


(3) AD XV — 2.2.0011. 


$ 4. L’observation du déplacement ds des franges d’interference 
s’effectuait d’après une méthode mentionnée déjà plus haut dans le § 1. 
Elle repose sur l’emploie d’un spectrophotemètre combiné avec le réfracto- 
mètre de Jamin. Cette combinaison permet tout d’abord et sans aucune 
restriction l’okservation en lumière suffisamment monochromatique en 
se servant d’une source lumineuse blanche, et après, ce qui est son second 
avantage, elle fournit au moyen du compensateur de Jamin une préci- 
sion surpassante celle de 0:01 d’une frange!) On travaillait dans la radi- 
ation de longueur d’onde À = 0-54623 . 10-3 mm correspondante à la raie 
verte de l’arc de mercure. Une ampoule à azote de 50 bougies et de 12 Volts 
servait de source lumineuse. Le reste d’équipage optique était le même 
que dans le travail cité la dessus. 

Les tubes interférentiels du réfractomètre sont de verre. Leurs lon- 
gueurs, mesurées également par le comparateur, sont pour 16°C les sui- 
vantes: 


Le tube @, servant à la mesure, Ly = 494-650 + 0-008 mm, 
wos bit te AURINAITE: jy ODAC O LE CA 


1) Voir Rozpravy XXIV., 17, 1915; Annalen der Phys. (IV.), 49, 419, 1916. 


- 


ee D 


© 


Pens i te ae 1 


doi 


83 


Quant à la température du gaz étudié on y avait soin de garantir 
les centièmes du degré. On se servait d’un vieux thermomètre normal 
de Baudin avec des corrections de + 0-290° pour le point de zéro et de 
+ 0:310° pour celui-ci de 100° ayant une subdivision décimale des degrés 
et permettant au moyen d’une lunette l’estimation approchée même des 
millièmes. Ce thermomètre était placé directement en dedans du gaz 
étudié en se trouvant dans un tube vertical communiquant avec le tube g. 
Le réservoir du thermomètre ne pouvant pas naturellement être mis im- 
mediatement au milieu du faisceau lumineux dans le tube @, on y a placé 
une de deux soudures d’un couple thermoélectrique cuivre-constantan 
(‘élément B) l’autre soudure reposant sur le réservoir thermométrique 
lui même, ce qui permet de munir les lectures de température faites sur 
le thermomètre normale d’une correction appropriée. Un couple thermo- 
électrique analogue À placé d’autre coté dans les tubes 7 et g permet, 
au cas de bésoin, mesurer la différence des températures dans ces deux 
tubes. Le circuit électrique de ces éléments, 
tout en cuivre, renferme un galvanomètre 
très sensible d’Edelmann (système d’Arson- 
val) et un interrupteur, également en cuivre, 
représenté dans la figure No. 2. Dans le 
travail actuel on ne se servait que de l’élé- 
ment B. Son circuit électrique reste, excepté 
le moment de mesure, ouvert, tandis que 
celui du galvanomètre est fermé à courte 
voie par l'interrupteur. L’indication du gal- 
vanométre soit dans ce cas la gy. Au mo- 
ment de mesure soit la lecture g. En dési- 
gnant par #, la lecture faite sur le thermo- 
mètre on a pour l’évaluation de la tempéra- 
ture du gaz la formule suivante: Figure No. 2. 


t = t, + 0-290 + 0-0002 2, + 0-00224 (g — g,). 


Quant à la température du manomètre, on la mésurait également 
avec un thermomètre de Baudin. En désignant par 4, la lecture faite sur 
ce thermomètre on calcule la température actuelle d’après la formule 
t = 1, —0-34 donnée par la comparaison de ce thermomètre avec le thermo- 
mètre normal précédent. 

§ 5. C'était l’air le gaz étudié. Il arrivait du dehors, a été soigneu- 
sement séché par CaCl, et phosphore pentoxyde, privé du anhydride car- 
bonique par KHO et des traces du poudre par la ouate stérilisée. La figure 
No. 3 donne une idée sommaire d’arrangement expérimental. 

Il y est M, un manometre auxiliaire, E un petit tube de Geissler 
animé par la bobine de Ruhmkorff U et servant de vacuummètre, P la 
place de l’observateur, @ celle du cathétomètre, S une axe flexible tour- 

6* 


84 


Figure No. 3. 


nante le compensateur de Jamin p, dont le mouvement est observé à l’aide 
des miroirs z, Z, et la lunette à échelle D,. Le robinet k, fait entrer l’air 
dans les tubes de mesure, le robinet k, met ces tubes en communication 
avec la pompe d’air à mercure de Gaede. La lunette D, et la source L, 


85 


servent à la lécture du thermomètre #,. Le reste de la figure se comprend 
par lui même. Les parois des tubes 7, 9, ¢, ainsi que des tubes de commu- 
nication avec M sont enveloppées dans un manteau épais de la ouate 
s’étendant jusqu’au robinet ky et la marque d, sur la branche fixe du 
manométre M. 

$ 6. La marche d’une expérience est la suivante: Les tubes ayant 
été soigneusement vidés et les robinets h,, kp, ko, km étant ouverts on 
fait doucement entrer par le robinet k, l’air jusqu’à ce que sa pression 
vienne surpasser de 2—4 cm la pression initiale voulue que on désigne 
par ps. Ceci fait, on ferme les robinets fo, ky et en mettant pour peu de 
temps la pompe de Gaede en marche on abaisse en se servant du robinet 
k, la pression dans le reservoir R de quelques cm au-dessous de la pres- 
Sion finale voulue que l’on désigne par p,. On pointe le microscope contre 
la marque 0; de cette sorte que le trait central b,, vienne se trouver dans 
le voisinage immédiat de la division 35 du micrométre oculaire. On intro- 
duit la petite fenêtre, entreouvre le robinet ky et diminue lentement la 
pression jusqu’à ce que la ligne de mercure contre laquelle le microscope 
se trouve maintenant pointé atteigne la division 40 du micromètre. En 
ce moment on ferme fp. Il suit une pause de 15 minutes, pendant laquelle 
on pointe les lunettes respectives sur les thermométres Z, et {, et on s’as- 
sure au moyen du niveau de ce que la position verticale du manomètre M 
n’a pas changé. Le propre but de cette pause est de donner du temps 
suffisant à légalisation des températures en dedans du gaz étudié. Après 
ca on amène sur la fente s, du spectrophotomètre la frange noire achro- 
matique et on fait la lecture du compensateur, dy. On ferme le robinet hk, 
et note la température du baromètre, ty’. On repète la mise au point de 
ja frange achromatique, ce qui donne une seconde lecture, dy . On évalue 
la température 7, du gaz en dedans du tube @, en consultant d’abord le couple 
thermo-électrique, ce qui livre trois lectures du galvanométre, g, 8, £o 
et après le thermomètre normal dont la lecture soit #,. On note définiti- 
vement la position de la ligne de mercure ou simplement dit „le mercure“ 
et, après avoir déplacé la petite fenêtre, la position du trait central 0,,. 
On renouvelle, tant que on travaille sous la pression p la plus basse, le 
vide dans le reservoir R; il n’en est pas plus besoin sous les pressions p 
dépassantes 100 mm. On soulève de 50 mm au moyen d’une vis le tube 
de microscope en le pointant contre la marque b, de la même manière 
que au cas precédant et ceci fait on introduit de nouveau la petite fenêtre 
devant l'objectif microscopique. On repète pour la dernière fois la mise 
au point de la frange noire achromatique, ce qui donne la lecture dy’”- 
En entreouvrant maintenant le robinet ky on commence à rarefier dou- 
cement l’air dans le tube @ et à compter les franges qui passent, jusqu’à 
ce que le mercure aie atteint la division 40 du micromètre oculaire. On 
a constaté ainsi le nombre entier o des franges passées sur la fente s,. Pour 
évaluer la fraction qui y reste encore on déplace les franges par le com- 


86 


pensateur en amenant sur la fente d’atord la plus proche frange noire 
consécutive, la lecture d,’, d’après la dernière frange passée, la lecture d,’. 
On repéte ce procédé, des lectures d,’’, d,’”. On repète la lecture de la tem- 
pérature du baromètre, 7,7. On be de nouveau la température en 
dedans du tube @, 4, en procédant de la même manière que 1a haut, ce 
qui donne les lectures g,’, g’, gy’ et Zu’. On lit définitivement le mercure 
et après avoir deplacé la petite fenêtre, le trait central b,,. On repéte pour 
la troisième fois la mise au point de tous les deux franges noires signalées 
plus haut, cette fois en ordre invers, les lectures d,’”, d,”’. Enfin on évalue 
par le cathétométre la pression finale p, en notant les hauteurs de tous 
les deux ménisques, O4, @g. Ceci fait l’expérience est finie et on prépare 
tout de suite l’expérience suivante en ouvrant les robinets. ky et ky. Cette 
expérience est en somme identique avec la precédente, seulement le ro- 
binet k, reste dès lors toujours fermé et, ce qui se conçoit par soi même, 
il n’est plus nécessaire de contrôler le nombre entier 6 des franges, si sa 
première évaluation était suffisamment solide. De telles expériences con- 
sécutives et identiques entre elles, correspondantes à la même pression 
Po, en sont toujours 10 et forment un groupe fermé. On a commencé par 
la pression py) = 14:74 mm et finit par celle de #, = 611-25 mm en conser- 
vant la différence entre deux valeurs voisines de ces pressions toujours 
sensiblement égale à 100 mm. 

Pour déterminer des données expérimentales ainsi obtenues les va- 
leurs cherchées de ds, dp et p, on a procédé comme il suit. 

Quant à ds nous posons ds=o-+e, et pour évaluer la fraction & 
nous Ecrivons : 
x (do (+ du" + dy”) =d 
Kay + dy” + 4") = dy, 
Aldo do Ada Na; 
di — de 

N 


| 


(4) 


2 i 


3 


en désignant par # le nombre sommaire de toutes les expériences effec- 
tuées. Le numérotage de l’échelle est de ce sens que on a 


DRE RCI > lao. 
ce qui donne à l’aide des équations (4) pour e les deux valeurs 
1 ttt 
a do” — do) + (dy — do)], 
1 
ë = 1 + UE do — dy) + (do — do)], 
dont il suit enfin 
(5) e — À (8, +8). 


La formule df = x + y donnée plus haut pour dp suppose que la 
température du gaz reste invariable pendant l'expérience. Ceci n’ayant 


87 


S6F-9L ‘ILGOI SSr-Ol ‘S6r9t | SOE-9T "86091 OGG-91 “S66'ST _ LFS-9L ‘Z9L-9T A 
98-987 | 46 | og 
ee  —— FL'166:-|.:F9 27 
CL: 889 ‘00-9F 0TE ‘COS ‘SSGF GL:G NEE ‘COSF 00° “01-8 ‚08:Er 689 LES ‘LO-SS ‘D 
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Goo ‘O0‘L “6L°S¢ 00 ‘08.9 ‘LE-PS 00:9 ‘00:G ‘60-99 OL:F ‘CSS ‘“S8-FS 00 ‘GPS ‘GC-rS ‘'p 
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89-14 00:08 90-80 06-79 | OI-& | ZH 
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‘0-291 = ¢ 


"II N09]QUI 


Tableau III. 


d= 66222) 1:4—"0:01779; 


88 


55°38 


— 038 


+ 45°90 


0'823 


1 


= LEE a (di - dy) +k (d, — d,)] 0'825 


1 
e= le +8) 


5 0°824 


ds 32 824 


55°41 
0°39 


+ 45°54, 


0°803 


0°817 


0°810 


32 810 


75 275 
75270 755 22 
800:07 800°36 
743°31 745°43 
56°76 54°93 
+ 0°05 | + 076 
+ 47 37 | + 45 14 
— 939 | — 9:79 
0:844 0'817 
0'834 0 840 
fang 0'829 
32 839 32'825 


754 00 | 75470 

757:36 | 754-67 | 75447 
800:57 | 801:10 | 801-01 
74445 | 74528 | 44:63 
5612 | 5582 | 5638 
—036 | — 0-67 | + 0:23 
+4321 | + 4643 | + 46:54 
—1291 |— 9-39 | — 9-84 
0722| 0'814 0:83 
0764| 0821|  0:829 
or os an 
32:7631 32-818] 32-831 


755°00 | 754 00 
75503 | 75456 
79951 | 7 9-27 | 
743:06 | 742-51 
56:45 | 56°76 
— 008 |— 0:56 
+ 44:48 | + 44-71 
—11.97 | — 12-05 
- 0791| 0785 
0787| 0776 
0-789} 0781 
39-789 32-781 


— 10°32 


0 800 


0'803 


0'801 


32801 


89 


07° 9.998 — # (rm 
“(8 — 9) 34 + ı p — d p x 44 ££LT000:0 
0 — 9 L c 

te | il 

U : 
BER 11100.2°2=4+x 
AS181000-0 FT en 07310 0 (9 —'P) + $86.64 = * 

Zr or re 
2 FE91000-0 


8 — 3) —(,"3 — ,8)] $600.0 + 7,9 = y — "3 


EAT u ("3 — ,8) #8800.0 + ,4 2000-0 + 068.0 + ,9 = 7 

FE8 66 11866 | +0-91 | 880051 | 910.09 | sper | et9t | 080.0+ | 999 cr 1£— |69-— 
F6L.66 64.66 | 86-91 | 890.001 | 900.08 | 1081 | 38.1 | £00.0+ | orscı | © g1— | Fr — 
288 66 18866 | 6scr | 991.001] osoos | ggar | s9Lr | 100.0+ | 66F-S1 30— Me 
106.66 616.66 | SLST | 981-001 | 9008 | oset | 1661 | 800-0— | 007.91 tr loire 
PL8 66 no £1866 | 1681 | 8FLOOT | 970.08 | 86-11 | SILI | 1T00-0+ | FIS.ST 8-0 + 306 — 
061-6 96.118 = ‘4 L8L66 | O6ST | 890-001 | £00-08 | 6FST | FOLI | #00.0+ | 109 eT ¢-0 + 2 
96-66 1866 = uP 526.66 | zscr | secoor| 98008 | etor | 9981 | 010.0+ | sor.gı SE del 1) Bone 
180 00T 60-211 = 4 €0-001 | OL-G1 | 908.001 | grog | SLA 6861. | 700-0—| 06291 Ge ee 
Lege | EST 6 FO | 7866 | #891 | coroor| ezo.0 | exer | oor | 6100+] 661 st 9¢— | 81r— 
ZL8 6 SRE 81866 | susı | FPI-OOI | Fr0.08 | 68 FI | 88-6T | 0000 £63.91 | $0— |L#- 

dp a p 9 a Ese 7 F N 4 | rar 58 —,8 

"AT mworg»L 


D TS OU 7: Sud 


gc 


Tavleau V. 
p = 162°0 mm. 


dp 1 + B (t)—16°) (35 ) — I 1 + B (6, — 16°) 
rm ae ee 
32-810 99-826 0:997064 | 0:32767 
32-839 100-031 0:997398 0-32743 
| 32-829 99-962 0:997830 | 0-32770 
32-763 99-790 0998171 | 0-32772 
32-818 09-874 | 0-998219 | 0:32801 
32-831 99-907 0997801 0:32789 
32-789 99-882 0-998164 0-32767 
32-781 | 99794 0-998314 032793 
32-801 99-834 0098776 | 0:32815 


Moyenne a Lu 032780 + 0-00007. 


pas lieu en réalité x + y représente la somme de toutes les variations 
de la pression durant une expérience. En la désignant par dx on a alors 


(6) xty=dn. 


En supposant que la variation df, due au pur échappement du gaz 
a été effectuée pendant la température #,, on a, comme il se voit bien fa- 
cilement 
da = dp —h; B (to —ts), 


et alors 
(7) dhp = dx + p5B (ty —t5). 


B est le coefficient moyen de dilatation à volume constant, 
B = 366-5 . 10-5 (Regnault.) | 

Quant à la pression p, elle est la moyenne arithmétique de toutes 
les deux pressions extrèmes p; et #9. On mesure #, directement avec le 
cathétomètre, pour p; on a posé ~,= Pu + dx en désignant par da la 
moyenne des valeurs dx d’un groupe donné de 10 expériences. Alors on 
a enfin 
(8) p= (po +dm). 

Pour faire Lien voir la marche des expériences d’une part et celle 
des calculs d’autre part j’apporte dans les tableaux II—V tout ce qui se 
rapporte à la pression p = 162-0 mm. Le tableau II est une copie exacte 
du protocole d’otservation et, après tout ce qu’il a été dit, il n’a pas 


91 


LASMPOIQUT 


St + 1628.0 08 + 88828:0 GG + 9828-0 es Se Sesce.0 IT + L8L28-0 L + 0828-0 OT + 69L28-0 
988ZE-0 £688£-0 CO8ZE.0 LELZE.O ZB8SE-0 GI8ZE-0 81878-0 
Er678-0 CLSG£-0 886.0 £7878-6 _ 08LGE-0 E6LZ8-0 GELZE-0 
9678-0 676780 19878-0 9878-0 16LZ8-0 LOLZE-0 9SLZ8-0 
9E8ZE-0 668Z8-0 LESZE-0 == 6LLZE-0 88878-0 6RLZE.0 FSLZE-0 
$06Z8-0 LG8Z8-0 LI8ZE-0 8Z8ZE-0 F8LZE-0 10878-0 9GLZE-0 
9678-0 6 ‚838-0 19878-0 EISZE-0 F9LZE-0 GLLGE.0 LI8Z8-0 

% L68ZE-0 9668€.0 88878-0 SGIER-O Z9LZE-0 OLLZE-0 LLLZE-0 
£8688-0 | F98ZE-0 CO8ZE-0 F6LZE-0 66LGE-0 EFLZE-0 | 6EL28-0 
; 9628-0 | LZ6E-0 LLOES-0 8Z8ZE-0 9ILZE-0 LOLZE-0 OFLZE-0 
8168£.0 | SELZE-0 CH8ZE-0 GZ8SE-0 918ZE-0 18178-0 00878-0 
mu 0.199 = 4 wm 9.199 = 4 wm 0.97 = d er 9.798 = 4 um 0.95 = d wm 0.791 = d | wm 9.79 = d 
o9T (2 
Sp 


4 
fy 
< 


92 


pas besoin des remarques explicatives. Le tableau III reproduit les calculs 
donnant les valeurs de ds, le tableau IV ceux-là de dp. Sur le tableau V 
: ds 
on trouve enfin calculées les valeurs de on Chacune de ces valeurs cor- 
respond à une température donnée #, variant d’une expérience à l’autre. 
La moyenne de toutes ces températures est sensiblement de 16°C et c’est 
x 2 ’ , . d 
donc à cette température qu’on a réduit les valeurs de FE d'après 
la formule 
cs) = ds 
dp/w dp 
D’une manière analogue comme pour  =162-0 cm on a procédé 
pour les autres pressions f, à savoir 


b = 64-6, 162-0, 262-0, 362-5, 462-0, 561-5, 661-0. 


(1 + B (0 — 16°). 


Le tableau VI apporte les résultats sommaires de toutes ces expéri- 
ences. On y trouve à la fin de chaque colonne la moyenne de ses valeurs 
avec l’indication de la faute moyenne exprimée en unités du dernier ordre. 
En résumant ces moyennes on a le tableau suivant: 


= 646, 162.0, 262-0, 362-5, 462-0; 561-5, 2661-0) 
ds 


FAZ = 0-32769, 0-32780, 0-32787, 0:32838, 0-32856, 0-32888, 0-32914, 


et c’est le résultat expérimental définitif de tout le travail. 


i ds 
On remarque tout de suite que les valeurs de TTR forment une pro- 


; ds à ; 
gression croissante avec le p. AES est alors une fonction de la pression 


et en supposant dans la première approximation une relation linéaire 
nous posons 


(9 = a + BP. 


d 

dp 
C'est par la méthode des moindres carrés qu’on a calculé les valeurs 
des paramètres a,, ß,. Le résultat de ce calcul donne 


on a, = 0-32725 + 0-00009 
B, = 0-00000259 + 0-00000021. 


Ce sont les valeurs normales des pressions p et d qui figurent dans 
les formules (9) et (9), tandis que dans ce que précède, les pressions cor- 
respondent à la pesanteur de Prague. Le tableau VIT apporte une compa- 
raison des valeurs données nn l’experience et par le calcul. Il y est # la 

: ds\ Dee ; 
pression normale en mm, —— la valeur observée, (5) celle-là calculée 


5 


| 
| 
| 
| 


93 


, Tableau VII. j 

| ds ; ds ) ds ds 

p dp ( ap | az (35) 27; 
64°6 0°32755 0:32742 — 0'00013 
162-1 032766 032767 + 000001 
2621 | 032773 032793 + 0:00020 
362-6 0°32824 0:32819 — 000005 
462°2 0°32842 0°32845 + 0:00003 
561°7 0°32874 0:32870 — 0°00004 
6613 | 0:32900 0°32896 — 0:00004 

| 


d’après les formules (9) et (9’), dla difference de ces deux valeurs. L’accord 
est bon, les différences 4 restent rigoureusement comprises dans les limites 
de grandeur des fautes moyennes d’expériences, ce qui prouve que la for- 
mule linéaire (9) est bien suffisante. 

§ 7. Il s’agit de savoir à quel degré de précision sont les valeurs 
des paramètres a,, B, et avec eux toutes nos mesures assurées. Nous y 
parviendrons en calculant de la manière usuelle jusqu’à présent et en nous 
servant de ces valeurs là la réfraction de lair pour la radiation verte du 
mercure et les valeurs normales de température et de pression, et en com- 
parant ensuite la réfraction ainsi obtenue avec ses valeurs données par 


_les autres travaux, qui sont très nombreux. On cherche d’abord par l’ex- 


périence le quotient > pour une pression p sensiblement voisine de 
760 mm en se servant naturellement d’une variation dd de la pression 
beaucoup plus grande que la nôtre. Ceci fait on suppose ce quotient indé- 
pendant de la pression et en mettant sa valeur dans l’équation (2) on 
obtient tout simplement, en respectant encore le rôle de la température, 
a formule 


À fu 
(10) (m — 1) = + le 760. (1 + æf). 


Dans le notre cas il est 


— = 0-32922 + 0-00025 [d’après l'équation (9)], 
760 


A = 0-54623 . 10-8 mm, 
L = 494-650 mm, 
t= 160€; 

: = 367-28 . 10-5 (Chappuis), 
ce qui donne 
105 (n — 1) = 292-54 + 0-20, pour la pression de 760 mm normale, 

10° (8 — 1) = 292-66 + 0-20, ,, 5, A 1100 ,,r&. Prague. 


Le tableau suivant apporte les résultats des travaux antérieurs cités 
d’après la 4 éd. des tables bien connues de Landolt-Bernstein (sous l’ex- 


94 


ception de la valeur de M. St. Loria, qui se trouve dans les Annalen der 
Physik (4) 29, pg 619, 1909): 


Auteur: (n — 1).106 
L; Doren, VSO. Wen ie ae oe et site 291°8 
Kessler MODO TL a ET m eee 292°3 
|: Scheel OUT ea SE RSR MERE PRE 292°4 
Alrbere1 909 Sm Meere Er 292°5 
Ghappuls ct (Riviere, 1988... sh 203% 292°6 
| * BOSOÏDal 2917 = arse na oe: ee eo voter 2927 
Kayser et Runge 1893, St. Loria 1909 . 292°9 
| Benoît 1889, Rentschler 1908, .... 2930 : 
Pérreair 11869 04422 eee ee os Ar 293°3 
MASCATE MOT tii cock DURE PAR eee 293°4 
Walkera 903 2.258: cenit ae aa eee ts DE 293°5 
G=M..Guthhbertson (2) 009 san bak cee 293°6 
Och ION Le Re Siva a AE me CaS a ER 293°7 
Herrmann 1908, Gruschke 1910 . . . . 294°6 
KetteleraS6b N eaters Ma ass 295° 4 


Ces résultats ont été rangés d’aprés leurs valeurs croissantes et on 
voit que la valeur donnée par nous ne se trouve pas, bien entendu, préci- 
sément au milieu de leur série, mais qu’elle y est trés prés. Notre résultat 
est donc bon, nos expériences sont suffisament solides. 


§ 8. Nous allons maintenant rechercher la relation entre la réfraction 

ER d 
et la pression. Il suffit pour ce fait à mettre dans l’équation (2) pour is 
sa valeur d’après la formule (9) et à intégrer l’équation ainsi obtenue entre 
les limites de o —#. Cette intégration étant très facile à faire nous écrivons 


Vintégrale dans la forme adoptée déjà par Mascart, ce qui donne 


(11) n—1=Kp(l1 + BP). 
Il y est comme on le voit sans peine 
A Le 
K = — = — — 
ap DA 
d'où il s’ensuit enfin 
K = 0:36138 . 1078 + 0-00010 . 10-8, 


(11°) 
B = 396 . 10-8 + 32 . 10-8. 


Le paramètre K caractérise la dispersion et dépend alors de la lon- 
gueur d’onde. 


© 
Or 


Le paramètre B est indépendant de la dispersion, est alors le même 
pour les radiations de toutes couleurs. C’est une conséquence immédiate 
du fait que les quotients — appellés constantes de dispersion, sont 
indépendants de la pression, comme il suit entre autres par exemple d’un 
travail récent des MM. Siertsema et De Haas.!) 

Toutes les deux valeurs, celui de K comme celui-ci de B, sont assu- 
rées au même degré de précision comme celles-là de «, et ß,. Ça suffit 
largement pour le paramètre K, tandis que quant à celui-ci de ß, nous 
voulons le soumettre à une nouvelle épreuve en comparant sa valeur avec 
celles d’autres, tantqu’ il y en a, naturellement. 

Comme on l’a dit déjà au commencement de cet article, on ne trouve 
jusqu’à présent dans la région des pressions au-dessous d’une atmosphère 
envisagée par nous que un seul travail, celui-ci de M. W. Kayser, qui donne 
pour l’air la valeur 

B = 0-00000095 + 0-00000070. 

Notre résultat 

B = 0-00000396 


est alors de plus que quatre fois plus grand. Alors un désaccord absolu. 
Néanmoins ce fait ne doit aucunement nous peiner vue la solidité in- 
suffisante de la valeur de M. Kayser. 

Tous les autres auteurs visent aux pressions plus élévées. Ce sont 


Mascart, en 1877, Bl 
J. Chappuis'et Rivière, en 1888, 6 = 65. 107$, 
Perreau, en 1896, P50), 108 


Toutes ces valeurs sont plus petites que celle-là de M. Kayser. Elles 
se trouvent alors à première vue dans un désaccord encore plus profond 
que celle-là avec notre valeur et sont de 4—6 fois plus petites que celle-ci. 
Mais un coup d’oeil plus attentif montre que l’accord de ces valeurs entre 
elles mêmes n’est pas un très excellent non plus, au contraire, on peut 
voir que leurs différences surpassent considérablement les fautes admises 
par l’expérience. Ceci indique que ß doit être variable avec la pression, 
ou autrement dit, que la simple formule linéaire (9), qui se montra com- 
plètement suffisante pour l'intervalle de pression envisagé par nous, ne le 
sera pas pour des intervalles plus étendus. Le tableau VIII prouve qu’il y en 
est ainsi en effet. Il y est 4p l’intervalle de pression indiqué par l’auteur, 
p la moyenne de cet intervalle. On voit immédiatement que les valeurs 
de B, rangées d’après les valeurs croissantes de p, forment une progres- 
sion décroissante. Alors B diminue avec la pression croissante. On peut 
toujours, quelque soit la lois de cette diminution, supposer en première 
approximation la proportionalité, ce qui donnerait pour le produit ® B 


1) Phys. Zsch. XIV., 568, 1913. 


96 


Tableau VIII. 


| ap | P | B | pP | i" 

| 0-10 mm | 380 | 0000039 | on | 16 
0—3400 mm | 1700 0-00000090 0:00153 16° 
300— 6000 mm 3150 0-00000072 0°00227 22° 


| 0—15000 mm | 7500 0:00000065 0:00488 21° 


une valeur invariable. Et en effet la colonne 4 du même tableau montre 
qu’il y en est ainsi avec une grande approximation pour les deux premiers 
membres de cette colonne. D'ici la le produit p ß augmente. La tempé- 
rature ¢ étant, comme on le voit dans la dernière colonne du même tableau 
à peu près la même pour toutes les pressions p on doit attribuer la variation 
ainsi constatée des valeurs de ß à la variation de la pression f d’elle seule. 

Voici alors le résultat important que nous venons d’obtenir, ß est 
variable avec la pression. Au-dessous de 4 atmosphères ce paramètre 
diminue rapidement avec la pression croissante en lui restant sensiblement 
inversement proportionel, d’ici-là la diminution de B devient de plus 
en plus lente. 

L'autre résultat non moins important pour nous est ce que la valeur 
de 6 donnée par nous se trouve avec des valeurs semblables d’autres au- 
teurs dans un très bon accord. 

L'évaluation de la réfraction de l’air effectuée d’après la formule 
définitive (11) donne pour les conditions normales de la température et 
de la pression la valeur 


105 (n —1) = 291-67 + 0-14. 


Cette valeur, qui d’après sa nature doit être regardée comme valeur 
corrigée de la réfraction, se confond a peu prés avec celle de M. L. Lorenz 
(voir le tableau donnée page 17). Cet accord n’est pas fortuit, la maniére 
dont M. Lorenz est parvenu a son résultat indique au contraire qu’il en 
doit être ainsi. M. Lorenz étudiait la réfraction de la radiation de la vapeur 
de sodium et a trouvé la valeur de 291-08 .10—6. Son travail!) était très 
soigneux, il a repété plusieurs foit ses expériences en vue du désaccord 
tranchant qui régnait entre son résultat et ceux d’autres auteurs, surtout 
ceux-la des MM. Mascart et Ketteler. Son procédé était au fond identique 
avec celui-ci mentionné en haut, pg. 2., équation (1). On y. voyait que ce 
procédé livre pour #—1 un juste résultat indépendant de la variation de 


1) Wied. Ann. 11, 70, 1880.” 


<< a 


97 


n—1 avec la pression. La dispersion de la radiation verte de mercure étant 


donnée par (n — np). 107 = 7 on trouve, en repportant le résultat de Lorenz 
à cette radiation, la valeur de 291-78.10—6, ce qui est alors avec notre valeur 
donnée par 291-67.10—$ identique dans les limites de fautes d’expériences. 


-Ce fait donne d’une part un nouveau appui à la solidité de nos ex- 
périences, d’autre part une satisfaction au résultat de M. Lorenz, qui 
était injustement regardé jusqu'ici comme le moins ton. 


D’après le même principe que M. Lorenz travaillait en 1907 M. Scheel, 
mais dans une voie tout à fait différent. Son résultat suit dans la même 
table immédiatement après celui de M. Lorenz en occupant sa place à la 
fois avec le résultat de M. Kessler. Il est clair que les travaux basés sur le 


: As 
uotient 
q A 


doivent livrer pour # — 1 une valeur d’autant plus grande 


que la pression moyenne p est plus haute, ce qui peut probablement être 
la cause de ces grandes valeurs la obtenues par quelques auteurs. Il sera 
interéssant de rechercher ce fait un peu de plus près. 

§ 9. L'intérêt principal qui mène à l’étude de la variation de la 
réfraction avec la pression est fondé dans le besoin de verifier l’invaria- 
bilité des constantes de réfraction spécifique. Il y en a deux formules bien 
: m—)] 1 
importantes, celle de MM. Lorenz-Lorentz Tran io et celle de MM. 

le ass ‘ En 
Newton-Gladstone me liées par la relation approximative 


DA ER 
m2 + 2 © 


Cette relation nous permet de ne s’occuper en premiére approximation 
que de la formule de Newtone-Gladstone. 


On peut représenter dans la région des petites pressions la densité 
absolue e du gaz par une fonction de pression analogue à celle-là qui nous 
a servi au cas de la réfraction. On a alors les deux équations 


(11) 4 —le- Kp (l + BP), 
(12) op = Kop (1 + Bb), 
d’où il suit par division 

(13) "—eca + (6 —B,) Bl. ° 


n — 1 Ä ; | é 
Pourvue que alors ———— reste invariable avec la pression, il faut 
Q 


que on aie B = By. D’après les mesures de Lord Rayleigh effectuées en 


1905 on a pour l’air dans la région au-dessous d’une atmosphère 
Bulletin international. XXII. 7 


98 


Be =.0-00000061, 
tandis que il est B — 0-00000396, 
alors B —B, = 0-00000335. 


La différence 8 —$, est alors bien loin d’être égale à zéro, d’où 
; res n —] 
il s’en suit que dans la région au dessous d’une atmosphère ———— n’est 
Q 
pas invariable avec la pression. 


Tableau IX. 


2 RAA a SRE SRE 


p mm nod a seh ur 

Q | 2 nP+2 @ 
0 9974°6 9974°6 
100 9977-9 9977-6 
200 9981:3 9980-8 
300 9984-6 9983-9 
400 9988-0 9987-0 
500 9991-3 9990-1 
600 9994-6 9993-1 
700 9998-0 99963 
760 100000 9998-1 

1 n —] 
Le tableau IX montre la marche numérique de la formule On 


y a posé pour une atmosphère es 10000. Ou trouve pour l’intervalle 
Q 


de 0—760 mm une augmentation de 1/,%. C’est peu, il est vrai, mais si 
les paramètres ß et ß, restaient invariables avec la pression, on parvien- 
drait bientôt à des augmentations assez considérables. Mais il n’en est 
pas ainsi, ß et ß, varient avec la pression. Quant à B, nous l’avons déjà 
vu. La marche’ de ß, est d’après les travaux des MM. Régnault et Amagat 
une analogue comme le montre la table suivante: 


p = 570, 2880, 7500, 12500, 17500, 22500, 27500, 32500 mm. 
Boe 108 == 65 ode ble ED: Ble. wel 43, 39. 
B . 105 = 396, 90, 72, 65. 


Alors le paramètre 8, tombe, lui aussi, avec la pression croissante, 
et il tombe lui aussi plus vite tant que la pression reste petite, mais il ne 
tombe jamais si rapidement que l’on a constaté pour ß, de sorte que leurs 
valeurs se raprochent assez vite l’une à l’autre en s’égalisant à peu près 
— 1 


dès la pression de 7-5m environ. D’oü il suit que la constante 


qui augmentait au-dessous d’une atmosphère très considérablement avec la — 
pression, augmentera sous des pressions plus élevées de plus en plus moins 
vite de sorte que dans la région des pressions dépassantes 3 atmosphères 
elle reste sensiblement invariable. Et c'était confirmé par l'expérience. 


99 


Quant à la constante de Lorenz sa marche est une analogue (voir 
la colonne 3 de la table IX), mais sa variation reste en somme plus douce 
que celle de la constante de Newton. 

La grande différence numérique des paramètres B et ß, pour les 
pressions au-dessous d’une atmosphère ainsi que la variation rapide de ß 
avec la pression font les résultats les plus importents de ce travail. 

Sommaire. 1°. L’objet du travail présent était l'étude expérimentale 
de la variation de la réfraction de l’air avec la pression au-dessous d’une 
atmosphère. Pour l’exprimer on s’est servi de la formule de Mascart, 
n—1=Kp{(1+Bp), et on a trouvé en exprimant la pression normale 
en mm de mercure pour ß la valeur ß = 0-00000396. On a travaillé dans 
la radiation verte de mercure, ce qui a donné pour K la valeur 
K = 0-36138 . 10-8 et pour #—1 celle de #—1 = 291-67.10—®. Le dernier 
résultat est d’accord parfait avec la valeur donnée par M. L. Lorenz. 

20, Le paramètre ß varie largement avec la pression et lui reste dans 
J'intervalle de 0—3400 mm inversement proportionel. Des là B diminue 
avec la pression croissante de plus en plus moins vite. 

3°. La réfraction #7—1 augmente au-dessous d’une atmosphère 
beaucoup plus vite avec la pression que la densité atsolue @ du gaz. Ni 
la constante de réfraction spécifique de Lorenz-Lorentz ni celle de Newton- 
Gladstone n’est donc dans cet intervalle de pression invariable, au con- 
_ traire toutes les deux augmentent avec la pression. 


Prague, Juin 1917. 


Über Tellurwismut aus den böhmischen 
Goldgängen. 


Von F. SLAVIK. 


Vorgelegt am 27. Oktober 1916. 


(Résumé des böhmischen Textes.) 


Vor zehn Jahren entdeckte Adolf Hofmann!) das erste Tellur- 
mineral in Böhmen am Goldquarzgang des Jakobschachtes bei Kasejovic 
und bestimmte es als Nagyagit oder ein demselben verwandtes Tellurid. 
In der mit mir gemeinschaftlich publizierten Arbeit?) konstatierte H o f- 
mann Tellur, Gold, Blei, Antimon und Silber in diesem blättrigen, blei- 
“grauen bis zinnweißen Mineral; bisweilen wurde darin auch etwas Wismut 
gefunden. (Die Proben sind teils von Hofmann selbst, teils von Dr. 
J. Friedrich und Dr. J. Svéda in Prag sowie Prof. R.Vambera 
in Pfibram ausgeführt worden.) 

Außerdem stellten wir?) Spuren von Telluriden auch bei Zduchovic 
unweit Kamyk an der Moldau, Ho fma n n selbst?) bei Libëic S von Neu- 
Knin fest. Nachdem wir uns später beim Studium der Kasejovicer „grauen 
Erze‘‘ überzeugt hatten, wie kompliziert die Zusammensetzung dieser 
Gemenge ist, konstatierten wir, daß die in »jenen Arbeiten angeführte 
spezifische Bestimmung der Telluride nicht beizubehalten ist, sondern man 
sich bei der äußersten Spärlichkeit des Materiales mit dem ne Fest- 
stellen von Tellur begnügen muß.>) 

Im J. 1915 eröffnete die fürstlich Colloredo-Mansfeldsche Herrschafts- 
verwaltung von Dobri$S die Schürfungen nach Gold. in den alten Berg- 
bauen von Bytis E von Pfibram, in der Waldstrecke ,, Na starych horach“ 

1) A. Hofmann, Stzb. kg. böhm. Ges. d. Wiss. 1906 Nr. 18. 
2) Derselbe und F. Slavik, Rozpravy Ceské Akademie 1912u. 1913; 
dieses Bulletin XVII, 249—277 und XVIII, 94—140. 

3) Dieselben, Stzb. kg. böhm. Ges. d. Wiss. 1909 Nr. 11. 

4) A. Hofmann, dieses Bulletin 1912 (XVII), 208—219. 

5) F. Slavik, Zeitsch. prakt. Geol. 1914, 343—373, bes. 359—360. 


101 


SSE von Dubenec, hart San der Cô. 536. (Als Kuriosum sei hier angeführt, 
daß man das Mitglied der k.k. geologischen Reichsanstalt in Wien Herrn 
Dr. Lukas Waagen berufen hat, um mit der Wünschelrute nach Gold 
zu suchen; er ‚fand‘ es in der Nähe von alten Pingen.) 

Über die geologischen und montanistischen Verhältnisse des Bytizer 
Goldvorkommens haben J. Grim m®), F. Posepny”) und J. L. Bar- 
v if8) geschrieben ; in allerletzter Zeit hat die Bearbeitung des Fundortes 
und seiner Umgebung Herr Dr. B. Stotes in Pfibram in Angriff ge- 
nommen. 

In den Bytizer Gangquarzen, von denen ich einen größeren Vorrat 
durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Koll. Stoëes erhalten habe, ist 
nur spärlich Pyrit in winzigen Hexaëdern und Körnchen sowie Freigold 
eingesprengt, welches nur an einer Probe etwas reichlicher, doch nur in 
stecknadelkopfgroßen Stückchen zerstreut war. Der Farbe nach zu ur- 
teilen, ist das Freigold von einem hohen Feingehalt; damit stimmen die 
von PoSepn y publizierten Einlösungsdaten?) vom Bytizer Gold aus älterer 
Zeit, 0:930—0'998, gut überein. 

An ziemlich vielen Gangquarzstückchen gewahrt man ein stark 
metallglänzendes Mineral eingesprengt, dessen Farbe an ganz frischem 
Bruche zinnweiß bis fast silberweiß, durch Anlauf graulich, bronze- 
bis messinggelb erscheint; dasselbe bildet höchstens 1% mm breite, ge- 
wöhnlich viel kleinere Schüppchen, die bisweilen deutlich hexagonale 


_ Begrenzung zeigen. Die Härte ist unter 2, die Spaltbarkeit nach der Tafel- 


fläche vollkommen, die Spaltblättchen sind biegsam. Der Strich hat eine 
grauschwarze Farbe. 


In diesem Minerale habe ich das Tellur durch die bekannte Rot- 
färbung des heißen konzentrierten Schwefelsäure, Wismut durch die 
Mikroreaktion mit der Arsensäure!?) nachgewiesen, Schwefel hat sich 
bei der Zersetzung mit der Salpetersäure ausgeschieden. Parallelproben mit 
Spaltblättchen der Tetradymits von Zupkov bei Schemnitz haben identische 
Resultate ergeben. 

Das Mineral von Bytiz ist also vollkommen sicher ein Te/lurwismut, 
und zwar eins von den schwefelhaltigen, nach der sehr hellen Farbe zu 
urteilen, am wahrscheinlichsten Tetradymit. 

Einmal habe ich beim Auflösen eines Bytizer Tellurwismutblättchens 
einen Rest von gediegen Gold beobachtet, das jedoch mit demselben 


6) J. Grimm, Berg- u. Hüttenm. Jahrb. d. k. k. Mont.-Lehranst. 1855 
(V. Bd.) 93—186, bes. 164. 

7) F. Pogepny, Archiv für prakt. Geol. II. (1895), 1-484, spez. S. 37 u. 
155—160. 

8) J. L. Barviit, Véstnik kräl. ées. spol. nauk 1896, Nr. 35, S. 53—56. 

ih Posepny, le. (7) S. 156. 

10) Vergl. Haushofers Mikroskopische Reaktionen, S. 138—141 u. Fig. 
123, 122. 


102 


mechanisch verwachsen war, wie einige Exemplare zeigen, an welchen das 
Tellurwismut zum Teile mit einem Anflug von gediegen Gold belegt 
oder mit einem Goldblättehen verwachsen erscheint. 

Bei Kasejovic, im Jakob-Schurfschacht, wurden unter den schup- 
pigen Telluriden auch solche von hellerer Farbe als Hof mann s Nagyagit 
gefunden, und auch die chemische Probe auf Wismut fielin einigen Proben 
positiv aus. Mir scheint es jetzt, daß da eine Beimischung oder parallele 
Verwachsung von Tellurwismut mit Nagyagit vorliegt, wie wir auch eine 
Verwachsung des letzteren mit Molybdänit sichergestellt haben. 

Bei Libèic konstatierte Hofmann (l.c.4) zwei Telluride, bloß in 
untergeordneter Menge: das eine ‚licht süberweiß mit einem Stich ins 
Bronzegelbe, sylvamitähnlich‘‘, das andere dunkler. Im Vorjahre erhiclt 
ich in Libéic ein Stückchen des Gangquarzes mit anhaftendem Biotit- 
hornfels, welches nahe der Grenze ein hübsches Blattchen von gediegen 
Gold e ngewachsen enthält; dasselbe ist der Farbe nach von sehr hohem 
Feingehalt, und mit ihm parallel verwachsen ist ein Biättchen von zinn- 
weißer Farbe mit schwach bronzegelbem Anflug, welches vollkommen 
einigen Tellurwismutindividuen von Bytiz gleicht. Hofmanns helles 
sylvanitähnliches Tellurid ist also wenigstens zum Teile Tellurwismut; 
leider habe ich die Identität bisjetzt wegen der Spärlichkeit des Materials 
nicht chemisch bekräftigen können. 


* * 
= 


Der Fund von Tellurwismut bei Bytiz, Kasejovic und Libëic ist der 
erste in Böhmen und vermehrt die gemeinsamen paragenetischen Züge 
dieser beiderseits der Nordwestgrenze des großen mittelböhmischen Granit- 
massivs sich aneinaderreihenden Goldvorkommen. Wir haben mit Ho f- 
mann in unserer Arbeit über das goldführende Gebiet von Kasejovic 
(l. c. 2) auf die Analogie desselben mit den Golddistrikten des Appallachen- 
gebirges in den Staaten Georgia, N. Carolina und Virginia hingewiesen, 
die ebenfalls einen Zusammenhang von Goldquarzgängen mit vortertiären 
Granitintrusionen, einen mehr akzessorischen Charakter des Telluriden- 
vorkommens sowie die Association des Goldes mit Wolfram- und Wismut- 
verbindungen zeigen. Gerade die Tellurwismutmineralien wurden in den 
Appallachengoldgängen sehr häufig gefunden (Spottsylvania, Fluvanna, 
Davidson, Cabbarus, Lumpkin Co.’s). Die in vorliegender Notiz nachge- 
wiesene Gegenwart von Tellurwismut an unseren Fundorten bestätigt in 
interessanter Weise die paragenetische Analogie zwischen den appalla- 
chischen und böhmischen Goldquarzgängen. 


Prag, Oktober 1916. 


Mineralogisches Institut 
der böhmischen Universität. 


en LOUE TS 


Méthode pour separer le plomb du chrome 
par l’électrolyse et analyse du chromate de plomb 
et des couleurs qui en contiennent. 


Par 


J. Milbauer et I. Setlik. 


La détermination du plomb par l’electrolyse sous forme de per- 
oxyde de plomb, a été dès les premiers essais, faits par Luckov (Zeit. t. 
anal. Chemie 8. 24. ; 11. 9, 12; 19. 2. 15.) le sujet de nombreuses études. 

On électrolyse une dissolution contenant plus que 10% d’acide 
nitrique libre de façon que la solution soit parcourue par un courant d’in- 
tensité donnée (Schucht: Zeit. f. anal. Chemie 22. 487.). Il est recomman- 
dable de faire l’électrolyse dans une capsule de Classen à surface mate (Zeit. 
f. anal. Chemie 42. 635 ) et de chauffer de 500 à 60° (Kreichgauer: 
Zeit. f. anorg. Chemie 9. 89; 42. 636.). Pour activer l'élimination, Rü- 
dorff recommande (Zeit. f. angew. Chemie 1892, 197) d’ajouter à la so- 
lution un peu de nitrate de cuivre et de faire sécher PbO, obtenu à 110°. 
Une température plus élevée au cours de l’électrolyse accélère l'élimination 
du PbO,. Mais plus on augmente cette température, plus la pellicule risque 
de ne pas adhérer suffisamment. — D'autre part il est possible de dimi- 
nuer la quantité d’acide nitrique que contient la solution, d’après les ob- 
servations faites par Giese (Zeit. f. Elektroch. 2. 586.). Ce dernier conseille 
de faire sécher à 160°—180° la pellicule éliminée et de la faire refroidir 
lentement, afin qu’elle ne craquelle pas par un refroidissement trop rapide. 
Classen (1 c.)a soumis la détermination du plomb par l’electrolyse, en 
forme de peroxyde de plomb, à des études approfondies, et a donné des 
conditions précises touchant la concentration de la solution (pour 100 
cc de solution, 20 cc d’acide nitrique 4 = 1-35—1-38) température (50°—60°) 
et densité du cowant (ND,5 = 1:5—1-7 Amp.). De cette façon on peut 
en précipiter en trois heures jusqu’à 1-5’gr PbO,. D conseille enfin de 
layer à l'alcool et de faire sécher de 180°—190°. Cette dernière opération 
est indispensable, la matière précipitée ne correspondant pas à la com- 
position normale du PbO,. 


