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Full text of "Centralblatt der Bauverwaltung"

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CENTRALBLATT 


DER 


BAITVERWALTUNG 


HERAUSGEGEBEN 


MINISTERIUM  DER  ÖFFENTLICHEN  ARBEITEN. 


REDACTEUREs 

OTTO  SARRAZIN  usd  OSKAR  HOSSFELD. 


JAHRGANG  X. 
1890. 


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BERLIN. 


VERLAG  VON  ERNST  &  KORN 

(WILHELM  ERNST). 


Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2018  with  funding  from 
Getty  Research  Institute 


https://archive.org/details/centralblattderb1018unse 


Inhalts -Verzeiclmifs  des  X.  Jahrgangs,  1890 


Seite 

Allerhöchster  Erlafs  vom  30.  December 


der  Kgl.  Bauräthe,  Bauinspectoren, 
Regierungs -Baumeister  und  Eegie- 
rungs  -  Bauführer  der  Allgemeinen 


Bauverwaltung . 17 

—  vom  3.  Mai  1890,  betr.  die  Stellung  der 

teebn.  Hülfsarbeiter  bei  den  Kgl. 

Regierungen  .  .  237 

Circnlar-Erlafs  vom  31.  März  1890,  betr. 
Reisekosten,  Porto- Auslagen  usw. 
bei  staatsseitigen  Enteignungen  .  .  153 

—  vom  6.  April  1890,  betr.  die  Strom¬ 

bereisungen  . 153 


1889,  betr.  die  Uniform  der  Beamten 
der  Staatseisenbahnverwaltung  sowie 


I.  Amtliche  Mittheilungen. 

Seite 

Circiilai'-Erlafs  vom  25.  April  1890,  betr. 
Theater  -  Decorationen  aus  Asbest- 


Gewebe  . 181 

—  vom  2.  Mai  1890,  betr.  die  Rücksicht¬ 

nahme  auf  die  Fischerei  bei  Ausfüh¬ 
rung  von  Strombauten . 201 

—  vom  31.  Mai  1890,  betr.  die  Stellung 

der  technischen  Hülfsarbeiter  bei  den 
Kgl.  Regierungen . 237 

—  vom  28.  Juni  1890,  betr.  die  Revision 

der  zu  Justizzwecken  dienenden 
Miethsgebäude  usw . 293 

—  vom  4.  Juli  1890,  betr.  die  Ueberwei- 

sung  der  Regierungs-Baumeister  an 
die  Bezirks-Regierungen . 293 


Seite 

Circular-Erlafs  vom  27.  Sept.  1890,  betr. 
Anfertigung  v.  Gebäude-Inventarien 
der  Dienstgebäude  durch  die  Staats¬ 
baubeamten  . 441 

Bekauntmachimg-,  betr.  das  Stipendium 

für  Culturtechniker . 9,  537 

—  betr.  die  Gebühren  für  die  Prüfungen 

im  Schiffbau-  u.  Maschinenbaufache 
der  Kaiserl.  Marine  . . 45 

—  betr.  Preis  des  Werkes:  „Brunkow, 

die  Wohnplätze  des  Deutschen 
Reichs“  .  .  .- . 257 

—  betr.  die  Einführung  einheitlicher,  tech¬ 

nischer  Bedingungen  für  die  Liefe¬ 
rung  von  Mineral-Schmieröl  .  .  .  477 


II.  Yerfasser-,  Orts-  und  Sachverzeichnifs. 


Seite 

Aachen,  Grabdenkmal  für  Prof.  Ewerbeek  271 

—  Rathhaus,  Wiederherstellung  .  .  111,  448 
Abbruch  einer  hölzernen  Eisenbahn-Brücke 

während  des  Betriebes . 319 

Abgeordnetenhaus,  Rom, Parlamentspalast  145 

Aborte  in  Kliniken . 40 

Adler,  F.,  Beiträge  zur  Kenntnifs  der 
evangel.  Kirchenbaukunst  d.  Gegen¬ 
wart.  1.  Kirche  in  Athensleben  .  235 

—  —  2.  Pfarrkirche  in  Eydtkuhnen  249,  267 

- 3.  Kirche  in  Atzendorf . 429 

- 4.  Reformirte  Kirche  in  Insterburg  450 

—  —  5.  Kirche  in  Betzin . 541 

Akademie  des  Bauwesens,  Gutachten  betr. 

Berlin,  St.  Johannis-Gemeinde  in 
Moabit,  zweite  Kirche . 181 

—  —  dgl.,  kath.  St.  Sebastianskirche  .  .  385 

—  —  Köln,  Dom-Hotel,  Fa^aden-Entwurf  113 

—  —  dgl.,  St.  Pantaleon,  Wiederherstellg.  309 

- Marggrabowa,  evangel.  Kirche  .  310 

- Strafsburg  i.  E.,  Garnisonkirche  .  393 

— ■  —  Weichsel  u.  Nogat,  Regulirung  der 

Stromverhältnisse . 77 

Alhambra,  Brand  der  A . 452 

Altona,  Hafenerweiterung  u.  Zollanschlufs 

165,  178 

America,  Berichte  d.  techn.  Attaches  .  .  189 

—  Oeffentl.  Bauten,  Ueberwachung ...  28 

—  Eisenbahnen,  Verschmelzung  der  ein¬ 

zelnen  Bahnnetze  ....  .  .  536 

Amsterdam,  Stadttheater,  Brand  dess.  .  84 
Anstrich,  s.  Farben. 

Arbeitsbahnen,  Feldbahnen,  Krupps 

Schienenstofs . 416 

Archiv,  Hannover,  Archiv-  u.  Bibliothek¬ 
gebäude,  Erweiterungsbau  ....  529 

Arppes  Druckwassergestänge  von  Arbeits¬ 
maschinen,  Einschaltung  einer  nicht 
gefrierenden  Flüssigkeit  ....  408 

Artesische  Brunnen,  s.  Brunnen. 

Asbest  -  Gewebe  zu  feuersicheren  Deco¬ 
rationen  und  Podien  ......  181 

Askenasy,  Wasserversorgung  holländ. 

Städte . 54 


Astrophysicalisches  Observatorium,  Pots¬ 
dam,  Kuppelgebäude  zur  photogra¬ 
phischen  Aufnahme  der  Himmels¬ 


karte  . 389 

Athensleben,  Kirche . 235 

Attaches,  technische,  Verzeichnisse  der 

Berichte . 189 

—  —  der  russischen  Regierung  ....  16 

Atzendorf,  Kirche . 429 

Aufnahmen,  Braunschweig,  vom  Demmer- 

schen  Hause . 441 


Seite 

Aufzüge ,  Friedmanns  Fördervorrichtung 

für  Baumaterialien . 380 

Ausbauten,  Gleiberg,  theilweise  A.  der 

Burg  Gl . 20 

— ■  Ulm,  Münsterthurm,  Vollendung  228, 

243,  258,  273,  287 

Ausgrabungen,  Marzabotto(Prov.Bologna), 

A.  einer  etruskischen  Stadt  ...  80 

—  Rom,  ältrömische  Strafsenb rücke.  .  .  28 
- Grabdenkmal  des  Kaisers  Hadrian 

(Engelsburg) . 295 

—  Saida  (Sidon),  makedonische  Königs¬ 

sarkophage  .  329,  526 

—  Troja,  Schliemanns  A.  .  .  .  .  409,  423 

Ausstellungen,  Aachen,  Ewerbecks  künst¬ 
lerischer  Nachlafs .  188,  222 

—  Berlin,  Gartenbau-A . 199 

—  —  Architektur  auf  der  Kunst-A.  306,  317 

—  —  A.  f.  Stein-Strafsenbau- Materialien  92 

—  Frankfurt  a.  M.,  elektrotechnische  A. 

120,  180,  243 

—  Hamburg,  A.  bei  der  Wanderversamm¬ 

lung  des  Verbandes  deutscher  Arch.- 
und  Ing.-Vereine . 188 

—  Rom,  Gewerbe-A . 224 

—  Turin,  Architektur- A.  .  .  .  244,  442,  500 

Ausstellungsgebäude,  Berlin,  Kunstaus¬ 
stellungsgebäude  . 228 

—  Bremen,  nordwestdeutsche  Gewerbe- 

und  Industrie-A . 301,  311 

—  Palermo,  f.  d.  nationale  Ausstellung 

von  1891  .  332 

—  Paris,  A.  der  Weltausstellung  von  1889, 

Umgestaltung  und  Benutzung  ders.  439 
Australien,  Nutzhölzer,  Sammlung  von  N.  15 
Auszeichnungen,  Beyer,  Prof.,  Münster¬ 
baumeister  in  Ulm,  Ehrendoctor  u. 


Ordensverleihung . 280 

—  Fürst  V.  Bismarck,  Adresse  Berliner 

Künstler . 144 

—  Otzen,  Joh.,  Geh.  Reg.-Rath  Prof.,  Er¬ 

nennung  zum  Ehrenmitglied  d.  Royal 
Institute  of  British  Architects  .  .  291 

—  Rieth,  Otto,  Berlin,  Verleihung  der 

Württemberg,  goldenen  Medaille  für 
Kunst  und  Wissenschaft  ....  215 

—  V.  Schmidt,  Wien,  Denkmünze  .  .  228 

—  Dr.  Friedrich  Schneider  in  Mainz, 

Geistl.  Rath,  Ernennung  zum  Ehren¬ 
domherrn  . 291 

—  Zeuner,  Geh.  Rath  Prof.  Dr.,  Dresden, 

Adresse . 215 

—  Berlin,  b.  d.  Kunstausstellung  .  .  .  363 

—  Bremen,  bei  der  nordwestdeutschen 

Gewerbe-  und  Industrie- Ausstellung  415 


Seite 


Auszeicliuuugeu,  Hamburg-Americanische 
Packetfahrt- Actienges.,  Adresse  f. 
dies . 500 

—  München,  b.  d.  Ausstellung  der  bilden¬ 

den  Künste . 327 

—  Turin,  b.  d.  Architektur- Ausstellung  500 

—  Reiseprämien  an  Reg.-Baumeister  und 

Reg.-Bauführer  in  Preufsen  .  .  .  280 
Baccarini,  Alfred,  ehemal.  ital.  Arbeits¬ 
minister  in  Rom  f . 436 

Badeeinrichtungen  in  Kliniken  ....  304 
Baden,  Bauthätigkeit  auf  dem  Gebiete 

des  Hochbaues . 284 

Bäder,  s.  Curhaus. 

Bagger,  s.  a.  Förderkasten. 

—  Büngers  Seilbagger . 52 

—  Graftons  Drehschaufelb . 156 

Bahnhöfe,  Chicago,  Vorschub -B.  .  .  .  244 

—  Frankfurt  a.  M.,  Haupt  -  Personen  -  B. 

Annahme  u.  Abfertig,  d.  Züge  231,  238 

—  Stettin,  Güter-B.  Rohrpost- Anlage  .  .  508 
Bahnwärter,  s.  Eisenbahn-Beamte. 

Baltimore,  Stadtbahn . 400 

Baltzer,  F.,  Neue  städt.  Strafsenunter- 

führungen  beim  Umbau  der  Bahn¬ 
anlagen  in  Köln  .  .  .  467,  477,  502 
Bär,  Josef,  Geh.  Rath,  Direet.  d.  Wasser- 

u.  Strafsenbaues  a.D.  in  Karlsruhe  f  348 
Barthelmefs’  Hemmschuh  für  den  Ver- 

schubdienst . 262 


Baudenkmäler,  Magdeburg,  Aufnahmen 

482,  526,  535 

—  Rom,  Grabdenkmal  d.  Kaisers  Hadrian  295 
Bauführung,  mittelalterl.  B.  beim  Bau  der 

Kirche  des  heil.  Victor  in  Xanten  13 
Baugeschichte,  Stil-Betrachtungen  .  .  .  365 

—  Trier,  Porta  nigra .  505,  519 

Baukosten,  s.  Bauthätigkeit. 
Baumaterialien,  Vereinbarung  einheitl. 

Prüfungsverfahren .  348,  438 

Baupolizei,  Deutsches  Reich,  Bestim¬ 
mungen  über  die  Anlegung,  Ge¬ 
nehmigung,  Prüfung  und  Revision 

von  Dampfkesseln .  435,  448 

—  New-Yorks .  532,  537 

Bauschinger,  die  deutschen  natürlichen 

Bausteine  in  Bezug  auf  ihre  Festig¬ 
keit  usw . 72 

—  Versuche  über  die  Frostbeständigkeit 

natürl.  u.  künstl.  Bausteine  .  319,  363 
Bausteine,  s.  Steine. 

Baustil,  Stil-Betrachtungen . 365 

Bauthätigkeit,  Baden,  auf  dem  Gebiete 

des  Hochbaues . 284 

—  Preufsen,  Hochbauten  1889  .  .  .  526 


Centralblatt  der  Baiiverwaltnng. 


1890. 


Seite 

Bautliätig’keit,  Preufsen,  Hochbauten,  Aus¬ 
führungskosten  . 161,  473 

—  —  Wasserbauten  1880  bis  1890  .  .  .  485 
Beamte^  s.  a.  Eisenbahnbeamte. 

—  Baubeamte,  Unterstützung  der  Hinter¬ 

bliebenen  von  B . 256 

—  Deutsches  Reich,  Baubeamte  d.  Kaiserl. 

Marine,  Vorschiäften  über  die  Aus¬ 
bildung,  Prüfung  u.  Anstellung  im 
Schiff bau-u.Maschinenbaufach  42, 45,  51 
- Baubeamte,  Erhöhung  der  Gehälter  248 

—  Düsseldorf,  städt.  Bauverwaltung,  Um¬ 


gestaltung  . 188 

—  Preufsen,  Anzug  b.  Besuchen  d.  Kaisers 

in  Galerieen  usw . 187 

- Baubeämte,  Reisekosten,  Porto-Aus¬ 
lagen  usw.  bei  Enteignungen  .  .  .  153 


- B.  der  Strombauverwaltung,  Theil- 

nahme  an  den  Strombereisungen  .  153 
- - Baubeamte,  Uniform  d.  B.  d.  Staats¬ 
eisenbahnverwaltung  sowie  der  Kgl. 
Bauräthe,  Bauinspectoren, Reg.-Bau- 
meister  u.  Reg.-Bauführer  d.  Allgem. 


Bauverwaltung . 17 

• - Bauinspectoren,  Gehaltsverbesser.  .  171 

- dgl.,  Vermehrung  der  Stellen  bei  der 

Eisenbahnverw.,  .der  allg.  Bauverw. 
und  der  landwirth.  Verwaltung  .  .  27 

- techn.  Hülfsarbeiter  bei  den  Kgl.  Re¬ 
gierungen,  Stellung  ders.  .  .  237,  243 

—  —  Reg.-Baumeister,  Ueberweisung  an 

die  Bezirks-Regierungen  ....  293 

- Reg.-Bauführer  d.Ingenieurbaufachs, 

Beschäftigung  bei  Eisenbahn-Vor¬ 
arbeiten  . 51 

—  städt.  Baubeamte  (Rheinland) ....  188 

—  Strafsburg,  Dombaumeister . 111 

—  Türkei,  deutsche  Techniker  in  türk. 

Dienst . 52 

Beecliers  Tunnelbauteu  unter  Wasser 

mittels  keilförmiger  Stirnwand  .  .  416 

Beleuchtung,  s.  a.  Candelaber,  Rohr¬ 
leitungen. 

—  Unterbringung  der  Leitungen  im  grofs- 

städt.  Strafsenbau  .  .  .  353,  375,  386 

—  elektr.  Locomotiv- Kopflaterne  .  .  .  436 
Beltrami,  Luca,  Die  italien.  Architektur- 

Ausstellung  in  Turin . 442 

Bergius,  Canalanlage  von  Ulefos  nach 
Strengen  in  Norwegen  (Bandak- 

Nordsjö- Canal) . 276 

Berieselung,  Rieselwasser -Teiche,  Fisch¬ 
zucht  . 544 

Berlepsch,  Prof.  Rud.  Gottgetreu  f  •  236 
Berlin,  Ausgaben  der  Stadt  B.  für  bau¬ 
liche  Zwecke  1890/91  170 

—  Ausstellungsgebäude,  Kunst- A.  .  .  .  228 

—  Bildhauer -Werkstatt  für  Monumental- 

Bildwerke . 423 

—  Brücken,  Kaiser  Wilhelm -Br.,  Bau¬ 

geschichtliches  . 97,  110 

—  Bundesschiefsen,  Bauten  auf  dem  Fest¬ 

platz  . 281 

—  Denkmäler,  Kaiser  Wilhelm- D.  215, 

242,  245,  280,  380 

—  —  Lessing -D . 435 

—  Fernsprechleitungen,  unterirdische  .  .  483 

—  Grunewald,  Villencolonie . 7 

—  Kirchen,  neue  Kirchenbauten  ....  144 
- für  die  St.  Johannis -Gemeinde  in 

Moabit,  zweite  K . 181 

- Kaiser  Wilhelm-Gedächtnifs-K.  476,  517 

- kathol.  St.  Sebastians-K . 385 

—  Monopol-Hotel . 47 

—  Reichstagsgebäude  ......  .  .  541 

—  Schiffahrts -Verkehr . 123 


Beton,  s.  a.  Concret. 

—  Herstellung  grofser  Betonbetten  unter 

Wasser . 5 

—  Stampfb.  f.  Zwischendecken  ....  103 
Betonbauten,  s.  Cem enthäuten. 

Betzin  (Reg.-Bez.  Potsdam),  Kirche  .  .  541 
Bibliotheken,  Hannover,  Archiv  und  Bi¬ 
bliothek,  Erweiterungsbau  ....  529 
Bildhauer -Werkstatt,  Berlin,  für  Monu¬ 
mental -Bildwerke  . 423 

Bildwerke,  Osnabrück,  am  Rathhaus  460,  472 
V.  Bismarck,  Fürst,  Adresse  seitens  Ber¬ 
liner  Künstler . 144 

Blacks  selbstthätiges  Blocksystem  .  .  .  206 


Seite 

Blitzableiter,  Anschlufs  an  Gas-  und 

Wasserrohre . 350 

Blum,  A.,  Ueber  die  Trockenlegung  nasser 

Tunnelgewölbe  u.  Widerlager  421,  430 

—  Theorie  d.  Tarifbildung  d.  Eisenbahnen 

von  W.  Launhardt  (Bücherschau)  .  509 
Bodenfeuchtigkeit,  Einflufs  des  Waldes 

auf  die  B .  433,  472 

Bogenträger,  Zweigelenkbogen,  Berech¬ 
nung  dess .  254,  294 

Bohrmaschinen,  Betriebsergebnisse  im 

Mansfelder  Kupferschiefer-Bergbau  343 
Boje  mit  unauslöschbarem  Licht  .  .  .  463 

Bonn,  Gymnasium,  Neubau . 131 

Boston,  Höherlegung  eines  Häuserblocks  300 
Brahe,  Wasserbauten  an  der  Br.  von  1880 

bis  1890  493 

Brände,  Alhambra . 4.52 

—  Amsterdam,  Stadttheater . 84 

—  Glogau,  Br.  des  Ponton -Wagenhauses, 

Verhalten  der  Brandmauerthüren  .  371 

—  Magdeburg,  Wirkung  von  Feuerlösch¬ 

granaten  .  207,  291 

—  Wandsbeck,  Spritfabrik,  Verhalten  von 

Monier-Decken . 164 

—  Zürich,  Theater . 16 

Brünier,  Dr.,  Sicherung  eines  Eisenbahn¬ 
dammes  durch  Entwässerungsstollen  60 

—  Ziegelsteingewölbe  aus  verzahnt. Ringen  263 

Braunfels,  Amtsgericht . 461 

Braunschweig,  Demrnersches  Haus,  Wie¬ 
derherstellung  . 441 

Brauweiler,  Altes  und  neues  über  die 

Porta  nigra  in  Trier  ....  505,  519 
Bremen,  Ausstellungsgebäude  der  nord¬ 
westdeutschen  Gewerbe-  u.  Industrie- 

Ausstellung  . 301,  311 

Bremsen,  s.  Eisenbahn -Fahrzeuge. 
Bremsschuh,  Barthelmefs’  B.  im  Eisenb.- 

Verschubdienst . 262 

Brennecke,  L.,  Herstellung  grofser  Beton¬ 
betten  unter  Wasser . 5 

—  Träger  mit  frei  schwebenden  Stütz¬ 

punkten  . 121 

—  Mangelhafte  Vorrichtungen  und  Vor¬ 

schriften  bei  der  Prefsluftgründung  446 
Brentano,  Giuseppe,  Architekt  in  Mai¬ 
land  t . 

Breslau,  Brücken,  Dom-Br.,  Eröffnung  .  280 

—  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  171,  179,  203,  215 

—  Maria  Magdalenenkirche,  Wiederaufbau 

des  Nordthurms . 198 

Brettmann,  Geschwindigkeits  -  Uhr  für 

Locomotiven . 279 

Brücken,  s.  a.  Gewölbe. 

—  Pi-eufsen,  Brückenbauten  von  1880  bis 

1890  .  485 


—  Weitgespannte  Strom-  u.  Thal-Br.  der 

Neuzeit  .  .  357,  366,  376,  383,  391,  407 

—  Doppelfachwerkträger,  Anordnung  der 

Wandglieder  in  d.  Endfeldern  der  D.  190 

—  eiserne  B.,  Durchbieg.  u.  Tragfähigkeit  63 

—  dgl.,  Durchbiegungsmessungen  und  Ein¬ 

flufs  der  Fahrgeschwindigkeit  auf 


die  Beanspruchung  e.  Br.  317,  400,  432 

—  dgl.,  Fahrbahn,  wasserdichte,  schall¬ 

dämpfende  F.  eisern.  Eisenbahn-Br.  454 

—  Schienenbefestigung  auf  eisernen  Br.  .  248 

—  Träger  mit  frei  schwebenden  Stütz¬ 

punkten  . 121 

—  Zweigelenkbogen,  Berechn,  dess.  254,  294 

—  hölzerne  Eisenbahn-Br.,  Ersatz  wäh¬ 

rend  des  Betriebes . 319 

—  Drahtseil-Hängebrücken  in  Frankreich  377 

- in  New-York,  East-River-Br.,  Eisen¬ 
bahn-Betrieb  . 196 


- dgl.,  Hudson- (North-River-)  Br.  272,  390 

—  Hängebrücken,  Point-Hängebr.  in  Pitts¬ 

burgh  über  den  Monongahela  .  .  378 

—  Monier-Gewölbe  für  Strafsen-Br.  15,  340 

—  zerlegbare  eiserne  Br.  nach  Henry, 

Fives-Lille,  Marcille . 297 

—  Berlin,  Kaiser  Wilhelm -Strafsen-Br., 

Gasexplosion . 119 

- dgl..  Baugeschichtliches  ...  97.  110 

—  Breslau,  Dom-Br.,  Eröffnung  ....  280 

—  Colorado-Br . 383 

—  Dir  schau,  neue  Weichsel-Br.  323,  333, 

345,  350_,  471 

—  Donau-Br.  der  rumän.  Staatsbahn  bei 

Cernavoda .  175,  384,  448 


Seite 


Brücken,  Fordon,  Weichsel-Br . 471 

—  Forth-Br.,  Eröffnung . 84,  112 

—  —  Messungen  des  Winddrucks  ...  45 

—  Indien,  Ausleger-Br . 512 

—  Köln,  Strafsenunterführungen  d.  neuen 


—  Marienburg,  Nogat-Br . 471 

—  Mississippi-Br.  bei  St.  Louis,  Aufstel¬ 

lung  ders . 370 

—  Mühlhausener  Br.  und  Cervenna  -  Br. 

(Eisenb.  Tabor -Pisek)  .  .  76,  85,  102 

—  New-York,  East-River-Br.,  Verstärkung 

des  Eisenbahn-Betriebes  .....  196 
- Hudson- (North-River-)  Br.  .  .  272,  390 

—  Noce-Schlucht-Br . 220 

—  Ohio-Br.  der  Cincinnati-Südbahn  .  .  367 

—  St.  Petersburg,  Entwürfe  f.  d.  Troizkij- 

und  Palais-Br . 121 

—  Prag,  Karls-Br.,  Einsturz  .  .  .  402,  420 

—  Rhein-Br.  bei  Griethausen . 359 

—  Rom,  altrömische  Strafsenbrücke,  Aus¬ 

grabung  . 28 

Brunnen,  Artesische  Br.  des  Jamesflufs- 

Thales  (America) . 272 

Brüssel  als  Seehafen . 207 

Bücherschau,  Bauschinger,  Versuch 
über  die  Prostbeständigkeit  natürl. 
und  künstlicher  Bausteine  ....  290 

—  V.  Behr,  Führer  durch  Hildesheim  und 

Umgebung . 72 

—  Beissel,  Stephan,  Die  Bauführung  des 

Mittelalters . 13 

—  Ben  necke,  R.,  Tabellen  der  Inhalte 

der  Damm-  und  Einschuittsprofile  .  392 
— •  Borgatti,  Mariano, Castel Sant’ Angelo 

in  Roma . 295 

—  Böttger,  Ludw.,  Bau-  und  Kunst¬ 

denkmäler  des  Regierungsbezirks 
Köslin,  Heft  H  .  436 

—  Bötticher,  E. ,  Hissarlik,  wie  es  ist 

409  423 

—  Breme,  H.,  182  Tafeln  für  graph. 

Berechnung  der  Wassermengen  .  .  96 

—  Brunkow,  Wohnplätze  des  Deutschen 

Reiches  (Preisfestsetzung)  .  .  .  .  257 

—  Cattaneo,  R.,  L’architettura  in  Italia 

dal  secolo  all  mille  circa  .  .  .  244 

—  Dom  in  Köln,  Kupferlichtdrucke  .  .  527 

—  Ewerbeck,  Fr.,  Die  Renaissance  in 

Belgien  und  Holland . 360 

—  Fischer,  Ernst,  Zeichen-Vorlagen  aus 

dem  Gebiete  der  Stereotomie .  .  .  436 

—  Frais  sin  et,  E.,  Landwirthschaftliche 

Meliorationen  und  AVasserwirth- 
schaft . 372 

—  Fritsch,  K.  E.  0.,  Die  neue  Synagoge 

in  München  von  Albert  Schmidt.  216 

—  Galland,  Dr.  Georg,  Geschichte  der 

holländ.  Baukunst  u.  Bildnerei  .  .  80 

—  Gerssewanow,  Allgemeine  Begriffe 

über  die  Hafenbauten . 266 

—  Gur  litt,  C.,  Kunst  und  Künstler  am 

Vorabend  der  Reformation.  .  .  .  472 


Hamburg  und  seine  Bauten  .  .  72,  356 

Handbuch  der  Architektur,  II.  Theil, 
4.Band,  l.Heft:  Die  Kriegs baukunst, 
von  Dr.  A.  v.  Essenwein  ....  117 

—  1.  Band,  2.  Hälfte:  Landsberg, 
Statik  der  Hochbau-Constructionen  200 

Handbuch  der  Baukunde,  Abth.  IH; 
Baukunde  des  Ingenieurs,  Heft  2: 

Der  Wasserbau,  von  L.  Franzius  104 

—  Heft  3:  Städtisches  Strafsenwesen  u. 
Städtereinigung  v.  R.  Baumeister  440 

Hehne,  W.,  Eiserne  Träger  u.  Säulen  500 
Hilgers,  E.,  Bauunterhaltung  in  Haus 

und  Hof,  5.  Aufl . 292 

Hilse,  Dr.  K.,  Schutzbedürfnifs  der 
Pferdebahnen  im  Strafrechtsgebiete  372 

Hirths  Formenschatz . 172 

Issel,  H.,  Wandtäfelungen  und  Holz¬ 
decken  . 84 

Kalender  für  Eisenbahn  -  Techniker. 
Begr.  V.  Edm.  Heusinger  v.  Waldegg. 
Neubearbeitet  von  A.  W.  Meyer  . 
Kalender  für  Maschinen-  und  Hütten¬ 
techniker  von  P.  Stühlen.  Heraus¬ 
gegeben  von  Friedr.  Bode  .  . 

Kalender  für  Strafsen-  u.  Wasserbau- 
und  Cultur  -  Ingenieure.  Bearbeitet 
von  A.  Reinhard  ........  476 


476 


476 


1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Seite 


Bücherschau,  Koechlin,  Maurice,  Appli¬ 
cations  de  la  statique  graphique  .  55 
—  Korber,  W.,  Der  Wettstreit  der  Bau¬ 
stile  . 159 


—  Kraft,  M.,  Die  Sicherheits-  u.  Wohl¬ 

fahrtseinrichtungen  aufd.  Jubiläums- 
Gewerbeausstellung  in  Wien  1888  .  56 

—  Krauth,  Th.,  u.  Meyer,  Pr.  Sales, 

Das  Schreinerbuch,  I.  Bd  ;  Krauth, 

Die  gesamte  Bauschreinerei  .  .  328 

—  Krieg,  Dr.  M.,  Die  elektrischen  Mo¬ 

toren  . .  400,  440 

—  Lambert,  A.,  u.  Stahl,  E.,  Motive 

der  deutschen  Architektur  ....  420 

—  Landriani,  G. ,  La  Basilica  Ambro- 

siana  fino  alla  sua  trasformazione 
in  chiesa  lombarda  a  volte  .  .  .  244 

—  Landsberg,  Statik  der  Hochbau- 

constructionen . 200 

—  Launhardt,  W.,  Theorie  der  Tarif¬ 

bildung  der  Eisenbahnen  ....  509 

—  Ledebur,  A.,  Versuche  über  die  Beiz- 

und  Rostsprödigkeit  des  Eisens  und 


Stahls.  Aus  den  Mittheil.  a.  d.  Kgl. 
techn.  Versuchsanstalten  in  Berlin 
1890  • . 235 

—  Lehfeldt,  Dr.  P. ,  Bau-  und  Kunst¬ 

denkmäler  Thüringens,  Heft  II  bis  VI  : 
Amtsgerichtsbeziike  Roda,  Kahla, 
Eisenberg,  Frankenhausen  u.  Schlot¬ 
heim,  Saalfeld . 161 

—  L  i  g  o  w  s  k  i ,  Dr.W.,  Tafeln  der  Hyp  erbel- 

functionen  und  der  Kreisfunctionen  208 

—  Lipperheide,  Frieda,  Die  decorative 

Kunststickerei . 500 

—  Lübke,  W.,  u.  V.  Lützow,  K.,  Denk¬ 

mäler  der  Kunst . 436 

—  Magdeburger  Baudenkmäler  482,  526,  535 

—  zur  M  ege  de,  Wie  fertigt  man  tech¬ 

nische  Zeichnungen? . 280 

—  Merl,  F.,  Neue  Theorie  der  Boden¬ 

entwässerung  . 364 

—  Meurer,  M.,  Das  Studium  der  Natur¬ 

formen  an  kunstgewerbl.  Schulen  .  245 

—  V.  Morlok,  G.,  Die  Königl.  württem- 

bergischen  Staatseisenbahnen  .  .  453 


—  Paukert,  Fr.,  Die  Zimmergothik  in 

Deutsch-Tirol.  II.  Das  Etschthal  .  440 

—  Raschdorff,  J.  C.,  Baukunst  der  Re¬ 


naissance.  Entwürfe  von  Studiren- 
den  d.  techn.  Hochschule  in  Berlin. 

IV.  Jahrg . 527 

—  Rauscher,  Der  Bau  steinerner  Wendel¬ 

treppen  . 8 

—  Rembrandt  als  Erzieher . 322 

—  Rheinstrom,  der,  und  seine  wichtigsten 

Nebenflüsse . 234 

—  Riedler,  A.,  Die  Kraftversorgung  von 

Paris  durch  Druckluft  ...  49,  61 

—  Ritter,  Lorenz  u.  Paul  R.,  Radirung 

vom  Inneren  der  Lorenzkirche  in 
Nürnberg . 527 

—  Ritter,  W.,  Anwendung,  d.  graphisch. 

Statik.  Zweiter Theii:  Das  Pachwerk  528 

—  Roll,  Vict.,  Dr.,  Encyklopädie  des  ge¬ 

samten  Eisenbahnwesens,  1.  Bd. .  .  50 

—  Rudeloff,  M.,  Bericht  über  ausge¬ 

führte  Holzuntersuchungen.  Aus  d. 
Mittheil.  a.  d.  Kgl.  techn.  Versuchs¬ 
anstalten  in  Berlin,  Jahrg.  1889  .  .  219 

—  Sarrazin,  0.,  und  Oberbeck,  H., 

Taschenbuch  zum  Abstecken  von 

Kreisbögen,  5.  Aufl . 528 

■ —  Schar  owsky,  C.,  Säulen  und  Träger, 
Tabellen  über  die  Tragfähigkeit 

eiserner  S.  u.  T . 384 

- Widerstandsmomente  und  Gewichte 

genieteter  Träger . 392 

—  Schmidt,  Albert,  Die  neue  Synagoge 

in  München,  erläutert  von  K.  E.  0. 
Fritsch . 216 

—  Schönermark,  Gust.,  Die  Architektur 

der  Hannoverschen  Schule ....  300 

—  Sembrzycki,  Joh.,  Die  Marienburg 

unter  polnischer  Herrschaft  .  .  .  183 

—  V.  Stegmann  ji.  v.  Geymüller,  Die 

Architektur  der  Renaissance  in  Tos¬ 
cana,  Lief.  III— VII . 95 

—  Ungewitter,  G.,  Lehrbuch  der  gothi- 

schen  Constructionen.  3.  Aufl.  Neu¬ 
bearbeitet  von  K.  Mohrmann  .  .  .  415 


Seite 

Büclierschaii ,  Sy  mph  er,  Karte  des 
Verkehrs  auf  deutschen  Wasser- 

strafsen  1885  .  41 

— ■  V.  Waltenhofen,  Ueber  Blitzableiter  236 

—  Zeitschrift  für  Bauwesen,  Inhalt  44, 

152,  308,  448 

—  Zimmermann,  Dr.  H.,  Rechentafel  .  20 

—  Verzeichnisse  neu  erschienener  Bücher 

96,  200,  320,  504,  516 
Büchner,  Ludwig,  Ober -Baurath  in  Mei¬ 


ningen  t . 

Büngers  Seilbagger . 52 

Burgen,  B.  Gleiberg . 20 

—  Troja,  Schliemanns  Ausgrabungen  409,  423 
Busley,  Die  neueren  Schnelldampfer  der 

Handels-  und  Kriegsmarine  .  395,  407 

Calais,  Hafenanlagen,  neue . 68 

Canäle,  Berlin,  Seecanal  nach  B.  .  .  9,  24 

—  Brüssel,  Seecanal  nach  Br . 207 

—  Dortmund-Ems-C.,  Einrichtung  d.  Bau¬ 

verwaltung  . 535 

— •  Forth-  und  Clyde-C . 500 

—  Italien,  Pläne  für  Seecanäle  ....  8 

—  Oder-Spree-C.,  Preisbewerbung  für  ein 


- Versuche  üb.  d.  Fortbewegung  von 

Schiffen  durch  Maschinenkraft  .  .  27 

—  Panama-C .  239,  254 

—  Preufsens  C.  von  1880  bis  1890  .  .  .  485 

—  Rom,  Seecanal . 58 

—  Strafsburg-Ludwigshafen  105,  113,  128, 

133,  140 

—  Suez-C.,  elektr.  Beleuchtung  ....  535 

—  Ulefos- Strengen  (Bandak-Nordsjö-C.) 

in  Norwegen . 276 

Canalisatioii,  s.  a.  Entwässerung. 

—  Charlottenburg,  Betriebs-Eröffnung  .  428 


Caualisirimg,  Preufsen,  C.  der  preufs. 

Ströme  1880  bis  1890  485 

—  Klappenwehre  bei  C.  von  Flufsstrecken 

mit  schnellem  Wasserwechsel  185,  203 

—  Fulda-C.  von  Münden  bis  Cassel  .  .  171 

Caiidelaber,  Tillmanns’  C.  aus  schrauben¬ 
förmig  gewundenem  Blech .  .  .  .  456 

Carios  Feuerung  mit  rauchfreier  Ver¬ 
brennung  . 93 

Carros  Rollklappen  wehr . 211 

Cassel,  Canalisirung  der  Fulda  ....  171 

—  Schwesternhaus  zum  Rothen  Kreuz  .  .  1 

Cemeut,  s.  a.  Concret. 

—  Puzzolan-,  Portland-  u.  Roman-Cement 

vergleichende  Untersuchung  .  .  .  539 

—  Schlacken-C . 510 

—  Treiben  der  C.,  Ursachen . 199 


Cenieiitbauten,  Monierbauten,  Berechnung  267 

—  Monier-Bögen,  Versuche  mit  dens.  15, 

340,  543 

—  Monier -Decken,  Verhalten  bei  einem 

Brande . .  •  164 

Cementprüfimgen  an  der  Prüfungs-Station 

in  Berlin . 427 

—  Puzzolan-,  Portland-  und  Roman-Ce- 

mente,  vergleichende  Untersuchung  539 
Cernavoda,  Donaubrücke  der  rumän. 

Staatsbahn .  175,  384,  448 

Cliarlottenburg,  Canalisations- Eröffnung  428 

—  Mausoleum-Umbau . 229 

—  Miethshäuserfronten . 173 

Chemnitz,  Wasserversorgung,  Thalsperre  471 

Chicago,  Verschub-Bahnhof . 244 

Cobleuz,  Dominicanerkirche  .  .  .  126,  143 
T.  Cohausen,  Die  Kriegsbaukunst  (I.  Heft) 

von  Dr.  A.  v.  Essenwein  (Bücher¬ 
schau)  . 117 

Colberg,  St.  Marien-Domkirche  .  .  73,  90 

—  „Strandschlofs“ .  347,  394 

Colbergermüiide,  Hafenbauten  von  1880 

bis  1890  .498 

Compressoren,  s.  Druckluft-Maschi¬ 
nen. 

Concret-Dachziegel  v.  Jörgensen  u.  Kah- 

land . 326 

Concurrenzen,  s.  Preisbewerbungen. 
Congress,  s.  Vereine  und  Versamm¬ 
lungen. 

Constantinopel,  Museum,  makedonische 

Königssarkophage .  329,  526 

MeCoys,  Prefsluft  -  Werkzeug  für  Stein¬ 
metz-Arbeiten  . 417 

Crefeld,  Hauseinsturz . 347 


Curhaus,  Colberg,  „Strandschlofs“  .  347,  394 
Bachdeckung,  Keims  Eindeckung  mit 

biegsamen  Materialien . 72 . 

Dächer,  Falzziegeldach,  Neigungswinkel 

und  Dachverband . 103 

—  Wellblech-D.,  Verbesserungen  an  dens.  370 

Dachziegel,  Concret-Dachziegel  von  Jör¬ 
gensen  u.  Kahland . 326 

—  Dachpfannen  und  Falzziegel,  Einheits- 

mafse . 103 

Dammbruch,  s.  Thalsperren. 
Dammschütiungen ,  Entwässerung  von 

Rutschflächen  unter  D . 60 

Dampfkessel,  s.  a.  Feuerungsanlagen. 

—  Neue  Bestimmungen  über  die  An¬ 

legung,  Genehmigung  und  Prüfung 

von  D .  4.35,  448 

Dampfschifle,  Schnelldampfer,  neuere,  der 

Handels-  und  Kriegsmarine  .  395,  407 
Dampfwalzen,  s.  Strafsenwalzen. 

Decken,  D. -Einsturz  im  Museum  in  Leipzig  483 


—  Eisen  und  Holz  zu  D.,  Vergleich  .  .  30 

—  Eisenbalken -D.  mit  Macks  Gipsdielen  65 

—  Monier-D.,  Verhalten  bei  einem  Brande  164 

—  Stampfbeton-D . 103 

Dehnhardt,  Feste  Strafsen- Flaggenmast¬ 
halter  . 213 

Denkmäler,  s.  a.  Baudenkmäler. 

. —  Aachen,  Grab-D.  für  Professor  Ewer¬ 
beck  . 271 


—  Berlin,  Kaiser  Wilhelm -D.  215,  242, 

245,  280,  380 

- Lessing-D . 435 

—  Breslau,  Kaiser  Wilhelm -D.  171,  179, 

203  215 

—  Dresden,  Semper-D . 18o',  349 

—  Indianapolis,  Krieger-D . 243 

—  Kyffhäuser,  Kaiser  Wilhelm-D.  84,  267, 

284,  318,  428 

—  Rheinland,  Kaiser  Wilhelm-D.,  Preis¬ 

bewerbung  187,  198,  210,  225,  240, 

252,  260,  508,  530 

—  Westfalen,  Kaiser  Wilhelm-D.  der 

Provinz  W.  56,  280,  300,  347,  363, 

371,  388,  397 

Deutsches  Reich,  s.  a.  Beamte. 

—  Bürgerliches  Gesetzbuch,  baurecht¬ 

liche  Bestimmungen . 350 

—  Dampfkessel- Anlagen,  Bestimmungen 

über  Anlegung,  Genehmigung,  und 
Prüfung  von  D.  .....  435,  448 

—  Gesetzliche  Bestimmungen  über  die 

Breite  der  Radfelgen  und  die  Lade¬ 
gewichte  der  Fuhrwerke  ....  191 

—  Haushalts-Etats  f.  1890/91.  HI.  Nachtr.  288 

—  Haushalts-Etats  für  1891/92  .  .  513,  521 
. —  Patentgesetz,  das  Bauwesen  und  die 

Neufassung  des  Patentgesetzes  .  .  457 
Diaconissenhaus,  s.  Schwesternhaus. 
Dickertmaiins  Querverbindung  für  Lang- 

schwellen-Oberbau  aus  alt.  Schienen  536 
Dienstwohiihaus ,  Hameln,  f.  d.  Wasser¬ 
baubeamten  . 411 

Dirschau,  Weichselbrücke,  neue  323,  333, 

345,  350,  471 

Dolbergs  Heblade . 464 

Donau,  SchifPahrtshindernisse  a.  „Eisernen 

Thor“,  Beseitigung . 23 

Doergens,  E.,  Neuere  Horizontir-  und 
Centrirvorrichtungen  f.  geodätische 

Instrumente . 81 

Dortmund -Ems -Canal,  Einrichtung  der 

Bauverwaltung . 535 

Drahtzugschranke,  s.  Eisenbahn¬ 
schranke. 

Dresden,  Semper-Denkmal  ....  180,  349 
Druckluftleitungen,  s.  Rohrleitungen. 
Druckluft-Maschinen,  Ventil  für  D.-M.  .  544 
Druckluftversorguug,  Paris,  .  .  49,  61 

Druckluft- Werkzeug,  MeCoys  D.-W.  für 

Steinmetz- Arbeiten . 417 

Drnckwasserleitungen,  s.  Rohrleitun¬ 
gen. 

Druckwasser -Masclünen,  Arppes  Ein¬ 
schaltung  nicht  gefrierender  Flüssig¬ 
keit  in  das  Druckwassergestänge  .  408 
Druckwasserversorgung,  London  ...  84 
Durchbiegung  eiserner  Brücken,  Einflufs 

der  Fahrgeschwindigkeit  317,  400,  432 

—  Messung  der  D.  zur  Beurtheilung  der 

Tragfähigkeit . 63 


1890 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Darm,  Dr.  J. ,  Freilegung  und  Wieder¬ 
herstellung  des  Freiburger  jMünsters 

—  Die  makedonischen  Köiiigssarkophage 

—  Zum  Kampf  um  Troja  ....  409, 

DUsiiig,  Brüssel  als  Seehafen . 

Düsseldorf,  s.  a.  Preisbewerbungen. 

—  städt.  Bauverwalt.,  Umgestaltung  ders. 

Eherinayer,  Einflufs  d.  Waldes  auf  Boden¬ 
feuchtigkeit  u.  Sickerwassermengen 

Ehlers  Anordnung  der  Wandglieder  in  den 
Endfeldern  der  Doppelfachwerk- 
träffer . 


Seite 

2G9 

329 

423 

207 

188 

433 


402, 


Eiffel-Thnrin,  Paris,  Windbeobachtungen 
Einheitszeit  für  Deutschland . 

—  im  Eisenbahn-Betriebe . 

Eiuseukung,  s.  Durchbiegung,  Eisen- 

constructionen. 

Einsturz,  Crefeld,  Hauseinsturz 

—  Leipzig,  Museum,  Decken-E. 

—  Prag,  E.  der  Karlsbrücke  . 

Eisen  im  Hochbau,  Verwendung 

—  Blasen,  Auffindung  v.  Bl.  . 

—  Beizbrüchigkeit,  Versuche  über  die  B. 
Eisenbahnen  (Wirthschafts-,  Gruben-,  Feld- 

und  Waldbahnen),  s.  a.  Arbeits¬ 
bahn  en. 

■ —  America,  Verschmelzung  der  einzelnen 
Eisenb. -Netze . 

—  Baltimore,  Stadtbahn . 

—  Deutschland,  Rechtsfahren . 

- Statistik  für  1888/89  . 

—  England,  Aufserbetriebsetzung  von  Eil- 

zügen  . 

- von  der  Südküste  über  London  nach 

dem  mittelenglischen  Industriegebiet 

- Westbahn,  Beseitigung  der  weiten 

S2Jur . 

—  Köln,  neue  Bahnanlagen,  Strafsenunter- 

führungen .  467,  477, 

—  London,  Untergrundbahn  in  Röhren¬ 

tunnel,  elektr.  Betrieb . 

- Central -London -Bahn . 

—  Pilatusbahn . 

—  Preufsen,  Erweiterung  d.  E.-Netzes  u. 

Anlage  neuer  Nebenbahnen  70,  79, 

—  Siam,  Bauarbeiten . 

—  Tabor-Pisek,  Viaducte  .  .  .76,  85, 

—  Wladikawkas -Tiflis  (Kaukasus -Ueber- 

.gaHg)  •  •  •  :  . 

—  Württemberg,  Entwicklung  d.  Staats-E. 
Eiseiibalmeu  uutergcordueterBedeutujig, 

Preufsen,  neue  E.  u.  B.  .  .  70,  79, 
Eisenbahn -Beamte,  Bahnwärter,  Aus¬ 
rüstung  ders.  auf  Haupt-  u.  Neben¬ 
bahnen  . 

Eisenbahn -Betrieb,  s.  a.  Eisenbahn- 
Signale. 

—  Mafsnahmen  zur  Erhöhung  der  Sicher¬ 

heit  des  E.-B . 

—  America,  Verein  der  Eisenbahnwagen¬ 

bauer  (Master  Car  builder  associa- 
tion)  Wirksamkeit  dess . 

—  Blockirung  und  Weichenstellung  vom 

Zuge  aus  von  Parson . 

—  Einheitszeit  im  E.-B . 

—  Fahrgeschwindigkeit,  Einflufs  auf  die 

Beanspruchung  eiserner  Brücken 
317,  400, 

—  Frankfurt  a.  M.,  Haujot-Personenbahn- 

hof,  Annahme  und  Abfertigung  der 
Züge  . 231, 

—  Hemmschuhe  (Patent  Barthelmefs)  im 

Verschubdienste . 

—  London,  Signale  auf  der  Untergrund¬ 

bahn  .  522, 

—  New- York,  auf  der  East-River-Brücke 

Verstärkung  des  E.-B . 

—  —  Hochbahnen .  206,  418, 

—  Radtaster  auf  den  preufs.  Staats¬ 

bahnen  . 

—  Rechtsfahren  auf  den  deutschen  Eisenb. 

—  Schneeverwehungen,  Verbesserung  und 

Vermehrung  der  Mittel  zur  Ver¬ 
hütung  und  Beseitigung  von  Sch.  . 

—  Stellwerke  auf  den  preufs.  Staatsbahnen 

—  Verschub-Bahnhof  in  Chicago  .  .  . 

—  Vorschub  dienst,  Verwendung  v.  Brems¬ 

schuhen  . 

—  Wagenschieber,  Goliath-W . 

—  Weichenstellung  vom  Zuge  aus  von 

Parson . 


190 

45 

350 

328 


347 

483 

420 

30 

392 

235 


536 

400 

95 

336 

27 

160 

171 

502 

464 

372 

3 

136 

500 

102 


540 

453 


136 


162 


325 


472 

42 

328 


432 

238 

262 

532 

196 

425 

325 

95 


36 

325 

244 

262 

407 

42 


Seite 


Eiseiibahn-Eröfliiuiig-,  London,  der  elektr. 

City  und  Süd-London-Bahn  .  .  .  464 
Eisenbiiliii  -  Fahrzeuge,  s,  a.  Locomo- 
ti  ven. 

—  Bremsen,  durchgehende,  auf  den  engl. 

Bahnen . 464 

- dgh)  •'ief  den  preufs.  Staatsbahnen  325 

■ —  —  Luftsaug  -  Br.,  Eisenbahn  -  Unfall 

durch  Versagen  ders . 188 

—  Kupplungen,  selbstthätige,  auf  den 

Eisenbahnen  im  Staate  New-York  .  104 

—  Personenwagen,  Dampfheizung  auf  den 

nordamericanischen  Eisenbahnen  .  392 

—  —  der  Hochbahnen  in  New-York  .  .  425 

—  —  Koyls  parabelförmige  Wagendecke 

zur  besseren  Beleuchtung  der  P.  .  512 

—  Radreifenbrüche  auf  den  Eisenbahnen 

Deutschlands .  271,  337 

—  Räder  ohne  Spurkränze . 16 

Eiseiibaliu  -  OberUau,  Festigkeitsverhält¬ 
nisse  neuerer  E.-O. -Systeme  .  .  .  312 

—  Berliner  Stadtbahn,  neuer  E.-O.  .  .  .  182 

—  Forchheimers  einschienige  Drehscheibe 

für  Bögen  kleinen  Halbmessers  .  .  104 

—  Geleiskrüinmungen ,  schärfste  G.  auf 

nordamerican.  Bahnen . 407 

—  Langschwellen-Oberbau  aus  alten  Fahr¬ 

schienen  . 536 

—  Prellbock  auf  engl.  Bahnen  ....  124 

—  —  von  Langley  u.  Webb,  Wasser-Pr. 

116,  398 

- mit  Wasserbremse,  Berechnung.  .  186 

—  Schienen,  Einflufs  der  Biegung  auf  die 

Abnutzung  an  den  Stützflächen  .  .  437 

—  —  Profllzeichner  von  Schilling  .  .  .  104 

- Befestigung  auf  eisernen  Brücken  248 

—  Schienenstofs,  Federnde  Sch. -Verbin¬ 

dung  . 464 

—  Schwellen,  aus  einem  Blechstreifen  ge¬ 

wunden  . . 408 

—  Spurweite  der  engl.  Westbahn,  Aende- 

rung  ders . 171 

—  Stellwerke  auf  den  preufsischen  Staats¬ 

bahnen  . 325 

—  Stuhlschienen -Oberbau  auf  englischen 

Bahnen .  137,  149,  157 

—  Stuhlschienen  und  Breitfufs-Schienen- 

Oberbau,  Beurtheilung  derselben  in 
England . 403 

—  Weichen,  Krümmung  der  Curven-W.  .  104 

—  —  mit  feststehenden  Zungen  und  be¬ 

weglichen  Backenschienen  ....  292 

—  —  Gleitweiche  m.  drehbarem  Herzstück  456 

—  —  W.-Signal,  Sicherheits-W.-S.  ...  11 


Eisenbalmschraukeii,  s.  a.  Eisenbahn- 
Signale,  Eisenb.  -  Wegeüber¬ 
gänge  und  Läutepfosten. 

—  Läutewerk  für  Drahtzugschranken  308,  420 

Eisenhaliii-Signale  f.  d.  Annahme  u.  Ab¬ 
fertigung  der  Züge  auf  dem  Haupt- 
Personenbahnhof  in  Frankfurt  a.  M. 

231,  238 

—  Blacks  selbstthätiges  Blocksystem  auf 


den  New-Yorker  Hochbahnen  .  .  206 

—  Feldmanns  dreitheiliges  Drahtspann¬ 

werk  für  doppelte  Drahtleitung .  .  213 
— -  Flammensignale  auf  der  New-York- 

Central-Bahn . 236 

—  Halls  elektr.  Läutepfosten  an  Wege¬ 

übergängen  . 372 

—  Knall-  („Torpedo-“)  Signale  auf  den 

New-Yorker  Hochbahnen  ....  206 

—  Lademanns  Sicherheits -Weichensignal  11 

—  London,  auf  der  Untergrundbahn  522,  532 

—  Parsons  Blockirung  u.  AVeichenstellung 

vom  Zuge  aus . 42 

—  Stahmers  Stellvorrichtungen  für  Bahn- 

hofsabschlufstelegraphen  und  Vor¬ 
signale  . 412 

—  Stellwerke  auf  den  preufs.  Staatsbahnen  325 

—  Vorsignale  auf  den  preufs.  Staatsbahnen  325 
Eiseuhahu-Unfall,  Carlisle  (England)  durch 

Versagen  der  Luftsaugbremse  .  .  188 

—  Liverpool,  Verhinderung  eines  E.-U. 

durch  den  Langleyschen  Wasser- 
pufi’er . 420 

—  bei  Quincy  (Nord- America)  ....  428 
Eisenbahn  -  M  erarbeiten ^  Erdmassen  -  Er¬ 
mittlung  mit  Profllmafsstäben  62,  74 

Eisenbahn -Wegeübergänge,  Halls  elektr. 

Läutepfosten  an  E.-W . 372 


Seite 


472 


509 

121 

95 

71 


Eisenbahinvesen,  America,  Verein  der 
Eisenbahnwagenbauer  (Master  Car 
Builder  Association) . 

—  Preufsen ,  eisenbahnfachwissenschaftl. 

Vorlesungen .  159,  439 

—  Tarifbildung  der  Eisenbahnen  .  .  . 

Eisenconstructionen,  Anstrich  mit  Raht- 

jens  „Patent-Composition“  .... 

—  elektr.  Sch  weifsverfahren  von  Thompson 

—  Fachwerk,  zur  Lehre  vom  F . 

Elbe,  Vertiefung  der  E . 48 

—  Wasserbauten  an  der  E.  v.  1880 — 1890  490 
Elektricität,  elektr.  Schweifsverfahren .  .  95 
Elektrische  Eisenbahnen,  London,  elektr. 

Strafsenbahnen . 455 

- Untergrundbahn . 464 

Elektrische  Leitungen,  Unterbringung  im 
grofsstädt.  Strafsenbau  .  353,  375, 

—  zu  Wärmemessungen  benutzt  .... 
Elektrische Strafsenbahn,  s. Elektrische 

Eisenbahn. 

Elis,  Karl,  Professor  in  Berlin  f .  .  .1, 
Enulen,  Hafenbauten  von  1880  bis  1890  . 
Ems,  Wasserbauten  an  der  Ems  von  1880 

bis  1890  . 

Engels,  Handbuch  der  Baukunde.  Abth.III 
Baukunde  des  Ingenieurs.  Heft  2; 

Der  Wasserbau  von  L.  Franzius 
(Bücherschau) . 104 

—  Rollklappenwehr  von  Carro  ....  211 

—  Bodenfeuchtigkeit  und  Sickerwasser¬ 

mengen  . 472 

Engefser,  Fr.,  Ueber  Curvenweichen  .  .  104 

—  Zur  Berechnung  des  Zweigelenkbogens  294 

—  Ueber  d.  Festigkeitsverhältnisse  einiger 

neueren  Eisenbahn-Oberbausysteme  312 

—  Zur  Frage  des  Einflusses  der  Fahr¬ 

geschwindigkeit  auf  die  Durch¬ 
biegung  eiserner  Brücken  ....  432 
England,  Berichte  der  techn.  Attaches  .  189 

—  Aufserbetriebsetzung  von  Eisenbahn- 

Eilzügen . 27 

• —  Eisenbahn -A^erbindung  von  der  Süd¬ 
küste  über  London  nach  dem  mittel¬ 
englischen  Industriegebiet  ....  160 

—  Eisenbahnen,  Stuhlschienen  -  Oberbau 


386 

123 


8 

498 

489 


137,  149,  157 

—  Strafsenposten,  Wiedereinführung  .  .  215 
Entwässerung,  E.-Leitungen  im  grofsstädt. 

Strafsenbau,  Unterbringung  ders. 

353,  375,  386 

—  Frankfurt  a.  M.,  Reinigung  der  Siel¬ 

wässer  . 267 

—  Köln,  E.-Canäle,  Benutzung  zur  Schnee¬ 

beseitigung  . 159 

—  Potsdam,  Rothes  Spülvorrichtung  für 

Schmutzwasser-Leitungen  ....  51 
■ —  Schöpfwerke  in  Preufsen  1889  .  .  .  167 

—  von  Rutschtlächen  unter  einem  Eisen¬ 

bahndamm  . 60 

Erdaiiker,  Holzingers  E . 408 

Erdmassen-Erinittlnng,  Profilmafsstäbe  u. 

Genauigkeitsgrad  bei  E.-E.  .  62,  74 

Ernenerungsarheiteii,  Behandlung  alter 

Mauerflächen . 201 

—  Braunschweig,  Demmersches  Haus  .  .  441 

—  Mailand,  Dom,  Westfront . 36 

Euskirchen,  Kreishaus .  56,  209 

Ewerbeeks  künstler.  Nachlafs,  Ausstellung 

und  Versteigerung  dess.  188,  222,  308 
Explosion,  Berlin,  Gas-E.  auf  der  Kaiser 

Wilhelm -Brücke . 119 

Eydtknhueii,  Pfarrkirche  ....  249,  267 
Eacliwerk,  s.  Träger  und  Eisencon¬ 
structionen. 

Falzziegel,  s.  Dachziegel. 

Farben,  Rahtjens  „Patent-Composition“  .  121 
Fanlwasser,  Jul.,  Stil-Betrachtungen,  Vor¬ 
trag  von  K.  E.  0.  Fritsch  ....  365 
Feldinaun,  Dreitheiliges  Drahtspannwerk 
für  eine  über  Haupt-  und  Vorsignal 
durchgehende  doppelte  Drahtleitung  213 
Fenster,  Putzen  der  F.,  Schutzvorrichtung 


gegen  das  Herabstürzen  ....  64 
Fernspreclileitungen ,  Unterbringung  der 

F.  im  grofsstädt.  Strafsenbau  353, 375,  386 

—  Berlin,  unterirdisches  Netz . 483 

Festlialle,  Berlin,  Bundesschiefsen  .  .  .  281 

Festigkeit,  Bausteine,  deutsche  .  .  53,  72 

—  Eisen,  Veränderung  der  F.  durch  Rosten 

und  Beizen . 235 


1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Seite 

Festigkeit  v.  Eisenbahu-Oberbausystemen  312 
—  Monier-Bauten,  Berechnung  ders.  .  .  267 

Festscliiiiuck,  Frankfurt  a.  M.,  Flaggen- 

inasthalter . 213 

Fetesti,  Donaubrücke  der  rumän.  Staats¬ 
bahn  .  175,  384,  448 

Feuerlöschwesen,  Feuerlöschgranaten, 

Verhalten  ders.  bei  einem  Brande  207,  291 
Feuerschutzinittel,  Schwimmender  Schutz¬ 
damm  gegen  Feuersgefahr  in  Häfen  44 
Feuersiclierlielt,  Asbest- Gewebe  für 

Theater -Decorationen  und  Podien 


in  Versammlungsräumen  ....  181 

—  Brandmauerthüren,  Verhalten  bei  einem 

Brande . .  371 

—  Monier -Decken,  Verhalten  bei  einem 

Brande . 164 

Frankfurt  a.  M.,  Bahnhof,  Annahme  und 

Abfertigung  der  Züge  .  •  .  231,  238 

—  Entwässerung,  Reinigung  d.  Sielwässer  267 

—  Flaggenmasthalter  im  Strafsenkörper  .  213 

—  Kirchen,  Peters-K.,  .  .  120,  136,  415,  443 

Feueruiigsaiilageu,  Carios  F.  mit  rauch¬ 
freier  Verbrennung . 93 

Fischerei,  Rücksichtnahme  bei  Ausführung 

von  Strombauten . 201 

—  Preufsens,  Hochseefischerei  von  1880 

bis  1890  499 

Fisclipafs,  s.  Fischwege. 

Fiscliwege,  Hameln,  Fischpafs-Anlage  .  462 

Fischzucht  in  Rieselwasser-Teichen.  .  .  544 

Flaggenmast-Halter,  Frankfurt  a.  M.,  feste 

Strafsen-Fl . 213 

Flöfserei,  Norwegen,  Maschine  zum  Her¬ 
stellen  von  Flöfsen . 470 

Flnfsregulirungeii,  Einflufs  auf  die 

Wasserstände . 147 

—  Rücksichtnahme  auf  die  Fischerei  bei 

Strombauten . 201 

—  Steinzange  f.  Strombauten . 124 

—  Donau,  am  „Eisernen  Thor“  ....  23 

—  Elbe,  Vertiefung . 48 

—  Oberrhein,  Correction  dess.  105,  113, 

128,  133,  140 

• —  Preufsen  von  1880  bis  1890  ....  485 

—  Weichsel  und  Nogat,  Gutachten  der 

Akademie  des  Bauwesens  ....  77 


Forchheliners  einschienige  Drehscheibe 

für  Bögen  von  kleinem  Halbmesser  104 
Förderkasteu,  Hoppes  F.  mit  Selbstschlufs  408 
FörderYorrichtuiig,  s.  Aufzüge. 


Fordon,  Weichsel-Brücke . 471 

Frankreich,  Berichte  d.  techn.  Attaches  .  189 

—  Gesetzliche  Bestimmungen  üb.  d.  Breite 

der  Radfelgen  und  die  Ladegewichte 

der  Fuhrwerke . 191 

Freiburg  i.  Br.,  Münster,  Freilegung  und 

Wiederherstellung . 269 

Frentzen,  G.,  Zur  Errichtung  eines  Kaiser 
Wilhelm -Denkmals  für  die  Ehein¬ 
provinz  . 530 

Friedmanns  Fördervbrrichtung  für  Bau¬ 
materialien  . 380 

Fritsch,  K.  E.  0.,  Stil-Betrachtungen  .  .  365 
Froebel,  H. ,  Baupolizeiwesen  der  Stadt 

New-York .  532,  537 

Frostbeständigkeit  natürl.  u.  künstl.  Bau¬ 
steine  .  290,  319,  340,  363 

Fuchs,  Ausrüstung  der  Bahnwärter  auf 

Haupt-  und  Nebenbahnen  ....  362 
Fuhrwerke,  Breite  der  Radfelgen  u.  Lade¬ 
gewichte,  gesetzt.  Bestimmungen  .  191 
Fulda  (Flufs),  Canalisirung  der  F.  von 

Münden  bis  Cassel . 171 

—  Wasserbauten  an  der  F.  von  1880  bis 

1890  .  490 

Garbe,  Verkehr  auf  den  Wasserstrafsen 

Berlins  1889  .  123 

—  Neue  Bestimmungen  über  die  Anlegung 

sowie  die  Genehmigung,  Prüfung  u. 
Revision  der  Dampfkessel  .  .  435,  448 


Gary,  Max,  Die  deutschen  natürlichen 
Bausteine  in  Bezug  auf  ihre  Festig¬ 
keit  u.  physicalischen  Eigenschaften  53 

—  lieber  die  mechanischen  Eigenschaften 

des  Kiefernholzes . 219 

— -  Versuche  über  die  Frostbeständigkeit 

natürl.  u.  künstl.  Bausteine  .  290,  340 

—  Prüfungen  deutscher  Gemente  .  .  .  427 

—  Vergleichende  Untersuchung  von  Puz- 

zolan-,  Portland- u.Eoman-Cementen  539 


Seile 

Gas,  Verwendung  des  Leuchtgases  zur 

Verminderung  der  RauChplage  .  .  364 
Gasexplosion,  s.  Explosion. 
Gastwirthschaft,  Hamburg,  Volks-Kaffee- 

und  Speisehalle  am  America-Kai  .  355 
Geestemüjide,  Hafenbauten  v.  1880 — 1890  498 
Gefängnisse,  Kattowitz,  amtsgerichtl.  G. .  57 

—  Marienburg  i.Westpr.,  Amtsgerichts-G.  512 

—  Rawitsch,  Zellenhaus  bei  der  Straf¬ 

anstalt  .  132,  256 

—  Wronke,  Central-G.  der  Provinz  Posen  501 
Gefäugnifswesen,  4.  internat.  Congrefs  f. 

G.  in  St.  Petersburg . 268 

Gerhardt,  Tafeln  zur  graph.  Berechnung 
der  Wassermengen  von  H.  Breme 
(Bücherschau) . 96 

—  Neue  Theorie  der  Bodenentwässerung 

von  F.  Merl  (Bücherschau)  .  .  .  364 

—  Landwirthschaftliche  Meliorationen  u. 

Wasserwirthschaft  von  E.  Fraissinet 

(Bücherschau) . 372 

Gerichtsgebäude,  Preufsen,  Besichtigung 
angemietheter  G.  durch  die  Bau¬ 
beamten  . 293 

—  Braunfels,  Amtsgericht . 461 

—  Kattowitz,  Amtsgericht  u.  Gefängnifs  .  57 

—  München,  Justizgebäude  ....  465,  480 

Germeimann,  W.,  Seecanal  nach  Berlin  9,  24 
Geschäftshäuser,  Neubrandenburg,  Haus 

Giesecke . 66 

Geschwindigkeitsmesser,  s.  Locomo- 
tiven. 

Gesellschaften,  s.  Vereine. 

Gesetzgebung  über  die  Breite  der  Rad¬ 
felgen  und  die  Ladegewichte  der 
Fuhrwerke  in  verschied.  Ländern  .  191 

—  Deutsches  bürgerl.  Gesetzbuch,  bau¬ 

rechtliche  Bestimmungen  ....  350 

—  Deutsches  Reich,  Patentgesetz,  das 

Bauwesen  u.  die  Neufassung  des  P.  457 
Gewölbe,  Versuche  mit  Gewölben  aus  ver¬ 
schiedenen  Baustoffen  .  .  .  449,  463 

—  Monierbögen,  Belastungsversuche  15, 

_  340,  543 

—  Ziegelstein -G.  aus  verzahnten  Ringen  263 

Gitter,  eiserne,  an  Vorgärten . 171 

Glasgow,  Clyde-Tunnel . 278 

Gleiberg,  Burg  Gl . 20 

Goering,  A.,  Profilmafsstäbe  u.  Genauig¬ 
keitsgrad  bei  Erdmassen-Ermittlung  74 

—  Oberbau  auf  engl.  Eisenbahnen  137,  149,  157 

—  Die  Bauausführung  d.  zweiten  Weichsel¬ 

brücke  bei  Dirschau  323,  333,  345,  350 
Goering,  Reinh.,  Vorschlag  zu  einer 
wasserdichten ,  schalldämpfenden 


Fahrbahn  eiserner  Eisenbahn- 

Brücken  . 454 

Gottgetreu,  Eud.,  Prof,  in  München  f  .  236 
Grabdenkmäler,  s.  Baudenkmäler, 
Denkmäler  und  Mausoleum. 

Graftons  Drehschaufelbagger . 156 

Graphische  Ermittlung ,  Beziehungen 

zwischen  Kräfte  und  Seilpolygon  94,  112 

—  der  Leistungen  von  Locomotive  .  .  418 
Graphische  Statik,  s.  Festigkeit, 

Träger. 

Gründung,  Betonbetten,  Herstell,  grofser 

B.  unter  Wasser . 5 

—  Luftdruck  -  G. ,  mangelhafte  Vorrich¬ 

tungen  u.  Vorschriften . 446 

- Mannschaftskammer  f.  d.  Luftaus¬ 
gleich  . 483 

—  in  Triebsand . 40 

Grüttefien,  Ernst,  Geheimer  Ober-Baurath 

in  Berlin  f . 29 

Gurlitt,  Cornel.,  Die  Bauführung  des  Mittel¬ 
alters  von  Steph.  Beissel  (Büchersch.)  13 
Gymnasien,  Bonn,  Neubau  des  G.  .  .  .  131 

Haas,  Verbessertes  Läutewerk  für  Draht¬ 
zugschranken  . 308 

Hackländer,  E.,  Erneuerungsarbeiten  im 

Rathhaussaale  in  Osnabrück  .  .  .  472 
Hafen,  Altona,  H.- Erweiterung  u.  Zoll- 


—  Brüssel  als  Seehafen . 207 

—  Calais,  neue  Hafenanlagen . 68 

—  Hamburg,  Zollanschlufsbauten  .  .  .  365 

—  Preufsens  Hafenbauten  von  1880 — 1890  485 

—  Rufslands  Seehäfen . 266 

—  Schwimmender  Schutzdamm  gegen 

Feuersgefahr  in  H . 44 


Seite 

Halls  elektr.  Läutepfosten  neben  Wege¬ 
übergängen  in  Schienenhöhe  .  .  .  372 
Hamburg  u.  seine  Bauten  (Bücheranzeige) 

72,  356 

—  alte  Speicher  am  Mattentwietenfleth  .  356 

—  neue  Speicher  an  der  Brooksbrücke  .  357 

—  Volks -Kaffee-  und  Speisehalle  am 


America-Kai . 355 

Hameln,  Dienstgebäude  f.  d.  Wasserbau¬ 
beamten . 411 

—  Fischpafs-Anlage . 462 

Hannover,  Archiv-  und  Bibliothekgebäude, 

Erweiterungsbau . 529 

—  Kestner-Museum . 321 

Hai'tel,  A.,  Dombaumeister  in  Strafsburg 

i.  E.  t . 92 

Haesecke,  Anordnung  von  Eisenbalken¬ 
decken  . 65 

Harburg,  Hafenbauten  von  1880 — 1890  .  498 
Haus,  s.  Geschäfts-  u.  Wohnhäuser. 
Havel,  Havelregulirungen  von  1880—1890  491 
Hebezeuge,  Dolbergs  Heblade  ....  464 

—  Steinzange  f.  Strombauten . 124 

—  Wasserdruek-H.,  Luthers  selbstthätige 

Bremsvorrichtung . 408 

Hebung  eines  Häuserblocks  in  Boston  .  300 
Heidelberger  Schlofs,  Bodenuntersuchung 

am  H.  Sch . 260 

Heim,  L.,  Das  Monopol-Hotel  in  Berlin  .  47 

Heitlings  Briefsammler . 208 

Heizung,  Dampf-H.  für  die  Personenwagen 

der  nordamericanischen  Bahnen  .  .  392 

—  Fufsboden-H.  im  neuen  allgemeinen 

Krankenhaus  in  Hamburg-Eppendorf  38 


—  Niederdruckdampf-H.,  Neuerungen  .  .  37 

—  Timbys  H.  für  ganze  Stadttheile  .  .  412 
Hellmuth,  Neubau  des  Dienstgebäudes 

f.  d.  Wasserbaubeamten  in  Hameln  411 

—  Fischpafs  bei  Hameln . 462 

Hemmschuh,  Barthelmefs’  H.  im  Eisenb.- 

Verschubdienst . 262 

Henrys  zerlegbare  eiserne  Brücke  .  .  .  297 
Herr,  A.,  Gestaltung  und  Wirkungsweise 

d.  Wasser-Prellböcke  ( W asserpuffer)  398 
Hilse,  Dr.  Karl,  Die  Entwicklung  der 
deutschen  Strafsenbahnen  von  1865 

bis  1890 .  250 

Hirsch,  A.,  Grabdenkmal  f.  Prof.  Ewerbeck  271 
Hissarlik,  s.  Troja. 

Hobrecht,  Dr.  J.,  Die  modernen  Aufgaben 


des  grofsstädtischen  Strafsenbaues 
mit  Rücksicht  auf  die  Unterbringung 
der  Versorgungsnetze.  .  353,  375,  386 


Hochschulen,  technische,  Deutsches  Reich, 

Besuchsziffer . 64 

—  —  Berlin,  Besuchsziffer  ....  28,  318 


X)tioUL.l-löÄlllCl . 

- Darmstadt  ....  8,  300,  308,  421 


- Dresden,  neue  Satzungen  ....  101 

—  —  dgh,  Besuchsziö'er . 268 

- Hannover,  Besuchsziffer  ....  224 

- Karlsruhe,  Besuchsziffer  ....  527 

- Zürich,  Besuchsziffer . 340 

- Italien,  Architektur-H.  .....  205 

Hochwasser,  Stromregulirungen  in  ihrem 

Einflufs  auf  die  Wasserstände  .  .  147 

—  Vorherbestimmung  durch  Messung  der 

Schneehöhen . 159 

—  Johnstown,  Bruch  der  Thalsperre  .  .  28 

Hoeft,  Rahtjens  „Patent-Composition“  .  121 
Holz,  Australische  Nutzhölzer,  Sammlung  15 

—  Kiefernholz,  mech.  Eigenschaften  .  .  219 

Holzbauten,  Braunschweig,  Demmersches 

Haus,  Wiederherstellung  ....  441 
Holland,  Wasserversorgung  holländischer 

Städte  . . 54 

Holzingers  Erdanker . ;  •  • 


Honsell,  Max,  die  Wasserstrafse  zwischen 
Mannheim-Ludwigshafen  und  Kehl- 
Strafsburg,  Canal  od.  freier  Rhein? 


105,  113,  128,  133,  140 
Hoppes  Förderkasten  mit  Selbstschlufs  .  408 
V.  Horn,  A.,  Selbstzeichnender  Hoch-  u. 

Niedrigwasser-Pegel . 6 

Hofsfeld,  0.,  Miethshäuserfronten  in  Char¬ 
lottenburg  . 173 

—  Die  Kaiser  Wilhelm-Gedächtnifskirche 

in  Berlin-Charlottenburg  ....  517 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


18D0. 


Seite 

Hotels,  Berlin,  Monopol-H . 47 

—  Colberg,  ,.Strandschlofs“  .  .  .  347,  394 

—  Köln,  Dom-H.,  Fa^aden-Entwurf  .  .  113 
Iglaii,  Wasserleitung,  Kühlschacht  .  .  .  316 
liiert,  K.,  Schwesternhaus  zum  Eothen 

Kreuz  in  Cassel . 1 

Ilmenau  (Flufs),  Wasserbauten  an  der  I. 

von  1880  bis  1890  .  490 

Indianapolis,  Krieger-Denkmal  ....  243 

Indien,  Ausleger-Brücken . 512 

Insterburg,  Eeformirte  Kirche  ....  450 
Italien,  Architektur-Hochschulen  .  .  .  205 

—  Berichte  der  techn.  Attaches  ....  189 

—  Seecanäle,  Pläne  für  S.  .....  •  8 

Jausfen,  Th.,  Die  neuen  Hafenanlagen 

bei  Calais . 68 

John,  E.,  Flöfsereianlagen  im  Glommen 
unterhalb  des  Sarpsfos  bei  .Greaker 

in  Norwegen . 470 

Jolinstown,  Bruch  der  Thalsperre  ...  28 
Jör  gensenu.Kahlands,Concret-Dachziegel  326 
Judsons  Treibwelle  zum  Betrieb  von 

Strafsenbahnen . 379 

Justizgebäude,  s.  a.  Gerichtsgebäude. 

—  München .  465,  480 

Kabelleitung  für  Strafsenbahnen,  Unter¬ 
bringung  der  K.  im  grofsstädtisch. 
Strafsenbau .  353,  375,  386 

—  zu  Wärmemessungen  benutzt  ....  123 
KaHeehalle,  Hamburg,  am  America-Kai  355 
Kaiserpalast,  Strafsburg  i.  E.,  Inneres  .  23 
Käuffers  Neuerungen  an  Dampfuieder- 

druckheizungen . 37 

Kattoivitz,  Amtsgericht  und  Gefängnifs  .  57 
Keller,  H.,  Der  Eömische  Seecanal  .  .  58 

—  Gesetzentwurf  über  die  Einrichtung  von 

Architektur -Hochschulen  in  Italien  205 
Keims  Dachdeckung  mit  biegsamen  Ma¬ 
terialien  ohne  Nagelung  ....  72 

Kemmaun ,  Sicherheits  -  Prellbock  mit 

Wasserbremse  von  Langley  .  .  .  116 

—  Zur  Berechnung  von  Prellböcken  mit 

Wasserbremse . 186 

—  Verstärkung  d.  Eisenbahnbetriebes  auf 

der  Brooklyn-Brücke  bei  New-York  196 

—  Wiederaufnahme  der  Bauarbeiten  beim 

Hudson-Tunnel . 302 

—  Preisausschreiben  d.  Londoner  Thurm- 

Gesellschaft  .  .  .  337 


—  Signale  d.  Untergrundbahn  in  London 

522,  532 


Kick,  Fried.,  Prof.,  Einflufs  der  Fahr¬ 
geschwindigkeit  auf  die  Bean¬ 
spruchung  eiserner  Brücken  .  .  .  400 
Kilburger,  Die  Kirche  in  Nietleben  bei 

Halle  a.  S . 217 

Kirchen,  s.  a.  Mausoleum,  Thür  me. 

—  Athensleben . 235 

—  Atzendorf . 429 

—  Berlin,  neue  Kirchenbauten  ....  144 

— •  —  St.  Johannis -Gemeinde  in  Moabit, 

zweite  K . 181 

- Kaiser  Wilhelm-Gedächtnifs-K.  476,  517 

- kathol.  St  Sebastians-K . 385 

—  Betzin  (Eeg.-Bez.  Potsdam) . 541 

—  Coblenz,  Dominicaner-K.  .  .  .  126,  143 

—  Colberg,  St.  Marien-Dom-K.  .  .  73,  99 

—  Eydtkuhnen,  Pfarr-K .  249,  267 

—  Frankfurt  a.  M.,  Peters-K.  120,  136,  415,  443 

—  Freiburg  i.  Br.,  Münster,  Freilegung  u. 

Wiederherstellung . 269 

—  Insterburg,  reformirte  K . 450 

—  Köln,  Dom,  Bericht  über  den  Fortbau  277 

- dg].,  Freilegung . 13 

- Herz  Jesu-K . 111,  139,  152 

- St.  Pantaleon,  Wiederherstellung  .  309 

—  Langenstein  a.  Harz . 107 

—  Mailand,  Westfront  des  Domes  ...  36 

—  Marggrabowa,  evangel.  K . 310 

—  Nietleben  bei  Halle  a.  S . 217 

—  Eummelsburg  -  Boxhagen,  Erlöser-K., 


—  Spandau,  Garnison -K . 341 

—  Strafsburg  i.  E.,  Garnison-K . 393 


—  Ueberlingen,  Ausbau  des  Münsters  .  308 

—  Ulm,  Vollendung  des  Münsterthurmes 

228,  243,  258,  273,  287 

—  Villingen,  Münster,  Wiederherstellung  363 
Kirchliotf,  Herrn.,  Geh. Baurath  i.  Coblenz  f  44 
Klärheckenanlage,  Frankfurt  a.  M.,  Ver¬ 
suche  über  d.Eeinigung  d.Sielwässer  267 


Seite 


Klebe,  C.,  Dritte  Conferenz  zur  Verein¬ 
barung  einheitlicher  Prüfungsver¬ 
fahren  für  Bau-  und  Constructions- 

materialien . 438 

Kliniken,  s.  Uuiversitätsbauten. 

Knoll,  Karl,  Baurath  in  Stuttgart  t  •  •  512 
Koch,  Jörgensen  u.  Kahlands  Coucret- 

Dachziegel . 326 

Kohlenherg,  Uferschutzbauten  vor  dem 
Wesselbureuer  Koog  in  Schleswig- 

Holstein  . 286 

Kohn,  Läutewerk  für  Drahtzugschranken  420 
Kohle,  Julius,  Die  ehemalige  Kirche  der 

Dominicaner  in  Coblenz  .  .  126,  143 

—  L’architettura  in  Italia  dal  secolo  VI 

al  mille  circa  von  E.  Cattaneo 
(Bücherschau) . 244 

—  La  Basilica  Ambrosiana  tino  alla  sua 

trasformazione  in  chiesa  lombarda 
a  volte  von  G.  Landriani  (Bücher¬ 
schau)  . 244 

—  Die  Bau-  u.  Kunstdenkmäler  des  Ee- 

gierungsbezirks  Köslin  II  von  Ludw. 
Böttger  (Bücherschau) . 436 

—  Magdeburger  Baudenkmäler  .  .  526,  535 
Köln,  Bahnanlagen,  neue  Strafsenunter- 

führuugen .  467,  477,  502 

—  Dom-Hotel,  Facadenentwurf  ....  113 

—  Kirchen,  Dom,  Bericht  über  den  Fort¬ 

bau  . 277 

- Dom-Freilcgung . 13 

- Herz  Jesu-K . 111,  139,  152 

- St.  Pantaleon,  Wiederherstellung  .  309 

—  Schneebeseitigung  durch  die  städt.  Ent¬ 

wässerungscanäle  . 159 

Körtings  NLcderdruckdampfheizuug  .  .  37 
Kosinanu,  Dr.  B.,  Die  Marmorbrüche  der 
Gewerkschaft  „Vereinigte  Meckling- 
häuser  Marmorgruben“  im  Berg¬ 
revier  Attendorn,  Kr.  Olpe  .  .  .  108 
Kötter,  Dr.  F.,  Beitrag  zur  Lehre  vom 

Fach  werk . 71 


Koyls  parabelförm.  Eisenbahnwagendecke  512 
Krallversorgiiug,  s.  D  r  u  c  k  1  u  f t ,  D  ruck- 
w  a  s  s  e  r. 

Krahne,  Neukirchs  Dreh-Kr.  auf  dreh¬ 
barem  Untergestell . 536 

Krankenhäuser,  s.  a.  Universitäts¬ 
bauten. 

—  Hamburg-Eppendorf,  neues  allgem.  K., 

Fufsbodenheizung . 38 

Kreisständehaus,  s.  Verwaltungsge¬ 
bäude- 

Kröhnke,  Einflufs  d.  Stromregulirungen 


auf  die  Wasserstände  in  den  Flüssen  147 
Krupps  Schienenstofsverbindung  f.  Feld¬ 
bahnen  . 416 

Küchen,  s.  Theeküchen  und  Wasch¬ 
küchen. 

Küchen-Einrichtung  in  Kliniken  .  .  .  304 
Kühlschacht  der  Wasserleitung  in  Iglau 

in  Mähren . 316 

Kunstgevverbe,  K.-Museum  in  Berlin,  Aus¬ 
führung  kunstgewerblicher  Arbeiten  36 
—  K.-Schulen,  Studium  der  Naturformen  245 
Küster,  Versammlung  der  ital.  Arch.  u. 

Ing.  in  Palermo  1891 . 8 


—  Der  Westthurm  des  Münsters  in  Ulm 

258,  273,  287 

Kyffhäuser,  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  84, 

267,  284,  318,  428 
Lademann,  Sicherheits -Weichensignal  .  11 
Lahn,  Wasserbauten  a.  d.  L.  v.  1880  bis  1890  489 
Land,  Eob.,  Beziehungen  zwischen  Kräfte- 
und  Seilpolygon  (ein  Seilpolygon 
durch  drei  Punkte  zu  legen)  ...  94 
Landsti'afsen,  Gesetzliche  Bestimmungen 
über  die  Breite  der  Eadfelgen  und 
die  Ladegewichte  der  Fuhrwerke  .  191 

Langenstein  a.  Harz,  Kirche . 107 

Langleys  Sicherheits-Prellbock mitWasser- 

bremse . 116,  398 

Laessig,  F.  W.,  Eegierungs-  und  Baurath 

in  Oppeln  f . 180 

Läutepfosten,  Halls  elektr.  L.  an  Wege¬ 
übergängen  . 372 

Leer,  Hafenbauten  von  1880  bis  1890 .  .  498 
Leipzig,  Museum,  Deckeneinsturz  .  .  .  483 

—  Eathhaus,  Neubau  .  .  .  87,  101,  144,  235 

- Lindenau,  Miethshäuser . 184 

Lemcke,  J. ,  Die  Preisbewerbung  für  ein 


Seite 

Kaiser  Wilhelm-Denkmal  i.  d.Eheiu- 
provinz  .  .  .  210,  225,  240,  252,  260 

Lemcke,  J.,  Zur  Errichtung  eines  Kaiser 

Wilhelm-Denkmals  f.d.  Eheinprovinz  508 
Leonhardt,  0.,  Schutzvorrichtung  gegen  das 

Herabstürzen  beim  Pensterputzen  .  64 
Leuchtgas,  s.  Gas. 

Lieferungsbedingungen  für  Mineral¬ 
schmieröl  .  477,  478 

Locomotiven,  Brettmanns  Geschwindig¬ 
keits-Uhr  . 279 

—  Geschwindigkeitsmesser  für  L.  .  .  .  524 

—  der  Hochbahnen  in  New-York  .  .  .  426 

—  Kopflaterne,  elektr . 436 

—  Leistungen  von  L.,  graph.  Ermittlung  418 

—  L.-Pfeifen  f.  starken  u.  schwachen  Ton  434 

—  Shay-L . 327 

London,  Druckwasserversorgung  ....  84 

—  Eisenbahnen,  Central-London-E.  .  .  .  372 
- Untergrundbahn  in  Eöhrentunneln. 

elektr.  Betrieb . !  464 

—  Strafsenbahnen,  elektr.  Betrieb  .  .  .  455 

—  Strafsenverkehr .  199,  484 

—  Watkin-Thurm,  Preisbewerbung  .  .  .  337 

Lorenz,  Ueberzweckmäfsige  Einrichtungen 

von  Kliniken  .  .  21,  38,  304,  314,  404 

Luftschichten,  Bindeeisen  zur  Herstellung 

von  L . 455 

Lüftung  für  Kliniken,  zweckmäfsige  21,  38 

—  Timbys  L.  d.  Häuser  ganzer  Stadttheile  412 
Luthers  selbstthätige  Bremsvorrichtung 

bei  Wasserdruck-Hebezeugen  .  .  408 
Lutsch,  H.,  Führer  durch  Hildesheim  von 

A.  V.  Behr  (Bücherschau)  ....  72 

—  Behandlung  von  Mauerflächen  in  Ver¬ 

gangenheit  und  Gegenwart  .  .  .  201 

—  Kunst  u.  Künstler  a.  Vorabend  d.Eefor- 

mation  von  C.  Gurlitt  (Bücherschau)  472 
Mucks  Gipsdielen  bei  Eisenbalkendecken  65 
Magdeburg,  Baudenkmäler,  Aufnahmen 


482,  526,  535 

Mailand,  Dom,  Westseite . 36 

Main,  Canalisirung . 489 

—  Schiftahrt,  Verkehr . 291 

Malerei,  Gesellschaft  zur  Befördei’ung 

rationeller  Malverfahren  i,  München  64 

—  auf  äufseren  Mauerflächen . 201 

Mauchot,  W.,  Das  Gebäude  der  „Tatter- 

sall“-Gesellschaft  in  Mannheim  ,  .  117 

—  Das  Kestner-Museum  in  Hannover  .  .  321 

Mannheim,  Tattersall . 117 

Mansfeld,  Ku^^ferschiefer  -  Bergbau,  Be¬ 
triebsergebnisse  der  Bohrmaschinen  343 

March,  Otto,  Das  städtische  Spielhaus  in 

Worms . 154,  167 

—  Eembrandt  als  Erzieher  (Bücherschau)  322 

Marcilles  zerlegbare  eiserne  Brücke  .  .  297 
Marggrabowa,  evangel.  Kirche  ....  310 
Marieiiburg  i.  Westpr.,  Amtsgerichts  -  Ge¬ 
fängnifs  . 512 

—  Nogatbrücke . 471 

—  Die  Marienburg  unter  poln.  Herrschaft  183 

Marmorbrüche,  Vereinigte  Mecklinghäuser 

Marmorgruben . 108 


Maertens,  Zur  Errichtung  eines  Kaiser- 

Wilhelm-Denkmalsf.  d. Eheinprovinz  530 
Massenermittlimg,  s.  Erdmassen-Er- 
mittlung. 

Mafsordnung,  Die  neuen  Urmafse  für 


Länge  und  Gewicht . 406 

Mauerwerk,  Behandlung  von  Mauerflächen 

in  Vergangenheit  und  Gegenwart  .  201 
—  Luftschichten,  Ausführung  mittels 

Bindeeisen . 455 

Mausoleum,  Charlottenburg,  Umbau  .  .  229 
Meckliughauseu  -  Dünschede,  Marmor¬ 
brüche  der  Gewerkschaft  „Vereinigte 
Mecklinghäuser  Marmorgruben“  .  108 
Mehmke,  Dr.  E.,  Graphische  Tafel  zur 
Ermittlung  der  Leistungen  von 

Locomotiven . 418 

Mehrtens,  G.,  Weitgespannte  Strom-  und 
Thalbrücken  der  Neuzeit  357,  366, 

376,  383,  391,  407 


Melan,  J.,  Die  Viaducte  der  Eisenbahn¬ 
linie  Tabor-Pisek  ....  76,  85,  102 
—  Versuche  mit  Gewölben  aus  verschie¬ 
denen  Baustoffen . 449 

Memel,  Hafenbauten  von  1880 — 1890  .  .  497 
Memel  (Flufs),  Wasserbauten  im  Memel¬ 
gebiet  von  1880—1890  .  494 


1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Seite 

Mefswerkzeiige,  s.  a.  Pegel. 

—  Horizontir-  u.  Centrirvorrichtungen  für 


geodätische  Instrumente,  Müller  u. 
Reineckes  Stativ-Einrichtung  ...  81 
—  Pegel,  selbstzeichnende  Hoch-  u.Niedrig- 


—  Profilmafsstäbe . 62,  74 

—  Regenmesser,  selbstthätiger,  mit  elektr. 

Uebertragung . 215 

—  Schillings  Schienenprofilzeichner  .  .  104 
Metalle,  Auffind,  von  Blasen  in  Metallen  392 
Mietlishäuser,  Charlottenburg,  Mieths- 

häuserfronten . 173 

—  Leipzig-Lindenau . 184 

Monier-Bauten,  Berechnung  ders.  .  .  .  267 

—  Decken,  Verhalten  bei  einem  Brande  .  164 

—  Bögen,  Belastungsversuche .  .  15,  340,  543 

Mörtel,  altrömischer,  Wetterbeständigkeit  90 
Mosel,  Regulirung  der  M.  von  1880 — 1890  489 
Moskau,  Canalisations-Entwurf  ....  92 
Müller,  Heinrich,  Architekt  in  Bremen  f  132 
Müller-Breslau,  Zur  Berechnung  des  Zwei¬ 
gelenkbogens  . 254 

Müller  u.  Reiiieckes  (A.  Meifsner)  Hori¬ 
zontir-  und  Centrirvorrichtung  für 
geodätische  Instrumente  ....  81 
Müller  u.  Schäfers  Stoff  f.  feuersichere 
Theater  Decorationen  aus  Asbest- 
Gewebe  . 181 


München,  Entwürfe  z.  Justizgebäude  465,  480 
Museen,  Berlin,  Kunstgewerbe- M.,  Aus¬ 
führung  kunstgewerbl.  Aufgaben  .  36 
—  Constantinopel,  makedonische  Königs¬ 


sarkophage  .  329,  526 

—  Hannover,  Kestner-Museum  ....  321 

—  Leipzig,  Deckeneinsturz . 483 

Nachdruck  aus  dem  Centralblatt  der  Bau¬ 
verwaltung  .  448,  536 


Nakonz,  Die  Einrichtung  der  Staustufen 
bei  Canalisirungen  vonFlufsstrecken 
mit  schnellem  Wasserwechsel  185,  203 
Nasmyth,  James,  Ingenieur  in  London  f  199 
Nehelsignale,  Glocken  als  N.  in  Nord- 

America . 464 

Neuhrandenburg,  Haus  Giesecke  ...  66 
Neufahrwasser,  Hafenbauten  v.  1880—1890  498 
Neukirchs  Drehkrahn  auf  drehbarem 

Untergestell . 536 

Netze,  Wasserbauten  an  der  N.  von  1880 

bis  1890.  .  _ . 492 

New-Tork,  Baupolizeiwesen  ....  532,  537 

—  East -River -Brücke,  Verstärkung  des 

Eisenbahnbetriebes . 196 

• —  Hochbahnen,  Betrieb . 418,  425 

—  Hudson- (North-River-)  Brücke  ....  272 

—  Hudson -Tunnel,  Wiederaufnahme  der 

Bauaibeiten . 302 

• - Bauausführung,Mannschaftskammer 

für  den  Luftausgleich . 483 

Niagara-Fälle,  Nutzbarmachung  d.Wasser- 

kräfte . 272 

Nickloy  u.  Whitakers  Eisenbahnschwelle, 

aus  Blechstreifen  gewunden  .  .  .  408 
Nietlehen  b.  Halle  a.  S.,  Kirche  ....  217 

Noce-Schlucht-Brücke . 220 

Nogat-Regulirung  (Absperrung  der  N.), 
Gutachten  der  Akademie  des  Bau¬ 
wesens  . 77 

Norwegen,  Canal  von  ’Ulefos  nach 

Strengen  (Bandak-Nordsjö-Canal)  .  276 

—  Flöfsereianlagen,  Maschine  zum  Her¬ 

stellen  von  Flöfsen . 470 

Nymwegen,  Der  „Kirchbogen“  ....  361 
ObserYatorium ,  Potsdam,  astrophysicali- 
sches  0.,  Kuppelgebäude  zur  photogr. 
Aufnahme  der  Himmelskarte .  .  .  389 
Oder,  Wasserbauten  an  der  0.  von  1880 

bis  1890  .  492 

Oder-Spree-Canal,  Canalschiff,  Preisbe¬ 
werbung  . 215,  415 

—  Versuche  über  die  Fortbewegung  von 

Schiffen  durch  Maschinenkräfte  .  27 
Oel,  Mineral  -  Schmieröl,  Lieferungs- Be¬ 
dingungen  .  477,  478 

—  Silas  Geschofsvorrichtung  z.  Abstillen 

der  Meereswellen  mit  Oel  ....  447 
Oesterreich,  Berichte  d.  techn.  Attaches  189 

Ohio -Schiffahrt . 407 

Osnabrück,  Rathhaus,  Bildwerke  am  R. 

460,  472 

Otte,  Dr.,  Heinrich,  in  Merseburg  f  .  .  348 


Seite 

23 

332 

254 

72 


42 

536 


469 

130 

45 

254 

447 


Paläste,  Strafsburg  i.  E.,  Kaiserpalast, 

Inneres  . 

Palermo,  Ausstellungsgebäude  für  die 
nationale  Ausstellung  von  1891  .  . 

Panama -Canal .  239, 

Pappe,  Siebeis  Herstellung  von  Metall-, 

Dach-  und  Wandpappe . 

Paris,  Ausstellungsgebäude  von  1889,  Um¬ 
gestaltung  und  Benutzung  dess.  .  439 

—  Druckluft- Versorgung  ....  49,  61 

—  Eiffelthurm,  Windbeobachtungen  .  .  45 
Parlamentspalast,  s.  Abgeordneten¬ 
haus. 

Parsons  Blockirung  und  Weichenstellung 
Patente,  neue  52,  72,  104,  156,  159,  208, 

380,  408,  416,  417,  456,  464,  484, 
Patentgesetz,  deutsches,  das  Bauwesen 

im  neuen  P . 457 

Pegel,  Selbstzeichnender  Hoch-  u.  Niedrig- 

wasser-P . 6, 

Peiffhoven,  Preisbewerbung  f.  d.  Kunst¬ 
gewerbe-Museum  in  Düsseldorf .  . 

Pescheck,  Windbeobachtungen  auf  dem 
Eiffelthurm  und  an  der  Forthbrücke 

—  Vom  Panama-Canal .  239, 

—  Geschofsvorrichtung  zum  Abstillen  der 

Meereswellen  mit  Oel . 

Peters,  Magdeburger  Baudenkmäler 

(Bücherschau) . 482 

St.  Petersburg,  Brücken,  Entwürfe  zur 

Troizkij-  und  Palais-Br . 121 

Petri,  Die  Verwendung  von  Glocken  zu 
Ncbelsignalen  an  den  Küsten  der 

Vereinigten  Staaten . 464 

Photographir-Raum ,  Potsdam,  Kuppel¬ 
gebäude  zur  photograph.  Aufnahme 

der  Himmelskarte . 389 

Physicalisch-technische  Reichsanstalt  .  350 
Pieper,  Karl,  Die  Hafen -Erweiterungs¬ 
bauten  der  Stadt  Altona  .  .  165,  178 
Pillau,  Hafenbauten  von  1880  bis  1890  .  497 
Pinkenburg,  Baugeschichtliches  von  der 
Kaiser  Wilhelm -Brücke  über  die 
Spree  in  Berlin . 97  110 

—  Die  Gasexplosion  auf  der  Kaiser 

Wilhelm-Brücke  in  Berlin  ....  119 

—  Ueber  Schlackencement . 510 

Pittsburgh,  Point-Hängebrücke  über  den 

Monongahela . 378 

Pneumatisch,  s.  Druckluft. 

Pochets  bewegl.  Wehr . 456 

Pogge,  die  St.  Marien-Domkirche  in  Col- 

berg . 73,  99 

Pommer,  Max,  Der  Bau  billiger  Woh¬ 
nungen  . 184 

Popps  Kraftversorgung  von  Paris  durch 

Druckluft . 49,  61 

Postwesen,  England,  Wiedereinführung 

von  Strafsenposten . 216 

Potsdam,  Entwässerung,  Rothes  Spülvor¬ 
richtung  . 51 

—  Kuppelgebäude  zur  photogr.  Aufnahme 

der  Himmelskarte . 389 

Prag,  Karlsbrücke,  Einsturz  .  .  .  402,  420 
Prämien,  Prämiirung,  s.  Auszeich¬ 
nungen. 

Pregel,  Wasserbauten  im  Pregelgebiet 

von  1880  bis  1890  .  493 

Preisbewerbungen,  Die  Ergebnisse  d.  Pr. 
in  den  letzten  22  Jahren  .... 

—  Berlin,  Architekten -Verein,  Schinkel- 

fest-P . 95,  428, 

- Gartenbau- Ausstellung  ...  15, 

- Geschäftshaus,  mal.  Ausschmückung 

der  Front . 51 

- Kaiser  Wilhelm-Denkmal,  215,  242, 

245,  280,  380 

- Kaiser  Wilhelm  -  Gedächtnifskirche 

476,  517 

- Kaiserin-Augusta-Gedächtnifskirche  144 

- Strafsenbrunnen-Gehäuse  .  .  80,  188 

- Verein  deutscher  Eisenbahn- Ver¬ 
waltungen,  neue  Erfindungen  usw.  171 

—  Bremen,  Gerichtsgebäude  und  Unter- 

suchungsgefängnifs  ....  171,  188 

—  Breslau,  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  152, 

171,  179,  203,  215 

—  Bukarest,  Directionsgebäude  d.  rumän. 

Eisenbahnen . 111 

- Gebäude  f.  Senat  u.  Abgeordneten¬ 
kammer  . 327 


381 

511 

56 


Preisbewerbungen,  Colberg,  „Strand- 

schlofs“  .  347,  394 

—  Cottbus,  Kreishaus .  267,  328 

—  Dresden, Geschäftshaus  „Victoria-Haus“ 

407,  476,  535 

—  —  Kirche  für  die  Lucas-Parochie  .  .  526 
- Kirche  f.  d.  Trinitatispfarrei  15,  71,  80 

—  Düsseldorf,  Kunstgewerbemuseum  15, 


20,  130 

—  Enge  b.  Zürich,  reformirte  Kirche  .  .  483 

—  Esslingen,  Brücke  üb.  d.  Neckarcanäle  526 

—  Euskirchen,  Kreishaus  ....  56,  209 

—  Frankfurt  a.  Main,  Peterskirche  120, 

136,  415,  443 

- Stadtbibliothek,  Erweiterungsbau  .  44 

- -  Uhrthürmchen  mit  Brunnen  .  .  .  415 

—  — ■  Vereinshaus  f.  d.  Bürgerverein  .  .  512 

—  Geestemünde,  Rathhaus  ....  420,  543 

—  Giefsen,  zweite  evangel.  Kirche  .  .  .  428 

—  Grunewald,  Villen-Colonie,  Brücke  120,  188 
- Jgh)  Entwürfe  zu  Villen  usw.  120,  188 

—  Heilbronn,  evangel.  Kirche  .  .  .363,  371 

- Stadtbad . 56 

—  Indianapolis,  Kriegerdenkmal,  P.  f.  d. 

Bildhauerarbeiten . 243 

—  Karlsruhe,  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  .  .340 

—  Köln  a.  Rh.,  Herz  Jesu-Kirche  111,  139,  152 
- Kaiser  Wilhelm-Denkmal  .  7,  51,  243 

—  Kreuznach,  Kreisständehaus  215,  228, 

384,  415 

—  Kyffhäuser,  Kaiser  Wilhelm -Denkmal 

84,  267,  284,  318,  428 

—  Langensalza,  Schulgebäude  ....  80 

—  Lausanne,  „Rumine“-Gebäude  .  .  .  215 

—  Leipzig,  Rathhaus . 235 

—  London,  Watkin-Thurm . 337 

—  Ludwigshafen  a.  Rh.,  Realschule  256,  420 

—  Mannheim,  gufseiserner  Brunnenstock  500 

—  Mayen,  Kreishaus . 56 

—  Mülheim  a.  d.  Ruhr,  Kreishaus  .  .  .  111 

—  Oderschiff,  Entwurf  oder  Modell  215,  415 

—  Oldenburg,  Turnhalle . 64 

—  Paris,  d.  „Encyclopedie  d’Architecture*  400 

—  Quedlinburg,  Wohnhaus  Vogler  ...  56 

—  Remscheid,  Saalbau  für  d.  Concordia- 

Gesellschaft .  363,  535 

—  Rheinprovinz,  Kaiser  Wilhelm-Denkmal 

187,  198,  210,  225,  240,  252,  260 

—  Riga,  Silo-Speicher . 80 

—  Rom,  Parlamentspalast . 145 

—  Rostock,  Museum . 339 

—  Schöneberg  -  Friedenauer  Terrain  -  Ge¬ 

sellschaft,  Wohnhäuser . 84 

—  Strafsburg  i.  E.,  evangel.  Garnisonkirche  64 

—  Stuttgart,  Hospitalanlage  .  .  .  228,  499 

—  Warschau,  Eisenb. -Empfangsgebäude 

der  Warschau-Wiener  Eisenb.  .  .  500 

—  W’’estfalen,  Kaiser  Wilhelm -Denkmal 

der  Prov.  Westfalen  an  der  Porta 


Westfalica  56,  280,  300,  347,  363, 

371,  388,  397 

—  Wilhelmshaven,  Rathhaus . 84 

—  Zwickau,  evangel.  Kirche . 428 

Prellbock  auf  engl.  Bahnen . 124 

—  Wasser-Pr.,  Berechnung  dess.  .  .  .  186 

- Gestaltung  u.  Wirkungsweise  ders.  398 

—  —  Langleys . 116,  398 

Prefsluft,  s.  Druckluft. 

Preufsen,  s.  a.  Beamte. 

—  Eisenbahnen,  Erweiterung  und  neue 

Nebenbahnen .  70,  79,  136 

—  Eisenbahnfachwissenschaftliche  Vor¬ 

lesungen  .  159,  439 

—  Gesetzliche  Bestimmungen  über  die 

Breite  der  Radfelgen  und  die  Lade¬ 
gewichte  der  Fuhrwerke  ....  191 

—  Hochbauten  in  1889  .  526 

- Ausführungskosten  ....  161,  473 

—  Schöpfwerke,  neue . 167 

—  Staatshaushalts-Etat  für  1890/91  .  .  32 

—  Wasserbauten  1880  bis  1890  ....  485 
Profilmafsstäbe,  s.  Mefswerkzeuge. 


Prüfungen,  s.  a.  Untersuchungen  und 
Versuchsanstalten. 

—  Deutsches  Reich,  Vorschriften  über  die 

Ausbildung,  Pr.  und  Anstellung  im 
Schiffbau-  und  Maschinenbaufache 
der  Kaiserl.  Marine  ...  42,  45,  51 

—  Preufsen,  f.  d.  Staatsdienst  im  Baufache, 

Ergebnisse  von  1880/81  bis  1889/90  543 
- dgl.  1889/90  .  256 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1890. 


Seite 

Prüfiing’eu,  Preulsen,  Reg.-Baumeister  u. 

Reg.-Bauführer,  Reiseprämien  .  .  280 
- Vorprüfung . _  .  .  429 

—  —  techn.  Prüfungs-Aemter,  Mitglieder  329 

- Landmesser-Pr .  73,  505 

Piiller,  Wasserpuffer  (Prellböcke)  116, 

124,  186,  398 

Piizzolau-Cenieut,  s.  Gement. 

Quellen,  s.  Sickerwasser. 

Radreifen,  s.  Eisenbahn-Fahrzeuge 
Ralitjeus  „Patent-Composition“  ....  121 
Rathliäuser,  Aachen,  Wiederherstellung 

des  R . 111,  448 

—  Leipzig,  Netibau  .  .  .  87,  101,  144,  235 

—  Osnabrück,  Bildwerke  am  R.  .  .  460,  472 
Raucliplage  in  grofsen  Städten  ....  350 

—  Verwendung  d.  Leuchtgases  gegen  d.  R.  364 
Raucliverliiudening,  Carios  Feuerungs¬ 
anlage  mit  rairchfreier  Verbrennung  93 

Rausclieuberg,  F.  W.,  Nachruf  für  Heinr. 

Müller  (Bremen)  . . 132 

Rawitscli,  Strafanstalt,  neues  Zellenhaus, 

132,  256 

Rechtsprechung,  Grenzen  des  Flufsbettes 

gegenüber  dem  Privateigenthum  .  222 
Regenmesser,  s.  Mefs Werkzeuge. 
Reg-eninessungen,  aufserordentl.  Regen- 


höhen  in  1889  .  136 

Reichstagsgehäade,  Berlin . 541 

Reitbahnen,  Mannheim,  Gebäude  der 

„Tattersall“-Gesellschaft  ....  117 
Restaurationsbauten,  s.  Ausbauten, 
Erueuerungsarbeiten ,  Um¬ 
bauten,  Wiederherstellung  s- 
bauten. 

Rettigs  Stufenbahu,  Versuche  mit  ders.  .  7 

Rettungsboje  mit  unauslöschbarera  Licht  463 
Rettungswesen,  Rufsland,  Gesellschaft  für 

Hülfeleistung  auf  dem  Wasser  .  .  112 


Rhein,  Der  Rheinstrom  und  seine  wich¬ 
tigsten  Nebenflüsse  (Bücherschau)  234 

—  Regulirung  des  Rh.  zwisch.  Mannheim- 

Ludwigshafen  und  Kehl-Strafsburg 

105,  113,  128,  133,  140 

—  Schiffahrt,  Statistik . 308 

—  Wasserbauten  am  Rh.  von  1880 — 1890  488 
Rheinland,  Kaiser  Wilhelm  -  Denkmal, 

Preisbewerbung  187,  198,  210,  225, 

240,  252,  260,  508,  530 
Richter,  Johannes,  Eisenb.-Bauinsp.  a. D.  f  20 
Richter,  0.,  Das  Grabdenkmal  d.  Kaisers 

Hadrian . 295 

Riedler,  A.,  Kraftversorgung  durch  Druck¬ 
luft  in  Paris . 49,  61 

Riiidl,  Die  Bohrmaschinen  im  Mansfelder 

Kupferschiefer-Bergbau . 343 

V.  Ritgen,  Dr.  0.,  Burg  Gleiberg  ...  20 
Roeder,  F.,  Schützenwehr  mit  umlegbaren 

Griessäulen . 484 

Roeder,  R.,  Beseitigung  der  Schiff'ahrts- 

hindernisse  am  Eisernen  Thor  .  .  23 

Rolirleituugen,  Anschlufs  d.  Blitzableiter 

an  Gas-  und  Wasser- R . 350 

—  Unterbringung  des  Versorgungsnetzes 

im  grofsstädt.  Strafsenbau  353,  375,  386 
Rohrpost-Anlage,  Stettin,  Güterbahnhof  508 
Rom,  Grabdenkmal  des  Kaisers  Hadrian  295 


—  Parlamentspalast,  Wettbewerbung  .  .  145 

—  Seecanal  nach  R . 58 


—  Strafsenbrücke,  altröm.,  Ausgrabung  .  28 

Roman-Cement,  s.  Gement. 

Rost-Brüchigkeit  des  Eisens,  Versuche  .  235 
Rothes  Spülvorrichtung  f.  Schmutzwasser¬ 


leitungen  . 51 

Rügenwalderniünde ,  Hafenbauten  von 

1880  bis  1890  498 

Ruramelsbiu'g  (Berlin),  Erlöserkirche, 

Grundsteinlegung . 187 

Rufsland,  Attaches,  techn.  d.  russ.  Regier.  16 

—  Berichte  d.  techn.  Attaches  ....  189 

—  Eisenbahn  Wladikawkas- Tiflis  (Kau- 

kasus-Uebergang) . 540 

—  Gesellschaft  f.  Hülfe  auf  dem  Wasser  112 

—  Seehäfen . 266 

Rutschungen,  Sicherung  eines  Eisen¬ 
bahndammes  durch  Entwässerungs¬ 
stollen  . 60 

V.  Rziha,  Fr.,  Der  Mansfelder  Kupfer¬ 
schiefer  -  Bergbau  (Betriebsergeb¬ 
nisse  der  Bohrmaschinen)  ....  343 

—  Der  Einsturz  der  Prager  Karlsbrücke  402 


Seite 

Saal,  Das  Kuppelgebäude  zur  photograijh. 


Aufnahme  der  Himmelskarte  bei 

Potsdam . 389 

Saale,  Wasserbauten  an  der  S.  von  1880 

bis  1890  490 

Saar,  Ganalisirung  der  S . 489 

Salviati,  A.,  in  Venedig  f . 52 

Sandsteiugliederungeu  an  Miethshäuser- 

fronten . 173 

Sarkophage,  Gonstantinopel,  makedonische 

Königs-S.  aus  Saida  (Sidon)  .  329,  526 
Schäfer,  Geschwindigkeitsmesser  f.  Loco- 

motiven . 524 

Schienen,  s.  Eisenbahn  -  Oberbau. 
Schittahrt,  s.  a.  Dampfschiffe. 

—  Gongrefs  für  Binnenschiffahrt  in  Man¬ 

chester  .  227,  328 

—  deutsches  Reich,  Karte  des  Wasser- 

strafsen-Verkehrs  1885  .  41 

—  Main-Sch.,  Verkehr  ....  .  .  291 

—  Oder,  Preisbewerbung  für  ein  Segel- 


—  Oel  zur  Beruhigung  der  Meereswelleu, 

Silas  Geschofs  mit  Oelfüllung  .  .  447 

—  Ohio-Sch . 407 

—  Preufsen,  Verkehr,  Schiffsgröfse  und 

Tragfähigkeit  von  1880  bis  1890  .  494 

—  Rhein-Sch.,  Statistik . 308 

—  Schiflszug  durch  Maschinenkräfte,  Ver¬ 

suche  am  Oder-Spree-Ganal  ...  37 

—  Suez-Ganal,  elektr.  Beleuchtung  .  .  .  535 

—  Verkehr  auf  den  Wasserstraisen  Ber¬ 

lins  1889  .  123 

Schiffahrtszeichen,  Glocken  als  Nebel- 

siguale  in  Nord-America  ....  464 

—  Preufsens  von  1880  bis  1890  ....  496 
Schilling,  W. ,  Beitrag  zur  Gründung  in 

Triebsand . 40 

—  Schienen-Profllmesser . 104 

—  Schi'aubenschlüssel  mit  Selbsteinstel¬ 

lung  . 544 

Schimmels  Waschküchen-Einrichtungen  f. 

Kliniken .  ...  314 

Schizophon,  Aufsuchen  von  Blasen  in 

Metallen  mittels  des  Sch . 392 

Schlacliencement,  s.  Gement. 

Schleichers  Patent-Theaterstuhl  ....  159 
Schlösser,  s.  a.  Burgen,  Kaiserpalast 
u.  Paläste. 

—  Alhambra,  Brand . 452 

—  Heidelberger  Schlofs,  Bodenunter¬ 

suchung  . 260 

Schmieröl,  Mineral-Sch.,  Lieferungs- Be¬ 
dingungen  .  477,  478 

Schmitz  (Franz)  Ernennung  zum  Dom¬ 
baumeister  in  Strafsbxirg  i.  E.  .  .  111 
Schueeahfuhr,  Beseitigung  durch  die 

städt.  Entwässerungscanäle  .  .  .  159 

Schiieehöheii,  Messung  ders . 159 

Schiieepflüge,  Szarbinowskis  Vorrichtung 
an  Sch.  zur  Theilung  der  Schnee¬ 
massen  . 536 


Schiieeverwehungeii,preufs.Staatsbahnen, 
Verbesserung  der  Mittel  zur  Ver¬ 
hütung  und  Beseitigung  von  Sch.  .  36 
Schöiiermark ,  G.,  Die  Zimmergothik  in 
Deutsch -Tirol.  II.  Das  Etschthal. 


Von  Fr.  Paukert  (Bücherschau)  .  .  440 
Schöpfwerke,  s.  Entwässerung. 
Schrauheiischlüssel,  Schillings  Sch.  mit 

Selbsteinstellung . 544 

Schulze,  Friedr.,  Werkstattgebäude  für 
Monumental  -  Bildwerke  am  Kron- 

prinzen-Ufer  in  Berlin . 423 

Schulze,  Friedr.  Otto,  Wettbewerb  um  den 

Parlamentspalast  in  Rom  ....  145 

—  Das  Studium  der  Naturformen  an 

kunstgewerblichen  Schulen,  von 
M  Meurer  {Bücherschau)  ....  245 

—  Die  Bauten  der  nationalen  Ausstellung 

von  1891  in  Palermo . 332 

Schweifsverfahreu,  elektr.,  von  Thompson  95 
Schwelleu,  s.  Eisenbahn-Oberbau. 
Schwesternhaus,  Gassei,  z.  Rothen  Kreuz  1 
Schwinge,  Wasserbauten  an  der  Schw. 

von  1880  bis  1890  .  490 

Seecaual,  s.  Ganal. 

Seger,  Prof.  Dr.  H.,  Wetterbeständigkeit 

altrömischer  Ziegel  und  Mörtel  .  .  90 

Shay-Locomotive . 327 

Siam,  Eisenbahnbauten . 500 


Seite 

Sicherheitsmafsregelii  bei  Arbeiten  in 


Prefsluft .  446,  483 

Sickerwasser,  Einflufs  des  Waldes  auf 

Bodenfeuchtigkeit  und  S.  .  .  433,  472 
Siehels  Verfahren  zur  Herstellung  von 

Metall-,  Dach-  u.  Wandpaxxpe  .  72  . 
Silas’  Geschofsvorrichtung  zum  Abstillen 

der  Meereswellen  mit  Oel  ....  447 
Spandau,  Garnisonkirche .  341 


Speisehalle,  Hamburg,  Sp.  am  America-Kai  355 
Spree-Reguliruugen  von  1880  bis  1890  .  491 

Stadtbahnen,  s.  Eisenbahnen. 

Stahl,  Stahlgemische  durch  Zusatz  von 

Metallen .  246,  392 


Stahmers  Stellvorrichtungen  f.  Eisenbahn- 

abschlufstelegraphen  u.  Vorsignale  412 
Statik,  s.  Graphische  Ermittlungen. 
Statistik,  America,  Eisenbahnen,  Umfang 

der  einzelnen  Eisenb. -Netze  .  .  .  536 

—  Baden,  Hochbauten  1890/91  ....  284 

—  Berlin,  Fernspi-echanlagen,  unterird. 

Netz . 484 

- Schifl’ahrtsverkehr . 123 

—  Brücken,  weitgespannte  Br.  d.  Neuzeit 

357,  366,  376,  383,  391,  407 

—  Deutsches  Reich,  Eisenbahnen  1888/89  336 

—  —  dgh,  Radreifenbi’üche  .  .  .  271,  337 

—  —  Strafseubahneu,  Entwicklung  von 

1865  bis  1890  250 

—  London,  Strafsenverkehr . 199 

—  Main -Schiffahrt,  Verkehr . 291 

—  Mittelalterl.  Werk-,  Lohn-  u.  Geldwerth  13 

—  New -York,  Hochbahnen,  Verkehr  von 

1872  bis  1889  .  .  .  _  .  .  .  .  .426 

—  Preisbewerbungen,  architektonische, 

Ergebnisse  seit  1868  .  381 

—  Preufsen,  Hochbauten  in  1889  .  .  .  526 

—  —  dgh,  Ausführungskosten  .  .  161,  473 
- Prüfungen  für  den  Staatsbaudienst, 

Ergebnisse  von  1880/81  bis  1889/90  543 
- dgh,  Ergebnisse  1889/90  ....  256 

—  —  Schiffahrt,  Verkehr  und  Tragfähig¬ 

keit  der  Schiffe  von  1880  bis  1890  494 

—  —  Wasserbauten,  Aufwendungen  1880 

bis  1890  485 

—  Rhein-Schiffahrt . .  .  308 

—  Wasserstandsbeobachtungen  an  der 

Elbe  und  Oder . 147 

—  Wasserstrafsen,  Verkehr  in  Deutsch¬ 

land  1885  .  41 


—  Techn.  Hochschulen,  s.  Hochschulen. 
Staudämme,  s.  Thal  sperren. 

Steiiibrüche,  Marmorbrüche  der  Gewerk¬ 
schaft  „Vereinigte  Mecklinghauser- 
Marmorgruben“ . 108 

Steiiidorfl“,  H.,  Lehrbuch  der  gothischen 
Gonstructionen  von  G.  Ungewitter 

(Bücherschau) . 415 

Steine,  natürh  Bausteine,  deutsche,  Festig¬ 
keit  usw . 53,  72 

—  Hausteine,  Zusammenstellung  der  in 

Deutschland  gebräuchlichen  H  .  .  350 

—  natürh  und  künstl.  Bausteine,  Frost¬ 

beständigkeit  .  .  290,  319,  340,  363 

Steinmetz-Werkzeug,  McGoys  Druckluft- 

Werkzeug  .  ....  417 

Steiuzauge  für  Strombauten . 124 

Sternwarte,  Potsdam,  Kuppelgebäude  zur 
photograph.' Aufnahme  der  Himmels¬ 
karte  . 389 

Stettin,  Rohrpost-Anlage  auf  dem  Gentral- 

Güterbahnhofe . 508 

Stier,  H.,  Die  Ergebnisse  des  architekto¬ 
nischen  Wettbewerbs  in  den  letzten 

22  Jahren . 381 

Stiftungen,  Boissonnet-St . 27,  187 

—  Stipendium  für  Gulturtechniker  .  .  9,  537 
Stil,  s.  Baugeschichte  und  Baustil. 
Stipendien,  s.  Stiftungen. 

Stolpinünde,  Hafenbauten  von  1880—1890  498 
Stoltenberg,  W.,  Zur  Anwendung  des 

Eisens  im  Hochbau . 30 

Stolz,  Zur  Frage  der  Feuerlöschgranaten 

207,  291 

Strafanstalt,  s.  Gefängnisse.  _ 

Strafsburg  i.  E.,  Ganal  oder  freier  Rhein 
für  die  Schiffahrt  bis  St.  105,  113, 

128,  133,  140 


—  Dombaumeister-Stelle . Ul 

—  Kaiserpalast,  Inneres . 23 

—  Kirchen,  Garnison-K . 393 


1890. 


Gentralblatt  der  Bauverwaltung. 


Seite 


Strafsenbahiien ,  Judsons  Treibwelle  für 

St. -Betrieb . 379 

—  London,  elektr.  Betrieb . 455 

—  Rettigs  Stufenbahn,  Versuche  mit  ders.  7 

—  Deutschlands,  Entwicklung  von  1865 

bis  1890  250 

Strafsenhau,  Versorgungsnetze  in  Grofs- 

städten,  Unterbringung  d.  V.  353,375,  386 
Strafsen verkehr,  London,  Regelung  des 

St.  in  der  Innenstadt . 484 

- Umfang  des  St . 199 

Strafsenwalzeii,  Widerstände  der  Dampf¬ 
walzen  . 131 

Struck,  Ueber  Profilmafsstäbe  ....  62 
Stufeiihalm,  s.  Strafsenbahn. 

Suez -Canal,  elektr.  Beleuchtung  ....  535 
Swiiieinüiide,  Hafenbauten  von  1880 — 1890  498 
Szarbinowskis  Vorrichtung  zur  Theilung 

der  Schneemassen  bei  Schneepflügen  536 
Techniker,  deutsche,  im  Auslande  ...  52 


—  Unterstützung  d.  Hinterbliebenen  v.  T.  256 
Teinperaturbleche,  s,  Eisenbahn-Ober¬ 
bau. 

Thalspevreii,  Chemnitz,  für  die  Wasser¬ 


versorgung  . 471 

—  Johnstown,  Bruch  der  Th . 28 

—  Walnut  -  Grove- Damm  (Nordamerica) 

Bruch . 133 

Theater,  Feuersichere  Decorationen  aus 

Asbest-Gewebe . 181 

—  Schleichers  Patent-Theaterstuhl  .  .  .  159 

—  Worms,  städt.  Spielhaus  .  .  .  154,  167 
Theaterbräude,  s.  Brände. 

Theekücheii  für  Kliniken . 314 

Thiersch,  Friedr.,  Die  Entwürfe  zum  neuen 

Justizgebäude  in  München  .  465,  480 
Thompsons  elektr.  Schweifsverfahren  .  .  95 
Thorbauteu,  Trier,  Porta  nigra  .  .  505,  519 
Thüreu,  Feuersichere  Brandmauer -Th., 

Verhalten  bei  einem  Brande  .  .  .371 
Thürme,  Breslau,  Nordthurm  der  Maria- 

Magdalenenkirche,  Wiederaufbau  .  198 

—  London,  Watkin-Th . 337 

—  Paris,  Eififel-Th.,  Windgeschwindig¬ 

keitsmessungen  . 45 

—  Ulm,  Münsterth.,  Vollendung  228,  243, 

258,  273,  287 

Tillinauns  Rohrkörper  aus  schraubenför¬ 
mig  gewundenem  Blech . 456 

Tiinbys  Heizung  u.  Lüftung  ganzer  Stadt- 

theile . 412 

Titz,  Eduard,  Architekt  in  Berlin  f  52,  80 
Tolle,  Adolph,  Geheimer  Baurath  in  Ber¬ 
lin  f  . 152 

Träger,  Doppelfachwerkträger,  Anordnung 
der  Wandglieder  in  den  Endfeldern 
der  D . 190 

—  Fachwerk-Tr.,  Zur  Lehre  vom  F.-Tr.  71 

■ — ■  mit  freischwebenden  Stützpunkten  .  .  121 

Tragfähigkeit  v.  Monierbauten  15,  340,  543 
Trier,  Porta  nigra, Baugeschichtliches  505,  519 
Trockenvorrichtuugen ,  Schimmels 

Wäschetrockenvorrichtung  ....  314 
Troja,  Schliemanns  Ausgrabungen,  .  409,  423 
Tunnel,  s.  a.  Bohrmaschinen. 

—  Trockenlegung  nasser  Tunnelgewölbe 


—  T.  unter  Wasser,  L.  Beechers  Bau¬ 

weise  mittels  keilförmiger  Stirnwand  416 

—  Firth  of  Forth-T . 448 

—  Glasgow,  Clyde-T . 278 

—  New-York,Hudson-T.,  Wiederaufnahme 

der  Bauarbeiten . 302 

- dgl.,  Mannschaftskammer  f.  d.  Bau¬ 
arbeiten  in  Prefsluft . 483 

—  Olimpino-T.  bei  Como,  Umbau  .  .  462 

Turin,  Architektur- Ausstellung  244,  442,  500 
Ueberliugen,  Münster,  Ausbau  des  M.  .  308 
tJferschutzbauteu  vor  dem  Wesselburener 

Koog  (Schleswig-Holstein)  ....  286 
Ulm,  Münster,  Vollendung  des  Münster- 

thurmes  .  .  228,  243,  258,  273,  287 

Umbauten,  Leipzig,  Rathhaus,  Erweite¬ 
rung  u.  Neubau  .  .  .  .87,  101,  .144 
Unfallverhütung  b.  Fensterputzen,  Schutz¬ 
vorrichtung  . . 64 

Ungarn,  „Eisernes  Thor“,  Beseitigung  der 

Schiffahrtshindernisse . 23 

Unstrut,  Wasserbauten  an  der  Unstrut 

von  1880  bis  1890  .  490 

Untersuchungen  von  Bau-  und  Construc- 


SeiU 

tionsmaterial,  einheitl.  Prüfungsver¬ 
fahren  .  348,  438 

Untersuchungen  von  Mineral-Schmierölen 

477,  478 

Universitätsbanten,  Kliniken,  zweckm. 

Einrichtungen  .  21,  38,  304,  314,  404 

—  Breslau,  Wirthschaftsgebäude  der  kli¬ 

nischen  Anstalten . 304 

Utheinann,  Regierungs-  und  Baurath  in 

Cassel  t . 16 

Yarnhagen,0., Kirche  i.  Langenstein  a.Harz  107 
Vereine,  America,  V.  d.  Eisenbahnwagcii- 

bauer(MasterCarbuilder  association)  472 

—  Berlin,  Architekten- V.,  Jahresfest  .  .  120 

- dgl.  Vorstand  .  63 

- V.  Berl.  Künstler,  Bismarck-Adresse  144 

—  V.  deutscher  Eisenbahntechniker,  Feier 

des  40jährigen  Bestehens  ....  227 

—  V.deutscheiTngenieure,  Hauptversamm¬ 

lung  in  Halle  a.  S . 318,  352 

—  für  Fabrication  von  Ziegeln,  Thonwaren 

usw.  26.  Haupt- Versammlung  .  .  103 

—  V.  f.  öffentliche  Gesundheitspflege,  Ver¬ 

sammlung  in  Braunschweig  .  .  .  363 

—  Köln,  Arch.-  u.  Ing.-V.  für  Niederrhein 

und  Westfalen . 159 

—  Königsberg  i.  Pr.,  ostpreufs.  Arch.-  u. 

Ing.-V.,  Vorstand . 152 

—  München,  Gesellschaft  zur  Beförderung 

rationeller  Malverfahreu  ....  64 

—  Preufsischer  Beamten -V . 256 

—  Rufsland,  Gesellschaft  für  Hülfeleistung 

auf  deui  Wasser . 112 

—  Verband  deutscher  Arch.  u.  Ing.-V., 

Abgeordneten-  und  Wander-Ver- 
samml.  in  Hamburg  188,  223,  280, 

328,  349,  361,  373,  390,  500 

—  —  Vereinssecretär . 349 

—  —  Vorstand . 526 

- Mitgliederverzeichnifs . 349 

- „Mittheilungen“  des  Verbandes  349,  448 

Yersammluiigeii,  Berlin,  zur  Vereinbarung 

einheitl.  Prüfungsarten  für  Bau-  und 
Constructionsmaterialien  .  .  348,  438 

—  Manchester,  4.  Internat.  Binnenschiff- 

fahrtscongrefs .  227,  328 

—  Palermo,  V.  italienischer  Arch.-  u.  Ing.  8 

—  St.Petersburg,internat.Eisenbahncongr.  80 

—  —  IV.  internat.  Congrefs  f.  Gefängnifs- 

wesen . 268 

Versammlungsräume,  Feuersichere  Deco¬ 
rationen  und  Podien  aus  Asbest- 

Gewebe  . 181 

Versorgungsnetz,  s.  a.  Beleuchtung, 
Druckwasserversorgung,  Ent- 
w  äs  serung,  Fe  r  ns  p  rech  lei  tu  Il¬ 
gen,  Kabelleitung,  Wasser¬ 
versorgung. 

Versuchsanstalten,  Vereinbarung  einheitl. 
Prüfungsverfahren  für  Bau-  und 
Constructionsmaterialien  .  .  348,  438 

—  Berlin,  physicalisch-technische  Reichs¬ 

anstalt  . 350 

Verwaltungsgebäude,  Euskirchen,  Kreis¬ 
haus  .  56,  209 

—  Hameln,  Wasserbauamt . 411 

Villiugeu,  Münster,  Wiederherstellung  .  363 
Vogdt,  Spülvorrichtungen  für  Schmutz¬ 
wasser-Leitungen  . 51 

Voiges,  Widerstände  der  Dampfwalzen  .  131 
Voigtei,  Amtlicher  Bericht  über  den  Fort¬ 
bau  des  Domes  in  Köln  ....  277 
Volkmann,  Seehäfen  Rufslands  ....  266 

—  Bau  einer  Eisenbahn  Wladikawkas- 

Tiflis  über  den  Kaukasus  .  . 


540 

439 


Vorlesungen,  eisenbahnfachwissenschaftl. 

in  Preufsen . 159, 

Wagemann,  Regierungs-  und  Baurath  in 

Cottbus  t . 20 

Wagenscliieber,  Goliath-Eisenbahn-W'^.  .  407 
Wärmemessungen  mittels  Kabelleitungen  123 
Warthe,  Wasserbauten  an  der  W.  von 

1880  bis  1890  .  .  .  ...  .  .482 

Wascliküchen-Einrichtung  für  Kliniken  .  314 
Waschmaschinen,  Schimmels W.  f.  Kliniken  314 
Wasserbauten,  Preufsen,  1880  bis  1890  .  485 

—  Steinzange  f.  Strombauten . 124 

Wasserkraft  der  Niagara-Fälle,  Nutzbar¬ 
machung  . 272 

Wasserkraftmaschinen,  s.  D  r  u  ck  w  a  s  s  e  r- 
mas  chinen. 


Wasserrecht,  Grenzen  des  Flufsbettes 

gegenüber  dem  Privateigenthum  .  222 
Wasserstandsbeobachtungen  mit  Bezug 

auf  die  Stromregulirungen  ....  147 
Wasserstrafsen,  deutsche,  Karte  des  Ver¬ 
kehrs  1885  41 

— •  Preufsens  von  1880  bis  1890  ....  485 
Wasserversorgung,  s.  a.  Druck  Wasser¬ 
versorgung,  Rohrleitungen. 

—  Chemnitz,  Thalsperre  für  die  W.  .  .471 

—  holländischer  Städte . 54 

—  Iglau  i.  Mähren,  Kühlschacht  d.  Wasser¬ 

leitung  . 316 

Wasserwirthschaft,  Einflufs  des  Waldes 

auf  Bodenfeuchtigkeit . 433 

Webbs  Wasser- Prellbock . .398 

Wehre,  Carros  Rollklappenwehr  ....  211 

—  Klappenwehre  bei  Canalisirung  von 

Flufsstrecken  mit  schnellem  Wasser¬ 
wechsel  .  185,  203 

—  Pochets  bewegl.  W . 456 

—  Reeders  Schützenwehr  mit  umlegbaren 

Griessäulen . 484 

Weichen,  s.  Eisenbahn-Oberbau. 
Weichsel,  Regulirung,  Gutachten  d.  Akad. 

d.  Bauw . 77 

—  Wasserbauten  an  d.  W.  1880  bis  1890  493 

Weiudorfer,  Rieh.,  Feuerungsanlage  mit 

rauchfreier  Verbrennung  (Cario- 

Feuerung) . 93 

Wellblech,  W.-Dächer,  Verbesserungen 

an  dens.  .  .  . 370 

—  Tillmanns’  Candelaber  aus  W.  .  .  .  456 

Wellen,  Silas  Geschofs  mit  Oelfüllung 

zum  Abstillen  der  Meereswellen  .  447 
Werkzeuge,  MeCoys  Druckluft-W. .  .  .  417 
Weser,  Wasserbauten  von  1880  bis  1890  490 


Westfalen,  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der 
Prov.  W.  56,  280,  300,  347,  363,  371, 

388,  397 

Wetterbeständigkeit  altrömischer  Ziegel 

und  Mörtel . 90 

Weyrich,  C.,  Ueber  Stahlgemische  durch 

Zusatz  von  Metallen  ....  246,  392 
Wickop,  Ausstellung  von  Aquarellen  usw. 

Ewerbecks  in  Aachen . 222 

—  Die  Renaissance  in  Belgien  und  Hol¬ 

land,  von  Pr.  Ewerbeck  (Büchersch.)  360 
W  i  ederher  stellungsb  auten,  B  eh  an  dl  ung 

von  Mauerflächen . 201 

—  Aachen,  Rathhaus . 111,  448 

—  Breslau,  Nordthurm  der  Maria  Magda- 

lenenkirche . 198 

—  Colberg,  St.  Marien-Domkirche  .  73,  99 

—  Freiburg  i.  Br.,  Münster . 269 

—  Heidelberg,  Schlofs,  Bodenuntersuchung  260 
-  Köln,  Dom,  Bericht  über  den  Fortbau  277 

- —  St.  Pantaleonskirche . 309 

—  Marienburg,  Zustand  der  Marienburg 

unter  polnischer  Herrschaft  .  .  .  183 

—  Osnabrück,  am  Rathhaus  .  .  .  460,  472 

—  Ueberlingen,  Airsbau  des  Münsters.  .  308 

—  Ulm,  Münsterthurm,  Vollendung  228, 

243,  258,  273,  287 

—  Villingen,  Münster,  Wiederherstellung  363 

Wien,  Strafsenbrücken  in  Monier -Bau¬ 
weise,  Versuche  der  Südbahngesell¬ 
schaft  . 15,  340 

Wietholf,  Ausführungskosten  neuerer 
preufs.  Staatsbauten  aus  dem  Gebiete 

des  Hochbaues . 161,  473 

Wiuddruck,  Messungen  a.  d.  Forthbrücke  45 

Windgeschwindigkeit,  Messungen  am 

Eiffelthurm  in  Paris . 45 

Wohnhaus,  s.  a.  Dien  st  wohn  haus. 

—  Hameln,  Wasserbauamt . 411 

—  Neubrandenburg,  Haus  Giesecke  •  .  66 

Wollt',  Hülfsmittel  für  die  Annahme  und 

Abfertigung  der  Züge  auf  dem 
Bahnhofe  in  Frankfurt  a.  M.  .  231,  238 
Wolltrain,  H.,  Ueber  die  Grenzen  des  Flufs¬ 
bettes  eines  öffentlichen  Stromes 
gegenüber  dem  Privateigenthum  .  222 
Worms,  städtisches  Spielhaus  .  .  .  154,  167 
Wronke,  Central-Gefängnifs  d.  Prov.  Posen  501 
Württemberg,  Staatsbahnen,  Entwicklung  453 
Xanten,  Kirche  des  heil.  Victor,  mittel¬ 
alterliche  Bauführung . 13 

Zahnradbahnen,  Pilatusbahn . 3 

Zeichenunterricht  an  kunstgewerblichen 

Schulen,  Studium  der  Naturformen  245 


Centralblatt  der  Ban  Verwaltung. 


1890, 


Seite 

Zeitsclirifteu,  s.  a.  Nachdruck. 

—  Centralblatt  d.  Bauverwaltuug,  Inhalts- 

verzeichnifs  für  1881  bis  1890  .  .  455 

—  Sammelmappe .  •  208 

Zeitschrift  fiii’ Bauwesen,  Inhalt  44,  152, 

308,  448 

Ziegel,  s.  a.  Dachziegel. 

—  altrömische  Z.,  Wetterbcstäiidigkeit  .  90 
Ziegelrohbau,  Behaudlung  d,  Mauerfläche  201 

—  Miethshäuserfroiiten . 


Seite 


Ziinnierniaiiii,  Dr.  H.,  Rechentafel,  Be¬ 
richtigungen  . 20 

—  Zur  Frage  des  Einflusses  der  Fahr¬ 

geschwindigkeit  auf  die  Durchbie¬ 
gung  eiserner  Brücken . 4.32 

—  Einflufs  der  Biegung  auf  die  Abnutzung 

an  den  Stützflächen  der  Eisenbahn¬ 
schienen  . 437 

—  Versuche  mit  Gewölben  aus  verschie¬ 

denen  Baustoffen . 4Ö3 


Seite 

Zollanschlufsbauteu,  Altona  .  .  .  165,  178 
—  Hamburg . 356 


Zoller,  Egon,  Die  gesetzlichen  Bestim¬ 
mungen  über  die  Breite  der  Rad¬ 
felgen  und  die  Ladegewichte  der 
Fuhrwerke  in  verschiedenen  Län¬ 
dern  im  Zusammenhang  mit  der 

Strafsentechnik . 191 

Zürich,  Theaterbrand . 16 


Bruckfeliler-Bericlitigimgen. 


S.  20, 
.,  44, 

..  56, 

„  79, 
„  168, 
„  183, 
.,  235, 

„  243, 
„  249, 


2.  Spalte,  Zeile  21  v.  o.  lies  1841  statt  1842. 

2.  Sp.,  Zeile  7  u.  Zeile  8  v.  o.  lies  Kaiserlichen  statt  König¬ 
lichen. 

2.  Sp.,  „  40  V.  u,  lies  Abels  statt  Meis. 

in  der  Tabelle,  vergl.  die  Berichtigung  auf  S.  136,  2.  Sp. 

2.  Sp.,  Zeile  20  v.  o.  lies  Verbreitung  statt  Verbreiterung. 


Sp., 

„  14  V.  u. 

,.  polnische  statt  russische. 

Sp., 

„  17  V.  0. 

„  Kalksteinquadern  statt  Sandstein¬ 

quadern. 

Sp., 

,,  42  V.  u. 

„  Drollinger  statt  Dallinger. 

Sp., 

,,  33  V.  u. 

„  1861  statt  1876. 

S.  327,  2.  Sp.,  Zeile  16  v.  o.  lies  11,3  cbm  statt  1,13  cbm. 

„  368,  2.  Sp.,  „  3  V.  0.  fällt  „(Centralbl.  d.  Bauverw.  1886,  S. 

313)“  fort. 

„  369,  in  der  Tabelle,  vergl.  die  Berichtigung  auf  S.  407,  1.  Sp. 

377,  2.  Sp.  ist  die  Abb.  10  um  180°  gedreht  zu  denken. 

.,  395,  2.  Sp.  und  S.  397,  2.  Sp.,  vergl.  die  Berichtigung  auf  S.  407, 

1.  Sp. 

,,  475,  1.  Sp.,  unter  b.  Wohnhäuser  für  Förster  lies  in  Nr.  11  in  der 

7.  Sp.  69,8  statt  9,8. 

,,  527,  1.  Sp.,  Zeile  15  v.  o.  lies  18.  Jahrhunderts  statt  17.  Jahr¬ 
hunderts. 


1 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  4.  Januar  1890.  Nr.  1. 


Bedaction :  SW.  Zimmerstrafse  7  n.  öesehäftsatelle  nnä  Annahme  der  Anzeigen : 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,7.5  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,7.5  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INBAliT;  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Nichtamtliches  Schwesternhaus 
zum  Rothen  Kreuz  in  Cassel.  —  Die  Pilatusbahn.  —  Herstellung  grofser  Betonbetten 
unter  Wasser.  —  Selbstzeichnender  Hoch-  und  Niedrigwasser-Pegel.  —  Vermischtes: 
Preisausschreiben  für  ein  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  in  Köln.  —  Kurfürstendamm-Ge- 

Seilschaft  in  Berlin.  —  Eettigsche  Stufenbahn.  —  Besuch  der  techuischeu  Hochschule 
in  Darmstadt  im  Winterhalbjahr  1889/90.  —  Technische  Hochschule  in  Darmstadt.  — 
Versammlung  der  italienischen  Architekten  und  lugenieiire  in  Palermo  im  Jahre  1891. 
—  Seecanäle  in  Italien.  —  Professor  Karl  Elis  t.  —  Bücherschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Ge¬ 
heimen  Ober-Baurath  und  Vortragenden  ßath  im  Ministerium  der 
öffentlichen  Arbeiten,  Friedrich  En  de  11,  den  Charakter  als  Ober- 
Baudirector  mit  dem  Kange  eines  Kaths  erster  Klasse,  und  dem  Bau¬ 
inspector,  Baurath  Daemicke  in  Erfurt,  sowie  den  Kreis  -  Bau- 
inspectoren,  Bauräthen  Passarge  in  Elbing,  Schulz  in  Verden 
und  Gramer  in  Langenschwalbach  aus  Anlafs  ihrer  Versetzung  in 
den  Ruhestand  den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Dem  Regierungs-  und  Baurath  Delmes  in  Elberfeld  ist  die 
Stelle  eines  Mitgliedes  der  Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst 
verliehen  worden 

Versetzt  sind:  der  Regierungs-  und  Baurath  Taeglichsbeck, 
bisher  in  Köln,  als  Mitglied  (auftrw.)  an  die  Königliche  Eisenbahn¬ 
direction  in  Erfurt,  der  Eisenbahn  -  Maschineninspector  Briinjes, 
bisher  in  Stendal,  als  Mitglied  (auftrw.)  an  die  Königliche  Eisenbahn¬ 
direction  in  Magdeburg,  die  Regierungs-  und  Bauräthe  Darup, 
bisher  in  Danzig,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche 
Eisenbahn  -  Betriebs  -  Amt  in  Cottbus,  und  Sprenger,  bisher  in 
Cottbus,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs -Amt  in  Danzig,  sowie  die  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebs¬ 
inspectoren  Frantz,  bisher  in  Frankfurt  a.  M.,  als  ständiger  Hülfs¬ 
arbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  (linksrh.)  in  Köln, 
und  Simon,  bisher  in  Thorn,  nach  Breslau  als  Leiter  des  bei  der 
Kgl.  Eisenbahndirection  daselbst  bestehenden  Bureaus  für  Vorarbeiten. 

Ernannt  sind:  die  Königlichen  Regierungs  -  Baumeister  Danco 
in  Saarbrücken  zum  Eisenbahn  -  Bau-  und  Betriebsinspector  unter 
Verleihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  König¬ 
lichen  Eisenbahn  -  Betriebs  -  Amte  daselbst,  und  Jahr,  bisher  in 
Potsdam,  zum  Eisenbahn-Bauinspector  unter  Verleihung  der  Stelle 
eines  solchen  bei  der  Hauptwerkstätte  in  Stendal. 

Angestellt  sind:  der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Boleslaus 
Gerpe  in  Kirchhain,  Regierungsbezirk  Cassel,  als  Königlicher  Kreis- 
Bauinspector  daselbst  und  der  Königliche  Regierungs  -  Baumeister 
Franz  v.  Pelser-Berensberg  in  Minden  als  Bauinspector  und 
technischer  Hülfsarbeiter  bei  der  dortigen  Königlichen  Regierung. 

Zu  Kömgliehers  Regierungs -Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Johann  Schlaeger  aus  Köln  a.  Rh.,  Hermann 
Salomon  aus  Gerdauen,  Max  Michael  aus  Reichenbach  i.  Schl., 
Theodor  Neuhaus  aus  Königsberg  O.-Pr.  und  Karl  Sieben  aus 
Aachen  (Hochbaufach);  —  Franz  Stoltenburg  aus  Stettin  (Ingenieur¬ 
baufach);  ■ —  Hermann  Niemeyer  aus  Altenstein  in  Thüringen, 
Friedrich  Knoll  aus  Frankfurt  a.  0.,  Max  Rosenthal  aus  Berlin 
und  Ludwig  Heilmann  aus  Hannover  (Masehinenbaufach). 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Otto  Schulze 
in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  er- 
theilt  worden. 


Nachruf. 

Am  25.  d.  M.  ist  unser  Mitglied,  der  Docent  der  Architektur  an 
der  Königlichen  technischen  Hochschule  hierselbst 

Herr  Professor  Karl  Elis 

infolge  einer  Herzlähmung  entschlafen.  Wir  betrauern  in  ihm  einen 
durch  Tüchtigkeit,  Pflichttreue  und  persönliche  Liebenswürdigkeit 
ausgezeichneten  Collegen  und  werden  ihm  stets  ein  ehrendes  An¬ 
denken  bewahren. 

Berlin,  den  28.  December  1889. 

Königliches  technisches  Prüfungs-Amt. 

Oberbeck. 


Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  den  ver¬ 
tragenden  Rath  im  Reichsamt  des  Innern,  Geheimen  Regierungs-Rath 
Busse  zum  Geheimen  Ober-Regierungs-Rath  zu  ernennen,  sowie  den 
Garnison -Bauinspectoren  Gerstner  in  Altona,  Rettig  in  Münster 
i.  W.,  Ullrich  in  Erfurt,  Reinmann  in  Mainz,  v.  Rosainsky  in 
Stettin,  Kienitz  in  Graudenz,  Veitmann  in  Gleiwitz,  Schneiderl. 
in  Halle  a.  d.  S.,  Brook  in  Magdeburg,  Arendt  in  Küstrin,  Rühle 
v.  Lilienstern  in  Karlsruhe,  Drewitz  in  Rostock,  Schmidt  in 
Strafsburg  i.  E.,  Zychlin  v.  Zychlinski  in  Wittenberg,  Dublanski 
in  Königsberg  i.  P.,  Busse  und  la  Pierre  in  Berlin  den  Charakter 
als  Baurath  zu  verleihen. 

Bayern. 

Der  Bauamtmann  Greding  in  Aschaffenburg  wurde  auf  An¬ 
suchen  wegen  körperlichen  Leidens  und  hierdurch  hervorgerufener 
Dienstunfähigkeit  auf  die  Dauer  eines  Jahres  in  den  Ruhestand  ver¬ 
setzt;  an  das  Landbauamt  Aschaffenburg  der  Bauamtmann  Pacher 
in  Windsheim,  seiner  Bitte  entsprechend,  versetzt;  zum  Bauamtmanne 
des  Landbauamtes  Windsheim  der  Bauamts -Assessor  Schmidt  in 
Hof  befördert,  und  die  Assessorstelle  bei  dem  Landbauamte  Hof 
dem  Staatsbauassistenten  Miller  in  Preising  verliehen. 

Württemberg. 

Seine  Königliche  Majestät  haben  vermöge  Höchster  Entschliefsung 
vom  24.  December  v.  J.  die  Stelle  eines  Bahnmeisters  in  Ravensburg 
dem  stellvertretenden  Bahnmeister  Weifs  in  Bopfingen,  diejenige  in 
Ebingen  dem  stellvertretenden  Bahnmeister  Frey  in  Weil  der  Stadt, 
diejenige  in  Weinsberg  dem  Bauführer  Busse  bei  dem  Betriebs¬ 
bauamt  Ravensburg  und  die  Stelle  eines  Werkführers  bei  der  Wagen¬ 
werkstätte  Cannstatt  dem  Maschinen-Bauführer  Süfsdorf  bei  der 
Locomotivwerkstätte  Rottweil  Gnädigst  übertragen. 

Bahnmeister  Fell  in  Ostrach  wurde  am  26.  December  v.  J.  nach 
Schwaigern  versetzt. 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redactenre:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  HofsfeM. 


Schwesternhaus  zum  Rothen  Kreuz  in  Cassel. 


Der  Vaterländische  Frauenverein  in  Cassel  erbaute  zu  Anfang 
dieses  Jahrzehntes  ein  Krankenhaus  in  der  Strafse  vor  dem  Königs- 
thore.  In  diesem  wohpten  bisher  auch  die  der  Krankenpflege  in  Krieg 
und  Frieden  sich  widmenden  Schwestern  vom  Rothen  Kreuze,  soweit  sie 
dem  Casseler  Zweigvereine  zugehören.  Allein  die  Ansprüche  an  das 
Krankenhaus  steigerten  sich  bereits  in  den  letztverflossenen  Priedens- 
jahren  derartig,  dafs  sich  das  Bedürfnifs  geltend  machte,  das  bisherige 


Gebäude  lediglich  den  Kranken  zu  überlassen  und  die  Wohnungen 
der  Schwestern  anderweitig  unterzubringen.  Der  Verein  erwarb  des¬ 
halb  ein  neben  seinem  Krankenhause  belegenes  Grundstück  von  der 
Stadt  und  beschlofs,  ein  besonderes  Schwesternhaus  mit  einem  Bet¬ 
saale,  der  zugleich  auch  den  nicht-gottesdienstlichen  Versammlungs¬ 
zwecken  des  Vereins  dienen  sollte,  zu  erbauen.  Im  Falle  der  Noth, 
zu  Kriegszeiten,  soll  jedoch  der  Neubau  auch  mit  Verwundeten  und 


9 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


4.  Januar  18D0. 


Kranken  belegt  werden,  worauf  beim  Plane  in  verschiedener  Be¬ 
ziehung  Kücksicht  genommen  ist. 

Aus  einem  im  vorigen  Jahre  ausgeschriebenen  Wettbewerbe 
gingen  der  Eegierungs-Baumeister  Böse  und  der  Unterzeichnete  als 
Sieger  hervor  (vgl.  Jahrg.  1888  S.  310  d.  Bl.)  und  wurden  im  Herbste 
desselben  Jahres  mit 
der  Ausarbeitung  und 
Ausführung  des  Baues 
betraut.  Gegen  die 
Pläne  der  Preisbewer¬ 
bung  enthält  der  Ent¬ 
wurf  einige  wenige  Er¬ 
weiterungen,  doch  ent¬ 
spricht  er  ziemlich 
genaiT  den  ursprüng¬ 
lichen  Programmbedin¬ 
gungen  oder  enthält 
vielmehr,  ohne  die  in 
diesen  gezogenen  nie- 
drigstenGrenzen  bezüg¬ 
lich  der  beanspruchten 
Grundfläche  und  der 
Kostensumme  zvi  über¬ 
schreiten,  inehrEäume 
von  der  vorgeschrie¬ 
benen  Gröfse,  als  ver¬ 
langt  waren,  welche 
aber  durchaus  nicht 
überflüssig  sind. 

Das  Gebäude  liegt 
ringsum  frei  und  in 
der  ziemlich  gleichen 
Entfernung  von  durch¬ 
schnittlich  G  m  vom 
Krankenhause  und  der 
nachbarlichen  Grenze 
entfernt  sowie  hinter 
der  Strafsenfluchtlinie 
zurück,  sodafs  ein 
Vorgarten  zwischen 
Haus  und  Strafse  ver¬ 
bleibt,  wie  es  beim 
Krankenhause  auch  der 
Fall  ist.  Beide  Ge¬ 
bäude  sollen  später 
als  Strafsenabschlufs 
ein  gemeinsames  Gitter  mit  zwei 
Durchfahrten  erhalten.  Auf  der 
Hinterseite  verbleibt  ein  ge¬ 
räumiger  Hof  oder  Garten,  der 
nach  Vollendung  des  Baues 
gleichfalls  mit  dem  des  Kranken¬ 
hauses  verbunden  werden  wird. 

Da  die  gesamte  Bewirthschaf- 
tung  und  Ueberwachung  des 
Schwesternhauses  vom  Haupt¬ 
gebäude  aus  geschehen  soll,  und 
damit  die  Schwestern  bei  un¬ 
günstiger  Witterung  und  nachts 
geschützt  zu  oder  von  ihrem 
schweren  Samariterdienste  gehen 
können,  ist  ein  aus  zwei  Jochen 
bestehender ,  kreuzgewölbter 
V  erbindungsgang  angeordnet, 
der  nach  der  Strafse  hin  nur 
eine  Gruppe  schmaler  Schlitz¬ 
fenster,  nach  dem  Hofe  zu  da¬ 
gegen  zwei  dreifache  Gruppen 
gröfserer  Fenster  hat  und  zu¬ 
gleich  in  einem  kleinen  Vor¬ 
bau  die  Haupteingangsthür 
enthält.  Der  Verbindungsgang 
dient  im  ersten  Stock  eben¬ 
falls  als  solcher,  ist  aber  hier  offen  und  soll  als  Söller  zum  Aufent¬ 
halt  für  Genesende  im  Freien  dienen.  Nur  der  Theil  dieses  Söllers 
unmittelbar  vor  der  Eingangsthür  ins  Schwesternhaus  ist  mit  einer 
Laube  in  Holzarchitektur  überdeckt.  Für  sie  ebenso  wie  für  die 
zweistöckige,  auf  massivem  Unterbau  in  Holz  zu  errichtende  Garten¬ 
laube  an  der  Hinterseite  des  rechten  Flügels  wurde  die  ausnahms¬ 
weise  Genehmigung  beim  Bezirks- Ausschufs  erwirkt. 

Das  Gebäude  selbst  enthält  im  Erdgeschofs  in  ähnlicher  An¬ 


ordnung  wie  in  dem  nebenstehend  abgebildeten  Obergeschofs  sechs 
ziemlich  gleich  grofse  Zimmer  von  15  bis  16,25  qm  Flächeninhalt,  die  je 
zwei  Schwestern  als  Wohn-  und  Schlafräume  dienen,  ferner  zwei 
grüfsere  für  je  drei  Schwestern.  Diese  beiden  sowie  eins  der  erst¬ 
genannten  Zimmer  liegen  unter  dem  Betsaale.  Der  eine  der 

gröfseren  Eäume  ent¬ 
hält  einen  nischen¬ 
artigen  Bettwinkel  und 
ist  mit  dem  angren¬ 
zenden  Hinterzimmer 
durch  eine  2,11m  breite 
dreiflügelige  Thür  ver¬ 
bunden  ,  damit  unter 
Umständen  beide  Zim¬ 
mer  zusammen  als  ge¬ 
meinsamer  Versamm¬ 
lungsraum  für  die  Haus- 
bewohnerinnen  dienen 
können.  Im  Hauptflur 
und  in  dem  Vorraum 
zum  Abort  befinden 
sich  zwei  Wasserzapf¬ 
stellen,  am  Nebenflure 
ein  geräumiger  Besen- 
raum.  Die  Anordnung 
der  Eäumlichkeiten  im 
ersten  Stock  ist  aus 
Abb.  2  ersichtlich. 
Die  Decke  des  79  qm 
grofsen  Bet-  und  Ver¬ 
sammlungssaales  ist 
als  ein  in  den  Dach¬ 
raum  hineinragendes 
Holzgewölbe  ausge¬ 
bildet,  und  die  Hänge¬ 
werke  der  Dachbinder 
gehen  verziert  durch 
den  freien  Eaum.  Im 
Dachgeschofs  befinden 
sich  an  bequemem  Vor¬ 
flure  noch  ein  Giebel¬ 
zimmer  undzwei  geräu¬ 
mige  Dachkammern, 
die  ebenfalls  noch  für 
je  zwei  Schwestern 
Schlafräume  darbieten, 
sodafs  im  ganzen  34  Schwestern 
das  Haus  bewohnen  können. 

Die  zweiiäufige  Treppe  hat 
mit  Eücksicht  darauf,  dafs  in 
dem  Betsaale  auch  Leichenfeier¬ 
lichkeiten  abgehalten  werden 
sollen ,  eine  Laufbreite  von 
1,50  m  erhalten.  Die  Stufen  der 
Läufe  vom  Erdgeschofs  bis  zum 
ersten  Stock,  sowie  die  der 
Kellertreppe  und  alle  Eingangs¬ 
stufen  sind  aus  Granit,  während 
nach  dem  Dachgeschosse  und  in 
diesem  nach  dem  Bodenraum 
über  dem  durchgehenden  Kehl¬ 
gebälk  Holztreppen  führen.  Das 
Haus  ist  ganz  unterkellert, 
und  die  Kellerräume  sind  mit 
Kappen  zwischen  Gurtbögen 
überwölbt.  Der  Hauptflur  wird 
im  Erdgeschofs  mit  drei  Kreuz¬ 
gewölben  versehen.  Die  Fufs- 
böden  im  Keller  werden  in 
Cementbeton  ausgeführt,  die 
der  Flure  im  Erdgeschofs  er¬ 
halten  Thonplattenbelag.  Die 
Geschofshöhen  betragen,  von 
Fufsboden  zu  Fufsboden  gerechnet,  im  Keller  3  m,  im  Erdgeschofs 
3,85  m,  im  ersten  Stock  3,54  m  und  im  Dachgeschofs  3,20  m.  Die 
Lichthöhe  des  Saales,  in  der  Mitte  bis  zum  Scheitel  der  Holztonne 
gemessen,  ist  6,54  m. 

Das  Gebäude  ist  in  einfachen  Formen  gothischen  Backsteinbaues 
gehalten  und  trägt,  seinen  Zwecken  entsprechend,  ein  halb  weltliches, 
halb  kirchliches  Gepräge.  Die  äufseren  Wandflächen  werden  an  den 
Vorderseiten  aus  rothen  sogenannten  Wasserstrichsteinen,  hinten  aus 


iji" 


Abb.  1.  Längenschnitt. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


Sr.  1. 


3 


sogenannten  „FaQ.adensteinen“,  eine  durch  Maschinen  hergestellte 
bessere  Sorte  gewöhnlicher  Mauerziegel,  im  Biockverbande  ausgefiihrt, 
eigentliche  feinere  Verblendsteine  kommen  also  nicht  zur  Verwendung. 
Die  Fugen  werden  glatt  verstrichen  und  weifs  gelassen.  Die  Bogen¬ 
zwickel  der  Fenster,  so¬ 
wie  die  Blenden  der 
Seiten-  und  Hinteran¬ 
sichten  werden  verputzt, 
ebenso  die  Flächen 
der  Wappenschilde  an 
den  Giebeln  der  Vorder¬ 
seite,  denen  die  Wappen¬ 
bilder  des  Rothen  Kreu¬ 
zes,  des  deutschen 
Reichs  und  Preufsens 
sowie  der  hessische 
Löwe  und  das  Stadt¬ 
wappen  in  den  ge¬ 
hörigen  heraldischen 
„Tincturen“  aufgemalt 
werden.  Das  Sockel¬ 
und  Gurtgesims,  so¬ 
wie  die  Fensterschrägen 
und  die  Abdeckung  der 
Brüstung  des  Verbin¬ 
dungsganges  werden  in 
braunen  Glasursteinen 
ausgeführt.  Auf  dem 
Kreuzungspunkte  der 
beiden  Satteldächer, 
deren  Neigung  unter 
60  o  angenommen  ist, 
erhebt  sich  ein  schlan¬ 
ker  Dachreiter  als 
Glockenthürmchen.  Alle 
Dächer  werden  mit 
Schiefer  in  deutscher 
Weise  eingedeckt,  ihre 
Bekrönungen  aus 
Schmiedeeisen  mit  Blei¬ 
knäufen  und  Bleimänteln 
der  Stengel  gebildet. 

Die  Dachrinne  wird  an 
der  Vorder-  und  rechten 
Seitenansicht  hinter  der 
Zinnenbrüstung  aus 
Blei, auf  den  Hofseiten 
als  angehängte  Zink- 
rinne  hergestellt. 

Die  innere  Aus¬ 
stattung  soll  gleichfalls 
im  ganzen  ziemlich  ein¬ 
fach  bleiben.  Die  Fen¬ 
ster  und  äufseren  Thü- 
ren  werden  aus  Eichen¬ 
holz,  die  inneren  Thüren, 

Fufssockel  usw.  aus 
Tannenholz,  die  Fufs- 
böden  dagegen  aus 
Pitch -pine- Holz  gefer¬ 
tigt,  Für  die  Decken- 
und  Wandflächen  ist  durchgängig  einfach  glatter  Leimfarbenanstrich 
gewählt.  Nur  der  Betsaal  wird  eine  etwas  reichere  Ausbildung  erfahren. 
Für  die  seitlichen  Saalfenster  ist  einfache  Bleiverglasung,  für  das  vor¬ 
dere  grofse  Mafswerkfenster  Musterbleiverglasung  mit  farbigen 
Friesen  und  einzelnen  farbigen  Punkten  in  Kathedralglas  vorgesehen. 
Die  Saalwände  sollen  mit  einer  2  m  hohen  kiefernen  Vertäfelung 


ausgestattet  und  die  gleichfalls  kiefernen  Flügelthüren  etwas  reicher 
behandelt  werden.  Die  Wände  sind,  von  den  Fensterpfeilern  aus¬ 
gehend,  in  breite  Pfeiler  mit  zwischenliegenden  Blenden  gegliedert, 
und  den  Pfeilern  soll  oberhalb  der  Täfelung  ein  Pflanzenmuster  auf¬ 
gemalt  werden,  während 
in  die  Blenden  hotfent- 
lich  figürliche  Dar¬ 
stellungen  zwischen 
Rankenzügen  durch¬ 
zusetzen  sein  werden. 
Die  Beheizung  des 
Saales  geschieht  durch 
zwei  grün  glasirte 
Kachelöfen,  während 
alle  übrigen  Zimmer 
durch  eiserne  Füll- 
reguliröfen  geheizt  wer¬ 
den.  Dem  Hause  sollen 
endlich  Gas-  und 
Wasserleitung  nicht 
fehlen. 

Der  Kostenanschlag 
schliefst  mit  60000  Mark 
ab,  welche  Summe  vor¬ 
aussichtlich  nicht  über¬ 
schritten  werden  wird. 
Abgesehen  von  dem  Ver¬ 
bindungsgange  und  der 
hinteren  Laube  be¬ 
deckt  das  Haus  rund 
270  qm  Grundfläche, 
sodafs  1  qm  bebaute 
Fläche  sich  auf  222,22 
Mark  stellt.  Nach  Cu- 
bikmetern  umbauten 
Raumes  berechnet,  wo¬ 
bei  der  Verbindungs¬ 
gang  mit  berücksichtigt, 
das  ausgebaute  Dach 
mit  ^/s  der  Höhe  von 
Oberkante  Dachfufs- 
boden  bis  First  und 
der  Dachreiter  mit  sei¬ 
nem  wirklichen  Inhalte 
von  der  First  bis  zur 
Spitze  in  Rechnung 
gesetzt  sind ,  ergeben 
sich  rund  3750  cbm, 
also  16  Mark  für  ein 
Cubikmeter.  Der  Bau 
wurde  im  Juni  dieses 
Jahres  begonnen,  erlitt 
infolge  verzögerter  Lie¬ 
ferung  der  aus  Han¬ 
nover  bezogenen  Gla¬ 
sursteine  einen  wesent¬ 
lichen  Aufenthalt,  ist 
aber  noch  vor  Winter 
unter  Dach  gebracht 
und  soll  am  1.  Juni 
nächsten  Jahres  vollen¬ 
det  sein.  Die  Geschäfte  und  die  Ueberwachung  der  Ausführung 
liegen  hauptsächlich  in  den  Händen  des  Regierungs -Baumeisters 
Rose,  die  stilistische  und  constructive  Lösung  und  Durchbildung 
der  Aufgabe  ist  die  Arbeit  des  Unterzeichneten. 

Cassel,  im  September  1889. 

Karl  liiert. 


Die  Pilatusbahn. 


Hart  auf  der  Grenze  der  schweizerischen  Cantone  Luzern  und 
Unterwalden,  angesichts  der  westlichen  Gestade  des  uferreichen  Vier¬ 
waldstädter  Sees,  erhebt,  aus  hartem  Kalkgestein,  der  Pilatus  sein 
Haupt,  ein  Vorposten  vor  dem  Gebirgsstock  der  Vierwaldstädter 
Alpen.  Vom  St.  Gotthard  aus  scheidet  diese  das  Thal  der  Reufs 
und  weiter  hinab  die  breitere  Fläche  des  Sees  von  der  Gruppe  der 
Schwyzer  und  Glarner  Alpen,  vor  welchen  der  Rigi  die  nachbarliche 
Wacht  hält. 

In  freierer  Stellung  und  um  300  m  höher  aufragend,  als  sein 
östlicher  Genosse,  empfängt  der  Pilatus  unvermittelt  die  West-  und 
rauhen  Nordwinde,  welche  die  Schneedecke  der  zurückliegenden 


Bergeshäupter  erneuern  oder  festigen.  Die  Unbilden  der  Witterung 
abwehrend,  ist  ihm  dafür  andrerseits  der  Blick  fast  allseitig  weiter 
geöffnet;  nur  wo  östlich  der  Bergstock  des  Rigi  dazwischen  tritt, 
ist  die  Fernsicht  verschränkt.  Des  gröfseren  Genusses  der  sich  dem 
Auge  bietenden  wild-romantischen  Naturschönheiten  im  Süden  und 
Osten,  des  freieren  Blickes  über  die  nördlichen  und  westlichen  strom- 
und  seedurchglänzten  Gaue,  welche  das  Flufsgebiet  der  Aar  aus¬ 
machen,  theilhaftig  zu  werden,  war  früher  nur  den  Wenigeren  ver¬ 
gönnt,  welche  die  steilen  Höhen  des  Berges  1500  bis  2000  m  hoch 
hinanzusteigen  sich  getrauten.  Beim  Rigi,  dessen  Verhältnisse  für 
den  Aufstieg  günstigere  Bedingungen  boten,  hatte  die  Technik  durch 


4 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


4.  Januar  1890. 


Anlage  einer  Zahnradbahn  bereits  vor  Jahren  bequemeren  Zugang 
für  jedermann  zu  schaffen  gewufst;  ■ — •  beim  Pilatus  hatte  man  sich 
an  solche  Aufgabe  lange  nicht  herangewagt.  Wollte  man  die  Anlage¬ 
kosten  mit  Paicksicht  auf  einen  aus  den  zu  erwartenden  Verkehrs¬ 
einnahmen  zu  schöpfenden  billigen  Gewinn  mälsig  halten,  so  waren 
wegen  des  aufsergewöhnlich  steil  auzunehmenden  Aufstiegs  der  Bahn 
die  für  geringere  Steigungen  bereits  erprobten  und  bewährten  Biggen- 
bachschen  und  Abtschen  Zahnschienen-Anordnungen  zur  Verwendung 
nicht  geeignet,  da  in  dieser  Hinsicht  angestellte  Versuche  ergeben 
hatten,  dafs  die  Zahntriebräder  aus  dem  Eingriff  gehoben  würden. 
Es  blieb  daher,  da  sonstige  bekannte  Anordnungen  gleichfalls  nicht 
in  Frage  kommen  konnten,  nur  der  Uebergang  zu  einer  für  den 
besonderen  Zweck  nach  veränderten  Gesichtspunkten  neu  zu  schaffenden 
Betriebsweise  übrig. 

Dem  Oberst  E.  Locher  gebührt  das  Verdienst,  zur  Anwendung 
liegender  Zahnräder  mit  seitlichem  Eingriff  in  eine  beiderseits  ge¬ 
zahnte  I\Iittelschierie  die  Anregung  gegeben  zu  haben.  Nach  diesem 
Grundgedanken  wurde  denn  auch  thatsächlich  die  mit  aufserordent- 
licher  Kühnheit  geplante  Anlage  mit  all  ihren  zahlreichen  neu  er¬ 
fundenen  und  trefflich  durchdachten  Einzelheiten  verwirklicht,  und  im 
Juni  V.  J.  dem  Betriebe  übergeben. 

Die  Spur  der  Bahn  führt,  von  Alpnach,  einem  Weiler  am  Vier¬ 
waldstädter  See,  ausgehend,  in  einer  Länge  von  4618  m 
und  mit  einer  mittleren  Steigung  von  42  pCt.  (die 
gröfste  beträgt  48  pCt.)  bis  zum  Gasthof  Bellevue, 

5.3  ni  unter  dem  sog.  ,,Esel'',  der  besuchtesten  Spitze 
(2123  m  hoch)  des  Berges.  Ungefähr  die  halbe  Bahn¬ 
strecke  liegt  in  Bögen  von  80  bis  lüO  m  Halbmesser. 

Der  Unterbau,  auch  in  Aufträgen,  wo  nicht  Schluchten 
oder  Wildbäche  zu  überbrückcn  waren,  besteht  aus 
einer  durchlaufend  mit  Granitplatten  abgedeckten 
Mauerung,  in  welchei’,  wie  aus  Abb.  1  ersichtlich  ist,  die 
angewendeten  j  jförmigen  eisernen  Querschwellen  fest 
verankert  sind.  Nachdem  die  Bahn  zunächst  durch 
Birken-  und  Taunengehölz  emporgestiegen,  windet  sie 
sich  später  über  und  durch  hartes,  theilweise  aus¬ 
gesprengtes,  theilwcise  mit  Tunneln  durchbrochenes 
Gestein.  Man  zählt  insgesamt  sieben  Tunnel  in  Einzel¬ 
längen  von  10  bis  ‘.)7  m. 

Die  aus  Martiuflufseisen  in  Stücken  von  3  m  angefertigte,  mit 
Zähnen  von  85,7  mm  Theilung  und  40  mm  Breite  beiderseits  versehene 
Zahnstange  ist  in  der  in  Abb.  2  gezeigten  Weise  auf  durchlaufenden 
_1  i„ förmigen  Trageschienen  U  befestigt,  welche  auf  Stühlen  von 
ähnlich  gestaltetem  Querschnitt  ruhen.  Auf  Zahustangeulänge  sind 
allemal  drei  Querschwellen  (Stofsscliwellenentfernung  24cm)  angeordnet 
(Abb.  3).  Die  Schienen,  welche  ohne  Querneigung  mit  einer  überall 


Fahrschienen  seitlich  umfassen  und  ein  Abheben  der  Fahrzeuge  ver¬ 
hindern.  Die  Laschen  lassen  aus  diesem  Grunde  den  oberen  Theil 
des  Schienensteges  frei. 

Zur  Vermeidung  einer  schiefen  Stellung  ist  der  Dampfkessel 

(|uer  gelagert.  Derselbe  ist  als 
Röhrenkessel  in  2,02  m  Länge  und 
mit  20  qm  Heizfläche  für  einen  ge¬ 
wöhnlichen  Druck  von  12  Atra. 
eingerichtet.  Die  beiden  aufsen 
liegenden  Dampfcylinder  von  220  mm 
Durchmesser  und  300  mm  Hub 
(Schieber-  und  Kolbenstange  sind 
in  Abb.  1  ersichtlich)  treiben 
mittels  eines  mitten  auf  der  Kurbel¬ 
welle  aufgekeilten  Zahnrades  ein  auf 
gleichlaufender  Achse  befestigtes 
gröfseres  zweites  Zahnrad,  mit  wel¬ 
chem  nach  Art  der  Abb.  4  zwei  Kegel¬ 
räder  BB  verbunden  sind.  Durch 
diese  werden  zwei  weitere  mit  BB  in  Eingriff  stehende  Kegelräder  CC 
bewegt  und  deren  Bewegung  auf  senkrechte  Achsen  übertragen, 

auf  welchen  auch  die  Zahnstangenräder  angebracht  sind.  Um  unver¬ 


Abb.  4. 


Abb.  3 

gleichbleibenden  Spurweite  von  80  cm  auf  den  Querschwellen  befestigt 
sind,  haben  6  m  Länge  und  120  mm  Höhe.  Die  Locomotive  ist  zur 
Ermäfsigung  des  zu  befördernden  todten  Gewichts  mit  dem  32  Personen 
fassenden  viertheiligen  Wagen  nach  Abb.  1  zu  einem  einzigen  Fahr¬ 
zeuge  von  10,5  t  Gesamtgewicht  (in  belastetem  Zustande)  vereinigt, 
welches  ohne  Anwendung  von  Federn  auf  vier  glatten  Laufrädern 
{aai  Abb.  1)  ruht.  Aufser  den  treibenden  Zahnrädern  lllt  (Abb.  1 
und  2),  welche  sich  unter  dem  Maschinengelafs  befinden,  sind  bei 
den  höher  hinaufliegenden  Laufrädern  «i  zwei  weitere  liegende  Zahn¬ 
räder  RiRi  angeorduet,  welche  man  ihrem  eigentlichen  Zwecke  nach 
als  Bremsräder  bezeichnen  kann.  Mit  den  Zahnrädern  verbundene 
und  gegen  die  Trageschiene  U  gelehnte  Eeibungsscheiben  rr  (Abb.  2) 
sichern  die  seitliche  Führung.  Die  häufig  vorkommenden  Stürme 
haben  ferner  die  Anwendung  von  Klauen  nöthig  gemacht,  welche  die 


Abb.  (i. 


Abb.  7. 

meidliche  Ungenauig- 
keiten  in  der  Theilung 
der  Zahnstange  für  die 
Bewegung  auszugleichen, 
werden  die  Räder  BB 
durch  Ringe  66  in  un¬ 
mittelbarem  Zusammen¬ 
hänge  mit  dem  Rade  J  _| 
gehalten,  doch  lediglich 
durch  Mitnehmer  cc  be¬ 
wegt,  welche  denselben 
auf  der  Drehachse  einiges 
Spiel  lassen.  Die  Zahn¬ 
stangenräder  machen  in 
der  Minute  47  Umdre¬ 
hungen,  bei  der  gewöhnlichen  Fahrgeschwindigkeit  von  1  m  in  der 
Secunde  und  bei  180  Kurbelachsendrehungen  in  der  Minute. 

Der  Ausbildung  der  Bremswerkzeuge  mufste  nach  der  Natur  der 
ganzen  Anlage  eine  hervorragende  Sorgfalt  gewidmet  werden,  und  in 
der  That  kann  man  sagen,  dafs  hier  alles  geschehen  ist,  was  mensch¬ 
liche  Voraussicht  irgend  nur  für  wünschenswerth  halten  konnte.  Das 
Fahrzeug  ist  mit  folgenden  Bremsen  ausgerüstet: 

1)  einer  Luftdruckbremse, 

2)  einer  Reibungsbremse  auf  der  Kurbelachse  (in  Abb.  1  bei  B 
gezeigt), 

3)  einer  Reibungsbremse,  welche  die  oberen  (Lauf-)Zahnräder 
festhält  und  sowohl  durch  den  Maschinenwärter  als  durch  den 
Schaffner  bewegt  werden  kann; 

4)  einer  selbstthätigen  Bremsvorrichtung,  welche  die  Lauf-Zahn¬ 
räder  sofort  hemmt,  wenn  bei  der  Thalfahrt  die  Geschwindig¬ 
keit  über  1,3  m  hinausgeht. 

Die  Anordnung  dieser  letzteren  Bremse  ist  aus  den  Abb.  5,  6,  7 
ersichtlich.  Die  beiden  senkrechten  Achsen  AJ  der  Lauf-Zahnräder 
tragen  an  den  oberen  Enden  feste  Sperrräder  ss  und  lose  Sperrkegel- 
gehäuseNN,  welche  mit  denWurmgetriebenlUlUmittelsRandverzahnung 
in  Eingriff  stehen.  Während  bei  der  Bergfahrt  die  Achsen 
in  den  Gehäusen  SN  (bei  stillstehenden  Wurmgetrieben)  sich  frei 
drehen,  werden  die  Gehäuse  bei  der  Thalfahrt  durch  die  Sperrräder 
mitgenommen,  und  dadurch  die  Wurmgetriebe  bewegt.  Die  Achse 
der  letzteren,  welche  sich  sechsmal  schneller  dreht,  als  die  Achsen 
trägt  an  einem  Ende  die  oben  unter  2)  gedachte  Reibungs(Band-)- 
Bremse  K  (deren  Erwärmung  durch  einen  aus  dem  Innern  der  Achse 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


5 


Nr.  1. 


WW  tretenden  Kühlwasserstrom  verhindert  wird),  am  anderen  Ende 
aber  die  zur  Regelung  der  Fahrgeschwindigkeit  dienende  Einrichtung. 
Diese  besteht  aus  der  Scheibe  A'j,  in  welcher  einander  gegenüber¬ 
stehend  zwei  Schwungmassen  pp  angebracht  sind;  bei  wachsender 
Fahr-,  also  auch  Umdrehungsgeschwindigkeit  der  Scheibe  K\  entfernen 
sich  diese  Massen,  indem  sie  die  Widerstände  zweier  Federn  über¬ 


winden,  von  der  Drehachse,  lösen  den  Hebel  N  aus,  sodafs  die 
Feder  S  imstande  ist,  vermittelst  der  durchlaufenden  Achse  T  die 
Bandbremse  am  anderen  Ende  anzuziehen,  so  schnell,  als  es  eine  bei 
Z  angeordnete  Hemmung  gestattet. 

Die  für  den  Auf-  wie  Abstieg  verwendete  Zeit  beträgt  gleich- 
mäfsig  l'/2  Stunde,  die  aufzuwendende  Zugkraft  51/2  Tonnen.  Km. 


Herstellung  grofser  Betonbetten  unter  Wasser, 


Für  Betonbetten  unter  Wasser  ist,  wie  bekannt,  die  Verwendung 
von  Trafsmörtel  bequemer  als  diejenige  von  Cementmörtel,  weil 
ersterer  langsamer  bindet,  mithin  einen  innigeren  Anschlufs  zweier 
nach  einander  geschütteter  Lagen  gewährleistet,  und  weil  er  weniger 
Schlamm  absetzt.  Letzteren  Vorzug  verdankt  er  seiner  gröfseren 
Zähigkeit  (nament¬ 
lich  wenn  er  mit 
Kalkbrei  zubereitet 
wird),  die  es  ver¬ 
hindert,  dafs  er  von 
dem  Wasser  wäh¬ 
rend  der  Versenkung 
nicht  so  leicht  aus 
den  Betonsteinen 
ausgespült  wird,  als 
der  kurze  Mörtel  aus 
Gement  und  Sand. 

Indessen  kann  man 
auch  bei  letzterem 
durch  angemessene 
Vorsichtsmafsregeln 
das  Ausspülen  erheb¬ 
lich  einschränken. 

Als  solche  Mafs- 
regeln  haben  sich 
namentlich  die  fol¬ 
genden  bewährt: 

1.  Beim  Ver¬ 
senken  in  Trommeln 
oder  Kästen  mufs 
man  die  Betonober¬ 
fläche  durch  ein 
Stück  getheerte 
Leinwand  bedecken, 
damit  beim  Ein¬ 
tauchen  der  Trommel 
in  das  Wasser  und 
beim  Wege  der¬ 
selben  durch  das 
Wasser  die  sich  über 
der  Trommel  bilden¬ 
den  Wirbel  die  Be¬ 
tonoberfläche  nicht 
angreifen  können. 

Die  getheerte  Lein¬ 
wand  wird  zweck- 
mäfsig  mit  der  einen  Längsseite  an  dem  Betonkasten  befestigt  und 
an  den  übrigen  Rändern  durch  Gewichte  beschwert,  sodafs  sie  beim 
Versenken  nicht  auftreibt. 

2.  Da  ein  Ausspülen  des  Mörtels  desto  leichter  eintreten  mufs, 
je  flüssiger  derselbe  ist,  so  soll  man  denselben  den  Betonsteinen  (die 
vorher  gewaschen  sind)  möglichst  steif,  also  etwa  in  erdfeuchtem 
Zustande,  beifügen. 

3.  Der  Betonkasten  mufs  eine  Form  haben,  bei  der  die  Entleerung 
möglichst  wenig  Bewegung  ihres  Inhaltes  verursacht.  Als  solche  ist 
besonders  der  Halbcylinder  zu  empfehlen,  mit  dem  Gelenke  zum 
Oefinen  in  der  Achse  des  Cylinders.  Nimmt  man  Kästen  von  eckigem 
Querschnitt,  so  dürfen  dieselben  nicht  hoch,  sondern  mehr  flach  ge¬ 
halten  werden. 

4.  Die  Vorrichtung  zum  Oeffnen  der  Kästen  mufs  so  eingerichtet 
werden,  dafs  sie  unbedingt  erst  ausgerückt  werden  kann,  wenn  der 
Kasten  unten  aufsteht.  Eine  solche  Einrichtung  ist  leicht  dadurch 
zu  erreichen,  dafs  man  die  Ausrückung  durch  die  Last  der  hängenden 
Betontrommel  in  Spannung  treten  läfst,  sodafs  eine  dünne  Schnur, 
mit  welcher  das  Ausrücken  bewirkt  werden  soll,  reifsen  müfste,  wenn 
der  Arbeiter  die  Ausrückung  ausführen  wollte,  bevor  die  Trommel  auf 
dem  Boden  aufsteht.  Auch  kann  die  Vorrichtung  leicht  selbstthätig 
eingerichtet  werden,  sodafs  das  Ausrücken  erfolgt,  sobald  der  Kasten  | 
unten  aufsteht. 

5.  Der  Beton  mufs  reichlich  Mörtel  enthalten.  Gerade  in 
dieser  Beziehung  wird  oft  fehlgegriffen.  Ist  die  zugesetzte  Mörtel¬ 
menge  auch  nur  wenig  geringer  als  nothwendig,  um  alle  Hohlräume 


auszufüllen,  so  wird  bereits  bei  der  ersten  Betonlage  der  Fall  ein¬ 
treten,  dafs  der  Mörtel  nach  unten  sinkt  und  über  sich  eine  dünne 
Schicht  Steine  ohne  Mörtel  zurückläfst.  Schüttet  man  die  zweite 
Betonlage,  so  fängt  deren  ganzer  Mörtel  an  zu  wandern,  um  auch  die 
losen  Steine  der  ersten  Schicht  auszufüllen.  Auf  diese  Weise  ver- 

gröfsert  sich  die 
Menge  der  mörtel¬ 
losen  Steine  mit  je¬ 
der  neuen  Beton¬ 
schicht;  der  Weg, 
den  der  Mörtel 
durchwandert,  wird 
immer  gröfser,  und 
mit  demselben 

wächst  die  Ausspü¬ 
lung  und  Schlamm¬ 
bildung.  Auch  in 
diesem  Falle  wird 
recht  steifer  IMör- 
tel  weniger  leicht 
sinken,als  solcher  mit 
reichlichem  Wasser. 

Aus  demselben 
Grunde  ist  es  auch 
verwerflich,  wie  es 
wohl  bisweilen  ge¬ 
dankenlos  empfohlen 
wird,  zunächst  eine 
Lage  mörtelloser 
Steine  in  die  Bau¬ 
grube  zu  schütten, 
wenn  etwas  loser 
Schlamm  in  der¬ 
selben  sein  sollte. 
Man  beabsichtigt 
dabei,  den  Mörtel 
für  die  unterste 
Schicht  zu  sparen 
und  denselben  gleich¬ 
sam  durch  den  losen 
Schlamm  zu  ersetzen, 
der  die  Hohlräume 
zwischen  den  Steinen 
ausfüllen  soll.  Es 
wird  aber  offenbar 
der  weiche  Schlamm 
nicht  widerstandsfähig  genug  sein,  um  das  Niedersinken  des  Mörtels  aus 
der  ersten  Betonschicht  in  die  lose  geschütteten  Steine  zu  hindern,  und 
damit  tritt  wieder  die  vorhin  geschilderte  schädliche  Wanderung  des 
Mörtels  ein,  welche  sich  —  falls  der  Beton  nicht  überreichlich  Mörtel 
enthält  —  durch  die  ganze  Stärke  der  Schüttung  fortsetzt.  Das  Rich¬ 
tige  ist,  den  Schlamm  durch  eine  recht  mörtelreiche  Schüttung 
bei  Seite  zu  drängen  und  schliefslich  abzuschöpfen.  Nur  so  erreicht 
man  einen  möglichst  dichten  Anschlufs  der  Betonsohle  an  den  Bau¬ 
grund,  während  sich  sehr  leicht  Wasseradern  unter  dem  Betonbette 
bilden  können,  wenn  die  zu  unterst  geschütteten  Steine  ohne  Mörtel 
nicht  genügend  durch  Schlamm  oder  den  Mörtel  der  darüber  liegenden 
Betonschicht  ausgefüllt  werden.  Für  Beton,  der  unter  Wasser  ge¬ 
schüttet  werden  soll,  müfste  die  hinzuzusetzende  Mörtelmenge  stets 
so  reichlich  bemessen  sein,  dafs  auch  die  oberste  Steinlage  bei  vor¬ 
zunehmenden  Proben  noch  voll  im  Mörtel  läge. 

Wenn  man  diese  Bedingung  erfüllen  will,  wird  man  allerdings 
erheblich  mehr  Mörtel  verbrauchen,  als  in  den  Anschlägen  gemeinig¬ 
lich  vorgesehen  ist,  und  zwar  wird  der  Verbrauch  um  so  gröfser 
werden,  je  gleichmäfsiger  die  Gröfse  des  Steinschlages  ist.  Die  häufig 
in  den  Ausschreibungen  auf  Steinschlag  für  Beton  zu  findende  Be¬ 
stimmung,  dafs  die  Gröfse  der  einzelnen  Stücke  ein  bestimmtes  Mafs 
nicht  unterschreiten  darf,  ist  daher  in  Bezug  auf  den  Mörtel  verbrauch 
entschieden  unvortheilhaft.  Richtiger  wäre  es,  nur  ein  gröfstes  Mafs 
festzusetzen  und,  um  zu  verhindern,  dafs  ausschliefslich  Grus  geliefert 
werde,  zu  bestimmen,  dafs  nur  ein  bestimmter  Theil  durch  ein  Sieb 
von  bestimmter  Weite  fallen  darf.  Dadurch  würde  dem  Steinschlag- 


Abb.  1.  Ansicht.  Holzstich  v.  0.  Ebel. 

Pilatusbahn, 


6 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


4.  Jiiimar  1890. 


Lieferer  das  Sieben  und  dem  Bauherrn  ein  grofser  Theil  Mörtel  oder 
zum  mindesten  Mauersand  gespart,  ohne  dafs  die  Festigkeit  des 
Betons  vermindert  würde. 

Bei  Beobachtung  vorerwähnter  Vorsichtsmafsregeln,  die  selbst¬ 
verständlich  auch  für 
Trafsmörtel  zu  empfehlen 
sind,  wird  man  auch  bei 
Anwendung  von  Cement- 
mörtel  erheblich  weniger 
Schlamm  erhalten. 

Der  zuerst  erwähnte 
Vorzug  des  Trafsbetons, 
infolge  des  langsameren 
Abbindens  desselben 
einen  innigeren  Anschlufs  der  auf  ein¬ 
ander  folgenden  Schichten  zu  ermög¬ 
lichen,  als  bei  Verwendung  von  Cement- 
beton,  mufs  man  bei  letzterem  dadurch 
einzubringen  suchen,  dafs  man  die 
Schichten  möglichst  klein  macht. 

Bei  Betonbetten  von  grofser  Aus¬ 
dehnung  wird  man  dies  am  besten 
dadurch  erreichen ,  dafs  man  die 
einzelnen  Lagen  der  Böschung  ent¬ 
lang  'sich  von  der  Sohle  bis  zur  Oberfläche 
selben  würden  dann  also  das  in  Abb.  1 


--  l 
Abb. 


- Sr- 


Abb.  3. 

erstrecken  läfst.  Die- 
dargestellte  Bild  bieten. 


welches  einen  Längenschnitt  durch  die  Betonsohle  darstellt.  Diese 
Art  der  Herstellung  giebt  auch  vom  wissenschaftlichen  Standpunkte 
aus  betrachtet  eine  festere  Betonsohle,  als  die  nach  Abb.  2  gebildete, 
welche,  um  einen  möglichst  guten  Anschlufs  zu  erzielen,  etwa  in  der 
durch  Abb.  3  dargestellten  Weise  herzustellen  wäre. 

Denn  wenn  wir  den  ungünstigsten  Fall  annehmen,  dafs  in  beiden 
Fällen  ein  Binden  zwischen  den  zeitlich  aufeinander  folgenden  Schichten 
überhaupt  nicht  stattgcfunden  hätte  und  die  Betonsohle  als  Balken 
betrachten,  der  an  den  Längsseiten  unterstützt  werde,  also  die  Länge  b 
in  Abb.  1  habe,  so  erhalten  wir  für  die  Sohle  nach  Abb.  1  das  Wider¬ 


standsmoment  m . 


für  die  Sohle  nach  Abb.  2  und  3 


dagegen  nur  n  . 

Die  Böschung  für  die  Schüttung  nach  Abb.  1  dürfte  nicht  zu  steil 
genommen  und  mit  derselben  entweder  von  unten  nach  oben  in  der 
ganzen  Breite  6,  oder  —  wenn  dieser  Arbeitsvorgang  zu  viele  Beton¬ 
kästen  erfordern  oder  aus  anderen  Gründen  nicht  ausführbar  sein 
sollte  —  in  der  ganzen  Höhe  von  a  b  nach  der  Richtung  des  Pfeiles 
fortschreitend,  ausgeführt  werden. 

Bei  Betonirungen  im  Trocknen  ist  die  Ausführung  nach  Abb.  1 
unbedingt  die  zweckmäfsigste. 

Kiel,  im  November  1889.  L.  Brennecke. 


Selbstzeicliiiender  Hocli- 

Bekanntlich  erfolgen  die  Wasserstandsbeobachtuugen,  abgesehen 
von  den  selbstzeichnenden  Fhithmesseru,  an  gewöhnlichen  Pegeln, 


und  Niedrigwasser-Pegel. 

I  wasser  und  zu  bestimmten  Zeitpunkten  (in  der  Regel  8  Uhr  vormittags) 
1  werden  entweder  durch  besonders  damit  beauftragte  Beamte  oder 

meistens  durch  Private  gegen 


welche  an  verschiedenen  Punkten  längs  den  Flufsufern  aufgestellt  sind. 
Die  Aufzeichnungen  des  Wasserstandes  bei  Hochwasser  und  Niedrig¬ 


entsprechende  Entschädigung, 
vorgenommen.  Wenn  auch 
im  ersteren  Falle  die  Ge¬ 
nauigkeit  der  Beobachtungen 
im  allgemeinen  nichts  zu 
wünschen  übrig  läfst,  so 
kann  dasselbe  nicht  von  den 
Leistungen  der  Privatperso¬ 
nen  behauptet  werden.  Die 
gewährte  Entschädigung  ist 
meistens  so  gering  bemessen, 
dafs  diese  mit  dem  zur  ge¬ 
wissenhaften  Beobachtung 
erforderlichen  Zeitaufwande 
nicht  im  Einklang  steht.  Die 
Erfahrungen  in  Holland 
haben  ergeben,  dafs  es  in 
hohem  Mafse  wünschenswert!! 
erscheint,  sich  von  der  letz¬ 
teren  Beobachtungsweise 
möglichst  gänzlich  zu  be¬ 
freien.  Es  liegt  auf  der 
Hand,  dafs  der  Schwierig¬ 
keiten  und  Kosten  wegen 
nicht  überall  die  gewöhn¬ 
lichen  Pegel  durch  selbst¬ 
zeichnende  Fluthmesser  er¬ 
setzt  werden  können,  so 
wünschenswerth  dies  auch  aus  verschiedenen  Gründen  ist.  Man  wird, 
daher  auch  stets  zwischen  den  Punkten,  wo  solche  aufgestellt  sind 
oder  werden,  die  gewöhnlichen  Wasserstandsbeobachtungen  trotz  der 
ihnen  anhaftenden  grofsen  Mängel  beibehalten. 

Die  Tijdschrift  vnn  het  Koninklijk  Instituut  van  Ingenievrs 
bringt  in  dem  letzten  Hefte  1888/89  eine  sehr  schätzenswerthe  Ver¬ 
besserung  dieser  gewöhnlichen  Pegel,  bei  welcher  auf  einfachere  und 
namentlich  weniger  kostspielige  Weise  als  bei  den  selbstzeichnenden 
Fluthmessern  Hoch-  und  Niedrigwasser  sowie  der  Wasserstand  zu 
bestimmten  Zeitpunkten  des  Tages  selbstthätig  aufgezeichnet  wird 
und  nur  ein  hohler  Pegel  zur  Befestigung  und  behufs  Einbringung 
eines  Schwimmers  erforderlich  ist.  Die  Einrichtung  läfst  sich  daher 
leicht  den  verschiedenartigsten  Verhältnissen  anpassen.  Wegen  der 
Einfachheit  empfiehlt  sich  dieselbe  ferner  auch  für  Beobachtungen 
von  vorübergehender  Dauer  und  (wegen  des  langen  Ganges  und  der 
bequemen  Versetzung)  für  solche  Punkte,  wo  ein  selbstzeichnender 
Pegel  nicht  zulässig  ist.  Die  Kosten  betragen  bei  Lieferung  von 
mindestens  10  Pegeln  765  Mark  für  das  Stück  und  dürften  bei  gröfserer 
Anzahl  sich  noch  billiger  stellen.  Die  Versuche  haben  den  praktischen 
Nutzen  dieser  verbesserten  Pegel  erwiesen,  sodafs  die  Regierung  mit 
deren  Einführung  nunmehr  vorgegangen  ist. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


7 


h\  1. 


Unter  Bezugnahme  auf  die  beigegebenen  Abbildungen  läfst  sich 
die  Einrichtung  kurz  folgendermafseu  beschreiben:  Der  äufsere  Um¬ 
fang  des  Zififernrades  K  (Abb.  2)  ist  derartig  mit  kupfernen  Ziffern 
und  dazwischen  liegenden  Punkten  besetzt,  dafs  die  Zeit  von  5  zu 
5  Minuten  angegeben  wird,  und  dieses  Rad  mufs  so  gestellt  sein,  dafs 
die  genaue  Zeit  mit  dem  höchsten  Punkt  desselben  zusammenfällt. 
Die  Bewegung  erfolgt  durch  ein  Uhrwerk.  Das  daneben  befindliche 
Ziffernrad  J  ist  ebenso  eingerichtet,  doch  geben  die  Ziffern  und  Punkte 
den  Wasserstand  von  5  zu  5  cm  an,  auch  hier  wird  der  Wasserstand 
am  höchsten  Punkte  des  Rades  abgelesen.  Die  Bewegung  erfolgt 
durch  das  Steigen  und  Fallen  des  Schwimmers  in  dem  hohlen  Pegel. 
Der  Schwimmer  hängt  an  einem  um  das  Rad  L  gewundenen  Draht, 
welches  Rad  durch  ein  kleines  Zahnrad  seine  Bewegung  auf  das  mit 
dem  Ziffernrade  verbundene  Rad  L‘  überträgt.  Das  Gegengewicht  T 
dient  dazu,  den  Platindraht  gespannt  zu  halten. 

Die  Ziffern  auf  dem  Umfange  der  beiden  Räder  J  und  K  sind 
stehend  oder  schräg,  je  nachdem  sie  die  Zeit  des  Nachmittags  und- 
die  Wasserhöhe  über  Null  oder  die  Zeit  des  Vormittags  und  die 
Wasserhöhe  unter  Null  angeben. 

Ueber  beide  Ziffernräder  ist  ein  Streifen  weifsen  Papiers  ge¬ 
spannt,  welcher  um  die  Rolle  A  gewickelt  ist  und  an  den  Gleitrollen 
C  und  C‘  entlang  nach  der  Rolle  A‘  läuft.  Zwischen  Ziffernrädern 
und  Papierstreifen  liegt  ein  zweiter  Streifen  des  bekannten,  bei  der 
Telegraphie  zum  Aufnehmen  der  Telegramme  benutzten  Papiers, 
welcher  zwischen  den  Rollen  B  und  B‘  läuft. 

Der  Hammer  i^,  welcher  in  später  beschriebener  Weise  bei  jedem 
Hoch-  und  Niedrigwasser  und  aufserdem  des  Vormittags  um  8  Uhr 
mit  der  nöthigen  Kraft  niederfällt  und  beide 
Papierstreifen  auf  die  Ziffernräder  drückt,  hinter-  ^ 

läfst  auf  diesen  einen  Abdruck,  wie  Abb.  4  an- 
deutet.  Der  Querstrich  ist  der  Abdruck  des  .  ',v!i  i 

zwischen  beide  Zitternrader  und  mitten  unter  den 
Hammer  gestellten  Stiftes  W.  Da  letzterer  genau  den  höchsten  Punkt 
der  Ziffernräder  angiebt,  so  kann  man  durch  Schätzung  genau  genug 
die  Zeit  auf  Minuten  und  den  Wasserstand  auf  Centimeter  ablesen. 

Der  mittels  Reibung  mit  der  Achse  X  des  Rades  L  befestigte 
gezahnte  Bogen  R  greift  in  die  Zähne  des  Rades  M  und  kann  letz¬ 
terem  eine  halbe  Umdrehung  mittheilen.  Bei  dem  Stande  des 
Apparates,  wie  solcher  in  ausgezogenen  Linien  dargestellt  ist,  fällt 
das  Wasser;  der  Bogen  R  hat  sich  soviel  wie  möglich  in  der  Richtung 


des  stark  ausgezogenen  Pfeiles  bewegt,  und  die  Kraft  des  Schwimmers 
überwindet  ferner  die  Reibung,  mit  welcher  der  Bogen  auf  der 
Achse  X  befestigt  ist.  Steigt  nun  das  Wasser,  so  bewegt  sich  L  in 
entgegengesetzter  Richtung,  Bogen  R  gelangt  in  den  durch  ge¬ 
strichelte  Linie  angedeuteten  Stand,  Rad  M  hat  dann  eine  Viertel¬ 
umdrehung  gemacht,  die  Zugstange  H  wird  gehoben,  Stift  Y  drückt 
gegen  den  unteren  Arm  des  Sperrkegels  E,  der  Hammer  F  wird  da¬ 
durch  frei  und  fällt  nieder,  die  kleine  Sperrklinke  G  greift  in  einen 
folgenden  Zahn  des  Rades  D.  Das  fortdauernde  Steigen  des  Wassers 
bewegt  den  Bogen  R  weiter  aufwärts,  Rad  M  vollzieht  seine  halbe 
Umdrehung,  die  Zugstange  H  wird  zurückgeholt,  der  Hammer  aufs 
neue  gespannt,  und  infolge  der  dem  Rade  I)  und  der  in  dasselbe  mit 
kleinen  Zähnen  eingreifenden  Rolle  A'  durch  den  Hammer  mitge- 
theilten  Bewegung  wird  der  weifse  Papierstreifen  ein  wenig  ver¬ 
schoben,  um  die  folgende  Aufzeichnung  aufzunehmen.  Zur  Aus¬ 
führung  dieser  Bewegung  ist  ein  gewisses  Steigen  oder  Fallen  des 
Wassers  nöthig,  bei  der  gezeichneten  Einrichtung  5  cm;  es  liegt 
jedoch  auf  der  Hand,  dafs  ebenso  gut  mit  2  cm  oder  3  cm  derselbe 
Zweck  erreicht  wird.  Da  das  zum  Aufnehmen  der  Telegramme  be¬ 
nutzte  Papier  durch  vielfachen  Gebrauch  seine  abfärbende  Eigen¬ 
schaft  verliert,  so  ist  die  Einrichtung  getroffen,  dafs  auf  die  Rolle  C‘ 
jede  24  Stunden  von  dem  Stundenziffernrad  eine  kleine  Bewegung 
übertragen  wird. 

Damit  der  Hammer  auch  des  Vormittags  8  Uhr  fällt,  wird  zu 
dieser  Zeit  die  Zugstange  durch  den  Hebel  O  gehoben  und  der 
Bogen  R  dadurch  zeitweise  in  den  durch  gestrichelte  Linien  be- 
zeichneten  Stand  gebracht.  Sobald  die  Stange  jedoch  losgelassen  ist, 
spannt  das  steigende  oder  fallende  Wasser  den  Hammer  aufs  neue. 

Das  Werk  kann  so  eingerichtet  werden,  dafs  nur  einmal  im 
Monat  das  Aufbringen  eines  neuen  Papierstreifens  erforderlich  ist. 
Dieses  geschieht  durch  Wegnehmen  der  Brücke  P  mit  den  Rollen 
A,  A‘,  B,  B'  und  C,  C‘,  doch  mufs  alsdann  eine  zweite  Brücke  mit 
diesen  Rollen  vorhanden  sein,  um  diese  sofort  an  Stelle  der  ersteren 
setzen  zu  können. 

Gegen  Dünung  in  dem  hohlen  Pegel  mufs  soviel  wie  möglich 
Fürsorge  getroffen  werden;  wenn  indessen  zeitweise  eine  Hebung 
oder  Senkung  des  Wassers  von  mehr  als  5  cm  infolge  starker  Wellen¬ 
bewegung  den  Hammer  in  Wirkung  setzt,  so  kann  solche  unzeitige 
Aufzeichnung  ohne  weiteres  als  solche  erkannt  werden. 

A.  V.  Horn. 


Termischtes. 


Für  ein  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  in  Köln  ist  von  dem  ge¬ 
schäftsführenden  Ausschüsse  vor  wenigen  Tagen  ein  Preisausschreiben 
erlassen  worden,  dem  wir  folgendes  entnehmen.  Das  Denkmal 
soll  in  Bronce  oder  wetterfestem  Stein  auf  dem  Kaiser  Wilhelm- 
Ringe  in  Köln  errichtet  werden.  Zugelassen  zu  der  Preisbewerbung 
sind  lediglich  Angehörige  des  deutschen  Reiches  ohne  Rücksicht 
auf  ihren  Wohnsitz  im  In-  oder  Auslande.  Es  wird  dem  Künstler 
überlassen,  zu  seiner  Darstellung  ein  Reiter  Standbild  oder  einen 
monumentalen  Laufbrunnen  zu  wählen.  Bei  der  Wahl  eines 
Brunnen- Denkmals  mufs  die  Gestalt  des  Kaisers  in  hervorragender 
Weise  zum  Ausdruck  gebracht  werden.  Es  ist  ein  Modell  des  Denk¬ 
mals  in  einem  Fünfzehntel  der  wirklichen  Gröfse  einzusenden,  wobei 
eine  Abweichung  bis  zu  .ö  pCt.  des  Gesamtmafses  gestattet  ist.  Bei¬ 
zufügen  ist  ein  kurzgefafster  Erläuterungsbericht  sowie  eine  Zeich¬ 
nung  der  Umgebung  des  Denkmals.  Zu  dieser  Zeichnung  kann  ein 
Lageplan  benutzt  werden,  der  vom  städtischen  Bausecretariate  unent¬ 
geltlich  zu  beziehen  ist.  Der  Entwurf  soll  mit  einem  Kostenaufwande 
von  300000  Mark  für  die  vollständige  Ausführung  des  Denkmals 
ausschliefslich  der  Gründung  und  unter  Umständen  der  Wasserzu- 
und  -ableitung  ausführbar  sein.  Die  Modelle  sind  spätestens  bis  zum 
1.  Juni  1890  an  das  städtische  Museum  Wallraf-Richartz  in  Köln 
einzusenden.  Sie  dürfen  nur  mit  einem  Kennwort  versehen  sein. 
Für  die  fünf  besten  Entwürfe  werden  ein  Preis  von  6000  Mark,  ein 
solcher  von  4000  Mark  und  drei  Preise  von  je  2000  Mark  ausgesetzt, 
welche  von  dem  Preisgerichte  vergeben  werden.  Dieses  besteht 
aus  den  Herren  Prof.  Alb.  Baur  -  Düsseldorf,  Prof.  A.  Donndorf- 
Stuttgart,  Geh.  Reg. -Rath  Prof.  Ende -Berlin,  Baurath  Pflaum e- 
Köln  und  Prof.  Alb.  Wolff- Berlin.  Nach  der  Entscheidung  werden 
die  Modelle  zwei  Wocken  im  Museum  Wallraf-Richartz  öffentlich  aus¬ 
gestellt. 

Die  Kurfiirsteudamm  ■  Gesellschaft  in  Berlin  hat  vor  kurzem 
durch  ein  auf  S.  425  des  vorigen  Jahrganges  erwähntes,  im  Berliner 
Architektenvereine  veranstaltetes  Preisausschreiben  die  Aufmerksam¬ 
keit  der  Leser  dieses  Blattes  auf  ihre  Unternehmung  der  Villen- 
Colonie  Grunewald  gelenkt.  Bekanntlich  kommt  diese  Ansiedlung 
ländlicher  Wohnungen  auf  einem  von  der  Forstverwaltung  abge¬ 
tretenen,  sich  zwischen  den  Bahnhöfen  Grunewald  und  Halensee,  der 


Försterei  und  dem  Gasthause  Hundekehle  und  dem  Orte  Schmargendorf 
erstreck  enden  Theile  des  Grunewaldes  zur  Anlage*)  und  ist  aufser  durch 
die  Linien  der  beiden  genannten  Bahnhöfe  durch  eine  Dampfstrafsen- 
bahn  mit  der  Hauptstadt  verbunden.  Auf  der  bereits  verkauften  Fläche 
von  32  ha  ist  die  Errichtung  von  30  Villen  im  bevorstehenden  Bau¬ 
jahre  vertragsmäfsig  gesichert,  deren  Mittelpunkt  eine  seitens  der 
Gesellschaft  zu  errichtende  Doppelvilla  für  Gutsverwaltung,  Schule 
und  Arzt  bilden  wird.  Auch  die  Wasserversorgung,  Entwässerung 
und  Beleuchtung  —  es  ist  elektrisches  Licht  in  Aussicht  genommen 
—  übernimmt  die  Gesellschaft,  die,  wie  aus  dem  Anzeigentheile 
ersichtlich  ist,  jetzt  bereits  den  zweiten  Theil  Grundstücke  westlich 
des  mitten  in  der  künftigen  Ansiedelung  belegenen  Gasthauses 
St.  Hubertus  sowie  zwischen  diesem  und  dem  Wirthshause  am 
Halensee  zum  Verkaufe  ausbietet. 

Die  Rettigsclie  Stiifeiibalm,  über  deren  Grundgedanken  und 
Einzelheiten  auf  Seite  152  u.  170  des  vorigen  Jahrganges  d.  Bl.  berichtet 
wurde,  ist  vor  kurzem  vom  Garnison-Bauinspector  Rettig  in  Münster 
versuchsweise  zur  Ausführung  gebracht  worden.  Natürlich  konnte 
nur  eine  kleine  Geleisstrecke  hergestellt  und  mit  den  erforderlichen 
Wagenreihen  versehen  werden,  welche  letztere  von  einer  Dampf¬ 
maschine  mit  Hülfe  einer  eingeschalteten,  mehrere  Seilscheiben  von 
verschiedenem  Durchmesser  tragenden  Welle  in  stufenweise  ver¬ 
schiedener  Geschwindigkeit  angetrieben  wurden.  Die  Fahrt  mufste 
in  Ermangelung  eines  vollständig  geschlossenen  Geleisringes  natür¬ 
lich  immer  nach  kurzer  Zeit  unterbrochen  werden;  doch  genügte  die 
Geleislänge,  um  einer  Gesellschaft  von  Herren  und  Damen  —  etwa 
60  Personen  —  ausreichende  Gelegenheit  zu  wiederholten  Versuchen 
des  Auf-  und  Absteigens  zu  bieten.  Auch  der  Oberpräsident  von 
Westfalen  nebst  Gemahlin  beehrten  die  Stufenbahn  mit  einer  Be¬ 
sichtigung  und  überzeugten  sich  durch  eigenen  Versuch,  dafs  die 
Hintereinanderschaltung  mehrerer  Wagenreihen  es  ermöglicht,  mit 
grofser  Leichtigkeit  einen  Zug  von  4,5  m  Geschwindigkeit  während 
der  Fahrt  zu  besteigen.  —  Dafs  die  Stufenbahn  dieser  Anforderung 
genügen  würde,  war  von  vornherein  nicht  zu  bezweifeln.  Die  der 


*)  Vgl.  den  Lageplan  auf  der  letzten  Seite  des  Anzeigentheiles 
dieser  Nummer. 


8 


Centralblatt  der  Bauverwaltung.  4.  Januar  1890. 


Ausführung  des  Gedankens  entgegenstehenden  Schwierigkeiten  liegen 
u.  E.  viel  mehr  in  der  Aufgabe  des  gleichmäfsigen  Antriebes  grofser, 
geschlossener  Wagenringe,  als  in  der  llenutzungsweise  des  neuen 
Beförderungsmittels,  an  welches  sich  die  grofsstädtisclie  Bevölkerung 
gewifs  schnell  gewöhnen  würde.  Bei  der  von  Tag  zu  Tag  immer 
fühlbarer  werdenden  Unzulänglichkeit  der  Berliner  Verkehrseinrich¬ 
tungen,  insbesondere  der  Pferdebahnen,  wäre  cs  sehr  erwünscht, 
dafs  der  hiesigen  Bevölkerung  ein  mit  etwas  gröfseren  Älittelu  an¬ 
zustellender  Versuch  vorgeführt  und  damit  womöglich  den  berufenen 
Kreisen  die  Aiu’egung  zur  Aufnahme  und  weiteren  Ausbikhing  des 
Gedankens  gegeben  würde.  —  m  — 

Besiifli  der  technisclieu  Hocliscliale  in  J>armstadt  im  Winter¬ 
halbjahr  1SS1»,!>0. 


Fachabtheilungen 

Studirende 

Hospitanten 

Summe 

Hie 

0 

K 

3 

rt 

rvoii  si 

S  3 

<D  Cl 

^  -  53 

i|l 

nd 

0  a 

1. 

Bauschule . 

26 

12 

38 

27 

10 

1 

9^ 

Ingenieurschule . 

33 

0 

0 

3G 

24 

9 

3 

.3. 

Maschinenbauschule . 

52 

4 

56 

25 

29 

2 

4. 

Chemisch-technische  Schule : 

Chemiker  . 

21 1 

25] 

101 

15) 

34 

9 

43 

24 

19 

Pharmaceuten . 

13) 

5) 

18 1 

14) 

4) 

5. 

Mathematisch  -  naturwissen- 

schaftliche  Schitle . 

14 

6 

20 

16 

3 

1 

G. 

Elektrotechnische  Schule  .  . 

75 

7 

82 

25 

46 

11 

Gesamtsumme 

234 

41 

275 

141 

116 

18 

Technische  Hochschule  in  Dariiistadt.  Dem  wissenschaftliclien 
Director  des  zoologischen  Gartens  in  Frankfurt  a.  M.,  Herrn  Dr.  phil. 
Wilhelm  Ilaacke,  ist  die  Genehmigung  ertheilt  worden,  an  der 
Grofsherzoglichen  technischen  Hochschule  in  Darmstadt  über 
Zoologie  zu  lesen. 

Versainmluag  der  italienischen  Architekten  und  Ingenieure  in 
Palermo  im  .lahre  ISJH.  Aehnlich  den  Wander-Versammlungen  des 
Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- Vereine  werden  von 
Seiten  der  italienischen  Techniker  bereits  seit  einer  Reihe  von  Jahren 
von  Zeit  zu  Zeit  Vereinigungen  aller  vaterländischen  Fachgenossen 
bald  in  der  einen,  bald  in  der  anderen  Stadt  Italiens  veranstaltet. 
Bei  der  letzten  Zusammenkunft  im  September  1887  in  Venedig  wurde 
als  Ort  der  nächsten  Versammlung  im  Jahre  1891  Palermo  gewählt, 
und  da  dort  in  dem  gleichen  Jahre  eine  nationale  Kunst-  und  Ge¬ 
werbe-Ausstellung  statttinden  soll,  so  hat  man  auf  Anregung  der 
Stadtvertretung  beschlossen,  die  Zusammenkunft  diesmal  zu  einer 
internationalen  zu  machen.  Das  Einladungsschreiben,  aus  dem  wir 
ersehen,  dafs  der  Bürgermeister  von  Palermo,  Duca  di  Verdura,  selbst 
als  Ehrenvorsitzender  an  der  Spitze  des  Ausführungs-Ausschusses 
steht,  ersucht  um  recht  zahlreiche  Betheiligung  an  dem  Congresse. 
Eine  genaue  Zeitangabe  über  Beginn  und  Dauer  der  Vereinigung 
steht  allerdings  noch  aus;  es  heifst  nur,  dafs  dafür  nicht  weniger 
als  8  und  nicht  mehr  als  12  Tage  in  Aussicht  genommen  werden 
sollen.  Als  Stätte  für  die  Abhaltung  der  Versammlungen  wird  die 
Universität  bezeichnet.  Die  Vorträge  und  Verhandlungen  dürfen 
sich  auf  alle  Fragen  erstrecken,  die  die  Architektur  und  im  Ingenieur¬ 
fache  das  Civil-,  Militär-,  Gewerbe-  und  Gesundheits-Bauwesen  be¬ 
treffen.  Entsprechende  Vorschläge,  die  in  italienischer  oder  fran¬ 
zösischer  Sprache  abgefafst  und  vorgearbeitet  sein  müssen,  darf 
jeder  fremde  oder  inländische  Techniker  unterbreiten,  sobald  er  sich 
als  Theilnehmer  zu  der  Versammlung  durch  Zahlung  einer  Gebühr 
von  12  Franken  angemeldet  hat.  Die  Auswahl  behält  sich  der  Aus- 
schufs  vor,  verspricht  aber  jedem  Mitgliede  zeitig  genug  von  dei-- 
selben  und  von  den  Abtheilungen,  in  welche  der  Congrefs  zerfallen 
wird,  schriftliche  Mittheilung  zu  machen.  Die  mündlichen  Verhand¬ 
lungen  erhalten  die  Theilnehmer  später  gedruckt.  Als  sehr  erwünscht 
wird  es  bezeichnet,  dafs  Techniker,  die  an  der  Spitze  gröfserer  Bau- 
Unternehmen  stehen  oder  bei  deren  Ausführung  hervorragend  betheiligt 
sind  oder  waren,  hierüber  unter  Vorlegung  von  Zeichnungen  und  Mo¬ 
dellen  Vortrag  halten.  Einen  wesentlichen  Theil  des  Programms, 
ja  dessen  Glanzpunkt  vielleicht,  bildet  die  Inaussichtnahme  einer 
gemeinschaftlichen  Rundreise  durch  das  Innere  Siciliens,  auf  der  die 
landschaftlich  und  kunstgeschichtlich  bedeutendsten  Punkte  der  Insel 
besucht  werden  sollen. 

Wir  können  dem  Unternehmen  der  italienischen  Fachgenossen 
nur  von  ganzem  Herzen  den  besten  Erfolg  wünschen.  Die  deutschen 
Architekten  und  Ingenieure,  welche  diese  Gelegenheit,  den  klassischen 
Boden  der  ehrwürdigen  Trinacria  unter  sachverständiger  Führung 
kennen  zu  lernen,  benutzen,  werden  sicherlich  einen  werthvollen 


Schatz  von  Erfahrungen,  Kenntnissen  und  Erinnerungen  nachhaltig¬ 
ster  Art  mit  nach  Hause  bringen.  Küster. 

Seecaiiäle  in  Italien.  Der  gute  Erfolg  des  Suezcanals  hat  auch 
in  Italien  Pläne  hervorgerufen,  mit  Hülfe  von  Seecanälen  die  Ver¬ 
bindung  zwischen  dem  Adriatisclien  und  Tyrrhenischen  Meere  abzu¬ 
kürzen.  Da  Nachrichten  hierüber  in  die  deutsche  Tagespresse  ge¬ 
langt  sind  und  von  derselben  ernst  genommen  zu  werden  scheinen, 
mögen  die  in  letzter  Zeit  aufgetaucliten  Entwürfe  auch  an  dieser 
Stelle  kurze  Erwähnung  finden.  Romano  und  Fiandra  wollen 
einen  Canal  zwischen  Venedig  und  Spezia  anlegen.  Bocca  will 
einen  200  km  langen  Seecanal  von  Fano  (nördlich  von  Ancona)  nach 
Montalto  di  Castro  (nördlich  von  Civitavecchia)  bauen.  Ein  dritter 
Plan  nimmt  die  Verbindung  der  S.  Eufemia-Bucht  mit  der  Squillace- 
Bucht  des  Jonischen  Meeres  in  Aussicht.  An  die  Ausführung  dieser 
ujid  ähnlicher  Anlagen  ist  unter  den  jetzigen  Verhältnissen  keines¬ 
falls  zu  denken  und  kann  wohl  auch  in  absehbarer  Zeit  kaum  ge¬ 
dacht  werden.  Auch  der  Gedanke,  Rom  durch  einen  Seecanal  mit 
dem  Meere  zu  verbinden,  wird  neuerdings  wieder  lebhaft  erörtert, 
dürfte  aber  diesmal  ebenso  wie  bereits  früher  an  den  übermäfsig 
hohen  Kosten  scheitern,  die  von  den  zu  erreichenden  Vortheilen 
schwerlich  aufgewogen  werden  können.  — K.^ — 

Professor  Karl  Elis  j*.  Durch  das  am  25.  d.  M.  nach  kurzer 
Krankheit  erfolgte  Hinscheiden  des  Docenten  an  der  Königl.  techni¬ 
schen  Hochschule  und  am  Königl.  Kunstgewerbemuseum  in  Berlin, 
l’rofessor  Karl  Elis,  haben  beide  Anstalten  einen  herben  Verlust 
erlitten.  Der  Verewigte  war  am  3.  August  1838  in  Halberstadt  ge¬ 
boren.  Die  Eindrücke,  welche  die  mittelalterlichen  Bauwerke  dieser 
Stadt  auf  sein  empfängliches  Gemüth  ausübten,  bestimmten  ihn,  sich 
dem  Studium  der  Architektur  zu  widmen.  Er  besuchte  die  frühere 
Bau-Akademie  in  Berlin,  legte  1862  die  Bauführerprüfung  ab  und 
wurde  auf  Stülers  und  v.  Quasts  Veranlassung  mit  Wiederherstellungs¬ 
arbeiten  an  den  Kirchen  in  Arnsberg  und  Soest  betraut.  1866  begab 
er  sich  zur  Vollendung  seines  Studiums  nach  Berlin,  wo  ihm  für  den 
Entwurf  zu  einem  Parlamentshause  seitens  des  Architektenvereins  die 
Schinkelmedaille  zuerkannt  wurde.  Nach  einigen  Jahren  begann  er 
seine  Lehrthätigkeit  zunächst  als  Hülfslehrer  an  dem  früheren  Ge¬ 
werbe-Institute,  am  Gewerbemuseum  und  an  der  Kunstschule.  1873 
wurde  ihm  der  Unterricht  über  mittelalterliche  Formenlehre  an  der 
Bau- Akademie  übertragen,  den  er  auch  jetzt  noch  an  der  technischen 
Hochschule  ertheilt  hat.  1877  legte  er  die  Staatsprüfung  als  Bau¬ 
meister  ab,  1884  wurde  ihm  der  Titel  Professor  verliehen,  zwei 
Jahre  hindurch  war  er  als  Hülfsarbeiter  im  Ministerium  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten  beschäftigt.  Die  Wiederherstellung  der  Liebfrauen¬ 
kirche  in  Burg,  von  ihm  entworfen  und  ausgeführt,  die  Entwürfe  zu 
den  neuen  Glasfenstern  der  Nicolaikirche  in  Berlin  und  für  drei 
Fenster  des  Domes  in  Halberstadt,  künstlerisch  ausgeführte  Adressen, 
Diplome  usw.  gaben  ihm  Gelegenheit,  nicht  nur  seine  Kenntnifs  der 
mittelalterlichen  Technik  und  Formensprache  zu  verwerthen,  sondern 
auch  sein  schöpferisches  Talent  zu  entfalten.  Auf  litter arischem 
Gebiete  ist  u.  a.  seine  Veröffentlichung  des  Halberstädter  Domes  zu 
erwähnen.  Seine  besondere  Fähigkeit  zu  lehren,  unterstützt  dureb 
hervorragendes  Geschick  in  der  zeichnerischen  Darstellung,  erwarben 
ihm  die  hohe  Ehre,  in  den  Jahren  1874  bis  1877  Ihren  Königlichen 
Hoheiten  den  Prinzessinnen  Charlotte  und  Victoria  sowie  dem  Prinzen 
Waldemar  Unterricht  ertheilen  zu  dürfen.  Sein  freundliches  Wesen, 
die  liebevolle  Behandlung  seiner  Schüler  nach  ihrer  Eigenart  sichern 
ihm  bei  diesen  wie  bei  seinen  Fachgenossen  ein  treues  Andenken. 


Büclierschaii. 

Der  Bau  steiiieriier  Wendeltreppen,  erläutert  an  Beispielen  aus 
der  deutschen  Gothik  und  Renaissance  von  Friedrich  Rauscher.  — 
Verlag  von  Ernst  Wafsmuth.  (1  Band  Tafeln  in  gr.  Fol.  1  Band 
Text  in  Quart.)  Preis  90  J(. 

Rauschers  vorbenanntes  Werk  ist  ein  Lehrbuch,  welches  die 
weiteste  Verbreitung  verdient.  Aus  einer  grofsen  Zahl  vortrefflicher 
Zeichnungen  mittelalterlicher  Treppen,  die  der  Verfasser  selbst 
gemessen  und  aufgetragen  hat,  sehen  wir,  wie  man  ehedem  Wendel¬ 
treppen  baute  und  wie  man  dabei  zu  grofser  Vollkommenheit 
gelangte.  Den  Tafeln  ist  ein  kurzer  erklärender  Text  beigegeben, 
der  zunächst  eine  allgemeine  Belehrung  über  Anlage  und  Gestaltung 
der  W endelstiegen  enthält  und  sodann  zu  einer  Einzelbeschreibung 
der  in  den  Tafeln  vorgeführten  Beispiele  übergeht.  Was  es  beim 
Bau  der  Wendeltreppen  nur  Wissenswerthes  giebt,  welche  Schwierig¬ 
keiten  dabei  in  Entwurf  und  Ausführung  zu  lösen  sind,  das  erfahren 
wir  bis  zu  jenen  scheinbaren  Nebendingen,  die  nur  dem  scharfen 
Auge  des  kunstgeübten  Mannes  sichtbar  werden.  Kein  Architekt 
sollte  die  Mühe  scheuen,  sich  den  Inhalt  eines  Werkes  zu  eigen  zu 
machen,  das  eine  so  grofse  Fülle  von  Lehrstoff  enthält  und  geeignet 
ist,  manches  Vorurtheil  zu  zerstreuen.  R-  S. 


Verlag  von  Ernst&Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


9 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  11.  Januar  1890.  Nr.  2. 


Redaction :  SW.  Zimmerstratse  7  a-  fleschäftsatelle  and  Annahme  der  Anzeigen : 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Anslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Bekanntmachung  vom  8.  Januar  1890.  —  Personal-Nachrichten. 

—  Nichtamtliches:  Seecanal  nach  Berlin.  —  Sicherheits-Weichensignal.  —  Zur  Frage  der 
Freilegung  des  Kölner,  Domes.  —  Bauführnng  des  Mittelalters.  —  Vermischtes: 
Sammlung  australischer  Nutzhölzer.  —  Wettbewerb  zur  Erlangung  von  Plänen  für 
ein  Gewerbemuseum  in  Düsseldorf.  —  Preisbewerbung  für  die  Allgemeine  Gartenbau- 

Ausstellung  im  Berliner  Architektenverein.  —  Preisbewerbung  um  die  Trinitatiskirche 
in  Dresden.  —  Verwendung  des  sogenannten  Monier-Gewölhes  zu  Strafsenbrücken.  — 
Theaterbrand  in  Zürich.  —  Voraussichtliche  Entsendung  weiterer  russischer  tech¬ 
nischer  Attaches.  —  Eisenbahn-Wagenräder  ohne  Spurkränze.  —  Regierungs-  und 
Baurath  Uthemann  f.  —  Giuseppe  Brentano  f. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Bekanntmachung. 

Das  von  dem  Herrn  Minister  für  Landwirthschaft,  Domänen  und 
Forsten  errichtete  Stipendium,  welches  bezweckt,  denjenigen  in  der 
Richtung  des  Ingenieurwesens  geprüften  Königlichen  Regierungs- 
Baumeistern,  welche  bei  vorkommenden  Vacanzen  als  Meliorations- 
Bauinspector  angestellt  oder  anderweit  mit  culturtechnischen  Aufgaben 
betraut  zu  werden  wünschen,  Gelegenheit  zu  geben,  sich  neben  ihrer 
Fachbildung  auch  noch  genügende  Kenntnifs  der  praktischen  und 
theoretischen  Grundlagen  der  eigentlichen  Culturtechnik  zu  erwerben, 
ist  vom  1.  April  d.  J.  ab  auf  ein  Jahr  zu  vergeben.  Dem  Bewerber 
steht  es  frei,  den  culturtechnischen  Cursus  nach  seiner  Wahl  entweder 
bei  der  landwirthschaftlichen  Hochschule  hierselbst  oder  der  land- 
wirthschaftlichen  Akademie  in  Poppelsdorf  zu  absolviren.  Die  Höhe 
des  mit  Collegienfreiheit  verbundenen  Stipendiums  beträgt  1500  Mark, 
deren  Zahlung  in  vierteljährlichen  Raten  im  voraus  erfolgt.  Der 
Stipendiat  hat  sich  zu  verpflichten,  am  Schlüsse  des  zweisemestrigen 
Cursus  sich  einem  Examen  aus  dem  Bereiche  der  von  ihm  gehörten 
Vorlesungen  zu  unterziehen.  Ueber  den  Umfang  dieser  Vorlesungen 
bleibt  weitere  Bestimmung  Vorbehalten.  Qualificirte  Bewerber  um 
dieses  Stipendium  haben  ihre  Meldung  unter  Beifügung  der  bezüg¬ 
lichen  Atteste,  aus  denen  die  bisher  erlangte  Ausbildung  ersichtlich 
ist,  bis  zum  1.  Februar  d.  J.  an  mich  einzureichen. 

Berlin,  den  3.  Januar  1890. 

'  Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

Im  Aufträge 
Schultz. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den 
Regierungs-  und  Bauräthen  K rieh eldorff,  Director  des  Königlichen 
Eisenbahn -Betriebs -Amts  (Directionsbezirk  Bromberg)  in  Berlin, 
Hinüber,  Director  des  Königlichen  Eisenbahn  -  Betriebs  -  Amts 
(Directionsbezirk  Erfurt)  in  Cassel,  Rumschoettel,  Mitglied  der 
Königlichen  Eisenbahn  -  Direction  (rechtsrh.)  in  Köln,  Sebaldt, 
Director  des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Aachen,  Nah¬ 


rath,  Director  des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Stolp,  und 
Rüppell,  Mitglied  der  Königlichen  Eisenbahn -Direction  (linksrh.) 
in  Köln,  den  Charakter  als  Geheimer  Baurath,  sowie  ferner  dem 
Hafen-Bauinspector  Schierhorn  in  Pillau  den  Rothen  Adler-Orden 
IV.  Klasse  zu  verleihen  und  den  nachbenannten  Beamten  die  Erlaub- 
nifs  zur  Anlegung  der  ihnen  verliehenen  nichtpreufsischen  Insignien 
zu  ertheüen,  und  zwar:  des  Komthurkreuzes  I.  Klasse  des  Herzoglich 
sachsen-ernestinischen  Haus-Ordens  dem  Geheimen  Ober -Regierungs- 
Rath  Bensen,  Vorsitzenden  des  Eisenbahn -Commissariats  in  Berlin; 
des  Ehrenritterkreuzes  I.  Klasse  des  Grofsherzoglich  oldenburgischen 
Haus-  und  Verdienst-Ordens  des  Herzogs  Peter  Friedrich  Ludwig  dem 
Regierungs-  und  Baurath  Eilert,  Director  des  Eisenbahn-Betriebs- 
Amts  in  Saarbrücken;  des  Kaiserlich  russischen  St.  Annen-Ordens 
III.  Klasse  dem  Eisenbahn -Director  Werchan,  Mitglied  der  Eisen- 
bahn-Direction  in  Berlin;  des  Fürstlich  waldeckschen  Verdienst-Ordens 
III.  Klasse  dem  Baurath  Queisner  in  Arolsen,  betraut  mit  der  Bau¬ 
inspectorstelle  für  die  Fürstenthümer  Waldeck  und  Pyrmont,  sowie 
des  Kaiserlich  russischen  St.  Stanislaus-Ordens  III.  Klasse  dem  Eisen¬ 
bahn-Maschineninspector  Garbe,  Vorsteher  der  Hauptwerkstatt 
(Eisenbahn-Directionsbezirk  Berlin)  in  Berlin  und  dem  Regierungs- 
Baumeister  Pritsch  im  betriebstechnischen  Bureau  der  Königlichen 
Eisenbahn-Direction  in  Altona. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Rudolf  Peschke  aus  Wioska,  Kreis  Graetz 
(Ingenieurbaufach);  —  Hermann  Liebenau  aus  Grofs  -  Neudorf, 
Kreis  Bromberg,  Otto  Mangelsdorff  aus  Rusiec  bei  Exin,  Friedrich 
Leutfeld  aus  Düsseldorf,  Robert  Kampfhenkel  aus  Branden¬ 
burg  a.  H.  und  Max  Lud  ewig  aus  Rostock  i.  M.  (Hochbaufach). 

Die  Regierungs-  und  Bauräthe  Wagemann,  Director  des  König¬ 
lichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Cottbus,  und  Uthemann,  Director 
des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts  (Main -Weser-Bahn)  in 
Cassel,  sowie  der  Baurath  Braune,  Vorsteher  der  Eisenbahn-Bau- 
inspection  I  in  Elbing,  sind  gestorben. 

Deutsches  Reich. 

Garnison  -  B  auverwaltung.  Der  Regierungs  -  Baumeister 
Pasdach  in  Braunschweig  ist  zum  Garnison-Bauinspector  ernannt. 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Ein  Seecanal  nach  Berlin. 

Von  Wasserbauinspector  W.  Germelmami  in  Berlin, 


Ungefähr  elf  Jahre  sind  es  her,  da  erschien  im  Buchhandel  eine 
kleine  Schrift  „Berlin  ein  Stapelplatz  des  Welthandels“,  die  den  bald 
nachher  verstorbenen  Dr.  Strousberg  zum  Verfasser  hatte.  In  dem 
anregenden  Buche  führte  Dr.  Strousberg  den  Entwurf  zu  einem  Nord- 
Ostsee-Canal  vor,  der  bei  Glückstadt  an  der  Elbe  beginnt,  seinen 
Lauf  die  Elbe  hinauf  bis  Wittenberge  nimmt,  von  hier  als  Schleusen¬ 
canal  über  Berlin,  Liebenwalde,  Oderberg  geht,  die  Oder  aufsucht 
und  endlich  bei  Stettin  in  das  Haff  und  die  Ostsee  mündet.  Der 
Canal  sollte  für  den  grofsen  überseeischen  Verkehr  angelegt 
werden,  und  Berlin,  das  Herz  von  Deutschland,  war  als  mächtiger 
Seehandelshafen  und  als  Hauptstapelplatz  aller  überseeischen  Er¬ 
zeugnisse  gedacht.  In  der  That  ein  grofsartiger  Gedanke,  zumal  in 
einer  Zeit,  wo  künstliche  Wasserstrafsen  noch  wenig  im  Ansehen 
standen.  Dr.  Strousberg  begründete  die  Nothwendigkeit  einer  der¬ 
artigen  Canalverbindung  mit  dem  Hinweis  darauf,  dafs  unsere  See¬ 
handelshäfen  Hamburg  und  Bremen  nicht  genügende  Fühlung  mit 
dem  Binnenlande  und  nicht  Antheil  genug  an  der  heimischen  Ge- 
werbthätigkeit  hätten  und  deshalb  sich  vorzugsweise  auf  die  leichtere 


Einfuhr  ausländischer  Waren  legten,  die  minder  einträgliche  und 
mühevollere  Ausfuhr  aber  sehr  vernachlässigten.  Dieses  Verhältnifs 
wirke  nachtheilig  auf  die  Entwicklung  der  Industrie,  hindere  deren 
Ausdehnung  und  habe  veranlafst,  dafs  unsere  Handelsflotte  in  Verfall 
gerathen  und  hinter  der  des  skandinavischen  Reiches  und  Italiens 
zurückgeblieben  sei.  So  überzeugend  die  in  dem  Büchlein  angeführten 
Gründe  für  den  aufmerksamen  Leser  zum  Theil  auch  sein  mögen, 
so  ist  dennoch  der  Erfolg  desselben  damals  ein  sehr  geringer  ge¬ 
wesen.  Mit  dem  Worte  „Schwindel,  überspannte  Idee“  wurde  dieser 
grofse  Gedanke  abgethan. 

In  dem  verflossenen  Jahrzehnt  hat  sich  in  dieser  Hinsicht 
vieles  geändert.  Wurde  früher  die  Wasserstrafse  als  das  Aschen¬ 
brödel  der  Verkehrswege  angesehen  und  stiefmütterlich  behandelt, 
so  hat  sich  hierin  heute  schon  ein  merklicher  Wandel  geltend 
gemacht,  und  die  Frage  der  Verbesserung  und  des  Ausbaues  der 
Wasserstrafsen  ist  ganz  bedeutend  in  den  Vordergrund  getreten. 
Kann  man  die  vergangene  Zeit  die  Zeit  der  Eisenbahnen  nennen,  so 
scheinen  alle  Anzeichen  dafür  zu  sprechen,  dafs  die  nächsten  Jahr- 


10 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


11.  Januar  1890. 


zehnte  der  Ausbildung  des  Wasserstrafsennetzes  gehüren.  Unter  solchen 
Verhältnissen  darf  es  daher  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  Canalent¬ 
würfe  schon  jetzt  in  übergrofser  Zahl  auftauchen  und  die  Ausführung 
derselben  von  berufener  und  niclit  berufener  Seite  berechtigter-  oder 
unberechtigterweise  verlangt  wird.  Begnügte  man  sich  aber  noch 
vor  6  bis  7  Jahren  mit  der  Forderung  von  Wasserstrafsen  für  die 
grofsen  Verkehrsmittelpunkte  des  Binnenlandes  von  2  bis  2,5  m  Tiefe 
für  Schiffsgefäfse  bis  zu  10  000  Ctr.  Tragfähigkeit,  so  erschallt  heute 
schon  überall  der  Kuf  nach  dem  Seeschiff.  Seit  dem  Tage,  wo  der 
belgische  Ingenieur  Gobert  auf  dem  Binnenschiffahrts-Congresse  in 
Brüssel  das  geflügelt  gewordene  Wort  „Bruxelles  port  de  mer“  aut- 
geworfen  hat,  kann  dieses  Wort  auch  tür  andere  Städte  keine  Buhe 
mehr  finden.  Ueberall  hört  man  die  Losung:  „SeecanaT’,  und  es  hat 
Wochen  gegeben,  wo  man  kaum  eine  gröfsere  Zeitung  in  die  Hand 
nehmen  konnte,  ohne  diesen  Gegenstand  in  der  einen  oder  anderen 
Weise  behandelt  zu  sehen.  So  ist  es  denn  nur  natürlich,  dafs  in 
Deutschland,  zumal  man  auch  in  Frankreich  bemüht  ist,  Paris  zur 
Seestadt  zu  machen,  der  Wunsch  ebenfalls  auftaucht,  Berlin,  die  Haupt¬ 
stadt  des  deutschen  Beiches,  mit  den  Weltmeeren  in  unmittelbare  Ver¬ 
bindung  zu  bringen.  Nachdem  aber  dieser  Gedanke  von  Seiten  der 
Laien  in  ausgiebigster  Weise  behandelt  und  besprochen  ;ist,  er¬ 
scheint  es  angezeigt,  denselben  auch  einmal  vom  technischen  Stand¬ 
punkte  aus  auf  seine  Möglichkeit  und  Nützlichkeit  zu  prüfen. 

Anregung  hierzu  hat  ein  von  dem  Vice.admiral  Bätsch  in  der 
„Deutschen  Bevue"  veröffentlichter  Aufsatz  gegeben,  der  betitelt  ist 
„Das  erste  Seeschiff  in  Berlin“.  In  demselben  beschäftigt  sich  der 
Herr  Verfasser  zunächst  damit,  den  Nachweis  zu  führen,  dafs  das 
deutsche  Volk  nicht  innig  genug  mit  dem  Weltmeer  in  Verbindung 
stehe  und  deshalb  auch  auf  dem  grofsen  Weltmärkte  eine  verhältnifs- 
mäfsig  bescheidene  Stellung  einnähme.  Er  meint,  dafs  diesem  Uebel- 
stande  durch  Verbesserung  der  Wasserstrafsen  abzuhelfen  sei,  be¬ 
schäftigt  sich  dann  des  längeren  mit  der  Transportkostenfrage  auf 
Eisenbahnen  und  Canälen  und  kommt  endlich  zu  der  Ueberzeugung, 
dafs  dem  ersterwähnten  Mifsverhältnifs  nur  entgegengetreteu  werden 
könne,  wenn  man  Berlin  unmittelbar  mit  dem  überseeischen  Verkehr 
in  Verbindung  bringe,  alle  binnenländischen  Wasserstrafsen  nach 
Berlin  ausbaue  und  somit  Berlin  zu  einem  Welthandelsjffatze  um- 
schaö'e,  von  dem  aus  ganz  Deutschland  belebt  und  versorgt  würde. 
Herr  Bätsch  hält  eine  Verbindung  Berlins  mit  der  Elbe  und  weiter 
mit  der  Nordsee  wohl  für  möglich,  kommt  aber  wegen  der  grofsen 
Schwierigkeiten,  die  eine  Vertiefung  der  Elbe  verursacht,  und  wegen 
der  sehr  grofsen  Länge  des  Canals  zu  der  Ueberzeugung,  dafs  es 
besser  sei,  schon  um  dem  wirthschaftlich  günstiger  gestellten  Westen 
gegenüber  gewissermafsen  im  Osten  ein  Schwei'ge wicht  zu  schaffen, 
einen  Seecanal  von  Berlin  zur  Ostsee  bei  Stettin  zu  bauen.  Nach 
den  Angaben  des  Aufsatzes  soll  der  Seecanal  von  Berlin  aus  das 
Pankethal  verfolgen,  bei  Steinfurt-Grafenbrück  den  Finowcanal  er¬ 
reichen,  diesen  dann  bis  Hohensaathen  verfolgen  und  weiter  die  Oder 
bis  Stettin  benutzen.  Die  Länge  des  so  geführten  Canals  beträgt: 
Berlin-Hohensaathen  84  km,  Hohensaathen-Stettin  76  km,  zusammen 
160  km. 

Im  grofsen  und  ganzen  hat  Herr  Bätsch  den  alten  Strousbergschen 
Gedanken  wieder  aufgenommen,  hat  aber,  weil  bereits  ein  Nord-Ostsee¬ 
canal  im  Bau  begriffen  ist,  nur  den  einen  Arm  des  Strousbergschen 
Planes  ins  Auge  gefafst  und  die  Bichtung  desselben  in  nicht  gerade 
glücklicher  Weise  etwas  verändert.  Vollständig  im  Einklang  mit  den 
thatsächlichen  Verhältnissen  ist  von  ihm  die  Höhe  des  Wasserspiegels, 
von  dem  man  in  Berlin  ausgehen  mufs,  zu  ungefähr  30  m  über  dem 
Wasserspiegel  der  Ostsee  angenommen.  Im  weiteren  Verfolge  der  Be¬ 
sprechung  haben  sich  jedoch  mehrere  Voraussetzungen  eingeschlichen, 
die  dem  Verfasser  zu  fälschen  Schlufsfolgerungen  Veranlassung  geben 
und  dadurch  geeignet  sind,  in  den  Augen  der  Laien  Hoffnungen  zu  er¬ 
wecken,  deren  Verwirklichung  denn  doch  mit  viel  gröfseren  Schwierig¬ 
keiten  zu  kämpfen  hat,  als  der  Aufsatz  es  glauben  machen  will. 
Herr  Bätsch  läfst  nämlich  irrigerweise  die  Oder  von  der  Mündung 
des  Finowcanals  bis  Stettin  um  10  bis  12  m  fallen,  obgleich  zur  Zeit 
des  mittleren  Wasserstandes  hier  nur  ungefähr  1  m  Gefälle  vorhanden 
ist.  Auf  diese  Weise  sind  10  m  Höhenunterschied  zwischen  Berlin 
und  Hohensaathen  verschwunden,  und  weitere  10  m  verlieren  sich  im 
Laufe  der  Auseinandersetzungen  noch  auf  unerklärliche  Weise,  sodafs 
von  den  zuerst  angegebenen,  30  m  betragenden  und  thatsächlich  auch 
vorhandenen  Gefällunterschiede  bei  Herrn  Bätsch  nur  noch  10  m  für 
die  Staffelbildung  des  Schleusencanals  von  Berlin  bis  zur  Oder  übrig 
bleiben,  die  nach  Ansicht  des  Verfassers  leicht  mit  zwei  Schleusen 
von  je  5  m  Gefälle  überwunden  werden  können.  Aus  diesen  günstigen 
Höhenverhältnissen  wird  alsdann  der  Schlufs  gezogen,  dafs  ein  Seecanal 
nach  Berlin  längst  nicht  die  Schwierigkeiten  biete,  wie  der  in  der 
Ausführung  begriffene  Seecanal  von  Liverpool  nach  Manchester,  bei 
dem  auf  etwa  56  km  Länge  rund  17  m  Höhe  zu  überwinden  sind. 

Bevor  in  die  technische  Untersuchung  der  von  Herrn  Bätsch  vor¬ 
geschlagenen  Canallinie  des  weiteren  eingegangen  werden  kann,  wird  es 


nöthig  sein,  die  Grundlagen  zu  einer  solchen  Besprechung  zu  schaffen. 
Der  Aufsatz  behandelt  die  Seecanalfrage  nur  sehr  allgemein;  es  fehlen 
deshalb  Angaben  über  die  Abmessungen,  die  dem  Canal  gegeben 
werden  sollen,  vollständig.  Für  dieselben  ist  in  erster  Linie  der  in 
Aussicht  genommene  Tiefgang  der  Schiffe  mafsgebend,  aus  dem  sich 
dann  die  weiteren  Abmessungen  von  selbst  ergeben.  Eine  Bede- 
wendung  des  Aufsatzes  deutet  jedoch  darauf  hin,  dafs  dem  Verfasser 
ein  Seec.anal  vorgeschwebt  hat,  auf  dem  Schifte  bis  zu  6  m  Tiefgang 
verkehren  sollen;  die  Wassertiefe  hätte  demnach  mindestens  6,5  m 
zu  betragen.  Diese  Annahme  entspricht  den  Verhältnissen  der  Ostsee 
und  der  Ostseehäfen  durchaus,  die  Tiefe  genügt  für  ^8  der  Handels¬ 
marinen  aller  Länder,  wie  dies  in  dem  Entwürfe  für  den  Nord-Ostsee¬ 
canal  ebenfalls  mitgetheilt  worden  ist.  Bei  einem  Seecanal  mufs 
der  Wasserquerschnitt  mindestens  das  Fünf-  bis  Sechsfache  des 
eingetauchten  Schiffsquerschnittes  betragen;  letzteren  zu  50  qm  an¬ 
genommen,  ergiebt  einen  Wasserquerschnitt  von  250  bis  300  oder  im 
Mittel  275  qrn.  Hieraus  bestimmt  sich  die  Sohlenbreite,  wenn  man 
den  Canal  zunächst  einschiffig  macht,  zu  2,5  bis  3  mal  dem  Tiefgang 
der  Schiffe,  also  zu  etwa  20  m.  Bei  zweifacher  Böschung,  20  m  Sohlen¬ 
breite  und  6,5  m  Tiefe  unter  Annahme  von  2,5  m  breiten  seitlichen 
Bermen  erhält  der  Wasserspiegel  eine  Breite  von  rund  50  m.  Die 
nutzbare  Schleusenlänge  wird  auf  rund  100  m  und  die  Breite  in  den 
Häuptern  auf  15  m  einzurichten  sein.  Das  Gefälle!  der  Schleusen  ist 
entsprechend  dem  Aufsatze  zu  5  m  bemessen.  In  den  weiteren  Aus¬ 
führungen  ist  diese  Annahme  beibehalten,  trotzdem  vielleicht  in  Er¬ 
wägung  zu  ziehen  wäre,  ob  nicht  hydraulische  Hebevorrichtungen, 
Schwimmschleusen  in  der  Weise,  wie  sie  im  vergangenen  Jahre  vom 
Königlichen  Begierungs- Baumeister  Petri  vorgeführt  wurden,  oder 
Schleusen  mit  gröfseren  Gefällen  bis  11  m,  wie  solche  für  den  Panama¬ 
canal  von  Eiffel  in  Vorschlag  gebracht  worden  sind,  am  Platze  sein 
möchten.  Die  Schleuse  mit  5  m  Gefälle  ist  bei  dem  Stande  der 
heutigen  Technik  jedenfalls  sicher  herzustellen,  sie  wird  auch  beim 
Seecanal  von  Liverpool  nach  Manchester  zur  Ausführung  gebracht 
und  hat  deshalb  wohl  ein  Becht,  einer  Besprechung  wie  der  vor¬ 
liegenden  zu  Grunde  gelegt  zu  werden. 

Nach  diesen  Festsetzungen  kann  nun  der  Hauptfrage  der  Wasser¬ 
versorgung  des  Canals  näher  getreten  werden.  Der  Aufsatz  nimmt 
an,  dafs  die  Wasserversorgung  aus  der  Spree  und  Havel  reichlich 
gedeckt  werden  kann.  Zur  Zeit  des  niedrigsten  Wasserstandes  führt 
die  Spree  etwa  13  cbm,  die  Havel  bei  Spandau  nach  den  Messungen 
von  Veitmeyer  ungefähr  die  Hälfte  hiervon.  Wird  man  also  das 
Wasser  beider  Flufsläufe  zur  Speisung  heranziehen  können,  so  stehen 
hierzu  in  der  Secunde  rund  20  cbm  zur  Verfügung.  Verbraucht  wird 
das  Wasser  zum  Füllen  der  Schleusen,  und  aufserdem  geht  ein  Theil 
verloren  durch  Versickern,  Verdunsten  und  durch  Undichtigkeiten 
im  Canal.  Es  soll  angenommen  werden,  dafs  jedes  Schiff’  sowohl  zum 
Abstieg  als  zum  Aufstieg  rund  8000  cbm,  d.  i.  eine  Schleusenfüllung 
Wasser  gebraucht;  für  die  sonstigen  Verluste  sind  täglich  noch  8  mm 
Wasserhöhe  des  Canals  in  Abgang  zu  bringen,  sodafs  sich  der  tägliche 
Wasserverbrauch  aus  der  Zahl  der  verkehrenden  Schiffe  mal  8000  und 
der  Wasserfläche  mal  8  mm  ergiebt.  Die  Strecke  von  Hohensaathen 
nach  Stettin  kommt  bei  der  W asserversorgung  nicht  in  Frage.  Eechnet 
man,  dafs  Berlin  als  Seehandelsstadt  denselben  Verkehr  erreicht,  den 
Antwerpen  1886  besafs,  so  würden  ungefähr  4  000  000  Tonnen  in 
Betracht  zu  ziehen  sein.  Die  durchschnittliche  Ladung  zu  rund 
500  Tonnen  bemessen,  giebt  einen  Schiffsverkehr  von  8000  Schiffen, 
die  innerhalb  250  Tagen  den  Canal  durchfahren  müfsten,  was  einem 
Tagesverkehr  von  32  Schiffen  gleichkommt.  Es  werden  mithin  ge¬ 
braucht  32 . 8000  4-  50.84  000 . 0,008  =  300  000  cbm  Wasser  im  Tage 
oder  in  der  Secunde  rd.  3,5  cbm.  20  cbm  stehen  aus  Spree  und  Havel 
zur  Verfügung,  die  Entnahme  von  3,5  cbm  dürfte  demnach  wohl  zu¬ 
lässig  erscheinen,  ohne  gröfsere  wirthschaftliche  Nachtheile  im  Ge¬ 
folge  zu  haben.  Der  Bestand  der  Wassertriebwerke  bei  den 
Spandauer  Mühlen  kann  hierbei  nicht  ausschlaggebend  sein,  und 
die  Schiffahrt  der  Elbe  und  Havel  wird  eine  nennenswerthe  Einbufse 
nicht  erfahren.  Bei  dem  grofsen  Wasserquerschnitt  der  Elbe  kommt 
diese  geringfügige  Wassermasse  kaum  in  Betracht. 

In  dem  Uebersichtsplane  (Abb.  1)  ist  nun  mit  Hülfe  der  General¬ 
stabskarten  versucht,  den  Gedanken  des  Herrn  Bätsch  nachzugehen 
und  die  Linie  darzustellen,  die  der  vorgeschlagene  Canal  anzunehmen 
hätte.  Der  Anfangspunkt  ist  in  den  Tegeler  See  verlegt.  Der  Auf¬ 
satz  spricht  sich  hierüber  nicht  aus,  doch  sind  mit  diesem  Anfang 
eine  ganze  Menge  Vortheile  verknüpft,  die  an  irgend  einer  anderen 
Stelle  in  der  Nähe  Berlins  nicht  vorhanden  sind,  oder  nur  mit  un¬ 
geheuerlichem  Kostenaufwande  gewonnen  werden  können.  Zunächst 
würde  der  Tegeler  See  sich  wegen  seiner  Tiefe  leicht  zu  einem  Seehafen 
ausbilden  lassen,  die  nöthigen  Kailängen  sind  durch  die  langen  Ufer, 
Werder  und  Inseln  in  bedeutendem  Mafse  vorhanden;  die  Wasser¬ 
verbindung  nach  Berlin  mit  den  Canälen  und  der  Spree  ist  gegeben 
oder  läfst  sich  leicht  hersteilen,  das  umgebende  Gelände  ist  noch 
unbebaut  und  die  Höhenlage  des  Wasserspiegels  ist  eine  derartige. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


11 


2. 


dafs  sowohl  das  Wasser  der  Havel  wie  der  Spree  zur  Speisung  des 
Canals  benutzt  werden  kann.  Bei  gewöhnlichen  Verhältnissen  liegt  der 
Tegeler  See  auf  Ord.  31,0  N.  N.  (niedrigstes  Wasser  Ord.  30,85),  während 
der  Wasserspiegel  der  Spree 
beim  Charlottenburger 
Wehr  nicht  unter  30,40  N.  N. 
fallen  kann.  Schiebt  man 
den  Spreewasserstand  um 
20  bis  30  cm  in  die  Höhe 
und  senkt  den  Tegeler  See 
um  ebensoviel,  was  durch 
die  vorhandenen  Stauwerke, 
ohne  Schädigungen  herbei¬ 
zuführen,  leicht  geschehen 
kann,  so  würde  man  als 
Ausgangsordinate  des 
Wasserspiegels  für  den 
Seehafen  von  Berlin  etwa 
30,70  anzunehmen  haben. 

Diese  Höhe  von  Berlin 
ist,  wie  der  Längenschnitt 
in  Abb.  2  zeigt,  bis  zum 
Finowcanal  beibehalten  und 
mufste  auch  bis  zum  Ab¬ 
stieg  in  das  Oderthal 
durchgeführt  werden ,  weil 
höher  gelegene  Haltungen 
nicht  mehr  gespeist  werden 
können.  Den  Finowcanal 
schneidet  die  Canallinie 
bei  Grafenbrück.  Hier 
hat  die  untere  Haltung 
die  Ord.  29,70  bezw.  29,17, 
je  nachdem  Hochwasser 
oder  Niedrigwasser  im 


leicht  bewerkstelligen  zu  können.  Zu  dem  Ende  mufs  in  dem  Finow- 
canale  die  untere  Haltung  etwas  höher  gelegt  werden,  sodafs  sie  in 
gleicher  Höhe  mit  Berlin  oder  um  ein  geringes  Mafs  tiefer  liegt. 

Der  Abstieg  nach  dem 
Oderthal  hat  mit  sechs 
Schleusen  und  nicht  mit 
zwei,  wie  Herr  Bätsch 
meint,  zu  erfolgen;  die 
Schleusen  bekommen  im 
Durchschnitt  5  m  Gefälle. 
Der  Canal  soll  nicht  in  den 
Finowcanal,  sondern  neben 
denselben  gelegt  werden, 
er  geht  nördlich  um  Ebers¬ 
walde  herum  und  schmiegt 
sich  dann  der  Eichtung 
des  vorhandenen  Canals 
möglichst  an.  Den  Finow¬ 
canal  in  einen  Seecanal 
umzubauen ,  wäre  ein 
grofser  Fehler,  weil  da¬ 
durch  für  viele  Jahre 
hinaus  der  Kleinschiffahrts¬ 
verkehr  unterbrochen  und 
damit  eine  arge  Benach- 
theiligung  desselben  her¬ 
beigeführt  würde.  Vom 
Geldstandpunkte  aus  ist 
die  Benutzung  des  Finow¬ 
canals  ebenfalls  nicht  zu 
rechtfertigen ,  denn ,  wenn 
dieser  wegfällt,  müssen 
im  neuen  Seecanal  neben 
den  grofsen  noch  kleine 
Schleusen  erbaut  werden. 


Abb.  1.  Uebersichtsplan. 
Seecanal  nach  Berlin. 


Querschnitt  im  tiefsten  Einschnitt. 


Mafsstat)  f.  d.  Höhen.  Mafsstah  f.  d.  Längen. 

Abb.  2.  Quer-  und  Längenschnitt. 

Seecanal  nach  Berlin. 


Canal  ist,  die  obere  Haltung  die  Ord.  33,04  bezw.  32,77.  Es  wird 
jedenfalls  zweckmäfsig  sein,  den  Finowcanal  in  Wasserspiegel¬ 
höhe  zu  schneiden,  um  einen  Uebergang  von-  diesem  zum  Seecanal 


deren  Herstellung  voraussichtlich  mehr  kostet,  als  bei  der  Benutzung 
des  Finowcanals  sich  ersparen  läfst. 

(Schlufs  folgt.) 


Das  Sicherheits 

Die  immer  mehr  zur  Anwendung  gelangenden  Stellwerke  ge¬ 
währen  durch  die  Abhängigkeit  zwischen  den  Signal-  und  Weichen¬ 
hebeln,  welche  das  Ziehen  eines  Signalhebels  nur  nach  richtiger 
Einstellung  der  in  der  Fahrtrichtung  liegenden  Weichen  gestattet, 
eine  grofse  Sicherheit  für  die  Einfahrt  der  Züge.  Es  ist  aber  be¬ 
kannt,  dafs  diese  Sicherheit  besonders  bei  den  Stellwerken  mit 
Drahtzügen  durch  den  Wechsel  in  den  Wärmegraden  der  Luft  um 
so  mehr  beeinträchtigt  wird,  je  weiter  die  betreffenden  Weichen  von 
dem  Stellwerke  entfernt  sind,  je  länger  also  die  Drahtzüge  werden; 
denn  bei  Leitungen  von  einer  gewissen  Länge  können  die  Weichen¬ 
hebel  am  Stellwerke  ln  ihren  Endstellungen  eingeklinkt  werden, 


■Weichensignal. 

auch  wenn  der  feste  Zungenschlufs  durch  zwischenliegenden  Schnee, 
Steine  usw.  verhindert  wird.  Aus  diesem  Grunde  werden  an  den 
entfernteren  Weichen  besondere  Siegel  angebracht,  welche  bei  rich¬ 
tiger  Stellung  der  Weichen  durch  die  Signal-Drahtzüge  verschlossen 
werden  und  bei  nicht  [genauem  Zungenschlufs  das  Ziehen  des  Ein¬ 
fahrtsignals  verhindern.  Die  durch  diese  Sicherheitsriegel  für  die 
Einfahrt  der  Züge  auch  bei  den  entferntesten  Weichen  gegebene 
Sicherheit  entfällt  beim  Verschieben  der  Züge  innerhalb  der 
Stationen. 

Um  auch  für  diesen  Fall  dem  Stationsbeamten  die  Möglichkeit 
zu  bieten,  sich  von  der  richtigen  Stellung  der  weitabliegenden 


12 


Ceutralblatt  der  B auverwaltnng. 


11.  Januai'  1890. 


Weichen  zu  überzeugen,  ohne  sich  zu  denselben  hin  begeben  zu 
müssen,  habe  ich  versucht,  die  Weichenlaternen  zu  Signalen  aus¬ 
bilden  zu  lassen,  an  welchen  aus  der  Ferne  nicht  allein  die  Stellung 
der  Weichen,  sondern  auch  der  genaue  Zungeuschluls  erkannt 
werden  kann. 

Das  Ergebnil’s  der  zu  diesem  Zwecke  in  Gemeinschaft  mit  der 
Eisenbahnsignal- Bauanstalt  Max  Jüdel  u.  Co.  in  .Braunschweig  aus- 
gefiihrteu  Versuche  bildet  das  auf  beifolgender  Zeichnung  dargestellte 
„Sicherheits- Weichensignal“. 

Die  AVeichenlaterre  —  Abb.  1  bis  4  —  hat  hierbei  eine  sechs- 
oder  achteckige  Form,  also  sechs  oder  acht  Seiten  erhalten.  Von 
diesen  sind,  wie  bei  der  gewöhnlichen  Weichenlaterne,  zwei  einander 
gegenüberstehende  Seiten  mit  rechteckigen  Scheiben  aus  Fensterglas 
und  zwei  ebenfalls  einander  gegenüberstehende  Seiten  mit  Milchglas 


ist  zu  berücksichtigen,  dafs  bei  gleicher  Gröfse  des  umschriebenen 
Kreises  die  sechseckige  etwas  breitere  Seiten  hat,  während  die  acht¬ 
eckige  den  Vorth  eil  gewährt,  dafs  bei  Stellung  der  Weiche  auf  das 
krumme  Geleis  die  Fensterglasscheiben  nicht  verdeckt  sind,  sondern 
im  Dunkeln  zur  Erleuchtung  der  Weiche  dienen. 

Die  Bewegung  des  Sicherheits -Weichensignals  erfolgt  nicht,  wie 
bei  der  gewöhnlichen  Weicheulaterne,  gleichmäfsig  während  der 
ganzen  Umstellung,  sondern  ruckweise  in  zwei  Absätzen.  Dasselbe 
dreht  sich  zunächst  um  60  Grad  bei  der  sechseckigen  bezw.  45  Grad 
bei  der  achteckigen  Form,  bleibt  während  der  eigentlichen  Um¬ 
stellung  der  Weiche  stehen  und  dreht  sich  zum  Schlufs  nochmals 
um  60  bezw.  45  Grad.  Für  die  Anbiängung  des  Signals  ist  es  daher 
erforderlich,  dafs  auch  die  Umstellung  der  Weiche  in  drei  Abschnitten 
erfolgt,  sodafs  in  dem  ersten  die  Entriegelung  der  anliegenden  Zunge, 


in  Form  eines  Pfeiles  und  einer  kreisrunden  Scheibe  versehen,  ent¬ 
sprechend  den  vorgeschriebenen  Signalbildern,  welche  die  Stellung 
der  Weiche  auf  das  gerade  oder  krumme  Geleis  kennzeichnen.  Die 
beiden  letzten  Seiten  der  sechseckigen,  bezw.  zwei  einander  gegen¬ 
überstehende  Seiten  der  achteckigen  Laterne  sind  mit  rother  Farbe 
gestrichen  und  mit  einem  roth  verglasten  Ausschnitt  (in  Abb.  1 
und  4  punktirt)  versehen.  Diese  bei  richtiger  Stellung  der  Weichen 
und  genauem  Zungenschlufs  nicht  sichtbaren  Seiten  treten  sofort  zu 
Tage,  sobald  bei  der  Umstellung  die  anliegende  Zunge  den  festen 
Anschlufs  verliert,  bleiben  während  der  Umstellung  der  Weiche 
sichtbar  und  verschwinden  erst,  sobald  die  andere  Zunge  zum  An¬ 
liegen  gekommen  ist  und  verriegelt  wird.  Bei  gefahrloser  Stellung 
der  Weiche  dienen  zum  Verdecken  dieser,  die  Gefahrstellung  an¬ 
zeigenden  Seiten  bei  der  sechseckigen  Laterne  zwei  kreisförmig 
gebogene  Blenden  AA  und  BB  (Abb.  2),  bei  der  achteckigen  vier 
gerade  Blenden  CC,  DD,  EE  und  FF  (Abb.  3),  welche  aus  Blech 
gearbeitet  und  mit  dem  Laternenbock  fest  verbunden  sind.  Nach 
den  beiden  Bichtungen  des  Geleises  werden  in  den  Zwischenräumen 
AB  bezw.  CD  und  EF  die  verschiedenen  Weichensignale  sichtbar. 
Bei  der  Wahl  zwischen  einer  sechseckigen  und  achteckigen  Laterne 


in  dem  zweiten  die  Umstellung  und  in  dem  dritten  die  Verriegelung 
der  anderen  Zunge  bewirkt  wird.  Diese  Art  der  Umstellung  ist 
bereits  vielfach  bei  Weichen  angewandt,  die  von  Stellwerken  bedient 
werden,  indem  die  Verbindungsstange  der  Zungen  mit  Zwischen¬ 
gelenken  versehen  ist. 

In  der  Zeichnung  ist  angenommen,  dafs  die  LTmstellung  der 
Weiche  mittels  eines  Weichenstellschlosses  nach  dem  Patent  Büssing 
erfolgt,  wie  solches  in  Nr.  8  der  technischen  Mittheilungen  aus  der 
Eisenbahnsignal  -  Bauanstalt  von  Max  Jüdel  u.  Co.  in  Braunschweig 
vom  Jahre  1887  beschrieben  ist. 

Die  in  der  Verlängerung  der  Weichenzugstange  a  angebrachte 
Laternenzugstange  b  ist  nicht  fest  mit  der  Laternenstange  c  ver¬ 
bunden,  sondern  umfafst  dieselbe,  um  die  erforderliche  Führung  zu 
erzielen,  mit  einer  Schleife  de  (Abb.  2,  8  und  9).  Die  hieran  be¬ 
festigten  beiden  Stifte  f  und  bewirken  die  Drehung  der  Laterne, 
indem  sie  gegen  den  an  der  Laternenstange  befestigten  Kloben  gJi 
stofsen.  In  den  Endlagen  —  Abb.  5  und  7  —  drückt  einer  der 
beiden  Stifte  f  oder  gegen  eine  Nase  g  des  Klobens  und  hält  die 
Laterne  fest,  wobei  gleichzeitig  am  anderen  Ende  des  Klobens  der 
Ansatz  h  gegen  die  Schleife  d  drückt  und  eine  zu  weite  Drehung 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


13 


Kr.  2. 


der  Laterne  verhindert.  In  der  Gefahrstellung  —  Abb.  6  —  schleift 
eine  zwischen  den  beiden  Stiften  f  und  befindliche  Gleitfläche  kk^ 
—  Abb.  8  und  9  —  an  dem  Kloben  entlang,  sodafs  keine  Drehung 
der  Laterne  erfolgen  kann.  Die  Bewegung  der  Weiche  und  der 
Laterne  ist  aus  den  Abb.  5,  6  und  7  ersichtlich.  Abb.  5  zeigt  die 
Stellung  der  Weiche  auf  das  krumme  Geleis;  bei  einer  Umstellung 
bewegen  sich  die  Zugstangen  a  und  b  in  der  Eichtung  des  Pfeils, 
die  rechte  Weichenzunge  wird  entriegelt  und  die  Laterne  bis  zur 
Gefahrstellung  gedreht.  Abb.  6  zeigt  den  weiteren  Verlauf  der  Um¬ 
stellung,  die  beiden  Weichenzungen  werden  bis  zum  Anliegen  der 
linken  Weichenzunge  weiterbewegt,  die  Laterne  wird  in  der  Gefahr¬ 
stellung  festgehalten,  bis  die  linke  Zunge  verriegelt  und  gleichzeitig 
die  Laterne  für  das  gerade  Geleis  richtig  gedreht  wird  (Abb.  7). 
Diese  letzte  Bewegung  der  Laterne  kann  nur  erfolgen,  sobald  die 
Weichenzunge  so  fest  anliegt,  dafs  auch  die  Verriegelung  bewirkt 
werden  kann.  Die  Bewegung  der  Weichenzugstange  kann  hierbei 
mittels  Drahtzugs  oder  Gestänges  aus  der  Ferne  oder  von  einem 
Handweichenbock  aus  bewirkt  werden. 


Bei  den  von  Stellwerken  bedienten  Weichen  bleibt  bei  einem 
etwaigen  Aufschneiden  die  Laterne  in  der  Gefahrstellung  stehen, 
bis  die  Weiche  wieder  vom  Stellwerke  aus  verriegelt  wird;  Hand¬ 
weichen  werden  durch  das  schwere  Gegengewicht  nach  dem  Auf¬ 
schneiden  in  der  neuen  Stellung  verriegelt. 

Die  Anwendung  des  Sicherheits -Weichensignals  dürfte  sich  bei 
allen  von  Stellwerken  bedienten  Weichen  und  bei  allen  in  Haupt¬ 
geleisen  liegenden,  spitzbefahrenen  Handweichen  empfehlen.  Es  ge¬ 
währt  einen  sieheren,  aus  Entfernungen  bis  300  ra  erkennbaren 
Verschlufs. 

Das  erste  nach  diesem  System  ausgeführte  Weichensignal  wurde 
vor  3  Jahren  auf  Bahnhof  Loecknitz  aufgestellt  und  hat  sich  völlig 
bewährt.  Inzwischen  sind  einzelne  Theile  der  Construction  weiter 
ausgebildet  und  auf  verschiedenen  Stationen  des  Betriebsamts  Stettin- 
Stralsund  27  derartige  Signale  mit  ebenso  günstigem  Erfolge  her¬ 
gestellt. 

Stettin,  im  October  1889.  Lademann, 

Eegierungs-  und  Baurath. 


Zur  Frage  der  Freilegung  des  Kölner  Domes 


ergreift  die  neuerdings  gebildete  Vereinigung  von  Privat¬ 
architekten  in  Köln*)  das  Wort  in  einem  Rundschreiben,  in 
welchem  sie  einen  der  ältesten  Freilegungs- Vorschläge,  den  so¬ 
genannten  Philipp  sehen,  wieder  ans  Tageslicht  zieht  und  in 
etwas  veränderter  Form  zu  dem  ihrigen  macht.  Der  Stand  der 
Frage  der  Domfreilegung  ist  den  Lesern  aus  dem  zusammenfassen¬ 


des  Beschauer-Standpunktes  vom  Südportale  des  Domes  in  etwas 
verkürzt  werden  würde.**)  Den  Mehrkostenaufwand  ihres  Entwurfes 
gegenüber  dem  Stübbenschen  berechnet  die  Vereinigung  auf  höch¬ 
stens  5 — 600  000  Mark.  —  Die  „Westprojecte“  werden  von  dem  Süd- 
westvorschlage,  wenn  wir  diese  Bezeichnung  für  den  Plan  Philipps 
und  der  Vereinigung  wählen  dürfen,  örtlich  nicht  durchkreuzt,  viel- 


Norden. 


t.,.P  .  ■  ■  ■  .  ■  ■  ^^9 


Plan,  der  Umgebung  des  Domes  in  Köln  mit  den  Entwürfen  zur  Freilegung. 


den  Aufsatze  des  Herrn  Stadtbaumeister  J.  Stubben  im  Jahr¬ 
gange  1887  S.  427  dieses  Blattes  bekannt.  Zwei  Freilegungspläne 
aus  der  Zahl  derer,  die  in  den  letzten  fünf  Jahren  aufgetaucht 
sind,  erfreuen  sich  der  Gunst  der  betheiligten  Kreise,  das  sogenannte 
Stübbensche  „  Süd  -  Project  “  und  der  Heimann  -  Kaafsche 
Vorschlag  für  die  Freilegung  der  Westseite.  Das  erstere  geht, 
nachdem  es  an  Allerhöchster  Stelle  genehmigt  ist,  bereits  seiner  Ver¬ 
wirklichung  entgegen,  und  die  Durchführung  des  letzteren  mit  dem 
Reste  der  aus  den  bewilligten  Lotterieen  fliefsenden  Geldmittel  findet 
lebhafte  und  einflufsreiche  Fürsprache.  Der  Philippsche  Vorschlag 
nun  und  mit  ihm  jetzt  der  der  Kölner  Architekten-Vereinigung  gehen 
darauf  hinaus,  die  wirksamste  Gesamtansicht  des  Domes,  die  Süd¬ 
westperspective ,  zur  freien  Erscheinung  zu  bringen.  Die  vor¬ 
stehende  Abbildung  läfst  den  Gedanken  erkennen.  Seine  Durch¬ 
führung  würde  erreicht  werden  durch  südöstliche  Verschiebung 
und  anderweite  Gestaltung  des  das  Domhotel  enthaltenden  Häuser¬ 
blockes  zwischen  Wallrafs-Platz  und  Domhof,  wie  dieser  Block  aus 
der  Durchführung  des  Stübbenschen  Planes  hervorgeht  (vgl.  unsere 
Abbildung  mit  der  auf  S.  427,  J.  1887).  Stübbens  an  sich  vor¬ 
trefflicher  Plan  würde  dadurch  nur  insofern  um  ein  geringes  beein¬ 
trächtigt  werden,  als  der  in  ihm  angenommene  senkrechte  Abstand 

*)  Vgl.  J.  1889  S.  442. 


mehr  nur  insofern  geschädigt,  als  ihrer  Durchführung  die  genannte 
Geldsumme  entzogen  werden  würde. 

Der  leider  etwas  spät  kommende  Vorschlag  der  Kölner  Archi¬ 
tekten-Vereinigung  verdient  gewifs  Beachtung.  Er  würde  zu  dem 
Ueberblicke  über  den  Dom  von  einem  Standpunkte  aus  verhelfen, 
für  den  sich  jeder  Architekt  in  erster  Linie  entscheiden  würde,  wenn 
es  sich  für  ihn  um  eine  Gesamtdarstellung  des  Bauwerkes  handelte, 
und  den  z.  B.  auch  der  Architekturmaler  Prof.  Conrad  für  sein 
im  Vatican  befindliches  Dombild  ausgewählt  hat.  Wir  sind  entfernt 
davon,  zu  weit  getriebenen  Freilegungsplänen  das  Wort  zu  reden. 
Die  Erhaltung  der  umgebenden  Gebäude  in  gewisser  Nähe  eines 
hervorragenden  Bauwerkes  ist  für  dessen  Gesamterscheinung  und 
Mafsstab  von  ebenso  grofsem  Werthe  wie  für  die  Bildung  der  um¬ 
liegenden  Plätze.  Doch  wenn  der  Philippsche  Plan,  der  den  er¬ 
wähnten  Häuserblock  in  der  Nord -Süd -Richtung  schmaler  machte 
und  weiter  vom  Dom  abrückte,  in  dieser  Beziehung  schon  etwas  zu 
weit  ging,  so  scheint  sich  der  Vorschlag  der  Vereinigung,  der  nach 
dieser  Richtung  allerdings  einer  sorgfältigen  Prüfung  an  Ort  und 
Stelle  zu  unterziehen  sein  wird,  doch  innerhalb  der  zulässigen  Grenzen 
zu  halten.  —  d. 


**)  In  der  Abbildung  ist  dieser  nähere  Standort  durch  einen 
Punkt  bezeichnet,  ebenso  der  Standort  auf  dem  Wallrafplatze. 


Die  Bauführung  des  Mittelalters 


Wenn  es  sich  um  die  Frage  handelt,  wie  einer  Kunstübung 
fördersam  durch  öffentliches  Wirken  zu  helfen  sei,  sind  wir  geneigt, 
den  gesellschaftlichen  Verhältnissen  der  Künstler  nachzuspüren  und 
aus  einer  Hebung  ihrer  Lebensstellung  auch  eine  Hebung  des  Schaffens 
zu  erhoffen.  Bei  der  kunstgeschichtlichen  Betrachtung  betreffen  wir 


uns  leider  meist  auf  mehr  idealistischer  Lebensauffassung.  Dort  glauben 
wir  nur  zu  leicht  an  die  Alleinmacht  geistiger  Strömungen  und  achten 
wenig  auf  die  gesellschaftliche  Stellung  der  Schaffenden.  Es  ist  daher 
von  hohem  Werthe,  einem  Buche  zu  begegnen,  welches  dieser  Ein¬ 
seitigkeit  nicht  huldigt,  nämlich  der  soeben  in  zweiter  Auflage  er- 


14 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


11.  .laiiiiar  1890, 


schienenen  Arbeit  Stephan  Beissels  über  die  Ballführung  des 
Mittelalters.*) 

Dieses  treffliche  Werk  behandelt  zwar  auch  nicht  allein  gesell¬ 
schaftliche  Verhältnisse  vergangener  Jahrhunderte.  Es  zerfällt  in 
drei  scharf  getrennte  Gebiete,  von  welchen  das  erste  die  Bau¬ 
geschichte  der  St.  Victorkirche  in  Xanten  an  der  Hand  der  in  den 
dortigen  Archiven  in  Seltenem,  wohl  einzigem  Reichthume  vorhandenen 
Urkunden  behandelt,  während  das  letzte  sich  mit  gleicher  Gründ¬ 
lichkeit  mit  der  inneren  Einrichtung  des  Gotteshauses  beschäfiigt. 
So  merkwürdig  der  vortrefflich  erhaltene  Bau  auch  in  allen  seinen 
Theilen  ist,  so  liegt  doch  nicht  in  seiner  Darstellung  der  Schwer¬ 
punkt  des  Buches,  sondern  vielmehr  in  den  socialwissenschaftlichen 
Abhandlungen,  zu  welchen  die  Rechnungen  des  Victorstiftes  die 
breiteste  Unterlage  bieten.  Nach  dieser  Richtung  ist  Beissels  Werk 
ohne  gleichen  in  der  deutschen  Schriftwelt.  Nur  Johannes  Falckes 
Statistik  der  l’reise  in  Sachsen  in  Hildebrands  Jahrbüchern  für 
Nationalökonomie,  Band  XVI,  bietet,  soweit  mir  bekannt,  einen  ähn¬ 
lich  reichen,  wenn  auch  nicht  annähernd  einheitlichen,  weil  unter 
schwierigeren  Umständen  gesammelten  Stoff. 

Der  Abschnitt  des  Beisselschen  Buches  „Geldwerth  und  Arbeits¬ 
lohn“  bietet  so  wichtiges,  dafs  sein  Inhalt  hier  in  Kürze  wiedergegeben 
werden  soll.  Zunächst  wird  in  ihm  die  Art  des  Baubetriebes  festgestellt. 
Die  Baufabrik  hatte  bestimmte  jährliche  Einnahmen,  die  bei  mäfsigem 
Baubetrieb  meist  einen  Ueberschufs  ergaben,  der  dann,  angesammelt, 
die  Mittel  zu  gröfseren  Unternehmen  bot.  So  mufste  der  Baumeister 
sich  nach  der  Kasse  richten,  welche  Stillstand  gebot,  wenn  die 
Schulden  anwuchsen.  Die  Gesamtausgaben  wechselten  stark.  Sie 
wurden  entnommen  aus  dem  Vermögen  der  Kirchenfabrik,  das  aus 
Grundbesitz  und  aus  Erbrenten  bestand,  ferner  aus  den  fällig 
werdenden  Pfründen  anderer  Art,  namentlich  aus  den  Opfern  an 
Altären,  deren  Inhaber  abwesend  waren,  aus  Begräbnissen,  Opfer¬ 
stöcken,  Stiftungen  einzelner  und  der  verschiedenen  Brüderschaften. 
Im  Fall  der  Noth  halfen  Ablafsbullen  der  Päpste  und  die  durch  sie 
geschaffenen  neuen  Gnadenmittel  nach.  1514  erschien  auch  in  Xanten 
der  Ablafskasten  für  den  Bau  von  St.  Peter  in  Rom.  Leider  hat 
Beissel  die  Einnahmen  nicht  tabellarisch  aufgeführt,  sondern  nur 
willkürliche  Beispiele  wiedergegeben.  Für  die  Sittengeschichte  nament¬ 
lich  des  15.  und  beginnenden  16.  Jahrhunderts  wäre  gerade  diese 
Tabelle  vom  allerhöchsten  Werthe  gewesen. 

Die  Verwaltung  der  Baurechnung  unterstand  dem  magister  fabricae, 
dem  Werkmeister,  einem  Geistlichen,  also  einem  nicht  technisch 
gebildeten  Beamten.  Unter  diesem  wirkte  der  magister  lapicida,  der 
Baumeister,  und  zwar  bis  1374  als  Besitzer  einer  Pfründe,  die  ihn 
den  Kanonikern  gleichstellte.  Es  scheint  diese  Einrichtung  noch  aus 
der  Zeit  zu  stammen,  in  welcher  die  Geistlichen  selbst  die  Bau¬ 
leitenden  waren.  Eine  mit  grofser  Umsicht  geführte  Berechnung 
beschäftigt  sich  damit,  die  Lohnverhältnisse  des  Baumeisters  und 
seiner  verschiedenen  Gehülfen  festzustellen.  Diesem  Unternehmen 
setzten  sich  ganz  aufserordentliche  Schwierigkeiten  entgegen.  Zunächst 
durch  die  Unsicherheit  des  Geldwerthes  und  die  traurige  Lage  des 
Münzwesens.  Die  Zahl  der  verschiedenen  Geldsorten  ist  aufserordent- 
lich  und  ihr  Verhältuifs  zu  einander  ein  stets  schwankendes.  Beissel 
konnte  sich  aber  nicht  damit  begnügen,  den  Betrag  des  Lohnes  auf  ein¬ 
heitliche  Silberwerthe  zurückzuführen,  er  mufste  auch  die  Kaufkraft  des 
Silbers  feststellen,  indem  er  in  umfassender  Weise  die  Getreidepreise 
statistisch  behandelte.  Denn  nicht  die  Höhe  des  Geldbetrages 
bestimmt  den  Werth  der  Einnahmen  des  Arbeiters,  sondern  die 
Möglichkeit,  sich  für  den  Tagelohn  eine  reichliche  Menge  Brod  zu 
schaffen.  Andere  Gebrauchsgegenstände  kommen  zur  Erläuterung 


Jahr 

Name  des  Meisters 

G  e  1 

in  Solidis 

1  a  1 1 

in  Reichsmark 

1374 

Jacob 

396 

630 

1398 

1400 

Conrad  v.  Cleve. 

227 

201 

435 

285 

1454 

Theodorich  Moer 

75 

138 

1489 

1490 

Wilhelm  aus  Utrecht 

530 

300 

630 

300 

1494 

432 

780 

1508 

4092/3 

390 

1509 

Johann  Langenberg  aus  Köln 

437 

450 

1513 

3752/3 

480 

1519 

3742/3 

600 

*)  Stephan^  Beissel,  S.  J.,  die  Bauführung  des  Mittelalters. 
Studie  über  die  Kirche  des  hl.  Victor  zu  Xanten.  Bau,  Geldwerth, 
Ausstattung.  Mit  Abbildungen.  2.  vermehrte  u.  verbesserte  Auflage, 
Freiburg  i.  B.  1889.  Herdersche  Verlagsbuchhandlung.  8o.  XIV, 
232,  190  und  192  Seiten.  Preis  7,50  Mark. 


nebenher  in  Betracht.  Nun  erst,  nachdem  das  Werthverhältnifs  des 
Malters  Weizen,  Roggen  und  Gerste  zu  den  einzelnen  Münzen  fest¬ 
gestellt  war,  konnte  Beissel  eine  eigentliche  Lohnstatistik  auf¬ 
stellen. 

Zunächst  beschäftigt  er  sich  mit  den  Einnahmen  der  Meister, 
die  in  Jahresgehalt,  4’agelohn  und  Kleidern  bestanden.  Vorstehende 
Tabelle  giebt  zunächst  sein  Gehalt  in  der  zumeist  üblichen  Münze, 
den  Solidis,  deren  12  eine  Mark  ausmachten,  sowie  den  Werth  des 
Gehaltes,  gemessen  an  der  von  Beissel  der  Berechnung  zu  Grunde 
gelegten  Getreideeinheit  von  je  einem  Malter  Weizen,  Gerste  und 
Roggen. 

Die  auffallenden  Schwankungen  erklären  sich  aus  dem  jähen 
Sinken  und  Steigen  der  Getreidepreise  im  Mittelalter,  wo  noch  nicht 
die  Verkehrsmittel  imstande  waren,  Mifsernten  einzelner  Landes- 
theile  auszugleichen.  Aufser  diesem  Gehalt  erhielten  die  Meister 
Taglohn,  wenn  sie  für  das  Stift  arbeiteten.  Auch  dieser  Lohn  ist 
in  fortwährendem  Schwanken  begriffen.  Ich  ziehe  aus  den  umfang¬ 
reichen  Tabellen  jene  Zahlen  heraus,  welche  sich  der  erst  gegebenen 
Tabelle  anschliefsen  und  auch  die  Steinmetzgesellen  und  Gehülfen 
(Lehrlinge)  in  Betracht  nehmen. 


Jahr 

Sommer- Ta 
f 

Steiumetzmeister 

glohn  in  D 
Ür  einen 

-gesellen 

enaren*) 

-gehülfen 

Umgerechnet 
heutigem  Get 
werth  in  Reicl 
Meister  |  Geselle 

nach 

reide- 

ismark 

Gehülfe 

1374 

50 

36 

14 

6,70 

4,83 

1,88 

1398 

60 

42 

21 

9,36 

6,55 

3,28 

1400 

65 

50 

30 

5,01 

3,85 

2,31 

1454 

3(3 

36 

20 

6,62 

6,62 

3;68 

1489 

72 

33 

16 

8,55 

3,92 

1,90 

1490,94 

36 

28 

15 

4,57 

3,56 

1,91 

1508/09 

33 

25 

15 

3,30 

2,50 

1,50 

1513/19 

30 

25 

15 

4,32 

3,60 

2,16 

Ich  nehme  nun,  freilich  ziemlich  willkürlich,  die  Jahresleistung 
eines  Steinmetzen  etwa  auf  250  Sommertage  an.  Etwa  70  Tage  gehen 
für  Feste  und  Sonntage,  50  als  Verlust  für  den  Winter  von  der 
Gesamtsumme  der  Tage  ab.  Es  ergeben  sich  dann  für  die  Stein¬ 
metzen  Jahreseinnahmen  nach  dem  heutigen  Gelde  (Reichsmark)  und 
dessen  Kaufkraft. 


Jahr 

M 

Gehalt 

eiste 

Lohn 

r 

Summe 

Geselle 

t 

Gehülfe 

1 

1374 

630 

1675 

2305 

1208 

i  470 

1398 

435 

2340 

2775 

1637 

820 

1400 

285 

1252 

1537 

962 

577 

1454 

138 

1655 

1793 

1655 

920 

1489 

630 

2137 

2767 

980 

475 

1490  94 

465 

1142 

1607 

890 

477 

1508,09 

420 

825 

1245 

625 

375 

1513/19 

540 

1080 

1620 

900 

540 

Durchschnitt 

443 

1513 

1956 

1107 

582 

Diese  Zahlen  geben  ein  ungefähres  Bild  der  Stellung  der  minder 
hervorragenden  Werkleute  an  den  gothischen  Bauten.  Die  Meister, 
welche  selten  mit  mehr  als  drei  bis  vier  Gesellen  arbeiteten  und 
nach  den  Hüttenordnungen  nicht  mehr  als  einen  oder  zwei  Lehrlinge 
haben  sollten,  die  also  den  Bau  grofser  Dome  im  „Kleinbetrieb“ 
führten,  wie  wir  heute  sagen  würden,  erhoben  sich  in  Xanten  noch 
nicht  zu  jener  freieren  gesellschaftlichen  Stellung,  welche  sie  in 
anderen  Städten  sich  zu  ervverben  verstanden,  und  namentlich  nicht 
zu  jenem  Umfange  des  Geschäftsbetriebes,  wie  andere  vielbeschäftigte 
spätgothische  Künstler.  Beissel  freilich  scheint  den  Umstand,  dafs 
die  Meister  sich  vor  den  Gesellen  wenig  erhoben,  dafs  ihr  Verdienst 
ein  geringer  war,  als  ein  Zeichen  hoher  Kunst  und  als  ein  Er- 
gebnifs  der  opferwilligen  Frömmigkeit  zu  betrachten,  während  es 
doch  aller  Zeit  sich  zeigt,  dafs  die  Steinmetzen  mit  Recht  kräftig  für 
die  Verbesserung  ihrer  gesellschaftlichen  Lage  eintraten,  zumal  im 
späteren  Mittelalter,  als  durch  das  Wachsen  der  Städte  die  Preise  all¬ 
gemein  stiegen  und  die  Löhne  mit  dieser  Steigerung  nicht  mehr 
Schritt  halten  wollten. 

Diesen  Wechsel  des  Lohnwerthes  lehrt  am  besten  eine  weitere 
Tabelle,  welche  von  Jahrzehnt  zu  Jahrzehnt  die  Löhne  eines  Meisters 
(Steinmetzen,  Dachdeckers,  Maurers)  und  eines  Gesellen  zusammen¬ 
stellt.  Ich  gebe  hier  nur  auf  je  50  Jahre  zusammengezogene  Zahlen 
und  die  Zahl  der  Tage,  in  welchen  der  Betreffende  je  ein  Malter 
Weizen,  Roggen  und  Gerste  erarbeiten  konnte. 