104 


Hollard et Bertiaux (Anaiyse par l’Electrolyse, II°. edition, 
page 105) ont recommandé le facteur de calcul 0-853 au lieu du facteur 
theorétique 0-866 pour calculer la quantité de plomb obtenu, si la pellicule a 
été séchée à une température de 100°. Smith (Journ. Amer. Chem. Soc. 27. 
1287.) a conseillé de faire monter la température de 200° jusqu’à 280° 


Pb 
et d’ employer pour 0-5g de plomb le facteur Pbo, égalant 0-8634, 
2 


et pour des quantités moindres 0-05 g—0-11 g le facteur théoretique. Il 
a accéléré l’electrolyse par la rotation de la cathode tournant 450 fois 
par minute. Cette intensité du courant pouvait être augmentée jusqu’à 
11 ampères à la tension de 4 voltes. Une capsule et une spirale de platine 
lui servaient d’électrodes. Exner a travaillé de la même façon (Journ. 
Amer. Chem. Soc. 25. 896). 

Sand (Chem. News 100. 269) conseille de faire sécher la couche de 
peroxyde de plomb, à un bıüleur de Bunsen et de la faire refroidir 1api- 
dement, car à son avis le PbO, séché à 200° absorbe rapidement l’humi- 
dité. Il travaille à l’aide d’une électrode en forme de tamis tournant 800 
fois par minute. Snowdon (Journ. of Phys. Chem. 10. 500.) a fait monter 
le nombre des rotations à 2000 par minute, et a reconnu que l’addition 
de gélatine est favorable. Fischer (Elektrol. Schnellmethoden, page 175) 
a électrolysé dans une capsule de platine à disque rotatif en guise d’anode, 
en faisant remarquer que l’augmentation du poids est causée par des traces 
d’eau et de nitrate de plomb. Il indique pour le peroxyde séché de 200°—2309, 
les facteurs suivants: 


Pour ‘Oig:1 “de plomb 2.2: 0-8658 
jusqu’à 0.298... 20 ii Oia ee ae 0-8652 
UE ADP, EGR A AN. ARISE CR 0-8629 
hi le 2 D SLU Sor DANS 0:8610 


Le séchage à une température relativement élevée, qui seule peut 
faire disparaître les traces d’eau, risque aussi de causer la décomposition 
du peroxyde de plomb. Milbauer a pu constater que (Véstnik kräl. éeské 
spol. nauk 1909, XVIII.) le peroxyde de plomb préparé de minium pur 
et chauffé longuement à 200°, commence à se décomposer visiblement 
en oxyde de plomb et en oxygène. En ces derniers temps Reinders et 
Hamburger (Zeit. f. anorg. Chemie 89, page 71 et suivantes) se sont 
livrés, sur la dissociation thermique du peroxyde de plomb, à des études 
détaillées et la méthode manométrique leur a prouvé que la dissociation 
se manifeste déjà à 100°. Cependant la vitesse de réaction est encore si 
minime sous 200°, qu’il n’est pas possible de la mesurer exactement. 

Le peroxyde de plomb, obtenu par l’electrolyse, est encore moins 
réactif. Car ce n’est qu'après 7 heures de chauffage dans le vide à 250°, 
que se produit la pression de 5-4 mm. C'est l'incertitude où l’on se, 
trouve de connaître l'état le plus convenable pour la substance éli- 


TS 


105 


minée avant la pesée, qui a conduit Treadwell (Lehrb. d. anal. Chemie 
Lic édition, II° tome, page 120) à faire une proposition, faite auparavant 
déjà par May (Am. Journ. of Science and Arts (3.) 6. 255.) c’est-à-dire 
de transformer le peroxyde par calcination en oxyde de plomb. Il est vrai 
que ce procédé a l'inconvénient, que l’oxyde de plomb finement divisé, 
s’oxyde à une température élevée et se transforme en minium. Récemment 
Hac et Köhler ont démontré (Véstnik sjezdu prirodozpytcü a lekarü 
1914, page 251) que les facteurs cités plus hautse rapprochent d’autant plus 
du chiffre théorétique, que la couche précipitée du peroxyde est plus com- 
pacte. [ls recommandent expressément de calciner le produit et de peser 
l’oxyde de plomb. Enfin Ipiens (Zeit. f. anal. Chemie 1914. page 281,) 
contrôle par titration, d’après Lux, le peroxyde de plomb, séparé par 
Vélectrolyse, Vortmann (Annalen d. Chem. 351. 283.) conseille de 
dissoudre de nouveau la pellicule du peroxyde de plomb par une addition 
d’acide oxalique se trouvant dans l'acide nitrique, et de renouveler 
l’electrolyse, qui débarrassera l’oxyde des impuretés qui s’y trouvent. — 

Quant à la forme des électrodes, Classen, ainsi que nous l’avons 
déjà dit recommande une capsule de platine à surface mate. La plupart des 
auteurs s’en sont servis. Riche (Ann. Chim. Phys. (5.) 13. 508.) se servait 
comme anode d’un creuset plus petit, comme cathode d’un autre plus 
grand et mettait l’électrolyte entre eux, Goch et Bayer (Zeit. f. anorg. 
Chemie 61. 286.) se servaient d’un creuset perforé et d’un appareil assez 
compliqué, Marie Compt. rend. 130. 1032) separait sans doute le peroxyde 
de plomb sur une tôle de platine. 

Il est beaucoup plus rare de trouver dans la littérature des indica- 
tions avec preuves à l'appui, sur la séparation des autres iones du plomb, 
par l’électrolyse en peroxyde de plomb, surtout lorsqu'il s’agit de l’acide 
chromique. 

May (l. c.) a su séparer parfaitement le plomb du cuivre, de même 
Riche (Ann. Chim. Phys. (5.) 13. 508.) le plomb de l’argent. Selon Classen 
(Quantitative Analyse durch Electrolyse, IV*** édition, page 142) il est 
possible, en observant certaines conditions, de séparer le plomb du zinc, 
du fer, du nikel, du cobalt, du manganèse, du cuivre, du cadmium, de 
Vor, du mercure, de l’antimoine, de l’aluminium. Mais l’argent et le bis- 


-muth se mêlent au peroxyde. Vortmann (Liebigs Annalen: 351. 285.) 


a essayé de faire la séparation du peroxyde de plomb en presence Zn“, 
22460”, Her, Ag?) Fe; Al; Ga:,, K', Na” et. Het il soutient 
que la séparation ne s’effectue, d’une manière exacte, qu’en l’absence des 
métaux, cités plus haut, sauf le cuivre. En présence de l’acide sulfurique, 
selénique et chromique il n’ a obtenu des résultats élevés, absolument justes 
qu'après la purification faite d’après la méthode décrite plus haut. La 
présence de l’acide phosphorique et de l'acide arsenique gênent de même 


l'élimination. Smith au contraire a démontré (Electrochemical Analysis 


1907, III° édition, page 165) que l’on peut exactement séparer le plomb 


106 


comme peroxyde, des métaux alcalins, des métaux de terres alcalines, du 
beryllium, du magnesium, du mercure et de l'aluminium, et que même la 
présence du chrome ne peut pas nuire. Le bismuth au contraire se mêle 
toujours à la pellicule. Enfin pour compléter, nous ajoutons que Neumann 
(Chem. Ztg. 20. 382.) a constaté quant au manganèse que la quantité 
dépassant 0-03 pour 150cc commence à se mêler au dépôt de peroxyde 
et que par les méthodes d’électrolyse accélérée on peut séparer l'argent 
du plomb et rendre l’électrolyse possible même en présence des sulfates 
(Sand, Ic.) 

D'après tout ce qui précede, (puisé dans la littérature sur la façon 
de separer le plomb du chrome) ce n’est que Smith qui fait mention de 
la possibilité de séparer le peroxyde de plomb en présence .de Vione C''; 
au contraire il est connu qu’à un courant de haute tension et de forte 
intensité Cr" s’oxyde en Cr,O, et qu’ainsi on peut le doser (Classen, 
1. c.). La présence de l’acide chromique rend la séparation du plomb diffi- 
cile d’après les données de Vortmann (I. c.). 

Connaissant ces différentes méthodes incompatibles voici les essais 
que nous avons entrepris: 

a) Nous avons pris comme anode une capsule électrolytique Classen, 
à surface mate, de 250cc — une électrode double de Hildebrandt en forme 
de tamis (Journ. Amer. Chem. Soc. 29. 447.) fixée à un support, qui permet 
sa rotation, entre dans la capsule. Nous avons prélevé une certaine quantité 
de solution de nitrate de plomb et de nitrate de chrome correspondant 
à 0-2009g Pb et 0-0506 g Cr, à laquelle nous avons ajouté 20 cc d’acide 
nitrique (d = 1-4) puis de l’eau distillée jusqu’à 150 cc, ensuite avons soumis 
à l’électrolyse à l'intensité de 1-5 ampères et à tension de 2-5—2-7 voltes 
pendant 2’% °/, et à la température normale sans mouvement de cathode. 
Nous avons lavé le peroxyde séparé, puis recueilli le liquide que nous avons 
concentré, neutralisé par l’ammoniaque pour pouvoire précipiter l’hydro- 
xyde de chrome et enfin pesé Cr,O,;. 

Voici les résultats obtenus: 


Peroxyde de plomb séché à 200°C... 0-2344 g PbO, sans facteur 0-2030 g Pb 
Après la dissolution d’après Vortmann 

(1. c.) et nouvelle électrolyse.... 0-2335 g PbO,.. sans facteur 0-2022 g Pb 
puis seché à 1000 C (d’après Bertiaux 

et Hollardvltcs) ONE RE ER 0.2335 g PbO,.. avec le facteur 0-2015 g Pb 
séché à 110° C (d’après Rüdorff 1. c.) 0-2334 g PbO,..!sans facteur 0-2021 g Pb 
séché à 160°C (d’après Giese 1. c.).. 0-2329 g PbO,....!sans facteur 0-2014 g Pb 
séché à 190°C (d’après Classen 1. c.). 0-2323 g PbO,....!sans facteur 0-2011 g Pb 
séché à 210°C (d’après Smith l.c.). 0-2321 g PbO, ..avec le facteur 0-2004 g Pb 
séché à 230° C (d’après Fischer 1. c.). 0:2816 g PbO, ..avec le facteur 0-2009 g Pb 
Après calcination a 600°C (d’aprés 

‘May CAE SOS 021928. PRO NETZ AL EN 0-2007 g Pb 


Trouvé: 0-2006 g Pb (May, Fischer) 
Employé: 0-2009 g Pb ce qui correspond à 99-80% 


107 


Le sel chromique resté dans la solution a donné: 
0-0735 g Cr,O, ce qui correspond à 60-0504 g Cr c'est à dire 99-60% 


b) L’essai répété à la tension de 2 voltes et à l'intensité de 0-2 am- 
péres. 


Employé: Trouvé: Correspondant: !) Diférence en %: 
0.2524 g Pb': 0.2914 g PbO, 0.2521 g Pb ' — 0:10% 
0.1023 g Cr °° 0.1506 g Cr,0; 0-1031 g Cr’ : : + 0.80% 


c) Le même essai, mais fait à la tension de 1-5 voltes et à l’intensité 
de 0-1 ampère: 


Employé: Trouve: Correspondant:  Duiférence en % 
1. 02984 g Pb’ : 0.3456 g PbO, 0.2982 g Pb’ ° — 0.08% 
2. 0.5000 g Pb : 0:5760 g PbO, 0-4988 g Pb — 0-22% 
10-1535 2 Cr:  0-2296g Cr,0: . 0.1572 g# Cr’: + 240% 
02598 Gr 075760 p'Cr,0,7 "02078 gUr + 0.80% 


d) Quant à d’autres applications pour séparer le plomb du chrome 
dans les couleurs minérales qu’on ne peut dissoudre que dans un mélange 
d'acide nitrique et d’acide perchlorique, il fallait d’abord constater si la 
présence de ce dernier ne pouvait pas nuire au courant de l’électrolyse. 

Nous avons laissé la même concentration en remplaçant 20 cc d’eau 
par 20 cc d’acide perchlorique (4 — 1:12, Merck. pro analysi), et nous 
avons chauffé la solution presque jusqu’à l’ebullition.?2) Alors seulement 
nous l'avons diluée par l’eau, et étant refroidie nous l’avons soumise à 
l’electrolyse par un courant 1-5 ampère et 2-7—2-5 voltes pendant 2% 
heures. 


Employé: Trouvé: Correspondant: Différence : 
0-5048 g Pb: : 0-5879 g PbO, 0-5062 g Pb : + 0: 8% 
0-1023 g Cr‘: 0-1506 g Cr,0, 0-1031 g Cr °° + 080% 


e) Le même essai mais fait à une intensité diminuée jusqu’à 0-2 
ampère et E = 2 voltes, pendant 12 heures: 


Trouvé: Correspondant: Employé: Différence : 
0-5830 g PbO, 0-5020 g Pb: - 0-5048 g Pb: : — 0.56% 


f) Dans les essais suivants pareils aux précédents, nous nous sommes 
servis d’un courant encore plus faible, 0-1 ampére et 1-5 volte pendant 
18 heures, et nous avons choisi la proportion Pb : Cr, telle qu’elle se trouve 


1) Pour le PbO,, corrigé d’après Fischer (1. c.) sans répéter la séparation 
d'après Vortmann (I. c.). 

2) Pour décomposer des oxydes de chlore inférieurs. (Comparer: Véstnik 
Kral, C. Spol. nauk 1911. XVIL.) 


\ 


108 


dans le chromate de plomb, PbO, obtenu fut dissout et précipité de nou- 
veau par l’électrolyse. 


Trouvé: Employé: Correspondant: Différence : 
1. 0-22822 PbO, 0-1982g Pb : 01975 2° Pb — 0-38% Pb 
00726 gCr,0,  0-0495 g Cr °° 00497 g Cr : : + 0.40% Cr 
2. 04731 gPbO, 0.4090 g Pb : 0.4083 g Pb’ : — 018% Eb 
0.1502 861,0, : 0-1023gCr,:.1, 04028 gCr. + 0.53% Cr 


g) Il est possible de diminuer encore l’intensit& du courant, si nous 
prolongeons la séparation jusqu’à 24 heures. 


1. À 0-09 ampère et 1:5 voltes: 


Employé: Trouvé: Différence : 
0.1982 g Pb: : 0.2286 g PbO, = 0-1978 g Pb 0:20% Pb: : 
01023 g Cr : : 0.1494 g Cr,O, = 0-1023 g Cr EA CES 

2. À 0-1 ampère et 1-7 voltes: 
Employe:  Obtenu: Différence: 
0.1982 g Pb: 0.2282 g PbO, = 0.1975 g Pb: : — 0.35% Pb: : 
0.1023 g Cr: °- 0.1498 g Cr,0, = 01025 g Cr: + 0.06% Cr -- 


Mais si nous diminuons davantage l'intensité du courant, les ré- 
sultats obtenus sont trop inferieurs: 


1. À 0-06 ampère et 0-15 volte pendant 26 heures nous avons trouvé 77-99% 
sur la quantité totale du plomb. 

2. A 0-07 ampére et 0-3 volte pendant 14 heures nous avons trouvé 37:39% 
sur la quantité totale du plomb. 


D'après les résultats obtenus il est possible de séparer le plomb en 
forme de peroxyde de plomb, du chrome présent sous forme Cr: ::, si 
dans la solution de 150 cc, contenant 0:2 g Pb et 0:1 g Cr, se trouve 20 cc 
d'acide nitrique (d = 1-4) et 15 cc d’acide perchlorique (d — 1:12, Merck). 

Ce n’est qu'après avoir constaté ces circonstances, qu’il nous a été 
possible d'analyser le chromate de plomb et ensuite les couleurs en con- 
tenant en général, question qui est étroitement liée à une série de travaux 
faits dans notre Ecole Polytechnique (Ouvrage fait en collaboration 
avec ing. C. Kohn, sur le jaune de chrome, publié en partie dans ,, Véstnik 
kräl. ces. spol. nauk 1915, XXVI, et le rouge de chrome entrepris avec 
le Dr. B. Pivnitka). Au cours de ces travaux nous avons souvent été ar-- 
rêtés par la nécessité d’une analyse prompte et complète des produits 
que nous avions obtenus et même des produits fabriqués en gros. Les 
details donnés dans la littérature, sur la fabrication ne s’accordent pas 
avec la réalité, car on n’indique pas les petits details de fabrication et 
c'est ce que nous avons voulu expliquer, surtout quant à la teinte foncée 
que prend, au bout d’un certain temps, le jaune de chrome ; ce qui jusqu’à 


109 


ce jour n’a pas été suffisamment expliqué. Il a donc fallu analyser dif- 
férents types de couleurs de fabriques connues. 

. On analyse habituellement selon la méthode employée pour le chro- 
mate simple c’est-à-dire de faire dissoudre la matière dans l’acide chlor- 
hydrique en y ajoutant de l’alcool éthylique. De cette façon et à une tem- 
pérature élevée la réduction se fait assez facilement, et la séparation du 
sulfate de plomb se fait bien, cependant la matière filtrée contenant du 
chrome et des matières organiques, ne se précipite ni par l’ammoniaque, 
ni par le sulphohydrate d’ammoniaque. C’est en vain que nous avons 
essayé de remplacer l'alcool éthylique par un autre agent organique 
réducteur, toujours les mêmes obstacles se sont présentés. Lorsqu’en - 
suite nous avons laissé évaporer la solution et enfin kjeldalisé par l’acide 
sulfurique, pour détruire les traces de matières organiques, le chrome se 
trouve alors sous formes complexes d’acides sulfochromiques. 

Voici les prescriptions que nous trouvons dans la littérature chimique 
sur l’analyse du chromate de plomb et des couleurs le contenant: 

M. Willenz (Bull. Assoc. 1898, p. 163) dissout 1 g de matière dans 
l'acide chlorhydrique dilué 1 : 20, et filtre et lave par l’eau. La solution 
filtrée contient du sulfate de calcium. Il lessive ce qui reste sur le filtre 
avec une solution chaude et neutre d’acétate d’ammonium, qui dissout 
le sulfate de plomb. Il y ajoute de l’acide sulfurique, évapore et pèse. Le 
résidu insoluble, contenant du chromate de plomb, de l'argile et du sul- 
fate de barium est soumis à l’ébullition pendant dix minutes avec 75 cc 
de lessive de potasse à 4%. On filtre, et on obtient une solution, dans 
laquelle on détermine le chrome et le plomb comme d'habitude. Cette 
méthode ne donne pas de résultats justes, parce qu’une partie de Pb': 
et CrO,” passe en solution par l’acide chlorhydrique dilué, ainsi que nous 
nous en sommes persuadés par des essais avec du chromate de plomb 
pur et du jaune de chrome technique. 

Une autre méthode comparativement compliquée a été décrite par 
H. Amsel (Zeit. f. angew. Ch. 9. 613). Il mélange 0-5g de couleur avec 
10—15 cc de potasse caustique à 10%, il ajoute 10 cc d’eau et fait bouillir, 
de sorte que tout, sauf le sulfate de barium et le carbonate de chaux, entre 
en dissolution. Ensuite il ajoute de l'acide (chlorhydrique ou nitrique) 
à l'excès. Il fait bouillir, filtre et détermine la quantité de sulfate de barium, 
Il neutralise, par le carbonate de soude, la solution filtrée et précipite 
le carbonate de plomb et le carbonate de calcium, par un excès de car- 
bonate de soudé ; puis il ajoute de l’eau de brome et sépare le chromate 
et le sulfate alcalin par filtration. Alors il détermine, après la réduction, 
en présence de l'acide chlorhydrique et de l'alcool, le chrome et même 
SO,’’. Ceci fait, il sépare, par les méthodes usuelles, le carbonate de plomb, 
le carbonate de calcium et le carbonate de zinc. En l'absence de zinc, 
il conseille de déterminer le plomb, après l'avoir transformé, par le brome 
en peroxyde de plomb, par la titration avec l’acide oxalique et le perman- 


110 


ganate de potasse. Cette méthode-là n’est pas sans défauts. La dissolution 
faite par la soude caustique, ne réussit qu’en partie, les carbonates sur 
ie filtre sont d’an jaune intense et contiennent du chrome. 

Dans le recueil de Rüdisüli (Nachweis, Bestimmung u. Trennung 
der chemischen Elemente vol. III., p. 560) on recommande de doser 
ie plomb dans le jaune de chrome, de la même façon que pour la céruse: 
On dissout 0-1 g de matière dans un mélange de 10 cc d’acide nitrique 
et de 40 cc d’eau à 70°C, puis on soumet la solution à l’electrolyse. Cette 
méthode-là convient bien pour la céruse, mais non pas pour les jaunes 
de chrome, contenant du sulfate de plomb, ni pour ceux, séchés à une tem- 
pérature un peu plus elevée ; car la dissolution par l’acide dilué, comme 
il est dit plus haut, ne réussit pas. 

La méthode de C. Marie (Compt. rend. vol. 130, p. 1032) serait 
plus avontageuse si elle était accommodée aux produits techniques. Il 
propose de dissoudre le chromate de plomb de la façon suivante: Il ajoute 
à 05g de produit ? g d’acétate d’ammonium, et assez d’acide nitrique 
pour que la solution ayant été chauffée de 60—70°C il y ait encore 10 % 
d'acide nitrique libre, après dissolution. Ensuite il sépare le plomb par 
l’électrolyse habituelle. Dans cet ouvrage on ne trouve pas de détails, de 
preuves à l’appui plus précis. — 

Après une série d’essais, au cours desquels, nous avons tâché, de 
dissoudre le chromate de plomb et les couleuis en contenant, de façon 
à ce qu'aucune matière, pouvant gêner l'analyse, ne s’y introduise. Nous 
avons trouvé que le mélange à chaud de l'acide uitrique et perchlorique 
dissout tous les échantillons que nous avons soumis à l'analyse. Nous 
avons également trouvé, que par l’electiolyse on peut séparer le plomb 
de la solution obtenue, sous forme de peroxyde de plomb et aussi moyen- 
nant certaines conditions, réduire le ione CrO,“ à Cr’: :. — De toutes 
les concentrations de mélanges d’acide nitrique et perchlorique, voici 
celui qui convient le mieux: 


20 cc d’acide nitrique h = 1-4 et 
15 cc d'acide perchlorique h = 1-12 (Merck, pro analysi.), 


parce qu'il dissout l’échantillon (pesé ordinairement) 0-3 g chauffé à l’ébul- 
lition dans un laps de temps comparativement court (20’m. au maximum). 
L’acidite de la solution est telle que la séparation du peroxyde de plomb 
par l’electrolyse se fait régulièrement. — 

En premier lieu nous avons fait les essais suivants prouvant, que 
notre méthode est applicable: 


1) Nous avons dissout dans le mélange sus-cité 0-3 g de chromate 
de plomb *) et enfin soumis à une ébullition modérée, puis rincé la solu- 
tion dans une capsule électrolytique de platine. Nous avons fait passer 


®) Contenant 0:19% d'humidité. — 


111 


un courant de 0-1 ampère et I-75 volte pendant 15 heures, puis nous avons 
pesé le peroxyde de plomb, précipité l’hydroxyde de chrome qui se trouvait 
dans la solution et pesé à l’état d'oxyde de chrome, 

k) Nous avons décomposé le même échantillon au bain-marie par 
Vacide chlorhydrique et enfin directement sur le feu dans un vase de por- 
celaine, et quand la solution eut une teinte verte pure, nous y avons ajouté 
de l’acide sulfurique en petit excès et nous avons concentré, pour que la 
majeure partie de l’acide chlorhydrique en soit chassé, De nouveau étendu 
d’eau il a été ensuite évaporé jusqu’à presque complète siccité, puis repris 
avec peu d’eau, nous avons tiltré le sulfate de plomb, lavé ensuite par la 
quantité nécessaire d’acide sulfurique dilué. Le sulfate de plomb recueilli 
sur le filtre retient un peu de sel chromique ce qui le rend légèrement 
verdâtre. Nous avons constaté qu’on peut le purifier de la façon proposée 
par F. Mar (Sill. Americ. Journ. (3), 43. 525) pour le sulfate de ba1ium, 
c’est-à-dire de le dissoudre dans l’acide sulfurique concentré, avec la seule 
différence qu'il est inutile d’évaporer jusqu'a siccite, et d'extraire par 
l’eau; mais de simplement l’éliminer à l’aide, d’une certaine quantité 
d’eau froide, filtrer de nouveau et laver. Les solutions filtrées étant réunies, 
on en a précipité Cr’ ' sous forme de Cr, O,. De sprocédés connus étant 
employés pour mettre le sulfate de plomb à l’etat pondérabk. 


Voici les résultats obtenus par Par la voie habituelle de 0-998 g'} 


Vélectrolyse: 
I, 0-2236 g PbO, I. 0-9370 g PbSO, 
+ Cr,0; 0-2282 g Cr,O, 
II. 0-2217 g PbO, 
malic Cr,0; 
III. 0.2234 g PbO, II. 0-9390 g PbSO, 
— Cr:0; 0.2270 gCr,0, 


IV. 02298 g PbO, 
0-0680 g Cr,O, 


V. 0-2220 g PbO, III. 0-9356 g PbSO, 
0-0712 g C1,0, 0-2275 g Cr,0, 
Il en résulte les valeurs movennes suivantes: 
ne Die électrolytique... .:..........410...44, ee 69-28, PbO 
AO EE M LEE nr OL RAS LT 30 5% CrO, 
mo an sullate: .. .....0 200 à date + anna coe 69-08% PbO 
Tone val Eu te aaa eee 30-56% CrO, 
PpCrO, contient théorétiquement. . ............%...#... 69-01% PbO 
Oe Tie as ome 30-99% Ci0, 


Par les mémes procédés nous avons analysé un autre produit contenant 


4) Nous avons pesé lg de matière qui contenait 0-19% d’humidite. 


112 


du chromate de plomb et voici ce que nous avons trouvé de 0-3 g de ma- 
tiere: 
I. 0-1944 g PbO, 
II. 0-1948 g PbO, 
III. 0-1954 g PbO, 
IV. 6-1946 g PbO, 


ce qui correspond à la moyenne de 60-58% PbO en opposition aux 60-30% 
PbO que nous avons trouvé sous forme de sulfate de plomb. 

Même dans ce cas-la, nous avons fait des essais pour savoir s’il est 
possible d’abréger le temps de durée de la séparation du peroxyde 
de plomb et nous avons trouvé que à 0-9 ampère et 0-6 voltes il s’est séparé 
au bout de 6 heures: 

I. 60-1943 gP bO, 
II. 0-1738 gP bO, 


en opposition de 0-2227 (valeur moyenne citée plus haut) mais déja 0-2220 g 
PbO, aprés la durée de 7 heures. 

Il est très avantageux même en présence d’acide perchlorique de 
mettre l’électrolyte en mouvement; car ainsi nous avons séparé en tout 
0-2234 g PbO, avec 800 rotations de la cathode par minute à la tension 
de 2-5 voltes et d'un couiant 3-5 ampéres, pendant le premier quart d’heure 
et celui de 2:5 ampères pendant le second. 

Ces résultats favorables nous ont conduits à appliquer notre mé- 
thode à l'analyse des produits techniques par l’électrolyse. A cette occa- 
sion nous avons trouvé que l'électrolyse parcourt sûrement, que la sépa- 
ration du peroxyde de plomb est quantitative, que la réduction de CrO,” 
en Cr:::, quand nous nous y prenons de telle façon que dès le debut de 
l’electiolyse, le courant que nous faisons passer, ait pendant les premières 
deux heures à peu près l'intensité de ¢-2—0-5 ampéres, et que pendant 
tout ce temps travaille un tamis cathode de Hildebrand, auquel nous 
imprimons un mouvement de 140 rotations par minute. Nous continuons 
alors l’électrolyse pendant la nuit, environ 12 heures, à 0-09—0-1 ampère 
et 15—1°6 voltes. 

Voici la composition que nous avons trouvée en analysant des échan- 
tillons de fabriques connues: 


Par voie d’électrolyse: | Par voie usuelle: 
I. Echantillon n° 203 rougeâtre: 
68-99% PbO 68-89%, PbO 
22-36% CrO, 22-74%, CrO, 
37-6% Al,O, 6-27% Al,O, 
1-39% Na,sO, 1-40% Na,SO, 
0.58%, d'humidité 0.58%, d'humidité 


99-69% 99-88% 


Par ns Ji Ss a ais 


113 


II. Echantillon n° 403 jaune clair: 


41-62% PbO 41-46% 41-51% PbO 
17-63% CrO; 17-76% 17-97% CrO, 
38-02% résidus insolubles (argile) 38-15% 38-10% d’argile 
dans l’acide 
1-86% parties solubles dans l’eau 1:80%,  1:79% parties solubles 


026% perdes par le séchage 026% 026% perdes par le 
séchage 
0-61% non déterminés 057%  0:38% non déterminés 
100-00% 100:.00% 100-00% 
III. Echantillon n° 351 jaune tirant sur le brun: 
67-68% PbO 67-98% PbO 
15-48% CrO, 15-48% CrO, 
4.34%, CO: = 


] -28% d’humidite = 
0-35, de parties insolubles — 
10-87% de parties solubles et de matière colorante organique 


100-00% 

IV. Echantillon de rouge de chrome: 
79-96% PbO 79-74% PbO 
19-34% CrOs 19-52% CrO, 


— traces d’alcalis — 


V. Echantillon Ia. jaune clair: 


46-08% PbO 46-16% PbO 

20-49% CrO; 19-52% CrO, 

31-29% de parties insolubles (kaolin et sulfate de barium) 
1-78% de parties solubles — 
0-29% d'humidité — 


99-93%, 
VI. Echantillon 316 jaune citron: 
69-07% PbO | 69-01% PbO 
29-12% CrO; 29-39% CrO, 
1-42% SO: 1-41% SO, 
0-26% d'humidité 0-26, d’humidité’ 
99-87%, 100-07% 


Voici ce que nous pouvons conclure de nos travaux: 

1. Pour la décomposition du chromate de plomb et des couleurs 
qui en contiennent, on peut employer avec succès l'acide chlorhydrique 
(sans alcool). 

Bulletin International. XXII. 8 


114 


2. Le sulfate de plomb obtenu au cours de l’analyse pondérale et 
souillé par le sel chromique, peut être purifié en le dissolvant par l’acide 
sulfurique concentré, puis précipité par l’eau. 

3. Un mélange d’acide nitrique et d’acide perchlorique à une cer- 
taine concentration, rend possible la dissolution du chromate de plomb 
et des couleurs le contenant. Il permet aussi de séparer le plomb de cette 
solution par, l’électrolyse, sous forme de peroxyde de plomb; le courant 
réduit en même temps le ione CrO,” en Cr’. — Les résultats sont 
très satisfaisants, si nous dissolvons le peroxyde de plomb séparé, par 
l'acide nitrique, en ajoutant de l’acide oxalique et en soumettant de nou- 
veau à l’electrolyse (d’après Vortmann), enfin en chauffant le peroxyde 
lavé à 230°C (d’après Fischer). Ou bien nous le transformons (d’après 
May) par la calcination en oxyde de plomb. — 

Notre ouvrage donne la description de la voie à suivre pour analyser 
sur la base électrolytique le jaune de chrome et aussi la composition 
de quelques couleurs typiques provenant de fabriques connues. 


Prague, Juin 1915. 


Du laboratoire de la chimie technologique des matières inorganique 
à l’école Polytechnique tchèque de Prague. 


Ein Profil durch das Pribram-Jinecer Kambrium.') 


Von 
Dr. Radim Kettner. 


(Vorgelegt in der Sitzung am 3. Mai 1918.) 


Das hier veröffentlichte Profil ist für das Pribram-Jinecer Kambrium 
grundlegend — es zeigt nicht nur die vollständige kambrische Schichten- 
folge, sondern auch das vollständige stratigraphische und tektonische 
Verhältnis der einzelnen kambrischen Zonen einerseits zueinander, anderer- 
seits zu den algonkischen Zonen und zum mittelk dhmischen Granitmassive. 

Unser Profil nimmt einen großen Teil des sö. Flügels des Barrandiens 
ein und bietet auf diese Weise einen guten Einblick in den inneren Bau des 
Brdygebirges. Es beginnt im untersilurischen Gebiete im Litavkatale 
oberhalb Lochovice (in den Zahoïaner Schichten D 4,,,) und geht über den 
quarzitischen Plesivec (D d,) zu Bévin oberhalb Jince und über die kam- 
brischen Kämme des Brdygebirges (Komorsko, Hovice, Maly Chlum bei 
Hlubos) in die II. (d. i. algonkische) Schieferzone zwischen Zirov und 
Pitin. Auf dem spilitischen Hügel 500 bei Zirov tritt es in die I. Pii- 
bramer (kambrische) Grauwackenzone ein, schneidet den Rücken Hadov 
bei Liha und dringt beim Meierhofe Skalka in die I. (algonk.) Schieferzone 
ein. Von hier setzt sich das Profil in der Umgebung der Ortschaft Czhelna in 
die kambrische Dubenec-Druhlicer Zone fort und dringt am Berge Chlum, 
im Toker Tale die Dubenec-Druhlicer Zone verlassend, in den Rand des 
. mittelböhmischen Granitmassives (G 7.) ein, welcher sich hier direkt an 
die Dubenec-Druhlicer Zone anlehnt. 

Es schneidet also unser Profil alle kambrischen Zonen der Pribramer 
Umgebung: die Dubenec-Druhlicer Zone (D. dr.), die I. Pribramer Grau- 


1) Die hier im Texte in Klammern angeführten Abkürzungen (z. B. 
I. dr.,Cc, 8, R. svh. u. s. w.) beziehen sich auf die in unserem Profile angewendeten 
Bezeichnungen; s. = Schutt und Lehm, $ —8 = Dislokationen in der Plesivec- 
Gruppe. 
g* 


116 


wackenzone (I. dr.) und die II. Pribramer Grauwackenzone (II. dr.). Die 
einzelnen kambrischen Zonen sind durch algonkische Schieferzonen von- 
einander getrennt. Von diesen ist die ZI. Pribramer Schieferzone (II. br.) 
älter als die erste (I. br.), denn sie enthält spilitische Ergußgesteine (Sp.) 
und Lydite (Kieselschiefer) (L.) ?) den spilitischen Ergußgesteinen sind auch 
die Proterobase (Pt.), von denen einer auch in unser Profil fällt, genetisch 
anzugliedern. Die I. Schieferzone gehört zum jüngsten Abschnitte des 
böhm. Algonkiums; es fehlen hier Lydite und Spilite, dagegen ist hier der 
wichtige Horizont der Grauwackenkonglomerate (kongl.) typisch entwickelt. 
Desselben Alters, wie die I. Schieferzone ist auch das algonkische Liegende 
der Dubenec-Druhlicer Zone (Alg. im Profil). 

In den kambrischen Zonen zeigt unser Profil nur in der II. Grau- 
wackenzone die vollständige Schichtenfolge. Es schneidet hier auch die 
jüngsten kambrischen Schichten, nämlich: die Jinecer Schichten (C c,) 
und die im Hangenden der letzteren auftretenden Birkenberger Sandsteine 
(C cs). In den übrigen zwei kambrischen Zonen ist nur die untere kambrische 
Stufe :Cc, (Pfibramer Grauwacken) vollständig entwickelt und zwar 
durch die üblichen vier Abteilungen.: durch die Zitecer Konglomerate 
(C cya), die Hluboser Konglomerate (C c, ß), die Sddek-Bohutiner Schichten 
(C c; y) und die T¥emosnd-Konglomerate (C c, 3). In der Dubenec-Druhlicer 
Zone sind die Konglomerate C c, « und C c, ß vom Granite intensiv kontakt- 
metamorph beeinflußt (im Profile durch vertikale Schraffen dargestellt) 3) 

Das direkte Hangende der Birkenberger Sandsteine (C c,) bildet 
gewöhnlich in der Jinecer Gegend die eisensteinführende Komoraner 
Zone (Dd, ß); die Krusna hora-Schichten (D d; x) Pflegen hier zu fehlen. 

Unser Profil zeigt, daß die einzelnen Glieder der kambrischen 
Schichtenfolge sich einigemal wiederholen. Diese Wiederholung ist durch 
eine Reihe von streichenden Störungen hervorgerufen worden, von denen 
die Mehrzahl die Natur der Überschiebungen besitzen. Da sich diese Stö- 
rungen im sö. Flügel des Barrandiens auf längere Distanzen verfolgen 
lassen, haben wir sie mit speziellen lokalen Namen versehen. Vom SO an 
folgen diese Längsstörungen (Überschiebungen) in unserem Profile hinter- 
einander: 

1: Die Dubenecer Überschiebung (R. d.). Sie beginnt auf der Kote 602 
Lei Haje und führt, die Grenze zwischen der Dubenec-Druhlicer Zone und 
der I. Schieferzone bildend, über Dubenec, Skalka, Dlouha Lhota und 


den nördl. Abhang der Vrchy bei Voborist& bis zur Tuëkover Mühle an 


der Kocäba. 
2. Die Heiligberger Überschiebung (R. svh.). Dieselbe zieht sich 
durch die Mitte der ganzen I. Grauwackenzone und zwar vom Hluboky- 


*) Vergl. R. Kettner: Versuch einer stratigraphischen Einteilung des 
böhm. Algonkiums, Geol. Rundschau. 1917. 

®) Vergl. die Arbeit von Mlada Kettnerovä: O metamorfovanych 
slepencich kambrickych od Dubence u Pfibram&, Rozpravy Ces. Akad. 1918. 


117 


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118 


Teiche bei Nesvaëily über Vysoka, Narysov, Vojna, den Heiligen Berg bei 
Pifbram, Pichce, Hadov und Kameni bei Rosovice bis auf den Wolfsberg 
bei Dobri$; hier vereint sie sich mit der nächstfolgenden Überschiebung: 
der Pifbramer Lettenkluft. 

3. Die Pribramer Lettenkluft (R. j.) begrenzt die I. Grauwackenzone 
auf ihrer NW Seite gegen die II. Schieferzone. Am deutlichsten ist sie im 
Birkenberger Bergbaue entblößt. 

4. Die Brdy-Überschiebung (R. b.). Die wichtigste Längsstörung 
für das Brdy-Gebirge. Sie verläuft in der II. Grauwackenzone vom Slo- 
novec nördl. von Piibram über Komorsko, Holy Vrch, Provazec, Maly 
Vrch und Kuchynka auf den Hrebeny-Rücken, wo sie am deutlichsten 
durch den steilen Abhang unterhalb Hradec, Vysoka Jedle, Jistebny und 
Bozi vrazky gekennzeichnet ist. 

Nördl. von der Brdy-Überschiebung folgen in der Jinecer Gegend 
westl. von der Litavka noch weitere wichtige Längsüberschiebungen ; 
auf das rechte Litavkaufer und dabei in unser Profil reicht aber von 
ihnen nur die Cenkover Überschiebung (R. &.) in den Tiemosnä Konglo- 
meraten. 

Die weiteren, den NW Teil unseres Profils betreffenden Störungen 
sind nur lokaler Bedeutung, indem sie sich bloß auf die quarzitische Ple- 
Sivec-Gruppe beschränken. Einige von ıhren sind durch radiale Kräjte 
hervorgerufene Dislokationen, also echte Senkungsbrüche, die, wie es scheint, 
jünger sind, als die Längsüberschiebungen. Der wichtigste und bekannteste 
dieser Brüche ist der Ostry-Bruch (Z. O.), der sich vom Giftberge bei Ko- 
morau über den Ostrÿ bei Felbahka zieht, bei der Papierfabrik die Ltavka 
überquert und ich gegen Lhotka fortsetzt. 

Beachtenswert in unserem Profile ist die I. Grauwackenzone. Ihre 
Schichten bilden hier keine Synklinale, wie man früher annahm. Die 
synklinale Umbiegung der Schichten beschränkt sich nur auf die sw. 
Hälfte der I. Grauwackenzone bis zur Litavka bei Piibram;*) nö davon 
fallen die Schichten sämtlich unter die Lettenkluft nach NW. 

Die isoklinale Zusammenlegung der kambrischen Schichten in 
liegende Falten, wie sie von Liebus 5) vorausgesetzt wird, läßt sich nach 
der Erkenntnis der wahren Stratigraphie überhaupt nicht annehmen. 
Der Teil unseres Profils zwischen Bérin und der II. Schieferzone deckt 
sich beinahe mit dem Liebusschen Profile Fig. 3. (S. 772) und beweist am 
besten die unrichtige Schichtenidentifizierung Liebus’ und die daraus 
sich ergebende Unhaltbarkeit der Liebus’schen Ansicht über den tekto- 
nischen Aufbau des Brdygebirges. 


1) Vergl. R. Kettner: Novy geologicky profil pribramskymi doly 
a pfibramskym okolim (Neues geol. Profil durch den Bergbau u. die Umgebung 
v. Pfibram), Sbornik les. spol. zemévédné, 1918. 

5) Geolog. Studien am Südostrande des Altpaläozoikums in Mittelböhmen. 
Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1913, S. 743— 776. 


119 


Wie ersichtlich, fallen die den Überschiebungen entsprechenden 
Dislokationsflächen im sö. Flügel des Barrandiens durchgehends steil 
(60-70) nach NW ein. Die Überschiebungen entstanden nicht durch 
die Reduktion der Mittelschenkel der überkippten Falten, sondern bloß 
durch einseitige Hebungen der Schollen. 


Brünn, im April 1918. 


Über Atmung und Atmungsorgane der 
Chironomidenlarven. 


(Auszug aus der böhm. Abhandlung, R. C. Ak. ë. 3.) 
Von 


Dr. JAN ZAVREL (Hradec Krälove). 


A. Topographie des Tracheensystems: 


Chironomidenlarven sind apneustisch; sie entbehren der offenen 
Stigmen. Nach der Ausbildung der Tracheen kann man zwei Larventypen 
unterscheiden (Miall): 

a) Tracheen im ganzen Körper wohl ausgebildet und mit Luft erfüllt. 
(Unterfam.: Orthocladiinae, Tanypinae, Ceratopogoninae.) 

b) Lufterfüllte Tracheen nur in einigen Körpersegmenten (besonders 
den thorakalen) vorhanden (Unterfam.: Chironominae). 

Miall (11, pg. 82) hält die zweite Type für primitiv, die erste für ab- 
geleitet; dagegen glaube ich, daß eine homonom-metamerische Anord- 
nung der Tracheen in allen Körpersegmenten der primitiven Insekten- 
type viel näher steht; darnach ist die erste Type als primitiv, die zweite 
als reduziert aufzufassen. 

Als Beispiel einer Chironomidenlarve mit vollkommen entwickeltem 
Tracheensystem wähle ich die sehr durchsichtige Larve von Pelopia fas- 
ciigera Kieff. (Fig. 1.) Man erkennt an ihr: 

1. Zwei laterale Hauptstämme, welche den ganzen Körper durch- 
ziehen und in der Ruhelage schöne, segmental geordnete Wellen bilden. 

2. 9 Paare (je ein in den Körpersegmenten 2.—10.) seitlicher, kurzer 
Ästchen (Fig. 1), welche unter der Haut blind endigen. Diese Ästchen 
bezeichne ich (nach Vimmer) als ‚Trachea arcus stigmatis (= ,,initialbranch 
oder ‚initial tube“ nach Miall). 

Es wäre aber verfehlt, in diesen Stigmenbögen (= „tr. arcus stig- 
matis nur sekundäre Abzweigungen der Hauptstämme zu erblicken. 
Vielmehr erscheinen bei näherer Betrachtung die Hauptstämme aus seg- 
mental geordneten Abschnitten zusammengesetzt zu sein, ein jeder Abschnitt 


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121 


beginnt eben mit dem betreffenden Stigmenbogen, durchläuft dann das 
ganze vorherstehende Segment, wo er sich im oralen Teile des Segmentes 
an den vernachbarten Abschnitt anschließt. Diese Auffassung wird durch 
folgende Tatsachen begründet: 

1. An der Stelle, wo sich zwei Abschnitte der Hauptstämme vereinigen, 
beobachtet man fast immer eine feine Einschnürung. (Bei manchen Culex- 
Arten sind die starken Hauptstämme fast rosenkranzartig eingeschnürt.) 

2. Meinert konnte bei der Mochlonyx-Larve an solchen Stellen sogar 
schwache Scheidewände (,septa‘“) beobachten. 

3. Meistenteils sind an den Verbindungsstellen beide Abschnitte 
unter einem stumpfen Winkel zueinander geneigt. 

4. Bei jeder Häutung zerfällt die Tracheen-Intima in Abschnitte, 
welche den einzelnen Körpersegmenten entsprechen. (Dasselbe hat Hurst 
bei den Culex-Larven beobachtet.) 

Wenn also das Tracheensystem der Tracheaten aus einer Serie seg- 
mental geordneter, röhrenartiger Hypodermiseinstülpungen entsteht 
(Bütschli nach Packard, pg. 442), so haben gerade die Dipterenlarven 
in dieser Hinsicht eine recht primitive Type beibehalten, was übrigens 
auch Packard hervorhebt. 

Die einzelnen Abschnitte der Hauptstämme bezeichne ich (mit Vim- 
mer) als „Trachea anastomotica longitudinalis dorsalis stigmatis I.—II. 
II.—III. etc. 

Eine nähere Betrachtung des ganzen Tracheensystems der Larve 
von Pelopia fasciigera ergibt folgende Tatsachen (Fig. 1): 

1. Beide Hauptstamme (fr.) bestehen aus 9 Abschnitten, welche 
aus 9 Stigmenbögen (a I—IX) entspringen; der I. Stigmenbogen liegt 
im II. thoracalen, der letzte im VII. abdominalen Segmente. Im 8.—10. 
Ahdominalsegmente setzen sich die Hauptstämme als etwas dünnere, 
nicht segmentierte Röhrchen ohne Stigmenbögen fort. 

2. Aus einem jeden Stigmenbogen entspringen folgende Ästchen 
(Fig. 2 u. 3): 

a) basal: Trachea dorsalis posterior (im Thorax auch ,,anterior“) (d), 

b) terminal: «) Trachea pleuralis anterior (p), ß) Trachea ventralis(v.) 
mit zwei Ästchen: anterior und posterior ; die letzte entsendet als Nebenast: 
Trachea pleuralis posterior. 

3. Queranastomosen beider Hauptstämme (Tracheae anastomoticae 
transversales dorsales) sind nur im I. u. II. Thorakalsegmente und an 
der Grenze zwischen dem 7. u. 8. Abdominalsegmente entwickelt. (a. tr.) 

4. Ventrale Längsanastomosen zwischen zwei benachbarten Stig- 
menbögen sind nur im Thorax zwischen dem I.—II. und II.—III. Stig- 
menbogen vorhanden. (Fig. 2, 3; J. v.) Diese ,,Tracheae anastomoticae 
longitudinales ventrales sind höchstwahrscheinlich durch Verwachsen 
der Tr. ventralis posterior mit einem Nebenästchen des nächstfolgenden 
Stigment ogens entstanden. 


122 


5. In den Kopf dringen zwei starke, aus dem I. Stigmenbogen ent- 
springende Tracheenäste hinein: Tr. cephalica dorsalis (c. d.) und ventralis 
(c. v.). Ein Nebenast der dorsalen Trachee bildet reichliche dendritische 
Verzweigungen im Gehirn (Tr. cerebralis, cr.), während die terminalen, 
dendritischen Verzweigungen des dorsalen Astes in das Subösophageal- 
ganglion hineindringen (Tr. suboesophagalis). Die ventrale Kopftrachee 
entsendet dünne Ästchen zu den verschiedenen Kopforganen (Augen, 
Mundteile, Muskeln, Kopfhypodermis etc.). 

6. Jedes Segment trägt unter der Hypodermis (in der Muskulatur 
und dem Fettkörper) je zwei dorsale, zwei pleurale und zwei ventrale 
Geflechte von reich verzweigten Tracheenkapillaren (Plexus anterior und 
posterior: dorsalis, pleuralis, ventralis). 

7. Jedes Bauchganglion wird durch einen Ast der Fetreffenden Tr. 
ventralis anterior mit Luft versorgt. 

Ganz ähnliche Anordnung findet man auch bei allen übrigen Tany- 
pinen. Auffallendere Abweichungen von dieser Type sind nur diese: 

a) Bei den Larven der Nigrodunctata-Gruppe fehlen die Tracheen 
im 8.—10. At dominalsegment. 

b\ Bei den schlammbewohnenden Macropelopia-Larven sind die 
hypodermalen Kapillarengeflechte im Fettgewebe besonders schön aus- 
gebildet und reichlich verzweigt. | 

Orthocladiinen-Larven weisen folgende Besonderheiten auf (Fig. 5): 

1. Tr. anastomoticae transversales dorsales sind in allen 3 Thorakal- 
segmenten vorhanden; es fehlt dagegen die Queranastomose an der Grenze 
des 7.—8. Abdominalsegmentes. 

2. Tracheenepithel (,‚Ektotrachea“) der Hauptstämme und der 
Seitenzweige ersten Ranges besteht gewöhnlich aus großen Zellen, welche 
bei manchen Arten mit violetten, grünen oder biaunen Pigmentkörnchen 
erfüllt sind. 

Ceratopogoninen-Larven (— untersucht wurden nur einige Bezia- 
und Palpomyia-Larven aus der Gruppe C. vermiformes und Dasyhelea 
Zavÿeli Kieff aus der Gruppe C. intermediae —) besitzen ein etwas mehr 
kompliziertes Tracheensystem (Fig. 6): | 

1. Die Segmentation der Hauptstämme ist weniger deutlich. 

2. Dorsale Queranastomosen sind nicht nur in allen thorakalen, 
sondern auch in den ersten 7 Abdominalsegmenten entwickelt. 

3. Alle Stigment ögen scheinen durch ventrale Längsanastomosen 
verbunden zu sein (— dies läßt sich freilich bei den meisten Arten wegen 
der dicken Chitinhülle nur schwer kontrollieren —). 

4. Plexus dorsales posteriores entspringen aus den Queranasto- 
mosen. 

5. Tr. cerebralis und suboesophagealis liegen im Pro- und Mesothorax, 


Bei den Larven der Chironominae ist das thorakale Tracheensystem 
ziemlich ähnlich, wie bei den Tanypinen entwickelt. Die Gattung Chiro- 


123 


nomus besitzt nur thorakale Tracheen. Dagegen fand ich bei den meisten 
Tanytarsus-Larven (— aus den Gruppen: gregarius, inermipes, exiguus, 
agrayloides*), sowie bei den Paratendipes- und Microtendipes-Larven 
Luft enthaltende Tracheen auch im 8—10 Abdominalsegmente; diese 
dringen hier auch in die Analkiemen hinein. Man kann also nach der Ent- 
wicklung des Tracheensystems eine Bestimmungstafel der Unterfami- 
lien der Chironomiden-Larven entwerfen: 


1. a) Tracheen in allen Körpersegmen- 


ERSCHIEN LEE Ste 2. 
b) Tracheen nur in einigen Körper- 
segmenten vorhanden ....... Unterf.: Chironominae 4. 


2. a) Dorsale Queranastomosen in allen 
thorakalen und in den ersten 7 
At dominalsegmenten entwickelté Unterf.: Ceratopogoninae 
b) Nur 3 Queranastomosen vor- 
handen PERMET PA ee 
3. a) Queranastomosen im I. u. II. tho- 
rakalen und an der Grenze des 
7.—8. Abdominalsegmentes .... Unterf.: Tanypinae. 
b) Queranastomosen in allen 3 tho- 
rakalen. Segmenten... ss. 2.4% Unterf.: Orthocladiinae. 
4. a) Tracheen nur im Thorax ent- 
Wickel ee rel Chironomi. 
b) Tracheen im Thorax und in den 
letzten 3 Abdominalsegmenten 
entwickelt}... ee. Tanytarsi + Paratendipes-Gruppe. 


Zuletzt noch eine kurze Bemerkung betreffend die Stigmenbögen- 
Als solche bezeichnet Miall (,,initial tube‘‘) und Meinert (,, Sidestrengene“) 
blasse, luftleere Strange, welche sich in jedem Segmente von den Haupt- 
stammen abzweigen und seitlich im Chitin mit einer Narbe endigen, also 
etwas anderes als meine luftenthaltende Tr. arcus stigmatis. Solche blassen 
Strange (,,Funiculi‘) kommen auch bei den Chironomiden-Larven vor 
(Fig. 2, 5), besser noch kann man sie bei den Culicidenlarven (Fig. 7, /) 
beobachten. Sie stehen immer in der Nachtarschaft der Tr. arcus stig- 
matis und es scheint ein gewisser Zusammenhang zwischen beiden Gebilden 
zu bestehen, nämlich der, daB die Tr. arcus stigmatis als momentan 
fungierende Stigment ôgen aufzufassen sind, während die Funiculi erst 
„nach der nächstfolgenden Häutung ihre Funktion übernehmen werden. 

Ein Vergleich des Tracheensystems der Chironomiden- Larven mit 
den übrigen Dipteren-Familien ergibt — soviel ich aus der Literatur er- 
sehen kann —, daB bei allen übrigen Dipteren-Larven das Tracheen- 
system komplizierter gebaut ist, als bei den Chironomiden. Es sind besonders 


*) Tanytarsus flexilin L. ausgenommen. 


124 


die ventralen Längskommissuren zwischen einzelnen Stigmenbögen, sowie 
die dorsalen Queranastomosen (manchmal auch die ventralen) viel besser 
und reichlicher entwickelt als bei den Chironomiden. Nur die Unterfamilie 
Ceratopogoninae besitzt hier eine größere Zahl der ventralen Längskommis- 
suren und der dorsalen Oueranastomosen. 


B. Atmungsanhängsel des Larvenkörpers. 


Bei den apneustischen Chironomidenlarven kann der Gasaustausch 
bloß mittels Diffusion durch die Haut stattfinden. Es ist sehr wahrschein- 
lich, daß dabei die ganze Körperoberfläche teilnimmt, wenigstens weisen 
darauf die feinen, hypodermalen Kapillarengeflechte in einzelnen Körper- 
segmenten hin. Es scheint aber, daß besondere Körperanhängsel speziell 
zu diesem Zwecke eingerichtet sind, indem einerseits die Körper- 
oberfläche vergrößern, andernseits aber durch ihre Lage und ihren Bau 
besonders zum Gasaustausche geeignet zu sein scheinen. Zu solchen rechne 
ich: 

1. Analkiemen —- papillae anales (ak). Sie sind bei fast allen Chiro- 
nomiden-Larven im Umkreise der Afteröffnung paarig entwickelt — 
übrigens aber auch bei den Larven mit offenen Stigmen vorhanden (Culi- 
cidae, Simuliidae etc.). Die meisten Chironomidenlarven besitzen 4 Anal- 
kiemen; bei Ceratopogoninen-Larven sind 2 solche, fingerförmig geteilte 
und retraktile Analpapillen vorhanden (Fig. 8). Die Larven der Gattung 
Protenthes (= Tanypus bifurcatus-Gruppe) besitzen 6 Analkiemen. Cory- 
noneura lemnae und Thalassomyia Frauenfeldi sollen nur je 1 Paar Anal- 
kiemen besitzen, während andere Corynoneura-Larven und Thalassomyia 
obscura die normale Zahl (4) aufweisen, und die mit Thalassomyia iden- 
tische Art Scopelodromus isemerinus Chevrel der Analkiemen überhaupt 
entbehrt! Auch die Gattung Clunio soll nach Goetghebuer der Analkiemen 
entbehren, während die verwandte (?) Gattung Belgica solche besitzt 
(Thienemann). Jedenfalls müssen diese einander widerstrebenden Angaben 
am frischen Materiale überprüft werden. 

Die Form der Analkiemen ist verschieden: keilförmig, mäßig ge- 
bogen (Chironomi), cylindrisch bis stumpf kegelförmig, manchmal 1—2mal | 
eingeschnürt (Orthocladiinae), lang lanzettförmig (Micropelopiae), drei- 
eckig (Tanypi), hammerartig (Tanytarsus flexilis, Fig. 11.); bei Hydro- 
baenus sollen sie terminal einen Borstenpinsel tragen. Ihr Chitin ist relativ 
dünner als am übrigen Körper, ihre Hypodermis durch auffallend große , 
großkernige Zellen gebildet. 

Miall und Johannsen sehen in diesen Papillen echte Blutkiemen 
(„blood-gills“). Ich fand dagegen schon zweimal Gelegenheit (Zaviel 
24, 29) zu zeigen, daß bei Larven mit Luft enthaltenden Tracheen in 
den letzten Körpersegmenten feine’ Tracheenäste auch in die Analkiemen 
eindringen, daß dort also die Analpapillen als Tracheenkiemen gebaut sind. 


125 


2. Ventralkiemen sind am besten bei den großen, roten 
Chironomus-Larven (— aber nicht bei allen —) entwickelt ; sie sitzen hier 
als 2 Paare langer, mit Blut erfüllten Schläuche am 8. Abdominalsegmente. 
Auch bei Thalassomyia Frauenfeldi und Hydrobaenus lugubris sollen solche 
Kiemen vorkommen. Es wurde bisher übersehen, daß einige, recht häu- 
fige Chironomus-Larven neben den erwähnten 4 Ventralkiemen noch 
1 Paar ähnlicher, aber kürzerer Schläuche lateral am 7. Abdominalsegmente 
tragen. Von den echten Ventralkiemen unterscheiden sich diese Getilde 
dadurch: 

a) daB in sie auch der Fettkôrper eindringt, welcher durch feine, 
protoplasmatische Faden mit den Hypodermiszellen verbunden ist (Fig. 
5 A 

b) daB sie seitlich je eine kurze Borste tragen, an deren Basis eine 
spindelförmige Sinneszelle sitzt. 

Ähnliche Lateralkiemen am 7. Atdominlasegmente tragen auch die 
Larven von Tanytarsus flexilis (Fig. 11) und T. agrayloides (Fig. 10). 

3. Zu den Einrichtungen, welche die Körperoberfläche vergrößern 
und dadurch den Gasaustausch erleichtern, möchte ich noch den bekannten 
dorsalen Buckelam 8. Abdominalsegmente der Tanytarsus-Larven rechnen. 
Unter ihm liegt ein großer Blut-Sinus in der Nachbarschaft der ersten 
Herzkammer (Fig. 11, A). Es scheint, daß auch der Dorsalbuckel der 
Corethra-Larve zu ähnlichen Gebilden gehört (vrgl. Zaviel, 29). 

Über ähnliche Atmungsanhängsel der Puppen erwähne ich nur, 
daß zu solchen die Prothorakalhörner und bei manchen Arten auch die 
Analflossen zuzuzählen sind. Die Prothorakalhörner sind entweder in 
der Form von fadenförmig verzweigten Tracheenkiemen oder als einfache 
Hörner entwickelt. De Meijere behauptet, daß die prothorakalen Tracheen- 
kiemen der Chironomus-Puppen und die Prothorakalhörner anderer Chi- 
ronomiden verschiedene, analogische aber nicht homologische Organe 
vorstellen. Dagegen muß man konstatieren, daß die prothorakalen At- 
mungsorgane der Puppen von Tanytarsus agrayloides, T. flexilis, Paraten- 
dipes und Microtendipes-Arten einen hübschen Übergang zwischen den 
einfachen Prothorakalhörnern und den reich verzweigten Tracheenkiemen 
bilden. 


C. Physiologisch-biologische Bemerkungen. 


Die Empfindsamkeit der Chironomidenlarven gegen den Oxygen- 
Gehalt des Wassers ist eine recht verschiedene. Während einige Formen 
nur im gut durchlüfteten und O-reichen Wasser leben können, gehören 
andere (z. B. die roten Chironomus-Larven) zu den polysabroben Organis- 
men und können einen großen O-Mangel ertragen. 

Die große Resistenzfähigkeit der roten Chironomuz-Larven kann 
man wohl daduch erklären, daß sie eine Einrichtung besitzen, die ihnen 


126 


erlaubt, eine gewisse Menge von Oxygen in ihrem Körper aufzuspeichern 
und für eine geraume Zeit zu erhalten; diese Fähigkeit besitzt eben das 
in ihrem Blute enthaltene Hämoglobin (Rollet, Lankester, Miall). Ich 
verweise hier nur noch darauf, daß damit die physiologische Bedeutung 
des Hämoglobins keineswegs erschöpfend erklärt ist; denn es besitzen 
Hämoglobin auch solche Larven, die in keinem oxygenarmen Medium 
leben (z. B. die in Blättern minierenden Chironomus-Larven), sowie auch 
Formen mit vollkommen entwickeltem Tracheensystem (z. B. Macro- 
pelopia-Larven). 

Weiter gibt es Formen, welche in einem stark verunreinigten und 
oxygen-armen Wasser leben und dennoch kein Hämoglobin enthalten. 
Ich glaube auch bei solchen Larven einen Ersatz für das fehlende Hämo- 
globin gefunden zu haben. Wie ich schon oben erwähnt habe, besitzen 
manche Orthocladius-Larven große, mit Pigmentkörnchen gefüllte Epithel- 
zellen an den Tracheen ; wo solche fehlen, sind entweder die trachealen 
tlauptstamme von pigmenttragenden Fettgewebesträngen umgeben (z. 5. 
Metriocnemus hygropetricus, Bezia-Larven), oder man findet Pigmentr 
zellen in der Hypodermis und Pigmentanhäufungen im Fettgewebe unte- 
der Haut, wo sich gewöhnlich auch reiche Kapillarengeflechte der Tra- 
cheen verzweigen. Ich glaube, daß diese Pigmente eine ähnliche Rolle 
bei dem Gasaustausche der Larven spielen, wie das Hämoglobin im 
Blute der Chironomus-Larven. Vielleicht wären gerade diese Larven ein 
günstiges Objekt für das Studium der bisher noch nicht genügend durch- 
forschten ‚Tätigkeit der Tracheenwände und des respiratorischen Epi- 
thels‘“ (Babak, 2). | 


D. Atmungsbewegungen. 


Echte respiratorische Bewegungen, durch welche ein Luftstrom in 
den Tracheen erzeugt würde, gibt es bei den Chironomiden-Larven nicht. 
Als Atmungsbewegungen bezeichne ich solche, welche entweder eine stän- 
dige Wasserströmung im Umkreise des Larvenkörpers erzeugen, oder 
lokomotorische Bewegungen, welche die Larve in ein oxygenreiches Me- 
dium bringen. 

a) Wasserstrom erzeugende Bewegungen: 

Willem und Grippekoven haben solche Bewegungen bei den minie- 
renden Chironomiden-Larven eingehend beschrieben; es sind: 

1. Wellenbewegungen des ganzen Körpers, wobei sich die Larve 
mittels der Vorderfüßchen und Nachschieber festhält. 

2. Pumpende Bewegungen, wobei die Larve nur mit den Nachschie- 
bern angeheftet ist und ihren Körper periodisch zusammenzieht und 
streckt. 

Diese zwei Bewegungsarten wiederholen sich periodisch, indem 
sich die Larve in ihrem Gehäuse zeitweise umdreht und in dieser neuen. 
Lage (Kopf nach hinten) dieselben Bewegungen ausführt u. s. w. 


127 


Solche Bewegungen beobachtet man aber nicht nur an den minie- 
renden, sondern auch an den in Schlainmgehäusen lebenden Chironomus- 
und Tanytarsus-Larven, auch die in freien Gehäusen lebenden Larven 
(Agrayloides-Gruppe, Orthocladiinae), ja auch einige freilebenden Larven 
(Prodiamesa, Macropelopia, Trichotanypus) üben ähnliche Bewegungen aus. 

3. Pendelbewegungen habe ich bei Chironomus- u. Tanytarsus-Larven 
beobachtet. Die Larve streckt etwa */, ihres Körpers (Abdomen voran) 
aus dem Gehäuse vor und macht dann schnelle schwingende Bewegungen. 

Es wäre gewiß sehr interessant die Intensität und Rhythmik aller 
dieser Bewegungen unter verschiedenen Bedingungen (Oxygengehalt, 
Temperatur des Wassers etc.) quantitativ zu studieren. 

4. Lokomotorische Atmungsbewegungen. Die roten Chironomus- 
Larven verlassen nachts ihre Gehäuse und steigen durch schlangenartige 
Bewegungen zur Wasseroberfläche empor, um ihr Hämoglobin mit Oxygen 
zu sättigen (Miall). Ähnliche Bewegungen habe ich tei einigen Tanytarsus-, 
Cricotopus- und Tanypinen-Larven beobachtet. Da ich solche Bewegungen 
auch am Tage, aber immer in einem trüben und wenig durchlichteten 
Wasser gesehen habe, so ist es sehr wahrscheinlich, daß diese Bewegungen 
nicht nur durch O-Mangel, sondern auch durch Lichtreize hervorgerufen 
werden (vrgl. auch Grippekoven, p. 13.) 

Einen besonderen Drang, die Wasseroberfläche zu erreichen, zeigen 
einige, nicht näher bestimmte Orthocladiinen-Larven (sicher sind dazwi- 
schen Angehörige der Gattung Metriocnemus). Bringt man solche Larven 
in eine ganz flache Schale, so kriechen sie gleich zur Wasseroberfläche 
und deckt man die Schale nicht gut zu, so kriechen sie sogar aus der Schale 
weg. In Zuchtgläsern verpuppen sie sich an der Glaswand gerade an der 
Grenze zwischen Luft und Wasser. In der Natur leben sie zwischen Algen- 
klümpen oder an Pflanzenblättern, welche an der Wasseroberfläche flot- 
tieren. Willem sieht in dem eigentümlichen Benehmen dieser Larven 
einen „positiven Heliotropismus, der mit einem negativen Geotropismus 
gepaart ist‘. (Zitiert nach Grippekoven, 4, pg. 13.) Meiner Ansicht nach 
läßt sich dieses Benehmen eher durch eine große Empfindsamkeit der 
Larven gegen O-Mangel erklären; ich sehe also auch darin nur eine loko- 
motorische Atmungsbewerung. 


Eingegangen am 18. September 1917. 


= 
bo 
(04) 


Figurenerklärung. 


Alle Figuren wurden mit Abbeschem Zeichenapparat bei der angegebenen 
VergrôBerung gezeichnet und bei der Reproduktion auf die Hälfte verkleinert. 
a I—IX — Abdominalsegmente. 


ak — Analkiemen. 

a. tr. 1, 2, etc. — Tiachea anastomotica transversalis dorsalis. 
b — Sinnesborste an den Lateralkiemen. 

c. d — Trachea cephalica dorsalis. 

c. v — Tr. cephalica ventralis, 

cr — Plexus cerebralis. 

d. 1, 2 etc. — Trachea dendritica dorsalis (anterior). 

d. la, 2a — Tr. dendritica doısalis (posterior). 

d. p. — Dorsale Borstenträger des 9. Abdominalsegmentes. 

l. v. 1, 2 — Trachea anastomotica longitudinalis ventralis. | 


n. f — Nachschieber. 
p. 1, 2.. (oder: pl) — Trachea dendritica pleuralis (anterior), 


D. la, 2a.. — Tr. dendritica pleuralis (posterior). 
s — Chitinnarbe am Ende des blassen Seitenstranges (f). 
sg — Ganglion suboésophagale. 
t I.—III. — Thorakalsegmente. 
ty — Tracheale Hauptstämme. 
v. I, 2 — Tr. dendritica ventralis, 
v. f — Vorderfüßchen. 


I—IX — Tr. arcus stigmatis. 

Fig. 1. Tracheensystem der Larve von Pelopia fasciigera Kieff.; ventrale Äste 
sind punktiert, Reichert, Obj. 1, Oc. 2. 

Fig. 2. Pel. fasciigera; linke Seite des Tracheensystems im Kopfe, Pro- und 
Mesothorax. Dorsalansicht. Reichert, Obj. 4. Oc. 2. 

Fig. 3. Pelopia nigropunctata Staeg. Larve; linke Seite des thorakalen Tracheen- 
systems; Seitenansicht; Reichert, Obj. 4, Oc. 2. 

Fig. 4. Pelopia nigropunctata Staeg. ; Puppe ;linke Seite des thorakalen Tracheen- 
systems; Seitenansicht; K — Schwinger, K/ — Flügel, n. K — Narben- 
filzkammer (nach De Meijere), p. h — Prothorakalhorn ; Reichert, Obj. 
4.068 2. ‘ 

Fig. 5. Prodiamesa praecox Kief.; Larve; rechte Seite des Tracheenssystems 
im Kopfe und Thorax; Seitenansicht; Leitz, Obj. 4, Oc. 2. 

Fig. 6. Bezia sp., Larve; thorakales Tracheensystem; Dorsalansicht; Leitz, 
Obj: 4; 1Oc:22; 

Fig. 7. Culex sp., Larve; dritter Stigmenbogen mit zugehörigem Seitenstrange 
(f);: Leitz, Oj. 6, Oc. 2. 

Fig. 8. Dasyhelea Zavreli Kieffer; Analkiemen; Reichert, Obj. 4, Oc. 2. 

Fig. 9. Chironomus sp.; Lateralkieme des 7. Abdominalsegmentes; ¢ — Fett- 
körper ; Leitz, Obj. 6, Oc. 2. 

Fig. 10. Tanytarsus agrayloides Kieff; Lateralkieme ; Reichert, Obj. 8, Oc. 2. 

Fig. 11. Tanytarsus flexilis L; Körperende der Larve;  — Dorsalbuckel, ch — 
Chorditonalorgan, sr — Herz, Reichert, Obj. 4, Oc. 2. 


(JE) 


129 


Literatur. 


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Ann. de Biolog. Lac. VII, 1914. 


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Su 


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44., 1878. 


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9, De Meijere; J.C. H.: Über die Prothoracal fn der Diptererpuppen. Zcol. 


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und Hydrograp. 1912. 


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wassers und der Zusammensetzung der Tiefenfauna unserer Seen. Int. Rev. 
d. ges. Hydrobiol. und Hydrogr. 1913. 


. Thienemann, A.: Physikalische und chemische Untersuchungen in den Maaren 


‘der Eifel, II., Bonn 1915. 


3. Thienemann, A.: Zur Kenntnis der Salzwasser-Chironcmiden. Stuttgart 1915. 
. Thienemann, A. u. Zaviel, J.: Die Metamorphose der Tanypinen, I. Teil, Stutt- 


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. Vimmer, A: Piispévek k topografii tracheälni scustavy larev hmyzu dvoj- 


kiidlého. Biol. Listy, V. 1916. 


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royale de Belgique, 1908. 


. Zaviel, J.: Prispvky k poznänf larev Dipter. Cas. ées. spol. entom., III, 1916. 
. Zavïel; J.: Zur Morphologie der Tendipedidenlarven. Zeit. f. wiss. Insekten- 


biol., 1915—16. 


Berichtigung: 


Die Art ,,Tanytarsus flexilis‘‘ soll nach dem neuen Vorschlage Kieffers’s 


Zawfeliella cribraria Kieff. heißen. 


Bulletin International. XXII. 9 


Über einen Steinerschen Satz, die Krümmungs- 
kreise eines Kegelschnittes betreffend und einige 
Beziehungen desselben zum Normalenproblem. 


J. SOBOTKA. 


(Mit 7 Figuren im Text.) 


1. Es soll sich hier zuerst um den von Steiner in folgender Form 
aufgestellten Satz handeln: 

„Durch jeden Punkt D einer Ellipse gehen drei Krümmungskreise 
der letzteren, welche in irgend drei anderen Punkten A, B, C oskulieren; 
und jedesmal liegen die vier Punkte A, B, C, Din einem Kreise.“ 

Diesen und andere damit zusammenhängende Sätze und Beziehungen 
hat Steiner ohne Beweis in Crelles Journal im J. 1845 veröffentlicht. *) 

Den ersten Beweis dieses Satzes und seinen Zusammenhang mit dem 
Normalenproblem gab in einer kurzen, jedoch bemerkenswerten Arbeit 
F. Joachimsthal in demselben Journal im J. 1848. Wir wollen hier zunächst 
diesen Satz in Betracht nehmen und die bekannte Tatsache bemerken, 
daß er natürlich auch für Hyperbeln gilt, während er für Parabeln eine 
Ausartung erleidet. 

Es ist bekannt, daß die Symmetralen der Winkel, die durch zwei 
Sehnen gebildet werden, welche die Schnittpunkte eines Kreises mit einem 
Kegelschnitt s verbinden, parallel den Achsen des Kegelschnittes sind. 
Oskuliert also ein Kreis m, den Kegelschnitt sim Punkte M, und schneidet 
hn noch im Punkte M, so ist hiernach die Gerade M, M zu der Tangente 
, in M, an s antiparallel inbezug auf die Achsen von s. 

Auf s entsteht also eine einfache Punktverwandtschaft, in der jedem 
Punkte M, derjenige Punkt M zugeordnet wird, in welchem die zu deı 
Tangente #, von s in M, durch M, gezogene Antiparallele inbezug auf 
die Kegelschnittachsen den Kegelschritt noch einmal schneidet. Diese 
Verwandtschaft liefert uns einfach die Beziehungen des angeführten Satzes. 


*) Cf. Jakob Steiners Gesammelte Werke, II. Bd. S. 377. 


‘131 


Es sei s zunächst eine Parabel, ¢’ sei ihre zu ¢, inbezug auf die Parabel- 
achse x symmetrisch liegende Tangente, M’ deren Berührungspunkt. 
Die Parallele durch M’ zu x schneidet #, im Pole T der Geraden M, M 
und M, M selbst schneide sie im Punkte M,. Es ist M, M = M, M,; trifft 
nun M, M die Achse x im Punkte M, so ist deshalb M: M =3. M, M:. 

Daraus folgt, daß auf s die Reihe der Punkte M zu der Reihe von 
Punkten M, projektiv ist, wobei der Scheitel der Parabel und der un- 
endlich ferne Punkt ihrer Achse die Doppelpunkte sind. Es geht also 
durch jeden Punkt M einer Parabel ein einziger Kreis, welcher dieselbe in 
einem anderen Punkte oskuliert. 

2. Es sei (Fig. 1) s ein zentrischer Kegelschnitt. Wir betrachten 
das System der Kreise d, welche durch einen festen Punkt D dieses 
Kegelschnittes gehen und ihn berühren. Ist A, der Berührungspunkt 
und D, der noch, vorkommende Schnittpunkt dieses Kreises mit s, 
so ist die Tangente 4, von s in A, zu DD, antiparallel bezüglich 
der Kegelschnittachsen. Ermitteln wir also zu DD, den konjugierten 
Durchmesser / und zu diesem den inbezug auf die Kegelschnittachsen 
symmetrisch gelegenen Durchmesser 7’, so schneidet dieser den Kegel- 
schnitt s in den Punkten A, A, von der Lage, daß die Tangenten 
in ihnen an s zu D D, inbezug auf die Achsen von s antiparallel sind. 
Die Kreise durch D, D,, A, und D, Dy, À, sind Berührungskreise von s. 
Wir sehen, daß in dieser Weise jedem Strahl D D, durch D projektiv ein 
Durchmesser 7’ von s entspricht von der Eigenschaft, daß die durch den 
festen Punkt D gehenden Kreise, welche sin seinen Endpunkten berühren, 
sich in D, auf s schneiden, 

Bewegt sich D, auf s, so beschreibt D D, einen Strahlenbüschel (D) 
* und I’ einen zu ihm projektiven Strahlenbüschel (/’), während das Punkte- 
paar A, A, eine zu der Reihe der Punkte D, projektive Involution be- 
schreibt. Der Durchmesser / beschreibt einen zu beiden Büscheln pro- 
jektiven Strahlenbüschel (/). 

Die Büschel (D), (J) erzeugen einen Kegelschnitt s,, welcher s in D 
berührt, durch den Mittelpunkt O von s geht und zu s ähnlich liegt, also 
DO zum Durchmesser hat; er geht auch durch die FuBpunkte D’, D'' der 
Senkrechten, welche von D auf die Achsen x, y des Kegelschnittes s gefällt 
werden, so daß DO und D’ D” sich in dem Mittelpunkte O, von s,schneiden. 

Die Büschel (D), (J) erzeugen gleichfalls einen Kegelschnitt s’ welcher 
durch die Punkte D, O, D', D” geht und somit den Punkt 0, gleichfalls zum 
Mittelpunkte hat. Die Tangenten t’, ¢’’ von s’ in den Punkten D und O 
sind zur Tangente tin D an s inbezug auf die Achsen x, y antiparallel. 
Schneidet irgend ein Strahl von (D) die Geraden x, yin X, Y und die Kegel- 
schnitte s’ s, in P, S, so ist (X Y PS;) =—1. Daraus folgt, daß die 
unendlich fernen Punkte von s’ inbezug auf s, und umgekehrt die von s, 
inbezug auf s’ konjugiert sind. Um dies einzuschen, braucht man, wenn 
s eine Ellipse ist, nur durch D die Parallele zu einem der inbezug auf x, y 

9* 


132 


symmetrisch liegenden konjugierten Durchmesser von szu zichen; diese 
Parallele schneidet s’ im Unendlichen. Ist seine Hyperbel, so zieht man 
durch D die Parallele zu einer Asymptote derselben, welche s’ noch in 
einem Punkte trifft, dessen Verbindungsgerade mit O zu ihr inbezug auf 
x und y antiparallel ist. 

Verbindet man irgend einen Punkt P von s’ mit D und O, so schneidet 
die erste Gerade s in einem Punkte D,, die zweite in dem zugehörigen 
Punktepaar 4, 4, Ist P ein von D verschiedener Schnittpunkt P, der 
Kegelschnitte s’, s, so fällt D, mit einem der Punkte A,, A, zusammen 
und der durch D gehende Berührungskreis in P, oskuliert s in Pj. 


Es gibt also drei Kreise durch D, welche s anderwärts oskulieren. 
Die Oskulationspunkte sind die drei Schnittpunkte P,, P,, P;, welche s’ 
mit saußer Dnoch besitzt. Die Kegelschnitte s’, shaben parallele Achsen ; 
deshalb enthält der Kegelschnittbüschel, welchen sie festlegen, einen Kreis À. 
Es liegen also die Oskulationspunkte der drei Krümmungskreise durch D 
mit D auf einem Kreise. Dadurch ist der Steinersche Satz bewiesen. 

Ist seine gleichseitige Hyperbel, so ist s’selbst ein Kreis. Wir ersehen 
also, daß die Oskulationspunkte der Krümmungskreise durch D die Schnitt- 
punkte der gleichseitigen Hyperbel s mit dem über O D als Durchmesser 
gelegten Kreise sind. Aus anderen Betrachtungen *) geht hervor, daß von 
diesen Schnittpunkten nur einer P, reell ist und daß D P, die kürzeste 
durch D gezogene Strecke zwischen den Asymptoten von s ist. 

*) Cf. Bulletin intern. de l’Académie des Sciences de Bohême 1913: Eine 


besondere Art von einem gegebenen Dreieck ein- oder umgeschriebenen ex- 
tremen Dreiecken. S. 16 u. ff. 


133 
¢ 

3. Wir wollen aber auch den Kreis k im allgemeinen Fall konstruieren. 
Der Punkt O ist konjugiert zu dem unendlich fernen Punkt von #’ inbezug 
auf beide Kegelschnitte s, s’, also inbezug auf jeden Kegelschnitt des Bü- 
schels (ss), somit auch inbezug auf k. Daraus folgt, daß der durch O 
gehende Durchmesser #, von k senkrecht steht auf der Tangente ¢’ in D 
an den Kegelschnitt s’. Die Tangente # in D’ an s’ ist zu der Tangente / 
von sin D parallel; daraus folgt, daß O, konjugiert ist zu dem unendlich 
fernen Punkt von ¢ sowohl inbezug auf s als auch inbezug auf s’, somit 
auch inbezug auf k. Deshalb ist die Senkrechte von O, auf ¢ ein zweiter 
Durchmesser #, von À. Es ergibt sich also der Mittelpunkt K von k als 
Schnitt der Geraden #,, #2. Diese Geraden sind bezüglich der Achsen 
von s zu einander antiparallel. Kir 

Schneidet die Normale # von sin D die Hauptachse x von sin Nj, 
die Nebenachse y in N,, die Parallele durch N, zu y die Parallele durch N, 
zu x auf #, im Punkte N, und ist K, der Schnittpunkt von # mit n,, so ist 
OK =10 K, =10N, welche Beziehung uns eine überaus einfache 
Konstruktion von K liefert. 

4. Bezeichnen wir (Fig. 2) die Schnittpunkte der von O auf t ge- 
fällten Senkrechten mit ¢ durch D,, mit NN, durch N’ und mit NN, 
durch N”, weiter sei a? das Quadrat der halben Hauptachse, 0? das der 
halben Nebenachse von s und setzen wir &= + 1, wenn s eine Ellipse 


und e = — 1, wenn seine Hyperbel ist. Aus der Beziehung 
DANG 2.80 
D N, té a? 
folgt 
NE TON, ee 
mer en, 0 N,) = Con 


wenn wir e = a? — eb? setzen. 

Die letzte Proportion läßt sich 
auch schreiben 

& ee a + el | 
D-K,: N,N, = "À? (1) 

Ebenso erhalten wir die Pro- 
portion 

DN,:ON"=eb:e (2) 
Nun ist, wenn x, y die Koordi- 


naten von D inbezug auf die Achsen 
von s bedeuten, 


134 


Demnach ist 
> 


= C= 2 x? 42 
en ee, SN à = ) 


at bare 


Schneidet die Tangente ¢ die Achsen x, y in T, T”, so ist 


PEN ope ae 
x y 
1 ] 1 x? y? 


so daß ‚wir erhalten 
ND. OD; 6 0 mn 21710: Dp yD a (4) 
. Vergleichen wir die letzte Beziehung mit (2), so kommt 
ON? OD, EEE ON AO Mare (5) 


Der Kreis & geht durch D,; er schneide D,O noch im Punkte H. 
Es ist OH = DK, also mit Rücksicht auf (1) 


OND iO = OL DR DIRE 0.0, ON EE. 


und somit im Hinblick auf (5) 


„Der Kreis k schneidet den um O als Mittelpunkt mit dem Halb- 
a? + 8b? 
messer v5 beschriebenen Kreis # orthogonal, resp. den konzen- 
ud 
x , ete b à ee a 
trischen mit dem Halbmesser —— — beschriebenen Kreis ea. 


= 


metral.‘ 

Für eine gleichseitige Hyperbel ist OD„.OH=0, also H=O; 
der Kreis À geht also durch O, wie wir schon erwähnt haben. 

9. Bewegt sich D auf s, so beschreibt N einen zu s affinen Kegel- 
schnitt s, und À gehört dem Orthogonalbündel des Kreises # an. Die 
Gesamtheit der Kreise k ergibt also ein System von Kreisen, welche # 
orthogonal schneiden und ihre Mittelpunkte auf dem Kegelschnitte s’, 
haben, welcher mit s, konzentrisch und ähnlich gelegen im Verhältnis 
1:4 ist. Diese Kreise umhüllen also eine Zyklik, im besonderen Falle 
einer gleichseitigen Hyperbel s eine Lemniskate von Bernoulli. 

Zwischen den Koordinaten (x,y) der Punkte D und den Koordi- 
naten (X,Y) der zugehörigen Punkte N bestehen nämlich die Bezie- 
hungen 


135 


Die Scheitelpunkte von s, sind die Hauptkrümmungsmittelpunkte 
von s. Der Punkt D,, beschreibt die FuBpunktkurve / des Kegelschnittes 
s für den Mittelpunkt O als Pol. Die Relationen (5) besagen, daß s, und f 
zueinander invers sind inbezug auf die mit s konzentrischen Kreise v und v’ 
vom Halbmesser e, bzw. ie. 


Dieses Ergebnis hätten wir auch auf einem mehr geometrischen 
Wege ableiten können. Es sci n die zu # unendlich benachbarte Normale 
vonsundD,D,, N,, N, N, N'' die mit ihr zusammenhängenden Punkte, 
welche den früheren Punkten D, D,, N, N, N, N" analog sind. Die 
Geraden x, y‚,t,nsind Tangenten einer Parabel, welche #in dem dem Punkte 
D zugehörigen Krümmungsmittelpunkte (n. #) von s berührt. O D ist die 
Leitgerade der Parabel und N N ist die Polare von O inbezug auf sie als 
die Achse der Projektivität zwischen den ähnlichen Punktreihen N,, N,...; 
DEN»... auf x und y. Da O auf der Leitgerade der Parabel liegt, so 
ist der Fußpunkt der Senkrechten g von Oauf NN der Brennpunkt der 
Parabel und die Geraden g, O D liegen zu einander symmetrisch bezüglich 
der zueinander senkrechten Tangenten x, y der Parabel. Daraus folgt, 
daß OD 1 N’ N”. Es steht also die Tangente g’’ in N” an s, senkrecht 
auf OD. Die Normale in D, an die Kurve fist, wie bekannt, O, D,,. Folg- 
lich bilden die Tangenten in N” an s, und in D, an fein gleichschenk- 
liges Dreieck über D, N” als Grundlinie und die Punkte N”, N", Do, 
Da liegen auf einem Kreise. Es ist also ON”. OD, =am D DES 
und da dies für jede zwei unendlich benachbarten Strahlen O N”, O N” eilt, 
so sind s, und finvers. Fällt D in einen Hauptscheitel, so ist D,, = D und 
N" ist ein Hauptkrümmungsmittelpunkt, so daß hier O N”, OD, = —e. 
Dies gibt also die vorher erwähnte Inversion beider Kurven. 


6. Zwischen den Punkten D und den Oskulationspunkten A, B, € 
der drei durch D gehenden Krümmungskreise besteht eine (1, 3)deutige 
Verwandtschaft, also eine Projektivität der Punktreihe (D) mit einer 
kubischen Involution (ABC). Es umhüllen also alle Dreiecke ABC, 
welche die Tripel dieser Involution verbinden, einen Kegelschnitt s* 
Wählen wir Dunendlich fern auf s, dann ist OD = r eine Asymptote von 
s; rv’ sei die zweite ; die Normale # in D fällt hier mit der unendlich fernen 
Geraden der Ebene zusammen, während #, in den zu r’ senkrechten Durch- 
messer von s übergeht. Der Kreis k, welcher die Punkte D, A, B, C ver- 
bindet, zerfällt, da sein Mittelpunkt K unendlich fern auf #, liegt und 
da er # orthogonal schneidet, in die Asymptote r’ und die unendlich ferne 


_ Gerade u,, der Ebene. Dieser degenerierte Kreis schneidet nun s außer 


im Punkte Din drei Punkten, die sich alle in dem unendlich fernen Punkte 
von r’ vereinigen. In jedem unendlich fernen Punkte von s sind hiernach 
die Punkte je eines Tripels unserer Involution vereinigt. Diese ist also 
eine zyklische Projektivität, welche die unendlich fernen Punkte von s 
zu Doppelpunkten hat. 


136 


Die Tripeldreiecke A BC umhüllen den Involutionskegelschnitt s*, 
welcher mit dem gegebenen Kegelschnitt s koaxial ist, welcher außerdem 
wegen der erwähnten Projektivität den Kegelschnitt s in den Doppel- 
punkten der Projektivität berührt, also mit s ähnlich und in ähnlicher 
Lage liegt. Eine Folge der zyklischen Projektivität ist bekanntlich, daß 
tt, die Harmonikale von Oinbezug auf jedes Tripeldreieck A BC ist und daß 
die Seiten: A B, BC, CA von s* in-deren, Schnittpunkten’ (,, 4, Br zur 
CO, AO, BO berührt werden. Es bilden nämlich A’, B’, C’ als Projekti- 


onen der Punkte A, Bb, C von O auf s, gleichfalls ein Tripel der kubischen " 


Involution. Die Tangente in A an s schneidet uv, im Punkte Aw, durch 
den auch die Seite BC geht und ist zu A O inbezug auf s* konjugiert ; die 
Tangente in A’ an s geht gleichfalls durch A, und ist zu A0=A4A0 


, inbezug auf s* und imum 
die Gerade B C in deren Berührungspunkte A,mits*. Da (BCAA,)=—1, 
so folgt, daß O der Schwerpunkt des Dreieckes der drei zu D gehörigen 
Oskulationspunkte A, B, C ist. 

Ist s eine Ellipse, so sind die Doppelpunkte der zyklischen Projekti- 
vität imaginär, also alle Dreiecke À BC sind reell; ist s eine Hyperbel, 
dann ist für jedes Dreieck A BC nur eine Ecke und die gegenüberliegende 
Seite reell, die übrigen Ecken und Seiten sind imaginär. Es geht also 
durch irgend einen Punkt Dauf der Hyperbel s nur ein reeller Krümmungs- 
kreis, welcher sie an einer anderen Stelle oskuliert. 

Wir schen, daß die b:i Steiner enthaltene Beschränkung des Satzes 
aut eine Ellipse eine gewisse Berechtigung besitzt. Ferner erkennen wir, 


konjugiert. Es ist also AO die Polare von A „ 


157 


daß das Ähnlichkeitsverhältnis zwischen s* und s gleich 1:2 ist. Für eine 


Ellipse läßt sich das bequem auch wie folgt erkennen. 

Wählen wir den Punkt D in einem Endpunkte eines der beiden 
konjugierten gleich langen Durchmesser. Dann zerfällt der Kegelschnitt 
s’in diesen Durchmesser D O und die durch O, gezogene Parallele zu dem 
andern. Es treffe diese Parallele sin B und C und es sei A der zweite End- 
punkt des Durchmessers DO. Alsdann ergeben A, B, C das zu D gehörige 
Oskulationstripel. Nehmen wir D in À an, so erhalten wir ein Oskulations- 
tripel A’ B’C’, das zu A BC inbezug auf O symmetrisch liegt. Die Tripel- 
dreiecke hüllen einen Kegelschnitt s* um. Ist (BC)* die zu (BC) un- 
endlich benachbarte Tangente desselben, so ergibt sich etwa aus dem 
Brianchonschen Sechsseit {(4 C) (B’C’) (BC) (BC)*(A’C’)(AB)}, daß 
dieser Kegelschnitt die Strecke BC in ihrem Mittelpunkt berührt, woraus 
folgt, daß s* aus s durch ähnliche Lage für O als Mittelpunkt und für das 
Verhältnis 1:2 abgeleitet werden kann. Es ist also O der Schwerpunkt 
eines jeden Tripeldreieckes ABC. 

7. Es sei (Fig. 3.) wiederum ABC irgend ein Tripeldreieck, H der 
Schnittpunkt seiner Höhen. Dieser Punkt liegt mit dem Schwerpunkt O 
des Dreieckes und mit dem Mittelpunkt K des ihm umgeschriebenen Kreises 
auf einer Geraden und es ist OH =2KO. Weiter st K,0 = 2. KO = 
= 0 H. Istalso D der zu dem Tripel A BC gehörige Punkt D und D’der zu 
D diametral gegenüberliegende Punkt von s, so geht die Normale in D’ 
an s durch H. Die Seiten des Dreieckes sind zu den Geraden, welche 
O mit den gegenüberliegenden Ecken desselben verbinden, konjugiert 
inbezug auf beide Kegelschnitte s, s*; darum gehen die Normalen von 
sin den Punkten A, B, C gleichfalls durch JZ. 

Wir kommen also zu dem Ergebnis: 

„Für die Punkte des Kegelschnittes 's, dessen Scheitel die Entfer- 
nungen der Hauptkrümmungsmittelpunkte eines gegebenen Kegelschnittes 
s von seinem Mittelpunkte O halbieren, der also mit skoaxial und ähnlich 
ist und durch eine Vierteldrehung um O mit ihm in ähnliche Lage gelangt, 
zerfällt das Problem der Normalen in eine lineare und eine kubische Auf- 
gabe. Um von irgend einem Punkte H von sauf s die Normalen zu fällen, 
mache man OH’=2.0H,0K=}HO0". 

Die Verbindungsgerade der Fußpunkte der von H’ auf die Achsen 
von s gefällten Senkrechten ist eine Normale durch H; ermittelt man 


zu deren FuBpunkt D’ den diametral gegenüberliegenden Punkt D 


auf s, so schneidet der durch D gehende Kreis k mit dem Mittelpunkte 
K den Kegelschnitt s in den Fußpunkten der anderen drei durch H 
an s gezogenen Normalen. | 
Unabhängig von D konstruieren wir k als den Orthogonalkreis zu u 
mit gegebenem Mittelpunkt K. 
8. Diese Zusammenhänge, welche zum großen Teil schon Joachims- 
thalauf originellem Wege gefunden hat, lassen sich aber auch leicht weiter- 


138 


führen und mit den Konstruktionen von Normalentripeln an einen zen- 
trischen Kegelschnitt, die von den Punkten einer festangenommenen 
Normale desselben ausstrahlen, in Verbindung bringen. 

Es sei also n irgend eine Normale von s, D’ ihr FuBpunkt, A, ihr 
Schnitt mit der Hauptachse, B, mit der Nebenachse, D der zu D’ dia- 
metral gegenüberliegende Punkt von s. Soll man von irgend einem Punkte 
P auf n die weiteren Normalen an s legen, so errichtet man in A, und B, 
die Senkrechten zur Haupt- und Nebenachse von s, ermittelt zu ihrem 
Schnittpunkt H’ den inbezug auf O symmetrisch liegenden Punkt N und 
halbiert NP in A,, oder man ermittelt die Vektoren 4,0 Zi 
OK, =41Q0. Alsdann schneidet der um K, als Mittelpunkt beschrie- 
bene Kreis A,, welcher durch D geht, den Kegelschnitt noch in den Fuß- 
punkten der fraglichen Normalen. 3 

Diese Konstruktionen rühren im Wesen gleichfalls von Joachimsthal 
(Crelles Journal 26. Bd.) ; auf rein geometrischem Wege hat dieselben in 
schöner Weise C. Pelz abgeleitet. (Sitzb. der k. Akad. der Wissensch. zu 
Wien 1882.) Wir werden im folgenden gleichfalls zu einer einfachen Her- 
leitung der zuletzt angeführten Konstruktionen gelangen. (Art. 14.) 