*)  12  Denare  sind  1  Solidus. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


15 


5(r.2. 


Jahre 

Meister 

Geselle 

Jahre 

Meister 

Geselle 

1350—99 

12 

17 

1550-99 

36 

3G 

1400—49 

15 

20 

1600—49 

27 

29 

1450—99 

18 

21 

1650-79 

23 

25 

1500—49 

20 

26 

Geschichtlich  ist  diese  Tabelle  von  hohem  Werth.  Sie  lehrt 
das  langsame  Fallen  des  Werthes  der  Arbeit.  Um  das  Jahr  1470 
begann  der  Verdienst  der  Meister  ganz  auffallend  niederzugehen. 
Es  ist  die  Zeit  der  Handwerkerunruhen,  der  Zunftbildungen  und, 
unter  den  Steinmetzen,  der  Hüttenstreite,  des  um  sich  greifenden 
Verfalles  der  Brüderschaften,  die  an  sich  schon  gegründet  waren, 
um  die  alten  besseren  Zustände  durch  Beschränkung  des  Wettbewerbes 
wieder  zurück  zu  bringen.  1480 — 1500  brauchte  der  Meister  24,5  Tage, 
um  jene  Getreideeinheit  zu  verdienen,  die  er  ein  Jahrhundert  früher 
in  10  Tagen  erarbeiten  konnte.  Die  Folgezeit,  1500 — 1530,  die  Zeit 
der  Vorbereitung  der  Reformation,  der  grofsen  Gewissensangst  im 
deutschen  Volke,  der  leidenschaftlichen  Bethätigung  in  guten  Werken, 
namentlich  im  Kirchenbau,  brachte  bessere  Zustände.  Die  Zahl  der 
Tage  sank  auf  18,3.  Aber  mit  den  Wirren  der  Reformation  und  mit 
der  Entwicklung  der  Städte,  des  Grofsbetriebes,  der  Besserung  der 
Verkehrswege,  der  mächtigen  Einfuhr  americanischen  Silbers  durch 
die  Spanier  begann  der  aufserordentliche  Fall  des  Werthes  der 
Arbeit,  welcher  das  16.  Jahrhundert  kennzeichnet.  1580 — 90  brauchte 
der  Meister  46  Tage;  in  zwei  Jahrhunderten  war  sein  Erwerb  auf 
weniger  als  ein  Viertel  herabgesunken.  Ja,  lange  Zeit  erhob  sich 
sein  Verdienst  gar  nicht  über  den  des  Gesellen,  die  Handwerks¬ 
meister  waren  völlig  auf  die  Gleiche  der  Lohnarbeiter  herabgedrückt, 
Deutschland  befand  sich  vor  dem  dreifsigjährigen  Kriege  in  einer  in 
allen  Lebensgebieten,  namentlich  auch  im  Münz-  und  Creditwesen 
sich  äufsernden  tiefen  socialen  Bedrängnifs.  Der  Krieg  aber,  mit 
seinem  furchtbaren  Aderlafs  am  Blute  des  Volkes,  seiner  Zurück¬ 
führung  aller  Betriebe  auf  ihre  ursprüngliche  Einfachheit,  d.  h.  das 
Zerbrechen  der  Grofsindustrie  und  die  Minderung  der  Bevölkerungs¬ 
zahl,  brachte  endlich  wieder  einen  Ausgleich.  Beissel  berechnet 
schliefslich  —  zum  Vergleiche  —  die  Einnahmen  eines  Meisters  von 
1882  mit  3  Mark,  eines  Gesellen  mit  2,50  Mark.  Daraus  würde  sich 
ergeben,  dafs  der  moderne  Meister  in  23  Tagen,  der  Geselle  in 
27,6  Tagen  seine  Getreideeinheit  verdient  haben.  Die  Zustände  von 
1882  sind  also  ähnlich  jenen  zur  Blüthezeit  der  Renaissance,  etwa 
von  1545. 

Die  wichtigste  Zeit  ist  die  des  Ueberganges  von  der  Gothik  zur 
Renaissance,  die  bekanntlich  mit  der  Reformation  und  vielen  grofs- 
artigen  Erfindungen,  also  mit  einer  Umgestaltung  der  socialen  Lage, 
zusammenfällt.  Es  sei  gestattet,  die  Ergebnisse  meiner  Studien  in 
Sachsen  den  Beisselschen  gegenüber  zu  stellen. 


Getreide¬ 

art 

Preise  von 

1455  —  1480  in  der¬ 
zeitigem  Gelde 

Preise  von 

1.530  — 1560  in  der¬ 
zeitigem  Gelde 

Preise 

von 

1877  in 
Reichs¬ 
mark 

höchster 

niedrig¬ 

ster 

Mittel¬ 

preis 

liöchster 

niedrig¬ 

ster 

Mittcl- 

preis 

Gr.  Pf. 

Gr.  Pf. 

Gr.  Pf. 

Gr.  Pf. 

Gr.  Pf. 

Gr.  Pf. 

Roggen  . 

23  — 

4  — 

6  4 

1  42  — 

12  — 

20  5 

1  16,80 

Gerste  .  . 

14  8 

4  — 

7  3 

23  — 

8  — 

14  11 

!  12,— 

W eizen  . 

18  — 

5  2 

9  6 

;  41  4 

17  - 

23  2 

'  22,70 

Diese  Tabelle,  zu  der  J.  Falcke  die  meisten  Unterlagen  bot, 
ergiebt,  dafs  der  Betrag  von  23  Gr.  1  Pf.  um  1470  gleichen  Kaufwerth 
hatte  als  1877  von  49,50  Reichsmark,  dafs  also  der  Groschen  damals 
denselben  Kaufwerth  besafs,  als  2,15  Reichsmark  im  Jahre  1877. 
Um  1545  stellen  sich  58  Gr.  6  Pf.  gleich  49,50  Reichsmark,  ist  also 
der  Kaufwerth  des  Groschens  auf  0,85  Reichsmark  herabgefallen. 

Nachstehende  Lohnlisten  entnehme  ich  den  im  Dresdner  Haupt¬ 
staatsarchiv  befindlichen  Bauacten  über  die  Albrechtsburg  in  Meifsen 
(1476)  und  das  Schlofs  in  Dresden  (1553).  Das  alte  Geld  sind 
Groschen  und  Pfennige,  der  heutige  Kaufwerth  ist  in  Reichsmark  an¬ 
gegeben. 


Wocheiüohn 

H 

e  u  t  i 

S  e  r 

K  a  n  f  w  e  r 

t  h 

Jahres- 

Stand 

in 

des 

des 

der 

lohn 

altem 

Geld 

Wochenlohns 

Taglohns 

Jahreseinnahme 

von 

1476 

1.553 

1476 

1553 

1476 

15.53 

1476 

1553 

1877 

N  ( Meister  . 

42  ! 

_ 

35,70 

_ 

6 

_ 

1500 

? 

g  Ballier  .  . 

18 

— 

38,70 

— 

6,45 

— 

1612,5 

— 

1250,— 

1  .Geselle.  . 

16 

28 

34,40 

23,80 

5,73 

3,97 

1432,5 

992,50 

875  — 

'S  Hütten- 

S '  junge .  . 
Maurer  -  Bai- 

6 

12 

12,90 

9,20 

2,15 

1,53 

537,5 

382,50 

437,50 

lier . 

_ 

21 

_ 

17,85 

_ 

3 

_ 

750 

12.50,— 

Maurer-  oder 

Zimmer¬ 
gesell  .  .  . 

16 

18 

34,40 

15,30 

5,73 

2,55 

1432,5 

637,50 

625,— 

Handarbeiter 

7  Gr.  6 

10 

16,13 

8,50 

2,69 

1,41 

672,5 

352,5 

500, — 

Also  auch  hier  ergeben  sich  ähnliche  Zahlen:  Der  Verdienst  der 
Gesellen  sank  in  80  Jahren  auf  zwei  Drittel  und  auf  die  Hälfte,  der 
der  Handarbeiter  auf  die  Hälfte,  obgleich  die  Menge  von  Silber, 
welche  man  ihnen  auf  die  Hand  zählte,  um  mehr  als  ein  Drittel  stieg. 
So  stark  ging  der  Silherwerth  zurück.  —  Hier  können  die  zahlreichen 
durch  das  Beisselsche  Buch  angeregten  Betrachtungen  nicht  weiter 
geführt  werden.  Hoffentlich  giebt  die  treffliche  Arbeit  Veranlassung, 
dafs  auch  anderwärts  dem  Werklohn  früherer  Zeiten  eine  ähnliche 
Theilnahme  entgegengetragen  werde,  wie  dem  rein  künstlerischen 
Schaffen.  Denn  dieser  ist  die  Vorbedingung  für  jenes. 

Cornelius  Gurlitt. 


Vermischtes. 


Eine  Sammlung  austraRscher  Nutzhölzer  ist  durch  den  Kgl. 
Regierungs -Baumeister  Jaffe  gelegentlich  seines  Aufenthaltes  in 
Melbourne  als  Mitglied  der  deutschen  Commission  für  die  australische 
Weltausstellung  1888/89  erworben  und  dem  preufsischen  Ministerium 
der  öffentlichen  Arbeiten  überreicht  worden.  Der  die  Sammlung 
begleitende  Bericht  macht  Mittheilungen  über  die  Verbreitung  de" 
Hart-  und  Weichhölzer  innerhalb  der  einzelnen  Colonieen,  giebt 
Festigkeitstabellen  und  die  technische  Beschreibung  einer  gröfseren 
Zahl  von  Holzarten  des  australischen  Festlandes,  Tasmaniens  und 
Neuseelands  und  verbreitet  sich  über  die  Einführung  einer  Forst- 
wirthschaft  sowie  über  die  Ein-  und  Ausfuhrverhältnisse  der  Nutz¬ 
hölzer  in  Australien.  Die  bemerkenswerthe  Sammlung  steht  im 
Ministerialdienstgebäude,  Wilhelmstrafse  80,  II  Tr.  im  Zimmer  118, 
in  welchem  die  Berichte  der  technischen  Attaches  ausliegen,  zur 
Einsicht  offen. 

Zxir  Erlangung  von  Plänen  für  ein  Gewerbemuseum  in  Düssel¬ 
dorf  ist  am  31.  v.  M.  unter  den  deutschen  Architekten  ein  Wett¬ 
bewerb  ausgeschrieben  worden.  Dem  Preisgerichte  gehören  an  die 
Herren  Architekt  Grunow,  I.  Director  des  Kgl.  Kunstgewerbemuseums 
in  Berlin,  Baurath  Haege-Siegen,  Baurath  Pflaume  -Köln,  Architekt 
Prof  A.  Schill-Düsseldorf  und  der  Vorsitzende  des  ausschreibenden 
Ceutral-Gewerbevereins  für  Rheinland,  Westfalen  usw.,  Commercien- 
rath  H.  Lueg  in  Düsseldorf.  Die  beiden  Preise  betragen  1200  und 
800  Mark;  die  Einlieferung  beim  Central- Gewerbe -Verein  in  Düssel¬ 
dorf,  von  dem  auch  die  Bedingungen  kostenfrei  zu  beziehen  sind, 
mufs  bis  zum  15.  März  dieses  Jahres  erfolgen. 

Die  für  die  Allgemeine  Gartenbau  -  Ausstellung  in  Berlin  unter 
den  Mitgliedern  des  Berliner  Architektenvereins  ausgeschriebene 
Preisbewerbung  (vgl.  S.  425,  Jahrg.  1889)  gelangte  in  der  Vereins¬ 
sitzung  vom  6.  d.  M.  durch  Herrn  Reg.-  u.  Baurath  Eggert  zur  Be- 


urtheilung.  Ein  Plan  für  die  Gesamtanlage  war  nicht  eingegangen. 
Von  den  Entwürfen  für  die  künstlerische  Ausschmückung  des  an  der 
Strafse  Alt-Moabit  belegenen  Einganges  in  den  Ausstellungspark 
erhielt  den  Preis  von  400  Mark  Herr  Architekt  Rieth  in  Berlin  mit 
der  Mafsgabe,  dafs  noch  ein  geometrischer  Aufrifs  des  in  einer 
perspectivischen  Skizze  sehr  flott  dargestellten  Entwurfes  nachzu¬ 
liefern  ist.  Für  den  Bau  einer  Vorhalle  vor  dem  Mitteleingange 
des  Hauptgebäudes  konnte  ein  Preis  nicht  ertheilt  werden.  Dagegen 
wird  unter  den  Verfassern  der  Entwürfe  „Sommernachtstraum“  (Re¬ 
gierungs-Baumeister  Kr aem er- Berlin),  „Farbig“  (Architekt  Rieth- 
Berlin)  und  ,,A.  G.  —  A.  G.“  (Architekt  Ziller-Berlin)  ein  engerer 
Wettbewerb  veranstaltet  werden.  Für  seine  Entwürfe  zur  architek¬ 
tonischen  und  gärtnerischen  Ausschmückung  einer  Grabstelle  und  zu 
einem  Blumen-Erker  wurde  Herrn  Ziller  ein  Vereinsandenken  zu¬ 
gesprochen. 

Preisbewerbung  um  die  Trinitatiskirche  in  Dresden  (vgl.  S.  253 
u.  370  d.  V.  J.).  Die  Frist  für  die  Ablieferung  der  Entwürfe  ist  auf 
mehrseitigen  Wunsch  vom  8.  auf  den  31.  d.  M.  nachmittags  6  Uhr 
verschoben  worden. 

Verwendung  des  sogenannten  Monier-Gewölbes  zu  Strafsen- 
brückeu.  Die  Baudirection  der  K.  u.  K.  priv.  Südbahngesellschaft  in 
Wien  hat  in  Aussicht  genommen,  bei  dem  bevorstehenden  Umbau 
zahlreicher  Wegebrücken  in  der  Strecke  Wien -Felixdorf  (Wiener- 
Neustadt)  das  eine  sehr  geringe  Constructionshöhe  erfordernde  soge¬ 
nannte  Monier-Gewölbe  dort  anzuwenden,  wo  nach  Lage  der  Ver¬ 
hältnisse  gemauerte  Bögen  nicht  Platz  finden.  Da  ausreichende 
Erfahrungen  über  die  Eignung  der  bezeichneten  Gewölbe  für  Brücken¬ 
bauten  noch  nicht  vorliegen,  so  hat  man  auf  dem  Güterbahnhof  in 
Watzleinsdorf  bei  Wien  ein  4  m  breites  Probegewölbe  von  10  m 


16 


11.  Januar  1890. 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


Spannweite  ausgeführt  und  dasselbe  mehrfaclien  Belastungsversuchen 
unterworfen. 

Das  Gewölbe  ist  zwischen  gemauerten  Widerlagern  am  19.  October 
V.  J.  aus  Stampfbeton  in  Schichten  von  je  4  cm  Stärke  hergestellt 
worden.  Die  Pfeilhöhe  beträgt  nur  1  m  =  i/io  der  Spannweite,  die 
Gewölbestärke  im  Scheitel  15  cm,  an  den  Kämpfern  20  cm ;  die 
Zwickel  sind  nicht  übermauert.  Der  Beton  besteht  aus  1  Theil 
Portlandcement  und  3  Theilen  Donausand.  Das  zu  dem  Monier- 
Gewölbe  gehörige  Drahtgeflecht,  welches  geviertförmige  Maschen  von 
je  55  cm  Weite  hat,  liegt  nur  2  cm  von  der  inneren  Leibung  entfernt. 
Die  der  Stirn  parallelen  Stäbe  bestehen  aus  10  mm  starken  Rund¬ 
eisen,  welche  von  Widerlager  zu  Widerlager  in  einem  Stücke  durch¬ 
gehen;  die  parallel  den  Widerlagern  angeordneten  Drähte  sind  7  mm 
stark. 

Nach  14  Tagen  wurde  der  Bogen  ausgerüstet  und  mit  einer 
eben  abgeglichenen  Kiesschüttung  überdeckt,  welche  im  Scheitel 
25  cm  hoch  ist.  Die  ganze  Constructionshöhe  im  Scheitel  beträgt 
daher  15  25  =  40  cm.  In  der  Kiesschüttung  i’uht  ein  vollspuriges 

Eisenbahngeleis,  dessen  Querschwellen  je  80  cm  von  einander  ent¬ 
fernt  sind.  Am  10.  December  1889,  bei  einer  Kälte  von  —  8°  C., 
wurde  das  damals  52  Tage  alte  Gewölbe  mehrfachen  Probebelastungen 
unterzogen,  bei  welchen  zunächst  zweiachsige  Lastwagen  von  bezw. 
3000  und  6000  kg  Achsdruck  in  verschiedenen  Stellungen  zur  Ver¬ 
wendung  kamen  und  neben  den  schwereren  Wagen  auch  noch  eine 
dem  Menschengedränge  entsprechende  gleichförmige  Belastung  auf¬ 
gebracht  wurde.  Schliefslich  führte  man  noch  einen  dreiachsigen 
Tender  von  9200  kg  Achsdruck,  endlich  denselben  Tender  in  Ver¬ 
bindung  mit  einer  dreiachsigen  Locomotive  von  bezw.  13  000,  13  000 
und  10  300  kg  Achsdruck  hinüber.  Die  Einsenkungen  des  Gewölbes 
beobachtete  man  an  neun  Punkten,  von  denen  drei  in  der  Scheitel¬ 
linie  und  je  drei  in  der  Mitte  zwischen  Scheitel  und  den  beidei’- 
seitigen  Widerlagern  sich  befinden.  Die  gröfste  vorübergehende 
Senkung  bei  diesen  starken  Belastungen  betrug  lV2-2mm,  während 
an  zwei  Punkten  die  gröfsten  bleibenden  Senkungen  mit  Yi  und 
1  mm  beobachtet  wurden.  Irgend  ein  Rifs  oder  eine  Beschädigung 
des  Gewölbes  konnte  nicht  wahrgenommen  w'erden. 

Seit  den  Probeversuchen  und  bis  zum  Ablauf  des  Winters  und 
Frühjahrs  bleibt  das  Versuchsgewölbe  vollständig  den  Witterungs¬ 
einflüssen  ausgesetzt,  weil  man  ein  Urtheil  auch  über  die  Wetter¬ 
beständigkeit  der  Construction  gewinnen  will.  Zu  Anfang  des 
nächsten  Sommers  sollen  nochmals  zwei  Reihen  von  Belastungs¬ 
versuchen  bis  zum  Bruche  des  Gewölbes  durchgeführt  werden,  sodafs 
dann  genügende  Unterlagen  für  die  Entscheidung  über  die  Verwend¬ 
barkeit  desselben  gewonnen  sein  dürften.  — R. — 

Theaterbraiid  in  Zürich.  Im  Dachraume  des  Foyers  vom 
Züricher  Actientheater  brach  am  Neujahrsabend  während  der  Vor¬ 
stellung  aus  bisher  nicht  erklärter  Ursache  Feuer  aus,  das  sich  rasch 
über  das  ganze  Gebäude  erstreckte  und  dieses  in  wenigen  Stunden 
vollständig  zerstörte.  Die  Rettung  aller  Besucher  und  Angestellten 
des  Theaters  wird  der  Geistesgegenwart  des  Präsidenten  der 
Theatervorsteherschaft,  Herrn  S.  Kisling,  verdankt.  Dieser  theilte, 
sobald  er  Kenntnifs  von  der  Feuersgefahr  hatte,  von  der  offenen 
Scene  aus  den  Zuschauern  mit,  dafs  das  Stück  nicht  zu  Ende  gespielt 
werden  könne,  und  ersuchte  sie,  sich  in  aller  Ordnung  sofort  zu 
entfernen.  Das  Theater  war  in  acht  Minuten  geleert  und  man  sah 
erst  draufsen,  in  welcher  Gefahr  man  geschwebt  hatte.  Herr  Kisling 
selbst  verliefs  das  Theater  erst,  nachdem  er  alle  Sicherheitsmafsregeln 
angeordnet  und  sich  mit  eigener  Lebensgefahr  davon  überzeugt  hatte, 
dafs  kein  Menschenleben  mehr  bedroht  sei.  Die  Schweizerische 
Bauzeitung,  der  wir  diese  Nachricht  entnehmen,  theilt  mit,  dafs  das 
Actientheater  im  Jahre  1832  in  der  um  das  Jahr  1240  erbauten 
Barfüfser  (Franciscaner-)  Kirche  eingerichtet  war.  Die  dreischiffige 
Kirche  diente  nach  der  Reformation  als  Kornmagazin,  zu  welchem 
Zwecke  die  Seitenschiffe  bis  zur  Höhe  des  Mittelschiffes  aufgemauert 
wurden.  Bei  der  Umwandlung  zum  Theater  benutzte  man  die 
Umfassungsmauern  und  richtete  im  Mittelschiff  die  Bühne,  den 
Zuschauerraum  und  das  Foyer  ein,  während  die  Seitenschiffe  zu 
Fluren  und  Nebenräumen  dienen  mufsten.  Das  Theater  hatte  über  dem 
Erdgeschosse  vier  Ränge  und  fafste  etwa  800  Personen. 

Voraussichtliche  Entseudung  weiterer  russischer  technischer 
Attaches.  Wie  wir  seiner  Zeit  an  dieser  Stelle  (Jahrg.  1887,  Seite 
406  d.  Bl.)  erwähnt  haben,  hat  das  russische  Verkehrsministerium, 
in  Nachahmung  der  beim  preufsischen  Ministerium  der  öffentlichen 
Arbeiten  ins  Leben  gerufenen  Einrichtung  der  technischen  Attaches, 
in  den  letzten  Jahren  bei  einigen  ausländischen  diplomatischen  Ver¬ 
tretungen  Rufslands  ebenfalls  technische  Attaches  („technische 
Agenten“)  bestellt,  und  zwar  bestehen  bis  jetzt  drei  solche  Posten: 
der  eine  in  Washington,  der  andere  in  London,  der  dritte  in 
Paris. 


Dem  Vernehmen  nach  ist  man  in  den  mafsgebenden  Kreisen 
der  russischen  Regierung  mit  der  neuen  Einrichtung  durchaus 
zufrieden  und  beabsichtigt,  demnächst  weitere  technische  Attaches 
an  die  wichtigsten  westeuropäischen  Gesandtschaften  Rufslands  zu 
entsenden.  Diese  Beamten  sollen  in  möglichst  gründlicher  und 
zuverlässiger  Weise  über  bemerkenswerthe  Neuerungen  und  Vervoll¬ 
kommnungen  auf  technischem,  wirthschaftlichem  und  Verwaltungs- 
Gebiete  berichten.  Es  scheint  hiernach,  dafs  auch  in  Rufsland  die 
von  den  technischen  Hochschulen  ausgehende  Vorbereitung  für  die 
Aufgaben  der  Staatsverwaltung  mehr  und  mehr  die  Aufmerksamkeit 
und  Würdigung  der  Regierung  auf  sich  lenkt.  — V.— 

Eisenbahn -Wageuräder  ohne  Spurkränze.  Auf  der  „Chicago- 
und  Nordwestbahn“  in  America  sind  erfolgreiche  Versuche  mit  sechs- 
rädrigen  Drehgestellen  gemacht  worden,  deren  Mittelräder  glatte 
Laufkränze  besafsen.  Als  Vortheile  werden  genannt:  1)  stark 
ausgelaufene  Aufsenräder  können  abgedreht  und  sodann  in  der 
Mitte  weiter  verwendet  werden;  2)  wesentlich  verringerte  Zugkraft; 
3)  geringere  Abnutzung  der  Schienen,  besonders  in  gekrümmten 
Strecken.  Km. 

Regienuigs-  und  Baurath  Uthenianiin  f.  In  der  Nacht  vom 
1.  zum  2.  d.  M.  starb  in  Cassel  der  Betriebs-Director  des  Königlichen 
Eisenbahn-Betriebsamts  (Main -Weserbahn)  Regierungs-  und  Baurath 
Wilhelm  Adolf  Uth  emann.  Geboren  am  8.  December  1827  in 
Sandau  a.  d.  Elbe,  Regierungsbezirk  Magdeburg,  widmete  sich  Uthe- 
mann  dem  Baufache  und  legte  im  Jahre  1859  die  Prüfung  zum  Bau¬ 
meister  ab.  Zunächst  war  er  bei  dem  Bau  einer  schmalspurigen  Neben¬ 
bahn  für  Locomotivbetrieb  von  Hörde  nach  Schacht  Schleswig  bei 
Brachei  thätig  und  verwaltete  dann  eine  Kreis-Communal-Baumeister- 
stelle  in  Montjoie.  Vom  Januar  1864  bis  Ende  1873  arbeitete  Uthe- 
rnann  bei  der  Bergisch-Märkischen  Bahn,  wo  er  den  Bau  der  Zweig¬ 
bahn  von  Rittershausen  nach  Remscheid  ausführte  und  sich  in  hervor¬ 
ragender  Weise  bei  dem  Bau  der  Eisenbahnen  Düsseldorf-Neuss, 
München-Gladbach-Düren-Stolberg  u.  a.  betheiligte. 

Im  Jahre  1873  wurde  er  mit  der  Verwaltung  der  Stelle  des  techni¬ 
schen  Mitgliedes  der  Königlichen  Direction  der  Main -Weserbahn  in 
Cassel  betraut  und  im  Juni  1874  zum  Regierungs-  und  Baurath  er¬ 
nannt.  Nach  Auflösung  der  Königlichen  Direction  der  Main-M^eser- 
bahn  blieb  er  seinem  Wunsche  gemäfs  in  Cassel  als  Betriebs-Director 
des  neu  errichteten  Betriebsamtes,  in  welcher  Stellung  er  bis  zu 
seinem  nunmehr  erfolgten  Tode  lange  Jahre  hindurch  höchst  erfolgreich 
gewirkt  hat.  Seine  Verdienste  wurden  durch  Verleihung  des  Rothen- 
Adler-Ordens  IV.  Klasse  und  des  Königlichen  Kronen-Ordens  III.  Klasse 
anerkannt;  auch  erhielt  er  das  Ritterkreuz  I.  Klasse  des  Grofsherzog- 
lich  hessischen  Verdienst-Ordens  Philipps  des  Grofsmüthigen. 

In  den  letzten  Jahren  war  Uthemanns  Gesundheit  schwankend, 
und  suchte  er  vergeblich  Heilung  in  verschiedenen  Kurorten.  Un¬ 
geachtet  seiner  Leiden  war  er  noch  bis  in  die  letzten  Tage  des  ver¬ 
flossenen  Jahres  unermüdlich  thätig;  der  Hoffnung  aber,  dafs  der 
kommende  Frühling  seine  belebende  Kraft  auch  an  ihm  erweisen 
sollte,  bereitete  ein  Blutsturz  in  unerwarteter  Weise  ein  jähes  und 
schmerzliches  Ende. 

Der  Verewigte  besafs  einen  edlen  und  festen,  allem  unwahren 
Wesen  abholden  Charakter;  sein  gediegenes  Wissen  war  verbunden 
mit  einer  sicheren  Menschenkenntnifs,  mit  einer  seltenen  Arbeitskraft 
und  Pflichttreue,  die  er  in  den  verschiedenen  Stellungen,  in  denen 
er  dem  Staate  gedient,  überall  in  vollster  Weise  bethätigte.  Sein  Hin¬ 
scheiden  wird  in  den  Kreisen  aller  derer,  die  ihm  je  näher  getreten 
sind,  aufrichtig  und  herzlich  bedauert  —  ein  treues  Andenken  bleibt 
ihm  stets  gewahrt.  Friede  seiner  Asche !  —  m  — 

Giuseppe  Brentano  Die  Besprechung  der  Entwürfe  für  die 
Westfront  des  Mailänder  Doms  auf  Seite  495,  Jahrgang  1888  d.  Bl. 
schliefst  mit  den  Worten:  „Nach  alledem  wird  die  Wahl  des  Brentano- 
schen  Entwurfs  nur  mit  Befriedigung  aufzunehmen  sein.  Der  junge 
Künstler  ist  aufrichtig  zu  beglückwünschen  und  der  Hoffnung  Raum 
zu  geben,  dafs  sein  guter  Stern  ihm  auch  bei  dem  weiteren  Werke 
treu  bleiben  möge.“  Leider  ist  dieser  Wunsch  nicht  in  Erfüllung 
gegangen.  Am  31.  December  1889  verschied  Giuseppe  Brentano- 
im  siebenundzwanzigsten  Lebensjahre.  Als  Schüler  Boitos  hat  er 
das  Polytechnicum  in  Mailand  bis  1883  besucht,  hierauf  einige  Zeit 
auf  Reisen  im  Auslande  zugebracht  und  nach  seiner  Rückkehr  in  die- 
Heimath  sich  als  Architekt  in  Mailand  niedergelassen.  Durch  den 
grofsen  Erfolg,  den  er  bei  dem  Wettkampfe  um  die  Westfront  des- 
dortigen  Domes  als  Sieger  über  [so  viele  hervorragende  Meister  aus- 
aller  Herren  Ländern  errang,  ist  sein  Name  weit  über  die  Grenzen 
seiner  Heimath  bekannt  geworden.  Sein  vorzeitiges  Dahinscheiden 
wird  auch  bei  den  deutschen  Architekten  die  schmerzlichsten  Em¬ 
pfindungen  hervorrufen.  • —  K-  — 


Verlag  von  Ernst&Korn  (Willielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin., 


Nr.  2A. 


17 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


INHALT:  Amtliclies:  Allerliöchster  Erlafs  vom  30.  December  1889,  betreffend  die  DüsseldorL  —  Burg  Gleiberg.  —  Eegierungs-  und  Bauratb  Wagemaun  t.  —  Johannes 

Galaldeidung  und  die  Dienstkleidung  des  Personals  der  Staatseisenbahnverwaltung.  Richter  t-  —  Bücherschau. 

—  Nichtamtliches:  Vermischtes:  Preisbewerbung  um  ein  Gewerbemuseum  in 


Amtliche  Mittheilung. 


Allerhöchster  Erlafs,  betreffend  die  Uniform  der  Beamten 
der  Staatseisenbalinverwaltung  sowie  der  Königl. 
Bauräthe,  Baiünspectoren ,  Reg’ierungs- Baumeister 

lind  -Baufülirer  der  allgemeinen  Bauverwaltung. 

Auf  Ihren  Bericht  vom  29.  November  d.  J.  will  Ich  den  mit  den 
vorgelegten  Zeichnungen  hierneben  zurückfolgenden  Vorschriften 
über  die  Galakleidung  und  die  Dienstkleidung  der  Beamten  der 
Staatseisenbahnverwaltung  die  Genehmigung  ertheilen.  Dieselben 
treten  sogleich  in  Kraft  mit  der  Mafsgabe  jedoch,  dafs  den  Beamten 
gestattet  wird,  die  bisherige  Kleidung  noch  bis  zum  1.  October  1892 
zu  tragen.  —  Gleichzeitig  genehmige  Ich,  dafs  die  im  Bereich  der 
allgemeinen  Bauverwaltung  beschäftigten  technischen  Beamten  der 
fünften  Rangklasse  (Bauräthe,  Bauinspectoren,  Regierungs-Baumeister) 


sowie  die  Regierungs-Bauführer  die  für  die  gleichstehenden  Beamten 
der  Staatseisenbahnverwaltung  vorgeschriebene  Galakleidung  und 
Dienstkleidung  mit  der  Mafsgabe  tragen,  dafs  vorn  auf  jeder  Seite 
des  Kragens  der  Galakleidung  an  Stelle  des  geflügelten  Rades  ein 
rechtwinklig  gleichschenkliges  Dreieck  mit  durchgelegtem  Zirkel 
und  Loth  ohne  Krone  und  vorn  an  der  zur  Dienstkleidung  gehörigen 
Mütze  über  der  Cocarde  das  gleiche  Abzeichen  mit  der  Krone  an¬ 
zubringen  ist.  Wegen  Einführung  der  neuen  Vorschriften  wollen 
Sie  das  Erforderliche  veranlassen. 

Berlin,  den  30.  December  1889, 

Wilhelm  R. 

V.  Maybach. 

An  den  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 


Vorschriften  über  die  Galakleidung  und  die  Dienstkleidung  sowie  die  Dieustabzeichen  des  Personals 

der  Staatseisenbahnverwaltung. 

Dienstkleidung. 


Bezeichnung 

der 

Beamtenklassen 

Rock 

Ab¬ 

zeichen 

am 

Kragen 

Schulter- 

verzieruüg 

Beinkleider 

Kopfbedeckung 

Besondere 

Abzeichen 

Degen 

Paletot 

Be¬ 

merkungen 

1. 

Präsidenten  der 
Eisenbahn- 
directionen. 

Kurzer  Oberrock 
von  dunkelblauem 
Tuch  mit  vorn  ab¬ 
gerundetem  Steh¬ 
kragen  von 
schwarzem  Sammet 
und  zwei  Reihen 
—  jesechs  Stück — 
vergoldeter  Knöpfe 
mit  dem  gekrönten 
Wappenschilde 
nach  Muster. 
Runde  Aufschläge 
von  schwarzem 
Sammet  mit  Schlitz 
und  zwei  kleinen 
vergoldeten 
Knöpfen  mit  dem 
gekrönten 
Wappenschilde 
nach  Muster, 
ebenso  auf  der 
Rückseite  in  der 
Taille  und  unten 
auf  den  Taschen¬ 
patten  je  zwei  ver¬ 
goldete  Knöpfe  mit 
dem  gekrönten 
Wappenschilde. 
Orangefarbener 

V orstofs  an  den 
Kragen,  den  Auf¬ 
schlägen,  denBrust- 
klappen  (nicht  auch 
an  den  Vorder- 
schöfsen)  und  den 
Taschenpatten. 

Der  Rock  wird 
zugeknöpft,  dazu 
wird  eine  schwarze 
Halsbinde  ge¬ 
tragen. 

ohne 

Zweifach 
gewundene 
Raupen  von 
Gold  mit  je 
einem  sechs¬ 
zackigen 
silbernen 
Stern  nach 
Muster.  Am 
oberen  Ende 
sind  die¬ 
selben  durch 
einen  kleinen 
mit  dem  ge¬ 
krönten 
Wappen¬ 
schilde  ver¬ 
sehenen  ver¬ 
goldeten 
Knopf  — 
nach  Muster 
—  zu  be¬ 
festigen. 

Von  dunkel- 
grauemTuch 
mit  orange¬ 
farbenem 
Vorstofs  an 
den  Seiten¬ 
nähten.  - 

Schwarzer  Hut 
mit  goldener 
Agraffe,  golde¬ 
nen  Cordons 
und  preufsi- 
scher  Cocarde 
nach  Muster, 
sowie  mit  gol¬ 
denen  Tressen 
von  26mm  Breite 
nach  Muster, 
oder 

Mütze  in  der 
Form  der 
preufsischen 
Militärmützen 
aus  dunkel¬ 
blauem  Tuch 
mit  breitem 
schwarzen 
Sammetstreifen, 
orangefarbenem 
V orstofs  an  dem 
Deckel  und  zu 
beiden  Seiten 
des  Streifens, 
sowie  schwarz- 
lackirtem 
Schirm  nach 
Muster.  Preus- 
sische  Cocarde. 

V orn  an  der 
Mütze  über 
der  Cocarde 
ein  doppelt 
geflügeltes 
Rad  mit  der 
Krone  nach 
Muster. 

Leichter 
vergoldeter 
Degen  mit 
zwei  glatten 
Stich¬ 
blättern, 
Griff  mit 
Silberdraht 
umwunden 
nach  Muster. 
Schwarze 
Leder¬ 
scheide  mit 
Messing¬ 
beschlägen. 

Portepee 
von  Gold  mit 
Seide  in  den 
preufsischen 
Landes¬ 
farben. 

Paletot  von 
dunkel¬ 
grauem  Tuch 
in  der  Form 
der  preufsi¬ 
schen  Offi- 
cierpaletots 
mit  Um¬ 
schlag¬ 
kragen  von 
dunkel- 
blauemTueh 
mit  orange¬ 
farbenem 
Vorstofsund 
mit  Kragen¬ 
futter  von 
schwarzem 
Sammet,  auf 
der  Vorder¬ 
seite  zwei 
Reihen  — je 
sechs  Stück 
—  vergol- 
deterKnöpfe 
mit  dem 
gekrönten 
Wappen¬ 
schild,  auf 
der  Rück¬ 
seite  je  drei 
gleiche 
Knöpfe  und 
zwischen  der 
oberen 
Knopfreihe 
ein  zwei¬ 
theiliger 
Bund  mit 
Knopf  nach 
Muster. 

2. 

Abtheilungs- 
Dirigenten  bei 
den  Eisenbahn- 
directionen 
(Ober -Regie¬ 
rungs-  und  Ober- 
Bauräthe). 

wie  zu  1. 

ohne 

Breite  ge¬ 
flochtene 
Schnüre von 
Gold  mit  je 
einem  sechs¬ 
zackigen 
silbernen 
Stern  nach 
Muster. 
Befestigung 
derselben 
wie  zu  1. 

wie  zu  1. 

Schwarzer  Hut 
wie  zul,  jedoch 
ohne  Tressen¬ 
besatz  nach 
Muster 
oder 

Mütze  wie  zu  1. 

wie  zu  1. 

wie  zu  1. 

wie  zu  1. 

1 

18 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng. 


15.  Januar  1890. 


Bezeichnung 

der 

Beamtenklassen 


Bock 


I  Zeichen 
am  j 
Kragen 


Schulter¬ 

verzierung 


Beinkleider  llvopfbedeckung 


Besondere 

Abzeichen 


Degen 


Paletot 


Be¬ 

merkungen 


Mitglieder  der 
Eiseubahndirec- 
tionen,  Betriebs- 
Directoren  und 
ständige  Hülfs- 
arbeiter  der 
Eisenbahn  -  Be¬ 
triebsämter,  so¬ 
weit  sie  den  Rang 
der  Käthe  IV.  Kl. 
haben  (Geh.  Re- 
gierungs-  u.  Ge¬ 
heime  Bauräthe, 
Regierungsräthe, 
Regierungs-  und 
Bauräthe.  Eisen¬ 
bahn  -  Directoren 
mit  dem  Range 
der  Käthe 
IV.  Klasse). 


wie  zu  1. 


ohne 


wie  zu  2 
jedoch  ohne 
Stern. 


wie  zu  1. 


wie  zu  2. 


wie  zu  1. 


wie  zu  1. 


wie  zu  1. 


4. 


Höhere  Eisen¬ 
bahnbeamte  der 
V.  Rangklasse 
(Bauräthe,  etats- 
mäfsige  Regie¬ 
rungsassessoren, 
Eisenbahn  -  Bau- 
und  Betrlebs- 
inspectoren,  Bau- 
bezw.  Maschinen- 
inspectoren, 
aul’seretats- 
mäfsige  Reg.- 
Assessoren  und 
Reg.- Baumeister), 
sowie  Verkehrs- 
inspect.  u.  nicht 
Jurist,  od.  techn. 

vorgebildete 
ständige  Hülfs- 
arbeiter  der 
Eisenbahn  -  Be¬ 
triebsämter. 


wie  zu  1. 


ohne 


Schmale 
geflochtene 
Schnüre  von i 
Gold  nach 
Muster. 
Befestigung  | 
derselben 
wie  zu  1.  I 


wie  zu  1.  I  Mütze  wie  zu  1. 


wie  zu  1. 


wie  zu  1.  1  wie  zu  1. 


Den  Reg- 
Baumeistern 
f.  d.  Ing.-  u. 
Hochbau¬ 
fach  steht 
frei,  an  Stelle 
des  geflügel¬ 
ten  Rades 
an  der  Mütze 
das  Ab¬ 
zeichen  für 
I  Baubeamte 
!  (rechtwinkl- 
jl  ig  gleich- 
ii  schenkliges 
|!  Dreieck  mit 
ii  durchgeleg- 
I;  tem  Zirkel 
jundLothmit 
jj  der  Krone 
jt  darüber)  zu 
il  tragen. 


5.  Regierungs-Bau- ' 
führer. 


wie  zu  1. 


ohne 


ohne 


wie  zu  1. 


wie  zu  4. 


wie  zu  1.  1  wie  zu  1. 


wie  zu  1. 


I  Für  dieReg.- 
*  Bauführer 
f.  d.  Ing.-  u. 

'  Hochbau- 
1  fach  wie  zu  4. 


Galakleidung. 


Bezeichnung 

der 

Beamtenklassen 

Rock 

Stickerei 

Schulter- 

verzieruDg 

Weste 

Hals¬ 

binde 

Beinkleider 

Kopf¬ 

bedeckung 

Degen 

! 

i 

Präsidenten 

Rock  von  dunkel- 

Goldene  Sticke- 

Zweifach 

Weste  nach 

Weifs. 

Beinkleider 

Schwarzer 

Degen  mit: 

der  Eisenbahn- 

blauem  Tuch  nach 

rei  am  Kragen 

gewundene 

altbranden- 

von  weifsem 

Hut  mit  gol- 

nur  einem  ‘ 

directionen. 

dem  Schnitt  des  alt- 

aut  beiden 

schwache 

burgischem 

Kasimir 

dener 

Stichblatt, 

brandenburgischen 

Seiten  d.  Brust, 

Raujren  von 

Schnitt  von 

bezw.  von 

Agraffe, 

Griff"  mit 

Waft'enrocks,  ohne 

den  Aufschlägen 

Gold  mit  je 

weifsem  Ka- 

blauemTuch. 

goldenen 

Perlmutter 

Vorstofs  mit  stehen- 

und  Patten  — 

einem  sechs- 

simir,  ohne 

Goldene 

Cordons 

belegt,  nach 

dem  Kragen  und  Auf- 

vorn  auf  )eder 

zackigen 

Patten  nach 

Tressen  von 

und  2oreufsi- 

Muster. 

schlagen  aus  schwär- 

Seite  d.  Kragens 

silbernen 

Muster.  — 

26  mm 

scher  Co- 

VV  eifs 

zem  Sammet  nach 

mit  dem  einfach 

Stern  nach 

Vorn  sechs 

Breite  nach 

carde  nach 

lackirte 

Muster. 

geflügelten 

Muster. 

kleine  gol- 

Muster. 

Muster. 

Leder- 

Auf  der  rechten  Brust- 

Rade  ohne 

Am  oberen 

deneKnöpfe 

Goldene 

scheide,  zu 

Seite  unterhalb  der 

Krone—,  dazu 

Ende  sind 

mit  dem  ge- 

Tressen  von 

den  blauen 

Stickerei  sechs  matt- 

laufende  Ein- 

dieselben 

gekrönten 

26  mm 

Beinkleidern 

vergoldete  Knöpfe  mit 

fassung  V.  Gold 

durch  einen 

preufsischen 

Breite  nach 

schwarz 

dem  gekrönten  preus- 

am  Kragen,  auf 

kleinen  gol- 

Adlerschilde 

Muster. 

lackirte 

sischen  Adlerschild 

beiden  Seiten 

denen ,  mit 

nach  Muster. 

Leder- 

—  nach  Muster  -  , 

der  Brust,  an 

dem  gekrön- 

Goldene 

scheide. 

unter  den  Patten  je 

den  Vorder- und 

ten  preufsi- 

Tressen  von 

Portepee  von 

drei,  im  Rücken  je 

Hinterschöfsen 

schenAdler- 

10  mm 

Gold  mit 

zwei  an  den  oberen 

Patten  u.  Auf- 

Schilde  ver- 

Breite  nach 

Seide  in  den 

und  unteren  Enden 

schlagen,  sowie 

sehenen 

Muster. 

jireufsischen 

der  Hinterschöfse. 

auf  der  linken 

Knopf  • — 

Landes- 

Rocktütter  weifs,  im 

Brustseite 

nach  Muster 

färben. 

Kragen  schwarz. 

unterhalb  der 

—  zu  be- 

Haken  im  Innern  des 

Stickerei  sechs 

festigen. 

Rocks,  um  denselben 

goldgestickte 

auf  der  Brust  zu- 

Knopflöcher 

sammenzuhalten. 

nach  Muster. 

Be¬ 

merkungen 


Nr.  2*- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


19 


Lfd.  Nr. 

Bezeichnung 

der 

Beamtenklassen 

Rock 

Stickerei 

Schulter¬ 

verzierung 

Weste 

Hals¬ 

binde 

Beinkleider 

Kopf¬ 

bedeckung 

Degen 

Be¬ 

merkungen 

2. 

Abtheilungs- 
Dirigenten  bei 
den  Eisenbahn- 
directionen 
(Ober  -  Regie¬ 
rungs-  u.  Ober- 
Bauräthe). 

Wie  zu  1.,  jedoch 
auf  der  rechten  Brust¬ 
seite  vom  Kragen  ab¬ 
wärts  neun  Knöpfe. 

Goldene  Sticke¬ 
rei  am  Kragen, 
auf  den  Auf¬ 
schlägen  und 
Patten  —  vorn 
auf  jeder  Seite 
des  Kragens 
mit  dem  ein¬ 
fach  geflügel¬ 
ten  Rade  ohne 
Krone—,  dazu 
laufende  Ein¬ 
fassung  V.  Gold 
am  Kragen,  an 
den  Patten  und 
Aufschlägen, 
sowie  auf  der 
linken  Brust¬ 
seite  vom  Kra¬ 
gen  abwärts 
neun  goldge¬ 
stickte  Knopf¬ 
löcher  nach 
Muster. 

Breite  ge¬ 
flochtene 
Schnüre von 
Gold  mit  je 
einem  sechs¬ 
zackigen 
silbernen 
Stern  nach 
Muster. 
Befestigung 
derselben 
wie  zu  1. 

wie  zu  1. 

wie 
zu  1. 

wie  zu  1 

wie  zu  1., 
jedoch  ohne 
Tressen¬ 
besatz 
nach 
Muster. 

wie  zu  1. 

Sofern  der 
betreffende 
Beamte  den 
Rang  der 
Räthe 

III.  Klasse 
hat,  trägt  er 
den  Rock 
und  die 
Stickerei 
wie  bei 
lfd.  Nr.  l., 
dazu  die 
neben- 
bezeichneten 
Schulter¬ 
schnüre  ohne 
Stern. 

3. 

Mitglieder  der 
Eisen  bahn- 
directionen, 
Betriebs- 
directoren  und 
ständige  Hülfs- 
arbeiter  der 
Eisenbahn- 
betriebsämter, 
soweit  sie  den 
Rang  derRäthe 
IV.  Kl.  haben 
(Geheime  Re¬ 
gierungs-  u.  Ge¬ 
heime  Bauräthe, 
Regierungs- 
räthe,  Regie¬ 
rungs-  und  Bau¬ 
räthe,  Eisen- 
bahndirectoren 
mit  dem  Range 
der  Räthe 

IV.  Klasse). 

wie  zu  2. 

wie  zu  2. 

wie  zu  2., 
jedoch  ohne 
Stern. 

wie  zu  1. 

wie 
zu  1. 

wie  zu  1. 

wie  zu  2. 

wie  zu  1. 

4. 

Höhere  Eisen¬ 
bahnbeamte 
der  V.  Rang¬ 
klasse 
(Bauräthe, 
etatsmäfsige 
Regierungs¬ 
assessoren, 
Eisenbahn-Bau- 
und  Betriebs¬ 
inspectoren, 
Bau-  bezw. 
Maschinen¬ 
inspectoren, 
aufseretats- 
mäfsige  Regie¬ 
rungsassessoren 
und  Regierungs- 
Baumeister  1, 
sowie  Verkehrs¬ 
inspectoren  und 
nicht  juristisch 
oder  technisch 
vorgebildete 
ständige  Hülfs- 
arbeiter  der 
Eisenbahn- 
betriebsämter. 

wie  zu  2. 

wie  zu  2. 

Schmale  ge¬ 
flochtene 
Schnüre von 
Gold  nach 
Muster. 
Befestigung 
derselben 
wie  zu  1. 

wie  zu  1. 

wie 

zu  1. 

wie  zu  1. 

wie  zu  2. 

wie  zu  1. 

Den  Regie¬ 
rungs-Bau¬ 
meistern  für 
das  Inge¬ 
nieur-  und 
Hochbaufach 
steht  frei, 
an  Stelle  des 
geflügelten 
Rades  am 
Kragen  das 
Abzeichen 
für  Bau¬ 
beamte 
(rechtwinkl¬ 
ig  gleich¬ 
schenkliges 
Dreieck  mit 
durchgeleg¬ 
tem  Zirkel 
und  Loth 
ohne  Krone) 

[  zu  tragen. 

5. 

Regierungs- 

Bauführer. 

! 

wie  zu  2. 

'  wie  zu  2. 

1 

j 

1 

ohne. 

wie  zu  1. 

wie 
zu  1. 

wie  zu  1. 

wie  zu  2. 

wie  zu  1. 

1 

Für  die 

1  Regierungs- 
1  Bauführer 
für  das  In- 
’genieur-und 
Hochbaufach 

1  wie  zu  4. 

1 

20 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


15.  Januar  1890. 


Yermischtes. 


Den  Hedingungen  der  Preisbewerljung-  um  ein  (tewerbeinnsenni 
in  Diisseldoi'f  (vgl.  S.  15  d.  J.)  entnelimeu  wir,  cl.afs  das  Gebäude  in 
einem  Untergeschofs,  Erdgescliol’s  und  zwei  Stockwerken  an  der 
Ecke  des  Friedriclisplatzes  und  der  Neubrückstrafse  auf  einer  Fläche 
von  rund  2000  qm  zu  errichten  ist.  Zunächst  sollen  jedoch  nur  etwa 
drei  Fünftel  dieser  Fläche  bebaut,  der  auf  der  Ecke  belegene  Theil 
des  Hauses  erst  später  errichtet  werden.  Gleichwohl  soll  die  Be¬ 
bauung,  insbesondere  auch  was  die  nach  dem  Friedrichsplatze  zu 
belegene  Hauptseite  anlangt,  durchaus  einheitlich  jetzt  schon  geplant 
werden,  wenn  auch  sowohl  in  der  Gestaltung  dieser  Front  wie  im 
Grundrisse  darauf  Eücksicht  zu  nehmen  ist,  dafs  der  jetzt  zu  er¬ 
richtende  Gebäudetheil  längere  Zeit  für  sich  allein  bestehen  wird. 
Eine  weitere  Schwierigkeit  besteht  darin,  dafs  das  Grundstück  vom 
Düsselbache  durchflossen  wird,  der  künftig  in  einem  geschlossenen 
Canale  von  4  m  Breite  unter  dem  Gebäude  hindurchgeführt  werden 
soll  und  gewisse  Beschränkungen  in  der  Führung  der  Längsmauern 
auferlegt.  Das  Bauwerk  soll  [nebst  den  erforderlichen  Verwaltungs¬ 
räumen  Säle  zur  Aufstellung  kunstgewerblicher  Gegenstände  sowie 
eine  öffentliche  Bücher-  und  Vorbildersammlung  enthalten,  und  der 
jetzt  zu  errichtende  Gebäudetheil  mufs  für  die  Summe  von  250000  Mark 
herstellbar  sein.  Entwürfe,  deren  Ausführungssumme  nach  dem  Er¬ 
messen  der  Preisrichter  diesen  Betrag  überschreiten,  dürfen  einen 
Preis  nicht  erhalten.  Im  übrigen  sollen  die  beiden  ausgesetzten 
Preise  in  jedem  Falle  zur  Vertheilung  kommen. 

Zu  dem  Aufsatze  über  Eurg  Gleiberg  (S.  467  ff.  d.  v.  Jahrg.) 
wird  auf  Wunsch  des  Herrn  Kreisbaumeister  Witte  in  Wetzlar 
noch  nachgeholt,  dafs  derselbe  den  besonderen  Entwurf  der  in  Abb.  10 
dargestellten  Treppe  nebst  Laufgang  fertigte,  auch  von  1885 — -1888 
die  erforderlichen  Unterhaltuugsbauten  auf  dem  Gleiberge  geleitet  hat. 
Die  hauptsächlichsten  Wiederherstellungsarbeiten,  durch  deren  be¬ 
sondere  Leitung  sich  Herr  Kreisbaumeister  Dr.  Hefse  in  Giefsen 
verdient  machte,  fielen  in  eine  frühere  Zeit.  0.  v.  Kitgen. 

Kegieruugs-  und  Baurath  Wagenianii  Der  Director  des 
Königlichen  Eisenbahn -Betriebsamtes  in  Cottbus,  Regierungs-  und 
Baurath  Wagemann,  ist  am  31.  December  v.  J.  das  Opfer  eines 
beklagenswerthen  Unfalles  geworden.  Im  Begriffe,  ein  Geleis  des 
Bahnhofes  Cottbus  zu  überschreiten,  wurde  er  von  einem  in  Be¬ 
wegung  gesetzten  Zugtheile  überfahren  und  sofort  getödtet.  — 
AVagemann  war  am  12.  Januar  1832  in  Rethem  a.  d.  Aller,  Land¬ 
drostei  Lüneburg,  geboren.  Er  erhielt  seine  Schulbildung  auf  dem 
Gymnasium  und  studirte  demnächst  auf  dem  Polytechnicum  in  Han¬ 
nover.  Am  1.  März  1856  bestand  er  die  erste  Staatsprüfung  für  den 
Landbau,  trat  alsdann  aber,  da  es  an  Gelegenheit  zu  seiner  Be¬ 
schäftigung  in  der  Hochbauverwaltung  fehlte,  am  1.  October  1856 
als  Ingenieur- Assistent  in  den  Dienst  der  Königlich  Hannoverschen 
General-Direction  der  Eisenbahnen  und  Telegraphen,  bei  welcher  er 
u.  a.  bei  den  Vorarbeiten  und  bei  der  Ausführung  der  Strecke 
Bremen-Geestemünde  thätig  war.  Durch  dienstliche  Interessen  wurde 
AVagemann  genöthigt,  die  Ablegung  der  zweiten  Staatsprüfung  für 
das  Eisenbahnwesen  länger  hinauszuschieben,  als  es  seinem  Wunsche 
entsprach.  Er  bestand  dieselbe  im  Juli  1864  und  trat  sodann  als 
Eisenbahnbau-Conducteur  in  den  Dienst  seiner  früheren  Verwaltung 
wieder  zurück,  von  welcher  er  u.  a.  mit  den  Vorarbeiten  für  die 
Strecke  Osnabrück  -  Bremen  betraut  wurde.  Nach  der  durch  den 
Krieg  vom  Jahre  1866  veranlafsten  politischen  Umgestaltung  der 
A^erhältnisse  des  ehemaligen  Königreichs  Hannover  war  Wagemann 
im  Bezirke  der  Königlichen  Direction  der  Ostbahn  bei  den  A^or- 
arbeiten  für  die  Strecke  Thorn  -  Insterburg  und  weiterhin  als  Ab¬ 
theilungsbaumeister  für  die  Ausführung  der  Strecke  Dirschau- 
Pr.  Stargardt  thätig.  Aus  dieser  Stellung  wurde  er  nach  dem 
französischen  Kriegsschauplätze  entsandt,  um  in  Nancy  zunächst 
die  Stelle  eines  Eisenbahn -Baumeisters  xmd  später  die  Stelle  eines 
Betriebsinspectors  zu  übernehmen.  Nach  dem  Friedensschlüsse  ver¬ 
waltete  er  die  Stelle  eines  Betriebsinspectors  in  Colmar.  In  An¬ 
erkennung  seiner  Leistungen  während  dieses  vom  20.  September  1870 
bis  zum  1.  September  1871  dauernden  Commandos  erhielt  Wagemann 
das  eiserne  Kreuz  II.  Klasse  am  weifsen  Bande.  Bald  nach  seiner 
Rückberufung  aus  dem  Elsafs  wurde  er,  nachdem  er  zunächst  kurze 
Zeit  die  Eisenbahn-Baumeisterei  in  Königsberg  i.  Pr.  verwaltet  hatte, 
nach  Höxter  zur  Königlichen  Direction  der  Westphälischen  Eisenbahn 
versetzt.  Im  Jahre  1873  wurde  er  zum  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebs¬ 
inspector  befördert  und  im  December  1873  mit  den  Geschäften  des 
Betriebsinspectors  der  Hannoverschen  Staatsbahn  in  Hannover  be¬ 
traut,  von  wo  er  in  gleicher  Amtseigenschaft  im  Februar  1875  nach 
Hirschberg  und  am  1.  Juli  1876  zu  der  neu  eingerichteten,  dem 
Bezirke  der  Niederschlesisch  -  Märkischen  Eisenbahn  angehörigen 


Königlichen  Eisenbahn-Commission  in  Breslau  versetzt  wurde.  Nach 
der  Umwandlung  der  letzteren  in  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs¬ 
amt  Breslau  -  Sommerfeld  war  AVagemann  seit  April  1880  ständiger 
Hülfsarbeiter  und  seit  April  1881  ständiger  A'^ertreter  des  Betriebs- 
directors  daselbst.  Am  30.  April  1883  wurde  er  zum  Regierungs¬ 
und  Baurath  ernannt,  und  seit  November  1884  war  er  Director  des 
Königlichen  Eisenbahn-Betriebsamtes  in  Cottbus. 

AVagemann  besafs  eine  tüchtige  Fachkenntnifs  und  ein  reges 
Interesse  für  seine  Berufsthätigkeit,  welcher  er  seine  Kräfte  mit 
unermüdlichem  Fleifse  widmete.  Obwohl  er  selbst  nicht  Soldat 
gewesen  war,  lag  in  seinem  ganzen  AVesen  eine  straffe,  militärische 
Schneidigkeit,  welche  im  Eisenbahnwesen,  namentlich  in  der  ver¬ 
antwortlichen  Stellung  eines  Betriebsleiters,  wohl  am  Platze  ist. 
Seinen  Untergebenen  war  er  in  dienstlicher  und  aufserdienstlicher 
Beziehung  ein  wohlwollender  Berather  und  gern  suchte  er  für  die¬ 
selben  zu  wirken,  soweit  es  irgend  in  seinen  Kräften  stand.  K. 

•loliauues  Richter  'j*.  Am  31.  December  v.  J.  starb  plötzlich  in 
Bonn  infolge  eines  Herzschlages  einer  der  hervorragendsten  und 
bekanntesten  rheinischen  Fachgenossen,  der  vormalige  Eisenbahn-Bau¬ 
inspector  und  Stadtbaumeister  .Johannes  Richter.  Geboren  am 
1.  April  1842  in  Coblenz  machte  er  nach  bestandener  Abgangs¬ 
prüfung  am  Coblenzer  Gymnasium  den  damals  vorgeschriebenen 
Ausbildungsgang  für  zukünftige  Baubeamte  durch  und  legte  im 
Jahre  1868  die  Baumeisterprüfung  ab.  Seine  Thätigkeit  war  darauf, 
abgesehen  von  manchen  Privatbauten  (z.  B.  dem  Kunstgewerblichen 
Hause  auf  der  Düsseldorfer  Gewerbeausstellung,  mehreren  Privat¬ 
häusern  in  Köln,  Bonn  usw.),  dem  Eisenbahn-Hochbau  gewidmet,  bis 
1870  unter  Umpfeubach  bei  der  Thüringischen,  nach  dem  Kriege  bis 
zur  A^erstaatlichung  unter  Menne  bei  der  Rheinischen  Eisenbahn. 
Richters  AA^erke  legen  ein  rühmendes  Zeugnifs  ab  von  seinen  Kennt¬ 
nissen  und  seiner  reichen  Phantasie.  Die  Stilformen  des  Alittelalters 
und  der  frühen  Renaissance  beherrschte  er  in  einer  für  die  damalige 
Zeit  seltenen  AA^’eise,  wie  die  Empfangsgebäude  in  Neufs,  Oppum  und 
an  der  Linie  Bonn-Euskirchen  beweisen.  Am  1.  Oct.  1880  wurde  er 
zum  Kgl.  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  ernannt  und  als 
solcher  nach  Dirschau  versetzt.  Zur  Ueberraschung  seiner  Freunde 
lebte  er  sich  in  die  neue,  ungewohnte  Beschäftigung  leicht  und 
freudig  ein  und  fand  sich,  obwohl  ganz  und  gar  Sohn  des  Ehein¬ 
landes,  in  die  A^erhältnisse  des  Ostens  mit  grofser  Zufriedenheit- 
Als  aber  im  .Jahre  1884  der  Ruf  der  Stadt  Aachen  an  ihn  erging, 
die  dortige  Stadtbaumeisterstelle  zu  übernehmen,  folgte  er  demselben 
in  der  frohen  Hoffnung  auf  eine  selbständige  künstlerische  Thätig¬ 
keit.  Zwar  blieb  diese  Hoffmxng  nicht  unerfüllt,  da  manche  reizvolle 
Aufgaben  sich  ihm  darboten.  Aber  zum  rheinischen  Stadbaumeister 
pafste  Richter  nicht;  seine  gutherzige  und  weiche  Natur  war 
den  AA’’iderwärtigkeiten  und  Reibereien  des  Gemeindedienstes  nicht 
gewachsen.  Schon  nach  wenigen  Jahren  schied  er  aus  dem  dornen¬ 
vollen  Amte  aus.  Trotz  eines  Herzleidens,  welches  sich  bei  ihm 
ausgebildet  hatte,  lag  er  von  nun  ab,  nachdem  er  seinen  AA^ohnsitz 
nach  Bonn  verlegt  hatte,  einer  mannigfaltigen,  künstlerischen  Privat- 
thätigkeit  ob,  welche  nicht  auf  AA^ohngebäude  und  kleinere  Entwürfe 
beschränkt  blieb,  sondern  sich  auch  auf  gröfsere  Aufgaben  ausdehnte. 
Von  letzteren  sind  die  AA^iederherstelluug  der  durch  Brand  zerstörten 
Eemigiuskirche  und  der  zugehörigen,  ehemaligen  Klostergebäude  in 
Bonn,  der  Neubau  einer  katholischen  Pfarrkirche  in  Kessenich  und 
der  Entwiirf  zum  Neubau  des  erzbischöflichen  Convicts  in  Bonn  zu 
nennen.  —  Richter  war  nicht  blofs  ein  tüchtiger  Baukünstler,  er  war 
ein  edler,  liebenswürdiger  Mensch  in  des  AVortes  bester  Bedeutung. 
Mit  seiner  hinterlassenen  Familie  trauern  zahlreiche  Freunde  an 
seinem  Grabe.  J.  St. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Traurigkeit  des  Falles  entsprechen  wir 
gern  dem  uns  ausgedrückten  AA^’unsche,  die  Leser  auf  den  Aufruf 
au  der  Spitze  des  heutigen  Anzeigetheils  hiermit  besonders  auf¬ 
merksam  zu  machen. 


Büclierschaii. 

lu  der  Reclieiitafel  von  Dr.  H.  Zimmermann,  welche  auf  S.  186 
des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl.  besprochen  ist,  sind  auf  S.  202  (Factoren- 
tafel)  zwei  unrichtige  oder  vielmehr  unvollständige  Angaben  gefunden 
und  mit  je  10  Mark  vergütet  worden.  Danach  ist  statt  255  =  5 . 51 
zu  setzen  255  =  3 . 5 . 17 ;  ferner  ist  statt  285  —  5.57  zu  setzen 
285  =  3 . 5 . 19.  —  Zwei  für  den  Gebrauch  der  Tafel  unwesentliche 
Fehler  finden  sich  in  der  Einleitung.  Auf  Seite  XXI,  Zeile  3  von 
unten  ist  nämlich  statt  100,00000  62503  zu  setzen:  100,50000  62503; 

3  _  3  _ 

und  auf  Seite  XXW,  Zeile  1  von  oben  ist  statt  1/4,76  zu  setzen  j/47,6. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  .1.  Ke  rskes,  Berlin. 


21 


Centralbktt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  18.  Januar  1890.  Nr.  3. 


Bedactiou:  SW.  Zimmerstrarse  7 (üeschäftBstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Ueher  zweckmäfsige 
Einrichtungen  von  Kliniken.  (Fortsetzung).  —  Beseitigung  der  SchifEahrtshindernisse 
am  ^Eisernen  Thor“.  —  Das  Innere  des  Strafshui'ger  ICaiserpalastes.  —  Seecanal  nach 
Berlin.  (Schlufs.)  —  Vermischtes;  Vermehrung  der  Bauinspectorstellen  beider 
preufsischen  Eisenbahnverwaltung,  der  allgemeinen  Bauverwaltung  und  der  landwirth- 

schaftlichen  Verwaltung.  —  Boissonnet-Stiftung.  —  Versuche  über  die  Fortbewegung 
von  Schüfen  auf  Canälen.  —  Aufserbetriebsetzung  von  Eilzügen  in  England.  —  Be- 
suchsziifer  der  technischen  Hochschule  Berlin  für  das  Winter-Halbjahr  1889/90.  — 
Altrömische  Strafsenbrücke.  —  Dammbruch  bei  Johnstown. 

Amtliche  M 

Bayern. 

Der  Generaldirectionsrath  Gustav  Ebermayer  in  München 
(Generaldirection)  ist  zum  Oberregierungsrath  und  Vorstand  der 
Bauabtheilung  bei  der  Generaldirection  der  K.  b.  Staatseisenbahnen 
befördert;  derselbe  erhielt  das  Ritterkreuz  des  Ordens  der  Württem- 
bergischen  Krone.  Der  Oberingenieur  Ferdinand  Volkert  in  Nürn¬ 
berg  (Canalamt)  erhielt  den  Verdienstorden  vom  hl.  Michael  IV.  Klasse. 

Der  Abtheilungsingenieur  Rieh.  Gottlieb  Frobenius  in  Nürnberg 
ist  zum  Betriebsingenieur  dortselbst  befördert.  Der  Abtheilungs¬ 
ingenieur  und  Vorstand  der  Eisenbahnbausection  Heinrich  Endres 
in  Reichenhall  ist  in  gleicher  Diensteseigenschaft  zur  Eisenbahnbau¬ 
section  München  versetzt.  Der  Ingenieurassistent  Konrad  Wagner 
ist  zum  Abtheilungsingenieur  und  Vorstand  der  Eisenbahnbausection 
Traunstein  ernannt.  Der  Abtheilungsingenieur  Karl  Barth  in  Zwiesel 
ist  zum  Vorstand  der  Eisenbahnbausection  Zwiesel  berufen.  Der 
Abtheilungsingenieur  und  Vorstand  der  Eisenbahnbausection  Johannes 
Schrenk  in  Kronach  ist  in  gleicher  Diensteseigenschaft  nach  Bam¬ 
berg  versetzt. 

ittheilungen. 

Der  Director  und  Vorstand  der  Bauabtheilung  Franz  Gyfsling 
in  München  (Generaldirection)  und  der  Betriebsingenieur  und  Vor¬ 
stand  der  Eisenbahnbausection  Johann  Nepomuk  Kurz  in  Zwiesel 
sind  in  den  Ruhestand  versetzt. 

Der  Betriebsingenieur  Karl  Hüttner  in  Rosenheim  ist  gestorben. 

Württemberg. 

Durch  Höchste  Entschliefsung  vom  20.  Juni  v.  J.  hat  der  da¬ 
malige  Director  des  K.  Polytechnicums  in  Stuttgart,  Professor  Dr. 
V.  Marx  an  der  chemischen  Fachschule,  die  Krone  zum  Ehrenritterkreuz 
des  Kronordens  erhalten,  und  durch  Ministerial-Erlafs  vom  26.  v.  M. 
ist  der  Di-,  phil.  Friedrich  Freiherr  v.  Westenholz  als  Privatdocent 
für  englische  Sprache  und  Litteratur  am  Polytechnicum  in  Stuttgart 
zugelassen  worden. 

Hamburg. 

Der  Ingenieur  F.  Th.  Muh  s  fei  dt  ist  als  Baumeister  angestellt 
worden. 

Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


lieber  zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken 

(Fortsetzung  aus  Nr.  40  des  vorigen  Jahrganges.) 


7.  Die  Heizungs-  und  Lüftungs-Einriclitungeii. 

Die  in  den  Krankenräumen  der  Kliniken  an  die  Heizungs-  und 
Lüftungsanlagen  zu  stellenden  Anforderungen  sind  mannigfachster 
Art.  Hinsichtlich  der  Heizung  mufs  gefordert  werden,  dafs  überall 
eine  gleichmäfsige  Temperatur  von  22°  C.  hergestellt  und  thunlichst 
dauernd  (Tag  und  Nacht)  gehalten  wird.  Der  Luftwechsel  mufs 
sowohl  im  Winter  wie  im  Sommer  ein  reichlicher  sein  und  für  den 
Kopf  und  die  Stunde  etwa  80  cbm  betragen,  auch  mufs  dafür  gesorgt 
werden,  dafs  die  eingeführte  frische  Luft  im  Winter  vorgewärmt 
wird  und  thunlichst  frei  von  Verunreinigungen  (Staub  usw.)  ist. 
Endlich  mufs  gefordert  werden,  dafs  die  Heizungs-  und  Lüftungs- 
Einrichtungen  weder  durch  Hitze,  noch  durch  unangenehmes  Geräusch 
oder  Zug  u.  dgl.  belästigend  auf  die  Kranken  wirken.  Für  die  Flure 
und  Treppenhäuser  genügt  eine  Temperatur  von  15°  C.,  die  nur 
während  des  Tages  einzuhalten  ist,  und  ein  zweimaliger  Luftwechsel 
in  der  Stunde. 

In  den  bisher  erbauten  Universitäts  -  Kliniken  sind  fast  alle 
bekannten  Heizungs-  und  Lüftungs-Systeme  zur  Anwendung  gebracht 
worden.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  einzelne  den  vorbezeichneten 
Anforderungen  nicht  in  ausreichender  Weise  genügen,  da  sie  ihrem 
Wesen  nach  hierzu  nicht  imstande  sind. 

a.  Localheizungen. 

Von  Heizungen  mit  örtlichem  Betriebe  sind  zur  Anwendung  ge¬ 
bracht:  eiserne  Schüttöfen  mit  Lüftungsmänteln  und  Kachelöfen. 
Von  diesen  haben  sich  die  Schüttöfen  bei  zweckmäfsiger  Bau¬ 
art  gut  bewährt;  sie  gestatten  einen  dauernden  Betrieb  ohne 
umständliche  Bedienung  und  ermöglichen  wegen  der  starken  Aus¬ 
strahlung  nicht  nur  eine  schnelle  Erwärmung  der  Räume,  sondern 
auch  eine  reichliche  Zufuhr  frischer  Luft  von  angemessener  Wärme. 
Bei  richtiger  Entfernung  des  Mantels  vom  Ofen,  die  in  jedem  Einzel¬ 
falle  durch  Versuche  festgestellt  werden  mufs,  ist  ein  derartiger 
Ofen  von  entsprechender  Gröfse  imstande,  in  der  Stunde  800  bis 
1000  cbm  warme  Luft  zuzuführen.  Dabei  wirkt  die  strahlende  W’^ärme 
des  Ofens  auf  die  Umgebung  nicht  belästigend,  weil  sie  durch  den 
Lüftungsmantel  abgefangen  und  nach  oben  geführt  wird.  Wenn  für 
eine  bequeme  Bedienung  dieser  Oefen  durch  kleine  Kohlenvorräthe 


in  der  Nähe,  durch  Kohlenaufzüge  nach  den  verschiedenen  Geschossen 
und  Vorrichtungen  zur  schnellen  Entfernung  der  Asche  (kleine 
Absturzschachte,  welche  unmittelbar  nach  Sammelgruben  führen) 
gesorgt  wird,  so  genügen  die  eisernen  Schütt-Mantelöfen  den  An¬ 
forderungen  sowohl  hinsichtlich  der  Heizung  wie  der  Lüftung. 

Die  Kachelöfen  haben  sich  nicht  in  demselben  Mafse  bewährt, 
weil  sie  meist  nicht  wie  die  eisernen  Oefen  mit  Schütttrichtern,  die 
den  dauernden  Betrieb  wesentlich  erleichtern,  versehen  werden  und 
ihre  Bedienung  daher  umständlicher  ist;  auch  erfordern  sie  häufige 
Ausbesserungen  und  sind  wegen  der  viel  mäfsigeren  Wärmeabgabe 
für  Lüftungszwecke  weniger  verwendbar.  Führt  man  den  Kranken¬ 
räumen  indessen  auf  anderem  Wege  frische  vorgewärmte  Luft  zu, 
so  kann  auch  die  Kachelofenheizung  in  Einzelfällen  als  eine  brauch¬ 
bare  namentlich  dann  bezeichnet  werden,  wenn  man  die  Wandungen 
der  Oefen  in  gröfserer  Stärke  als  gewöhnlich  üblich  (Hintermauerung 
der  Kacheln  mit  Ziegeln)  herstellt  und  dadurch  fähiger  macht,  die 
zugeführte  Wärme  lange  Zeit  zu  halten.  Durch  die  Beschaffung  und 
Unterhaltung  centraler  Heizvorrichtungen  für  eine  gesonderte  Zu¬ 
führung  frischer  Luft  entstehen  indessen  nicht  unerhebliche  Kosten. 

Im  allgemeinen  dürfte  es  sich  empfehlen,  für  kleinere  Kranken¬ 
häuser  Localheizungen,  und  zwar  Schüttöfen  mit  Lüftungsmänteln, 
dagegen  für  Gebäude  von  grofser  Ausdehnung  oder  für  umfangreiche 
Anstalten  zweckmäfsige  Centralheizungen  zu  wählen. 

b.  Centralheizungen. 

Von  diesen  haben  die  Feuerluftheizungen,  sowie  die  Heifswasser- 
und  Dampfheizungen  den  gehegten  Erwartungen  am  wenigsten  ent¬ 
sprochen.  Die  Feuerluftheizungen  haben  Veranlassung  zu  Klagen 
über  trockne  Wärme  bezw.  Verbreitung  von  Rauch  und  versengtem 
Staub  gegeben;  auch  ist  eine  anhaltend  gleichmäfsige  Temperatur 
nur  bei  fortdauerndem  Betriebe  zu  erzielen,  da  in  den  bewohnten 
Räumen  Heizkörper,  welche  die  zugeführte  Wärme  längere  Zeit 
halten,  fehlen.  Endlich  ist  wegen  des  geringen  Leitungsvermögens 
erwärmter  Luft  auf  wagerechten  Wegen  die  Anlage  zahlreicher  Heiz¬ 
kammern  erforderlich.  Kann  man  auch  die  Klagen  über  trockne 
Luft  durch  Anwendung  von  Befeuchtungsapparaten  und  die  über 
Staubbelästigung  durch  Einschaltung  weitmaschiger  Filter  theilweise 


2-2 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


18.  Januar  1890. 


haltend  gleiclimäfsigen  Teinperatur  wegen  des  geringen  Wärme¬ 
haltungsvermögens  ebenfalls  einen  dauernden  Betrieb,  macht  auch, 
weil  erwärmtes  Wasser  nur  in  geringem  Umfange  wagerecht  geleitet 
werden  kann,  viele  Peuerstellen  nöthig  und  friert  aufserdem  leicht 
ein  5  sie  ist  deshalb  im  allgemeinen  nicht  zu  empfehlen.  Aehnliche 

Mängel  hat,  abgesehen  davon,  dafs 
wegen  der  grofsen  Leitungsfähig¬ 
keit  des  Dampfes  in  wagerechter 
Richtung  Betriebsstellen  nur  in  sehr 
geringer  Zahl  erforderlich  werden, 
die  gewöhnliche  Dampfheizung, 
welche  aufserdem  wegen  des  die 
Kranken  und  Zuhörer  belästigenden, 
nur  in  seltenen  Fällen  zu  vermei¬ 
denden  Geräusches  in  den  Heiz¬ 
körpern  wenig  beliebt  ist. 

Von  den  sonst  gebräuchlichen 
Centralheizungen  haben  sich  die 
Warmwasserheizungen  gut  be¬ 
währt.  Sie  verbreiten  eine  gleich- 
mäfsige,  milde  Wärme,  besitzen  ein 
grofses  Wärmehaltungsvermögen  und 
sind  auch  für  Lüftungszwecke  sehr 
wohl  verwendbar,  wenn  die  frische 
Luft  den  Heizkörpern  nicht  mit 
niedriger  Temperatur,  unmittelbar 
von  aufsen,  sondern  von  etwas  vor¬ 
gewärmten  Räumen  zugeführt  wird, 
wodurch  die  sonst  bestehende  Gefahr 
des  Einfrierens  ausgeschlossen  ist. 
Diese  Heizungen  können,  wie  be¬ 
kannt,  entweder  durch  (im  Keller 
aufgestellte)  Warmwasserkessel  mit 
unmittelbarer  Feuerung  oder  durch 
solche  mit  eingelegten  Dampfröhren 
betrieben  werden.  Erstere  sind  in 
der  Bedienung  umständlicher,  weil  er¬ 
wärmtes  Wasser  nur  auf  mäfsige 
Strecken  wagerecht  geleitet  werden 
kann  und  deshalb  verschiedene 
Feuerstellen  eingerichtet  werden 
müssen,  letztere  sind  in  der  Be¬ 
dienung  bequemer,  weil  der  Betrieb 
(die  Dampfbereitung),  von  einer  Stelle 
aus  erfolgen  kann.  Es  wird  daher, 
den  örtlichen  Verhältnissen  ent¬ 
sprechend,  eine  Warmwasserheizung  mit  Feuerbetrieb  bei  einzeln  stehen¬ 
den  Kliniken  von  geringem  Umfange,  dagegen  eine  derartige  Heizung 
mit  Dampfbetrieb  bei  gröfseren  Kliniken  und  Anstalten,  welche  in  der 
Regel  mit  einem,  verschiedenen  Zwecken  dienenden  Dampfkesselhause 
versehen  werden,  zu  wählen  sein.  In  jedem  Falle  ist  dafür  zu  sorgen, 
dafs  innerhalb  der  bewohnten  Räume  glatte,  Staubablagerungen  nicht 
zulassende  Heizkörper  verwendet  werden;  sogenannte  Rippenheiz¬ 
körper  sind  daher  zu  vermeiden. 

Die  sonst  noch  üblichen  Dampf  wasserheizungen  ver¬ 
schiedener  Art  mit  Umlauf-Dampfröhren  innerhalb  der  Räume  sind 
wegen  des  unvei'meidlichen  Geräixsches  in  den  Röhren  und  Heiz¬ 
körpern  weniger  zu  empfehlen. 

Bei  centralem  Betriebe  verdienen  auch  die  Dampf  luft- 
heizungen  Beachtung,  weil  bei  diesen  die  den  Feuerluftheizungen 
anhaftenden  Uebelstände  in  viel  geringerem  Grade  auftreten,  nament¬ 
lich  dann,  wenn  Dampf  mit  mäfsiger  Ueberhitzung  (Niederdruck)  ver¬ 
wendet  und  die  zugeführte  frische  Luft  filtrirt  wird.  Bei  Anwendung 
dieses  Heizsystems,  welches  wegen  der  wünschenswerthen  Verein¬ 
fachung  des  Betriebes  nur  während  der  Tagesstunden  in  Benutzung 
zu  nehmen  sein  wird,  dürfte  indessen  dafür  zu  sorgen  sein,  dafs  zur 
Erzielung  einer  angemessenen  Temperatur  während  der  Nachtzeit 
innerhalb  der  Krankenräume  noch  besondere  kleine  Heizkörper 
(Wasseröfen  mit  Dampfbetrieb  u.  dgl.)  vorgesehen  werden,  welche 
imstande  sind,  die  zugeführte  Wärme  längere  Zeit  zu  halten. 

Als  Beispiele  neuerer  Anordnungen  werden  die  in  den  Kranken¬ 
sälen  der  Kliniken  in  Breslau  und  Göttingen  ausgeführten  Heiz¬ 
einrichtungen  mitgetheilt  (Abb.  12  u.  13).  Abb.  12  zeigt  eine  Ver¬ 
bindung  von  Local-  und  Centralheizung  (Keidelsche  Füllöfen  zur 
Unterstützung  des  Tagesbetriebes  und  für  den  Nachtbetrieb  —  und 
gesonderte  Luftheizung),  Abb.  13  dagegen  eine  Dampf luftheizung 
(mit  Erhitzung  der  bereits  vorgewärmten  Luft  in  der  neben  dem 
Saale  belegenen  Heizkammer  6)  für  den  Tagesbetrieb  und  vier 
kleine  Wasser-Heizkörper  a  innerhalb  des  Krankensaales  für  den 
Nachtbetrieb.  (Fortsetzung  folgt.) 


beseitigen,  so  ist  doch  beim  Schadhaftwerden  der  Heizapparate  das 
Eindringen  von  Rauch  nicht  zu  vermeiden,  auch  ist  ein  Dauerbetrieb 
bei  Tag  und  Nacht  an  den  meist  zahlreichen  Heizstellen  zu  umständlich. 
Für  Räume,  in  denen  sich  Kranke  dauernd  aiifzuhalten  pflegen,  ist 
deshalb  eine  Feuerluftheizung  im  allgemeinen  nicht  zu  empfehlen. 


IUI  Warme  Luft.  ^  Abluft. 

Grundrifs  des  Erdgeschosses. 

Abb.  12.  Krankensaal  der  Frauenklinik  in  Breslau 
(Heizung  u.  Lüftung). 

Sie  eignet  sich  indessen  sehr  wohl  für  Räume,  die  nur  vorübergehend 
benutzt  werden,  schnell  erwärmt  werden  müssen  und  einen  starken 
Luftwechsel  erfordern,  wie  Hör-  und  Operationssäle,  Flure,  Treppen¬ 
häuser,  Aborte  usw. 

Die  Heifswasserheizung  erfordert  zur  Erzielung  einer  an¬ 


ScliDitt  a—h. 


i‘ - 2,48 

y - 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


23 


Nr.  3. 


Beseitigung  der  Schiffahrtshindernisse  am  „Eisernen  Thor“, 


Bekanntlich  ist  im  Artikel  LVII  des  Berliner  Vertrages  vom 
Jahre  1878  die  Ausführung  der  Arbeiten  zur  Beseitigung  der  Schiff¬ 
fahrtshindernisse  in  der  unteren  Donau,  am  Eisernen  Thor  und  bei 
den  Stromschnellen,  an  Oesterreich  -  Ungarn  übertragen  worden, 
welchem  auf  Grund  des  Artikels  VI  des  Londoner  Vertrages  vom 
Jahre  1871  das  Eecht  zugestanden  wurde,  zur  Deckung  der  ent¬ 
stehenden  Kosten  eine  „provisorische  Taxe“  zu  erheben.  Die  Aus¬ 
übung  der  hiermit  dem  Gesamtstaate  zugefallenen  Eechte  und 
Pflichten  hat  dann  die  K.  ungarische  Eegierung  übernommen.  Durch 
die  Gesetz-Artikel  XXVI  vom  Jahre  1888  und  XII  vom  Jahre  1889 
wurden  über  die  auszuführenden  Bauarbeiten  und  über  die  Be¬ 
schaffung  der  nöthigen  Geldmittel  die  grundlegenden  Bestimmungen 
getroffen,  nach  welchen  für  die  sämtlichen,  bis  zum  Schlufs  des 
Jahres  1895  zu  vollendenden  Bauten  die  Summe  von  9  000  000  Fl. 
vorgesehen  wurde.  —  Im  Sommer  1889  ist  dann  die  ausführende 
Baubehörde  unter  Leitung 
des  Sectionsraths  Ernst 
V.  Wallandt  in  Orsova 
eingerichtet  worden. 

Das  K.  ungarische 
Handelsministerium  hat 
nunmehr  in  jüngster  Zeit 
ein  öffentliches  Aus¬ 
schreiben  zur  Verdingung 
der  Felssprengungen  usw. 
erlassen,  nachdem  im 
Laufe  des  Jahres  1889 
umfangreiche  V  erarbeiten, 
auch  Sprengversuche,  aus¬ 
geführt  worden  sind.  Es 
ist  daher  zu  hoffen,  dafs 
im  bevorstehenden  Früh¬ 
jahr  die  Inangriffnahme 
der  überaus  wichtigen 
Arbeiten  erfolgen  wird. 

Die  die  Schiffahrt 
in  der  unteren  Donau  be¬ 
hindernden  Stromschnel¬ 
len  befinden  sich  bekannt¬ 
lich  in  der  etwa  120  km 
langen  Strömstrecke  von 
Moldova  bis  zum  serbischen  Dorfe  Sibb  unterhalb  Orsova.  Man 
beabsichtigt,  unter  Vermeidung  von  Schleusen,  wie  dieselben 
für  das  Eiserne  Thor  durch  die  internationale  Commission  vom 
Jahre  1879  vorgeschlagen  waren,  in  den  Felsenstrecken  Canäle  aus¬ 
zusprengen,  welche  bei  Niedrigwasser  noch  2  m  Wassertiefe  besitzen. 
Diese  Canäle  sollen  in  den  oberen  Stromschnellen  60  m,  im  eigent¬ 
lichen  Eisernen  Thore  dagegen  80  m  Sohlenbreite  erhalten. 

Es  handelt  sich  im  wesentlichen  um  die  folgenden  Arbeiten. 

Aussprengung  des  erwähnten  Canals  durch  die  Felsenbänke 
Stenka,  Kozla  und  Dojke,  Izlas  und  Tachtalia,  Greben  und  Jucz 
unterhalb  Moldova,  sowie  die  Beseitigung  von  vielen  einzelnen,  in 
dieser  Strecke  im  Fahrwasser  anstehenden  Felsenriffen.  Die  Masse 
des  hier  abzusprengenden  Gesteins  ist  zu  162  000  cbm  ermittelt;  das¬ 
selbe  besteht  aus  Granit,  quarzhaltigem  Glimmerschiefer,  thonhaltigem 
und  mit  Schieferadern  durchzogenem  Kalkstein,  sowie  porphyrartigem 
Serpentin,  welcher  mit  Quarzschieferadern  durchzogen  ist.  Die  durch¬ 
schnittliche  Höhe,  in  welcher  die  Felsen  abzubrechen  sind,  beträgt 


nicht  ganz  1  m,  die  Wassergeschwindigkeit  in  den  Stromschnellen 
2,5 — 4,5  m  in  der  Secunde. 

Zur  Ausgleichung  des  Gefälles  und  Erzielung  einer  gleich- 
mäfsigen  Strömung  auch  bei  höheren  Wasserständen  sollen  aufserdem 
vor  dem  rechten  Ufer  zwei  mächtige  Längsstaudämme  (Parallelwerke) 
angelegt  werden.  Der  erste  derselben  beginnt  an  der  Grebener  Spitze, 
wo  die  Strombreite  sich  ganz  plötzlich  von  425  m  auf  1400  m  ver- 
gröfsert,  und  endigt,  6200  m  lang,  bei  Milanovacz.  Der  zweite  Stau¬ 
damm  von  3935  m  Länge  reicht  von  der  Felsenbank  Jucz  bis  Kolubinje. 
Beide  Dämme  sollen  aus  Steinschüttung  hergestellt,  in  den  Aufsen- 
flächen  abgepflastert  werden  und  3  m  Kronenbreite  erhalten ;  zu  den¬ 
selben  sind  rund  600  000  cbm  Steinschüttung  und  105  000  qm  Pflaster 
veranschlagt. 

Die  umfangreichsten  Arbeiten  sind  im  Bereiche  des  eigentlichen 
Eisernen  Thores  unterhalb  Orsova  in  der  rumänisch-serbischen  Donau¬ 
strecke  auszuführen.  Man 
beabsichtigt,  für  die  Schiff¬ 
fahrt  hier  einen  offenen 
Canal  von  2070  m  Länge 
dicht  am  rechten  Ufer 
entlang  herzustellen,  wel¬ 
cher  beiderseitig  durch 
gepflasterte,  bis  zum  Hoch¬ 
wasser  emp  erreichende 
Steindämme  begrenzt  wer¬ 
den  soll.  Der  linksseitige 
Damm  erhält  4  m,  der 
rechtsseitige  6  m  Kronen¬ 
breite,  weil  auf  dem  letz¬ 
teren  der  Leinpfad  liegen 
soll.  —  Zur  Herstellung 
des  Canals  in  den  ange¬ 
gebenen  Abmessungen 
müssen  246  000  cbm  Felsen 
ausgebrochen  werden.  Zur 
Erleichterung  dieser  Ar¬ 
beit  beabsichtigt  man, 
den  linksseitigen  Canal¬ 
damm  an  seinem  oberen 
Ende  vorübergehend  wäh¬ 
rend  der  Bauzeit  durch 
einen  Querdamm  an  das  rechte  Ufer  anzuschliefsen,  sodafs  die  Be¬ 
seitigung  der  Felsen  bei  entsprechend  gesenktem  Wasserspiegel  er¬ 
folgen  kann  und  durch  die  Strömung  nicht  erschwert  wird.  Für  die 
Canaldämme  sind  552  000  cbm  Schüttung  und  95  000  qm  Pflaster 
veranschlagt. 

Die  Angebote  auf  Ausführung  der  bezeichneten  Arbeiten  müssen 
bis  zum  31.  März  1890  eingereicht  sein.  Die  Arbeiten  sind  bis 
31.  December  1895  zu  vollenden,  mit  der  Mafsgabe,  dafs  10  pCt.  im 
Jahre  1890,  je  20  pCt.  in  den  folgenden  vier  Jahren  urd  die  Eest- 
arbeiten  im  Jahre  1895  ausgeführt  werden.  Der  Unternehmer  hat 
ein  Haftgeld  von  720  000  Fl.  zu  hinterlegen. 

Es  sei  noch  bemerkt,  dafs  gleichzeitig  eine  Ausschreibung  auf 
das  beste  Verfahren  zur  Beseitigung  von  Felsen  unter  Wasser  er¬ 
lassen  wurde,  nachdem  die  für  denselben  Gegenstand  schon  im 
Jahre  1889  durchgeführte  Verdingung  zu  einem  befriedigenden  Er¬ 
gebnisse  nicht  geführt  hat.  Die  betreffenden  neuen  Angebote  sollen 
am  31.  Januar  1890  eröffnet  werden.  E.  Eoeder. 


a  a  Heizkörper,  h  Luftkammer  mit  Dampfbetrieb. 

Abb.  13.  Eirankensaal  der  chirurgisclien  Klinik  in  Göttingen 
(Heizung  u.  Lüftung). 


Das  Innere  des  Strafsburger  Kaiserpalastes, 


Im  Anschlufs  an  die  Veröffentlichung  des  Strafsburger  Kaiser¬ 
palastes  in  Nr.  8  vorigen  Jahrganges  d.  Bl.  wird  nachträglich  ein 
Durchschnitt  des  Gebäudes  gegeben,  der  einen  Theil  des  sehr  be- 
merkenswerthen  Inneren  desselben  zur  Erscheinung  bringt.  Der 
Schnitt  zeigt  zur  Linken  die  Unterfahrt  und  darüber  die  an  dem 
Audienzsaale  gelegene  Vorhalle,  welche  beide  ganz  in  Haustein  aus¬ 
geführt  und  mit  mannigfaltigem  Schmuck  figürlicher  und  ornamentaler 
Art  reich  ausgestattet , sind ;  sie  haben  wagerechte  Felderdecken,  die 
aus  sichtbaren  Eisenträgern  und  kräftig  profilirten,  nur  sparsam  mit 
Ornament  geschmückten  Steinplatten  gebildet  werden.  Hier  haben 
Ihre  Majestäten  der  Kaiser  und  die  Kaiserin  bei  Ihrem  vorjährigen 
Besuche  in  Strafsburg  sich  dem  Volke  wiederholt  gezeigt,  und  die 
Halle  hat  an  dem  letzten  Abende  des  Besuches,  an  welchem  dem 
Herrscherpaare  eine  grofsartige  Huldigung  von  der  Strafsburger  Be¬ 
völkerung  dargebracht  wurde,  in  einer  Beleuchtung  von  elektrischem 
und  bengalischem  Lichte  nach  uns  von  verschiedenen  Seiten  zuge¬ 
gangenen  Berichten  einen  wundervollen  Anblick  geboten. 


Die  hinter  der  Unterfahrt  liegende  Eintrittshalle  ist  gleichfalls 
mit  einer  wagerechten,  aber  reicher  abgestuften  Cassettendecke  aus 
sichtbaren  Eisenträgern  und  Gipsstuck-Feldern  versehen.  Ihr  schliefsen 
sich  seitwärts  Hallen  an,  die  durch  rothe,  polirte  Granitsäulen  mit 
broncefarbenen  Capitellen  und  Basen  von  dem  Hauptraume  ab- 
getrennt  sind.  In  gleicher  Weise  ist  auch  der  auf  die  Vorhalle 
folgende  Vorraum  der  Haupttreppe  behandelt.  Die  Wände  und  Decken 
dieser  Eäume  sind  schlicht  getönt  und  mit  einfachen  Ornamenten 
und  einiger  Vergoldung  belebt,  während  das  Eisengerüst  der  Decken 
in  hellem  Bronceton  gehalten  ist.  Die  Beleuchtungskörper  sind  zu¬ 
meist  aus  schwarzem  Schmiedeeisen  mit  wenigen  polirten  Kupfer- 
theilen  hergestellt;  für  den  Vorraum  der  Haupttreppe  bilden  zwei 
Standleuchter  aus  blauen  Majolicavasen  und  geschmiedeten,  altver¬ 
goldeten  Blumensträufsen  einen  wirkungsvollen  Schmuck. 

Das  Haupttreppenhaus  ist  mit  hoher,  von  Stichkappen  und  um¬ 
rahmten  Kundfenstern  durchbrochener  Voutendecke  abgeschlossen. 
Ihr  wagerechtes  Feld  bildet  ein  Oberlicht,  dessen  teppichartig 


24 


Centralblatt  der  B auverwaltung’. 


18.  Januar  1890. 


gemusterte  mattgrüne  Mittelfläche  von  einem  breiten,  kräftig  ge¬ 
tönten  Rundstreifen  mit  Motiven  aus  der  Kette  des  Schwarzen  Adler¬ 
ordens  umzogen  ist.  Die  Stufen  und  durchbrochenen  Brüstungen 
der  Treppe,  sowie  die  Säulen  des  Umganges  sind  in  hellem 
Murgthal-  und  fein  getöntem,  grauem  Vogeseusaudstein  ausgeführt. 
Nur  die  Handläufe  der  Brüstungen  und  die  den  lurteren  Lauf  der 
Treppe  begleitenden  Cascadenstufen  sowie  das  stattliche  Wasser¬ 
becken  auf  dem  mittleren  Treppenabsätze  bestehen  aus  hell- 
rothem  Tiroler  Marmor.  Die  Wände  des  Treppenhauses  sind  im 
Einklang  mit  der  Farbe  der  Sandstein- Architekturtheile  hell  getönt 
und  mit  wenig  Ornainent  in  gelblichen  Tönen  und  rothen  Zwickel¬ 
umrahmungen  der  Bogeufelder  versehen.  Im  Mittelraume  ist  etwas 
reichere  Malerei  angewandt  mit  vorherrschend  tief  blauem  Grunde 
der  Ornamente.  Die  Bogenzwickel  zur  Seite  der  Mittelachse 
des  Gebäudes  sind  mit  den  Gestalten  der  Weisheit,  Gerechtigkeit, 
Kraft  und  Mäfsigung  bemalt.  Erhöht  wird  die  Farbenwirkung  dieses 
Raumes  durch  die  sechs  seitlichen  Rundbogenfenster.  Sie  sind  mit 
hellem  Kathedralglas  in  musivischen  Mustern  verglast,  mit  farbigem 
Rändern  und  Cartouchenwerk  umzogen  und  tragen  in  den  oberen 
Feldern  tief  gefärbte  Vasen  mit  Blumen  und  Bändern.  Auch  hier 
bilden  die  Beleuchtungskörper  einen  hervorragenden  Schmuck. 

Ueber  der  Eintrittshalle  liegt  in  der  Mitte  der  Hauptfront  der  ein¬ 
gangs  erwähnte  kuppelgedeckte  Audienzsaal,  welcher  sein  Licht  durch 
ein  grofses  bleiverglastes  Rundbogenfenster  und  ein  getöntes  Oberlicht 
erhält.  Das  erstere  hat  hellen  Grund  aus  Kathedralglas,  trägt  in  der 
Mitte  eine  grofse,  von  Eichen-  und  Lorbeerzweigen  umgebene  Kaiser¬ 
krone  und  wird  von  einem  breiten,  in  kräftigen  Farben  gehaltenen  Rande 
mit  Fruchtgehängen,  die  von  Sclmörkelschildern  mit  Königskronen 
unterbrochen  sind,  umzogen.  Das  Oberlicht  ist  in  hellgelben  und 
braunen  Tönen  gehalten  und  trägt  über  einem  Ornament-Rundstreifen 
die  Zeichen  des  Thierkreises.  Die  die  Galerieen  des  Saales  tragenden 
Säulen  bestehen  aus  rothem  belgischen  Marmor  und  haben  ver¬ 
goldete  Capitelle.  Die  Wände  sind  mit  Stuckmarmor  in  hellgrauem 
Tone  bedeckt  und  von  einem  Brüstungsgetäfel  in  rothen  und  grünen 
Tönen  umzogen;  bei  den  schweren  Umrahmungen  der  Thüren 
ist  der  festlich  wirkende  Vert  de  Genes  vortrefflich  nachgeahmt. 
Der  ganze  obere  Theil  des  Saales  ist  vorwiegend  hell  gehalten. 
Die  Bogenfelder  und  die  grofse  Wandfläche  über  der  Haupteingangs¬ 
thür  haben  zunächst  nur  einfache  Umrahmungen  erhalten  und  würden 
geeignet  sein,  dereinst  den  bedeutungsvollen  Schmuck  geschichtlicher 
Bilder  zu  tragen.  Die  Decke  ist  durch  vier  breite,  mit  Schuörkelschilder-, 
Trophäen-  und  Ornamentwerk  belebte  Streifen  in  Felder  getheilt,  in 
deren  Mitte  wieder,  von  Cartouchen  eingerahmt,  die  Bildnisse  des 


Grofsen  Kurfürsten,  der  Könige  Friedrich  I.  und  Friedrich  II.  und 
Kaiser  Wilhelms  I.  angebracht  sind.  Die  Bogenzwickel  endlich  sind 
mit  grofsen,  kränzetragenden  Siegesgöttinnen  ausgefüllt.  Ein  sehr  wir¬ 
kungsvoller,  4,3  m  hoher  und  im  Durchmesser  fast  3  m  grofser  Kron¬ 
leuchter  aus  vergoldeter  Bronce  vollendet  die  Ausstattung  dieses 
Raumes;  an  ihm  sind  die  Wajipen  der  deutschen  Bundesstaaten  in 
Gold  auf  farbigem  Grunde  angebracht;  feiner  irisirender  Glasbehang 
verleiht  ihm  eine  reizvolle  Farbenwirkung.  Ueber  dem  Audienzsaal  er¬ 
hebt  sich  die  freie  Kuppelhalle,  durch  deren  weite  Bogenöfinungen  dem 
Saale  von  oben  Licht  zugeführt  wird.  Von  ihr  eröffnet  sich  eine 
entzückende  Aussicht  über  die  Stadt  Strafsburg  und  die  liebliche 
Rheinebene. 

An  der  Hinterfront  schliefst  sich  dem  Treppenhause  der  grofse 
Festsaal  an,  der  die  Mitte  einer  sich  durch  die  ganze  Länge  des 
Gebäudes  erstreckenden  Flucht  von  Festräumen  bildet.  Seine  Decke 
besteht  aus  einer  Vereinigung  weit  gespannter  gefelderter  Tonnen¬ 
gewölbe  in  Korbbogenform  und  eines  über  die  Nische  des  Saales 
gespannten  Melonengewölbes  mit  flach  gewölbtem,  von  reichem  Gesims 
und  Felderkranz  umzogenem  Spiegel  aus  Gipsstuck  auf  Eisengerüst. 
Die  achtzehn  Säulen  des  Saales  wurden  aus  hellgrauem  Nassauer 
Marmor  von  theilweise  sehr  guter  Wirkung  gefertigt.  Die  Wände 
sind  unten  mit  Stuckmarmor  von  feiner  gelber  Farbe  und  einem  ein¬ 
fach  getheilten  Brüstungsgetäfel  in  kräftigen,  vorwiegend  rothen  Tönen 
bekleidet.  Der  Farbenschmuck  der  oberen  Theile  der  Wände  ist 
auch  hier  nicht  als  endgültig  gedacht,  vielmehr  ist  angenommen,  dafs 
die  vorhandenen,  nur  mit  Ornamentstreifen  auf  rothem  Grunde  um¬ 
zogenen  Bogenfelder  dereinst  mit  selbständigen  Malereien  werden 
versehen  werden.  Das  mittlere  Deckenfeld  und  die  Gewölbeflächen 
der  Nische  haben  einen  hellblauen  Grund  und  sind  mit  zarten  golde¬ 
nen  Blumen  bestreut.  In  den  Feldern  der  Tonnengewölbe  und  den 
Bogenzwickeln  der  Wände  sind  farbige  Kinderfiguren  mit  Emblemen 
der  kaiserlichen  Würde  angebracht.  Beleuchtet  wird  der  Festsaal 
durch  vier  tief  hei’abhängende  grofse  Kronleuchter  und  zwei  Wand¬ 
leuchter  aus  reichem  vergoldeten  Schmiedewerk. 

Kann  das  sparsam  ausgestattete  Palast -Innere,  wie  aus  dem 
Gesagten  erhellt,  auch  noch  nicht  in  allen  seinen  Theilen  als 
fertig  und  den  Absichten  des  Erbauers  entsprechend  angesehen 
werden,  so  bildet  es  doch  bereits  in  seiner  jetzigen  Erscheinung 
eine  harmonische  Vereinigung  fürstlicher  Pracht  und  vornehm-behag¬ 
licher  Wohnlichkeit,  wie  sie  der  Bestimmung  des  Bauwerkes,  vor¬ 
übergehender  Kaiserlicher  Hofhaltung  in  den  Reichslanden  zu  dienen, 
in  vollkommener  Weise  entspricht. 


Ein  Seecanal  nach  Berlin. 

(Schlufs.) 


Im  Oderthal  ist  der  weiteren  Canalführung  des  Herrn  Bätsch 
nicht  mehr  zu  folgen.  Derselbe  will  nämlich  schon  von  Oderberg 
abwärts  die  Oder  benutzen  und  diese  für  Seeschiifahrt  vertiefen.  Die 
Möglichkeit  dieser  Vertiefung  kann  nicht  in  Frage  gestellt  werden, 
die  Folgen,  die  dieselbe  aber  haben  dürfte,  sind  unberechenbar  und 
in  hohem  Grade  gefährlich.  Die  Oder  hat  bei  Oderberg  zur  Zeit  des 
Niedrigwassers  eine  Tiefe  von  1,5  m.  Wird  diese  auf  6,5  m  gebracht, 
so  darf  das  nicht,  sollen  schwere  Mifsstände  verhütet  werden,  plötz¬ 
lich  geschehen,  sondern  das  Sohlengefälle  rnufs  sich  dem  Spiegel¬ 
gefälle  anpassen,  die  Vertiefung  mufs  also  allmählich  nach  oben  aus- 
laufen.  Andernfalls  würde  der  Strom  bei  Hochwasser  mit  Gewalt 
das  gestörte  Sohlengefälle  wieder  herzustellen  versuchen,  und  die 
I*  olge  davon  werden  tiefe  Auskolkungen,  Dammbrüche  und  ver¬ 
heerende  Ueberscliwemmungen  sein.  Das  Wasserspiegelgefälle  der 
Oder  bei  Hohensaathen  beträgt  1  :  22  000  bis  1  ;  9000;  nimmt  man 
ein  Sohlengefälle  von  1  ;  10  000,  so  müfste  der  Auslaut  der  Vertiefung 
rund  50  km  oberhalb  Oderberg  liegen.  Dafs  hierdurch  bedeutende 
Kosten  entstehen  werden,  leuchtet  ohne  weiteres  ein,  wird  doch  u.  a. 
durch  solche  Aenderungen  der  Bestand  der  oberhalb  an  der  Oder 
befindlichen  Bauwerke,  sowohl  derjenigen  für  die  Reguliruug  des 
Stromes  wie  aller  übrigen,  stark  in  Frage  gestellt.  Ein  anderer  nicht 
zu  unterschätzender  Uebelstand  liegt  in  der  Sandführung  der  Oder. 
Seitdem  dieselbe  von  Cüstrin  abwärts  mit  Regulirungswerken  ver¬ 
sehen  ist,  die  geeignet  sind,  den  Strom  selbst  bei  niedrigem  Wasser¬ 
stande  zu  zwingen,  die  mitgeführten  Sandmassen  auch  weiterzuführen, 
kommen  diese  erst  unterhalb  Oderberg  zur  Ablagerung  und  schreiten 
hier  wie  die  Kopfschüttung  eines  Dammes  immer  weiter  voran.  Wird 
die  vertiefte  Oder  bei  Hochwasserabführung  gefährlich,  so  sind  die 
Mittel-  und  Niedrigwasser-Monate  fortwährend  thätig,  die  künstlich 
hergestellte  Vertiefung  wieder  zu  versanden.  Wie  umfangreich  die 
Baggerungen  sein  müfsten,  um  diesen  Uebelstand  wieder  auszu¬ 
gleichen,  entzieht  sich  aller  Berechnung,  jedenfalls  werden  aber  ganz 
bedeutende  Massen  zu  bewältigen  sein. 


Unter  solchen  Umständen  wird  der  Sachkundige  nicht  zweifelhaft 
sein,  dafs  es  jedenfalls  richtiger  ist,  nach  dem  Abstieg  in  das  Oder¬ 
thal  die  Canallinie  nicht  sofort  in  die  Oder  zu  führen,  sondern  einem 
Seitencanal  den  Vorzug  zu  geben,  der,  mit  hochwasserfreien  Deichen 
dem  Entwässerungsgraben  der  eingedeichten  Niederung  folgend,  von 
Oderberg  nach  Lunow  führt  und  erst  bei  Schwedt  oder  noch  besser 
unterhalb  Schwedt,  etwa  bei  Garz,  in  die  Oder  mündet.  Hier  sind 
die  Verhältnisse  der  Oder  ganz  andere.  Das  Gefälle  von  Schwedt 
bis  Garz  beträgt  nur  noch  1  :  48  000,  von  da  nach  Stettin  sogar  nur 
noch  1  :  103  000.  Die  Wassertiefe  ist  durchschnittlich  3,5  bis  4  m,  auf 
laugen  Strecken  sogar  über  5  m.  Die  Geschwindigkeit  des  Wassers 
ist  gering  und  steht  schon  sehr  unter  den  Einwirkungen  des  Windes 
und  der  Wasserbewegimgen  des  Haffs.  Der  Oder  auf  dieser  Strecke 
eine  Tiefe  von  6,5  m  zu  geben,  kann  deshalb  erhebliche  Gefahren 
nicht  im  Gefolge  haben.  Eine  Versandung  wird  wenigstens  für  ab¬ 
sehbare  Zeit  hier  nicht  zu  befürchten  sein,  die  einmal  hergestellte 
Tiefe  läfst  sich  voraussichtlich  auch  erhalten. 

Der  so  besprochene  Seecaual  bietet  demnach  bei  dem  Stande 
der  heutigen  Technik  übergrofse  Ausführungs-Schwierigkeiten  nicht. 
Es  sind  zwar  recht  lange  und  tiefe  Einschnitte,  Einschnitte  bis  zu  48  m 
zu  machen,  die  Möglichkeit  ihrer  Ausführung  kann  aber  nicht 
bestritten  werden.  Die  Grundwasser -Verhältnisse  der  vom  Canal 
durchschnittenen  Gegenden  werden  in  nächster  Nähe  zwar  stark  be- 
einflufst,  bei  der  lehmigen  Beschatfenheit  des  Untergrundes  wird  aber 
hierdurch  eine  gröfsere  wirthschaftliche  Schädigung  kaum  zu  erwarten 
sein.  Die  drei  Eisenbahnen,  die  der  Canal  schneidet,  sollen  mittels 
Hochbrücken  in  33  m  Höhe  über  dem  Wasserspiegel  überführt 
werden;  für  die  Ueberleitung  der  Chaussee-  und  Landwege  sind 
Drehbrücken  bezw.  Fähren  nach  dem  Vorbilde  des  Nord-Ostsee- 
Canals  in  Anschlag  gebracht. 

Soweit  sich  daher,  ohne  gründliche  Vorarbeiten,  eine  Ansicht 
über  den  hier  in  Rede  stehenden  Seecanal  überhaupt  bilden  läfst, 
ist  die  Ausführung  desselben  lediglich  eine  Geldfrage.  Nach  über- 


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Kaiserpalast  in  Strafsbnrg. 

Quei’sclinitt  durcli  die  Mittelachse. 


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18.  Januar  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltiing. 


schläglicher  Berechnung  beträgt  die  Erdbewegung  auf  der  Strecke 
Berlin-Grafenbrück  für  jedes  Meter  Länge  2150  cbm  bei  19  m  mitt¬ 
lerer  Einschuittstief'e.  Die  Gesamt-Erdbewegung  berechnet  sich  zu 
ungefähr  130  Millionen  Cubikmeter. 

Danach  ergiebt  sich  folgende  Kostenberechnung: 


I.  Grunderwerb  einschl.  Canalerweiterung 
um  20  m,  Ausweichen,  Erweiterungen, 

Rampen  usw.  zur  Ablagerung  des  Bodens 

2200  Hektar  zu  4000  Mark . 8,8  Millionen  Mark 

II.  Erd-,  Bagger-  und  Böschungsarbeiten 

130  Millionen  Cubikmeter  zu  1  Mark  .  .  130,00  „  „ 

III.  Uferbefestigung  für  1  m  150  Mark  .  .  .  17,00  ,,  „ 

IV.  Brücken,  Fähren  und  sonstige  Bauwerke  16,25  „ 

V.  6  Schleusen  zu  3,5  Millionen  Mark  .  .  21,00  „ 

VI.  Hafenanlage  nach  dem  Vorbilde  Ham¬ 
burgs  und  Bremens  mindestens  ....  50,00  „ 

VH.  Insgemeinkosten  etwa  10  pCt.  des  An¬ 
schlags  . 21,95  „  „ 


Zusammen  265  Millionen  Mark 

AVird  an  Stelle  der  Batschschen  Linie  die  von  Strousberg  be- 
zeichnete  der  A^eranschlagung  zu  Grunde  gelegt,  so  verringern  sich 
die  Erdarbeiten  um  50  Millionen  Cubikmeter.  Die  Linie  ist  zwar 
etwa  10  km  länger,  die  mittlere  Einschnittstiefe  auf  der  Strecke 
Berlin-Grafenbrück  beträgt  aber  statt  19  m  nur  14  m.  Die  Kosten 
werden  sich  hierbei  voraussichtlich  auf  200  Millionen  Mark  ermäfsigen. 
200  bis  265  Millionen  Mark  werden  aber  jedenfalls  erforderlich  sein, 
um  das  erste  Seeschiff  in  Berlin  erscheinen  zu  lassen. 

Erörtert  man  nun  die  Nützlichkeitsfrage  einer  solchen  An¬ 
lage,  so  ist  zunächst,  allgemein  gesprochen,  ein  Seecanal  nur  dann 
wirthschaftlich  nützlich,  wenn  die  Einnahmen  aus  ihm  und  die  mittel¬ 
baren  Vortheile,  die  er  verspricht,  zusammengenommen  die  Verzinsung 
des  Anlagecapitals  und  die  Unterhaltungskosten  überwiegen.  Letztere 
werden,  nur  4  pCt.  Verzinsung  und  1/2  pCt.  Unterhaltung  vor¬ 
ausgesetzt,  die  Summe  von  9  bis  12  Millionen  Mark  jährlich  be¬ 
tragen.  Herr  Bätsch  glaubt  zwar  noch  gröfsere  Meliorationen  im 
Oderbruch  mit  dem  Seecanal  nach  dem  Muster  von  Amsterdam  ver¬ 
binden  zu  können;  sie  scheinen  aber  so  kostspieliger  und  zweifel¬ 
hafter  Natur  zu  sein,  dafs  damit  wohl  kaum  gerechnet  werden  kann. 

Daher  dürfte  der  Seecanal  lediglich  dem  Handel  und  der  Industrie 
zu  gute  kommen.  Diese  müfsten  also  jedenfalls  so  grofse  Ersparnisse 
machen  oder  einen  so  grofsen  Nutzen  aus  der  Anlage  ziehen,  dafs 
die  Zinsen  des  Anlagecapitals  aus  den  gemachten  Ersparnissen  ge¬ 
deckt  werden  könnten.  Es  ist  deshalb  zunächst  die  Frage  aufzu¬ 
werfen:  Welche  Aussichten  und  welche  Vortheile  sind  für  Berlin  von 
einem  Seecanal  nach  der  Ostsee  zu  erwarten? 

Berlin  ist  Manufacturstadt;  es  erzeugt  eine  Menge  Waren,  die 
bestimmt  sind,  auf  dem  grofsen  Weltmarkt  in  Mitbewerb  zu  treten. 
Massenerzeugnisse,  wie  Kohlen,  Erze,  Salz  oder  etwas  derartiges 
kommen  für  einen  Seehafen  von  Berlin,  wenn  seine  Ausmündung  in 
der  Ostsee  liegt,  nicht  in  Betracht,  denn  trotz  der  besten  Canalver¬ 
bindungen  und  der  billigsten  Eisenbahntarife  wird  es  niemals  ge¬ 
lingen,  die  schlesische  Kohle  und  schlesisches  Eisen,  sächsische 
Steine  und  sonstige  Güter  oder  die  Erzeugnisse  Rheinlands  und 
AVestfalens  nach  Berlin  zu  bringen,  um  sie  hier  in  Seeschiffe  zu  ver¬ 
laden  und  nach  dem  Auslande  zu  versenden.  Die  einen  werden  viel 
billiger  die  Oder  benutzend  nach  Stettin,  die  anderen  die  Elbe 
hinunter  nach  Hamburg  gehen,  und  die  dritten  finden  auf  dem  Rhein 
oder  dem  Rhein-Emscanal  ihre  Verladung.  Es  wird  deshalb  Berlin 
wohl  aufnahmefähig  für  Roh-  und  Halbproducte  sein,  aber  kaum 
Gelegenheit  bieten,  den  Seeschiffen  eine  genügende  Rückfracht  zu 
gewähren,  selbst  dann  nicht,  wenn  seine  Einwohnerzahl  und  seine 
Gewerbthätigkeit  sich  verdoppelt. 

Die  Ausführung  von  Seecanälen  wird  von  oberflächlichen  Be¬ 
obachtern  damit  begründet,  dafs  die  Seeschiffsfracht  so  aufserordent- 
lich  gering  und  von  einem  überseeischen  Platze  nach  einem 
binnenländischen  Hafen  des  europäischen  Festlandes  dieselbe  wie 
nach  einem  Hafen  der  Küste  sei.  Die  Verhandlungen  auf  dem  inter¬ 
nationalen  Binnenschiffahrts-Congresse  in  Frankfurt,  auf  dem  die 
Frage  der  Nützlichkeit  von  Seecanälen  einer  eingehenden  Erörterung 
unterzogen  worden  ist,  haben  aber  zur  Genüge  gezeigt,  dafs  dem 
durchaus  nicht  so  ist.  Weit  entfernte  und  binnenländisch  belegene 
Seehäfen  werden  nur  dann  gleiche  Frachten  mit  näher  gelegenen 
Küstenhäfen  haben,  wenn  einestheils  die  Hafeneinrichtungen  und 
Gebühren  aufserordentlich  günstig  sind,  anderntheils  den  Schiffen  die 
Anwartschaft  auf  eine  lohnende  Rückfracht  gesichert  ist.  Der  letztere 
Punkt  ist  von  aufserordentlicher  Wichtigkeit. 

Sichere  Rückfracht  ist  aber  nur  da  zu  erwarten,  wo  Massen¬ 
güter  zur  Ausfuhr  gelangen  oder  wo  ein  alter  befestigter  Handel 
mit  bedeutenden  überseeischen  Verbindungen  vorhanden  ist.  Das 
erstere  trifft  bei  Berlin  nicht  zu,  ob  das  letztere  der  Fall  ist,  ist 


schwer  zu  beurtheilen.  Nach  der  geringen  Bereitwilligkeit  des  Capitals, 
sich  an  colonialen  Unternehmungen  zu  betheiligen,  scheint  dem  nicht 
so  zu  sein;  jedenfalls  dürfte  aber  so  viel  feststehen,  dafs  die  über¬ 
seeischen  Verbindungen  Berlins  mit  denjenigen  Hamburgs  niemals 
den  Wettbewerb  aushalten  werden.  Hamburg  mit  seinem  alten  be¬ 
festigten  Seehandel  wird  somit  stets  ein  gefährlicher  Mitbewerber  für 
einen  Seehafen  in  Berlin  bleiben,  der  seinen  Ausgangspunkt  in  der 
Ostsee  hat.  Schwerlich  wird  Berlin  in  diesem  Falle  imstande  sein, 
den  Handel  zu  verlegen,  es  sei  denn,  dafs  sich  ein  Vorgang  vollzöge, 
der  bis  jetzt  in  Europa,  England  eingeschlossen,  ohne  Beispiel  ist. 

Es  ist  unmöglich  anzunehmen,  dafs  ein  Seeschiff  für  dieselbe 
Fracht  nach  Berlin  fährt,  für  welche  es  nach  Hamburg  segelt.  Der 
Weg  nach  Berlin  geht  an  Hamburg  nahezu  vorbei.  Die  Benutzung 
zweier  Binnenlandcanäle,  auf  denen  Zölle  erhoben  und  Schleusen 
durchfahren  werden  müssen,  in  Verbindung  mit  dem  bedeutenden 
Umwege,  mufs  Kosten  verursachen,  die  unmöglich  der  Reederei  allein 
zur  Last  fallen  können.  Die  Seeschiffsfracht  nach  Berlin  wird  sich 
deshalb  mindestens  um  die  Kosten  für  Zeitversäumnifs  und  den  Be¬ 
trag  der  Canalabgaben  höher  stellen.  Eine  nach  den  Angaben  des 
Königlichen  Regierungs-Baumeisters  Sympher  —  veröffentlicht  im 
Centralblatt  der  Bauverwaltung,  Jahrgang  1886  —  für  Dampfer  an- 
gestellte  überschlägliche  Berechnung  hat  ergeben,  dafs  in  diesem 
Falle  die  Unkosten  für  Zoll  im  Nord-Ostseecanal  und  für  den  Um¬ 
weg  durch  die  Ostsee  nach  Berlin  sich  auf  etwa  3  Mark  für  die 
Tonne  beziffern.  Hierin  ist  die  auf  dem  Seecanal  nach  Berlin  zu 
erhebende  Canalabgabe  noch  nicht  in  Anschlag  gebracht. 

Die  Fracht  für  eine  Tonne  von  Hamburg  nach  Berlin  auf  Flufs- 
schiffen  mit  10  000  Ctr.  Tragfähigkeit  kann,  wenn  die  Elbe  bei 
Niedrigwasser  ebenso  leistungsfähig  wie  die  anschliefsenden  mär¬ 
kischen  Wasserstrafsen  ausgebaut  und  der  Betrieb  auf  der  ganzen 
Strecke  in  zeitgemäfser  Weise  geregelt  wird,  sicher  nicht 
höher  als  im  Durchschnitt  ungefähr  3  Mai’k  für  die  Tonne  sein. 
Erspart  wird  also  an  Frachtkosten  durch  den  Seecanal  nach  der 
Ostsee  wenig  oder  gar  nichts.  Der  einzige  Vortheil,  der  für  Handel 
und  Gewerbe  sich  rechnungsmäfsig  feststellen  läfst,  ist  in  den 
geringeren  Speditions-  und  Umladegebühren  zu  suchen. 

Bei  der  Aufstellung  des  Entwurfs  für  die  Unterweser-Correction 
sind  die  Ersparnisse,  die  Bremen  dadurch  haben  wird,  dafs  die  See¬ 
schiffe  bis  an  diese  Stadt  herankommen  können,  von  Franzius  zu 
2,6  Mark  für  die  Tonne  angegeben.  Hierin  sind  die  Umlade-, 
Speditions-  und  Frachtkosten  von  Bremerhaven  nach  Bremen  ent¬ 
halten.  Da  bei  den  Berliner  'Verhältnissen  die  Umladekosten  nicht 
ganz  in  Wegfall  gebracht  werden  können,  weil  selbst  beim  Seehafen 
Berlin  ein  grofser  Theil  der  Waren  doch  wieder  umgeladen  werden 
mufs,  während  sie,  mit  dem  Flufsschiff  ankommend,  unmittelbar  an 
den  vorhandenen  Speichern  und  industriellen  Werken  Berlins  aus¬ 
geladen  werden  können,  so  greift  man  wahrscheinlich  nicht  fehl, 
wenn  man  die  thatsächliche  Ersparnifs  auf  1,5  Mark  für  die  Tonne 
veranschlagt.  Der  Hafen  von  Berlin  würde  hiernach  einen  Verkehr 
von  6  bis  8  Millionen  Tonnen  haben  müssen,  ehe  sich  das  in  dem 
Seecanal  angelegte  Capital  wirthschaftlich  nützlich  machen  könnte. 
Ersparnisse,  wie  sie  beim  Seecanal  Liverpool-Manchester  gemacht 
werden,  Ersparnisse,  die  einen  Canalzoll  von  5  Mark  für  die  Tonne 
zulassen,  sind  für  einen  in  die  Ostsee  ausmündenden  Seecanal  nach 
Berlin  nicht  im  entferntesten  in  Aussicht  zu  nehmen. 

Die  vorstehenden  Rechnungen  können  natürlich  auf  vollkommene 
Richtigkeit  keinen  Anspruch  machen,  sie  sind  nur  als  überschlägliche 
anzusehen,  und  die  gefundenen  Zahlen  werden  sich  bei  genauerer 
Prüfung  vielleicht  noch  ändern.  Soviel  dürfte  aus  ihnen  aber  wohl 
hervorgehen,  dafs  man  sich  nicht  zu  grofsen  Hoffnungen  hingeben 
darf  bei  dem  Seeschiff  in  Sicht.  Bringt  Herr  Bätsch  Berlin  mit 
Manchester  in  Vergleich,  so  mufs  dabei  nicht  aufser  acht  gelassen 
werden,  dafs  die  Handelsverhältnisse  von  Manchester  denjenigen 
Berlins  bei  weitem  überlegen,  und  dafs  die  Transportkosten  von 
Liverpool  nach  Manchester  jetzt  die  denkbar  ungünstigsten  sind. 
Wenn  unter  solchen  Verhältnissen  bei  der  günstigen  Lage  von 
Manchester  mitten  in  einem  Massengüter  erzeugenden  Gebiet  ein 
Seecanal  von  56  km  Länge  und  17  m  Steigung  gebaut  wird,  so  kann 
dieses  Beispiel  keinen  Rückschlufs  auf  Berlin  zulassen. 

Im  allgemeinen  hat  ein  Seehafen  nur  soweit  seine  natürliche  Be¬ 
rechtigung,  wie  die  Einwirkungen  des  Meeres  in  den  Strom  sich  er¬ 
strecken.  Trotzdem  ist  nicht  in  Abrede  zu  stellen,  dafs  möglicher¬ 
weise  die  Nützlichkeit  eines  Seecanals  nach  Berlin  eintreten  und 
nachgewiesen  werden  kann.  Wer  weifs,  vielleicht  gelingt  es  berufenen 
Personen  schon  recht  bald,  diesen  Nützlichkeitsnachweis  zu  führen. 
Soviel  dürfte  aber  feststehen,  dafs,  wenn  jemals  dieser  Gedanke 
ernstlich  verfolgt  wird,  der  Ausgangspunkt  des  Seecanals  nicht  in 
der  vom  Herrn  Bätsch  vorgeschlagenen  Richtung  zur  Ostsee,  sondern 
auf  dem  unmittelbaren  Wege  zur  Nordsee  mit  dem  A^orhafen  Ham¬ 
burg  zu  suchen  ist.  Soll  Berlin  Seestadt  werden,  so  ist  ein  Seecanal 
in  dieser  Richtung  jedenfalls  natürlicher  und  nicht  theurer  als  eine 


Gentralblatt  der  Bauverwaltung, 


27 


Kr.  3. 


über  die  Wasserscheide  zweier  grofsen  Stromgebiete  nach  der  Ostsee 
gezwängte  Wasserstrafse.  Der  Handel  ist  viel  zu  praktisch  und 
materiell,  um  solche  gezwungene  Verhältnisse  zu  dulden.  Für  ihn 


bleibt  immer  die  Losung:  „der  kürzeste  Weg  zum  Meere  der  beste“. 
Für  den  überseeischen  Verkehr  ist  aber  das  Meer  die  Nordsee. 

W.  Germeimann. 


Vermischtes. 


Vermehrung  der  Bauinspector -Stellen  bei  der  preufsischen 
Eisenbahnverwaltung,  der  allgemeinen  Bauverwaltung  und  der 
landwirthschaftlichen  Verwaltung.  In  dem  Etat  der  Eisenbahn¬ 
verwaltung  für  1890/91  ist  die  Zahl  der  technischen  ständigen 
Hülfsarbeiter  der  Betriebsämter  sowie  der  Eisenbahn  -  Bau-  und 
Betriebsinspectoren  bezw.  Maschineninspectoren  um  63  erhöht  worden, 
von  denen  48  bautechnische  und  15  maschinentechnische  Beamte  sind. 
Die  neuen  Stellen  vertheilen  sich  auf  die  Neubauverwaltung,  die  Be¬ 
triebs-  und  Werkstättenverwaltung,  das  Wagenamt  in  Kattowitz  usw. 
Eine  Anzahl  derselben  ist  für  die  ständigen  Vertreter  der  Vorstände 
der  technischen  Directionsbureaus  sowie  der  technischen  Hülfsarbeiter 
bei  umfangreichen  Betriebsämtern  in  Aussicht  genommen,  soweit  die 
Vertreter  dauernd  noth wendig  sind  und  ihnen  als  solchen  die  Leitung 
und  Bearbeitung  wichtiger  technischer  Dienstgeschäfte  selbständig 
übertragen  werden  mufs.  Weiterhin  ist  noch  die  Stelle  eines  Directions- 
Mitgliedes  vorgesehen,  welche  für  einen  höheren,  in  der  Neubau¬ 
verwaltung  thätigen  technischen  Beamten  bestimmt  ist. 

In  der  allgemeinen  Bauverwaltung  ist  zunächst  die  Er¬ 
richtung  einer  neuen  Wasserbauinspector  -  Stelle  vorgesehen,  für 
welche  die  Stadt  Cöpenik  als  Amtssitz  in  Aussicht  genommen  ist. 
Die  Stelle  wird  erforderlich  mit  Rücksicht  auf  die  in  Kürze  erfolgende 
Inbetriebnahme  des  Oder-Spreecanals.  Ferner  genügt  die  Zahl  der 
bei  Neubauten  usw.  beschäftigten  Bauinspectoren,  welche  in  dem 
Etat  für  1885/86  auf  30  festgesetzt  war  (vergl.  Jahrgang  1884, 
S.  117  d.  Bl.),  dem  vorhandenen  Bedürfnifs  nicht  mehr.  Insbesondere 
erfordern  die  in  neuerer  Zeit  in  Angrilf  genommenen  und  in  Aus¬ 
sicht  stehenden  grofsen  Canal-  und  Wasserbauten  ständig  einen  ver¬ 
mehrten  Beamtenstand.  Auch  müssen  mit  den  seit  kurzem  angeord¬ 
neten  Untersuchungen  über  die  Hochwasserverhältnisse  der  Ströme 
usw.  dauernd  Beamte  betraut  werden,  die  während  einer  längeren 
Zeit  praktische  Erfahrungen  gesammelt  haben.  Es  ist  daher  eine 
Erhöhung  jener  Stellen  von  30  auf  50  in  Aussicht  genommen. 

Im  Etat  der  landwirthschaftlichen  Verwaltung  ist  die 
Anstellung  eines  zweiten  Meliorations-Baubeamten  für  die  Provinz 
Schlesien,  und  zwar  für  den  Regierungsbezirk  Oppeln,  vorgesehen. 

Nach  dem  Statut  der  Louis  Boissonnet -Stiftung  für  Architekten 
und  Bau  -  Ingenieure  ist  für  das  Jahr  1890  ein  Stipendium  von 
2000  Mark  'zum  Zwecke  einer  gröfseren  Studienreise,  und  zwar  der 
vorgeschriebenen  Reihenfolge  gemäfs  an  einen  Bau-Ingenieur,  zu  ver¬ 
geben.  Als  fachwissenschaftliche  Aufgabe  ist  das  nachfolgende,  von 
der  Abtheilung  für  Bau-Ingenieurwesen  vorgeschlagene  und  von  dem 
Senat  der  technischen  Hochschule  festgesetzte  Programm  dureh  den 
Herrn  Minister  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medicinal-Angelegen- 
heiten  genehmigt  worden: 

„Studium  culturtechnischer  Anlagen  in  Elsafs- Lothringen 
und  benachbarten  Ländern  und  Erläuterung  derselben  durch 
Reisebericht  und  Zeichnungen. 

Insbesondere  sind  zu  berücksichtigen:  Der  Canal  zur  Ab¬ 
leitung  der  Hochwasser  der  111  bei  Erstein,  die  Stauweiher  im 
Doller-,  Fecht-  und  Lauch -Thale,  die  Correctionsarbeiten  an 
der  111  und  den  gröfseren  Wasserläufen,  die  bedeutenderen 
genossenschaftlichen  Wässerungsanlagen,  sowie  die  wichtigsten 
Gemeinde  -W  asserleitungen.  “ 

Die  Bewei’ber  um  dieses  Stipendium  haben  an  den  Unterzeichneten 
Rector  (unter  der  Adresse:  Technische  Hochschule,  Charlottenburg) 
eine  Beschreibung  ihres  Lebenslaufs  und  die  über  ihren  Studiengang 
bezw.  über  ihre  praktische  Beschäftigung  sprechenden  Zeugnisse, 
Entwürfe  usw.  bis  spätestens  zum  10.  Februar  d.  J.  einzureichen, 
aufserdem  aber  noch  durch  Beibringung  schriftlicher  Arbeiten  bezw. 
Zeichnungen  nachzuweisen,  dafs  sie  die  zur  Aufnahme  und  Wieder¬ 
gabe  technischer  Bauanlagen  von  hervorragender  Bedeutung  nöthige 
Vorübung  besitzen. 

Die  Bewerber  müssen  einen  wesentlichen  Theil  ihrer  Ausbildung 
auf  der  früheren  Bau- Akademie  oder  auf  der  technischen  Hochschule 
zu  Berlin  (Abtheilung  für  Bau-Ingenieurwesen)  erlangt  haben. 

Charlottenburg,  den  10.  Januar  1890. 

Der  Rector:  E.  Jacobsthal. 

Zu  Versuchen  über  die  Fortbewegung  von  Schiffen  auf 
Canälen  durch  Maschinenkräfte,  die  am  Ufer  in  Thätigkeit  gesetzt 
werden,  ist  —  insbesondere  im  Interesse  des  Dortmund-Ems-Canals 
—  in  dem  Etat  der  Bauverwaltung  für  1890/91  ein  einmaliger  Betrag 
von  120  000  Mark  angesetzt.  In  den  Erläuterungen  wird  hierzu 
folgendes  bemerkt: 


Der  Verkehr  auf  dem  mit  einer  der  vorhandenen  Wasserstrafsen 
nicht  in  Verbindung  stehenden  Canal  von  Dortmund  nach  den  Ems¬ 
häfen  wird  sich  sowohl  in  Bezug  auf  die  Gestaltung  und  Einrichtung 
der  Schiffsgefäfse,  als  auch  hinsichtlich  der  Mittel  zur  Fortbewegung 
der  letzteren  durchaus  selbständig  und  unabhängig  von  Bestehendem 
zu  entwickeln  haben.  Der  Staatsi-egierung  fällt  die  Aufgabe  zu, 
diese  Entwicklung  einheitlich  und  zweckmäfsig  zu  gestalten.  Hierbei 
kommt  in  Frage,  ob  die  zur  Fortbewegung  der  Schiffe  zu  ver¬ 
wendenden  Maschinenkräfte  auf  den  Schiffen  selbst  anzubringen  sein 
werden,  wie  beim  Ketten-  und  freien  Schleppbetriebe  und  bei  Fracht¬ 
schiffen  mit  selbständigen  Maschinen,  oder  ob  es  zweckmäfsiger  sein 
würde,  diese  Kräfte  vom  Lande  aus  auf  die  Schiffe  wirken  zu  lassen. 
In  letzterer  Beziehung  mangelt  es  bisher  an  ausreichenden  Erfahrungen ; 
ein  sicheres  Urtheil  wird  sich  daher  nur  an  der  Hand  praktischer 
Versuche  gewinnen  lassen.  Von  dem  Ergebnisse  der  Versuche  hier¬ 
über  würde  indessen  nicht  allein  die  Ausgestaltung  der  einzelnen 
Canalbauwerke,  sondern  auch  die  Entwicklung  des  Schiffsbaues  und 
insbesondere  die  Entscheidung  der  Frage  abhängig  sein,  ob  vielleicht 
der  Grofsbetrieb  auf  dem  Dortmund  -  Ems  -  Canal  durch  den  Staat 
selbst  in  die  Hand  genommen  oder  geeigneten  Unternehmern  über¬ 
tragen,  oder  aber  ganz  freigegeben  werden  soll.  Hieraus  folgt,  dafs 
die  bezüglichen  Versuche  bis  zur  theil  weisen  oder  gänzlichen  Fertig¬ 
stellung  des  Dortmund-Ems-Canals  nicht  ausgesetzt  werden  können, 
vielmehr  ohne  Verzug  auf  einer  der  vorhandenen  Wasserstrafsen  an¬ 
gestellt  werden  müssen.  Als  geeignet  hierzu  erweist  sich  der  bereits 
im  Betriebe  befindliche  Theil  des  Oder- Spree -Canals  zwischen  dem 
Seddinsee  und  Fürstenwalde.  Es  wird  beabsichtigt,  auf  dieser  Canal¬ 
strecke  Versuche  nach  zwei  verschiedenen  Richtungen  anzustellen, 
einmal  mit  einem  Seil  ohne  Ende,  welches  an  den  Ufern  des  Canals 
durch  Maschinenkraft  in  Bewegung  gesetzt  werden  und  den  Schiffen 
Gelegenheit  geben  soll,  sich  daran  anzuhängen  und  hierdurch  fort¬ 
ziehen  zu  lassen,  zum  anderen  mit  kleinen  Locomotiven,  welche,  auf 
Schienen  an  den  Ufern  entlang  laufend,  die  Schiffe  unmittelbar 
ziehen  sollen.  Die  Kosten  dieser  Einrichtungen,  einschliefslich  des 
für  die  Dauer  eines  Jahres  in  Aussicht  genommenen  Versuchs¬ 
betriebes,  würden  sich  im  ganzen  auf  etwa  110  000  Mark  beziffern. 
Ein  weiterer  Betrag  von  10  000  Mark  soll  für  anderweitige  Versuche, 
namentlich  in  Bezug  auf  die  beste  Form  und  Einrichtung  der  für 
den  Dortmund  -  Ems  -  Canal  seitens  der  Betheiligten  zu  erbauenden 
Schiffsgefäfse,  verfügbar  gehalten  werden. 

Ausserbetriebsetzung  von  Eilzügen  in  England.  Mit  dem  Jahres¬ 
wechsel  kommt  aus  England  die  Kunde,  dafs  die  Mittelland-Bahn 
—  dieselbe,  welche  zuerst  die  dritte  Wagenklasse  bei  allen  Eilzügen 
zuliefs  und  bald  darauf  die  zweite  Wagenklasse  ganz  abschaffte  — 
vom  1.  Januar  1890  ab  durch  Beseitigung  mehrerer  Eilzüge  die 
Zahl  ihrer  Eilzugskilometer  um  V4  bis  1/3  vermindert  hat.  Unter 
anderen  sind  ausgefallen  die  Von  London  ausgehenden  Züge  um 
10^°  Vm.,  8*5  Nm.  und  12  Mitt.  nach  Schottland,  von  welchen  der 
erstere  hinsichtlich  der  Zeitlage  den  bekannten  Wettbewerbszügen 
der  Nord-  und  Nordwestbahnen,  dem  „fliegenden  Schotten“  bezw. 
dem  „fliegenden  Nordwest“  entspricht,  welcher  aber,  da  die  Mittelland- 
Bahn  an  dem  Wettkampf  der  genannten  Bahnen  im  Jahre  1888  fast 
unbetheiligt  blieb,  nach  wie  vor  eine  längere  Fahrzeit  beanspruchte. 
Verschwunden  sind  ferner  der  um  9  Vm.  von  London  nach  Manchester 
abgehende  Eilzug,  während  die  Züge,  welche  um  2  Nm.  sowie  um 
330  Nm.  dorthin  abgingen,  durch  einen  einzigen  Zug  um  3  Nm.  er¬ 
setzt  und  die  Züge  um  4*5,  5*5  („dining  express“)  und  um  lO^  Nm. 
von  Leeds  nach  London  eingegangen  sind.  Auf  der  Linie  Bristol- 
Derby  ist  u.  a.  der  8  Vm.  Zug  nach  Derby  ausgefallen.  Dafs  mit 
dem  Beginn  der  eigentlichen  Reisezeit  der  frühere  Zugdienst  wieder 
in  vollem  Umfange  wiederhergestellt  werde,  ist  nicht  zu  erwarten. 

Die  Railway  Presx,  welcher  diese  Angaben  entnommen  sind,  er¬ 
blickt  die  Ursachen  für  diese  Mafsregel  einerseits  in  den  unverhältnifs- 
mäfsig  geringen  Einnahmen  aus  dem  Personen-  insbesondere  dem 
Eilzugverkehr,  gegenüber  dem  Güterverkehr,  anderseits  in  dem  aufser- 
ordentlichen  Aufschwung  des  Güterverkehrs.  Der  letztere  wird  aber 
unablässig  durch  den  Verkehr  der  Eilzüge  in  seiner  freieren  Be¬ 
wegung  gehemmt,  da  durchlaufende  Gütergeleise  nicht  in  dem  Um¬ 
fange  vorgesehen  sind,  dafs  Ueberholungen  im  allgemeinen  vermieden 
werden  könnten.  Die  Einstellung  des  Eilzugdienstes  auf  der  Bristol- 
Linie  dagegen  gründet  sich  wesentlich  auf  die  Aussichtslosigkeit  der 
Bemühungen,  nach  Eröffnung  des  Severn -Tunnels  auf  dieser  Linie 
noch  ferner  wirksamen  Wettbewerb  gegen  die  West-  und  Nordwest¬ 
bahnen  zu  führen.  Km. 


28 


18.  Januar  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Technische  Hochschule  in  Berlin.  Besuchszifler  ITir  das  Winter- 
Halbjahr  1881)  hO.  An  der  technischen  Hochschule  in  Berlin  be¬ 
stehen  folgende  Abtheilungen: 

Abtheiluug  I  für  Architektur,  II  für  Bau-Ingenieurwesen,  III  für 
!Maschinen-Ingenieur\veseii  mit  Einschlufs  des  Schiffbaues,  IV  für 
Chemie  und  Hüttenkunde,  V  für  allgemeine  AVissenschaften,  ins¬ 
besondere  für  Mathematik  und  Xaturwissenschaften. 


I.  Lehrkörper.*) 

Abtheiluug 

Summe 

I. 

II. 

HL 

IV. 

V. 

1.  Etatsmäfsig  angestellte 

Masch. 

Scliilf- 

Professoren  bezw.  selb- 

ständige,  aus  Staatsmitteln 

besoldete  Docenten  .... 

20 

9 

9 

4 

9 

12 

63 

2.  Privatdocenten  bezw.  zur 

1  Q 

Abhaltung  von  Sprach- 

±o 

stunden  berechtigte  Lehrer 

5 

4 

4 

— 

3 

13 

29 

3.  Zur  Unterstützung  der 

Docenten  bestellte  Hülfs- 

docenten  bezw.  Assistenten 

41 

8 

17 

1 

15 

14 

96 

18 

H.  Studirende. 

Im  1.  Semester . 

25 

31 

102 

30 

33 

— 

221 

0 

38 

24 

27 

16 

16 

— 

121 

„3.  .,  . 

27 

23 

61 

26 

23 

— 

160 

.4.  .,  . 

17 

18 

16 

6 

11 

- - 

68 

„5.  .,  . 

23 

21 

50 

22 

19 

- - 

135 

„6.  .,  . 

16 

18 

11 

3 

9 

- - 

57 

„  'i'.  . 

19 

26 

36 

9 

10 

— 

100 

„8.  .,  . 

18 

20 

13 

4 

9 

— 

64 

In  höheren  Semestern  .... 

25 

29 

42 

6 

15 

— 

117 

358 

122 

Summe  .  .  . 

208 

210 

480 

145 

— 

1043 

Für  das  AVinter  -  Halbjahr 

1889,1891)  wurden: 

a.  Nett  eingeschrieben  .... 

37 

46 

121 

39 

55 

— 

298 

b.  V  on  früher  ausgeschiede- 

nen  Studirenden  wieder 

lüU 

eingeschrieben . 

5 

3 

11 

1 

1 

— 

21 

12 

Von  den  298  neu  eingeschrie- 

benen  Sfuilirenden  sind  auf- 

genommen  auf  Grund  der 

Reifezeugnisse : 

a.  von  Gvmnasien . 

11 

15 

33 

15 

12 

— 

86 

b.  „  Realgymnasien  .... 

7 

13 

32 

18 

13 

— 

83 

c.  „  Oberrealschulen .... 

- - 

3 

1 

1 

3 

_ 

8 

d.  auf  Grund  der  Reifezeug- 

nisse  bezw.  Zeugnisse  von 

aufserdeutschen  Schulen  . 