Ist F der Fußpunkt der Senkrechten von O auf die Tangente an sin 
D und 0’ der zu Q inbezug auf O symmetrisch liegende Punkt, so ist DO’ 
die zu # parallele Normale von s; H’ N schneidet die Normale # im Punkte 
H, die Normale DQ’ im Punkte Ky, und es gelten die Beziehungen 


OF .DO'=072.0D =0F (02-4 DI —ON (id ae 
= OA A, SEA 2 DA 
Setzen wir 


Au 
ET 
. SO wird 
f an a. Ü+d4, D 
OF DQ de an ze]. 
Da nun 
Ds ED 
a (NES 
so folgt weiter 
Pd aus ED» 
AE a Pre 


und 
LR 5 ED 
OF.DQO=OF.4,H Er +4) — 3 


Nach früherem, dem Ausdruck (5) zufolge, ist 
FO. BoA oO ee 
darum ist schlieBlich 
OF ,.DQ' =— (a+ eà b. 


Garin 


DUT US mé 


139 
Da der Kreis k durch D und F geht und FO noch im Punkte 
Q’’ schneidet, so daß 00”= DO’, so besitzt er in O die Potenz 
x= —(@+ 610°). 
Fur die Abszissen x, X der Punkte D’, P gilt die Proportion 
é L? 


POR PAL AB ee 
PED SDMA AY By EbR ; 
BD 7 
für die Ordinaten y, Y die Proportion 
De A; 
RD 
Es ist also 
X e+ esAb? Y 


RT WE A) 


Teilen wir somit die sämtlichen Normalen von s in der angegebenen 
Weise im Verhältnis 4, so beschreibt der Teilungspunkt P einen mit s ko- 
axialen Kegelschnitt (P). 


9, Sei n, eine gemeinsame Tangente von (P) und der Evolute des Kegel- 
schnittes s, welche (P) in E berühren möge. Hier ist E der Teilungspunkt 
für die Normale n, von s in dem gegebenen Verhältnis 4. Durch den zu 
E unendlich benachbarten Punkt E, auf (P) geht eine zu #, unendlich 
benachbarte Normale an s, für welche Z, der Teilungspunkt für das ge- 
gebene Verhältnis A ist. Es schneiden sich also in E, zwei unendlich nahe 
Normalen von s. Deshalb ist E ein Krümmungsmittelpunkt von s. Der 
Kegelschnitt (P) berührt somit die Evolute von s in vier Punkten. 


Und umgekehrt jeder mit s koaxiale Kegelschnitt (P), welcher 
die Evolute von s (in vier Punkten) berührt, ist mit s affin, wobei die 
Achsen sich selbst entsprechen; den Berührungspunkten von (P) mit der 
Evolute entsprechen auf s die Fußpunkte der Normalen, welche (P) in 
diesen Berührungspunkten berühren. Für die Punkte P eines solchen 
Kegelschnittes degeneriert das Normalenproblem, indem die Verbindungs- 
gerade von P mit dem affin entsprechenden Punkt D’ auf s die Normale 
PD’ in D’an s ist, welche also linear konstruiert werden kann, und die 
weiteren drei Normalen durch Pan s werden in der zuvor angegebenen 
Weise ermittelt und zwar mit Hilfe von Kreisen k, welche alle einen mit 
s konzentrischen Kreis #, resp. w’„ diametral resp. orthogonal schneiden, 
je nachdem der Halbmesser dieses Kreises gleich ist Va’+ sb? oder 
V— (a2 + 84 0°). ; 


Für den Punkt Q sei . 


140 


Es ist also 
pty hp Bion AT ee aie 
À ED: Réel oder 
e2 
py ee 7 
e D? (7) 


Es beschreibt also Q gleichfalls cinen Kegelschnitt (Q), der die Evolute 
von s berührt und der zu dem System der Kegelschnitte gehört, für deren 
Punkte das Normalenproblem degeneriert. 

Der Mittelpunkt X, von k, beschreibt also einen Kegelschnitt (K,,), 
welcher mit (0) ähnlich liegt für O als Ähnlichkeitsmittelpunkt im Ver- 
hältnis 1:2. Die zugeordneten Punkte der Kegelschnitte (P), (0) liegen 
zueinander symmetrisch inbezug auf H. Die Potenz x von O in- 
bezug auf die Kreise k,, welche den Punkten von (P) entsprechen, ist 
m = — (a+ & À b?) ; die Potenz x’ von O inbezug auf die Kreise ky, welche 
den Punkten von (Q) entsprechen, ist #°— — (a? + eA’b2), so daß wir 
mit Rücksicht auf (7) erhalten 

cn’ = —(a+ € Dd’). 
MOMENT 
2 
(ERLE 2 & b: 
fallen beide Kegelschnitte (P), (Q) zusammen und wir haben den Fall 
vor uns, zu dem uns die Oskulationstripel geführt haben. Der Zusammen- 
hang der Kegelschnitte (P) und (Q) ist ein Dee le Ist A oder A’ 


= Beschreibt also P oder Q 


den Kegelschnitt s, dann beschreibt Q resp. P einen Kegelschnitt, den 
wir mit (s) bezeichnen wollen. Hier ist entweder w = — (a? + & b?) 
und æ' = 0 oder umgekehrt. 

Ist also P irgend ein Punkt auf (s) und D’ der FuBpunkt der linear 
konstruierten Normale PD’, so ist k, der über O D als Durchmesser ge- 
schlagene Kreis, wenn wieder D dem Punkte D’ diametral gegenüber 
liegt. Wir bezeichnen mit R,, R,, R, die weiteren Schnitte von k, mit s und 
können den Satz aussprechen: 

„Die Kreise, welche die Halbmesser O D eines Kegelschnittes s vom 
Mittelpunkte O zu Durchmessern haben, schneiden denselben in drei 
weiteren Punkten, für welche die Normalen an s in einem Punkte P zusam- 
menlaufen ; durch diesen Punkt P geht auch die Normale an sin dem 
zu D diametral gegenüberliegenden Punkte D’; sämtliche Punkte P be- 
schreiben einen mit s gleichartigen koaxialen Kegelschnitt.“ 

Ist s eine Hyperbel, so haben die Strecken, welche auf den Geraden 
DR, DR,, DR, durch die Asymptoten ausgeschnitten werden, extreme 
Längen unter allen endlichen Strecken, welche durch sie auf den Geraden 
durch D ausgeschnitten werden. *) 


gleich 1, dann ist A’ resp. 4 gleich — 


*) Cf. Bulletin de l’Académie des Sciences de Bohême a. a. O. 


<r ee 5 drin 


141 


Die Fußpunkte der Normalen an die Hyperbel s von den Punkten 
P der Hyperbel (s) haben also die Eigenschaft, daßauf den Geraden, welche 
den diametral gegenüberliegenden Punkt eines von ihnen mit den übrigen 
verbinden, durch die Asymptoten der Hyperbel s Strecken von extremen 
Längen ausgeschnitten werden. 

Wir können diesen Zusammenhang auch, wie folgt, aussprechen: 

„Zieht man in einer Ebene durch irgend einen Punkt D die drei 
möglichen Transversalen i,, ig, {3 zu irgend zwei Geraden a, b so, daß 
die Strecken, welche auf ihnen durch a und b ausgeschnitten werden, 
extreme Längen annehmen, so schneidet die Hyperbel, welche durch D 
geht und die Geraden a, b zu Asymptoten hat, die Geraden £,, fy, ta in 
weiteren Punkten, deren Normalen an die Hyperbel in einem Punkte 
zusammenlaufen, durch den auch die Normale an die Hyperbel in dem 
zu D diametral gegenüberliegenden Punkte D’ geht.“ 

Dabei können aber zvei von den Geraden 4, fo, f, konjugiert ima- 
ginär sein. 

11. Bezeichnen A?, s B? die Halbachsenquadrate von (P), so 
ist nach (6) 

A a= ee sb BA 
und somit 
Aa—Eebbh =e. 
Ferner ist _ 
z—=—(a+ebb))=—(b+ Aa) 
und 
x’ = & b (B —b).=a(A —a). 
Fir (s) folgt daraus | 
AE & b? de & a” 
Man om De 

Daraus folgt de Konstruktion sämtlicher Kegelschnitte (P). Wir 
verbinden (Fig. 4) beieiner Ellipse 
den Krümmungsmittelpunkt von 
s, welcher zu einem Hauptscheitel 
gehört, mit dem, welcher zu einem 
Nebenscheitel gehört, bei einer 
Hyperbel s den Krümmungs- 
mittelpunkt für einen Scheitel 
derselben mit dem für einen 
Scheitel der zu s inbezug auf 
die Asymptoten konjugierten 
Hyperbel, durch eine Gerade d. 
Die Fußpunkte der von irgend 
einem Punkte der Geraden d 
auf die Achsen x, y gefällten 
Senkrechten sind Endpunkte der 
Achsen für einen Kegelschnitt (P). 


142 


Bezüglich der linearen Konstruktion der Normale P D’kann folgendes 
bemerkt werden. Es seien À und % diejenigen auf x liegenden Scheitel- 
punkte von s und (P), deren Scheiteltangenten sich mit den Parallelen zur 
Achse x in je einem der Endpunkte der Nebenachse von (P) resp. s auf 
dschneiden, und Kg sei der zu A gehörige Krümmungsmittelpunkt von s, 
also der Schnittpunkt von d mit x. 
Wegen (WO K,)= (PB, À,), und wenn 
P„ den Fußpunkt der von P auf x 
gefällten Senkrechten bedeutet, wobei 
(P By Ay) FAR ONE 
= (P,0 A, ), und es folgt daraus, daß 
die Normale » parallel ist zu der Ge- 
raden, welche den Schnittpunkt der 
Tangente in WA an (P) mit der Geraden 
PO und den Punkt K, verbindet. 

Durch jeden Punkt P gehen vier 
Kegelschnitte (P). Jeder von ihnen 
rührt von einer anderen Normale # 
von Pan sher. Fällt man vom Schnitt- 
punkt der Tangente in Pan (P) mit x die Senkrechte zu # und verbindet 
O und deren Schnitt mit PP,, so trifft die Verbindungsgerade s in den 
zugehörigen Punkten D”, D, weil x, y, # und die Tangenten in D’ans 
und in Pan (P) eine Parabel berühren. Umgekehrt fühıt die Konstruktion 
der von P ausgehenden Normalen an s zur Ermittelung der vier durch P 
gehenden zu s koaxialen Kegelschnitte, welche die Evolute von s be- 
rühren. 4 

Für die Evolute w von s ist natürlich das Normalenproblem quadra- 
tisch. Ist also (Fig. 5) P der zu D’ gehörige Krümmungsmittelpunkt von s, 
so ist wegen P A, = B, Q nach einer bekannten Krümmungsmittelpunkts- 
konstruktion OQ | D'O. 4 

Macht man also 0 Q | D'OundO K, =} Q0,s0 ist Kg der Mittel- 
punkt des Kreises k,, welcher auch durch D” geht und s in den FuB- 
punkten der von # verschiedenen Normalen an s schneidet. Ihre Verbin- 
dungssehne o ist zu O D’ antiparallel inbezug auf die Achsen von s und 
kann auf verschiedene Arten linear konstruiert werden. So schneidet 
beispielsweise die Antiparallele durch K, zu QO inbezug auf x die Gerade 
o im Mittelpunkte M der auf ihr liegenden Sehne von A, und die Anti- 
parallele durch O zur Tangente an sin D’ trifft die Gerade oin dem Mittel- 
punkte der auf ihr liegenden Sehne von s. Also ist M der Schnitt beider 
Antiparallelen. Dies führt zur folgenden Konstruktion von o. Man ermit- 
telt Q, fällt von Q die Senkrechten auf x und y und schneidet im Punkte M’ 
die Verbindungsgerade ihrer Fußpunkte mit dem Durchmesser von s, 
welcher die zwischen x und y enthaltene Länge der Tangente in D’ an s 
halbiert. Macht man OM = M'O, so erhält man den Punkt M von o. 


REX Cu ay Tad org TE Eger Sehe re 


143 


Die Kegelschnitte (P) hat für s als Ellipse bereits Eckardt in einer 
analytischen Abhandlung (Schlömilchs Zeitschr. f. M. u. Ph. 1873) erkannt 
und die hier abgeleiteten Eigenschaften wurden teilweise neben den bereits 
angeführten auch noch von anderen Autoren in verschiedenen Zusam- 
menhängen und Behandlungsformen betrachtet, so von Emil Weyr in 
Schlömilchs ‚‚Zeitschrift“‘, 16. Bd., insbesondere auch von K. Zahradnik, 
über dessen diesbezügliche Arbeiten in dem kurz erschienenen Bulletin 
des travaux... pour les années 1867—1914 der Südslavischen Akademie 
d. Wissensch. näher berichtet wird. 

12. Unsere Betrachtungen stehen in naher Beziehung mit der allge- 
meinen Lösung des Normalenproblems für einen vollkommen gegebenen 
Kegelschnitt s, welche ja auch von Joachimsthal herrührt und außer dem 
Kegelschnitt nur Gerade und Kreise verwendet. 

Es sei in der Ebene von s eine beliebige Gerade g gegeben. Wir 
können eine Verwandtschaft der Punktreihen auf s und g in der Art her- 
stellen, daß wir jedem Punkte N; von s den Schnittpunkt N der Normale in 
N; an s mit g zuordnen und umgekehrt ordnen wir irgend einem Punkte N 
von g die Fußpunkte N; (: =1,..4) der von N an s ausstrahlenden 
Normalen. Dadurch gelangen wir zu einer Verwandtschaft (4, 1), also zu 
einer Punktinvolution 4. Grades auf s, welche zu der Punktreihe auf g 
projektiv ist. Die Involution auf s kann man auch durch einen Kegel- 
schnittbüschel einschneiden, indem wir durch zwei Gruppen derselben 
zwei beliebige Kegelschnitte legen, welche einen Büschel & bestimmen. 
Alsdann liegt jede Gruppe der Involution aufeinem Elemente dieses Büschels, 
welcher mit der Punktreihe auf g gleichfalls projektiv ist. 

Durch die Gruppen, welche den Schnittpunkten von g mit den 
Achsen des Kegelschnittes s entsprechen, kann man Geradenpaare legen, 
deren je eine Gerade mit einer Achse von s zusammenfällt. Alsdann sind 
der Mittelpunkt O von sund der auf g liegende Pol Q für die zu g inbezug 
auf s normalkonjugierte Gerade, sowie die unendlich fernen Achsenpunkte 
von s, als die Schnittpunkte der Elemente des einen Geradenpaares mit 
den desanderen, die Grundpunkte des Büschels. Der dem unendlich fernen 
Punkt von g zugehörige Kegelschnitt des Büschels zerfällt in die un- 
endlich ferne Gerade der Ebene und den Durchmesser QO von s, welcher 
zu der auf g senkrechten Richtung inbezug auf s konjugiert ist. Der jedem 
anderen Punkt G von g zugehörige Kegelschnitt des Büschels ist alsdann 
die zu G gehörige Apollonische Hyperbel. Daß dieselbe durch den Punkt 
G selbst geht, schen wir aus der Projektivität des Büschels & mit der 
Reihe der Punkte G auf der durch den Grundpunkt Q des Büschels gehen- 
den Geraden g. Es fallen auf ihr die von Q verschiedenen Schnittpunkte 
der drei degenerierenden Kegelschnitte in & mit den entsprechenden 
Punkten G zusammen; es gilt dies also für jeden Kegelschnitt von 2. 
So gelangen wir zu der altberühmten Lösung des Normalenproblems, zu 
der auf analogem Wege auch schon Em. Weyr in einer Arbeit aus dem 


144 


J.1871 (Schlömilchs Zeitschr. XVI Jhrg. S. 440 u. ff.) gelangt ist. Dreht 
sich die Gerade gum den Punkt G, so ändert sich die zugehörige Apol- 
lonische Hyperbel % nicht; der Punkt Q ändert sich und beschreibt sie ; 
so erscheint die Apollonische Hyperbel als der Polarkegelschnitt der 
Pelz-Steinerschen Parabel des Punktes G inbezug auf den Kegelschnitt s. 

13. Ist g ein Durchmesser von s, so berühren einander alle Kegel- 
schnitte des erwähnten Büschels in O. Ist s eine Ellipse, so sind die 
Fußpunkte der von O ausgehenden Normalen alle reell und wir können 
durch dieselben zwei zueinander und zu einem der einander konjugierten 
gleichen Durchmesser}, 7, parallele Sehnen /,,1”,, resp. 27,2”, führen. 
Der Durchmesser m, welcher zu der auf OG senkrechten Richtung 
konjugiert ist, und die unendlich ferne Gerade u» verbinden die vier 
Fußpunkte der Normalen, welche von dem unendlich fernen Punkte der 
Geraden OG an s gelegt werden. Es gehen somit durch die Fußpunkte 
der Normalen, welche man an die Ellipse s von irgend einem Punkte 
G ihrer Ebene legen kann, zwei Parabeln, deren Achsen zu den konju- 
giert gleichen Durchmessern J, resp. J, der Ellipse parallel sind. 

Dieses Ergebnis hat Ed. Weyr auf einem anderen Wege abgeleitet 
(Sitzber. der k. böhm. Ges. d. Wissensch. in Prag 1902). 

Den Punkten G eines Durchmessers g = OG von sentspricht pro- 
jektiv ein Büschel von Parabeln mit der Achsenrichtung J, und ein 
Büschel von Parabeln mit der Achsenrichtung /,. Es sei nun (Fig. 6.) g 
ein Durchmesser von s, welcher zu einem der gleichen konjugierten 
Durchmesser /,, 7, normal ist; also etwa g | Z. Dann fällt m mit % 
zusammen und der Büschel der Parabel #, welcher durch die Geradenpaare 
lala, muo festgelegt ist, geht hier in eine Involution in einem Strahlen- 
büschel, dessen Geraden zu 2, parallel sind, über, welche Involution durch 
die soeben angegebenen zwei Paare festgelegt ist. Diese Strahleninvolution 
ist projektiv zu der Punktreihe auf g. Wirsehen, daß für g | 4\oderg | J, 
das Normalenproblem in quadratische Konstruktionen degeneriert, wie 
schon Pelz auch bewiesen hat. 

Schneiden wir beispielsweise die Strahleninvolution mit der Haupt- 
achse x von s,so erhalten wir eine Punktinvolution und die Reihe der Punkte 
M, welche die Entfernungen der Punktepaare dieser Involution hälften, 
ist zu der Reihe der Punkte G auf g projektiv und zwar perspektiv ähnlich, 
es sind also alle Geraden M G zueinander parallel. Um ihre Richtung zu 
bestimmen, errichten wir in einem Endpunkte Z, von Z, die Normale an s, 
welche gin G, schneiden möge. Der zu G, gehörige Punkt M ist, wie leicht. 
zu erkennen, der Mittelpunkt M, der senkrechten Projektion von O L, auf x. 

Zu der so entstandenen Figur konstruieren wir eine ähnlich liegende 
für O als Ähnlichkeitspunkt und zwar eine solche, in der dem Mittelpunkte 
L, von OL, ein Punkt auf O L, entspricht, in dem eine Hauptscheiteltan- 
gente ¢, mit einer Nebenscheiteltangente # von s sich schneiden. Dann 
ontspreche dem Punkt G, der Punkt G’,. Ist A, der Scheitelpunkt auf # 


a: : into. dé 


145 


und trifft g die Tangenten £,, #, in den Punkten 1, 2, so sehen wir, daß 


1G,=02 und G’, A, | G, M,. Dadurch ist die Richtung G’, A,der Geraden 
M Gbestimmt. Um sie zu ermitteln, braucht man also nur die Gerade £ 
mit Z, und 2, zu schneiden, dann in angegebener Weise den Punkt G’, zu 


_ ermitteln, wodurch G’, A, bestimmt ist. Um also von G die Normalen zu 


be 


ziehen, führen wir Eck G die Parallele zu G’, A,, welche x im Punkte M 
trifft, um welchen als Mitte Ipunkt wir den Kreis legen, welcher den Haupt- 


scheitelkreis von s diametral schneidet. Schließlich ziehen wir durch die 
auf x liegenden Punkte dieses Kreises die Parallelen zu /,, welche sin den 
Fußpunkten der von G auf s gefällten Normalen treffen. 

Wir gelangen so zu Konstruktionen, welche wir in einer früheren 
Arbeit (Sitzgsber. der k.böhm. Ges. d. Wissensch. 1903) auf anderem Wege 


gefunden haben. 


14. Ist die Gerade g (im Art. 12.) eine Normale von s und Q ihr 
Fußpunkt, so haben in der zur Punktreihe G... auf g projektiven 
Involution 4. Grades alle Gruppen den Punkt Q gemein; die übrigen 
Punkte dieser Gruppen bilden also Gruppen einer Involution J, dritten 


Grades, welche zu der Punktreihe G... gleichfalls projektiv ist. Legen 
wir durch irgend einen Punkt D auf s er durch die Tripel zweier Gruppen 


„von J; je einen Kegelschnitt, so legen diese beiden Kegelschnitte einen 
Bulletin international. XXII. 10 


146 


Büschel Z fest und jeder Kegelschnitt von & schneidet aus s eine 
Gruppe von J; aus. 

Wir wollen als D den zu Q diametral gegenüberliegenden Punkt 
annehmen. Die dem unendlich fernen Punkt von g entsprechende Gruppe 
in J,besteht aus den unendlich fernen Punkten und aus dem mit D zu- 
sammenfallenden Punkte von s. Die Tangente tin Dan s und die unendlich 
ferne Gerade 4% der Ebene repräsentieren also einen Kegelschnitt, welcher 
diese Gruppe mit D verbindet. Wir nehmen nun (¢ u») als einen Kegel- 
schnitt von San. Die Fußpunkte der Normalen, welche von dem Mittel- 
punkte H der aus g durch die Achsen x, y von s ausgeschnittenen Strecke 
ausstrahlen, liegen nach der früher hier abgeleiteten Beziehung von Joa- 
chimsthal auf einem durch D gehenden Kreise %, dessen Mittelpunkt K 
auf der Geraden liegt, welche H mit dem Mittelpunkt O von s verbindet 
und für den OK =} #0 ist. Wir können nun k als einen zweiten Kegel- 
schnitt von & annehmen, woraus wir & als einen Kreisbüschel erkennen, 
dessen Zentrale c die Senkrechte von K auf ¢ ist. Aus der Projektivität 
zwischen G,... und 2 folgt auch, daß die Punktreihe G,... mit der Reihe 
der Mittelpunkte K,,... der Kreise in 2 projektiv ist, und da die un- 


endlich fernen Punkte der Punktreihen einander entsprechen, so liegen . 


dieselben ähnlich. Ihr Ähnlichkeitspunkt ist N (Fig. 3), was daraus folgt, 
daß für Punkte G von g, welche auf den Achsen x und y liegen, die 
zugehörigen Punkte von c auf den Achsen y, x liegen. Hiedurch sind die 
früher angeführten Zusammenhänge der Betrachtungen von Pelz erwiesen. 

15. Wir stellen noch folgende Betrachtungan. Wir ziehen irgend einen 
Durchmesser g von s. Den Punkten G der Reihe auf g ordnen wir die un- 
endlich fernen Punkte der Normalen zu, die man von G auf s fällen kann. 
Dadurch wird eine Projektivität hergestellt zwischen einer biquadratischen 
Involution auf der unendlich fernen Geraden wo und einer gewöhnlichen 
(quadratischen) Involution auf g. Nämlich zu jedem Punkte U; von uo 
gehören zwei Punkte G,,G, auf g; das sind die Schnittpunkte der Normalen, 
welche man von U, an s ziehen kann; jedem Punkte G, entsprechen vier 
Punkte U, (¢ = 1,...4) auf uw, das sind die unendlich fernen Punkte 
der Normalen von G,an s, und durch einen von den Punkten Uj sind die 
übrigen drei gegeben. Dieselben vier Punkte U, etnsprechen auch dem 
zu G, inbezug auf O symmetrischen Punkte G,. Man erkennt daraus, daß 
die (4, 2)deutige Verwandtschaft zwischen der Punktreihe auf u» und der 
auf g eine Projektivität zweier Involutionen. ist; einer quadratischen J, 
auf g, welche O und den unendlich fernen Punkt von g zu Doppelpunkten 
hat, und einer biquadratischen J’,auf wo. Projizieren wir die Involution 
J’, von irgend einem Punkte S, so erhalten wir eine zu J, projektive 
Strahleninvolution J’,; lassen wir den Strahlenbüschel um S eine 
Vierteldrehung vollführen, so geht die Involution J’”, in eine andere 
gleichfalls mit 7, projektive Involution über. Die Strahlen der so 
erhaltenen Involution schneiden den Kegelschnitt s, wenn wir den 


147 


Punkt S auf ihm wählen, in einer Punktinvolution J, welche mit /, 
‚gleichfalls projektiv ist. 

Legen wir durch zwei Quadrupel von J, zwei Kegelschnitte ky, ke, 
so legen diese einen Büschel (k) fest. Jedes Element von (k) schneidet 
alsdann s in den vier Punkten einer Gruppe von Jy, ihm entspricht ein 
Punktepaar G,,G,in J,und diese Involution ist mit (4) wieder projektiv. 

Nehmen wir als S einen Scheitel des gegebenen Kegelschnittes an, so 
entspricht dem Doppelpunkte O von J, ein Quadrupel von J,, dessen zwei 
Punkte in dem Scheitel S, die zwei übrigen Punkte in dem zu S diametral 
gegenüberliegenden Scheitel S, vereinigt sind. Der über S S,als Durchmesser 
gelegte Scheitelkreis enthält somit alle vier Punkte dieses Quadrupels; 
wir können ihn als den Kegelschnitt k, annehmen. Dem unendlich fernen 
Punkte Go von g entspricht in J, ein Quadrupel, dessen zwei Punkte in 
dem Schnitte T von s mit der von S auf g errichteten Senkrechten zusam- 
menfallen, während die übrigen zwei die unendlich fernen Punkte von s 
sind. Die Tangente ¢ in T an s bildet mit der unendlich fernen Geraden 
Uo einen zerfallenden Kegelschnitt, welcher die Punkte des zweiten 
Quadrupels verbindet und den wir als k,annehmen. Der durch k, und k, 
bestimmte Kegelschnittbüschel ist also ein Kreisbüschel, welcher ¢ zur 
Potenzlinie hat. Es liegen also die Punkte irgend eines Quadrupels von 
Ja auf einem Kreise dieses Büschels. Dies gibt also den bekannten von 
Joachimsthal herrührenden Satz: 

„Fällt man von einem Scheitel S eines Kegelschnittes s auf die vier 
Normalen desselben, die von irgend einem Punkte seiner Ebene gehen, 
die Senkrechten, so läßt sich durch deren Schnittpunkte mit dem Kegel- 
schnitt s ein Kreis legen.‘“ 

16. Wir wollen (Fig. 7) jetzt den Punkt S beliebig auf dem Kegelschnitt 
s annehmen. Dieser Punkt S führt wieder in gleicher Weise zu einer Invo- 
lution J, auf s. Die Punkte jeder Gruppe derselben sind Schnittpunkte 
mit sder Senkrechten zu den Normalen von s, die von einem Punkte g 
auf g ausgehen. Es sei S’ der zu S symmetrisch liegende Punkt inbezug 
auf eine Achse von s und M sei ein Scheitelpunkt auf dieser Achse. Die 
Involution J, projiziert sich in der Richtung S’ M auf s wieder in eine 
biquadratische Involution J,*. Dem Punkte O von g entspricht ein Quadru- 
pel in /, von dem zweimal zwei Punkte in den Endpunkten des Durch- 
messers S’O vereinigt sind und die sich in die Endpunkte der Achse MO 
projizieren. In diesen sind also zweimal zwei Punkte einer Gruppe 
von J,* vereinigt. Der zugehörige Scheitelkreis &,* von s enthält die 
letztgenannten Punkte, verbindet ‘also das zu O gehörige Quadrupel von 
J,*. Dem unendlich fernen Punkt Ge von gentsprechen in J, der Schnitt- 
punkt T von s mit dem von S auf g gefällten Lot, sein unendlich benach- 
barter Punkt und die unendlich fernen Punkte von s. In J,* entsprechen 
dem Punkte Go der Schnitt T* von s mit der durch T zu S’M ge- 


zogenen Parallelen, sein unendlich benachbarter Punkt auf sund gleich- 
10* 


148 


falls die unendlich fernen Punkte von s. Die Tangente ¢* in T * an s und 
die unendlich ferne Gerade uo stellen also einen Kegelschnitt k,* dar, 
welcher cin zweites Quadrupel von J,* verbindet. Somit wird die Invo- 


lution J,* auf s durch den Kreisbüschel eingeschnitten, welcher ¢* zur - 


Potenzgeraden hat und den Scheitelkreis k,* enthält. 

Wir haben somit den Satz: 

„Wählen wir auf einem zentrischen Kegelschnitt s irgend einen 
Punkt S und ermitteln die zu seiner Verbindungsgeraden mit irgend 
einem Scheitel M von s symmetrisch liegende Gerade l inbezug auf die 


Fig. 


TI 


dem Scheitel M zugehörige Achse, bringen die Senkrechten von S auf 


die vier von irgend einem Punkte der Ebene des Kegelschnittes s aus- 


gchenden Normalen desselben mit s zum Schnitt, so projizieren sich die 
so erhaltenen Schnittpunkte auf s in der Richtung 7 in vier Punkte, 
die auf einem Kreise liegen.“ 

Es sei (Fig. 7) # die Normale des Kegelschnittes s für irgend einen 
Punkt N derselben und G ihr Schnittpunkt mit g. Die Senkrechte von 
M auf g schneide snoch im PunkteT,dessen Tangente an s mit ¢ bezeichnet 
werden möge. Die Senkrechte von M auf # trifft s noch in einem Punkte 1. 
legen wir durch die Schnittpunkte des durch M gehenden Scheitel- 
kreises m von s mit / den durch 1 gehenden Kreis &, so schneidet der- 
selbe sin drei weiteren Punkten 2, 3, 4, und die weiteren drei Normalen 
an sdurch G sind nach der Joachimsthalschen Konstruktion senkrecht 
zu den Geraden M2, M 3, MA, 


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149 


Fällt man von S die Senkrechte auf » und zieht durch ihren Schnitt- 
punkt S, mit s die Parallele zu /, so trifft diese s noch im Punkte lund | 
der durch 1 gehende Kreis k*, welcher dem durch mund (t*, u &) festgelegten 
Büschel angehört, schneidet s noch in den Punkten 2, 3, 4, deren 
Projektionen auf sin der Richtung / mit 2’, 3’, 4’ bezeichnet werden mögen. 
Alsdann folgt aus dem letzten Satze, daß die übrigen 3 Normalen durch 
G an s senkrecht zu den Graden S 2", $3’, S4’ sind. Nun sind die Sechs- 
ecke MS’STT*T und 15, SS’M1 Pascalsche Sechsecke, welche 
uw zur Pascalgeıaden haben. Folglich sind TT * und 11 senkrecht auf 
MO. Daraus folgt, daß die Kreise k*, % gleich sind und inbezug auf 
MO symmetrisch liegen. 

Halten wir also M fest, so fallen die allen Punkten S und auf s zuge- 
hörigen Kreise k* in einen einzigen zusammen, welcher das Spiegel- 
bild von k inbezug auf MO ist. 

Es ist also unsere Verallgemeinerung des Satzcs von Joachimsthal 
eine einfache Folge desselben. 

Durch gleiche Betrachtungen ergibt sich außerdem der spezielle Satz: 

Wählen wir auf einer gleichseitigen Hyberbel s mit dem Mittelbunkt O 
irgend einen Punkt S, ermitteln zu seiner Verbindungsgeraden mit einem 
Scheitel M derselben die in bezug auf MO symmetrisch liegende Gerade | 
und bringen die Parallelen durch S zu den vier von irgend einem Punkte 
der Ebene der Hyperbel ausgehenden Normalen derselben mit ihr zum 
Schmitt, so projizieren sich die Schnittpunkte in der Richtung | auf s in vier 
Punkte, die auf einem Kreise liegen. 

Insbesondere: 

Die Parallelen, welche man zu den von einem Punkte der Ebene einer 
gleichseitigen Hyperbel an dieselbe ausgehenden Normalen durch einen 
Scheitel M der Hyperbel führt, schneiden diese in vier Punkten, welche 
einem Kreise angehören. 

Die Kreise, zu denen wir in diesen Spezialsätzen geführt werden 
und die zugehörigen Kreise, die wir hier auf Grund des vorangehenden 
Joachimsthalschen Satzes und seiner Verallgemeinerung erhalten, sind 
alle gleich und liegen zueinander paarweise symmetrisch inbezug auf die 
Nebenachse, beziehungsweise Hauptachse der gleichseitigen Hyperbel, 
wie sich leicht dartun läßt. 


Über die Bestimmung des aktiven Sauerstoff 
im Natriumperoxyd. 


. Von Prof. Dr. Ing. Jaroslav Milbauer, Prag. 


Das Natriumperoxyd ist in der modernen Zeit ein sehr wichtiges 
Oxydationsmittel geworden, und es ist daher nicht zu verwundern, daß 
den Methoden seiner raschen Bewertung ein besonderes Augenmerk zu- 
gewendet wurde. 

Diese beruhen auf 
1, der Entwickelung des Wasserstoffperoxydes und dessen Bestimmung 

durch Titration mit Permanganatlösung (Rupp, Großmann, 

Niemayer u. a.). Dieses Verfahren ergab zu niedrige Resultate, 

welche dadurch verbessert worden sind, daß das Natriumperoxyd 

mit einem neutralen Stoff (Kochsalz!) gemischt und in angesäuertes, 
auf —5°C überkühltes Wasser eingetragen wurde. Sehr niedrige 

Resultate ergeben sich nach dem Eintragen in eine angesäuerte 

Permanganatlösung und Riicktitration mit Ferrosulfatlösung ; 
2. der Jodometrie, wo man aus Natriumperoxyd und einer Jodkalium- 

lösung Jod frei macht und dasselbe nach Zugabe von Kaliumbi- 

carbonat (im Überschuß) durch eine titrierte Lösung von Na- 
triumarsenit bestimmt. (Rupp.) Auch diese Methode ergibt zu 
niedrige, jedoch immerhien bessere Resultate als die früheren. 

3, der Volumetrie. Das Prinzip dieser Methode stammt von Archbutt. Hier 
wird der aus dem Natriumperoxyd durch Wasser unter Zusatz von 
Kobaltnitrat als Katalysator entwickelte Sauerstoff gemessen. 
Alle Autoren, die diese Methode geprüft haben, erhielten viel zu 
hohe Resultate (Großmann, Rupp, Hertig u. a.). 

Das Ziel dieser Arbeit,*) unter anderem, war die geeignetesten Be- 


*) Dies ist nur ein sehr kurzer Auszug aus der umfangreichen Disser- 
tationsarbeit des H. Ing. Jiti Dimmer, die derselbe in meinem Laborato- 
rium in den Jahren 1916—1918 ausgearbeitet hatte und die in ,,Rozpravy Ceské 
Akademie‘ unverkürzt erscheinen wird. 


u oe 


. . ‘ae 2 et les Ny ee ee 


151 


dingungen für die Sauerstoffbestimmung im Natriumperoxyd durch 
Titration und Volumetrie zu finden, die Verfahren zu vergleichen, ihre 
Fehler festzustellen und neue, einwandfreie Methoden auszuarbeiten. 

Bei der Permanganattitration und zwar dann, wenn man das Gemisch 
von Na,0, mit NaCl in angesäuertes auf —5° C überkühltes Wasser ein- 
trägt und dasentstehende Wassestoffperoxyd titriert, ergaben sich bei meh- 
reren Versuchen mit demselben Präparat verschiedene Resultate, zu B.: 
80-34%, 81-90%, 82-29% Na,O,. Vom analytischen Standpunkt wäre 
einzuwenden, daß die Titration unter Anwesenheit von Chlorwasserstoff 
vor sich geht, und also nicht fehlerlos ist; vom praktischen Stadtpunkt 
wäre die Unbequemlichkeit des Kühlens hervorzuheben. Wir bemüh- 
ten uns also, vor allem festzustellen, ob esnicht möglich wäre, das 
aus Natriumperoxyd durch Behandlung mit Wasser entstehende Wasser- 
stoffperoxyd an irgend welche Stoffe zu binden. Wir versuchten zunächst 
die Zugabe von Harnstoff und Phosphaten. Die Resultate waren jedoch 
nicht übereinstimmend, genau wie bei der gewöhnlichen Permanganat- 
titration. Während der Arbeit gelang es uns zu zeigen, daß das rasche 
Eintragen des Peroxyds in gekühltes Wasser nicht vorteilhaft ist, denn 
es findet eine lokale Überhitzung statt, deren Folge Verluste an aktivem 
Sauerstoff sind, die oft über 2% betragen. Das Einwerfen muß sehr 
sorgfältig und sehr langsam geschehen. Es wurde ferner gefunden, daß 
es von besonderem Vorteile ist, das Natriumperoxyd durch mit Schwefel- 
und Borsäure angesäuertes Wasser zu zersetzen. In diesem Falle brauchte 
keine Kühlung stattzufinden und die Titration gab vollkommen überein- 
stimmende Resultate zwischen — 5°C bis + 50°C. Dieselben waren um 
1:15% höher als diejenigen der gewöhnlichen Permanganattitration. 

Den Einfluß der Menge der beiden erwähnten Säuren prüfend, ge- 
lang es uns, folgende neue, einfache und rasche Permanganatmethode zu 
finden: 

100 ccm Wasser werden mit 5 cem conc. Schwefelsäure und 5 g Bor- 
säure (chemisch rein) versetzt. Man überzeuge sich durch einen blinden 
Versuch, daß sich die Lösung durch den ersten Tropfen der Permanganat- 
lösung rosa färbt. Nun werden unter tüchtigem Rühren ca. 0°5 g Natrium- 
peroxyd aus einem Wägefläschchen allmählich zugefügt und mit einer 
Permanganatlösung, wie gewöhnlich, titriert. Das Wägefläschehen muß 
miteinem äußerst gut geschliffenen Stopfen versetzt sein, da sonst imfolge 
des Luftzutrittes große Verluste an aktivem Sauerstoff stattfinden. Dement- 
sprechend muß auch das Aufbewahren des Präparates in Exsikatoren 
geschehen, sonst treten Verluste ein, welche an starker Gelbfärbung der 
Oberfläche des Präparates zu erkennen sind. 

Es war von Wichtigkeit die Ursache aufzuklären, warum die bis- 
herige Permanganattitration niedrigere Resultate ergibt, als die von uns 
aufgestellte. Der Grund liegt darin, daß das durch Zersetzung des Na- 
triumperoxydes mit Wasser entstehende Wasserstoffperoxyd sich in statu 


152 


nascendi an die Borsäure bindet und das Additionsprodukt selbst bei 
+ 50°C beständig ist. 

Es gelang uns ferner während unserer weiteren Forschungen noch 
cine weitere Tatsache festzustelien, die gleichfalls nicht bedeutungslos sein 
dürfte. Bei Vornahme unserer Titration in Anwesenheit von verschiedenen 
Salzen der Schwermetalle stellte sich heraus, daß es von bedeutendem 
Unterschied ist, ob man das betreffende Salz dem mit Schwefelsäure und 
Borsäure angesäuerten Wasser vor dem Eintragen des Peroxyds zufügt, 


oder erst nach demiselben, wo somit das Natriumperoxyd bereits zersetzt - 


ist und das entstandene Wasserstoffperoxyd sich an die Borsäure gebunden 
hat. Die folgende Übersichtstafel klärt uns den Unterschied auf: 


100 ccm Wasser, 5 g Borsäure, 100 ccm Wasser, 5 g Borsäure, 
5 ccmconc. Schwefelsäure und 5ccm conc. Schwefelsäure zu- 


2 g des betreffenden Salzes, gefügt, Na, O, eingetragen, PIECE 
dann erst Na,O, eingetragen wonach erst das betreffende Salz: 
u. titriert. Gefunden; Salz zugefügt (2 g). Gefunden: 
Na, O0, 60-84% Na, O, 9360% Cobaltsulfat 
a 62-40 ,, x 93-60 ,, Mangansulfat 
Be 82-29,, Mr 92-04 ,, Kupfersulfat 
7 89-31,, a BE, Nickelsulfat 
93-06 ,, re 93-38 ,, Zinksulfat 
93-06,, Pe 93-38 ,, Magnesiumsulfat 
93-06,, & 93-06 ,, Kein Salz. 


_ Wie ersichtlich ist, wirkt hier das betreffende Salz (CoSO, usw.) 
als positiver Katalysator der Zersetzung des Wasserstoffperoxydes in 
statu nascendi. Dadurch sind wir auch im stande zu erklären, warum 
alle anderen Permanganattitrationen zu niedrige Resultate ergeben, wenn 
kein negativer Katalysator der Zersetzung des Wasserstoffsuperoxyds 
anwesend ist (in unserem Falle Borsäure, die gleichzeitig Wasserstoffperoxyd 
bindet). Während der Titration entsteht nämlich ein positiver Katalysator 
der erwähnten Zersetzung, das Mangansulfat. Dies ist auch der Grund, 
warum das Eintragen des Natriumperoxyds in eine Permanganatlösung und 
Rücktitration derselben nicht möglich war. 

Die von E. Rupp stammende jodometrische Bestimmung ließ sich 
dadurch verbessern, als es nicht notwendig war, Kaliumbicarbonat der 
angesäuerten Jodkaliumlösung nach dem Eintragen des Peroxydes zu- 
zufügen, vielmehr kann hier die Methode von Kingzett, die für Wasser- 
stoffperoxyd ausgearbeitet wurde, benützt werden. Wir arbeiten wie folgt: 
2 g Jodkalium werden in 200 ccm verdünnter Schwefelsäure (1:20) gelöst 
und das Natriumperoxyd allmählich eingetragen. Das ausgeschiedene 
Jod wird durch eine titrierte Thiosulfatlösung bestimmt. Die Resultate 
dieser Titration (siche unten) stimmen vollkommen mit denjenigen unserer 
Permanganattitration überein. 

Wir prüften auch die volumetrische Methode von Archbutt, indem 
wir von einem Lungeschen Nitrometer mit Anhängefläschchen 


a kun un Un 


Du 


153 


Gebrauch machten. Das Natriumperoxyd wurde in ein kleines Glasröhr- 
chen eingewogen und mit diesem in das Fläschchen, in das vorher 10 ccm 
Zersetzungsflüssigkeit gebracht worden, eingelegt. Wenn die Zersetzung 
in alkalischem Medium vor sich gehen sollte, gebrauchten wir Wasser, 
sollte sie aber in sauerem Medium vor sich gehen, benützten wir verdünnte 
Schwefelsäure (1:10). Nach Verschluß des Apparates und Ausgleich des 
Druckes wurde das Fläschchen geneigt, um das Peroxyd mit der Flüssig- 
keit in Berührung zu bringen. Nach vollendeter Zersetzung und Ausgleich 
der Temperatur wurde die Menge des entstandenen Gases gemessen. Wir 
prüften systematisch die Wirkung verschiedener Katalysatoren. Gleich- 
zeitig mit jeder volumetrischen Bestimmung wurde eine Permanganat- 
titration, nach unserer Modifikation ausgeführt und die Resultate zu Ver- 
gleichszwecken auf 19% des Resultates der Permanganattitration über- 
rechnet. 


Es wurden 2 x 10°5 Mol. lm alkalischen In sauerem, nach 
In sauerem 


Katalysator zur Medium. ge- à vollendeter Zerset- 
Zersetzungsflüssigkeit funden % akt. te zung nachträglich 
zugefügt: Sauerstoff 70 durch 10 ccm 20% iger 
Natronlauge alkali- 
siertem Medium %0: 
Mangansulfat 20-59 16-38 18-95 
Cobaltsulfat 20:53 19-97 21-32 
Nickelsulfat 19-88 14-45 18-50 
Palladiumschwamm ; 19-81 21-23 21-39 
Silbersulfat 19-38 13-81 24-63 
Quecksilbersulfat 19-07 4-45 13-34 
Zuckerkohle 19-01 2-21 13-36 
Kupfersulfat 19-00 19-28 19-19 
' Platinschwamm 18-86 19-52 22-90 
Eisensulfat 18-80 5-23 18-51 
Bleisulfat 18-74 13-16 19-71 
- Zinksulfat 18-54 3°37 18-71 
Chlorplatinsäure 18-42 2-88 13-17 
Arsensäure 16-48 1-60 10-21 
Ohne Katalysator 19-00 1-65 9-76 


Die erhaltenen Werte sind in dem Sinne zu berichtigen, daB das 


_ entstandene Gas nicht reiner Sauerstoff ist. Es ist wohl bekannt, daß 


Natriumperoxyd auch Natriumkarbonat und auch geringe Spuren von 


‚Natrium enthält. Infolgedessen entsteht bei der Zersetzung in sauerem 


Medium neben Wasserstoff auch Kohlendioxyd ; wenn aber die Zersetzung 
in alkalischem Medium vor sich geht, ist der entbundene Sauerstoff nur 
mit Wasserstoff vermischt. Um die betreffenden Berichtigungen aus- 
führen zu können, analysierten wir das entwickelte Gas. Es ergab sich, daß 


_ der Sauerstoff durchschnittlich 0.32% C O, und 0.08% Wasserstoff enthält. 
. Wir prüften ferner die karalytische Wirkung des von Archbutt be- 
 nützten Kobaltnitrais. Es resultierten immer Werte von 221% O, also 


154 


höhere als theoretisch möglich (die Theorie für Na, O, verlangt 21-51% O). 
Wir neigen uns der Ansicht zu, daß Natriumperoxyd immer eine geringe 
Menge eines noch höheren Oxyds enthält. Die Versuche über die Einwirkung 
des Sauerstoffes auf alkalische Hydroxyde bei höherer Temperatur und 
hohem Drucke ergaben eine ganze Reihe von höheren Oxyden bei Rubi- 
dium und Caesium (Fischer und Plötze); nach unseren noch nicht 
veröffentlichten Versuchen ist die Möglichkeit der Existenz eines solchen 
bei Natrium auch nicht ausgeschlossen. Bei der Methode von Archbutt 
dauert die Zersetzung sehr lange (bis zur vollständigen Stabilität des 
Volumen einige Stunden) und wird, falls die Zersetzung in sauerem Medium 
vor sich geht, auch Kohlendioxyd mitgemessen. Es gelang uns fest ustellen, 
daß das käufliche Natriumperoxyd nur Spuren von Natrium enthält, 
denn es war im höchsten Fall nur 01% Wasserstoff im entwickelten 
Gas nachweisbar, und es stellte sich heraus, daß nach Zugabe eines ver- 
hältnismäßig billigen Katalysators — Kupfersultat — die Zersetzung in 
alkalischem Medium in 1—2 Minuten vollendet ist. Wir empfehlen dem- 
zufolge nachstehende Modifikation der volumetrischen Bestimmung: 

Es werden 0-2—0-3 g Na, O, in ein Wägeröhrchen eingewoger, das 
Röhrchen wird in das Zersetzungsfläschchen des Nitrometers, das ca 10 ccm 
einer 0-05%igen Kupfersulfatlösung enthält, eingelegt, der Apparat ge- 
schlossen und das -Peroxyd mit der Flüssigkeit in Berührung gebracht. 
Nach einer Minute wird die Zersetzung durch Schütteln vollendet. 