11 

13 

30 

3 

20 

_ 

77 

e.  auf  Grund  des  §  41  des 

A'erfassungs-Statuts  .... 

8 

2 

25 

2 

7 

— 

44 

i 

1 

121 

39  1 

Summe  .  .  . 

37 

46 

160 

55 

298 

Von  den  Studirenden  sind  aus: 

England . 

2 

— 

6 

_ 

2 

_ 

10 

Griechenland . 

— 

4 

_ 

_ 

_ 

_ 

4 

Holland . 

1 

1 

2 

1 

2 

_ 

7 

Italien . 

— 

2 

_ 

_ 

_ 

_ 

2 

Luxemburg . 

— 

3 

— 

5 

— 

8 

Norwegen . 

7 

8* 

11 

— 

5 

— 

31 

Oesterreich-Ungarn  .  .  . 

3 

2 

10 

— 

2 

_ 

17 

Rumänien . 

1 

-  1 

3 

_ 

2 

_ 

6 

Rufsland . 

— 

2, 

31 

2 

23 

_ 

58 

Schweden  . 

3 

_  ' 

1 

_ 

1 

_ 

5 

Schweiz  . 

1 

2\ 

2 

_ 

_ 

5 

Serbien . 

1 

ll 

— 

— 

— 

— 

2 

Spanien  . 

— 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

1 

Türkei . 

— 

— 

_ 

_ 

1 

_ 

1 

Nord-America . 

6 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

8 

Argentinien . 

_ 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

1 

Brasilien . 

— 

_ 

2 

_ 

1 

_ 

3 

Chile . 

_ 

2 

_ 

_ 

_ 

2 

Mexico . 

_ 

_ 

_ 

_ 

1 

_ 

1 

Japan  . 

1 

1  1 

1 

_ 

_ 

3 

Siam . 

— 

1  _ 

1 

— 

— 

— 

1 

! 

74 

3 

Summe  .  .  . 

26 

1  28 

1  77 

45 

— 

176 

^')  Mehrfach  aufgeführt  sind;  a)  bei  Abth.  II  ein  Privatdocent  als 
Assistent;  b)  bei  Abth.  III  ein  Docent  als  Privatdocent  und  Assistent, 


HI.  Hospitanten  und  Personen,  welche  auf  Grund  der  §§  35 
und  3G  des  Verfassungs-Statuts  zur  Annahme  von  Unterricht  be¬ 
rechtigt  bezw.  zugelasseu  sind; 

a.  Hospitanten,  zugelassen  nach  §34  des  Verfassungs-Statuts;  283. 
Von  diesen  hospitiren  im  Fachgebiet  der  Abtheilung  I.  =  125,  II.  =  5, 
III.  =  125  (einschl.  6  Schiffbauer),  IV.  =  28.  Ausländer  befinden  sich 
unter  denselben  6  (1  aus  Holland,  2  aus  Norwegen,  1  aus  Rumänien, 
1  aus  Nord-,  1  aus  Süd- America). 

b.  Personen,  berechtigt  nach  §  35  des  Verfassungs- Statuts  ziir 
Annahme  von  Unterricht;  92,  und  zwar:  Königliche  Regierungs-Bau¬ 
meister:  3,  Königliche  Regierungs  -  Bauführer:  8,  Studirende  der 
Königlichen  Friedrich-Wilhelms-Universität  in  Berlin:  78,  Studirende 
der  Königlichen  Bergakademie  in  Berlin:  2,  Studirende  der  König¬ 
lichen  landwirthschaftlichen  Hochschule  in  Berlin;  1. 

c.  Personen,  denen  nach  §  36  des  Verfassungs-Statuts  gestattet 
ist,  dem  Unterricht  beizuwohnen  (darunter  5  commandirte  Officiere, 
und  2  Maschinen-Unteringenieure  der  Kaiserlichen  Marine):  39. 

Summe;  414.  Hierzu  Studirende;  1043.  Gesamtsumme:  14.57. 

Charlottenburg,  den  3.  Januar  1890. 

Der  Rector:  E.  Jacobsthal. 

Altröiuische  Strafsenbrücke.  Beim  Bau  des  Sammelcanals,  der 
am  rechten  Ufer  des  Tiberstroms  aus  dem  „Prati  di  Castello“  ge¬ 
nannten  neuen  Stadttheil  unter  der  neuen  Uferstrafse  hin  bis  zur 
Garibaldibrücke  führt  und  von  dort  ab  quer  durch  den  Stadttheil 
Trastevere  am  kürzlich  vollendeten  gleichnamigen  Bahnhof  vorbei 
oberhalb  der  Magliana  in  den  Flufs  weitergeleitet  werden  soll,  ist 
neuerdings  eine  altrömische  Strafenbrücke  aufgefunden  worden.  Sie 
lag  an  der  Stelle,  wo  jener  Canal  annähernd  senkrecht  die  Lungaretta- 
strafse  kreuzt,  unweit  der  Kirche  S.  Crisogono  und  dicht  bei  dem 
Excubitorium  der  VH.  Cohorte  der  Vigiles,  d.  h.  bei  der  altrömischen 
Feuerwache,  welche  dort  1866  ausgegraben  worden  ist.  Leider  mufste 
die  kleine  Brücke,  soweit  sie  aufgedeckt  wurde,  abgebrochen  werden, 
da  ihre  Bögen  sich  in  fast  gleicher  Höhe  mit  dem  Sammelcanal  be¬ 
fanden.  Dafs  die  Lungarettastrafse  einen  altrömischen  Strafsenzug 
verfolgt,  dessen  Pflaster  etwa  3  m  tiefer  als  heutzutage  liegt,  ist 
schon  lange  bekannt.  Wo  die  vom  steilen  Berghang  des  Janiculus 
herabströmenden  Wassermassen  auf  die  Strafse  trafen,  scheint  die¬ 
selbe  auf  eine  Bogenstellung  gelegt  worden  zu  sein,  um  dem  Berg¬ 
wasser  leichten  Abflufs  in  die  Tiber  zu  ermöglichen.  Eine  Ableitung 
derselben  in  gemauerten  Canälen,  wie  dies  in  den  Stadtbezirken  auf 
dem  linken  Ufer  der  Fall  war,  scheint  in  der  Vorstadt  am  rechten 
Tiberufer  nicht  bestanden  zu  haben.  Die  vorhandenen  Entwässerungs¬ 
canäle  stammen  sämtlich  erst  aus  der  päpstlichen  Zeit.  Von  jener 
Strafsenbrücke  sind  zwei  Bögen  mit  je  3  m  Spannweite  aufgedeckt 
worden,  getrennt  durch  einen  2,35  m  breiten  Mittelpfeiler.  Die  Breite 
der  Brücke  hat  nur  etwa  6  m  betragen,  wie  denn  die  altrömischeü 
Strafsen  und  Brücken  in  der  Regel  nur  schmal  sind.  Ueber  der 
Bogenstellung  lagen  noch  fünf  Schichten  Quadersteine,  deren  oberste 
gesimsartig  vorgekragt  war.  Die  Art  des  in  Peperin  ausgeführten 
Mauerwerks  läfst  vermuthen,  dafs  der  Bau  aus  den  ersten  Jahr¬ 
hunderten  der  römischen  Republik  herrührt.  Zu  beiden  Seiten  der 
Brücke  befinden  sich  Ueberreste  von  Gebäuden,  scheinbar  Keller, 
deren  Wände  mit  zum  Theil  gut  erhaltenem  „opus  reticulatum“  be¬ 
kleidet  sind.  Die  Fufsböden  liegen  auf  annähernd  gleicher  Höhe 
mit  den  Kämpfern  der  Brücke,  also  ungefähr  6  m  unter  der  jetzigen 
und  3  m  unter  der  ehemaligen  Strafsenkrone.  — K. — 

Eine  Besprechung  des  Daminbruchs  bei  Johnstowu  schliefst  die 
americanische  Zeitschrift  „Der  Techniker“  mit  folgenden  Worten: 

„Unter  den  vielen  guten  Lehren,  welche  wir  mit  so  theuren  Opfern 
in  dieser  Katastrophe  erkauft  haben,  scheint  uns  die  eine  am  wich¬ 
tigsten,  und  das  ist  die  Frage,  welche  die  Gemüther  aller  Ingenieur¬ 
kreise  Americas,  sowie  auch  den  Deutsch -Americanischen  Techniker¬ 
verband  seit  lange  beschäftigt;  die  Frage  der  Anstellung  tüchtiger 
Kräfte  in  Diensten  des  Staates.  Einem  staatlich  eigens  zu  dem 
Zwecke  angestellten  Ingenieur  hätte  es  obgelegen,  den  Neubau  des 
Dammes  zu  überwachen,  gegen  die  Art  und  AVeise,  mit  welcher 
solcher  Neubau  ausgeführt  wurde,  Einspruch  zu  erheben  und  Abhülfe 
zu  schaffen!  In  diesem  Sinne  sind  wir  selbst  als  eine  Nation  schuld 
an  dem  Unglück,  indem  wir  zulassen,  dafs  derartige  Bauten,  welche 
die  genaueste  Kenntnifs  der  obwaltenden  Umstände,  grofse  Er¬ 
fahrung  und  grofses  Studium  erfordern,  leichtfertig  zu  Häupten  von 
vielen  tausenden,  dem  Schutz  der  Regierung  anheimgegebenen  Per¬ 
sonen  errichtet  werden,  ohne  dafs  wir  die  Gewähr  haben,  dafs  solche 
Bauten  sicher  und  fest  errichtet  werden.“ 


zwei  Privatdocenten  als  Assistenten;  c)  bei  Abth.  lA^  ein  Privatdocent 
als  Assistent;  d)  bei  Abth.  V  ein  Docent  als  Privatdocent,  ein  Docent 
als  Privatdocent  und  Assistent,  ein  Privatdocent  als  Assistent,  zwei 
Privatdocenten  der  Abth.  II  als  Assistenten. 


Verlag  von  Ernst&Korn  OVilhelm  Ernst),  Berlin.  P'ür  die  Eedaction  des  nichtamtliclien  Tlieiles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


i\r.  0A. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


INHALT :  Nachrufe.  —  Geheimer  Oberbaurath  Grüttefien  t-  —  Anwenduu!;  des  Eisens 
iin  Hochbau.  —  Aus  dem  preufs.  Staatshaushalts- Etat  für  1890/91.  —  Vermischtes: 


Ausführung  kunstgewerblicher  Arbeiten  im  Kunstgewerbe  -  Mu.seum.  —  Verhütung 
und  Beseitigung  von  Schneeverwehungen  auf  den  Eisenbahnen.  —  Dom  in  Mailand. 


Nachrufe. 


Am  17.  tl.  M.  entschlief  unser  Mitglied  der  Geheime  Ober-Baurath 

Herr  Ernst  Grüttefien 


hierselbst  nach  eben  vollendetem  52.  Lebensjahre. 

Derselbe  gehörte  seit  der  Begründung  der  Unterzeichneten  Akademie  der  Abtheilung  für  das  Ingenieur-  und  Maschinenwesen  an. 
Wir  verlieren  in  dem  Dahingeschiedenen  einen  durch  reiches  Wissen  und  grosse  Arbeitskraft  sowie  durch  persönliche  Liebens¬ 
würdigkeit  ausgezeichneten  Collegen,  dem  wir  ein  ehrendes  Andenken  dauernd  bewahren  werden. 

Berlin,  den  18.  Januar  1890. 


Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 
Schneider. 


Am  17.  d.  M.  entschlief  nach  kurzer  Krankheit  unser  Mitglied,  der  Königliche  Geheime  Ober-Baurath  und  vertragende  Eath  im 
/Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten 


Herr  Ernst  Grüttefien. 


Derselbe  gehörte  der  obersten  technischen  Prüfungsbehörde  seit  deren  Einsetzung  an.  Ausgezeichnet  durch  hervorragende  Viel¬ 
seitigkeit  seines  Wissens,  Schärfe  im  Denken  und  Milde  im  Urtheil  hat  er  sich  an  allen  uns  obliegenden  Arbeiten  mit  nie  versagender  Hin¬ 
gebung  und  grofsem  Erfolg  betheiligt.  Sein  gediegener  Charakter  und  seine  Liebenswürdigkeit  im  Umgänge  sichern  ihm  bei  uns  dauernd  ein 
ehrenvolles  Andenken. 

Berlin,  den  18.  Januar  1890. 

Königliches  Technisches  Ober -Prüfungsamt. 

Schneider. 


Oeheimer  Oberbaurath  Grüttefien  f 


Wiederum  ist  die  preufsische  Eisenhahnverwaltung  von  einem 
herben  Verluste  betroffen  worden.  Einen  ihrer  Tüchtigsten  und 
Thätigsten  hat  unerwartet  ein  schneller  Tod  dahingerafft.  Am  Freitag, 
den  17.  d.  M.,  starb  nach  nur  zweitägigem  Krankenlager  der  Ge¬ 
heime  Oberbaurath  und  Vortragende  Rath  im  Ministerium  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten  Ernst  Grüttefien.  Drei  Tage  vor  seinem  Tode 
noch  in  voller  Thätigkeit,  hatte  er  sich  am  Mittwoch  unter  den  Er¬ 
scheinungen  der  jetzt  herrschenden  Grippe  niedergelegt,  und  die 
Krankheit  schien  einen  harmlosen  Verlauf  zu  nehmen,  bis  am  Freitag 
früh  ein  örtliches  inneres  Leiden  zum  Ausbruch  kam,  und  eine 
Lungenlähnmng  bald  nach  Mittag  desselben  Tages  seinem  Leben  un¬ 
erwartet  schnell  ein  Ziel  setzte.  In  der  Vollkraft  seines  arbeits¬ 
reichen  Lebens  ist  er  dahingegangeii ;  erst  vor  kurzem  hatte  er  sein 
52.  Lebensjahr  vollendet. 

Ernst  August  Leopold  Grüttefien  war  am  18.  Decemher  1837  in 
Neuhaldensleben  als  Sohn  eines  Kaufmanns  geboren.  Des  Vaters 
Lieblingswunsch  war,  auch  den  Sohn  zum  Kaufmann  auszubilden, 
und  er  sandte  ihn  daher  auf  die  damalige  höhere  Gewerb-  und 
Handelsschule  nach  Magdeburg.  Dem  Knaben  widerstrebte  der  Ge¬ 
danke,  Kaufmann  zu  werden,  jedoch  mehr  und  mehr,  und  der  Vater 
gab  seinem  Drängen,  das  Baufach  ergreifen  zu  dürfen,  bald  nach. 
Die  Bauführer-Prüfung  legte  Grüttefien  Ende  1858  ab  und  war  dann 
bei  Eisenbahnbauten  an  der  Westfälischen  und  später  an  der  Bergiscli- 
Märkischen  Bahn  beschäftigt.  Am  2.  August  1864  wurde  er  nach 
wohlbestandener  Prüfung  zum  Baumeister  ernannt. 

Km’z  vorher,  im  April  1864,  hatte  der  Geh.  Oberhaurath  Lentze 
von  der  preuTsischen  Regierung  den  Auftrag  erhalten,  die  Möglichkeit 
der  Anlage  eines  Nord-Ostsee-Canals  zu  prüfen  und  einen  bezüglichen 
Plan  auszuarbeiten.  Lentze  wählte  sich  den  jungen  Baumeister 
Grüttefien  zu  seinem  Gehülfen,  unter  dessen  wesentlicher  Mitwirkung 
bei  den  Vorarbeiten  und  beim  Entwerfen  dann  in  den  Jahren  1864 
und  1865  die  bekannten  „Lentzeschen  Entwürfe“  für  den  Nord- 
Ostsee-Canal  entstanden,  welche  später  die  Hauptgrundlage  bildeten 
für  die  nachfolgenden  Pläne,  den  viel  genannten  Dahlströmschen 
und  den  gegenwärtig  in  der  Ausführung  befindlichen  Canalentwurf. 
Auf  dem  Gebiete  des  Wasserbaues  ist  Grüttefien  indessen  nur  in 
diesen  beiden  Jahren  thäfig  gewesen;  im  März  1866  wandte  er  sich 
wieder  dem  Eisenbahndienste  zu,  dem  er  sich  fortan  ganz  gewidmet 
hat.  Zunächst  war  er  bis  Mitte  1868  hei  der  damaligen  Nieder¬ 
schlesisch  -  Märkischen  Eisenbahn  in  Berlin  beschäftigt.  In  dieser 
Zeit  war  es,  wo  er  — ^  erinnern  wir  uns  recht,  nach  dem  Tode  des 
Professors  Schwarz  —  vorübergehend  die  Ertheilung  des  Unter¬ 
richts  im  Eisenbahnbau  an  der  Königlichen  Bauakademie  übernahm 
und  daselbst  überaus  zahlreich  besuchte  Vorlesungen  über  höhere 
Mathematik  hielt.  Von  jeher  waren  die  mathematischen  Wissen¬ 
schaften  sein  Lieblingsfeld  gewesen,  und  mit  Freude  erinnern  sich 
seine  Zuhörer  noch  heute  jener  gediegenen,  lichtvollen  Vorträge. 
Dieses  sein  umfassendes  Wissen  praktisch  zu  verwerthen  war  ihm 
in  seiner  nunmehr  folgenden  Thätigkeit  hei  den  Neubauten  der 
Bergisch  -  Märkischen  Bahn,  zu  welcher  er  im  August  1868  versetzt 
wurde,  namentlich  beim  Bau  der  Unteren  Ruhrthalbahn ,  vollauf 


Gelegenheit  geboten.  Er  war  hier  mit  der  Stelle  eines  Abtheilungs- 
Baumeisters  betraut,  die  er  bis  zu  seiner  Versetzung  nach  Hannover 
im  Mai  1872  inne  hatte.  Inzwischen  war  er  nach  dem  Feldzuge  von 
1870/71,  während  dessen  er  zu  der  „Feld-Eisenbahn-Abtheilung  Nr.  4“ 
als  Baumeister  einberufen  gewesen  und  mit  dem  eisernen  Kreuze 
ausgezeichnet  worden  war,  zum  Eisenbahn-Baumeister  ernannt  und 
wurde  nun,  da  seine  hervorragende  Begabung  und  Tüchtigkeit  längst 
die  Blicke  der  mafsgebenden  Stellen  auf  sich  gezogen  hatten,  in 
rascher  Folge  im  Juli  1873  als  Vorsteher  des  technischen  Bureaus 
der  Königlichen  Eisenbahn -Direction  in  Hannover  zum  Bau-  und 
Betriebsinspector,  im  Juli  1876  zum  Mitgliede  dieser  Direction  und 
im  Januar  1877  zum  Regierungs-  und  Baurath  befördert.  Am  6.  Juli 
1877  erfolgte  seine  Ernennung  zum  Geheimen  Baurath  und  Vor¬ 
tragenden  Rath  in  der  Eisenbahn -Abtheilung  des  Ministeriums  der 
öffentlichen  Arbeiten  und  am  13.  Juli  1882  die  Beförderung  zum 
Geheimen  Oberbaurath. 

Eine  der  Hauptaufgaben,  die  Grüttefien  während  seiner  Thätig¬ 
keit  in  Hannover  zufielen,  war  die  Umgestaltung  der  dortigen  Bahn¬ 
hofsanlagen,  welche  in  ihrer  bisherigen,  noch  aus  der  älteren  Eisen¬ 
bahnzeit  stammenden  Anordnung  für  den  Betrieb  der  Bahnen  selbst, 
wie  für  den  städtischen  Verkehr  und  die  ganze  Entwicklung  der 
Stadt  Hannover  in  gleichem  Mafse  hemmend  und  einer  gründlichen 
Aenderung  bedürftig  waren.  Diese  schwierige  Aufgabe  in  muster¬ 
gültiger  Weise  gelöst  zu  haben,  ist  in  erster  Linie  Grüttefiens 
unbestrittenes  Verdienst,  und  zwar  ein  Verdienst,  das  weit  hinaus¬ 
reicht  über  diesen  Einzelfall.  Denn  die  Grundsätze,  welche  hier 
mafsgebend  gewesen,  sind  als  bewährt  befunden  und  bei  späteren 
Anlagen  ähnlicher  Art  gröfstentheils  wieder  zur  Anwendung  ge¬ 
kommen.  Zudem  sind  die  meisten  dieser  neueren  Bahnhofsanlagen, 
wie  diejenigen  in  Bremen,  Hildesheim,  Halle  u.  a.,  vor  allem  aber 
die  grofsartigen  Anlagen  in  Frankfurt  a.  M.,  unter  der  unmittelbaren 
mafsgebenden  Mitwirkung  Grüttefiens  entstanden.  Auf  Einzelheiten 
näher  einzugehen  ist  hier  nicht  der  Ort;  auch  ist  der  ausgezeichnete 
Vortrag  noch  in  frischer  Erinnerung,  den  Grüttefien  über  diese  Frage 
vor  zwei  Jahren  auf  der  Wanderversammlung  des  Verbandes  deutscher 
Architekten-  und  Ingenieurvereine  in  Köln  gehalten  und  in  diesem 
Blatte  veröffentlicht  hat,  und  in  welchem  er  sich  über  die  Gesichts¬ 
punkte,  die  für  die  neueren  Umgestaltungen  der  gröfseren  preufsischen 
Bahnhöfe  leitend  gewesen  sind,  in  klarer,  meisterhafter  Darstellung 
ausgelassen  hat.  Als  ein  besonderes  Verdienst  darf  es  ihm  hierbei 
angerechnet  werden,  dafs  bei  diesen  grofsen  Bauten  auch  die  Architektur 
zu  dem  ihr  gebührenden  Rechte  gekommen  und  die  äufsere  Gestaltung 
der  Bahnhofs-Hochbauten  überall  tüchtigen,  bewährten  Meistern  an¬ 
vertraut  worden  ist. 

Neben  den  grofsen  Bahnhofsanlagen,  die  einen  nicht  unerheb¬ 
lichen  Bestandtheil  seiner  Thätigkeit  im  Ministerium  der  öffentlichen 
Arbeiten  ausmachten,  war  Grüttefien  namentlich  mit  der  Bearbeitung 
solcher  eisenbahntechnischen  Sachen  betraut,  bei  denen  vielfache 
Berathungen  mit  anderen  Behörden  nothwendig  waren,  weil  seine 
grofse  Fachkenntnifs  und  Geschäftsgewandtheit,  gepaart  mit  milder 
Ruhe  und  einem  freundlichen  Wesen,  ihn  zu  solchen  Aufgaben  he- 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


22.  Januar  1890. 


sonders  befähigten.  Der  Akademie  des  Bauwesens  gehörte  Grüttefien 
seit  ihrer  Begründung  als  Mitglied  an,  ebenso  wurde  er  alsbald  nach 
der  Einsetzung  des  Technischen  Oberprüfungsamts  in  diese  Behörde 
berufen.  Seine  verdienstvolle  amtliche  Thätigkeit  fand  über¬ 
haupt  überall  vollste  Anerkennung,  die  noch  vor  zwei  Jahren 
bei  Gelegenheit  des  Krönungs-  und  Ordensfestes  durch  Verleihung 
des  Eothen  Adler -Ordens  II.  Klasse  mit  Eichenlaub  ihren  beredten 
Ausdruck  fand. 

Die  rastlos  strebende  Arbeitskraft  und  die  grofse  Arbeitsfreudig¬ 
keit,  die  den  Verstorbenen  auszeichneten,  haben  vor  allem  auch  dazu 
beigetrageu,  ihn  aufrecht  zu  erhalten  in  Ungemach  und  Unglücks¬ 
schlägen,  die  ihm  nicht  erspart  geblieben  sind.  Der  schwerste  Schlag 
traf  ihn,  als  vor  nunmehr  neun  Jahren  die  geliebte  Gattin  ihm  ent¬ 
rissen  ward  und  er  zurückblieb  mit  sechs  noch  in  jugendlichstem 
Alter  stehenden  Kindern,  für  welche  er  nunmehr  die  ganze  schwere 


Last  vereinigter  Elternsorgen  allein  tragen  sollte.  Und  er  hat  sie 
getragen  in  einer  Weise,  die  der  höchsten  Bewunderung  werth  ist. 
Von  Natur  selbstlos  und  bedürfnifslos,  suchte  und  fand  er  nach  der  an¬ 
gestrengten  Tagesarbeit  seine  Ruhe  und  volle  Befriedigung  fast  nur  im 
Kreise  der  Seinen,  in  harmloser  Freundes-  und  Familien-Geselligkeit. 
Und  darum  ist  der  Schmerz  der  Hinterbliebenen  um  so  gröfser,  da  sie 
am  Sarge  des  liebevollsten,  zärtlichsten  Vaters  stehen,  der  der  Mittel¬ 
punkt  war  eines  innigen  Familienlebens,  das  nun  so  jäh  zerstört  ist. 
Einen  erhebenden  Trost  aber  werden  sie  in  dem  Gedanken  finden, 
dafs  der  Heimgegangene  schmerzlich  vermifst  werden  wird  überall, 
wo  er  gewirkt  und  gearbeitet  hat.  An  allen  Stellen  seiner  einst¬ 
maligen  segenvollen  Thätigkeit,  in  dem  Fache,  dem  er  angehörte  und 
für  das  er  so  viel  gethan,  in  der  Eisenbahnverwaltung,  in  der  Akademie 
des  Bauwesens,  im  Oberprüfungsamt  —  überall  hat  sein  Tod  eine  Lücke 
gerissen,  die  voll  wieder  auszufüllen  nicht  leicht  sein  wird.  — S.— 


Zur  Anwendung  des 

Bis  weit  in  dieses  Jahrhundert  hinein  galten  Stein  und  Holz  un¬ 
bestritten  als  die  wichtigsten  Baustofte.  Erst  seit  wenigen  Jahrzehnten 
hat  sich  ein  drittes,  das  Eisen,  diesen  beigesellt  und,  mit  ungeahntem 
Erfolge  vordringend,  die  ersten  beiden  aus  immer  weiteren  Gebieten 
des  Bauwesens  verdrängt.  Während  dieses  Metall  in  früheren  Jahr¬ 
hunderten  nur  zu  Hülfsconstructionen,  zu  geschmiedeten  Ankern, 
Klammern  usw.  verwandt  wurde,  gelang  es  später,  gröfsere  Bautheile, 
wie  Säulen,  Träger  u.  dergl.  zu  giefsen.  Die  Anwendung  blieb  aber 
trotzdem  eine  beschränkte.  Ein  weiteres  Gebiet  eröft’nete  sich  dem 
Eisen  erst  durch  die  Erfindung  der  Walztechnik.  Die  bedeutende 
und  gleichwerthige  Zug-  und  Druckfestigkeit  des  Walzeisens  begün¬ 
stigte  seine  Anwendung  zu  Trägern,  denen  im  Laufe  der  Zeit  alle  zu 
unseren  mannigfaltigen  Eisenconstructionen  erforderlichen  Profileisen 
folgten.  Die  Festigkeit,  Gestaltungsfähigkeit  und  verhältnifsmäfsige 
Billigkeit  des  Eisens  führten  zu  immer  weiteren  und  kühneren  Ver¬ 
suchen,  bis  gegenwärtig  kaum  ein  bauliches  Werk  ohne  diesen  Bau¬ 
stoff  denkbar  ist. 

Seit  das  Eisen  in  nennenswerthem  Umfange  zu  Bairzweckeu  V er- 
wendung  gefunden  hat,  mögen  etwa  60  Jahre  verflossen  sein.  Die  in 
diesem  Zeiträume  gesammelten  Erfahrungen  genügen  nicht,  um  da¬ 
nach  zu  beurtheilen,  wie  sich  das  Eisen  als  Baustoff  für  Monumental¬ 
bauten  bewähren  wird.  Die  Anforderungen,  die  wir  an  einen  solchen 
Baustoff’  stellen  müssen,  sind  Feuersicherheit,  Widerstandsfähigkeit 
gegen  Witterungseinffüsse  und  verhältnifsmäfsige  Billigkeit.  Durch 
Brände  wie  diejenigen  am  Kaiserhof,  am  Lagerhause  in  der  Kaiser- 
strafse  in  Berlin  u.  a.  ist  zur  Genüge  festgestellt,  dafs  Eisenconstruc¬ 
tionen  nur  dann  als  feuersicher  gelten  können,  wenn  sie  durch  eine 
Umhüllung  mit  feuerfesten,  schlechten  Wärmeleitern  geschützt  sind. 
Das  Eisen  steht  also  in  dieser  Beziehung  gegen  den  Stein  zurück 
und  hat  vor  dem  Holze  nur  den  Vorzug,  dafs  es  nicht  selbst  brennt, 
was  allerdings  für  Hallen-  und  Brückenbauten  von  grofser  Bedeutung 
ist.  Unverhüllte  Eisenconstructionen,  besonders  solche  mit  Niet¬ 
verbindungen,  können  bei  einer  Feuersbrunst  infolge  ihrer  Längen¬ 
änderung  das  Mauerwerk  zerstören  und  zu  einem  schwer  entwirr¬ 
baren  Knäuel  verbrennen,  dessen  Beseitigung  unter  Umständen 
lebensgefährlich  werden  kann,  jedenfalls  aber  bedeutende  Kosten 
verursacht,  während  das  geborgene  Eisen  so  gut  wie  werthlos  ist. 

Die  Dauer  der  Eisenbairwerke  hängt  fast  ausschliefslich  von  den 
Vorsichtsmafsregeln  ab,  die  gegen  das  Rosten  angewendet  werden. 
Das  einzige  bis  jetzt  bekannte  Mittel,  durch  welches  gröfsere  Bau¬ 
werke  gegen  das  Rosten  geschützt  werden  können,  besteht  im  Oel- 
farbenanstrich,  der  stets  sorgfältig  unterhalten  werden  mufs.  Schon 
aus  der  Thatsache,  dafs  das  Eisen  einer  beständigen  Unterhaltung 
und  Bewachung  bedarf,  geht  hervor,  dafs  die  Eisenbauten  nicht  in 
dem  Mafse  für  monumental  gelten  können,  wie  gut  construirte  Stein¬ 
bauten.  Der  Anstrich  ist  nicht  allein  für  Bauten,  die  dem  Wetter 
ausgesetzt  sind,  erforderlich,  sondern  auch  für  innere  Bautheile, 
namentlich  für  Dachconstructionen.  Wenn  letztere  auch  durch  das 
Deckmaterial  den  Einwirkungen  des  Wetters  entzogen  sind,  so  sind 
sie  desto  mehr  dem  Schwitzwasser  ausgesetzt  und  haben  überdies 
den  Nachtheil,  dafs  viele  Stellen  mit  dem  Pinsel  nicht  zu  erreichen 
sind.  Es  ist  somit  kein  Grund  vorhanden  zu  der  Annahme,  dafs  ein 
eiserner  Dachstuhl  länger  halten  wird  als  ein  liölzerner.  Hölzerne 
Dachconstructionen  alter  Rathhäuser  und  Kirchen  haben  bereits 
Proben  von  einigen  hundert  Jahren  bestanden  und  bedürfen  keiner 
so  ängstlichen  Ueberwachung  wie  die  eisernen.  Eiserne  Dächer  in 
der  Weise,  wie  dieselben  jetzt  ausgeführt  werden,  bestehen  dagegen 
erst  kurze  Zeit.  Bei  den  Erfahrungen,  die  wir  beim  Eisenbau  be¬ 
züglich  seiner  Haltbarkeit  gesammelt  haben,  darf  nicht  vergessen 
werden,  dafs  man  bestrebt  gewesen  ist,  die  Eisenconstructionen  mit 
fortschreitender  Zeit  und  Wissenschaft  aus  immer  schwächeren  Be- 
standtheilen  zusammenzusetzen.  Die  gufseisernen  Träger,  Streben 
und  Brücken,  die  schmiedeeisernen  Zugstangen,  die  Röhrenbrücken 


Eisens  im  Hochbau. 

aus  der  ersten  Zeit  des  Eisenbaues  bieten  dem  Rost  eine  geringere 
Angriffsfläche  und  in  ihrer  gröfseren  Stärke  mehr  Widerstand  und 
sind  aufserdem  leichter  unter  Farbe  zu  halten  als  die  neueren,  fein 
ausgedachten  und  mit  allen  Hülfsmitteln  einer  hochentwickelten 
Technik  aus  schwachen  Profileisen  zusammengenieteten  Constructionen. 


Gniiidrirs. 


Gufseiserne  Säulen,  I-Träger  und  preufsische  Kappen. 


Grundiifs. 


A.  Pfeiler  aus  Klinkern  in  B.  Gurtbogen,  I-Träger 
Gement,  Böhmische  Kappen.  und  preufsische  Kappen. 

Decke  für  eine  Niederlage. 

Wenn  aber  diese  längst  bekannten  Uebelstände  des  Eisens  dasselbe 
aus  seiner  herrschenden  Stellung  beim  Brücken-,  Hallen-  und  Schiffbau 
nicht  werden  verdrängen  können,  es  sei  denn,  dafs  es  gelingt,  ein 
Metall,  welches  nicht  rostet,  in  der  erforderlichen  Menge  zu  gewinnen, 
so  dürfte  es  doch  in  manchen  Fällen  möglich  sein,  die  Constructions- 
theile  zu  vereinfachen  und  zu  verstärken.  Jedenfalls  giebt  es  aber  im 
Hochbau  viele  Aufgaben,  bei  denen  das  Eisen  es  nicht  verdient,  dem 
Holz  und  dem  Stein  vorgezogen  zu  werden,  es  müfste  denn  jenes 
billiger  oder  das  Holz  der  Nässe  besonders  ausgesetzt  sein,  sodafs 
Schwammbildungen  zu  befürchten  wären. 

In  nachstehendem  lasse  ich  eine  Gegenüberstellung  der  Kosten 
folgen,  welche  unter  Zugrundelegung  hierorts  üblicher  Preise  die 
verschiedenen  Materialien  für  die  gleichen  baulichen  Aufgaben  er¬ 
fordern. 


Nr.  3A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


31 


A.  Balken  von  gleicher  Tragfähigkeit. 

Für  I-Träger  aus  Walzeisen  beträgt  bei  fünffacher  Sicherheit 
und  gleichmäfsiger  Belastung  =  Q 

das  Widerstandsmoment  3^750 

.  ^  ^  6000 

die  zulässige  Belastung  Q  — 

Für  Holzbalken  von  rechtwinkligem  Querschnitt  beträgt  bei 

zehnfacher  Sicherheit  und  gleichmäfsiger  Belastung 

das  Widerstandsmoment  ^k  =  .  60  =  10  6 

a  b 

das  Angriffsmoment  — g— >  mithin  die  zulässige  gleichmäfsige  Be¬ 
lastung  = 10  6  g  = 

Wird  das  Verhältnifs  der  Höhe  zur  Breite  —5:7  angenommen, 


so  ergiebt  sich  Q : 


80.5Ä3  ,  57 Ä3  ,  i/QZ 

=:  rund  — ;  h  =  y 


11  ““  ;  ’  ~  57 

Bei  gleicher  Inanspruchnahme  für  einen  Holz-  und  einen  Eisen¬ 
balken  bestehen  demnach  die  Beziehungen 

6000  fl  _  51h  ^  Beseitigung  des  gemeinschaftlichen  l 


6000ir=57A3  oder  h 


ö 


6000^ 

57 


oder  A  =  rundj/l05IF 


Es  ergeben  sich  nach  dieser  Berechnung  für  nachstehende  Walz¬ 
träger  die  danebenstehenden  Holzbalken  von  derselben  Tragfähigkeit. 
Bei  einem  Preisansatz  von  20  Pf.  für  1  kg  Walzeisen  und  von  60  Mark 
für  1  cbm  Holz  kostet  ein  Holzbalken  2/3  bis  3/5  soviel  als  ein  eiserner. 


Eiserne  Träger.  Normalprofil. 


Holzbalken,  b  :  h  =  5:1. 


Nr. 

W 

Ge¬ 

wicht 

Preis 

Quer¬ 

schnitt 

chm 

Preis 

10 

34,4 

8,3 

20  Pf. 

1,66 

10,16 

0,0160 

60,00 

0,96 

20 

216,2 

26,2 

5,24 

21/28 

0,0590 

3,54 

24 

357,3 

36,2 

7,24 

25/34 

0,0850 

5,10 

30 

659,2 

54,1 

10,82 

30/42 

0,1260 

7,56 

36 

1098,1 

76,1 

5> 

15,22 

35/49 

0,1755 

10,29 

Es  können  demnach  Balken -Unterzüge  und  Sparrenlagen,  bei 
welchen  die  Unverbrennlichkeit  des  Eisens  keinen  Werth  haben 
würde,  mit  Vortheil  aus  Holz  hergestellt  werden.  Und  da  es  in  der 
Regel  keine  Schwierigkeit  verursacht,  die  freie  Länge  eines  Holz¬ 
balkens  durch  Kopfbänder  einzuschränken,  werden  sich  die  Kosten 
für  das  Holz  noch  verringern  lassen. 

B.  Stützen  von  gleicher  Tragfähigkeit, 

Die  Last,  welche  eine  gufseiserne  Hohlsäule  bei  fünffacher  Sicher- 

^ 

heit  tragen  kann,  ergiebt  sich  aus  der  Formel  P=15  ^ — ß — j.  Bei 

15.0,59IP 


einer  Wandstärke  gleich  ^/lol)  ist  d^  =  0,41DK 

8,85  Di 
/2 


^2 


s  —  1/10  B 

P  = 

8,85  B^ 

r- 

D  =  ]/PP 
^  8,85 

s  =  1/12  B 

P  = 

7,53  Di 

D  =  ]/?r' 

^  7,53 

P  — 

6,00  Di 

D  =  i/i^^ 
^  6,00 

Die  zulässige  Belastung  eines  Holzpfostens  von  geviertförmigem 
Querschnitt  beträgt  bei  zehnfacher  Sicherheit 


12  '^—V  2,5 

Zwischen  dem  Durchmesser  einer  gufseisernen  Hohlsäule  mit 
einer  Wandstärke  —^ko  des  Durchmessers  und  der  Seitenlänge  eines 
Holzpfostens  von  geviertförmigem  Querschnitt  und  derselben  Länge 
und  Tragfähigkeit  besteht  somit  die  Beziehung 


1/^^^  n  t.  t  T,  PP-  PP 

8,85  ’  2,5  ’  •  i/p’j/pg  1,25-1,72 

Bei  «  =  V12D  —  h  =  1,32D 
„  s  =  i/i5D  =  A  =  1,24D. 


JL _ 1_ 

1,25  ■  1,72 


Demnach  ergeben  sich  nachstehende  Querschnitte  und  Preise  für 
gleich  starke  Stützen  in  Holz  und  Gufseisen : 

Gufseisen. 


D 

cm 

s 

t 

G 

hg 

Preis 

10 

VioD 

28,28 

20,36 

0,25 

5,09 

15 

63,62 

45,8 

11,45 

20 

113,1 

81,43 

20,36 

25 

’;i2D 

144,0 

103,68 

25,92 

30 

VisD 

176,0 

126,72 

r> 

31,68 

Holz.  Tragfähigkeit  in  to. 


Seite 

F 

Preis  2 

0 

4 

5  m 

13,6 

0,0185 

ß0J6 

1,11  2,21 

0,98 

0,55 

0,35 

20,4 

0,0416 

2,49  11,2 

4,97 

2,80 

1,79 

27,00 

0,0729 

4,37  35,4 

1.5,73 

8,85 

5,66 

33,00 

0,1089 

6,53  73,5 

.32,7 

18,4 

11,77 

36,7 

0,1347 

35 

8,08  121,5 

54,0 

30,4 

i9;4 

Für  die  Holzpfosten  von  2  m  Länge  und  33  bezw.  36,7  cm  Seite 
würden  bei  60  kg  auf  1  qcm  nur  67  bezw.  80  To.  zulässig  sein.  Die 
Holzpfosten,  welche  überall  anwendbar  sein  dürften,  wo  hölzerne 
Unterzüge  zulässig  sind,  erfordern  demnach  nur  ^/i  bis  Vs  der  Kosten 
von  gufseisernen  Säulen.  Der  Mehraufwand  an  verzierten  Holzpfosten 
für  Mehrarbeit  und  Querschnittsverlust  dürfte  sich  annähernd  mit  dem 
Mehrgewicht  von  profilirten  und  verzierten  Gufssäulen  decken. 


Für  Steinpfeiler  berechnen  sich  Tragfähigkeit  und  Preise  wie  folgt: 


Material 

Zu¬ 

lässige 

Bean¬ 

spruch. 

Ein¬ 

heits¬ 

preis 

25= 

To 

Preis 

40= 

To 

Preis  1 

50= 

To 

Preis  1 

65= 

To 

Preis 

Gew.  Ziegel 

7  kg 

35 

4,375 

2,2 

11,2 

5,6 

17,5 

8,75 

29,57 

14,7 

Klinker  in 

Gement 

14 

45,00 

8,75 

2,81 

22,4 

7,2 

.85,0 

11,25 

59,15 

18,9 

Sandstein 

25 

120,0 

15,62 

7,5 

40,00 

19,2 

62,5 

30,0 

105,6 

50,4 

Granit 

45 

200 

27,4 

12,5 

t2,0 

32,0 

117,5 

50,0 

184,4 

84i0 

Aus  dieser  Zusammenstellung  ist  ersichtlich,  dafs  auch  schwer 
belastete*  Säulen,  bei  Ladeneinbauten  und  Gewölben,  sich  sowohl  in 
Bezug  auf  die  Kosten  als  auf  die  Feuersicherheit  und  auf  das  Aus¬ 
sehen  mit  Vortheil  durch  Steinpfeiler  ersetzen  lassen.  Der  Eindruck, 
den  unsre  auf  dünnen  eisernen  Stelzen  stehenden  Kaufhäuser  bieten, 
kann  wohl  kaum  als  ästhetisch  befriedigend  gelten,  die  Lichtzufuhr 
wird  bei  Anwendung  von  Steinpfeilern  vollauf  genügen,  und  wenn  zu 
gunsten  des  Schönheitsgefühls  die  Marktschreierei  der  bauenden  Ge¬ 
schäftswelt  etwas  zurückgedrängt  wird,  so  kann  das  nur  als  eine 
Errungenschaft  bezeichnet  werden,  auf  die  der  Baumeister  stolz  zu 
sein  alle  Veranlassung  hat. 

Es  mögen  hier  noch  einige  Beispiele  aus  der  Praxis  folgen: 

A.  Unterzug  unter  einer  Holzdecke  6  m  Stützweite,  3  m  Last¬ 
weite,  18  qm  Lastgebiet,  4  m  lichte  Höhe,  500  kg  Belastung  f.  d.  qm 
für  12  m  Länge,  2  Säulen  und  12  m  Balken. 

I.  Eiserner  Unterzug  und  gufseiserne  Säulen  5=VioD. 


9000 . 600 


6000 


Q  =  3. 6,00. 500=:  9000.  TF 
Stole  i)=l/g?=l/wr6»w 


:  900.  Nr.  34.  G  =  68  kg. 


=  20,2.  5  =  2,0.  G  =  82,33  kg. 


8,85  *  8,85 

12 . 68  =  816  kg  zu  20  Pf.  =  163,20  Mark 
8 . 82,33  =  658  kg  zu  25  Pf.  =  165,40  „ 

329,60  Mark. 

H.  Holzbalken  und  Holzstützen,  die  freie  Länge  des  Balkens 
durch  Kopfbänder  auf  4  m  eingeschränkt. 


Balken  Q  =  4 . 3 . 500  =  6000.  h  =  =^35.  6  =  25. 

Pfosten  20,2 . 1,36  =  27,5  cm.  Kopfbänder  1,50  lg.  14/16. 

12  m  Balken  zu  25/35  =  1,05 
8  m  Pfosten  zu  27,5^  =  0,60 

6  m  Kopfbänder  14/16  =  0,15 


1,80  cbm  zu  60  Mark  =  108  Mark. 


Der  Holzunterbau  wird  mithin  nur  Vs  so  theuer  als  der  eiserne. 

B.  Decke  in  einer  Niederlage  (Abb.  1),  15  m  lichte  Gebäudetiefe, 
3  Stützweiten  [zu  5  m,  Stützweite  der  Länge  nach  5  m,  Geschofs- 
höhe  4  m. 

I.  Der  Tiefe  nach  2  gufseiserne  Säulen  mit  Unterzug,  der  Länge 
nach  8  Träger  mit  preufsischen  Kappen,  Ueberfüllung  im  Scheitel 
8  cm,  Kappenstärke  12  cm,  Stich  20  cm,  Last  900  kg. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


22.  Jaiiiiiir  18!)0. 


90U  .  5,0 . 1,67 . 50U 

1.  Kappenträger/=!)ui.  Al)staud  1,6(  in. // =  '  rOOO - — 


Q  =  r,4.io  kg. 

-25 . 000 . 500 

•2.  l  uterzug  Jf 


6000 

=  I,s75.  G  =  11.5.20  kg. 


i/22’5.  OSO' 

6.  Säule  l  =  .'v’iO  in.  P='22  500  kg.  s  —  Vi2  —  [/  — — =  - 
G  =  09,;!6  kg. 

Kostenbcrcclinuug  für  eine  Achse. 

8  Kappeiiträger  8.5. 54  =  2160  kg 

1  Unterzug  15,8 . 115  — 1817 

3977  kg  zu  20  Pf.  =  795,4  Mark. 

2  Säulen  2 . 3,30 . 100  =  660  kg 
Unterlagsplatten  =  40 

700  kg  zu  0,25  Mark  =  175  Mark 
75  qm  preufslselie  Kappen  f.  d.  qm  6,5  ,.  =  487,5  „ 


14. 


1457,9  Mark. 

II.  Für  die  Säulen  .50  ein  starke  Pfeiler  aus  guten  Ziegeln  in 


Cementmürtel,  zwisclien  den  Pfeilern  40  cm  im  Geviert  starke  Gurt- 
högen,  die  Felder  mit  böhinischen  Kappen  1/2  St.  im  Scheitel,  1  St. 
am  Kämpfer  stark,  die  l’feiler  nach  beiden  Kiclitungen  mit  3  cm 
starken  Kundeisen  verankert  (Ahh.  2,  A). 

Gurthögen  15  -j-  •  4,50  — 

24.0,4.0,6  . =5,76  chm 

2  Pfeiler  0,50'^ .  3,20 .2  .  .  =1,60  „ _ 


7,36  cbm  zu  40  Mark  =  294,40  Mark 
14,20 . 4,60  =  65,.32  qm  böhmische  Kappen  zu  8  Mark  =  522,56  ,, 

1.50  kg  Schmiedeeisen  zu  Ankern  zu  30  Pf.  =  45,00  ,. 

861,96  Mark. 

III.  Wie  I,  nur  statt  Säulen  und  Unterzug  40/65  cm  Pfeiler  mit 
Bögen  (Ahh.  2,  B). 

8  Kappeiiträger  zu  5  m  =  40 . 54  =  2160  kg  zu  20  Pf.  =  432  Mark 

110  kg  Anker  zu  30  Pf . =33 

Wand  (15 . 4  —  13,4(; .  3,10) .  0,40  =  7,31 . 40  .  .  .  =  292,4  .. 

Preufsisclie  Kappen  15.4,60  =  69.6,50  ....  =448,5  „ 


Hamburg,  Mai  1889. 


1205,9  Mark. 

W.  Stoltenberg,  Architekt. 


Alis  dem  preiirsisclieii  Staatshaushalts -Etat  für  1890/01 


Dem  am  15.  Januar  d.  J.  zusammengetretenen  preufsischen  Land¬ 
tage  ist  der  Staatshaushalts -Entwurf  für  1890/91  am  16.  d.  M.  zu¬ 
gegangen.  Wir  stellen  aus  demselben  nachstehend  diejenigen  Beträge 
zusammen,  die  unter  den  „einmaligen  und  aufserordcntlicheu“  Aus¬ 
gaben  in  den  gröfseren  Etats  der  einzelnen  Verwaltungen  für  Bau¬ 
ausführungen  enthalten  sind.  Die  zum  ersten  Male  auftretenden 
Beträge  sind  durch  ein  Sternchen  *  hervorgehoben.  Die  einge¬ 
klammerten  Zahlen  bezeichnen  die  anschlagmäfsigen  Gesamtbau¬ 
kosten,  soweit  solche  aus  den  Erläuterungen  zu  ersehen  sind. 

In  den  minder  umfangreichen,  unten  nicht  besonders  aufgefühlten 
Etats  sind  noch  folgende  hieher  gehörige  aufserordentliche  Ausgaben 
enthalten; 

In  dem  Etat  der  Berg-  usw.  Verwaltung  ist  ein  Betrag 
von  160  OOO  Jt  enthalten  zur  Fertigstellung  des  Dienstgebäudes  der 
Königlichen  geologischen  Landesanstalt  und  Bergakademie  in  Berlin ; 
ferner  ein  Theilbetrag  von  67  OOü  Ji  zur  Herstellung  der  für  den  Berg¬ 
werksbetrieb  erforderlichen  Anlagen  auf  Bahnhof  Göttelborn,  deren 
Gesamtkosten  auf  116  000  JC  veranschlagt  sind. 

Im  Etat  der  Staatsarchive  ist  zum  Umbau  des  Staatsarchiv- 
und  Bibliothekgebäudes  in  Hannover  ein  zweiter  Theilbetrag  von 
200  000  JC  vorgesehen.  Die  Gesamtkosten  sind  auf  576  000  JC  ver¬ 
anschlagt. 

Der  Etat  des  Finanz-Ministeriums  enthält  eine  Summe  von 
5500  Ji  zur  Erneuerung  des  Fufsbodens  im  Concertsaale  und  im 
Tanzsaale  des  König!.  Opernhauses  in  Berlin. 

Der  Etat  des  Kriegs -Ministeriums  enthält  einen  Betrag  von 
20  000  Jt  zur  Einrichtung  des  Zeughauses  in  Berlin  als  Mehrbedarf 
zu  den  durch  Gesetz  vom  17.  März  1877  bewilligten  Mitteln,  und  zwar 


zur  Vollendung  der  künstlerischen  Ausschmückung  des  Zeughauses. 

Zu  den  vorstehenden  einmaligen  Beträgen  von  .  .  452  500  M 

treten  die  nachstehend  zusammengestellten  Ausgaben 
für  Bauführungen,  und  zwar: 

I.  Im  Etat  der  Eisenbahnverwaltung .  15  307  000  Jt 

H .  der  Bauverwaltung .  9  862  000  .. 

HI.  ,.  ..  des  Handelsministeriums .  120  340  .. 

Ilh  „  der  Justizverwaltung .  2  547  800  „ 

V.  „  des  Ministeriums  des  Innern  ....  648  500  .. 

VI.  „  „  der  landwirthschaftlichen  Verwaltung  .  418  860  ., 

VII.  ,.  der  Gestütverwaltung .  552  060  .. 

VHI.  ..  „  des  Cultiisrninisteriums .  5  481584  „ 

Gesamtbetrag  der  einmaligen  Ausgaben  für  Bau¬ 
ausführungen  .  35  390  644  Jt 

1.  Aiilserordeiitliclie  Ausgaben  ITu’  die  Bauausfiihnmgen  der 
Eisenbahn -Verwaltung. 

Betniij  Gesamt- 

fiir  18ä0/!)l  kosten 

1)  Bezirk  der  Ei.senbalm-Directioii 
Altona. 

*1.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Eutin  132  000  (132  000) 

2)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Berlüi. 

2.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Wilmers¬ 
dorf-Friedenau,  letzte  u.  Ergänzungsrate  .  140  000  (390  000) 

=^3.  Zum  Umbau  des  Görlitzer  Bahnhofes  in 

Berlin,  1.  Rate .  120  000  (200  000) 

*4.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Cottbus, 

1.  Kate  . . 200  000  (300  000) 


Zu  übertragen  592  000 


Uebertrag  592  000 

*5.  Zur  Beseitigung  der  Schieneuübergänge 
der  Boxhagen  -  Rummelsburger  Chaussee 
über  die  Ostbahn  und  die  Schlesische  Bahn 

bei  Rummelsburg,  1.  Rate .  150  000  (850  000) 

*6.  Zur  Erbauung  eines  Geschäftsgebäudes 

für  die  Eisenb. -Direct,  in  Berlin,  1 .  Rate  .  100  000  (1  650  000) 


■'7.  Zur  Einrichtung  elektrischer  Beleuchtung 

auf  dem  Güterbahuhofe  in  Berlin  (N.  M.)  103  000  (103  000) 

3)  Bez.  d.  Eisenb. -Dil’.  Breslau. 


8.  Zur  Vereinigung  der  Bahnhöfe  der  Rechte- 
Oder-Ufer-  u.  d.  Poseu-Kreuzburger  Bahn 

bei  Kreuzburg,  fernere  Rate .  100  000  (500  000) 

"''9.  Zur  Erweiterung  d.  Bahnhofes  in  Schwien- 

tochlowitz,  1.  Rate  .  .  200  000  (250  000) 

*10.  Desgl.  in  Laurahütte,  1.  Rate .  120  000  (226  000) 

*11.  Desgl.  in  Glatz,  1.  Rate .  150  000  (895  000) 

*12.  Zum  Umbau  d.  Bahnhofes  i.  Glogau,  1.  Rate  150  000  (945  000) 

*13.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Tar- 

nowitz,  1.  Rate .  200  000  (860  000) 

4)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir,  Bromberg. 

*14.  Zum  Umbau  des  Dienst-  und  Empfangs¬ 
gebäudes  auf  Bahnhof  Bromberg,  1.  Rate  150  000  (460  000) 

*15.  Zum  Ausbau  der  Bahnstrecke  Jablonowo- 

Allenstein-Kobbelbude,  1.  Rate  ....  250  000  (470  000) 

*16.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Lichten- 

berg-Friedrichsfelde,  1.  Rate .  500  000  (3  750  000) 

5)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Köln  (iinksrin). 

17.  Zum  Umbau  des  Bahnhofs  in  Stolberg, 

letzte  und  Ergäuzungsrate .  380  000  (1 300  000) 

18.  Desgl.  in  Euskirchen,  fernere  Rate  .  .  .  300  000  (779  000) 

19.  Zur  Herstellung  einer  neuen  Güterstation 

bei  Nippes,  fernere  Rate .  350  000  (950  000) 

*20.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Völklingen, 

1.  Rate . :  •  •  •  400  000  (1650000) 

*21.  Zur  Umgestaltung  der  Bahnhofsanlagen 

in  Uerdingen,  1.  Rate .  300  000  (2  250  000) 

*22.  Zur  Erbauung  eines  Geschäftsgebäudes  für 

das  Eisenb. -Betriebsamt  in  Crefeld,  1.  Rate  120  000  (200  000) 

*23.  Zur  Erbauung  eines  Locomotivschuppens 

auf  dem  Bahnhofe  in  Karthaus,  1.  Rate  .  70  000  (110  OOO) 

6)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Köln  (reciitsrii.). 

24.  Zum  Umbau  der  Umgangsbahu  bei  Ober¬ 
hausen,  letzte  Rate .  76  000  (226  000) 

25.  Zur  Verlegung  der  Bahnstrecke  Welver- 
Hamm  behufs  directer  Einführung  in  den 

Rangirbahnhof  Hamm,  fernere  Rate  .  .  70  000  (300  000) 

26.  Zur  Vereinigung  der  beiden  Bahnhöfe 

(Rhein  u.  Westf.)  in  Dortmund,  fernere  Rate  50  000  (200  000) 

27.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Essen  (Rh.), 

fernere  Rate .  100  000  (1 230  000) 

*28.  Zur  Erweiterung  des  Geschäftsgebäudes 

der  Eisenb.-Dir.  (rechtsrh.)  in  Köln,  1.  Rate  200  000  (550  000) 

*29.  Zur  Erweiterung  der  Geleisanlagen  auf 

dem  Bahnhofe  in  Neuwied,  1.  Rate  .  .  100  000  (165  000) 

*30.  Zur  Erweiterung  des  Locomotivschuppens 

auf  Bahnhof  Wanne,  1.  Rate .  120  000  (145  000> 

*31.  Zur  Anlage  einer  Haltestelle  b.  Fahr,  1.  Rate  50000  (105  000) 

*32.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  Mül¬ 
heim  a.  d.  R.  (B.  M.),  1.  Rate  .  .  .  .  .  150  000  (1110000) 


Zu  übertragen  5  601  000 


Ir.  P- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung’. 


33 


Uebertrag  5  601  000 
7)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Elberfeld. 

33.  Zur  Herstellung  einer  Verbindungsbaliu 

zwischen  den  Bahnhöfen  Hengstei  und 
Hagen  (Rh.),  fernere  Rate . 

34.  Zur  Erbauung  eines  Locomotivschuppens 
nebst  Betriebswerkstatt  und  Dienstwohn¬ 
gebäuden  auf  Bahnh.  Lennep,  fernere  Rate  200  000 

35.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Unna, 

fernere  Rate . .  200000 

*36.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  Unter¬ 
barmen  (B.  M.),  1.  Rate  .......  200  000 

*37.  Zur  Erweiterung  der  Geleisanlagen  auf 
dem  Bahnhofe  Ohligs,  1.  Rate 


*38.  Desgl.  auf  dem  Güterbahnhofe  Hagen 

(B.  M.),  1.  Rate . 

*39.  Desgl.  auf  dem  Bahnhofe  Schwelm  (B.  M.), 

1.  Rate . 

*40.  Desgl.  auf  dem  Bahnhofe  Elberfeld-Stein- 

beck,  1.  Rate . .  . 

*41.  Zur  Erbauung  eines  Geschäftsgebäudes  für 
das  Eisenb.-Betriebsamt  in  Hagen,  1.  Rate 
*42.  Zur  Einrichtung  elektrischer  Beleuchtung 
auf  dem  Bahnhofe  Hagen  (B.  M.)  .  .  . 

8)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Erfurt. 

43.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Bitter¬ 
feld,  fernere  Rate . 

*44.  Desgl.  in  Fröttstedt,  1.  Rate . 

9)  Bez.  d. Eisenb.-Dir.  Frankfurt  a.M. 

45.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Oberiahn- 

stein,  letzte  Rate . 

46.  Zur  Erbauung  eines  definitiven  Empfangs¬ 

gebäudes  auf  dem  Bahnhofe  in  Eichenberg, 
fernere  Rate . 

*47.  Zum  Neubau  des  Bahnhofes  in  Afsmanns- 

hausen,  1.  Rate . .  . 

*48.  Zur  Umgestaltung  der  Bahnhöfe  bei  Wolk¬ 
ramshausen,  1.  Rate . .  . 

*49.  Zur  Umgestaltung  des  Bahnhofes  in  Nord¬ 
hausen,  1.  Rate  .......... 

*50.  Zur  Herstellung  von  Strafsenanlagen  auf 
dem  Terrain  der  aufser  Betrieb  gesetzten 
Westbahnhöfe  in  Frankfurt  a.  M.,  1.  Rate 
auf  die  weiteren  Kosten  ....... 

*51.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Eltville 

10)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Hannover. 

52.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Soest,  letzte 

Rate . 

53.  Zur  Herstellung  einer  Beleuchtungs-  und 
,  Wasserversorgungsanlage  auf  dem  Bahn¬ 
hofe  in  Kreiensen,  letzte  Rate  .... 

54.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Löhne, 

fernere  Rate  . . 

*55.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Celle, 

1.  Rate  .  .  .  , . 

*56.  Desgl.  in  Wülfel,  1.  Rate . 

*57.  Desgl.  in  Ottbergen,  1.  Rate . 

*58.  Zum  Umbau  des  Bahnhofs  in  Nien¬ 
burg  a.  d.  Weser,  1.  Rate . _  . 

11)  Bez.  d.  Eisenb.-Dir.  Magdeburg. 

59.  Zum  Umbau  und  zur  Erweiterung  des 

Bahnhofes  Halle,  fernere  Zusatz-  und  zu¬ 
gleich  Ergänzungsrate . 

60.  Zur  Anlage  eines  Güterbahnhofes  in  St. 

Leonhard  b.  Braunschweig  (Braunschweig- 
Ostbahnhof),  letzte  Rate . 

61.  Zum  Umbau  des  Bahnhofes  in  Börssum, 

fernere  Rate  . . 

62.  Zum  Umbau  der  Havelbrücke  bei  Werder 
u.  zu  den  dadurch  bedingten  Mehrkosten 
d.  Umbaues  des  Bahnh.  das.,  fernere  Rate 

*63.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Wann¬ 
see,  1.  Rate  .  . . . 

*64.  Desgl.  in  Schlaehtensee,  1.  Rate  .... 
*65.  Zur  Erweiterung  des  Magdeburger  Bahn¬ 
hofes  in  Leipzig,  li  Rate  . . 

*66.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  Alte-Neu¬ 
stadt  und  der  Rangirstation  Bude  4  bei 

Magdeburg,  1.  Rate . 

*67.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  Grizehne 
und  Ausbau  der  Verbindungsbahn  zwischen 
diesem  Bahnhofe  und  dem  Bahnhofe  Stadt 

Calbe,  1.  Rate . . 

*68.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofes  in  Seesen, 

1.  Rate  . . 

*69.  Desgl.  in  Schönebeck,  1.  Rate  .  .  .  . 


60  000  (260000) 

(350000) 
(430  000) 
(460  000) 
(158  000) 
(175  000) 
(145  000) 
(510  000) 
(285  000) 
(105  000) 


120000 
150000 
100  000 
200  000 
100  000 


105  000 


250  000 
60000 


(1  000  000 
(105  ooo; 


106  000  (506  000) 


40  000 
100  000 
100000 


150000 


300  000 
112000 


(150  000) 
(260  000) 
(280  000) 
(250000) 


(564  400) 
(112  000) 


50  000  (680  000) 


73  000 

100  000 

100  000 
100  000 
80  000 


100  000 


(173  000) 

(300  000) 

(600000) 
(250  000) 
(190  000) 

(325  000) 


1400000  (10250  000) 


50ÖOO 

(350  000) 

100  000 

(470  000) 

23. 

100000 

(330  000) 

300  000 

(870  000) 

24 

150000 

(330  000) 

25. 

250  000 

(426  000) 

26. 

150  000 

(572  000) 

27. 

*28. 

150  000 

(544  000) 

*29. 

150  000 

(635  000) 

*30. 

150000  (1 060  000) 


Zu  übertragen  11 807  000 


Uebertrag  11  807  000 

70.  Zur  Herstellung  von  Weichen  u.  Signal¬ 
stellwerken,  fernere  Rate . 

71.  Zur  Ausrüstung  der  Betriebsmittel  mit 
durchgehenden  Bremsen,  fernere  Rate 

72.  Zur  Einrichtung  der  Personenzüge  zur  Gas¬ 

beleuchtung  und  zur  Herstellung  von  Fett¬ 
gasanstalten,  fernere  Rate . 

73.  Zur  Herstell,  von  Vorsignalen,  fernere  Rate 
*74.  Zur  Vermehrung  und  Verbesserung  der 

Vorkehrungen  zur  Verhütung  und  Beseiti¬ 
gung  von  Schneeverwehungen,  1.  Rate 


800  000 
1 100  000 


300  000 
600  000 


700  000 
Summe  15  307  000 


II. 


*8. 

*9. 

*10. 

*11. 

*12. 

*13, 


*14. 

*15. 


*16, 


*17. 

*18. 


*19 


*20. 

*21. 


*22. 


Aufserordeiitliclie  Ausgaben  für  die  Bauausführungen  der 
Bauvertvaltnug. 

Zur  Regulirung  der  Weichsel  ira  Bereiche 
der  Weichselstrombauverwaltung  und  des 

Rheins  von  Bingen  abwärts .  1  900  000 

Zur  Regulirung  der  Memel,  der  Warthe, 
der  Saale  und  Unstrut  und  der  Ems  .  . 

Zur  Regulirung  des  Rheins  von  Mainz  bis 

Bingen,  Rest .  148  000 

Zur  Regulirung  der  Oder  vom  Lunower 
Dammhause  unterhalb  Cüstrin  bis  Patziger 

Theerofen,  4.  Rate .  100  000 

Zur  Wiederherstellung  der  Bauwerke  des 
Klodnitzcanals  und  Verbesserung  der  Be¬ 
nutzbarkeit  des  letzteren,  3.  Rate  .  .  . 

Zum  Neubau  der  Saaleschleuse  bei  Calbe, 

Rest . 

Zur  Verbreiterung  und  Vertiefung  der 
Havelhaltung  des  Berlin-Spandauer  Schiff¬ 
fahrtscanals,  Rest . 

Zur  Anlage  eines  Winterhafens  bei  Tilsit 
Zur  Herstellung  eines  Winterliegeplatzes 
am  Mühlenholz  bei  Havelberg  .... 

Zur  Anlage  eines  Sicherheitshafens  bei 

Mülheim  am  Rhein,  1.  Rate .  350  000 

Zum  Neubau  der  Rosenbecker  Schleuse, 

1.  Rate . 

Zur  Erweiterung  d.  schmalen  Grabens  u.  z. 

Neubau  der  Pareyer  Schleuse,  1.  Rate .  . 

Zum  Bau  eines  Leitwerkes  in  der  Spree 
unterhalb  der  Eisenbahnbrücke  in  Char¬ 
lottenburg  . 

Zur  Anlage  eines  Bauhofes  nebst  Winter¬ 
hafen  f.  d.  Wasserbauinspect.  in  Tapiau  . 

Zur  Anlage  eines  Bauhofes  am  Ruppiner 

See  in  Neu-Ruppin . 

Zur  Beschaffung  eines  Schlepp-  und  Be¬ 
reisungs-Dampf  bootes  für  die  Wasserbau- 

inspection  Kukerneese . 

Zur  Beschaffung  von  fünf  eisernen  Prähmen 
für  den  Dampfbagger  „Tiege“  .... 

Zur  Beschaffung  eines  Dampfbaggers  und 
sechs  eiserner  Prähme  für  die  Elbstrom¬ 
bauverwaltung  . 

Zur  Beschaffung  eines  Schleppdampfers 


ersehnten  für  die 
arburg 


und  acht  eiserner  Ba 
Wasserbauinspection 
Zur  Beschaffung  von  zehn  eisernen  Bagger¬ 
prahmen  f.  d.  Wasserbauinspect.  Emden  . 
Z.  Beschaff,  eines  neuen  Dampfbaggers  f. 
d.  Mosel  im  Regierungsbezirk  Coblenz 
Zu  Versuchen  über  die  Fortbewegung  von 
Schiffen  auf  Canälen  durch  am  Ufer  in 
Thätigkeit  gesetzte  Maschinenkräfte,  ins¬ 
besondere  im  Interesse  des  Dortmund- 
Ems-Canals . 

Zur  Herstellung  einer  5  Meter  tiefen  Fahr¬ 
rinne  von  Königsberg  durch  das  Frische 

Haff  nach  Pillau,  2.  Rate . . . 

Zur  Herstellung  eines  Sicherheitshafens 

bei  Safsnitz,  2.  Rate . 

Zum  weiteren  Ausbau  des  Buhnensystems 
auf  der  Westküste  der  Insel  Sylt,  2.  Rate 
Zu  den  Schutzbauten  auf  den  Ostfriesi¬ 
schen  Inseln,  weitere  Rate . 

Zur  Anlegung  eines  Fischereihafens  am 
Norddeich  bezw.  bei  Norderney,  Rest .  . 
Zur  Erweiterung  des  Verkehrshafens  in 

Harburg,  1.  Rate . 

Zur  Verbesserung  und  Vervollständigung 
der  Hafenanlagen  in  Harburg,  1.  Rate  . 
Zur  Errichtung  v.  drei  offenen  Schuppen  z. 
Holzablagerung  im  Hafen  v.  Geestemünde 
Zu  übertragen 


Betia!? 
füi-  1890/91 
M 

Gesamt- 

kosteii 

M 

1  900  000 

560  000 

148  000 

(1  798  000) 

100  000 

(500  000) 

225  000 

(1 120  000) 

67  000 

(407  000) 

80  000 
30  000 

(160  000) 
(30  000) 

38  000 

(38  000) 

350  000 

(825  000) 

140  000 

(181  000) 

300000 

(1 891 000) 

76  000 

(76  000) 

65  000 

(65  000) 

40  000 

(40  000) 

40  000 

(40  000) 

30  000 

(30  000) 

95000 

(95  000) 

108  000 

(108  000) 

40  000 

(40  000) 

38  500 

(38  500) 

120  000 

(120  000) 

1  000  000 

(7  300  000) 

200  000 

(600000) 

330  000 

(1  900  000) 

114  500 

200000 

(1  600  000) 

250  000 

(500  000) 

393  000 

(693  820) 

.50  000 

(50  000) 

7  128  000 

22.  Januar  ISDO. 


34 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


Uebertrag  7  128  000 

=^•31.  Zur  Herstellung  eines  Leitdammes  ober¬ 
halb  der  Geestemündung  im  Anscblufs  an 
die  bei  der  Correction  der  Unterweser 
seitens  Bremens  auszut'ülirenden  Anlagen  350  000 
''B2.  Zur  Verlängerung  des  Aufsentiet's  bei 

Carolinensiel  u.  ,z.  Beleuchtung  desselben  32o00 
*33.  Für  die  Verbreiterung  des  Hafendammes 
zu  Xorddeich  behufs  Zuführung  der  Eisen¬ 
bahn  Xorden-Xorddeich,  sowie  f.  d.  Bestein¬ 
ung  der  auschliefsenden  Deichbüschungeu  140  000 
*34.  Zur  Verbesserung  der  ZuAvegungen  am 
wasserfreien  Fahrdamm  auf  Norderney 
und  zur  Erbauung  eines  Lamlungshauses 
daselbst,  sowie  z.  Anlegung  e.  Süfswasser- 


rohrleitung  zum  Hafen  auf  Norderney  .  .  lOO  500 

*35.  Zur  Herstellung  eines  Bohlwerks  am  Ilaten 

in  Emden .  '34  000 

*36.  Zur  Erweiterg.  d.  Dockwerkstätte  in  Husum  21  000 
*37.  Zur  Vervollständigung  der  Anlagen  auf 
dem  Bauhofe  bei  Emden  durcli  den  Bau 
eines  Schift'sliegeplatzes,  sowie  Herstellung 
des  Böschungspflasters  und  mehrerer  Lade¬ 
bühnen  usAv . .  55  700 

*38.  Zur  Beschattung  eines  neuen  Dampfkessels 
sowie  zum  Umbau  der  Maschine  des 
Schleppdampfboots  „Danzig“  der  Hafen- 
bauinspection  Neutährwasser  .....  42000 

*39.  Zur  Beschattung  von  zwei  Dampfbagger¬ 
prähmen  für  den  Baggerbetrieb  in  Swine¬ 
münde  . _  ■  247  000 

*40.  Zur  Beschattung  eines  Kammprahmes  für 

die  Hafenbauiuspection  in  Swinemünde  .  20  000 

*41.  Zur  Beschattung  von  vier  eisernen  Klappen¬ 
prähmen  für  die  Dampfbagger  „Stralsund“ 

und  „Rügen“ .  60  000 

*42.  Zur  Beschaffung  v.  vier  eisernen  Bagger¬ 
schuten  für  den  Hafen  von  Geestemünde  .  39  600 

*43.  Zur  Festlegung  u.  BeAvaldung  der  Wander¬ 
dünen  zwischen  Südersj)itze  und  Schwarz¬ 
ort  auf  der  Kurischen  Nehrung,  1.  Rate  .  100  000 

44.  Zum  Umbau  der  sogenannten  bunten 

Brücke  in  Minden,  Ergänzungsrate  ...  51  000 

*45.  Zum  Neubau  der  langen  Brücke  über  die 

Dahme  bei  Köpenick,  1.  Rate .  150  000 

*46.  Zum  Umbau  der  Waterloobrücke  in  Han¬ 
nover  .  58  500 

*47.  Zum  Umbau  der  Emsbrücke  bei  Rhede  .  69  000 

*48.  Beitrag  zu  den  Kosten  des  Neubaues  der 

Brücke  über  die  Lesum  bei  Burg  .  .  .  117  300 

*49.  Zum  Neubau  eines  Dienstgebäudes  für 

die  Wasserbauinspection  in  Harburg  .  .  52  000 

50.  Zum  Um-  und  Erweiterungsbau  des  jetzigen 

Oberpräsidial-,  vormaligen  Regierungsge-  55  500 

bäudes  in  Breslau,  Rest  u.  Ergänzungsrate 

51.  Zum  Um-  u.  Erweiterungsbau  d.Regierungs- 

gebäudes  in C>ppeln,  Rest  u.  Ergänzungsrate  52  900 

52.  Desgl.  in  Hildesheim,  4.  Rate .  200  000 

53.  Zum  Erweiterungsbau  des  Regierungs¬ 
gebäudes  in  Düsseldorf,  2.  Rate  ....  60  000 

*54.  Zum  Erweiterungsbau  des  Dienstgebäudes 
der  Ministerial-,  Militär-  u.  Baucommission 
auf  dem  Grundstück  HausvoigteiplatzNr.  14 

in  Berlin,  1.  Rate .  400  000 

*55.  Zum  Neubau  eines  Dienstgebäudes  für  die 

Elbstrombauveinvaltung,  1.  Rate  .  .  .  80  000 


Summe  9  862  000 


(350  000) 
(32  000) 

(140  000) 


(196  500) 

(84  000) 
(21  000) 


(55  700) 


(42  000) 


(247  000) 
(20  000) 

(60  000) 
(39  600) 

(1  500  000) 

(217  000) 

(282  000) 

(58  500) 
(69  000) 

(215  000) 

(52  000) 

(129  500) 

(200  000) 
(700  000) 

(297  000) 

(850  000) 
(197  000) 


III.  Aufserordeiitliclie  Ausgaben  für  die  Bauausfüiirungeii  des 
Ministeriums  für  Handel  und  Gewerbe. 


1.  Zur  Errichtung  eines  Dienstgebäudes  für 
das  Eichungsamt  in  Königsberg,  einschl. 
der  Ergänzung  des  Inventars,  letzte  Rate 

2.  Desgl.  in  Dortmund,  einschliefslich  der  Er¬ 
gänzung  des  Inventars,  letzte  Rate  .  .  . 

*3.  Zur  Erweiterung  des  Drehereigebäudes  der 
Königlichen  Porcellanmanufactur  .  .  . 

Summe 


Betrag 

Gesamt- 

für  ISOü/ai 

kosten. 

M 

M 

23  600 

(83  600) 

20  440 

(60  440) 

76  300 
120  340 

(76  300) 

lY.  AufserordentUche  Ansgaben  für  die  Bauausfülirungen  der 
Justizvei’waltung. 

1)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Marienwerder. 

1.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
fängnisses  in  Marienburg,  3. und  letzteRate 
*2.  Zum  Neubau  eines  Geschäftshauses  für  das 
Amtsgericht  und  eines  Gefängnisses  in 

Pr.  Stargardt,  1.  Rate . 

Zu  übertragen 


Betrag 

Gesamt- 

für  1890/91 

kosten. 

Jl 

M 

46  900 

(206  900) 

100  000 

(452  050) 

146  900 

Uebertrag  146  900 


2)  Bezirk  des  Kammer gericJits. 

3.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
schäftsgebäudes  im  Anschlüsse  an  das 
Dienstgebäude  des  Polizei-Präsidiums  und 
an  das  Polizeigefängnifs  in  Berlin  am 
Alexanderplatz,  letzte  Rate .  94  900 

*4.  Zum  Neubau  eines  Centralschuppens  für 

das  Strafgefängnifs  bei  Berlin  ....  26  000 

3)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Stettin. 

5.  Ziim  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
schäftsgebäudes  in  Bütow,  letzte  Rate  .  14  800 

■■■6.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
schäftsgebäudes  und  Gefängnisses  in 
Belgard,  erste  Rate .  60  000 

*7.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge- 

fängnifsgebäudes  in  Dramburg  ....  31 400 


4)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Posen. 

8.  Zur  Erbauung  eines  Centralgefängnisses 

in  der  Provinz  Posen  zuWronke,  2.  Rate  300000 

5)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Breslau. 

9.  Zum  Neubau  eines  Geschäftshauses  für 
das  Landgericht  in  Ratibor  und  zur  Ein¬ 
richtung  des  früheren  Appellationsgerichts¬ 
gebäudes  daselbst  zu  einem  Geschäftshause 


für  das  Amtsgericht,  3.  Rate .  150  000 

10.  Zum  Neubau  eines  Geschäftshauses  für 

das  Amtsgericht  und  eines  Gefängnisses  in 
Kattowitz,  3.  Rate .  180  000 

11.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
fängnisses  in  Liebau,  letzte  Rate  ...  27  000 

*12.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
schäftsgebäudes  und  Gefängnisses  in 
Lublin  itz,  1.  Rate .  150  000 

*13.  Zum  Neubau  einer  Centralstation  für 
jugendliche  männliche  Gefangene  und 
eines  Gerichtsgefängnisses  für  erwachsene 
Gefangene  in  Grofs-Strehlitz,  1.  Rate  .  .  150  000 

6)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Naumburg. 

14.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
schäfts-  und  Gefängnifsgebäudes  in  Garde¬ 
legen,  2.  und  Ergänzungsrate .  46  000 

7)  Bez.  d.  Olmrlandesger.  Kiel. 

*15.  Zum  Neubau  eines  Dienstgebäudes  für  das 

Oberlandesgericht  in  Kiel,  1.  Rate  .  .  .  100  000 

S)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Celle. 

*16.  Zum  Um-  und  Erweiterungsbau  des  Amts¬ 
gerichtsgebäudes  in  Nienburg .  19  000 

*17.  Zur  Erweiterung  des  amtsgerichtlichen 

Gefängnisses  in  Papenburg .  20  500 

9)  Bez.  (1.  Oberlandesger.  Hamm. 

18.  Zum  Neubau  eines  Landgerichtsgebäudes 

in  Bochum,  2.  Rate  .  150  000 

*19.  Zum  Neubau  eines  Geschäftsgebäudes  für 
das  Oberlandesgericht  und  das  Amtsgericht 
in  Hamm,  1.  Rate  . .  150  000 

10)  Bez.  d,  Oberlandesger.  Frank¬ 
furt  a.  M. 

20.  Zum  Neubau  eines  aratsgerichtlichen  Ge¬ 
schäftsgebäudes  in  Braunfels,  2.  Rate  .  .  45  000 

11)  Bez.  d.  Oberlandesger.  Köln. 

21.  Zur  Erweiterung  des  Justizgebäudes  in 

Köln,  4.  Rate .  250  000 

22.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 

schäftsgebäudes  und  Gefängnisses  in 
München-Gladbach,  letzte  Rate  ....  7  800 

23.  Zum  Neubau  eines  amtsgerichtlichen  Ge¬ 
fängnisses  in  Waldbroel,  Ergänzungsrate  8  500 

24.  Zum  Neubau  eines  Geschäftsgebäudes  für 

das  Amtsgericht,  die  Kammer  für  Handels¬ 
sachen,  die  Strafkammer  und  die  Staats¬ 
anwaltschaft,  sowie  eines  Gefängnisses  in 
Crefeld,  2.  Rate  . . .  100  000 

*25.  Zum  Neubau  eines  Geschäftsgebäudes  für 

das  Amtsgericht  in  Hennef,  1.  Rate  .  .  45  000 

*26.  Zum  Neubau  eines  Geschäftsgebäudes  für 
das  Landgericht  und  das  Amtsgericht  in 
Coblenz,  1.  Rate . .  150  000 

*27.  Zum  Neubau  eines  Geschäftsgebäudes  für 

das  Amtsgericht  in  Kempen,  1.  Rate  .  .  60  000 

*28i  Zum  Neubau  eines  Geschäftsgebäudes  für 

das  Amtsgericht  zu  Berncastel,  1.  Rate  .  65  000 


Summe  2  547  800 


(287  600) 

(26  000) 

(74  750) 

(141 400) 

(31  400) 

(2  100  000) 

(533  100) 

(775  000) 

(63  000) 

■  (477  500) 
(520  500) 

(115  950) 

(450000) 

(19  000) 

(20  500) 

(460  000) 
(782  869) 

(106  500) 

(367  862) 

(24  600) 

(560  000)  ; 
(76  600)  j 

(720  000) 
(111  400) 

(90 100) 


Nr.  3A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


35 


V.  Aiifserordeutliche  Ausgaben  für  die  Bauausführungen  des 
Jlinisteriums  des  Innern. 

Betrag  Gesamt- 

für  1890/01.  kosten. 


Jl  M 

1.  Für  den  Neubau  eines  Zellenflügels  bei 

der  Strafanstalt  in  Siegburg,  letzte  Rate  73  500  (153  500) 

2.  Für  den  Neubau  eines  Arresthauses  in 

Düsseldorf,  2.  Rate .  400  000  (1 497  800) 

=•=3.  Für  den  Neubau  eines  Arbeits-  und  Zellen¬ 
flügels  bei  der  Strafanstalt  in  Ziegenhain  78  500  (78  500) 

*4.  Für  den  Neubau  eines  Verwaltungs¬ 
gebäudes  b.  d.  Strafanstalt  in  Wartenburg  46  700  (46  700) 

*5.  Für  die  Einrichtung  eines  Hülfsgefängnisses 
in  dem  ehemaligen  Cavallerie-Casernement 

in  Wohlau .  49  800  (49  800) 

Summe  648  500 


YI.  Aufserordentliche  Ausgaben  für  die  Bauausführungen  der 
landwirthschaftlichen  Y erwaltung. 

Betrag  Gesamt- 

für  1890/91  kosten 


M  M 

1.  Für  den  Uferschutz  der  Wüster  Marsch, 

9.  Rate .  40  000  (1518  000) 

2.  Zur  Befestigung  der  Binnendünen  auf  der 

Halbinsel  Heia,  7.  Rate .  11 000 

*3.  Zum  Neubau  eines  Fahrzeuges  für  den 
Fischerei-Aufsichtsdienst  an  der  ostfriesi¬ 
schen  Küste .  9  000  (9  000) 

4.  Zum  Weiterbau  des  Süd-Nord-Canals  im 

linksemsischen  Moorgebiete .  300  000 

5.  Zum  Bau  und  zur  inneren  Einrichtung 
eines  Gebäudes  zur  Aufnahme  der  Lehr- 
und  Sammlungsräume  der  landwirthschaft- 

lichenAkademie  in  Poppelsdorf,  letzte  Rate  37  500  (267  500) 

*6.  Ergänzungsbauten  bei  der  Lehranstalt  für 

Obst-  und  Weinbau  in  Geisenheim  .  .  .  11510  (11510) 

*7.  Ergänzungsbauten  bei  dem  pomologischen 

Institut  in  Proskau . _ 9  850  (9  850) 

Summe  418  860 


YII.  Aufserordentliche  Ausgaben  für  die  Bauausführung  der 
Gestiitverwaltung. 


1.  Zur  Errichtung  eines  Landgestüts  auf  Vor¬ 
werk  Kreuz  (Cröllwitz)  bei  Halle  a.  S. 
behufs  Zurückverlegung  des  zur  Zeit  in 
Lindenau,  Rgbz.  Potsdam,  untergebrachten 
Sächs.  Beschälerdepots,  letzte  Rate .  .  . 

*2.  Zum  Neubau  eines  Ackerpferde-  und 
Pohlenstalles  auf  dem  Vorwerke  Gurdszen, 
Hauptgestüt  Trakehnen,  1.  Rate .... 
*3.  Zur  Erricht,  einer  Scheune  auf  d.  Vorwerke 
Mattischkehmen ,  Hauptgestüt  Trakehnen 
*4.  Zum  Neubau  eines  Ackerpferde-  und 
Ochsenstalles  auf  dem  Vorwerke  Birken¬ 
walde,  Hauptgestüt  Trakehnen  .  .  .  . 

*5.  Zum  Umbau  des  östlichen  Flügels  des 
Fohlenstalles  auf  dem  Vorwerke  Döhlen, 

Hauptgestüt  Graditz . 

*6.  Zur  Herstellung  der  Wasserleitung  auf 
dem  mittleren  Gestüt -Hofe  des  Haupt¬ 
gestüts  Beberbeck . 

*7.  Zur  Regulirung  der  Wasserleitung  auf 
dem  Vorwerke  Sababurg,  Hauptgestüt 

Beberbeck . 

8.  Zur  Errichtung  eines  neuen  Landgestüts 
im  Regierungsbezirk  Königsberg,  2.  Rate 
*9.  Zum  Neubau  eines  Zwölf-Familienwohn¬ 
hauses  nebst  Stallgebäude  bei  dem  Lit- 
thauischen  Landgestüt  in  Gudwallen  .  . 

*10.  Zum  Neubau  ein.  Scheune  auf  d.  Vorwerke 
Asteckersberg,  Landgestüt  Gudwallen .  . 

Summe 


Betrag 
für  1890/91 
Jt 

Gesaml- 

kosten. 

Jl 

173  950 

(460  000) 

50  000 

(123  000) 

26  500 

(26  500) 

26  990 

(26  990) 

21200 

(21  200) 

11  000 

(11  000) 

22  490 

(22  490) 

147  050 

(460  000) 

59  700 

(59  700) 

13  180 
552  060 

(13  180) 

YIII.  AufserordeiitUche  Ausgaben  für  die  Bauausführuugen  des 
Ministeriums  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medicinal- Angelegen¬ 
heiten. 


1.  Zum  Neubau  eines  Dienstgebäudes  für 
das  Consistorium  in  Stettin,  2.  Rate  .  . 

2.  Zum  Umbau  des  alten  Domgymnasialge¬ 
bäudes  i.  Magdeburg  behufs  Unterbringung 
des  dortigen  Consistoriums,  2.  Rate  . 

Zu  übertragen 


Betrag 

Gesamt- 

für  1890/91 

kosten 

M 

Jt 

50  000 

(160  000) 

50  000 

(180000) 

100000 

Ueb  ertrag  100  000 


3.  Zur  Restauration  der  Schlofskirche  in 

Wittenberg,  3.  und  Ergänzungsrate .  .  .  200  000 

*4.  Zum  Um-  und  Erweitei’ungsbau  des  Dienst¬ 
gebäudes  für  dasProvincial-Schulcollegium 
und  das  Consistorium  in  Münster,  1.  Rate  100  000 
*5.  Zur  Errichtung  eines  Prediger- Seminars 

f.  d.  Consistorialbez.  Cassel  in  Hofgeismar  37  500 


Universität  Königsberg’. 

6.  Zum  Neubau  des  pathologischen  und  des 

pharmakologischen  Instituts,  letzte  Rate  .  30  285 

*7.  Zur  inneren  Einrichtung  des  mineralogi¬ 
schen  Museums  und  Instituts .  22  725 


*8.  Zur  Herstellung  vorschriftsmäfsiger  Um¬ 
währungen  u.  Bürgersteige  a.  botan.  Uni¬ 
versitätsgarten,  sowie  z.  Instandsetzg.  ver¬ 
wilderter  Gartenflächen  u.  z.  Anlage  eines 


neuen  Teiches  in  demselben .  29  724 

Universität  Berlin. 

9.  Zum  Umbau  des  Universitätsgebäudes,  ein- 

schliefslich  d.  inneren  Einrichtung,  2.  Rate  250  000 
*10.  Zum  Anschlufs  d.  physicalischen  Instituts 
an  die  für  die  Dorotheenstadt  herzu¬ 
stellende  Centralstation  der  allgemeinen 

Elektricitätsgesellschaft .  11 500 

*11.  Zur  Instandsetzung  der  Dächer  der  Ge¬ 
bäude  des  ersten  chemischen  Laborato¬ 
riums,  des  ersten  anatomischen  Instituts 
und  der  Sternwarte .  15  200 

Universität  Greifswald. 

12.  Zum  Neubau  des  physicalischen  Instituts, 

einschl.  d.  inneren  Einrichtung,  letzte  Rate  74  500 
*13.  Zum  Ei’weiterungs-  und  Umbau  des  Ge¬ 
bäudes  der  Universitätsbibliothek,  1.  Rate  85  000 

Universität  Breslau. 

14.  Zum  Neubau  der  chirurgischen  Klinik, 
einschliefsl.  d.  inneren  Einrichtung,  3.  Rate  250  000 

15.  Zum  Neubau  der  medicinischen  Klinik, 

einschl.  der  inneren  Einrichtung,  2.  Rate  .  150  000 

*16.  Zur  Regulirung  d.  Maxgarten-Grundstücks 
und  Herstellung  der  für  die  neuen  medi¬ 
cinischen  Anstalten  erforderlichen  Aufsen- 

anlagen,  1.  Rate .  160  000 

*17.  Zur  Herstellung  der  das  Maxgarten- Grund¬ 
stück  umgebenden  Strafsen,  1.  Rate  .  .  100  000 

*18.  Zum  Neubau  d.  patholog.  Instituts,  1.  Rate  100  000 
*19.  Zum  Neubau  der  dermatologischen  Klinik, 

1.  Rate .  120  000 

*20.  Zu  baulichen  Aenderungen  des  chemischen 

Laboratoriums .  18  000 

Universität  Halle. 

21.  Zum  Neubau  einer  Irrenklinik,  2.  Rate  .  300  000 

Universität  Kiel. 

*22.  Zur  theilweisen  Erneuerung  und  Vervoll¬ 
ständigung  der  Einfriedigung  des  Grund¬ 
stücks  der  akademischen  Heilanstalten  .  5  600 

*23.  Zum  Neubau  des  mineralogischen  Museums 

und  Instituts,  1.  Rate .  70  000 

Universität  Göttin  gen. 

24.  Zum  Neubau  der  medicinischen  Klinik, 
einschl.  d.  inneren  Einrichtung,  letzte  Rate  200  000 

25.  Zum  Neubau  des  pathologischen  Instituts, 
einschl.  d.  inneren  Einrichtung,  letzte  Rate  117  500 

26.  Zur  Herstellung  des  Maschinenhauses  und 

der  übrigen  auf  die  Sammelheizung  der 
medicinischen  Neubauten  bezügl.  Neben¬ 
anlagen,  letzte  Rate .  73  050 

*27.  Zur  Herstellung  von  Aufsenanlagen  bei 

den  medicinischen  Neubauten,  1.  Rate  .  60  000 

28.  Zum  Neubau  von  zwei  Absonderungs¬ 

baracken  für  die  neuen  Universitäts- 
Kliniken  .  74  000 

Universität  Marburg. 

29.  Zum  Bau  des  Aulaflügels  am  Universitäts¬ 
gebäude,  letzte  Rate .  101  250 

*30.  Zum  Erweiterungsbau  der  chirurgischen 
Klinik  und  zur  Vervollständigung  der  Ein¬ 
richtungen  des  Vorhand.  Gebäudes,  1.  Rate  72  000 

Universität  Bonn. 

*31.  Zum  theilweisen  Um-  u.  theilweisen  Neu¬ 
bau  der  Universitäts-Bibliothek,  einschl. 
der  Kosten  der  inneren  Einrichtung  und 
des  Umzuges,  1.  Rate .  150  000 


Zu  übertragen  3  077  834 


(895  000) 

(170  000) 
(37  500) 

(240  285) 
(22  725) 

(29  724) 

(649  600) 

(11  500) 

(15  200) 

(180  000) 
(85  850) 

(625  700) 
(549  500) 

(264420) 

(170  000) 
(217  500) 

(280  000) 

(18  000) 

(665  000) 

(5  600) 
(123  800) 

(439  000) 
(181  500) 

(222  450) 
(192  000) 

(74  000) 

(236  250) 
(116  700) 

(359  300) 


Centralblatt  der  B auverwaltiing. 


22.  .laiiiiar  1890, 


sr, 


Uebertrag 

•■v)2  Zur  Herriclituug  der  bisherigen  Dienst¬ 
wohnung  des  Directors  des  physikalischen 
Instituts  zu  Arbeitsräuinen  ...... 

*33.  Zur  theilweisen  Erneuerung  und  Erweite¬ 
rung  der  Gasbeleuchtungsanlage  im  Uni¬ 
versitäts-Hauptgebäude  . 


34.  Zum  Neubau  des  Friedrichs-Collegiums  in 

Königsberg  i.  Pr.,  2.  Eate . . 

35.  Beihülfe  zum  Neubau  des  Gymnasiums  in 

Memel,  letzte  Kate . 

36.  Zum  Neubarr  eines  Yorschul-  und  Director- 

wohngebäudes  beim  Luisengymnasium  in 
Berlin,  letzte  Eate . 

37.  Zum  Neubau  eines  Klassengebäudes  usw. 

für  das  Eealprogymnasium  in  Otterndorf, 
letzte  Kate . 

38.  Zum  Neubau  des  Gymnasiums  in  Bonn, 

3.  Eate . 

39.  Desgl.  in  Saarbrücken,  2.  Kate  .... 


*40.  Zum  Neubau  des  Schullehrer-Seminars  in 

Kagnit,  1.  Eate . 

*41.  Zum  Ausbau  und  zur  Einrichtung  des  ehe¬ 
maligen  stiftischen  Orangeriehauses  in 
Neuzelle  für  Zwecke  des  Turnunterrichts 
des  dortigen  Schullehrer-Seminars  .  .  _  . 

42.  Zum  Neubau  des  Schullehrer- Seminars  in 
Alt-Döbern,  2.  Eate  ........ 

*43.  Zu  baulichen Keparaturen  bei  den  Seminar- 
gebäudeu  u.  z.  Erneuerung  d.  Umwähr¬ 
ungen  d.  Seminargrundstücks  in  Exin 
*44.  Zum  Erweiterungsbau  der  Turnhalle  des 
Schullehrer-Seminars  in  Liebenthal  .  . 

*45.  Zur  Herstellung  einer  massiven  Treppen¬ 
anlage  nach  den  Schlafsälen  der  Semi¬ 
naristen  bei  dem  Schullehrer- Seminar  in 
^yeifsenfels . _ . 

46.  Ziim  Neubair  des  Schullehrer-Seminars  in 

Heiligenstadt,  letzte  Kate . 

47.  Desgl.  in  Verden,  2.  Eate . . 

*48.  Zum  Umbau  des  Seminargebäudes  in 

Büren,  1.  Eate . _  .  . 

*49.  Zum  Anschlirfs  des  Schullehrer-Seminars 
in  Neuwied  an  die  städtische  Wasserleitung 

und  Entwässerungsanlage . 

Zu  übertragen 


3  077  834 

50. 

S  OOO 

(8  000) 

5  500 

(5  500) 

51. 

150  000 

(407  000) 

40  OOO 

(217  670) 

52. 

87  700 

(157  700) 

53. 

84  000 

(174  000) 

54. 

60  000 
150  000 

(412  734) 
(300  400) 

*55. 

100  000 

(324  600) 

*56. 

9  700 

(9  700) 

*57. 

30  OOO 

(190  650) 

58. 

23  550 

(23  550) 

*59. 

10  000 

(10  CHJO) 

*60. 

6  400 

(6  400) 

*61. 

150  000 
100  000 

(370  000) 
(287  000) 

*62. 

100  000 

(251  000) 

*63. 

6  400 

4 199  084 

(6  400) 

Uebertrag  4  199  084 

Zu  Elementarschulbauten  behufs  be¬ 
sonderer  Förderung  des  deutschen  Volks¬ 
schulwesens  in  den  Provinzen  West- 
preufsen  und  Posen,  sowie  im  Kegierungs- 
l3ezirk  Oppeln .  .500  000 


Zur  Errichtung  eines  Gebäudes  für  die 
Gipsformerei  der  Kgl.  Museen  auf  einem  in 
der  Sophie-Charlottenstrafse  in  Charlotten¬ 
burg  belegenen,  bisher  dem  Eisenbahn- 
üscus  gehörigen  Grundstücke,  letzte  Kate  120  000 
Zur  Vollendung  der  Einrichtung  des  Mu¬ 
seums  für  Völkerkunde  in  Berlin  .  .  .  73  000 

Für  Keinigung  usw.  von  Sculpturen,  ins¬ 
besondere  der  bei  Pergamon  gemachten 

Funde,  iveitere  Kate .  7  000 

Zum  Neubau  des  geodätischen  Instituts 
auf  dem  Telegraphenberge  bei  Potsdam 
sowie  zur  Erweiterung  der  dort  vorhande¬ 
nen  Wasser-  und  Gasanlagen,  2.  Eate  .  250  000 

Zum  Neubau  des  meteorologischen  In¬ 
stituts  auf  dem  Telegraphenberge  bei 

Potsdam,  1.  Eate .  1.50000 

Zu  baulichen  Aeudei-ungen  auf  dem  Grund¬ 
stücke  der  Kunstakademie  in  Königs¬ 
berg  i.  Pr .  7  200 

Zum  Anschlufs  des  Kunstakademie¬ 
gebäudes  in  Königsberg  i.  Pr.  an  die  städt. 

Wasserleitung .  1  300 

Beitrag  des  Staates  zu  den  Kosten  der 
Eestauration  des  Schlosses  in  Marienburg  50  000 

Zur  Errichtung  eines  selbstregistrirenden 
Pegels  in  Swinemünde  an  Stelle  des  durch 
Brand  zerstörten  Fluthmessers  ....  3  000 


Zur  Erweiterung  des  Hörsaales  für  Elek¬ 
trotechnik  bei  der  technischen  Hochschule 

in  Hannover .  3  400 

Zur  Erweiterung  der  Dampfkesselanlagen 

bei  der  technischen  Hochschule  in  Aachen  47  300 


Zur  baulichen  Instandsetzung  und  Um¬ 
änderung  der  Quarantäne- Anstalt  in  Neu¬ 
fahrwasser  . . .  10  300 

Zum  Erweiterungsbau  der  Entbindungs¬ 
anstalt  auf  dem  Grundstücke  des  Charite- 
Krankenhauses  in  Berlin .  60  000 


Summe  5  481  584 


(270  000) 


(763  000) 
(373  000) 
(7  200) 
(1  300) 

(3  000) 


(10  300) 
(60  000) 


Vermischtes, 


Bei  dem  Unterriclite  des  Kniistgetverhe- Museums  hat  sich  die 
Nothwendigkeit  fühlbar  gemacht,  die  Schüler  eingehender  als  bisher 
in  die  Bedürfnisse  der  Ausführung  solcher  Arbeiten,  die  sie  zu 
entwerfen  lernen,  und  in  die  Anforderungen  einzuführen,  welche  an 
die  Herstellung  guter  kunstgewerblicher  Stücke  gemacht  werden 
müssen.  Im  Etat  des  Cultusministeriums  für  1890/91  ist  deshalb  eine 
Summe  von  150  000  Mark  ausgeworfeu,  die  den  Versuch  ermöglichen 
soll,  derartige  Arbeiten  unter  Leitung  des  Kunstgewerbe -Museums 
hersteilen  zu  lassen.  Die  Ausführung  soll  in  der  Kegel  dem  Privat¬ 
gewerbe  überlassen,  die  Werkzeichnungen  und  die  diesen  ent¬ 
sprechenden  plastischen  Vorarbeiten  sollen  dagegen  durch  die  Schüler 
des  Museums  unter  Leitung  der  Lehrer  hergestellt  werden.  Bei  der 
Wahl  der  Aufgaben  soll  thunlichst  darauf  Kücksicht  genommen 
werden,  dafs  die  Schüler  mit  einiger  Aussicht  auf  Erfolg  Ver¬ 
suche  zu  ersten  Entwürfen  nach  festgestelltem  Programme  machen 
können;  unter  Umständen  würden  die  Lehrer  oder  andere  Künstler 
hierbei  einzutreten  haben,  jedenfalls  aber  würde  thunlichst  auf  die 
Betheiligung  der  Schüler  bei  der  Ausführung  Bedacht  zu  nehmen 
sein.  Nach  den  Bemerkungen  zum  Etat,  in  denen  als  Aufgaben 
solche  Gegenstände  empfohlen  werden,  welche  für  öffentliche  Gebäude, 
für  Dienstwohnungen  höherer  Staatsbeamten  und  ihre  Eepräsentations- 
räume  usw.  erforderlich  sind,  verspricht  man  sich  aus  der  Sache  er¬ 
wünschte  Anregung  und  Förderung,  für  das  gesamte  Kunstgewerbe. 

Zur  Verhütung  und  Beseitigung  von  Schneeverwehungen  auf 
den  Eisenbahnen  ist  in  den  Staatshaushalts-Entwurf  für  1890  91  ein 
erstmaliger  Betrag  von  700  000  Mark  eingestellt  für  die  Vermehrung 
und  Verbesserung  der  dazu  geeigneten  Vorkehrungen.  In  den  Er¬ 
läuterungen  wird  hierzu  folgendes  bemerkt: 

Die  zahlreichen  Unterbrechungen,  welche  der  Eisenbahnbetrieb 
auf  den  Hauptverkehrslinien  in  den  letzten  Jahren  durch  Schnee¬ 
verwehungen  erlitten  hat,  und  die  damit  verknüpften  erheblichen 
Nachtheile  machen  es  nothwendig,  auf  thunlichste  Abhülfe  Bedacht 
zu  nehmen.  Wenn  auch  unbedingt  sichere  Mittel  zur  gänzlichen 


Verhütung  von  Schneeverwehungen  der  Bahnen  noch  nicht  gefunden 
sind,  so  sind  doch  die  gegen  solche  Verwehungen  —  insbesondere 
auf  den  östlichen  Bahnen  —  bereits  in  erheblichem  Umfange  an¬ 
gewendeten  Vorkehrungen  (Schneeschutzwälle,  Zäune  und  Hecken., 
Abflachung  der  Einschnittsböschungen  usw.)  von  durchaus  günstigem 
Erfolg  gewesen.  Es  erscheint  deshalb  geboten,  auf  den  Haupt¬ 
verkehrslinien  diejenigen  nach  den  bisherigen  Beobachtungen  der 
Schneeverwehung  ausgesetzten  Bahnstrecken,  auf  welchen  Vor¬ 
kehrungen  hiergegen  noch  nicht  zur  Ausführung  gebracht  sind,  in 
thunlichst  kurzer  Frist  mit  solchen  zu  versehen  und  die  vorhandenen 
Vorkehrungen,  soweit  sie  aus  der  älteren  Zeit  stammend  sich  nicht 
als  ausreichend  erwiesen  haben,  den  neueren  Erfahrungen  ent¬ 
sprechend  zu  verbessern.  Aufserdem  emjjüehlt  sich  die  Beschaftung 
von  Schneeräumungsmaschinen  neuerer  Construction,  wie  sie  in 
America  angewendet  worden  sind,  um  durch  Versuche  in  gröfserem 
Mafsstabe  feststellen  zu  können,  inwieweit  unter  den  hiesigen,  von 
den  americanischen  wesentlich  abweichenden  Verhältnissen  die  Ma¬ 
schinenkraft  zur  Beseitigung  entstandener  Schneeverwehungen  vor- 
theilhaft  verwendet  werden  kann. 

Die  Westfront  des  Domes  in  Mailand.  In  Anschlufs  an  die 
auf  Seite  16  d.  Jahrg.  gebrachte  Nachricht  von  dem  unerwarteten 
Tode  Giuseppe  Brentanos  wird  uns  aus  Mailand  von  zuständiger 
Seite  mitgetheilt,  dafs  eine  Unterbrechung  der  Domangelegenheit 
nicht  zu  befürchten  sei.  Die  Herstellung  des  Holzmodelles  der  neuen 
Westfront  im  Mafsstabe  1 : 20,  für  welches  Brentano  die  erforder¬ 
lichen  Zeichnungen  bereits  sämtlich  gefertigt  hatte,  ist  der  bewährten 
Werkstatt  von  Giovanni  Brambilla  in  Mailand  übertragen,  und  dieser 
durch  Vertrag  zur  Fertigstellung  bis  Ende  des  Jahres  1890  ver¬ 
pflichtet.  Alsdann  erst  wird  es  Sache  der  Domverwaltung  und  — 
da  der  Dom  als  „monumento  nazionale“  der  Aufsicht  des  Unter¬ 
richtsministeriums  untersteht  —  auch  der  Eegieruug  sein,  sich  über 
die  Ausführung  und  die  Wahl  des  leitenden  Baumeisters  zu  ent¬ 
scheiden. 


Verlag  von  Ernst<fe  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  ries  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K e r s kes,  Berlin. 


37 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  35.  Januar  1890. 


Redaction:  SW.  ZimmerstraCse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Neuerungen  auf 
dem  Gebiete  der  Niederdruckdampfheizungen.  —  lieber  zweckmäfsige  Einrichtungen 
von  Kliniken  (Fortsetz.). Beitrag  zur  Gründung  in  Triebsand.  —  Karte  desWasser- 
strafsen-Verkehrs  1885.  —  Parsons  Blockirung  und  Weichenstellnng.  —  Vorschriften 

über  die  Ausbildung,  Prüfung  u.  Anstellung  im  Schiffbau-  und  Maschinenbau-Fache 
der  Kaiserl.  deutschen  Marine.  —  Vermischtes:  Preisbewerbnng  betr.  die  Stadt¬ 
bibliothek  in  Frankfurt  a.  M.  —  Schwimmender  Schutzdamm  gegen  Feuersgefahr  in 
Häfen.  —  Geh.  Baurath  Hermann  Kirchhoff  f-  —  Inhalt  der  Zeitschrift  für  Bauwesen. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Des  Kaisers  und  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht, 
dem  ßegierungs-  und  Baurath  Fülscher,  zur  Zeit  Mitglied  der 
Kaiserlichen  Canal-Commission  für  den  Bau  des  Nord-Ostsee-Canals 
in  Kiel,  den  Charakter  als  Geheimer  Baurath  zu  verleihen. 

Der  Bauinspector  Wegen  er,  bisher  technischer  Hülfsarbeiter 
bei  der  Königlichen  Kegierung  in  Stade,  ist  in  gleicher  Eigenschaft 
unter  Beilegung  des  Amtscharakters  als  Wasser-Bauinspector  an  die 
Königliche  Oderstrom-Bau-Direction  in  Breslau,  und  der  bisherige 


Kreis -Bauinspector  Mau  in  Berent  W/Pr.  als  Bauinspector  und 
technischer  Hülfsarbeiter  an  die  Königliche  Eegierung  in  Stade  ver¬ 
setzt  worden. 

Der  Geheime  Ober-Baurath  Grüttefien,  vertragender  Eath  in 
den  Eisenbahn-Abtheilungen  des  Ministeriums  der  öffentl.  Arbeiten,, 
der  Geheime  Baurath  Kirchhoff  in  Coblenz,  der  Geheime Eegierungs- 
rath  Grimmer,  Mitglied  der  Kgl.  Eisenbahn-Direction  in  Breslau,  der 
Kreis -Bauinspector  Friedr.  Schlepps  in  Greifenberg  i.  Pomm.  und 
der  Landesbauinspector  Flindt  in  Diez  sind  gestorben. 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 

I^euerungeii  auf  dem  Gebiete  der  Mederdruckdampflieizungen. 


Den  in  Nr.  18  des  vorigen  Jahrgangs  dieses  Blattes  enthaltenen 
Erörterungen  über  einige  neuere  Constructionen  von  Dampfnieder¬ 
druckheizungen  fügten  wir  die  Schlufsbemerkung  hinzu,  dafs  die  stetig 
fortschreitende  Technik  in  ihren  Vervollkommnungsbestrebungen 
bald  weitere  Erfolge  auf  diesem  Gebiete  zu  verzeichnen  haben  werde. 
Schon  jetzt  sind  wir  in  der  Lage,  einige  Ergänzungen  über  bemerk ens- 
werthe  Neuerungen  nachzutragen. 

Im  Anschlufs  an  die  a.  a.  0.  beschriebene  und  durch  Zeichnung 
erläuterte  Selbstregelung  des  Feuerbetriebes  der  nach  dem  System 
Käuffer  erbauten  Dampfniederdruckheizungen  ist  inzwischen  unter 
Beibehaltung  der  Hauptanordnung  der  ganzen  Vorrichtung  eine  Ver¬ 
vollkommnung  eingeführt  worden,  welche  bezweckt,  das  Eindringen 
von  Verbrennungsgasen  in  den  Heizraum  nach  Abschlufs  der  unter 


den  Kost  führenden  Luftleitung  gänzlich  zu  verhindern.  Zu  diesem 
Behufe  sind  die  Wasserverschlufstrichter  des  Bauch-  und  Luftzuges 
(f  und  6  in  Abb.  1)  nicht  in  gleicher  Höhe  wie  früher  angeordnet, 
vielmehr  liegt  die  Absperrung  bei  ersterem  auf  2  m,  bei  letzterem 
auf  1,80  m  über  dem  mittleren  Wasserstande  des  Kessels,  oder  mit 
anderen  Worten:  die  Hemmung  des  Luftzutritts  erfolgt  schon  bei 
0,18  Atm.  Ueberdruck,  während  darüber  hinaus  bis  0,20  Atm.  dem 
Eauche  freier  Abzug  verbleibt.  Es  können  somit  die  auch  nach  voll¬ 


kommenem  Abschlufs  des  Luftzutrittes  zum  Koste  sich  aus  dem 
Kokefeuer  noch  entwickelnden  Eauchgase  in  den  Schornstein  bis  zu 
einer  auf  0,20  Atm.  Ueberdruck  gesteigerten  Dampfspannung  unge¬ 
hindert  eintreten.  Selbst  darüber  hinaus  ist  ein  schädliches  Ein¬ 
dringen  in  den  Kesselraum  nicht  zu  befürchten,  da  eine  in  der  Kauch- 
klappe  g  angeordnete  Oeffnung  von  30  mm  Weite  ein  Zurücktreten 
unmöglich  macht. 

Eine  weitere  Verbesserung  betrifft  die  Ersetzung  des  früher  an¬ 
gewandten,  mit  Luftauslafsventilen  versehenen  Windkastens  durch 
den  neu  patentirten  Luftbehälter  (Abb.  2).  Dieser  besteht  aus  einem 

zum  Theil  mit  Wasser  ange¬ 
füllten  cylindrischen  Gefäfse 
in  welchem  eine  oben  ge¬ 
schlossene  Glocke  B  mittels  des 
Luftringes  h  schwimmt  und 
durch  den  Führungsschacht  i 
in  gleichmäfsiger  Lage  gehalten 
wird.  Das  oben  offene,  in  den 
Luftraum  der  Schwimmglocke 
mündende  Eohr  C  steht  mit 
der  Dampfwasserleitung  in  der 
auf  der  Uebersichts-Darstellung 
Abb.  3  gezeichneten  Weise 
dauernd  und  nicht  abstellbar 
in  Verbindung. 

Wird  nun  ein  Heizkörper 
durch  Oeffnen  des  Dampfventils 
in  Betrieb  gestellt,  so  verdrängt  der  einströmende  Dampf  die  in  dem 
Körper  befindliche  Luft  durch  die  Dampfwasserleitung  und  das  Eohr  c 
in  die  Schwimmglocke  und  hebt  letztere  entsprechend;  beim  Abstellen 
des  Dampfes  hingegen  drückt  die  sinkende^Glocke  die  Luft  wieder 
in  den  Heizkörper  zurück.  Es  kann  sich  somit  ebenso  wenig  eine 
Luftleere  bilden,  als  Dampf  in  die  Dampfwasserleitung  zurücktreten, 
da  die  früher  (S.  163  d.  vor.  Jahrganges)  in  ihrer  Wirkungsweise  be¬ 
schriebenen  Wasserschleifen  N  von  2  m  Höhe  unter  allen  Umständen 
dem  Dampfdruck  durch  Wasserverschlufs  das  Gleichgewicht  halten. 
Bei  dieser  Anordnung  der  Luftleitung  und  des  Luftbehälters  wird 
somit  nach  Abstellung  der  Dampfventile  das  gesamte  Innere  der 
Dampfwasserrohre  und  der  Heizkörper  stets  mit  derselben  Luft  er¬ 
füllt  bleiben,  welche  ihre  oxydirende  Eigenschaft  allmählich  ganz  ver¬ 
liert,  da  einer  Auswechslung  mit  frischer  Aufsenluft  nunmehr  voll¬ 
kommen  vorgebeugt  ist.  Der  grofse  Uebelstand  des  inneren  Kostens 
der  Kohre,  woran  Dampfheizungen  bisher  so  sehr  litten,  dürfte  damit 
auf  das  denkbar  geringste  Mafs  zurückgeführt  sein. 

Eine  bemerkenswerthe,  auf  einer  Anregung  des  Prof.  H.  Fischer 
in  Hannover  beruhende  Anordnung  zeigt  ferner  das  unter  Kellerdecke 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


25.  Januar  1890, 


38 


liegende  Dampfvertheilungsrohr.  Um  besonders  bei  weit  ausgedehnten 
Anlagen  der  Ansammlung  gröfserer  Wassermengen  im  Dampfrohr 
und  der  Bildung  von  Geräusch  vorzubeugen,  erhält  das  Rohr  eine 
zickzackförmige  Lage.  An  den  Brechpunkten  sind  die  oben  erwähnten 


Abt>.  3. 

H  Heizkörper,  K  Kessel,  L  LiiftbeliäUer,  S  Wasserschleife. 
—  Dampfleitung.  —  Dampfwasserleitung.  — x—  Ventil. 


Wasserschleifen  angeordnet,  in  [denen  sich  das  uiederschlagende 
Wasser  auf  kurzen  Wegen  sammelt  und  von  hier  aus  durch  das 
Dampfwasserrohr  nach  dem  Kessel  zurückfliefst. 

Eine  von  der  Käulferschen  Anordnung  wesentlich  abweichende  Art 
der  Niederdruckdampfheizung  wird  in  neuester  Zeit  von  der  Firma 
Gebr.  Körting  in  Hannover  ausgeführt.  Hierbei  beruht  die  Wirkungs¬ 
weise  des  ganzen  Systems  oder  die  dem  Bedürfnifs  anzupassende 
Wärmeabgabe  der  gleichfalls  ohne  Wärmeschutzmäntel  hergestellten 
Heizkörper  auf  der  sog.  Syphon -Wasserregulirung.  Abbildung  4 


veranschaulicht  schematisch  die  Anordnung  einer  derartigen  Heizung. 
^  om  Kessel  K  aus  steigt  der  Dampf  nach  einem  auf  dem  Dachboden 
liegenden  Vertheilungsrohre  D  und  gelangt  durch  Fallstränge  nach  den 
einzelnen  Heizkörpeim  H  A',  in  die  er  nach  Bedürfnifs  durch  Ventile 


eingelassen  werden  kann.  Die  Heizkörper  stehen  geschofsweise  durch 
eine  Leitung  R'  H' S'  und  R“  H“  S“  mit  Wasserbehältern  bezw. 
IF“  in  Verbindung,  welche  ihrerseits  durch  Ueberlaufrohre  an  die 
Rücklaufleitung  C  angeschlossen  sind,  die  zum  Kessel  zurückführt. 
Die  Regelung  der  Wärmeabgabe-Fähigkeit  der  einzelnen  Heizkörper 
geschieht  nun  auch  hier  wie  beim  Käufferschen  Systeme  dadurch,  dafs 
nach  Belieben  eine  gröfsere  oder  geringere  Menge  Dampf  in  den 
Körper  eingelassen  und  ein  beliebiger  Theil  der  Heizkörperoberfläche 
als  wirksame  Heizfläche  nutzbar  gemacht  werden  kann.  Während 
aber  bei  letzterem  der  jeweilig  nicht  von  Dampf  erfüllte  oder  zur 
Dampfwasserbildung  in  Anspruch  genommene  Innenraum  der  Heiz¬ 
körper  von  einer  zwischen  diesem  und  dem  Luftbehälter  hin  und  her 
strömenden  Luftmenge  eingenommen  wird,  tritt  beim  Körtingschen 
System  Wasser  an  Stelle  der  Luft.  Zu  diesem  Behufe  erhalten  die 
mit  ihrer  Unterkante  etwas  höher  als  die  zugehörigen  Heizkörper 
stehenden  Wassergefäfse  JV‘  und  IF"  einen  Fassungsraum  gleich 
dem  sämtlicher  zugehörigen  Heizkörper.  Wird  nun  in  einen  der 
letzteren  eine  gewisse  Menge  Dampf  eingelassen,  so  verdrängt  dieser 
aus  dem  Heizkörper  durch  die  communicirende  Rohrleitung  A' //' S' 
und  R“  H“  S“  so  viel  Wasser  nach  dem  Gefäfs  fF‘  bezw.  f-F“,  bis 
die  durch  den  wagerechten  Unterschied  der  Wasserspiegelhöhen  im 
Heizkörper  und  Wassergefäfs  dargestellte  Wassersäule  dem  im  Heiz¬ 
körper  wirksamen  Dampfdruck  das  Gleichgewicht  hält.  Man  hat  es 
also  vollkommen  in  der  Hand,  einen  beliebigen  Theil  des  Heizkörpers 
■wirksam  zu  machen.  Das  verdrängte  Wasser  fliefst  aus  IF'  bezw. 

I  durch  den  Ueberlauf  in  die  Rückflufsleitung  C  und  von  da  nach  dem 
Kessel  zurück.  Beim  Abstellen  des  Dampfventils  füllt  sich  der  Heiz¬ 
körper  nach  dem  Gesetz  der  communicirenden  Röhren  sofort  wieder 
mit  Wasser  und  tritt  somit  aufser  Heizwirkung.  Dieses  System  bietet 
älteren  Anlagen  von  Dampfniederdruckheizungen  gegenüber  die  auch 
schon  beim  Käulferschen  hervorgehobeneu  Vortheile  der  Entbehrlich¬ 
keit  der  Wärmeschutzmäntel,  des  Fehlens  von  Luftventilen  an  den 
Heizkörpern,  der  sicheren  Regelbarkeit  der  Heizwirkung  und  der 
Beseitignng  der  Gefahr  des  inneren  Röstens.  Einige  Bedenken  ruft 
jedoch  die  Wasserfüllung  der  Syphonleitung  und  der  Heizkörper  im 
ungeheizten  Zustande  insofern  hervor,  als  ein  Einfrieren  des  Wasser¬ 
inhalts  bei  längerer  Aufserbetriebstellung  einzelner  Gruppen  nicht 
ausgeschlossen  ist.  Um  diesem  Uebelstande  zu  begegnen  und  um  bei 
Ausbesserungen  einzelne  Gruppen  ausschalten  zu  können,  sind  zwar 
die  nach  Geschossen  getrennten  Entleerungshähne  F'  und  F"  an¬ 
geordnet,  doch  wird  es  sich  überdies  empfehlen,  die  Heizkörper- 
Dam^jfventile  so  einzurichten,  dafs  die  Dampfzuströmung  unter  ge¬ 
wöhnlichen  Umständen  und  bis  auf  ein  gewisses  kleinstes  Mafs  ab¬ 
gestellt  werden  kann,  damit  dauernd  eine  der  Gefahr  des  Einfrierens 
in  ausreichendem  Mafse  begegnende  Wärmemenge  den  Heizkörpern 
und  der  Syphonleitung  zu  gute  kommt. 

Von  Interesse  ist,1  dafs  bei  diesem  System  die  aus  den  Gefäfsea 
JF‘  W“  nach  der  Rücklaufleitung  entströmende  Wassermenge  im  ge¬ 
nauen  Verhältnisse  zu  der  in  der  zugehörigen  Heizkörpergruppe  ver¬ 
brauchten  Dampfmenge  steht.  Durch  Einschaltung  von  Wasser¬ 
messern  in  die  Ueberlaufanschlüsse  ist  man  somit  in  der  Lage,  den 
Dampfverbrauch  und  die  der  betreffenden  Heizkörpergruppe  zugeführte 
Wärmemenge  unmittelbar  zu  messen.  Für  die  mit  derartiger  Heizung 
ausgestatteten  Gebäude,  deren  einzelne  Geschosse  abgeschlossene 
Wohnungen,  Geschäftsräume  u.  dgl.  umfassen,  ist  diese  Neuerung 
insofern  von  grofser  Bedeutung,  als  der  von  den  einzelnen  Miethern  zu 
tragende  Antheil  an  den  Gesamtbetriebskosten  der  Heizung  nach  den 
Angaben  der  Wassermesser  sicher  festgestellt  werden  kann.  P.  B. 


lieber  zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken. 

(Fortsetzung.) 


Besonders  zu  erwähnen  sind  noch  die  von  den  Aerzten  neuerdings 
sehr  empfohlenen,  in  einzelnen  Krankenhäusern  mit  bestem  Erfolge 
ausgeführten  Fufsbodenheizungen,  bei  welchen  die  Aufstellung 
besonderer  Heizkörper  in  den  Krankenräumen  nicht  erforderlich  ist, 
die  Wärmeabgabe  an  letztere  vielmehr  durch  Vermittlung  des 
mäfsig  erhitzten,  aus  Stein  hergestellten  Fufsbodens  stattfindet.  Diese 
Heizung  eignet  sich  für  die  Erwärmung  im  Erdgeschofs  belegener 
Krankenräume,  weil  unter  diesen  die  Heizkörper  bequem  untergebracht 
werden  können;  sie  wird  daher  in  eingeschossigen,  nach  dem  Pavillon¬ 
system  hergestellten  Krankenhäusern,  bei  denen  auf  eine  anderweitige 
Benutzimg  des  Untergeschosses  verzichtet  wird,  Verwendung  finden 
können.  Eine  derai-tige  Heizung  ist  in  kleinerem  Umfange  in  dem 
neben  der  Königl.  Charitd  in  Berlin  erbauten  Kinderkrankenhause 

Im  Schlufssatze  der  Fortsetzung  auf  S.  22  d.  J.  sind  die  in  der 
Frauenklinik  in  Breslau  angewandten  Füllöfen  durch  ein  Versehen 
als  Keidelsche  bezeichnet.  Sie  rühren  von  der  Firma  E.  Kelling 
her,  von  der  auch  die  gesamte  Heiz-  und  Lüftungsanlage  in  der  ge¬ 
nannten  Klinik  ausgeführt  worden  ist. 


(vgl.  Centralbl.  d.  Bauverwaltung  1888,  S.  61  und  1889,  S.  463),  in 
grofsem  Umfange  in  den  zahlreichen  Pavillons  des  neuen  allgemeinen 
Krankenhauses  in  Hamburg-Eppendorf  ausgeführt.  Da  die  an  den 
bezeichneten  Stellen  vom  Kinderkrankenhause  gegebenen  Zeichnungen 
das  System  der  Heizung  nicht  ganz  klar  erkennen  lassen,  ist 
dieses  nach  den  älteren,  bewährten  Anordnungen  von  Hamburg- 
Eppendorf  nebenstehend  in  Grundrissen  und  Schnitten**)  schematisch 
dargestellt  (Abb.  14).  Die  Vorzüge  dieses  im  allgemeinen  noch  wenig 
bekannten  Heizsystemes  sollen  hier  kurz  hervorgehoben  werden.  Es 
wird  bei  ihm  die  Wärmequelle  dahin  verlegt,  wo  sie  am  meisten 
eiuvünscht  ist,  d.  h.  in  den  Fufsboden.  Letzterer  wird  als  Ofen 
benutzt,  welcher  seiner  Beschaflfenheit  nach  nicht  nur  imstande  ist, 
die  ihm  mitgetheilte  Wärme  sehr  lange  zu  halten,  sondern  auch  eine 
so  gi’ofse  ausstrahlende  Fläche  besitzt,  dafs  er  nur  mäfsig  (durch¬ 
schnittlich  20  bis  25°  R.  an  der  Oberfläche)  erhitzt  zu  werden  braucht, 

**)  Diese  Zeichnungen  sind  der  Schrift  von  Dr.  Th.  Deneke, 
Braunschweig  1889,  mit  Genehmigung  des  Herrn  A^erfassers  ent¬ 
nommen. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


39 


Sr.  4. 


um  die  in  den  darüber  liegenden  Räumen  geforderte  Temperatur 
zu  erzielen.  Auch  wird  durch  die  Erwärmung  des  Fufsbodens  eine 
s  0  kräftige  Bewegung  der  Luft  hervorgebracht,  dafs  ein  nachtheiliges 
Stagniren  derselben  in  Winkeln  und  unter  den  Betten  nicht  ein- 
treten  kann.  Endlich  läfst  sich  eine  ausgiebige  Befeuchtung  der 
Luft  in  einfachster  Weise  durch  die  tägliche  Reinigung  des  Fufs¬ 
bodens  mit  Wasser  erreichen. 

Die  Vorzüge  dieses  Heizsystemes  treten  am  meisten  hervor  bei 


ist.  Damit  die  Kranken  durch  die  zugeführte  erwärmte  Luft  nicht 
belästigt  werden,  sind  die  Ausmündungsstellen  in  einer  Höhe  von 
2  bis  2,5  m  über  dem  Fufsboden  anzuordnen.  Eine  Filterung  der 
frischen  Luft  erscheint  in  jedem  Falle  nothw endig.  Für  die  Venti¬ 
lation  im  Sommer  wird  in  den  meisten  Fällen  die  Benutzung  der 
in  den  Fenstern  reichlich  vorzusehenden  Lüftungseinrichtungen  (vgl. 
S.  368  u.  f.  1889)  genügen.  Nur  im  Frühjahr  und  Spätherbste  ist 
die  zu  dieser  Jahreszeit  weniger  lästige  Einführung  der  frischen  Luft 


U.0 


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IL.C. 


einer  Construction  des  Fufs¬ 
bodens  aus  Stein,  welche 
gleichzeitig  die  gröfste  Rein¬ 
lichkeit  gestattet.  Im  Ber¬ 
liner  Kinderkrankenhause 
ist  der  Fufsboden  aus 
Monier-Platten  mitTerrazzo- 
belag  darüber,  in  den  Kran¬ 
kenpavillons  von  Hamburg- 
Eppendorf  aus  Gemen tplat- 
ten  von  4  bis  7  cm  Dicke 
mit  Terrazzobelag  dainiber 
hergestellt.  Die  Heizrohren 
liegen  in  bekriechbaren 
(besser  begehbaren)  Canä¬ 
len,  welche  untereinander 
durch  Schlitze  in  den 
Scheidewänden  in  Verbin¬ 
dung  stehen.  Durch  Ventile 
an  den  Enden  der  Röhren 
können  einzelne  derselben 
von  der  Wärmeabgabe  nach 
Bedürfnifs  ausgeschlossen 
werden.  Die  Speisung  der 
Heizröhren  ist  in  den  be- 
zeichneten  Krankenhäusern 
theils  durch  heifses  Wasser, 
theils  durch  Dampf  erfolgt; 
letzterer  dürfte  wegen  der 
geringeren  Gefahr  des  Ein¬ 
frierens  und  wegen  der 
gröfseren  Leitungsfähigkeit 
den  Vorzug  verdienen.  Bei 
vereinzelt  liegenden  Kran¬ 
kenhäusern  wird  die  Erzeu¬ 
gung  des  Dampfes  zweck- 
mäfsig  innerhalb  des  Ge¬ 
bäudes,  bei  gröfseren  An¬ 
stalten  wegen  der  wünschens- 
werthen  Vereinfachung  des 
Betriebes  und  geringeren 
Rauchbelästigung  besservon 
einer  Stelle  aus  erfolgen. 

c.  Lufterneuerung. 

Diese  mufs  sowohl  im 
Sommer  wie  im  Winter  eine 
reichliche  sein  und  etwa  80 
bis  100  cbm  für  den  Kopf 
und  die  Stunde  betragen. 

Im  Winter  ist  die  frische 
Luft  den  Krankenräumen 

stets  erwärmt  zuzuführen,  entweder  durch  Vermittlung  der  in  den 
Räumen  aufgestellten  Heizkörper  oder  von  besonderen  Heizkammern 
aus.  Von  einer  Verwendung  der  sehr  wirksamen,  aber  im  Betriebe 
theuern  Ventilatoren  zur  Einführung  der  frischen  warmen  Luft  wird  in 
den  meisten  Fällen  abgesehen  werden  können.  Die  in  einzelnen  Kliniken 
gewählte  Luftentnahme  von  den  erwärmten  Fluren  aus  kann  im 
allgemeinen  nicht  empfohlen  werden,  da  hierbei  eine  Uebertragung 
von  Ansteckungsstoffen  aus  einem  Raum  in  den  anderen  zu  befürchten 


Kellergeschofs. 

R  Rampe. 

S  Schrank. 

SB  Spülbecken. 

T  Tisch. 

Tr  Treppe  in  den  Keller. 


Abb.  14. 


(unter  Umständen  mittels 
Ventilatoren,  die  durch  Gas¬ 
kraftmaschinen  betrieben 
werden)  mit  Benutzung  der 
im  Mauerwerk  vorhandenen 
Canäle  zu  empfehlen, 
d.  Abführung  der  ver¬ 
dorbenen  Luft. 

Von  dieser  dürfte  in  gut 
eingerichteten  Kranken¬ 
häusern  kaum  abzusehen 
sein,  da  andernfalls  eine 
kräftige  Lufterneuerung  sehr 
erschwert  wird.  Für  ge¬ 
wöhnlich  erfolgt  die  Ab¬ 
führung  der  verbrauchten 
Luft  durch  besondere  bis 
über  Dach  geleitete  Canäle 
in  den  Umfassungswänden 
der  Krankenräume.  Es  ist 
dafür  zu  sorgen,  dafs  der 
Luftauftrieb  in  diesen  Ca¬ 
nälen  zu  geeigneter  Jahres¬ 
zeit  durch  Dampfspiralen 
oder  kleine  Gasroste,  durch 
Lockfeuerungen  oder  ge¬ 
eignete  Verbindung  der 
Luftcanäle  mit  warmen 
Rauchröhren  unterstützt 
werden  kann.  Die  zur  Ab¬ 
führung  der  Luft  bestimmten 
Canäle  müssen  mit  zwei 
verschliefsbaren  Abzugs¬ 
öffnungen  in  der  Nähe  des 
Fufsbodens  und  in  der 
Nähe  der  Decke  versehen 
werden,  von  denen  die 
ersteren  im  Winter,  die 
letzteren  im  Sommer  in 
Gebrauch  zu  nehmen  sind. 
In  eingeschossigen  Kranken¬ 
häusern  und  in  den  oberen 
Geschossen  mehrstöckiger 
Krankenhäuser  kann  die 
Abführung  der  Luft  im 
Sommer  durch  Dachreiter 
von  entsprechender  Länge 
erfolgen  (Firstlüftung),  die 
in  der  Decke  und  im  First 
angebracht  werden  und  stets 
mit  regulirbaren  Jalousie¬ 
klappen  zu  versehen  sind  (vgl.  Abb.  14).  Im  Winter  ist  diese 
Art  der  Luftabführung  nicht  brauchbar,  weil  die  nach  der 
Decke  steigende  warme  Luft  durch  die  Dachreiter  entweichen,  auch 
lästiger  Zug  entstehen  würde;  da,  wo  eine  Firstlttftung  eingerichtet 
ist',  werden  die  Jalousieklappen  in  den  Dachreitern  während  des 
Winters  vielmehr  sorgfältig  zu  verschliefsen  sein.  —  Trotz  aller 
Lüftungseinrichtungen  wird  die  Ansammlung  übler  Gerüche  in  den 
Krankenräumen  nicht  ganz  zu  vermeiden  sein,  und  es  mufs  deshalb 


UT  Glastisch  für  Geiäthe. 
VS  Verbandschrank. 

VT  Verbandtisch. 

Wu.  ST  Wasch-  n.  Schreib¬ 
tisch. 


Erdgeschofs. 

WT  Waschtisch. 

HK  Heizkörper. 

LC  Luftcanal. 

WTr  Wäschetrumpf. 


Neues  allgemeines  Krankenhaus  in  Hamburg-Eppendorf. 
Grosser  Krankenpavillon  (Fufsbodenheizung). 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


25.  .Januar  1890. 


40 


von  Zeit  zu  Zeit  eine  gründliche  Durchlüftung  der  letzteren  durch 
Oeffnen  der  Thüren  und  Fenster  vorgenoinmen  werden. 

8.  Die  Aborte. 

Die  Lage  der  Aborte  mufs  derartig  sein,  dafs  die  selbst  bei 
besten  Einrichtungen  nicht  ganz  zu  vermeidenden  üblen  Ausdünstungen 
nicht  in  die  Krankenzimmer  gelangen  können.  Es  empfiehlt  sich 
deshalb,  nicht  zerstreute  Einzelaborte  in  unmittelbarer  Verbindung 
mit  den  Krankenräumen,  sondern  von  den  Fluren  aus  zugängliche 
Sammelaborte,  thunlichst  in  der  Nähe  jener  Eäume  herzustellen. 
Diese  Anordnung  ist  bei  fast  allen  neuen  Kliniken  gewählt  worden 
und  hat  sich  bewährt,  da  die  Flure  in  der  Regel  geheizt  und  von 
Leichtkranken  ohnehin  zum  Spazierengehen  benutzt  werden,  während 
die  Schwerkranken  in  jedem  Falle  auf  den  Gebrauch  von  Stech- 
beckeii  angewiesen  sind.  Es  empfiehlt  sich,  die  Aborträume  von  den 
Fluren  durch  besondere  kleine  Vorräume  zu  trennen  und  in  allen 
Geschossen  übereinander  anzuorduen,  damit  bei  eintretenden  Schäden 
(Verstopfungen,  Ueberschwemmungen  usw.)  nicht  andere  Theile  des 
Gebäudes  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden.  Die  Abmessungen  der 
einzelnen  Abortverschläge  dürfen  nicht  zu  knapp  sein,  da  Kranke 
etwas  mehr  Raum  zur  Bewegung  als  Gesunde  brauchen;  als  geeignet 
sind  Breiten  von  1  m  und  Tiefen  von  1,5  m  zu  empfehlen.  Die  Zahl 
der  in  jedem  Geschofs  anzuordnenden  Aborte  ist  von  der  Zahl  der 
Kranken  und  der  einzelnen,  meist  von  einander  gesonderten  Kranken¬ 
stationen  abhängig.  Im  allgemeinen  kann  angenommen  werden,  dafs 
für  je  10  Kranke  mindestens  ein  Abort  herzustelleii  ist;  aufserdem 
sind  für  die  Aerzte  und  das  Wärterpersonal  gesonderte  Aborte  vor¬ 
zusehen.  Im  Interesse  möglichster  Sauberkeit  und  reichlicher 
Lüftung  ist  grofser  Werth  darauf  zu  legen,  dafs  jeder  Abortverschlag 
mit  einem  kleinen  Fenster  versehen  wird.  Dafs  aufserdem  auch  die 
gemeinsamen  Vorräume  gut  beleuchtet  werden  müssen,  ist  selbst¬ 
verständlich.  Die  Anordnung  von  Abortverschlägen  ohne  Fenster 
innerhalb  selbst  heller  Räume  ist  nicht  zu  empfehlen,  da  die  einzelnen 
Sitze  in  diesem  Falle  dunkel  bleiben  und  mehr  als  sonst  zu  Unreinig¬ 
keiten  Veranlassung  geben.  —  Wenn  irgend  thunlich,  sind  die  Aus¬ 
wurfstoffe  weder  innerhalb  der  Aborträume  noch  unterhalb  derselben 
(in  Tonnenräumen  oder  Gruben)  anzusammeln,  da  in  Krankenhäusern 
nachtheilige  Ausdünstungen,  welche  bei  dieser  Anordnung  nicht  aus- 
bleiben  würden,  mehr  als  anderswo  vermieden  werden  müssen.  Es 
empfiehlt  sich  vielmehr,  die  Abgangsstoffe  in  verdünntem  Zustande 
möglichst  schnell  aus  dem  Bereiche  der  Krankenhäuser  zu  entfernen, 
woraus  folgt,  dafs  eine  kräftige  Spülung  der  Trichter  und  eine  unter¬ 
irdische  Abführung  der  Stoffe  anzustreben  ist.  Können  letztere  nicht 
unmittelbar  in  die  städtischen  Entwässerungs-Canäle  eingeführt  werden, 
so  sind  sie  zunächst  in  wasserdichten,  vom  Hause  thunlichst  entfernt 
liegenden  Gruben  anzusammeln,  dort  zu  klären  und  zu  desinficiren. 

Hinsichtlich  der  Construction  ist  zu  bemerken,  dafs  sich  Spül¬ 
aborte  einfachster  Herstellungsweise  (II.  Klasse)  mit  gewöhnlichen 
Geruchsverschlüssen  und  festschliefsenden  Deckeln  am  besten  bewährt 
haben.  Die  Abführung  der  verdünnten  Abgangstoffe  erfolgt  zweck- 
mäfsig  in  gufseisernen  Röhren,  die  nach  oben,  behufs  schneller  Ent¬ 
fernung  der  sich  ansammelnden  Gase,  bis  über  die  Dachfläche  zu 
führen  sind.  Da  die  Abortsitze  von  den  Kranken  trotz  peinlicher 
Ueberwachung  zur  heimlichen  Beseitigung  von  allerlei  Gegenständen 
(Verbandstücken,  Resten  unerlaubter  Speisen  usw.)  benutzt  zu  werden 
pflegen,  wodurch  Beschädigungen  und  Verstopfungen  eintreten,  so 
ist  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Abfallröhren  überall  zugänglich  sind. 
Sie  müssen  deshalb  frei  auf  den  Wänden  liegen  und  in  jedem  Geschofs 
mit  verschraubten  Reinigungsstutzen  versehen  werden,  damit  die  Be¬ 
seitigung  entstandener  Schäden  schnell  und  ohne  erhebliche  Kosten 


erfolgen  kann.  Auch  empfiehlt  es  sich,  für  die  häufig  als  Verstecke 
benutzten  Sitze  knappe,  den  Aborttrichtern  thunlichst  angepafste 
Formen  zu  wühlen.  Eine  kräftige  Bewegung  der  Luft  in  allen 
Theilen  ist  dringend  erwünscht;  zu  diesem  Zwecke  sind  die  einzelnen 
Verschlüge  nicht  bis  zur  Decke  des  Raumes  zu  führen,  sondern  nur 
etwa  2,5  m  hoch  herzustellen  und  die  Thüren  zu  denselben  im  unteren 
Theile  mit  reichlichen  Ausschnitten  zu  versehen. 

Die  Aborträume  müssen  ebenso  wie  die  benachbarten  Flure  aus¬ 
reichend  (15°  C.)  geheizt  und  gelüftet  werden.  Zur  Heizung  kann 
entweder  warme  Luft  (vgl.  Abb.  15)  oder  ein  kleiner  Heizapparat  ver¬ 
wendet  werden.  Auf  eine  kräftige  Entlüftung  ist  besondere  Sorgfalt 
zu  verwenden.  Zu  entlüften  sind  nicht  nur  die  Aborträume,  sondern 
vor  allen  Dingen  auch  die  Abortsitze,  da  auf  diese  Weise  die  in  den 


0  5  10"* 

1  I  1 : I  1 .  .  I 

aa  Eütlüftuug  der  Abortsitze.  b  Entlüftung  des  Abortraumes, 
c  Zuführung  warmer  Luft 

||[||j|[j[jjj|  Warme  Luft.  Abluft. 

Abb.  15.  Anordnung  der  Aborte. 

Becken  entstehenden  Ausdünstungen  schnell  und  sicher  entfernt 
werden,  bevor  sie  Gelegenheit  haben,  sich  im  Raume  zu  verbreiten. 
Die  Entlüftung  erfolgt  zweckmäfsig  durch  Canäle  in  den  Wänden 
oder  durch  Metallröhren,  welche  bis  über  die  Dachfläche  zu  führen 
und  zur  Beförderung  eines  schnellen  Dunstabzuges  mit  Gasflammen 
zu  versehen  sind.  Die  Fenster  müssen  mit  Luftflügeln  oder  Glas- 
jalousieen  ausgestattet  werden.  Zur  Erhöhung  der  Reinlichkeit  sind 
die  Wände  der  Aborträume  mit  Oelfarbe  zu  streichen  und  die  Fufs- 
böden  ohne  Fugen  und  undurchlässig,  d.  h.  mit  einem  Belage  von 
Asphalt  oder  Terrazzo,  herzustellen.  Eine  zweckmäfsige  Anordnung 
von  Aborten  ist  in  Abb.  15  dargestellt.  (Fortsetzung  folgt.) 


Ein  Beitrag  zur  Gründung  in  Triebsand 


Bei  Gründungen  von  Brückenpfeilern  und  sonstigen  Bauwerken 
in  sandigem  Untergründe  ist  bekanntlich  jegliches  starke  Abpumpen 
des  Wassers  aus  der  Baugrube  zu  vermeiden,  weil  sonst  wegen  der 
Verminderung  des  Gegendrucks  das  durch  den  Sandboden  auf¬ 
quellende  Wasser  den  Sand  auf  lockern  und  die  Tragfähigkeit  des 
Baugrundes  erheblich  beeinträchtigen  würde.  Abgesehen  aber  von  der 
Rücksicht  auf  die  Verschlechterung  des  Baugrundes  mufs  unter  be¬ 
sonderen  Verhältnissen  auch  die  Rücksichtnahme  auf  die  Gefährdung 
der  in  der  Baugrube  beschäftigten  Arbeiter  von  einer  kräftigen 
Wasserhaltung  abrathen.  Durch  den  gelockerten  Sand  hindurch 
quellen  bald  hier  bald  dort  kleine  Wasseradern.  Hierdurch  kann 
die  Wasserzunahme  in  der  Baugrube  bisweilen  so  schnell  eintreten, 
dafs  diese  trotz  der  Wirkung  kräftigster  Pumparbeit  in  wenigen 
Secunden  sich  völlig  anfüllt;  Arbeiter,  die  sich  gerade  am  Boden  der 
Baugrube  auf  halten,  wird  man  nicht  immer  rechtzeitig  und  rasch 
genug  vor  der  ihnen  drohenden  Gefahr  warnen  können. 