Bei diesem Analysengang und in den Grenzen von 02 x 10-5 bis 
20 x 10-5 Mol des zugefügten Cu SO, 5 H, O in 10 ccm Wasser bleibt die 
Flüssigkeit klar, wogegen dies bei der Zersetzung nach Archbutt nicht 
der Fall war. 

Es sei gestattet, eine Übersichtstafel anzuführen, die die Verglei- 
chung der Resultate im %aktiven Sauerstoffe der von uns ausgearbeiteten 
und der älteren jodometrischen Methode nach Rupp ermöglicht.*) 


| é Volumetrie 10 
Unsere Per-  Jodometrie, „Wasser mit 


manganat- Rücktitration 10 mg Cu SO 
‚Bor titration. mit Naso. 0;: 5 H.O a 
2 . 


Jodometrie 
Muster nach Rupp 


A 17-88; 18-24; 18-96; 18-90 18-91; 18-82 18-88; 18-92 
18-63 18-69 18-86 18-88 

B 18-28: 17-36; 18-80; 18-80 19-01; 18-95 18-55; 18-72 
17-21 18-25 18-99 18-70 

€ 16:90; 16-20; 17-20; 17-20 17-25; 17-18 17-35; 17-28 
15-92 17-16 17-35 17-15 

D 13-62; 13-41; 13-88; 13-80 13-82; 13-90 13-92; 13-78 
12-92 13-88 13-75 13-86 

E 3-62; 4-00; 4-00; 3-80 4-2; 3-92 4°15; 3-95 
3-79 3-86 3-98 4-05 


*) Auf die Vergleichung mit der älteren Permanganatmethode haben wir 
verzichtet, da die Zahlen mit dieser Methode zu niedrig und schwankend sind. 


155 


Von diesen drei von uns ausgearbeiteten Methoden ziehen wir die 
Permanganattitretion in Anwesenheit von Borsäure vor, da sie eine ein- 
fache, direkte und billigere ist als die jodometrische. Sie ist ohne jede be- 
sondere Apparatur durchführbar und übertrifft so die volumetrische. 

Im Besitze eines schnellen und verläBlichen Verfahrens zur Bestim- 
mung des aktiven Sauerstoffs im Natriumperoxyd bemühten wir uns die 
Angaben jener Veränderungen zu berichtigen, die von den Atmosphäri- 
lien auf das Natriumperoxyd ausgeübt weıden Den Einfluß klärt nach- 
stehende Übersichtstafel auf: 


Das 91-5%ige Präparat befand sich binnen Abnahme in Prozenten Na,O, 


2 Stunden in mit P, O, getrockneter, voll- (Durchschnitt zweier Versuche) 
ständig kohlensäurefreier Luft . . . . 4 keine 

Dasselbe in mit Calciumchlorid getrock- 

meter, vollständige. CO, freier Luft: -., . . 0-97 

In trockener, an C O,.reicher Luft . ... 1-2 

Insteuchter, CO: freier Luft . . 2.2 1 7-0 

In nicht getrockneter CO, haltiger Luft 15-3 

Im reinem, getrockneten Kohlendioxyd 3:0 


Es ergibt sich also, daß es die Feuchtigkeit ist, die die schädlichste 
Wirkung auf die Natriumperoxyd-Pıäparate ausübt. Sie wirkt von der 
Oberfläche aus, gleichzeitig tritt eine Änderung der Farbe des Präparates 
ein, es wird gelb. So lieferte ein Muster, in einer mit schlecht schließenden 
Stopfen versehenen Flasche aufbewahrt: 


der Oberfläche (gelb)  ... 43 ..%.2%,.58-3% Na, 0, 
in.der, Mitte. (gelblich) 2... +..." 21. 8999, 
In untersten Schichten (weiß) Dr 90:79, 


Aus dem Laboratorium für anorga- 
nische Technologie der böhmischen 
technischen Hochschule in Prag. 


Sur les racines rationnelles du polynôme 
J if ; 
ae 


qui figure dans la théorie des fonctions abéliennes 
singulières de trois variables.) 


Par Dr. VACLAV HRUSKA, 


a 


assistant pour les mathématiques à l’Ecole polytechnique tchèque de Prague. 


Entendons dans ce qui va suivre par 8, v, 9, 6 = 1, 2, 3, 45,6; 
Poe Bie Gane NA 

1. Soient données des fonctions abéliennes singuliéres, dont les 
périodes satisfont aux relations suivantes: ‘ 


3 3 
(x, = Ase (Fu) +A ça (To) + Ags (4,3) +2 As, i+s mi à ds, i+ 72,4 + A» = 0 


3 3 
(1) | Ey = Az (tn) +A gy (T2) + A; (To3) +2 As, iss PR ce ix3 Ts, +Agy =O 


3 3 | 
|“ = As, (tar) +A ça (T3) + Aas (Fp) +2 Aj, i43%2,i,—2 À, i48 T1, : + 4p =O i 

i=] i=1 : 
Au — — Asus Ag. = 0 étant des nombres -entiers: So I. am 
un pfaffien?) d’ordre h formé des éléments de la matrice || 4,, || et 
K = (123456), L = (1245) + (2356) + (3164), M = (14) + (25) + (36), 
M 


I=3L4+M, J=27K—9IML—2M?, 4=p— 


PUR apa ee = + = u—w = IT (u). 


Toutes les racines de l'équation P(A) = II (u) = 0 sont réelles.*) Si 


IT(u) = 0 a une racine rationnelle, on peut parvenir à ce que la. racine 


1) Je conserve dans cette note la notation usée dans ma note ,,Sur les relations 
parmi les périodes des intégrales abéliennes dégénérées de genre 3.“ Bulletin inter- 
national de l’Académie des Sciences de Prague, 1918. 

?) G. Kowalewski, Einführung in die Determinantentheorie. 

8) Voir mon mémoire ,,0 systémech singulärnich relaci mezi periodami 
Abelovych funkci tii promönnych‘, Casopis pro péstovani mathematiky a fysiky, 
t. 48. Praha 1919 i 


4 
À 
2 
| 
2 
7 


157 


correspondante de l'équation P(1) = 0 soit égale à 0. Il faut distinguer 
les cas suivants: 

2. Si Il (u) — 0 a une racine triple (et alors rationnelle), on peut 
supposer que P(A) ait la racine triple À = 0, c’est-à-dire K — L — M =0. 
Dans ce cas le système (1) est exceptionnel, le rang de la matrice || Au» || 
est 2 et M — 0. Il est connu“) que dans ce cas tous les coëfficients dans 
les relations (1) sont identiquement nul et les fonctions abéliennes sont 
générales (non singulières). 

3. Si Lu) — 0 a une racine double, on peut faire de façon que 
P(4) = 0 ait la racine double 4 — 0. Le système (1) est exceptionnel et 
le rang de la matrice || 4,, || est 2 avec M +0. On peut trouver un 
tableau des nombres entiers ||&, ||, qui définissent une transformation 
non-singulière d'ordre M des périodes +;4 en les périodes 7’ ;z, de manière 
Geel, TT I, — 0 Soit conséquence des équations 


(2) ci nee ae by TES = bis 


x 


ou 


(Gi) — 7 de | in 5 
on Aust Gals TC Tia + als 7, Tir) 


wd 


On en conclut que les fonctions abéliennes en question dégénérent 
en fonctions elliptiques aux périodes 1, T,, et en fonctions abéliennes 
de deux variables aux périodes 


1 0 Ta Ty 
Corte avr Ta = Ty. 


r 


Si l’on substitue dans (1) à 7;, les valeurs calculées des équations (2) 
en fonction de T;x% (Ty. = Tis = 0), les équations (1) s’annullent identi- 
quement (pour toutes les valeurs de Ti, Tja = 7,3 = 0). Alors 

En cas de la racine double dw polynôme U(p) les fonctions abéliennes 
singulières dégénèrent en fonctions elliptiques et en fonctions abéliennes 
générales (non singuliéres) de deux variables. 

4. Placons-nous dans le cas où H(u) a une racine rationnelle simple. 
On peut supposer K = 0, L + 0. Soient e,, & < ey, ea les diviseurs elémen- 
taires du tableau || 4,,||. On peut trouver une matrice primitive’) 
de nombres entiers |], || de manière qu’on ait *) 


(3) Au» = € (Une Uy 5 — Ups Uy2) + Co (U3 vo — Un6 Urs). 


Outre le système (1) les 7,4 satisfont aussi au système adjotnt®) 
de relations singuliéres. 


4) Voir ,,Sur les relations... .‘‘ déjà cite. 

5) Voir ‚Sur les relations... .‘‘ 

*) matrice primitive — prime matrix de J. St. Smith, Coll. math. papers, 
vol 1., p. 368. 

?) Frobenius, Journal f. Math., t. 86. p. 165—168. 

s) Voir ,,Sur les relations...‘ déjà cité, note 2. 


158 


3 
(RSA Ree Ke ee + 2 Ki 531 2 Kor: + Koo =0 


es, 


3 
(4) ¢ Ey’ = Boys (ta) + egy (T2) + Kio (T3) (inne Ki,4t3,i + Kos — 0 


LA 


in. in Et 


3 
RK Et = Ke) I Bo, (eg) oe Kes (tax) SRE De 
t=1 


| 

où l’on entend par K,, pour u< v le pfaffien, qui suit du pfaffien 
K = (123456) en supprimant les indices #, » et en multipliant le résultat 
par (— 1)*+’-1; on définit pour u > => PK ir = Ky hone 

La matrice || K,, || est, à cause de K = 0, de rang 2°) ; le système 
(4) est alors exceptionnel. On en conclut que dans ce cas les fonctions 
abéliennes dégénérent en fonctions elliptiques et en fonctions abéliennes 
de deux variables. Or, on peut trouver une certaine transformation de 
périodes, non-singuliére, d’ordre L, au tableau || ass || ©). 

On peut ensuite calculer les K,, de deux fagons différentes 


a. 


ee se = Ua Urz Ure U 
Pr Ee Gag Ags Age) — Cy Ca (Ugo Vas Us Ye) 
K 1 
BE An (ayo Us Agg Asg) = — Cy € (thos Ugg Ugg tog) 
K I | 
ri A (Ay Agg A5 Age) == E1 Ce (lgp Uss Us Ugg) 
etc. 


dont on conclut qu’il existe 16 nombres entiers ||#,, || au determinant 
— e,e L tels, que 


(5) fee = Wi43,2 Was + Ui4s,3 Was À Wiss, 5 W5s + Ui+s,6 Wes 
A+8,s = — U,2 Wes — U,g WE s—-— Ui,5 Ws — Ur, Wes 
Si l’on substitue dans les relations (1) aux A,» les valeurs (3) et aux tx 


les valeurs obtenues des équations (2) où l’on a préalablement substitué 
aux dys les valeurs (5), on trouvera 


Lay + Tu ths) ee Lt L (ay + Tyy 44) oF 
= a —0, £ = + ———+ + PF —0 
: We eg rh Wes : 
5, — £41 +Tn 4) gy — 9 
Wes 


où V signifie le déterminant | 6]. Or, il n'est pas possible que 
Ay 1 Tu da = As Eat = Ge 1 I) = se Cas) contrairen eam 
duisant 4 L = 0 ce qui est contre la supposition faite au commencement 
de l’art. 4. On trouve alors qu’il existe parmi les périodes T, (h, 7 = 2, 3) 
la relation 


®) Voir E. v. Weber, Vorles. ü. das Pfaff’sche Problem, p. 28., ou (28). 
10) ,,Sur les relations...“ déjà cité et art. 3 de la note présente. 


159 


(6) B= By + To Bis + Ta (Ba — By) + Ts Bug + (Too T'as — T3) Bog = 0 


x 


ou 
Bys = (Wg r We s — Wer Ws s) = = (we, Ws — Ws , Wes) > 
1 

La relation (6) est une relation singulière!) parmi les périodes Ty. 
Son invariant est d = e,?(M*?+4+ 41). 

Si Illu) a une racine rationnelle simple les fonctions abelienmes singu- 
Keres de trois variables dégénérent en fonctions elliptiques et en fonchons 
abeliennes singulières de deux variables. 

5. Si l'équation J(u) =0 a trois racines rationnelles distinctes, 
on se trouve dans le cas précédent avec la condition que (M? + 4 L) soit 
le carré d’un nombre entiers. Or, d étant le carré d’un nombre entiers, 
les fonctions abéliennes singulières de deux variables dégénèrent elles- 
mêmes en deux fonctions elliptiques.) 

Si II(u) = 0 a trois racines rationnelles distinctes les fonctions abeliennes 
singulières de trois variables dégénèrent en trois fonctions elliptiques. 

6. Si l'équation II(u) = 0 n’a aucune racine rationnelle, on trouvera 
que les fonctions abéliennes considérées ne dégénèrent pas. On peut dire, 
en vue du théorème général, qu’elles dégénèrent en fonctions abéliennes 
singulières. de trois variables et en fonctions abéliennes de 0 variables, 
entendu par cela une constante. Le résumé de la note présente est alors. 

Si l'équation II(u) = 0 est réductible dans le corps des nombres ration- 
nelles, les fonctions abéliennes singulières considérées dégénérent en fonctions 
abeliennes de moins variables de façon qu'à chaque facteur linéaire aux 
coëfficients rationnaux, de multiplicité m, correspondent des fonctions abé- 
liennes générales (non singulières) de m variables (m = 1, 2, 3) Ÿ) et à chaque 
facteur simple, aux co éfficients ratonnaux d'ordre n correspondent des fonctions 
abéliennes singulières de n variables. 


Remarque: Il est probable que ce théorème ait lieu aussi dans le 
cas de plus que trois variables. 


11) Humbert, Les fonctions abéliennes singulières, Journal de Mathéma- 
biques,-s6r. 5, t.. 5, 6,7. 

2) Humbert, Les fonct. abél. sing. J. de Math., ser. 5, t. 5. 

13) Sur la dégénération dans le cas m = 3 a lieu une note analogue 4 cell: 
faite au commencement de l’art. 5. 


Über den Zusammenhang der Krümmung einer Kurve 
mit ihrer Projektion und einige damit verwandte 
Beziehungen. 


Von J. SOBOTKA. 
(Mit 3 Figuren im Text.) 


Vorgelegt am 8. November 1918. 


1. Wir stellen uns die Aufgabe: 

Gegeben ist für-einen gewöhnlichen Punkt P einer Kurve k der Krim. 
mungsmittelbunkt K; es ist der Krümmungsmittelbunkt K, ihrer Zentral- 
projehtion k' vom Punkte O in die Ebene M für den Punkt P’, in den sich 
P projiziert, zu konstrweren. 

Für À sei (Fig. 1) die Tangente J P und die Schmiegungsebene A in P 
gegeben. T sei der Spurpunkt der Tangente und o die durch ihn gehende 
Spurgerade der Ebene A in der Ebene M. Wir setzen TP =i, TP’ =f, 
XTPO=r, XTP'O=r' und für einen in o festgelegten positiven 
Sinn (0, TP) =@; IT P) Zn PRE 9 Pk 
also die Tangente in P’ an 4. 

Schneidet die zu PT unendlich benachbarte rte von k die Spur 0 


in T, so fällt in der Grenze die zu TP’ unendlich benachbarte Tangente 


von k nach TP’ unddpg=<{(TPT), 9 =<X(TP'T) sind die Kon- 
tingenzwinkel von k und k’ in P, beziehungsweise P’. Für die Dreiecke 
N: 

TP 22300, SSRRNT ESA ee 

TTP sine "EP TP RE T 


also beim Grenzübergang erhalten wir 


t sin @ £2 Re L''sin © 
——— 7 = SE somit lim N. =. _ 
t' sin © t? p t Sin © 


Ferner sei P, der zu P unendlich benachbarte Punkt von &, P,’ seine 
Projektion, so ist 


bi is su à. | Di Asa ee 6 


j 

P 

q 

3 
= 
u 
£ 
1 
4 


161 


RP OT sin TOP =,TP SOL MATOS 


PP, OP.sinPOP,’ PP OP .sinP'OP," 


DEE PRIOR 
TON CPP EN FORTE 


weshalb 


Bezeichnet s die von P gemessene Bogenlänge von k, s’ die von P’ gemessene 
Bogenlänge von ’, so ist für die Grenzlage, in der P, mit P, P,’ mit P’ 


, |, wer 5 


ARC [5% 
zusammenfallen, lim — per: also mit Rücksicht auf die letzte 
1 
i OP 
Gleichung lim — = Op + : 


Da — = lim = BER so ist schließlich 


EN RER a) 
Far Lars: 

Unsere Ableitung ändert sich wesentlich nicht, wenn & und &’ zwei 
in einer Ebene liegende zentrisch kollineare Kurven sind, für O und o als 
Zentrum und Achse der Kollineation. Schneidet da die Achse o die Gerade 

is Wat Pot, PSO. ee : 
EP Pine ag POLO 5t for, yon) somit führt (1) zu der bekannten 
! 13 
Beziehung  — oe (0 P,P’ P). 

2. Die Anwendung der Steinerschen Parabel führt zu derselben 
Formel (1) und liefert überdies eine einfache Konstruktion von Ky. 

Wir ersetzen (Fig. 1) die Kurve & durch ihren Krümmungskreis h 
in P; dieser projiziert sich in die Ebene M in einen Kegelschnitt h’, welcher 


_k' in P’ oskuliert, und wir konstruieren K, alsdann als Krümmungsmittel- 
Bulletin international. XXII, uf 


162 


punkt von h’ für den Punkt P', zu welchem Zwecke wir die Steinersche Pa- 
rabel p von h’ inbezug auf den Punkt P' ermitteln, das heißt die Parabel, 
welche von den inbezug auf A’normalkonjugierten Geraden zu dem Strahlen- 
büschel in M durch den Punkt P’ eingehüllt wird. Diese Parabel berührt 
die Normale P’ K, von k’ im gesuchten Punkte K.. 

Wählen wir auf o irgend einen Punkt N,urd fällen von K die Normale 
auf PN, bis zum Schnitt M, mit PT. Dem Punkte M, entspricht seine 
Projektion M, auf P'T. Da M, der Pol von N, P inbezug auf % ist, so 
ist My, der Pol von N, P’ inbezug auf h’; somit ist die Senkrechte von 
My, auf N,P’ eine Tangente von 2. Da die Parabel 5 die Geraden T P’: 
und P’ K, berührt, so ist zu ihrer Festlegung die Kenntnis noch zweier 
Tangenten erforderlich, welche wir erhalten, wenn wir dem Punkte N, ~ 
irgend zwei Lagen auf o geben. Mit Vorteil verlegen wir diesen Punkt 
einmal in den Schnitt N der Normale PK von k, das anderemalin den 
Schnitt N, der Normale P’ K, an k' mit o. Im ersten Falle wird My' 
zum Schnittpunkt L’ der zu PT durch O gezogenen Parallelen mit P’T, 
so daß die Senkrechte 6 von L’ auf P’ N eine Tangente an 2 ist. Im zweiten 
Falle wird M, zum Schnittpunkt M der Senkrechten von K auf P N, mit 
PT, OMtrifft P’T in M’ und die zugehörige Tangente 2 von p wird 
zu P’T unendlich benachbart. Bezeichnen wir JP’ mit J, P’ Ny mit 3, 
die zu P’ N, unendlich nahe Tangente von p mit 4 und die unendlich 
ferne Gerade der Ebene mit 5, so folgt aus dem Sechsseit von Brianchon 
123456 die folgende Konstruktion von K,. 

Nachdem man L’, M und M’ ermittelt hat, errichte man in der Ebene 
M die Senkrechte in M’ auf P’T, in P’ die Senkrechte auf NP’ und 
verbinde den Schnittpunkt G beider mit L’; alsdann trifft die Ver- 
bindungsgerade L’G die Normale P’ N, im Punkte X.. 

Diese Konstruktion führt uns gleichfalls zur Relation (1). Es ist 


zunächst 
OP. nm O0 MER Da OP’ .sint 
ONE = SINT ; WE OM sn One 
woraus folet : 
OP _OM Mr @ 
OP: (SJ ET Le 
Da 
P M OM: sinPOM SAUER, OM' sin P'O M' 
PT 2e TOME TT ROME und PT: OR. en LION 
so Ist 


OM _PM # 
OM SP ONE VEN 
Dadurch erhalten wir aus (2) 
ML 02 PME Mer OF Du 
PL OP pm AN Sa OP SE 


163 

Setzen wir CNPN,=4 XNP'N, =», so haben wir M’G = 

= M'P'igu, PK = M Pig, wodurch wir aus (3) erhalten 
es COP aioe En 


— 
= 
LES 


r OPERA 


Ferner ist 
NN, BEN BSENEN, N a 
Wares PT Oh ae 
NN, MNPsnNP'N MP 
Eee SEP PT oo de 
so daß 
NT Nr iad TEA ig u tf .sıno 
u Dane Ver; 


Setzen wir dies in (4) ein, so kommt 


ie ORS Sin o 
FN COR > sin a ’ 
also die Bezichung (1). 
3. SchlieBt die Berührungsebene T = (P P'T) des Kegels, welcher 

k projiziert mit der Schmiegungsebene A von %k für den Punkt P den 
Winkel 6, mit der Projektionsebene M den Winkel 6’ ein, so ergibt das 
Dreikant (J.P, TP’, 0) die Relation sin o : sino’ = sing’ : sine, wodurch 
(1) in die Formel übergeht 

r' Basına OP De Casing. - 12,08! 5) 

— — = . 4 . FRS ~ 9 

Y 4 sin 6 OP? v : Sin G 2,02 \ 
Ist die Ebene T insbesondere senkrecht auf 0, also senkrecht zu den beiden 


‚Ebenen A und M, so ist 
DSP RUE 


NG eee th TT le 6 
Vv CHARTE (6) 


Legen wir zu T die Normalebenen N durch 7 P und N, durch TP’, 
errichten in K die Normale zur Ebene A bis zum Schnitt K® mit N und 
in K, die Normale zur Projektionsebene M bis zum Schnitt K,™ mit N.. 

Y Y 


Setzen wir PKW=R, P'KM=R, so ist R= “sing ’ Dr sino’’ 


dadurch erhalten wir aus (5) die Beziehung 
es OP CORP sine (7) 
2 O.P + OP sintal | | 
Dabei sind PK", P’ K, zu einander und zur Schnittgeraden » 


der Ebenen N, N, parallel. 
Dadurch werden wir zu der folgenden Konstruktion von K, geführt, 


wenn K gegeben ist. 
Mr 


164 


In der Ebene T errichten wir in O die Senkrechte / zu P P’, welche 
wir mit den Senkrechten zu T P und T P’, die wir durch P, resp. P’ ziehen, 
in Lund L, zum Schnitte bringen, worauf wir durch L die Parallele zu T P, 
durch L, die zu T P’ ziehen bis zum Schnitt Q, resp. Q, mit PP’, so daß 
RR 

R PD 

durch P und P’ und schneiden die erste von ihnen mit der Senkrechten 
durch K zu A in K®, führen durch Q, die Parallele zu Q KW, welche 
P’ K im Punkte K,® trifft; alsdann ist X, der Fußpunkt der Senk- 
rechten von K,® auf M. 

Übrigens geht k durch die Umklappung von A in die Ebene M in 
eine zu (k’) zentrisch kollineare Kurve über, und die Konstruktion von 
y’ kann aus der Umklappung von 7 in bekannter Weise vorgenommen 


wird; weiter ziehen wir die Parallelen P KM, P'K,9 zun 


werden. 

4, Es seiS eine der Symmetralebenen von A und M und werde von PP’ 
im Punkte S geschnitten. S, sei die zweite Symmetralebene von A und M. 
Projizieren wir auf M in der zu 5, senkrechten Richtung. Die Projektionen 
der Punkte O, P, P’, S seien hiebei (0), (P), (P’), (S); dabei liegt der 
letzte von diesen Punkten auf der Spur o von A. Die Projektion (k) der 
gegebenen Kurve À liegt zu k’ zentrisch kollinear für (O) als Zentrum und 0 - 
als Achse der Kollineation. Es sei (r) der Krümmungshalbmesser von (k,) 
im Punkte (P). Daw (P) =f P aund ufr) =7s0 ast 


tds. A ns à 


= 10) (S) (PPT = (OS PP) 


y' t's 


: 
} 
| 
; 
| 


Verbinden wir die Punkte O, S, P, P’ mit o durch Ebenen, so ist, . 
wenn die Ebene (Qo) durch O bezeichnet wird, 


+ == (0,5,A,M). 6 
snOA sinSM 


sinSA snOM’ 
sin O A 


Da. (OS AM) = so ist der absolute Wert des 


angeführten Doppelverhältnisses gleich —mOoM’ weshalb 
Vs m OM “tha à 
FANS OL At ET TRE oo 


wenn @ und a die Entfernungen des Punktes O von den Ebenen M und A 
bezeichnen. 


Der Zusammenhang von (9) mit (5) ergibt sich sehr einfach. 


Die durch O gehende zur Spur o normale Ebene schneide o im … 
Punkte N und die Parallelen zu o durch P und P’in den Punkten Pund P’, _ 


Su 


| 


NT" 


165 


welche auf der Geraden liegen, in der die durch P P’ parallel zu o gelegte 
Ebene die vorerwähnte Ebene schneidet. Es ist 


ZOM=<XONP, ZOA=ONP; 
weiter ist 
OP':OP=0OP':OP=NP'sinONP':NPsnONP, 


und da NP’ =?’ sinw’, NP=tsino, so folgt daraus 


OP: QP a e 
————- : —— = SIN O M : sin O A. 
t sin @ £ Sim © 


Setzen wir dies in die Gleichung (9) ein, so erhalten wir die Gleichung (1), 


aus der wir dann (5) abgeleitet haben. 


Projiziert man die Kurve k aus irgend zwei Punkten O, O,, welche 
in einer durch o gehenden Ebene liegen, und sind 7’, R’ die Krümmungs- 
halbmesser der Projektionen für die Punkte P’, P;’, in die sich P projiziert, 
und 2’, T’ die Projektionen der Tangentenlänge ¢ auf T P, so ist der Be- 
ziehung (9) zufolge 

y' oe t’3 
Bu 

Dieses Ergebnis bekommen wir auch, wenn wir k durch den Kegel- 
schnitt h ersetzen, welcher k in P oskuliert, und oim Punkte V’=00,.0 
berührt. Die projizierenden Kegel (0 h), (0, 2) schneiden M in zwei Kegel- 
schnitten h’, h,’, welche zueinander zentrisch kollinear sind für V als Zen- 
trum und oals Achse der Kollineation ; da V auf oliegt und o außerdem h’ 
und h’, in V berührt, so hyperoskulieren einander diese Kegelschnitte in V. 
Ist 7, ihr gemeinsamer Krümmungshalbmesser für den Punkt V und setzt 
Beer no 150 re ie: HER =): E'S, woraus: Wieden 
al a Pine, EN ee 

Hätten wir den Kegelschnitt. so gewählt, daß cr k in P oskuliert 
und o in V und in einem von V verschiedenen Punkte Q schneiden würde, 
so würden sich h’, h,’ in V oskulieren und in Q schneiden ; h’ würde aber 
hier noch k’ in P’ und h,’ ebenso Ak,’ in P,' oskulieren ; es gilt also mit 
Rücksicht auf die letzte Gleichung, daß die Krümmungshalbmesser zweier 
Kegelschnitte, die sich in einem Punkt V oskulieren und also noch in einem 
Punkte Q schneiden, für irgend zwei Punkte derselben, die aufeiner Geraden 
durch V gehen, sich zueinander verhalten wie die Kuben der Längen 
der Tangenten an diese Kegelschnitte zwischen deren Berührungspunkten 
und dem Schnittpunkte auf VQ. Dies folgt aber aus der Relation 


’ 13 
7 = (0 P,P'P)sofort, da hier O = Py =V und (OP,P'P) = List. 


5. Wir erwähnen noch insbesondere, wenn das Projektionszentrum 0 
ins Unendliche fällt, daß die Formeln (5) und (7) übergehen in 


y: Sin G’ 2 1 i’? ae fate 
_ : = — und —- oe. —y 5 
7 : Sin G Br R tt, DEN 


Fällt P’ mit P zusammen, so gelten diese Formeln (5’), (7’) gleich- 
falls in sinngemäßer Bedeutung, also 


yl 2 sine sin? T he SIN? T =, 


y: sin. smtrt’ R sin?’ ’ 


Legen wir durch 7 P’ wieder die Normalebene N, zu T und betrachten 
sie als neue Projektionsebene; es sei 7’’ der Kriimmungshalbmesser der 
neuen Projektion k’’ von % für den Punkt P’, so ist nach (5”) 


7 sin? T 
are u weshalb - 7’ = 7" sino’, 


y:sing sinter’ ! 
Als 2’ und &”’ können wir zwei Schnitte irgend eines Kegels (O k) betrachten, 
die einander im Punkte P’ berühren, von denen der zweite ein Normal- 
schnitt ist. Dies gibt den Satz von Meusnier speziell für den Kegel. 

Ist P’ ein gewöhnlicher Punkt einer Fläche S und sind k,, Ro, ka 
irgend drei Kurven auf ihr, welche durch P’ gehen, aber in P’ verschiedene 


Tangenten haben, so lassen sich bekanntlich dreifach unendlich viele 


Flächen 2. Ordnung ermitteln, auf deren jeder es drei durch P’ gehende 
Kegelschnitte gibt, welche beziehungsweise die Kurven k,, ko, ka in P 
oskulieren. 

Es ist jede dieser Flächen 2. Ordnung P eine Schmiegungsfläche von S 
in P’, und es wird jede Kurve auf 5, welche durch P’ geht, in diesem Punkte 
von einem Kegelschnitt der Fläche P oskuliert.t) 

Nehmen wir auf P irgend zwei Kegelschnitte k', k’’ an, welche ein- 
ander in P’ berühren. Diese Kegelschnitte lassen sich durch einen eigent- 
lichen Kegel 2. Ordnung K verbinden. Von jedem Punkte der gemein- 
schaftlichen Tangente ¢’ von k’ und k” in P’ läßt sich je eine weitere 
Tangente an k’ und hk” legen; die Verbindungsebene beider ist eine Be- 
rührungsebene von K. Ist V der Mittelpunkt von K, so itT=(V?') 
gleichfalls eine Berührungsebene von K. T ist auch Berührungsebene der 
Fläche P, also auch S im Punkte P’. Denn sonst würde T die Fläche P 


in einem Kegelschnitt schneiden, der die Gerade V P’ außer P’ noch. 


in einem dem Kegel K und der Fläche P gemeinschaftlichen, weder 
auf k’, noch k”’ liegenden Punkte träfe, was unmöglich ist. Alle Flächen 
2. Ordnung H, welche durch zwei Kegelschnitte, die zwei Punkte A, B 
gemein haben, gehen, bilden einen Büschel und besitzen dieselbe Polare g 
von À B als Schnittlinie der Ebenen, welche diese Kegelschnitte zugleich 
in A und B berühren. Rücken A und B unendlich nahe an einander, 
so werden die soeben erwähnten Ebenen unendlich benachbart, AB ist 


‘) Eine einfache geometrische Ableitung dieses Satzes findet sich bei Chr. 
Wiener: Lehrbuch der darst. Geom. II. Bd. S. 527. 


3 
‘| 
3 
4 


se a Ca dd 


2 “Sr ai dise mb + Ce. 


167 


eine Tangente aller Flächen des Büschels, der Schnitt g der Ebenen ist 
also die zu AB konjugierte Tangente der Flächen. Daraus folgt von 
neuem, daß T die Fläche P berührt und außerdem daß die Gerade V P’ 
konjugiert ist zu ¢’ auf P. 

Projizieren wir irgend einen Kegelschnitt a von zwei Punkten U,V, 
die nicht in seiner Ebene liegen, wobei im allgemeinen die Gerade UV 
den Kegelschnitt nicht schneidet, in irgend eine Ebene L, so erhalten wir 
zwei Kegelschnitte a’, a’’, die sich in vier Punkten schneiden. Zwei von 
diesen Schnittpunkten gehören dem Kegelschnitt a an, die übrigen zwei 
sind Schnitte von L mit dem Kegelschnitt 5, in welchem sich die projizie- 
renden Kegel (Ua), (Va) außer a noch schneiden. Wenden wir dies auf 
die vorerwähnten Kurven k’ und k’’ an und projizieren in die Ebene M von 
k’. Die Kurve k”’ projiziert sich von V nach k’, von irgend einem anderen 
Punkte U der Ebene T werde sie nach hp projiziert. Es sei 5b der zweite 
Kegelschnitt, in dem sich die Kegel (V k”’), (U k’’) schneiden, Seine Ebene 
geht durch die Gerade, welche zu V U konjugiert ist inbezug auf beide 
Kegel und welche die Polare des Punktes UV .{' inbezug auf k’ ist; sie 
geht also durch den Punkt P’. Jede durch t’ gehende Ebene L schneidet 
die projizierenden Kegel (Vk), (Uk) in zwei Kegelschnitten faa Re 
deren gemeinschaftliche Punkte die Schnittpunkte von L mit k”’ und bsind. 
Wir sehen, deB sich drei von diesen Schnittpunkten in P’ vereinigen, wah- 
rend der vierte dem Kegelschnitt b angehört und von P’ verschieden ist. 
Daraus folgt, daß die Kegelschnitte Es Bs, einander in P’ oskulieren. 
Fällt L mit der Ebene M von &’ zusammen, so erkennt man, daß ky den 
Kegelschnitt k’ in P’ oskuliert. Und weiter folgt, daß auch die Kegel (U k”), 
(U k’) einander längs der Kante U P’ oskulieren. Dies führt zu dem Satze: 

I. Projiziert man irgend zwei Kurven hy, k, auf einer Fläche, die sich 
in einem gewöhnlichen Punkte P derselben berühren, von irgend einem Punkté 
U der Berührungsebene der Fläche in P in eine beliebige Ebene, so proji- 
zieren sie sich in zwei Kurven ky', ko’, welche einander in der ihnen gemein- 
schaftlichen Projektion P' von P oskulieren. 

Der duale Satz lautet: 

II. Projizieren wir eine Fläche von zwei Punkten E, F einer Geraden t, 
welche die Fläche in einem gewöhnlichen Punkte P berührt, in irgend eine 
durch P gehende Ebene G, so oskulieren einander die beiden Umrisse der 
Fläche in dem Punkte P. 

6. Alle Flächen 2. Ordnung durch zwei in einem Punkte P’ sich be- 
rührende Kegelschnitte k’, k’’ bilden einen Büschel von Flächen, welche 
alle einander in P’ berühren. Es seien %’ k’’ durch eine Fläche 2. Ordnung 
verbunden und es sei k’ insbesondere ein Normalschnitt der Fläche, so 
wird nach dem ersten der soeben ausgesprochenen Sätze k’’ von irgend einem 
Punkte U der gemeinsamen Berührungsebene T der Flächen in P’ auf die 
Ebene von k’ in einen %k’ in P’ oskulierenden Kegelschnitt ky projiziert. 
Diese Beziehung bleibt aufrecht, wenn wir die Kegelschnitte k’ und kh” 


168 


durch irgend zwei Kegelschnitte /,, 7, ersetzen, die sie in P’ oskulieren. 
Es oskulieren einander auch die Kegel (U l,), (U l,) längs der Kante U P'. 
Wählen wir U insbesondere unendlich fern in der zur gemeinschaftlichen 
Tangente an Rk’ und k” in P’ senkrechten Richtung. Als /, wählen 
wir den Krümmungskreis von k’ in P’. Der Kegel (U l,) geht in einen zur 
Ebene N von &’ senkrechten Zylinder über, welcher von der Ebene M des 
Kegelschnittes k’’ in einem Kegelschnitt /, geschnitten wird, der k’” in P’ 


oskuliert. Es seien 7’ und 7” die Krümmungsradien von k' und k’inP’undg 


sei der Winkel der Ebenen N und M, alsdann hat /, in P’ den Krümmungs- 
radius ’ und /, den Krümmungsradius 7’’. Die Kurve 7, ist eine Ellipse, deren 


halbe Hauptachse gleich a halbe Nebenachse gleich 7’ ist; folglich 


i 
: ler, 
a Dec oder 7’ = 7’ cos p, was der Ausdruck des Satzes von 
cos p 


Meusnier ist. 

Wahlen wir im Satze II. die Ebene G senkrecht auf !’. Ersetzen wir 
die Fläche durch eine Schmiegungsfläche 2. Ordnung P für den Punkt P, 
so schneiden nach diesem Satze die Berührungskegel E, F der Fläche, 
welche in E und F auf?’ ihre Mittelpunkte haben, die Ebene G in zwei Kegel- 
schnitten e, f, welche einander in P oskulieren. Es sei G ihr gemeinschaftlicher 
Krümmungsmittelpunkt an dieser Stelle. Die normalkonjugierten Ebenen 
zu den Ebenen durch EP inbezug auf E hüllen einen Kegel 2. Ordnung ein, 
welcher die Normalebene P durch EP längs der Geraden EG berührt. 
Wir nennen EG die Krümmungsachse von E für EP; sie ist die Achse 
des Rotationskegels, welcher E längs E P oskuliert. Analog schließen wir, 
daß FG die zu FP’ gehörige Krümmungsachse des Kegels F ist. Wir 
haben also den Satz: 

„Berührt eine Gerade ¢ eine Fläche in einem gewöhnlichen Punkte P, 
so bilden die {zugehörigen Krümmungsachsen der die Fläche projizierenden 
Kegel, welche ihre Mittelpunkte auf { haben, einen Strahlenbüschel, dessen 
Mittelpunkt in der durch P gehenden und zu { senkrechten Ebene liegt.“ 

7. Zu der Formel (5) kann man schrittweise auch folgendermaßen 
gelangen. Wir übernehmen hier die Bezeichnung des Art. 2. Der proji- 
. zierende Kegel (O k) schneide die zu A durch P’ gelegte Parallelebene A 
in der Kurve ko, deren Krümmungshalbmesser für den Punkt P’ mit rg 
bezeichnet werden möge. Es ist “2 = — , und k’ ist auch die Pro- 
jektion von ky von O aus. Nun können wir den Kegel (Ok) durch einen 
Kegel2. Ordnung K von demselben Mittelpunkt Oersetzen, welcher ihn längs 
OP oskuliert. Die Ebenen A, und M schneiden K in den Kegelschnitten 
hy, h’, welche ko, resp. k’ in P’ oskulieren und sich außer P’ noch in einem 
auf der Geraden A,.M gelegenen Punkte Q schneiden. Nun denken wir 
uns eine zentrische Kollineation für P’ als Zentrum und eine durch P’ ge- 
hende Ebene als Ebene der Kollineation ; in dieser Kollineation soll dem 


BREITE NS ET TEE TEL TE ee 


eS 


| 
| 
| 


169 


Punkt O der unendlich ferne Punkt auf P’O entsprechen. Hiedurch geht 
der Kegel Kin einen Zylinder K’ über, und jede Ebene durch P’ schneidet K 
und K’ in zwei Kegelschnitten, die einander in P’ oskulieren. Ist H die zu T 
parallele Durchmesserebene von K’, sind ferner #,, #, die Schnittkurven 
von K’ mit irgend zwei Ebenen, welche die Normale in P’zu T enthalten 
und bezeichnen wir mit 7,, 7, die Krümmungshalbmesser von #,, N, für 
den Punkt P’, ferner s/?, s die Quadrate der in H gelegenen Halbmesser 


a 
: : Y s Me \ 
von N], Na, So ist bekanntlich oe == ci Schließt O P mit den Tangenten 
2 2 
in P’ ann,und #, die Winkel t,,7, ein so ist, der Euler’schen Beziehung 
SO SIM? Te 


fiir einen parabolischen Punkt zufolge , so daB 


SS sin? T, 
RC — VE m? 
(qt hs — St Be: SIN" © 7. 


Wählen wir als #, und #, diejenigen Schnitte, welche k, und k’ in 
P’ berühren, so erhalten wir die Beziehung 


> 


toto SIN © sm Est 


12 


Da nun % = 7, sin 6, 7 = r, sin 6". so folgt hieraus 


r t'sino 
PRET 
und somit 
y’ t= sina’ OP" 


i. (kang OP’ 


welcher Ausdruck tatsächlich mit (5) identisch ist. 


Wir ersehen, daß sich unsere Beziehung zwischen 7’ und 7 als ein 
ganz spezieller Fall aus den Krümmungsverhältnissen einer Fläche in einem 
gewöhnlichen Punkte ergibt. 

Auch ersehen wir, daß wir bei der Konstruktion von r’ auch so vor- 
gehen können, daß wir von 7 zunächst durch ähnliche Lage zu n und von 7 
durch Parallelprojektion in der Richtung OP zu r’ übergehen. 

Analog kann man nach Satz II den Krümmungskreis des Umrisses # 
einer Fläche S bei Zentralprojektion in eine Ebene M in irgend einem 
Punkte desselben P’ schrittweise wie folgt konstruieren. P’ ist die Pro- 
jektion eines Punktes P auf der Fläche vom Projektionszentrum O aus. 
Die Tangente des Umrisses in P’ ist die Spur der Berührungsebene der 
Fläche im Punkte P. Wir ermitteln den Krümmungskreis g desjenigen 
Umrisses für die Fläche S im Punkte P in eine geeignet gewählte Ebene 
durch P, welcher entsteht, wenn man in der Richtung OP parallel proji- 
ziert. Der Krümmungskreis g projiziert sich alsdann von O in die Ebene M 
in einen Kegelschnitt, welcher #’ in P’ cskuliert. 

8. Zum Schluß wollen wir uns mit der Aufgabe beschäftigen: 


170 


Es ist für irgend einen Punkt P der Durchdringungskurve zweier Kegel 
(oder Zylinder) der Krümmungshalbmesser und die Schmiegungsebene zu 
konstruieren. 

Es seien K,, K, die gegebenen Flächen, k,, %, seien ihre Spurkurven 
in der Projektionsebene M. 

Ist P (Fig. 2) ein Punkt der Durchdringungskurve k, sind ferner S,, 
S, die Mittelpunkte der Kegel, so schneiden die Kanten S,P, S, P die 
Ebene M in zwei Punkten P’, P’ der Kurven k,, kz. Denken wir uns & 
im Punkte P durch einen in diesem Punkte oskulierenden Kegelschnitt 4, 
der also in der Schmiegungsebene A von k im Punkte P liegt, ersetzt, so 


werden die Spuren A,, hg der Kegel (S,h), (S;h) Kegelschnitte sein, von 
welchen h, die Kurve k, in P’, h, die Kurve &, in P’' oskuliert; diese 
Kegelschnitte liegen zentrisch kollinear für den Spurpunkt O der Geraden 
S, S, als Zentrum und die Spurgerade o der Ebene A als Achse der Kolli- 
neation ; P’, P' sind in derselben einander entsprechend. Ist T der Schnitt 
der Tangenten TP’, TP” an k, und À, so ist 7 P die Tangente in 


“an k. Schneidet o die Gerade P’ P” in Py, so gilt bei sinngemäßer Be- 
= L 13 1 
haltung der früheren Bezeichnung die Beziehung — = Sr (OPP Ps 


aus der sich ergibt 


a VE 


pe eee ee ee ee 


mar ee = 


174 


DEAN RER PL 
PP ETES ORM 


Diese Formel führt also zu der Geraden o. 

Sind K,, K, die Krümmungsmittelpunkte von k,, k, in P’, resp. P”, 
so führen wir eine a. a. O. durchgeführte Konstruktion!) in umgekehrter 
Ordnung durch. Darnach bestimmen die Geraden P'P", P'R,P"K, 
K, K, ene Parabel [A], deren zu P’ P' senkrechte Tangente c die Tan- 
gente P’ P'' in C* treffen möge. Die Gerade # durch T, welche mit TP’ den- 
selben Winkel einschließt wie T P’ mit T C*, ist Achse einer affinen Lage, 
in der sich P’, P’’ entsprechen und welche jeden %, in P’ oskulierenden 
Kegelschnitt in einen solchen überführt, der k, in P” oskuliert. Schneidet 
die Parallele durch O zu P’T die Gerade u,, welche durch P” parallel 
zur Geraden % geführt wird, im Punkte U,, so ist U, T die gesuchte Gerade o. 

Dies gibt folgende Konstruktion von ©. 

Um C* zu bekommen, denken wir uns das Sechsseit (c, PP", P'K, 
K, K,, K,P", v9), in dem % unendlich fern liegt und welches [R] umge- 
schrieben ist, so haben wir die Parallele durch P’ zu P’’ K, mit der Senk- 
rechten von K, auf P’P' zu schneiden und den Schnittpunkt mit K, 
zu verbinden ; die Verbindungsgerade trifft P’ P' in C*. Trifft die Senk- 
rechte in T zu C*T die Gerade P” K, in D und ist I der Fußpunkt der 
Senkrechten von D auf T P’, so ist P’”’ J = u, ; es schneidet somit die Paral- 
lele durch O zu T P' die Gerade P’’ I im Punkte U,, welcher bereits der 
gesuchten Spur o=U,T angehört.?) 

Kennen wir 0, so ist die Konstruktion des Krümmungshalbmessers 
von kin P oder der Projektion von % im entsprechenden Punkte nach Vor- 
hergehendem gegeben. 

Ist eine von den Flächen K,, K, ein Zylinder, so ändert sich nichts 
Wesentliches an unserer Konstruktion, sind beide Zylinder, so fällt O ins 
Unendliche und die Gerade u ist die Spur von A. Haben wir also C* wie 
vorher ermittelt, so bringen wir etwa 7 P'’ mit der Parallelen zu C*T durch 
P’ zum Schnitt, errichten im Schnittpunkte die Senkrechte auf TP”, 
welche P’ K, in B schneiden möge. Alsdann geht # durch T senkrecht 
zu BT. Oder wir übertragen den Winkel C*T P” etwa mit Hilfe des um T 
als Mittelpunkt beschriebenen durch C* gehenden Kreises nach (P’T, 4). 

9. Wir führen noch eine zweite Konstruktion an. 

Zu dem Ende betrachten wir (Fig. 3) zuerst die Durchdringungskurve 
zweier Zylinderflächen mit den Spuren k,, kz; P’ P,P’ P sind die Rich- 
tungen derselben. Wir konstruieren die Spur # der Schmiegungsebene (P u) 
in P für die Durchdringungskurve. Die Kurve À, ersetzen wir durch ihren 


1) Cf. „Zur Krümmung zentrisch kollinearer Kurven‘ in diesem Bulletin (1918) 


PCT. 
2) In der Figur ist diese Parallele irrtümlicherweise durch C* statt durch O 


geführt worden. 


172 


Krümmungskreis J, in P”, alsdann ist X, der Krümmungsmittelpunkt 
in P’ für den zu 2, affinliegenden Kegelschnitt für # als Achse der Affinität 
und für P’’, P’ als sich in ihr entsprechende Punkte. Wir fällen von K, 
die Senkrechte auf P’ P' bis zum Schnitt @” mit TP”, ziehen G’ G’ || P’’ P 
bis zum Schnitt G mit T P’ und fallen von G’ die Senkrechte J auf P’'P”. 
Ferner ziehen wir durch den Schnitt der Parallelen durch G’ zu P’ K, mit 
der Parallelen durch K, zu P’T die Gerade enach dem Punkte P’ K,.1 
und fällen von P’ die Senkrechte auf e. Schneidet diese P’’ K, in N, so ist 
u die Verbindungsgerade der Punkte 7, N. 


Fig. 3. 