Beim  Bau  der  Neustrelitz- Warnemünder  Eisenbahn  hatte  ich  im 
Herbst  1884  Gelegenheit,  bei  Gründungen  im  Recknitzthal  bei  Laage 


in  Mecklenburg  Beobachtungen  von  überraschend  plötzlich  ein¬ 
tretenden  Wasser-Einbrüchen  zu  machen,  und  ich  glaube,  dafs  eine 
nähere  Schilderung  eines  Vorganges  dortselbst  vielleicht  ein  allge¬ 
meines  Interesse  finden  wird.  Der  etwa  5  m  breite  und  1,5  m  tiefe 
Recknitzbach  wird  bei  Laage  von  der  genannten  Bahn  mittels  einer 
5  m  weiten  gewölbten  Brücke  überschritten.  An  der  Baustelle  be¬ 
findet  sich  unter  einer  5  m  tiefen  Moor-  und  Torfschicht  sehr  feiner 
reiner  Sand  von  genügender  Mächtigkeit  und  Tragfähigkeit.  Auf 
diese  Schicht  waren  die  Fundamente  aufzusetzen.  Die  beiden  Bau¬ 
gruben  für  die  Landpfeiler  wurden  ohne  Verlegung  des  Bachlaufes 
mit  einer  noch  1,5  m  in  die  Sandschicht  eindringenden  Spundwand 
umschlossen,  deren  viereckiger  Grundrifs  die  Abmessungen  8,5  m  zu 
4  m  hatte.  Der  Moorboden  konnte  in  beiden  Spundwandkasten  bis 
zu  3  m  Tiefe  unter  nur  geringem  Wasserschöpfen  ganz  im  Trocknen 
ausgestochen  und  abgekarrt  werden;  darauf  wurde  der  Wasser- 
zudrang  etwas  stärker,  doch  genügte  die  Anstellung  einer  doppelt 
wirkenden  Saug-  und  Druckpumpe  in  jedem  Kasten  für  die  Aus¬ 
schachtung  des  Torfes  im  Trockenen  bis  zu  4  m  Tiefe  (vgl.  die  Abb.). 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


4i 


Nr.  4. 


Um  nun  auch  die  Ausschachtung  der  letzten,  nur  noch  1  m 
starken  Torfschicht  und  darauf  möglichst  auch  die  Maurerarbeiten 
ohne  Anwendung  von  Betonschüttung  im  Trocknen  bewirken  zu 
können  —  ein  Vorgehen,  welches  meinerseits  von  vornherein  für  un- 
thunlich  erklärt  war  —  wurden  jetzt  alle  verfügbaren  Pumpen,  näm¬ 
lich  drei  doppeltwirkende  Saug-  und  Druckpumpen  und  drei  kleinere 
einfache  Pumpen  bei  einem  der  beiden  Kasten  angestellt.  Da  jedoch 


Bern.  Wasserstaud  in  den  Kasten  nach  Eintritt  des  Durchbruchs. 


nach  weiterer  Beseitigung  der  Torfschicht  trotz  alles  Pumpens  der 
Wasserandrang  sich  zu  grofs  zeigte,  so  gab  man  im  ersten  Kasten 
die  Wasserhaltung  auf  und  entschied  sich  für  die  Betonirung  der 
Sohle. 

Inzwischen  war  bei  dem  —  vom  ersten  5  m  entfernten  — 
zweiten  Spundwandkasten  unter  sehr  kräftigem  Pumpen  die  letzte 
Torfschicht  entfernt  und  die  Sandschicht  freigelegt.  Die  Maurer 
waren  auf  die  Sohle  hinabgestiegen;  die  erste  Fundamentschicht 
war  in  Angriff  genommen:  da  schien  sich  ganz  plötzlich  der 
Sandboden  unter  den  Füfsen  der  Maurer  zu  heben.  Es  quoll  eine 
so  grofse  Wassermenge  von  unten  herauf,  dafs  das  Wasser  im 


Kasten  in  wenigen  Secunden  die  Höhe  von  2,5  m  erreichte.  Maurer¬ 
und  Arbeiter  konnten  sich  durch  schleunigste  Flucht  kaum  recht 
zeitig  in  Sicherheit  bringen,  obgleich  vorsorglich  genügend  viele 
Leitern  und  Gerüste  in  die  Grube  gestellt  waren. 

Eine  sofortige  Untersuchung  ergab  die  sehr  überraschende  That- 
sache,  dafs  der  zweite.  Kasten  sich  nicht  etwa  aus  der  Recknitz 
selbst,  sondern  aus  dem  durch  den  5  m  breiten  Bach  getrennten 
ersten  Spundwandkasten  zur  Hälfte  gefüllt  hatte.  Der  erste  Kasten 
nämlich,  der  kurz  vor  Eintritt  dieses  Vorfalls  bis  zur  Höhe  des 
Wasserspiegels  der  Recknitz,  d.  h.  fast  bis  zu  seinem  oberen  Rande 
gefüllt  gewesen  war,  hatte  beim  Durchbruch  der  Wassermenge  in 
dem  zweiten  Kasten  genau  soviel  Wasser  verloren,  wie  der  zweite 
so  plötzlich  erhalten  batte;  in  beiden  stand  das  Wasser  nun  gleich 
hoch,  etwa  2  m  unter  dem  Wasserspiegel  der  Recknitz.  Erst  nach 
Verlauf  vieler  Stunden  hatten  sich  in  den  beiden  Kasten  die  Spiegel, 
die  jetzt  stets  in  gleicher  Höhe  blieben,  mit  dem  der  Recknitz  aus¬ 
geglichen. 

Wenngleich  der  hier  geschilderte  Vorgang  nur  ein  ganz  natür¬ 
licher  ist,  weil  beide  Kasten  durch  die  Sandschicht  unter  dem  Reck¬ 
nitzbett  hindurch  in  Verbindung  standen,  so  hatte  man  ihn  damals 
doch  nicht  vermuthet.  Es  waren  nach  bestem  Wissen  die  Um- 
schliefsungen  der  Baugruben  hergerichtet;  gegen  ein  seitliches  Ein¬ 
dringen  von  Wassermassen  hatte  man  sich  geschützt  und  einen  auch 
nur  nennenswerthen  Einbruch  unmittelbar  aus  dem  Recknitzbache 
von  der  Sohle  her  glaubte  man  mit  Recht  nicht  fürchten  zu  müssen, 
weil  unter  der  Recknitzsohle  sich  noch  3,5  m  tiefer  Torfboden  be¬ 
fand,  der,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  als  Dichtungsmaterial  sehr  gute 
Dienste  leistet. 

Im  vorliegenden  Falle  wurde  nach  so  trüben  Erfahrungen  nun¬ 
mehr  von  einer  Trockenlegung  auch  der  zweiten  Baugrube  durch 
Pumpen  Abstand  genommen,  und  erst  nach  Ausführung  einer  Beton¬ 
schüttung  wurde  im  Trockenen  mit  den  Maurerarbeiten  begonnen. 

Es  mögen  diese  Vorkommnisse  einen  neuen  Beweis  dafür  liefern, 
wie  vorsichtig  und  umsichtig  der  Tiefbauingenieur  bei  Gründungen 
in  Triebsand  zu  Werke  zu  gehen  hat. 

Stettin,  im  October  1889.  W.  Schilling, 

Königl.  Reg.-Baumeister. 


Karte  des  Yerkehrs  auf  deutschen  Wasserstrafsen  im  Jahre  1885 


Nachdem  vor  zwei  Jahren  im  preufsischen  Ministerium  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten  von  den  Königl.  Regierungs -Baumeistern  Sympher 
und  Maschke  eine  Karte  der  deutschen  Wasserstrafsen*)  bearbeitet 
worden  ist,  welche  ein  übersichtliches  Bild  des  ausgebreiteten  deut¬ 
schen  Schiffahrtsnetzes  gewährt,  ist  jetzt  eine  ähnliche  Karte**)  er¬ 
schienen,  welche  die  Ergebnisse  der  Statistik  des  deutschen  Reiches 
über  den  Verkehr  auf  den  deutschen  Wasserstrafsen  im  Jahre  1885 
zeichnerisch  zur  Darstellung  und  damit  die  Gröfse  und  örtliche 
Vertheilung  des  Güterverkehrs  auf  unseren  Wasserstrafsen  zu 
lebendiger  Anschauung  bringt.  Dies  ist  dadurch  bewirkt  worden, 
dafs  erstens  der  kilometrische  Verkehr  der  Wasserstrafsen  oder  der 
Umlauf  durch  verhältnifsmäfsige  farbige  Breitenbänder,  nach  Berg- 
und  Thalverkehr  getrennt,  und  zweitens  der  Verkehr  einer  gröfseren 
Anzahl  von  Hafenplätzen,  nach  Ankunft  und  Abgang  getrennt,  durch 
gleichfalls  verhältnifsmäfsige  und  farbige  Kreisflächen  verzeichnet 
sind.  Ein  besonderes  Heft  „Erläuterungen“  enthält  in  gedrängter 
Kürze  die  nöthigen  Aufklärungen  über  die  Grundlagen  der  Be¬ 
arbeitung  und  die  Verwerthung  des  vorhandenen  Materials.  Das 
zur  Darstellung  gebrachte  Verkehrsgebiet  umfafst  das  ganze  deutsche 
Reich.  Aufser  acht  gelassen  ist  indes  derjenige  Binnenschiffsverkehr, 
welcher  sich  auf  den  Mündungen  der  grofsen,  in  das  Meer  strömenden 
Flüsse  innerhalb  derjenigen  Strecke  abgewickelt  hat,  welche  auch 
von  Seeschiffen  befahren  wird. 

Während  derartige  Verkehrskarten  in  Frankreich  alljährlich  den 
amtlichen  Veröffentlichungen  der  betreffenden  statistischen  Erhebungen 
beigefügt  werden,  ist  diese  bildliche  Darstellungsweise  des  Verkehrs 
auf  den  Wasserstrafsen  in  Deutschland  neu,  und  diese  Arbeit  kann 
daher  nur  freudigst  begrüfst  werden,  da  sie  nicht  allein  mehr  als 
alle  todten  Zahlen  wirkt,  sondern  auch  sehr  vielen  Kreisen  erst  eine 
richtige  Vorstellung  von  der  Bedeutung  unseres  Wasserstrafsen- 
verkehrs  geben  wird.  ,  Dem  Bearbeiter  gebührt  umsomehr  unser 


*)  Vgl.  Jahrg.  1887  d.  BL,  S.  497. 

**)  Karte  des  Verkehrs  auf  deutschen  Wasserstrafsen 
im  Jahre  1885.  Nach  den  Ergebnissen  der  Statistik  des  Deutschen 
Reiches,  nach  Handelskammerberichten  und  anderweiten  Quellen  auf 
Veranlassung  des  Central -Vereins  für  Hebung  der  deutschen  Flufs- 
und  Canalschiffahrt  bearbeitet  und  mit  Unterstützung  des  Herrn 
Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  herausgegeben  von  Sympher, 
Königlicher  Regierungs -Baumeister.  4  Blätter  colorirt.  Mafsstab: 
1  zu  1250  000.  Berlin  1889.  Verlag  des  Berliner  Lith.  Instituts 
(Julius  Moser).  Preis  6  Mark. 


Dank,  als  bei  dem  Mangel  an  einheitlichen  und  umfassenden 
statistischen  Aufzeichnungen  in  Deutschland  das  vorhandene  Material 
immer  nur  als  ein  lückenhaftes  bezeichnet  werden  mufs,  und  man¬ 
cherlei  umständliche  Zwischenrechnungen  erforderlich  waren,  um 
schon  jetzt  ein  ziemlich  genaues  Bild  der  Gesamtverkehrsleistungen 
zu  geben.  Der  in  demselben  Mafsstabe  und  in  derselben  Anordnung 
und  Ausführungsweise  wie  die  Karte  der  deutschen  Wassei'strafsen 
hergestellten  Verkehrskarte  ist  daher  die  gröfstmöglichste  Verbreitung 
zu  wünschen,  ihr  Zweck  ist  erreicht,  wenn  sie  die  Kenntnifs  von  der 
aufserordentlichen  Bedeutung  unserer  Binnenwasserstrafsen  in  Bezug 
auf  den  Güterverkehr  in  die  weitesten  Kreise  hineinträgt  und  An¬ 
regung  giebt  zur  Beseitigung  der  noch  vorhandenen  Mängel,  sowohl 
was  die  Ausnutzungsfähigkeit  der  Wasserstrafsen,  als  auch  was  die 
statistischen  Ermittlungen  des  Verkehrs  anbetrifft,  um  allseitig  be¬ 
friedigende  Ergebnisse  zu  liefern. 

Wenn  die  vorliegende  Karte  für  den  Zweck  einer  reinen  Ver¬ 
kehrskarte  vielleicht  auch  einen  etwas  zu  grofsen  Umfang  hat  und 
zu  reichhaltig  ausgestattet  ist,  so  sind  doch  anderseits  solche  An¬ 
gaben  wie  die  kilometrischen  Entfernungszahlen  der  an  den  Wasser¬ 
strafsen  gelegenen  Ortschaften,  von  der  Mündung  des  betreffenden 
Flusses  oder  von  dem  Anfänge  des  Canals  ab  gerechnet,  die  Be¬ 
zeichnung  der  Grenzen  der  Schiffbarkeit  und  Flöfsbarkeit  eines 
Flusses,  ein  vollständiges  Eisenbahnnetz,  sowie  die  politische  Landes- 
eintheilung  nach  Staaten  und  Provinzen,  Regierungsbezirken  oder 
Kreisen  usw.  für  die  Kenntnifs  des  Flufs-  und  Canalnetzes  sowie 
für  die  Schiffahrt  von  grofser  Wichtigkeit  und  geben  daher  der 
Karte  eine  erweiterte  Bedeutung.  Für  die  Zukunft  würde  allerdings 
wohl  ein  kleineres  Format  und  eine  einfachere  Darstellungsweise 
mehr  dem  Zweck  entsprechen,  denn  wir  hoffen,  dafs  die  jetzt  ge¬ 
gebene  Anregung  fruchtbringend  sein  wird,  und  mag  daher  dieser 
Gedanke  der  zuständigen  Erwägung  anheimgegeben  werden. 

Aus  den  in  einer  Tabelle  auf  der  Karte  zusammengestellten 
Schlufsergebnissen  können  wir  uns  nicht  versagen  hier  noch  einiges 
anzuführen.  Der  durch  die  vorliegende  Arbeit  zum  ersten  Male 
zahlenmäfsig  nachgewiesene  Antheil  der  Wasserstrafsen  am  Gesamt¬ 
güterverkehr  Deutschlands  beträgt  23  pCt.  oder  fast  ein  Viertel, 
ein  Ergebnifs,  das  umsomehr  überrascht,  als  die  Eisenbahnen  an 
Länge  die  Wasserstrafsen,  selbst  viele  nur  flöfsbare,  im  Naturzustände 
befindliche  Strecken  eingeschlossen,  fast  um  das  Vierfache  übertreffen, 
während  die  bewegten  Gütertonnenkilometer  nur  etwas  mehr  als  das 
Dreifache  ausmachen.  Hieraus  ergiebt  sich  die  gleichfalls  sehr  be- 


42 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


25.  Januai- 1890. 


deutsame  Thatsache,  dafs  der  kilometrische  Verkehr  oder  die  Stärke 
des  Verkehrs  auf  den  Wasserstrafsen  durchschnittlich  gröfser 
ist  als  auf  den  Eisenbahnen,  nämlich  480  000  t  gegen  450  000  t. 
Ferner  giebt  es  Tausende  von  Kilometern  deutscher  Wasserstrafsen, 
auf  denen  ein  stärkerer  kilometrischer  Verkehr  als  1000  000  t  vor¬ 
handen  ist,  und  der  Ehein,  dessen  Verkehrsstärke  sich  stellenweise 


auf  mehr  als  4  500  000  t  steigert,  besitzt  einen  durchschnittlichen 
Umlauf  von  2  800  000  t  auf  fast  600  km  Länge.  Dabei  ist  der  Schiffs¬ 
verkehr  in  stetem  Wachsen  begriffen  und  hat  sich  seit  10  Jahren 
mehr  als  verdoppelt.  Es  ist  also  schon  hieraus  zur  Genüge  ersicht¬ 
lich,  welche  aufserordentliche  Bedeutung  die  Wasserstrafsen  für  das 
wirthschaftliche  Leben  Deutschlands  haben.  — J. — 


Parsons  Blockirung 

Als  ein  bemerkenswerther  Beitrag  zur  Klärung  der  Frage,  ob 
und  inwieweit  es  praktisch  möglich  ist,  die  Bereitstellung  wie  die 
Sicherung  der  Faln-strafse  einem  fahrenden  Eisenbahnzuge  gewisser- 
mafsen  selbst  in  die  Hand  zu  geben,  ist  die  von  dem  americanischen 
Ingenieur  Parson  angegebene  Art  der  Zugblockirung  und  Weichen¬ 
stellung  anzusehen.  Statt  der  an  bestimmten  Punkten  getroffenen 
Vereinigung  von  Weichen-  und  Signalhebeln  ist  eine  verstreute  An¬ 
ordnung  von  seitlichen,  einseitig  festliegenden  Druckschienen,  zum 
Theil  mit  gegenseitiger  Verriegelung,  vorgesehen.  Besondere  Aus¬ 
leger,  welche  in  senkrechten,  mit  Laufrollen  versehenen  Stangen 
endigen,  sind  vorn  und  hinten  am  Zuge  angebracht  und  können  aus 
diesem  jederzeit  heraus¬ 
gelegt  und  festgestellt, 
ebenso  jederzeit  wieder 
zurückgezogen  werden. 

Dieselben  erhalten  ein 
beträchtliches  Eigenge¬ 
wicht,  welches  unter 
Mitwirkung  von  Spiral¬ 
federn  benutzt  wird,  um 
entriegelte  Druckschie¬ 
nen  in  allmählichem  Auf¬ 
lauf  niederzudrücken  und 
hierdurch  das  Stellen  von 
Signalen,  Weichen  und 
Herzstücken  besonderer 
Anordnung,  sowie  ferner 
die  Verriegelung  anderer 
Druckschienen  auszu¬ 
führen.  Da  aber,  wo 
etwa  verriegelte  Druck¬ 
schienen  den  Auslegern 
starren  Widerstand  ent¬ 
gegensetzen,  geben  diese 
nach  und  bringen,  indem 
sie  angehoben  werden, 
entweder  eine  Glocke  oder  die 
Dampfpfeife  der  Maschine  zum 
Ertönen  oder  setzen  die  Bremsein¬ 
richtung  des  Zuges  unmittelbar  in 
Thätigkeit. 

In  der  in  Abb.  1  u.  2  augedeu¬ 
teten  Weise  wird  durch  Senken  der 
Druckschiene  d  eine  ejuer  unter  dem  Geleis  durchlaufende  Welle  w 
etwas  gedreht.  Das  Stellen  eines  Signals  erfolgt  nun  von  dieser  aus 
so,  dafs  vermittelst  eines  am  abgewendeten  Ende  derselben  ange¬ 
ordneten  Armes  die  Bewegung  durch  Drahtseilzug  auf  ein  ähnlich 
wie  in  Abb.  1  gestaltetes,  aber  in  umgekehrter  Folge  wirkendes  Trieb¬ 
werk  und  hierdurch  auf  die  Signalflügel  übertragen  wird.  Verriegelung 
einer  Druckschiene  erfolgt  durch  Untersetzen  eines  Hebedaumens, 
auf  welchen  in  ähnlicher  Weise  die  Bewegung  mittels  eines  8  mm 
starken  Drahtseiles  übertragen  wird.  Die  geringe,  zum  Stellen  einer 
Weiche  erforderliche  Seitenbewegung  wird  durch  Vermittlung  eines 
Wurmgetriebes  erzielt,  dessen  Spindel  auf  der  Achse  iv  angeordnet  ist. 

Die  besondere,  zur  Vermeidung  führungsloser  Stellen  von  Parsoii 
angewendete  Fonn  der  Herzstücke  ist  in  den  Abb.  3  bis  5  dar¬ 
gestellt.  Die  Böwegung  des  um  den  einen  Endpunkt  a  drehbaren 
Schienenstückes  ah  in  die  eine  oder  andere  Schienenrichtung  wird 
ähnlich  wie  bei  den  Weichenzungen  bewirkt.  Diese  Anordnung  von 
Wurmgetrieben  bildet  in  beiden  Fällen  einen  wirksamen  Verschlufs 
der  bewegten  Theile,  macht  allerdings  dabei  ein  Aufsehneiden  der 
Weichen  unmöglich. 


und  Weichenstellung. 

Eine  etwa  5  km  lange,  stark  befahrene  Strecke  der  Chicago, 
Rock  Island  und  Pacific  Bahn  ist  nach  der  llailroad  Gazette  ver¬ 
suchsweise  mit  der  Parsonschen  Einrichtung  versehen.  Alle  1,6  km 
sind  Blocksignale  S  (Abb.  6)  aufgestellt  und  an  derselben  Geleisseite, 
15  cm  von  den  Schienen,  je  zwei  Druckschienen  a  und  e,  3  m  vor 
und  hinter  den  Signalen  angeordnet.  Ferner  sind  Zwischenschienen  m 
vorhanden.  Der  vordere  Ausleger  eines  von  links  heranfahrenden 
Zuges  wird  bei  Fahrstellung  des  Signales  iS  über  die  alsdann  ent¬ 
riegelte  (daher  gesenkte)  Schiene  a  widerstandslos  hinweggeführt; 
bei  dem  folgenden  Niedergehen  der  Schiene  e  wird  a  durch  einen 
Daumen  angehoben  und  verriegelt,  S  auf  Halt  gestellt  und  in  Ni 

ein  weifses  Signal  ge¬ 
zogen,  dessen  Bedeutung 
weiterhin  noch  anzu¬ 
führen  ist.  Beim  Befahren 
der  Schiene  m\  zwischen 
S\  und  1S2  wird  durch 
den  beim  Zug-Ende  an¬ 
gebrachten  Ausleger  die 
Schiene  a  entriegelt,  N 
auf  Fahrt  gestellt,  dabei 
gleichzeitig  e  wieder  an¬ 
gehoben.  Dieser  hintere 
Ausleger  ist  so  einge¬ 
richtet,  dafs  er  nur  auf 
die  Zwischenschienen  m, 
nicht  aber  auch  auf  die 
Druckschienen  a  und  e 
Einflufs  hat.  Die  Lage 
desselben  am  Zug-Ende 
hat  den  Zweck,  zu  ver¬ 
meiden,  dafs  für  den  Fall 
einer  unbemerkten  Zug¬ 
trennung  die  zurücklie¬ 
gende  Strecke  frei  ge¬ 
geben  werde. 

Die  Bedeutung  des  vorer¬ 
wähnten  weifsen  Signals  ist  eine 
zweifache:  dasselbe  soll  den  Ma¬ 
schinenführer  von  dem  fehlerfreien 
Arbeiten  der  Vorrichtung  in 
Kenntnifs  setzen,  und  bei  ein¬ 
geleisigen  Bahnen  den  Zug  nach 
vorne  sichern.  Züge,  welche  selbstthätig  umstellbare  Weichen 
zu  durchfahren  haben,  werden  durch  besondere  Signale  im  Rücken 
gedeckt.  Umgestellte  Weichen  werden  von  den  Zügen  hinterher 
wieder  zurückgestellt,  wobei  gleichzeitig  die  Zufahrt  wieder  frei¬ 
gegeben  wird.  Bahnkreuzungen  in  Schienenhöhe  werden  ge¬ 
sichert,  indem  der  zuerst  heranfahrende  Zug  das  kreuzende  Geleis 
nach  beiden  Richtungen  durch  Signale  und  Druckschienen  absperrt 
oder,  in  besonderen  Fällen,  den  kreuzenden  Zug  durch  Umstellen 
einer  Weiche  in  ein  Nebengel  eis  führt.  Bei  Wegeübergängen  in 
Schienenhöhe  endlich  sollen  besondere,  durch  den  Zug  von  weitem 
zu  stellende  Warnungssignale  errichtet  werden,  welchen  auch  ein 
Läutewerk  beigegeben  werden  kann. 

Die  Railroad  Gazette  führt  an,  dafs  auf  der  bereits  erwähnten 
Versuchsstrecke  die  Parsonsche  Einrichtung  sich  zufriedenstellend 
bewähre.  Da  aber  bekannt  ist,  dafs  man  bei  americanischen  mehr 
noch  als  bei  englischen  Beschreibungen  von  Neuerungen  Schlüsse 
über  den  Werth  derselben  nur  vorsichtig  ziehen  darf,  werden  hier¬ 
über  noch  weitere  Erfahrungen  abzuwarten  sein.  Km. 


_ 

Abb.  G. 


Die  neuen  Vorschriften  über  die  Ausbildung,  Prüfung  und  Anstellung  im  Schiffbau' 
und  Maschinenbau-Fache  der  Kaiserlich  deutschen  Marine. 


Die  letzte  Nummer  des  „Marine -Verordnungsblattes“  enthält  neue  1 
Vorschriften  über  die  Ausbildung,  Prüfung  und  Anstellung  im  Schiff¬ 
bau-  und  Maschinenbaufache  der  Kaiserlichen  Marine,  welche  auch 
für  die  Leser  dieses  Blattes  von  allgemeinem  Interesse  sein  werden, 
da  sie  sich  an  die  im  Jahre  1886  erlassenen  „Vorschriften  über  die 


Ausbildung  und  Prüfung  für  den  Staatsdienst  im  Baufache“  an- 
schliefsen,  soweit  dies  die  eigenartigen  Verhältnissse  in  der  Marine 
zulassen.  Es  war  seit  langem  das  Bestreben  der  höheren  Techniker 
in  der  Marine,  einen  gleichen  Ausbildungsgang,  wie  ihn  die  Techniker 
der  übrigen  Staatsverwaltungen  haben,  zu  erhalten,  und  diesen  Be- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


43 


Mr.4. 


Strebungen  ist  der  Staatsseeretär  des  Reichs -Marine -Amts  nunmehr 
durch  Erlafs  der  neuen  Vorschriften  gerecht  geworden. 

Der  wesentlichste  Unterschied  zwischen  den  bisher  geltenden, 
1879  erlassenen  Vorschriften  für  die  Ausbildung  und  Prüfung  von 
Schiffbau-  und  Maschinenbau -Ingenieuren,  die  sieh  der  Ingenieur- 
Laufbahn  in  der  Marine  widmen  wollten,  und  den  neuen  Be¬ 
stimmungen  besteht  darin,  dafs  man  nach  den  alten  Vorschriften 
die  Vorprüfung  und  die  erste  Staatsprüfung,  letztere  als  „Diplom¬ 
examen“,  an  der  technischen  Hochschule  in  Berlin  ablegte  und 
einen  Titel  durch  letztere  Prüfung  nicht  erwarb,  während  nach  den 
neuen  Vorschriften  sowohl  die  Vorprüfung,  wie  die  erste  Haupt-  oder 
Staatsprüfung  vor  dem  „technischen  Prüfungsamte“  in  Berlin  abge¬ 
legt  werden  müssen  und  die  Candidaten  durch  die  erste  Staatsprüfung 
den  allgememen  Titel  „Eegierungsbauführer“  erwerben  oder,  wenn 
sie  in  der  Marine  Anstellung  finden,  zum  „Kaiserlichen  Marine-Bau¬ 
führer“  ernannt  werden.  Ferner  liegt  die  Verschiedenheit  der  alten 
und  neuen  Vorschriften  darin,  dafs  der  bisherige  Militärdienstzwang 
in  Wegfall  gekommen  ist,  dagegen,  einjährige  praktische  Arbeitszeit 
vor  Beginn  des  Studiums  vorgeschiieben  wird,  und  dafs,  während 
bisher  der  „Ingenieur-Aspirant“  nach  der  zweiten  Staatsprüfung  zum 
„Kaiserlichen  Marine-Ingenieur“  ernannt  wurde,  nunmehr  der  „Marine- 
Bauführer“  nach  der  Prüfung  zum  „Kaiserlichen  Marine-Baumeister“ 
ernannt  wird. 

Als  erste  Vorbedingung  für  die  Zulassung  zur  Laufbahn  des 
höheren  Baubeamten  in  der  Marine  ist  die  Beibringung  des  Reife¬ 
zeugnisses  eines  Gymnasiums  oder  eines  Realgymnasiums  (Realschule 
I.  Ordnung)  des  deutschen  Reiches  aufgesteilt;  in  besonderen  Fällen 
können  jedoch  auch  Reifezeugnisse  aufserdeutscher  Gymnasien  an¬ 
erkannt  werden.  Den  Abgangschülern  der  Ober-Realsehulen,  denen 
z.  Z.  noch  die  Berechtigung  eingeräumt  ist,  nach  dem  akademischen 
Studium  zu  den  Prüfungen  im  Schiff-  und  Sehiffsmasehinenbau  zu¬ 
gelassen  zu  werden,  soll  aus  Billigkeitsrücksichten  noch  bis  zum 
1.  April  1893  gestattet  sein,  die  Marinebau-Laufbahn  zu  ergreifen. 

Nach  dem  Abgänge  von  der  Schule  folgt  die  praktische  Ar¬ 
beitszeit  auf  einer  der  Kaiserlichen  Werften  oder  ausnahmsweise 
auch  auf  einer  Privatwerft  bezw.  einer  PrivatmascMnenfabrik,  welche 
Schiffsmaschinen  baut.  Ist  ein  „Eleve“  aus  besonderen  Gründen  zur 
Wahl  einer  der  letzteren  veranlafst,  so  wird  immer  eine  Werft  oder 
Maschinenfabrik  vorzuziehen  sein,  auf  der  Kriegsschiffe  bezw.  Kriegs¬ 
schiffs-Maschinen  gebaut  werden.  Als  Regel  mufs  aber  stets  die 
Arbeit  auf  einer  der  Kaiserlichen  Werften  gelten,  da  der  Eleve  natur- 
gemäfs  auf  diesen  in  zweckdienlichster  Weise  ausgebildet  wird. 
Auch  wird  sich  während  des  Arbeitsjahres  auf  einer  Kaiserlichen 
Werft  bereits  heraussteilen,  ob  der  Eleve  für  den  Marinedienst  ge¬ 
eignet  ist  oder  nicht,  und  er  wird  im  letzteren  Falle  immer  noch 
rechtzeitig  einen  anderen  Beruf  ergreifen  können.  Ist  der  Eleve  ge- 
nöthigt,  die  -praktische  Ausbildungszeit  durch  Krankheit  oder  mili¬ 
tärische  Dienstleistung  länger  als  4  Wochen  zu  unterbrechen,  so  mufs 
er  die  verlorene  Arbeitszeit  nachholen.  Es  wird  ihm  jedoch,  damit 
er  den  Beginn  der  Studien  nicht  zu  versäumen  braucht,  gestattet, 
dies  in  den  Ferien  zu  thun.  Eine  etwaige  Beurlaubung  darf  die  Zeit 
von  zwei  Wochen  nicht  überschreiten;  geschieht  dies  dennoch,  so  ist 
die  versäumte  .Arbeitszeit,  wie  vorhin  angegeben,  nachzuholen.  Da 
die  Studien  an  den  technischen  Hochschulen  in  der  Regel  zu  Michaelis 
beginnen,  so  wird  denjenigen  Eleven,  welche  Ostern  ihre  praktische 
Arbeit  begonnen  haben,  gestattet,  diese  nach  einem  halben  Jahre 
zu  unterbrechen  und  sie  während  der  Sommerferien  der  Studienzeit 
fortzusetzen.  Die  praktische  Arbeit  mufs  aber  vor  der  ersten  Haupt- 
Prüfung  beendet  sein. 

Die  Studienzeit  ist,  wie  bei  den  übrigen  Baufächern,  eine 
vierjährige.  Sie  wird,  wie  bisher,  durch  die  Vorprüfung,  die  nach 
zweijährigem  Studium  abzulegen  ist,  unterbrochen. 

Die  zwei  Tage  dauernde  Vorprüfung,  die  in  den  Monaten 
April  und  Mai  oder  October  und  November  von  dem  Prüfungsamte 
in  Berlin  abgehaiten  wird,  erstreckt  sich  für  beide  Fachrichtungen 
auf  Physik,  Chemie,  reine  Mathematik,  darstellende  Geometrie, 
Mechanik,  mechanische  Technologie,  Bauconstructionslehre  und 
Maschinenelemente.  Die  Zulassung  zur  Vorprüfung  hängt  jedoch 
•davon  ab,  ob  die  Studien-Zeiehnungen,  weiche  der  Studirende  beim 
Prüfungsamte  mit  der  Meldung  zur  Prüfung  einzureichen  hat,  als 
.genügend  befunden  werden.  Da  unter  den  Zeichnungen  auch 
solche  von  Verbänden  und.  Einrichtungen  eiserner  oder  hölzerner 
Schiffe  und  von  Maschinentheilen  nach  eigener  Aufnahme  verlangt 
werden,  so  wird  es  immer  rathsam  sein,  das  Elevenjahr  vor  dem 
Beginn  des  Studiums  hintereinander  oder  doch  den  Rest  während 
■des  ersten  Semesters  abzumachen,  damit  der  Studirende  die  richtigen 
praktischen  Anschauungen,  welche  zur  Anfertigung  derartiger  Zeich¬ 
nungen  .nöthlg  sind,  während  des.  Elevenjahres  erlangen  kann. 

Die  erste  Hauptprüfuug  kann  nach  beendetem  Studium  vor 
■dem  Prifungsamte .  zu  jeder  Zeit  des  Jahres  mit  Ausnahme  der  Zeit 
von  1.  Juli  bis  1.  October.  abgelegt  werden.  Sie  zerfällt  in  eine  drei¬ 


tägige  Clausur-  und  in  eine  zweitägige  mündliche  Prüfung,  welche 
sich  auf  theoretische  Maschinenlehre,  Hebe-  und  Kraftmaschinen, 
Grundzüge  der  Eisenhüttenkunde,  Theorie  des  Schiffes,  praktischen 
Schiffbau,  Construction  der  Schiffe,  Kriegsschiffbau,  Schiffsmaschinen¬ 
bau,  mechanische  Technologie  und  Elektromechanik  erstreckt. 
Während  der  Clausur  soll  der  zu  Prüfende  seine  Fähigkeiten  im  Ent¬ 
werfen  einfacher  Schiffbauten  bezw.  Maschinenanlagen  einschliefslich 
ihrer  Einzeltheile  darthun.  Die  Zulassung  zur  ersten  Hauptprüfung 
hängt  wie  bei  der  Vorprüfung  davon  ab,  ob  die  Studienzeichnungen, 
die  auch  hier  mit  der  Meldung  zur  Prüfung  einzureichen  sind,  ge¬ 
nügen. 

Nach  bestandener  Prüfung  wird  der  Candidat  auf  seinen  Antrag 
beim  Reichs-Marine-Amt  entweder  zum  „Regierungs-Bauführer“ 
oder,  wenn  er  in  den  Marinedienst  einzutreten  beabsichtigt,  zum 
„Kaiserl.  Marine  -  Bauführer“  ernannt  und  im  letzteren  Falle 
einer  der  Kaiserlichen  Werften  zur  weiteren  Ausbildung  überwiesen. 
Die  Dauer  dieser  praktischen  Ausbildung  beträgt  wie  bisher  mindestens 
2  Jahre,  und  es  wird  während  dieser  Zeit  dem  Bauführer  in  derselben 
Weise  wie  jetzt  dem  Aspiranten  Gelegenheit  geboten,  sich  in  allen 
Fächern  des  technischen  Marinedienstes,  bei  Probefahrten  an  Bord 
der  Schiffe  und  auch  im  Verwaltungs wesen  eingehende  Kenntnisse 
zu  erwerben. 

Die  Ausbildung  wird  abgeschlossen  durch  die  zweite  Haupt- 
prüfung,  welche  vor  einer  bei  dem  Reichs-Marine-Amte  bestehenden 
„Prüfungs- Commission“  abgelegt  wird.  Zur  Lösung  der  für  diese 
Prüfung  erforderlichen  Aufgaben  werden  dem  Bauführer  9 — 12  Monate 
Frist  gewährt,  während  welcher  er  aus  dem  Werftdienste  aus¬ 
scheidet. 

Nach  erfolgreich  abgelegter  Prüfung  wird  der  Marine-Bauführer 
zum  „Kaiserlichen  Marine  -  Baumeister“  ernannt  und,  soweit 
Stellen  frei  sind,  etatsmäfsig  angestellt,  sonst  aber  remuneratorisch  als 
aufseretatsmäfsiger  Marine-Bäumeister  beschäftigt.  — 

Es  sei  hier  gleichzeitig  erwähnt,  dafs,  diesen  neuen  Ausbildungs¬ 
vorschriften  entsprechend,  die  jetzt  in  der  Marine  bestehenden  Titel 
umgeändert  werden.  Die  bisherigen  Ingenieur  -  Aspiranten  werden 
!  Marine-Bauführer,  die  Ingenieure  Baumeister  und  die  Ober-Ingenieure 
Bauinspectoren.  Neu  eingeführt  werden  die  „K.  Marine-Bauräthe  und 
Betriebsdirectoren“  mit  dem  Range  der  Eäthe  IV.  Klasse.  Die  bis¬ 
herigen  Werftdirectoren  werden  „K.  Marine  -  Ober  -  Bauräthe  und 
Eessortdirectoren“  und  behalten  ihren  Rang  als  Räthe  IV.  Klasse. 

Die  ganze  Ausbildungszeit  bis  zur  Baumeister -Prüfung  erfordert 
nach  vorstehendem  die  folgende  Zeit: 

1  Elevenjahi-, 

2  Studienjahre, 

(Ablegung  der  Vorprüfung), 

2  Studienjahre, 

(Ablegung  der  ersten  Hauptprüfung), 

2  Jahre  praktischer  Ausbildung, 

1  Jahr  für  Ablegung  der  zweiten  Hauptprüfung, 

zusammen:  8  Jahre. 

Sämtliche  Prüfungen  dürfen  nur  einmal  in  bestimmten  Fristen 
wiederholt  werden.  Beachtenswerth  erscheint  ferner,  dafs  eine  Prüfung 
als  nicht  bestanden  gilt,  wenn  der  Candidat  die  Prüfung  ohne  triftige 
Gründe  versäumt  oder  unterbricht,  sowie  dafs  auch  für  die  ver¬ 
schiedenen  Meldungen  bestimmte  Fristen  vorgeschrieben  sind,  deren 
Nichtinnehaltung  den  zu  Prüfenden  nur  Unannehmlichkeiten  be¬ 
reiten  würde. 

Die  Berechtigung,  auf  Grund  der  bisher  bestehenden  Vorschriften 
in  den  Dienst  der  Marine  einzutreten,  erlischt  am  1.  April  1893. 
Die  neuen  Vorschriften  werden  dagegen  in  vollem  Umfange  erst  auf 
diejenigen  angewendet,  welche  die  technische  Laufbahn  für  den 
Marinedienst  im  Frühjahre  dieses  Jahres  als  Eleven  beginnen. 

Zum  Schlüsse  möge  noch  besonders  auf  die  allgemeinen  Be¬ 
stimmungen  und  auf  die  Uehergangsbestimmungen  aufmerk¬ 
sam  gemacht  werden,  welche  für  die  zur  Zeit  Studirenden  gelten. 
Aus  ersteren  ist  unter  anderem  ersichtlich,  dafs  der  Eleve  während 
seiner  praktischen  Arbeitszeit  auf  einer  Kaiserlichen  Werft  keine 
Entschädigung  erhält.  Ferner  finden  die  neuen  Vorschiiften  auf  die¬ 
jenigen  Studirenden,  welche  bei  Erlafs  derselben  bereits  das  Studium 
begonnen,  das  Diplomexamen  aber  noch  nicht  abgelegt  haben,  nur 
soweit  Anwendung,  als  sie  sich  auf  den  praktischen  Ausbildungs¬ 
dienst  als  Marine -Bauführer  und  die  Ablegung  der  zweiten  Haupt¬ 
prüfung  beziehen.  Auf  Wunsch  des  Studirenden  können  jedoch  die 
neuen  Vorschriften  auch  in  ihrem  ganzen  Umfang  auf  ihn  Anwendung 
finden.  Die  Uehergangsbestimmungen  beziehen  sich  auf  die  ver¬ 
schiedenen  Vorbereitungsstufen,  in  denen  sich  die  Studirenden  zur 
Zeit  befinden.  So  können  z.  B.  die  jetzt  Studirenden  des  Marine- 
Baufaches  die  Vorprüfung  und  erste  Hauptprüfung  getrennt  ablegen 
ohne  Innehaltung  der  zweijährigen  Zwischenzeit.  Die  Studirenden 
'  können  zur  Vorprüfung  zugelassen  werden,  auch  wenn  sie  nicht 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


25.  Januar  1890. 


praktisch  gearbeitet  haben;  sie  müssen  dann  aber  die  praktische 
Arbeit  bis  zur  ersten  Ilauptprüfung  nachholen.  Ferner  steht  es  dem 
Studirenden  frei,  sich  der  Vorprüfung  zu  unterziehen  oder  nicht,  im 
letzteren  Falle  wird  dann  aber  die  erste  Hauptprüfung  durch  die 
Gegenstände  der  Vorprüfung  erweitert.  —  Auch  Königliche  Kegierungs- 
Bauführer  des  Maschinenbaufaches,  welche  die  Bauführerprüfung 
nach  den  Vorschriften  des  preufsischen  Ministeriums  der  öffentlichen 
Arbeiten  vom  6.  Juli  ISSd  und  nach  den  Uebergangsbestimmungen 
vom  21.  Februar  1887  bestanden  haben,  können  in  den  Marinedienst 
übertreten.  Sie  müssen  dann  eine  Probedienstleistung  auf  einer 


Kaiserlichen  AVei-ft  von  6  Monaten  ablegen;  auch  müssen  sie,  wenn 
sie  sich  für  das  Schiffbaufach  entscheiden,  vier,  und  wenn  sie  zum 
Schiffsmaschinenfach  übergehen  wollen,  drei  Semester  an  der  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Bei'lin  in  der  Abtheilung  für  Schiffbau  studiren. 
Hierauf  haben  sie  sich  noch  einer  Nachprüfung  in  den  Specialfächern 
für  Schiffbau  und  Schiffs-Maschinenbau  zu  unterziehen.  Nach  dieser 
Prüfung  erfolgt  dann  die  Ernennung  zum  „Königlichen  Marine-Bau¬ 
führer“  und  die  weitei-e  Ausbildung  auf  einer  Königlichen  Werft, 
wobei  die  sechsmonatliche  Probebeschäftigung  in  Anrechnung  ge¬ 
bracht  wird. 


Yermischtes. 


In  der  Preishewerhuiig  um  einen  Erweiterungsbau  der  Stadt¬ 
bibliothek  in  Frankfurt  a/M.  (vgl.  S.  381  d.  v.  J.)  haben  den  ersten 
Preis  im  Betrage  von  2000  Mark  der  Architekt  Wilhelm  Müller, 
den  zweiten  Preis  von  1000  Mark  der  Architekt  Franz  v.  Hoven, 
beide  in  Frankfurt,  erhalten.  Der  Entwurf  „Guttenberg“  wurde  zum 
Ankauf  empfohlen.  Das  Preisgericht  bestand  aus  den  Herren  Ober¬ 
bibliothekar  Prof.  Dr.  Barack -Strafsburg,  Prof.  Bluntschli- Zürich, 
Bürgermeister  Dr.  Heufsenstamm-Frankfurt,  Geh.  Ober-lleg.-Ilath 
Spieker-Berlin  und  Geh.  Baurath  Prof.  Wagner-Darmstadt.  (Vgl. 
auch  den  Anzeigentheil  dieser  Nummer.) 

Scliwiuiinender  Scliutzdainni  gegen  Feuersgefahr  in  Häfen.  In 
der  Science  pour  tous  giebt  Herr  H.  Welsch  die  Beschreibung  einer 
Vorrichtung,  welche  dazu  bestimmt  ist,  in  Seehäfen  die  Gefahren 
solches  Feuers  zu  umgrenzen,  das  durch  Fette,  Harze  und  insbe¬ 
sondere  durch  Mineralöl  genährt  wird.  In  langer  Kette  aneinander 
gereihte,  sorgfältig  genietete  Kasten  aus  galvauisirtem  Eisenblech 
bilden  einen  schwimmenden  Schutzdamm.  Die  Kasten,  jeder  10  m 
lang,  hängen  durch  die  Gelenkbolzeu  eines  Metallstücks  zusammen, 
das  als  Verbindungsglied  dient,  sodafs  der  ganze  Schwimmdamm  ein 
dicht  zusammenhängendes,  biegsames  und  unverbrennliches  Ganzes 
bildet.  Fängt  nun  ein  Schiff  Feuer,  droht  ein  Brand  sich  zu  ver¬ 
breiten,  so  legt  man  diesen  Kettendamm  herum  oder  man  führt  ihn 
unter  Plmständen  schräg  über  den  Strom,  sodafs  die  brennende 
Flüssigkeit  an  eine  Uferstelle  geleitet  wird,  wo  sie  anderen  Schiffen 
nicht  schaden  kann.  Die  Länge  eines  solchen  Schwimmdammes  hängt 
von  der  Oertlichkeit  ab;  man  kann  ihm  mehr  oder  weniger  Höhe 
geben,  je  nach  dem  zu  erwartenden  Wellenschlag.  Der  etwas  hohe 
Preis  der  Vorrichtung  in  Eisen  hat  Herrn  Normand  auf  den  Ge¬ 
danken  gebracht,  sie  aus  leichtem,  mit  Blech  beschlagenem  Holze 
herzustellen,  unter  Beibehaltung  der  ganzen  sonstigen  Anordnung. 
Wiewohl  dieser  Schwimmdamm  kostspielig  und  lästig  ist,  leistet  er 
doch  in  den  Petroleumhäfen  grofse  Dienste.  In  Havre,  Bordeaux, 
Cette  und  Marseille  ist  er  bereits  angeschafft  worden.  Die  Handels¬ 
kammern  dieser  Hafenstädte  erheben  für  jede  Gewichtstonne  Petroleum, 
bei  Einladung  wie  Ausladung,  eine  Abgabe  von  8  ct.,  welche  zur 
Tilgung  der  Anschaffungskosten  und  Bestreitung  der  Unterhaltung 
bestimmt  ist.  Auch  in  den  Vereinigten  Staaten  sollen  derartige 
Schwimmdämme  bereits  in  Anwendung  sein.  —  P.  — 

Geheimer  Baiiratli  Hermann  Kirehlioff  f.  Am  18.  Januar  d.  J. 
starb  in  Coblenz  nach  kurzer  Krankheit  an  einer  Lungenentzündung 
das  Mitglied  der  Kgl.  Regierung  daselbst,  Geheimer  Baurath  Hermann 
Kirchhoff,  im  65.  Lebensjahre,  ein  Mann,  der  in  den  Kreisen 
seiner  Fachgenossen  und  darüber  hinaus  in  der  gesamten  Bürger¬ 
schaft  sich  einer  ungewöhnlichen  Beliebtheit  erfreute  und  ein  hohes 
Ansehen  genofs.  Geboren  am  2.  März  1825  in  Grimmen  im  Regie¬ 
rungsbezirke  Stralsund  als  Sohn  des  dortigen  Rechtsanwalts  und 
Bürgermeisters  Kirchhoff,  wandte  er  sich  zu  Ostern  1842,  nach  seinem 
Abgänge  vom  Gymnasium  in  Cöslin,  dem  Studium  des  Baufaches  zu. 
April  1846  bezog  er,  nachdem  er  einige  Zeit  als  geprüfter  Feldmesser 
gearbeitet,  die  Bau- Akademie  in  Berlin  und  bestand  1849  die  Vor¬ 
prüfung  zum  Land  -  Bauinspector.  Als  Bauführer  war  er  zunächst 
mehrere  Jahre  bei  den  Meliorationsbauten  des  Nieder  -  Oder¬ 
bruchs  thätig,  führte  von  1852  bis  1853  unter  Hitzig  Privatbauten 
in  Berlin  aus  und  leitete  sodann  vom  Mai  1853  bis  Anfang  1855 
unter  schwierigen  Verhältnissen  den  Bau  des  Leuchtthurmes  auf  der 
Greifswalder  Oie.  Bis  Ende  1856  wiederum  mit  Ausführung  von 
Hochbauten  in  Berlin  beschäftigt,  bestand  er  am  21.  März  1857  die 
Prüfung  als  Land-Bauinspector.  Schon  im  October  desselben  Jahres 
wurde  ihm  die  Verwaltung  der  Kreisbaumeisterstelle  in  seiner 
Vaterstadt  Grimmen  übertragen,  welche  er  eine  Reihe  von  Jahren, 
bis  Ende  Januar  1868  geführt  hat.  Nunmehr  wurde  er  als  Bau¬ 
inspector  nach  Marienwerder  versetzt  und  im  Januar  1870  zur 
Verwaltung  der  Ober  -  Bauinspectorstelle  an  die  Regierung  da¬ 
selbst  berufen.  Anfang  1871  erfolgte  seine  Ernennung  zum  Ober- 
Bauinspector  und  im  Januar  1873  zum  Regierungs-  und  Bau¬ 


rath.  Als  solcher  wurde  er  nach  neunjähriger  Thätigkeit  in 
Marienwerder  an  die  Regierung  in  Coblenz  versetzt,  woselbst  er  nun¬ 
mehr,  nachdem  ihm  im  vorigen  Jahre  der  Charakter  als  Geheimer 
Baurath  verliehen  worden  war,  gestorben  ist.  —  Kirchhoff  verband  mit 
grofser  Geschäftsgewandtheit  einen  feinen  und  geläuterten  baukünst¬ 
lerischen  Sinn,  der  in  allen  Zweigen  seiner  fachlichen  Thätigkeit  zur 
Erscheinung  kam  und  ihn  namentlich  auch  stets  bestrebt  sein  liefs, 
das  Kunsthandwerk  zu  fördern.  Auch  der  Erhaltung  und  Wieder¬ 
herstellung  der  Baudenkmäler  innerhalb  seines  Wirkungskreises 
wandte  er  mit  grofser  Sachkenntnifs  seine  eifrige  Fürsorge  zu.  Im 
persönlichen  Verkehr  von  besonderer  Liebenswürdigkeit,  kannte  seine 
Gefälligkeit  gegen  seine  Freunde  thatsächlich  keine  Grenzen.  Stets 
war  er  mit  Rath  und  Zeichenstift,  welch  letztem  er  unerachtet  seines 
vorgerückten  Alters  mit  erstaunlicher  Gewandtheit  zu  handhaben 
wufste,  bereitwillig  zur  Hülfe  da,  mochte  es  sich  um  eine  kunstvolle 
Stickerei  für  die  Hausfrau  oder  um  den  Bau  einer  Villa  für  den 
Hausherrn  handeln.  Und  galt  es  ein  Fest  zu  feiern,  so  war  er  im 
Freundeskreise  voll  jugendlichen  Frohsinns,  voll  sprudelnden  Humors, 
dem  er  dann  in  treffenden,  launigen  Versen  Ausdruck  zu  geben 
pflegte.  —  So  trauert  nun  um  den  edlen  und  liebenswürdigen  Mann 
mit  der  hinterlassenen  Familie  eine  grofse  Zahl  von  Freunden  an 
seinem  Grabe.  H.  A. 

Hie  Zeitschrift  für  Bauwesen  enthält  in  Heft  I  bis  III  des  Jahr¬ 
gangs  1890  folgende  Mittheiluugen: 

Die  Hercules-Brücke  in  Berlin,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  1  im  Atlas, 
von  Herrn  Regierungs-Baumeister  R.  Borrmann  in  Berlin. 

Das  Königliche  Regierungsgebäude  in  Breslau,  mit  Zeichnungen  auf 
Blatt  2  bis  6  im  Atlas. 

Der  Concertsaal  der  Philharmonie  in  der  Bernburger  Strafse  in 
Berlin,  mit  Zeichnung  auf  Blatt  7  im  Atlas. 

Backsteinbauten  in  Mittelpommern.  X.  Die  Marienkirche  in  Stargard 
und  verwandte  kirchliche  Bauwerke,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  8 
bis  10  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-Baumeister  H.  Lutsch 
in  Breslau. 

Ueber  die  Entwässerung  der  Stadt  Königsberg  i.  Pr.,  mit  Zeichnungen 
auf  Blatt  11  bis  13  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-Baumeister 
Gustav  Becker  in  Königsberg  i.  Pr. 

Die  Schützvorrichtungen  der  Stadtschleuse  in  Bromberg,  mit  Zeich¬ 
nungen  auf  Blatt  14  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-Baumeister 
Lieckfeldt  in  Lingen. 

Die  Festlegiing  der  Lebamündung,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  15 
und  16  im  Atlas,  von  den  Herren  Regierungs-  und  Baurath 
Benoit  in  Cöslin  und  Regierungs-Baumeister  Paul  Roloff  in 
Fürstenberg  a.  0. 

Untersuchungen  über  die  Bewegung  des  Wassers  in  Canälen  und 
Flüssen,  mit  Abbildungen  auf  Blatt  17  im  Atlas,  von  Herrn 
Kreis-Bauiuspector  Mau  in  Berent  (Westpreufsen). 

Anordnung  der  Wegeschranken  „am  Stern“  bei  Bahnhof  Schulter¬ 
blatt  in  Altona,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  18  im  Atlas. 

Ueber  die  Ermittlung  und  die  gegenseitigen  Beziehungen  der  Ein- 
flufslinien  für  Träger,  von  Herrn  Ingenieur  Robert  Land  in 
Chemnitz. 

Ueber  das  Zuschlägen  der  Schleusenthore  im  strömenden  Wasser, 
von  den  Herren  Wasser-Bauinspector  G.  Tolkmitt  in  Potsdam 
und  Regierungs-Baumeister  C.  Ruprecht  in  Brunsbüttel. 
Verzeichnifs  der  im  preufsischen  Staate  und  bei  Behörden  des 
deutschen  Reiches  angestellten  Baubeamten.  (Am  1.  December 
1889.) 

Verzeichnifs  der  Mitglieder  der  Akademie  des  Bauwesens.  (Am  1.  De¬ 
cember  1889.) 

Statistische  Nachweisungen,  betreffend  die  in  den  Jahren  1881  bis 
einscbliefslich  1886  vollendeten  und  abgerechneten  preufsischen 
Staatsbauten  aus  dem  Gebiete  des  Hochbaues.  Im  Aufträge  des 
Herrn  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  aufgestellt  von  Herrn 
Land-Bauinspector  Wiethoff  in  Berlin. 


Verlag  von  Ernst&Eorn  CWilheLm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


45 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 

X.  Jahrgang.  Berlin,  1.  rehruar  1890.  Nr.  5. 


Kedaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezngspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Windboobach- 
tungen  auf  dem  Eiffelthurm  und  an  der  Forthbrücke.  —  Monopol-Hotel  in  Berlin. 

—  Vertiefung  des  Elbstroms.  —  Kraftversorgung  durch  Druckluft  in  Paris.  —  Eoells 
Encyklopädie  des  Eisenbahnwesens.  —  Vermischtes;  Wettbewerbung  um  die 
malerische  Ausschmückung  der  drei  oberen  Geschosse  der  Front  vom  Geschäfts¬ 
hause  der  „Actiengesellschaft  für  Möbelfabrication“  in  Berlin.  —  Preisausschreiben 

betreffend  die  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm-Denkmals  in  Köln.  —  Beschäftigung 
der  Regierungs-Bauführer  des  Ingenieurbaufachs  bei  Eisenbahn-Vorarbeiten.  —  Mit¬ 
theilung  über  die  neuen  Prüflings -Vorschriften  für  die  Marinebaubeamten.  —  Spül¬ 
vorrichtung  für  Schmutzwasser-Leitungen.  —  Deutsche  Techniker  im  Auslande.  — 
Besuch  der  technischen  Hochschule  in  Braunschweig  im  Winterhalbjahr  1889/90.  — 
E.  Titz  ’L  —  A.  Salviati  t.  —  Neue  Patente. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Des  Kaisers  und  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht, 
dem  Geheimen  Baurath  Cuno  in  Wiesbaden  den  Rothen  Adler-Orden 
HI.  Klasse  mit  der  Schleife  und  mit  der  Zahl  50,  dem  Königlich  baye¬ 
rischen  Regierungs-  und  Kreis-Baurath  Paucker  in  München  den 
Königlichen  Kronen -Orden  HI.  Klasse  und  dem  städtischen  Ober- 
Ingenieur  Max  Niedermayer  in  München  den  Königlichen  Kronen- 
Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen,  sowie  dem  Königlichen  Regierungs- 
Baumeister  Richard  Borrmann  in  Berlin  die  Annahme  und 
Anlegung  des  ihm  von  Seiner  Kaiserlichen  und  Königlichen 
Majestät  dem  Kaiser  von  Oesterreich,  König  von  Ungarn  verliehenen 
Ritterkreuzes  des  Franz  Josef-Ordens  zu  gestatten. 

Dem  Regierungs-  und  Baurath  Paul  in  Bromberg  ist  die  Stelle 
eines  Mitgliedes  der  Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst  ver¬ 
liehen  worden. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Backs  in  Guben  ist  zum 
Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  unter  Verleihung  der  Stelle 
eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn- 
Betriebs-Amte  daselbst  ernannt  worden. 

Dem  bisherigen  Kreis-Bauinspector  Reiche  in  Oels  ist  die  Stelle 
eines  Bauinspectors  und  ständigen  technischen  Hülfsarbeiters  im 
Königlichen  Ministerium  für  Landwirthschaft,  Domänen  und  Porsten 
verliehen  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Gustav 
Hasse  in  Halle  a.  S.  und  Friedrich  Lietzmann  in  Helmstedt  ist 
die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

ittheilungen. 

Bekanntmachung. 

Nachdem  uns  die  Abnahme  der  Vorprüfung  und  der 
ersten  Hauptprüfung  im  Schiffbau-  und  Maschinenbau - 
fache  der  Kaiserlichen  Marine  nach  Mafsgabe  der  von  dem 
Herrn  Staatssecretär  des  Reichs -Marine -Amts  erlassenen  Prüfungs¬ 
vorschriften  vom  3.  Januar  d.  J.  übertragen  worden  ist,  bringen  wir 
im  Aufträge  des  Herrn  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  hierdurch 
zur  allgemeinen  Kenntnifs,  dafs  die  Gebühren,  welche  die  Candidaten 
für  jede  dieser  Prüfungen  vor  Eintritt  in  dieselbe  zu  entrichten 
haben,  auf  dreifsig  Mark  festgesetzt  sind. 

Für  die  erweiterte  erste  Hauptprüfung,  wie  sie  nach  den 
zu  jenen  Prüfungsvorschriften  gehörigen  Uebergangs-  und  Aus¬ 
führungsbestimmungen  unter  gewissen  Bedingungen  an  Stelle  der 
genannten  beiden  Prüfungen  abgelegt  werden  kann,  werden  ebenfalls 
dreifsig  Mark  an  Gebühren  erhoben. 

Für  jede  Wiederholungsprüfung,  auch  wenn  sie  sich  nur 
auf  einzelne  Gegenstände  erstreckt,  sind  die  vollen  Prüfungsgebühren 
zu  entrichten. 

Berlin,  den  29.  Januar  1890. 

Königliches  technisches  Prüfungsamt. 

Oberbeck. 

Deutsches  Reich. 

Der  württembergische  Regierungs -Baumeister  Eduard  Roth  ist 
zum  Kaiserlichen  Eisenbahn -Baumeister  bei  der  Verwaltung  der 
Reichseisenbahnen  in  Elsafs-Lothringen  ernannt  worden. 

Nichtamtlicher  Thed. 

Redactenre:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Windbeobachtungen  auf  dem  Eiffelthurm  und  an  der  Forthbrücke, 


1)  Auf  der  Spitze  des  Eiffelthurms  werden  Messungen  der  Ge¬ 
schwindigkeit  des  Windes  angestellt.  Dieselben  haben  bereits, 
verglichen  mit  gleichzeitigen  Messungen  unten,  Ergebnisse  geliefert, 
welche  nicht  nur  für  die  Wetterkunde,  sondern  auch  für  die  Be¬ 
rechnung  hoher  Thürme  gegen  Winddruck  von  Werth  sind.  Eine 
auf  die  Wetterkunde  bezügliche  Mittheilung  ist  der  Pariser  Akademie 
der  Wissenschaften  am  4.  November  1889  gemacht  und  im  Amtsblatt 
der  französischen  Republik  vom  12.  November  veröffentlicht  worden. 
Zu  den  Messungen  haben  zwei  Richardsche  Anemometer  gedient, 
das  eine  auf  der  Thurmspitze  in  303  m  Höhe,  das  andere  auf  dem 
Beobachtungsthurme  des  meteorologischen  Centralbureaus  in  21m  Höhe 
über  dem  Erdboden  und  vom  Thurm  nur  500  m  entfernt.  Bis  zum 
1.  October  1889  hat  man  101  Beobachtungstage  gehabt,  12  im  Juni, 
28  im  Juli,  31  im  August  und  30  im  September.  Die  täglichen 
Schwankungen  der  Windgeschwindigkeit  folgen  in  jedem  dieser 
Monate  oben  und  unten  genau  demselben  Gesetz,  welches  aber  für 
den  303  m  hohen  Beobachtungsort  ein  anderes  ist  als  für  den  21  m 
hohen  Ort.  Während  .an  letzterem  die  tägliche  Zunahme  und  Ab¬ 
nahme  der  Windgeschwindigkeit  der  Zunahme  und  Abnahme  der 
Tageswärme  folgt,  findet  oben  auf  dem  Thurme  das  Umgekehrte 
statt,  wie  dies  auch  auf  hohen  Bergen  beobachtet  worden  ist.  Dafs 
diese  Umkehrung  sich  schon  in  verhältnifsmäfsig  so  geringer  Höhe 
über  dem  Erdboden  zeigt,  ist  sehr  bemerkenswerth.  Da  das  Gesetz 
der  täglichen  Schwankung  der  Windgeschwindigkeit  sich  oben  wie 
unten  gleich  bleibt,  so  ist  für  jede  Tagesstunde  das  Mittel  aus  allen 
101  Beobachtungstagen  berechnet  und  in  einer  Tafel  zusammen¬ 
gestellt  worden,  deren  Zahlen  hier  nach  den  mittleren  Ge¬ 
schwindigkeiten  des  untern  Orts  wachsend  aufgestellt  sind. 


Mittlere  Windgeschwindigkeit  in  Metern  in  der  Secunde. 


Stunde 

Thurm¬ 

spitze 

Central¬ 

bureau 

V  erhältnifs 

5  Uhr  morgens 

7,49 

1,50 

5,0 

4 

7,68 

1,60 

4,8 

2 

8,10 

1,61 

5,0 

3 

7,97 

1,62 

4,9 

6 

7,08 

1,64 

4,3 

1 

8,42 

1,73 

4,9 

0 

W 

Mitternacht 

8,48 

1,85 

4,6 

7 

morgens 

6,55 

1,86 

3,5 

11 

abends 

8,75 

1,95 

4,5 

9 

8,12 

1,98 

4,1 

8 

7,72 

2,02 

3,8 

10 

8,60 

2,07 

4,2 

8 

n 

morgens 

5,60 

2,09 

2,7 

7 

abends 

6,98 

2,11 

3,3 

9 

morgens 

5,47 

2,40 

2,3 

6 

abends 

6,73 

2,47 

2,7 

10 

morgens 

5,35 

2,66 

2,0 

5 

abends 

6,69 

2,78 

2,4 

3 

>? 

nachmittags 

6,21 

2,82 

2,2 

4 

99 

6,46 

2,85 

2,3 

11 

55 

morgens 

5,94 

2,95 

2,0 

12 

59 

Mittag 

6,03 

3,07 

2,0 

2 

59 

nachmittags 

6,44 

3,07 

2,1 

1 

99 

Mittag 

6,32 

3,19 

2,0 

1.  Februar  1890, 


46 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Das  Gesamtmittel  ist  für  diese  101  Tage  7,05  m  auf  dem  Thurm 
und  2,24  m  auf  dem  Centralbureau,  was  für  die  Thurmspitze  eine 
etwa  dreimal  (3,1  mal)  so  grofse  Geschwindigkeit  giebt  als  unten. 
Die  Windgeschwindigkeit  in  300  m  Höhe  zeigt  sich  viel  gröfser  als 
mau  bisher  angenommen  hatte.  Für  101  Sommertage  übersteigt  das 
Mittel  7  m  in  der  Secunde.  Auf  2516  Beobachtungsstuuden  innerhalb 
dieser  Zeit  war  die  Windgeschwindigkeit  während  986  Stunden 
(39  pCt.  der  Zeit)  über  8  m,  und  während  523  Stunden  (21  pCt.  der¬ 
zeit)  über  10  m. 

Beim  Entwurf  des  Eiffelthui-ms  ist  auf  ein  so  starkes  Anwachsen 
der  Geschwindigkeit  des  Windes  mit  der  Höhe  nicht  gerechnet 
worden.  Man  hat  diese  Berechnung  auf  zwei  Annahmen  gestützt: 
1)  Wiuddruck  gleichmäfsig  von  unten  bis  oben  =  300  kg  auf  das 
Quadratmeter,  2)  Wiuddruck  von  unten  nach  oben  zunehmend  von 
200  auf  400  kg  auf  das  Quadratmetei-.  Die  beiden  entsjjrechenden 
Momentencurven  weichen  wenig  von  einander  ab,  und  die  Mittelcurve 


Wahrscheinlichkeit  des  Verhältnisses  in  der  zweiten  Druckannahme. 
Uebertrieben  kann  mau  die  Zahlen  dieser  Annahme  nicht  nennen, 
denn  wie  aus  den  nachstehenden  Winddruck -Messungen  an  der 
Forthbrücke  zu  ersehen,  sind  in  der  Nähe  des  Erdbodens  ausnahms¬ 
weise  Winddruckkräfte  bis  zu  200  kg  auf  das  Quadratmeter  thatsäch- 
lich  beobachtet  worden. 

Die  übliche  Winddruck-Formel  für  eine  zur  Windrichtung  senk¬ 
rechte  Ebene  von  1  qm  Gröfse  ist  P  =  0,12248  wobei  P  der  Druck 
in  kg  und  v  die  Geschwindigkeit  in  Metern  auf  die  Secunde  bedeuten. 

Danach  ergiebt  sich  z.  B.  für  die  oben  genannte  Geschwindigkeit 
von  10  m  ein  Druck  von  12,2  kg,  woraus  zu  ersehen,  wie  weit  die 
in  der  obigen  Zusammenstellung  aufgeführten  Geschwindigkeiten  von 
den  für  die  Berechnung  des  Eiffelthurms  angenommenen  Druck¬ 
kräften  entfernt  bleiben.  Für  einen  Sturm  von  40  m  Geschwindig¬ 
keit,  einen  Orkan,  ei-giebt  sich  nach  der  Formel  ein  Druck  von 
196  kg,  also  rund  jene  200  kg  auf  das  Quadratmeter.  — 


inso  .  .  ,  ,  f  ,  ^  ^  ^  1,0 _ ^5 _ 20^" 


Eidgeschofs.  Monopol-Hotel  in  Berlin.  Erstes  Stockwerk. 


zwischen  beiden  ist  der  Gestaltung  des  Thurmes  zu  Grunde  gelegt 
worden.  In  der  zweiten  Annahme  ist  der  Druck  oben  doppelt  so 
grofs  als  unten,  also  die  Geschwindigkeit  oben,  nach  der  üblichen 
Winddruck -Formel,  das  }/2fache,  also  kaum  das  lV2fache  der  Ge- 
schwipdigkeit  unten.  Allerdings  ist  es  sehr  unwahrscheinlich,  dafs 
bei  ausnahmsweise  gewaltigen  Stürmen,  wie  sie  Thurmberechnungen 
zu  Grunde  gelegt  werden  müssen,  die  Geschwindigkeit  oben  dreimal 
so  stark,  der  Druck  also  neunmal  so  stark  sein  sollte  als  unten. 
Ein  Blick  in  vorstehende  Tafel  lehrt  auch,  dafs  bei  wachsender 
Windgeschwindigkeit  unten  der  Unterschied  gegen  die  Geschwindig¬ 
keit  oben  immer  geringer  wird.  Für  die  kleinsten  Geschwindig¬ 
keiten  unten,  von  1,50  bis  1,85,  sind  die  gleichzeitigen  Wind¬ 
geschwindigkeiten  oben  4,3  bis  5 mal  so  stark.  Für  die  gröfsten 
Geschwindigkeiten  unten  dagegen,  von  2,95  bis  3,19,  sind  die  oberen 
Geschwindigkeiten  nur  2,0  bis  2,1  mal  so  stark.  Wenn  der  genannte 
Unterschied,  wie  wohl  anzunehmen,  bei  gröfseren  Geschwindigkeiten 
noch  mehr  ab  nimmt,  so  dürfte  die  Eiffelsche  Annahme  —  200  kg 
unten,  400  kg  oben  —  sehr  richtig  getroffen  sein.  Eiffel  sagt  in 
seiner  ersten  Veröffentlichung  über  den  Thurm  -  Entwurf;  „Die 
Unsicherheit,  welche  über  die  Wirkung  des  Windes  und  die  zu 
machenden  Annahmen  besteht,  sowohl  bezüglich  des  Winddrucks 
selbst  als  auch  bezüglich  der  getroffenen  Flächen,  hat  uns  ver- 
anlafst,  mit  ganz  besonderer  Vorsicht  zu  Werke  zu  gehen.“  Daher 
die  oben  genannten  hohen  Druckannahmen,  welche  denn  auch 
den  Erfolg  gehabt  haben,  dafs  der  Thurm  während  seiner  ganzen 
Betliebszeit  keine  merkbaren  Schwankungen  im  Winde  gezeigt  hat. 
üebrigens  bekräftigt  diese  gute  Erfahrung  auch  noch  die  grofse 


2)  Ueber  die  Gröfse  des  Winddrucks,  also  nicht  seine  Ge¬ 
schwindigkeit,  werden  sehr  dankenswerthe  Beobachtungen  beim  Bau 
der  Forthbrücke  angestellt.  Wie  die  Zeitschrift  La  Nature  in  Nr.  819 
vom  9.  Februar  1889  auf  Seite  174  mittheilt,  haben  die  Orkane  im 
Januar  1889  folgende  gröfste  Druckkräfte  auf  1  Quadratmeter 
gezeigt;  die  grofse  Vorrichtung  von  28  qm  Druckfläche  132  kg,  die 
kleine  Vorrichtung  von  14  qdm  Druckfläche  200  kg.  Während  der 
beiden  Jahre  vorher  betrugen  die  gröfsten  angegebenen  Druckkräfte 
an  der  grofsen  Vorrichtung  92  kg,  an  der  kleinen  185  kg,  wie  dies 
der  am  Brückenbau  betheiligte  Ingenieur  Cooper  mitgetheilt  hat. 
Derselbe  ist  der  Meinung,  dafs  der  Winddruck  auf  die  Flächen¬ 
einheit  um  so  geringer  ausfällt,  je  gröfser  die  vom  Winde  getroffene 
Fläche  ist.  (Man  sucht  dies,  was  nicht  sehr  bekannt  sein  dürfte, 
dadurch  zu  erklären,  dafs  sich  vor  einer  grofsen  Fläche  eine  verhält- 
nifsmäfsig  ruhige  Luftschicht  festsetzt,  über  welche  der  stärkste  Wind 
hinwegstreicht,  wodurch  es  z.  B.  auch  verständlich  wird,  dafs  grofse  Glas¬ 
fenster  starkem  Winddruck  widerstehen  können.)  Hiernach  ist  ein  durch¬ 
brochener  Thurm,  wie  der  Eiffelthurm,  der  Wirkung  des  Windes  schwer¬ 
lich  in  geringerem  Grade  ausgesetzt,  als  ein  voll  ausgeführter  Thurm. 

Ueber  die  an  der  Forthbrücke  angestellten  Winddruck -Beob¬ 
achtungen  und  die  hierzu  angewendeten  Vorrichtungen  enthält  die 
auf  S.  310  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl.  besprochene  Schrift  von 
Barkhausen,  „Die  Forthbrücke“,  auf  Seite  2  und  3  nähere  An¬ 
gaben.  Nach  dieser  Quelle  ist  der  bei  Berechnung  der  Forthbrücke 
zu  Grunde  gelegte  Winddruck,  infolge  der  Erfahrung  an  der  um¬ 
gewehten  Taybrücke,  zu  273,5  kg  auf  das  Quadratmeter  (56  Pfund 
auf  den  Quadratfufs)  angenommen  worden.  Pescheck. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


47 


Kr.  5. 


Das  Monopol - 

Der  grofse  geschäftliche  Erfolg,  welchen  das  von  dem  Unter¬ 
zeichneten  erbaute  „Hotel  Continental“  nahe  dem  Stadtbahnhofe 
„Friedrichstrafse“  in  Berlin  erzielt  hat,  ist  im  Zusammenhänge  mit 
dem  stark  gestiegenen  Fremdenverkehr  für  Unternehmungslustige  die 
Veranlassung  geworden,  ein  weiteres  gröfseres  Hotel,  das  „Monopol- 
Hotel“,  in  unmittelbarer  Nähe  desselben  Bahnhofes  zu  errichten. 
Man  hat  dazu  das  Grundstück  Friedrichstrafse  Nr.  100  ausersehen. 


Hotel  in  Berlin. 

und  ein  Caf4  Platz  gefunden,  denen  sich  der  Zugang  zu  den  Wirth- 
schaftsräumen  anschliefst. 

Die  Wphnräume  des  Hotels  sind  in  vier  Obergeschossen  an¬ 
geordnet,  deren  jedes  40  gröfsere  und  kleinere  Zimmer,  doppelte 
Aborte  für  Männer  und  Frauen,  auch  je  ein  Bad,  ferner  die  Räume 
für  Bedienung  und  ein  Gelafs  für  die  Aufbewahrung  des  Etagen- 
Geschirrs  und  Vorrichtung  zum  Warmhalten  der  Speisen  enthält. 


MONOPObHOTELl 


Arch.  L.  Heim. 


1 


Holzstich  V.  O.  Ehe),  Berlin. 


Strafsenseite. 


welches  mit  seiner  Vorderfront  dem  Bahnhofszugang  unmittelbar 
gegenüber  liegt  und  mit  seiner  Hinterseite  an  die  künftige  Ver¬ 
längerung  der  Charlottenstrafse  stöfst.  Seine  Frontlänge  an  der 
Friedrichstrafse  mifst  42  m,  die  Tiefe  100  m.  Das  Hotel  nimmt 
gegenwärtig  den  Grundstücktheil  an  der  Friedrichstrafse  ein,  während 
der  hintere  Theil  zur  Zeit  in  Verbindung  mit  dem  Restaurant  als 
Garten  benutzt  wird.  Hier  sind  jetzt  aufser  der  Maschinenhaus- 
Anlage  nur  leichte  Gebäude,  Hallen  u.  dgl.  errichtet,  die  bei  Aus¬ 
dehnung  des  Hotelgeschäfts  einem  Vorderhause  an  der  etwa  in  zwei 
Jahren  benutzbaren  Charlottenstrafse  sowie  entsprechenden  Zwischen¬ 
bauten  Platz  machen  sollen. 

Der  Hotelbau  besteht  in  einem  Vorderhause,  zwei  Seitenflügeln 
und  einem  Quergebäude,  welche  einen  grofsen  offenen  Schmuckhof 
umschliefsen,  und  deren  letzteres  mit  seiner  Rückfront  an  den  er¬ 
wähnten  Garten  grenzt.  Der  aufserordentliche  Werth  des  Grund 
und  Bodens  hat  eine  Anordnung  ergeben,  bei  welcher  im  Erd¬ 
geschosse  nur  der  Zugang  zum  Hotel,  die  Flurhalle,  die  Räume  für 
Pförtner  und  Bureau  sowie  ein  Hotel -Restaurant  mit  Ablegeräumen 
dem  eigentlichen  Gasthofbetriebe  dienen,  während  die  übrigen  Theile 
dieses  Geschosses  anderen  Geschäftszwecken  nutzbar  gemacht  sind. 
Zur  Rechten  des  Hoteleinganges  sind  zwei  Läden  und  ein  grofser 
Bier-Ausschank  angelegt,  zu  dessen  Betriebe  auch  der  Garten  ver- 
miethet  ist;  links  vom  Hoteleingange  haben  ebenfalls  zwei  Läden 


Die  Hotelküche  liegt  in  dem  gegen  das  Grundwasser  wasserdicht 
hergestellten  Kellergeschosse,  welches  im  übrigen  Weinlager  und 
Wirthschaftsräume  verschiedenster  Art  birgt.  Die  Küche  des  Bier- 
Ausschanks  ist  in  den  Garten  hinaus  gebaut.  Alle  drei  Betriebe : 
der  des  Hotels,  der  für  den  Ausschank  und  der  des  Cafes  sind  voll¬ 
ständig  getrennt.  Im  Dachboden  befindet  sich  die  Wäscherei- Anlage, 
zu  deren  Betrieb  der  Dampf  [der  dem  Hotel  zugehörigen  Maschinen- 
Anlage  verwendet  wird  und  deren  Maschinen -Einrichtungen  mittels 
elektrischer  Kraftübertragung  betrieben  werden. 

Der  Baugrund  ist  schlecht,  er  besteht  in  Moor  und  Torf.  Der 
Bau  ist  deshalb  theilweis  auf  Kästen,  theilweis  auf  Pfahlrost  ge¬ 
gründet  worden.  Die  Anwendung  des  letzteren  war  mit  Rücksicht 
auf  die  Behinderungen  durch  alte  Baureste  geboten,  auch  konnten 
alte  Pfahlroste  unter  Nachrammung  Wiederverwendung  finden.  Die 
sehr  ungünstigen  Grundwasserverhältnisse  machten  die  Abdichtung 
der  Kellersohle  zu  einer  sehr  mühevollen  Arbeit. 

Die  Architektur  wurde  in  freien  Renaissanceformen  unter  ange¬ 
messener  Verwendung  bildnerischen  Schmuckes  durchgeführt;  für  die 
Hauptfront  kamen  im  Erdgeschosse  schwedischer  Granit,  in  den 
Obergeschossen  schlesischer  Sandstein  zur  Verwendung.  Die  Innen- 
Architektur  schliefst  sich  im  allgemeinen  der  des  Aeufseren  an:  für 
den  Bier- Ausschank  und  für  die  Säle  der  Hotel-Restauration  geht  sie 
ins  Barocke  über,  das  Cafe  dagegen  ist  maurisch  gehalten  und  mit 


48 


Ceutralblatt  der  Banverwaltnng:.  1.  Februar  1890. 


reichen  Stuckdecken  und  Pfeilerbekleidungen  unter  Verwendung  von 
Spiegeln  und  Einlagen  farbiger  Gläser*)  geschmückt. 

Das  Hotel  ist  bauseitig  für  die  Obergeschosse  mit  Möbeln, 
Hausgerätb  und  Ausstattungsstücken  vollständig  eingerichtet  und 
18  Monate  nach  Beginn  der  Bauausführung  im  November  1888  dem 
Betriebe  übergeben  worden.  Seine  Beleuchtung  ist  elektrisch;  die 
Maschinen  -  Anlage  befindet  sich  auf  dem  Grundstück  selbst  und 
speist  bei  170  Pferdekräften  1200  Glüh-  und  60  Bogenlampen.  Zwei 
Maschinen,  jede  zu  65  Pferdekräften,  sind  mit  den  Dynanomaschinen 
unmittelbar  gekuppelt  vorhanden,  dazu  eine  Maschine  von  40  Pferde¬ 
kräften,  die  zugleich  noch  andere  Betriebe  übernehmen  kann.  In 
der  Eegel  arbeitet  abends  je  nach  Bedarf  eine  der  beiden  grofsen 
Maschinen  allein  oder  in  Gemeinschaft  mit  der  kleinen.  Die  Anlage 
leistet  zugleich  die  Versorgung  des  Hotels  und  der  beiden  Wasser¬ 
kraft-Aufzüge  mit  Wasser  und  bewirkt  die  Lüftung  der  Gebäude. 


*)  Die  Technik  knüpft  an  alte  Vorbilder  an.  Bunte  Gläser 
wurden  zu  Blumen  und  Ornamenten  ausgeschnitten  und  in  weifseu 
Stuck  versenkt,  die  Bänder  aber  mit  Gold  umzogen,  sodafs  eine 
farbenprächtige  Wirkung  erzielt  ist.  (Vgl.  Centralbl.  d.  Bauverwalt. 
1889  S.  282.)  D.  K. 


Die  Yertiefimg 

Herr  Eobert  M.  Sloman,  ein  angesehener  hamburger  Eeeder, 
wirkt  seit  einer  Eeihe  von  Jahren  für  eine  weitere  Vertiefung  der 
Ober-Elbe  mit  ihren  Nebenflüssen.  In  neuerer  Zeit  hat  derselbe  im 
Hinblick  auf  den  aufserordentlicheu  Aufschwung,  den  der  über¬ 
seeische  Verkehr  Hamburgs,  dank  der  stetigen  Verbesserung  des 
Fahrwassers  in  der  Unterelbe,  genommen  hat,  die  Forderung  auf¬ 
gestellt,  die  Elbe  oberhalb  Hamburgs  so  zu  vertiefen,  dafs  sie  beim 
niedrigsten  Wasserstande  noch  mindestens  2  m  Tiefe  hat.  Er  geht 
dabei  von  der  Ansicht  aus,  dafs  durch  den  gegenwäi'tigeu  Zustand 
des  Stromes,  der  zu  Zeiten  der  niedrigsten  Wasserstände  den  Schifl'en 
nur  einen  Tiefgang  von  höchstens  0,835  m  gewährt,  den  berechtigten 
Ansprüchen  der  heutigen  Zeit  nicht  Eechnung  getragen  wird.  Handel, 
Gewerbe  und  Schiffahrt  wären  nicht  in  der  Lage,  den  vollen  Nutzen 
aus  der  grofsen  Gabe  der  Natur,  der  unmittelbaren  Verbindung  der 
See  mit  dem  Herzen  Deutschlands  zu  ziehen.  Nur  etwa  60  pCt.  der 
Tragfähigkeit  der  Schiffe  würde  wegen  mangelnder  Wassertiefe 
wirklich  ausgenutzt,  trotzdem  genügende  Gütermassen  zur  Beförde¬ 
rung  stets  vorhanden  seien.  Hieraus  ergebe  sich  der  hohe  Frachten¬ 
satz  auf  der  Oberelbe,  der  bei  voll  ausgenutzter  Tragfähigkeit  der 
Schiffe  sich  nennenswerth  herabsetzen  liefse.  Namentlich  sei  aber 
eine  bessere  Verbindung  Hamburgs  mit  Berlin  von  gröfster  Wichtig¬ 
keit,  weil  Hamburg  nun  einmal  als  der  natürlich  gegebene  Hafen 
Berlins  angesehen  werden  müsse. 

Bei  der  technischen  Möglichkeit  einer  Vertiefung  der  Elbe  auf 

2  m  hält  sich  Herr  Sloman  weiter  nicht  auf.  Er  zollt  den  bisherigen 
Leistungen  der  deutschen  Techniker  die  höchste  Anerkennung  und 
ist  überzeugt,  dafs,  wenn  man  ihnen  nur  die  nöthigen  Mittel  be¬ 
willigte,  sie  auch  die  gestellte  Aufgabe  unbedingt  lösen  würden. 
Für  ihn  ist  die  ganze  Angelegenheit  überhaupt  lediglich  eine  Geld¬ 
frage,  zu  deren  erfolgreicher,  schneller  Durchführung  er,  als  han¬ 
seatischer  Grofskaufmann,  nicht  einmal  die  Hülfe  des  Staates  aus- 
schliefslich  in  Anspruch  zu  nehmen  gedenkt.  Von  letzterem  glaubt 
er  vielmehr,  dafs  er  schwerlich  in  der  Lage  sein  werde,  eine  so  er¬ 
hebliche  Summe  für  die  Elbe  unverzinslich  und  nicht  rückzahlbar 
auszugeben,  weil  man  ein  Vorrecht  der  Elbe  vor  anderen  ähnlichen 
Forderungen  nicht  nachzuweisen  vermag.  Daher  sollen  die  Eegie- 
rungen  für  diesen  Zweck  die  Aufnahme  einer  Anleihe  bewilligen, 
deren  Verzinsung  und  Tilgung  von  der  Schiffahrt  oder  dem  Waren¬ 
verkehr  zu  decken  wäre.  Am  einfachsten  würde  es  sein,  wenn  die 
Schiffe  eine  Abgabe  zahlten.  Eine  solche  von  5  Pf.  für  einen  Centner 
der  Tragfähigkeit,  das  sind  etwa  15  pCt.  der  Durchschnittsfracht  und 
nicht  mehr  als  die  Hamburger  Kaigelder  betragen,  würde  schon  bei 
dem  gegenwärtigen  Verkehr  eine  jährliche  Abgabe  von  mindestens 

3  Millionen  Mark  ergeben,  wodurch  ein  Capital  von  nahezu  80  Mil¬ 
lionen  Mark  verzinst  und  allmählich  getilgt  werden  könnte.  Die 
Schiffahrt  vermag  diese  geringe,  im  Laufe  der  Jahre  bei  steigendem 
Verkehr  sich  noch  verringernde  Abgabe  um  so  leichter  zu  tragen, 
als  sie  dann  reichlich  weitere  30  bis  40  pCt.  der  Tragfähigkeit  ihrer 
Fahrzeuge  ausnutzen,  letztere  selbst  durch  zweckmäfsigere,  billiger 
zu  handhabende  ersetzen,  die  Eeisedauer  verkürzen  und  alles  in  allem 
ihren  Betrieb  so  bedeutend  verbessern  könne,  dafs  ihre  Frachtsätze, 
um  50  pCt.  ermäfsigt,  nicht  wesentlich  höhere  würden,  als  die  der 
Seeschiffahrt. 

Soweit  Herr  Sloman.  Man  konnte  gespannt  sein,  wie  seine  ver¬ 
lockenden  Anregungen  aufgenommen  werden.  Dafs  dieselben  in 
technischen  Kreisen  eine  besonders  grofse  Beachtung  nicht  erfahren 
würden,  liefs  sich  von  vornherein  erwarten.  Wer  sich  jemals  mit  l 


Der  abgehende  Dampf  dient  zur  Beheizung  des  Hotels,  und  zwar 
werden  alle  Bäume,  60  durch  Oefen  erlieizte  Wohnzimmer  ausge¬ 
nommen,  durch  eine  Wasserheizung  erwärmt.  Da  der  abgehende 
Dampf  meist  nur  abends  zur  Verfügung,  die  Beheizung  aber  be¬ 
sonders  auch  in  den  Morgenstunden  Bedürfnifs  ist,  so  wurde  im 
Kellergeschofs  ein  grofser  Wasserbehälter  in  Kesselform  angelegt, 
welcher  die  Wärme  aufnimmt  und  nach  Bedarf  abgiebt.  Natürlich 
ist  auch  die  Möglichkeit  vorgesehen,  der  Heizung  unmittelbar  aus 
der  Kesselanlage  Dampf  zuzuführen,  was  für  die  Säle  an  kalten 
Tagen  dann  und  wann  nothwendig  wird.  Die  Beheizung  der  mit 
Oefen  versehenen  Zimmer  erfolgt  von  den  durchweg  feuersicher  her¬ 
gestellten  Flurgängen  aus. 

Die  Hotel-Kestauration,  welche  auch  von  dem  Berliner  Publicum 
stark  besucht  wird,  ist  von  der  Strafse  und  von  der  Vorhalle  des 
Hotels  aus  unmittelbar  zugänglich.  Der  Schmuckhof  dient  im  Sommer 
zum  Aufenthalt  der  Gäste,  die  Zimmer  des  I.  Stocks  sind  gegen  ihn 
hin  mit  grofsen,  breiten  Balcons  versehen.  Ein  Lese-  und  Damen¬ 
zimmer,  welches  im  ersten  Stock  dicht  am  Treppenhause  liegt  und 
ebenfalls  nach  jenen  Balcons  mündet,  vervollständigt  die  allen  neu¬ 
zeitlichen  Anforderungen  entsprechende  Einrichtung  des  welt- 
städtischen  Hotels.  Heim. 


des  Elbstroms. 

der  Eegulirung  der  Elbe  mitthätig  zu  beschäftigen  gehabt  hat,  wer 
die  umfangreichen,  sorgfältigen  Erhebungen  über  die  bei  kleinen 
Wasserständen  zur  Verfügung  stehenden  Wassermassen  kennt,  wer 
da  weifs,  welche  Schwierigkeiten  die  Eegulirung  des  Stromes  schon 
jetzt  bietet,  wo  es  sich  nur  um  die  Herstellung  einer  geringsten 
Tiefe  von  0,94  m  handelt,  einer  Tiefe,  welche  trotz  der  Aufwendung 
von  mehr  als  80  Millionen  Mark  an  einigen  wenigen  Stellen  dennoch 
nicht  erreicht  ist,  für  den  konnte  es  überhaupt  keinen  allzugrofsen 
Beiz  haben,  den  weitgehenden  Slomanschen  Vorschlägen  vom  tech¬ 
nischen  Standpunkte  aus  näher  zu  treten.  Aber  auch  bei  der  Schiff¬ 
fahrt  und  Handel  treibenden  Bevölkerung  ist  der  erhoffte  Erfolg 
nahezu  vollständig  ausgeblieben.  Zwar  haben  sich  diese  unmittelbar 
betheiligten  Kreise  nicht  die  Mühe  verdriefsen  lassen,  die  Aus¬ 
führungen  und  Eechnungen  von  Herrn  Sloman  auf  ihre  Eichtigkeit 
und  ihren  Nutzen  zu  prüfen,  das  Ergebnifs  der  Prüfungen  führte 
jedoch  im  allgemeinen  zu  einer  allseitigen  Ablehnung  der  Vor¬ 
schläge. 

Zunächst  berieth  der  österreichische  Elbeverein  in  Aufsig 
in  zahlreich  besuchter  Versammlung  über  die  Frage  der  Vertiefung 
der  Elbe  auf  2  m,  wobei  die  anwesenden  österreichischen  Ingenieure 
mit  voller  Bestimmtheit  eine  derartige  Vertiefung,  was  die  öster¬ 
reichische  Strecke  anbetriff’t,  für  unmöglich  erklärten,  während  her¬ 
vorragende  Kohlenverfrachter  eine  Erhöhung  der  Frachtsätze  um 
5  Pf.  auch  nur  sehr  bedingungsweise  für  zulässig  erachteten.  In 
einem  besonderen,  der  Handelskammer  in  Hamburg  erstatteten  Gut¬ 
achten  werden  vorstehende  Ansichten  noch  näher  begründet,  und 
selbst  eine  Canalisirung  der  Elbe,  zur  Herstellung  von  2  m 
Wassertiefe,  als  nicht  erwünscht  bezeichnet,  weil  die  gröfsten  Vor¬ 
theile  der  jetzigen  Beförderungsweise,  die  Billigkeit  und  Schnelligkeit 
der  Thalfahrt,  dadurch  verloren  gingen.  Der  Versuch  von  Sloman, 
die  Seeschiff’ahrtsfrachten  mit  den  Binnenschiff’ahrtsfrachten  ohne 
weitere  Begründung  zu  vergleichen,  ist  überhaupt  nicht  zulässig; 
was  letztere  Frachten  heute  vorzugsweise  erhöht,  ist  namentlich  der 
Umstand,  dafs  ein  Schiff,  welches  alljährlich  6  bis  7  Eeisen  von 
Dresden  nach  Hamburg  macht,  jedesmal  nicht  weniger  als  14  Tage 
Lösch-  und  Liegezeit  in  Hamburg  braucht.  Einrichtungen  zur  Ab¬ 
kürzung  dieser  Liegezeit  thun  daher  der  Schiffahrt  zuvörderst  noth. 

Ein  eingehendes  Gutachten  hat  ferner  der  sächsische  Schiffer¬ 
verein  abgegeben.  Dieser  Verein  erörtert  die  technische  und  wirth- 
schaftliche  Seite  der  Frage.  In  ersterer  Beziehung  kommt  derselbe 
zu  dem  Schlüsse,  dafs  die  geforderte  Vertiefung  technisch  nicht  aus- 
fühi-bar  sei,  und  selbst  wenn  sie  es  wäre,  für  die  Schiffahrt  nicht 
nur  von  keinem  Nutzen,  sondern  von  Nachtheil  sein  würde.  Will 
man  die  Tiefe  durch  Eegulirung  hersteilen,  so  müfste  man  zur  Zu¬ 
sammenhaltung  der  Wassermasse  den  Strom  so  einengen,  dafs  das 
Fahrwasser  für  jeglichen  Schiffahrtsbetrieb  viel  zu  enge  und  die 
Stromgeschwindigkeit  zu  grofs  würde.  Man  hätte  alsdann  die  jetzt 
bestehende  Betriebsweise  zu  ändern,  wodurch  die  vorhandenen  Be¬ 
triebsmittel  fast  gänzlich  werth-  und  zwecklos  werden.  Aber  auch 
die  Canalisirung  der  Elbe  mufs  aufser  Betracht  bleiben,  weil  der 
Betrieb  alsdann  schwerfälliger,  langsamer  und  theurer  wird.  Ueber- 
haupt  läfst  sich  ein  Strom  nicht  ungestraft  Gewalt  anthun,  und 
darum  ist  die  bisherige  Eegulirungsweise,  wobei  die  Vertiefung  ganz 
allmählich  nach  wissenschaftlich  festgesetzten  Eegeln  erfolgt,  die 
richtige. 

In  wirthschaftlicher  Hinsicht,  glaubt  der  sächsische  Schifferverein, 
werden  die  von  Sloman  erhofften  Vortheile  ebenfalls  nicht  in  nennens- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


49 


Nr.  5. 


werthem  Umfange  eintreten.  Zunächst  müssen  alle  auf  der  Elbe  ver¬ 
kehrenden  Frachtschiffe,  weil  die  Höhe  ihrer  Borde  keine  gröfsere 
Eintauchung  als  1,5  bis  1,75  m  zuläfst,  durch  Schiffe  mit  höheren 
Borden,  welche  eine  Eintauchung  von  2  m  gestatten,  zu  ersetzen  sein. 
In  kurzer  Frist  ist  eine  so  tief  eingreifende  Aenderung  in  der  Bauart 
der  Schiffe  jedenfalls  nicht  durchzuführen,  und  die  Kosten,  welche 
dadurch  bei  10  622  die  Elbe  befahrenden  Schiffen  entstehen,  deren 
Werth  auf  etwa  115  Millionen  Mark  zu  schätzen  ist,  sind  jedenfalls 
sehr  erhebliche.  Angenommen  aber,  es  liefse  sich  die  volle  Trag¬ 
fähigkeit  der  Schiffe  immer  ausnutzen,  was  z.  B.  bei  leichten,  sperrigen 
Schiffen  überhaupt  nicht  möglich  ist,  so  ergiebt  die  angestellte,  der 
Wirklichkeit  entnommene  Eechnung,  dafs  der  Gewinn  nicht  entfernt 
in  demselben  Verhältnifs  zunimmt,  als  die  vermehrte  Tragfähigkeit 
der  Schiffe. 

Die  Zukunftsfracht  würde  sich  vielmehr  nicht  um  50,  sondern 
nur  um  25  pCt.  niedriger  stellen  als  die  jetzige,  das  ist  6  Pf.  für 
den  Centner,  sodafs  wenn  eine  Abgabe  von  5  Pf.  für  den  Centner 
erhoben  werden  soll,  der  Gewinn  nur  einen  Pfennig  beträgt.-  Es 
unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  dafs  dieser  Vortheil  ein  so  geringer 
ist,  dafs  auch  vom  wirthschaftlichen  Standpunkte  aus  der  von  Herrn 
Sloman  vorgeschlagenen  Regulirung  der  Elbe  nicht  das  Wort  zu 
reden  ist. 

Für  eine  Beschleunigung  des  Lösch-  und  Ladegeschäftes  bei  der 
Elbschiffahrt  wird  aber  auch  in  diesem  Gutachten  lebhaft  eingetreten, 
weil  sich  die  Fahrgeschwindigkeit  selbst  kaum  steigern  läfst,  und  von 
der  gesamten  Betriebszeit  überhaupt  nur  ein  Viertel  auf  die  Fahrt 
und  drei  Viertel  auf  das  Löschen  und  Laden  verwandt  werden. 
Letzteres  liegt  einmal  an  den  ganz  veralteten,  ungenügenden  Hafen¬ 
einrichtungen  Hamburgs,  wo  Hand-,  Dampf-  und  Druckwasserkrahne 
bisher  ausschliefslich  der  Seeschiffahrt  zugute  kommen,  dann  aber 
auch  an  den  Gebräuchen  des  Handels  und  insonderheit  des  Getreide¬ 
handels,  durch  welche  der  Schiffer  gezwungen  wird,  sein  Schiff  un¬ 
gebührlich  lange,  oft  Wochen  hindurch,  als  Lagerraum  anstatt  als 


Transportmittel  herzugeben.  Jetzt  mufs  ein  Eildampfer,  der  in  sechs 
Tagen  von  Dresden  nach  Hamburg  fährt,  gar  nicht  selten  eine  volle 
Woche  liegen,  bis  man  ihm  einen  Platz  zum  Löschen  anweist. 
Mäfsige  Abgaben,  welche  für  bessere  Hafeneinrichtungen  in  Hamburg 
gefordert  werden  sollten,  würde  die  Schiffahrt  sicherlich  gern  ent¬ 
richten,  da  sie  alsdann  die  Möglichkeit  hätte,  ihre  Betriebsmittel 
besser  auszunutzen  und  bei  einer  jährlichen  Betriebsdauer  von  etwa 
270  Tagen  zehn  Reisen  von  Hambui-g  nach  Dresden  und  zurück  zu 
machen,  während  jetzt  nur  sechs,  allerhöchstens  sieben  auszu¬ 
führen  sind. 

In  einem  nicht  minder  eingehend  bearbeiteten  Gutachten  benutzt 
endlich  der  Magdeburger  Schifferverein  die  Gelegenheit,  um 
seine  Ansicht  über  das  Bedürfnifs  und  die  Zweckmäfsigkeit  einer 
weiteren  Vertiefung  der  Oberelbe  darzulegen.  Derselbe  glaubt  zu¬ 
nächst,  dafs,  wenn  die  Herstellung  einer  Tiefe  von  2  m  beim  niedrigsten 
Wasserstande  in  der  Elbe  überhaupt  möglich  ist,  was  zu  beurtheilen 
er  den  Technikern  überläfst,  hierzu  der  Betrag  von  80  Millionen  Mark, 
ja  selbst  die  doppelte  Summe  nicht  ausreichen  würde.  Der  Verein 
hält  auch  die  Slomansche  Forderung  für  zu  weitgehend  und  vorläufig 
das  Mafs  von  1,25  m  als  Mindesttauchtiefe  der  Schiffe  für  ausreichend. 
Hierfür  tritt  derselbe  mit  der  Begründung  ein,  dafs  der  ungeheure 
Aufschwung  der  Elbschiffahrt  den  besten  Beweis  liefere  für  die 
wirthschaftlich  gute  Verwendung,  welche  die  bisher  für  die  Regu¬ 
lirung  verausgabten  Summen  gefunden  haben.  Bei  dem  beständig 
wachsenden  überseeischen  Verkehr  Hamburgs,  von  dem  der  bei 
weitem  gröfste  Theil  auf  die  Elbe  übergeht  bezw.  von  derselben 
stammt,  genügt  die  früher  festgesetzte  Mindesttauchtiefe  von  0,835  m 
für  wasserarme  Jahre  nicht  mehr.  Den  sonstigen  Anschauungen 
des  Herrn  Sloman  wird  theilweise  nur  sehr  bedingungsweise  bei¬ 
getreten  und  namentlich  die  Bezahlung  einer  Abgabe  von  5  Pf.  für 
den  Centner  ganz  von  der  Hand  gewiesen.  Die  durch  eine  derartige 
Regulirung  entstehenden  Kosten  bleiben  nach  Ansicht  des  Magde¬ 
burger  Schiffervereins  lediglich  Sache  der  Uferstaaten.  —  s. 


Kraftversorgung  durch  Druckluft  in  Paris. 


Ueber  die  grofse  Anlage  zur  Kraftversorgung  von  Paris  durch 
Druckluft  nach  dem  System  Popp  hat  der  Professor  au  der  techn.  Hoch¬ 
schule  in  Berlin,  Herr  Riedler,  zwei  Vorträge,  im  Verein  zur  Beför¬ 
derung  des  Gewerbfleifses  und  im  Verein  deutscher  Ingenieure,  gehalten, 
welche  seither  in  den  Zeitschriften  dieser  Vereine  und  in  einer  be¬ 
sonderen  erweiterten  Ausgabe*)  in  Druck  erschienen  sind.  Unter 
Bezugnahme  auf  diese  ausführliche  Veröffentlichung,  welche  auch 
über  alle  Einzelheiten  Aufschlufs  giebt,  soll  im  folgenden  das  wesent¬ 
lich  Neue  der  Pariser  Anlage  kurz  angegeben  werden.  Weiter  können 
wir  einige  neue  Anwendungen  der  Druckluft,  die  seither  in  Paris 
gemacht  wurden,  sowie  dies  und  jenes  neue  Detail  hinzufügen. 

Im  Osten  von  Paris  (Belleville)  befindet  sich  die  Centralanlage 
zur  Erzeugung  der  Druckluft,  welche  aus  einer  grofsen  Maschinen¬ 
anlage  von  etwa  2000  Pferdekräften  mit  11  Dampfkesseln  und 
6  doppelten  Luftprefsmaschinen  besteht.  Durch  ein  7  km  langes 
Hauptrohr  wird  die  Druckluft  von  dort  in  die  Stadt,  und  zwar  die 
grofsen  Boulevards  entlang  bis  zur  Madeleinekirche,  geleitet,  während 
eine  zweite,  etwa  10  km  lange  Hauptleitung,  südlich  zur  Seine  führend, 
die  Rue  de  Rivoli  entlang  an  die  erste  Hauptleitung  bei  der  Madeleine 
anschliefsend,  vor  7  Monaten  als  geschlossene  Ringleitung  vollendet 
wurde. 

Die  Einrichtungen  für  die  Ausnutzung  von  Druckluft  sind  in 
Paris  jetzt  schon  derart  zahlreich,  dafs  der  Betrieb  der  2000pferdigen 
Anlage  nicht  mehr  ausreicht.  Es  wird  deshalb  auch  eine  ältere 
Maschinenanlage  von  etwa  500  Pferdekräften,  aus  welcher  das 
jetzige  grofse  Werk  hervorgegangen  ist,  zur  Zeit  des  gröfsten 
Druckluftverbrauches  mit  in  Betrieb  gesetzt,  und  eine  grofse  Er¬ 
weiterung  der  Centralanlage,  bestehend  aus  6  Luftprefsmaschinen  von 
je  400  Pferdekräften,  ist  im  Laufe  dieses  Winters  in  Betrieb  ge¬ 
kommen.  Die  Maschinen  der  Centralanlage  sind  in  mehrfacher  Hin¬ 
sicht  mangelhaft;  weder  sind  die  Dampfmaschinen  von  der  für  grofse 
Centralanlagen  nothwendigen  und  erreichbaren  Vollkommenheit,  noch 
sind  die  Prefsmaschinen  günstigster  Bauart;  letztere  leiden  insbe¬ 
sondere  an  dem  Fehler,  dafs  die  Luft  wegen  mangelhafter  Kühlung 
unter  zu  grofser  Wärmeerzeugung  und  unnütz  grofser  Kraft¬ 
entwicklung  verdichtet  wird,  Fehler,  welche  sich  bei  richtiger  Bauart 
und  insbesondere  bei  grofsen  Maschinen  leicht  vermeiden  liefsen. 
Für  die  Beurtheilung  der  Pariser  Anlage  bleiben  diese  Mängel  jedoch 
von  untergeordnetem  Einflufs;  es  ist  im  Gegentheil  unzweifelhaft 
nachweisbar,  dafs  die  in  Paris  bisher  erzielten  Ergebnisse  mit  ein¬ 
fachen  Mitteln  wesentlich  verbessert  werden  können. 


*)  Riedler,  A.  Die  Kraftversorgung  von  Paris  durch  Druckluft. 
Zwei  Vorträge.  Berlin  1889.  R.  Gaertners  Verlagshandlung  (H.  Hey¬ 
felder).  72  S.  in  80  mit  21  Abb.  Preis  1,50  Mark. 


Durch  die  Centralisirung  der  Kraftanlage  wird  selbstver¬ 
ständlich  beabsichtigt  und  mit  guten  Maschinen  auch  erreicht,  dafs  die 
Krafterzeugung,  im  Gegensätze  zu  den  Kleinkraftmaschinen,  mit  den 
technisch  vollkommensten  Mitteln  und  den  geringsten  Gestehungskosten 
durchgeführt  werden  kann.  Die  grofsen  Maschinen  der  Central - 
Station  können  unter  sachverständiger  Behandlung  mit  geringstem 
Dampfverbrauch  und  kleinsten  Verlusten  arbeiten,  können  ohne 
Unterbrechung  bei  möglichster  Ausnutzung  der  Anlage  in  Betrieb 
bleiben  und  gestatten  den  kleinsten  Material-  und  Personalverbrauch, 
somit  die  geringsten  allgemeinen  Betriebsauslagen.  Alle  Gefahr, 
Verantwortung  und  Belästigung  der  Krafterzeugung  für  einzelne 
Maschinen  wird  aus  der  Stadt  entfernt  und  der  Betrieb  einheitlich 
mit  allen  Erfahrungen  und  Verbesserungen  durchgeführt;  auch  die 
im  Kleinbetriebe  oft  lästige  oder  kostspielige  Wasserbeschaffung  wird 
im  Grofsbetrieb  einfacher,  und  alle  Ausgaben,  bis  zum  viel  billigeren 
Bezüge  der  Kohle  im  grofsen  usw.,  werden  unvergleichlich  geringer 
als  wenn  dieselbe  Kraft  in  zahllosen  einzelnen  kleinen  Betrieben 
erzeugt  wird. 

In  dieser  Centralisirung  der  Krafterzeugung  ist  der  gröfste 
Fortschritt  zu  suchen.  Er  läfst  sich  in  Zahlen  vergleichsweise  da¬ 
durch  ausdrücken,  dafs  vollkommene,  grofse  Maschinen  einer  Central¬ 
anlage  etwa  Vs  der  Kohlen  verbrauchen,  die  für  gute,  etwa  lOpferd. 
Maschinen  des  Kleinbetriebes  erforderlich  sind. 

Zur  Ansammlung  der  Druckluft  und  zur  Druckausgleichung 
dienen  8  Blechwindkessel,  jeder  mit  3272  cbm  Inhalt.  Ein  grofser 
unterirdischer  Luftbehälter  von  12  000  cbm  Inhalt  ist  geplant,  aber 
bisher  nicht  ausgeführt  worden.  Man  beabsichtigte  ein  Schacht¬ 
rohr  von  1  m  Durchmesser  und  80  m  Tiefe  niederzubringen,  von 
diesem  Schachtrohr  aus  einen  Stollen  von  12  000  cbm  Inhalt  zu 
treiben  und  luftdicht  auszumauern  und  das  Ganze  mit  Wasser  aus¬ 
zufüllen,  sodafs  die  eingepumpte  Luft  unter  beständigem  Druck  der 
80  m  hohen  Wassersäule  sich  befindet.  Mit  Hülfe  dieses  grofsen 
Behälters  würde  dann  die  Central-Maschinenanlage  möglichst  gleich- 
mäfsig  während  des  ganzen  Tages  und  nicht  blofs,  wie  jetzt,  während 
der  Abendstunden  mit  der  gröfsten  Leistung  betrieben  und  die  Ge¬ 
samtleistung  von  gegenwärtig  250  000  cbm  auf  350  000  cbm  täglich 
angesaugter  Luft  erhöht  werden  können. 

In  der  Aufspeicherung  grofser  Mengen  von  Druckluft  liegt 
ein  wesentlicher  Vortheil;  denn  schon  bei  der  jetzigen  Pariser  Anlage, 
wo  die  Druckluft  nur  in  8  Windkesseln  angesammelt  wird,  ist  plötz¬ 
liches  Ausbleiben  der  Prefsluft  in  der  Stadt  ausgeschlossen.  Es  ist 
in  der  That  schon  vorgekommen,  dafs  der  Maschinenbetrieb  in  der 
Centralstation  unterbrochen  wurde,  ohne  dafs  der  Betrieb  in  der 
Stadt  irgendwie  beeinflufst  worden  wäre,  weil  der  Verbrauch  in¬ 
zwischen  durch  den  Vorrath  der  Windkessel  und  durch  den  grofsen 


50 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1.  Februar  1890. 


Inhalt  der  langen  Hauptleitung  gedeckt  wurde.  Im  Gegensätze  hierzu 
ist  stundenlange  Aufspeicherung  der  Arbeit  mehrerer  tausend  Pferde¬ 
kräfte  bei  Druckwasser  oder  elektrischem  Betrieb  u.  dgl.  nach  den 
bisherigen  Erfahrungen  nicht  möglich,  ohne  mit  dem  Kostenpunkte 
in  unlösbaren  Widerspruch  zu  gerathen. 

Die  Haupt  -  Druckluftleitung  von  300  mm  Durchmesser  ist 
mit  den  Eöhren  für  Grund -Wasserleitung,  für  die  Rohrpost,  Kabel- 
und  Fernsprechleitungen  unterirdisch  in  den  gemauerten  und  gang¬ 
baren  Abzugscanälen  der  Stadt  angebracht  und  am  Gewölbe  der¬ 
selben  aufgehängt.  Die  Röhren  werden  durch  die  Zugangschächte 
eingelassen  und  durch  einen  auf  dem  Abzugwasser  schwimmenden 
Kahn  an  den  Ort  ihrer  Verlegung  gebracht.  In  dieser  Hinsicht  kann 
jede  andere  Stadt  Paris  um  sein  hochentwickeltes  Canalsystem  nur 
beneiden,  umsomehr  als  die  Planlosigkeit  der  Rohr-  und  Draht¬ 
legungen  in  anderen  Städten  bei  der  ungeheuren  und  unaufhaltsamen 
Entwicklung  der  Rohr-  und  Drahtnetze  in  kurzer  Zeit  unhaltbar 
werden  mufs.  Etwa  ein  Drittel  des  jetzt  in  Betrieb  befindlichen 
Rohrnetzes  ist  aber  nicht  in  die  Abzugscanäle  eingebaut,  sondern 
ist  gewöhnliche  Erdleitung;  jedoch  liegt  die  Rohideitung,  da  Ein¬ 
frieren  nicht  Vorkommen  kann,  nur  einige  Decimeter  unter  der  Erde. 
Die  nächstens  zur  Ausführung  kommende  grofse  Rohrleitung  für  die 
16  OOOpferdige  Pariser  Neuanlage  wird  zu  mehr  als  zwei  Drittel  als  | 
gewöhnliche  Erdleitung  ausgeführt  werden,  da  diese  500  mm  weite 
Ringleitung  von  etwa  15  km  Länge  in  den  Abzugscanäleu  nicht  mehr 
becpiem  untergebracht  werden  kann.  Auch  sind  die  Kosten  der  Erd¬ 
leitung  keine  höheren  als  die  der  Rohrlegung  bezw.  Aufhängung  in  den 
Canälen.  Diese  neue  Hau^itleitung  wird  aus  geschweifsten  Blech¬ 
röhren  hergestellt. 

Der  Vertrag  der  Stadt  Paris  mit  H.  Popp  bestimmt,  dafs  dieser 
für  die  Benutzung  der  genannten  Canäle  eine  jährliche  Abgabe  von 
45  Franken  für  jedes  Kilometer  Rohrleitung,  alle  Zweigleitungen  ein¬ 
geschlossen,  zu  entrichten  hat.  Er  gewälirt  dem  Unternehmer  40jährige 
Concession  für  Centralanlagen  und  Rohrlegungen  und  schliefst  ähnliche 
Unternehmungen  während  der  ersten  5  Jahre  der  Concessionsdauer 
aus  unter  der  Voraussetzung,  dafs  mindestens  jährlich  3  km  Haupt¬ 
druckleitungen  gelegt  werden.  Vertragsbedingungen  sind  weiter, 
dafs  der  Betrieb  nicht  unterbrochen  werden  darf,  dafs  die  Central¬ 
stationen  innerhalb  Paris  liegen  müssen,  die  Heizkohle  aber  frei  von 
Abgaben  bleibt.  Die  Tarife  für  Luftabgabe  sind  freigestellt,  nur  ist 
der  Höchstpreis  mit  2  Centimes  für  1  cbm  Luft,  auf  atmosphärische 
Spannung  bezogen,  festgesetzt.  Die  Gegenleistung  besteht  in 
15  pCt.  Antheil  der  Stadt  am  Reingewinn,  nach  Abzug,  aller  Be¬ 
triebs-  und  Verwaltungskosten  und  nach  Abschreibung  von  5  pCt. 
Rücklage,  10  pCt.  Tilgung  und  6  pCt.  Verzinsung.  Die  Stadt  behält 
das  Recht,  die  Anlage  gegen  Inventarwerth  und  6  pCt.  Capitalisatiou 
des  Roherträgnisses,  aber  nicht  vor  15  Jahren,  zu  erwerben. 

Die  Druckrohrleitung  hat  einen  lichten  Durchmesser  von  300  mm. 
Diesem  entspricht  bei  Uebertragung  von  2500  Pferdekräften  eine 
Luftgeschwindigkeit  von  nur  10  m,  und  die  Leitung  würde  für 
4000  Pferdekräfte  ausreichen.  Durch  ein  ausgedehntes  Netz  von 
Zweigleitungen  steht  z.  Z.  in  den  inneren  Stadtbezirken  sowie  in 
den  nach  Osten  und  Süden  angrenzenden  Bezirken  Druckluft, 
d.  i.  Kraft  für  alle  Betriebe,  ähnlich  wie  Gas  und  Wasser,  zur 
Verfügung.  Die  Abgabe  der  Druckluft  an  den  Verbrauchstellen 


und  ihre  Nutzbarmachung  in  den  Arbeitsmaschinen  erfolgt  mit 
sehr  einfachen,  zweckmäfsigen  Einrichtungen,  welche  die  Fracht 
langjähriger  Erfahrungen  und  Versuche  sind.  Als  Arbeits¬ 
maschinen  sind  viele  alte  Dampfmaschinen  in  Verwendung, 
dei’art,  dafs  vorhandene  Dampfkessel  aufser  Betrieb  gesetzt  wurden 
und  die  Dampfmaschinen  jetzt,  ohne  jede  Veränderung  an  der 
Maschine  selbst,  mit  Druckluft  statt  mit  Dampf  betrieben  werden. 
Als  eigentliche  neue  Luftmaschinen  sind  für  ganz  kleine  Kräfte,  bis 
zu  1  Pferdekraft,  Maschinen  mit  rotirendem  Kolben,  für  gröfsere 
Leistungen  gfewöhnliche  Kurbelmaschinen  in  Anwendung. 

Den  Luftmaschinen  wird  die  Luft  durch  Zweigröhren  zugeführt, 
in  welche  der  Luftmesser  mit  Flügelrad,  dessen  Zählwerk  die  ver¬ 
brauchte  Luft  in  Cubikmetern  angiebt,  und  ein  Reducirventil  ein¬ 
geschaltet  sind.  Letzteres  hat  den  Zweck,  die  Luftspannung  der 
Hauptleitung  (6  Atmosphären)  auf  ein  bestimmtes  unveränderliches 
Mafs  (4  oder  41/2  Atmosphären)  zu  vermindern,  sodafs  jede  Maschine 
im  Bedarfsfälle  über  die  normale  Leistung,  einfach  durch  Verände¬ 
rung  der  Belastung  des  Reducirventiles,  gesteigert  werden  kann. 

Weiter  ist  in  die  Druckluftleitung  ein  Vorwärme-Ofen  ein¬ 
geschaltet.  Dieser  dient  dem  wesentlich  Neuen  in  der  ganzen  An¬ 
ordnung.  Die  Wärme,  welche  bei  Verdichtung  der  Druckluft  frei 
I  wird,  geht  unfehlbar  verloren,  sie  wird  aber  durch  die  Vorwärmung 
der  Druckluft  wieder  zugeführt.  Die  V^orwärmung  ist  erwünscht, 
um  den  Luftverbrauch  der  Luftmaschinen  möglichst  zu  vermindern, 
und  nothwendig,  um  die  Eisbildung,  eine  Folge  des  unvermeid¬ 
lichen  Wassergehaltes  der  Luft,  zu  verhüten;  denn  in  dem  Mafse, 
wie  Wärme  erzeugt  wird  bei  der  Verdichtung  der  Luft,  wird  bei 
deren  Ausdehnung  Kälte  entstehen.  In  Paris  sind  vor  jeder  Luft¬ 
maschine  eiserne  Oefen  in  Verwendung,  mit  Doppelmantel  und  ein¬ 
gegossenen  Wänden,  und  der  Innenraum  dieser  Oefen  ist  mit  mäfsigem 
Kohlenfeuer  geheizt;  in  diesen  kleinen  Oefen  wird  die  Luft  auf  150' 
bis  170°  C.  erhitzt.  Die  Kosten  der  Vorwärmung  sind  ganz  ver¬ 
schwindend  und  betragen  für  die  Stunde  und  Pferdekraft  ^''2  Centime 
bei  gröfseren  Maschinen  und  bis  1  Centime  bei  kleinen  Maschinen 
(unter  2  Pferdekraft).  In  der  Vorwärmung  liegt  eine  wichtige 
Neuerung.  Die  Druckluft  stand  von  jeher  in  dem  üblen  Rufe,  dafs 
sie  Kraftübertragung  nur  mit  grofsen  Verlusten  ermögliche,  weil  ein 
grofser  Theil  der  aufgewandten  Arbeit  in  nutzlose  Wärme  verwandelt 
wird.  Die  Wärme,  welche  bei  der  Verdichtung  verloren  geht,  läfst 
sich  aber  bei  der  Vorwärmung  mit  den  einfachsten  Mitteln  und  ohne 
nennenswerthe  Kosten  wieder  ersetzen.  Auch  in  dieser  Hinsicht 
zeigt  die  Druckluft  einen  Vortheil  gegenüber  anderen  Kraftüber¬ 
tragungen,  bei  denen  alle  Verluste  bei  Krafterzeugung  oder  Fort¬ 
leitung  unwiederbringlich  verloren  sind. 

Von  Wichtigkeit  ist  der  Auspuff  der  Druckluft,  nachdem  sie  in 
der  Luftmaschine  Arbeit  abgegeben.  Je  nach  dem  Grade  der  Vor¬ 
wärmung  läfst  sich  beliebige  Auspufftemperatur  erzielen.  Wird  wenig 
vorgewärmt,  so  ist  die  Temperatur  der  Auspuö’luft  niedrig;  es  ist 
also  selbstverständlich,  dafs  als  Nebenerzeugnifs  der  Kraftgewinnung 
auspuft’ende  Kaltluft  gewonnen  werden  kann.  Wird  in  den  Vor¬ 
wärmeofen  gleichzeitig  Wasser  eingespritzt,  so  ist  der  Verbrauch  an 
Luft  ungefähr  30  pCt.  niedriger  als  ohne  Einspritzung;  auch  kann 
hierdurch  höhere  Temperatur  der  Auspuffluft  erzielt  und  letztere  für 
Heizungszwecke  verwendet  werden.  (Schliffs  folgt.) 


Eine  Encyklopädie  des  gesamten  Eisenbahnwesens, 


Ein  für  weite  Kreise  höchst  beachtenswerthes  Werk  begrüfsen  wir 
in  der  durch  die  Ueberschrift  bezeichneten  Encyklopädie*),  von  welcher 
kürzlich  der  erste  Band  erschienen  ist.  Die  Behandlung  des  ge¬ 
samten  Eisenbahnwesens  nach  allen  seinen  vielverzweigten  Richtungen 
auf  streng  wissenschaftlicher  Grundlage  und  doch  in  möglichst  ge- 
meinfafslicher  und  bündiger  Darstellung,  und  somit  die  Ausfüllung 
einer  viel  und  schwer  empfundenen  Lücke  in  unserer  Litteratur: 
das  ist  der  Zweck  des  Buches.  Die  Herausgabe  eines  solchen 
Werkes  erscheint  in  der  That  als  ein  grofses  und  sehr  verdienst¬ 
volles  Unternehmen,  wenn  man  bedenkt,  wie  viele  einzelne  Wissens¬ 
zweige  sowohl  der  Technik  des  Baues  und  Betriebes  als  auch 
der  Verwaltungs-  und  Rechtskunde,  des  Verkehrs-  und  Finanz¬ 
wesens,  der  Eisenbahnpolitik  usf.  hier  in  Betracht  zu  ziehen  sind. 
Bei  einer  solchen  Ueberfülle  des  Stoffs  erscheint  die  encyklopädische 
Form  mit  alphabetischer  Anordnung  wohl  als  die  allein  zweckmäfsige. 
Sie  soll  nicht  nur  allen  dem  Eisenbahnwesen  ii'gendwie  Nahestehenden, 

*)  Encyklopädie  des  gesamten  Eisenbahnwesens  in 
alphabetischer  Anordnung,  herausgegeben  von  Dr.  Victor  Röll,  Ober¬ 
inspector  der  K.  K.  österreichischen  Staatsbahnen,  unter  redactioneller 
Mitwirkung  des  Ingenieurs  Karl  Wurmb.  Erster  Band:  „Aachen- 
Düsseldorf-Ruhrorter  Eisenbahn“  bis  „Betrieb“.  480  Seiten  Text  in 
gr.  80  mit  207  Originalholzschnitten,  8  Tafeln  und  3  Eisenbahnkarten. 
Wien,  1890.  Karl  Gerolds  Sohn.  Preis  10  Jt. 


sondern  allen  Gebildeten  überhaupt  die  Möglichkeit  gewähren,  sich 
über  jeden  bestimmten  in  das  erstere  einschlagenden  Begriff  oder 
Gegenstand  ohne  grofsen  Zeitaufwand  und  ohne  Vorstudien  Belehrung 
und  Klarheit  zu  verschaffen.  Die  einzelnen  Gegenstände  müssen  also» 
nach  bestimmten  Stichworten  geordnet  und  als  durchaus  selbständige 
Aufsätze  behandelt  werden.  Es  leuchtet  ein,  dafs  ein  solches  Werk 
nur  durch  das  Zusammenwirken  einer  sehr  grofsen  Zahl  von  Mit¬ 
arbeitern  ermöglicht  werden  kann,  dafs  es  ferner  seitens  des  Heraus¬ 
gebers  einer  sehr  langen,  mühsamen  Vorarbeit  bedarf,  bevor  die 
Drucklegung  auch  nur  beginnen  kann,  und  dafs  es  ungemein  schwierig 
sein  mufs,  trotz  der  Vielheit  der  Verfasser  doch  der  Behandlung  der 
einzelnen  Aufsätze  eine  gewisse  Gleichartigkeit  der  Form  zu  wahren. 
Denn  bereits  an  100  Mitarbeiter  weist  das  „erste  Verzeichnifs“  der¬ 
selben  auf,  darunter  neben  vielen  Professoren  an  technischen  und 
anderen  Hochschulen  zahlreiche  hervorragende  Fachmänner  aus  allen 
Zweigen  des  Eisenbahnwesens,  sodafs  die  theoretischen  wie  die 
praktischen  Seiten  desselben  zu  voller  Geltung  gelangen  können. 

Bei  den  angedeuteten  Schwierigkeiten  mufs  es  um  so  höher  an¬ 
erkannt  werden,  dafs  der  —  nach  fast  fünfjährigen  Vorarbeiten  des 
Herausgebers  —  jetzt  erschienene  erste  Band  des  grofs  angelegten 
Werkes  allen  berechtigten  Anforderungen  in  hohem  Mafse  entspricht. 
Obwohl  derselbe  bereits  mit  dem  Worte  „Betrieb“  abschliefst,  so 
behandelt  er  doch  schon  eine  überraschende  Fülle  von  wichtigen 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung, 


51 


Blr.5. 


Gegenständen  des  Eisenbahnwesens,  darunter  auch  manche,  die  man 
vielleicht  zunächst  unter  einem,  anderen  erst  später  vorkommenden 
Stichworte  suchen  würde.  So  finden  wir  z.  B.  unter  dem  Worte 
„Abschlufsvorrichtungen“  eine  ausführliche  Behandlung  der  Wege¬ 
schranken,  ferner  unter  dem  Worte  „Ausweichvorrichtung“  (für  Seil¬ 
bahnen,  von  Abt)  eine  vortreffliche  Beschreibung  einer  ganzen  Reihe 
von  Bergbahnen  mit  Seilbetrieb  (meist  auch  mit  Zahnstange  zur 
Sicherung),  weiche  sich  mit  den  unter  „Agudio“  und  unter  „Berg¬ 
bahnen“  gegebenen  Aufsätzen  bestens  ei’gänzt.  Eine  solche  Beschrei¬ 
bung  wird  jedenfalls  eher  unter  den  Wörtern  „Drahtseilbahn,  Seil¬ 
bahn,  Seilbetrieb“  gesucht  werden.  Es  ist  aber  gewifs  nur  zu  billigen, 
wenn  die  einmal  schon  vorliegenden  Aufsätze  nicht  einem  bestimmten 
Stichworte  zu  Liebe  auf  einen  erst  viel  später  erscheinenden  Band 
zurückgestellt  werden.  Die  leichte  Auffindbarkeit  derselben  wird  ja 
zweifellos  durch  kurze  Hinweise  bei  den  später  folgenden  Worten 
gesichert  werden,  was  allerdings  nicht  versäumt  werden  darf.  Dafs 
die  einzelnen  Aufsätze  fast  durchweg  von  den  Verfassern  unterzeichnet 
sind,  dürfte  dem  Buche  in  jeder  Hinsicht  zu  gute  kommen,  indem 
dadurch  die  Lust  zur  Mitarbeit  gefördert  und  häufig  auch  bei  den 
Lesern  die  Aufmerksamkeit  erhöht  wird. 

Die  gröfseren  Aufsätze  technischen  Inhalts  sind  mit  trefflich 
ausgeführten  Abbildungen  ini  Text,  theilweis  auch  auf  besonderen 
Tafeln  ausgestattet,  so  u.  a.  die  schon  erwähnte  sehr  ausführliche 
Abhandlung  über  die  „Abschlufsvorrichtungen  der  Wege“  (Löwe); 
ferner  die  Aufsätze  über  „Abnutzung  der  Schienen“  (Löwe);  „Achsen 
und  Achslager“  (Pintzger);  „Bagger“  (Forchheimer) ;  „Arbeiter¬ 
wohnungen“  (Geul);  „Bahnhofsanlagen“  (Goering);  „Bahnwärter¬ 
häuser“  (v.  Eysank);  „Bahnzustandssignale“  (Kecker);  „Beheizung 
und  Beleuchtung  der  Wagen“  (Schützenhofer)  und  „Beleuchtungs¬ 
apparate“  (Voit). 

Die  Abhandlungen  über  die  badischen,  bayerischen  und  belgischen 
Bahnen  sind  mit  Karten  versehen  und  enthalten  ebenso  wie  diejenigen 
über  die  adriatischen  und  americanischen  (besonders  ausführlich  über 
die  Vereinigten  Staaten,  v.  d.  Leyen)  und  kürzer  auch  diejenigen  über 
die  asiatischen  und  australischen  Bahnen,  sowie  über  zahlreiche 
einzelne  Liniennetze  wohl  alle  wünschenswerthen  Angaben  geschicht¬ 
lichen,  statistischen  und  sonstigen  Inhalts.  Als  Aufsätze  von  mehr 
theoretischem  Gepi’äge  seien  u.  a.  diejenigen  über  „Anlaufsteigung“ 
und  „Bauwürdigkeit“  (Launhardt),  ferner  über  „Arbeitswiderstände 
der  Locomotiven“  (Frank)  und  über  „Abstecken  von  Bögen“  (Decher) 
genannt. 

Ausgiebig  sind  sodann  noch  zahlreiche  andere  in  diesen  ersten 


Band  einschlagende  Gegenstände  behandelt  aus  den  (zum  Theil  schon 
berührten)  Gebieten  der  Betriebs-,  Verwaltungs-  und  Eechtskunde  so¬ 
wie  des  Finanzwesens,  alsz.  B.:  „Bahnaufsicht“  und  „Bahnerhaltung“ 
(Rybarz);  „Beleuchtung  der  Bahnhöfe“  (Karplus);  „Bahntelegraphen“ 
(Kohlfürst);  „Bauleitung“,  „Bausysteme“  (Wurmb).  Ferner  „Admini¬ 
stration“,  „Aufsichtsrecht“  und  „-Behörden“,  „Bahnbedienstete“, 
„Bahnverbände“,  „Bahnzeit“,  „Besteuerung“  (Röll);  „Actien“,  „An¬ 
kaufsrecht“,  „Anleihen“,  „Arbeiter“,  „Bahnpolizei“  (Haushofer); 
„Accordarbeit“  (Fenten);  „Ausgeschlossene“  und  „bedingungsweise 
zugelassene  Sendungen“  und  andere  Fragen  des  Frachtgeschäfts 
(Wehrmann)  usf. 

Wenn  hier  eine  Reihe  einzelner  Aufsätze  herausgegriffen  ist, 
so  sollen  deshalb  die  andern  in  keiner  Weise  als  minderwerthig 
erscheinen.  Nur  würde  es  nicht  möglich  sein,  hier  alle  einzeln  anzu¬ 
führen. 

Es  mag  gestattet  sein,  bei  dieser  Gelegenheit  einen  Irrthum  zu 
berichtigen,  welchen  der  Aufsatz  über  „Bergbahnen“  im  Widerspruch 
mit  Angaben  desjenigen  über  das  System  „Agudio“  enthält,  nämlich 
die  Bemerkung  auf  S.  452,  wonach  das  Zahnrad  mit  senkrechter  Achse 
zuerst  1888  zur  Anwendung  gebracht  sei.  Die  senkrechte  Zahnrad¬ 
achse  hat  bekanntlich  bereits  im  Jahre  1884  bei  der  (nach  Agudio- 
schem  System  betriebenen)  Bahn  zur  Superga  bei  Turin*),  und  sogar 
schon  1876  auf  einer  kleinen  Bahn  bei  Lang  le  Bourg  am  Mt.  Cenis 
Verwendung  gefunden  (vgl.  S.  86  u.  Abb.  72). 

Bei  Aufsätzen  technischen  Inhalts  fanden  wir  einige  recht 
störende  Druckfehler  (wie  z.  B.  auf  S.  160  „Züge“  statt  „Stäbe“  und 
S.  246,  248  „Umlegung“  statt  „Uebergang  der  Züge“;  „Grundzweck“ 
statt  „Grundform“  u.  a.  m.),  welche  bei  einer  Correcturvorlage  an  die 
Verfasser  —  die  freilich  schwer  durchführbar  sein  mag  —  vielleicht 
zu  vermeiden  gewesen  wären. 

Solche  kleine  Ausstellungen,  die  zudem  bei  einer  gewifs  bald 
erforderlichen  2.  Auflage  leicht  zu  beseitigen  sind,  vermögen  übrigens 
dem  hohen  Werthe  des  hervorragenden  Werkes  nicht  den  mindesten 
Abbruch  zu  thun.  Dasselbe  wird  vielmehr  ohne  Zweifel  rasch  eine 
weite  Verbreitung  finden  und  überall  willkommen  geheifsen  werden. 
Möge  deshalb  die  Hoffnung  auf  eine  baldige  Fortsetzung  des  Buches 
sich  erfüllen  und  möge  es  dem  Herausgeber  vergönnt  sein,  auch  für 
die  Folge  die  vielen  entgegenstehenden  Schwierigkeiten  in  ebenso 
guter  Weise  zu  überwinden,  somit  das  Werk  mit  gleichem  Erfolge 
ohne  allzugrofse  Zwischenpausen  zu  Ende  zu  führen.  — r — 


*)  Vgl.  Centralbl.  d.  Bauverwaltung,  Jahrg.  1885,  S.  230. 


Vermischtes. 


Die  Preise  in  der  Wettbewerbung  um  die  malerische  Aus¬ 
schmückung  der  drei  oberen  Geschosse  der  Front  vom  Geschäfts¬ 
hause  der  „Actiengesellschaft  für  Möbelfabrication‘^  in  Berlin 
(vgl.  S.  446  d.  V,  J.)  sind  der  Reihe  nach  vertheilt  worden  an  die 
Herren  Decorationsmaler  Richard  Schultz-Leipzig  (600  Mark)  und 
E.  Wich  mann -Berlin  (300  Mark)  sowie  an  Herrn  G.  Neuhaus- 
Berlin  (200  Mark).  Dem  Entwürfe  „Contrast“,  Verfasser  Architekt 
0.  Rieth-Berlin,  wurde  eine  lobende  Anerkennung  ausgesprochen. 
Die  eingegangenen  Arbeiten  sollen  demnächst  im  hiesigen  Kunst¬ 
gewerbe-Museum  öffentlich  ausgestellt  werden. 

Zu  dem  Preisausschreiben  betreffend  die  Errichtung  eines  Kaiser 
Wilhelm -Denkmals  in  Köln  (vgl.  S.  7  d.  J.)  macht  der  geschäfts¬ 
führende  Ausschufs  bekannt,  dafs  auf  mehrfachen  Wunsch  die 
Bestimmung  in  Nr.  3  der  Bedingungen  dahin  abgeändert  wird,  dafs 
die  Modelle  des  Denkmals  nicht  in  einem  Fünfzehntel,  sondern  in 
einem  Achtel  der  wirklichen  Gröfse  einzusenden  sind. 

Den  im  Eisenbahndieuste  beschäftigten  Regierungs-Bauführern 
des  Ingenieur-Baufachs  soll  gemäfs  Ministerial-Eiiafs  vom  23.  Januar 
dieses  Jahres,  soweit  die  Verhältnisse  es  gestatten,  Gelegenheit  ge¬ 
boten  werden,  auf  die  Dauer  von  zwei  bis  drei  Monaten  auch  bei 
Eisenbahn-Vorarbeiten  thätig  zu  sein.  Diese  Beschäftigung  soll  jedoch 
in  den  ersten  —  einjährigen  —  praktischen  Vorbereitungsdienst  fallen, 
da  die  spätere  achtzehnmonatliche  Praxis  für  die  besondere  Leitung 
von  Bauausführungen  bestimmt  ist. 

In  der  Mittheilung  über  die  neuen  Prüfungs- Vorschriften  für 
die  Marinebaubeamten  in  der  vorigen  Nummer  mufs  es  auf  Seite  44 
im  Schlufssatze  selbstverständlich  heifsen:  Kaiserliche  Marine-Bau¬ 
führer  und  Kaiserliche  Werft. 

Spül -Vorrichtung  für  Schmutzwasser-Leitungeii.  Die  Berliner 
Vorstadt  in  Potsdam  besitzt  eine  nach  dem  Trennungssysteme  ein¬ 
gerichtete  Entwässerungsanlage,  welche  nur  Wirthschaftswasser 
und  Abortjauche  aufnimmt,  der  also  die  Spülung  durch  das  Regen- 
wasser  fehlt.  Um  die  langen,  125  mm  i.  L.  weiten  und  durch  den 
Wasserverbrauch  der  Grundstücke  wenig  gespülten  Anschlufs- 


leitungen  regelmäfsig  zu^reinigen,  ist  die  Leitung  jedes  Grundstücks 
mit  einer  selbstthätigen  Spülvorrichtung  versehen  worden.  Die  Con- 
struction  dieser  dem  Ingenieur  W.  Rothe  in  Güsten  patentirten 
und  von  demselben  gelieferten  Vorrichtung  ist  bereits  auf  S.  122  d. 
vor.  Jahrg.  d.  Bl.  durch  einen  Auszug  aus  der  bezüglichen  Patent¬ 
schrift  mitgetheilt  worden;  sie  hat  jedoch  einige  Aenderungen  erfahren 

und  jetzt  die  in 
der  Abbildung 
dargestellte  Ge¬ 
stalt  angenom¬ 
men.  Die  Vor¬ 
richtung  besteht 
im  wesentlichen 
aus  einem  gufs- 
eisernen  Heber, 
welcher  in  einem 
gemauerten 
oder,  wie  hier, 
aus  Gement  her¬ 
gestellten  Ka¬ 
sten  befestigt 
wird.  Durch  das 

,  p  ^  .  .  5° _ ly _ 15“'"  Einlaufrohr  a  er- 

giefst  sich  die 

Jauche  in  die  Rinne  b  und  gelangt  zum  gröfsten  Theil  durch  di-ei 
über  der  Hebermündung  angeordnete  Schlitze  in  den  Heber  und  durch 
die  untere  Oeffnung  c  desselben  in  den  Kasten,  den  sie  allmählich 
anfüllt.  Wenn  die  Füllung  des  Kastens  den  Heberscheitel  erreicht, 
erfolgt  bei  weiterem  Zuflusse  eine  plötzliche  Entleerung  des  Kastens 
in  das  Abflufsrohr  d.  Papiere,  fester  Koth  usw.  gleiten  über  die 
Schlitze  der  Rinne  b  hinweg  und  gelangen  unmittelbar  in  das  Ueber- 
laufrohry  und  durch  dieses  in  das  Ablaufrohr  d.  Sand  und  andere 
schwere  Sinkstofl’e  fallen  durch  die  untere  Oeffnung  c  des  Hebers 
in  die  Vertiefung  g  des  Kastens,  aus  welcher  sie  von  Zeit  zu  Zeit 
entfernt  werden.  Die  aufgestaute  Wassermenge,  welche  bei  jeder 


52 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1.  Februar  1890. 


Leerung  des  Kastens  abgeführt  wird,  beträgt  etwa  140  1  und  bewirkt 
eine  so  gründliche  Spülung  des  Ablaufrohres,  dafs  es  gelungen  ist, 
die  Anschlufsleitungen  ohne  jede  Spülung  mit  reiuem  Wasser  voll¬ 
ständig  frei  von  Ablagerungen  zu  halten.  Im  allgemeinen  werden 
die  Anschlüsse  derartig  angeordnet,  dafs  in  das  Einlaufrohr  a  nur 
die  Leitungen  aus  den  oberen  Stockwerken  eingeführt  werden,  während 
Ableitungen  aus  Kellerräumen  unmittelbar  an  das  Ablaufrohr  d  an¬ 
geschlossen  werden.  Vogdt,  Stadtbaurath. 

Deutselie  Teciinikei*  im  Auslände.  Der  Künigl.  Kegierungs- 
Baumeister  Aug.  Jas m und  war  vor  zwei  Jahren  zur  Ausführung 
einer  Studienreise  nach  dem  Orient  aus  dem  preufsisclien  Staatsdienst 
beurlaubt  worden,  während  welcher  er  u.  a.  in  Constantinopel  neben 
archäologischen  Studien  auch  die  Entwurfsarbeiten  und  die  architek¬ 
tonische  Ausführung  beim  Bau  eines  neuen  Empfangsgebäudes  auf 
dem  dortigen  Bahnhofe  geleitet  hat.  Vor  kurzem  ist  derselbe,  nach¬ 
dem  sein  Urlaub  verlängert  worden,  in  den  Dienst  der  türkischen 
Regierung  geti’eten  und  durch  Kaiserliches  Irade  mit  dem  Amte  eines 
„Architecte-couseiller  du  Palais  Iinpürial  et  de  la  Liste  Oivile,  Con- 
seiller  et  Inspecteur  des  Tiiinisteres  Irnperiaux“,  sowie  mit  dem  Amte 
eines  „Professeur  de  l’Ecole  Imperiale  de  genie  et  de  l’Ecole  des 
beaux  arts“  betraut  worden. 


Technische  Hochschule  in  Braunsclnveig.  Besuchszifrer  für 
(las  Winter- Halbjahr  1880/90.  Die  Herzogliche  technische  Hoch¬ 
schule  wird  im  laufenden  'Winter-Semester  von  241  Personen,  nämlich 
104  eingeschriebenen  Studirenden,  55  nicht  eingeschriebenen  Studiren- 
den  und  82  Zuhörern  besucht. 


Nicht 

eingeschr.  Zuhörer 
Stuclireude 

8  — 


Von  diesen  gehören 

au; 

Eingeschr. 

Stndirende 

1.  der  Abtheilung  für 

Architektur  .  .  . 

5 

2.  „ 

Ingenieurbauwesen 

15 

3-  «  ::  „ 

Maschinenbau  .  . 

30 

4 

y>  511  r 

ehern.  Technik  .  . 

20 

1 

Pharmacie  .  .  . 

30 

V>  55 

allgemein  bildende 

Wissenschaften  und  Künste  .  .  .  . 

4 

104 

5 

27 

15 


82 


55 


82 


159 

Die  in  der  zweiten  Gruppe  aufgeführteu  Studirenden  betreiben 
ein  vollständiges  Fachstudium,  können  aber  wegen  der  verschärften 
Aufnahmebestimmuugen  nicht  eingeschrieben  werden. 

Von  den  159  Studirenden  stammen  49  aus  der  Stadt  und  21  aus 
dem  Lande  Brauuschweig,  58  aits  Preufsen,  je  3  aus  Mecklenburg- 
Schwerin,  Hamburg,  England  und  Rufsland,  2  aus  Bremen,  je  1  aus 
Oldenburg,  Sachsen -Weimar,  Altenburg,  Meiningen,  Cöthen,  Bücke¬ 
burg,  Waldeck,  den  Reichslanden,  der  Schweiz,  der  Bukowina,  Holland, 
Nord- America,  Mexico,  Brasilien,  Java,  Japan  und  den  Sandwich- 
Inseln. 

Von  den  82  Zuhörern  gehören  69  der  Stadt  und  5  dem  Lande 
Braunschweig  an,  7  Zuhörer  sind  aus  Preufsen  und  1  aus  Hamburg. 

Im  vergangenen  Winter  -  Halbjahr  betrug  die  Zahl  der  ein¬ 
geschriebenen  Studirenden  86,  der  nicht  eingeschriebenen  50  und  der 
Zuhörer  77;  im  ganzen  213  Personen.  Es  hat  also  die  Zahl  der  ein 
vollständiges  Fachstudium  Betreibenden  um  23,  die  Gesamtzahl  um 
28  Personen  zugenommen. 