Denn G” ist der Pol von P’ P” inbezug auf /,, also G’ inbezug auf J,; 


die Steinersche Parabel von /, für den Punkt P’ berührt also P’G’, I und 


P'K, in K,. Bezeichnen wir P’ K, mit 2, die zu P’ K, benachbarte Tan- 
gente der Parabel mit 3, die unendlich ferne Gerade mit 4, die ihr benach- 
barte Tangente der Parabel mit 5 und P’T mit 6, so folgt aus dem Sechs- 
seit 123456, daB e ein Durchmesser der Parabel ist. Die Senkrechte P’ N 
zu e ist ihre Leitgerade und als solche der durch P’ gehende Durchmesser 
von Z,, welcher den durch P'' gehenden Durchmesser P’’ K, von a in N- 
auf der Affinitätsachse schneidet. 

Ist aber & die Durchdringungskurve zweier - Kegeliliichen und O 
wieder der Spurpunkt von S, S,, so konstruieren wir zunächst # wie soeben ;, 
alsdann wird die Gerade, welche P’ mit J = G' G".u verbindet, von OG 
in einem Punkte geschnitten, welcher der gesuchten Geraden o angehört. 
Ebenso wird die Gerade P’ J von O G'' in einem Punkte auf o geschnitten. 

Denn, ist U,, der unendlich ferne Punkt auf P’ P”, so ist (TU, 
u,1.P', TP) = (U, IGG") =P" (Od GG BAUEN 


u à 


4 
? 
| 
» 
? 
| 

4 


- Te "à. 


tic dde à ds 


173 


(TO, 0, TP’, TP"). Der dritte und der vierte von diesen Strahlen- 
büscheln sind mit dem letzten perspektiv mit OG’, resp. OG” als Per- 
spektivachsen ; dadurch ist die Richtigkeit der Konstruktion erwiesen. 
Hierbei können G’G”,J, wenn es die Durchführung der Konstruktion 
erfordert, durch die Schnittpunkte von TP’, TP’”, u, mit einer anderen 
Parallelen zu PP’ ersetzt werden, 

10. Ersetzen wir wieder k,, k, durch /, und /, wie im Art. 8. Die 
einander in der zentrischen Kollineation zwischen /, und /, entsprechenden 
Punkte @',...G",... auf TP’ und T P” bilden zwei perspektive Punkt- 
reihen. Da sich die Polaren g’,...g’’,... dieser Punkte inbezug auf 4, 
und /, gleichfalls entsprechen, so schneiden sie sich auf 0, zwei perspektive 
Strahlenbüschel (g’), (g’’) bildend. 

Ist m, irgend ein Kegelschnitt, welcher k, in P” oskuliert, so bilden 
in bezug auf ihn die Polaren g*,... der Punkte G’’,... einen zu (G”,...) pro- 
jektiven Strahlenbüschel (g*). Infolgedessen sind -die Strahlenbüschel 
(g’), (g*) projektiv und erzeugen einen Kegelschnitt w. Dieser trifft o 
außer in T noch in einem Punkte 7”. Die Punkte 7T,T’ kommen so zu- 


- stande, daß wir die Doppelstrahlen der zu einander projektiven Büschel 


(g’’), (g*) mit den ihnen in (g’) entsprechenden Strahlen schneiden. Diese 
Doppelstrahlen fallen aber mit TP’ zusammen; folglich fallen auch die 
Punkte T,T’ zusammen. Es berührt also w die Gerade o in T. 

Dies gibt folgende Konstruktion von 0. ~ 

Wir bringen die Polaren der Punkte von (G’,...) inbezug auf irgend 
einen Kegelschnitt 7,, welcher k, in P’ oskuliert, mit den Polaren der 
entsprechenden Punkte von (G’,...) inbezug auf einen Kegelschnitt #2, 
welcher k, in P” oskuliert zum Schnitt. Die Schnittpunkte beschreiben 
einen Kegelschnitt, dessen Tangente in T die gesuchte Spur o ist. 

Da wdurch T, P', P'' geht, so hat man nur noch zwei Punkte dieses 
Kegelschnittes zu ermitteln, um dann o als seine Tangente konstruieren 
zu können. Für die praktische Durchführung der Konstruktion ersetzen 
wir 7, und 7, durch die zugehörigen Krümmungskreise. 

11. Für die Durchdringungskurve k der Kegel (S; k;), (S2k2) folgt 
hieraus eine neue Konstruktion der Schmiegungsebene S in irgend einem 
Pasnkte‘P. 

Wir ersetzen die Kegel durch die Kegel zweiter Ordnung (S,%), 
(S,7,) und ermitteln zu den Punkten auf der Tangente T P die inbezug 
auf diese Kegel gleichzeitig konjugierten Geraden, welche einen Kegel 
2. Ordnung bilden, welcher durch PT, PS,, PS, geht; seine Berührungs- 
ebene längs T P ist die fragliche Ebene S. 

Ist & die Durchdringungskurve irgend zweier Flächen und konstruiert 
man zu diesen in einem gewöhnlichen Punkte P auf k Schmiegungsflächen 
2. Ordnung P,, P,, so hat k in P mit der Durchdringungskurve % dieser 
Flächen Krümmung und Schmiegungsebene S gemein. S schneidet P, 
und P, in Kegelschnitten s,, s,, die einander gleichfalls in P oskulieren. 


174 


Folglich schneiden einander die Kegel, welche man den Flächen P,, Po 
längs s,, beziehungsweise s, umschreiben kann, in einer Kurve, welche k 
in P oskuliert und somit S zur Schmiegungsebene hat. Daraus folgt: Die 
zu den Punkten der Tangente T Pan kim Punkte P inbezug auf P, und P, 


gleichzeitig konjugierten Geraden beschreiben einen Kegel 2. Ordnung, 


welcher durch J P und die Polaren von 7 P inbezug auf P, und P, geht, 
und S ist die Ebene, welche ihn längs T P berührt. ; 
So sind wir zu einer von F. Machovec herrührenden Konstruktion 


gelangt. 


Annotation concernant l’étiologie des sarcoides 
Boeck-Darier. 


MUDr. BOHUMIR REJSEK. 


(Travail de la policlinique tchèque à Prague, pr. Prof. Dr. J. Bukovsky.) 


Je vais décrire diverses dermatites d’origine tuberculeuse rencontrées 
aux mois de janvier et de février 1919 chez une malade qui souffrait de 
la tuberculose pulmonaire. On trouve sur le visage une forme du lichen 
scrophulosorum, sur le tronc des miliaires lupoïdes Boeck et sur les mem- 
bres supérieurs et inférieurs des sarcoïdes Boeck-Darier bénignes, de forme 
papulleuse, que je prends spécialement en considération. Le cas est plus 
intéressant à cause de la prompte récidive qui s’est développée à la même 
place que l’affection primaire. Les efflorescences n’indiquent pas de nécrose. 

J'ai fait deux examens histologiques de la papule primaire et de la 
récidive. Au premier examen j'ai trouvé des vaisseaux un peu dilatés, 
entourés, dans la couche papillaire ainsi que dans le tissu conjonctif sous- 
cutané, d’une infiltration cellulaire en forme de petits noeuds. L’infil- 
tration noeudeuse placée dans la couche papillaire, pénètre jusqu’à l’épithe- 
lium dans la couche Malpighi et décompose des prolongements épidermiques 
interpapillaires, où se forme une vacuolisation. A l’endroit, où se trouvent 
des infiltrations, la couche granuleuse de l’épiderme est complètement 
disparue. À la même place que les infiltrations cellulaires minces, les 
prolongements épidermiques interpapillaires s’agrandissent. L’épiderme 
montre une parakératose; cä et là on rencontre des cellules géantes. 

L'aspect de l’affection histologique de la récidive est analogue. La 
couche granuleuse est disparue et la vacuolisation dans la couche de 
Malpighi est la même. L’infiltration cellulaire périvasculaire est plus forte 
et plus diffuse, sans cellules géantes. 

D’après la littérature il existe diverses opinions de l’etiologie; il 
y a donc deux théories spéciales: la toxique et la bactérienne. 

Selon moi, les tuberculides sont causées par l'action de toxines tuber- 
culeuses, qui provoquent dans la peau une disposition, c’est-à-dire une 


176 2 SENS 


susceptibilité spéciale. Chez tout le malade souffrant de la tuberculose, — 
soit manifeste, soit latente, il existe une certaine quantité de toxines tuber- =o 
culeuses dans la circulation du sang. Cette quantité va en s’acroissant ou 
en s’abaissant et la peau s’accoutume petit à petit a ces circonstances en 5 
recevant en même temps la susceptibilité. Si la quantité augmente tout 
d'un coup et si la vague de la toxine vient dans cette peau prédisposée, 
une réaction s'élève sous forme de tuberculides. 

J'expliquerais l’étiologie des sarcoïdes d’après l’examen histologique 
de la manière suivante: La toxine arrive par les plus fines capillaires en 
contact direct avec l’épithélium, fait un effet lytique et cause une colli- 
quation et décomposition de l’épithélium, ainsi que la disparition du kérato- 
hyalin de la couche granuleuse. Les prolongements épidermiques inter- 
papillaires montrent, comme reaction, un agrandissement. La toxine agit 
aussi dans l’environ; le tissu dermique est imbibé par la Iymphe, il se 
forme des vacuoles dans la couche papillaire, et les cellules conjonctivales 
sont hypertrophiées. Par l’impression aux vasomoteurs les leucocytes 
emigrent et forment une infiltration cellulaire périvasculaire en forme 
de noeuds. Les cellules géantes se forment, comme procès réactif, contre 
l'influence nuisible spécifique. La récidive est causée par le même procès _ 
que l'affection primaire. L’éruption est localisée le long des nerfs. Les | 
bacilles tuberculeux, qui ont été très rarement découverts, ont été portés 
à la peau par la circulation du sang. Dans le tissu dermique jouissant — a 
d'une très grande immunité, les bacilles ne peuvent plus vivre et péris- 
sent. C’est pourquoi nous trouvons si rarement des bacilles dans les coupes 
et que nous recevons presque toujours des experiences négatives; quant __ 
aux positives, elles proviennent de ce que les bacilles venaient de pé- 
nétrer dans la peau au moment on où en avait pris un morceau pour — “a 
 l’inoculation, donc avant qu'ils aient eu le temps de périr. On peut aussi 
expliquer, d’aprés cette disparition des bacilles, la transformation si rare 
des tuberculides en vraies tuberculoses cutanées. Bu 


Dr. B. Rejsek: 
ANNOTATION CONCERNANT L'ÉTIOLOGIE DES SARCOIDES BOECK-DARIER. 


Explications des figures de la planche. 


Fig. 1. — Formation d’un noeud dans la couche papillaire; disparition des cellules de la couche 
granuleuse. 
| Fig. 2. — Epithélies des prolongements épidermiques interpapillaires imbibés par la Iymphe; for- 
mation des vacuoles. 
Fig. 3.— Commencement de la colliquation des prolongements &pidermiques interpapillaires; 
les cellules inflammatoires pénètrent le corps papillaire dans l’épithelium. Parakératose. 
Fig. 4. — Imbibition lymphatique et décomposition d’un prolongement épidermique interpapillaire. 
Fig. 5. — Noeud dans le corps papillaire avec cellule géante. Agrandissement des prolongements 
épidermiques interpapillaires. 
Fig. 6. — Fusion des noeuds avec infiltration cytologique diffuse. Agrandissement des prolonge- 
ments épidermiques interpapillaires. Parakératose. 


(Fig. 1—5. Aspect de l’affection primaire. Fig. 6. Récidive.) 


nn un en 


a 4 gg "| > ud 


Zur Krümmung zentrisch kollinearer Kurven 
in der Ebene. 


Von 
J. SOBOTKA. 


(Mit 8 Textfiguren.) 


Vorgelegt am 26. Oktober 1918. 


1. Die Darstellung dieser Krümmung, wie sie durch eine einfache, 
bekannte Formel ausgedrückt wird, pflegt nicht genug einfach zu sein; 
insbesondere werden bemerkenswerte Sonderfälle nicht berücksichtigt; 
diesem Mangel trachtet die vorgelegte Arbeit abzuhelfen ; außerdem 
werden in ihr verschiedene Zusammenhänge der Konstruktionen erläutert. 

Wir können bei der Lösung der Aufgabe, aus dem Krümmungs- 
mittelpunkt K einer Kurve k im Punkte P den Krümmungsmittelpunkt 
K, einer zu k zentrisch kollinearen. Kurve k’ für den zu P gehörigen 
Punkt P’ zu ermitteln, im allgemeinen die Kurve k durch den Kegel- 
schnitt A ersetzen, welcher k in P oskuliert und den Kollineationsmittel 
punkt O als Brennpunkt besitzt. Dem Kegelschnitt 4 entspricht zentrisch 
kollinear der Kegelschnitt h’, welcher k’ in P’ oskuliert und O gleichfalls 
zum Brennpunkte hat. 

Fällen wir (Fig. 1.) von K die Senkrechte auf O P und von ihrem 
Fußpunkt die Senkrechte auf PK. Es sei K der Fußpunkt der letzten 
Senkrechten ; alsdann ist OK die Hauptachse von h. Die Senkrechte 
in O zum Leitstrahl O P trifft die Tangente PT des Kegelschnittes h im 
Punkte L, welcher der zu O gehörigen Leitgeraden dieses Kegelschnittes 
angehört. Diese Leitgerade ist also die Senkrechte von L auf OK; sie 
möge die Kollineationsachse o im Punkte Z, treffen. 

Der Schnitt L’ der Tangente T P’ von k’ in P’ mit OL liegt auf der 
zu O gehörigen Leitgeraden von 4’, und da sich die Polaren von Oinbezug 
auf # und h’ zentrisch entsprechen, so ist L’ Ly die zuletzt erwähnte Leit- 
gerade, und die Senkrechte von O auf sie die Hauptachse von Ah’. Trifft 
diese P’ K, in K,, so hat man in K, die Senkrechte auf P’ K, und in 


Bulletin international. XXII. 12 


178 


ihrem Schnitt mit O P die Senk- 
rechte aufO Pzu errichten, welch 
letztere P’ K,imgesuchten Pun- 
kte'X, trıiit. 

Diese Konstruktion benutzto 
Mannheim bereits im J. 1859 
zur Lösung einer analogen Auf- 
gabe; wir wollen aus ihr die 
algebraische Beziehung zwischen 
y = P. Kund r =P K,ableiten 

Setzen wir PK=g,P' K,=0', 
PPT ST Br 
worin P, den Schnitt von o 
mit P P’ Dezeichnet, TPE 
TP =p Ssosst 


e=rsint, 0 =r sive’, — = ——, 
ko ROH) snPOK sinP'K,O 
D OP PO sin P K,0. 
Aussden Dreiecken ZI, EN TIL, DIESE OISE 
EL, Iie OK. LIL sin Por RP” MER A ee 


=: mm nn — um 


ET, SH POR Es sin DLL Do Se 


Diese Gleichheiten führen zu der Beziehung 


sinPOK sin P,TP' sinPKO 


sin P'OK, Sn P TP sin P'K10 
aus der mit Benützung von (1) folgt 


0 OW SS Sin seed ee 


Oo OP se Pees 


PLP) Pak 
Fan he 


— IT IRIE 


so folgt aus der letzten Relation 


0. OD PEN BAR 


0’ O pP: “ je t ’ 


oder 
oe ie (2) 


eves x’ L' sin? t 


en ét tot) à dès 


OK, in K, geschnitten, so ist, wenn P K, = @, gesetzt wird, — 


179 


Aus dem Dreieck T P P’ folgt 
beet (==) Sind > SUE, 
es liefert also (2) schlieBlich die Formel 
Y 


#3 : 


welche Geisenheimer zugeschrieben wird. 
2. Wir bezeichnen noch die Winkel P,T P, P,T P', mit ©, o’ 
Aus der Beziehung 


{3 E 
— (0 PyP’ P) 


folgt, da 
P,P __ tsimo 


PAPE t’ sin oo’ ’ 


die Relation 
or | OP sina 


oe 'OPsinw’ : 


Fällen wir von K die Senkrechte auf O P, und von ihrem Fußpunkt 
die Senkrechte auf PK, deren Fußpunkt mit K bezeichnet werden 
möge, und ebenso von K, die Senkrechte auf O Py und von ihrem Fuß- 
punkt die Senkrechte auf P’ K,, deren Fußpunkt wir mit K, bezeichnen, 
so ist e—PK, 0’ =P'K,. Wird die Parallele durch P zu P’ K, von 
OT AOE 
Go nes 
und aus der letzten Gleichung folgt 


Qo sing’ — @ Sin @. 


Das ergibt folgende Konstruktion von K, (Fig. 1). 


Man ermittelt aus K den Punkt K, zieht durch P de Parallele zur 
Normale P’ K, und schneidet sie in X, mit der durch K gezogenen Senk- 
rechten zu 0 ; alsdann trifft O K, die Normale P’ K, im Punkte K,, aus 
dem K, selbst in der angegebenen Weise erhalten wird. 


Diese Konstruktion ist unmittelbar auch anwendbar, wenn O im 
Unendlichen liegt und gestaltet sich bei orthogonal affiner Lage der Kurven 


k, k' besonders einfach, da die Senkrechte durch K auf o die Normale 
P'K, bereits im Punkte X, schneidet. 


3. Für affinliegende Kurven k, k’ geht die Formel (3) über in 


#3 P,P 


— . 0, oder 7’ sin?t'’ sing’ = 7sin 5 Sin ©. (4) 
LA AUS a a 


y' 
r 


12® 


180 


Ziehen wir (Fig. 2) durch P und P’ die Parallelen zu o, und sind ent- 
sprechend H und H, die Fußpunkte der Senkrechten von K und K, auf 
sie, so ist vermöge der letzten Gleichung 


3; e 
PH, sind =P Asin x oder = 
1 PH PH 


Ist{N der Schnittpunkt der Normalen PK, 
P'K, und M der Schnittpunkt von PP’ mit der 
Senkrechten in 7 zu TN, so ist 


2=TQ.TN, t2?=TO,.TN, 


falls Q und Q, die FuBpunkte der Senkrechten 
von P und P’ auf TN bedeuten, so daß #2: 8 = 
T0,:T0=MP':MP. Folglich ist MP’: MP = 
P'H,:PH, und es liegen die Punkte MH 
einer Geraden. Dies gibt folgende Konstruktion. 

Man schneidet P P’ mit der in T zu T N errichteten Senkrechten in 
M, zieht die Parallelen P H, P’ H, zu o durch P und P’, verbindet M mit 
dem Fußpunkt H der Senkrechten, die man von K auf PH fällt und 
schneidet die Verbindungsgerade in H, mit P’ H,; alsdann trifft die 
Senkrechte durch H, zu o die Gerade P’ N im Punkte K.. 

4. Es sollen nun einige besondere Fälle unserer Konstruktion erörtert 


werden. 
a) Die Tangenten an k und &’ in den Punkten P und P’ seien zu- 


einander und zur Achse der Kollineation parallel. Da ist lim a —11 4150) 


— = (OP, PP). 


Daraus ergibt sich folgende Konstruktion (Fig. 3). | 


Man schneidet die Parallele zu O Py) durch K mit der Normale P’ K, 
in P’an k’ im Punkte X, und P, K, mit PK im Punkte L; alsdann trifft 
OL die Normale P’ K, im gesuchten Punkte K,. Es ist da 


pe, Dir PR N ahs OP! 
Bee sy Pier PK=PL. RE, 
somit 


POR = 7 (0 Pap EP ealsocy ae pike. 


Triftt KK dene Strahl OP wins eso 
folgt aus dem vollständigen Viereck K, KL K,, 
daB PP’, P,E eine Involution bilden, welche 
O zum Mittelpunkt hat. Dieselbe Involution 
entsteht durch die Gegenseitenpaare des voll- 


OP ee 


5 


i ES 
» : 


181 


ständigen Vierecks, dessen zwei Ecken die unendlich fernen Punkte von 0 
und PK sind, die dritte Ecke 3 der Schnittpunkt von o und P’ K, und 
die vierte Ecke 4 der Schnitt von O3 mit der zu o parallelen Tangente 
tan kin P ist. Dies gibt die folgende Konstruktion. Man schneidet ¢ mit 
der Verbindungsgeraden der Punkte 3=P’K,.o und O im Punkte 4 
und O P, mit der Senkrechten zu o durch 4 im Punkte E; alsdann geht 
E K durch den gesuchten Krümmungsmittelpunkt von k’ in P, 

b) Der Strahl O P, berührt die Kurven k, k’ in P, beziehungsweise 
P' (Fig. 4). 

Unsere Relation 


Y N OWEN a8 od 
N N LR ST ON 
CRAN MORE 
Y pe EN 2 
Schneidet OK die Normale in P’ an k im Punkte Kg, so ist 
a — == und somit FE = = 


Schneidet die Parallele durch K, zu OP, die Gerade PK in K* 
and 1 Kr die Gerade P’K,in.Z; so ist 
, P' IL ! Tu 


und somit —— = 


À 
PK, TW REE MN 


Man hat also noch durch L die Para- 
llele zu O P, zu ziehen bis zum Schnitt L* 
mit PK; alsdann trifft P, L* die Normale 
P’ K, von k’ im gesuchten Krümmungsmit- 
telpunkt K,. 

Wir sehen, daß die Konstruktion unab- 
hängig ist von der Richtung der Kollineati- 
onsachse. Nehmen wir also auf irgend einer Hip 
Geraden durch P, zwei beliebige Punkte an 
und legen durch sie zwei Kegelschnitte, von denen der eine kin P, der 
andere %’ in P’ oskuliert, so haben dieselben außer O Py noch eine ge- 
meinschaftliche Tangente durch O. 

c) Schneiden sich die Kurven k, k’ im Punkte P, auf 0, so ist für 


diesen Punkt lim (4 :t) = sinr : sin’; ziehen wir eine Parallele zu O Po, 


welche die Tangenten in P,an kund k’in H und H, und oin H,schneiden 
möge, und setzen P, H =t, P,H, =, so ist auch 4, :1= sine: sine’, 


Nun ist 
lim (OP, PP) = (P 0 No NP 4 Ih) — COS REED Sn WED er 


falls wir mit U,, den unendlich fernen Punkt auf P,O bezeichnen. Somit 


, 


ist das Verhaltnis = unabhängig von der Lage des Punktes O auf P, O 


und gleich auch dem Verhältnis für zwei affinliegende Kurven, welche 
k und k' in P, berühren, wenn P,O die Richtung der affinen Lage ist. 
Es ist also 
x sin? T' Sin @' = 7 Sin? t Sin @. 


Dies liefert beispielweise folgende Konstruktion von K,, wenn K 
gegeben ist. 

Man fällt von K die Senkrechte auf O P, und von ihrem Fußpunkt 
die Senkrechte auf P,K; vom Fußpunkt X dieser Senkrechten fällt man 
weiter die Senkrechte auf 0, von deren Schnitt X, mit P, K, die Senkrechte 
zu P, K,, welche man mit O Py zum Schnitt bringt; hieauf errichtet man 
in diesem Schnittpunkt die Senkrechte zu OP), welche bereits den ge- 
suchten Punkt K, auf P, K, einschneidet. 

d) Die Kurven k, k’ mögen OP, in P, berühren. 


Sind (Fig. 5) 0, 0’ irgend zwei einander in der zentrischen Kolline- 


ation entsprechende Punkte, deren Verbindungsgerade o in Q, schneiden 
möge und trifft irgend eine Parallele zu OP, die Geraden P,Q, P,Q’, 
on 4, H,,H, so ist zunächst 


! 


Y ar ? a te ae 3 
ei lim TER (0:05. 0720) — Im a CR) — am NE (OF, Bee 


wobei der Grenzübergang so erfolgt, daß der Schnitt der Tangenten £, ¢ 
unendlich nahe an P, in zweiter Ordnung rückt, wenn P und P’ unendlich 
nahe an P, in erster Ordnung rücken. 


i } > Bora: i + 1 LO Ee 
In diesem Falle ist lim P,P’ 7m lim OP — lan 
13 12 
lim a (OP, P’ P) = im ae also 
y” HU. IL li t’3 CALE 
2m ( 1 Ho) lim eng lim a 


Daraus folgt 


lim + = (H H, H,) = (09009), 


so daB 
178 Aa) ec ele CE 
(6 (0 0,0' 0): H,A 


EEE ee 


À. se ch 
“ 


183 


Ziehen wir durch H und H, die Parallelen zu o bis sie O Py in den 
Punkten M und M, schneiden, so bekommen wir schließlich die Beziehung 


P,M2  P,M® 


/ 


Dies gibt tolgende Konstruktion. 

Man zieht etwa durch H = Q die Parallele zu O P, bis zum Schnitt 
H, mit P,Q’ und durch H und H, die Parallelen zu 0, welche O Py in M 
und M, schneiden ; in M errichtet man die Senkrechte zu KM bis sie o 
im Punkte S trifft; die Senkrechte in M, auf SM, legt alsdann den 
Punkt X, fest. 

5. Zwecks Ermittelung des Punktes K, aus K haben wir & durch 
den in P oskulierenden Kegelschnitt ersetzt, welcher O zum Brennpunkt 
hat. Ist O im Unendlichen, so geht dieser Kegelschnitt in eine Parabel 
über, deren Achse parallel zu P P' ist. Die sich hiedurch ergebende Spe- 
zialisierung der Konstruktion haben wir auch erreicht durch Spezialisierung 


1 


ET, 
des Ausdruckes für — . 
Y 


Wir können hier aber auch & durch die Parabel p ersetzen, welche 
kin P oskuliert und deren Achse zur Affinitätsachse wu parallel ist und 
welcher durch die affine Lage die Para- 
bel 2’ entspricht, welche k’ in P’ osku- 
liert und deren Achse gleichfalls zu u 
parallel ist (Fig. 6). 

Die Steiner’sche Parabel (p) von ik 
für den Punkt P berührt die Tangente 
TP von k, die Normale PK im Punkte 
K und ihre Achse ist senkrecht auf 
u, wodurch sie festgelegt ist. Wir ermit- 
teln etwa die zu P P’ senkrechte Tan- 
gente g von (p) aus dem Brianchon’- 
schen: Sechsseit (PK) (FR)*v, vz 
g (TP), worin v, die unendlich ferne 
Gerade der Ebene, v% die zu v„ und f 
(PK)* die zu (PK) benachbarte Ta- ee, 

gente von (p) bezeichnen. Der Diago- 

nalpunkt L dieses Sechsseits ist der Schnitt der Senkrechten von P auf 
u mit der Senkrechten von K auf PP’. Der Fußpunkt M der Senkrech- 
ten von Lauf TP gehört der Geraden gan und ist der Pol von PP’ 
inbezug auf p. Der affinentsprechende Punkt M’ ist der Pol von PP’ 
inbezug auf p’. Die analoge Betrachtung inbezug auf p’ ergibt, daß man die 
Senkrechte in M’ auf T P’ mit der Senkrechten von P’ auf # zum Schnitte 
zu bringen und durch den Schnittpunkt L, die Senkrechte auf PP’ zu er- 
richten hat, um im Schnittpunkt dieser mit P’ K, den Punkt K, zu erhalten. 


= 


+ 
PA) 
A. 


\ 
7 
/ 


F7 
/ 
LA 
LA 
/ 
[on 


\ 


EE as 


7 


u 


184 


Bemerkt sei noch, daB, wenn N den Schnitt der Normalen P K, 
P’ K, bezeichnet, die Geraden ML, M’ J, sich in einem Punkte N, auf 
T N schneiden. 

Sind insbesondere die Kurven k, k’ orthogonalaffin, so haben wir die 
folgende einfache Konstruktion. 

Wir fällen von K die Senkrechte auf PP’, von ihrem Fußpunkt 
die Senkrechte auf TP, von dem FuBpunkt dieser die ‘Senkrechte auf 
u, in deren Schnitt mit TP’ man die Senkrechte auf TP’ errichtet, 
welche auf P P’ den Punkt L, einschneidet; die Parallele durch L, zu u 
tristt PK, im Punkte. K;. 

Liegt der Punkt Kauf # und schneidet die Senkrechte in K zu u 
die Normale P'K, im Punkte G, so liegen die Dreiecke NKG, N,LL, 
ähnlich ; es liegt somit L, auf TG. Um also K, zu erhalten, ermittelt man 
G, bringt GT mit PP’ in L, zum Schnitt und zieht durch L, die Parallele 
zu u, die auf P’ K, den Punkt K, einschneidet. Dies ist eine bekannte 
Krümmungsmittelpunkts-Konstruktion für die Ellipse. 

6. Kehren wir wieder zum allgemeinen Falle, in dem k und k’ zentrisch 


! 


kollinear sind, zurück (Fig. 7). Das Verhältnis — ändert sich nicht, wenn 


das Kollineationszentrum O sich auf P P’ bewegt und die Kollineations- 
achse o sich um 7’ dreht so, daß das Doppelverhältnis (TO, 0,T P’,T P) 


is rc lee se 


185 


sich nicht ändert. Dieses Doppelverhältnis ist d = (0 P, P’ P). Schneiden 
die Parallelen durch O zu T P’ und T P die Gerade oin U und U,, so ist, 
wenn O„ den unendlich fernen Punkt von o bezeichnet, à = (T O, o,T P', 
T P) = (T, O,, U, U,) = (U U,T). Die Pascalgerade des speziellen 
Pascalschen Sechsecks OU PT P’ U, liegt unendlich fern; es ist somit 
UP || U, P’. Schneidet also die Parallele zu UP und U, P’ durch T 
ea in i, so ist à = (U U,7) = (P. PH). 


; x MR ET PER Se 
Es ist also für P und P’ das Verhältnis a fiir die Kurven k, k’ auch 


gleich dem ana‘ogen Verhältnis von zwei Kurven, die affin liegen für 
u=TH als Achse der Affinität. 

Ziehen wir durch O die Parallele m zur Kollineationsachse o 
und schneiden 7P und TP" mit ihr in den Punkten R, R’, so -ist 
9 —(0P, PP) = (R’' RO). Aus den Dreiecken OPR, OP’R' folgt 
OR 5 Su" | 
OS POR site. | 

Aus der Gleichung 


LA ! FL 
- =— (OP,P'P) =— (R' RO) 
erhalten wir, da 
NER Mr PR PR LE NE OR 
msn «iP ar Oe Pr TOR PR? 
die Relation 
0° jee R' 


! 


, 
Le RU Y x ; 
Die Verhältnisse — und I ändern ihre Werte nicht, wenn wir 
r Q 


das Kollineationszentrum O auf OP beliebig nach O* verlegen und die 
Kollineationsachse dabei um T nach o* so drehen, daß, wenn P,* den 
Schnitt von o* mit PP’ bezeichnet, dic Gleichheit besteht 


(OP, P' P) = (0* P,* P’ P). 


Beschreibt also O* die Punktreihe auf P P’, so beschreibt P,* eine 
zu ihr konjektive Punktreihe, wobei P, P’ die Doppelpunkte beider 
Punktreihen sind. Projizieren wir die erste Punktreihe in der Richtung 
T P (resp. T P’) und die zweite von T durch die entsprechenden Kollinea- 
tionsachsen, so sind die projizierenden Strahlenbüschel perspektiv, da sie 
den Strahl TP (resp. T P’) entsprechend gemein haben. Die Achse der 
Perspektivität ist U, P’ (resp. U P), ist also parallel zu «. 

Die Parallelen # durch die Kollineationmittelpunkte zu den zuge- 
hörigen Kollineationsachsen hüllen eine Parabel (#1) ein, deren Tangenten 


186 


auf PP’ und auf der unendlich fernen Geraden v„ der Ebene projektive 
Punktreihen festlegen. Da dem Schnittpunkt PP’. vy, auf PP’ der un- 
endlich ferne Punkt der Affinitätsachse # entspricht, so sind #, UP, U,P' 
Durchmesser von (m). 


Verbinden wir T mit dem Brennpunkt der Parabel (m) durch den 
Leitstrahl f. Es gehen also durch 7 die Tangenten T P, T P’ an (m), der 
Durchmesser # und der Leitstrahl f. Es ist also X (u, T P) = (1 P’, f) 
und<X(u,TP')=<(TP,f). Man kann f auch folgendermaßen kon- 
struieren. Man errichtet in U die Senkrechte zu OU, welche T P in G 
schneiden möge. Die Verbindungsgerade von G mit dem Punkt Z=OU. 
PK gibt die Richtung von fan; denn die Punkte U,G,P, E liegen auf 
einem Kreise, so daB =e (2 T7, = IX UEC] Za UPC =e eee 
Analog bekommen wir die Richtung von fin der Geraden, welche den 
Schnitt der Senkrechten in U,zuOU, mit TP’ und den Punkt OU, 
P' K, verbindet. 

Ist vi, die zu vy benachbarte Tangente von (m), so folgt aus dem 
Sechsseit von Brianchon (P P’, P’ R’, m, P R,v,,v%), wenn sich die Paral- 
lelen durch P’ zu P R und durch R zu PP’ in I schneiden, daß IR’ ein 
Durchmesser von (m) also I R || wist. Schneidet also U, P’ die Gerade T Pin 
Q oder U P die GeradeT P’ in Q,,'so ist PR: PIRI= LO VIP TE 30 
und mit Riicksicht auf (5) 


Aus dieser Beziehung läßt sich 7’ aus 7 einfach in mannigfacher 
Weise darstellen, unter anderem auch so. Wir ziehen die Parallele durch 
O zu TP’ bis zum Schnitt U mit 0; vom Punkte K fallen wir die Senk- 
rechte auf UP, welche die durch P zu P'K, gezogene Parallele in Ky 
schneiden möge ; die Parallele durch K, zu PP’ trifft P’ K,, im Punkte Kj. 
Es ist da wirklich Rue — an 

ER I 
der überein, die wir erhalten, wenn wir von der zentrischen Kollineation 
zur affinen Lage übergehen. 


. Diese Konstruktion stimmt mit 


7. Sind K, KO, K®,.. die Krümmungsmittelpunkte verschiedener 
Kurven, die sich in P berühren, für diesen Punkt und K,, K,®, K,® .. 
die der ihnen in unserer Kollineation entsprechenden Kurven für den 

, 13 
Punkt P‘, so sind vermöge der Bezichung — => (O:P, PB’ Pedic 
Punktreihen X, K®, K®,...und K,, K,®, K,®,... ähnlich, und eshüllen 
somit die Geraden KK, Ku K,®, K®)K,®... eine Parabel [Rene 
Sind KW, K®,...und K,®, K@, .die den Punkten KU, Born 
resp. K,®, K,® ...in gleicher Weise zugeordneten Punkte wie K und 


K, den Punkten K,K,, so hüllen auch die Geraden K K,, K® KW, 
K®, K,®,... eine Parabel [4] ein. Beide Parabeln haben OP,PK, 
P’ K, zu Tangenten. 

Aus dem Brianchonschen Sechsseit (P P’, KP, TA K, P! Ry CE 


v&),in dem v# zuv,, benachbart ist, folgt, daß die Achse von CA] senkrecht 
auf UP steht. 


Die Senkrechten in K zu P K und in K, zu P’ K, treffen sich in 
einem Punkte C: beschreiben K und re die Punktreihen K, KW, RENE: 
K,, K(®, K®,..., so beschreibt C gleichfalls cine gerade Punktreihe, 
C,C®, C®,....weil die durch die soeben erwähnten Punktreihen zu PK, 
resp. P’ K, senkrecht gelegten Parallelstrahlenbüschel perspektiv sind. 
Der Träger fder Punktreihe C’C® C® ... geht durch T, da T PundT P'in 
diesen Strahlenbüscheln einander entsprechen, er geht auch durch den Brenn- 
punkt F von [%], wovon man sich überzeugt,wenn man die Tangenten PK, 
ER der Parabel [A] mit ihrer Scheiteltangente in den Punkten Ko, 
K,® schneidet; der diesen zugehörige Punkt C fällt da in den Punkt F. 
ot Parabeln [%] und (m) haben zu einander senkrechte Achsen. Der um 
TN als Durchmesser beschriebene Kreis ist dem Tangentendreieck 
NPP' von [k] umgeschrieben und enthält infolgedessen den Brenn- 
punkt F. Der durch N gehende Durchmesser von [A] schneidet die 
Gerade u, da er auf ihr senkrecht steht, im Punkte M, welcher gleich- 
falls dem Kreise angehört. Nun ist co FNP = <P’ NM, folglich auch 
<a FT P= {P’'TM. Daraus folgt, daß die Gerade T F identisch ist 
mit der früher durch f bezeichneten Geraden, und da unser Kreis dem 
Tangentendreieck T P P’ von (m) 
umgeschrieben ist, so ist der Punkt 
Fauch Brennpunkt der Parabel (m). 
Die Tangenten der Parabel [4] wer- 
den von den zu ihnen senkrechten 
Tangenten der Parabel (#1) in Punk- 
ten auf P P’ geschnitten. 

Dies gibt folgende Konstruk- 
tion von K,, wenn K gegeben ist 
(Fig. 8). 

Wir ermitteln zuerst die Ge- 
rade f, entweder mit Hilfe der Ge- 
raden GE oder so, daß wir << (U, 
DPI lern machen, fällen Fig. 8. 
von K die Senkrechte auf P P’ und 
ziehen durch ihren Fußpunkt die Parallele zu 7 P bis zum Schnitt mit hs 
durch den wir die Parallele zu P’ T ziehen bis sie P P’ trifft; im Schnitt- 
punkt errichten wir schlieBlich die Senkrechte auf P P’; diese schneidet 
P’ K, im Punkte K.. 


188 


Aberauch die Benützung der Parabel [A] liefert eine einfache Konstruk- 
tion von K,. Errichten wir im Schnittpunkt C* von f mit PP’ auf PP’ 
die Senkrechte g, welche P Kin K®, P’ K, in K,0 schneidet, so sind KV, 
K,® einander entsprechend in den Punktreihen X, K,® ..., K,, Km, 
weil ja die Fußpunkte der Senkrechten von C* auf P K und P’ K, einander 
in den Punktreihen K, KW ..., IE, Ky ,... entsprechen. Es ist also 
g eine Tangente der Parabel-[k], welche durch PP’, PR, PAR tune 
vollkommen bestimmt ist. Den Punkt K, konstruieren wir etwa mit Hilfe 
des Brianchonschen. Sechsseits (P K, v,, g; PP’, PK; ieee 
wir die Parallele 2 zu PK durch P’ mit der Geraden C* K zum Schnitt 
bringen und durch den Schnittpunkt die Senkrechte auf PP’ fällen, 
welche auf P’ K, den Punkt X, einschneidet. 

8. Für einen Kegelschnitt verhalten sich, wie bekannt, die Krümmungs- 
halbmesser 7,7’ für irgend zwei Punkte P,P’ wie die dritten Potenzen 
der Längen 4 — PT, 1 — P!T ihrer Tangenten in diesen Punkten = 
messen von deren Berührungspunkten P, P’ bis zu ihrem Schnittpunkt T, 
was unsere Konstruktion bestätigt. Denn der Kegelschnitt ist zu sich 
selbst zentrisch kollinear für irgend einen Punkt O auf PP’ als Kollinea- 
tions-Zentrum und seine Polare inbezug auf ihn als Kollineationsachse. 
Schneidet o die Gerade PP’ in Py, so ist (OP, P’ P) = —1, weshalb 

N 

Hier ist die Gerade u der durch T gehende Durchmesser des Kegel- 
schnittes. 

9. Liegt insbesondere eine orthogonalaffine Lage vor, und ist wieder 
N der Schnittpunkt PK.P'K,, so fällt f mit TN zusammen. Man pro- 
jiziert also K vom Schnittpunkte C* der Geraden T N, P P’ auf die Paral- 
lele durch P’ zu P K nach e, alsdann schneidet die Senkrechte von @ zu PP’ 
die Normale P’ K, in K,. Wir hätten auch die Parallele zu P’ K, durch 
P und die Senkrechte zu P P’ durch K zum Schnitt bringen können ; dann 
würde sich der Schnittpunkt von C* auf P’ K, nach X, projizieren. Da hier 
die Parabel [A] in den zu PP’ parallelen Strahlenbüschel (und in den 
Strahlenbüschel um N) ausartet, so findet man leicht Übergänge zu den 
früher für diesen Fall orthogonal affiner Lage angegebenen Konstruktionen. 

Benützen wir die Parabel [%], so folgt aus dem ihr umgeschriebenen 
Sechsseit (P P’, g,v,,, P’ K,,P K, K K,) auch die folgende Konstruktion. 

Man fällt von K die Senkrechte auf PP’ bis zum Schnitt mit TN, 
von hier dann die Senkrechte auf 7 P’ bis zum Schnitt S mit P P';alsdann 
schneidet S K die Normale P’ K, im gesuchten Punkt K.. 


Betrachtungen zur Krümmung der Kegelschnitte. 
Von 
J. SOBOTKA. 


(Mit 7 Figuren im Texte.) 


Vorgelegt am 17. Jänner 1919. 


ce 


1. In der Arbeit: „Zur Konstruktion von Kriimmungskreisen ... 
welche ich im Jahre 1902 in den Sitzungsberichten der königl. böhm. Ge- 
sellschaft der Wissenschaften zu Prag veröffentlicht habe, wird der Satz 
bewiesen: 

„Sind ¢, # zu einander normale Gerade, die sich in P schneiden, 
und konstruiert man zu irgend einem Dreieck A = À BC ein perspektiv- 
liegendes A, = A, B,C, für ¢ als Achse so, daB jede Seite von A, senk- 
recht steht auf dem Verbindungsstrahl von P mit dem der perspektiv ent- 
sprechenden Seite gegenüberliegenden Eckpunkt von A, so sind #, » und 
die Seiten von A, Tangenten einer Parabel «. Ist U der Berührungspunkt 


2 i : 
von n mit dieser Parabel, so ste = — > PW der zu P gehörige Krüm- 


mungshalbmesser für den Kegelschnitt k, welcher ¢ in P berührt und 
dem Dreieck A umgeschrieben ist, während 0 = —2 P WU der zu P ge- 
hörige Krümmungshalbmesser für den Kegelschnitt k’ ist, welcher gleich- 
falls { in P berührt und dem Dreieck A eingeschrieben ist. Ferner ist U 
der zu P gehörige Krümmungsmittelpunkt des Kegelschnittes k,, welcher 
tin Pberührt und A zum Polardieieck besitzt ; hiebei ist # die Steinersche 
Parabel von fk, für den Punkt P.“ 

Daraus folgt: 

„Die zu P gehörigen Krümmungsmittelpunkte für k, k’, k, sind in 
der besonderen Lage, daß die zwei letzten zueinander symmetrisch liegen 
inbezug auf den ersten.“ 

In diesem Sinne ist der Satz VII der erwähnten Arbeit zu berich- 
tigen, welcher dort zwar richtig abgeleitet und angewendet aber nicht 
richtig formuliert worden ist. Dort wurde auch die Behauptung aufge- 
stellt, daß das Perspektivzentrum der Dreiecke A, A, auf # liegt, und 


190 


daß die Parabel # und der Kegelschnitt #, welcher #, # berührt und dem 
Dreieck ABC eingeschrieben ist, einander in der zentrischen Kolline- 
ation entsprechen, in welcher A, und A einander zugeordnet sind. 

Um dies einzusehen, betrachten wir die Tangenteninvolution von %, 
für welche die Gerade PC die Achse ist. Diese Involution schneidet die 
Tangente AB in einer Punktinvolution II. Wir bezeichnen die Punkte, 
in denen AB, BC, CA von ¢ geschnitten werden, durch C,, A, Boy den 
Berührungspunkt von # mit ¢ durch T und den Schnitt n. A B durch C’. 
Die Involution II ist durch die Paare A B, C,C’ festgelegt; in ihr ent- 
spricht dem Punkt E auf PC der Berührungspunkt E’ von % mit 
AB. Es gelten somit die Projektiyitäten (A CBC PIC, 2 Cara 
WW (Bo, Ag, TRE Coy 7S 8:25 Ca BOTs (By AC Ga) PRES 
CCE) 

Lassen wir den zuletzt angeschriebenen Strahlenbüschel um P eine 
Vierteldrehung in der Ebene vollführen und bezeichnen die unendlich 
fernen Punkte der gedrehten Strahlen beziehungsweise durch ß, a@, y’, Yo, &. 
Aus der Beziehung (By, Ay, 7, P, Co) 7 (B, «, y’, vo, €) folgt, daß die Ge- 
raden B,ß, Aya, Ty’, Py, C,e eine Parabel umhüllen, welche ¢ im 
Punkte 7 berührt und welche, da sie dem Dreieck A, eingeschrieben ist, 
dem Kegelschnitt Z in derjenigen zentrischen Kollineation entspricht, 
welche A, dem Dreieck A zuordnet. Da diese Parabel auch die Gerade # 
berührt, so ist sie mit # identisch. Da # und Z einander in T berühren, 
so ist ihr Kollineationszentrum der Schnitt ihrer übrigen zwei gemeinschaft- 
lichen Tangenten, liegt also auf #. Sonach hat de: Satz VI der hernage- 
zogenen Abhandlung richtig zu lauten: 

„Die Parabel # ist zentrisch kollinear zum Kegelschnitt #, welcher 
A eingeschrieben ist und die Geraden ¢, # berührt für ¢ als Kollineations- 
achse, wobei das Kollineationszentrum auf # liegt.‘ 

In diesem Sinne ist der Satz dort auch richtig angewendet worden. 

Liegt insbesondere ein Eckpunkt von / auf n, so bildet der Strahlen - 
büschel um ihn einen Teil von #; dieser Strahlenbüschel ist zu dem Tan- 
gentenbüschel von # perspektiv mit t als Achse der Perspektivität. Liegen 
die übrigen zwei Endpunkte von A auf einer Parallelen zu Z, so degeneriert 
auch #, und der Strahlenbüschel um U bildet einen Teil von u; der 
Strahlenbüschel um 7 ist alsdann @ und w gemeinschaftlich. 


2. Auf Grund dieses Zusammenhanges wollen wir den zu P gehörigen 
Krümmungsmittelpunkt K des Kegelschnittes k konstruieren, für den 
außerdem die Tangente Zin P, ein Punkt C und eine zu ¢ parallele Sehne 
AB gegeben sind. (Fig. 1.) 

Wir führen die Konstruktion nicht für das Dreieck A BC, sondern 
für das Dreieck A’ B’C’ durch, in welchem C’ der Fußpunkt der Senk- 
rechten von C :uf # und A’, B’ die Schnittpunkte von A B mit den Ge- 
raden sind, welche den Punkt C’ mit CA.t und CB.t verbinden; der 
Kegelschnitt, welcher {in P berührt und dem Dreieck A’ B’C’ umgeschrieben 


191 


ist, oskuliert kin P, und der Strahlenbüschel am C’ ist mit dem Tangenten- 
büschel der zugehörigen Parabel w in der angegebenen Weise perspektiv, 
was die folgende Konstruktion er- 

gibt. RE 

Man fällt von C die Senkrechte Mara ths | 

auf », verbindet deren Fußpunkt C’ ER 

mit dem Punkte BC .¢ durch eine 
Gerade, welche A Bin B’ schneiden 
möge; von AC .t fällt man die Senk- 
rechte auf P B’, welche mim Punkte 


Mit so. daB PK — = UP ist. 