E.  Titz  f.  Am  22.  d.  M.  starb  in  vorgerücktem  aber  noch 
rüstigem  Alter  einer  der  begabtesten  und  meistbeschäftigten  Berliner 
Privatbaumeister  nachschinkelscher  Zeit,  der  Architekt  Eduard  Titz 
in  Berlin.  —  1820  in  Reichenberg  in  Böhmen  geboren,  kam  der  Ver¬ 
storbene  1839,  durch  Schinkel  angezogen,  nach  der  preufsischen 
Hauptstadt  und  trat  hier  in  das  Atelier  E.  Knoblauchs  ein,  von  dem 
er  beim  Bau  der  russischen  Botschaft  unter  den  Linden  beschäftigt 
wurde.  Bald  machte  sich  jedoch  der  strebsame  junge  Architekt 
selbständig  und  entwickelte  seit  dem  Jahre  1850  eine  erstaunlich 
rege  Bauthätigkeit.  Vornehmlich  sind  es  Theater  und  Gebäude  für 
öffentliche  Vergnügungen,  durch  die  sich  Titz  einen  Namen  gemacht 
hat.  Berlin  verdankt  ihm  die  meisten  seiner  Privattheater.  So  er¬ 
baute  er  1850  das  ehemals  Friedrich-Wilhelmstädtische,  jetzt  Deutsche 
Theater,  1857 — 59  im  Wettbewerbe  mit  keinem  geringeren  als  Langhaus 
das  Victoria-Theater,  1864  das  Wallner-Theater.  Schon  1852  war  das 
damals  abgebrannte  Krollsche  Etablissement  von  ihm  wiederauf¬ 
gebaut  und  durch  den  noch  jetzt  in  seiner  ursprünglichen  Ausstattung 
erhaltenen  grofsen  Königssaal  bereichert  worden,  in  den  60er 
Jahren  rief  er  dort  die  allbekannten  Weihnachtsdecorationen  ins 
Leben.  In  der  folgenden  Zeit  entstanden  mehrere  kleinere  Berliner 
Bühnenhäuser,  Concertsäle  usw.  sowie  nicht  weniger  als  sechs  aus¬ 
wärtige  Theater,  darunter  die  in  Gotha,  Görlitz,  Guben  und  Chemnitz. 
Auf  (lern  Gebiete  des  Wohnhausbaues  entfaltete  der  Verstorbene  eine 


nicht  minder  rege  Thätigkeit.  So  betheiligte  er  sich  wesentlich  bei 
der  Anlegung  und  Bebauung  der  Dessauer  und  Hohenzollern-Strafse  in 
Berlin.  Er  errichtete  zahlreiche  Villen  und  Wohnhäuser  in  und  aufser- 
halb  der  Hauptstadt,  unter  denen  das  leider  dem  Reichstagshause 
zum  Oj)fer  gefallene  x'^^l^startige  Wohnhaus  Rudolf  Hertzog  in  der 
Sommerstrafse  besonders  hervorragt.  Aber  auch  mehrere  Schlösser, 
Geschäftshäuser  und  andere  Gebäude  verschiedener  Bestimmung, 
von  denen  wir  nur  das  weltbekannte  Caf6  francais  in  Leipzig 
erwähnen,  rühren  von  Titz  her.  —  Alle  diese  Werke  zeugen  von  der 
ungewöhnlichen  Befähigung  ihres  Erfinders.  Wenn  sich  diese  ins¬ 
besondere  auf  decorativem  Gebiete  bethätigt  hat,  so  hängt  das  viel¬ 
leicht  mit  den  Aufgaben  zusammen,  die  sich  dem  Künstler  in  der 
Zeit  der  Vollkraft  seines  Schaffens  boten.  Aber  Erfindungen  wie  das 
Hertzogsche  Wohnhaus  beweisen,  das  dieser  auch  denjenigen  An¬ 
forderungen  gewachsen  war,  die  eine  hohe  und  strenge  Architektur¬ 
auffassung  stellt.  Mit  dem  Mafsstabe  seiner  Zeit  gemessen  werden 
mufs  jedermann;  und  wenn  der  Name  Titz’s  unter  den  Neueren 
seltener  genannt  worden  ist,  so  wird  er  sicher  unvergessen  bleiben, 
so  oft  die  bauliche  Entwicklung  Berlins  um  die  Mitte  unseres  Jahr¬ 
hunderts  eine  gerechte  Würdigung  erfährt.  — d. 

A.  Salviati  Aus  Venedig  erhalten  wir  die  traurige  Nachricht 
von  dem  dort  am  25.  v.  M.  plötzlich  eingetretenen  Tode  des  auch  in 
der  deutschen  Kunstwelt  mit  grofser  Achtung  genannten  Dr.  Antonio 
Salviati,  des  Neubegründers  der  weithin  berühmten  venetianischen 
Glas-  und  Email- Mosaik- Industrie.  Die  Verdienste  dieses  Mannes 
um  das  Kunst-Gewerbe  auf  dem  Gebiete  der  Monumental-Malerei 
sind  bereits  in  früheren  Aufsätzen  dieses  Blattes  (Nr.  16  u.  17  d.  J.  1889) 
eingehend  gewürdigt  worden.  Dem  dort  Gesagten  bleibt  heute  nur 
noch  hinzuzufügen  übrig,  dafs  die  von  Salviati  angeregten  und  zu 
thatkräftiger  Entfaltung  gebrachten  Kunst-Bestrebungen  der  bezeich- 
neten  Art  durch  dessen  Hinscheiden  nach  Lage  der  Verhältnisse  nicht 
mehr  so  leicht  untergehen  können.  Die  unter  seiner  theils  mittel¬ 
baren,  theils  unmittelbaren  Einwirkung  entstandenen  Glas-  und  Mosaik- 
Fabriken  in  Venedig  und  auf  der  Insel  Murano  besitzen  bereits  ge¬ 
nügende  Erstarkung  zur  Weiterentwicklung  unter  den  inzwischen 
von  ihrem  Begründer  herangebildeten  jüngeren  Kräften.  —  Venedig 
selbst  aber  hat  an  dem  Verstorbenen  unzweifelhaft  einen  seiner 
besten  Söhne  und  Bürger  aus  neuerer  Zeit  verloren,  auf  dessen  Namen 
die  meerumspülte  Lagunenstadt  immer  mit  Stolz  wird  hinweisen 
dürfen.  P.  K. 


Neue  Patente. 

Seilbagger.  Patent  Nr.  50  037.  Aug.  Bünger  in  Düsseldorf. — 
Das  Arbeiten  dieses  Baggers  ist  ähnlich  gedacht  wie  das  der  Dampf¬ 
pflüge.  Die  leeren  Eimer  sollen  nicht  durch  feste  Leitern  oder 
Schlitten  geführt  werden,  sondern  durch  Seile  6,  welche  zwischen  den 


zu  beiden  Seiten  des  Canales  laufenden  Dampfmaschinen  ausgespannt 
und  in  der  /Mitte  durch  einen  ebenfalls  von  Seilen  h  gesteuerten. 
Wagen  verbunden  sind.  Dieser  Wagen  würde  also  die  unteren 
Eimertrommeln  c  aufnehmen,  während  die  Dampfmaschinen  selbst  die 
oberen  Eimertrommeln  a  tragen. 


Verlag  von  Ernst&Korn  (Wilhelm Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


Nr.  5Ä- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


53 


INHALT ;  Festigkeit  und  physical.  Eigenschaften  der  deutschen  natürlichen  Bau¬ 
steine. —  Wasserversorgung  holländischer  Städte.  —  Anwendungen  der  graphischen 
Statik.  —  Vermischtes:  Preishewerbnug  zu  einem  Kaiser  Wilhelm-Denkmale  der 
Prov.  Westfalen.  —  PreisbeWerbung  um  ein  Wohnhaus  in  Quedlinburg  und  für  die 


Allgemeine  Gartenbau-Ausstellung  in  Berlin.  —  Preisbewerbung  für  ein  Kreishaus 
in  Euskirchen.  —  Preisbewerbung  um  ein  Kreishaus  in  Mayen.  —  Preisbewerbung 
um  den  Bau  eines  Stadtbades  in  Heilbronn.  —  Bücherschau. 


Die  deutschen  natürlichen  Bausteine  in  Bezug  auf  ihre  Festigkeit 
und  physicalischen  Eigenschaften. 


Von  Max  Gary. 


Wenn  wir  von  deutschen  natürlichen  Bausteinen  im  weiteren 
Sinne  reden,  so  sind  darunter  aufser  den  Gesteinsarten,  welche  im 
deutschen  Keiche  ihren  Ursprung  haben,  alle  diejenigen  zu  ver¬ 
stehen,  die  aus  unseren  Nachbarländern  eingeführt  und  —  sehr 
häufig  mit  Unrecht  —  deutschen,  völlig  ebenbürtigen  Gesteinen  aus 
Vorurtheil  oder  Unwissenheit  vielfach  vorgezogen  werden.  Zu  diesen 
gehören  norwegische,  schwedische  und  böhmische  Granite,  belgischer 
Porphyr  u.  a.,  weiche  vorzugsweise  für  Pflasterungen  Verwendung 
finden  und  von  denen  vielfach  die  Meinung  verbreitet  ist,  dafs  sie 
an  Wetterbeständigkeit,  Festigkeit  und  Härte  von  keinem  deutschen 
Steine  nur  erreicht,  geschweige  denn  übertrolfen  würden.  Dem 
gegenüber  haben  sich  allerdings  seit  einigen  Jahren  schon  einzelne 
Staats-Baubehörden  und  Stadtgemeinden  bestrebt,  den  ausländischen 
gegenüber  die  Erzeugnisse  der  deutschen  Stein -Industrie  mehr  zur 
Geltung  zu  bringen  und  ihnen  zu  ihrem  wohlverdienten  Eechte  zu 
verhelfen.  So  erläfst  z.  B.  der  Magistrat  von  Berlin  alljährlich  ein 
allgemeines  Ausschreiben  für  Pflastersteine,  in  welchem  von  allen 
Bewerbern  Probestücke  eingefordert  und  der  Königlichen  Prüfungs- 
Station  für  Baumaterialien  in  Charlottenburg  zur  einheitlichen  Unter¬ 
suchung  auf  ihre  mechanischen  Eigenschaften  überwiesen  werden. 
Dafs  die  in  Deutschland  gewachsenen  natürlichen  Bausteine  in  keiner 
Weise  hinter  denen  anderer  Länder  zurückstehen,  beweisen  am  besten 
diese  kürzlich  veröffentlichten  Prüfungen, i)  deren  Ergebnisse  dem 
vorliegenden  Aufsatze  zu  Grunde  gelegt  sind. 

Die  Versuchs-Ergebnisse  der  Berliner  Prüfungs  -  Station  sind  in 
sehr  umfangreichen  Tabellen  zusammengestellt,  welche  für  den  Fach¬ 
mann  und  den  Laien  sehr  viel  Bemerkenswerthes  bieten,  aber  ihres 
grofsen  Umfanges  wegen  schwer  zu  übersehen  und  für  den  Un¬ 
geübten  auch  nicht  ganz  leicht  zu  verstehen  sind.  In  den  Tabellen 
sind  die  Gesteine  nach  ihrer  Gattung  und  Art  geordnet,  und  zwar 
nehmen  den  ersten  Rang  unter  den  versteinerungslosen  Felsarten, 
aus  denen  hauptsächlich  unsere  Pflastersteine  gewonnen  werden,  die 
massigen  ungeschichteten  Gesteine,  und  unter  diesen  die  Granite, 
Porphyre  und  Augitgesteine  ein,  denen  sich  Hornblendegesteine, 
Ophiolite  und  Trachyte  anschliefsen.  Von  den  Felsarten,  die  Ver¬ 
steinerungen  führen  und  den'gröfsten  Theil  unserer  Bau-  und  Hau¬ 
steine  liefern,  sind  an  erster  Stelle  zu  nennen  die  Kalksteine,  die 
Sandsteine  und  Grauwacken  und  schliefslich  die  Dolomite.  Alle 
diese  Felsarten  haben  ausführlichen  Versuchen  zu  Grunde  gelegen. 
Es  sind  aus  ihnen  je  eine  Anzahl  Würfel  von  5  oder  6  cm  Seitenlänge 
mit  Hülfe  einer  Steinsäge  sauber  gesehnitten,  dann  mittels  Diamant¬ 
hobels  auf  zwei  gegenüberliegenden  Seiten  genau  parallel  und  eben 
gehobelt  und  nebst  einigen  Bruchstücken  zu  Versuchen  verwendet 
worden,  welche  sich  bei  den  meisten  auf  Druckfestigkeit  senkrecht 
zur  Richtung  des  Lagers  —  und  zwar  im  lufttrockenen,  wassersatten 
und  ausgefrorenen  Zustande  —  auf  specifisches  Gewicht,  Härte  und 
Wasseraufnahme,  auf  Abnutzung,  Cohäsionsbeschaffenh eit  und  Wetter¬ 
beständigkeit  erstreckten.  Alle  Versuche  sind  in  durchaus  gleicher 
Weise  unter  Beobachtung  gröfstmöglicher  Sorgfalt  ausgeführt  und 
verzeichnet  worden,  sodafs  die  gefundenen  Ergebnisse  untereinander 
ohne  weiteres  vergleichbar  sind. 

Auf  die  Ausführung  der  Versuche  näher  einzugehen,  würde  zu 
weit  führen,  dagegen  sollen  deren  Ergebnisse  hier  kurz  be¬ 
sprochen  werden.  Die  Durchsicht  der  umfangreichen  Tabellen  er- 
giebt  zunächst,  dafs  die  Festigkeits-Eigenschaften  der  an  sich  gleich¬ 
artigen  Baustoffe  aufserordentlich  verschieden  sind.  Abgesehen  von 
den  Schwankungen,  welche  die  einzelnen  Versuche  ergeben,  d.  h. 
den  Unterschieden,  die  zwischen  der  gröfsten  und  der  geringsten 
Festigkeit  jeder  einzelnen  Würfelreihe  bestehen,  liegen  die  mittleren 
Festigkeitszahlen,  an  lufttrockenen  Würfeln  ermittelt: 2) 

1)  Prof.  Dr.  Böhme:  Untersuchungen  von  natürlichen  Gesteinen. 
2.  Ergänzungsheft  der  Mittheilungen  aus  den  Kgl.  techn.  Versuchs- 
Anstalten.  Berlin  1889.  Verlag  von  Julius  Springer. 

2)  Nach  „Des  Ingenieurs  Taschenbuch,  der  Hütte“  (1890)  be¬ 
wegen  sich  die  Festigkeiten  der  einzelnen  Gesteinsarten  in  anderen 
Grenzen;  dort  findet  inan: 

Granite,  Porphyre  usw.  600  —  2000  kg  auf  d.  qcm 

Basalte .  1000  -  3000  „  „  „  „ 

Kalksteine .  500-1500  „  „  „  „ 

Sandsteine .  300 — 1800  „  „  „  „ 

Grauwacken  ....  500  —  1500  „  „  „  „ 

Der  „Ing.-Kalender“  giebt  noch  geringere  Festigkeiten  an,  nämlich: 

für  Granit .  500 — 800  kg  auf  d.  qcm 

„  Kalkstein  ....  400—500  „  „  „  „ 

„  Sandstein  ....  200  —  550  „  „  „  „ 


1)  bei  Graniten  zwischen  1103  und  2576  kg  auf  d. 

qcm 

2)  „  Porphyren 

n 

1301 

n 

2583  „ 

W  « 

9? 

3)  „  Basalten 

» 

1664 

f) 

4442  „ 

r>  ’  '  » 

y> 

4)  „  Kalksteinen 

w 

235 

r> 

1826  „ 

r)'  w 

99 

/Sandsteinen 
'  ”  /Grauwacken 

n 

357 

n 

2063  „ 

«  V 

99 

n 

803 

w 

2252  „ 

»  5? 

99 

„  Porphyre 
„  Basalte 
„  Kalksteine 
/Sandsteine 
”  \Grauwacken 


Leicht  begreiflicher  Weise  sind  die  Unterschiede  in  den  Festig¬ 
keiten  der  drei  ersten  sehr  festen  Steinarten  verhältnifsmäfsig  ge¬ 
ringere  als  in  denen  der  Kalk-  und  Sandsteine,  welche  je  nach 
Vorkommen  und  Entstehung  weit  mehr  von  einander  ab  weichen. 
Während  bei  ersteren  meist  eine  möglichst  grofse  Härte  Bedingung 
der  Verwendbarkeit  ist,  der  Grad  der  Bearbeitungs-Möglichkeit  aber 
erst  in  zweiter  Linie  in  Betracht  kommt,  ist  bei  letzteren,  die  zu¬ 
nächst  als  Bausteine  im  Frontenbau  zur  Verwendung  kommen,  der 
Grad  der  Bearbeitungs-Möglichkeit  häufig  Hauptsache,  während  die 
Festigkeit  diesem  gegenüber  von  geringerer  Bedeutung  erscheint. 

Durchschnittlich  berechnet  sich  die  Festigkeit 
der  Granite  im  Mittel  aus  59  untersuchten  Arten  auf  1834  kg 
„  «  «28  „  „  „  2120  „ 

«  «  «19  «  «  «  3111  „ 

«  «  «24  „  „  „  1000  „ 

«  «  ,  «  48  „  „  „  761  „ 

«  «  14  «  «  «  1337  „ 

Man  sieht,  dafs  die  durchschnittliche  Festigkeit  aller  sechs  Ge¬ 
steinsgattungen  der  oberen  Grenze  näher  liegt  als  der  unteren, 
woraus  wieder  hervorgeht,  dafs  die  weitaus  gröfste  Mehrzahl  der 
Steine  höhere  Festigkeiten  besitzt,  dafs  die  Schwankungen  in  den 
Festigkeiten  mithin  -  durchschnittlich  nicht  so  grofs  sind,  als  es  auf 
den  ersten  Blick  den  Anschein  hat.  Da  die  vorstehenden  Festig¬ 
keitszahlen  sämtlich  aus  einer  gröfseren  Reihe  einzelner  Gesteins¬ 
arten  hervorgegangen  sind,  können  die  mittleren  Durchschnittswerthe 
als  genügend  zuverlässig  angesehen  werden,  sodafs  man,  zehnfache 
Sicherheit  angenommen. 


Kilogramm 


auf  das  Quadratcentimeter  belasten  könnte,  falls  die  Steine  in 
Quadern  zur  Verwendung  kommen.  Beachtet  man,  dafs  beispiels¬ 
weise  die  baupolizeilichen  Verordnungen  für  den  Stadtkreis  Berlin 
vom  15.  Januar  1887 

für  Sandstein  nur  15— 30  kg  auf  d.  qcm 

„  Kalkstein  „  25  „  „  „  „ 

„  Granit  „  45  „  „  „  „ 

«  Busalt  „  75,  „  „  „  „ 

Belastung  zulassen,  so  ist  ersichtlich,  dafs  die  Festigkeit  unserer 
Bausteine  zum  weitaus  gröfsten  Theil  nicht  voll  ausgenutzt  -wird, 
denn  diesen  Belastungen  würden  auch  die  wenigen  sehr  schlechten 
Steinsorten  mit  mehr  als  zwanzigfacher  Sicherheit  genügen,  den  sehr 
verschieden  zusammengesetzten  Kalkstein  ausgenommen.®) 

Werden  die  Druckfestigkeiten  der  aufserdeutschen  Granite  den 
oben  aufgeführten  Durchschnittszahlen  der  Festigkeiten  deutscher 
Granite  gegenüber  betrachtet,  so  ergiebt  sich  im  Durchschnitt  die 
Festigkeit 

des  böhmischen  Granites .  2241  kg  auf  d.  qcm 

„  schwedischen  „  2205  „  „  „  „ 

„  norwegischen  „  1654  „  „  „  „ 

„  österreichischen  „  (a.  d.  Donaugegend)  1556  „  „  „  „ 

Die  letzten  beiden  Sorten  liegen  erheblich  unter  dem  Durchschnitt. 


1)  Sandstein 

mit 

75 

2)  Kalkstein 

99 

100 

3)  Granit 

99 

180 

4)  Grauwacke 

99 

180 

5)  Porphyr 

99 

200 

6)  Basalt 

99 

300 

Man  sieht,  dafs  die  Grenzen  der  Festigkeiten  in  Wirklichkeit 
höher  liegen,  als  man  bisher  annahm.  Wie  hohe  Festigkeit  einzelne 
süddeutsche  Gesteine  erreichen,  beweisen  u.  a.  auch  die  neuerdings  von 
Prof.  J.  Bauschinger  in  den  „Mittheilungen  aus  dem  mech. -techn. 
Laboratorium  der  Kgl.  techn.  Hochschule  in  München“  (18.  Heft  1889. 
München,  Theod.  Ackermann)  veröffentlichten  Versuche,  welche  be¬ 
sonders  Elsässer  und  badische  Porphyre  umfassen. 

®)  Uhlands  Kalender  für  Maschinen-Ingenieure  giebt  die  zulässige 
Belastung  einzelner  Gesteinsarten  höher  an,  nämlich: 

Sandstein . 20  kg  auf  d.  qcm 

Kalkstein . 30  „  «  «  « 

Gneis  und  Granit  ...  60  „  «  «  « 

Basalt . 120  „  „  „  « 


54 


5.  Februar  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Weiter  unten  werden  wir  sehen,  wie  sich  die  übrigen  Eigenschaften 
der  einzelnen  Sorten  zu  einander  verhalten. 

Gehen  wir  zunächst  auf  die  Wasseraufnahme  der  Gesteine 
näher  ein,  so  beobachten  wir  in  den  Tabellen  der  Prüfungs-Station, 
dafs  auch  die  härtesten  Steine  noch  mefsbare  Mengen  Wasser  in 
sich  aufnehmen,  und  dafs  selbst  eine  noch  so  geringe  Wasser¬ 
aufnahme  imstande  ist,  die  Festigkeit  herabzudrücken.  Für  diese 
Thatsache  hat  man  zwei  Erklärungen.  Einmal  läfst  sich  annehmen, 
dafs  durch  das  in  die  Poren  der  Gesteine  eindringende  Wasser  eine 
Lösung  des  Bindemittels  der  einzelnen  Theilchen  bezw.  der  Grund¬ 
masse  derselben  bewirkt  wird,  die  den  Zusammenhang  zu  lockern 
vermag, ‘1)  anderseits  kann  angenommen  werden,  wie  bereits 
an  anderer  Stelle  ausgesprochen,  dafs  das  zwischen  die  Stolf- 
theilchen  gelagerte  Wasser  bei  einem  auf  dieselben  ausgeübten 
Druck  eine  Abminderung  der  Keibung  der  einzelnen  Theilchen  be¬ 
wirkt  und  so  die  Ursache  eines  leichteren  Aufgebens  des  Zusammen¬ 
hanges  derselben  wird. 

Die  Menge  des  Wassers,  welche  bis  zur  vollkommenen  Sättigung 
von  den  einzelnen  deutschen  Gesteiusarten  aufgenommen  wird,  be¬ 
rechnet  sich  für  diese  im  Durchschnitt  aus  den  Tabellen  der 
Prüfungs- Station  wie  folgt. 


1)  Sandstein  .  .  . 

5,93  pCt.  Wasseraufnahme 

2)  Kalkstein  .  .  . 

2,44  „ 

V 

3)  Granit  .... 

.  0,62  „ 

yi 

4)  Grauwacke  .  . 

0,73  „ 

n 

5)  Porphyr  .  .  . 

0,76  „ 

91 

6)  Basalt  .... 

0,41  „ 

91 

Diese  Reihe  zeigt,  dafs  die  Wasseraufnahme  der  sechs  Gesteins¬ 
arten  im  Durchschnitt  abnimmt  mit  dem  Wachsen  der  Druck¬ 
festigkeiten  im  lufttrockenen  Zustande. C) 


Bei  den 

aufserdeutschen 

Graniten 

finden  wir  die  Wasser- 

aufnahme: 

des 

böhmischen 

Granites  , . 

.  .  .  0,46  pCt. 

99 

schwedischen 

99  • 

.  .  .  0,55  , 

99 

norwegischen 

99  • 

.  .  .  0,70  „ 

99 

österreichischen 

99 

.  .  .  1,05  „ 

Fassen  wir  nun  die  Herabminderung  der  Festigkeit,  weiche  durch 
Wasserauluahme  bei  den  einzelnen  Gesteinsarten  hervorgerufen  wird 
ins  Auge,  so  ergiebt  sich  folgende  Zusammenstellung. 


Nr. 

Gesteinsart 

Durchschnittliche 

Druckfestigkeit 

.Wasser¬ 
auf¬ 
nahme 
in  pCt. 

Festigkeits¬ 

verlust 

luft¬ 

trocken 

wasser¬ 

satt 

absolut 

in  pCt. 
der  luft¬ 
trockenen 

1 

Sandstein  .  .  . 

761 

693 

5,93 

i  68 

8,9 

2 

Kalkstein  .  .  . 

1000 

803 

2,44 

1  197 

19,7 

3 

Granit  ..... 

1834 

1774 

0,62 

!  60 

3,3 

4 

Grauwacke  .  . 

1857 

1795 

0,73 

62 

3,3 

5 

Porphyr  .... 

2120 

2036 

0,76 

1  84 

4,0 

6 

Basalt . 

3111 

2911 

0,41 

200 

6,4 

Es  ist  ersichtlich,  dafs  die  Herabminderung  der  Festigkeiten 
durch  Wasseraufnahme  in  keinem  Verhältnisse  steht  zu  der  Gröfse 


Vgl.  Prof.  Tetmajer:  Mittheilungen  der  Anstalt  zur  Prüfung 
von  Baumaterialien  im  eidgenöss.  Polytechnicum  in  Zürich.  1884. 
1.  Heft. 

5)  Vgl.  Gary:  Zur  Frage  der  Frostbeständigkeit  der  Bausteine. 
Centralbl.  d.  Bauverw.  1887,  S.  371. 

6)  Zu  vollständig  sicheren  Schlüssen  berechtigen  derartige  Er¬ 
scheinungen  natürlich  niemals,  weil  die  Fehler  in  den  Mittelwerthen 
infolge  der  zuweilen  sehr  erheblichen  Schwankungen  der  Festigkeiten 
und  sonstigen  Eigenschaften  mehrerer  Steinblöcke  aus  demselben 
Bruch,  aber  aus  verschiedenen  Bänken,  oder  einzelner  Würfel  aus 
demselben  Block,  sich  nie  vollständig  ausgleichen  werden. 


der  Wasseraufnahme  selbst.  Bemerkenswerth  ist  ferner  die  Er¬ 
scheinung,  wie  übereinstimmend  sich  Granit  und  Grauwacke  in  allen 
Fällen  verhalten  und  wie  die  verhältnifsmäfsigeFestigkeitsverminderung 
bei  den  spröden  Gesteinen  mit  der  Höhe  der  Festigkeit  selbst  zu¬ 
nimmt.  Dafs  Sandsteine  und  Kalksteine  diesem  Gesetze  nicht  folgen, 
kann  nicht  auffallen,  es  erklärt  sich  dies  vielmehr  aus  der  Zusammen¬ 
setzung  dieser  Gesteine  von  selbst.  Die  verhältnifsmäfsig  hohe  Festig¬ 
keitsabnahme  der  Kalksteine  ündet  ihre  Erklärung  darin,  dafs  ein 
Theil  derselben  durch  die  Einwirkung  des  Wassers  nicht  nur  erheb¬ 
liche  mechanische,  sondern  auch  theilweise  chemische  Veränderungen 
erleidet,  welche  den  Zusammenhang  der  kleinsten  Stofftheilchen 
lockern.  Dafs  eine  Lockerung  des  Gefüges  der  einzelnen  Theilchen 
in  den  Gesteinen  auch  durch  die  Einwirkung  des  Frostes  eintritt, 
ist  bereits  bekannt  und  mehrfach  nachgewiesen.  Die  in  der  Prüfungs- 
Station  für  Baumaterialien  seit  Jahren  angestellten  und  in  den 
Tabellen  veröffentlichten  Versuche  reichen  zwar  noch  nicht  aus,  um 
zuverlässige  Durchschnittswerthe  zu  bilden,  doch  bestätigen  sie  auch 
im  einzelnen  die  Erscheinungen,  welche  über  die  Einwirkung  des 
Frostes  auf  trockene  oder  nasse  Steine  schon  lange  beobachtet  und 
bekannt  gegeben  sind.  Auf  diese  Erscheinungen  hier  nochmals  ein¬ 
zugehen,  würde  zu  weit  führen.'^)  .-ifc. 

Bei  einem  Vergleiche  der  Versuche  auf  Abnutzbark'eit  der 
Bausteine  erhalten  wir  wieder  lehrreiche  Aufschlüsse.  •  .  ' 

Es  ergeben  nach  den  Tabellen  der  Prüfungs -Station  iin'  Mittel 
aus  allen  Versuchen  bei  durchaus  gleicher  Beanspruchung: ; 


1)  Sandsteine  .  . 

.  .  61,7 

ccm 

Abnutzung 

2)  Kalksteine  .  . 

.  .  36,0 

99 

.  i.;.. 

3)  Grauwacken  . 

.  .  10,8 

99 

”  / 

4)  Granite  .  .  . 

.  .  8,3 

99 

99  .  - . 

5)  Basalte  .  .  . 

.  .  7,3 

.  1.  / ; .  . 

99  .  4 

6)  Porphyre  .  . 

.  .  6,8 

99 

.  'i.  l 

99 

Aus  diesen  Zahlen  ist  ersichtlich,  dafs  die  Abnutzbarkeit .  eines 
Gesteines,  also  auch  seine  Bearbeitungs- Möglichkeit,  in  keinem 
Verhältnifs  steht  weder  zur  rückwirkenden  Festigkeit,  noch  zur 
Porigkeit  desselben,  welche  durch  die  Wasseraufnahme  ausgedrückt 
wird.  Die  Abnutzung  der  Granite  ist  eine  ziemlich  übereinstimmende, 
deshalb  zeigen  auch  die  geprüften  aufserdeutschen  Granite  hierin  nur 


geringe  Abweichungen.  Es  ergiebt  sich: 

für  böhmischen 

Granit  .  .  . 

,  9,0  ccm  Abnutzung 

„  schwedischen 

99  .  .  . 

6,7  n  « 

„  norwegischen 

99  .  .  . 

7,8  „ 

„  österreichischen 

99  .  •  . 

7,7  „ 

Was  schliefslich  die  in  der  Prüfungs  -  Station  für  Baumaterialien 
in  Berlin  aufser  den  unmittelbaren  Frostversuchen  üblichen  Versuche 
auf  Wetterbeständigkeit  durch  Beanspruchung  mit  verschiedenen 
Säuren  anbelangt,  so  hat  diese  Versuche  nur  ein  einziges  Gestein 
nicht  bestanden,  und  zwar  grober  Muschelkalk  aus  altem  Material 
vom  Dome  in  Halberstadt,  von  dessen  Thürmen  der  nördliche  be¬ 
kanntlich  wegen  Baufälligkeit  vor  einigen  Jahren  abgetragen  werden 
mufste. 


Vgl.  Vicat:  Neue  Versuche  über  den  Kalk  und  Mörtel.  Berlin 
und  Posen  1825  (S.  36).  Neuerdings  auch:  Prof.  Bauschinger: 
Versuche  über  die  Frostbeständigkeit  natürlicher  und  künstlicher 
Bausteine,  Mittheilungen  aus  dem  mech.-techn.  Laboratorium  der 
Kgl.  techn.  Hochschule  in  München.  19.  Heft.  1889.  Die  Ergebnisse 
der  umfangreichen  Versuche  des  Münchener  Laboratoriums  lassen 
sich  mit  denen  der  Berliner  Prüfungs  -  Station  um  deswillen  nicht  in 
unmittelbaren  Vergleich  stellen,  weil  erstere  mit  Würfeln  vorge¬ 
nommen  wurden,  die  z.  Th.  künstlich  (unter  der  Luftpumpe)  wasser¬ 
satt  gemacht  und  dann  parallel  zum  Lager  auf  Druck  beansprucht 
wurden,  während  in  der  Berliner  Anstalt  die  Inanspruchnahme  überall, 
wo  nicht  das  Gegentheil  bemerkt  ist,  normal  zum  Lager  des  Gesteines 
erfolgte. 


W  asserversorgung 

Ueber  die  Versorgung  der  holländischen  Städte  mit  Wasser  aus 
Dünen,  Heideländern  und  sonstigen  sandigen  Gebieten  bringt 
der  im  December  1889  erschienene  Bericht  über  den  Pariser  Congrefs 
eine  bemerkenswerthe  Arbeit  des  Ingenieurs  Musquetier  in  Utrecht, 
welche  als  Grundlage  für  die  nachfolgende  Zusammenstellung  ge¬ 
dient  hat. 

Aufser  den  angegebenen  Städten,  welche  zusammen  eine  Be¬ 
völkerung  von  über  1  Million  umfassen,  haben  noch  die  Städte: 
Rotterdam,  Dordrecht,  Delfshaven,  Schiedam,  Gouda,  Kralingen, 
Gorinchen,  Sliedrecht,  Vlaardingen,  Oud-Beyerland,  Groningen  und 
Leeuwarden  besondere  Wasserleitungen,  welche  aus  Flüssen  bezw. 
Seen  gespeist  werden.  Die  letztgenannten  Orte  sind  mit  etwa 
1/2  Million  Einwohnern  anzuschlagen,  sodafs  insgesamt  etwa  1/3  der 


holländischer  Städte. 

ganzen  Bevölkerung  des  Landes  die  Wohlthaten  einer  geordneten 
Wasserleitung  geniefst. 

Die  nachstehenden  Wasserleitungen  sind  fast  ausnahmslos  von 
holländischen  Ingenieuren  angelegt  worden.  Die  älteste  ist  diejenige 
von  Amsterdam-Harlem,  welche  bereits  seit  36  Jahren  im  Betrieb  ist; 
die  Mehrzahl  der  Leitungen  ist  jedoch  erst  in  den  letzten  5  Jahren 
erbaut  worden.  Von  den  angeführten  20  Wasserversorgungen  ge¬ 
hören  nur  6  den  betreffenden  Gemeinden;  die  übrigen  sind  in  Händen 
von  Gesellschaften,  von  denen  einige  Eigenthümerinnen  mehrerer 
Anlagen  sind;  so  gehört  Harlem  der  Amsterdamer  Gesellschaft, 
während  Utrecht  auch  Besitzerin  derjenigen  in  Hilversum,  Baarn, 
Soest  und  Bilt  ist. 

Die  Wasserentnahme  für  Amsterdam-Harlem  findet  aus  einem 


St.  54. 


Centräiblatt  der  Bäuverwaltung. 


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3 

4 

5 

6 

7 

8 
9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 


Amsterdam  ,  . 
Hartem  ,  .  ^ 
Haag  .  .  .  . 
Utrecht  .  .  . 
Arnheim  .  .  . 
Leyden  .  .  . 
Maestricht  .  . 
Nimwegen  .  . 
Delft  .  .  .  . 


Zaanstreek  und  Beverwyk 
Herzogenbusoh 
Nieuwer  -  Amstel 
Helder 
Kamp 
Zütph 


)en  .  . 
len  .  . 
Alkmaar  .  . 
Vlies  singen  . 
Hilversum  . 
Eosendaal  . 
Baarn  und  Soest 


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400000 

51000 

1853 

1853 

24  , 

,  7 

J22  226 

47 

3000  ’ 

432 

50 

7  90000Ö 

1Ö-15 

995  600 

517  650 

‘9.'/8 : 

1 

2 

.153000. 

1874 

4 

9  700 

63 

800 

180 

30 

.2  386  000 

307  000 

237  000 . 

_ 

3 

83000 

1883 

15 

1700 

21 

— 

70 

56 

1  228  000 

10-66 

113  700 

28  950, 

5 

4 

49  000 

1884 

1 

666 

13 

— ' 

100 

55 

842  000 

10-40 

35  5Ö0 

14  200 

2 

5 

46  000 

1878 

6  "■ 

1 500 

32 

560 

50 

26 

750000 

90  000 

40  000 

6V2 . 

6 

32  000 

1887 

■  0,6 

'  500 

16 

. - - 

45 

50 

- - 

6-30 

3  400 

5  225 

■  7 

32000 

1879 

0,5 

2  000 

63 

- -  ■ 

72 

70 

292000 

3-10 

40  600 

32  450 

_  • 

8 

28000 

1887  ■ 

15 

280 

10 

20 

32 

567  000 

■ 

_ _ 

_ 

9 

28000 

1886 

19 

270 

10 

28 

88 

28 

552  000 

12-30 

18  150 

11500 

21/2- 

10 

27  000 

1887 

7 

440 

12  ‘ 

53 

345000 

3-25 

6  700 

28  000 

11 

24000 

1888 

27 

™  ■ 

125 

76 

640  000 

12 

22000 

1856 

3 

110 

5  . 

6 

20 

22 

210  000 

— 

16  900 

5  600 

5 

13 

19  000 

1889 

14 

— 

48 

37 

351 500 

8—12 

14 

16  000 

1889 

„ 

„  ■ 

6  ' 

28 

_ 

15 

15000 

1885 

■  7 

250 

16  : 

6 

70 

40 

247  700 

I38OO 

5060 

_ 

16 

12  000 

1884 

8 

240 

15 

■32,5 

36 

60 

139000 

20-40 

25  45Ö 

8  200 

5 

17 

12000 

1886 

12 

— 

56 

71 500- 

qo 

) 

0 

7  500 

5 

18 

10000 

1887 

350 

40 

20 

20 

30 

19 

9000 

1885 

7 

738 

82 

__ 

56 

56000 

10—66 

^  'eioo 

~ 

,5 

20 

in  den  Dünen  angelegten  Netze  von  Canälen  statt,  die  eine  Gesamt¬ 
länge  von  24159  m  haben,  ebenso  bezieht  Haag  das  Wasser  aus  den 
Dünen  bei  Scheveningen,  Leyden  aus  denjenigen  bei  Katwyck,  Delft 
aus  denen  bei  Delftland,  Zaanstreek  bei  Wyekaan-Zee,  Helder  bei 
Huisduinen,  Alkmaar  bei  Bergen  und  Vliefsingen  bei  Zoutelande, 
während  Utrecht  mit  Hilversum  und  Baam  auf  das  Heideland  bei 
Station  Soest,  Herzogenbusch  auf  dasjenige  bei  Rosmalen  und  Kämpen 
auf  das  beiWesep  angewiesen  sind.  Arnheim  wird  aus  fünf  Brunnen  i 
in  den  sogen.  Arnhem -Broek  versorgt,  Maestricht  aus  einem  Stau-  I 
hecken  in  der  Maasebene,  Nimwegen  gleichfalls  aus  drei  Brunnen, 
Nieuwer  -  Amstel  aus  den  sandigen  Gebietstheilen  bei  Hilversum,  | 
Zütphen  aus  Quellen. 

Das  Wasser  der  Orte  unter  1,  6,  10,  11,  15,  16,  iO  und  20  wird 
durch  Sand  bezw.  Kies  und  Musebein  gefiltert,  die  übrigen  Leitungen 
führen  ungefiltertes  Wasser.  Chemische  Reinigung  findet  nur  in 
Delft  statt,  wo  das  Wasser  aus  torfigem  Untergrund  stammt.  Das 


ungefiltert  verwendete  Wasser  enthält  nur  0,024  bis  0,042  Gramm  feste 
Stoffe  in  1  Liter,  während  diese  z.  B.  bei  Delft  nach  der  Reinigung 
noch  0,400  Gramm  betragen;  Ammoniak  ist,  wenn  überhaupt,  dann 
nur  in  Spuren  vorhanden. 

Der  Wasserverbrauch  schwankt  im  allgemeinen  zwischen  5  und 
82  Liter  auf  den  Kopf,  die  höchste  Ziffer  in  Baarn  und  Soest  wird  durch 
den  grofsen  Verbrauch  für  die  öffentlichen  Springbrunnen  erklärt. 
Die  Leistungsfähigkeit  der  Anlagen  ist  durchweg  ein  Vielfaches  des 
derzeitigen  Verbrauchs, .sie  beträgt  oft  das  15  bis  20faehe  desselben, 
und  wird  voraussichtlich  noch  auf  lange  Zeit  hinaus  genügen.  ' 

Die  Wassermessung  findet  überall  .mittels  Wassermesser  statt, 
die  Erhebung  dagegen  in  sehr  verschiedener  Weise,  mittels  Abonne¬ 
ments,  durch  Zimmertarif,  durch  Berechnung  für'  1  qm  Oberfläche 
oder  auf  Grund  des  Miethwerthes ;  der  Preis  schwankt  zwischen  3 
und  66  Cents  für  1  cbm.  ‘  ’  Ask.enasv. 


Die  Anwendimgeii  der  grapMsehen 


Auf  dem  Felde  der  graphischen  Statik  herrscht  gegenwärtig  eine 
rege  schriftstellerische,  Thätigkeit.  In  Deutschland  giebt  Professor 
Müller-Breslau  seinem  früheren  Werke  über  diesen  Gegenstand 
eine  völlig  neue,  erweiterte  Form;  in  Frankreich  hat  vor  kurzem 
das  grofse  vielbändige  Werk  von  Professor  L4vy  seinen  Abschlufs 
erlangt;  in  der  Schweiz  hat  es  der  Nachfolger  Culmanns,  Professor 
W.  Ritter,  unternommen  das  vom  Meister  unvollendete  Werk 
.weiter  zu  führen,  und  bereits  befindet  sich  der  zweite  Theil  seiner 
„Anwe-ndungen“  unter  der  .Presse  (über  den  ersten  Theil  haben  wir 
auf  Seite  158  des  vorigen  Jahrganges  dieses  Blattes  berichtet).  Dafs 
uns  nun  überdies  noch  ein  ausübender  Ingenieur  einen  stattlichen 
Band,  ebenfalls  „Anwendungen“  betitelt*),  auf  den  Büchertiseh  legtj 
ist  gewifs  ein  erfreuliches  Zeichen  dafür,  dafs  diese  Wissenschaft 
immer  noch  weiter  an  Boden  gewinnt  und  sich  in  immer  breiteren 
Kreisen  der  Praxis  Eingang  und  Anerkennung  erwirbt.  Aus  dem 
Leben  stammend  und  für  die  Anwendung  bestimmt  ist  in  der  That 
fast  allep,  was  uns  Koechlin,  ein  ehemaliger  Schüler  Culmanns, 
in  seinem  Werke  bietet,  wie  eine  kurze  Uebersicht  des  Inhaltes 
zeigen  möge. 

Die  Anfangsgründe  der  graphischen  Statik  werden  als  bekannt 
vorausgesetzt  oder  nur  wiederholt,  soweit  es  gerade  nothwendig  er¬ 
scheint.  So  z.  B.  die  Lehre  vom  Kräfte-  und  Seilpolygon,  vom 
Schwerpunkt  und  den  Momenten  ersten  und  zweiten  Grades.  Die 
.Anwendungen  beginnen  mit  der  Bestimmung  der  äufseren  Kräfte 
am  einfachen,  vollwaiidigen  Träger  bei  den  verschiedensten  Be- 
festigangs-  und  Belastungsarten  und  mit  Berücksichtigung  des  ver¬ 
änderlichen  Trägheitsmomentes,  soweit  dieses  die  Auflagerkräfte  und 
Momente  beeinflufst.  Ebenso  ausführlich  werden  die  statisch  be¬ 
stimmten  Fachwerksformen  durchgenommen.  Besondere  Beachtung 
ist  den  .vom  Winddruck  herrührenden  Spannungen  geschenkt,  und, 

■  *)  Applications  de  la  statique  graphique  par  Maurice. 
Koechlin,  ancien.  41Sve  de  lAcoIe  polyteohnique  de  Zürich,  ingenieur. 
de  la  inaison  Eiffel;  Paris,  1889.  Librairie  polytechnique  Baudry  u.  Co., 
515  Seiten  Text  in  80  mit -273  Abb.  und  30  Tafeln.  Preis  24  M. 


in  Uebersetznng  ist  ein  lehrreicher  Aufsatz  von  Friedrich  Ritter*) 
über  die  Nebenspannungen  in  den .  Hauptträgern  und  in  den  Quer¬ 
trägern  aufgenömmen.  Auf  vier  Tafeln  sind  vollständige  Kräfte¬ 
pläne  von  Fachwerken  mit  geraden  und  krummlinigen  Gurtungen 
gegeben,  zwei  weitere  sind  den  Formänderungen  derselben  unter 
den  aufgebrachten  Lasten  mit  Berücksichtigung  des  Einflusses  der 
Füllungsglieder  gewidmet.  In  einem  besonderen  Abschnitt  werden 
die  eisefnen  Pfeiler  behandelt  und  auf  zwei  Tafeln  deren  Bean¬ 
spruchung  und  Formänderung  unter  dem  Einflufs  seitlicher  Kräfte, 
namentlich  des  Windes,  ermittelt.  Es  wird  hier  auch  der-  Grundsatz 
erörtert,  nach  welchem  der  Verfasser,  bekanntlich  Berechner  und 
Constructeur  des  Eiffelthurmes,  die  Form  der  Hauptrippen  dieses 
grofsartigen  Bauwerkes  gebildet  hat  —  so  nämlich,  dafs  der  Wind 
keine  Spannungen  in  den  Füllungsgliedern  erzeugt  — ,  welche  Form 
sich  aber  nur  für  Pfeiler  von  über  60  m  Höhe  eignet. 

Im  folgenden, :  umfangreichen  Theil  ist  der  elastische  Bogen  be¬ 
handelt.  In  der  Hauptsache  ist  dieser  Abschnitt  eine  Uebersetzung 
von  W.  Ritters  kleinem  Werk  „Der  elastische  Bogen,  berechnet  mit 
Hülfe  der  graphischen  Statik“.**)  Offenbar  war  der  Verfasser,  und 
wohl  mit  Recht,  der  Ansicht,  dafs  er  diesen  immer  etwas  schwierigen 
Gegenstand  kaum  klarer  und  fafslicher  darstellen  könnte.  Er  hat 
den  Abschnitt  aber  ergänzt  und  erweitert  durch  den  vollständigen 
Kräfteplan  eines  vollwandigen  Bogens  mit  zwei  Gelenken  und  durch 
denjenigen  eines  Fachwerkbogens  mit  drei  Gelenken.  Ferner  sind 
auf  einer  besonderen.  Tafel  die  elastischen  Formänderungen  des 
ersteren  für  Eigengewicht,  zufällige  Belastung  und  Wärmeänderung 
ermittelt,  und  endlich  ist  der  Einflufs  des  Windes  auf  den  Bogen 
überhaupt  besprochen. 

Der  Abschnitt  über  den  Balken  auf  mehreren  Stützen  wird  durch 
die  zeichnerische  Bestimmung  der  Pfeilerkräfte  und  Momente  für  einen 
Balken  veränderlichen  Trägheitsmomentes  eingeleitet.  Im  übrigen  ist 

*)  Von  Koechlin  wird  derselbe  fälschlich  dessen  Bruder,  Prof. 
W.  Ritter  in  Zürich,'  zugeschrieben. 

**)  Besprochen  auf  Seite  16  des  Centralbl.  d.  Bauverw.  für  1887... 


56 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


5.  Februar  1890. 


die  Mohr-Culmannsche  Theorie  wiedergegeben.  Dann  wird  ausführ¬ 
lich  die  Durchbiegung  und  Beanspruchung  durchgehender  Balken¬ 
brücken  während  des  Ueberschiebens  derselben  über  die  Pfeiler  und 
bei  der  Erstellung  als  freitragende  Balken  von  den  Pfeilern  aus 
besprochen  und  construirt.  Ein  weiterer  Abschnitt,  der  sich  diesem 
sachlich  nahe  anschliefst,  ist  den  verschiedenen  Arten  von  Dreh¬ 
brücken  gewidmet,  für  welche  die  inneren  Kräfte  und  die  Durch¬ 
biegung  der  frei  schwebenden  Arme  ermittelt  werden. 

Sehr  lehrreich  ist  auch  der  neunte  Abschnitt,  welcher  die  eisernen 
Dachstühle  behandelt.  Namentlich  sind  es  hier  die  Kräftepläne  der 
bogenförmigen  Hallen  mit  und  ohne  Scheitelgelenk,  welche  Beachtung 
verdienen  (Tafel  27  und  28),  also  derjenigen  Anordnungen,  nach 
welchen  die  berühmte  Maschinenhalle  und  einige  kleine  Hallen  der 
Pariser  Ausstellung  gebildet  sind.  Es  werden  die  Einflüsse  senk¬ 
rechter  und  wagerechter  Lasten  (Winddruck)  untersucht  und  nament¬ 
lich  die  Kräfteschnittlinien  für  beide  Lastrichtungen  ermittelt.*) 

Im  weiteren  werden  noch  die  Stofsdeckungen  und  die  Mauer¬ 
werkspfeiler,  welche  im  Vergleich  mit  ihren  Gröfsenverhältnissen 
erhebliche  seitliche  Kräfte  auszuhalten  haben,  besprochen,  also 
Brückenpfeiler  und  hohe  Schornsteine. 

Aus  diesen  kurzen  Andeutungen  kann  der  Leser  freilich  kaum 
die  Reichhaltigkeit  des  Inhaltes  von  Koechlins  Werk  voll  erkennen. 
Der  Verfasser  giebt  uns  eine  grofse  Anzahl  von  Anwendungen  der 
graphischen  Statik  auf  alte  und  neue  Aufgaben,  für  welche  die 
Lösungen  zum  Theil  schon  bekannt  waren,  zum  Theil  aber  von  ihm 
gesucht  werden  mufsten  —  Aufgaben,  wie  sie  ihm  wohl  zum  Theil  in 
seiner  Thätigkeit  als  Ingenieur  der  Firma  Eiffel  aufgestofsen  sein 
mögen.  Neue  theoretische  Untersuchungen  lagen  nicht  im  Zweck 


*)  Ueber  den  Bogen  mit  festem  Auflager  unter  dem  Einflufs 
horizontaler  und  schiefer  Lasten  siehe  den  Aufsatz  in  der  Schwei¬ 
zerischen  Bauzeitung,  Jahrg.  1888,^  Bd.  12  S.  98  u.  111  sowie  S.  157 
u.  162. 


des  Buches.  Der  Verfasser  hat  sich  sein  Arbeitsfeld  vielmehr  so 
abgegrenzt,  wie  es  für  den  ausübenden  Ingenieur  am  naturgemäfsesten 
war:  er  zeigt,  wie  sich  in  der  Hand  des  geschickten  Arbeiters  das 
vorhandene  Werkzeug  der  graphischen  Statik  auf  die  verschiedensten 
Aufgaben  anwendet.  Nach  dieser  Richtung  hin  bildet  denn  auch 
sein  Buch  eine  wesentliche  Bereicherung  der  einschlägigen  Litteratur. 
Neben  diesen  durften  natürlich,  namentlich  für  den  französischen 
Leser,  die  Entwicklungen  für  die  graphische  Behandlung  der  Grund¬ 
aufgaben  einfacher  Träger,  durchgehender  Träger  und  Bogenträger 
nicht  fehlen.  —  In  demselben,  auf  unmittelbare  Anwendung  hin¬ 
zielenden  Sinne  sind  auch  die  vielen  Tafeln  gehalten;  fast  alle  geben 
wirkliche,  durchaus  fertige  Kräftepläne,  nach  welchen  unmittelbar 
die  Mafse  der  beanspruchten  Theile  berechnet  werden  können. 
Blofse  erläuternde  Abbildungen,  die  nur  den  einzuschlagenden 
Weg  andeuten  sollen  und  von  welchen  zu  wirklichen  Kräfte¬ 
plänen  oft  (namentlich  für  den  Lernenden)  noch  ein  weiter  Schritt 
ist,  linden  sich  nicht,  und  man  kann  dem  Verfasser  vom  Stand¬ 
punkte  der  praktischen  Brauchbarkeit  seines  Werkes  nur  recht 
geben,  wenn  er  hierauf,  wie  er  sich  in  der  Vorrede  ausspricht, 
besonderes  Gewicht  legt.  Demselben  Zwecke  dienen  auch  die  viel¬ 
fachen,  z.  Th.  schon  mehr  in  den  Brückenbau  fallenden  Notizen  und 
Angaben,  wie  z.  B.  die  Zusammenstellungen  über  die  in  Frankreich 
vorgeschriebenen,  der  Berechnung  zu  Grunde  zu  legenden  Belastungen 
für  Eisenbahn-  und  Strafsenbrücken ;  die  Tabellen  über  Eigengewicht 
derselben,  über  Gewichte  und  Trägheitsmomente  von  Form-Eisen  usw. 

Wenn  nun  auch  das  Werk  Koechlins  in  erster  Linie  für  den 
französischen  Leser  bestimmt  ist  und  sein  Hauptverdienst  darin  be¬ 
steht,  die  bei  uns  heimischen  zeichnerischen  Verfahren  den  Technikern 
jenes  Landes  zugänglich  zu  machen,  so  wird  doch  auch  jeder  deutsche 
Fachgenosse  dasselbe  mit  Nutzen  in  die  Hand  nehmen  und  immer 
einige  lehrreiche  neue  Anwendungen  der  so  nützlichen  und  schönen 
Wissenschaft  linden.  Es  darf  daher  mit  vollem  Recht  den  deutschen 
I  Ingenieuren  zur  Beachtung  empfohlen  werden.  G.  M. 


Vermischtes 


Für  Pläne  zu  einem  Kaiser  Milhelm-Denkmale  der  Pi’ovinz 
M'estfalen  auf  dem  Wittekindsberge  der  Porta  Westfalica  bei  Minden 
ist  unter  dem  31.  v.  M.  ein  vorbereitendes  Preisausschreiben 
an  die  deutschen  Künstler  erlassen  worden.  (Vgl.  den  Anzeigentheil 
dieser  Nummer).  Aus  der  Bekanntmachung  heben  wir  hervor,  dafs 
das  Denkmal  ein  der  Landschaft  sich  anpassendes  Bauwerk  sein 
soll,  welches  den  Gedanken  des  Kaiserdenkmals  schon  aus  der  Ferne 
erkennen  läfst  und  in  Verbindung  mit  einem  Bilde  Kaiser  Wilhelms 
zu  bringen  ist.  Für  letzteres  und  etwaigen  sonstigen  bildnerischen 
Schmuck  des  Denkmals  bleibt  ein  besonderer  Wettbewerb  Vorbehalten. 
In  erfreulicher  Weise  ist  hierdurch  klar  ausgesprochen,  dafs  es  sich 
zunächst  um  eine  lediglich  baukünstlerische  Arbeit  handelt,  und  es 
wird  diesem  zielbewufsten  Vorgehen  gewifs  der  Erfolg  nicht  fehlen. 
Die  Ausführungssumme  beträgt  600  000  Mark;  an  Preisen  sind  zwei 
zu  je  1500  Mark  und  zwei  zu  je  1000  Mark  ausgesetzt.  Zu  dem  aus 
neun  Personen  bestehenden  Preisgerichte  gehören  die  Architekten 
Geh.  Reg. -Rath  Prof.  Hase  in  Hannover,  Geh.  Reg.-Rath  und  Conser- 
vator  Persius  und  Bauinspector  Klutmann  in  Berlin  und  der 
Bildhauer  Prof.  v.  Zumbusch  in  Wien. 

Die  Preishewerbung  um  ein  Wohnhaus  des  Herrn  Vogler  in 
Quedlinburg  (vgl.  S.  482  d.  v.  J.)  und  der  engere  Wettbewerb  für 
die  Allgemeine  Gartenbau  -  Ausstellung  in  Berlin  (vgl.  S.  15  d.  J.) 
kamen  in  der  Sitzung  des  Berliner  Architektenvereins  vom  3.  d.  M. 
zur  Beurtheilung.  In  der  ersteren  erhielt  den  Hauptpreis  Regierungs- 
Bauführer  Emil  Hoffmann,  der  zweite  wurde  dem  Architekten 
Walter  Hentschel,  ein  Vereinsandenken  dem  Architekten  Mös- 
singer  zugesprochen.  —  In  dem  engeren  Wettbewerbe  um  die  Vor¬ 
halle  der  Gartenbau -Ausstellung  vor  dem  Mittel  eingange  des 
Hauptausstellungsgebäudes  haben  sich  die  Preisrichter  nicht  ent- 
schliefsen  können,  einen  Preis  zu  ertheilen,  obwohl  in  der  Arbeit 
des  Architekten  Rieth  ein  ausgezeichneter  Entwurf  vorlag.  Es  steht 
zu  hoffen,  dafs  der  Vorstand  der  Gartenbau  -  Ausstellung  die  mit 
Bezug  auf  den  Kostenpunkt  geltend  gemachten  Bedenken  des  Be- 
urtheilungsausschusses  zu  theilen  nicht  genöthigt  ist  und  Herrn 
Rieth  mit  der  Ausführung  nicht  nur  seines  früher  preisgekrönten 
Vorschlages  für  die  künstlerische  Ausschmückung  des  Park-Einganges, 
sondern  auch  dieses  seines  Voi-hallen- Entwurfes  betraut.  Denn  der 
Name  Rieths  bietet  die  Gewähr  für  eine  glückliche  Lösung  der  Auf¬ 
gabe,  auch  wenn  die  vorliegende  Skizze  noch  nicht  in  allen  Einzel¬ 
heiten  als  eine  solche  angesehen  werden  sollte. 

Nach  der  den  Kreishansbau  in  Euskirchen  betreffenden  Be¬ 
kanntmachung  im  Anzeigentheile  dieser  Nummer  ist  der  Entwurf 
„Rheinisch“  der  Architekten  Schreiterer  u.  Schreiber  in  Köln 
mit  dem  ersten  Preise  bedacht  worden  und  soll  gemäfs  Beschlusses 


des  Kreistages  zur  Ausführung  kommen.  Den  2.  Preis  von  300  Mark 
erhielten  die  Architekten  Frejtag  u.  Zetzsche  in  Hamburg.  Der 
Arbeit  „Glück  auf“  des  Architekten  Richard  Meis  in  Köln  wurde 
eine  lobende  Anerkennung  und  nachträglich  eine  Vergütung  von 
300  Mark  zu  Theil. 

In  der  Preisbewerbung  für  ein  Kreisständehans  in  Mayen  (vgl. 
Seite  433  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl.)  ist  der  erste  Preis  (500  Mark) 
dem  Entwurf  „Nach  der  Väter  Weise“  des  Kgl.  Regierungs -Bau¬ 
meisters  Joseph  Maas  in  Lutzerath,  der  zweite  (250  Mark)  dem  Ent¬ 
wurf  „Per  laborem  ad  honorem“  des  Architekten  Gustav  Lüttich  in 
Bonn  zuerkannt  worden.  Im  ganzen  waren  23  Arbeiten  eingegangen. 

Preishewerbung  um  den  Bau  eines  Stadtbades  in  Heilbronn 
(vgl.  S.  433  u.  446  d.  v.  J.).  Das  Preisgericht  hat  einstimmig  be¬ 
schlossen,  einen  ersten  Preis  nicht  zu  ertheilen,  vielmehr  nur  einen 
zweiten  mit  600  Mark,  zwei  dritte  Preise  mit  je  400  Mark  zuzuerkennen 
und  die  noch  zur  Verfügung  stehenden  600  Mark  für  den  Ankauf 
von  drei  weiteren  Entwürfen  zu  verwenden.  Den  zweiten  Preis  er¬ 
hielten  die  Herren  Regierungs-Baumeister  Ernst  Peters  und  Ingenieur 
Eduard  Eickhoff  in  Berlin,  den  ersten  dritten  Architekt  Treu  in 
Heilbronn,  den  zweiten  dritten  Architekt  Julius  Braun  in  Leipzig. 
Zum  Ankauf  wurden  empfohlen  die  Entwürfe  Nr.  1  („Hygieia“), 
Nr.  2  („In  trinitate  robur“)  und  Nr.  16  („Quelle“). 


Bücherschaii. 

Die  Siche  i'lieits-  und  M^ohlfahrtseiurichtnngen  auf  der  Jubi- 
läums-Gewerbeausstellung  in  MJen  1888  von  Max  Kraft,  o.  ö.  Pro¬ 
fessor  an  der  technischen  Hochschule  in  Brünn.  Sonderdruck  aus 
der  Zeitschrift  des  österreichischen  Architekten-  und  Ingenieurvereins. 

In  den  Berichten  über  die  Allgemeine  deutsche  Ausstellung  für 
Unfallverhütung  in  Berlin  1889  im  vorigen  Jahrgange  d.  Bl.  ist  Ge¬ 
legenheit  gewesen  auf  die  österreichische  Abtheilung  hinzuweisen, 
welche  sich  sowohl  durch  die  grofse  Reichhaltigkeit  des  Gebotenen, 
wie  durch  die  Vorzüglichkeit  der  vorgeführten  Schutzmafsregeln  und 
Wohlfahrtseinrichtungen,  sowie  endlich  durch  strenge  Sachlichkeit 
auszeichnete.  Die  Ausstellungsgegenstände  hatten  bereits  im  Jahre 
1888  auf  der  Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung  in  Wien  die  Gruppe  XX: 
Schutzvorkehrungen ,  Gewerbe  -  Hygiene ,  Arbeiter- Wohlfahrtseinrich¬ 
tungen  gebildet  und  auch  dort  die  wohlverdiente  Aufmerksamkeit 
der  Sachverständigen  gefunden.  Ueber  diesen  Gegenstand  hat  Herr 
Professor  Max  Kraft  von  der  technischen  Hochschule  in  Brünn  den 
eingehenden  in  der  Ueberschrift  bezeichneten  Aufsatz  veröffentlicht, 
dessen  Studium  allen  denen,  welchen  die  Arbeiterschutzgesetzgebung 
Interesse  einflöfst,  empfohlen  werden  kann.  Pbg. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Kcdaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  8.  Fehrnar  1890.  Nr.  6. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,7.7  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslände  1,30  Mark. 

DiHALT:  Amtliches:  Gerichtsbauten  in  Kattowitz  0.  Schl.  —  Römischer  See¬ 
canal.  —  Sicherung  eines  Eisenhahndammes  durch  Entwässerungsstollen.  —  Kraft- 
versorgung  durch  Druckluft  in  Paris  (Schlufs).  —  Ueber  Profilmafsstäbe.  —  Ver¬ 
mischtes;  Messung  der  Durchbiegung  eiserner  Brücken.  —  Vorstand  des  Archi¬ 
tektenvereins  in  Berlin  für  das  Jahr  1890.  —  Preisrichter- Gutachten  über  die  Wett- 

bewerbung  zur  Erlangung  von  Plänen  für  eine  evangelische  Garnisonkirche  in 
Strafsburg  i.  E.  —  Preisbewerbung  für  den  Neubau  einer  Turnhalle  des  Oldenburger 
Turnerbundes.  —  Deutsche  Gesellschaft  zur  Beförderung  rationeller  Malverfahren  in 
München.  —  Schutzvorrichtung  gegen  das  Herabstürzen  beim  Fensterpntzen.  —  Be¬ 
such  der  technischen  Hochschulen  des  deutschen  Reichs. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  nach¬ 
benannten  Beamten  die  Evlaubnifs  cur  Annahme  und  Anlegung  der 
ihnen  verliehenen  nichtpreufsischen  Ordens  -  Insignien  zu  ertheilen, 
und  zwar  des  Ritterkreuzes  I.  Klasse  des  Königlich  Sächsischen 
Albrechts-Ordens:  dem  Regierungs-  und  Baurath  Wer nich,  Director 
des  Königlichen  Eisenbahn  -  Betriebsamts  (Breslau  -  Tarnowitz)  in 
Breslau;  des  Komthurkreuzes  des  Grofsherzoglich  Mecklenburg- 
Schwerinschen  Greifen-Ordens:  dem  Geheimen  Regierungsrath  Rock, 
Mitglied  der  Königlichen  Eisenbahndirection  in  Berlin,  und  des 
Ehrenkreuzes  desselben  Ordens:  dem  Regierungs-  und  Baurath  Klose, 
Director  des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebsamts  in  Stralsund,  sowie  ^ 


des  Ritterkreuzes  I.  Klasse  des  Herzoglich  Sachsen  -  Ernestinischen 
Hausordens:  dem  Eisenbahndirector  Lochner,  Mitglied  der  König¬ 
lichen  Eisenbahndirection  in  Erfurt. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Reichenbach  in  Obomik 
ist  zum  Königlichen  Kreis -Bauinspector  ernannt  und  demselben  die 
Kreis -Bauinspectorstelle  daselbst  verliehen  worden. 

Der  Kreis -Bauinspector,  Baurath  Winterstein  in  Höxter  ist 
am  1.  Februar  d.  J.  in  den  Ruhestand  getreten. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeister  Philipp 
Gasteier  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste 
ertheilt  worden. 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  neuen  Gerichtsbauten  in  Kattowitz  in  Oberschlesien. 


Die  Stadt  Kattowitz,  noch  bis  zum  Jahre  1840  ein  dürftiges 
slavisches  Bauerndorf,  kaum  genannt  aufserhalb  des  landräthlichen 
Kreises,  etwa  eine  Wegstunde  von  der  russischen,  zwei  von  der 
österreichisch -galizischen  Grenze  entfernt,  nahm  infolge  des  Auf¬ 
blühens  des  oberschlesischen  Gruben-  und  Hüttenbetriebes  und 
der  damit  zusammenhängenden  Entwicklung  des  Eisenbahnver¬ 
kehres  in  den  fünfziger  Jahren 
dieses  Jahrhunderts  einen  aufser- 
ordentlichen  Aufschwung.  Vor  dem 
Jahre  1871  noch  ohne  eigene  Ge¬ 
richtsstelle,  hat  der  erst  1867  zur 
Stadt  erhobene  Ort  jetzt  bereits 
bei  einer  Einwohnerzahl  von  über 
15  000  Seelen  ein  Amtsgericht,  an 
dem  sieben  Richter  thätig  sind. 

Die  Unzulänglichkeit  der  bisher 
für  letzteres  sowie  zur  Unter¬ 
bringung  von  Gefangenen  von  der 
Stadt  angemietheten  Räumlich¬ 
keiten  erheischte  die  Ausführung 
neuer  fiscalischer  Gebäude  für  den 
gedachten  Zweck.  Dieselben  werden, 
da  ein  geeigneter  Platz  im  Innern 
der  zwischen  der  Eisenbahn  und 
dem  Industriebezirke  lang  hin¬ 
gestreckten  Stadt  nicht  zu  erwerben 
war,  aufserhalb  derselben  jenseit 
der  Bahn,  hoch  und  frei  gelegen, 
in  einer  Gegend  errichtet,  welche 
für  eine  spätere  Städter  Weiterung 
zunächst  ins  Auge  gefafst  ist. 

Nach  dem  Lageplane  (Abb.  1) 
umfafst  die  Anlage  aufser  dem 
Gescbäftsgebäude  des  Amtsgerichts  das  Männergefängnifs  mit  zuge¬ 
hörigem  Thorhause,  Wirthschaftsgebäude  und  einem  Arb eits schuppen, 
ferner  das  Weibergefängnifs  mit  Wirthschaftsgebäude  und  schliefslich 
an  der  Landstrafse,  in  Vorgärten  gelegen,  zwei  Beamtenwohngebäude 
für  den  Gefängnifsinspector  und  vier  Aufseher  mit  den  zugehörigen 
Stallungen. 

Bei  Bemessung  der  Gröfse  des  Geschäftsgebäudes  (Abb.  4 u.  5) 
ist  auf  eine  Vermehrung  der  zur  Zeit  thätigen  sieben  Richter  auf 


deren  acht,  sowie  auf  die  Einrichtung  einer  Strafkammer  ent¬ 
sprechend  gerücksichtigt  worden.  Das  Gebäude  enthält  im  Keller- 
geschofs  die  Wohnung  des  Hauswarts,  Räume  für  die  Standesamts¬ 
register  und  für  die  Centralheizung.  Unter  der  einen  der  im  Erd¬ 
geschosse  belegenen  Gerichtsschreibereien  ist  ein  besonderer,  abge¬ 
schlossener  Zugang  zur  inneren  Nebentreppe  angelegt  zum  Zwecke 

der  Vorführung  der  Gefangenen 
von  den  Gefängnissen  her.  Eine 
Berührung  der  dem  Publicum  zu¬ 
gänglichen  Flure  findet  dabei  nicht 
statt.  Im  Erdgeschofs  (Abb.  5) 
sind  die  für  die  Gerichtskasse,  das 
Katasterbureau ,  das  Grundbuch¬ 
amt  und  zwei  Richter  erforderlichen 
Räumlichkeiten  vorgesehen.  Das 

I.  Stockwerk  dient  zur  Aufnahme 
von  weiteren  vier  Richtern  nebst 
zugehörigen  Gerichtsschreibereien 
und  einigen  Nebenräumen.  Im 

II.  Stock  endlich  finden  sich 
der  8  m  tiefe  und  13  m  lange 
Schöffensaal,  welcher  später  zu¬ 
gleich  als  Strafkammersaal  dienen 
soll,  und  im  Anschlufs  daran  das 
Berathungszimmer  angeordnet.  Die 
übrigen  Räume  des  zweiten  Stock¬ 
werks  sind  zur  Aufnahme  des  Staats¬ 
anwalts  und  des  Amtsanwalts,  der 
zwei  Civilprocefsrichter  und  der 
Rechtsanwälte  bestimmt. 

Den  inneren  geschäftlichen 
Verkehr  soll  neben  der  an  den 
Haupteingang  sich  anschliefsenden 
stattlichen  Treppe  die  nach  dem  Hofe  gelegene  steinerne  Wendel¬ 
treppe  vermitteln. 

Die  Geschofshöhen  betragen  von  Fufsboden  zu  Fufsboden  ge¬ 
messen:  für  den  Keller  theils  3,30  m,  theils  2,80  m,  für  die  übrigen 
Geschosse  je  4,30  m;  nur  für  den  Schöffensaal  ist  durch  Einbau  in 
den  Dachboden  eine  gröfsere  Höhe  erreicht.  Die  Keller,  Vorhallen, 
Treppen  und  Flure  sowie  die  Kassen-  und  Grundbuchräume  werden 
überwölbt,  im  übrigen  sind  Balkendecken  vorgesehen;  die  Treppen 


A.  Sch.  Arteitsschuppen.  Th.  Gb.  Thorgebäude.  W.  Gb.  Wirthschaftsgebäude. 
B.  W.  Beamten-Wohnhäuser.  St.  Stallungen. 

Abb.  1.  Lageplan  der  Gerichtsbauten  in  Kattowitz. 


58 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug, 


8.  Februar  18D0. 


werden  durchweg  aus  Granit  hergestellt.  Zur  Erwärmung  des  Ge¬ 
bäudes  ist  eine  Warmwasserheizung  in  Aussicht  genommen.  Die 
steilen  Dächer  sollen  in  Holz  gezimmert  und  mit  blaugrauen  glasirten 
Biberschwänzen  eingedeckt  werden.  Für  die  Gestaltung  der  Fronten 
sind  die  Formen  der  deutschen  Frührenaissance  in  einfacher  Fassung 
gewählt;  die  Architekturtheile  werden  in  graurothem  Sandstein  aus 
dem  Glatzer  Gebirge  ausgeführt,  die  Zwischenflächen  mit  dunkel- 
rothen  ganzen  Ziegeln  bekleidet. 

Das  Männergefängnifs  (Abb.  2  und  3)  ist  unter  Anlehnung 
au  die  neueren  derartigen  Gebäude  ent¬ 
worfen.  Es  enthält  vier  Geschosse  und  ist 
nicht  unterkellert.  Es  wird  Raum  für  160  Ge¬ 
fangene  bieten,  von  denen  nur  24  in  gemein¬ 
schaftlicher  Haft  untei’gebracht  werden.  Die 
Breite  der  Einzelzellen  ist  zu  2,20  m,  die  Tiefe 
zu  3,50  angenommen.  Die  Schlafzellen  für 
die  am  Tage  im  Arbeitsschuppen  und  in  den 
Höfen  beschäftigten  Gefangenen  sind  dagegen 
nur  1,34  m  breit  und  3,30  m  tief.  Die  Ge- 
schofshöheu  betragen  von  Fufsboden  zu 


theile  der  Betsaalfront  graurother  Sandstein  gewählt.  Die  steilen 
Dächer  werden  in  derselben  Weise  wie  die  des  Gerichtsgebäudes 
eingedeckt.  Die  Möglichkeit  einer  späteren  Erweiterung  des  Ge¬ 
bäudes  ist  bei  der  Anordnung  desselben  auf  der  zur  Verfügung 
stehenden  Baustelle  berücksichtigt. 

Das  Weibergefängnifs  hat  nur  zwei  Stockwerke  über  dem 
Erdgeschofs  erhalten  und  ist  zur  Aufnahme  von  40  Weibern  einge¬ 
richtet;  im  übrigen  schliefst  sich  seine  Durchbildung  und  Ausstattung 
genau  dei’jenigen  des  Männergefängnisses  an. 

Der  Kostenanschlag  schliefst  für  die  ganze  Anlage 
mit  775  000  Mark  ab,  wovon  auf 

1.  das  Geschäftsgebäude .  231 000 

2.  das  Männergefängnifs .  270  000 

3.  das  Weibergefängnifs .  72  000  „ 

4.  alle  Nebengebäude  zusammen  .  .  .  148  500  „ 

^  5.  die  Nebenanlagen .  53 .500  .. 

•v- 


T.  Tonucuraum. 

Z.  Zellen. 

St.Z.  Strafzelle.  Schl.  Z.  Scblafzelle. 

W.  Wärter.  V.  Verfügbar. 

Ut.  Utensilien.  A.  S.  Abgen.  Sachen. 
V.  R.  Vorrathsrauiu. 

H.  R.  Heizraiun. 


Abb.  2.  Männergefängnifs. 

Erdgeschofs. 

Fufsboden  je  3,20  m.  Der  genaue  Rauminhalt 
der  Einzelhaftzellen  stellt  sich  danach  auf  je 
21,87  cbm,  derjenige  der  Schlafzellen  auf  je 
12,55  cbm.  Der  au  den  Haupteingang  sich 
anschliefsende  Flügel  enthält  die  Aufnahme-, 

Lager-,  Verwaltungs-  und  Krankenräume  und 
im  III.  Stockwerke  den  Betsaal,  dessen  Grundrifsabmessungen  (12,62 
zu  8,26  m)  eine  gröfsere  Höhe  für  diesen  Bautheil  bedingten.  Die 
Bodenräume,  die  Schule  und  die  Arbeitsräume  haben  ihren  Platz 
über  der  Mittelhalle  erhalten.  Alle  Räume,  mit  Ausnahme  des  Bet¬ 
saales,  werden  überwölbt,  letzterer  erhält  eine  sichtbare  Balkendecke; 
die  Fufsböden  der  Zellen  werden  im  Erdgeschofs  massiv,  in  den  oberen 
Geschossen  jedoch  als  Dielung  hergestellt.  Die  inneren  Flurgalerieen 
erhalten  einen  Monier-Plattenbelag  auf  I- Trägem.  Die  Erwärmung 
des  von  einem  Punkte  zu  übersehenden  Flures  soll  durch  eine  Luft¬ 
heizung,  die  der  übrigen  Räume  durch  eine  Warmwasserheizung  von 
der  Mittelhalle  aus  erfolgen;  für  den  Betsaal  und  alle  seltener  benutzten 
Räume  ist  eine  Beheizung  durch  Oefen  vorgesehen.  Für  die  Fronten 
ist  rother  Verblendstein,  für  die  Sohlbänke'  und  einige  Architektur- 


Abb.  3.  MännergefärLgnifs. 
Schnitt  durch  den  Zellenflügel. 


entfallen.  Als  Einheitspreise  ergeben  sich  dabei  für  das  Geschäfts- 
gebäude  306,6  Ji  auf  1  qin  und  18,4  Jl  auf  1  cbm,  für  das  Männer¬ 
gefängnifs  253  bezw.  19,2  Jl,  für  das  Weibergefängnifs  179,5  bezw. 
18,3  Mark.  Mit  der  Bauausführung,  welche  am  1.  April  1888  be¬ 
gonnen  hat  und  einen  Zeitraum  von  drei  Jahren  in  Anspruch  nehmen 
wird,  ist  unter  Oberleitung  des  Regierungs-  und  Bauraths  Laessig 
der  Königliche  Kreis-Bauinspector  Posern  in  Plefs  betraut,  welchem 
für  die  besondere  Bauleitung  die  Königlichen  Regierungs-Baumeister 
Killing  und  Schramke  zugewiesen  sind.  Die  Entwurfbearbeitung 
erfolgte  auf  Grund  der  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten 
aufgestellten  Skizzen  gleichfalls  durch  den  Kreis  -  Bauinspector 
Posern  unter  Hülfeleis.tung  des  letztgenannten  Regierungs  -  Bau¬ 
meisters. 


Der  Römische  Seecanal. 


Auf  Seite  384  des  Jahrgangs  1885  d.  Bl.  ist  eines  Entwurfs 
Erwähnung  gethan,  der  Rom  mit  dem  Meere  durch  einen  für  See¬ 
schiffe  benutzbaren  Canal  in  Verbindung  setzen  wollte.  Es  war  dies 
einer  der  zahlreichen  Pläne,  die  seit  der  Vereinigung  Roms  mit  dem 
Königreich  Italien  aufgetaucht,  von  der  öffentlichen  Meinung  freudig 
begi’üfst,  aber  bald  als  unausführbar  erkannt  und  wieder  in  Ver¬ 
gessenheit  gerathen  sind.  Ein  anderer  Entwurf,  der  vom  Ingenieur 
F.  Oberholtzer  bereits  vor  einigen  Jahren  bearbeitet  und  neuer¬ 
dings  den  Behörden  zur  Prüfung  vorgelegt  worden  ist,  hat  letzthin 
auch  in  deutschen  Zeitungen  von  sich  reden  gemacht,  ohne  dafs 
jedoch  ernstliche  Anstalten  zur  Verwirklichung  des  von  ihm  ver¬ 
tretenen  Gedankens  getroffen  wären.  Nach  der  Beurtheilung,  welche 
der  vom  Verfasser  in  den  letzten  Sitzungen  des  Ingenieur-  und 
Architekten -Vereins  in  Rom  vorgelegte  und  näher  erläutei'te  Plan 
bei  den  ausführlichen  Verhandlungen  erfahren  hat,  dürfte  auch  wohl 
kaum  auf  eine  solche  Verwirklichung  zu  rechnen  sein. 

Oberholtzer  wählt  als  Ausgangspunkt  für  den  Canal  eine  Stelle 
der  Küste  im  Süden  der  Tibermündung,  die  von  den  Anlandungen 
des  Flusses  nicht  mehr  berührt  wird  und  seit  altrömischer  Zeit  sich 


unverändert  erhalten  hat.  Als  Endpunkt  des  Canals  bei  Rom  ist 
von  ihm  eine  weite  Fläche  neben  der  Tiber,  dicht  unterhalb  der 
Basilika  S.  Paolo  in  Aussicht  genommen.  Diese  beiden  Punkte 
sollen  nach  seinem  Plane  mit  einander  in  gerader  Linie  verbunden 
werden,  welche  den  Strom  mehrfach  kreuzt  und  in  dem  rechts¬ 
seitigen  Hügelland  einen  langen  Einschnitt  bis  zu  50  m  Tiefe  nöthig 
machen  würde.  Der  Querschnitt  ist  übermäfsig  grofs  angenommen: 
auf  10  m  Tiefe,  40  m  Sohlen-  und  80  m  Spiegelbreite.  Obgleich  die 
Länge  des  Canals  nicht  ganz  20  km  beträgt,  würden  doch  mindestens 
60  Millionen  Cubikmeter  Boden  zur  Ausschachtung  gelangen.  Die 
voraussichtlichen  Kosten  werden  vom  Verfasser  zwar  nur  auf 
88  Millionen  Franken  angegeben,  dürften  sich  jedoch  nach  anderen 
Annahmen  auf  mindestens  100  bis  120  Millionen  belaufen.  Auch 
wenn  dieselben  durch  Wahl  einer  günstigeren,  die  Höhenunterschiede 
besser  berücksichtigenden  Linie  und  kleinerer,  für  Handelsschiffe 
ausreichender  Abmessungen  erheblich  vermindert  werden  sollten, 
sprechen  doch  immer  noch  gewichtige  Bedenken  gegen  diesen  Ent¬ 
wurf.  Ebbe  und  Fluth  sind  an  der  Tibermündung  so  gering,  dafs 
die  schwache,  höchstens  26  cm  hohe  Fluthwelle  bei  ihrem  Einlauf  in 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


59 


h.  6. 


den  Canal  nur  geringe  Bewegungen  in  der  grofsen  Wassermasse 
desselben  verursachen  würde.  Sein  Salzwasser  erhält  aber  nicht 
unbeträchtliche  Zuflüsse  von  unreinem  Süfswasser  aus  den  vom  Canal 
gekreuzten  Wasserläufen  des  römischen  Hügellands  und  aus  dem 
Sickerwasser  der  Einschnitte.  Man  befürchtet  nun,  dafs  das  nahezu 
stehende  Wasser  des  Canals  infolge  dieser  Verunreinigungen  Ursache 
zur  Erzeugung  von 
Malariafieber  werden 
könne.  Auch  die  Spü¬ 
lung  mit  Tiberwasser, 
das  zuvor  in  Klär¬ 
becken  von  seinen 
gröbsten  Beimengun¬ 
gen  zu  befreien  wäre, 
kann  hierin  wenig 
bessern,  da  angeblich 
erfahrungsmäfsig 
durch  die  Vermi¬ 
schung  von  See-  mit 
Flufswasser  in  den 
heifsen  Monaten  stets 
Fieber  hervorgerufen 
werden  soll.  Der  Ein¬ 
wand  Oberholtzers, 
dafs  die  Aerztliche 
Akademie  in  Rom 
gegen  seinen  Entwurf 
aus  Gesundheitsrück¬ 
sichten  nichts  zu  er¬ 
innern  gefunden  habe, 
da  nicht  das  Wasser, 
sondern  der  Boden 
Träger  der  Fieber¬ 
keime  sei,  fand  bei 
jenen  Verhandlungen 
wenig  Anklang. 

Recht  bedenklich 
erscheint,  dafs  der 
Wasserspiegel  des 
Canals  und  des  Hafens 
in  nächster  Nähe  der 
Tiber  5m  unter  deren 
niedrigstem  und  mehr 
als  12  m  unter  ihrem 
höchstem  Stand  liegen 
würde.  Da  die  zu 
durchschneidenden 
Bodenschichten  theil- 
weise  zum  Ausfliefsen 

neigen,  so  würde  an  verschiedenen  Stellen  das  Canalbett  künstlich 
befestigt  werden  müssen.  Eine  genügende  Sicherung  der  Sohle 
des  Hafenbeckens,  die  nach  dem  Entwurf  über  22  m  tiefer  als 
das  Hochwasser  des  in  geringer  Ent¬ 
fernung  vorbeifliefsenden  Stromes  an¬ 
zulegen  wäre,  wurde  von  einem,  dem 
Anscheine  nach  mit  den  Bodenverhält¬ 
nissen  genau  vertrauten  Redner  für 
kaum  möglich  gehalten.  Ueberhaupt 
dürfte  die  Herstellung  eines  schleusen¬ 
freien  Canals  schon  deshalb  wenig 
zweckmäfsig  sein,  weil  die  zur  Anlage 
des  Hafens  bei  Rom  allein  in  Frage 
kommenden  Ländereien  etwa  12  m 
über  dem  mittleren  Meeresspiegel  ge¬ 
legen  sind. 

Noch  gröfsere  Schwierigkeiten 
bietet  die  Umgestaltung  der  Tiber 
selbst  zu  einer  für  Seeschifie  brauch¬ 
baren  Wasserstrafse.  Von  dem  jetzigen 
Flufshafen  Ripagrande  in  Rom  bis 
zur  Ausmündung  des  für  kleine  Küsten¬ 
fahrzeuge  zugänglichen  Armes  bei 
Fiumicino  besitzt  der  Strom  mit  seinen 
zahlreichen  Krümmungen  eine  Längen¬ 
entwicklung  von  etwa  37,5  km,  die 
nach  verschiedenen  Vorschlägen  mit  Hülfe  von  Durchstichen  auf 
24  km  abgekürzt  werden  soll.  Bei  Niedrigwasser  würde  alsdann 
das  Gefälle  etwa  1 : 5000,  bei  Mittelwasser  1 : 3300  und  bei  Hoch¬ 
wasser  nahezu  doppelt  so  viel  betragen.  Da  die  Hochfluthen  grofse 
Massen  von  Sinkstoffen  mit  sich  führen,  wird  es  schwerlich 
angängig  sein,  eine  Fahrrinne  von  genügender  Tiefe  in  brauch¬ 


barem  Zustand  zu  erhalten.  Auch  die  Anlage  und  Offenhaltung 
eines  für  tiefgehende  Handelsschiffe  zugänglichen  Hafens  im  Schlick¬ 
gebiet  der  Tibermündung  ist  eine  Aufgabe,  deren  Lösung  in  be¬ 
friedigender  Weise  nicht  zu  bewirken  sein  möchte. 

Da  alle  bisherigen  Pläne  für  die  Seeschiffahrt-Verbindung  Roms 
entweder  den  Ausbau  der  Tiber  oder  den  Neubau  eines  schleusen¬ 
freien  Canals  in  Aus¬ 
sicht  genommen  ha¬ 
ben,  so  bleibt  die 
Frage  einstweilen 
noch  unentschieden, 
ob  und  wie  die  Haupt¬ 
stadt  Italiens  mit  dem 
nur  20  km  entfernten 
Meere  in  eine  für 
grofse  Handelsschiffe 
benutzbare  Verbin¬ 
dung  gebracht  werden 
kann.  Auch  abge¬ 
sehen  von  dieser  ge¬ 
ringen  Entfernung 
und  dem  geringen 
Höhenunterschiede 
liegen  die  Verhält¬ 
nisse  für  den  Bau 
eines  Seecanals  gün¬ 
stig,  ungleich  günsti¬ 
ger  als  für  den  in 
diesem  Blatte  letzthin 
besprochenen  See¬ 
canal  nach  Berlin. 
Die  Bodenbeschaffen¬ 
heit  des  unteren  Tiber¬ 
thals  macht  nur  ver- 
hältnifsmäfsig  kleine 
Erdarbeiten  in  durch¬ 
weg  leicht  zu  bear¬ 
beitenden  Boden  nö- 
thig.  Die  vom  Canal  zu 
berührenden  Grund¬ 
stückebesitzen  keinen 
grofsen  Werth.  Stra- 
fsen  und  Wasserläufe 
werden  nur  wenige 
gekreuzt.  Die  einzige, 
allenfalls  zu  überfüh¬ 
rende  Eisenbahn  von 
Rom  nach  Fiumicino 
hat  keinen  nennens- 
werthen  Verkehr  und  wird  denselben  nach  Anlage  des  See¬ 
canals  wohl  ganz  verlieren.  Speisewasser  läfst  sich  in  genügender 
Menge  leicht  gewinnen.  Der  Bau  des  Mündungshafens  findet  keine 

besonderen  Schwierigkeiten,  wenn 
man  nur  weit  genug  von  dem 
Schlickgebiet  der  Tiber  entfernt  bleibt. 
Voraussichtlich  würden  die  Kosten 
der  Ausführung  wenig  mehr  als  die 
Hälfte  der  von  Oberholtzer  veran¬ 
schlagten  Summe  betragen,  wenn  der 
Canal  nach  ähnlichen  Grundsätzen 
entworfen  wird  wie  der  Berliner  See¬ 
canal. 

Die  Schwierigkeiten  der  Frage 
liegen  also  nicht  auf  dem  technischen, 
sondern  auf  dem  wirthschaftlichen 
Gebiet.  Wären  in  Rom  einigermafsen 
gesunde  Keime  des  Grofsgewerbes  vor¬ 
handen,  so  erschiene  das  Opfer  nicht 
zu  schwer,  eine  zunächst  schlecht  ver¬ 
zinsende  Wasserstrafse  herzustellen, 
die  sich  mit  der  Zeit  durch  den  wirth¬ 
schaftlichen  Aufschwung  der  Stadt 
reichlich  bezahlt  machen  würde. 
Leider  fehlt  es  aber  vollkommen  an 
den  Ansätzen  des  Grofsbetriebs  von 
Gewerbe  und  Handel;  und  die  Bedingungen  für  eine  gedeihliche 
Entwicklung  fehlen  gleichermafsen.  Der  einzige  unweit  Roms  ge¬ 
wonnene  Rohstoff,  der  sich  zur  Ausfuhr  eignet,  ist  Puzzolanerde. 
Alles  andere  mufs  man  erst  in  die  Stadt  schaffen,  die  zur  Ver¬ 
arbeitung  kommenden  Stoffe  sowohl  als  auch  die  Kohlen  zur  Ge¬ 
winnung  der  Dampfkraft.  Obendrein  sind  die  Arbeitslöhne  infolge 


Abb.  4.  Holzstich  v.  O.  Ebel,  Berlin. 


Abb.  5.  Erdgeschofs. 

Geschäftshaus  für  das  Amtsgericht  iu  Kattowitz. 


8.  Februar  1890, 


60 


Centralblatt  der  Bauverwaltung-. 


der  hohen  Preise  für  Wohnungen  und  Nahrungsmittel  bedeutend 
theurer  als  in  allen  Orten,  mit  denen  Rom  in  Wettbewerb  treten 
müfste. 

Sehr  nachtheilig  erweist  sich  hierbei,  dafs  die  Arbeitskräfte  nicht 
aus  der  im  Sommer  unbewohnbaren  Umgegend  genommen  werden 
können,  und  dafs  die  hauptsächlich  als  Viehweide  benutzten  aus¬ 
gedehnten  Ländereien  des  sogenannten  Agi-o  romano  den  römischen 
Markt  nicht  derart  versorgen,  wie  es  bei  einer  zweckmäfsigen  Be- 
wirthschaftung  möglich  wäre.  Falls  die  Bestrebungen  der  Regierung 
zur  Besserung  dieser  Zustände  den  gewünschten  Erfolg  haben,  so 
würde  hierdurch  gleichzeitig  ein  wichtiger  Schritt  für  die  gewerbliche 
Entwicklung  der  Hauptstadt  vorwärts  gethan  sein.  Ein  weiterer 
Schritt  von  gröfster  Bedeutung  wäre  die  Ausnutzung  der  reichen 
Wasserkräfte  des  römi sehen  Berg-  und  Hügellands,  womit  die  im 
Bau  befindliche  Anlage  zur  elektrischen  Beleuchtung  Roms  aus  einer 
bei  den  berühmten  Wasserfällen  von  Tivoli  hergestellten  Kraftquelle 
einen  kleinen  Anfang  macht.  Aber  auch  hierzu  sind  viele  Millionen  I 


erforderlich,  deren  Verzinsung  zunächst  ungewifs  ist,  weil  die  Mög¬ 
lichkeit  der  Verwendung  erst  geschafi’en  werden  mufs. 

Wenn  die  italienische  Regierung  einer  Canalgesellschaft  durch 
jährliche  Zuschüsse  zu  den  Betriebseinnahmen  eine  angemessene 
Rente  der  Bausumme  gewährleistet,  so  thut  sie  schliefslich  für  die 
Hau])tstadt  nur  dasselbe,  was  sie  durch  die  jährlichen  Zuschüsse  an 
die  Eisenbahngesellschaften  für  diejenigen  Landestheile  thut,  in  denen 
der  Bau  und  Betrieb  schlecht  verzinsender  Bahnlinien  sonst  nicht 
möglich  gewesen  wäre.  Obgleich  der  wirthschaftliche  Nutzen  eines 
Römischen  Seecanals  keineswegs  zweifellos  ist,  erscheint  daher  seine 
Ausführung  doch  wohl  denkbar,  wenn  nur  erst  an  die  Stelle  der 
bisherigen  ins  blaue  hinein  gearbeiteten  Pläne  ein  Entwurf  tritt,  der 
auf  dem  festen  Boden  der  Thatsachen  eine  für  die  Handelsschiffahrt 
ausreichende  Wasserstrafse  herzustellen  trachtet  mit  mäfsigen  Mitteln, 
die  zu  den  voraussichtlichen  Vortheilen  in  einem  angemessenen  Ver- 
hältnifs  stehen. 

Rom,  im  Januar  1890.  H.  Keller. 


Sicherung  eines  Eisenhahndainines  durch  Entwässerungsstollen 


Die  in  den  .Jahren  1884 — 86  erbaute  Linie  Hadamar -Westerburg- 
Altenkirchen  der  Westerwaldbahn  befindet  sich  auf  eine  erhebliche 
Länge  ihrer  südlichen  Hälfte  in  der  Basaltformation  des  Wester¬ 
waldes  und  kommt  daselbst  auch  mit  einigen  Thonlagern  in  Be¬ 
rührung.  Ein  solches,  zwischen  Km.  24,4  und  24,5  kurz  vor  der 
Station  Willmenrod  belegen,  ist  einem  darüber  geführten  Damme 
verhängnifsvoll  geworden,  hat  der  Bahnunterhaltung  längere  Zeit 
Schwierigkeiten  bereitet  und  schliefslich  umfassende  Sicherungs¬ 
arbeiten  nöthig  gemacht.  Wie  beistehender  Lageplan  (Abb.  1) 
zeigt,  überschreitet  der  fragliche  Damm  eine  kleine  Thalsenke  nalie 
ihrer  Ausmündung  in  das  breitere  Elbbachthal,  dem  die  Eisenbahn 
mit  einer  ziemlich  erheblichen  Steigung  (vielfach  1  ;  50)  aufwärts 
folgt.  Die  Seiten  des  Nebenthaies  endigen  gegen  das  Hauptthal  mit 
zwei  steileren  Köpfen,  wo  Fels,  theils  Basalt,  theils  Basaltlava  und 
Tuff  zu  Tage  tritt.  Der  Grund  des  ansteigenden,  sich  nach  oben 
verflachenden  Seitenthaies  besteht  in  etwa  2  m  Tiefe  unter  der  Ober¬ 
fläche  aus  einem  Thonlager  von  erheblicher  Mächtigkeit.  Vor 
Schüttung  des  Dammes  ist  dies  nieht  bekannt  gewesen,  und  es  waren 
deshalb  auch  keine  Vorkehrungen  gegen  Rutschung  desselben  auf 
dem  Thonlager  getroffen  worden.  Als  die  Schüttung  von  der  West¬ 
seite  her  bis  etwa  zur  Mitte  des  Thaies  vorgeschritten  war,  begannen 
sich  vor  dem  nördlichen  Böschixngsfufse  Auftreibungen  der  Boden- 
obei-fläche  zu  zeigen.  Daraufhin  vorgenommene  Bodenuntersuchungen 
stellten  das  mit  der  Thalsöhle  ansteigende  Thonlager  fest,  auf  dem 
die  Dammschüttung  theilweise  langsam  rutschte.  Obwohl  nun,  soweit 
es  der  Stand  der  Erdarbeiten  noch  zuliefs,  durch  Herstellung  von 
Rigolen  für  möglichste  Entwässerung  der  Rutschfläche  Sorge  getragen, 
auch  die  thalabwärts  gelegene  Dammböschung  durch  Verbreiterung 
erheblich  flacher  gelegt  wurde,  kam  der  Damm,  welcher  wegen  der 
Kürze  der  bis  zur  Eröffnung  der  Bahn  noch  zur  Verfügung  stehenden 
Zeit  rasch  fertiggestellt  werden  mufste,  nicht  zur  völligen  Ruhe.  Das 
Bahnplanum  sank  vielmehr  nach  zeitweiligem  Stillstand  langsam 
weiter,  und  nach  der  im  October  1886  erfolgten  Inbetriebsetzung 
der  Strecke  erforderte  das  Geleis  regelmäfsigj  starkes  Anstopfen, 
um  in  betriebsfähigem  Zustande  erhalten  zu  werden.  Allmählich 
hörte  zwar  das  Weiterschieben  des  Böschungsfufses  auf,  nicht  aber 
das  Einsinken  des  Planums,  und  es  wurden  nun  die  Massen  etwa  in 
der  Mitte  der  nördlichen  Böschung  in  breiten  Ausbauchungen  in  die 
Höhe  geprefst.  Es  schien  sich  dadurch  diejenige  Stelle  anzuzeigen, 
wo  von  einem  angebrachten  Gegendruck  eine  günstige  Wii-kung 
erwartet  werden  konnte.  Wirklich  hatte  auch  eine  dort  vorgenommene 
belastende  Anschüttung  einigen  Erfolg,  doch  nicht  von  längerer 
Dauer.  Nach  einem  zeitweiligen  Stillstände  sank  das  Planum  mit 
dem  Geleise  wieder  in  bedenklicher  Weise  tiefer.  Inzwischen  war 
auch  ein  gemauerter  Durchlafs  a  b,  welcher  das  auf  der  Thalsohle 
herabfliefsende  und  das  dui’ch  die  Entwässerung  der  Felder  in  einem 
bedeckten  Canal  zusammengezogene  Wasser  unter  dem  Damme 
hinwegführte,  durch  die  Bewegung  desselben  zu  Bruche  gegangen. 
Die  zur  Ofl'enhaltung  noch  zeitig  genug  vorher  durchgesteckten 
eisernen  Röhren  nutzten  zur  Durchführung  des  Wassers  bald  auch 
nichts  mehr,  weil  sie  durch  den  Längsschub  auseinandergezogen 
worden  waren  und  nun  das  Wasser  in  den  Untergrund  laufen  liefsen, 
wodurch  wieder  eine  ganz  wesentliche  Verschlechterung  desselben 
eintreten  mufste.  Ein  grofser  Theil  des  abzuführenden  Wassers 
konnte  zwar  durch  eine  anderweitige  Ableitung  fern  gehalten  werden, 
indem  der  wasserführende  Canal  von  einem  höher  oben  im  Thale 
belegenen  Punkte  c  aus  seitlich  geführt,  alsdann  mit  schwachem 
Gefälle  der  Neigung  des  Geländes  folgend  zum  Westende  d  des 
Dammes  geleitet  und  dort  mittels  eines  Rohres  durehgeführt  worden 
war.  Durch  alle  diese  Mafsnahmeii  konnte  aber  kein  dauernder 


Erfolg  erzielt  werden,  und  es  ging  aus  dem  ganzen  Verhalten  des 
Dammes  sowie  allen  sonstigen  Erscheinungen  hervor,  dafs  es  nöthig 
war,  sowohl  das  bereits  eingedrungene  Wasser,  dem  der  Abflufs 
fehlte,  abzuzapfen,  als  auch  das  dem  Damm  noch  zufliefsende  Wasser 
auf  dem  kürzesten  Wege  abzuleiten,  endlich  die  Rutschfläche  und 
den  Untergrund  auf  möglichst  grofse  Tiefe  trocken  zu  legen  und 
daselbst  auch  für  dauernde  Trockenhaltung  zu  sorgen.  Es  wurde 
deshalb  seitens  des  Königl.  Eisenbahn-Betriebsamtes  Neuwied  die 
Ausführung  einer  für  diesen  Fall  schon  früher  in  Aussicht  genommenen 
ausgedehnten  Entwässerungsstollen-Anlage  verfügt.  Die  Bearbeitung 
des  zur  Ausführung  gekommenen  Entwurfes  erfolgte  durch  den 
Unterzeichneten  von  den  genannten  Gesichtspunkten  aus.  Ein  tief 
liegender  Haujotstollen  e f  von  1,25  m  unterer  und  0,70  m  oberer 
Lichtweite  und  1,70  m  Lichthöhe,  sowie  mehrere  von  diesem 
abzweigende,  nach  der  Rutschfläche  aufsteigende  Seitenstollen  von 
1,20  m  unterer  und  0,80  m  oberer  Lichtweite  bei  1,20  m  Lichthöhe 
suchen  möglichst  viele  Wasseradern  zu  durchschneiden  und  abzu¬ 
fangen,  namentlich  auch  diejenigen  Wasseransammlungen  zu  erreichen, 
welche  in  der  Nähe  des  geborstenen  Durchlasses  wegen  mangelnden 
Abzuges  entstanden  waren.  Gleichzeitig  liaben  die  Stollen,  welche 
mit  Steinen  ausgepackt  worden  sind,  für  Austrocknung  und  Trocken¬ 
haltung  des  Untergrundes  in  möglichst  grofser  Ausdehnung  zu  wirken. 
Wesentlich  unterstützt  wird  diese  Trockenhaltung,  namentlich  die 
der  Rutschfläche  selbst,  durch  eine  tiefe  und  breite  Rigole  g  h,  welche 
oberhalb  des  Dammes  und  etwa  gleichlaufend  mit  ihm  bis  unter  die 
Oberfläche  des  Thonlagers  in  den  Boden  eingeschnitten  ist.  Alles 
gegen  den  Damm  hinfliefsende  Wasser  wird  so,  bevor  es  ihn  erreicht, 
durch  die  Rigole  abgefangen,  welche  es  nach  dem  brunnenartigen 
Abfallschacht  f  am  oberen  Ende  des  Hauptstollens  abgiebt.  Von 
dort  erfolgt  die  Weiterführung  und  gänzliche  Ableitung  mittels  eines 
0,50  m  weiten  eisernen  Rohres,  welches  in  den  Hauptstollen  verlegt 
ist  und  ihn  der  ganzen  Länge  nach  durchzieht.  Dieses  Rohr  nimmt 
mittels  des  Einfallbrunnens  auch  den  ursprünglich  vorhanden  gewesenen 
Wasserabflufs  aus  der  Thalsohle  auf. 

Die  leitenden  Gesichtspunkte  verlangten  es  natürlich,  dafs  die 
Stollen  in  den  gewachsenen  Boden  selbst  und  nicht  etwa  nur  in  die 
Dammmasse  zu  treiben  waren,  dafs  die  Stollen  aber  auch  in  die 
Rutschfläche  selbst  einschneiden  mufsten.  Diese  letztere  Aufgabe 
übernehmen  die  abzweigenden  Seitenstollen.  Für  den  Hauptstollen 
mit  dem  Durchlafsrohr  mufste  möglichst  sichere  Lage  eine  Haupt- 
rücksicht  bilden,  weshalb  er  mit  mäfsiger  Sohlenneigung  tief  in  den 
gewachsenen  Boden  gelegt  wurde.  Es  verband  sich  mit  dieser  Lage 
von  selbst  der  Vorth  eil  einer  tiefgreifenden  Untergrund-Entwässerung. 
Im  übrigen  ist  die  Lage  durch  die  örtlichen  Verhältnisse  ziemlich 
gegeben  gewesen. 

Die  Herstellung  der  Stollen  konnte  ohne  Getriebezimmerung 
erfolgen,  doch  war  durchweg  Holzausbau  erforderlich,  in  den  Seiten¬ 
stollen  schon  deshalb,  weil  sie  ihrem  Zweck  entsprechend  gröfsten- 
theils  das  weniger  standfähige  Gebirge  durchsetzten.  Für  den  Haupt¬ 
stollen  war  ein  kräftiger  Holzausbau  mit  Rücksicht  darauf  nöthig, 
dafs  er  längere  Zeit,  nämlich  bis  zur  Vollendung  sämtlicher  Seiten¬ 
stollen  in  druckhaftem  Gebirge  offen  gehalten  werden  mufste.  Dieses 
Gebirge,  reiner  Thon,  war  frisch  angebrochen  recht  standfähig,  kam 
aber,  zumal  in  den  etwas  feuchteren  und  mit  sandigen  Schichten 
durchsetzten  Theilen,  bald  in  langsame,  aber  unaufhaltbare  Bewegung 
und  übte  dabei  gewaltigen  Seitendruck  aus,  sodafs  der  Holzausbau 
vielfach  verschoben  oder  zerbrochen  wurde.  Die  geschmeidige  Thon¬ 
masse  wurde  dabei  durch  die  Spalten  und  Lücken  in  spiegelglatten 
Scheiben  weit  herausgeprefst.  Die  stetige  Bewegung  und  die  Ver¬ 
engung  des  Stollens  konnte  längere  Zeit  beobachtet  werden,  während 


BIr.  6. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


61 


welcher  die  Förderung  der  Massen  immer  noch  mit  verhältnifsmäfsiger 
Sicherheit  so  lange  vor  sieh  gehen  konnte,  als  der  Stollen  dafür  noch 
nicht  zu  eng  geworden  war.  Alsdann  mufste  wieder  eine  Ausweitung 
desselben  unter  Erneuerung  des  Ausbaues  erfolgen,  was  an  einzelnen 
Stellen  sogar  einigemal  wiederholt  werden  mufste. 

Die  Seitenstollen  wurden  so  weit  vorgetrieben,  als  noch  feuchter 
Boden  angetroffen  wurde,  und  dann  erfolgte  gleich  nach  Fertigstellung 
jedes  einzelnen  das  Auspacken  mit  Steinen.  Die  letzte  Arbeit  war 
die  Verlegung  des  eisernen  Rohres  in  dem  Hauptstollen  und  mit 
dieser  Verlegung  fort¬ 
schreitend  die  Um¬ 
packung  mit  Steinen 
bis  zur  gänzlichen 
Ausfüllung  des  Stol¬ 
lens.  Bei  dem  Zu¬ 
sammensetzen  der 
Rohrstücke  von  je 
4  m  Baulänge  mufste 
Anordnung  getroffen 
werden,  dafs  ein  Aus¬ 
einanderziehen  der 
einzelnen  Stücke  bei 
eintretendem  Schie¬ 
ben  des  Gebirges 
verhindert  wurde.  Da 
keine  Röhren  mit 
Vorrichtung  für 
Längsverbindung  zur 
Verfügung  standen, 
so  mufste  eine  beson¬ 
dere  Verankerung  an¬ 
gebracht  werden,  wie 
die  Abbildungen  5 — 7 
zeigen.  Je  zwei  zu- 
sammenstofsende 
Rohrstücke  sind  durch 
zwei  sie  umfassende 
Anker  zusammenge¬ 
schlossen,  und  an 
dieses  Rohrpaar  ist 
ein  in  gleicher  Weise 
verbundenes  ange¬ 
hängt,  sodafs  durch 
Fortsetzung  dieses 
Verfahrens  die  Röhren 
auf  die  ganze  Durch- 
lafslänge  zusammen¬ 
gebunden  werden.  Im 
einzelnen  ist  die  Ver¬ 
bindung  in  der  Weise 
erfolgt,  dafs  die  Anker 
hinter  den  Rohrmuffen 
umgekröpft  sind  und 
sich  daselbst  hinter¬ 
haken,  wo  sie  dann 
durch  einen  über  die 
gekröpften  Enden  ge- 
schobenenRing  gegen 

Abheben  gesichert  werden.  Am  anderen  Ende  gehen  sie  durch  die 
senkrechten  Schenkel  eines  um  die  Muffe  vor  dem  Endwulst  gelegten 
Ringes  aus  Winkeleisen  und  sind  daselbst  mit  Schraubenmuttern 
versehen.  Die  Anker  ■  des  nächsten  Rohrpaares  sind  gegen  die  des 
vorhergehenden  um  90°  versetzt  und  werden  in  entsprechende  Aus- 
klinkungen  des  senkrechten  Schenkels  desselben  Winkeleisens  ein¬ 
gelegt,  sowie  hinter  das  Rohrende  gehakt,  wo  sie  in  gleicher  Weise 
wie  beim  vorhergehenden  Paar  gegen  Abheben  gesichert  werden. 
Diese  Befestigungsweise  wiederholt  sich  bei  jeder  zweiten  Muffe  auf 
die  ganze  Länge. 

Die  bergmännischen  Arbeiten  sind  unter  besonderer  Aufsicht  des 
Bahnmeisters  und  steter  Ueberwachung  des  Unterzeichneten  im  Einzel¬ 
gedinge  durch  einen  geeigneten  Schachtmeister  mit  einigen  Bergleuten 
und  Schleppern  ohne  wesentliche  Störung  ausgeführt  worden.  Das  mit 


Abb.  2. 


dem  Schachtmeister  verabredete  Gedinge  erstreckte  sich  immer  nur 
auf  eine  kürzere  Länge,  meistens  von  25  m,  und  wurde  der  Schwierig¬ 
keit  der  einzelnen  Arbeitsabschnitte  angepafst.  Gezahlt  wurde  für 
bergmännische  Herstellung  des  Hauptstollens  einschliefslich  Ausbauen 
und  Lieferung  des  dafür  benöthigten  Holzes,  Förderung  der  Massen 
auf  75  m  Entfernung,  sowie  Vor-  und  Unterhaltung  des  Gezähes  22 
bis  28  Mark,  im  Mittel  26  Mark  f.  d.  lfd.  Meter,  für  die  gleiche 
Leistung  bei  den  Seitenstollen  und  ferner  das  Auspacken  mit  Steinen 
nebst  Beförderung  derselben  unter  Tag,  aber  ausschliefslich  deren 

Lieferung  24  Mark 
f.  d.  lfd.  Meter.  Die 
gufseisernen  Röhren 
kosteten  auf  der  Ver¬ 
wendungsstelle  19  JC 
f.  d.  lfd.  Meter,  desgl. 

die  Verankerung 
3,20  Mark.  Das  Ver¬ 
legen  der  Röhren  im 
Hauptstollen  mit  allen 
Nebenarbeiten  und 
Auslagen,  sowie  das 
Auspacken  des  ver¬ 
bliebenen  Raumes  bis 
zur  völligen  Ausfül¬ 
lung  des  Stollen  ein¬ 
schliefslich  Beförde¬ 
rung  der  Steine  unter 
Tag,  aber  ausschliefs¬ 
lich  Lieferung  kostete 
6  Mark  f.d.lfd.  Meter. 
Bis  zur  Vollendung 
und  Abnahme  der 
einzelnen  Gedinge¬ 
strecken  war  der  Un¬ 
ternehmer  auch  zur 
Unterhaltung  der¬ 
selben  verpflichtet, 
nicht  aber  mehr  für 
die  späteren  Arbeiten 
dieser  Art.  Solche 
kamen  thatsächlich 
in  gröfserem  Um¬ 
fange  vor.  Erneutes 
Ausweiten  des  Stol¬ 
lens  und  Neuher¬ 
stellung  des  Holz¬ 
ausbaues  ist  ein¬ 
schliefslich  der  mehr¬ 
fachen  Arbeit  dieser 
Art  zusammen  für 
59  lfd.  Meter  auszu¬ 
führen  gewesen,  und 
es  stellten  sich  die 
Kosten  dafür  fast  ge¬ 
nau  auf  die  Hälfte 
der  Neuherstellungs¬ 
kosten,  nämlich  auf 
13  Mark  f.  d.  lfd.  Meter. 

Ohne  die  früher  und  später  zur  Sicherung  und  vorschriftsmäfsigen 
Herstellung  des  Dammes  vorgenommenen  Erdarbeiten  und  die  Mauer¬ 
arbeiten  am  Dammfufse  haben  die  Gesamtkosten  der  Anlage  aus¬ 
schliefslich  der  Beschaffungskosten  für  die  zur  Verwendung  gekommenen 
220  cbm  Steine  etwa  6500  Mark  betragen.  Dafür  sind  68  lfd.  Meter 
Hauptstollen,  59  lfd.  Meter  Seitenstollen,  80  lfd.  Meter  Rohrdurchlafs 
mit  dem  9,5  m  tiefen  Einfallschacht  ausgeführt  und  59  lfd.  Meter 
Stollenverdrückung  wieder  hergestellt  worden. 

Die  Anlagen  haben  sich  bewährt,  die  Bewegung  des  Dammes 
hat  nach  deren  Ausführung  gänzlich  aufgehört,  und  das  Geleis 
befindet  sich  seitdem  in  vollkommen  ruhiger  und  sicherer  Lage. 

Dr.  Bräuler, 

Eisenbahn-Bau-  u.  Betriebsinspector. 


Kraftversorgung  durch  Druckluft  in  Paris. 

(Schlufs.) 


Die  praktische  Verwendung  der  Druckluft  in  Paris  hat 
jetzt  schon  grofse  Ausdehnung  gefunden.  Allerdings  ist  der  Boden  in 
Paris  sehr  günstig;  es  haben  nämlich  dort  die  elektrischen  Gesell¬ 
schaften  nichts  Erhebliches  geleistet.  Die  Druckluft  fand  deshalb 


ein  sehr  günstiges  Feld  und  konnte  insbesondere  Beleuchtungs¬ 
anlagen  übernehmen,  die  ihr  sonst  nur  im  Wettbewerb  mit  elektro¬ 
technischen  Unternehmungen  zugefallen  wären.  Beispiele  grofser  An¬ 
wendung  der  Druckluft  sind:  Theaterbeleuchtungen,  u.  a.  das  Eden- 


62 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  Februar  1890. 


theater,  das  Variet^theater,  das  Theater  D(^jazet,  zahlreiche  Cafes, 
Restaurants,  Vergnüguiigslocale,  Clubs,  die  Strafsen  und  Plätze  in 
der  Nähe  der  Oper  usw.  Für  elektrische  Beleuchtung  innerhalb  der 
inneren  Stadtbezirke  sind  gegenwärtig  3  Centralanlagen  in  Betrieb, 
bestehend  aus  unterirdisch  unter  den  Höfen  gröfserer  Gebäude 
angelegten  Räumen  für  die  Aufstellung  gröfserer  Luftmaschinen  zum 
Betriebe  von  Dynamomaschinen,  von  welchen  der  Strom  den  kleinen 
Beleuchtungsanlagen  durch  Kabel  zugeführt  wird.  So  können  gi’öfsere, 
vortheilhaft  arbeitende  Antriebsmaschinen  im  Innern  der  Stadt  in 
beschränkten  und  billigen  Räumen  aufgestellt  werden,  wo  Dampf¬ 
maschinen  und  Dampfkessel  unmöglich  wären;  auch  werden  durch 
diese  Anordnung  lange  Leitungen  von  Hauptkabeln  erspart  und  der 
Strom  unmittelbar  an  der  Centralstelle  zertheilt.  Zahlreiche  Drucke¬ 
reien,  die  Druckerei  des  „Figaro“  mit  einer  .bOpferdigen  Maschine, 
die  des  „Petit  Journal“  mit  einer  solchen  von  100  Pferden,  und  eine 
grofse  Zahl  von  Privatdruckereien,  bis  zu  den  kleinsten  Betrieben, 
benutzen  die  Druckluft  als  Betriebskraft,  ebenso  zahlreiche  Werk¬ 
stätten  der  verschiedenartigsten  Kleinbetriebe  des  überaus  gewerb- 
tleifsigen  Paris  bis  herab  zu  den  kleinsten  Luftmaschinen  zum  Treiben 
von  Nähmaschinen,  Bohrern  der  Zahnärzte  u.  dgl.  Die  Luftmaschinen 
für  Kleinbetrieb  sind  auch  häutig  in  Oertlichkeiten  aufgestellt,  wo 
Dampf-  oder  Gasmaschinen  überhaupt  nicht  möglich  wären.  Ein 
Vortheil  der  Luftmaschinen  ist  dabei,  dafs  sie  von  wenig  sachver¬ 
ständigen  Personen  bedient  werden  können.  In  Paris  sind  Kellner, 
Hausdiener  usw.  mit  allen  möglichen  Nebenbeschäftigungen  die  ge¬ 
wöhnlichen  Maschinisten.  Die  Luftmaschine  ist  anscheinend  ein  nocli 
viel  geduldigeres  Ding  als  die  in  dieser  Hinsicht  berühmte  Dampf¬ 
maschine. 

Nicht  minder  grofs  ist  die  Verwendung  der  Luft  für  un¬ 
mittelbaren  Luftb  etrieb  ohne  Zwischenmaschinen.  Hier  steht  mit 
der  Druckluft  überhaupt  nichts  in  Wettbewei'b.  Aufzüge  z.  B.  werden 
mit  Luft  statt  mit  Dvuckwasser  betrieben;  1  cbm  Wasser  kostet  in 
Paris  32  Centimes,  das  cbm  Luft  IV2  Centimes.  In  zahlreichen 
Restaurants  und  Cafes  wird  das  Bier  aus  den  Kellern  durch  Luft 
hinaufgeschaflt  derart,  dafs  ein  Luftröhrchen  an  das  Fafs  ange¬ 
schlossen  wird.  In  grofser  Ausdehnung  ist  diese  unmittelbare 
Hebung  mit  Luftdruck  durchgeführt  in  den  grofsen  Weinlagern. 
Dort  sind  vor  6  Monaten  einige  hixndert  Einrichtungen  in  Be¬ 
trieb  gekommen,  um  den  Wein  aus  den  Kellern  mit  Luft  un¬ 
mittelbar  in  die  Versandfässer  zu  drücken.  Als  neue  Anwendungen 
sind  in  dieser  Beziehung  zu  nennen  der  selbstthätige  Betrieb  von 
Luftkesseln,  die  in  Hausbrunnen  eingebaut  werden  und  sich  bei 
ausströmender  Luft  mit  Wasser  füllen,  welches  dann  durch  Druckluft 
zum  Zwecke  der  billigen  Beschaffung  von  Nutzwasser  in  einen  Be¬ 
hälter  unter  Dach  gehoben  wird.  Sehr  wahrscheinlich  werden  die 
in  jüngster  Zeit  durchgeführten  gelungenen  Versuche,  die  Auswurf¬ 
stoffe  durch  Druckluft  zu  beseitigen,  statt  sie,  wie  jetzt,  durch  fahr¬ 
bare  Luftpumpen  abzusaugen,  eine  durchgreifende  Veränderung  der 
Abfuhr  der  Abfallstoffe,  welche  nicht  in  die  Stadtcanäle  geleitet 
werden  dürfen,  zur  Folge  haben. 

In  grofsartigem  Mafsstabe  ist  in  Paris  die  Druckluft  für  den 
Betrieb  von  Uhren  in  Anwendung,  und  zwar  für  diesen  Betrieb 
schon  seit  einem  Jahrzehnt.  Aus  kleinen  Anfängen  hat  sich  die  jetzige 
grofse  Centralanlage  entwickelt.  Gegenwärtig  werden  über  8000  Luft¬ 
druckuhren  betrieben,  die  im  ganzen  stündlich  180  cbm  Luft  erfordern. 

Die  „französische  Bank“  ist  an  die  Luftleitung  angeschlossen 
und  hat  eine  eigeire  Rohrpost  innerhalb  ihrer  einzelnen  Geschäfts¬ 
räume  eingerichtet.  Ebenso  ist  im  „Credit  Lyonnais“  eine  eigene 
Rohrpost  in  Betrieb  und  aufserdem  eine  grofse  Luftrohrverbindung 
mit  den  Kellern  hergestellt,  aus  denen  die  grofsen  Depötkoffer  auf 
einem  Wagen  mit  Druckluft  in  die  Bureaus  geblasen  und  wieder 
zurückbefördert  werden. 

Ein  grofses  und  vorläufig  nicht  absehbares  Feld  für  die  Aus¬ 
nutzung  der  Druckluft  ist  ihre  oben  kurz  erwähnte  Verwendung 
als  Kaltluft.  Diese  kann  zwar  wirthschaftlich  günstiger  als  durch 
Druckluft,  aber  erst  auf  Umwegen  erzeugt  werden,  und  im  kleinen 
Mafsstabe,  den  der  Kleinbetrieb  oder  gar  die  Haushaltung  er¬ 


fordert,  sind  andere  Kaltluftmaschinen  kaum  ausführbar.  Restaurants 
und  Cafes  in  Paris  mit  Luftmaschinen  für  den  Beleuchtungsbetrieb 
und  mit  schwacher  Vorwärmung  der  Druckluft  verwenden  die  Aus¬ 
puffluft  zum  Kühlen  des  Trinkwassers;  Conditoren  treiben  mit  der 
Luftmaschine  tagsüber  Hülfsmaschinen,  Rührwerke  usw.,  beleuchten 
abends  ihren  Laden  und  benutzen  nebenbei  die  Abluft  für  Gefrier¬ 
zwecke.  Eine  wichtige  Anlage  ist  in  der  Bourse  de  commerce 
in  Betrieb.  Dort  werden  in  den  grofsen  Kellerräumen  Kaltluft¬ 
kammern  eingerichtet  für  die  Lagerung  von  Lebensmitteln,  welche 
augenblicklich  nicht  auf  die  benachbarten  Centralhallen  zu 
Markt  gebracht  werden  können.  Aufserdem  haben  sich  in  der 
Nähe  der  Markthallen  Fleischhauer  zahlreiche  Kaltkammern  für 
viele  hundert  Schlachtthiere  eingerichtet.  Nicht  unerwähnt  sei,  dafs 
die  Pariser  „Morgue“  bereits  seit  Jahren  Anschlufs  an  die  Luft¬ 
druckleitung,  und  Kaltlufträume  besitzt,  in  welchen  Leichen  so  lange 
als  wünschenswerth  aufbewahrt  werden.  —  Pariser  Zeitungen  ent¬ 
halten  die  Hinweisung  auf  die  grofse  militärische  Wichtigkeit 
der  Ver2)flegung  der  Festung  Paris  im  Kriegsfälle  durch  Zu- 
hülfenahme  der  Kaltluft  für  die  Aufbewahrung  frischer  Lebensmittel 
in  bisher  unmöglichen  Mengen.  Insbesondere  wird  darauf  hingewiesen, 
dafs  die  Druckluftanlagen  mit  den  geplanten  drei  grofsen  Central¬ 
anlagen  ausreichen,  um  frische  Lebensmittel  für  2V2  Millionen  Ein¬ 
wohner  auf  1/2  Jahr  zu  sichern. 

In  neuerer  Zeit  werden  in  Paris  wesentlich  verbesserte  Luft¬ 
maschinen  angewendet,  welche  schon  bei  2pferdigen  Maschinen  so 
geringen  Luftverbrauch  ergeben  (etwa  16  cbm  für  die  Stundenpferde¬ 
kraft)  wie  die  älteren  lOpferd.  Maschinen.  Selbst  kleine  1/4 — 'Apferd. 
rotirende  Luftmaschineii  verbrauchen,  obschon  sie  ohne  Expansion 
arbeiten,  nur  etwa  40  cbm  Luft.  Bei  Betrieb  mit  Vorwärmung  und 
gleichzeitiger  Wassereinspritzung  wird  ein  Luftverbrauch  von  12  cbm 
für  die  Stundenpferdekraft  erzielt. 

Im  Laufe  dieses  Jahres  wird  die  Pariser  Anlage-  in  grofsartiger 
Weise  erweitert.  Es  werden  zwei  grofse  Luftpressmaschinen  von 
je  3000  Pf.  in  der  vorhandenen  Centralstation  aufgestellt  und  sollen 
Anfang  September  in  Betrieb  kommen,  und  im  Süden  der  Stadt,  an 
der  Seine,  wird  eine  neue  Centralstation  in  der  Nähe  des  Lyoner 
Bahnhofes  gebaut  mit  Maschinen  von  zusammen  12  000  Pf.,  die  bis 
Ende  dieses  Jahres  in  Betrieb  kommen  sollen. 

Aus  diesen  Andeutungen  und  thatsächlichen  Mittheilungen  dürfte 
zu  entnehmen  sein,  dafs  es  sich  um  eine  fertige,  dabei  sehr  einfache 
und  lebensfähige  Sache  handelt,  die  mit  einfachen,  jedermann  be¬ 
kannten  Mitteln  arbeitet,  aber  auch  durch  die  wichtigen  technischen 
Neuerungen  der  centralisirten  Kraftei'zeugung  und  der  Wärme¬ 
zuführung  der  Druckluft  sowie  durch  das  Nebenerzeugnifs  der  Kalt¬ 
luft  ein  unabsehbares  Gebiet  erschlossen  hat.  Darüber  besteht  kein 
Zweifel,  dafs  die  erfolgreiche  Einführung  von  Druckluft  in  Städten 
einen  wesentlichen  Fortschritt  für  die  technische,  wirthschaftliche 
und  gesundheitliche  Entwicklung  von  Grofsstädten  und  von  gewerb- 
treibenden  Städten  überhaupt  bildet.  Die  Frage,  ob  Druckluft  so 
billig  herstellbar  ist,  dafs  sie  innerhalb  der  Stadt  mit  Gewinn  für 
den  Erzeuger  und  den  Abnehmer  abgegeben  werden  kann,  mufs  auf 
Grund  der  Pariser  Erfahrungen  bejaht  werden,  und  es  mufs  noclr 
hinzugefügt  werden,  dafs  die  Druckluft  jetzt  schon  viele  bisher  un- 
gekannte  Verwendungen  gefunden  hat  und  in  die  Verhältnisse  des 
Kleingewerbes  in  der  günstigsten  Weise  eingreift.  Für  jede  Stadt 
kann  es  nur  ein  Gewinn  sein,  wenn  die  rauchenden  Schlote,  die 
Dam^^fkessel  und  die  Belästigungen  durch  diese,  wie  Rauch,  Lärm, 
Hitze  usw.,  und  nicht  minder  alle  Gefahr  und  Verantwortung  solcher 
Betriebe,  insbesondere  auch  derjenigen  kleinen  Umfanges,  aus  der 
belebten  Stadt  entfernt  und  vor  das  Weichbild  verlegt  werden.  Die 
in  die  Stadt  gelieferte  Druckluft  ist  nicht  nur  geeignet,  dem  hart 
bedrängten  Kleingewerbe  aufzuhelfen  und  damit  eine  brennende 
Frage  zu  lösen,  ihre  allgemein  zugängliche  Verwendung  ist  auch  in 
hervorragender  Weise  geeignet,  unseren  Lebensbedürfnissen  und  An¬ 
nehmlichkeiten  entgegen  zu  kommen,  neue  Bedürfnisse  zu  befriedigen 
und  ganz  ebenso  wie  Gas-  und  Wasserleitungen  jedem  Gemeinwesen 
zum  Segen  zu  gereichen. 


Uelber  Profllmafsstäbe. 


Die  Flächeninhalte  der  Auf-  und  Abtragsquerschnitte  für  Eisen¬ 
bahn-,  Canal-,  Wege-  usw.  Anlagen  lassen  sich  bekanntlich,  wenn 
man  die  Rechnung  vermeiden  will,  in  bequemer  Weise  mittels  eines 
Profilmafsstabes  feststellen,  dessen  Höhen  denen  des  Längenprofils 
entsprechen,  dessen  Längen  die  zugehörigen  Flächeninhalte  in  einem 
zweckmäfsig  gewählten  Mafsstabe  angeben.  (Vergl.  hierüber  die  Ab¬ 
handlung  von  Goering  im  Centralblatt  der  Bauverwaltung  von  1881 
und  desselben  Verfassers  Ausführungen  in  der  „Hütte“.) 

Die  Grundlage  für  die  Genauigkeit  dieses  Verfahrens  bildet  also 
der  Höhenmafsstab  des  Längenprofils.  Alle  Fehler,  welche  durch 
das  Verhältnifs  dieses  Mafsstabes  zur  natürlichen  Grofse  bedingt 


sind,  übei-tragen  sich  auf  den  Profilmafsstab  und  werden  vermehrt 
durch  diejenigen  Fehler,  welche  bei  dem  Abgreifen  der  den  Höhen 
entsprechenden  Flächengröfsen  entstehen. 

Diese  Thatsache  einer  doppelten  Fehlerquelle  legt  den  Gedanken 
nahe,  einen  Profilmafsstab  zu  benutzen,  in  welchem  durch  die  Höhen 
unmittelbar  die  zugehörigen  Flächeninhalte  angegeben  werden,  also 
die  zweite  Fehlerquelle  fortfällt. 

Ein  solcher  Mafsstab  ist  für  einen  Damm  von  5,4  m  Kronenbreite 
mit  l*/2fachen  Böschungen  in  der  nebenstehenden  Abbildung  dar¬ 
gestellt.  Für  das  zugehörige  Längenprofil  ist  der  übliche  Höhen¬ 
mafsstab  von  1 :  250  vorausgesetzt. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


63 


Nr.  6. 


Dis  Herstellung  dieses  Profilmafsstabes  ist  einfach.  Es  werden 
die  den  Flächeninhalten  F  =  10,  20,  30,  40  usw.  qm  zugehörigen  Höhen 
aus  der  Formel 


5,4__ 

2. 1,5  + 


y  +  (2'^.!, 5)  —  —  +  1/  i;5~ 


berechnet.  Die  Ergebnisse  der  Rechnung  sind  in  der  folgenden 
Tabelle  zusammengestellt: 


sonderen  Massenmafsstabes  unmittelbar  erfolgen,  selbstverständlich 
unter  Beachtung  der  von  der  regelmäfsigen  Profilentfemung  ab¬ 
weichenden  Profilabstände  (Massenreduction). 

Das  bei  dem  sonst  üblichen  Profilmafsstabe  erforderliche  beson¬ 
dere  Abgreifen  der  Flächen  wird  hierbei  erspart,  wie  das  Aufträgen 
des  Flächenprofils. 

Ganz  besondere  Vortheile  bietet  aber  der  vorgeschlagene  Profil- 
mafsstab,  wenn  derselbe  durchsichtig  hergestellt  wird  (auf  starkem 


FürJ5’=  10  20  30  40  50  60  70  80  90  100  110  120  130 
ist  h  =  1,35  2,27  3,02  3,67  4,25  4,78  5,26  5,72  6,15  6,56  6,95  7,32  7,68 

Die  Tabelle  zeigt,  dafs  die  Unterschiede  der  auf  einander  folgen¬ 
den  Werthe  von  h  schon  am  Anfänge  verhältnifsmäfsig  wenig  von 
einander  abweichen  und 
mit  wachsendem  h  sich 
einander  stark  nähern. 

Es  ist  daher  völlig  un¬ 
bedenklich  und  beein¬ 
trächtigt  die  Genauigkeit 
des  Mafsstabes  nicht, 
wenn  die  Zwischen- 
werthe  von  i^nach  dem 
Gesetze  der  geraden 
Linie  mit  h  wachsend 
angenommen  werden, 
wenn  also  das  Ge¬ 
setz  des  parabolischen 
Wachsens  von  F  nur 
in  bestimmten,  für  jeden 
Fall  zweckmäfsig  zu 
bemessenden  Zwischen¬ 
räumen  zur  Geltung  ge¬ 
bracht  wird.  Nur  für 

den  Zwischenraum  von  F=0  bis  F^IO  empfiehlt  es  sich  vielleicht, 
die  Werthe  von  h  besonders  zu  ermitteln,  wie  das  in  nachstehender 
Tabelle  geschehen  ist. 

FürF’=l  2  3  4  5  6  7  8  9  qm 

ist  h  =  [0,18  0,34  0,49  0,63  0,76  0,89  1,01  1,13  1,24  m 

Das  Aufstellen  der  Tabellen  und  Aufzeichnen  des  Mafsstabes 
erfordert  bei  Zuhülfenahme  von  Rechentabellen  einen  Zeitaufwand 
von  höchstens  IV2  Stunden,  mufs  allerdings  für  jede  Planumsbreite 
besonders  erfolgen,  sodafs  z.  B.  für  Auf-  und  Abtrag  besondere 
Profilmafsstäbe  anzufertigen  sind. 

Die  Benutzung  des  Mafsstabes  mittels  des  Zirkels  ist  bequem. 
Für  jede  in  den  Zirkel  zu  nehmende  Höhe  des  Längenprofils  wird 
die  der  Zirkelöffnung  entsprechende  Fläche  gesucht  und  abgelesen. 
Die  Ablesung  kann  nach  dem  Augenmafse  bis  auf  Zehntel  Quadrat¬ 
meter  genügend  genau  erfolgen,  nöthigenfalls  auch  durch  Vermehrung 
der  senkrechten  Linien  erleichtert  werden.  Falls  eine  bestimmte 
Entfernung  der  Querprofiie  vorherrscht  (z.  B.  50  m),  so  können  nicht 
nur  die  Flächen,  sondern  auch  die  Massen  auf  dem  Mafsstabe  un¬ 
mittelbar  gefunden  werden,  wie  durch  die  neben  der  Abbildung  mit 
vermerkten  Massenwerthe  angedeutet  ist.  Danach  kann  auch  das 
Aufträgen  des  Massenprofils  (vergl.  Goering  a.  a.  0.)  mittels  eines  be- 


140  150  160  170  180  190  200  210  220  230  240  250  qm 
8,03  8,36  8,69  9,00  9,30  9,60  9,89  10,17  10,44  10,71  10,98  11,23  m 

Pauspapier  oder  Hornmasse).  In  diesem  Falle  werden  die  Flächen 
bezw.  Massen  ohne  Benutzung  des  Zirkels  lediglich  durch  Auflegen 

des  Profilmafsstabes 
auf  das  Längenprofil  er¬ 
mittelt,  und,  falls  das 
Massenprofil  gezeich¬ 
net  werden  soll,  die 
abgelesenen  Massen 
auf  einem  besonderen 
Massenmafsstabe  abge¬ 
griffen  und  aufgetragen. 
Der  letztere  wird  zweck¬ 
mäfsig  mit  dem  Profil¬ 
mafsstabe  auf  einem 
Stücke  Papier  dar- 
gestelKi 

Wenn  das  Längen¬ 
profil  ein  Gefälle  dar¬ 
stellt,  empfiehlt  es  sich, 
zur  sicheren  Benutzung 
des  durchsichtigen  Pro¬ 
filmafsstabes  durch  die 
Fufspunkte  der  Auf-  und  Abtragshöhen  des  Längenprofils  je  eine 
kleine  wagerechte,  später  zu  entfernende  Bleilinie  zu  ziehen. 

Dafs  ein  solcher  Profilmafsstab  sich  für  alle  möglichen  Verhält¬ 
nisse  vortheilhaft  anwenden  läfst,  namentlich  auch  dort,  wo  es  nicht 
auf  zweckmäfsige  Vertheilung  der  Massen,  sondern  nur  auf  Massen - 
ermittlung  ankommt,  dürfte  klar  sein.  Selbstverständlich  mufs  für 
die  durch  Diagonalen  zu  verbindenden  und  durch  Rechnung  festzu¬ 
stellenden  Zwischenpunkte  des  Mafsstabes  nach  den  jeweilig  vor¬ 
liegenden  Verhältnissen  eine  geeignete  Auswahl  getroffen  werden. 
Bei  Querneigung  des  Geländes  sind  die  Auf-  oder  Abtragshöhen, 
welche  bestimmten  Flächenwerthen  entsprechen,  für  jede  Neigung 
besonders  auszurechnen.  Der  Mafsstab  wird  in  solchen  Fällen  nur 
dann  vortheilhafte  Verwendung  finden  können,  wenn  eine  bestimmte 
Querneigung  auf  gröfseren  Strecken  vorhanden  ist. 

Handelt  es  sich  um  die  Feststellung  der  Erdarbeiten  für  aus¬ 
gedehnte  Anlagen,  oder  kommen  solche  Feststellungen,  wie  in  den 
technischen  Bureaus  der  Eisenbahndirectionen,  häufig  vor,  so  dürfte 
es  lohnend  sein,  für  die  verschiedensten  Querneigungen  Mafsstäbe 
anzufertigen,  die,  wenn  sie  durchsichtig  hergestellt  werden,  durch 
Zirkelstiche  bei  der  Benutzung  nicht  leiden  und  dahei  von  unbe¬ 
schränkter  Dauer  sind. 

Dirschau,  im  September  1889.  Struck, 

Königl.  Regierungs-Baumeister. 


Yermischtes. 


Die  Messung  der  Durchbiegung  eiserner  Brucken  ist,  wie  auf 
Seite  417  des  Jahrganges  1883  d.  Bl.  nachgewiesen  wurde,  von  nur 
geringem  W erthe  für  die  Beurtheilung  der  Tragfähigkeit  der  Brücken. 
Die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  wird  jetzt  auf  Seite  54  der  Deut¬ 
schen  Bauzeitung  bestritten,  ohne  dafs  jedoch  auch  nur  der  Versuch 
gemacht  wird,  die  in  dem  erstgenannten  Aufsatze  angeführten  Gründe 
zu  widerlegen.  Die  auf  Seite  55  bis  58  der  Deutschen  Bauzeitung 
enthaltenen  Formeln  und  Zahlenrechnungen  bilden  im  Gegentheil 
ein  zwar  nicht  neues,  aber  doch  ganz  lehrreiches  Beispiel  für  die 
Genügsamkeit,  mit  welcher  die  Anhänger  der  Biegungsmessungen 
ihre  Sache  behandeln.  Jene  Formeln  geben  nämlich  ihrer  Herleitung 
nach  nur  eine  ziemlich  rohe  Annäherung  an  die  Wirklichkeit,  wie 
man  u.  a.  schon  daraus  ersehen  kann,  dafs  für  den  Elasticitätsmodul 
durchweg  der  Mittelwerth  E  —  2000  t  eingesetzt,  und  dafs  die  Ver¬ 
änderlichkeit  der  Querschnitte  (Nutzquerschnitte,  volle  Querschnitte 
usw.)  und  der  Spannungen  entweder  gar  nicht  oder  doch  in  un¬ 
genügender  Weise  berücksichtigt  wird.  Die  Durchbiegung  eines  aus 
30  Stäben  gebildeten  Parabelträgers  von  20  m  Stützweite  läfst  der 
Verfasser  abhängig  sein  von  dem  einen  Spannungswerthe,  den  er 
aus  dem  Trägheitsmomente  des  Querschnittes  der  Gurte  und  dem 


Biegungsmomente  für  den  der  Ti'ägermitte  nächsten  Knotenpunkt 
berechnet.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  die  etwaige  Uebereinstimmung 
des  so  berechneten  und  des  gemessenen  Durchbiegungswerthes  einen 
Beweis  für  die  Sicherheit  des  Trägers  nicht  liefern  kann.  In  der 
Regel  wird  auch  eine  genaue  Uebereinstimmung  nicht  vorhanden 
und  aus  dem  mehr  oder  weniger  grofsen  Unterschiede  zwischen  dem 
gemessenen  und  dem  berechneten  Werthe  nur  der  Schlufs  zu  ziehen 
sein,  dafs  die  der  Rechnung  zu  Grunde  gelegten  willkürlichen  An¬ 
nahmen  mehr  oder  weniger  unrichtig  waren.  — Z. — 

Zum  Vorstände  des  Architekteuvereins  in  Berlin  für  das 
Jalir  1890  sind  in  der  Sitzung  vom  3.  d.  M.  folgende  Herren  gewählt 
bezw.  wiedergewählt  worden:  Ob  erb  audirector  Wiebe,  Vorsitzender; 
Baurath  Schwechten,  Stellvertreter  des  Vorsitzenden;  Eisenbahn¬ 
bauinspector  G.  Meyer,  Säckelmeister;  ferner  Regierungs-  und  Bau¬ 
rath  Eggert,  Professor  Goering,  Geh.  Oberbaurath  Hagen,  Bau¬ 
rath  Hofsfeld,  Geh.  Baurath  Keller,  Geh.  Regierungsrath  Persius, 
Baurath  Schmieden,  Baurath  Wallot  und  Baumeister  Wieck. 
Satzungsgemäfs  für  dieses  Jahr  nicht  wieder  wählbar  waren  die 
Herren  Stadtbaurath  Blankenstein,  Baurath  Böckmann  und 
Regierungs-  und  Baurath  Housselle. 


64 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  Februar  1890. 


Das  Preisrichter- Gutachten  Uber  die  Wetthewerhung:  zur  Er- 
languuj'  von  Pläueu  für  eine  evangelische  Garuisonkirche  in 
Stralshurg  i.  E.  (vgl.  S.  505  d.  v.  J.)  ist  in  dem  Anzeigentheile  der 
vorigen  Ni'.  5  a  veröffentlicht. 

Aus  einer  Preishewerbung  für  den  Neubau  einer  Turnhalle 
des  Oldenburger  Turuerbundes  sind  als  Sieger  hervorgegangen  die 
Herren  Klingenberg  u.  Weber  (ein  zweiter  Preis)  und  Architekt 
L.  Backhaus  (ein  dritter  Preis).  Der  Entwurf  „Hei  causa“  (Verf. 
Klingenberg  u.  Weber)  wurde  zum  Ankauf  empfohlen,  die  Arbeit 
,, Halle  Nr.  4“  (Architekt  C.  Spieske)  lobend  anerkannt. 

Die  Deutsche'  Gesellschaft  zur  Beförderung  rationeller  Mal¬ 
verfahren  in  München  hat  in  ihrer  Ausschufs-Sitzung  vom  5.  Januar 
1890  unter  dem  Vorsitz  des  König!.  Akademieprofessors  Herrn 
Lindenschmit  bezüglich  der  zunächst  in  Angriff'  zu  nehmenden 
Arbeiten  folgendes  Programm  aufgestellt:  1.  Die  Feststellung  von 
Typen  für  die  Normalfarben  für  Oel-  und  Aquarellmalerei;  2.  die 
rationelle  Präparation  der  Oelfarben;  3,  Feststellungen  über  die  er¬ 
forderlichen  und  zulässigen  Bindemittelmengen  für  die  Oelfarben; 
4.  die  Ermittlung  möglichst  einfacher  und  sicherer  Methoden  für 
die  qualitative  Untersuchung  der  Oelfarbenbindemittel;  5.  Unter¬ 
suchung  über  die  Vor-  und  Nachtheile  der  verdickenden  Mittel,  Wachs, 
Walrat,  Paraffin  usw.  in  den  Oelfarben;  G.  Untersuchungen  und  Ver¬ 
suche  über  die  zweckmäfsigsten  Arten  der  Grundirungen  für  Maler¬ 
leinen  und  Malbretter  für  Oelgemälde.  An  den  Berathungen  hatte 
auch  das  Ehrenmitglied  Herr  Geh.  Rth.  Prof.  Dr.  v.  Pettenkofer 
.theilgenommen.  —  Ferner  wurde  beschlossen,  den  schon  für  1888  an¬ 
gesetzten  Congrefs  der  Deutschen  Gesellschaft  zur  Beförderung 
rationeller  Malverfahren,  mit  dem  eine  Fachausstellung  verbunden 
wird,  im  Jahre  1890  in  München  abzuhalten.  Ueber  alle  die  Gesell¬ 
schaft  oder  sonstwie  die  Maltechnik  betreffenden  Angelegenheiten 
ertheilt  der  Secretär,  Herr  Redacteur  Adolf  Keim  in  München,  unent¬ 
geltlich  die  gewünschten  Auskünfte.  Durch  ihn  können  auch  die 
Satzungen  der  Gesellschaft  bezogen  werden. 

Sclmtzvorrichtuiig  gegen  das  Herabstürzeii  beim  Fensterputzen. 
Das  Reinigen  der  Fenster  in  den  oberen  Geschossen  ist  jetzt  mit 
steter  Gefahr  für  die  arbeitende  Person  verbunden.  Werden  zur 
Reinigung  der  der  Hand  nicht  unmittelbar  zugänglichen  Scheiben 
Bürsten,  Putztücher  u.  dgh,  die  an  Stangen  befestigt  sind,  benutzt, 
so  läfst  sich  die  Arbeit  nicht  mit  der  wünschenswerthen  Gründlich¬ 
keit  vornehmen. 

Im  Sommer  v.  J.  hatte  der  Verfasser  auf  einer  Rheinreise  Gelegen¬ 
heit  in  Köln  eine  höchst  einfache  Schutzvorrichtung  gegen  das  Herab¬ 
stürzen  beim  Fensterputzen  in  Anwendung  zu  sehen,  welche  neben¬ 
stehend  zur  Darstellung  gebraclit  ist.  Bemerkt  sei  dabei,  dafs  der 
den  Abbildungen  zu  Grunde  liegende  Gegenstand  etwas  unvoll¬ 
kommenere  Formen  aufwies.  Eine  Beschreibung  der  Schutzvor¬ 
richtung  machen  die  Holzschnitte  entbehrlich,  aa  sind  Holzleisten, 
h  eine  Eisenschiene.  Zwei  Stufen  werden  in  den  gewöhnlichen  Fällen 
ausreichen.  Besonderen  Verhältnissen,  etwa  bei  hohen  Saalfenstern 
u.  dgh,  kann  die  Vorrichtung  leicht  angepafst  werden;  besonders 
da,  wo  viele  gleichartig  zur  Ausführung  gebrachte  Fenster,  z.  B. 


in  grofsen  Miethshäusern,  Gasthöfen  usw.,  vorhanden  sind,  erscheint 
ihre  Anwendung  am  Platze.  Von  vorsichtigen  Hausbesitzern  werden 
zuweilen  an  den  äufseren  Fensterrahmen  oder  in  deren  Nähe  Haken 

angebracht,  durch  die  den  Fenster¬ 
wäscherinnen  Gelegenheit  gegeben 
werden  soll,  sich,  etwa  unter  Benutzung 
eines  Riemens  oder  dgh,  selbst  zu  be¬ 
festigen,  doch  ist  dies  nur  als  ein  un- 


zulänglicher  Nothbehelf  zu  betrachten. 

Noch  sei  darauf  hingewiesen, 
dafs  auf  der  Unfallverhütungs- Aus¬ 
stellung  in  Berlin  mehrere  neue 
Fensterconstructionen  zur  Schau  ge¬ 
bracht  waren,  die  insofern  vor  Unfall  schützen,  als  bei  ihnen  der 
obere  innere  Fensterflügel  behufs  Putzens  herausgenommen  werden 
kann.  Wenn  sich  hierdurch  zwar  die  Arbeit  der  Reinigung  gefahr¬ 
los  bewerkstelligen  läfst,  so  darf  man  doch  nicht  übersehen,  dafs  das 
Einsetzen  der  Fensterflügel  eine  beschwerliche  und  ein  gewisses  Ge¬ 
schick  voraussetzende  Arbeit  ist.  Bei  Neuanlage  von  Fenstern  würden 
derartige  Constructionen  möglicherweise  mit  einigem  Nutzen  Ver¬ 
wendung  finden  können,  für  vorhandene  Fenster  jedoch  wird  sicher 
die  beschriebene  Schutzvorrichtung  die  besseren  Dienste  leisten. 

0.  Leonhardt,  Ingenieur.  . 


Der  Besuch  der  tecliuischen  Hocliscliuleii  des  deutschen  Reichs 
betrug  im  Winterhalbjahr  1889/90  insgesamt  3372  Studirende  (gegen 
2910  im  Winterhalbjahr  1888/89),  1106  (1060)  Hospitanten  und  343 
(470)  Hörer,  im  ganzen  also  4821  Besucher,  welche  sich  auf  die  ein¬ 
zelnen  Anstalten  nach  der  folgenden  Uebersicht  vertheilen: 


Aachen 

Berlin 

Braun  schweig 

Darm¬ 

stadt 

Dresden 

Hannover 

Karlsruhe 

München 

Stuttgart 

Unterrichtsgebiete 

Ä 

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m 

1-^ 

m 

K 

m 

M 

m 

K 

Sq 

K 

ÜQ 

M 

Mathematik  u.  Natur- 

Wissenschaften  .... 

14 

6 

8 

— 

2 

19 

6 

— 

— 

80 

130 

14 

— 

— 

Ingenieurwesen . 

16 

3 

2Ö8 

5 

20 

33 

3 

62 

4 

86 

9 

49 

2 

118 

7 

27 

Maschinenwesen . 

61 

18  { 

358 

122') 

119 

6') 

57 

— 

( 

1 

52 

752) 

4 

Ti\ 

‘  J 

89 

11 

83 

55 

197 

10 

177 

38 

77 

— 

— 

Architektur . 

13 

12 

210 

125 

— 

13 

_ 

— 

26 

12 

33 

8 

29 

39 

48 

4 

— 

76 

51 

58 

— 

— 

Chemie . 

30 

19 

1453) 

283) 

( 

35 

i 

21 

4 

73 

9 

495) 

495) 

102 

6 

85 

53 

66 

l 

30 ‘) 

l 

13^) 

5^^) 

Forstwesen  (Bergbau  u. 
Landwirthschaft)  .  .  . 

96) 

217) 

l7) 

l 

( 

43 

2 

— 

158) 

148) 

— 

— 

— 

Keiner  Fachabtheilung 

7ng'pi]iorig . 

_ 

9 

_ 

92 

39 

4 

_ 

82 

__ 

_ 

83 

_ 

_ 

4 

22 

_ 

_ 

_ 

30 

_ 

193 

Summe  1889/90 

150 

65 

1043 

375 

39 

159 

_ 

82 

234 

41 

265 

115 

249 

171 

449 

46 

29 

551 

293 

272 

_ 

193 

(Summe  1888/89) 

(133) 

(71)9) 

(873)  (273) 

(146) 

(86) 

(50) 

(77) 

(198) 

(52) 

(240) 

(124)9) 

(221) 

(199) 

(415) 

(52) 

(25) 

(496) 

(290)9) 

(248) 

(171) 

— 

Gesamtzahl  1889/90 

215 

1457 

241 

275 

380 

420 

524 

844 

465 

(Gesamtzahl  1888/89) 

(204) 

(1292) 

(213) 

(250) 

(364) 

(420) 

(492) 

(786) 

(419) 

1)  Schiffbau.  Elektrotechnik.  3)  Chemie  u.  Hüttenkunde.  ■*)  Pharmaceuten.  einschl.  der  Elektrotechniker.  6)  Bergbau.  ’')  Hütten¬ 
kunde,  8)  Landwirthschaft.  3)  Hospitanten  und  Hörer  zusammengefafst. 

Verlag  von  Ernst&Korn  CWillrelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Kedaction  des  nichtamtliclien  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


65 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  15.  Februar  1890.  Nr.  7. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  -Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Eine  neuere  An¬ 
ordnung  von  Eisenhalkendecken.  —  Haus  Giesecke  in  Neuhrandenhurg.  —  Die  neuen 
Hafenanlagen  hei  Calais.  —  Erweiterung  des  preufsischen  Staatsbahnnetzes  und  Anlage 
neuer  Eisenbahnen  untergeordneter  Bedeutung.  —  Beitrag  zur  Lehre  vom  Fachwerk. 

—  Vermischtes:  Preisbewerbnng  um  Entwürfe  für  die  Trinitatiskirche  in  Dresden. 

—  Hamburg  und  seine  Bauten.  —  Deutsche  natürliche  Bausteine  in  Bezug  auf  ihre 
Festigkeit  und  physicalischen  Eigenschaften.  —  Bücherschau.  —  Neue  Patente. 

Amtliche  IVI 

Preufsen. 

Versetzt  sind:  die  Eisenbahn  -  Maschineninspectoren  Reuter, 
bisher  in  Kiel,  an  die  Hauptwerkstätte  in  Bromberg  und  Steinbifs, 
bisher  in  Hamburg,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche 
Eisenbahn -Betriebsamt  in  Kiel,  sowie  der  Eisenbahn-Bauinspector 
Richter,  bisher  in  Bromberg,  als  Vorsteher  der  Hauptwerkstätte 
nach  Hamburg. 

Die  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Hermann  Winckler  und 
Friedrich  Prinzhausen  sind  als  Kaiserliche  Post-Bauinspectoren  in 
Düsseldorf  bezw.  in  Aachen  angestellt  worden. 

Die  Kaiserlichen  Marine- Schiff bau-Ober-Ingenieure  van  Hüllen 
und  Hofsfeld  und  der  Kaiserliche  Admiralitätsrath  Rotter  sind 
zu  Mitgliedern  des  Königlichen  technischen  Prüfungs-Amts  in  Berlin 
ernannt  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Heinrich  Taentzscher  aus  Köln  a.  Rh.,  Karl 

ittheilungen, 

Hemletzkj^  aus  Pieschen  und  Hermann  Simon  aus  Halle  i.  West¬ 
falen  (Maschinenbaufach). 

Der  Eisenbahn-Maschineninspector  Palmie,  Vorsteher  der  Haupt¬ 
werkstätte  in  Frankfurt  a.  0.,  und  der  Königliche  Regierungs -Bau¬ 
meister  Johannes  Pah  1  in  Breslau  sind  gestorben. 

Sachsen. 

Bei  der  fiscalischen  Hochbauverwaltung  im  Königreiche  Sachsen 
ist  infolge  des  freiwilligen  Austritts  des  Regierungs  -  Baumeisters 
Ferdinand  Richard  Möbius  der  technische  Hülfsarbeiter  Regierungs- 
Baumeister  Emil  Heinrich  Wapler  zum  ständigen  Regierungs  -  Bau¬ 
meister  ernannt  worden. 

Anhalt. 

Der  Herzogliche  Regierungs-  und  Oberbaurath  Rudolf  Vogt  in 
Dessau  ist  gestorben. 

Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Eine  neuere  Anordnung  Ton  Eisenbalkendecken. 


Im  Jahrgang  1886  dieses  Blattes  sind  unter  der  Ueberschrift 
„Allgemeine  Einführung  von  Eisenbalkendecken  und  deren  Anordnung“ 
auf  S.  134  und  143  eine  Anzahl  von  Deckenbildungen  besprochen, 
bei  denen  zur  Ausfüllung  zwischen  den  eisernen  Deckenträgern  Holz, 
Stein,  Beton,  Wellblech  verwendet  ist.  Zum  Schlufs  war  hierfür  die 
Anwendung  von  Cementplatten  mit  Einlage  von  Eisengitterwerk 
(Patent  Monier)  empfohlen.  Die  Firma  G.  A.  Wayfs  u.  Co.,  jetzt 
Actiengesellschaft  für  Monier-Bauten,  hat  kürzlich  eine  neue  Bildung 


errichten,  bei  dem  ebenfalls  ausschliefslich  Eisenträger  statt  der 
Holzbalken  verwendet  sind.  Die  Firma  G.  A.  Wayfs  &  Co.  hat  hier 
die  sämtlichen  Zwischendecken  in  der  oben  erwähnten  neuen  Weise 
hergestellt;  sie  gab  mir  Gelegenheit  von  dieser  Anordnung  eingehend 
Kenntnifs  zu  nehmen  und  stellte  auch  für  die  nachstehende  Mit¬ 
theilung  einen  Theil  der  Unterlagen  zur  Verfügung. 

Zur  Ausfüllung  zwischen  den  Eisenträgern  werden  nämlich  aus¬ 
schliefslich  die  seit  einigen  Jahren  bekannten  und  zu  mancherlei 

A  B 


Dielung. 


T  •• 

-rHöheveränilEplich. 


J 

1—  s  -  - = -  J 

Wasserdichte  Zwischenlage. 

Hartgufsdielen. 

7   N 

1 - x 

desgl. 

desgl. 

-  -  1 

L.-— ~rPr 

->  Putz. 


Putz. 


Abb.  1.  I-Träger  für  6  m  Spannweite  bei  300  kg/qm  Nutzlast. 


Abb.  2.  Anordnungen  {A  und  B) 
mit  unverputztem  Träger-Ünterflansch 


der  Zwischendecke  zum  Patent  angemeldet  und  bereits  mehrfach  aus¬ 
geführt,  welche  wegen  ihrer  besonderen  Vorzüge  sich  zur  allgemeineren 
Anwendung  eignet  und  daher  der  Aufmerksamkeit  der  technischen 
Kreise  empfohlen  zu  werden  verdient.  Es  ist  als  ein  Fortschritt  im 
Bauwesen  zu  begrüfsen,  dafs  nicht  blofs  bei  ölfentlichen,  sondern  auch 
bei  besseren  Privatbauten  damit  begonnen  wird,  die  Holzbalken  durch 
Eisenträger  zu  ersetzen.  In  dem  neuen  Geschäftshause,  welches  die 
americanische  Lebens-Versicherungs-Gesellschaft  „Equitable“  in  Berlin 
in  aufsergewöhnlich  gediegener  Weise  hat  errichten  lassen,  sind  alle 
Decken  unter  Verwendung  von  Eisenträgern  gewölbt  hergestellt.  Zur 
Bildung  gerader  Untefsichten  sind,  wie  in  der  eingangs  erwähnten  Mit¬ 
theilung  u.  a.  empfohlen  wurde,  aufrechtstehende  Bohlen  eingewölbt, 
an  denen  in  gewöhnlicher  Weise  die  Schalung  mit  dem  Rohrputz  be¬ 
festigt  ist.  Dieses  Beispiel  ist  aber  keineswegs  vereinzelt;  es  sei  u.  a. 
an  den  Bau  der  „Dresdner  Bank“  am  Opernplatz  hierselbst  erinnert, 
bei  welchem  zwischen  den  Eisenträgern  Monierplatten  verlegt  sind. 
Gegenwärtig  läfst  Hr.  Dr.  G.  A.  Freund,  Unter  den  Linden  69,  ein 
vier  Stock  hohes  Wohnhaus  diu’ch  den  Reg.-Baumeister  Walther 


Zwecken  gebrauchten  „Mack’schen  Gipsdielen“  verwendet.  Eine 
Reihe  dieser  gewöhnlich  2,5  m  langen ,  20  bis  25  cm  breiten  Dielen 
wird  zunächst  rechtwinklig  zur  liängsrichtung  der  Träger  auf  deren 
Unterflansch  verlegt.  Sollen  diese  Flansche  später  durch  Putz  ge¬ 
deckt  werden,  so  werden  die  Gipsdielen  an  den  Enden  dem  Flansch¬ 
profile  entsprechend  so  ausgeschnitten,  dafs  sie  die  Unterfläche  der 
Flansche  etwas  überragen  (Abb.  1).  Die  Fugen  werden  mit  Gips 
vergossen.  Auf  diese  Lage  wird  jederseits  dicht  an  den  Steg  der 
Länge  nach  eine  Diele  gelegt,  und  auf  diese  Längslage  kommt  wieder 
eine  der  unteren  entsprechende  Querlage  von  Dielen  so,  dafs  die  obere 
Fläche  der  Oberflansche  damit  erreicht  oder  etwas  überschritten  wird. 
Auch  diese  Lage  wird  in  den  Fugen  und  an  den  Stegen  dicht  mit 
Gips  ausgegossen,  und  auf  sie  kam  ein  Ilolzfufsboden  unmittelbar 
genagelt  oder  geschraubt  werden,  da  beide  Befestigungsmittel  in  den 
Gipsdielen  ebenso  haften,  wie  in  Holz.  Um  Feuchtigkeit  vom  Gips 
abzuhalten,  welche  durch  die  Fugen  des  Fufsbodens  dringen  könnte, 
ist  die  obere  Dielenlage  mit  einem  Ueberzug  von  Holzcementmasse 
zu  versehen.  Selbstredend  kann  auf  die  Gipsdielen  statt  des  Holz- 


15.  Februar  1890, 


(]()  Ceutralblatt  der  Baiiverwaltung. 


fufsbodens  auch  unmittelbar  Linoleum  oder  ein  anderer  geeigneter 
Belag  aufgebracht  werden. 

Die  Vorzüge  dieser  Deckenbildung  fallen  in  'die  Augen.  Der 
Deckenputz  kann  ohne  Schalung  unmittelbar  an  der  unteren  Gips¬ 
dielenlage  angebracht  werden.  Um  auch  die  unteren  Trägerflansche 
zu  verputzen,  werden  diese  mittels  Kohr  und  Draht  verkleidet,  welcher 
beiderseits  an  den  Gipsdielen  befestigt  wird*).  Zur  Anfertigung  der 
Zwischendecke  ist  weder  eine  Einschalung,  noch  sind  Gerüste  nöthig, 
auch  kommt,  abgesehen  von  der  geringen  Menge  beim  Fugen -Ver- 
giefsen,  keine  Feuchtigkeit  in  den  Bau,  da  die  Dielen  selbst  ganz 
trocken  verlegt  werden.  Alles  Füllmaterial,  wie  es  bei  den  Holz¬ 
balkendecken  erforderlich  ist,  wird  vermieden;  zur  Befestigung  des 
Fufsbodens  bedarf  es  weder  der  Unterlagshölzer,  noch  einer  Asphal- 
tirung;  es  wird  somit  ein  Mindestmafs  an  Deckenstärke  erreicht, 
namentlich  bei  Verwendung  von  Linoleumbelag.  Die  Träger  sind 
allseitig  von  unverbrennlicheii  Baustoft’en  eingehüllt,  ebenso  ist  die 
Ausfüllung  zwischen  den  Trägern  unverbrennlich.  Die  Decke  ist 
weniger  schalldurchlässig  als  eine  Holzbalkendecke,  weniger  Wärme 
durchlassend  als  ein  Gewölbe,  schnell  herstellbar,  in  gesundheitlicher 
Beziehung  allen  Ansprüchen  genügend,  überdies  sehr  leicht  und  billig. 

Eine  Vergleichung  zwischen  diesen  und  den  Holzbalkendecken 
führt  zu  folgendem  Ergebnifs  bezüglich  des  Gewichts  und  der 
Kosten. 

a.  Gewicht.  Die  Eisenträger  werden  zweckmäfsig  0,84  m  von 
M.  z.  M.  verlegt;  dann  kann  eine  Gipsdiele  zum  Einschub  ohne  Ver¬ 
schnitt  in  3  Theile  zerlegt  werden.  Die  freie  Länge  soll  in  beiden 
Fällen  6  m  betragen ;  die  Holzbalken,  26/28  cm  stark,  mögen  1  m  von 
M.  z.  M.  entfernt  liegen,  mit  halbem  Windelboden  und  Holzdielen 
versehen  sein.  In  beiden  Fällen  soll  Linoleum  verlegt  werden. 


1.  Gipsdieldecke  zwischen  Eisenträgern. 

26  2 

Ein  Träger  nach  N.  P.  20  wiegt  ^  —  ...  31,2  kg 

Gipsdielen  2,48  qm  zu  45  kg  = . 111,6  „ 

Putz  1  qm . 15,0  „ 

Linoleumbelag  und  Goudronanstrich  .  .  .  .  2,2  „ 

Daher  für  1  qm  =  160,0  kg 

2.  Balkendecke. 

Balkengewicht  für  1  qm . 47,3  kg 

Stakuug,  Auftrag,  Dielung,  Deckenschalung  .  .  198,2  „ 

Eohrputz  1  qm . 16,0  „ 

Linoleumbelag . .  .  2,0  „ 

zus.  263,5  kg 


Demnach  ist  die  Gipsdieldecke  etwa  39  pCt.  leichter  als  die 


Holzbalkendecke, 
b.  Kosten. 

1.  Gipsdieldecke. 

31,2  kg  Träger  mit  Verlegen  zu  OßO  JL  =  .  .  6,24 

2,48  qm  Gipsdielen  7  cm  stark  desgl.  zu  2,75  jK  —  6,82  „ 

Deckenputz  mit  Material  1  qm . 0,60  ,, 

Goudron- Anstrich  und  Linoleum . 4,14  ,. 

zus.  17,80  Ji 

2.  Holzbalkendecke. 

1  m  Balken  26/28  cm  stark  mit  Verlegen  bei 

einem  Preis  von  48  Jt  f.  d.  cbm  ....  4,30  J( 
Deckenstakung  mit  Auftrag,  Dielung  und  Decken¬ 
schalung  desgl . 6,70  „ 

Rohrputz  1  qm . 1,00  ,, 

Linoleumbelag  desgl . .  .  3,60  „ 


zus.  15,60  Jt 

Hiernach  stellt  sich  die  Gipsdielendecke  zwar  etwas  theurer  als 
die  eingangs  erwähnten,  im  Jahrg.  1886  d.  Bl.  mitgetheilten  Decken- 

*)  Trotz  dieser  Verkleidung  mit  Rohr  und  Draht  werden  sich 
die  Träger  in  einer  derart  gebildeten  Deckenfläche  doch  meist  störend 
bemerkbar  machen,  und  man  wird  immer  gut  thun,  sie  mit  irgend 
einem  Deckmittel  zu  versehen  oder  zum  wenigsten  die  Deckenbe¬ 
malung  der  Trägertheilung  anzupassen.  D.  R. 


Unordnungen.  Doch  ist  dabei  zu  berücksichtigen,  dafs  seitdem  Ar¬ 
beitslohn  und  Matei’ial  gestiegen  sind,  und  dafs,  wenn  zugleich  Fufs- 
boden  und  Deckenputz  berücksichtigt  werden,  diese  sich  billiger 
oder  doch  nicht  theurer  stellt  als  jene.  Die  Holzbalkendecke  ist 
nur  um  weniges  billiger  und  auch  dieser  Unterschied  verschwindet, 
von  den  gröfseren  Vorzügen  der  Gipsdieldecke  abgesehen,  wenn  die 
Höhenverhältnisse  in  Betracht  gezogen  werden.  Die  Gesamthöhe  der 
letzten  beträgt  23  cm,  die  der  Balkendecke  35  cm,  also  12  cm  mehr, 
und  diese  Höhe  kann  in  jedem  Geschofs  an  aufgehendem  Mauerwerk 
gespart  werden.  Die  Gipsdieldecke  mufs  demnach  in  jeder  Beziehung 
für  vortheilhafter  erachtet  werden  als  die  Holzbalkendecke  und  in 
mancher  Beziehung  zweckmäfsiger  als  andere  Deckenbildungen  mit 
Eisenträgern. 

Es  mögen  noch  einige  Mittheilungen  angeschlossen  werden  über 
die  Herstellung  der  Gipsdielen  und  die  bei  einer  aus  diesem  Material 
hergestellten  Decke  ausgeführten  Belastungsversuche. 

Die  Gipsdielen  werden  als  sog.  Hartgipsdielen  auf  Gufstischen 
in  Rahmenformen  aus  abwechselnden  Ijagen  von  Eohrstengeln  und 
mit  Leimwasser  angemachtem  Gipsbrei  gefertigt,  dem  Kork,  Haare 
u.  dergl.  zugesetzt  werden.  In  besonders  eingerichteten  Trocken¬ 
häusern  werden  sie  zur  möglichst  schnellen  Austrocknung  gebracht. 
Die  im  Querschnitt  porigen  Decken  lassen  sich  mit  der  Säge  wie 
Holz  zerschneiden  und  wie  dieses  nageln.  Die  schwächsten  Dielen 
sind  mit  einer  einseitigen  Bekleidung  von  Asphaltdachpappe  ver¬ 
sehen.  Der  Preis  für  Berlin  beträgt  je  nach  der  Stärke  1,50  bis 
2,b0  Jl  f.  d.  qm,  das  Eigengewicht  ist  f.  d.  qm  und  1  cm  Stärke 

auf  6  bis  7  kg  anzu¬ 
nehmen. 

Die  Belastungs¬ 
proben  wurden  in 
Gegenwart  königlicher 
und  städtischer  Bau¬ 
beamten  wie  folgt  vor¬ 
genommen  (Abb.  3). 

a.  Ruhende  Ein¬ 
zellast. 

Zur  Belastung  dien¬ 
ten  Hartgipsdielen  von 
50  ,00™  2,5  m  Länge,  0,20  m 

- ' - ’ - ' — ’  Breite  und  8  cm  Stärke, 

Abb.  3.  mit  dem  Durchschnitts¬ 

gewicht  von  28,5  kg 
das  Stück.  Das  Belastungsfeld  zwischen  den  Trägern  hatte  0,57  m 
Breite  bei  1  m  Länge;  auf  dieses  wurde  eine  Belastung  von  85  Dielen 

2422 

=  2422  kg  aufgebracht,  welche  einer  Belastung  von  —  rund 

4250  kg  f.  d.  qm  entspricht.  Sowohl  während  der  Belastung,  als  nach 
Wegnahme  derselben  zeigten  sich  die  Oberfläche  wie  die  Unterfläche 
der  Decke  vollständig  unverändert;  auch  eine  Durchbiegung  der 
oberen  Dielenlage  war  nicht  bemerkbar. 

b.  Fallende  Einzellast.  Ein  Gewicht  von  55  kg  liefs  man 
aus  einer  Höhe  von  2  m  auf  die  Mitte  einer  oberen  Gipsdiele  fallen, 
es  erzeugte  nur  eine  etwa  0,5  cm  tiefe  Einpressung  an  der  Oberfläche 
der  Diele,  während  sich  an  deren  Unterfläche  stellenweise  Risse 
zeigten.  Die  untere  Dielenlage  blieb  unverändert.  Aehnliche  Ver¬ 
suche  wurden  an  andern  Stellen  mit  einem  geringeren  Gewicht  von 
25  kg  aus  3  m  Fallhöhe  wiederholt,  jedesmal  zeigten  sich  nur  geringe 
Einjjressungen  an  der  von  dem  Gewicht  getroö’enen  Stelle. 

Wie  weit  dieses  günstige  Ergebnifs  auch  bei  anderen  und  gröfseren 
Entfernungen  der  Träger  von  einander  und  bei  gröfseren  freien  Längen 
als  6  m  zutreffen  wird,  kann  erst  die  Erfahrung  lehren,  die  sich  eben 
nur  aus  verschiedenartiger  Anwendung  gewinnen  läfst.  Jedenfalls 
wird  man  aus  der  vorstehenden  Darstellung  den  Eindruck  empfangen, 
dafs  es  sich  um  eine  wohl  anwendbare  emj)fehlenswerthe  Decken¬ 
anordnung  handelt,  und  zu  solcher  Anwendung  anzuregen,  ist  der 
Zweck  dieser  Mittheilung.  Ha  es  ecke. 


Haus  Giesecke  in 

Wer  „Niegen-Bramborg“  nur  aus  Fritz  Reuters  „Ollen  Kamellen“ 
kennt  und  in  ihm  nichts  anderes  vermuthet  als  eines  jener  freund¬ 
lichen,  aber  architektonisch  wenig  reizvollen  Landstädtchen,  wie  sie 
im  norddeutschen  Flachlande  die  Regel  bilden,  der  wird  bei  einem 
ersten  Besuche  der  Stadt  aufs  angenehmste  übei’rascht  werden. 
Neubrandenburgs  wohlerhaltene  mittelalterliche  Befestigung,  seine 
vier  schönen  gothischen  Thore,  seine  Marien-  und  Johanniskirche, 
sowie  sein  in  schlichter  Renaissance  erbautes  Rathhaus  bilden 
eine  willkommene  Ausbeute  für  den  Architekten,  und  die  Stadt  in 
ihrer  hübschen  Lage  am  langgestreckten  Tollense-See,  insbesondere 
in  ihrer  doppelten,  mit  uralten,  malerischen  Eichen  bestandenen 


N  eubraudenburg. 

Umwallung  hat  landschaftliche  AnziehungsjDunkte  ungewöhnlicher 
Art.  Weniger  bietet  dem  Besucher  der  Bestand  an  bürgerlichen 
Wohnhäusern.  Zwar  findet  er  in  den  sauberen  Strafsen  gut  gehaltene, 
nicht  zu  hohe  Gebäude,  die  auf  die  Betriebsamkeit  und  den  Wohl¬ 
stand  ihrer  Bewohner  schliefsen  lassen;  von  der  anheimelnden  Bau¬ 
weise  aber,  wie  wir  sie  uns  zu  der  erhaltenen  Umwehrung  denken 
müssen,  haben  die  Brandgeschosse  Tillys,  der  im  Jahre  1631  die 
Stadt  belagerte  und  erstürmte,  kaum  eine  Spur  übrig  gelassen.  Da 
ist  jeder  einzelne  Fall  freudig  zu  begrüfsen,  wo  einer  der  Bürger, 
anknüjjfend  an  jene  Zeit  vor  der  allgemeinen  Zerstörung,  den  Neu¬ 
bau  seines  Hauses  in  die  Hände  eines  Baumeisters  legt,  der  es. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


67 


i\r.  7. 


unbekümmert  um  die  herrschende  Modelaune,  versteht,  seiner  Er¬ 
findung  unter  Erfüllung  aller  billigen  Erfordernisse  unserer  Zeit 
das  Gepräge  jener  gediegenen 
und  schönen  Bauart  zu  geben, 
die  sich  an  die  mittelalterliche 
Aufsenerscheinung  der  Stadt 
anschliefst. 

Das  neue  Wohn-  und 
Geschäftshaus  des  Herrn  Gie- 
secke,  welches  wir  in  den 
Holzschnitten  abbilden,  ge¬ 
hört  zu  diesen  Erfindungen. 

Es  wurde  durch  die  Regie¬ 
rungs  -  Baumeister  Professor 
K.  Schäfer  und  H.  Hartung 
in  Berlin  entworfen  und  im 
Jahre  1888  ausgeführt. 

Das  Gebäude  erhebt  sich 
in  der  Strafsenflucht  auf  ein¬ 
gebautem  Grundstücke.  Den 
Grundrifs  seiner  oberen  Ge¬ 
schosse  giebt  Abb.  2.  Er  stellt 
eine  Miethswohnung  von  sieben 
Zimmern,  drei  Kammern 
und  sonstigem  vollständigen 
Zubehör  dar  und  folgt  im 
wesentlichen  dem  üblichen 
Berliner  Muster.  Doch  ermög¬ 
lichte  sich,  da  nach  dem 
linken  Nachbar  hin  in  einer 
gewissen  Tiefe  Fensterrecht 
besteht ,  die  unmittelbare 
Beleuchtung  des  langge¬ 
streckten  Flurganges  im 
Seitenflügel,  und  die  Tiefe 
des  -Grundstückes  gestattete 
in  jedem  Geschosse  die  An¬ 
lage  eines  stets  sehr  will¬ 
kommenen  Gelasses  für  Brenn¬ 
holz  und  Kohlen.  Im  Erd-  ' 


und  hat  die 
treppenhause. 


Abb.  1.  Strafsen- Ansicht. 


Breite  der  Kammer  oben  neben  dem  Haupt- 
Sie  vermittelt  den  Zugang  zu  den  Kellerräumen 
im  Vorderhause  durch  zwei 
Treppenläufe,  die  zu  beiden 
Seiten  des  vorderen  Durch- 
fahrttheiles  liegen.  Noch  vor 
diesen  Treppen,  dicht  hinter 
der  Front,  befinden  sich  die 
Zugänge  zu  den  Läden. 

Zu  den  Gliederungen 
an  der  Strafsenseite  ist 
rother  Pfälzer  Sandstein, 
zu  den  Flächen,  die  in  Voll¬ 
steinen  mit  starken  weifsen 
Fugen  aufgemauert  sind 
und  mit  denen  die  Fenster¬ 
gewände  selbstverständlich 
bündig  liegen ,  lichterer, 
gleichfalls  rother  schlesischer 
Backstein  verwendet.  Die 
Dachflächen  sind  mit  deut¬ 
schem  Schiefer  gedeckt.  Für 
die  Hoffronten  wurde  aus¬ 
gesuchter  Demminer  Back¬ 
stein  gewählt.  Ihre  Fenster¬ 
gerüste  sind  aus  gefirnifs- 
tem  Holze  gefertigt.  Der 
Drempel  des  Seitenflügels 
ist  in  Fachwerk  aufgesetzt, 
er  zeigt  weifs  geputzte  Ge¬ 
fache  und  in  Umbra  ge¬ 
strichenes  Holzwerk.  Der 
innere  Ausbau  des  Hauses 
entspricht  der  Aufsenerschei¬ 
nung  desselben,  ist  besonders 
gezeichnet  und  in  gediegener 
Weise  ausgeführt  worden.  Die 
Baukosten  belaufen  sich  auf 
„  rund  64  000  Mark,  d.  i.  150  Mk. 
für  das  Quadratmeter  bebauter 


Abb.  3.  Hofseite  und  Schnitt  durch  den  Seitenflügel 
!  Haus  Giesecke  in  Neubrandenburg. 

geschosse  befinden  sich  an  der  Strafse  Läden.,  Die  Durch¬ 
fährt  nach  dem  Hofe  ist  in  die  Mittelachse  des  Hauses  gelegt 


Grundfläche  und  8,6  Mark  für  das  Cubikmeter  umbauten  Raumes 
von  der  Kellersohle  bis  zur  halben  Dachhöhe  gerechnet.  — d. 


68 


Centralblatt  der  B auverwaltun^.  15.  Februar  1890. 


Die  neuen  Htafenanlagen  bei  Calais. 


Es  ist  wolil  nicht  zu  bezweifeln,  dafs  die  Tiefe  der  Hafenzugänge 
bis  jetzt  stets  dem  Tiefgang  der  Schiffe  eine  Grenze  gesetzt  liat.  ln 
neuerer  Zeit  wachsen  nun  aber  die  überseeischen  Dampfer  stetig  in 
Zahl  und  Abmessungen  und  werden  sicherlicli  innerhalb  kurzer 
Zeit  noch  gröfseren  Tiefgang  besitzen,  sobald  nur  die  Häfen  auf 
gröfsere  Tiefen  gebracht  sein  werden.  Es  macht  sich  daher  auch 
allenthalben,  und  namentlich  im  Auslande,  das  Bestreben  bemerkbar, 
diesen  Anforderungen  der  überseeischen  Schifl'ahrt  gerecht  zu  werden, 
d.  h.  die  Hafenanlagen  zu  erweitern  und  zu  vertiefen,  um  auch  den 
tiefgehendsten  Dampfern,  welche  die  Häfen  des  grofsen  Weltverkehrs 
anlaufen,  mit  voller  Ladung  das  Ein-  und  Auslaufen  sicher  und 
ohne  Leichter  zu  ermöglichen.  Es  werden  in  Zukunft  nur  diejenigen 
Häfen  im  Dienste  des  grofsen  Weltverkehrs  verbleiben,  welche  diese 
Tiefe  hersteilen  und  erhalten  können,  wogegen  die  übrigen  umsomehr 
zurückgehen  müssen,  je  weniger  sie  imstande  sind,  diesen  Anforde¬ 
rungen  zu  genügen,  wenn  auch  sonst  alle  Bedingungen  zur  Ver¬ 
mittlung  des  Weltverkehrs  vorhanden  sind. 

So  ist  auch  der  Hafen  von  Calais  in  den  letzten  Jahren  mit 
einem  ganz  bedeutenden  Kostenaufwande  erweitert  und  verbessert, 
und  die  Neubauten  sind  am  3.  Juni  v.  J.  von  dem  Präsidenten  der 
französischen  Republik  feierlich  eingeweiht  worden.  Ueber  die  ausge¬ 
führten  und  nunmehr  dem  Verkehr  übergebenen  Bauten  lassen  wir 
in  nachstehendem  an  der  Hand  eines  Berichtes  des  technischen 
Attaches  in  Paris,  Eegierungs-  und  Baurath  Pescheck,  sowie  der 
Veröffentlichungen  im  Genie  civil ^  1889,  Nr.  23  bis  25,  eine  kurze 
Beschreibung  folgen. 

Der  Hafen  von  Calais  ist  vorzugsweise  Einfuhrhafen,  er  ver¬ 
mittelt  aber  aufserdem  die  Postverbindung  mit  England  sowie  den 
Personenverkehr,  und  es  handelt  sich  bei  ihm  vorwiegend  um  die 
Mitbewerbsfähigkeit  für  den  Durchgangsverkehr  der  Reisenden 
und  der  Eilgüter.  Calais  ist  bestimmt,  die  grofsen  Schiffe  aufzu¬ 
nehmen,  die  hier  die  Ableichterungen  auf  der  Reede  vermeiden 
können,  infolge  dessen  sich  bereits  mehr  und  mehr  die  überseeische 
Schiffahrt  nach  Calais  hingezogen  hat  und  der  Seehandel  dort  in 
stetiger  Zunahme  begriffen  ist.  Dazu  kommt  noch,  dafs  die  beiden 
Städte  Calais  und  Saint- Pierre -les- Calais  innerhalb  derselben  Um¬ 
wallung  vereinigt  eine  sehr  wichtige  und  belebte  Oertlichkeit  bilden, 
und  dafs  durch  die  Verlegung  der  Festungswerke  der  Raum  für  die 
Vergröfserung  dieses  der  englischen  Küste  am  nächsten  gelegenen 
Hafens  frei  geworden  war. 

Die  neuen  Hafenbauten  stehen,  wie  aus  dem  Lageplane  ersicht¬ 
lich,  mit  neuen  Eisenbahnanlagen  im  Zusammenhänge  und  umfassen 

1)  ein  Spülbecken  A  für  die  Hafeneinfahrt  von  90  ha  Gröfse, 

2)  einen  Vorhafen  B  von  6  ha  Gröfse, 

3)  einen  Dockhafen  C  von  12  ha  Gröfse, 

4)  die  Verlängerung  des  westlichen  Hafendammes  um  das  Stück 
a — b  und  die  Hinausrückung  des  östlichen  Hafendamnies  zur 
Verbreiterung  der  Einfahrt  von  100  auf  120  m, 

5)  ein  Trockendock  D  und 

6)  einen  Binnenschiffahrtshafen  E  von  4  ha  Gröfe. 

Während  man  in  Havre  und  Dieppe  die  Spülung  der  Hafen¬ 
einfahrt  gänzlich  aufgegeben  und  lediglich  durch  Baggerungen  ersetzt 
hat,  während  man  in  Dünkirchen  das  gröfse,  so  günstig  gelegene 
und  gestaltete  Spülbecken  in  Dockhäfen  umgebaut  und  dadurch  die 
Spülung  der  Hafeneinfahrt  beeinträchtigt,  sie  theil weise  den  Ver¬ 
kehrsinteressen  geopfert  hat,  ist  in  Calais  die  Spülung  nicht  allein 
beibehalten,  sondern  durch  die  Anlage  eines  neuen  grofsen  Spül¬ 
beckens  ganz  wesentlich  verbessert  worden.  Dasselbe  ist  in  seiner 
nahen  Lage,  in  seiner  beinahe  abgerundeten  Gestalt  ganz  ähnlich 
dem  in  Dünkirchen  beseitigten  und  wird  später  vielleicht  auch  einmal 
in  Dockhäfen  umgebaut,  falls  es  das  Verkehrsbedürfnifs  erfordern 
sollte.  Man  beobachtet  eben  allgemein,  dafs  die  Spülung  an  Werth 
verliert  und  durch  Baggerungen  ergänzt  oder  gänzlich  ersetzt  wird, 
je  mehr  der  Hafenverkehr  wächst.  Für  die  neueren  Schiffe  mit 
grofsem  (6  bis  8  m)  Tiefgang  ist  sie  selbst  bei  hohem  Fluthwechsel, 
also  grofsen  Spülhöhen,  grofsen  vortheilhaft  gestalteten  und  gut  ge¬ 
legenen  Spülbecken  unzureichend,  sodafs  doch  Baggerungen  eintreten 
müssen.  Auch  in  Calais  ist  aufserhalb  der  Hafendämme  zu  baggern, 
um,  wie  man  will,  eine  Tiefe  von  4,5  ra  bei  todter  Ebbe  erhalten  zu 
können,  und  zwar  werden  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  jährlich 
etwa  170  000  cbm  zu  baggern  sein.  Als  die  Schiffe  noch  4  m  Tief¬ 
gang  hatten  und  nur  bei  Springfluth  einliefen,  erschien  die  Spülung 
gründlich,  ohne  es  zu  sein;  mit  der  Vermehrung  des  Tiefgangs  der 
Schiffe  hat  der  Handel  aber  wirksamere  Räumungen  gefordert,  und 
da  sind  die  Dampfbagger  eingetreten.  Das  neue  Spülbecken  hat 
2  m  geringste  Tiefe  unter  gewöhnlichem  Hochwasser  und  fafst  etwa 
1 600  000  cbm  Spülwasser,  das  bei  einem  wechselnden  Gefälle  von 
4,25  bis  6  m  in  V4  bis  1  Stunde  zum  Abflufs  kommt.  Die  Spül¬ 
schleuse  hat  5  Oeffnungen  von  je  6  m  Weite,  die  durch  ausge¬ 


glichene,  um  eine  Mittelachse  drehbare  Thore  abgeschlossen  sind. 
Die  Sohle  der  Schleusen-Oeffnungen  liegt  in  Höhe  der  gewöhnlichen 
Ebbe.  Das  Spülwasser  soll  besonders  in  dem  unteren  Theile  des 
Hafencanals  wirken,  wo  die  sandigen  Sinkstoffe  noch  ziemlich  reich¬ 
lich  sind,  und  wo  die  Baggerung  schwierig  ist,  es  soll  diese  Massen 
auf  die  Barre  werfen,  wo  sie  leichter  von  den  Baggern  entfernt 
werden  können. 

Der  Vorhafen  hat  eine  Tiefe  von  4  m  unter  tiefster  Spring¬ 
ebbe  erhalten,  am  Fufse  des  Südwestkais  sollen  sogar  7  m  Wasser¬ 
tiefe  gehalten  werden  (vgl.  Abb.  2),  damit  die  gröfsten  Schiffe  hier 
stets  flott  bleiben  können.  Dieser  Kai  ist  besonders  für  die  grofsen 
Dampfer  der  fremden  überseeischen  Linien  bestimmt,  die  Calais 
als  Ordrehafen  anlaufen,  um  hier  ihre  Geschäfte  in  einer  Tide  ab¬ 
wickeln  zu  können,  ohne  dafs  sie  in  den  Dockhafen  einzufahren 
brauchen.  Der  240  m  lange  Südwestkai  sowohl  wie  der  570  m  lange 
Nordostkai  stehen  mit  dem  neuen  Centralbahnhofe  in  Schienen¬ 
verbindung,  sodafs  ein  unmittelbares  Uebersteigen  der  Reisenden 
und  eine  unmittelbare  Ueberladung  der  Post  und  der  Frachtgüter 
zwischen  Bahnzug  und  Dampfer  am  Kai  erfolgen  kann.  Der  Nord¬ 
ostkai  ist  für  die  Postdampfer  zwischen  England  und  Frankreich 
bestimmt,  er  hat  zu  dem  Zwecke  vier  Gruppen  eiserner  treppen¬ 
förmiger  Landebrücken  erhalten,  sodafs  gleichzeitig  4  gröfse  Paket¬ 
dampfer  von  100  bis  120  m  Länge  und  3,5  m  Tiefgang  auch  beim 
niedrigsten  Wasserstande  anlegen  können. 

Der  neue  Dockhafen  ist  durch  zwei  Kammerschleusen  zu¬ 
gänglich,  um  beim  Durchlässen  der  Schiffe  nicht  blofs,  wie  bei  ein¬ 
fachen  Dockschleusen,  auf  die  Zeit  der  stehenden  Fluth  beschränkt 
zu  sein.  Die  Sohle  der  Schleusen  liegt  2,47  m  unter  gewöhnlichem 
Niedrigwasser,  die  Wassertiefe  beträgt  mithin  5,70  m  unter  dem 
mittleren  Meeresspiegel,  sodafs  die  Schleusungen  für  Schiffe  mit 
kleinerem  Tiefgang  bereits  bei  halber  Fluth  beginnen  und  bis  zur 
halben  Ebbe  fortgesetzt  werden  können.  Die  gröfsere  Schleuse  hat 
21m  nutzbare  Weite,  die  kleinere  14  m.  Die  Länge  zwischen  den 
Drempelspitzen  der  unteren  und  oberen  Ebbethore  beträgt  für  die 
gröfsere  133,5  m  und  für  die  kleinere  137,45  m.  Mittelthore  theilen 
jede  Schleuse  in  zwei  ungleiche  Theilschleusen  für  kleinere  Schiffe. 
Die  Schleusen  gestatten  das  Durchschleusen  von  Schiffen  von  133 
bezw.  135  m  Länge,  während  der  stehenden  Fluth  können  jedoch  bei 
offen  stehenden  Thoren  Schiffe  von  jeder  Länge  in  den  Dockhafen 
einfahren.  Die  Bewegungsvorrichtungen  für  die  Schleusenthore,  die 
Schützen,  Drehbrücken  und  Schiffswinden  werden  sämtlich  durch 
Wasserkraft  betrieben.  Die  Länge  der  Kaie  beträgt  1500  m.  Nach 
Mafsgabe  der  ersten  Häfen  Englands,  Belgiens  und  Hollands  er¬ 
fordert  ein  guter  Hafenbetrieb  so  gröfse  Kaibreiten,  dafs  die  Kai- 
flächen  etwa  das  Doppelte  der  entsprechenden  Wasserfläche  aus¬ 
machen.  Die  Beseitigung  der  alten  Festungswerke  hat  die  Möglich¬ 
keit  geboten,  diesem  Erfordernifs  Rechnung  zu  tragen.  Auf  der 
Südostseite  sind  die  Kaie  120  bis  140  m  und  auf  der  Nordwestseite 
100  m  breit,  sie  sind  mit  Druckwasser-Krahnen,  Schuppen,  Eisenbahn¬ 
geleisen  und  Strafsen  versehen. 

Der  Hafencanal  ist  wegen  der  grofsen  Schifie,  die  jetzt  hier 
einlaufen,  durch  Verschiebung  des  östlichen  Hafendammes  von  100 
auf  120  m  verbreitert,  oder  es  ist  vielmehr  die  frühere  Verengung 
beseitigt.  Diese  Verengung  sollte  die  Spülungen  verstärken,  was 
jetzt  nach  Anlage  des  neuen  Spülbeckens  nicht  mehr  nöthig  erscheint. 
Die  Verlängerung  des  westlichen  Hafendammes  hat  den  Zweck,  die 
einlaufenden  Schiffe  vor  den  herrschenden  Westwinden  und  vor  der 
von  West  nach  Ost  gerichteten  Fluthströmung  besser  zu  schützen. 

Die  Hafendämme  sind  gebaut  als  Dämme  mit  sog.  „durchsichtigem 
Pfahlwerk“  (jetees  ä  claire  voie),  d.  h.  sie  bestehen  bis  etwa  0,50  m 
unter  Mittelwasser  aus  einem  vollen  Dammkörper  und  darüber  aus 
offenem  Pfahlwerk.  Nur  die  Köpfe  der  Dämme  sind  in  ganzer  Höhe 
gemauert.  Das  Pfahlwerk  trägt  die  für  nicht  geschleppte  Segel¬ 
schiffe  nothwendige  Leinpfadbrücke. 

Die  Schwierigkeiten,  welche  die  Beseitigung  der  Barre  vor  den 
Hafendämmen  macht,  sind  es  gewesen,  welche  in  Frankreich  zum 
Bau  dieser  Art  Hafendämme  geführt  haben.  Die  beiden  vollen 
Körper  eines  solchen  Hafendammpaares  fassen  entweder  einen 
Küstenflufs  ein,  an  dessen  Ausmündung  in  das  Meer  gewöhnlich  ein 
kleiner  Seehafen  liegt,  oder  sie  schneiden  blofs  die  Hafeneinfahrt  in 
den  ansteigenden  Strand  und  das  Ufer  ein.  Die  vollen  Hafendämme, 
welche  früher  allein  üblich  waren,  bewirken  ein  Aufhäufen  des 
Sandes,  welcher  schliefslich  über  den  Hafendammkopf  hervor-  und  in 
die  Hafeneinfahrt  tritt.  Das  durchsichtige  Pfahlwerk  dagegen  läfst 
gröfse  Sandaufhäufungen  nicht  zu,  der  Sand  treibt  hindurch  und 
fällt  zum  Theil  in  die  Hafeneinfahrt,  wo  er  sich  einerseits  im  Bereich 
der  Spülkraft  des  Küstenflusses  zur  Ebbezeit,  anderseits  im  Bereich 
leichterer  Baggerungen  befindet  als  draufsen  vor  den  Köpfen.  Aller¬ 
dings  kann  der  durch  Spülung  hinausgeführte  Sand  sich  auf  der 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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Nr.  7. 


Barre  ablagern,  wobei  aber  zu'  berücksichtigen,  dafs  nur  ein  Theil 
des  Sandes  in  die  Hafeneinfahrt  fällt,  weil  die  vermöge  der  Zwischen¬ 
räume  des  Pfahlwerks  quer  hindurch  gehende  Strömung  den  andern 
Theil  des  Sandes  weiter  führt.  Die  Barre  wird  also  von  diesem 
Theil,  der  bei  ganz  vollem  Damm  auch  mit  über  den  Kopf  hervor¬ 
getreten  wäre,  entlastet.  Sie  wird  daher  auch  durch  die  Verlängerung 
durchsichtiger  Dämme  nicht  in  demselben  Mafse  mit  vorgetrieben, 
und  man  kann  letztere  bis  an  die 
Barre  heranführen.  Dadurch  werden 
zwei  wesentliche  Vortheile  erreicht: 
erstens  trilft  die  Ebbeströmung  des 
Küstenflusses,  zusammengehalten  bis 
an  die  Barre,  letztere  ungeschwächt 
und  erhält  die  Durchfahrt  in  fester 
Lage  und  etwa  um  1  m  tiefer  als 
vordem,  und  zweitens  brauchen  die 
Schiffe  nach  Ueberschreitung  der 
Barre  nicht  mehr  in  Brandung  zu 
fahren,  weil  sie  gleich  in  die  Hafen¬ 
einfahrt  einlaufen.  Wenn  die  quer 
durch  die  Hafeneinfahrt  gehende 
Strömung  die  Schiffe  gegen  den 
einen  oder  den  anderen  Hafendamm 
drücken  kann,  dann  mufs  eine  theil- 
weise  Verkleidung  der  Oeffnungen  des 
durchsichtigen  Pfahlwerks  in  jedem 
besonderen  Falle  ausgeprobt  werden. 

Das  Pfablwerk  wird  jetzt  meist  in 
Eisen  hergestellt,  und  die  alten  höl¬ 
zernen  Pfahlwerke  sind  schon  vielfach 
durch  eiserne  ersetzt  worden  (vgl.  auch 
Jahrg.  1885  d.  Bl.,  S.  519,  Le  Havre.) 

Das  neue  Trockendock  hat 
eine  Länge  von  155  m  und  eine  nutz¬ 
bare  Weite  von  21m,  wie  die  gröfsere 
Schleuse,  es  kann  also  Schiffe  von 
150  m  Länge  und  von  jedem  Kaum¬ 
gehalt  aufnehmen.  Die  am  besten 
ausgestatteten  Häfen  sollen  *wa 

800  jährlich  einlaufende  Schiffe  ein  Trockendock  haben;  da  jene 
Anzahl  in  Calais  über  1800  beträgt,  so  würden  selbst  zwei  Trocken¬ 
docks  hier  gerechtfertigt  erscheinen. 

Die  Ausstattung  der  beiden  Städte  Calais  und  St.  Pierre  mit 
einem  für  die  Binnenschiffahrt  bestimmten  Hafen  war  ebenso  noth- 
wendig,  als  die  Verbindung  des  Seehafens  durch  Hafengeleise  mit 
dem  Eisenbahnnetz,  weil  Calais  als  Durchgangshafen  auch  mit  den 
Binnenwasserstrafsen  unmittelbar  Fühlung  halten  mufs.  Dieser 
Binnenhafen  von  4  ha  Gröfse  besteht  in  dem  verbreiterten  Canal  von 
Calais  und  hat  Verbindung  mit  dem  neuen  Dockhafen.  Innerhalb 
des  Stadtgebietes  von  St.  Pierre  hat  der  Canal  dieselbe  Sohlenbreite, 
16  m,  wie  oberhalb  der  Stadt,  und  auf  der  letzten  etwa  1  km  langen 
Strecke  nach  dem  Seehafen  hin,  wo  der  Canal  bereits  16  m  Sohlen¬ 
breite  hatte,  weil  er  hier  auch  früher  als  Binnenschiffahrts-Hafen 
diente,  eine  Sohlenbreite  von  25  m  erhalten.  Die  letztere  gewährt 
an  beiden  Kaien  5  m,  also  im  ganzen  10  m  für  liegende  Schiffe,  und 
gestattet  dazwischen  in  dem  Raum  von  15  m  Breite  das  Kreuzen  sich 
begegnender  Flufsschiffe.  Die  Tiefe  dieser  Hafenstrecke  beträgt 
2,5  m. 

Die  Neubauten  waren  nach  den  betreffenden  Baugesetzen  ver¬ 
anschlagt  zu  36030  000  Fr.,  werden  aber  nach  jetziger  Veranschlagung 
nicht  weniger  als  43  Millionen  Fr.  kosten.  Die  Handelskammer  von 
Calais  hat  hierzu  dem  Staat  8  450  000  Fr.  vorgeschossen  (die  mit  4  pCt. 
zu  verzinsen  und  von  1887  ab  in  20  Jahresraten  zurückzuzahlen  sind), 
sowie  eine  Beihülfe  von  4  250  000  Fr.  geleistet.  Bei  der  erheblichen 
Anschlagsüberschreitung  aber  hat  die  Handelskammer  aufserdem, 
um  die  Eröffnung  des  neuen  Vorhafens  und  Dockhafens  in  diesem 
Jahre  zu  sichern,  dem  Staat  1888  einen  weiteren  Vorschufs  von 
4  Millionen  geleistet,  unverzinslich  und  zurückzuzahlen  in  17  Jahres¬ 
raten  von  1890  ab.  Die  Handelskammer  ist  durch  das  bezügliche 
Gesetz  vom  4.  December  1888  ermächtigt  worden,  eine  Anleihe  in 
dieser  Höhe  zu  höchstens  5  pCt.  aufzunehmen.  Um  die  aufgenommenen 
Anleihen  verzinsen  und  tilgen  zu  können,  ist  die  Handelskammer 
gesetzlich  ermächtigt  worden  zur  Erhebung  eines  Tonnengeldes  von 
0,30  Fr.  für  die  Registertonne  und  bei  Personendampfern  von  0,06  Fr. 
für  die  Registertonne.  Es  ist  dies  die  übliche  Weise,  in  welcher  in 
Frankreich  die  Handelskammern  der  betreffenden  Seestädte  dem 
Staat  bei  so  grofsen  Lasten  durch  tilgbare  Anleihen  zu  Hülfe 
kommen. 

Was  nun  die  Ausführung  der  grofsartigen  Anlagen  anbetrifft, 
so  lassen  sich  die  Schwierigkeiten  derselben  schon  daraus  ersehen, 
dafs  das  Spülbecken  und  seine  Schleusen,  der  Vorhafen,  die  Schleusen 


Abb.  1.  Lageplan  von  Calais  und  Saint-Pierre-les-Calais. 


des  Dockhafens  und  der  nördliche  Theil  des  Dockhafens  selbst  auf 
dem  offenen  Strande  erbaut  werden  mufsten,  während  der  südliche 
Theil  des  Dockhafens  quer  durch  die  Dünenkette  und  durch  die 
militärischen  Befestigungswerke  ausgehoben  werden  mufste,  welche 
bis  dahin  die  Stadt  St.  Pierre,  die  ungefähr  2  m  unter  Sturmfluthhölie 
liegt,  gegen  die  Sturmfluthen  schützten.  Die  Ausschachtungen  mufsten 
ganz  in  dem  feinen  Sande  des  Strandes  und  der  Dünen  gemacht 

werden,  auf  welchem  auch  die  Bau¬ 
werke  zu  gründen  waren.  Man 
mufste  sich  also  vor  der  Ausführung 
zunächst  gegen  das  Meer  schützen, 
und  zwar  mufste  man  den  Deichen 
und  Fangedämmen  umsomehr  Stärke 
geben  und  ihre  Böschungen  gegen 
die  Wirkungen  des  Windes  und  der 
Wellen  schützen,  als  sie  unmittelbar 
dem  Meere  ausgesetzt  waren  und  auf 
mehrere  Jahre  Vorhalten  mufsten. 
Alle  Erdarbeiten,  gegen  5  500  000  cbm, 
sind  theils  mit  der  Hand,  theils  mit 
Baggermaschinen  nach  dem  System 
Couvreux  ausgeführt.  Letztere  sollen 
sich  hier  sehr  bewährt  haben,  ihre 
gröfste  Tagesleistung  hat  2400  cbm 
bei  14stündiger  Arbeitszeit  betragen. 
Der  äufsere  Hafencanal  ist  mittels 
Hopperpumpenbagger  hergestellt,  die 
1  473  000  cbm  ausgebaggert  und  auf 
eine  Meile  fortgeschafft  haben  zu 
einem  Preise  von  0,75  Mark/cbm.  Zu 
dem  Eintreiben  der  Pfähle  und  Spund¬ 
wände  ist  mit  gutem  Erfolge  auch 
hier  die  Wasserspülung  verwandt 
worden.  Die  Herstellung  aller  Dämme 
usw.  hat  ohne  Schwierigkeiten  und 
ohne  Unfälle  stattgefunden,  aber  im 
Jahre  1882,  mehrere  Jahre  nach  der 
Vollendung,  hat  eine  aufsergewöhn- 
liche  Fluth  zur  Zeit  der  Tag-  und 


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Centralblatt  der  Banverwaltung. 


15.  Februar  1890, 


■wäre  dalier  wohl,  wenn  auch  thexier,  doch  als  sicherer  vorzuziehen 
gewesen.  Infolge  von  Versuchen,  die  ein  günstiges  Ergebnifs  hatten, 
wurde  schliefslich  Gründung  mit  gemauerten  rechteckigen  Brunnen 
gewählt,  die  in  folgender  Weise  hergestellt  und  versenkt  wurden. 
Auf  der  Sohle  der  Ausschachtung  wurde  an  Ort  und  Stelle  der  recht¬ 
eckige  Brunnenkranz  von  7  bezw.  8  m  Seitenlänge  aus  Cementbeton 
1  m  breit  und  0,50  m  hoch  hergestellt,  indem  der  Beton  einfach  in 
eine  aus  wegnehmbaren  Bohlen  gebildete  Form  gegossen  wurde,  ohne 
dafs  ein  Holzrahmen  oder  sonstige  Bohlen  darunter  gelegt  waren. 
Sobald  der  Beton  genügend  erhärtet,  wurde  der  Brunnen  aus  Bruch¬ 
steinmauerwerk  in  Cementmörtel  aufgemauert  mit  senkrechten  äufseren 
Seiten  und  mit  einer  auf  eine  Höhe  von  2,10  m  zunehmenden  Wand¬ 
stärke  von  1  auf  1,75  bezw.  2  m,  die  dann  bis  oben  beibehalten 
wurde  (vgl.  Abb.  2  und  3).  Die  inneren  Ecken  des  Brunnens  wurden 
abgestumpft,  um  das  Mairerwerk  in  den  vier  Ecken  zu  verstärken. 
10  bis  15  Tage  nach  der  Herstellung  der  Bninnen  wurde  mit  ihrer 
Versenkung  begonnen,  welche  Arbeit  in  der  Weise  ausgeführt  wurde, 
dafs  mau  den  Sand  innerhalb  und  unterhalb  des  Brunnens  durch 
einen  kräftigen  und  ununterbrochenen  Wasserstrahl  verdünnte  und 
dann  diese  Mischung  von  Sand  und  Wasser  mittels  einer  Säugpumpe 
aus  dem  Innenraum  entfernte.  Die  Saxigpumpe  war  eine  Centrifugal- 
pumpe,  die  von  einer  Locomobile  von  10  Pferdestärken  getrieben 
wurde,  das  Saugrohr  war  an  einem  leichten  Gerüst  aufgehängt  und 
ging  senkrecht  in  der  Mitte  des  Brunnens  herab,  und  zwar  so,  dafs 
der  Saugkorb  stets  etwas  tiefer  war  als  die  Unterkante  des  Brunnens. 
Vier  kleine  Dampf-Druckpumpen,  welche  ungefähr  600  Liter  in  der 
Minute  mit  einem  Druck  von  2  kg  lieferten,  speisten  je  3  Rohre. 
Von  diesen  12  Rohren  gingen  8  längs  der  Innenseiten  in  der  Mitte 
der  8  Seiten  hinab,  während  die  4  anderen  um  das  Saugrohr  an¬ 
geordnet  waren,  wie  in  Abb.  3  angegeben.  Von  den  letzteren  dienten 
drei  dazu,  den  Sand  um  den  Saugkorb  herum  zu  verdünnen  und 
den  Korb  stets  frei  zu  halten,  sie  vermehrten  so  die  Leistungsfähig¬ 
keit  der  Säugpumpe,  wie  sie  auch  die  Gefahr  der  Verstopfung  ver¬ 
minderten.  Das  vierte  Rohr  war  endlich  vollständig  mit  dem  Saug¬ 
rohr  verbirnden  und  hatte  seine  Mündung  über  dem  Fufsventil  des 
Saugkopfes.  Durch  diese  Anordnimg  war  es  möglich  geworden,  fast 
alle  Verstopfungen  zu  vermeiden,  welche  sich  anfangs  sehr  oft 
gebildet  hatten,  und  mit  deren  Beseitigung  immer  viel  Zeit  verloren 
gegangen  war.  Die  Wasserstrahlen  aller  Rohre  zusammen  hielten 
den  Sand  im  Wasser  schwebend,  wobei  es  viel  Sorgfalt  erforderte, 
die  Wassermengen  der  Pumpen  so  zu  regeln,  dafs  die  Masse  des 
äusgesaugten  Wassers  immer  ziemlich  gleich  der  zirfliefsenden  Masse 
war,  und  dafs  der  Wasserspiegel  im  Brunnen  immer  nahe  dem 
Aufsenwasserstande,  oder  besser  ein  wenig  darunter  blieb.  Auf  diese 
Weise  brauchte  man  nicht  das  Hereinrutschen  des  Sandes  von  aufsen 


zu  fürchten,  und  es  ist  thatsächlich  auch  nur  eine  geringe  Masse 
Sand  mehr  als  der  Inhalt  der  Brunnen  gefördert.  Ein  Schiefgehen 
der  Brunnen  wurde  dabei  sehr  leicht  verhindert,  indem  man  die 
Rohre  an  der  einen  oder  anderen  Seite  hob  oder  senkte,  sodafs  sie 
mehr  oder  weniger  tief  in  den  Sand  eindrangen.  Nachdem  der 
Brunnen  bis  auf  die  richtige  Tiefe  versenkt  war,  liefs  man  den 
Sand  sich  setzen,  schüttete  dann  die  ersten  2  bis  2,5  m  unter  Wasser 
mit  Wasserkalkmörtel-Beton  aus,  und  diese  Schüttung  bildete  nach 
ihrer  Erhärtung  infolge  der  unteren  Gestaltung  der  Brunnen  einen 
vollständig  dichten  Pfropfen,  der  sehr  wohl  dem  Wasserdruck  von 
unten  widerstand,  sodafs  der  Brunnen  nunmehr  ausgepumpt  und  mit 
Cementbeton  bezw.  Mauerwerk  ausgefüllt  werden  konnte. 

Zwischen  je  zwei  Brunnen  liefs  man  0,40  m  Spielraum,  der  später 
ausgefüllt  wurde.  Die  Erfahrung  hat  gezeigt,  dafs  es  vollständig 
genügt,  zwischen  zwei  nacheinander  zu  senkenden  Brunnen  einen 
Zwischenraum  zu  lassen,  der  der  Breite  eines  einzigen  Brunnens 
entspricht,  sodafs  die  Senkung  des  zweiten  Brunnens  genau  so  wie 
die  eines  alleinstehenden  stattfindet.  Bei  der  Senkung  des  dazwischen 
liegenden  Brunnens  hebt  sich  dann  der  Einflufs  der  beiden  bereits 
gesenkten  vollständig  auf,  da  sie  gleichmäfsig  liegen.  Mit  der  Aus¬ 
füllung  der  Brunnen  wurde  ferner  nicht  eher  begonnen,  bis  die 
benachbarten  Brunnen  gesenkt  waren,  um  den  Uebelstand  zu  ver¬ 
hüten,  der  hätte  eintreten  können,  wenn  beim  Senken  des  benach¬ 
barten  Brunnens  der  Sand  unter  dem  Beton  fortgesogen  wäre.  Nach¬ 
dem  eine  Reihe  aufeinanderfolgender  Brunnen  gesenkt  und  gefüllt 
war,  ging  man  daran,  die  Zwischenräume  zwischen  je  zweien  zu 
schliefsen.  Um  diesen  Schlufs  zu  erleichtern,  waren  in  den  äufseren 
Seiten  des  Brunnenmauerwerks  senkrechte  Falze  ausgespai-t,  die 
Ausfüllung  selbst  wurde  in  folgender  Weise  hergestellt.  Aufsen  vor 
den  benachbarten  Kanten  der  vorderen  und  hinteren  Seiten  zweier 
aufeinanderfolgenden  Brunnen  trieb  man  mit  Hülfe  der  Wasserspülung 
Blechstreifen  senkrecht  bis  zum  Fufse  der  Brunnen  hinab,  und  diese 
Bleche  bildeten  dann  eine  Wand,  innerhalb  der  wieder  in  derselben 
Art  wie  bei  den  Brunnen  der  Sand  verdünnt  und  entfernt  wurde. 
Den  Zwischenraum  füllte  man  schliefslich  mit  Beton  aus  (vgl.  Abb.  3). 
Auf  diesen  so  gedichteten  Pfeilern  wurde  dann  die  eigentliche  Mauer 
hochgeführt.  Die  Zeitdauer,  die  erforderlich  war,  um  die  kleineren 
Brunnen  auf  6,5  bis  7  m  Tiefe  zu  senken,  hat  im  Mittel  23  Stunden 
betragen,  die  stündlich  geförderte  Masse  betrug  dabei  6,35  cbm,, 
während  für  die  gröfseren  Brunnen  der  Südost-Kaimauer,  die  auf 
8,75  m  Tiefe  versenkt  werden  mufsten,  die  zur  Senkung  erforderliche 
Zeit  im  Mittel  45  Stunden  betrug  bei  einer  stündlichen  Förderung 
von  10,88  cbm  Sand.  Die  Kosten  der  Senkungsarbeiten  haben  für 
alle  Brunnen  zusammen,  auf  1  cbm  ßrunneninhalt  berechnet,  2,54  Mark 
betragen.  Th.  Janssen^ 


Erweiterung  des  preufsischen  Staatsbahnnetzes  und  Anlage  neuer  Eisenbahnen 

untergeordneter  Bedeutung. 


Dem  preufsischen  Landtage  ist  im  Anschlufs  an  ähnliche  Vor¬ 
lagen  früherer  Jahre*)  vor  einigen  Tagen  der  „Entwurf  eines  Gesetzes, 
betreffend  die  Erweiterung  und  Vervollständigung  des  Staatseisenbahn¬ 
netzes“  zugegangen,  nach  welchem  die  Staatsregierung  ermächtigt 
werden  soll,  für  die  genannten  Zwecke  die  Summe  von  201  656  466  v/f 
zu  verwenden,  und  zwar: 

I.  Zur  Herstellung  von  30  —  späterhin  noch  im 
einzelnen  aufzuführenden  —  neuen  Eisenbahn¬ 
linien  und  der  durch  dieselben  bedingten  Ver¬ 
mehrung  des  Fuhrparks  der  Staatsbahnen,  sowie 
zur  Beschaffung  von  Betriebsmitteln  zusammen  117  396  000  Jt 

II.  Zur  Anlage  des  zweiten  bezw.  dritten  und  vierten 
Geleises  auf  den  nachstehend  bezeichneten  Strecken 
und  den  dadurch  bedingten  Ergänzungen  und 
Geleisveränderungen  auf  den  Bahnhöfen:  l)Neifse- 
Deutsch-Rasselwitz  1  350  000  2)  Lauban-Greif- 

fenberg  und  Hirschberg  -  Ruhbank  2  260  000  Ji, 

3)  Eberswalde  -  Freienwalde  a.  0  .  820  000  Jf, 

4)  Grünau-Königswustei’hausen  400000  tJf,  5)  Ber¬ 
liner  Ringbahn  zwischen  Bahnhof  Rixdorf  und 
Bahnhof  Stralau-Rummelsburg  nebst  Umbau  be- 
ziehungsw.  Verlegung  der  zwischen  der  Ringbahn 
und  der  Berlin- Görlitzer  Bahn  bestehenden  An¬ 
schlüsse  610000Ö  J( ,  6)  Berlin  -  Oranienburg 
1 150000  Ji,  7)  Finsterwalde-Eilenburg  3660000  J(, 

8)  Gera- Weida  nebst  Einführung  des  bestehenden 
Doppelgeleises  Gera  -  Zeitz -Weifsenfels  in  den 

■  '  Bahnhof  Weifsenfels  1960000  .Jf,  9)  0  Schersleben- 

Nienhagen  715  000  JC,  10)  Heudeber-Vienenbui’g 

*)  Centralbl.  der  Bauverw.  1882  S.  39,  1883  S.  58,  1884  S.  21  u  37: 
1885  S.  55,  1886  S.  86,  1887  S.  69,-  1888  S.  85  und  1889  S.  58.  — 


860000  .Jf,  11)  Hardegsen -Northeim  1 110000  ,Jf, 

12)  Wilhelmsburg  (Rangirbahnhof)  -  Hamburg  - 

(Venloer  Bahnhof)  3  100  000  .Jf,  13)  Kirchweyhe- 
Bremen  und  Sagehorn -Lauenbrück  1455  000  ./ff, 

14)  Rödelheim -Oberursel  600  000  .Jf,  15)  Hamm-  ^ 

Herbern  in  Verbindung  mit  der  selbständigen 
Einführung  der  Bahn  von  Münster  in  den  Bahn¬ 
hof  Hamm  1 570  000  .Jf,  16)  Drensteinfurt-Münster 
673  000  Ji,  17)  Vohwinkel  -  Aprath  400  000  M, 

18)  Grevenbroich-Elsdorf  800  000  .Jf .  28  983  000  .Jf 

III.  Zu  nachstehenden  Bauausführungen:  1)  für  die 
Vereinigung  der  Bahnhöfe  der  früheren  Ober- 
schlesischen  und  Rechte-Oder-Ufer-Eisenbahn  in 
Beuthen  O./S.  sowie  der  anschliefsenden  Strecken 
bis  Chorzow  und  Herstellung  einer  Bähnverbin-  ■  ■ 

düng  Chorzow -Kattowitz  5  400  000  .Jf,  2)  für  die  .  ‘ 

selbständige  Einführung  der  Bahnlinie  Groscho-  ■  . 

witz— Grofs-Strehlitz — Laband  in  die  Bahnhöfe 
Gleiwitz  und  Oppeln,  sowie  Aenderung  der  Bahn-  -  - 

höfe  zu  Gleiwitz  und  Erweiterung  des  Bahnhofs  ' 

Oppeln  8  650  000  .Jf,  3)  für  die  Herstellung  einer 
Verbindungsbahn  zur  Umleitung  durchgehender  ' 

Güterzüge  auf  der  Südseite  von  Breslau,  sowie  ■’  )• , 
eines  Rängirbahnhofs  daselbst  19950000./^,  4)  für  ’  -■  ■  ■ 

die  Erweiterung  des  Personenbahnhofs  in  Stettin  ' 

4  150 000  .Jf,  5)  für  den  LTtnbau  und  die  Erweite-  '  " 

rung  des  Bahnhofs  Stendal  3  200  000./^,  6)  für  . . 

den  Umbau  und  die  Erweiterung  des  Bahnhofs  ' ) 

in  Buckau  5  000  000  .Jf,  7)  zur  Deckung  der  Mehr- 
kosten  für  den  Bau  der  Eisfenbahn  von  Jerxheim  ''  . 

näch  Nienhagen  330000  .Jf,  ■  8)  zur  Deckung  der  .'  „'V' 

Mehrkosten  des  Ausbaues  der  Bahnstrecke  Vie-  -  --  . 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


71 


Nr.  7. 


nenburg  -  Goslar  -  Grauhof  400  000  Ji,  9)  für  die 
Herstellung  einer  abgekürzten  Schienen  Verbin¬ 
dung  zwischen  den  Linien  Hannover-Nordstemmen 
und  Nordstemmen-Hildesheim  615  000  10)  zur 

Deckung  der  Mehrkosten  für  den  Bau  der  Eisen¬ 
bahn  von  Wissen  nach  Morsbach  160000  Jt, 
11)  für  die  Herstellung  eines  Rangirbahnhofs 
in  Saarbrücken  und  Erweiterung  der  Anlagen 
für  den  Personen-  und  Güterverkehr  daselbst 


6  500  000  Ji,  12)  zur  Deckung  der  Mehrkosten 
für  den  Bau  der  Eisenbahn  von  Solingen  nach 
Vohwinkel  230  000  13)  zur  Gewährung  eines 

weiteren  Zuschusses  zu  den  Grunderwerbskosten; 

a)  der  Eisenbahn  von  Prüm  nach  Rothe  Erde 
(Aachen)  mit  Abzweigung  nach  Malmedy  488466./Ä, 

b)  der  Eisenbahn  von  Ahrweiler  nach  Adenau 

204  000  Ji,  zusammen . .  55  277  466  Ji 

Insgesamt  201  656  466  Ji 


Beitrag  zur  Lehre  vom  Fachwerk. 


Auf  Seite  362  des  Jahrgangs  1886  des  Centralblatts  der  Bau¬ 
verwaltung  hat  Herr  Dr.  Forchheimer  folgenden  bemerkenswerthen 
Satz  aus  der  Lehre  vom  Fachwerk  bewiesen: 

„Für  ein  Fachwerk  von  unveränderlicher  Stoffmenge,  welches 
eine  Stofifvertheilung  gleichmäfsiger  Beanspruchung  zuläfst,  wird  bei 
dieser  Vertheilung  sowohl  die  Einsenkung  als  auch  die  Meist- 
beanspruchung  am  kleinsten.  Für  ein  solches  Fachwerk  ist  also 
diejenige  Vertheilung  die  günstigste,  bei  welcher  die  Einsenkung 
am  geringsten  ist.“ 

Dies  läfst  sich,  wie  im  folgenden  gezeigt  werden  soll,  in  ein¬ 
facher  Weise  aus  einem  von  Castigliano  aufgestellten  Satze  ab¬ 
leiten,  und  bildet  so  eine  vielleicht  nicht  uninteressante  Anwendung 
des  letzteren  auf  die  Lehre  vom  Fachwerk. 

Sind  F  und  l  Querschnitt  und  Länge  eines  Fachwerkstabes,  ist 
F  die  Belastung  eines  Knotenpunktes,  S  die  durch  die  Belastung 
hervorgerufene  Spannung  des  erstgenannten  Stabes,  p  die  Einsenkung 
des  Knotenpunktes,  E  der  Elasticitätsmodul,  so  gilt  die  Gleichung 

8^ 

1)  2  P2)  =  2  l. 

Aendert  man  F  um  so  erfahren  auch  S  und  p  Aenderungen, 

die  durch  J[S\  und  J[p]  bezeichnet  werden  sollen,  und  man  hat 

i.)  + 


l, 


sodafs  man  ferner  erhält: 


2) 


PJ[p']  = 


EiPJrJlF])  "“FF’ 


3)  2PJ[p] 


FiF-\-J[F]) 


1  +  2 


SJ[S] 


FiF+J[F]) 


l 


FF  (F+  J[FJ) 


l. 


Die  Aenderungen  der  Gröfsen  N  sind  nun  offenbar  solche,  die  mit 
den  statischen  Beziehungen  vereinbar  sind.  Nach  Castigliano  wird 
aber  durch  jede  derartige  Aenderung  der  Ausdruck 

.  .  '  •  ^  FF 

vergröfsert,  es  ist  also  auf  jeden  Fall  —  mögen  die  ^[S\  nun  un¬ 
endlich  klein  sein  oder  nicht  — 


SJ[S]l 

FF 


=  0. 


Mit  Hülfe  dieser  Gleichung  läfst  sich  das  mittelste  Glied  auf  der 
rechten  Seite  von  3)  folgendermafsen  umformen: 


2’ 2 


F{F+Jm) 
Sj[8] 


FF 

während  man  weiter  hat: 

S^J[F] 


1  —  -2 


F{F+J[F]) 
SJiS]J[F^ 


l 


l, 


F{F+  JlFy)F 


— 


FF 


l  =  2 
l  - 


FF(F+  ^[F]) 

J[F]  { F  +  J[F]  -J[F] } 
F(F+J[F])  F~^ 


l 


FF^  (F+  J[F]) 


l. 


Die  soeben  angegebenen  Gleichungen  verwandeln  die  unter  3)  an¬ 
gegebene  Beziehung  in  die  folgende: 

4)  2  Pj[p']  =  2 -.,rM^P^^l  —  2  2 


F{F+J[_F]) 
8^  {JIF]Y 
FF'^  {F+JiFJ) 


l  - 


l 


FF  (F4 
8+J[F] 
EF^ 


J[F]) 


8^J{F^ 


l. 


”  E{F  +  ^[F])  "  “  EF^ 

Stellt  nun  die  durch  die  Gröfsen  F  bedingte  Stofifvertheilung  eine 
solche  gleichmäfsiger  Beanspruchung  dar,  d.  h.  haben  die  Quotienten 

^  einen  gemeinschaftlichen  Werth  wird  ferner  durch  die  Quer- 
schnittsänderuug  ^  [F]  die  Menge  des  Stoffes  nicht  geändert,  ist  also 

5)  2JiF]l^0, 

so  wird  das  letzte  Glied  auf  der  rechten  Seite  von  4) 

s^^iF] ,  _  :ej[F-\  i  =  0. 


EF^ 


l  = 


E 


Dann  erkennt  man  sofort,  dafs  2Pz/'ip'\  positiv  ist;  das  heifst  aber 
nichts  anderes,  als  jede  Veränderung  der  Stoffvertheilung  bewirkt 
eine  Vergröfserung  von  2  Pp.  Da  nun  durch  die  Gleichung 

f2P  =  2Pp 

die  Einsenkung  f  des  Fachwerks  definirt  ist,  so  haben  wir  im  vor¬ 
hergehenden  bewiesen; 

„Sobald  eine  Stofifvertheilung  gleichmäfsiger  Beanspruchung  mög¬ 
lich  ist,  erreicht  bei  dieser  Anordnung  die  Einsenkung  ihren  kleinsten 
Werth.“ 

Unter  der  durch  Gleichung  5)  bestimmten  Voraussetzung  können 
wir  das  zweite  Glied  auf  der  rechten  Seite  von  2)  folgendermafsen 
umgestalten : 

C2  (72  7,2  7.2 

"  l  =  2^^Fl^2  +  {F+J\F^)l-2-^J\F^l 


EP 


FF^ 


F 


==2^{F+JiFj)  i; 

aus  Gleichung  2)  folgt  dann  unmittelbar  die  Gleichung: 

61  ^  P  /TjU  —  ^  ^  ('^+‘^[*5])^  7.2  1  (F+J{F]) 

6)  ^  - l. 

Von  der  linken  Seite  dieser  Gleichung  haben  wir  schon  nach¬ 
gewiesen,  dafs  sie  unter  den  gemachten  Voraussetzungen  stets 
positiv  ist.  Die  rechte  Seite  kann  höchstens  dann  positiv  sein,  wenn 

\F+'+\+\}  <ienjenigen  Stab,  bei  welchem  diese 

Gröfse  den  beträchtlichsten  Werth  hat,  gröfser  als  k'^  ist,  d.  h.  wenn 
die  Meistbeanspruchung  nach  der  Umlagerung  des  Mateiüals  gröfser 
ist  als  vor  der  Umlagerung.  Aus  Gleichung  6)  folgt  also  unmittelbar: 

„Bei  einem  Fachwerk  der  hier  betrachteten  Art  ist  die  Stofif¬ 
vertheilung  gleichmäfsiger  Beanspruchung  zugleich  diejenige  geringster 
Meistbeanspruchung.“ 

Vereinigen  wir  nun  diesen  Satz  mit  dem  vorher  bewiesenen,  so 
erhalten  wir  das  Forchheimersche  Gesetz; 

„Für  ein  Fach  werk,  bei  welchem  eine  Stofifvertheilung  gleich¬ 
mäfsiger  Beanspruchung  möglich  ist,  ist  diejenige  Anordnung  die 
günstigste,  bei  welcher  die  Einsenkung  möglichst  gering  ist.“ 

Berlin,  im  September  1889.  Dr.  F.  Kötter. 


Vermischtes. 

In  der  Preisbewerbung  um  Entwürfe  für  die  Trinitatiskirche 
in  Dresden  (vgl.  S.  253  und  370  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl.)  ist 
ein  erster  Preis  nicht  ertheilt  worden,  weil  nach  der  Ueberzeugung 
der  Preisrichter  keiner  von  den  eingegangenen  22  Entwürfen  für 
die  ausgeworfene  Bausumme  ausführbar  erschien.  Der  zweite  Preis 
(2000  Mark)  ward  dem  Entwürfe  „Trinitas“  der  Architekten  Abesser 


u.  Kröger  in  Berlin,  der  dritte  Preis  (1000  Mark)  der  Arbeit  „Edles 
Material“  des  Architekten  Schramm  in  Dresden  zuerkannt.  Gemäfs 
Empfehlung  der  Preisrichter  sollen  weitere  drei  Entwürfe  („Dreieck 
im  grünen  Kleeblatt“,  „Ora  et  labora“  und  „weifses  Dreiblatt“),  falls 
die  Verfasser  einverstanden  sind,  zum  Preise  von  je  1000  Mark  an¬ 
gekauft  werden. 


72 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


15.  Februar  1890. 


,,Hanil)urj^  mul  seine  BaTiteii.‘‘  Zu  der  im  August  dieses  Jahres 
nach  Hamburg  einberufenen  9.  Wanderversammlung  des  Verbandes 
deutscher  Architekten-  und  Ingenieurvereine  gedenkt  der  Hamburger 
Verein  ein  Buch  „Hamburg  und  seine  Bauten“  herauszugeben,  das 
nach  der  vorliegenden  Ankündigung  sich  den  früher  in  Berlin, 
Frankfurt  a-  M.  und  Köln  veranstalteten  Veröffentlichungen  ähn¬ 
licher  Art  würdig  anschliefsen ,  seinen  Hamburger  Vorgänger  aus 
dem  Jahre  1868  aber  an  Umfang  und  Reichhaltigkeit  des  Inhalts 
bei  weitem  übertreffen  wird.  Die  beizugebenden  Abbildungen,  welche 
nach  den  in  neuerer  Zeit  bedeutend  vervollkommneten  Verfahren 
hergestellt  werden,  versprechen  nach  den  vorliegenden  Proben  be¬ 
sonders  vortrefflich  zu  werden.  Neben  einem  durch  alte  Stadtpläne 
erläuterten  Abrifs  über  die  Geschichte  der  baulichen  Entwicklung 
Hamburgs  sollen  die  bedeutenderen  und  durch  Eigenart  bemerkens- 
werthen  baulichen  Werke  und  Anlagen  aus  älterer  und  neuerer  Zeit 
zur  Darstellung  gelangen,  wobei  auch  das  Bauwesen  der  Nachbarstadt 
Altona  volle  Berücksichtigung  erfahren  wird.  Das  Werk  soll  in 
einer  Stärke  von  mindestens  25  Druckbogen  in  Grofsoctav  im  Selbst¬ 
verläge  des  Hamburger  Architekten-  und  Ingeuieurvereins  erscheinen. 
Eine  beschränkte  Anzalil  von  Exemplaren  wird  zur  vorherigen  Zeich¬ 
nung  aufgelegt  und  zwar  zu  den  Vorzugspreisen  von  10  Mark  (auf 
gutem  Druckpapier)  bezw.  12,50  Mark  (auf  Kupferdruckpapier) ; 
nach  dem  Erscheinen  tritt  eine  erhebliche  Preiserhöhung  ein.  Be¬ 
stellungen  sind  an  Herrn  Oberingenieur  P.  Andreas  Meyer  in  Ham¬ 
burg,  Bleichenbrücke  17,  zu  richten. 

Zu  dem  Aufsätze  „IMe  deutschen  natürlichen  Bausteine  in 
Bezug  auf  ihre  Festigkeit  und  physicalischeu  Eigeuschaften‘‘ 
erhalten  wir  das  nachfolgende  Schreiben; 

In  Nr.  5A  des  lfd.  Jahrg.  des  Centralbl.  der  Bauverw.  S.  54  sagt 
Herr  Max  Gary  am  Schlüsse  seines  Aufsatzes  über  „die  deutschen 
natürlichen  Bausteine  usw.“  in  einer  Anmerkung;  „Die  Ergebnisse  der 
umfangreichen  Versuche  des  Münchener  Laboratoriums  lassen  sich 
mit  denen  der  Berliner  Prüfungsstation  um  deswillen  nicht  in  un¬ 
mittelbaren  Vergleich  stellen,  weil  erstere  mit  Würfeln  vorgenommen 
wurden,  die  z.  Th.  künstlich  (unter  der  Luftpumpe)  wassersatt  gemacht 
und  dann  parallel  zum  Lager  auf  Druck  beansprucht  wurden  .  . 
Dies  ist  nur  richtig  bezüglich  eines  Theils  derjenigen  Versuche,  über 
welche  in  dem  von  Herrn  Gary  angeführten  19.  Hefte  meiner  „Mit¬ 
theilungen“  zwar  berichtet  wird,  die  aber  nicht  im  Laboratorium 
selbst,  sondern  von  Herrn  Dr.  Blümcke  an  einzelnen  Stücken  je 
einer  Steinsorte  angestellt  worden  sind,  welche  allerdings  dann  später 
im  Laboratorium  im  Anschlüsse  an  dort  früher  angestellte  Versuche 
parallel  zum  Lager  zerdrückt  wurden.  Bei  meinen  späteren  Frost- 
beständigkeits -Versuchen,  deren  Mittheilung  den  Hauptinhalt  jenes 
19.  Heftes  bildet,  habe  ich  gemäfs  den  Beschlüssen  der  Münchener 
und  Dresdener  Conferenzen  18  Würfel  von  jeder  Steinsorte  verwendet, 
von  denen  6  in  trockenem,  6  in  wassersattem  Zustande  und  6  nach 
25 maligem  Gefrieren  zerdrückt  wurden,  und  zwar  immer  je  drei  von 
den  6  Würfeln  senkrecht  und  je  drei  parallel  zum  Lager,  wo  ein 
solches  vorhanden  und  erkennbar  war.  Die  Tränkung  der  im  wasser¬ 
satten  Zustande  geprüften  und  der  dem  Gefrierverfahren  unterworfenen 
Würfel  geschah  dabei  immer  durch  Capillarität.  —  Allerdings  be¬ 
stehen  auch  zwischen  diesen  meinen  Versuchen  über  Frostbeständig¬ 
keit  und  denjenigen  der  Berliner  Prüfungsstation  noch  solche  Unter¬ 
schiede,  dafs  ein  „unmittelbarer  Vergleich“  nicht  möglich  ist,  diese 
Unterschiede  liegen  aber  für  jeden  Leser  so  klar  zu  Tage,  dafs  sie 
hier  nicht  besonders  hervorgehoben  zu  werden  brauchen. 

München,  7.  Februar  1890.  Bauschinger. 


Biiclierscliaii. 

Führer  durch  Hildesheim  und  Uragehuug  von  A.  v.  Behr.  Hildes¬ 
heim  1889.  Aug.  Lax.  72  S.  in  16*^  mit  Abbild,  u.  einem  Stadtplane. 

Wenn  aus  berufener  Feder  eine  neue,  nach  kunstwissenschaft¬ 
lichen  Gesichtspunkten  bearbeitete  Zusammenstellung  der  Denkmäler 
Hildesheims  erscheint,  wo  über  diese  Stadt  bereits  eine  Reihe  tüch¬ 
tiger  Werke  vorhanden  ist,  auch  eine  gute,  zum  Gebrauch  des 
Reisenden  bestimmte  Monographie  (Gerstenbergsche  Buchhandlung, 
4.  Aufl.  1883),  so  darf  man  mit  Recht  eine  treffliche  Leistung  er¬ 
warten.  Und  eine  solche  ist  das  vorliegende  Büchlein.  Den  über¬ 
reichen  Stoff  gliedert  es  in  folgende  Abschnitte;  1)  eine  Zeittafel 
der  Bau-  und  Kunstgeschichte,  welcher  auf  der  gegenüberstehenden 
Seite  die  Daten  der  politischen  Geschichte  angereiht  sind  (nach 
dem  Vorgänge  C.  Peters  in  seinen  Zeittafeln  zur  römischen  Geschichte 
und  neuerdings  C.  Steinbrechts  in  seinem  „Thorn  im  Mittelalter“); 
2)  einen  Rundgang  durch  die  Stadt,  bei  dem  ein  Ueberblick 
über  das  Gesamtbild  und  die  genauere  Kenntnifs  der  Bürgerhäuser 
gewonnen  wird;  3)  eine  Schilderung  der  Kirchen,  des  Rathhauses 
und  des  Römerschen  Museums;  4)  eine  kurze  Zusammenstellung  der 
Ausflüge  und  statistischer  Angaben.  Wenn  der  erste  Abschnitt  auch 


nicht  gerade  für  die  Mitglieder  der  vereinigten  norddeutschen  Lieder¬ 
tafeln  brauchbar  gewesen  sein  dürfte,  gelegentlich  deren  Vereinigung 
das  Büchlein  verfafst  ist,  um  so  brauchbarer  ist  es  für  den  Freund 
der  Kunst-  und  Culturgeschichte,  da  es  schnell  und  sicher  zurecht¬ 
weist.  Dankeuswerth  sind  unter  den  Abbildungen  (die  meist  einigen 
im  gleichen  Verlage  erschienenen  Studien  Cunos  entnommen  sind) 
die  Gebäude -Grundrisse.  Dankenswerth  ist  es  insbesondere,  dafs 
auch  der  in  Reisebüchern  so  oft  veimachlässigten  neuzeitlichen  Technik 
ihr  Recht  wird.  Nur  das  unter  Leitung  des  Verfassers  im  Um-  bezw. 
Neubau  begriffene  Regieruiigsgebäude  ist  in  doch  zu  bescheidener 
Weise  übergangen.  Vor  Besichtigung  der  Denkmäler  und  Kunst¬ 
werke  Avird  namentlich  der  ostdeutsche,  an  regelmäfsigere  Städte¬ 
bilder  gewöhnte  Besucher  gut  thun,  den  —  geschickt  gewählten  — 
Weg  durch  die  Avinkligen  Gassen  mit  Blaustift  auf  dem  Stadtplane 
vorzureifsen.  Die  Besichtigung  erleichtert,  dafs  die  überaus  zahl¬ 
reichen  Inschriften,  die  in  dieser  Vollständigkeit  bisher  nicht  zu¬ 
sammengestellt  sind,  genau  aufgeführt  und  übersetzt  sind,  sodafs 
man  sich  mit  der  mühsamen  Entzifferung  nicht  aufzuhalten  braucht. 
Gegenüber  den  jetzt  so  beliebten  „Europäischen  Wanderbildern“ 
zeichnet  die  Arbeit  die  stets  in  den  Vordergrund  gerückte  Hervor¬ 
hebung  der  künstlerischen  Momente  aus;  sie  hebt  sich  damit  weit 
über  die  in  Ueberfülle  erscheinende  örtliche  Litteratur  hinaus,  zumal 
sich  das  Urtheil  überall  als  Ergebnifs  persönlicher  Umschau  darstellt. 

Bei  einer  zweiten  Auflage  würde  die  kurze  Erklärung  der  oft 
wunderbaren  Strafseunamen  erwünscht  sein,  auch  ein  Hinweis  auf 
die  Litteratur,  die  doch  nur  wenigen  bekannt  ist.  An  Versehen, 
die  sich  bei  der  Eile  der  Ausführung  eingeschlichen  haben,  ist  fol¬ 
gendes  aufgefallen.  In  dem  „qui  fuit“  sc.  filius  auf  S.  55  bezieht 
sich  der  im  Genitiv  stehende  Name  nach  Lucas  3  auf  den  Vater 
des  dargestellten  Vorfahren  des  Heilands.  —  Wenn  auch  der  Ur¬ 
sprung  der  doppelchörigen  Kirchen  bei  den  Benedictinern  zu  suchen 
ist,  so  ist  doch  dieser  Gruudrifs  nicht  durch  die  Ordensregel  geboten, 
Avie  der  Verfasser  auf  S.  56  angiebt;  das  Zusammentreffen  ist  ein 
zufälliges.  —  Auf  dem  im  übrigen  guten  Plane  würde  auch  ein 
Längenmafsstab  erwünscht  sein;  in  dem  Geviert  F.  5  fehlt  der  Name 
der  Annenstrafse,  Avas  um  so  mifslicher,  als  Bädeker  hier  einen 
falschen  Namen  hat.  H.  Lutsch. 


Neue  Patente. 

Eiiuleckung  von  Dächern  mit  biegsamen  Materialien  ohne 
Nagelung  derselben.  Patent  Nr.  49  707.  Adalbert  Keim  in  Potsdam. 
—  Je  nachdem  die  Dachfläche  aus  Schalung  oder  aus  Gewölben  her¬ 


gestellt  ist,  erfolgt  die  Rinnenbildung  entweder  durch  Latten,  die  auf 
die  Sparren  genagelt  sind  und  deren  Zwischenraum  mit  dem  Deck¬ 
material  ausgekleidet  wird,  oder  durch  Profileisen.  Das  Deckmaterial 
wird  in  beiden  Fällen  in  die  Rinne  hineingebogen  und  dort  mittels 
Schienen  s  und  Keile  k  festgeklemmt.  Es  ist  für  jede  beliebige  Dach¬ 
neigung  verwendbar.  Die  Herstellung  und  den  Vertrieb  desselben 
hat  die  Firma  Salzmann  u.  Co.  in  Cassel  übernommen. 

Verfahren  zur  Herstellung  von  Metall-,  Dach-  und  Waudpappe 
(Universalpappe).  Patent  Nr.  43  349  und  45  509  (Zus.).  Arthur 
Siebei,  in  Firma  A.  Siebei  in  Düsseldorf.  —  Nach  diesem  Ver¬ 
fahren  wird  ungeleimtes  filziges  Papier,  Pappe,  Filz,  Gewebe  od.  dgl. 
von  einer  Rolle  ab  und  durch  einen  Bottich  gezogen,  welcher  mit 
Theer,  Lack,  Asphalt  oder  ähnlichem  gefüllt  ist  und  von  unten  be¬ 
feuert  Avird.  Während  der  Stoff’  durch  den  Bottich  läuft,  wird  er 
von  einer  Tauchwalze  niedergehalten,  kommt  dann  zwischen  zwei 
Quetschwalzen  und  hierauf  zwischen  zwei  Streuwalzen.  Letztere  be- 
Averfen  das  Papier  mit  Haaren,  Faserstoff’ -  Abfällen ,  Sägespänen, 
gepulvertem  Kalk  usw.  und  geben  es  an  eine  Trommel  ab,  deren 
ETmfang  gleich  der  Länge  einer  fertigen  Pappe  ist.  Die  Trommel 
läfst  man  nun  so  viele  Umdrehungen  machen,  als  man  Papierlagen 
zu  einer  Bahn  haben  Avill.  Die  verschiedenen  Lagen  Averden  durch 
Druckwalzen  fest  auf  einander  geprefst.  Auf  die  so  vorbereitete  Bahn 
aus  Faserstoffen  wird  eine  Bahn  aus  Drahtgeflecht  (Pat.  Nr.  43  349) 
oder  eine  Bahn  aus  Blech,  z.  B.  Walzblei  (Pat.  Nr.  45  509),  aufgelegt 
und  hierauf  wird  Avieder  eine  Bahn  aus  Faserstoffen  in  der  vorher 
geschilderten  Weise  aufgewalzt.  Schliefslich  wird  die  Bahn  auf¬ 
geschnitten  und  von  der  Trommel  abgehoben.  Ebenso  wie  man  der 
Pappe  eine  mittlere  metallische  Lage  gegeben  hat,  kann  man  ihr 
auch  noch  eine  äufsere  metallische  Haut  geben. 


Verlag  von  Erust&Korn  (Wilbelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  niclitamtliclien  Theiles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  ööentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang. 


Berlin,  22.  Februar  1890. 


Nr.  8. 


Bedaction;  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslaude  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Die  St.  Marien- 
Domkirche  in  Colberg.  —  Ueber  Profilmafsstäbe  und  über  den  Genauigkeitsgrad  bei 
der  Erdmassen-Ermittlung.  —  Die  Viaducte  der  Eisenbahnlinie  Tabor-Pisek.  —  Die 
Begulirung  der  Stromverhältnisse  der  Weichsel  und  Nogat.  —  Anlage  neuer  Eisen¬ 
bahnlinien  in  Prcnlsen.  —  Vermischtes:  Preisbewerbiing  um  ein  Schulhaus  in 

Langensalza.  —  Preishewerbung  für  den  Bau  eines  Silospeichers  in  Riga.  —  Preis- 
hewerbung  um  die  Trinitatiskirche  in  Dresden.  —  Wettbewerbung  für  die  archi¬ 
tektonische  Durchbildung  des  gufseisernen  Gehäuses  für  einen  Strafsenbruunen  in 
Berlin.  —  Etruskisches  Pompeji.  —  Internationaler  Eisenbahncongrefs.  —  Mittheilungen 
über  Baumeister  Eduard  Titz.  —  ßücherschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  dem  Director  der  städtischen  Gas- 
und  Wasserwerke,  Eegierungs- Baumeister  Ernst  Winter  in  Wies¬ 
baden  den  Charakter  als  Baurath  zu  -verleihen  geruht. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Hermann  Wilms  aus  Münster  i.  W.,  Gustav 
Werner  aus  Göttingen,  Georg  Matzdorff  aus  Breslau  und  Georg 
Schultz  aus  Stettin  (Hochbaufach);  —  Walter  Groebler  aus 
Aschersleben  (Ingenieurbaufach). 

Der  Landes -Bauinspector,  Königlicher  Baurath  Reinhardt  in 
Berlin,  ist  gestorben. 


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27. 


Die  Landmesser- Prüfung  in  Preufsen  haben  bestanden 

I.  im  Frühjahr  1889: 
a)  Berufslandmesser: 

Ambrosius,  Adolf,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 
Beumelburg,  Karl,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 
Dickow,  Ernst,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 

Gei^^^Otto  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 

Göbel,  Ernst,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 
Grofs^^&igo^^^*^  }  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 

Grofse,  August,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 

Hahn,  Ludwig,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 
Hellmich,  Max,  bei  der  Prüfungs- Commission  in  Berlin. 
Konegen,  Erich,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 
Krähahn,  Konrad  . 

Lauw,  Willy  I 

Möller,  Karl 
Mühlenbeck,  Karl  | 

Reimann,  Fritz  ' 

S an de^^ Theodor  }  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 

Sprich,  Georg,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 
Stötzel,  Friedrich,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 
Sutter,  Otto,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 

Terwey,  Heinrich,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 

Wehm^r^’w^elm  }  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 

Weimer,  Karl  \  bei  der  Prüfungs  -  Commission  in 

Winkler,  Johann  Peter  f  Poppelsdorf. 

II.  im  Herbst  1889: 
a)  Berufslandmesser: 

Bollmann,  Fritz,! 

Göbel,  Ernst  / 

Nowack,  Alois  J 


bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 


bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 


4.  Schulze,  Johann  Friedrich  Wilhelm )  n  •  ,  -n  -r  n 

5.  Wachert,  Karl  P^ufungs  -  Com- 

6.  Wilski,  Paul  Friedrich  Hermann  i  mission  in  er  in. 

b)  Forstbeamte: 

1.  Aschoff,  Friedrich  Ludwig  (Forstassessor),  bei  der  Prüfungs- 
Commission  in  Poppelsdorf. 


Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  die  Post- 
Bauinspectoren  Techow  in  Berlin,  Hintze  in  Köln  a.  Rh.,  Schäffer 
in  Hannover  und  Bettcher  in  Strafsburg  i.  E.  zu  Post-Bauräthen 
zu  ernennen. 

Sachsen. 

Der  geprüfte  Civilingenieur  für  Maschinenwesen  Gustav  Adolf 
Hultsch  ist  zum  etatmäfsigen  Regierungs-Baumeister  beim  Maschinen- 
Betriebsdienste  in  Chemnitz  befördert  und  der  Regierungs-Baumeister 
im  Werkstättendienste  in  Chemnitz,  Karl  Eduard  Friefsner,  zum 
Maschinen-Ingenieur  daselbst  ernannt  worden.  Der  geprüfte  Civil¬ 
ingenieur  für  Maschinenwesen  Paul  Bafsenge  ist  zum  etatmäfsigen 
Regierungs-Baumeister  beim  Werkstätten dienste  in  Chemnitz  und  der 
Sections-Ingenieur  (mit  der  Bearbeitung  der  Projecte  für  die  Um¬ 
gestaltung  der  Dresdener  Bahnhöfe  betraut)  Otto  Reinhold  Klette 
zum  Abtheilungs-Ingenieur  befördert  worden.  Der  Betriebs-Director 
Ernst  Eduard  Poppe  in  Leipzig  ist  zum  Bau-Oberingenieur  er¬ 
nannt  und  der  Betriebsinspector  Max  K r auf se  zum  Betriebs-Director 
bei  der  Betriebsoberinspection  Leipzig  I  befördert  worden.  Der 
Abtheilungs-Ingenieur  Wilhelm  Alexander  Julius  Homilius  ist  zum 
Betriebsinspector  in  Leipzig  ernannt  worden.  Der  Sections-Ingenieur 
Arthur  Oskar  Heise  ist  zum  Abtheilungs-Ingenieur  in  Rochlitz  und 
der  technische  Hülfsarbeiter,  präd.  Regierungs  -  Baumeister  Emil 
Fickert  zum  etatmäfsigen  Regierungs-Baumeister  bei  der  Staats¬ 
eisenbahn-Bauverwaltung  befördert  worden.  Der  etatmäfsige  Re¬ 
gierungs-Baumeister  Wolfgang  Paul  Schenkel  ist  zum  Sections- 
vorstand  für  die  Linie  Kamenz-Elstra  ernannt  worden.  Der  Ober¬ 
ingenieur  für  Staatseisenbahnbau  Karl  Paul  Prefsler  ist  zum  Finanz¬ 
rath  und  etatmäfsigen  Mitgliede  der  Generaldirection  der  Staatseisen¬ 
bahnen  befördert  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  am 
18.  Februar  d.  J.  die  erledigte  Stelle  eines  Bahnmeisters  in  Ostrach  dem 
stellvertretenden  Bahnmeister  Ziegler  in  Altshausen  zu  übertragen. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  sich  Gnädigst 
bewogen  gefunden,  den  Kammerjunker  Oberingenieur  Frhrn.  Teuffel 
von  Birkensee  in  Bruchsal  zum  Kammerherrn  zu  ernennen. 

Der  Baurath  Karl  Diez  in  Freiburg  ist  gestorben. 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  St.  Marien -Domkirche  in  Colbersj. 


Durch  ein  Gnadengeschenk  Kaiser  Wilhelms  I.  wurde  die 
St.  Marien -Domgemeinde  in  Colberg  im  Jahre  1886  in  den  Stand 
gesetzt,  ihr  stark  in  Verfall  gerathenes  Gotteshaus,  die  Hauptpfarr¬ 
kirche  der  Stadt,  in  planmäfsiger  Weise  wieder  herzustellen.  Die 
Kirche,  von  der  umstehend  Grundrifs,  Querschnitt  und  Nordansicht 
dargestellt  sind,  hat  ihre  jetzige  Gestalt  erst  durch  mehrmalige 
Vergröfserungen  und  Veränderungen  erhalten.  Der  Beginn  ihrer 
Erbauung  fällt  zusammen  mit  der  um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts 
erfolgten  Gründung  des  deutschen  Colberg  nahe  der  Mündung  des 


Persante-Flusses  und  mit  der  bald  darauf  vorgenommenen  Verlegung 
des  Domcapitels  aus  dem  Va  Stunde  oberhalb  am  Flusse  gelegenen 
alten  wendischen  Colberg  in  die  neubegründete  Stadt.  Die  für  da¬ 
malige  Zeiten  sehr  bedeutenden  Einnahmen  des  dem  Bischof  von 
Cammin  unterstellten  Capitels,  dessen  Mitglieder  dem  Gottesdienste 
gröfseren  Glanz  und  höhere  Würde  zu  verleihen  berufen  waren,  er¬ 
laubten  im  Verein  mit  zahlreichen  zum  Bau  gesammelten  Opfergaben 
die  räumlich  sehr  ausgedehnte  und  auf  eine  volkreiche  Stadt  be¬ 
rechnete  Anlage  der  Kirche.  Der  damals  begonnene,  ältere  Theil 


74 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


22.  Februar  1890. 


des  Gotteshauses,  welcher  im  Grundrisse  schwarz  angelegt  ist,  besteht 
aus  einer  dreischiffigen,  fünf  Joch  langen,  mit  Kreuzgewölben  auf 
Achteckpfeilern  überdeckten  Hallenkirche,  einem  für  zwei  Spitzen 
berechneten  Thurmbau  und  dem  für  den  Gottesdienst  der  Geistlich¬ 
keit  bestimmten,  mit  fünf  Seiten  eines  Zehnecks  abgeschlossenen 
Prälatenchore.  Der  Bau  mufs  mit  einer  für  damalige  Verhältnisse 
grofsen  Schnelligkeit  gefördert  worden  sein,  denn  bereits  im  Jahre 
1282  waren  die  drei  Kirchenschiffe  vollendet  und  ist  in  denselben, 
wie  die  Capitelsurkunden  melden,  Gottesdienst  abgehalten  worden. 
Doch  eines  weiteren  Zeitraumes  von  vierzig  Jahren  bedurfte  es,  bis 
der  Prälatenchor  fertig  gestellt  und  der  Thurmbau  bis  zu  der  jetzigen 
Höhe  gebracht  wurde.  Der  Ausbau  der  beiden  Thurinspitzen  ist, 
wie  das  im  obersten  Thurmgeschosse  unvollendete,  nur  in  halber 
Stärke  mit  innerer  Verzahnung  ausgeführtc  Mauerwerk  zeigt,  über¬ 
haupt  nie  erfolgt. 

Der  erste  Anbau  an  diese  ältere  Kirchenanlage,  die  mit  Stern¬ 
gewölben  überdeckte  Mariencapelle,  welche  ah  der  Südseite  jetzt  die 
zwei  östlichsten  Joche  mit  der  Altarnische  umfafst,  mufs  1379  bereits 
vollendet  gewesen  sein,  da  in  diesem  Jahre  nach  den  Urkunden  eine 
Vicarie  in  derselben  gestiftet  wurde.  Im  Anfänge  des  15.  Jahrhunderts 
ist  sodann,  nach  Abbruch  der  westlichen  Wand  dieser  Capelle,  aber 


mit  Belassung  des  (im  Grundrisse  sichtbaren)  inneren  Schildbogens, 
das  äufsere  südliche  Seitenschiff’  durch  Anbau  der  drei  westlichen, 
mit  reichen  Sterngewölben  versehenen  Joche  vollendet  worden;  aixcli 
wurden  zur  V erbindung  mit  der  alten  Kirche  nach  Ausbruch  der 
ehemaligen  Fensterwände  grofse,  spitzbogig  überwölbte  Gurtbogen- 
öff’nungen  hergestellt,  die  in  das  Dachgeschofs  ragenden  Theile  der 
alten  Fenster  aber  (vgl.  den  Querschnitt)  vermauert.  Diese  Bau¬ 
ausführungen  sind  mit  dem  Namen  des  Colberger  Bürgermeisters 
Bade  in  Verbindung  gebracht  und  daher  diesem  äufseren  Seitenschiff’ 
der  Name  „Badengang“  beigelegt.  Um  der  ganzen  Anlage  mehr 
Festigkeit  zu  geben,  sind  Mitte  des  IG.  Jahrhunderts  die  Pfeiler  des 
Badenganges  5  m  über  dem  Fufsboden  durch  Gurtbögen  von  der 
Breite  der  Pfeiler  miteinander  verbunden,  über  denen  dann  hölzerne 
Emporen  errichtet  wurden. 

Etwa  gleichzeitig  mit  der  Herstellung  des  Badenganges  wurde 
der  Anbau  eines  fünften  Schiffes  nördlich  in  derselben  Weise  wie 
südlich,  jedoch  zweigeschossig,  ausgeführt.  Für  letztere  Art  der 
Ausbildung  gab  die  an  der  Stelle  der  jetzigen  Sacristei  belegene, 
bereits  1386  geweihte  zweigeschossige  Holkencapelle  das  Vorbild. 
Wahrscheinlich  hat  das  obere  Geschofs  derselben  nicht  die  für  das 
vierjochige  fünfte  Schiff  beabsichtigte  Höhe  gehabt,  und  ist  deshalb 
letzteres  nach  Osten  hin  durch  einen  übereck  gestellten  Strebepfeiler 
abgeschlossen.  Später,  im  Jahre  1423,  gestattete  die  Patricier-Familie 
Holk  dem  Käthe  der  Stadt  gegen  die  Verpflichtung  der  baulichen 
Unterhaltung  ihrer  Capelle,  das  Bleidach  über  derselben  abzu¬ 
nehmen  und  zu  verkaufen.  Jedenfalls  gleichzeitig  wird  die  Erhöhung 
des  oberen  Geschosses  der  früheren  Holkencapelle  und  die  Verbin¬ 
dung  mit  der  Kirche  in  gleicher  Weise,  wie  südlich  bei  der  Marien¬ 
capelle,  erfolgt  sein.  Von  jener  Capelle  hat  das  nördliche  äufsere 


Seitenschiff  den  Namen  „Holkengang“  erhalten.  In  wie  einfacher 
Weise  die  Strebepfeiler  und  die  Dachconstruction  der  alten  Anlage 
für  die  Kirchenerweiterungen  benutzt  wurden,  zeigt  der  Querschnitt. 

Von  den  weiteren,  jetzt  aber  nicht  mehr  vorhandenen  Anbauten 
sind  südlich  am  Thurm  die  „Schlieffencapelle“,  nördlich  neben 
dem  Chore  die  „Garvekammer“  (Geräthe-  und  Kleiderkammer),  zu  er¬ 
wähnen.  Letztere  diente  ehemals  zur  Aufbewahrung  der  Schätze 
des  Capitels  an  Mefsgewändern,  Büchern,  Gold-  und  Silbergeräthen. 
Sie  wurde  im  Jahre  1617,  wie  eine  auf  den  Putz  gemalte  Jahreszahl 
anzeigt,  vermittelst  eines  Durchbruches  mit  der  Kirche  in  unmittel¬ 
bare  Verbindung  gebracht,  im  Jahre  1822  jedoch  als  die  Kirche 
entstellend  abgebrochen,  und  ein  Fenster  in  der  Kirchenwand  an 
dieser  Stelle  angelegt. 

Das  Kirchendach  war  ursprünglich  mit  Hohlpfannen  gedeckt; 
nach  der  beschriebenen  Erweiterung  durch  zwei  Schiffe  trat  an  Stelle 
dieser  Eindeckung  (mit  Ausnahme  des  hohen  Chores,  welcher  später 
mit  Schiefer  gedeckt  ist)  im  Jahre  1450  eine  Kupferbedachung,  wozu 
das  Material  für  5  fl.  pommersch  (11  Thaler  25  Silbergroschen)  für 
den  Centner  angekauft  wurde.  Auch  aus  dieser  urkundlichen  Nach¬ 
richt  ist  man  wohl  berechtigt  den  Schlafs  zu  ziehen,  dafs  die  Er¬ 
weiterungsbauten  zu  einer  fünfschiffigen  Kirche  in  jener  Zeit  fertig 

gestellt  sind.  Nur  die  Thurm¬ 
anlage  ist  erst  später,  nämlich 
im  Anfänge  des  16.  Jahrhunderts, 
derart  zum  Ab^chlufs  gebracht, 
dafs  an  Stelle  der  beabsichtigten 
zwei  Spitzen  nur  der  mittlere 
Theil  hochgeführt  und  die  bei¬ 
den  Seitentheile  mit  niedrigen 
Dächern  in  Pyramidenform  ver¬ 
sehen  wurden.  Die  jetzige  mitt¬ 
lere  Spitze  (s.  Abb.  2)  ist  im 
Jahre  1646  infolge  Einsturzes 
der  alten  errichtet. 

Bei  der  Grofsräumigkeit 
der  älteren  Anlage  erscheint 
es  auffallend,  dafs  sie  inner¬ 
halb  150  Jahren'  so  bedeuten¬ 
dende  Vergröfserungen  der 
Grundfläche  erfahren  hat.  Hier¬ 
zu  hat  in  erster  Linie  die  Her¬ 
stellung  von  Capellen,  die  durch 
Beiträge  oder  auf  Kosten  von 
reichen  Patricierfamilien  erbaut  wurden  (wie  die  Schlieffen-,  Holken¬ 
capelle  usw.),  die  Veranlassung  gegeben.  Dazu  kamen  das  schnelle 
Emporblühen  der  Stadt  und  der  auf  dem  Seehandel  und  der  Salz¬ 
gewinnung  aus  den  in  der  Gegend  zu  Tage  tretenden  Soolquellen  be¬ 
ruhende  Reichthum  der  Bürger,  welcher  werthvolle  Schenkungen  oder 
Vermächtnisse  an  die  Kirche  zur  Folge  hatte  und  so  eine  Vergröfse- 
rung  und  Bereicherung  des  den  Wohlstand  der  Stadt  zu  damaliger 
Zeit  zum  Ausdruck  bringenden  Gebäudes  ermöglichte.  Vermuthlich 
haben  aber  auch  constructive  Gründe  mit  zur  Erbauung  der  äufseren 
Schilfe  geführt.  In  den  Aufsenwänden  und  Strebepfeilern  der  alten 
Anlage  sind  bei  den  jetzigen  Wiederherstellungsarbeiten  gröfsere 
Hohlräume  aufgefunden,  die  auf  eine  frühere  Ausfüllung  derselben 
mit  Schutt  schliefsen  lassen.  Diese  Art  der  Ausführung  wird,  viel¬ 
leicht  im  Verein  mit  einer  ungenügenden  Gründung,  schon  frühzeitig 
mancherlei  Bauschäden  haben  in  die  Erscheinung  treten  lassen,  von 
denen  der  bedeutendste,  die  Neigung  der  6  westlichen  Achteck¬ 
pfeiler  nach  Südwesten  zu,  noch  heute  sehr  in  die  Augen  fällt. 
Die  Abweichung  von  der  Lothrechten  beträgt  bei  dem  schiefsten 
Pfeiler  47  cm  bei  einer  Höhe  von  12  m.  Doch  welches  auch  die 
Gründe  zum  Anbau  der  beiden  äufseren  Seitenschiffe  gewesen  sein 
mögen,  diese  Anbauten  haben  die  äufsere  Erscheinung  der  Kirche 
wesentlich  beeinträchtigt.  Durch  die  Verringerung  der  Dachneigung 
und  Vergröfserung  der  vorher  schon  bedeutenden  Dachfläche  auf 
Kosten  der  Frontwandhöhen  ist  das  Verhältnifs  der  letzteren  zu  den 
Dachhöhen  sehr  ungünstig  geworden.  Dazu  kommt  die  im  Vergleich 
zur  Länge  der  Kirche  (30  m)  bedeutende  Breite  von  40  m,  welche 
die  ausreichende  Beleuchtung  des  Raumes  erschwert  und  zum  Ver¬ 
zicht  auf  reichere  Ausführung  der  Fenster  gelegentlich  des  jetzigen 
Umbaues  geführt  hat.  (Schlufs  folgt.) 


lieber  Profilmafsstäbe  und  über  den  Genauigkeitsgrad  bei  der  Erdmassen-Ermittlung. 


Unter  der  Ueberschrift  „Ueber  Profilmafsstäbe“  enthält  Nr.  6 
d.  Bl.  (S.  62)  eine  schätzenswerthe  Mittheilung,  in  welcher  mehrfach 
Bezug  genommen  wird  auf  meinen  Aufsatz  über  „Erdmassen- 
Ermittlung“  usf.  vom  Jahre  1881.  Es  wird  mir  daher  gestattet  sein, 
an  dieser  Stelle  darauf  hinzuweisen,  dafs  der  betreffende  Gegenstand 


in  einer  wesentlichen  Umgestaltung  und  Erweiterung,  namentlich  mit 
Ausdehnung  auf  Querneigung,  im  Jahre  1889  neu  erschienen  ist  (s.  die 
Besprechung  auf  S.  434  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bk),  und  zugleich 
noch  einige  Bemerkungen  hier  anzufügen. 

Zu  Eingang  der  erwähnten  Mittheilung  wird  erwähnt,  dafs  die 


JIr.  8. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


75 


Grundlage  für  die  Genauigkeit  der  Anwendung  von  Profilmafsstäben 
(auch  des  daselbst  neu  angegebenen)  durch  den  Höhenmafsstab  des 
Längenprofils  gebildet  wird,  und  dafs  die  durch  letzteren  bedingten 
Fehler  sich  somit  auf  das  weitere  Verfahren  übertragen.  Dieser 
durchaus  richtige  Satz  könnte  in  dem  angeführten  Zusammenhänge 
den  —  gewifs  nicht  beabsichtigten  —  Irrthum  erregen,  als  ob  diese 
Fehlerquelle  gerade  für 
die  Anwendung  von  Pro¬ 
filmafsstäben,  also  für 
das  graphische  Massen- 
ermittlungs  -  Verfahren 
allein,  oder  doch  in  be¬ 
sonderem  Grade  von  Ein- 
flufs  wäre.  Es  dürfte  des¬ 
halb  nicht  überflüssig  sein, 
auf  das  Irrige  einer  sol¬ 
chen  Meinung  ausdrück¬ 
lich  hinzuweisen.  Gleich¬ 
viel,  ob  man  die  Inhalte 
durch  Kechnung  oder 
durch  Zeichnung  ermittelt, 
die  Höhen  des  Längen¬ 
profils  bilden  in  gleicher 
Weise  die  Grundlage  des 
Verfahrens,  und  dessen 
Höhenmafsstab,  der  die- 
serhalb  thunlichst  grofs 
—  mindestens  1 ;  250  — 
zu  nehmen  ist,  beeinflufst 
die  Fehler  des  weiteren 
Verfahrens  in  beiden 
Fällen  in  ganz  gleichem 
Grade,  sofern  die  Höhen 
überhaupt  aus  'dem  Län- 
genpröfile  abgemessen 
werden.  Sobald  aber,  wie 
bei  ausführlichen  Vor¬ 
arbeiten,  die  Querprofile 
draufsen  aufgemessen  und 
ihre  Inhalte  aus  der  Zeich¬ 
nung  bestimmt  sind,  so 
werden  selbstverständlich 
auch  bei  dem  zeichne¬ 
rischen  Verfahren  der 
Massenermittlung  diese 
Inhalte  unmittelbar  auf¬ 
getragen  und  entfällt  dann 
das  Abmessen  aus  dem 
Längenprofil  ebenso  wie 
bei  der  Rechnung.  Der 
Fall  aber,  dafs  ohne  Quer- 
profilaüfnahmen  —  also 
bei  allgemeinen  Vorar¬ 
beiten  —  jeder  einzelne 
Knickpunkt  des  Längen¬ 
profils  einnivellirt  und 
jede  einzelne  Auf-  und 
Abtragshöhe  durch  reine 
Rechnung  aus  gegebenen 
Zahlen  festgestellt  ist, 
dürfte  nur  selten  vor¬ 
liegen;  und  wenn  er  vor¬ 
liegt,  so  hindert  in 
diesem  Falle  nichts,  den 
Profilmafsstab  beliebig 
grofs  zu  nehmen,  da  er 
alsdann  vom  Längenprofil 
unabhängig  ist. 

Was  dann  weiter  die 
in  jener  Mittheilung  er¬ 
wähnte  zweite  Fehler¬ 
quelle  betrifft,  welche 

durch  Abgreifen  im  ,  Profilmafsstabe  selbst  entsteht  (und  welche 
etwa  dem  in  der  Regel  meist  auch  nicht  genau  gerechneten  — 
weil  sehr  lästigen  —  Einschalten  zwischen  Zahlenwerthen  von  Ta¬ 
bellen  entspricht),  so  bietet  der  von  Herrn  Regierungs -Bau¬ 
meister  Struck  a.  a.  0.  mitgetheilte  neue  Profilmafsstab  in  der  That 
ein  sehr  sinnreiches  Mittel  zur  Verminderung  dieser  Fehler,  so  lange 
es  sich  um  eine  gleichbleibende  Planumbreite  und  um  Profile  ohne 
Querneigung  handelt  oder  um  solche  mit  nur  wenigen,  lange  gleich¬ 
bleibenden  Querneigungen.  Sobald  jedoch  letztere  häufig  wechseln. 


Abb.  3.  Nordseite. 

Badehgang 


so  wird  das  Verfahren  doch  recht  umständlich,  da  man,  wie  der 
Verfasser  selbst  hervorhebt,  dann  für  jede  einzelne  Querneigung  zwei 
besondere  Mafsstäbe  (Auf-  und  Abtrag)  berechnen  und  mit  der  so 
entstehenden  grofsen  Zahl  von  Mafsstäben  arbeiten  mufs,  wobei  leicht 
Verwechslungen  eintreten  können. 

Die  für  Berücksichtigung  der  Querneigungen  in  meiner  kleinen 

Schrift  (zweite  Auflage) 
behandelten  beiden  Ver¬ 
fahren  vereinigen  da¬ 
gegen  alle  Querneigungen 
in  einem  Bilde,  ver¬ 
ursachen  daher  keiner¬ 
lei  Umstände  und  ge¬ 
statten  zudem  das  un¬ 
mittelbare  Einschalten 
zwischen  verschiede¬ 
nen  Neigungen.  Ein 
und  dasselbe  Bild  ist 
ferner  für  Auf-  und  Ab¬ 
tragsprofile  sowie  für 
jede  beliebige  Planum¬ 
breite  anwendbar,  indem 
eine  Veränderung  der 
letzteren  nichts  weiter 
erfordert,  als  die  Ein¬ 
zeichnung  einer  andern 
Geraden  als  Nullinie.  Da¬ 
gegen  gestatten  sie  aller¬ 
dings  nicht  ein  so  ge¬ 
naues  Abgreifen. 

Prüft  man  nun  aber 
den  Werth  grofser  Ge¬ 
nauigkeit  bei  dem  Ver¬ 
fahren  zur  Ermittlung  von 
Erdmassen,  so  wird 
man  zugeben  müssen, 
dafs  die  Unterlagen,  auf 
welchen  diese  Ermittlung 
beruht ,  vielleicht  abge¬ 
sehen  von  einzelnen  ganz 
besonderen  Fällen,  doch 
naturgemäfs  ganz  erheb¬ 
liche  Ungenauigkeiten  in 
sich  schliefsen,  woran 
selbst  die  sorgfältigste 
Rechnung  nichts  bessern 
kann ,  dafs  mithin  ein 
sehr  hoher  Genauigkeits¬ 
grad  der  weiteren  Er¬ 
mittlung  —  gleichviel  ob 
durch  Rechnung  oder 
Zeichnung  —  kaum  er¬ 
heblichen  praktischen 
AVerth  haben  kann.  Da 
ist  zuerst  die  Unebenheit 
des  Erdreichs  zwischen 
den  etwa  aufgemesse¬ 
nen  Punkten  des  ein¬ 
zelnen  Querprofils;  weiter 
namentlich  die  erheb¬ 
liche  Unregelmäfsigkeit 
des  Geländes  zwischen 
den  mehr  oder  weniger 
weit  von  einander  ab¬ 
stehenden  Querprofilen ; 
da  ist  ferner  der  rein 
rechnerische  Fehler,  wel¬ 
cher  dadurch  entsteht,  dafs 
man  den  (bei  ebener  Erd¬ 
oberfläche)  in  Wahrheit 
obeliskenartigen  Körper 
zwischen  zwei  Profilen 


Holkengang 


Abb.  4.  Grundrifs. 

St.  Marien-Domkirch.e  in  Colberg. 


durch  ein  Prisma 


Fl 


■0 


ersetzt,  und  welcher  bekanntlich 


mit  dem  Quadrat  des  Höhenunterschiedes  der  beiden  Profile  wächst. 
Alle  diese  Ungenauigkeiten  bleiben  selbst  bei  sorgfältigster  Auf¬ 
messung  der  einzelnen  Profile  bestehen.  Wenn  man  nun  aber,  wie 
bei  allgemeinen  Vorarbeiten  wohl  meistens,  die  Höhen  und  die  Quer¬ 
neigungen  aus  Schichtenplänen  entnimmt  oder  durch  Ein  schalten 
zwischen  Höhenpunkten  gewinnt,  also  zu  alledem  auch  die  gerad¬ 
linige  Querneigung  an  die  Stelle  der  in  Wirklichkeit  unregelmäfsigen 


Centralblatt  der  Bauverwaltung'. 


22.  Februar  1890, 


76 


Ei'd Oberfläche  setzt;  wenn  man  sich  weiter  die  Unsicherheit  der  Auf- 
lockerungsgröfse,  endlicli  die  unvermeidlichen  Ungenauigkeiten  der 
Ausführung  vergegenwärtigt:  was  wollen  gegen  solche  Abweichungen 
von  der  AVirkliclikeit  die  verhältuifsmäfsig  kleinen  Ungenauigkeiten 
besagen,  welche  bei  einigerinafsen  sorgfältigem  Verfahren  der  Eech- 
nung  oder  Zeichnung  anhaften'?  Da  würde  man  sich  offenbar  einer 
Täuschung  hingeben,  wenn  man  glauben  wollte,  auf  Grund  solcher 
Unterlagen  durch  sehr  genaue  Ermittlungsarten  ein  besonders  zu¬ 
verlässiges  Ergebuifs  erzielen  zu  können.  Was  für  die  Berechnung 
einer  Bauconstruction  der  Grundsatz  des  gleichen  Sicherheitsgrades,  das 
ist  für  die  —  gleichviel  ob  rechnerische  oder  zeichnerische  —  Ermitt¬ 
lung  von  Zahlenwertheu  aus  gegebenen  Grundlagen  ein  etwa  gleicher 
Genauigkeitsgrad.  Ist  ein  Ilaupttheil  einer  Brücke  zu  schwach,  so 
wird  dieselbe  durch  irunöthige  Stärke  anderer  Theile  nicht  sicherer. 
Gerade  so  verhält  es  sich  hier  mit  dem  Genauigkeitsgrade  bei  Er¬ 
mittlung  der  Erdmassen.  Man  wird  sich  also  bei  der  Natur  der 
gegebenen  Unterlagen  mit  Rücksicht  auf  den  praktischen  Zweck 
stets  mit  Annäherungswerthen  begnügen  müssen  und  auch  begnügen 
dürfen,  da  glücklicherweise  die  grofse  Zahl  der  Abweichungen  in 
der  Unterlage  wie  in  dem  Ermittlungsverfahren  im  allgemeinen 
ebensowohl  nach  der  positiven  als  nach  der  negativen  Seite  fallen, 
mithin  sich  einigermafsen  ausgieichen. 

Manche  Fehlerquellen,  wie  z.  B.  die  oben  bezeichiiete  Abweichung 
des  prismatischen  von  dem  wahren  Körper  (auch  gewisse  Fehler  bei 


Aufsuchung  von  Schwerlinien  u.  a.  m.)  sind  bei  der  Rechnung  und 
Zeichnung  dieselben,  nur  werden  sie  im  ersteren  Falle  nicht  bemerkt, 
während  sie  bei  der  Zeichnung  viel  eher  zur  Erscheinung  kommen 
und  dann  mit  grofser  Leichtigkeit  vermindert  werden  können,  wie 
z.  B.  die  auf  dem  Papier  sehr  leicht  vorgenommene  Einschaltung 
eines  mittleren  Profils  jenen  Fehler  auf  den  4.  Theil  herabmindert, 
was  zwar  durch  Rechnung  auch,  aber  umständlicher  zu  erreichen  ist. 
Zudem  ist  die  letztere  einer  Reihe  von  äufseren,  zwar  vermeidbaren 
aber  leicht  vorkoinmenden  Irrthümern  ausgesetzt,  wie  beim  Ablesen 
der  Profilhöhen,  Aufsuchen  der  betreft'enden  Ziffern  in  langen  Zahlen¬ 
tabellen,  Einschaltrechnungen,  Niederschreibeu  von  Zahlen,  Aus¬ 
rechnen,  Summiren  usf.,  was  bei  dem  fast  nur  aus  Zirkelbewegungen 
bestehenden  graphischen  Verfahren  fast  ganz  wegfällt  oder  doch  in 
viel  geringerem  Grade  der  Fall  ist. 

Was  die  in  der  erwähnten  Mittheilung  berührte  etwaige  Fort- 
lassung  des  Flächenprofils  anbetrifft,  so  dürfte  solche  bei  beabsich¬ 
tigter  Massenvertheilung  nicht  rathsam  sein,  weil  grade  das 
Flächenprofil  mit  der  Darstellbarkeit  alles  Nebeneinanderliegenden 
ein  nicht  anders  zu  ersetzendes  klares  Bild  der  Vertheilung  giebt 
und  deshalb  auch  für  den  ganzen  Baufortgang,  für  die  Aufstellung 
der  Abschlags-  und  endgültigen  Rechnungen,  der  Bauberichte  usf.  von 
besonderem  Werth  ist. 

Berlin,  16.  Febr.  1890.  A.  Goering. 


Die  Viaducte  der  Eisenbahnlinie  Tabor-Pisek. 


Von  Professor  Melau  in  Brünn. 


Hie  im  Bau  befindliche  Theilstrecke  Tabor-Pisek  der  böhmisch- 
mährischen  Transversalbahn  durchquert  einen  Landstrich,  der  seiner 
geologischen  Be¬ 
schaffenheit  nach 
dem  Hercynischen 
Granitgebirgstocke 
angehört  und  der 
den  Charakter  einer 
Hochebene  trägt,  in 
welche  die  Wasser¬ 
läufe  meist  mit 
steilen  Thalgehän¬ 
gen  eingeschnitten 
sind.  Letzterer  Um¬ 
stand  hat  iin  Zuge 
der  genannten 
Bahnlinie  den  Bau 
mehrerer  gröfserer 
Viaducte  nothwen- 
dig  gemacht,  über 
deren  Ausführung 
nachstehend  einige 
Mittheilungen  fol¬ 
gen,  zu  welchen  die  Bauunternehmung  Brüder  Redlich  u.  Berger, 
welcher  der  Bau  der  ganzen  Linie  seitens  der  Staatsverwaltung 
übertragen  ist,  freundlichst  die  Angaben  zur  Verfügung  gestellt  hat 

Zunächst  ist  die  ausgesprochene  Bevorzugung  steinerner  ge¬ 
wölbter  Bauwerke  gegenüber  solchen  mit  eisernem  Ueberbau 
hervorzuheben.  Diese  Bevorzugung,  welche  in  Hinsicht  auf  den  Kosten¬ 
vergleich  durch  die  ausschliefsliche  Anwendung  von  Bruchsteinmauer¬ 
werk  möglich  gemacht  und  seitens  der  Baudirection  der  österreichischen 
Staatsbahnen  durch  die  mustergültigen  Bauausführungen  auf  der 
Arlbergbahn  eingeleitet  wurde,  war  hier  um  so  eher  begründet,  als 
brauchbarer  Baustein,  Gneis  und  Gneisgranit,  zumeist  in  der  Nähe 
der  Bahnlinie  oder  wenigstens  in  nicht  zu  weiter  Entfernung  sich 
vorfand.  Die  rund  60  km  lange  Strecke  erhielt  sonach  drei  gröfsere 
gewölbte  Viaducte,  und  nur  der  Uebergang  über  das  Moldauthal, 
welcher  in  einer  Höhe  von  65  m  über  dem  Niederwasser  des  Flusses 
erfolgt,  wird  mittels  einer  auf  gemauerten  Pfeilern  ruhenden  Eisen- 
consti'uction  bewerkstelligt. 

Die  gewölbten  Viaducte  sind  nach  dem  üblichen  Muster  der 
k.  k.  Staatsbahnen  ausgeführt.  Die  beistehenden  Abbildungen  1 — 4 
veranschaulichen  den  Viaduct  bei  Mühlhausen;  ganz  damit  über¬ 
einstimmende  Bauart  zeigen  die  beiden  anderen  Viaducte,  jener  bei 
Tabor  und  der  über  den  Smutna-Bach;  auch  die  bereits  vor  zwei 
Jahren  vollendete  Theilstrecke  Iglau-Tabor  der  in  Rede  stehenden 
Bahnlinie  besitzt  einige  derartige  Bauwerke.  Die  Ausführung  ist 
ganz  in  lagerhaftem  Bruchsteinmauerwerk  in  Cementmörtel,  blofs  die 
Brüstungsmauern  sind  mit  einer  50  cm  starken  Quaderschicht  ab¬ 
gedeckt.  Die  Pfeiler  erhalten  in  der  Ebene  der  Brückenachse  1/50, 
senkrecht  hierzu  1/20  Anlauf.  Die  Kämpferfuge  der  vollen  Halbkreis¬ 
bögen  ist  unter  1:5  gegen  die  Wagerechte  geneigt  angenommen  und 
die  Hintermauerung  der  Gewölbzwickel  so  hoch  aufgeführt,  dafs 


Abb  5.  Querschnitt.  Lauf-  u. 


beiderseits  ein  Gefälle  von  etwa  1 : 15  gegen  den  Gewölbscheitel 
entsteht.  Zur  Abdeckung  wird  ausschliefslich  Ponti-Cement  benutzt, 

eine  flüssige  Masse, 
welche  in  dünner 
Schicht  auf  dem 
mit  Beton  abge¬ 
glichenen  Gewölb- 
rücken  aufgetra¬ 
gen  wird,  und  die 
Entwässerung  er¬ 
folgt  im  Gewölb¬ 
scheitel  durch  ein 
gufseisernes  Rohr 
mit  übergestülpter, 
durchlöcherter 
Kappe. 

Die  Ausführung 
der  gewölbten  Via¬ 
ducte  geschah  nach 
einem  einheitlichen 
Plane.  Die  hierzu 
verwendeten  Ge¬ 
rüste  sind  aus  den 
Abbildungen  1 — 3  ersichtlich.  Sie  be¬ 
stehen  aus  zwei  parallel  zur  Viaduct- 
achse  gestellten  Ständerreihen,  welche 
einen  solchen  Abstand  haben,  dafs 
zwischen  ihnen  auf  jeder  Seite  der  Via- 
ductpfeiler  noch  je  ein  Rollbahngeleis 
Platz  hat.  Die  Ständer  in  jeder  Reihe 
stehen  in  7 — 8  m  Entfernung  und  sind 
untereinander  und  mit  den  gegenüber¬ 
stehenden  Ständern  der  andern  Reihe 
durch  Diagonalkreuze  in  der  aus  den 
Zeichnungen  ersichtlichen  Weise  ver¬ 
bunden.  Die  Gerüste  sind  mittels  durch¬ 
laufender  Langhölzer  in  Geschosse  von 
10  — 13  m  Höhe  untertheilt;  die  Ständer 
des  oberen  Geschosses  sind  auf  das 
Langholz  aufgesetzt  und  mit  den  da¬ 
runter  befindlichen  Ständern  durch  an¬ 
gelegte  Kupplungshölzer  verlascht.  Auf 
den  Kapphölzern,  welche  die  beiden 
Ständerreiheu  in  Viaduethöhe  verbinden, 
liegen  die  mit  Sattelhölzern  verstärkten 
Balken,  welche  das  Geleis  für  die  Krahn- 
wagen  tragen,  sowie  die  Unterzüge  für  die 
schmalen  Laufstege,  welche  beiderseits 
desKrahngeleises  angebracht  sind  (Abb. 6). 
Jeder  Ständer  ist  nach  aufsen  durch  eine  schiefe  Strebe  abgestützt  und 
steht  mit  dieser  auf  einer  gemeinschaftlichen  Grundschwelle.  Die 
Verbindung  der  Gerüsthölzer  ist  durchgehends  mit  Schraubenbolzen 
bewerkstelligt. 


Abb.  6.  Längenschnitt. 


Abb.  7.  Lehrbogen  auf 
Tragsteineu. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


77 


Nr.  8. 


Die  in  Anwendung  gekommenen  Krahnwagen  (Abb.  5  und  6) 
mit  doppelter  Parallelbewegung  liefsen  jede  Stelle  innerhalb  des 
Versetzgerüstes  mit  dem  Hebezeuge  erreichen.  Die  auf  den  Koll- 


Einrüstung  einer  Oeffnung  waren  5  Lehrbogen  nothwendig,  von  denen 
ein  jeder  bei  10  m  Spannweite  ohne  Schalung  rund  2,8  cbin  Holz 
erforderte. 


Abb.  2.  Grundrifs. 

Brücke  über  den  Müblhausener  Bach. 


bahngeleisen  in  der  Thalsohle  zugeführteii  Baumaterialien  wurden 
mitsamt  dem  Wagen,  auf  welchem  sie  lagen,  gehoben  und  an  der 
entsprechenden  Verwendungsstelle  abgeladen.  Ein  solcher  Krahn- 


Die  nachstehende  Zusammenstellung  enthält  die  Ausmafse  an 
Mauerwerk  und  Gerüstholz  bei  den  drei  gewölbten  Viaducten  der 
in  Rede  stehenden  Bahnlinie. 


CO 

O 

Mittlere 

Pfeilerhöhe 

Getriebe¬ 
zimmerung 
im  Fundament 

bß 

Mauerwerk 

Gewölbe¬ 

abdeckung 

Holz- 

t-i  bß 
:3  S 

Bezeichnung 

Anzahl 

der 

Oeffnungen 

Länge 
des  Viaduct 

Lage 

der 

Geleis¬ 

achse 

Fundament 

Aushub 

s 

&J0 

s 

£ 

ä 

W 

Fundament- 

Auf¬ 

gehendes 

Gewölb- 

Quader- 

Versetz¬ 

gerüst 

Gewölbe¬ 

einrüstung 

Tragsteine  f 

Gewölbrüstu 

m 

m 

cbm 

qm 

cbm 

cbm 

cbm 

cbm 

cbm 

qm 

cbm 

cbm 

cbm 

Koschiner  Viaduct  bei  Tabor 

5  zu  10  m 

65,18 

6,4 

R=3  300 

653 

504 

150 

366 

1276 

256 

26 

150 

rund 

170 

24 

9 

Smutna-Bach-Viaduct  .  .  . 

9  zu  12  m 

1  zu  7  m 

147,35 

12,8 

Gerade 

2714 

1274 

319 

1374 

4117 

637 

35 

396 

rund 

400 

52 

24 

Müblhausener  Viaduct  .  .  . 

6  zu  12  m 

3  zu  10  m 

140,04 

13,0 

Gerade 

2965 

1650 

436 

1540 

4360 

557 

58 

400 

rund 

380 

45 

22 

wagen,  für  eine  Tragkraft  von  etwa  2,2  t  berechnet,  erforderte  rund 
5  cbm  Holz. 

Die  Lehrgerüste  für  die  Wölbung  sind  als  Dreiecksprengwerke 
hergestellt  und  ruhen  unter  Vermittlung  von  Keilen  und  Sandbüchsen 
auf  40  cm  weit  ausladenden  Tragsteinen,  welche  in  der  Höhe  des 
Bogenanlaufs  in  den  Pfeiler  eingemauert  wurden  (Abb.  7).  Für  die 


Auf  1  cbm  Viaductmauerwerk  (ohne  Fundament)  entfallen  sonach 
rund  Vi2  bis  Vs  cbm  Gerüstholz  ohne  Lehrgerüst.  Auf  1  qm  ver¬ 
bauter  Thalfläche  berechnet,  ergeben  sich  ungefähr  3,3  —  4,6  cbm 
Mauerwerk  und  0,22  —  0,4  cbm  Rüstholz.  Das  Lehrgerüst  erforderte 
auf  je  1  m  Oeffnungs weite  etwa  1,4  cbm  Holz. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Die  Regulirung  der  Stromverhältnisse  der  Weichsel  und  Jfogat. 


Anläfslich  der  Berathungen  über  den  im  Februar  1888  dem  Land¬ 
tage  zugegangenen  Gesetzentwurf,  betreffend  die  Regulirung  der 
Stromverhältnisse  der  Weichsel  und  Nogat  —  Centralblatt  der  Bau¬ 
verwaltung  1888  S.  82  — ,  fafste  das  Haus  der  Abgeordneten  infolge 
der  kurz  vorher  eingetretenen  Ueberschwemmung  der  rechtsseitigen 
Nogatniederung  den  Beschlufs,  „die  Königliche  Staatsregierung  auf¬ 
zufordern,  auf  Grund  der  während  des  vorjährigen  Hochwassers 
gemachten  Erfahrungen  von  neuem  Ermittlungen  darüber  anzustellen, 


ob  durch  die  Schliefsung  und  Canalisirung  bezw.  durch  eine  ent¬ 
sprechende  Regulirung  der  Nogat  mit  Aussicht  auf  Erfolg  und  unter 
möglichster  Berücksichtigung  aller  damit  zusammenhängenden  Inter¬ 
essen  der  Wiederkehr  von  Ueberschwemmungsgefahren  für  die  durch 
die  Hochwasser  der  Weichsel  und  Nogat  bedrohten  Gebiete  vor¬ 
gebeugt  werden  könne,  und  darüber  dem  Landtage  thunlichst  in 
seiner  nächsten  Session  eine  Vorlage  zu  machen“.  Der  Minister 
der  öffentlichen  Arbeiten  legte  darauf  der  Akademie  des  Bauwesens, 


Pisek. 