Ist der Kegelschnitt k durch Fig. 1. 
P, tund irgend ein Dreieck À BC 
gegeben, so schneide man (Fig. 2) etwa A P mit der Parallelen zu ¢ durch 
Bin A, und BC mit der Geraden, welche AC .# mit A, verbindet in Cj. 
Weiter bringt man die Gerade, welche den Fußpunkt C’ der Senkrechten 
von C,auf # und den Punkt AC.t verbindet, mit B A, in A’ zum Schnitte; 
alsdann trifft die Senkrechte zu 
U PA’ durch den Punkt BC..idie 
À Normale # im Punkte M. Denn man 
y gelangt zu derselben Parabel wie 
Bl für A BC, wenn man dieses Dreieck 
durch A, BC, ersetzt, wodurch wir 
die Konstruktion auf die vorange- 
hende zurückgeführt haben. 

Die Parabel # ändert sich nicht, 
wenn das Dreieck A BC durch ein 
anderes A, B, C, ersetzt wird, wofern 
A,auf P A, B, auf P Bangenommen 
wird und A C, A, C, sowie BC, B,C, 
sich auf ¢ schneiden. 

Infolgedessen berühren die den 
Dreiecken ABC, A,B,C, einge- 
schriebenen Kegelschnitte #, welche 
# und ¢ zu Tangenten haben, {in dem Punkte 7. Der durch T gehende 
Durchmesser von # schneidet # im Punkte K’, fiir den P K’ = WP ist. 


Fig. 2. 


Die Tangente an @, welche parallel zu ¢ ist, schneidet A B in einem 
Punkte D,; der ihm in II zugehörige Punkt sei D,. Unsere Konstruktion 
von u lehrt, daß P D, die Leitgerade g von u ist, daß also die Senkrechte 
von T auf g von # im Punkte K’ getroffen wird. 


Dies führt zu verschiedenen Konstruktionen von K’, von denen 
wir die folgenden anführen. 


192 


Wir bringen (Fig. 3) etwa À C mit #in C’zum Schnitt und verbinden 
den Punkt By = BC.t mit C’; die Verbindungsgerade möge PB in B’ 


schneiden. Nach vorangehendem können wir das Dreieck ABC durch 


A B’C’ ersetzen. Für dieses artet # in die Strahlenbüschel um C’ und T 
aus; folglich schneidet ¢ die Gerade A B’ in T. Schneidet die Parallele 
C’G zu t die Gerade PR in G, so wird AC von TG in einem Punkte Q 
von g getroffen, so daß die Senkrechte von T auf P Q die Gerade # in K’ 
schneidet. Denn die Gegenseitepaare des vollständigen Vierecks PGC’ Q 
schneiden die Gerade A B’ in der Involution II; C’ G trifft sie in D,, also 
POsneD; 

Oder nachdem wir T gefunden haben, errichten wir in 4, = AC .# 
die Senkrechte auf ¢, welche wir mit der durch T gezogenen Parallelen 


AN 

PAL in 
PET 4 

‘1 \ 


ER x C 


Bigs 10% 


zu P Bin R schneiden; dann ist g = P R. Dies ergibt sich aus der vor- 
hergehenden Konstruktion dadurch, daß die Dreiecke C’GP, A, TR 
ähnlich liegen für Q als Ahnlichkeitspunkt. Wir hätten auch durch By 
die Senkrechte auf ¢ und durch T die Parallele zu PA ziehen können ; ihr 
Schnittpunkt S liegt gleichfalls auf g. 

Verlegen wir C’ auf # ins Unendliche nach C, so wird das Dreieck 
A BC durch À BC ersetzt, wobei A der Schnitt von P A mit der in 4, 
zu t errichteten Senkrechten und B der Schnitt von PB mit der in By 
zu # errichteten Senkrechten bezeichnet. Es schneidet also ¢ die Gerade 


ABinT. Die Gerade TG geht in die Parallele T R zu T B über, wodurch 


wir im weiteren auf den vorhergehenden Verlauf der Konstruktion zurück - 
gelangen. 

3. Im nachfolgenden wollen wir von dem Hilfssatz Gebrauch machen: 
„Jede Diagonale ¢ eines Parallelogramms teilt es in zwei Dreiecke; schreibt 


| | 


Ce D EE ON EI 5 


193 


man diesen irgend zwei Parabeln ein, so werden die Längen der übrigen 
zwei gemeinschaftlichen Tangenten derselben durch ¢ halbiert.‘ 

Bezeichnen wir mit a, a’ ein und mit b, b’ das andere Paar paralleler 
Seiten in dem Parallelogramm, so daß a, b, t das eine, a’, b’, t das andere 
der erwähnten Dreiecke bilden ;ist # eine weitere gemeinschaftliche Tan- 
gente der Parabeln, #, die ihr unendlich benachbarte für die erste, ug 
für die zweite Parabel, wu die unendlich ferne Gerade der Ebene, so folgt 
aus den Brianchon’schen Sechsseiten tnn,aub, tnn,a’ub’, daß tat- 
sächlich die Entfernung der 4 
Punkte #.",, %.n, durch 
i halbiert wird. 

Wir gelangen zu den 
folgenden Konstruktionen. 
(Fig. 4.) 

1. Für den Krüm- 
mungsmittelpunkt X, des 
Kegelschnittes v, welcher das 
Dreieck ABC zum Polar- 
dreieck hat und eine Gera- 
de fin P berührt. 

Wir fällen von À, = 
C A .t die Senkrechte ad auf 
amd yon DB, — CB. 
die senkrechte db, aut PB; 
sind N,, Ng die Schnitt- 
punkte derselben mit der 
Normale # in P zu Z, so 
übertragen wir den Vektor 
Ng Ay nach A, A’, den Vek- 
tor Ng B, nach B,B’, als- 
dann schneidet die Gerade Fig. 4. 

A’B’aufnden Punkt K,ein. 

2. Für den Krümmungsmittelpunkt K’ des Kegelschnittes k’, welcher 
tin P berührt und dem Dreieck A BC eingeschrieben ist. 

Wir ermitteln a, und b, wie zuvor und übertragen die Vektoren 
Ay Na, By Ng ncah N, A”, beziehungsweise Ng B’’; alsdann schneidet die 
Gerade A” B” auf # den Punkt K’ ein. | 

3. Für den Krümmungsmittelpunkt K des Kegelschnittes k, welcher 
iin P berührt und dem Dreieck A BC umgeschrieben ist. 

Wir fällen von A, und B, die Senkrechten 0’, aÿ auf PB, resp. PA, 
ermitteln zu deren Schnittpunkten mit # die symmetrisch liegenden Punkte 
A*, B* inbezug auf A,, resp. By; schneidet die Gerade A* B* auf n den 


peer carte EP K = SPH. 


Bulletin international XXII. 13 


194 


Zur Begriindi ng dieser Konstruktionen ist zunächst zu bemerken, 
daß t, n, do’, by Tangenten der Steinerschen Parabel des Punktes P inbezug 
auf vsind ; Kı ist der Berührungspunkt dieser Parabel mit #. Die Abschnitte 
der Tangenten by’, ap’ also aller Tangenten dieser Parabel zwischen A * B* 
und # werden durch ¢ halbiert : dies gilt auch für die zu # unendlich nahe 
Tangente; es ist also K,P = PH, was die Richtigkeit der Konstruktion 
unter 3) ergibt. 

Die Parabel, welche Z, n, a, 0) zu Tangenten hat, berührt infolge 
des erläuterten Hilfsatzes # im Punkte H. Da die Tangentenlangen dieser 
Parabel zwischen A’ B” und ¢ durch # halbiert werden, so folgt daraus, 
daß der Schnittpunkt von A” BY” mit » der Krümmungsmittelpunkt X’ 
von k’-ist, d* für ihn P= = 2 Pease: 


4. Esseien P Q R, P’ Q’ R' zwei Polardreiecke eines. Kegelschnittes k. 
Wir schreiben ihnen zwei Kegelschnitte m, m’ um, welche À in einem 
Punkte M berühren und sich somit noch in zwei weiteren Punkten U,, U, 
schneiden. Es sei #, die Polare von U, inbezug auf k. Da der Kegelschnitt 
m einem Polardreieck von k umgeschrieben ist, so lassen sich ihm unzählig 
viele Polardreiecke von k einschreiben. Die Polare inbezug auf À für irgend 
einen Punkt V auf dem Kegelschnitte m schneidet diesen in zwei Punkten, 
die mit V ein Polardreieck von k bilden. Daraus folgt, daß u, den Kegel- 
schnitt m und somit auch den Kegelschnitt m’ in je zwei inbezug auf k 
konjugierten Punkten schneidet. Es legen somit m und m’ einen Kegel- 
schnittbüschel & fest, welcher uw, in einer Involution schneidet, die mit 
der auf ”, liegenden Involution konjugierter Punkte inbezug auf k identisch 
ist. In S artet ein Kegelschnitt in das Geradenpaar aus, welches von der 
Tangente in M an À und von der Geraden U, U, gebildet wird. Diese Ge- 
raden schneiden wu, in den Punkten T und U, welche zu einander 
inbezug auf k gleichfalls konjugiert sind. Es ist also U,T U ein Polardreieck 
von k und da U, U =U, U, die Polare von T inbezug auf & ist, so fällt 
U, U, mit der Polare des Punktes T inbezug auf k zusammen; es fällt 
somit einer der noch vorhandenen Schnittpunkte U,, U, von m und m’ 
naci M und nur einer von ihnen kann von M verschieden sein, woraus 
iolgt, daß die Kegelschnitte m und m’ einander in M oskulieren. 


Wir haben somit den Satz: 


I. „Kegelschnitte, welche einen gegebenen Kegelschnitt k in dem- 
selben Punkte M berühren und seinen Polardreiecken umgeschrieben 
sind, oskulieren einander im Punkte M.“ 


Dazu bemerken wir (Fig. 5.), daß die Polkreise eines Kegelschnittes, 
das sind Kreise, welche seinen Polardreiecken umschrieben sind, den 
sogenannten Hauptkreis v von k orthogonal schneiden, und umgekehrt 
lassen sich jedem Orthogonalkreis von v unendlich viele Polardreiecke 
von k einschreiben. Es gibt einen Kreis w, welcher v orthogonal schneidet 
und kin M berührt ; derselbe ist durch M, durch den zu M inbezug auf a 


\ 


n 
ma 

2 

a 

| 
| 

D | 
‘æ 
“ 


195 


konjugierten auf einem Durchmesser von v mit M liegenden Punkt M* 
und durch seine Tangente in M in eindeutiger Weise bestimmt. Da nun w 
den Kegelschnitt k in M berührt und Polardreiecken von k umgeschrieben 
ist, so gehört er den Kegelschnitten des Satzes I an; er ist deshalb ihr 
gemeinsamer Schmiegungskreis in M. 


Wir wollen seinen Halbmesser 7 mit dem zu M gehörigen Krümmungs- 
halbmesser 7, von k in Beziehung bringen. 


Alle Kreise durch M und M* schneiden v orthogonal und sind Pol- 
_ kreise von k. Es sei # die Normale von kin M und N der Pol von n inbezug 
auf k; er liegt auf der Tangente ¢ von k in M, und M’ sei auf # zu M un- 
endlich benachbart; alsdann liegt der Pol M” der Geraden N M inbezug 
auf À gleichfalls auf » unendlich benachbart zu M. Es ist somit der dem 
Dreiecke N M’ M” umschriebene Kreis ein Polkreis von k und fällt in der 
Grenze mit dem über M N als Durchmesser beschriebenen Kreise h zusam- 
men. Da dieser Kreis durch M geht und v orthogonal schneidet, so geht 
er auch durch M*, und es st NM* | MM*. 


Es trifft also N M* die Normale # in dem zu M diametralgegenüber- 
liegenden Punkte H von w, und N H ist die Polare von M bezüglich v. 


Konstruieren wir noch den Krüm- 
mungsmittelpunkt K, von k für den 
Punkt M mit Hilfe der dem Punkte P 
entsprechenden Steinerscehn Parabel 2 
von À. Diese hat die Achsen a, b von k, 
ferner {,# zu Tangenten, den durch M 
gehenden Durchmesser O M von k zur 
Leitgeraden und berührt ¢im Punkte N. 
Der Punkt K, ist ihr Berührungspunkt 
. mit #, so daß N K, die Polare von M in- 
bezug auf sie ist. Da M auf der Leit- 
geraden MO liegt, so ist N K, ein Leit- 
strahl von 2; der zweite Leitstrahl des 
Punktes N ist senkrecht auf M O, fällt also 
mit N H zusammen. Da die Tangente évon 
p den Winkel dieser Leitstrahleu halbiert, 
so ist K, M = MH, also n =—2r. 

Wir haben hier stillschweigend einen zentrischen Kegelschnitt k 
vorausgesetzt. Der Übergang zu einer Parabel % bietet nichts Neues; 
der Schnitt L von » mit der Leitgeraden der Parabel ist der Mittelpunkt 
von w und es ist deshalb MK,=2.LM. Das ist die bekannte von 
Steiner aufgestellte Beziehung. 


Der duale Satz zu I lautet: 
II. „Kegelschnitte, welche einen Kegelschnitt & in demselben Punkte 
13 * 


196 


M berühren und seinen Polardreiecken eingeschrieben sind, oskulieren 
einander in diesem Punkte.“ 

Sein Beweis erfolgt vollkommen dual zu dem des Satzes I. 

5. Ist & ein zentrischer Kegelschnitt (Fig. 5) mit dem Mittelpunkt O, 
g © die unendlich ferne Gerade der Ebene, so sind, wenn überdies die frü- 
here Bezeichnung beibehalten wird, a, b, t, n Tangenten der Steinerschen 
Parabel p, deren Berührungspunkt K, mit # als Schnitt von # mit der 
unendlich benachbarten Tangente #, aus dem Sechsseit (bg, ##ta) er- 
halten werden kann. Wir erhalten hier den Krümmungsmittelpunkt K, — 
somit dadurch, daß wir in Z.a die Senkrechte zu £, in M die Senkrechte 
zu a errichten und den Schnittpunkt beider D mit O verbinden ; die Ver- 
bindungsgerade trifft n in Ky. 

Unter den Kegelschnitten des Satzes II befindet sich die Parabel s, 
welche dem Polardreiseit a bg, von k eingeschrieben ist. Der zu M ge- 
hörige Krümmungsmittelpunkt K’ von s ist allen Kegelschnitten dieses 
Satzes gemeinschaftlich. Die Leitgerade von s geht durch O; sie geht auch 
durch Dals den Höhenschnitt des Dreieckes, welches durch die Tangenten 
a,t und die zu ¢ unendlich benachbarte Tangente #, der Parabel s bestimmt 
ist. Es ist also O D, die Leitgerade von s; da sie die Normale # von sin K, 
schneidet, so ist (nach Satz I) MK’=2K,M. Setzen wir MK'=R, 
so ist R= 27. 

Ist À eine Parabel, so rückt 6 ins Unendliche; der unendlich ferne 
Punkt von a, sein unendlich benachbarter auf a und der unendlich ferne 
Punkt B, auf den Senkrechten zu a bilden ein Polardreieck von k; der 
ihm eingeschriebene Kegelschnitt s, welcher k in M berührt, ist eine Pa- 
rabel, welche a zur Scheiteltangente hat. Der zuvor mit D bezeichnete 
Punkt ist ein Punkt der Leitgeraden von s, welche hier zu a parallel ist 
und # im Punkte K, schneidet, welcher der zu M gehörige Krümmungs- 
mittelpunkt von & ist, wie wieder aus dem Sechsseit (bg, nn,ta) folgt, — 
in welchem nun 5 unendlich fern liegt, und der Punkt b.g,, = B,, ist. 
Es ist also auch jetzt MK’=2K,M. 

Wir können somit den früher in anderer Weise hergeleiteten Satz 
auch so aussprechen: 

III. „Beschreibt man in einer Ebene drei Kegelschnitte m, s, hk, 
welche einander in einem Punkte M berühren und von denen der erste 
einem Dreieck A BC umgeschrieben, derzweite demselben eingeschrieben 
ist, während der dritte es zum Polardreieck hat, und sind der Reihe nach 
r, Rund 7, die zu M gehörigen Krümmungshalbmesser dieser Kegelschnitte, 
so besteht zwischen diesen die Beziehung R = 4 7 = — 2 7,.°° 

Jedem Kegelschnitt g, welcher irgend einen Kegelschnitt m des 
Satzes Tim Punkte M oskuliert, lassen sich unendlich viele Polardreiecke 
von k einschrieben. Denn es sei G,irgend ein Punkt auf g; seine Polare g, 
inbezug auf k schneidet g in zwei Punkten ; ist G, einer von ihnen und @ 


EP PTT 7 


197 


der ihm auf g, inbezug auf k konjugierte, so ist G, 6, G, ein Polardreieck 
von À; folglich oskuliert der Kegelschnitt, welcher diesem Dreieck um- 
schrieben ist und k in M berührt nach Satz I den Kegelschnitt k in M, 
fällt also mit dem Kegelschnitt g zusammen, da er ihn in M oskuliert 
und mit ihm außerdem die Punkte G,, G, gemein hat; es ist also G, der 
zweite Schnittpunkt von g, mit g, und dem Kegelschnitt ist das Polar- 
dreieck G,G,G, und sind also unendlich viele Polardreiecke von k ein- 
geschrieben. Analog schließen wir, daß jedem Kegelschnitt, welcher einen 
Kegelschnitt s des Satzes II im Punkte M oskuliert, sich unendlich viele 
Polardreicke von k umschreiben lassen. 

6. Hiezu bemerken wir noch folgendes (Fig. 6). 

Es seien M, M, zwei unendlich benachbarte Punkte von k, M, sei 
der Schnitt ihrer Tangenten in diesen Punkten, während der Schnitt 
ihrer Normalen in ihnen der Krümmungsmittelpunkt X 
K, von k ist. Der unendlich kleine Winkel y, wel- 
chen M, M, mit M M, einschließt ist derzum Bogen 
M M, gehörige Kontingenzwinkel. Es ist 


MM, 


Y, = im für im M M,= 0. 


Ist M’ ein auBerhalb der Strecke M M, liegen- 
der Punkt von M M,, und M” der ihm auf M M, in- 
bezug auf k konjugierte, so ist das Dreieck M, M’ M” 
ein Polardreieck von k; der Kreis, welcher diesem 
Dreieck umgeschrieben ist, nähert sich in der Grenze, 
wenn M’ sich an M unbeschrankt nähert, dem Kreise 
(7), welcher M M, in M berührt und durch M, geht; 
es hat also (7) den Halbmesser 7. Ein endlicher Kreis 
(R), welcher die Seiten dieses Dreieckes berührt, 
berührt in der Grenze M M, in M,. Es sei MH 
ein Durchmesser von (7). Da für im MM, =0 lmMM,=lm M, M; 


ist, so ist hm M, M M, = 2 und MM,=limH M. a somit 


A 


—_y = lim rn — him a ; ebenso MM, = —limR +; somit 
A] 
— R= lim — hm 2MM, M M; - 


Wir kommen also auch auf diesem Wege zu der Beziehung 
R=4r=—2rn. 


7. Die Konstruktion des Krümmungsmittelpunktes K eines Kegel- 
schnittes À für einen Punkt P derselben, wenn außer P noch die Tangente? 
in ihm und drei weitere Punkte A, B, C gegeben sind, kann mit Hilfe der 
Steinerschen Parabel # des Punktes P auch in folgender Weise be- 


198 


werkstelligt werden (Fig. 7). Wir betrachten das vollständige Viereck 
A BCP, welches k eingeschrieben ist. Die Schnittpunkte AB.PC =C’, 
BC.PA=A’, CA.PB= B' bilden sein Diagonaldreieck, welches ein 
Polardreieck von & list. Seine Seiten A’ B’, B’C’, C’ A” mögen tin Cy, 
Ay, By’ schneiden. Die Senkrechte a, von A, auf PA ist normal kon- 
jugiert zu PA =P A’, die Senkrechte b, von By auf PB ist normal- 
konjugiert zu P B = P B’ inbezug auf k. Ist # die Normale von k in P, so 
ist durch #, t, a,, by die Parabel p bestimmt; ihr Berührungspunkt mit # ist 
K. Schneiden ay, by die Normale # in A,, By, so ist (A, By K) = (Ay By P). 
Treffen die Parallelen durch P zu a, und durch Ay zu n einander in A’, 
die Parallelen durch P zu d, und durch B,’ zu win B’, und sind e, B.:die 
Fußpunkte der Senkrechten von A’ und B’ auf n, H der Schnittpunkt von 
A’ B’ mit n, so ist (A’B’H)= 
(Ay By P) = (4,82. Ra 
da Po = ASP DIR Ba 
SOuist PENSE EAGES 

Trifft also A’ P die Ge- 
rade B,’ B’ in 1, B’P die Ge 
rade A, A’ in 2, so schneidet 
1 2 die Normale # in K. 

Wollten wir fiir den Ke- 
gelschnitt v, welcher ¢ in P 
berührt und A BC zum Po- 
lardreieck hat, den zu P ge- 
hörigen Krümmungsmittel- 
punkt Ay, konstruieren, so 
hätten wir A’, B’,C’, Ay, By 
durch die Punkte A, B, C, 
Ay] BC .t, Bs = Ct 12 
resetzen. Es ware also PB 
mit der Senkrechten in A, zu 
t, PA’ mit der Senkrechten in B, zu tin B, resp. A zu schneiden; als- 
dann träfe À B die Normale # in K.. 

Da B’ (PB, Ag’ Cy’) = (P By Ay’ Co) = —1, so ist auch (PA A’ Cop 
= — 1, wenn wir mit C„ den Schnittpunkt von P À mit der Senkrechten 
zu tin Cy bezeichnen. Ebenso ist (PB B’ Cs) = — 1, wenn C; den Schnitt 
von PB mit Cy Cz bezeichnet. Es schneiden sich also A’ B’, AB in einem 
Punkte M auf C,Ce. Aus der Beziehung M (P À A’ Co) =—1 ergibt 
sich wieder, daB die Strecke P K, durch H halbiert wird; daB somit 


1 h 
ve i a g PAist. 


Der Kreis über P A’ als Durchmesser geht durch den Punkt Ay 
und berührt seine Polare P A inbezug auf k im Punkte P; er ist also ein 


199 


Polkreis von k; ebenso ist der über PB’ als Durchmesser beschriebene 
Kreis ein Polkreis von k. Diese beiden Polkreise schneiden sich noch im 
Fußpunkte L der von P auf A’ B’ errichteten Senkrechten ; sie schneiden 
den Hauptkreis von k orthogonal; folglich schneidet jeder Kreis durch P 
und Z denselben orthogonal und ist somit ein Polkreis von À. Es ist also 
auch der dem Dreieck PL H umschriebene Kreis, welcher k in P berührt, 
ein Polkreis von À. Dadurch sind wir wieder zu der von Steiner!) auf- 
gestellten Beziehung gelangt, daß wenn wir PH = K P machen, der über 
PH als Durchmesser beschriebene Kreis den Hauptkreis von À orthogonal 
schneidet.?) 


1) Jacob Steiners Gesammelte Werke, 2. Bd. S. 341. 
®) In der Figur soll rechts B,’ statt A,’ stehen. 


Einige spezielle Beziehungen 
der Krümmungsmittelpunkte eines Kegelschnittes. 


Von 
J. Sobotka. i 


(Mit 3 Figuren im Texte.) 


Vorgelegt am 15. Feber 1919. 


1. Sind A, Ag, As, P vier Punkte eines Kegelschnittes %, und ist 
seine Tangente in P, so läßt sich der zu P gehörige Krümmungshalb- 
messer 7 von À durch die Formel 


dodgy das 

aa 0) 

ausdrücken, in welcher 4 der Inhalt des Dreieckes A, A, A, ist und dy, 

dy, Az, die Längen der Strecken bezeichnen, welche auf den durch die 

Punkte As, As, A, zu p gezogenen Parallelen durch die Geradenpaare 

PA, PA,; P Ay, PA,; PAs, P Ag bezichungsweise *ausgeschnitven 

werden, wie ich seinerzeit gezeigt habe. 1) Die Entwickelung dieser Formel 

zeigt, daB sie auch bezüglich des Vorzeichens richtig ist, wobei wir P als 

Anfangspunkt und pals x-Achse eines rechtwinkeligen Kooıdinatensystems 
annehmen. 

Wählen wir als A, den weiteren Schnittpunkt der Normale # von 

k in P mit diesem Kegelschnitt und als A, und A, die Schnittpunkte von 

k mit der zu p parallelen Geraden, welche PA,=sim Punkte G halbiert, 
so hat man 


' dig: ‘ 
4 A — vale, Aly .s= = ’ 
so daß 
= x 
woraus die Relation folgt 
S G 7 
u, a EV P == da; Q 39. 


1) Sitzungsber. d. k. Gesellsch. d. Wissensch. 1904 (Zur Ermittelung der 
Krümmung....) 


Se oi di 2. 


1 ». 4 
a SR het A A he a Oe ee ge Ee ue - 


201 


Man hat also folgende Konstruktion von 7. 

Man schreibt dem Dreieck A, A, P einen Kreis um, welcher # noch 
im Punkte 7 treffen möge; alsdann ist 7 = GT. Sind die Punkte A,, A, 
reell, so folgt hieraus, daß wenn die Senkrechte durch À, zu A, P die Nor- 
male # in 1” schneidet, 7 = T’ Gist. Zu demselben Ergebnis würde jede 
der bekannten Konstruktionen von 7 aus gegebenen Elementen P, p und 
A,, As, A; im allgemeinen durch Spezialisierung ihrer Lage führen. 

2. Schneidet # den zum Durchmesser von k, welcher durch P geht, 
inbezug auf die Kegelschnittachsen symmetrisch gelegenen Durchmesser 
im Punkte H, und wählen wir die Schnittpunkte der durch H zu p genenden 
Parallelen mit k als A,, A,, während wir A, wie zuvor auf # annehmen, 
so.ist zunächst H der Pol einer Involution auf k, welche von P aus durch 
eine Involution rechter Winkel projiziert wird, so daß A,P | A,P und 


(gs. dag = — P H?, demzufolge die Formel (1) hier ergibt, daß 
jek 
9 y = 
27 = 5 5 


Ist der Kegelschnitt k eine gleichseitige Hyperbel, so bilden 
die Parallelen durch P zu den Asymptoten ein Paar der erwähnten 
Rechtwinkelinvolution, folgleich liegt Æ auf der unendlich weiten 
Geraden der Ebene, so daß hier 
ae rel 


a — hm =; 


lim EA, BA, ==. ; 


somit 


S 
r=— —., 
2 


Diese Beziehung läßt sich noch in mannigfacher Weise ableiten. 


3. Die normalkonjugierten Strahlen zu den 
Geraden des Büschels um P inbezug auf eine Hyper- 
bel & hüllen (Fig. 1) die Steinersche Parabel des 
Punktes P ein, welche » im Krümmungsmittelpunkt 
K von k für den Punkt P berührt. Diese Parabel 
berührt p und die Senkrechten, welche man in den 
Schnittpunkten A, B von p mit den Asymptoten 
zu diesen errichtet. Schneiden diese Senkrechten # 
in A’ und B’, so folgt hieraus, daB A’K=KB". 

Ist C der Schnitt von AA’ mit BB’ und 
ist O der Mittelpunkt von k, so istC K | OP. 
Die Senkrechte von O auf PC halbiert in M 
die Strecke, welche auf # durch die Asymptoten 
O0 A,O B ausgeschnitten wird; es ist also der Durcb- 
messer O M von k konjugiert zu der Richtung 
von n. Ist die Hyperbel gleichseitig, dann fallen 


202 


die Geraden:.0 P, PC zusammen und es wird OM |) CK OPZPE 
folglich AR IR 

Wir können auch folgendermaßen schließen (Fig. 2). 

Sind zwei Richtungen inbezug auf die Achsen einer gleichseitigen 
Hyperbel zu einander antiparallel, so ist die senkrechte Richtung zu jeder 
von ihnen konjugiert zur anderen. Es sind also die 
Richtungen von O P und # in dieser Weise zu einander 
antiparallel, und somit ist die Senkrechte O M durch O 
zu OP konjugiert zur Richtung von #, ihr Schnitt 
M mit x ist also der Mittelpunkt der Sehne P A,. Der 
über PM als Durchmesser beschriebene Kreis geht 
somit durch O, ist also ein Polkreis der gleichseitigen 
_ Hyperbel, und da er diese in P berührt, so ist nach 
einem Satze von Steiner M P gleich dem Kiümmungs- 
halbmesser PK. 

Dies gibt also die folgende Konstruktion des 
Krümmungsmittelpunktes K für eine gleichseitige 
Hyperbel. Fig. 2. 

Man verlängert OsP über P nach C so, daß PC =O P ist und er- 
richtet in C die Senkrechte zu OC, welche # in K trifft. 

4. Sind A,, As, A, drei beliebige‘ Punkte (eines Kegelschnittesk, 
und trifft p die Geraden A, A,, A, A, in B, und B,, schneidet man ferner 
die Senkrechte in P zu P A, mit der Senkrechten in B,zu p im Punkte 1, 
die Senkrechte in P zu P A, mit der Senkrechten in B, zw p in 2, so trifft 
die Gerade 12 die Normale # im Punkte H so daB PH =2PK ist. 
Liegen A,, À, unendlich weit auf zueinander senkrechten Richtungen und 
lest A, aufn, soist2 PK oP =A 8 

5. Wenden wir (Fig. 5) nochmals 
die Formel (1) für irgend eine Hyperbel 
kanundzwar für den Grenzfall, daß A,, A, 
unendlich fern und A, wieder auf # liegen. 

Die Parallele zu p durch A, möge 
von den durch P gezogenen Parallelen 
PA, PA, zu den Asymptoten in den 
Punkten A,’, A,’ getroffen werden. Schnei- 
det noch irgend eine Parallele zu p die 
Geraden n, A, A,, A, A, in L A722 
so ist nach (1) 


A AD SL A Tole 
DA Ar NL ARE 


7 = lim 


Pit rm A, Et: 


!; Anmerkung auf S. 1. Für eine allg. Hyperbel gilt hier 27 = sigpigw, 
worin » und y die Winkel der Asymptoten mit » bezeichnen. 


De 
4,4, Ay Abs 
1: Pl 2 N 3 = # a as Z 3 2 
An LA, DAR LAs yet A Pee 
yt Si, as / / IA, 
AY Ay = Ay Ags ee 
so ist 


995 = A, A’. Ay Ad’. 


Schneidet somit der dem Dreiecke P A,’ A,’ umgeschriebene Kreis 
noch ime Punkte 7, so ist 27 = T À. 

Oder man fällt von A,’ die Senkrechte auf # und von ihrem FuB- 
punkt die Senkrechte auf A,’P; diese schneidet # im Punkt R, für den 
PR=2pr. Selbstverständlich können da A,’ und A,’ mit einander ver- 
tauscht werden. Fiir eine gleichseitige Hyperbel folgt hieraus wieder, 
da8 27 = 4,P. 

6. Diese Beziehung bei einer gleichseitigen Hyperbel können wir 
auch auf folgende Art erhalten. Die Normalen, welche von irgend einem 
Punkte K der Ebene an einen Kegelschnitt # ausstrahlen, haben ihre 
Fußpunkte aut der Apollonischen Hyperbel k dieses Punktes, welche durch 
K, durch den Mittelpunkt O von # und durch die unendlich fernen Punket 
Aa, By ihrer Achsen gehen. Ist K der zu P gehörige Kriimmungsmittel- 
punkt von #, dann fallen zwei der FuBpunkte nach P; daraus folgt, daB 
die gleichseitige Hyperbel k, welche durch O, A,, By geht und # in P 
berührt, die in P errichtete Normale # von U auBerdem noch im Punkte 
K schneidet. Nun ist k dem Polardreieck O A, B, von u umgeschrieben 
und berührt # in P, folglich ist nach einem bekannten Satze der Krüm- 
mungshalbmesser von k in P gleich } KP. 


7. Nehmen wir wieder A, auf # und A,, A, auf der zu p parallelen 
Sehne, welche unendlich nah an A, liegt, an, so daß einer der Punkte 
A,, Az, etwa der letztere zu A, unendlich benachbart ist. Setzen wir 
A,A,;,=de, A,A,=t und bezeichnen mit p den Winkel, welchen 
A,P mit der Tangente g an À in A,bildet, so gibt hier die Formel (1) 
die Gleichung 
A, AP 4 6 sin p 


=~ somit 27 = ¢ig g. 
QA, A,docosp’ Bye 


1=— 


Daher die Konstruktion: Wir schneiden k mit # in A, und mit der 
Parallelen zu p durch A, in A,, fällen von A, die Senkrechte auf 2 und 
von deren Fußpunkt die Senkrechte auf g. Trifft diese Senkrechte # in R, 
so ist 27 =P R. Nach der in Art. 4 herangezogenen Konstruktion ergibt 
sich für die jetzige besondere Lage der Punkte A,, As, A,, daß wir die 
Senkrechten in B, =q.fzu p und in P zu PA, zu errichten habe, 
um in ihrem Schnitt den Punkt 1 zu erhalten, während der Punkt 
2 hier unendlich weit auf # liegt. Esistalso 27 = B,1. Daß diese 


204 


Konstruktion mit der vorangehenden übereinstimmt, folgt daraus, daß 
fir X A, A,P =» man erhält 


B,1=PB,co»y =stgpcoi® und PR=A,A,iggp =s cotpigg, 


also tatsachlichr3, 1° 2 we wer: 

8. Wir haben zuvor (Art. 6.) von dem folgenden Satz Gebrauch 
gemacht. 

„Berühren einander zwei Kegelschnitte #, #, in einem Punkte P, 
st der erste von ihnen einem Dreieck A, A, A, umgeschrieben, welches 
für den zweiten ein Polardreieck ist, und sind K, resp. K, die zu P ge- 
hörigen Krümmungsmittelpunkte der Kegelschnitte #, #,, so ist PK, = 
ee 

Wir wollen hier einen analytischen Beweis dieses Satzes geben. 
Wir wählen P als Anfangspunkt, die gemeinschaftliche Tangente von % 
und #, in P als x-Achse eines rechtwinkeligen Koordinatensystems. 1) 
Die Koordinaten von #A,, A,, A, seien (x, y,), (%Y.) (%y,). Die Glei- 
chung von 4, ist allgemein 


Aya À + 2 Ayn % Y + Aggy” + 2 aogy = 0. (1) 
Da A,, A, konjugiert sind inbezug auf #,, so ist 
yy %y Yo + Aye (% Yo + Ya 91) + 42201 Va + as (1 + Ya) = 9. (2) 


Es gelten weiter die Gleichungen (3) und (4), welche man durch 
zyklische Vertauschung von %,,%,, x, und 41, Yo, Vs erhält. Weiter ist 


PK, =7, =——.. Eliminiert man aus dieser Gleichung und aus (2), 


1 
(3) und (4) die Koeffizienten a;, und setzt x; = y; tg u (1 = 1, 2, 3), so 
erhalten wir die Gleichung 


Yıt Ya 


7111801 +18 Qo, I, vy 
10e 


= [rate tg O1 +18 Qo, 1|, 


woıin der Faktor bei 7, und die rechte Seite Determinanten sind, für 
welche wir nur die ersten Zeilen geschrieben haben, deren zweite und dritte 
Zeilen aus den ersten durch zyklische Vertauschung hervorgehen. 

. Subtrahieren wir in beiden Determinanten die letzten Zeilen von 
den ersten und zweiten, so bekommt man durch weitere Ausführung 


— 4, 
IS Q2—18 Po nee 
" yw, | = UB @2 — 48 @s) (ge: — #8 @1) (18 Os — #8 @1) 6) 
Bst 2 
8 Q2-- 18 qu 


1) Man sehe Fußnote auf S. 1. 


da 0e 


die a ‘ont à ur 


tig 


+ 


nz 


205 


Bringen wir A, A,in A», A, Azin Ag, mit x zum Schnitt und een 
Ban BA — Gane, Wir ae 
Se FO RS (ig @, — 18 Qe) 


X42 — Sa ER — 
Vays Mirae 


Setzen wir also in die Gleichung (5) den aus der letzten Gleichung 


X — y, a Va —Yo 
hervorgehenden Wert für ZI? und den analogen für 2? ein, 
V1 V2 Vs Yo 
so erhalten wir 
K49 Xe 
PAS 12 +93 
0 LEA AE (tg Q1 — lg 3): 
ae amine 


Was Waited ads 0% 3 für PIE = (7 den. Wert 


Xag Xo 


12.723 
DE 
al 


X33 —— 


ir 0, — ?g os) 


erhalten haben, so folgt 7, = — 27, wie behauptet wurde. 

Führen wir durch A,, die Parallele zu P A,, durch Ag, die Parallele 
zu P A;,seiGder Schnitt beider und Lseider Fußpunkt der Senkrechten 
von G auf #; alsdann ist 


X93 — X49 = Ayg Ang = P L (18 0, — 18 3); 
somit 
plat ae PAIR oss Sa as ge 


"Schreiben wir also dem Dreiecke À,, As; L einen Kreis um, so schneidet 
dieser # im Punkte H, für den PH = 2 7 ist. 


1) Fußnote auf S. 1. 


Kegelschnitte und Kreise, welche einen gegebenen 
Kegelschnitt oskulieren. 


Von J. Sobotka. 
(Mit 7 Figuren im Text.) 
Vorgelegt den 14. Marz 1919.) 


1. Es seien in der Ebene zwei projektive Strahlenbüschel (P), (S) 
mit den Mittelpunkten P, S, eine durch P gehende Gerade #, eine andere 
Gerade g und irgend ein Punkt R gegeben. Wir wollen einen Kegelschnitt % 
betrachten, welcher durch den Büschel (P) und einen zu ihm projektiven 
Strahlenbüschel (0) mit dem Mittelpunkte Q erzeugt wird, wobei wir die 
Projektivität zwischen (P) und (0) wie folgt herstellen. Wir schneiden p 
und g mit irgend einer Geraden, welche durch R geht, in den Punkten 1, I’; 
dem Strahle S 2’ von (S) entspricht in (P) der Strahl £,, dem wir in (0) 
den Strahl Q 1 zuordnen. Bei dieser Konstruktion ist die Tangente # 
in P an k und der weitere Schnittpunkt U von k mit p von der Wahl des 
Punktes Q unabhängig. Wählen wir also statt Q einen anderen Punkt ©, 
in der Ebene, so gelangen wir auf Grund unserer Konstruktion zu einem 
neuen Kegelschnitt %,, welcher k in P berührt und in U schneidet ; der 
noch übrige Schnittpunkt V beider liegt auf der Geraden Q Q,. 

Ist p, der in (S) gelegene, der Geraden # von (P) entsprechende 
Strahl und wählt man R auf der Geraden, welche die Punkte P, (Be q) 
verbindet, so fällt ¢ mit # und U mit P zusammen; die Kegelschnitte 
k, k, oskulieren einander in P. Liegen insbesondere die Punkte ©, Q, 
auf einer durch P gehenden Geraden, dann fällt auch noch V nach P und 
die Kegelschnitte k, k, berühren einander in P in der dritten Ordnung. 

2. Wählen wir (Fig. 1) insbesondere (S) mit (P) konzentrisch so, daßdie 
in diesen Büscheln einander entsprechenden Strahlen senkrecht auf einander 
stehen und nehmen wir R unendlich weit in der zu senkrechten Richtung, 
so gelangen wir bei verschiedenen Wahlen von Q zu Kegelschnitten k..., 
die # berühren und einander in P oskulieren ; ist dabei A irgend ein Punkt 
von À, trifft weiter die Senkrechte in P zu PA die Gerade g in A*, und 
ist A, der Schnitt von QA mit 5, so ist 4,4* 2. 


— = 


en ae Oe ed ee 


. 


Gehen wir umgekehrt von irgend einem Kegelschnitte k aus, so 
bekommen wir den folgenden Zusamraenhang. Wir wählen auf k einen 
festen Punkt Q, verbinden ihn mit irgend einem Punkt A von k durch 
eine Gerade, welche wir mit der Tangente p in A, zum Schnitt bringen. 
In A, errichten wir die Senkrechte zu p, in P die Senkrechtezu P A; beide 
mögen sich in A* schneiden. Beschreibt A den Kegelschnitt k, so beschreibt 
A* eine Gerade q. Es sei K, der Schnittpunkt von g mit der Normale nvon k 
in P. Ist N der von P verschiedene Schnittpunkt der Geraden # mit k, 
so treffen sich darnach die Geraden ON, p und gin einem Punkte L. 
Schneidet die Parallele durch Q zu p den 
Kegelschnitt À noch im Punkte G, so 
folgt aus unserer Konstruktion, daß g 
senkrecht auf PG ist. 

Beziehen wir nun den Strahlenbüschel 
(P) auf einen zweiten Strahlenbüschel 
(Q,), dessen Mittelpunkt Q, irgend ein 
Punkt der Ebene ist, ın früherer Art 
projektiv, also zu (0) perspektiv inbezug 
auf , so erzeugen (P) und (Q,) einen 
Kegelschnitt k,, welcher k in P osku- 
liert. Ihren von P verschiedenen Schnitt- 


| Va punkt V erhalten wir, indem wir im 
eae lt Schnitt V, von QQ, mit p die Parallele 
BE ‘zu n ziehen, dieselbe mit g schneiden 
Fig. i. und zu der Verbindungsgeraden des 


Schnittpunktes und des Punktes P in P die Senkrechte errichten. Diese 
tritt OO, in V. 

Verlegen wir den Punkt Q in irgend einen andern Punkt Q* auf k; 
dann führt die Projektivitat (P) X (S) 7 (Q*) zu einer anderen Geraden q 
und diese beschreibt einen Strahienbüschel (9) um K,, während Q den 
Kegelschnitt & durchläuft. Dennzunächst sieht man, daß dabei der Punkt L 
auf peine zur Reihe der Punkte Q auf k projektive Punktreihe beschreibt 
Der Punkt G beschreibt gleichfalls eine zu der Reihe der Punkte Q pro- 
jektive Punktreihe auf k; somit ist die Reihe der Punkte L projektiv zu 
dem Büschel der Strahlen P G, also auch projektiv zur Reihe der unendlich 
fernen Punkte Q, auf den Geraden g. Verlegen wir Q* in den zweiten 
Schnittpunkt Q der durch N zu # gezogenen Parallelen mit k, so wird L 
unendlich fern auf 5 und g ist parallel zu p; folglich sind die Punktreihen 
L,... und Qo... perspektiv. Fällt Q mit P zusammen, so fällt g mit » 
zusammen ; es schneiden sich also die Geraden g auf n, gehen somit durch K, 
und bilden einen zur Reihe der Punkte Q auf k projektiven Strahlen- 
büschel. 

Die dem Punkte Q zugehörige Gerade q ist also die Parallele g, zu 4 
durch K,. Schneiden die Geraden Q A, ... des Büschels (0) die Tangente p 


208 


in den Punkten A,,... so treffen vermöge unserer Konstruktion die 
Senkrechten von diesen auf die Geraden PA,... des Büschels (P) die 
Normale # in einem festen Punkte H, für welchen PH =K,P ist. 
Verlegen wir nun den Punkt O nach Q, = A, so fällt der Kegelschnitt k,, 
welcher durch die Büschel (P) und (Q,) erzeugt wird, mit dem über PH 
als Durchmesser beschriebenen Kreis k zusammen. Da sich k und k, in P 
oskulieren, so ist À der Oskulationskreis von k im Punkte EP. 

Dies gibt zunächst eine bekannte Konstruktion des Krümmungs- 
mittelpunktes AK eines durch vier Punkte P, A, B, C und die Tangente p 
in P gegebenen Kegelschnittes k für den Punkt P. 

Wir nehmen einen der Punkte A, B, C, etwa C als Q an, bringen 
also CA und CB in À, und B, mit p zum Schnitte, errichten in P die 
Senkrechten auf P A und P B, welche von den Senkrechten in A, und B, 
auf p in A’, beziehungsweise B’ getroffen werden mögen; alsdann schnei- 
det A’ B’ die Normale » in P an den Kegelschnitt in K,, und es ist 
Re ENS 

Verbindet man nun irgend einen Punkt Q, =(, der Ebene mit Ay 
und B, und bringt die Verbindungsgeraden mit P À und P Bin A, und B, 
zum Schnitt, so hat unserer Erzeugungsweise zufolge der Kegeischnitt h,, 
der durch die Punkte P, A,, B,, C, geht und p berührt, mit À denselben 
Krümmungskreis & in P. 

3. Zu der soeben abgeleiteten Beziehung können wir auch wie folgt 
gelangen. 

Es seien k, k, zwei Kegelschnitte,die einander in P in zweiter Ordnung 


berühren, so daß sie nur noch einen von P verschiedenen Punkt V gemein- ° 


schaftlich haben. Legen wir durch P und V irgend einen dritten Kegel- 
schnitt s, so wird derselbe k und À, noch in je zwei Punkten schneiden, 
deren Verbindungsgeraden mit der Geraden p, welche noch die übrigen 
zwei den Kegelschnitten & und k, gemeinschaftlichen Punkte verbindet, 
nach einen bekannten Satze von Ch. Sturm in einem Punkte zusammen- 
laufen. 

Nehmen wir als s zwei Gerade an, eine — P A — durch P, die andere 
— VC — durch V. Schneidet die erste kin A, k,in A,, die zweite kinC, 
k, in C,, so schneiden sich danach AC und A,C, in einem Punkte A, auf 2. 

Wenn wir umgekehrt die in P sich oskulierenden Kegelschnitte k, hy 
mit einer Geraden durch P in A und A, schneiden, die Schnittpunkte 
mit irgend einem Punkte A, von p verbinden, so schneidet die Gerade Ay A 
den Kegelschnitt % noch in einem Punkte C, die Gerade A, A, den Kegel- 
schnitt À, noch in einem Punkte C,, und die Gerade CC, geht durch den 
von P verschiedenen Schnittpunkt V der Kegelschnitte k, À. 

Aus dem Satze von Ch. Sturm folgt, wenn man auf der Gerade, 
welche zwei gemeinschaftliche Punkte zweier Kegelschnitte k, k, verbindet, 
einen Punkt annimmt, durch ihn zwei Strahlen legt, von denen der eine k 
in M, N, der andere k, in M,, N, schneidet, daß der Kegelschnitt s, welcher 


ee ni 


209 
durch M, N, M’, N’ und durch einen dritten gemeinschaitlichen Punkt 
von k und k, geht, auch noch den vierten gemeinschaftlichen Punkt dieser 
Kegelschnitte enthält. 

Haben wir zwei Dreiecke ABC, A,B,C, in der Lage, daß die 
Geraden A A,, BB, sich in einem Punkte P der Geraden # schneiden, 
welche die Punkte A, =4C.4,C, Br = BC .B,C, verbindet, so läßt 
sich ein Kegelschnitt k durch A, B, C, P legen, welcher # berührt und 
ein Kegelschnitt %,, welcher k in P oskuliert und durch die Punkte A,, C, 
geht. Wenn wir den soeben mit s bezeichneten Kegelschnitt durch das 
Geradenpaar PA, CC, ersetzen, so folgt daraus, da s noch durch den 
gemeinschaftlichen, den einzigen von P verschiedenen Punkt V der Kegel- 
schnitte À, À, gehen muß, daß V auf C C, liegt. Schneidet C, B, den Kegei- 
schnitt k, noch im Punkte B, und legt man jetzt den Kégelschnitt sdurch die 
Punkte C, C,, B, B,, so muß er auch durch P gehen ; da die durch V gehende 
Gerade C C, einen Teil von s bildet, so ist der andere Teil gleichfalls eine 
Gerade, welche durch B, B, und P geht, woraus folgt, daß B, mit 5, zu- 
sammenfällt. Es geht somit À, auch durch den Punkt B,. Daraus folgt 
der Satz: 

„Die Kegelschnitte k, k,, welche den Dreiecken ABC, A, B,C, 
umgeschrieben sind und die Gerade # in P berühren, haben in P eine 
Berührung zweiter Ordnung miteinander.“ 

Ist also ein Kegelschnitt k dem Dreieck A BC umgeschrieben und 
berührt er die Gerade p im Punkte P, wählt man ferner auf PA den 
Punkt Arian PB den Punkt’ 2, ist 4,=4C.5 By =BC.2 und 
schneidet man die Geraden A, 4,, By B, ait einander in C,, so hat der 
Kegelschnitt %,, welcher dem Dreieck A, B,C, umgeschrieben ist und # 
in P berührt, die Eigenschaft, daß er k in P oskuliert. 

4. Trachten wir nun C, so zu ermitteln, daß der Kegelschnitt k, 
zum Oskulationskreis k von k im Punkte P wird. Liegen (Fig.2) die Punkte 
4) By Giaui k, so ist Cyzu A, konjugiert inbezug auf den ie a, welcher 
A, zum Mittelpunkt a und durch P geht. Desgleichen sind B, und C, 

: konjugiert inbezug auf den 
Kreis b vom Mittelpunkt Bg, 
welcher durch P geht. 


Die zu den Punkten der 
Geraden P À inbezug auf a 
konjugierten und auf Strahlen 
durch A, gelegenen Punkte 
beschreiben den Kreis (Cg, 
welcher zu der Geraden PA 
invers inbezug auf a ist ; eben- 
so beschreiben auf Strahlen 
durch B, die Punkte, welche 

Fig. 2. zu den Punkten von PB in- 
Bulletin international XXII. 14 


210 


bezug auf 6 konjugiert sind den Kreis cg, welcher zur Geraden P B invers 
inbezug auf b ist. Es ist deshalb C, der von P verschiedene Schnittpunkt 
der Kreise Ce, Ce. 

Wird die Normale # von der Senkrechten, die man von A, auf PA 
fällt, in MN, und von der Senkrechten, die man von By auf P B fällt, in Ne 
getroffen, so sind Aj Ng und B, Ns Durchmesser der Kreise cg, cg; die 
Verbindungsgerade de Punkte J, II, welche A, Na, By Ns halbieren, ist 
ihre Zentrale. Da der Kreis x durch die Schmitt pmlc P und C, von u 
und cg geht, so ist J IT auch für ihn ein Durchmesser. Folglich schneidet # 
die Gerade I II im Mittelpunkt K von k. 

5. Unsere Betrachtungen lassen eine duale Übertragung zu, welche 
zu den folgenden Ergebnissen führt. 

Es seien (Fig. 3) p und c zwei feste Tangenten eines Kegelschnittes 
k, P der Berührungspunkt von 9; führen wir durch den Schnittpunkt irgend 
einer Tangente a von k mit p die Senkrechte zu p und durch P die Senkrechte 
zur Geraden a, welche P mit dem Punkte a.c verbindet, so beschreibt 
der Schnittpunkt A’ beider Senkrechten eine Gesade g, wenn a sich längs 
des Kegelsennittes k bewegt. Jeder Tangente c von k ist eine solche Gerade q 
zugeordnet ; beschreibt c den Tangentenbüschel von k, so beschreibt q 
einen zu ihm projektiven Strahlenbüschel, dessen Mittelpunkt X, auf der 
Normale von k in P liegt. 

Wählen wir irgend eine Gerade c, in der Ebene, so hüllt die Gerade a,, 
welche die Punkte # . a, c, . a, verbindet, einen Kegelschnitt À, ein, wenn a 
längs des Kegelschnittes k sich bewegt, und es wird k von k, im Punkte P 
oskuliert. Diezweiten Tangentenvonc.nankundvonc,..nan k, schneiden 
sich im Punkte gq. ?. 

Schneiden wir die zu parallele Tangente an k mit », wählen die 
vom Schnittpunkt an k gehende zweite Tangente c als c, so ist die zuge- 
hörige Gerade g parallel zu p; bezeichnen wir sie in dieser Lage mit g.. 

Der Krümmungskreis von k in P schneide » noch im Punkte H. 
Die Tangente Cy an ihn in diesem Punkte möge nun als die Gerade c, 
angenommen werden. Ihr entspricht, wenn wir die Gerade ‘c des allge- 
meinen Falles durch c ersetzen, ein Kegelschnitt %,, welcher k in P oskuliert 
und €, in H berührt, also mit dem Krümmungskreis À zusammenfällt. 
schneidet irgend eine Tangente a an k p in Ag, c in Ay, und schneidet 
die Gerade a,, welche P mit 4. c verbindet c, in Ay, so hüllt also die Gerade 
at À, den Kreis À ein, wenn sich a längs k bewegt. Führen wir an k eine 
zun Br Tangente, welche c,inC,, pin A,’ und q, in Ay schneiden möge. 
Aus dem rechtwinkeligen Dreieck À, PC, folgt, daß A,’C, =44,4r'; 
es ist also der Krümmungshalbmesser von k für den Punkt P gleich 2. K,P. 

Liegt ein Dreieck A BC, irgend eine Gerade p und ein auf ihr gele- 
gener Punkt P vor, so ist dadurch ein Kegelschnitt k bestimmt, welcher 
dem Dreieck umgeschrieben ist und # in P berührt und ein Kegelschnitt %*, 
welcher dem Dreieck eingeschrieben ist und gleichfalls $ in P berührt. 


DR ee ee 


211 


Wählen wir im ersten Falle etwa C als den früher mit Q bezeichneten 
Punkt, so werden wir zu der Geraden g geführt, welche die Normale # 
von À für den Punkt Pin X, trifft. Betrachten wir im zweiten Fall dann 
a die Gerade À B als die zuvor mit c be- 
= A A zeichnete Tangente von k*, so werden 
* ar, wir zu derselben Geraden g geführt. Es 
= ist also der Krümmungshalbmesser von 
k in P gleich } K,P und der von k* 
in demselben Punkte gleich 2K,P, 
was zu einem bekannten Satze führt, 
daß die Krümmung des dem Dreiecke 
A BC umgeschriebenen Kegelschnittes 
viermal so groß ıst als die des ihm ein- 
geschriebenen. 
av 6. Dualisieren wir den Satz von 
Fig. 3. Ch. Sturm, so haben wir die folgende 
Beziehung. Zwei Kegelschnitte A,, À, in einer Ebene haben vier Tangenten 
gemeinsam ; legen wir einen Kegelschnitt w, welcher zweivon ihnen berübrt, 
so liegen der Schnittpunkt der übrigen zwei, der Schnittpunkt der weiteren 


‘ red 


zweigemeinschaftlichen Tangenten zwischen k, und w, sowie der zwischen A, 


und w in einer Geraden. 
Oskulieren die Kegelschnitte %,, %,einander im Punkte (Fig. 3) mit 
der gemeinschaftlichen Tangente p in inm, so sind in # drei von den ihnen 


gemeinschaftlichen Tangenten in # vereinigt ; sie haben außerdem nur noch 


enie gemeinschaftliche Tangente v. Ziehen wir von irgend einem Punkt auf ? 
die noch möglichen Tangenten a,, a, an À, und %,, schneiden dieselben 
mit einer durch P gehenden Geraden a, und legen von den Schnittpunkten 
weitere Tangenten c,, c, an À, und ky, so liegt der Schnittpunkt derselben 
OME TPE EA DR MICE 

Dieser Zusammenhang ergibt sich, wenn wir statt des zuvor genannten 
Kegelschnittes w ein Punktepaar annehmen, von dem ein Element auf 4, 
das andere auf v liegt. 

7. Zum Zweck der weiteren Entwickelung schalten wir hier eine 
kleine Betrachtung über Kreise ein. 

Denken wir uns (Fig. 4) einen Biischel von Kreisen kz, welche einander 
in einem Punkte P berühren. Ziehen wir durch P irgend eine Gerade 4, 
wählen auf der ihnen gemeinschaftlichen Tangente p in P einen Punkt 4, 


von dem wir an die Kreise k,,... die von d verschiedenen Tangenten legen, 
welche a, in einer Reihe Ag, ... von Punkten schneiden; alsdann hüllt 
der Büschel von Tangenten cg, ..., die man von den Punkten dieser Reihe 


an die zugehörigen Kreise noch legen kann, einen Kreis ein. 
Fassen wir nämlich eine Laguerre’sche Inversion von Kreisen in der 


Ebene inbezug auf denjenigen Kreis kg’ des Büschels kg, ..., welcher 
seinen Mittelpunkt S auf der von A, auf a, gefällten Senkrechten hat als 
14* 


212 


Grundkreis und den Punkt 4, als Pol, a, somit als Polare der Inversion 
auf. In dieser entsprechen den Tangenten ag, ... die Geraden Cu RE 
denn bildet man die Kreise kg, ... durch ähnliche Lagen auf &,’ für P als 
Abnlichkeitspunkt ab, so gehen die einander zugehörigen Geraden ag, ce 
jedesmal in zwei Tangenten von À,’ über, deren Berührungspunkte auf 
einer durch Az gehenden Geraden liegen, da Az der Pol von a, Inbezug 
auf Rz’ ist. Da die Geraden a, einen Strahlen- 
büschel bilden, so hüllen die Geraden cg 
den ihm durch die Laguerre’sche Inversion 
entsprechenden Kreis #, ein. Die Gerade 
Az S ist ein Durchmesser von u,. Jeder 
Geraden durch A, entsprechen zwei Tan- 
genten von #,, da es zwei Kreise in dem 
Büschel kg, ... zibt, welche diese Geraden 
berühren. Die Gerade p entspricht sich 
selbst und außerdem entspricht ihr die von 
P an u, ausgehende zweite Tangente 7; 
schneidet die zu p parallele Tangente an k,’ 
die Gerade a, in «, so ist / parallel zu der durch « noch an kg’ gehenden 
Tangente; schneidet diese p im Punkte x, so ist der durch P gehende 
Durchmesser g von u, parallel zu Sr. Weil A, der Pol von a, inbezug 
auf 7,’ ist, so werden die Geraden P «, A, « durch die von « an kg’ ge- 
henden Tangenten harmonisch getrennt ; es ist also 4, nz —rP. De 
Mittelpunkt U, von u, ist der Schnittpunkt von A, S mit g; folglich ist 


Fig. 4. 


SU, =A, S. Da der Kreis #, den Punkt U, zum Mittelpunkt hat und p 


berührt, so ist er dadurch bestimmt. 

8. Kehren wir (Fig. 5) zu der Betrachtung des Art. 6 zurück. Als À, 
nehmen wir einen Kegelschnitt kan, welcher pin P berührt und dem Dreiseit 
a bc eingeschrieben ist ; als %, nehmen wir den Krümmungskreis À von À, 
in P an. Als a, tritt hier die Gerade auf, welche P mit a.c verbindet. 


a.pankmit ay, und ist die weitere 
von diesem Schnittpunkt an À ge- 
hende Tangente c,, so schneiden sich 
die Geraden c, c, auf der von # ver- 
schiedenen gemeinschaftlichen Tan- 
gente v von k und k. Ersetzen wir 
a, durch die Gerade b,, welche P mit 
b.c verbindet, und bringen 0) mit 
der weiteren von Br; =b. an k 
gehenden Tangente b, zum Schnitte, 

Fig. 5. N so geht durch den Schnittpunkt 
noch eine weitere Tangente an %, die sich mit c gleichfalls auf v schneiden 
muß und infolgedessen mit €, zusammenfallt. Nun haben wir vordem 


Schneidet man die Tangente a, von 


Te 


en mn 


213 


gesehen, daß c, auch Tangente an uw, sein wird. Legen wir durch B, die 
von p verschiedenen Tangenten an die Kreise des Büschels kg, ... und 
dann von ihren Schnittpunkten mit b, an sie die weiteren Tangenten 
cg, -.., So werden diese einen zweiten Kreis #, umhüllen, welcher berührt 
und dessen Mittelpunkt U, auf der von B, auf dy gefällten Senkrechten 
BS sorliest, daß. S’ U, = B, S" ist, ‚wobei S’ den Schnitt von. By: 
mit PS bezeichnet. Die Gerade c, wird auch eine Tangente von u, sein; 
sie wird also eine gemeinschaftliche Tangente der Kreise #,, u, sein. 

Die Orientierung der Kreise im Büschel kg, ... ist gegeben, wenn 
wir p einen Sinn beilegen, wodurch alsdann auch die Orientierung von , 
und u, bestimmt ist, und zwar sind sie gleich orientiert, wenn sie auf 
derselben Seite von ?, entgegengesetzt, wenn sie zu verschiedenen Seiten 
von p liegen, woraus folgt, daß ihr von p verschiedener gemeinsamer Speer, 
der auf der Geraden c, liegt, sich mit p auf der Zentrale der Kreise u,, us, 
schneidet. Es ist somit diese Zentrale auch ein Durchmesser von À. 

Fassen wir dieses Ergebnis zusammen, so erhalten wir folgende 
Konstruktion von k. 

Die Senkrechte von A, auf a, schneide die Normale # von À für 
den Punkt P in S und die Senkrechte von B, auf by schneide sie in S”. 
Auf der ersten Senkrechten tragen wir ST’, =4A„S, auf der zweiten 
S’ U, = B, S’ auf; alsdann ist U, U, ein Durchmesser von k und schneidet 
somit auf # den Krümmungsmittelpunkt von k für den Punkt P ein. 

9, Es sei nochmals (Fig. 6) der Kegelschnitt k gegeben, welcher pin P 
berührtund dem Dreieck A, A, A,umgeschrieben ist. Wir konstruieren zuihm 
einen zentrisch kollinearen k’ so, daß p die Kollineationsachse und irgend 
ein Punkt Z auf p das Kollineationszentrum ist ; alsdann oskulieren ein- 
ander & und k’ in P. Dem Dreieck A, 4, 4, entspricht em zu ihm perspek- 
tives A, À, Aj. Drehen wir die Gece A, A, um deren Schnittpunkt E 
mit p nad en dabei die Punkte 4,, 4, die Geraden Z Au Z 4 beschrei- 
ben, so gelangt das zu A, A, A, Dé LUCE Dreieck A, A, A, in neue 
Lagen, und man gelangt zu neuen Kegelschnitten, welche ih m ‘chaste bee 
sind und p in P berühren. Alle diese Kegelschnitte oskulieren einander 
in P. Die Pankte A,, A, ... und 4g, Ag, ... beschreiben zwei perspektive 
Punktreihen, die Geraden, welche sie mit P verbinden, zwei projektive 
Strahlenbüschel P (A, A,...), P(A, 4A,...). Wählen wir auf p zwei 
Punkte B,, B, und ziehen durch B, die Parallelen zu den Strahlen des 
ersten, durch B, die Parallelen zu den Strahlen des zweiten Büschels. 
Dadurch erhalten wir zwei perspektive Strahlenbüschel, deren Perspektiv- 
achse # parallel zu p ist. Denn der Geraden A, D || p entspricht in der 
Kollineation A, D | [lp und dem Schnittpunkt D = A, P . À, D entspricht 
der Schnittpunkt D = 4, P. 4, D so, daß die Gerade D D durch Z geht. 
Ziehen wir durch B, die Paraltale zu Z A, durch B, die Parallele zu Z D, 
so sehen wir, daß sie einander in den Biischeln um B, und B, entsprechen, 
und daß ihr Schnittpunkt der Geraden # angehört und mit dem Schnitt- 


214 


punkt der zu A,P und 4, P durch B,, resp. B, gezogenen Parallelen in 
einer Parallelen zu p liegt. Denn schneidet man Z A, mit der Parallelen 
durch E zu Z A, in A,*, entspricht in P (A,, AG ...) der zu Z A, parallelen 
Geraden in P'(A,, 4, ,...) 
die zu Z D parallele Ge- 
rade P A,*, wie aus den 
ähnlich liegenden Drei- 
ecken! ZAG D AT EP 
ersichtlich. 

Fassen wir dies zu- 

sammen, so sehen wir, 
wenn wir irgend einen 
Punkt X, in der Ebene 
mit den Punkten A, 43., Obr. 6. 
As A3. p durch dieGeraden g,, 85 verbinden, weiter die Geraden P A,, A, 
durch eine Parallele zu p in B,*, B,* schneiden und auf # irgend einen, 
Punkt Z’ wählen, daß die Parallelen durch P zu Z’B,*, Z’B,* die Geraden 
21, resp. g, in zwei Punkten X,, X, so schneiden, daß der Kegelschnitt, 
welcher dem Dreieck X, X, X, umgeschrieben ist und p in P berührt, den 
Kegelschnitt k in P oskuliert. 

Nehmen wir insbesondere B, im Schnitt von A, A,, By im Schnitt 
von A, A, mit p, und es sei Z der Schnittpunkt der Geraden, welche man 
durch B,und B, parallel zu PA, und P A, zieht. Sind B,*, B,* die unendlich 
fernen Punkte von B, L und B,L, so folgt aus vorangehendem, daß der 
Kegelschnitt k,, welcher # in P berührt und dem Dreieck L B,* B,* um 
geschrieben ist, den Kegelschnitt k in P oskuliert. Ist C,C, irgend ein 
Elementenpaar der Punktinvolution & auf p, welcher B, B, als ein Ele- 
mentenpaar angehört und die P zum Mittelpunkt hat, und sind C,*, C,* 
die unendlich fernen Punkte von C,.£ und (,Z, so hat der dem Drei- 
ecke LC,*C,* umschriebene Kegelschnitt À, welcher # in P berührt, die 
Eigenschaft, daß er auch À in P oskuliert. Denn ist K der zu P gehörige 
Krümmungsmittelpunkt von k, also auch von k, und X, der des Kegel- 
schnittes k’, welcher # in P berührt und für den B,Z, B, L ein Paar 
konjugierter Durchmesser ist, so ist PK), = 2 K P, weil die Kegelschnitte 
k, und k’ mit den zu P gehörigen Krümmungsmittelpunkten X und X, 
die Eigenschaft besitzen, daß jener dem Dreieck L B,* B,* umgeschrieben 
ist, welches für diesen ein Polardreieck ist!). Der Kegelschnitt, welcher P 
in p berührt und Z C,* C,* zum Polardreieck hat, ist mit k’ identisch ; 
es ist also K,P auch das doppelte des Kriimmungshalbmessers für den 
Kegelschnitt À, welcher diesem Dreieck umschrieben ist. 

Ist also kdurch A,, 4,, 43, Pund die Tangente pin Pgegeben, ist weiter 
C,C, irgend ein Punktepaar von 2, Q irgend ein Punkt der durch L zu p 


1) Cf. Zur Konstruktion von Krümmungskreisen... in den Sitzungsber. der 
k. böhm. Ges. d. Wissersch. 1902. 


. 
| 
À 
? 
1 
il 
% 
4 


gezogenen Parallelen u, X, irgend ein Punkt der Ebene, und schneidet 
man schließlich die Geraden X,C,, X, C, beziehungsweise mit den durch P 
zu Q C,, Q C, gezogenen Parallelen in X, und X,, so haben die Kegelschnitte 
welche P in p berühren, von denen der eine dem Dreieck A, A, A,, der 
andere dem Dreieck X, X, X, entweder umgeschrieben oder eingeschrieben 
ist oder von denen der eine A, A, 4,, der andere X, X, X, zum Polar- 
dreieck hat, die Eigenschaft, daß sie einander in P oskulieren. 

10. Zum Schluß wollen wir unsere Beziehungen auf die Lösung 
einiger Aufgaben anwenden, deren Zahl leicht vermehrt werden könnte. 


„Ein Kegelschnitt À (Fig.7) ist durch vier Tangenten und den 
Berührungspunkt P einer von ihnen # gegeben; man soll den Kegel- 
schnitt À’ konstruieren, welcher zwei gegebene Geraden x, y berührt 
und À in P oskuliert.“ 


Es wird sich da darum handeln, irgend eine von den gegebenen 
Tangenten verschiedene Tangente z von k’ zu ermitteln. Dies könnte 
durch die zentrische Kollineation zwischen k und k’, welche p zur Achse 
hat und deren Zentrum auf # liegt, ge- 
schehen. Einfacher jedoch ist die folgende 
Konstruktion. Die von p verschiedenen 
----#@ Tangenten, welche zur Bestimmung des 
Kegelschnittes À gegeben sind, mögen das 
Le Dreieck, 474, A, bilden, Werden. die Ge- 
17 Tagen BA, PA, von-x in, AA 
schnitten und treffen sich die Geraden, wel- 
Fig. 7. che A,’ mit A, A,. fund A,’ mit 4,4,.2 
verbinden in A,’, so oskuliert der Kegelschnitt kj, welcher in P berührt 
und dem Dreieck A,’ A,’ A,’ eingeschrieben ist, k in P. Aus dem Sechsseit 
[d, D”, x, Ay’ Ay, Ay A,’, q], welches k, umgeschrieben ist, in welchem q 
durch Q =y. geht und #’ zu p unendlich benachbart ist, folgt, daß 
wenn man die Diagonalen P A,’, Q A,’ zum Schnitt bringt und den Schnitt- 
punkt mit x. verbindet, diese Verbindungsgerade m die Tangente 
A,’ A,’ in einem Punkte schneidet, welcher g angehört. Da ko, k’ gleich- 
falls zentrisch kollinear liegen für p als Achse und p. x als Zentrum der 
Kollineation, so schneidet m die Gerade y auf derjenigen weiteren Tan- 
gente z von k’, welche A,’ A,’ auf p schneidet. 


Oder man ermittelt etwa die Schnittpunkte X, Y der durch x. 
und y. an k noch möglichen Tangenten x,, y, mit A, A, aus den Sechs- 
seiten [d, p', A, As, 4,4, A: A», Al BB: D’, Ar Ag Ag Ag 41 Au Wal, 
welche À umgeschrieben sind, wobei p’ zu p benachbart ist; alsdann 
schneidet man PX mit x in X, und P Y mit y in Y,. Nach früherem 
ist z = X, Y, eine weitere Tangente von k’. 


In beiden Fällen erfordert die Konstruktion das Ziehen von 8 Ge- 
raden. 


„Ein Kegelschnitt & ist: 

a) durch drei Punkte A, B, P und den zu P gehörigen Krümmungs- 
mittelpunkt K; 

b) durch drei Tangenten a, 6, p und den zu gehörigen Krümmungs- 
mittelpunkt K’ gegeben; 

man soll seine Achsen konstruieren.“ 

Man ermittelt in a) auf der Normale PK den Punkt K, so, daß 
PK, =2 K P wird; schneidet A B die Tangente p in Pan kim Punkte C, 
so bringe man die Senkrechte in C zu p mit der Senkrechten in P zu P À 
zum Schnitte und verbinde den Schnittpunkt mit K,; die Verbindungs- 
gerade ist diezuvor mit g bezeichnete Gerade. Die Senkrechte zu g durch P 
trifft die Parallele durch B zu p im Punkte D, welcher auf À liegt. Die 
Gerade d, welche P mit der Mitte von BD verbindet, ist der zu 2 kon- 
jugierte Durchmesser von k. Zieht man durch den Punkt AB.d die 
Parallele zu p und verbindet den Punkt, in welchem sie P À schneidet, 
mit D, so trifft die Verbindungsgerade den Durchmesser d, wie sich aus 
dem Satz von Pascal leicht ergibt, in seinem Endpunkt F. Dadurch ist 
auch der Mittelpunkt O von k gegeben. Wir schneiden noch die Senkrechte 
in © zu d mit PK in N und beschreiben den durch O gehenden Kreis 
dessen Mittelpunkt mit dem der Strecke N K zusammenfällt 4). Dieser 
_ Kreis schneidet P K inzwei Punkten, welche den Achsen von k angehören. 
Eine der Achsen bestimmt mit p und PK ein Dreieck, dessen umge- 
schriebener Kreis die andere Achse reell schneidet. Die Schnittpunkte 
sind Brennpunkte von A. 

6) Die Senkrechte zu p in b.p schneidet die Senkrechte im Berührungs- 
punkt P von p zur Geraden, welche P mit a.b verbindet in einem 
Punkte von g. Es verbindet also g diesen Punkt mit dem Punkte X,, für 
welchen PK, =} K’ P ist. Die Senkrechte durch P zu q trifft a in einem 
Punkt der zu # parallelen Tangente f von k. Die Gerade, welche a. 
und 5b. verbindet, schneidet die Gerade, welche 6. mit a. f verbindet 
in einem Punkte, welcher dem zu p konjugierten Durchmesser d von k 
angehört ; dieser trifft f in seinem Endpunkt F. Der weitere Verlauf der 
Konstruktion stimmt mit dem der vorangehenden überein. 


!, Cf. Zur Krümmung der Kegelschnittevoluten in den Sitzungsber. der 
k. bohm. Ges. d. Wissensch. 1902. 


—— 


Mie: dc 


Zur Krümmung algebraischer Kurven. 


Von J. Sobotka. 
(Mit 1 Figur im Texte.) 


Vorgelegt am 21. November i918, 


1. Wir stellen uns zuerst die Aufgabe: 

In einem Kurvenbüschel soll der Ort der Krümmungsmittelpunkte 
aller Elemente für irgend einen Grundpunkt O des Büschels abgeleitet werden. 

Wir legen ein rechtwinkeliges Koordinatensystem in der Ebene 
des Büchels zu Grunde, dessen Anfangspunkt in dem Grundpunkte des 
Büschels angenommen wird. Die Gleichungen irgend zweier Elemente des | 
Büschels lassen sich schreiben 


== 4 Es Tu, 4... = 9, 
DEEE Det Ue 0; 


in denen allgemein #4, und v, die Glieder bezeichnen, welche in den Ver- 
änderlichen x, y von der Ordnung k sind. 
Die Gleichung des Büschels ist dann 


ftag= wm + we) Tim +2) + U +1V =0, 


in der U und V die Glieder höherer Ordnungen in x und y, von der dritten 
angefangen, enthalten. Es wird also die Kurve vom Parameter À im Büsche 
von dem Kegelschnitt 


(t, + My) + A (nu + Vg) = 0, (1) 


im Punkte O in zweiter Ordnung berührt, so daß der Krümmungsmittel- 
punkt der Kurve f + Ag = 0 für den Punkt O mit dem dieses Kegelschnittes 
zusammenfällt. Unsere Aufgabe reduziert sich hiernach darauf, den Ort der 
zu O gehörigen Krümmungsmittelpunkte der Elemente im Kegelschnitt- 
büschel (#, + %) + 4 (v, + v2) — 0 zu suchen. Dieser Büschel hat noch 
drei weitere Grundpunkte A,, A,, A, mit den Koordinaten (x, yı), (% 2), 
(% y;), wobei auch zwei der Punkte konjugiert imaginär sein können. 


218 


Greifen wir irgend einen Kegelschnitt (4) des Büschels heraus. Be- 
ziehen wir ihn auf seine Tangente und Normale in O als Achsen X, Y, 
die wir so orientieren, daß der Krümmungsmittelpunkt des Kegelschnittes 
auf die positive Seite von Y fällt und bezeichnen mit (X, Y), (X, Y.), 
(X, Y,) die Koordinaten von A,, A,, A, in diesem System, mit 7 den zu O 
gehörigen Krümmungshalbmesser des Kegelschnittes, so ist nach einer 
Formel, die a. a. O1) abgeleitet wurde und zwar ohne Beschränkung auf 
die Realität der Punkte 


DE X, ve Ya 
Ar Y YA = |X2 %Y, VE 
X37, X; Y,, Ye 


i (2) 


worin 4 den Flächeninhalt des Dreieckes A, A, A, bezeichnet. 
Schließt die positive X Achse mit der positiven x-Achse des ursprüng- 
lichen Koordinatensystems den Winkel « ein, so ist 
X, = x cosa +y,sin a, Y\=—xsina-+y,cosa, 
und die Koordinaten des zu O gehörigen Krümmungsmittelpunktes des 
Kegelschnittes sind E= —7 sine, n = 7 cos a. 


Bezeichnen wir mit Jj, 43, 43, die Flächeninhalte der Dreiecke 
O À, A,, O A, Aa, O A, A, so geht (2) durch Ausführung über in die 
Gleichung 


X: X X, IX X DAR: 
ip RE AR ee ( 7.) Ba 
| : i ; ( Yi Y.) Ye Y, } 11 Y,) 


if A ve Vas Yi. = 2 4,, As; À. 


oder 


Setzen wir für Y,, Y,, Y, und r die Transformationswerte ein, so 
kommt 


42 Ay, I; 
A 


(41 € + 91) (mË + You) (%3§ + 39) +2 (€? + 9?) =0 (3) 


als Gleichung des gesuchten Ortes. 

Wir sehen, daB der gesuchte Ort eine rationale Kurve 3. Ordnung 
c? ist, welche in O ihren Doppelpunkt hat. Die Tangenten in demselben 
sind isotrop. 


2. Die unendlich fernen Punkte der Kurve sind auf den Geraden 
E+ 9.9 = 0, %E+ VN = 0, %E+ Yq = 0. 
Die Gleichungen der Asymptoten a,, a,, a, erhält man hieraus in bekannter 


Weise; sie lauten 


!, Cf. ,,Zur Eımittelung der Krümmung eines durch Punkte oder Tangenten 


gegebenen Kegelschnittes‘‘ in den Sitzungsberichten der k. bohm. Gescllsch. d. 
Wissensch. in Pıag 1904. 


er ru EI SD NET wenn 


219 


Paz 


31 7 2 1 
og ee 


wenn OA, 4,04, -=4d, OA, = d, gesetzt wird. 
Aus diesen Gleichungen läßt sich eine einfache Konstruktion der 
Asymptoten ableiten. Ist d, die Entfernung der Asymptote a, von O und &, 


do 
A 


d,” 


er A 
MEV Do Pro X2Ë + Yon = 


en a Aches la so ist N und da Me 
d, u 24% 
so ist 
\ As; 
= à, 


Daraus läßt sich a, etwa, wie folgt, ermitteln. (Fig.) Schneidet 
A, A, die Asymptote a, in G und die zu OG durch A, gezogene Parallele 
in H, und sind N, N, die Schnittpunkte von O A, mit der Asymptote a, 
und der durch H zu ihr gezogenen Parallelen, so ist 


ee 0G ON 


Ba AC Ha N’ 
sodaß 2 A N, = a, ist: 

Wir beschreiben also um A, als Mittelpunkt den durch O gehenden 
Kreis k und den zu ihm gleichen Kreis, dessen Mittelpunkt dem Punkt 
O auf À diametral gegenüberliegt. 
Die gemeinschaftliche Sehne beider 
Kreise schneidet A, A, im Punkte 
H und die zu A, H durch O gezogene 
Parallele im Punkte G der Asymp- 
tote a,. 

Die Kurve c? kann man auf 
Grund der Eigenschaft konstruieren, 
daß die Elemente eines Strahlen- 
büschels 3, dessen Mittelpunkt auf 
cliegt, diese Kurve in Punktepaaren 
schneiden, welche vom Doppelpunkt 
O der Kurve durch eine Involution 
projiziert werden, welche zu Z pro- 
jektiv ist; diese Involution wird 
von irgend einem durch O gehenden Kreis g in einer gleichfalls zu Z 
projektiven Involution geschnitten, und die Verbindungsgeraden der 
Punktepaare dieser Involution bilden einen zu 2 projektiven Strahlen- 
büschel A. Als Mittelpunkt von 2 wählen wir den unendlich fernen 
Punkt von a,. Dem Strahle s durch O von Z entsprechen in der Involution 
auf g die Schnittpunkte der isotropen Tangenten von c in O, also die 
unendlich fernen Kreispunkte der Ebene ; somit entspricht der Geraden s 
im Büschel A die unendlich ferne Gerade «, der Ebene. Der Geraden 


220 


N, in & entspricht in 4 die Gerade /, welche die von O verschiedenen 
Schnittpunkte der von O auf O A, und O A; gefällten Senkrechten und 
des Kreises g miteinander verbindet. Der Geraden a, von 2 entspricht 
in A diejenige Gerade g, welche durch den von O verschiedenen Schnitt- 
punkt des Kreises g mit der Geraden s geht und zu 2 parallel ist. Sind 
nun s’ und /’ irgend zwei einander entsprechende Strahlen von 2 
und A, so ist 


(S ten 5) = (Ul gl’). Nun ist (s#,45) = (a,s’ su), (unlgl) =U glue); 


es ist also (a, s' su.) = (glu); folglich liegen die Schnittpunkte 
4.1, Sue "Ss wb ant emer (Geradentz: 

Um darnach den Schnittpunkt X von c? mit einer durch O gehenden 
Geraden n zu bekommen, ermitteln wir a, und als q benützen wir etwa 
gleich den Kreis k, so daß s ihn berührt. Durch den von O verschiedenen 
Schnittpunkt von # mit À ziehen wir die Parallele /’ zu der in zuvor an- 
gegebener Weise ermittelten Geraden / und verbinden /’.a, mit L.s 
durch die Gerade v; alsdann haben wir noch durch O die Parallele g zu / 
und von ihrem Schnittpunkte mit v die Parallele s’ zu a, zu ziehen, welche 
auf n den fraglichen Punkt X einschneidet. Diese Konstruktion ist an- 
wendbar auch wenn A, und A, konjugiert imaginär sind, da man auch 
jetzt die Gerade Z in bekannter Weise einfach konstruieren kann. 

3. Als Anwendung wollen wir die Aufgabe lösen: 

Es ist die Krümmung einer Kurve 3. Ordnung k für irgend einen Punkt 
derselben O zu konstruieren. 

Ziehen wir durch O eine Gerade 2, welche die Kurve & noch in 0’ 
und O0” schneiden möge und ziehen dann noch irgend eine Gerade p,, 
welche sie in den Punkten 4, 4’, 4”, trifft. Weiter bringen wir etwa 
die "Geraden 04, = 9, 0' A.’ = 9, 0'747) — 0 mit der K urve anche 
den Punkten A,, A,’, À." zum Schnitte; wir wissen, daß auch die Punkte 
A2, Ay‘,A, aut einer Geraden #, liegen. Sind entsprechend 

POP EE 0,25 0:0 0R20N WON 0 
die Gleichungen’ dieser Geraden, so gehört unsere Kurve dem Büschel 
f= PP,P,+400,:0,=0 (4) 
an, 
Es sei 
P,R=4ax+by+o R=%,%+by+ 0. 

Der Kegelschnitt im Büschel (1), für welchen 4 = 0 ist, zerfällt 
hier in die Gerade P = 0 und in eine Gerade p*, deren Gleichung wir 
bekommen, wenn wir im Produkt P,P, die Glieder zweiter Ordnung in 


den Veränderlichen x, y unterdrücken. Diese Gleichung können wir in 
der Form schreiben 


P* =c, poses = 
2 


hd rite anses hein Cm dés ee Eur 


221 


Die Gerade p* ist parallel zur Geraden p von der Gleichung 
P=P,+1DB,=0. 
C3 


Die Gerade gehört dem durch p, und p, festgelegten Büschel an. 
Ziehen wir in diesem Büschel die durch O gehende Gerade #,; ihre 
Gleichung ist 
Gy 
02 


P,—_— P,=9. 
Folglich ist p die zu p, harmonische Gerade inbezug auf ?, und 4. 
Es seien x* und x die Abschnitte der Geraden p* und p auf der 
x-Achse ; ihre Werte sind 


AT a San EEE) 
Ay Cy + Ay Cy Gy Co Ay Cy 
so daB 
PIE 
XF = —x 
À 


Die Gerade * halbiert also die Entfernung der Geraden p vom 
Punkte O. 

Würde die Kurve f = 0 in eine durch O gehende Gerade p und einen 
Kegelschnitt A zerfallen mit den Gleichungen 


ax+bv=0, an + 24apxy + doo? + 203% + 2 43 + Ags = 9, 
so ware mit Riicksicht auf (1) 
by + ty = (a x + Dy) (2 aig % + 2 dog Y + a3) = 0. 
Nun hat die Polare von O inbezug auf h die Gleichung 
Ais À Gag V + Aa = 0: 
Schneidet diese auf der x-Achse die Strecke x und die Gerade 2 a,, x + 
+ 2 des Y + a, = 0 die Strecke x* ab, so ist wieder x* = =e, 


Die Gleichung (4) führt zu dem der Gleichung (1) entsprechenden 
Kegelschnittbiischel, in welchem ein Kegelschnitt in das Geradenpaar 
p p* degeneriert. Analog schließen wir, wenn g die zum Punkte O inbezug 
auf 4 ga harmonische Gerade, und g* die zu g parallele Gerade, welche 
die Entfernung dieser Geraden von O halbiert, bezeichnet, daB das Ge- 
radenpaar g q* gleichfalls ein Element des Büschels (4) darstellt. 
| Es sind also OM,=#*.g, M, —#p.gq* und M,—#p*.gqg* Grund- 

punkte des Büschels (1). Ist ¢ die Tangente der gegebenen Kurve 3. Ordnung 
im Punkte O, so oskuliert der Kegelschnitt durch ©, M,, M,, M,, welcher 
t in O berührt diese Kurve in O. Der Krümmungskreis der Kurve in O 


bo 
bho 
Lo 


wird also als Krümmungskreis des soeben erwähnten Kegelschnitts 
erhalten. 
Dies führt zu der folgenden Konstruktion. 


Hat man die Geraden p, p,, ?, und gq, q,, 9, geeignet festgestellt, . 


so konstruiert man die Polaren p, g von O in bezug auf die Geradenpaare 
Pi Ps, 91 9, und ermittelt für O den Krümmungsmittelpunkt K des Kegel- 
schnittes, welcher ¢ in O berührt und durch die Punkte L=P.g, 
L,—#p.g, L;—#p.q geht; es ist alsdann OK ein Durchmesser des 
Kreises, welcher die Kurve 3. Ordnung im Punkte O oskuliert. 


Da wir jedes von den Geradenpaaren ?, #5, q, 9 durch einen Kegel- 
schnitt ersetzen können, so läßt sich unsere Konstruktion auch, wie folgt, 
modifizieren. 


Durch O ziehen wir zwei Gerade #, g, welche die gegebene Kurve & 
noch in den Punkten 0’, 0’, beziehungsweise A,, A, trifft, wählen noch 
irgend zwei Punkte A,’, A,’ auf k und ermitteln etwa noch den Schnitt 
A,” von A, A,’ mit k. Dann gehören k, ferner die aus den Geraden p,#9, = 
= A,A,’, p, = À, A,’ und die aus der Geraden g und dem durch 0',O”, Ay’, 
A ,"’, A,’ gehenden Kegelschnitt h bestehende Kurve einem Büschel an. Wir 
konstruieren also die Polaren # und g des Punktes O in bezug auf das Geraden- 
paar , p,, beziehungsweise inbezug auf den Kegelschnitt k. Oder nachdem 
wir die Geraden p, g mit den Punkten O’, O” und A,, A, festgelegt haben, 
wählen wir irgend drei Punkte B,, B,, B, auf k, welche mit A, A, 
einen Kegelschnitt (p) und mit O0’, O” einen Kegelschnitt (g) festlegen, 
so daß k, p (p), q (g) drei Kurven 3. Ordnung sind, welche einem Büschel 
angehören. Wir konstruieren nun die Polaren # und g von O inbezug 
auf die Kegelschnitte (p), (9). 


In beiden Fällen werden die Geraden p, qg in gleicher Weise zur — 


Konstruktion des Punktes K verwendet wie früher. 


4. Betrachten wir nun eine allgemeine algebraische Kurve #. Ordnung 
k ın der Umgebung eines gewöhnlichen Punktes P auf ihr. Wir wählen 
diesen Punkt als Anfang, die Tangente in ihm an k als x-Achse eines recht- 
winkeligen Koordinatensystems. Führen wir 2 als homogenisierende 
Veränderliche ein, so hat k die Gleichung 


20 Y 277 + lat 2 Aye HY + Ag y*) 22-2 + U =O, 
worin U eine homogene Funktion n-Ordnung von x, y, z bezeichnet, welche 


inbezug auf z höchstens vom Grade n — 3 ist. 


Die quadratische Polare À, des Punktes P, für den x —0, y —0 
ist, fällt, da U die Veränderlichen x, y in höherer als der zweiten Ordnung 
enthält, mit der quadratischen Polare dieses Punktes inbezug auf die 
Kurve k’ 


(2 dog YZ + Ay H+ 2 Aya % Y + Aggy?) M2 = 0, 


ru ha — 


se" Ta SAIT 


zusammen, welche sich aus dem Kegelschnitt s 


2 dog Ÿ Z + Ay À? + 2 Ay X Y + A2 y? = 0, (5) 


und der (7 —2)fach zu zählenden unendlich fernen Geraden der Ebene 
zusammensetzt. Schneidet irgend eine Gerade durch P diesen Kegelschnitt 
noch in Q, die unendlich ferne Gerade in Q,, und die quadratische Polare 
von P inbezug auf k’ in R, so ist R auch das harmonische Zentrum ersten 
Grades von P inbezug auf die Punktgruppe, die sich aus Q und dem (n — 2)- 
fach zu zählenden Punkt Q,, zusammensetzt. Es ist also 


n — 2 


! 


n—] ] 
PO Sie 


PRESS 

so dßBPR=(n—1)PO ist. 
Es liegt also k, zu s ähnlich für P als Ähnlichkeitspunkt und (n —1) 
als Ähnlichkeitsmodul. Da nun s die Kurve k in P oskuliert, so ist, wenn @ 
den Krümmungshalbmesser von k, und r den von k für den Punkt P be- 


zeichnet, r = en 


LES 


Ist 7; der Krümmungshalbmesser für P der 7-Polare von P inbezug 
auf k, so hat man, da k, auch die quadratische Polare von P inbezug auf 
die i-Polare ist, die Beziehung 


oder wenn man für @ den Wert aus der vorangehenden Gleichung einsetzt, 


DRE | 
n — 1 


= 1; +) 
Daraus ergeben sich von neuem unsere Konstruktionen für die Kurve 
3. Ordnung und analoge fiir irgend eine algebraische Kurve. 

5. Die gewonnenen Ergebnisse lassen eine duale Ubertragung auf al- 
gebraische Kurven n. Klasse zu. Die Gleichung einer solchen Kurve k 
können wir in rechtwinkeligen Koordinaten #, v in der Form schreiben 


Ay 0" + (au +b)er + (au? + Du + co) "+ Ugu® 8 +... + 
pe ae cee Opa ly 8, | 


‚worin U, (J =3,...,k,...m) ein Polynom Z. Grades in # bezeichnet 


Wählen wir eine gewöhnliche Tangente der Kurve als x-Achse eines 
rechtwinkeligen Koordinatensystems, so muß v=o die Gleichung be- 
friedigen, also a, — 0 sein. Die Gleichung des Berührungspunktes P von x 
mit k ist 4% + b, = 0; wählen wir diesen Punkt als Anfangspunkt des 


1) Cf. Zorawski: Über gewisse Eigenschaften der Polaren in Bulletin 
international d. Böhm, Akademie d. Wissensch. 1914. 


224 


Koordinatensystems, so wird a, = 0 und die Gleichung von k läßt sich 
schreiben 
(au? + bu + b,0 ce) o>? 4 Bern... = Ue. 

Aus dieser Gleichung erkennen wir, daB der Kegelschnitt s, welcher 

die Gleichung 
a, & + bo bv 7,0 

hat, die Kurve k im Punkte P oskuliert. : 

Analog dem Vorangehenden finden wir, daß die zweite Polare À, 
der Geraden x die Gleichung hat 

a, uw + bu rn —1)bvoto=0, 

zu der wir auch leicht dadurch gelangen, daB wir die Gleichung der Kurve 
k, deren linke Seite mit F bezeichnet werden möge, durch Einführung 
der Variablen w homogen machen und beachten, daß für v—o die 
Koeffizienten a,, b,, (n — 1) b,, c, beziehungsweise proportional sind den 
Ausdrücken 


2 dv’ dudw’ dvdw ’ 2 wee = — 


0 w? 0 v? Oudv 


ist. 
Nun ist fiir P der Kriimmungshalbmesser 7 von s und also auch 
von k durch die Gleichung 
2 As 


2 
b,, 


y= — 


der Kriimmungshalbmesser @ von k, durch die Gleichung 


ican 2 Go 
At: 


gegeben,!) so daß man die Beziehung erhält 


r= (n— 1) 0. 


Ist 7; der Kriimmungshalbmesser für P der i-Polare von x inbezug auf k, 
so hat man, da k, auch die quadratische Polare von x inbezug auf die 7, Po- 
lare ist, die Beziehung 7; = n—i — 1) 9, so dass 


n—1l 


== = Vi 
$i GY eh 


1St. 

Dadurch gelangen wir wieder zu mannigfaltigen Konstruktionen 
von Krümmungskreisen für algebraische Kurven. Insbesondere folgt 
beispielsweise für eine rationale Kurve dritter Klasse die folgende Kon- 
struktion. 


1) Anmerkung auf S. 2. 


225 


Durch irgend zwei Punkte A, B von x lege man die Tangenten an 
die Kurve, welche ein vollständiges Vierseit bilden, für welches x eine 
Diagonale ist. Ist C die ihr gegenüberliegende Diagonalecke des Vierseits 
und d die Doppeltangente der Kurve, so ist der zu P gehörige Krümmungs- 
halbmesser der Kurve gleich dem doppelten zu P gehörigen Krümmungs- 
halbmesser desjenigen Kegelschnittes, welcher x in P und außerdem 
die Geraden AC, BC, d berührt. 

6. Wir wollen zum Schluß noch den Ort der Krümmungsmittelpunkte 
der Kurven einer Kurvenschar für die Berührungspunkte mit einer Grund- 
tangente der Schar ermitteln. Dieser Ort ist auch, wie sich aus dualen 
Betrachtungen ergibt, der Ort der Krümmungsmittelpunkte "für die 
Kurven einer Kegelschnittschar in den Berührungspunkten mit einer 
Grundtangente. 

Wir wählen diese Grundtangente als x-Achse eines rechtwinkeligen 
Koordinatensystems. Sind A, (x, y:), Ag (%2 Ye), As (%3Y3) die Ecken des 
Dreiecks, welches durch die übrigen Grundtangenten der Schar gebildet 
wird und ist T (£, 0) der Berührungspunkt irgend eines Kegelschnittes k 
der Schar mit x, so ist der Krümmungshalbmesser R von À für T gleich 
dem Vierfachen des Krümmungshalbmessers 7 für den Kegelschnitt, 
welcher x in T berührt und dem Dreieck A, A, A, umgeschrieben ist. Der 
zugehörige Krümmungsmittelpunkt von k hat also die Koordinaten & 
und y = R = 47. Es ist somit die Gleichung (2) hier anwendbar und liefert 


er a 6) Vee 
V1 Vas 44 =| (Xa 9° a8) Yo, Vo | - 
(x3 — 8)%, (xs — €) Vs, Ys" 


Der gesuchte Ort ist mithin eine Parabel 3. Ordnung. 


Bulletin international XXII. 15 


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