78 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


22.  Februar  1890. 


die  sich  früher  bereits  wiederholt  mit  diesem  Gegenstände  beschäftigt 
hatte,  vier  Fragen  zur  Berathung  und  Beantwortung  vor,  welche  von 
der  Abtheilung  für  Ingenieur-  und  Maschinenwesen  im  Februar  und 
März  vorigen  Jahres  eingehend  erürtert  worden  sind.  Das  am  6.  Mai 
1889  erstattete  umfangreiche  Gutachten  ist  nunmehr  dem  Abge¬ 
ordnetenhause  zugegangen  (Nr.  58  der  Drucksachen  des  Hauses). 

Die  erste  Frage  laritete:  „Erscheint  mit  Rücksicht  auf  die  in 
der  Landesvertretung  erhobenen  Bedenken  und  auf  die  Erfahrungen, 
welche  bei  dem  ungünstigen  Verlaufe  des  Hochwassers  im  Frühjahr 
1888,  sowie  überhaupt  seit  Erstattung  des  Gutachtens  vom  28.  Mai 
1881  gemacht  sind,  eine  entsprechende  Abänderung  des  letzteren 
geboten,  und  kann  insbesondere  die  Nogat  bei  ihrer  Abzweigung 
überhaupt  oder  doch  zeitweise  bei  Hochwasser  gesperrt  werden, 
ohne  dafs  dadurch  eine  Gefährdung  des  Pillauer  Hafens  eintritt?“ 
Die  Akademie  war  der  Ansicht,  „dafs  aus  der  Absperrung  der  Nogat, 
mag  dieselbe  dauernd  durch  einen  festen  Damm  oder  nur  zeitweise 
bei  Hochwasser  durch  eine  bewegliche  Vorriclitung  bewirkt  werden, 
eine  erhebliche  Benachtheiligung  des  Pillauer  Hafens  zu  erwarten  ist“. 
Sie  blieb  damit  auf  dem  von  ihr  früher  vertretenen  Standpunkte 
stehen,  nachdem  sie  zunächst  nochmals  den  Einflufs  der  Nogat  auf 
die  Spülung  des  Pillauer  Tiefs  und  Seegatts  untersucht  und  dabei 
festgestellt  hat,  dafs  jegliche  Verminderung  der  Abflufsmengen  der 
in  das  Frische  Haff  mündenden  Gewässer  von  erheblichem  Nachtheile 
auf  die  Offenhaltung  der  Pillauer  Hafeneinfahrt  sein  müsse.  Es  würde 
dadurch  die  Wirkung  der  ausgehenden  Strömung,  die  für  die  Er¬ 
haltung  und  Vermehrung  der  Tiefe  im  Seegatt  bei  Pillau  allein  in 
Frage  komme,  in  ihrer  Spülkraft  erheblich  geschwächt  werden,  was 
um  so  bedenklicher  wäre,  als  durch  den  Nord -Ostsee- Canal  auch 
Schiffen  von  mehr  als  7  m  Tiefgang  der  Eintritt  in  die  Ostsee  eröffnet 
werden  wird,  und  man  deshalb  bestrebt  sein  müsse,  in  den  wenigen 
Häfen,  die  den  tiefgehenden  Schiffen  an  der  preufsischen  Ostseeküste 
überhaupt  zugänglich  sind,  nicht  nur  die  vorhandene  Tiefe  zu  erhalten, 
sondern  letztere  auch  mit  allen  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  zn  ver¬ 
mehren.  Durch  verschiedene  Vorgänge  aus  älterer  und  neuerer  Zeit 
findet  diese  Ansicht  ihre  Bestätigung  und  auch  die  starke  Auswässe¬ 
rung  im  Frühjahr  1888  hat  ihre  wohlthätige  Wirkung  auf  das  Seetief 
bei  Pillau  nachweisbar  ausgeübt.  Von  ähnlichen  Folgen,  wie  die 
vollständige  Abdämmung  der  Nogat,  würde  auch  eine  zeitweilige  Ab¬ 
sperrung  derselben,  etwa  durch  ein  Wehr  oder  ein  Sperrschiff,  be¬ 
gleitet  sein.  Eine  solche  Absperrung  würde  nur  dann  Erfolg  haben, 
wenn  sie  vor  dem  Eintritt  der  Eisbildung  geschehen  und  bis  zur  Be¬ 
endigung  des  Eisganges  in  Wirkung  bleiben  könnte.  Erfahrungs- 
mäfsig  finden  die  Eisgänge  der  Weichsel  aber  stets  bei  höheren 
Wasserständen  statt,  die  entsprechenden  Wassermengen  würden  also 
für  die  Spülung  des  Pillauer  Tiefs  verloren  gehen  und  die  ganze 
Anlage  würde  in  ihren  Folgen  dem  gänzlichen  Verschlüsse  der  Nogat 
nahezu  gleichkommen.  Man  hat  ferner  die  Meinung  ausgesprochen, 
dafs  eine  zeitweise  Abspen-ung  der  Nogat  durch  eine  Reihe  von  Eis¬ 
böcken  erfolgreich  ausgeführt  werden  könne,  es  erscheint  dies  jedoch 
mehr  als  zweifelhaft  und  könnte  sogar  leicht,  im  Vertrauen  auf  die 
Wirksamkeit  des  Bauwerks,  zur  Sorglosigkeit  in  der  Deichunterhaltung 
an  der  Nogat  führen.  Endlich  ist  zu  Gunsten  der  Nogatabdämmung 
angeführt  worden,  dafs  die  Sinkstoff’e,  welche  die  Nogat  herabführt, 
am  Ufer  des  Haff's  sich  ablagern  und  dessen  Wasserfläche  verkleinern, 
wodurch  die  Wirksamkeit  des  Haffs  als  Spülbecken  vermindert  wird. 
Die  Verminderung  der  Wasserfläche  an  den  Nogatmündungen  be¬ 
trägt  indes  nur  etwa  13  ha  im  Jahre  und  ist  demnach  gegenüber  der 
ganzen  Hafffläche  von  870  qkm  so  unbedeutend,  dafs  erst  nach  Jahr¬ 
hunderten  eine  merkbare  Abminderung  der  Spülkraft  des  Haffes  ein- 
treten  könnte.  Eine  theilweise  Wanderung  der  Sinkstoff'e  der  Nogat 
bis  Pillau,  auf  60  km  Entfernung,  wie  ebenfalls  behauptet  ist,  ist  bei 
der  verhältnifsmäfsig  geringen  Strömung  im  Haff  natürlich  ausge¬ 
schlossen;  man  hat  derartige  Ablagerungen  von  Schlick  im  Pillauer 
Tief  und  Seegatt  auch  niemals  gefunden. 

Die  zweite,  der  Akademie  vorgelegte  Frage  ging  dahin;  „Ei-- 
möglichen  es  die  Fortschritte,  welche  auf  dem  Gebiete  der  Technik 
in  neuerer  Zeit  gemacht  sind,  auch  ohne  die  Spülkraft  des  Nogat¬ 
wassers  den  Pillauer  Hafeneingang  anderweit  durch  künstliche  Mittel 
dauernd  und  ohne  zu  grofse  Belästigung  der  Schiffahrt  in  der  er¬ 
forderlichen  Tiefe  offen  zu  halten?  Hierbei  wird  namentlich  auch 
das  Gutachten  des  Ingenieurs  Ziese  in  Elbing  zu  prüfen  sein.“ 
Diese  Frage  wird  wie  folgt  beantwortet:  „Trotz  der  Fortschritte, 
welche  auf  dem  Gebiete  der  Technik  in  neuerer  Zeit  gemacht  worden 
sind,  ist  doch  ein  genügender  Beweis  noch  nicht  erbracht,  dafs  es 
ohne  die  Spülkraft  des  Nogatwassers  und  ohne  grofse  Belästigung 
der  Schiffahrt  zu  ermöglichen  sein  würde,  den  Pillauer  Hafeneingang 
durch  Baggerung  offen  zu  erhalten.  Um  ein  Urtheil  hierüber  zu 
gewinnen,  empfiehlt  es  sich,  mittels  kräftiger  Bagger  vor  Pillau  und 
vor  einem  derjenigen  Ostseehäfen,  durch  welche  nur  eine  geringe 
Binnenentwässerung  stattfindet,  Probebaggerungen  auszuführen  und 
durch  sorgfältige  Peilungen  den  Einflufs,  welchen  Stürme  und  Küsten¬ 


strömung  auf  die  künstlich  vertiefte  Rinne  haben,  festzustellen.“  Bei 
der  Begründung  dieses  Beschlusses  werden  zunächst  die  Baggerungen 
im  Pillauer  Tief  und  Seegatt  besprochen.  Im  Tief  waren  dieselben 
bisher  nur  sehr  gering,  im  Seegatt  waren  sie  gar  nicht  nothwendig. 
Würde  die  Nogat  abgedämmt  werden,  so  müfsten  vermehrte  Bagge¬ 
rungen  eintreten.  Zwischen  den  Molen,  also  im  Seetief,  ist  die 
Wellenbewegung  meistens  nicht  so  stark,  dafs  dadurch  bei  Ver¬ 
wendung  geeigneter  Bagger  die  Baggerarbeit  gestört  wird.  Es  dürfte 
deshalb  bei  entsprechendem  Geldaufwande  nicht  unausführbar  sein, 
hier  ein  Profil  von  solcher  Tiefe  herzustellen,  dafs  sich  der  bei 
Nordweststürmen  hineintreibende  Sand  darin  niederschlagen  könnte, 
ohne  dadurch  die  Zugänglichkeit  des  Hafens  für  die  tiefgehenden 
Schiffe  zu  beeinträchtigen.  Bedenklicher  ist  die  Erhaltung  einer 
ausreichenden  Fahrtiefe  im  Seegatt.  Selbst  bei  der  Anwendung  von 
Hopperbaggern,  die  das  gebaggerte  Material  nicht  in  nebengelegte 
Prähme,  sondern  in  den  eigenen  Laderaum  des  Baggers  hinein¬ 
schütten,  ist  die  Zeit,  in  welcher  die  Bagger  arbeiten  können,  eine 
beschränkte,  da  bei  stärkerem  Seegang  die  Arbeit  eingestellt  werden 
mufs.  Wenn  es  nun  auch  gelingen  möchte,  durch  eine  entsprechende 
Anzahl  leistungsfähiger  Bagger  während  der  eisfreien  Zeit  die 
Wirkung  der  durch  Abdämmung  der  Nogat  verloren  gegangenen 
Spülkraft  zu  ersetzen,  so  liegt  jedenfalls  die  Gefahr  nahe,  dafs 
während  des  Winters,  wo  die  Baggerarbeiten  ruhen  müssen,  eine 
Verflachung  des  Seegatts  eintreten  wird,  mit  deren  Beseitigung  auf 
der  Barre  erst  nach  Aufhören  des  Eistreibens  und  bei  genügend 
ruhiger  See  begonnen  werden  kann.  Nach  dem  Durchschnitt  der 
letzten  elf  Jahre  wäre  das  frühestens  fünf  Tage  nach  Eröffnung  der 
Schiffahrt  möglich.  Es  kann  mithin  leicht  der  Fall  eintreten,  dafs 
der  Pillauer  Hafen  infolge  einer  derartigen  Verflachung  für  tief¬ 
gehende  Schilfe  zeitweise  geschlossen  ist,  wodurch  die  Sicherheit  für 
den  Schiffsverkehr  aufhört  und  unberechenbare  Nachtheile  für  den 
Handel  von  Königsberg  entstehen  könnten. 

Die  Annahme,  dafs,  da  andere  Ostseehäfen,  wie  z.  B.  Libau, 
Neufahrwasser  und  Kiel,  denen  ein  gröfserer  Strom  zur  Spülung^ 
nicht  zu  Gebote  steht,  und  in  welchen  die  erforderliche  Tiefe  künst¬ 
lich  erhalten  werden  mufs,  der  Schiffahrt  zugänglich  sind,  es  auch 
möglich  sein  werde,  die  Schwierigkeiten,  welche  für  den  Pillauer 
Hafen  aus  der  Absperrung  der  Nogat  entstehen,  zu  überwinden,  trifft 
nicht  unbedingt  zu,  da  die  Verhältnisse  bei  jenen  Häfen  andere  sind 
und  mit  denjenigen  von  Pillau,  wie  nachgewiesen  wird,  nicht  ohne 
weiteres  in  Vergleich  gestellt  werden  können.  In  dem  Nordseehafen 
Ymuiden,  wo  es  sowohl  an  künstlicher  wie  an  natürlicher  Spülung 
fehlt,  wird  die  für  die  grofse  Schiffahrt  erforderliche  Tiefe  aller¬ 
dings  lediglich  durch  Baggern  geschafft  und  erhalten.  Deshalb  ist  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dafs  mau  auch  bei  Pillau  die  durch 
Abdämmung  der  Nogat  verloren  gehende  Spülung  durch  Baggerung 
werde  ersetzen  können.  Da  nun  erst  nach  einer  Reihe  von  Jahren 
mit  der  Absperrung  der  Nogat  begonnen  werden  könnte,  so  bietet 
sich  die  Gelegenheit,  in  der  Zwischenzeit  nach  jener  Richtung  zu¬ 
nächst  Versuche  zu  machen.  Das  in  der  Frage  erwähnte  Gutachten 
des  Ingenieurs  Ziese  hat  die  Akademie  geprüft  und  auf  Grund  eiu- 
gezogener  Erkundigungen  und  Ermittlungen  festgestellt,  dafs  die 
darin  enthaltenen,  nicht  näher  begründeten  Angaben  unzutreffend 
und  hinfällig  sind. 

Die  dritte  Frage:  „Stehen  der  Absperrung  der  Nogat,  abgesehen 
von  dem  befürchteten  Einflüsse  auf  den  Pillauer  Hafen,  noch  ander- 
weite  Bedenken  entgegen,  und  würde  dessenungeachtet  die  Ausführung 
dieses  Projectes  sich  empfehlen,  weil  die  davon  zu  erwartenden  Vor¬ 
theile  von  überwiegender  Bedeutung  sind“,  hat  zu  ganz  besonders 
eingehenden  Erwägungen  der  für  und  gegen  die  Abdämmung 
sprechenden  Umstände  und  zu  dem  Beschlüsse  geführt:  „Die  Be¬ 
denken,  welche,  abgesehen  von  der  Benachtheiligung  des  Pillauer 
Hafens,  der  Absperrung  der  Nogat  entgegenstehen,  sind  so  erheblich,, 
dafs  trotz  der  hiervon  zu  erwartenden  Vorfheile  empfohlen  werden 
mufs,  von  der  Abdämmung  der  Nogat  zur  Zeit  Abstand  zu  nehmen. 
Die  Akademie  empfiehlt  indessen  vor  weiterer  Entscheidung  zunächst 
die  Wirkung  abzuwarten,  welche  die  Regulirung  der  Weichsel  und 
deren  Deiche  auf  den  Verlauf  des  Hochwassers  und  des  Eisganges 
haben  werden.  Dies  kann  um  so  unbedenklicher  geschehen,  als  die  Ab¬ 
dämmung  der  Nogat  jedenfalls  erst  zur  Ausführung  kommen  kann, 
nachdem  die  Regulirung  der  unteren  Weichsel  einschliefslich  ihrer 
Deiche  bis  über  die  Montaner  Spitze  hinauf  vollständig  beendet  sein 
wird.“  Die  Wiedergabe  dieser  umfassenden,  sehr  interessanten  Dar¬ 
legungen  würde  hier  selbst  auszugsweise  zu  weit  führen,  der  Einflufs 
einer  Nogatabdämmung  auf  die  Nogat-  und  Weichselniederungen 
wird  nach  allen  Richtungen  hin  klargelegt,  wie  auch  alle  Be¬ 
hauptungen,  die  zu  gunsten  der  Nogatabschliefsung  aufgestellt  sind, 
eingehend  besprochen  und  auf  ihren  Werth  und  Nutzen  geprüft 
werden.  Das  Endergebnifs  des  Abwägens  sämtlicher  Vortheile  gegen¬ 
über  den  Nachtheilen  ist  obiger  Beschluss. 

Endlich  hatte  sich  noch  die  Akademie  mit  der  vierten  Frage. 


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79 


Nr.  8. 


zu  beschäftigen:  „Werden  Mafsregeln  und  bezw.  welche  zur  Abwendung 
von  Ueberschwemmungsgefahren  bis  zu  dem  Zeitpunkte,  in  welchem 
die  Nogat  möglicherweise  abzusperren  sein  würde,  angeordnet 
werden  müssen?“  Die  Akademie  glaubt,  dafs,  bevor  die  Absperrung 
der  Nogat  angeordnet  werden  darf,  die  nachbezeichneten  Mafsregeln 
zur  Abwendung  von  Ueberschwemmungsgefahren  ausgeführt  werden 
müssen;  „1)  die  planmäfsige  Kegulirung  der  Weichsel  und  ihrer 
Deiche  von  der  Gemlitzer  Wachtbude  bis  zur  Ostsee;  2)  die  Eegu- 
lirung,  Erhöhung  und  Verstärkung  der  Weichseldeiche  von  der 
Gemlitzer  Wachtbude  aufwärts  bis  zu  dem  Punkte,  welcher  durch 
die  bei  etwaiger  Schliefsung  der  Nogat  entstehende  Hebung  des 
Wasserspiegels  noch  erreicht  werden  würde;  3)  die  Regulirung  des 
Hochfluthprofils  der  Nogat  durch  Beseitigung  der  Deichengen  und  der 
stärksten  Krümmungen  der  Nogatdeiche,  sowie  die  Normalisirung  dieser 
Deiche.“  In  der  Erläuterung  dieses  Beschlusses  sagt  die  Akademie, 


dafs  die  zur  Zeit  an  der  Weichsel  und  Nogat  bestehenden  Verhältnisse 
nothwendig  der  Verbesserung  bedürfen  und  dafs  sich  die  vorgeschlagenen 
Verbesserungen  auf  das  nächste  und  dringendste  Bedürfnifs  be¬ 
schränken.  Zustände,  durch  welche  Ueberschwemmungsgefahren  an  der 
Weichsel  und  Nogat  unbedingt  beseitigt  werden,  lassen  sich  an  keinem 
der  beiden  Stromarme  schaffen.  Besonders  nachdrücklich  wird  die 
ohne  Verzug  auszuführende  Regulirung,  Verstärkung  und  Erhöhung 
der  Nogatdeiche  empfohlen,  falls  sich  nicht  Ereignisse,  wie  die  des 
Frühjahrs  1888  wiederholen  sollen.  Diese  Arbeiten  wären  gleichzeitig 
mit  der  Regulirung  der  getheilten  Weichsel  und  ohne  Rücksicht  dar¬ 
auf,  ob  die  Nogat  abgeschlossen  werden  soll  oder  nicht,  zur  Aus¬ 
führung  zu  bringen.  Dann  wird  es  nur  noch  der  Ausbildung  eines 
einheitlichen,  regelmäfsigen  Stromlaufs  bis  in  das  Haff  bedürfen,  um 
die  Eisgänge  in  das  Haff  oder  durch  die  Ueberfälle  in  die  geräumige 
Einlage  zu  führen. 


Anlage  neuer  Eisenbahnlinien  in  Preufsen 


Im  Anschlufs  an  die  Mittheilungen  in  der  vorigen  Nummer  d.  Bl. 
(S.  70)  über  die  Erweiterung  des  preufsischen  Staatsbahnnetzes  lassen 
wir  nachstehend  das  Verzeicbnifs  der  neu  zu  erbauenden  Eisenbahn¬ 
linien  folgen.  Von  denselben  sollen  die  Linien  Nr.  18a  Hagenow- 
Oldesloe,  28  Remscheid-Solingen  und  29  Ohligs-Hilden  von  vornherein 
als  Vollbahnen,  die  übrigen  dagegen  nach  den  für  Nebenbahnen 
mafsgebenden  Bestimmungen  ausgeführt  werden.  Der  Baubeginn  ist 
jedoch,  den  bisher  beobachteten  Grundsätzen  entsprechend,  davon 
abhängig  gemacht,  dafs  der  zur  Anlage  sämtlicher  Bahnen  erforder¬ 
liche  Grund  und  Boden  der  Staatsregierung  überwiesen  wird,  und 
zwar  a)  bezüglich  der  Linien  unter  Nr.  1  bis  4,  6  bis  15,  17,  18  b  und 
19  bis  30  in  der  ganzen  Ausdehnung;  b)  bezüglich  der  Linie  unter 
Nr.  5  (Rogasen-Dratzig  [Kreuz])  für  die  Strecke  von  Eogasen  bis 
Dratzig;  c)  bezüglich  der  Linien  unter  Nr.  16,  soweit  der  Grund  und 
Boden  gothaisches  Staatseigenthum  ist;  d)  bezüglich  der  Linie  unter 
18  a  für  die  im  mecklenburg-schwerinschen  und  lübeckschen  Gebiete 
belegenen  Theilstrecken.  Dagegen  wird  zu  den  Grunderwerbskosten 
staatsseitig  ein  Zuschufs  gewährt  für  die  in  Mecklenburg-Schwerin 
gelegene  Theilstrecke  der  Bahn  unter  Nr.  18  a,  für  die  in  Preufsen 
belegenen  Theilstrecken  der  Bahn  unter  Nr.  21  und  für  die  Bahnen 
unter  Nr.  25  und  30.  Weiterhin  ist  für  die  Bahnen  unter  Nr.  1  bis 
17,  18b,  19  bis  21,  23  bis  27  und  30  die  Mitbenutzung  der  Wege 


und  Chausseen  unentgeltlich  zu  gestatten.  Endlich  mufs  für  die 
Bahnen  unter  Nr.  3,  4,  8,  9,  11,  13  und  16  von  den  Interessenten  zu 
den  Baukosten  ein  unverzinslicher,  nicht  rückzahlbarer  Zuschufs  ge¬ 
leistet  werden. 

In  der  nachstehenden  Zusammenstellung,  welche  nach  den  An¬ 
gaben  der  der  Vorlage  beigefügten  Denkschriften  angefertigt  ist, 
sind  die  anschlagmäfsigen,  wirklich  entstehenden  Grunderwerbs-  und 
Baukosten  —  ohne  Rücksicht  auf  die  vom  Staate  oder  von  den  Be¬ 
theiligten  zu  leistenden  Zuschüsse  —  aufgeführt. 

Die  Baukosten  stellen  sich  mit  58000  Mark  für  1  km  am  niedrigsten 
bei  der  Bahn  unter  Nr.  2  von  Lublinitz  nach  Vossowska  in  der  Pro¬ 
vinz  Schlesien,  am  höchsten  mit  193100  Mark  bei  der  Bahn  unter 
Nr.  22  von  Detmold  nach  Sandebeck,  welche  zu  etwa  drei  Vierteln 
im  Fürstenthum  Lippe-Detmold  und  zu  einem  Viertel  in  der  Provinz 
Westfalen  liegt.  Von  den  durch  ganz  ungewöhnliche  örtliche 
Verhältnisse  bedingten  Baukosten  der  als  Vollbahn  auszuführenden 
Linie  Remscheid -Solingen  (465  200  Mark  für  1km)  ist  hierbei  ab¬ 
gesehen. 

Die  Grunderwerbskosten  für  1km  Bahnlänge  schwanken 
zwischen  4420  Mark  bei  der  Bahn  unter  Nr.  2  von  Lublinitz  nach 
Vossowska  in  der  Pi'ovinz  Schlesien  und  40  500  Mark  bei  der  oben 
genannten  Bahn  unter  Nr.  22  von  Detmold  nach  Sandebeck. 


Grunderwerbs- 

Baukosten  (ohne 

Bau- 

kosten 

Grunderwerb) 

Zusammenstellung  der  neuen  Eisenbahnlinien. 

länge 

im  ganzen 

für  1  km 

im  ganzen 

für  1  km 

km 

Mark 

Mark 

Mark 

Mark 

1.  Von  Mohrungen  nach  Wormditt . 

29,3 

280  000 

9  560 

3  070000 

104800 

2.  Von  Lublinitz  nach  Vossowska . 

24,2 

107  000 

4420 

1 420  000 

58  700 

3.  Von  Kosel  (Stadt)  nach  Polnisch-Neukirch . 

17,5 

200  000 

11400 

1  540  000 

88  000 

4.  Von  Striegau  nach  Maltsoh . 

38,8 

240000 

6180 

3  200  000 

82  500 

5.  Von  Rogasen  nach  Dratzig  (Kreuz)  . . i . . 

76,4 

537  000 

7  030 

6  960000 

91 100 

6.  Von  Goldberg  nach  Löwenberg  . . . 

26,9 

190  000 

7  070 

2  840  000 

105  600 

7.  Von  Goldberg  nach  Merzdorf . 

36,2 

294  000 

8120 

3  700  000 

102  200 

8.  Von  Kallies  einerseits  nach  Wulkow,  andererseits  nach  Arnswalde . 

94,7 

503  000 

5  320 

8  550  000 

90  300 

9.  Von  Swinemünde  nach  Heringsdorf . 

8,1 

44000 

5  430 

620  000 

76  500 

10.  Von  Pretzsch  nach  Eilenburg . 

37,9 

281  000 

7  420 

3  270  000 

86  300 

11.  Von  Zeitz  nach  Kamburg  . . 

37,9 

397  000 

10  480 

3  600  000 

95  000 

12.  Von  Deuben  nach  Korbetha  .  . 

24,3 

341 000 

14030 

3  000000 

123  500 

13.  Von  Schlettau  nach  Schafstädt  mit  Abzweigung  von  Lauchstädt  nach  Merseburg 

27,9 

321 000 

11 500 

2  450  000 

87  800 

14.  Von  Hersieben  nach  Tennstädt . . . . 

6,2 

72  000 

11600 

595  000 

96  000 

15.  Von  Langensalza  nach  Gräfentonna  und  von  Döllstädt  nach  Walschleben  oder 

einem  in  der  Nähe  belegenen  Punkte  der  Linie  Nordhausen-Erfurt . 

7,0 

213  000 

30400 

1640000 

92  100 

16.  Von  Georgenthal  nach  Friedrichroda  (an  Stelle  der  Eisenbahn  von  Georgenthal  nach 

Schnepfenthal) . . 

10,3 

126  000 

12  200 

1  708  000 

165  800 

17.  Von  Ilsenburg  nach  Harzburg . 

15,6 

!  150  000 

9  620 

2 150  000 

137  800 

18.  a)  Von  Hagenau  nach  Oldesloe  (als  Vollbahn  auszuführen) . 

77,7 

1  1488000 

19  200 

10  412  000 

134000 

b)  Von  einem  bei  SteiTey  belegenen  Punkt  der  Bahn  zu  a)  nach  Mölln . 

11,5 

147  000 

12  780 

1  230  000 

107  000 

19.  Von  Tondern  nach  Hoyer  (Schleuse) . .  . 

13,8 

82  000 

5  940 

840000 

60900 

20.  Von  Tönning  nach  Gar  ding . . . 

10,8 

75  000 

6  940 

640000 

59  300 

21.  Von  Geestemünde  nach  Kushaven  mit  Abzweigung  nach  Be'derkesa . 

60,4 

944000 

15  600 

5  450000 

90200 

22.  Von  Detmold  nach  Sandebeck . 

18,9 

766  000 

40  500 

3  650000 

193  100 

23.  Von  Lage  nach  Hameln . 

49,8 

882  000 

17  700 

5100000 

102400 

24.  Von  Homburg  v.  d.  H.  nach  Usingen . ■ . 

22,5 

253  000 

11  200 

2  750000 

122200 

25.  Von  Langenschwalbach  nach  Zollhaus . 

18,7 

280  000 

14  950 

2  670000 

142  800 

26.  Von  Fröndenberg  nach  Unna . 

13,5 

160000 

11800 

1240000 

91 900 

27.  Von  Norden  nach  Norddeich . 

5,7 

76  500 

13400 

700000 

122  800 

28.  Von  Remscheid  nach  Solingen  (als  Vollbahn  auszuführen) . 

10,7 

570  000 

53  200 

4  978  000 

465  200 

29.  Von  Ohligs  nach  Hilden  (  desgl.  ) . 

6,8 

140  000 

20  600 

822000 

120  900 

30.  Von  Hermeskeil  nach  Wemmetsweiler  . 

53,0 

780  000 

14  700 

7  100  000 

134000 

893,0 

;  10  939  500 

12  250 

97  895  000 

109  600 

80 


22.  Februar  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Vermischtes. 


In  der  Preist ewerlniiig:  um  ein  Sehulliaus  in  Langensalza  (vgl. 
S.  406  d.  V.  J.)  ist  einstinimig  der  erste  Preis  von  850  Mark  dem 
König],  Eegierungs-Banineister  Fritz  Wendorff  in  Leipzig  zuerkannt 
worden.  Den  zweiten  Preis  von  500  Mark  erhielten  die  Architekten 
Keinhold  Weifse  und  Bernhard  Seitz  in  Erfurt,  den  dritten  Preis 
von  300  Mark  Architekt  Ludwig  Hirsch  in  Jena.  Zum  Ankauf  liat 
das  Preisgericht  den  städtischen  Behörden  die  Arbeiten  „Langensalza“, 
„Trotz  alledem”  und  „Gesundheitspflege“  empfohlen.  Sämtliche  Ent¬ 
würfe  sind  vom  14.  bis  27.  d.  M.  im  Bathhaussaale  in  Langensalza 
öffentlich  ausgestellt  (vgl.  den  Anzeigentheil  von  Nr.  7). 

Zur  Preisbewerhung-  für  den  Bau  eines  Silospeichers  in  Riga 
(vgl.  Seite  394  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl.)  giebt  der  Bauausschufs 
bekannt,  dafs  von  den  eingegangenen  Arbeiten  der  Entwurf  „Vielen 
vieles“  der  Maschinenbauanstalt  G.  Luther  in  Braunschweig  mit 
dem  ersten  Preise  (2000  Rubel),  der  Entwurf  „Central“  der  Maschinen¬ 
bauanstalt  Unruh  u.  Liebig  in  Leipzig  mit  dem  zweiten  Preise 
(1000  Rubel)  ausgezeichnet  worden  ist. 

Preisbewerhung  um  die  Triuitatiskirclie  in  Dresden.  Als  Ver¬ 
fasser  der  drei  angekauften  Entwürfe  (vgl.  S.  71  d.  vor.  Nr.)  haben 
sich  zu  erkennen  gegeben  die  Architekten  Herren  G.  Weidenbach 
in  Leipzig,  Schubert  in  Dresden  und  Vollmer  in  Berlin. 

Die  architektonische  Durchbildung  des  gufseisernen  Gehäuses 
für  einen  Strafsenbrunnen  in  Berlin  wird  durch  Vermittlung  des 
Berliner  Architektenvereins  zum  Gegenstände  einer  Wettbewerb¬ 
ung  unter  den  Mitgliedern  desselben  gemacht.  Für  die  beiden 
besten  Arbeiten  sind  Preise  von  300  und  200  Mark  ausgesetzt.  Die 
Entwürfe  (Zeichnungen  in  '/s  der  wirklichen  Gröfse)  müssen  bis 
Dienstag,  den  15.  April,  nachm.  2  Uhr  eingereicht  werden  (vgl.  den 
Anzeigentheil  von  Nr.  7'^). 

Ein  etruskisches  Pompeji.  Bei  Marzabotto  im  Kreise  Vergato, 
Provinz  Bologna,  sind,  wie  die  Mailänder  Fersevermiza  vom 
2./3.  Februar  d.  J.  mittheilt,  durch  einen  Zufall  die  Ueberreste  einer 
etruskischen  Stadt  aufgefunden  worden.  Nach  Angabe  des  Professors 
Brizio,  welchem  eine  gedrängte  Beschreibung  der  einstweiligen 
Ausgrabungsergebnisse  verdankt  wird,  ist  die  Stadt  zunächst  durch 
zwei  inmitten  derselben  sich  rechtwinklig  kreuzende,  nach  den  Haupt- 
Himmelsrichtungen  laufende,  15  m  breite  Hauptstrafsen  in  vier  Viertel 
eingetheilt  gewesen.  Zwei  weitere  von  Osten  nach  Westen  gerichtete, 
gleich  breite  Strafsenzüge  haben  diese  vier  Viertel  in  acht  gleiche 
Abschnitte  getheilt,  und  letztere  wiederum  sind  von  5  m  breiten, 
unter  sich  parallele  Nebenstrafsen  durchkreuzt.  Die  auf  solche 
Weise  gebildeten  HaSserinseln  sind,  soweit  die  Ausgrabungen  reichen, 
mit  nur  einer  Ausnahme  je  165  m  lang  und  35  bis  40  m  breit;  eine 
einzige  Insel  weist  68  m  Breite  auf  und  scheint  eine  Doppelinsel  zu 
sein.  Die  Hauptstrafsen  zeigen  zwei  Fufssteige  von  je  5  m  Breite, 
zwischen  denen  der  ebenfalls  5  m  breite  Fabrdamm  liegt.  Die  längs 
der  Fufssteige  an  der  Häuserseite  in  regelmäfsiger  Neigung  hin¬ 
laufenden  Gossen  haben  80  cm  Durchmesser. 

Die  bereits  ausgegrabenen  etruskischen  Häuser  sind  nach  Art 
der  römischen  angelegt  und  von  Verkaufshallen  umgeben.  Eins  der¬ 
selben,  von  35  m  Front,  besitzt  ein  geräumiges,  mit  Mosaiksteinen 
gepflastei'tes  Vestibuluin  von  5  :  17  m  Bodenfläche.  Durch  dieses 
gelangt  man  in  ein  Atrium  von  27  :10m,  welches  gleichfalls  mit 
Mosaik  gepflastert  ist  und  ein  Impluvium  zeigt.  An  das  Atrium 
schliefsen  sich  drei  6,80  qm  messende  Schlafräume  (cubiculi),  sowie 
ein  gröfserer,  nach  einer  Seite  ganz  offener  Raum,  in  welchem  man 
das  Eiszimmer  (tablinium)  erblicken  darf. 

Die  grofse  Regelmäfsigkeit,  welche  die  Anlage  dieser  Stadt  aus¬ 
zeichnet,  läfst  darauf  schliefsen,  dafs  letztere  nicht  allmählich  ent¬ 
standen,  sondern  als  Colonie  nach  einem  einheitlichen  Plane  und  in 
einem  Gusse  erbaut  worden  ist.  Auf  Grund  der  aufgefundenen 
Gegenstände,  namentlich  der  bemalten  Vasen,  sowie  im  Hinblick  auf 
den  Inhalt  der  entdeckten  Gräber  darf  die  Errichtung  dieses  etrus¬ 
kischen  Pompeji  in  die  zweite  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  vor 
Christi  Geburt  gesetzt  werden. 

Der  Internationale  Eisenbahncongrefs  hatte  bei  seiner  in  Paris 
im  September  1889  stattgehabten  letzten  Versammlung  einstimmig 
den  Wunsch  ausgesprochen,  dafs  sein  nächstes  Zusammentreten  im 
Jahre  1891  in  St.  Petersburg  stattflnden  möchte.  Dieser  Wunsch 
war  seinerzeit  seitens  der  belgischen  Regierung  der  russischen 
Regierung  zur  Kenntnifs  und  Aeufserung  unterbreitet  worden.  Am 
24./12.  Januar  d.  J.  ist  nun  vom  Kaiser  die  Erlaubnifs  dazu  ertheilt 
worden,  dafs  der  Congrefs  seine  nächste  Versammlung  in  St.  Peters¬ 
burg  abhält,  jedoch  mit  der  Mafsgabe,  dafs  der  Zusammentritt  der 
Abgeordneten  nicht  schon  im  Jahre  1891,  sondern  erst  im  Jahre 
1892  erfolgt.  Die  russische  Regierung  ist  nämlich  der  Ansicht,  dafs 
ein  Zeitzwischenraum  von  zwei  Jahren  nicht  genügt,  um  die  erforder¬ 


lichen  Vorarbeiten  mit  der  wünschenswerthen  Gründlichkeit  betreiben 
zu  können.  — V. — 

In  den  Mittheilungen  über  den  Lebensgang  des  Baumeisters 
Eduard  Titz  auf  S.  52  d.  J.  ist  das  Hoftheater  in  Gotha  zu  den 
Werken  des  Verstorbenen  gezählt  worden.  Herr  Geh.  Reg.-  und  Bau¬ 
rath  Eberhard  in  Gotha  berichtigt  diese  Angabe  dahin,  dafs  das 
genannte  Theater  in  den  Jahren  1834 — 38  durch  seinen  Vater,  den 
damaligen  Geh.  Reg.-  und  Baurath  Gustav  Eberhard,  erbaut 
worden  sei,  während  von  Titz  ein  späterer  Umbau  des  Zuschauer¬ 
hauses  herrühre. 


Bücherscliau. 

Geschichte  der  holländischen  Baukunst  und  Bildnerei  im  Zeit¬ 
alter  der  Renaissance,  der  nationalen  Blüthe  und  des  Klassicismus, 
von  Dr.  Georg  Galla nd,  Privatdocent  an  der  Königl.  technischen 
Hochschule  in  Berlin.  Mit  181  Textabbildungen,  XII  und  635  Seiten 
in  grofs  8".  Frankfurt  a.  M.  1890.  Heinrich  Keller.  Preis  15  JC. 

Galland  giebt  in  dem  umfangreichen,  gut  ausgestatteten  Werke, 
welches  Sr.  Kgl.  Hoheit  dem  Grofsherzoge  von  Sachsen-Weimar  ge¬ 
widmet  ist,  eine  Erweiterung  seiner  schon  1882  erschienenen  Arbeit 
„Die  Renaissance  in  Holland“  (Berlin,  Duncker),  indem  er  sein  Thema 
sowohl  hinsichtlich  des  Zeitabschnittes,  als  hinsichtlich  des  Gebietes 
derart  ausdehnte,  dafs  es  eine  vollständige  Geschichte  der  holländi¬ 
schen  Kunst  etwa  von  1500 — 1700  bietet,  abgesehen  von  deren  bisher 
allein  in  eingehender  Weise  behandeltem  Hauptzweige,  der  Malerei. 
Für  die  letztere,  unzweifelhaft  die  bemerkenswertheste  Aeufserung 
holländischen  Kunstgeistes,  bietet  sein  Buch  den  von  der  gesamten 
Kunstgeschichte  bisher  schwer  entbehrten  Hintergrund.  Die  Unter¬ 
suchung  geht  aus  von  den  Anfängen  der  Renaissance  bei  den  Malern 
und  Formstechern,  schreitet  zur  bürgerlichen,  kriegerischen  und  kirch¬ 
lichen  Baukunst  und  zum  Gewerbe  der  Uebergangszeit  fort,  um  dann 
länger  bei  der  „klassischen  Frührenaissance“  zu  verweilen,  die  in 
den  Niederlanden  so  aufserordentlich  edle  Erzeugnisse  zu  Tage 
förderte,  namentlich  dort,  wo  italienischer  Einflufs  unmittelbar  das 
Schaffen  anregte.  Zur  Darstellung  der  Meisterwerke  der  Schnitz¬ 
kunst,  namentlich  der  prächtigen  Kirchengestühle,  konnte  Galland 
Zeichnungen  des  verstorbenen  Ewerbeck  benutzen,  die  dem  Buche 
zur  grofsen  Zierde  gereichen.  Die  herrlichen  Denkmäler  von  Breda 
werden  in  die  ihnen  gebührende  Stellung  gerückt,  anderes  Geistes¬ 
verwandte  aufgezählt,  Werke,  die  sich  bisher  der  kunstgeschichtlichen 
Betrachtung  fast  ganz  entzogen  hatten.  Während  aber  in  diesen 
Arbeiten  sich  immer  noch  die  Abhängigkeit  von  Italien  bekundet, 
beginnen  mit  der  nationalen  Befreiung  die  eigenartigen  Aeufse- 
rungen  der  Holländer  auf  allen  Gebieten  der  Kunst.  Man  braucht 
nur  die  Namen  der  auch  als  Kupferstecher  thätigen  Hans  Vredeman 
de  Vries  und  Cornelis  Bloemaert  zu  nennen,  um  die  Zeit  in  ihren 
Hauptformen  vor  Augen  zu  führen.  Fast  ganz  neu  ist,  was  Galland 
über  die  Bildhauer  jener  Zeit  sagt,  ein  Abschnitt,  welcher  unsere 
Achtsamkeit  dadurch  auf  sich  lenkt,  weil  in  der  zweiten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  Deutschland  von  holländischen  Bildhauern  über¬ 
schwemmt  wurde.  Leider  hat  Galland  sich  versagt,  deren  Wege  zu 
verfolgen.  Ueber  Adrian  de  Vries  und  Gerhard  Hubert,  Gerhard 
Heinrich  und  Peter  de  Witte  und  zahlreiche  andere  Männer,  die,  vom 
Norden  kommend,  in  Deutschland  zu  Einflufs  gelangten,  hätte  man 
gern  mehr  erfahren:  ihre  stilistische  Herkunft  und  ihr  Verhältnifs 
zur  Heimath  usw.  Auch  im  folgenden  Capitel,  welches  den  Beginn 
des  Klassicismus  darstellt,  scheint  uns  Galland  den  rein  holländischen 
Charakter  des  Buches  zu  sehr  betont  zu  haben.  Von  der  Lehrthätig- 
keit  des  Schlesiers  Goldmann  als  Architekturprofessor  in  Leiden,  und 
von  dem  grofsen  Einflüsse  des  Franzosen  Marot  auf  die  Gestaltung 
der  Herrensitze  unter  Wilhelm  HI.  von  Oranien  finde  ich  nicht  hin¬ 
reichende  Erwähnung.  Aber  der  ganze,  überaus  reichhaltige  Stoff 
erweist  sich  als  geschickt  verarbeitet  und  übersichtlich  abgetheilt, 
sodafs  dem  Verfasser  für  seine  fleifsige  und  sachkundige  Arbeit  der 
vollste  Dank  gebührt.  Die  Darstellung  der  Baukunst  und  Bildnerei 
des  17.  Jahrhunderts  hat  namentlich  für  Norddeutschland  hohen 
Wei’th.  Denn  wenn  man  hier  gleich  an  vielen  Orten  holländischen 
Einflufs  vermuthete,  so  liefs  derselbe  sich  nicht  sicher  feststellen,  so¬ 
lange  man  die  holländische  Kunst  selbst  nicht  genau  kannte.  Galland 
zeigt  uns  nun,  wie  ihr  Klassicismus  beschaffen  war,  wie  wenig  der¬ 
selbe  dem  französischen  sich  gleich  stellen  kann,  und  wie  z.  B.  das 
Berliner  Zeughaus  ein  Werk  ist,  welches  aufser  allem  Zusammenhänge 
mit  Holland  steht,  während  in  Schlüters  bildnerischer  Kunst  sich 
die  Grundzüge  wieder  finden,  welche  wir  in  Artus  Quelljin  und 
Rombout  Verhulst  zu  so  glanzvoller  Entwicklung  vereinigt  finden; 
den  Zug  nach  Idealismus,  die  klassische  Durchtränkung  der  Formen 
und  die  holländische  Kraft  der  Individualisirung.  C.  G. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Bciiin.  Für  die  Eedactiou  des  nichtamtlichen  Thciles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin, 


Nr.  8A. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung*. 


INHALT :  Neuere  Horizontir-  uud  Ceutrirvorrichtuugen  für  geodätische  Instru¬ 
mente.  —  Vermischtes;  Preisbewerhuugen  um  ein  Kathhaus  in  Wilhelmshaven  uud 
um  Wohnhäuser  für  die  Schöueherg -Friedeuauer  Terrain- Gesellschaft.  —  Denkmal 


für  Kaiser  Wilhelm  I.  auf  dem  Kyffhäuser.  —  Betriehserüffnung  der  Forth- Brücke. 
—  Brand  des  Amsterdamer  Stadttheaters.  —  Druckwasserversorgung  in  London.  — 
B  üche  r  s  chau. 


^feuere  Horizontir-  und  Centrirvorrichtungen  für  geodätische  Instrumente. 

Von  R.  Doergeiis. 


In  ungünstigem,  lockerem  Boden,  auf  Gebirgswegen,  gepflasterten 
Strafsen  usw.  verursacht  die  Aufstellung  der  gewöhnlichen  Stative 
für  geodätische  Instrumente,  derart,  dafs  der  Stativkopf  annähernd 
wagerecht  ist,  meist  Schwierigkeiten,  die  noch  erhöht  werden,  wenn 
nicht  nur  die  Horizontiruug  des  Instruments,  sondern  auch  dessen 
Centrirung  gefordert  wird.  Die  Wagerechtstellung  geschieht  nach 
dem  Augenmafse  durch  Veränderung  der  Lage  der  Stativbeine. 
Dieses  Verfahren  ist  mühsam  und  zeitraubend  und  hat  doch  nicht 
immer  den  gewünschten  Erfolg.  Hat  der  Stativkopf  die  wagerechte 
Lage,  so  genügen  für  die  Horizontirung  des  Instruments  wenige 
Umdrehungen  der  Fufsschrauben  und  es  werden  dann  deren  Mutter¬ 
gewinde  gleichen  Abstand  von  der  oberen  Seite  des  Stativkopfes 
haben.  Ist  der  letztere  gegen  den  Horizont  geneigt,  so  werden  die 
drei  Seiten  des  durch  die  unteren  Enden  der  Fufsschrauben  be¬ 
stimmten  Dreiecks,  abc,  im  allgemeinen  eine  gegen  den  Horizont 
geneigte  Lage  haben.  Ist  zufällig  eine  der  drei  Seiten  a  6  horizontal, 
so  findet  nach  Einstellung  der  Instrumentenlibelle  durch  die  Fufs¬ 
schrauben  a  und  6,  bei  Benutzung  der  dritten  Schraube  c,  die 
Drehung  des  Instruments  um  eine  horizontale  Achse  statt  und 
es  wird  die  Horizontirung  bezw.  die  Lothrechtstellung  der  Verticäl- 
achse  des  Instruments  sofort  gelingen.  Hierbei  werden  die  Mutter¬ 
gewinde  der  Fufsschrauben  a  und  6  in  gleicher  Höhe  über  dem 
Stativkopf,  das  Muttergewinde  der  dritten  Fufsschraube  dagegen  in 
einer  davon  verschiedenen  Höhe  sich  befinden.  Sind  aber  alle  drei 
Seiten  des  in  der  oberen  Stativkopfebene  liegend  gedachten  ungleich¬ 
seitigen  Dreiecks  gegen  den  Horizont  geneigt,  wie  es  wohl  in  der 
Regel  der  Fall  ist,  so  wird,  nachdem  man  durch  Einstellen  mittels 
der  Fufsschrauben  a  und  b  deren  Muttergewinde  in  die  wagerechte 
Lage  gebracht  hat,  beim  Einstellen  durch  die  dritte  Fufsschraube  c 
diese  Lage  sofort  geändert  werden,  da  nun  die  Drehung  des  In¬ 
struments  um  die  gegen  den  Horizont  geneigte  Achse  ab  stattfindet. 
Es  ist  eine  mehrmalige  Wiederholung  des  Einstellungsverfahrens  er¬ 
forderlich,  um  schliefslich  die  Horizontirung  des  Instruments  zu  er¬ 
reichen.  Hierbei  werden  die  Muttergewinde  der  drei  Fufsschrauben 
in  ungleichen  Abständen  vom  Stativkopf  sich  befinden.  Besitzt  in 
diesem  Fall  das  Instrument  nicht  einen  Gewindezapfen  zum  Ein¬ 
schrauben  des  mit  Muttergewinde  versehenen  Federstengels,  sondern 
eine  Oese  zum  Einhaken  des  letzteren,  so  wird  die  Achse  des  Feder¬ 
stengels  nicht  die  Fortsetzung  der  Verticalachse  bilden.  Das  Ab- 
lothen  mittels  Schnurloths  wird  also  nicht  genau  erfolgen  können. 

Herr  Eegierungs  -  Baumeister  Hoech  hat,  um  die  Drehung 
des  Instruments  um  eine  wagerechte  Achse  zu  ermöglichen,  dem 
Instrumenten -Dreifufs  folgende  Einrichtung  gegeben.  Von  den  drei 
Armen  desselben  besitzt  nur  einer  das  Muttergewinde  für  eine  Fufs¬ 
schraube  c.  Die  beiden  anderen  ruhen  mit  entsprechenden  Lager¬ 
flächen  lose  auf  den  oberen  kugelförmig  gestalteten  Enden  zweier 
im  Stativkopf  angeordneter  Unterstützungen  a  und  6,  von  denen  die 
eine,  6,  aus  einem  aufrecht  stehenden  kurzen  Metallcylinder  besteht, 
die  andere,  u,  dagegen  als  Stellschraube  aitsgebildet  ist,  für  welche 
das  Muttergewinde  in  einem  in  den  Stativkopf  fest  einzusetzenden 
Hohlcylinder  sich  befindet.  Im  übrigen  wird  die  feste  Vei’bindung 
des  Instruments  mit  dem  Stativ,  wie  gewöhnlich,  durch  den  Feder¬ 
stengel  bewirkt.  Diese  Horizontirvorrichtung  eignet  sich  besonders 
für  Nivellirinstrumente.  Es  ist  nur  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  die 
Libelle  gleichlaufend  und  senkrecht  zu  ab  gestellt  werden  kann. 
Alsdann  bedarf  es  selbst  bei  stark  geneigtem  Stativkopf  nur  der 
einmaligen  Benutzung  der  Schrauben  a  und  c,  um  die  Horizontirung 
des  Instruments  herbeizuführen.  Die  geodätische  Sammlung  der 
technischen  Hochschule  in  Berlin-Charlottenburg  besitzt  zwei  solcher 
Nivellirinstrumente  von  Dennert  u.  Pape  bezw.  von  A.  Meifsner, 
welche  sich  beim  Gebrauch  gut  bewährt  haben. 

Denselben  Zweck  verfolgen  die  unter  Nr.  13  075  und  Nr.  21798 
patentirten  Horizontirvorrichtungen  von  B.  Geyer-München 
bezw.  L.  Tesdorpf-Stuttgart.  Die  erstere  Einrichtung  besteht 
aus  der  Verbindung  dreier  übereinander  liegenden  Platten  durch 
zwei  rechtwinklig  zu  einander  angeordnete  Blattfedern  (Blattgelenke, 
wie  sie  nach  dem  Vorgänge  des  americanischen  Ingenieurs  Emery 
.neuerdings  vielfach  als  Ersatz  der  Schneiden  und  Pfannen  bei  Wagen 
angewendet  werden)  in  der  Weise,  dafs  je  zwei  Platten  gegeneinander 
durch  je  eine  Stellschraube  beweglich  werden,  wobei  die  Bewegungs¬ 
richtungen  der  so  gebildeten  Doppelplatten  rechtwinklig  zu  einander 
stehen.  Die  Einrichtung  von  Tcsdorpf  besteht  aus  einem  Unter¬ 
bau  in  Verbindung  mit  zwei  Platten,  die  sich  um  cylindrische  Achsen 
bewegen  und  zwar  derart,  dafs  jede  dieser  Platten  einzeln  durch  eine 
lothrecht  stehende  Stellschraube,  die  unter  sich  im  Winkel  von  90° 


stehen  und  deren  Lagerstücke  wiederum  in  cylindrischen  Lagern 
ruhen,  bewegt  werden  kann.  Diese  Einrichtung  hat  jedoch  einen 
Vorgang  in  einer  älteren  französischen  Horizontirvorrichtung.  Die 
geodätische  Sammlung  besitzt  eine  solche  aus  der  Werkstatt  von 
Secretan  u.  Lerebours-Paris,  aus  dem  Jahre  1800  herrührend, 
welche  in  Deutschland,  wie  es  scheint,  nicht  allgemein  bekannt  ge¬ 
worden  ist.  Die  Tesdorpfsche  Einrichtung  ist,  wie  der  Erfinder  an- 
giebt,  auf  dem  Stativ  verschiebbar  angeordnet,  sodafs  sie  auch  zum 
Centriren  benutzt  werden  könnte.  Der  Patentanspruch  bezieht  sicli 
jedoch  nur  auf  die  Horizontirvorrichtung. 

Der  Gedanke,  die  rohe  Horizontalstellung  durch  Anordnung 
eines  Kugelgelenks  in  Verbindung  mit  einem  Gewiclit  selbstthätig 
zu  bewirken,  ist  in  den  Patenten  6132  (P.  v.  Peene  -  Ehrenfeld 
b.  Köln)  und  15422  (W.  Bandermann-Berlin)  verwirklicht  worden. 
Bei  der  er  st  er  en  Einrichtung  ist  mit  dem  Kugelzapfen  mittels 
eines  kurzen  oberen  Fortsatzes  die  eigentliche  Stativscheibe,  zur 
Aufnahme  des  auf  drei  Fufsschrauben  ruhenden  Instruments,  fest 
verbunden.  Das  entsprechend  gestaltete  Lager  für  den  Kugelzapfen 
befindet  sich  in  dem  Stativkopf.  Nach  unten  hat  die  Kugel  einen 
zum  Theil  als  Schraube  ausgebildeten  langen  Fortsatz  in  Verbindung 
mit  dem  zur  Einstellung  dienenden  Gewicht.  Die  Feststellung  erfolgt 
mittels  Schraubenmutter  uud  eines  kugelförmigen  Zwischenstückes. 
Sobald  die  rohe  Einstellung  sich  von  selbst  ergeben  hat,  wird  die 
Gelenkverbindung  geschlossen  und  die  feine  Einstellung  mittels  der 
Fufsschrauben  vorgenommen.  Von  dieser  selbstthätigen  Einstell¬ 
vorrichtung  ist  mit  Vortheil  bei  photographischen  Küstenaufnalunen, 
von  Bord  des  Schiftes  aus,  Anwendung  gemacht  worden.  Wird  bei 
der  Verwendung  zu  Lande  auf  der  Stativscheibe  eine  Dosenlibelle 
angebracht,  so  kann  das  Gewicht  in  Wegfall  kommen,  alsdann  er¬ 
folgt  die  rohe  Einstellung  von  Hand.  Es  ist  klar,  dafs  das  Kugel¬ 
gelenk  auch  durch  die  sogen,  cardanische  Aufhängung  ersetzt  werden 
1  kann,  wodurch  zugleich  das  auf  der  Stativscheibe  befindliche  In¬ 
strument  gegen  unbeabsichtigte  Drehung  gesichert  wird.  Bei  der 
Bandermannschen  Einrichtung  wird  das  Lager  für  die  mit  der 
Stativscheibe  verbundene  Kugel  durch  drei  kleinere  Stützkugeln  ge¬ 
bildet,  die  mittels  eines  cardanischen  Gelenkes  mit  dem  Stativ  ver¬ 
bunden  sind. 

Diesen  beiden  Einrichtungen  ist  auch  die  unter  Nr.  41  292  paten- 
tirte  Horizontirvorrichtung  von  W.  D.  Johnson-Washington  zu¬ 
zurechnen.  Während  jedoch  bei  den  beiden  vorhergehenden  mit  der 
Feststellung  der  Horizontirvorrichtung  auch  zugleich  die  Feststellung 
der  Stativscheibe  erfolgt,  ist  bei  der  letzteren  die  Stativscheibe  (die 
in  diesem  Falle  unmittelbar  als  Mefstischplatte  Verwendung  finden 
könnte)  nach  erfolgter  Feststellung  der  Horizontirung  mittels  eines 
Verticalzapfens  drehbar  eingerichtet.  Es  sind  zu  dem  Ende  zwei 
gleichachsig  angeordnete  Klemmvorrichtungen  mit  halbkugeligen 
Schalen  vorhanden.  Von  den  unter  einander  liegenden  Flügelmuttern 
dient  die  eine  zur  Feststellung  der  Horizontirvorrichtung,  die  andere 
zur  Feststellung  des  mit  der  Stativscheibe  verbundenen  Vertical¬ 
zapfens. 

Die  erwähnten  Vorrichtungen  sind  lediglich  Horizontirvor¬ 
richtungen.  Handelt  es  sich  um  die  Aufstellung  eines  Nivellir- 
instruments,  so  kommt  nur  dessen  schnelle  Horizontirung  in  Betracht. 
Für  Winkelmefsinstrumente  ist  aufser  der  Horizontirung  auch  die 
Centrirung  erforderlich.  Das  Instrument  soll  so  aufgestellt  werden, 
dafs  dessen  Verticalachse  nicht  nur  lothrecht  ist,  sondern  auch  durch 
den  Scheitelpunkt  des  zu  messenden  Winkels  geht.  Bei  seitlicher 
Aufstellung  entsteht  im  allgemeinen  ein  Fehler  in  der  Winkel¬ 
messung,  der  um  so  gröfser  ist,  je  gröfser  die  seitliche  Aufstellung 
und  je  kürzer  die  Winkelschenkel  sind.  Bei  derselben  Gröfse  der 
seitlichen  Aufstellung  und  derselben  Länge  der  Schenkel  hängt  der 
Fehler  von  der  Gröfse  des  zu  messenden  Winkels  und  der  Richtung 
der  seitlichen  Aufstellung  ab.  Am  gröfsten  ist  der  Fehler,  wenn  der 
zu  messende  Winkel  nahezu  180°  und  wenn  die  Richtung  der  seit¬ 
lichen  Aufstellung  nahezu  rechtwinklig  zu  beiden  Winkelschenkeln 
steht.  Beträgt  unter  diesen  Voraussetzungen  die  seitliche  Aufstellung 
nur  1  mm,  so  ist  bei  einer  Winkelschenkellänge  von  40  m  der  Fehler 
in  der  Wiukelmessung  10  Sec.  Bei  einer  seitlichen  Aufstellung  von 
5  mm  und  derselben  Winkelschenkellänge  rd.  52  Sec.  Nun  kommen 
beim  Messen  von  Polygonzügen  sehr  häufig  nahezu  gestreckte  V  iukel 
vor,  anderseits  sind  kurze  Stationen  sehr  oft  gar  nicht  zu  vermeiden. 
Es  geht  hieraus  hervor,  dafs  auf  die  Centrirung  des  Instruments  die 
gröfstmögliche  Soi’gfalt  verwendet  werden  mufs.  In  vielen  Fällen 
genügt  deshalb  die  übliche  Ablothung  mittels  eines  Schnurlothes 
nicht,  da  schon  bei  geringem  Luftzug  das  Loth  überhaupt  nicht  mit 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


26.  Februar  1890. 


Sicherheit  zum  Einspielen  gebracht  werden  kann.  Das  Schnuidotli 
ist  deshalb  durch  das  sogen,  optische  Loth  und  durch  das  schon 
seit  langer  Zeit  bekannte  feste  Loth  ersetzt  worden.  Zum  Zwecke 
der  genauen  Centrirung  des  Theodoliten  und  der  Signale  sind  be¬ 
sondere  Centrirajjparate  construirt  worden.  Bei  dem  Apparat  der 
Herren  Professor  Nagel  -  Dres  den  und  Mechaniker  Hilde¬ 
brand-Freiberg  (s.  Zeitschrift  f.  Vermessungswesen ,  1888,  S-  39 
bis  50)  läfst  sich  auf  dem  nach  dem  Augenmafs  einzustelleuden  durch¬ 
bohrten  Stativkopf  die  dreiseitige,  mit  einer  lothrecht  nach  unten  ge¬ 
richteten  (Centrir-)  Rölire  versehene  Centrirplatte  nach  allen  Rich¬ 
tungen  im  Horizont  verschieben  und  festklemmen.  Die  innen  16  mm 
weite  Centrirröhre  dient  zur  Aufnahme  des  kugelförmig  gestalteten 
Objectivendes  ''der  Centrirkugel)  eines  kurzen  lothrecht  zu  stel¬ 
lenden  Fernrohrs,  dessen  schwach  konisch  gestaltetes  Objectivrohr 
genau  in  die  Durchbohrung  eines  mit  seinen  drei  Fufsschrauben  auf 
der  Centrirplatte  ruhenden  Dreifufses  drelibar  eingeschliffen  ist.  Das 
Fernrohr  mufs  genau  centrirt  sein,  seine  Achse  soll  durch  den  Mittel¬ 
punkt  der  Centrirkugel  gehen.  Bei  der  Drehung  des  Fernrohrs  um 
seine  Achse  wird  also  hiernach  das  Objectivrohr  in  der  Durchbohrung 
des  Dreifufses,  die  Centrirkugel  dagegen  in  der  Centrirröhre  sich 
drehen  müssen.  Mittels  der  drei  Fufsschrauben  des  Dreifufses  und 
zweier  an  demselben  angebrachter,  sich  rechtwinklig  kreuzenden 
Röhrenlibellen  wird  die  Fernrohrachse  lothrecht  gestellt  und  darauf  die 
Centrirplatte  bei  einspielenden  Libellen  so  von  Hand  verschoben, 
dafs  das  Bild  des  auf  dem  Erdboden  befindlichen  Lothpunktes  durch 
den  Fadenkreuzpunkt  gedeckt  wird.  Alsdann  ist  die  Achse  der 
Centrirröhre  centrirt  und  es  wird  nun,  bei  festgestellter  Centrirplatte, 
der  Centrirapparat  durch  den  gleichfalls  unten  mit  einer  gleich  grofsen 
Centrirkugel  versehenen  Theodoliten  ersetzt.  Der  Mittelpunkt  dieser 
Centrirkugel,  welche  als  Ersatz  für  die  bekannte  Centrirspitze  zu  be¬ 
trachten  ist,  mufs  in  der  Verticalachse  des  Theodoliten  liegen.  Wird 
also  der  Theodolit  so  aufgestellt,  dafs  dessen  Centrirkugel  in  der 
Centrirröhre  sich  befindet,  so  wird  nach  der  durch  die  Fufsschrauben 
bewirkten  Lothrechtstellung  der  Verticalachse  diese  dieselbe  Stelle 
einnehmen  müssen,  welche  vorher  die  Achse  des  Centrirfernrohrs  ein¬ 
nahm,  d.  h.  es  wird  die  Centrirung  des  Theodoliten  vorhanden  sein. 
Es  wird  behauptet,  dafs  durch  dieses  Vei’fahren  die  Centrirung  sich 
bis  auf  0,1  mm  genau  bewirken  lasse,  was  jedoch  seine  Schwierig¬ 
keiten  haben  dürfte.  Denn  es  wird  aufserordentlich  schwer  sein, 
die  Verschiebung  der  Centrirplatte,  ohne  Feinbewegung,  lediglich  von 
Hand,  bis  auf  0,1  mm  genau  auszuführen.  Aufserdem  dürfte  auch 
trotz  sorgfältigster  Ausführung  das  Auswechseln  der  Instrumente  Un¬ 
genauigkeiten  zur  Folge  haben,  Dafs  Herr  Hildebrand  mit  der 
Centrirkugel  das  richtige  Mittel  getroffen  hat,  um  die  durch  den 
Centrirapparat  bewirkte  Centrirung  auf  den  Theodoliten  genauer  zu 
übertragen,  als  dies  durch  eine  Centrirspitze  überhaupt  möglich  ist, 
mufs  hier  besonders  anerkannt  werden.  In  welcher  Vollkommenheit 
Stahlkugeln  hergestellt  werden  können,  hat  übrigens  Herr  Mechaniker 
Reichel-Berlin,  welcher  seit  langer  Zeit  von  der  Kugellagerung 
bei  Libellen  Anwendung  macht,  auf  der  Berliner  Gewerbeausstellung 
1879  bereits  gezeigt  (vergl.  den  Bericht  über  die  wissenschaftlichen 
Instrumente  auf  der  Berk  Gew.-Ausst.  1879  und  Deutsche  Bauztg., 
1879,  Seite  408.) 

Die  Anwendung  eines  besonderen  Aj^parates  macht  das  Centriren 
zu  einer  zeitraubenden  Arbeit.  Man  ist  darauf  bedacht  gewesen,  die 
optische  Centrirvorrichtung,  das  sogen,  optische  Loth,  mit  dem 
Theodoliten  selbst  zu  verbinden,  und  hat  zu  dem  Ende  den  Alhidaden- 
zapfen  in  der  Richtung  seiner  Achse  durchbohrt,  um  die  lothrechte 
Sehlinie  zu  ermöglichen.  Bei  der  unter  Nr.  45  593  patentirten  Centrir¬ 
vorrichtung  von  0.  Fennel-Cassel  ist  der  Theodolit  mit  einem 
gebrochenen  Fernrohr  versehen,  dessen  Objectiv  in  dem  centrisch 
durchbohrten  Verticalzapfen  des  Theodoliten  sich  befindet.  Den- 
nert  u.  Pape-Altona  benutzen  bei  der  unter  Nr.  47  061  patentirten 
Einrichtung  das  Fernrohr  des  Theodoliten  selbst  zur  centrischen 
Aufstellung  desselben.  Das  Fernrohr  wird,  mit  seiner  Objectivseite 
nach  unten,  mit  Hülfe  der  Nonien  und  des  Höhenkreises  lothrecht 
gestellt  und  der  mit  Hülfe  der  Fufsschrauben  horizontirte  Theodolit 
mittels  einer  Zwischenplatte  innerhalb  der  Durchbohrung  des  Stativ¬ 
kopfes  so  verschoben,  dafs  die  Sehachse  des  Fernrohrs  auf  den  unter 
dem  Stativ  liegenden  Lothpunkt  gerichtet  ist,  wobei  die  Beobachtung 
dadurch  ermöglicht  wird,  dafs  sowohl  der  Verticalzapfen  des  Instru¬ 
ments  als  auch  die  Zwischenplatte  lothrecht  durchbohrt  sind.  Die 
Lothrechtstellung  des  Fernrohrs  mittels  Höhenkreises  wird  immer 
einige  Zeit  beanspruchen,  aufserdem  erfordert  die  Benutzung  des 
Theodoliten-Fernrohrs  auf  eine  so  kurze  Entfernung  (rd.  1,4  m)  einen 
sehr  langen  Ocularauszug,  dessen  genaue  Verschiebung  in  der  Rich¬ 
tung  der  Achse  schwierig  sein  dürfte. 

Die  beiden  zuletzt  angegebenen  Vorrichtungen  sind,  wie  der 
Nagel -Hildebrand’sche  Apparat,  lediglich  Centrirvorrich¬ 
tung  en.  Die  Horizontirung  des  Instruments  mufs,  nachdem  der 
Stativkopf  durch  Rücken  der  Beine  annähernd  in  die  richtige  Lage 


gebracht  worden  ist,  durch  die  Fufsschrauben  erfolgen.  Neuerdings 
ist  durch  das  Patent  48147  0.  Fennel-Cassel  eine  Centrir¬ 
vorrichtung  mit  optischem  Loth  patentirt  worden  mit  der 
zugleich  auch  eine  Hör izontirvorrichtung  verbunden.  Die 
V orrichtung  besteht  aus  einer  mit  Rillen  versehenen  Instrumenten¬ 
platte,  die  auf  einer  mittels  zweier  Stellschrauben  und  Kugelgelenk  hori¬ 
zontal  einstellbaren  und  durchbohrten  Stativplatte  verschiebbar  ist  und 
im  Mitteli^unkt  ein  senkrecht  zu  derselben  gerichtetes,  mit  einem  Diopter 
ausgerüstetes  Rohr  trägt,  mit  Hülfe  dessen  unter  Verschiebung  der 
Rillenplatte  die  Achse  des  Rohrs  und  damit  die  Verticalachse  des 
aufzustellenden  Insti-uments  über  den  gegebenen  Lothpunkt  gebracht 
werden  kann.  Der  Theodolit  ist  zugleich  mit  einer  Centrirkugel  ver¬ 
sehen.  Mit  der  genannten  Vorrichtung  läfst  sich  nun  zwar  die 
Horizontirung  und  auch  die  Centrirung  bewirken,  allein  es  sind  zu 
dem  Ende  zwei  getrennte  Vorgänge  erforderlich:  Zuerst  hat  man 
zwei  Stellschrauben  für  die  Horizontirung  der  Stativplatte  zu  be¬ 
nutzen,  dann  zum  Zwecke  der  Centrirung  die  Rillenplatte  mit  fest 
angeschlossener  Centrirröhre  zu  verschieben  und  durch  eine  dritte 
Schraube  die  Feststellung  der  Rillenplatte  zu  bewirken.  Schliefslich 
müssen  nach  Aufstellung  des  Theodoliten  immer  noch  die  Fufs¬ 
schrauben  zur  genauen  Lothrechtstellung  der  Verticalachse  benutzt 
werden. 

Es  mag  liier  noch  die  unter  Nr.  7841  jjatentirte,  jedoch  nur  für 
kleinere  Instrumente  geeignete  Centrir-Horizontirvorrichtung 
von  B.  Geyer- München  erwähnt  werden,  bei  welcher  die  Centri¬ 
rung  durch  eine  mit  dem  Instrument  verbundene  geschlitzte  und 
drehbare  Platte,  die  Horizontirung  dagegen  mittels  der  Compafs- 
aufhängung  erfolgt. 

Das  Bedürfnifs,  dem  Stativkopf  eine  Einrichtung  zu  geben,  die 
es  ermöglicht,  dafs  selbst  bei  ungünstigster  Aufstellung  des  Stativs 
die  Horizontirung  und  Centrirung  des  Instruments  schnell  und 
sicher  erreicht  werden  kann,  hat  nicht  nur  in  Deutschland  die 
Mechaniker  veranlafst,  sich  mit  diesem  Gegenstände  eingehend  zu 
beschäftigen.  Es  sind  in  America  verschiedene  Versuche  nach  dieser 
Richtung  gemacht  und  mehrere  dahin  zielende  Vorrichtungen  unter 
Patentschutz  gestellt  worden; 

Nr.  197  369  v.  20.  10.  1877.  Tripod  Heads  for  Surveying-Instruments. 

Daniel  Hoff’mann  (Horizontir-  und  Centrirvorrichtung). 

Nr.  202  916  v.  6.  4.  1878,  desgl.  Alfred  Young  (nur  Horizontir- 
vorrichtung). 

Nr.  208  732  v.  9.  9.  1878,  desgl.  W.  Guidey  (nur  Centrirvorrichtung). 
Nr.  209  255  v.  25.  9.  1878,  desgl.  W.  Gurley  (nur  Horizontirvorrichtung). 
No.  209  562  v.  25.  9.  1878  desgl.  W.  Gurley  (Horizontir-  und  Centrir¬ 
vorrichtung). 

Die  letztere  Einrichtung  ist  mit  einer  geringen  Abweichung  in 
dem  Manual  of  the  principal  Instrimeyits  used  in  American  Enginee¬ 
ring  and  Surveying  manufactured  by  W.  &  L.  E.  Gurley,  Troy.  N.  Y. 
1886,  26  Edition,  S.  213  abgebildet.  Bei  dieser  Einrichtung  enthält 
der  Stativkopf  zwei  fest  mit  demselben  verbundene,  sich  um- 
schliefsende  Kugelschalen  A  A,  zwischen  welchen  sich  die  gleich 
gestaltete  Endfläche  B  eines  aufrechten,  oben  sich  erweiternden 
Hohlcylinders  führt.  In  das  an  der  Innenseite  dieses  Hohlcylinders 
eingeschnittene  Gewinde  wird  ein  als  Schraubenspindel  ausgebildeter, 
mit  der  durchbohrten  Stativdoppelplatte  fest  verbundener  hohl- 
cylindrischer  Ansatz  mit  Schraubenfederdruck  eingeschraubt.  Hier¬ 
durch  wird  ein  den  erwähnten  Hohlcylinder  umschliefsender  zweiter 
Cylinder  mit  kugelschaliger  Endfläche  C  auf  die  obere  Seite  der 
Kugelschale  A  geprefst,  gleichzeitig  aber  auch  die  halbkugelige 
Endfläche  B  an  die  innere  Seite  von  A  angeprefst.  Nachdem  die 
Horizontirung,  bei  loser  Verbindung  der  einzelnen  Theile,  mittels 
Libelle  von  Hand  bewirkt,  erfolgt  durch  Drehen  der  als  Schrauhen- 
kopf  dienenden  Stativdoppelplatte  die  Feststellung  der  Horizontir¬ 
vorrichtung  und  darauf  durch  Verschieben  der  Instrumentenplatte 
innerhalb  der  Stativdoppelplatte  die  Centrirung  mittels  Schnurlothes. 
Die  feine  Einstellung,  sowie  die  Feststellung  des  Instruments  erfolgt 
durch  dessen  vier,  das  Kugelgelenk  desselben  beeinflussenden  Fufs¬ 
schrauben. 

Zum  Horizontiren  und  Centriren  gehören  also  auch  zwei  von 
einander  getrennte  Vorgänge.  Die  Horizontirvorrichtung  ist  in  dem 
Stativkopf  nicht  verschiebbar,  sondern  fest  gelagert. 

In  überraschend  einfacher  Weise  ist  m.  E.  die  Aufgabe,  die 
Horizontirung  und  Centrirung  zugleich  zu  bewerkstelligen,  durch  die 
unter  Nr.  36  577  in  Deutschland  und  unter  Nr.  356  891  (5.  10.  1886) 
in  America  patentirte  Stativeinrichtung  von  H.  Müller  u. 
F.  Reinecke,  in  Firma  A.  Meifsner-Berlin  gelöst  worden.  Vor 
den  erwähnten  Vorrichtungen  zeichnet  sich  diese  Horizontir- 
Centrirvorrichtung  durch  die  grofse  Leichtigkeit  und  Schnellig¬ 
keit  der  Handhabung  aus.  Die  ganze  Thätigkeit  des  Horizontirens 
und  Centrirens  währt  bei  geringer  Uebung  kaum  eine  Minute.  Für 
die  Feststellung  ist  nur  eine  einzige  Schraube  erforderlich.  Die 
Centrirung  läfst  sich  mit  Leichtigkeit  bis  auf  1  mm,  die  Horizontirung 


Blr.  8A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


83 


bis  auf  2,5  Min.  genau  bewirken.  Die  Einrichtung  ist  zwar  in  erster 
Linie  auf  die  Anwendung  des  sogen,  festen  Lothes  berechnet,  doch 
kann  dieselbe  ebenso  leicht  mit  einem  Schnurloth  oder  optischen 
Loth,  oder  mit  beiden  zugleich,  versehen  werden.  Ebenso  läfst  sich 
für  die  genaue  Aufstellung  des  Instruments  die  Centrirkugel  an-, 
wenden.  Die  Einrichtung  hat  bereits  eine  grofse  Verbreitung  erlangt, 
und  die  Leichtigkeit  und  Schnelligkeit  der  Handhabung,  sowie  die 
damit  erzielte  Genauigkeit  werden  allseitig  anerkannt.  Schon  der 
Umstand,  dafs  das  vor  vier  Jahren  (9.  1.  86)  ertheilte  deutsche  Patent 
heute  noch  in  Kraft  ist,  während  fast  alle  die  anderen  genannten 
deutschen  Patente  bald  nach  ihrer  Ertheilung  wieder  gelöscht  wurden, 
läfst  darauf  schliefsen,  dafs  diese  Erfindung,  welche  als  eine  werth¬ 
volle  Bereicherung  des  Vermessungswesens  zu  bezeichnen  ist,  einen 
grofsen  praktischen  Werth  hat.  Der  Preis  der  Anschaffung  eines 
solchen  Stativs  (100  Mark)  dürfte  sich  durch  die  mit  dessen  An¬ 
wendung  zu  erzielende  bedeutende  Zeitersparnifs  und  durch  den 
Umstand,  dafs  dasselbe  für  Instrumente  verschiedener  Gattung  und 


Gröfse  verwandt  werden  kann,  dafs  also  nur  ein  Stativ  mit  ins  Feld 
genommen  zu  werden  braucht,  sehr  rasch  bezahlt  machen. 

In  den  vorstehenden  Abbildungen  ist  die  an  einem  gewöhn¬ 
lichen  Stativ  anzubringende  Vorrichtung  dargestellt. 

Abb.  1  ist  ein  axialer  lothrechter  Schnitt  in  theilweiser  Ansicht 
durch  die  an  dem  Stativkopf  angebrachte  Vorrichtung  bei  wage- 
rechter  Lage  des  letzteren. 

Abb.  2  ist  ein  ähnlicher  Schnitt  bei  schiefer  Lage  des  Stativ¬ 
kopfes. 

Abb.  3  zeigt  in  Oberansicht  die  Einrichtung,  welche  die  Ver¬ 
wendung  von  Mefsinstrumenten  mit  Dreifufs  ermöglicht. 

Abb.  4  ist  ein  lothrechter  Schnitt  mit  theilweiser  Ansicht  durch 
Abb.  3. 

Abb.  5  zeigt  in  verkleinertem  Mafsstabe  Schnitt  und  theilweise 
Ansicht  des  zum  festen  Loth  ausgebildeten  Centralzapfens. 

Die  Abb.  6  und  7  zeigen,  in  welcher  Weise  beim  Centriren  die 
Spitze  des  festen  Lothes  mit  dem  Lothpunkt  in  Verbindung  er¬ 
halten  wird. 

Abb.  8  zeigt  die  Vorrichtung  mit  umgekehrter  Anordnung  der 
Gelenke. 

Das  Mefsinstrument  wird  entweder  unmittelbar  auf  den  Schrauben¬ 
zapfen  a  aufgeschraubt  oder  mit  seinem  Dreifufs  auf  eine  dreieckige 
Zwischensohle  a^,  Abb.  3  und  4,  gesetzt,  welche  auf  den  Zapfen  a 
geschraubt  wird.  Dieser  Zapfen  bildet  das  obere  Ende  eines  Ein¬ 
stellhebels  6,  der  zwecks  Horizontirung  des  Instruments  hin-  und 
herbewegt  wird.  Der  kugelförmig  abgedrehte  Kopf  c  des  Einstell¬ 
hebels  bewegt  sich  in'  einem  schalenartigen,  ebenfalls  kugelförmig 
ausgedrehten  Ringe  d,  der  sich  auf  der  Stativkopfplatte  e  verschieben 
läfst.  Letztere  ist  mit  äufserem  Verstärkungsringe  versehen,  durch 
welchen  die  in  den  Stativkopf  greifenden  Schrauben  gezogen  werden. 
Auf  der  inneren  Seite  der  Platte  e  bewegt  sich  eine  planparallele, 
mit  centraler  Oeffnung  versehene  Scheibe  f,  durch  die  der  Stellhebel  b 
hindurchtritt  und  deren  innerer  Rand  abgeschrägt  ist,  um  Neigungen 
des  Stellhebels  nach  allen  Seiten  hin  zu  gestatten.  Gegen  die  untere 
Seite  der  Scheibe  f  legt  sich  ein  Ring  der  auf  der  äufseren  Seite 


nach  einer  Kugel  abgedreht  ist  und  auf  der  Scheibe  f  gleiten  kann, 
während  der  Ring  (j  von  einem  Kugelabschnittringe  h  umschlossen 
wird,  gegen  welchen  sich  wiederum  der  kugelschalenförmige  Flansch  i 
eines  Rohres  k  legt,  das  den  Stellhebel  h  umschliefst  und  sich  genau 
auf  demselben  führt.  Die  Mittelpunkte  sämtlicher  Kugelflächen  sollen 
zusammenfallen.  Die  Zahl  der  Ringe  kann  mehr  als  zwei  betragen. 
Von  der  Zahl  derselben  ist  die  Neigung  des  Stellhebels  zur  Stativ¬ 
kopfplatte  abhängig.  Der  untere  Theil  des  Rohres  k  ist  erweitert 
zur  Aufnahme  einer  um  den  Stellhebel  gelegten  Schraubenfeder  /, 
welche  gegen  eine  Flügelmutter  m  wirkt,  die  auf  einen  Gewindetheil 
des  Stellhebels  6  geschraubt  ist  und  mittels  deren  das  Rohr  k  nach 
oben  gedrückt  werden  kann,  um  durch  Vermehrung  der  Reibung 
zwischen  den  erwähnten  Kugelflächen  und  der  ebenen  Flächen  die 
Feststellung  der  ganzen  Vorrichtung  bewirken  zu  können.  Die  An¬ 
ordnung  des  Kugelkopfes  c  und  der  Theile  h  und  i  mit  gemein¬ 
samem  Mittelpunkt  ermöglicht  es,  dafs  der  Stellhebel  nach  jeder 
Richtung  frei  bewegt  werden  kann,  wobei,  eine  bestimmte  Stellung 
der  Flügelmutter  m  vorausgesetzt,  in  jeder  Lage  desselben  zwischen 
den  sämtlichen  Lagerflächen  der  Vorrichtung  dasselbe  Mafs  von 
Reibung  stattfindet.  Diese  Mittelpunktsgemeinschaft  bildet  ein  be¬ 
zeichnendes  Merkmal  der  Vorrichtung,  wodurch  sie  sich  namentlich 
von  älteren  zu  demselben  Zwecke  erdachten  Vorrichtungen  mit  festem 
Loth  wesentlich  unterscheidet.  Auch  die  Verschiebbarkeit  dieser 

Horizontir  -  Centrirvorrichtung 
nach  allen  Richtungen  inner¬ 
halb  der  Durchbohrung  der 
Stativkopfplatte  ist  bei  keiner 
der  bisherigen  Vorrichtungen 
vorhanden.  Diese  Verschieb¬ 
barkeit  fehlt  insbesondere  gänz¬ 
lich  bei  der  durch  das  ameri- 
canische  Patent  209  562  be¬ 
kannt  gewordenen  Anordnung. 

Da  die  obere  ebene  Fläche 
des  kugelförmigen  Kopfes  c, 
auf  welchem  die  horizontale 
Sohle  des  Instruments  sitzt, 
genau  senkrecht  zur  Achse  des 
Stellhebels  b  steht,  ist  das 
Mefsinstrument  horizontirt,  sobald  der  Stellhebel  b  eine  lothrechte 
Lage  einnimmt.  Die  Bewegung  des  Hebels  erfolgt,  wie  erwähnt,  von 
Hand  nach  Lösen  der  Flügelmutter  ra,  und  die  mit  dem  Instrument 
verbundene  Dosenlibelle  dient  wie  bisher  als  Richtung  bei  der 
Horizontirung.  Ihre  Einstellung  kann,  wenn  der  Hebel  tief  erfafst 
wird,  mit  grofser  Sicherheit  geschehen. 

Die  in  Abb.  3  und  4  dargestellte  Zwischensohle  wird  dann  auf 
den  Zapfen  a  des  Stellhebels  b  geschraubt,  wenn  Instrumente  mit 
Dreifufs  in  Anwendung  kommen.  Sie  ist  mit  Rillen  o  versehen,  so- 
dafs  Instrumente  von  verschiedener  Fufsspitzenentfernung  auf  dem 
Stativ  aufgestellt  werden  können.  Die  Füfse  des  Dreifufses  werden 
dann  zweckmäfsig  so,  wie  bei  /?  (Abb.  4)  gezeigt,  ausgebildet  und  die 
feste  Lage  des  Instruments  durch  eine  auf  die  Zwischensohle  zu 
schraubende  Unterlage  s  mit  federnden  Armen  gesichert,  die  über 
die  Füfse  p  greifen.  Mit  der  Zwischensohle  wird  zweckmäfsig  eine 
Dosenlibelle  t  verbunden,  deren  Achsenebene  senkrecht  zur  Achse 
des  Stellhebels.  Nach  Abb.  2  ist  der  centrale  Stellhebel  b  röhren¬ 
förmig  gestaltet,  und  in  diesem  Rohr  liegt  die  Schnur  u  für  das  Loth, 
sodafs  dasselbe  den  Einwirkungen  des  Windes  entzogen  wird.  Das 
Schnurloth  kann  durch  ein  optisches  Loth  ersetzt  werden. 

Abb.  5  zeigt  die  Anordnung  des  festen  Lothes.  Auf  den  nach 
unten  verlängerten  Stellhebel  wird  ein  gerades  Rohr  x  geschoben,  in 
welchem  sich  der  zugespitze  Stab  y  verschieben  läfst.  Da  bei  hori- 
zontirtem  Instrument,  infolge  der  senkrechten  Lage  der  oberen  Fläche 
des  Kopfes  c  gegen  die  Achse  des  Stellhebels  6,  letzterer  in  die 
Lothrechte  fällt,  so  bietet  dieser  in  der  That  zugleich  eine  Lothvor- 
richtung,  die  gegenüber  dem  Schnurloth  entschiedene  Vorzüge  be¬ 
sitzt.  Die  centrale  Aussparung  in  der  Stativkopfplatte  e  ist  grofs 
genug,  6 — 10  cm,  um  das  Instrument  nach  dem  Punkte,  auf  den  es 
einzulothen  ist,  verchieben  zu  können.  Die  Dosenlibelle  der  Zwischen¬ 
sohle  ist  nach  einem  Halbmesser  von  1,4  m  (der  durchschnittlichen 
Instrumentenhöhe)  genau  geschliffen,  was  bei  einem  Abstande  der 
beiden  um  den  Spielpunkt  gezogenen  Kreise  von  1  mm  einer  Empfind¬ 
lichkeit  von  2,5  Min.  entspricht.  Da  man  mit  Leichtigkeit  das  Ein¬ 
spielen  der  Libelle  bis  auf  1  mm  genau  herbeiführen  kann,  so  läfst 
sich  mit  derselben  Genauigkeit  auch  die  Centrirung  bewirken. 

Die  Handhabung  der  Vorrichtung  ist  nun  folgende. 

1.  Wenn  nur  Horizontirung  verlangt  wird,  bewegt  man  den 
Stellhebel,  indem  man  ihn  möglichst  tief  erfafst,  so,  dafs  die  Dosen¬ 
libelle  des  Instruments  oder  der  Zwischensohle  genau  einspielt. 
Darauf  wird  die  Flügelmutter  m  angezogen.  Alsdann  ist  die  Achse 
des  Stellhebels,  also  auch  die  Verticalachse  des  Instruments  lothrecht. 


84 


Central blatt  der  Bauverwaltung. 


26.  Februar  1890. 


Für  das  mit  empfindlicherer  Köhreiilibelle  ausgerüstete  auf  die 
Zwischensohle  zu  stellende  Nivellirinstrument  werden  wenige  Um¬ 
drehungen  der  Fufsschrauben  zur  genauen  Lothrechtstellung  der 
Verticalachse  genügend  sein.  AVird  y  genügend  ausgezogeii,  so  kann 
leicht  der  Punkt  angegeben  werden,  in  dem  die  A^erticalachse  den 
Erdboden  trifft. 

2.  AA’^enn  nicht  nur  Horizontirung,  sondern  auch  Cen- 
trirung  verlangt  wird,  so  stelle  man,  indem  die  Spitze  des  Stell¬ 
hebels  in  der  durch  die  Abb.  G  und  7  veranschaulichten  AVeise  mit 


dem  Lothpunkt  in  Verbindung  gebracht  wird,  das  Stativ  so  auf,  dafs 
die  Dosenlibelle  der  Zwischensohle  oder  des  Instruments  ungefähr 
einspielt.  Drücke  die  Stativbeine  fest.  Nunmehr  verschiebe  man,  bei 
unveränderter  Lage  der  Stellhebelspitze,  die  ganze  A^orrichtung  durch 
Erfassen  von  d,  innerhalb  der  Durchbohrung  der  Stativkopfjjlatte  e, 
so,  dafs  die  Libelle  genau  einspielt,  wobei  y  sich  in  x  entsprechend 
verschieben  wird,  und  ziehe  dann  die  Flügelmutter  m  an.  Alsdann 
ist  die  Horizontirung  und  Centrirung  bewirkt. 


YermiscMes 


Die  Preishewerhuiigeu  um  ein  Katliliaus  in  AVillielmshaveu 
(S.  425  d.  V.  J.)  mul  um  AVoliiihiiuser  für  die  Schöiieherg-Friedeiumer 
Terrain  -  (ilesellschaft  (S.  489  d.  v.  J. )  kamen  in  der  Sitzung  des 
Berliner  Architekten -A^ei'eins  vom  24.  d.  M.  zur  Begutachtung.  In 
beiden  AA^ettbe werben  wurden  erste  Preise  nicht  zuerkannt,  vielmehr 
gelangten  je  zwei  gleiche  Preise  zur  A^ertheilung.  Für  das  AVilhelms- 
havener  Eathhaus  erhielten  diese  die  Herren  Regierungs -Baumeister 
Richard  Schnitze  und  Regierungs  -  Bauführer  Emil  Hoffmann, 
für  die  Wohnhäuser  der  Terrain -Gesellschaft  die  Herren  Architekt 
Ho  eiliger  und  Architekten  Erd  mann  u.  Spin  dl  er.  Im  erst¬ 
genannten  AVettbewerbe  wurden  überdies  noch  zwei  Vereinsandenken 
zuerkannt,  und  zwar  an  die  Herren  Stadtbaumeister  Dylewski  und 
Architekt  AI  ö  s  s  i  n  g  e  r. 

.  Das  Proteclorat  über  die  ErricMimg  eines  Denkmals  für  Kaiser 
AA’illielm  I.  auf  dem  Kyffliäuser  (vgl.  S.  425  d.  v.  J.)  hat  an  Stelle 
des  hochseligen  Fürsten  Georg  zu  Schwarzburg- Rudolstadt  der  er¬ 
lauchte  Nachfolger  des  A^erewigten,  Se.  Durchlaucht  Fürst  Günther 
übernommen.  Der  geschäftsführende  Ausschufs,  der  dies  bekannt 
giebt,  theilt  gleichzeitig  mit,  dafs  die  Entwürfe  s.  Z.  an  das  Bureau 
der  akademischen  Kunstausstellung  im  Landesausstellungsgebäude 
in  Berlin  eiuzusenden  sind  und  dann  gleichzeitig  mit  den  Kunst¬ 
werken  der  diesjährigen  Berliner  Ausstellung  vom  1.  Juli  ab  be¬ 
sichtigt  werden  können. 

Die  feieriiclie  Betriehseröffiuiug  der  Fortli  -  Brücke ,  welche  in 
ihrem  Entstehen  seit  fast  sieben  Jahren  die  Erwartungen  aller  ge¬ 
bildeten  Kreise  der  AVelt  wach  gehalten  hat,  wird  am  Dienstag  den 
4.  Alärz  d.  J.  stattfinden.  Der  Prinz  von  AVales  selbst  hat  sein  Erscheinen 
bei  der  Eröffnungsfeier  zugesagt  und  wird ,  iudem  er  den  letzten 
verbindenden  Bolzen  einfügt,  gewissermafsen  die  letzte  Hand  an  das 
grofse  AVerk  legen.  Ueber  die  Festordnuug  ist  im  einzelnen  folgendes 
bekannt  geworden:  Am  3.  Alärz  wird  der  Prinz  von  London  aus 
über  Edinburg  in  Dalmeny  eintrefl’en,  wohin  ihn  der  Lord  Eoseberry 
zu  Gaste  geladen  hat.  Die  Directoren  der  Brücke  nebst  den  übrigen 
geladenen  Gästen  reisen  am  Alorgen  des  Eröffnungstages  von  Ediu- 
burg  aus  mittels  Sonderzuges  nach  Dalmenj^,  um  hier  die  fürstlichen 
Gäste  zu  erwarten.  Der  Zug  wird  hierauf  über  die  Brücke  an  dem 
am  jenseitigen  (nördlichen)  Ufer  des  Firth  of  Forth  gelegenen  Orte 
North  Queensferry  vorüber  bis  nach  Inverkeithing  geführt,  von  wo 
nach  kurzem  Aufenthalt  die  Rückfahrt  nach  North  Queensferry  an¬ 
getreten  wird.  Zwei  hier  bereit  gehaltene  Dampfer  nehmen  die 
fürstlichen  Personen  nebst  Gefolge  sowie  die  übrigen  Festtheilnehmer 
auf  zur  Besichtigung  der  Brücke  auch  von  der  AVasserseite.  Nach 
North  Queensferry  zurückgekehrt,  wird  sodann  die  Rückfahrt  über 
die  Brücke  angetreten,  auf  der  A'Iitte  derselben  Halt  gemacht  und 
hier  der  letzte  Nietbolzen  vom  Prinzen  von  AVales  befestigt.  Im 
Anschlufs  an  diese  Feierlichkeit  wird  in  North  Queensferry  in  einem 
besonders  zu  diesem  Zweck  errichteten  Raume,  in  welchem  auch  die 
Entwürfe  der  Brücke  gezeigt  werden,  die  Eröffnung  des  Werkes  bei 
festlichem  Alahle  begangen. 

Von  deutscher  Seite  wird  im  Aufträge  des  iVIinisters  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten,  Hrm.  v.  Alaybach  —  einer  Einladung  des  Aufsichts¬ 
raths  der  Forthbrücke  entsprechend  —  der  Eisenbahn -Bau-  u.  Be¬ 
triebsinspector  Mehrtens  in  Bromberg  an  der  Eröffnungsfeier  theil- 
nehmen. 

Das  gewaltige  Unternehmen  wurde  bekanntlich  nach  Entwürfen 
der  Ingenieure  Sir  John  Fowler  und  Benjamin  Baker  im  Jahre 

1882  an  die  Firma  Tancred,  Arrol  u.  Co.,  einer  eigens  für  diesen 
Bau  zusammengetretenen  Gesellschaft,  zur  Ausführung  übergeben, 
zu  dem  anschlagsmäfsigen  Kostenbeträge  von  32  Alillionen  Alark. 
Die  gesamte  Längenausdehnung  der  Brücke  beträgt  2720  m,  ihre 
gröfste  Spannweite  519  m;  die  erstere  wird  wohl  von  der  AUctoria- 
Brücke  in  Montreal  und  von  der  Tay-Brücke  übertroffen,  doch  reichen 
die  gröfsten  Spannweiten  dieser  Brücken  —  rund  106  bezw.  75  m  — 
nicht  an  diejenige  der  Forth-Brücke  heran.  Selbst  die  gröfste  Spann¬ 
weite  der  East-River-Hängebrücke  ist  um  33  m  geringer  als  diejenige 
der  Forth-Brücke.  Alittheilungen  über  den  Bau  der  Brücke  finden 
die  Leser  u.  a.  in  den  Jahrgängen  1881  S.  265  u.  275,  1882  S.  12, 

1883  S.  401,  1885  S.  59  u.  540  des  Centralblatts  der  Bauverwaltung. 


Das  Amsterdamer  Stadttheater  ist  in  der  Nacht  vom  19.  zum 
20.  d.  AI.  ein  Raub  der  Flammen  geworden,  glücklicherweise 
ohne  dafs  Menschenleben  dabei  zum  Opfer  gefallen  sind.  Ueber  die 
Entstehung  des  Brandes  ist  sicheres  noch  nicht  ermittelt.  Nach 
übereinstimmenden  Berichten  sollen  die  gewissenhaftesten  und  bis 
ins  einzelne  gehenden  Vorsichtsmafsregeln  getroffen  gewesen  sein. 
Am  Abend  des  19.  führte  man  aus  Veranlassung  des  Geburtstages 
Sr.  Älajestät  des  Königs  ein  Stück  auf,  dessen  Schlufs-  und  „Glanz“- 
Leistung  in  einem  —  nach  heutigen  Bühnenbegriflfen  ja  unentbehr¬ 
lichen  —  Feuerwerke  bestand.  Allem  Anschein  nach  ist  dieses 
die  Ursache  des  Brandunglückes  geworden.  Der  Fall  giebt  Ver¬ 
anlassung  zu  der  Erwägung,  ob  es  nicht  endlich  an  der  Zeit  ist,  die 
gleiche  Strenge,  mit  der  in  dankenswerther  AVeise  heutzutage  überall 
die  baulichen  Einrichtungen  eines  Theaters  geprüft,  beschränkt  und 
überwacht  werden,  auch  gegenüber  den  Bühnen-Betrieben  in  An¬ 
wendung  zu  bringen.  Die  Erkenntnifs  wird  sich  dann  gewifs  bald 
allgemein  Bahn  brechen,  dafs  durch  Fortlassung  der  „Feuerzauber“ 
und  ähnlicher  unnatürlicher  Natürlichkeiten  eine  gut  geschriebene 
und  gut  gespielte  Bühnenaufführung  nicht  verlieren,  sondern  nur 
gewinnen  kann. 

Druclnvasserversorgnng  in  London.  Die  Londoner  Druckwasser- 
Gesellschaft  (London  Hydraulic  Power  Company)  verfügt  zur  Zeit 
über  ein  Druckrohrnetz  von  65  km  Gesamtlänge.  Die  Rohre  bestehen 
aus  Gufseisen,  haben  zwischen  5  und  17,8  cm  Weite  und  sind  einem 
Druck  von  52,7  kg/qcm  ausgesetzt.  Aufser  den  beiden  in  Blackfriars 
und  Westminster  errichteten  Pumpstationen,  welche  wöchentlich 
13  600  bezw.  9100  cbm  Druckwasser  abgeben  können,  ist  infolge  der 
gesteigerten  Nachfrage  der  Bau  einer  dritten  Pumpstation  in  AVapping, 
mit  einer  AVochenleistung  von  18  200  cbm,  nöthig  geworden.  Gegen¬ 
wärtig  werden  über  1000  Alaschinen  —  Hebezeuge,  Pressen  u.  a.  — 
mit  wöchentlich  17  000  cbm  Druckwasser  versorgt;  200  weitere  Ge¬ 
suche  um  Gewährung  von  Anschlüssen  liegen  vor.  Die  AVasserabgabe 
findet  zu  allen  Tages-  und  Nachtstunden,  auch  au  Sonn-  und  Feier¬ 
tagen,  statt. 


Biiciierscliaii. 

WaudtäfeluHg’en  und  Holzdecken.  Eine  Alustersammlung  kunst¬ 
handwerklicher  Schöpfungen  alter  und  neuer  Zeit  in  geschichtlicher 
Reihenfolge  als  Hülfsmittel  zum  Entwerfen  für  Architekten,  Kunst¬ 
tischler  und  Studirende  des  Kunstgewerbes.  Herausgegeben  von  Hans 
Issel,  Architekt  und  Lehrer  an  der  Herzogi.  sächsischen  Baugewerbe¬ 
schule  in  Gotha.  40  Tafeln  nebst  einem  illustrirten  Textbande.  Leipzig, 
Karl  Scholtze.  Preis  18  M. 

Das  im  Laufe  des  letzten  halben  Jahres  in  10  Heften  erschienene 
AVerk  bietet  eine  Reihe  guter,  nach  Federzeichnungen  ausgeführter 
Lichtdrucke,  durch  die  ein  übersichtliches  Bild  der  Entwicklung  der 
hölzernen  Wandtäfelung  und  Flach  decke  vom  gothischen  Alittelalter 
bis  auf  unsere  Zeit  gegeben  wird.  Die  Auswahl  ist  derart  getroffen, 
dafs  neben  allgemein  mustergültigen  Beispielen,  die  die  Alehrzahl  bil¬ 
den,  der  geschichtlichen  Vollständigkeit  wegen  auch  solche  Stücke  ge¬ 
geben  wurden,  die  mehr  bezeichnend  für  die  Eigenart  einer  bestimmten 
Zeit  sind,  denn  dafs  sie  als  vorbildlich  angesehen  werden  können. 
Die  Beispiele  wurden  unter  Angabe  der  Quellen  zum  grofsen  Theile 
anderen  Veröffentlichungen  entlehnt.  —  Der  Text  führt  in  einem 
ersten,  kunstgeschichtlichen  Abschnitte  das  grofse  und  oft  abge¬ 
handelte  Thema  der  Stilwandlungen  vom  Alittelalter  bis  zur  Neuzeit 
für  das  den  Vorwurf  bildende  Einzelgebiet  knapp  und  hübsch  durch 
und  verbreitet  sich  im  zweiten  Theile  etwas  eingehender  über  die 
Entwicklung  und  Technilc  der  Arbeiten  in  eingelegten  Hölzern.  Läfst 
der  Verfasser  den  Erzeugnissen  aller  Zeiten  entsprechende  AA^ürdigung 
zu  Theil  werden,  so  verweilt  er  doch  mit  Vorliebe  bei  den  Bildungen, 
welche  Decke  und  Täfelung  während  des  Alittelalters  und  der 
Eenaissancezeit  in  Deutschland  aufweisen,  und  er  bekennt,  dafs  der 
Zweck  seiner  Arbeit  erreicht  sei,  wenn  es  ihm  gelänge,  für  diese 
heimische,  stimmungsvolle  und  warme  Ausstattungsweise  des  bürger¬ 
lichen  Zimmers  von  neuem  Verständnifs  und  Zuneigung  zu  schaffen. 

—  d. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Ecdaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K  e  r  s  k es,  Berlin. 


85 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  1.  März  1890.  Nr.  9. 


Kedaction:  SW.  Ziramerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Die  Viaducte  der 
Eisenbahnlinie  Tahor-Pisek.  (Fortsetzung.)  —  Der  Neubau  des  Eatlihauses  in  Leipzig. 

—  Zur  Frage  der  Wetterbeständigkeit  altrömischer  Ziegel  und  Mörtel.  —  Ver- 

mischtes:  Erste  deutsche  Fachausstellung  für  Stein -Strafsenbau- Materialien  usw. 
—  Caualisationsentwurf  der  Stadt  Moskau.  —  A.  Hartei  -t-. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  nach¬ 
benannten  Beamten,  und  zwar:  dem  Ober-Baurath  Schmeitzei, 
Abtheilungs  -  Dirigenten  bei  der  Königlichen  Eisenbahndirection  in 
Bromberg,  den  Königlichen  Kronen-Orden  II.  Klasse,  dem  ßegierungs- 
und  Baurath  Blumberg,  Director  des  Königlichen  Eisenbahn-Be- 
triebs-Amts  in  Bromberg,  und  dem  Baurath  Talke  in  Königsberg  i.  Pr., 
Betriebs  -  Director  der  Ostpreufsischen  Südbahn,  den  Königlichen 
Kronen-Orden  IIL  Klasse,  dem  ßegierungs-  und  Baurath  Wolff, 
Director  des  Königlichen  Eisenbahn -Betriebs -Amts  in  Danzig,  dem 
ßegierungs-  und  Baurath  Frankenfeld,  ständigem  Hülfsarbeiter 
bei  dem  Königlichen  Eisenbahn  -  Betriebs  -  Amte  (Directionsbezirk 
Bromberg)  in  Posen,  dem  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector 
Prins,  Vorsteher  der  Eisenbahn -Bauinspection  in  Inowrazlaw,  und 
dem  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Bohl  in  Berlin,  den  ßothen  Adler- 
Orden  IV.  Klasse,  dem  Betriebsdirector  der  Breslau -Warschauer 
Eisenbahn,  Fischer  in  Oels  i.  Schl.,  und  dem  Betriebsinspector 
der  Marienburg-Mlawkaer  Eisenbahn,  Seng  er  in  Marienburg  W.-Pr., 
den  Königlichen  Kronen-Orden  IV.  Klasse,  ferner  dem  technischen 
Mitgliede  der  Direction  der  Marienburg-Mlawkaer  Eisenbahn-Gesell¬ 
schaft  Breidsprecher  in  Danzig  den  Charakter  als  Baurath  zu  ver¬ 
leihen  sowie  dem  ßegierungs-  und  Baurath  Döltz  in  Magdeburg  die 
Annahme  und  Anlegung  der  ihm  von  Sr.  Hoheit  dem  Herzoge  von 
Anhalt  verliehenen  Decoration  des  ßitterkreuzes  I.  Klasse  des  Haus¬ 
ordens  Albrechts  des  Bären  zu  gestatten. 

Dem  ßegierungs-  und  Baurath  Monscheuer  in  Thorn  ist  die 
Stelle  des  Directors  des  Königlichen  Eisenbahn -Betriebs -Amts  da¬ 
selbst  verliehen  worden. 

Zu  Eisenbahn- Bau-  und  Betriebsinspectoren  sind  ernannt:  die 
Königlichen  ßegierungs-Baumeister  Buchholtz  in  Posen  unter  Ver¬ 
leihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  Königlichen 
Eisenbahn -Betriebs -Amte  (Directionsbezirk  Bromberg)  daselbst  und 


Settgast  in  Wittenberge  unter  Verleihung  der  Stelle  des  Vorstehers 
der  Eisenbahn-Bauinspection  daselbst. 

Dem  bisherigen  Kreis-Bauinspector  Gnuschke  in  Zellerfeld  a.  H. 
ist  unter  Beilegung  des  Amtscharakters  als  Land -Bauinspector  eine 
Bauinspector- Stelle  im  technischen  Bureau  der  Bauabtheilung  des 
Ministeriums  der  öö'entlichen  Arbeiten  übertragen  worden. 

Der  ßegierungs-  und  Baurath  Z astrau  ist  zum  Mitgliede  des 
Königlich  technischen  Ober-Prüfungs-Amts  in  Berlin,  die  Kaiserlichen 
Marine -Maschinenbau -Ingenieure  Petzsch  und  Strangmeyer  sind 
zu  Mitgliedern  des  Königlich  technischen  Prüfungs- Amtes  in  Berlin 
ernannt  worden. 

Zu  Königlichen  ßegierungs -Baumeistern  sind  ernannt:  die  ße¬ 
gierungs  -  Bauführer  Karl  ßiebensahm  aus  Wehlau  O.-Pr.  und 
Wilhelm  Strebe  aus  Zilly,  Kreis  Halberstadt  (Ingenieurbaufach);  — 
Werner  Lun  dt  aus  Hamburg,  Julius  Stüdemann  aus  Solkendorf 
bei  Stralsund  und  Johannes  Baltzer  aus  Bielefeld  (Hochbaufach);  — 
Oskar  Töpert  aus  Görlitz  und  Otto  Scheer  aus  Treuenbrietzen, 
Kreis  Zauch-Belzig  (Maschinenbaufach). 

Dem  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  Kolle,  ständigem 
Hülfsarbeiter  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn  -  Betriebs  -  Amte 
(Directionsbezirk  Erfurt)  in  Berlin,  und  dem  bisherigen  Königlichen 
ßegierungs-Baumeister  Karl  Sieben  in  Aachen  ist  die  nachgesuchte 
Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Sich  Gnädigst 
bewogen  gefunden,  dem  Hofrath,  Hofbaumeister  Bohm  in  Berlin 
das  ßitterkreuz  I.  Klasse  des  Ordens  vom  Zähringer  Löwen  zu  ver¬ 
leihen  und  dem  Vorstand  der  Eisenbahn -Hauptwerkstätte,  Baurath 
H.  Esser  in  Karlsruhe,  die  unterthänigst  naehgesuchte  Erlaubnifs 
zur  Annahme  und  zum  Tragen  des  ihm  von  Seiner  Hoheit  dem 
Fürsten  von  Hohenzollern  verliehenen  Ehrenkreuzes  III.  Klasse  des 
Fürstlich  Hohenzollernschen  Hausordens  zu  ertheilen. 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Yiaducte  der  Eisenbahnlinie  Tahor-Pisek. 

(Fortsetzung.) 


Der  Moldauviaduct  hei  Cervena.  (Abb.  8—17.) 

Ein  durch  seine  Bauart  und  Ausführungsweise  hervorragendes 
Werk  ist  der  Viaduct, 
mit  welchem  das  Mol¬ 
dauthal  bei  dem  Dorfe 
Cervena  in  der  Höhe  von 
65  m  über  dem  Nieder¬ 
wasser  des  Flusses  über¬ 
setzt  wird.  Derselbe  hat 
drei  Oeffnungen  von  je 
84,4  m  Stützweite ,  an 
welche  sich  auf  jeder 
Seite  eine  kleine  ge¬ 
wölbte  Oetfnung  von  6  m 
bezw.  8  m  Weite  an¬ 
schliefst.  Der  eiserne 
Ueberbau  wird  von 
durchgehenden  Gelenk¬ 
trägern  (Gerber -Träger) 
gebildet;  die  Mittelöff¬ 
nung  enthält  einen  33,76  m  weit  gespannten  Träger,  welcher  auf 
den  25,32  m  weit  überstehenden  Auslegern  der  Träger  der  beiden 


Die  Träger  haben  parallele  Gurte  und 
nämlich  9,5  m  zwischen  den  Gurt¬ 
schwerpunkten  (Abb.  8 
bis  10).  Die  beiden  Mit¬ 
telpfeiler  sind  über  der 
Fundamentsohle  58  m 
(Taborer  Pfeiler)  und 
62  m  (Piseker  Pfeiler) 
hoch;  sie  sind  in  lager¬ 
haftem  Bruchsteinmauer¬ 
werk  mit  Portland -Ce- 
mentmörtel  ausgeführt 
und  haben  am  Haupte 
5,1m  Stärke  (in  derBahn- 
achse)  und  7,9  m  Breite, 
am  Fundamentabsatze 
11,6  m  Stärke  und  14,5  m 
Tiefe.  Die  Grundfläche 
dieser  beiden  Pfeiler  ist 
zusammen  414  qm;  sie 
sind  höchstenfalls  mit  10  kg/qcm  belastet  und  auf  festen  Granit¬ 
fels  gegründet.  Der  Baustein  wurde  aus  Brüchen  theils  unmittel- 


Seitenöflnungen  aufgelagert  ist, 
durchgehends  gleiche  Höhe, 


86 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


bar  neben  den  Pfeilern  der  Berglehne,  tlieils  einige  Kilometer  tlial- 
aufwärts  entnommen  und  besteht  aus  grofsen  Blöcken  von  lagerhaft 
brechendem  Granit.  Diese  sind  nur  an  den  sichtbaren  Stirnen,  am 
Lager  und  Stofs  etwas  zugerichtet,  jedoch  mit  Vorköpfen  bis  zu 
0,3  m  belassen.  Der  Mörtel  ist  aus  einem  Raumtheile  Perlmoser 
Portland-Cement  (lose  aufgeschüttet)  und  drei  Raumtheilen  schönen 
Sandes  gebildet. 

Mit  den  Gründungsarbeiten  der  Mittelpfeilcr  wurde  anfangs 
December  1886  begonnen.  Zuerst  wurden  die  Arbeiten  von  der 
k.  k.  Bauleitung  in  Selbstunternehmung  durchgeführt.  Mitte  April 
1887  waren  auf  der  Taborer  Seite  778,7  cbm,  auf  der  Piseker  Seite 


1.  März  1890. 


denen  die  erste  den  gemauerten  Pfeiler  umschliefst,  die  zweite  den 
Materialaufzug  und  die  dritte  die  von  Geschofs  zu  Geschofs  führende 
Trejjpe  enthält.  Die  Ständer  sind  an  den  Stöfsen  gekuppelt  und 
untereinander,  wie  aus  den  Zeichnungen  ersichtlich,  durch  starke 
Quer-  und  Diagonalverstrebung  verbunden.  Die  Aufzüge  sind  in  den 
Abb.  14  und  15  in  gröfserem  Mafsstabe  dargestellt.  Die  beiden  aus 
Eisen  hergestellten,  mit  einem  quadratischen  Holzboden  von  2  m 
Seitenlänge  versehenen  Förderschalen  im  Gewichte  von  je  675  kg 
bewegten  sich  zwischen  je  zwei  Führungsständerii  aus  behauenen 
Balken.  Sie  hingen  an  22  mm  starken,  aus  84  Drähten  Nr.  16  ge¬ 
bildeten  Gufsstahldrahtseilen,  die  über  je  eine  Seilscheibe  von  2  m 


Tabor 


iaschinenllul 


Abb.  10.  Schnitt  J — B. 


Abb.  8.  Ansicht. 


Schwellenhöhe. 


Abb.  9.  Schnitt  C—1). 


Moldaubrücke  bei  Cewena. 


Abb.  11.  Lageplan. 

1537,6  cbm  aufgemauert,  womit  die  Hochwasserhöhe  (-|-  329,9)  er¬ 
reicht  war. 

Nach  einjährigem  Stillstände  der  Arbeiten  folgte  im  Mai  1888 
deren  Wiederaufnahme  durch  die  Bauunternehmung  Gebr.  Redlich 
u.  Berger.  Zunächst  wurde  mit  der  Materialbeischaffung  und  mit 
der  Herstellung  der  Gerüstuugen  begonnen,  zugleich  aber  auch  die 
Mauerung  so  gefördert,  dafs  8.m  10.  August  1888,  an  welchem  Tage 
der  Maschinenbetrieb  der  Materialaufzüge  eingeleitet  wurde,  die 
Pfeiler  auf  etwa  13  m  über  Hochwasser  gebracht  waren. 

Die  Abbildungen  11 — 15  geben  eine  Uebersicht  der  Baustelle 
und  schematische  Zeichnungen  der  angewendeten  Pfeilergerüste. 
Letztere  wurden  nach  Mafsgabe  der  fortschreitenden  Mauerung  ge- 
schofsweise  um  je  8  m  erhöht.  Sie  sind  durch  vier  zur  Brückenachse 
parallele  Reihen  von  Ständern  in  drei  Abtheilungen  geschieden,  von 


Durchmesser  zum  Maschiuenhause  geführt  waren  und  hier  auf  zwei 
in  entgegengesetzter  Richtung  angetriebeneu,  gufseisernen,  mit  Holz¬ 
belag  versehenen  Seiltrommeln  aufgewunden  wurden,  sodafs  immer 
die  eine  Förderschale  gehoben  wurde,  während  gleichzeitig  die  andere 
sank.  Die  Feststellung  und  Ingangsetzung  des  Aufzuges  erfolgte  mit 
Hülfe  elektrischer  Signalgebung  in  das  Maschinenbaus ;  dieselbe  wirkte 
durch  Stromschlufs  selbstthätig,  wenn  der  Aufzug  die  bestimmte 
Höhe  erreicht  hatte.  Fangvorrichtungen  waren  nicht  vorhanden. 

Die  auf  dem  Rollbahngeleise  längs  des  Flufsufers  zugeführten 
beladenen  Wagen  wurden  mittels  Drehscheiben  auf  die  Förderschale 
gebracht,  auf  dieser  bis  zu  dem  betreffenden  Rüstungsgeschofs  ge¬ 
hoben  und  hier  wieder  auf  einem  Geleise  zum  Pfeiler  vorgeschoben. 
Das  Material  wurde  daselbst  entweder  abgeladen  und  mittels  Rutsche 
auf  den  Pfeiler  befördert,  oder  es  wurde  der  ganze  Förderwagen 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


87 


Sr.  9. 


mittels  der  auf  einer  höheren  Rüstung  laufenden  Krahnwagen  (Abh. 
auf  Seite  85)  abgehoben  und  über  der  betreffenden  Stelle  des 
Pfeilers  entleert.  Die  Bereitung  des  Mörtels  fand  auf  dem  Gerüste 
und  immer  neben  der  Arbeitsstelle  statt. 

Zum  Betriebe  des  Aufzuges  diente  bei  jedem  Pfeiler  eine 
14pferdige  Dampfmaschine  (Cylinderdurchmesser  240  mm,  Kolbenhub 
240  mm,  Betriebsspannung  6  Atmosph.).  Aufserdem  war  eine  kleine, 
direct  wirkende  Dampfpumpe  (Dampfcylinder  150  mm,  Pumpencylinder 
90  mm)  in  Thätigkeit,  welche  das  zur  Mörtelbereitung  nöthige  Wasser 
auf  die  Höhe  des  Gerüstes  zu  pressen  hatte  und  imstande  war,  in 
24  Stunden  40  cbm  Wasser  70  m  hoch  zu  heben.  Das  Wasser  wurde 
der  Moldau  entnommen,  und  zwar  mit  einem  4  m  langen  Gummi¬ 
schlauch,  der  das  Ende  der  Saugleitung  bildete  und  mit  Seiher  und 
Fufsventil  versehen  war. 

Die  Beleuchtung  des  Bauplatzes  erfolgte  durch  fünf  Bogenlampen, 
von  denen  je  eine  an  jedem  Pfeiler,  in  den  beiden  Steinbrüchen  und 
am  Treppeiweg  Pisek  angebracht  war;  ferner  durch  mehrere  Glüh- 


8,8  Aufzüge  und  eine  Mauerwerksleistung  von  5,56  bezw.  5,92  cbm. 
Rechnet  man  die  durch  zweimaliges  aufsergewöhnlich  grofses  Hoch¬ 
wasser  im  September  und  October  bewirkte  Arbeitsunterbrechung 
in  der  Dauer  von  12  Tagen  ab,  so  ergiebt  sich  für  64  Arbeitstage 
eine  durchschnittliche  tägliche  Leistung  an  jedem  Pfeiler  von  rund 
63  cbm. 

Nach  Einstellung  der  Mauerungsarbeiten  im  November  1888 
wurden  die  Pfeiler  sowohl  als  auch  die  Anlagen  für  die  Material¬ 
förderung  gegen  Hochwasser  und  Eisgang  durch  Fangdämme  und 
Steinwurf  geschützt. 

Am  4.  April  1889  wurden  die  Mauerungsarbeiten  wieder  aufge¬ 
nommen,  und  am  14.  Mai  ward  der  Taborer  Pfeiler,  am  18.  der 
Piseker  Pfeiler  vollendet.  Während  dieser  Zeit  hatten  bei  dem 
ersteren  in  374  Arbeitsstunden  2189  Aufzüge,  bei  dem  letzteren  in 
271  Arbeitsstunden  1378  Aufzüge  stattgefunden.  Das  Verhältnifs  der 
für  sie  benöthigten  Dauer  stellt  sich  in  dieser  Bauzeit  etwas  un¬ 
günstiger  (5.8  bezw.  5,1  Aufzüge  in  der  Stunde)  als  in  der  vor- 


Abb.  15. 
Schnitt  c — d. 


Aufeüg-e  für  die  Mauerung. 


Abb.  12.  Abb.  13. 

Ansicht  links  der  Bahn,  Ansicht  gegen  die  Moldau. 

Mauerongsgerüste . 

lichter,  die  an  den  Gerüsten  und  im  Maschinenhause  vertheilt  waren. 
Den  elektrischen  Strom  lieferte  eine  Gramme -Maschine,  weiche  von 
einer  lOpferdigen  Locomobile  betrieben  wurde.  Diese  Anlage  befand 
sich  auf  dem  Piseker  Ufer;  eine  Leitungsverbindung  war  über  den 
Plufs  hergestellt. 

In  der  Zeit  vom  10.  August  bis  5.  November  1888  wurden  am 
Piseker  Pfeiler  in  746  Arbeitsstunden  5805  Aufzüge  der  Materialien 
(Stein,  Sand,  Gement)  gemacht  und  der  Pfeiler  bis  zur  Höhe  871,2, 
d.  i.  bis  auf  rund  12  m  unter  seinem  oberen  Haupte  aufgemauert. 
Auf  der  Taborer  Seite  wurden  während  dieser  Zeit  in  680  Arbeits¬ 
stunden  6003  Aufzüge  bewerkstelligt  und  der  Pfeiler  bis  zur  Höhe 
368,64  aufgemauert.  Die  Mauerung  betrug  414.6  bezw.  4025  cbm. 
Es  entfallen  sonach  auf  die  Arbeitsstunde  durchschnittlich  7,8  bezw. 


erwähnten,  was  sich  aus  dem  Aufenthalte  erklärt,  den  das  Ver¬ 
setzen  der  schweren,  3,56  cbm  grofsen  Auflagsquader  verursachte. 
Nachstehende  Zusammenstellung  giebt  die  Ausmafse  der  beiden 
Pfeiler: 


Mauer  werk 

V  ersetz- 
gerüste 

Bezeichnung 

Funda¬ 

ment- 

Auf- 

gehendes 

Quader- 

Ge- 

wölb- 

Insgesamt 

Holz 

Schrau¬ 

ben 

cl)m 

cbm 

cbm 

cbm 

cbm 

cbm 

hsr 

Piseker  Mittelpfeiler 
Taborer  „ 

Beide  Mittelpfeiler 
samt  Seitenan- 

1537,60 

778,73 

4668,49 

4664,85 

78,94 

78,94 

6285,03 

5522,52 

j580 

12  300 

Schlüssen  .  ’  .  . 

13  289 

188 

106 

13  583 

(Schlufs  folgt.) 


Der  leulbau  des  Rathhauses  ln  Leipzig, 


Die  Leipziger  Ratbbausb aufrage,  durch  welche  seit  mehr  als 
einem  Jahrzehnt  nicht  allein  die  nächstbetheiligten  Kreise  sondern 
auch  die  gesamte  deutsche  Architektenschaft  in  mehr  oder  weniger 
langen  Pausen  beschäftigt  wurde,  bildet  neuerdings  wieder  den 
Gegenstand  lebhafter  Erörterungen.  Der  Rath  der  Stadt  hat  der 
Gemeindevertretung  einen  neuen  Bauvorgchlag  zur  Besehlufsfassung 
unterbreitet,  und  mit  begreiflicher  Spannung  sieht  man  allseitig  der 
Entscheidung  dieser  Körperschaft  entgegen.  Dürfen  wir  die  ein¬ 
schlägigen  Vorgänge  bei  unseren  Lesern  auch  im  wesentlichen  als 


bekannt  voraussetzen,  so  erscheint  eine  kurze  Zusammenstellung 
derselben  doch  umsomehr  am  Platze,  als  die  Vorgeschichte  der  die 
allgemeine  Aufmerksamkeit  erheischenden  Frage  in  diesem  Blatte 
eine  Darlegung  bisher  nicht  gefunden  hat. 

Schon  aus  dem  Jahre  1877  stammt  ein  Beschlufs  der  Leipziger 
Stadtverordneten,  nach  welchem,  unter  Vorbehalt  einer  grundsätz¬ 
lichen  Entscheidung  über  den  weiter  einzuscblagenden  Weg,  die 
Aufstellung  eines  Programms  für  den  Rathbaus -Neubau  verlangt 
wurde.  Diesem  Beschlüsse  gab  der  Rath  der  Stadt  im  weitesten 


88 


Centralblatt  der  B auverwaltiing'. 


1.  Miir*  1890. 


Sinne  Folge ,  indem  er  nach  Anstellung  eingehender  Erhebungen 
gegen  Ende  des  Jahres  1882  einen  Entwurf  seines  Baudirectors 
Herrn  Hugo  Licht  vorlegte,  der  das  gewünschte  Programm  lieferte 
und,  mehr  als  das,  schon  einen  vollständig  fertigen  Baugedanken 
zur  Darstellung  brachte.  Dieser  Entwurf  lief  auf  die  Errichtung 
eines  grofsartigen  Neubaues  hinaus,  welcher  in  geschlossener  Masse 
das  Häuservdertel  zwischen  dem  Markte  und  der  Eeichsstrafse  einer¬ 
seits,  der  Grimmaischen  Strafse  und  dem  Salzgäfschen  anderseits 
bedecken  sollte  (vgl.  den  Lageplan)  und  die  Beseitigung  des  um  die 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  durch  Ilieronymus  Lotter  erbauten  alten 
Rathhauses  sowohl  wie  der  hinter  demselben  auf  dem  Naschmarkte 
stehenden,  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts  entstammenden  frühei-en 
Haudelsborse  zur  Vorbedingung  hatte.  Der  Bau  sollte  über  einem 
Untergeschosse  mit  grofsem  Rathskeller  ein  Erdgeschofs,  darüber 
ein  Halbgeschofs,  zwei  Obergeschosse  und  ein  ausgebautes  Dach 
erhalten  sowie  mit  einem  Festsaale  und  mächtigem  Thurme  ausgestattet 
werden.  Sein  Stil  schlofs  sich  mit  Glück  dem  des  alten  Rathhauses, 
also  der  insbesondere  in  Leipzig  heimischen  Fassung  der  deutschen 
Renaissance  an.  Dieser  Entwurf,  dessen  Kosten  auf  überschläglich 
6  400  000  Mark  angegeben  waren,  wurde  von  den  Stadtverordneten 
im  Februar  1883  abgelehnt.  War  hierfür  wohl  in  erster  Linie  die 
bedeutende  Höhe  der  Bausumme,  die  sich  durch  nachträgliche  ein¬ 
gehendere  Veranschlagung  sogar  auf  rund  6  875  000  Mark  steigerte, 
ausschlaggebend,  so  mag  dabei  doch  auch  die  namentlich  in  der 
öffentlichen  Meinung  lebhaft  verfochtene  Ansicht  mit  von  Einflufs 
gewesen  sein,  dafs  es  nicht  zu  vertreten  sei,  dem  Neubau  zwei  Bau¬ 
werke  zu  opfern,  die,  wie  das  Lottersche  Rathhaus  und  die  Börse, 
für  die  Erscheinung  des  alten  inneren  Theiles  von  Leipzig  bestimmend 
sind  und  jedenfalls  der  an  Werken  der  Väter  armen  Stadt  zur  un¬ 
ersetzlichen  Zierde  gereichen.  Sei  dem,  wie  ihm  wolle,  es 
tauchte  unmittelbar  nach 


führte  zu  dem  Entwürfe,  den  er  im  August  des  Vorjahres  dem  Rathe 
unterbi’eitet  und  den  letzterer  nunmehr  den  Stadtverordneten  zur 
Beschlufsfassung  vorgelegt  hat.  Die  nebenstehenden  Abbildungen  (die 
Ansicht  ist  dem  Leipziger  Tageblatte  entnommen)  geben  die  Grundpläne 
dieses  jüngst  in  Leipzig  öffentlich  ausgestellten  Entwurfes;  eine  Gesamt¬ 
ansicht  der  Baugruppe  beabsichtigen  wir  demnächst  folgen  zu  lassen. 

Wie  der  Lageplan  veranschaulicht,  besteht  die  Baugruppe  aus 
den  beiden  alten  Bauwerken  des  Rathhauses  und  der  Handelsbörse, 
aus  einem  stattlichen  Neubau  an  der  Reichsstrafse  und  aus  ebenfalls 
neuen,  diese  drei  Gebäude  zu  einem  Ganzen  zusammenschliefsenden 
Verbinduugsbauten  an  der  Grimmaischen  Strafse  sowohl  wie  zwischen 
Naschmarkt  und  Salzgäfschen.  Das  in  seinem  baulichen  Kerne  der 
Hauptsache  nach  noch  durchaus  gesunde  alte  Rathhaus  soll  im 
wesentlichen  in  seinem  jetzigen  Zustande  erhalten  bleiben.  Nur  das 
Dach  bis  zum  Hauptgesims,  einschliefslich  der  baufälligen  Giebel, 
soll  abgebrochen  und  genau  in  der  alten  Gestalt,  wenn  auch  unter 
Anwendung  der  technischen  Fortschritte  der  Neuzeit  wiederhergestellt 
werden.  Dabei  ist  eine  Bedachung  mit  glasirten  Ziegeln  gewählt, 
eine  Eindeckungsweise,  deren  Annahme  für  Leipzig  und  die  Er¬ 
bauungszeit  des  Rathhauses  insofern  besonders  berechtigt  ist,  als  es 
in  der  Stadtchronik  heifst,  dafs  die  Schmalkaldener  1547  bei  der 
Belagerung  der  Stadt  „das  gläserne“,  d.  i.  glasirte  Dach  der  Peters¬ 
kirche  zerschossen.  Der  Thurm  bleibt  im  Aeufseren  vollständig  er¬ 
halten,  nur  seine  Treppe  erfordert  einen  Umbau,  und  sein  Portal 
nebst  dem  über  demselben  befindlichen  hölzernen  Söller  ist  in  der 
alten  Form  neu  herzustellen.  Ganz  abzubrechen  und  der  Front  in 
Hausteinausführung  wieder  vorzulegen  sind  auch  die  jetzt  an  der 
Marktseite  befindlichen  hölzernen  Lädenvorbauten.  Schliefslich  sollen 
—  ein  vortrefflicher,  ganz  aus  dem  Geiste  des  Bauwerks  und  seiner 


Entstehungszeit  abgeleiteter  Vorschlag 


dem  ablehnenden  Spruche 
der  Stadtvei'ordneten  der 
vortreffliche  Gedanke 
auf,  ob  es  nicht  an¬ 
gängig  sei,  das  alte  Rath¬ 
haus  nicht  nur  zu  erhalten, 
sondern  es  auszubauen,  es 
mit  einem  weniger  um¬ 
fangreichen  Neubau  auf 
dem  nun  einmal  für  den 
Zweck  erworbenen  Grund 
und  Boden  zu  einer  ma¬ 
lerischen  Baugruppe  zu 
vereinigen  und  damit  eine 
erheblich  billigere,  den 
Bedürfnissen  der  Stadt 
aber  doch  in  w'ürdiger 
Weise  entsprechende  Lö¬ 
sung  zu  gewinnen. 

Es  ist  ein  grofses  Ver¬ 
dienst  des  Baudirectors 
Licht,  dafs  er  sich  dieser 
öffentlichen  Stimme,  so¬ 
bald  er  sich  davon  über¬ 
zeugt  hatte,  wie  sehr  sie 
im  Rechte  war,  nicht 
entgegenstellte.  Unter 
gewifs  nicht  leichtem  Ver¬ 
zicht  auf  die  hohen  und 
verlockenden  Ziele,  die 
sich  der  Künstler  zuvor 
gesteckt,  nahm  er  jenen 
Gedanken  auf  und  wid¬ 
mete  sich  fortab  mit  aller 
Thatkraft  seiner  Verwirk¬ 
lichung.  Noch  Ende  1883 
und  in  der  ersten  Hälfte 
des  Jahres  1884  entstand 
in  diesem  Sinne  ein  neuer 
Entwurf,  der  den  Beifall 
von  Baukünstlern  ersten 
Ranges,  wie  Gnauth  in 
Stuttgart  und  Gedon  in 
München,  fand.  Dieser 
Entwurf  kam  damals  noch 
zur  Kenntnifs  der  Mit¬ 
glieder  des  Ausschusses  für  den  Rathhaus-Neuban,  die  Baufrage  selbst 
aber  gerieth  infolge  anderer  dringenderer  Aufgaben  in  jahrelanges 
Stocken.  Licht  benutzte  die  Zeit  des  Stillstandes  dazu,  seinen  neuen 
Plan  zur  Reife  kommen  zu  lassen,  und  erneute  Durcharbeitung  desselben 


Reiohs  -  Strasse 


Markt 


Erdgeschofs. 

Neubau  des  RatKbauses  in  Leipzig-, 


an  beiden  Giebelseiten  im 
Erdgeschosse  Lauben  an¬ 
gelegt  werden,  um  in  der 
Grimmaischen  Strafse  und 
dem  Salzgäfschen  den 
Bürgersteigverkehr  der 
einen  Seite  durch  das 
Haus  hindurchzuleiten 
und  auf  diese  zweck- 
mäfsige  und  zugleich 
schöne  Weise  beiden 
Strafsen  die  wünschens- 
werthe  Verbreiterung  zu 
geben.  Im  übrigen  ist 
das  Aeufsere  vollkommen 
zu  erhalten.  Das  Mauer¬ 
werk  wird  stellenweis 
auszubessern  und  im 
ganzen  neu  zu  putzen 
sein.  DiePutzflächen  sollen 
dann  hier  und  da  bemalt 
und  dem  Hause  damit 
jener  wohlfeile  und  dank¬ 
bare  Schmuck  gegeben 
werden,  der  es  ganz  be¬ 
sonders  volksthümlich  zu 
machen  und  als  Rathhaus 
zu  kennzeichnen  geeignet 
ist.  Im  Inneren  wird 
es  besonders  darauf  an¬ 
kommen,  den  durch  eine 
sogenannte  Restauration 
aus  dem  Jahre  1863  ver¬ 
dorbenen  grofsen  Vorsaal 
angemessen  wiederherzu¬ 
stellen.  Ueberdies  sollen 
die  Zugänge  zur  grofsen 
Rathsstube  und  zur  jetzi¬ 
gen  Stadtkasse  insbeson¬ 
dere  durch  Aenderung  der 
Licht-  und  Luft -Verhält¬ 
nisse  verbessert  werden. 
Sonst  bleibt  alles  erhalten. 

Der  Umbau  der  alten 
Handelsbörse  ist  nach 
den  gleichen  Gesichts¬ 
punkten  geplant.  Auch 
hier  ist,  der  wünschens- 
werthen  Verbreiterung  des  Salzgäfschens  wegen,  der  Bürgersteig  ins 
Innere  des  Gebäudes  verlegt,  also  unter  einer  offenen  Laube  an  dessen 
Giebelseite  hindurchgeführt  gedacht.  Die  Front  gegen  den  Naschmarkt 
wird  um  eine  Achse  vorgerückt  werden  müssen,  um  hinter  ihr  die 


flir.  9. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


89 


liAarkt 


iiothwendige  Verbindung  zwischen  dem  kleinen  Bauwerke  und  den 
beiden  Hauptgebäuden  zu  ermöglichen.  Auf  diese  Weise  und  durch 
Ausnutzung  des  alten  Börsensaales  für  Zwecke  der  Stadtkasse  wird 
es  dann  gelingen,  die  werthvolle  Saal¬ 
decke,  die  im  Jahre  1G80  der  kurbr anden¬ 
burgische  Hofstuccateur  Simonetti  fertigte, 
auch  fernerhin  zu  erhalten.  In  dem  Hause 
würden  dann  noch  über  dem  Verbindungs¬ 
gange  die  Schatzkammer  und  im  Unterge¬ 
schosse  Versteigerungsräume  untergebracht 
werden  können. 

Im  Gegensatz  zum  Kathhause  und  zur 
Börse,  deren  bebaute  Flächen  einzu¬ 
schränken  Herr  Licht,  wie  er  in  dem 
seinem  Entwürfe  beigegebenen  Erläuterungs¬ 
berichte  darlegt,  mit  Recht  für  unzulässig 
hält,  ist  das  neue  Verwaltungsgebäude 
soweit  hinter  die  jetzigen  Fluchtlinien  zu¬ 
rückgezogen,  dafs  die  Grimmaische  und 
die  Reichsstrafse  auf  17  m,  das  Salzgäfs- 
chen  auf  12,30  m  verbreitert  werden  können. 

An  der  Naschmarktseite  ist  die  alte  Flucht 
beibehalten,  da  sich  hier  vorzügliche  alte 
Grundmauern  benutzen  lassen.  —  Den 
Hauptausgangspunkt  nun  für  die  Plan¬ 
gestaltung  dieses  Neubaues  mufste  die 
Rücksicht  auf  seinen  vornehmsten  Raum, 
den  Stadtverordneten -Sitzungssaal,  bilden. 

Bestimmend  für  die  Lage  dieses  Saales 
wurde  das  Vorhandensein  einer  alten,  noch 
sehr  gut  erhaltenen  gewölbten  Halle,  des 
jetzt  als  Bierwirthschaft 
dienenden  sogenannten 
^Burgkellers“ ,  der  in¬ 
mitten  der  alten  Häuser¬ 
gruppe  im  Erdgeschosse 
an  der  Reichsstrafse  liegt. 

Der  Architekt  glaubte 
diesen  Raum  vornehmlich 
aus  Kostenrücksichten  er¬ 
halten  zu  sollen  und  be¬ 
nutzte  ihn,  indem  er  ihm 
die  zur  Verbreiterung  der 
Reichsstrafse  abgetrennte 
Achse  seitlich  anfügte, 
als  Unterbau  für  sei¬ 
nen  Stadtverordnetensaal. 

Letzterer  erhielt  damit 
im  breiten  Mittelflügel 
der  zwei  Höfe  umschlie- 
fsenden  Neubauanlage 
■einen  vorzüglichen  Platz. 

Mit  seinem  Treppenhause 
und  seinen  Vorräumen 
liegt  er  inmitten  der  ge¬ 
samten  Verwaltungsräu¬ 
me,  ohne  doch  deren  durch¬ 
gehende  Flurverbindungen 
irgendwie  zu  unterbrechen, 
und  mit  ihm  zusammen 
können  einige  kleinere 
Säle,  die  an  der  Reichs¬ 
strafse  vorgesehen  sind, 
erwünschtenfälls  bequem 
zur  Veranstaltung  von 
Festlichkeiten  benutzt 
werden.  Die  Ausschufs- 
und  Amtszimmer  der 
Stadtverordneten  liegen 
in  nächster  Nähe  des 
Sitzungssaales  nach  dem 
Naschmarkte  zu  ,  die 
übrigen  Verwaltungsräu¬ 
me  sind,  bequem  zugäng¬ 
lich  und  mit  allem  wün- 
schenswerthen  Zubehör 
ausgestattet,  an  durchweg 

hellen  Fluren  über  die  einzelnen  Flügel  und  Geschosse  des  Gebäudes 
-zweckmäfsig  vertheilt.  Im  Erdgeschofs  ist  der  herkömmliche  Durchgang 
■vom  Naschmarkte  nach  der  Reichsstrafse,  den  die  an  dergleichen  Ver¬ 
bindungen  gewöhnte  Leipziger  Bevölkerung  kaum  würde  missen  wollen, 


Neumarte 


a.  Lauten  für  die  Bürgersteige,  b.  Säiilenhallen,  darüber  Ver¬ 
bindungsgänge.  c.  Läden  (Gewölbe),  d.  Thurm. 


Lageplan. 


I.  Stockwerk. 

Neubau  des  Rathbauses  in  Leipzig. 


an  seiner  alten  Stelle  belassen,  im  übrigen  ist  das  Erdgeschofs  an 
den  drei  Strafsenseiten  zu  Läden  bestimmt.  Die  Frage,  ob  auch  der 
Burgkeller  gleichen  Zwecken  dienen  oder  ob  er  seiner  jetzigen  Be¬ 
stimmung  erhalten  bleiben  soll,  läfst  der 
Entwurf  offen,  im  letzteren  Falle  würden 
die  erforderlichen  Wirthschaftsräume  zum 
Theil  in  den  Keller  gelegt  werden  müssen. 
Am  Naschmarkte  liegen  im  Erdgeschosse 
Amtszimmer,  wie  solche  auch  der  Ver¬ 
bindungsbau  an  der  Grimmaischen  Strafse 
im  Obergeschosse  aufweist.  Hinzuzufügen 
dürfte  noch  sein,  dafs  dieser  Verbindungs¬ 
bau  im  Erdgeschosse  eine  offene  Bogen¬ 
halle  zeigt,  durch  die  sich  ein  reizvoller 
Einblick  in  den  zu  einem  Schmuckhofe 
umzugestaltenden  Naschmarkt  und  auf 
die  Börse,  sowie  umgekehrt  von  dieser 
gegen  die  Grimmaische  Strafse  hin  dar¬ 
bieten  wird. 

Läfst  nach  dem  Gesagten  und  nach  Aus¬ 
weis  der  Pläne  die  Grundrifsanordnung  mit 
Beziehung  auf  praktische  Brauchbarkeit 
und  künstlerische  Durchbildung  kaum  irgend 
etwas  zu  wünschen  übrig,  so  stellen  sich 
die  Gebäude  in  ihrer  Gesamt-Aufsenerschei- 
nung  als  eine  Baugruppe  von  über¬ 
raschender  Schönheit  dar.  Die  Stadt 
Leipzig  wird,  wenn  sie  diese  Bauten  zur 
Ausführung  bringt,  sich  eine  Rathhausanlage 
schaffen,  wie  sie  sehr  wenige  deutsche  Städte 
aufzuweisen  haben.  Lichts  Schöpfung  ist  in 
ihrer  Einfachheit  und  An¬ 
spruchslosigkeit  ,  in  der 
Sicherheit,  mit  der  die 
künstlerische  Einheit  der 
alten  und  neuen  Theile 
getroffen  ist,  von  so 
zwingender  Ueberzeu- 
gungskraft,  dafs  es  kaum 
zu  verstehen  ist,  wie  auch 
nur  eine  Stimme  des 
Widerspruches  sich  gegen 
ein  solches  Werk  er¬ 
heben  kann.  Und  doch 
ist  dies,  wie  Kundge¬ 
bungen  verschiedener  Art 
zeigen,  der  Fall.  Die  Ein¬ 
wendungen,  welche,  ins¬ 
besondere  in  der  Leipziger 
Tagespresse,  gemacht 
werden,  sind  freilich 
kleinlicher  Art  und  selbst 
wenn  sie  in  diesem  und 
jenem  Falle  Berechtigung 
hätten,  nicht  imstande, 
den  Gesamtwerth  des 
Lichtschen  Entwurfes  her¬ 
abzusetzen  und  seine  Un¬ 
brauchbarkeit  darzuthun. 
Sie  scheinen  das  aber 
doch  zu  bezwecken,  und 
diese  unverkennbare  Ab¬ 
sicht  veranlafst  uns  hier 
noch  kurz  auf  sie  einzu¬ 
gehen,  da  es  uns  Pflicht 
erscheint,  für  die  Durch¬ 
führung  eines  Werkes 
einzutreten,  welches  nicht 
der  Stadt  Leipzig  allein, 
sondern  unserer  heutigen 
deutschen  Baukunst  über¬ 
haupt  in  aufsergewöhn- 
licher  Weise  zur  Zierde 
gereichen  wird. 

Als  ein  Hauptgrund, 
der  sich  gegen  die  Ge¬ 
samtauffassung  und  damit 
gegen  die  Erhaltung  der  alten  Bauwerke  richtet,  wird  ange¬ 
führt,  dafs  durch  den  Entwurf  die  bestehenden  Verkehrshindernisse, 
insbesondere  beim  Eintritt  der  Grimmaischen  Strafse  in  den  Markt, 
nicht  beseitigt  würden.  Die  geplanten  Lauben  werden  als  geeignete 


90 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1.  März  1890. 


Abhülfemittel  nicht  anerkannt,  da  sie  eine  südländische  B.auart  seien 
und  Stockungen  des  Fufsgängerverkehrs,  Schmutzwinkel  und  dunkle 
Läden  mit  sich  brächten.  Die  Nichtigkeit  dieser  Einwendungen 
leuchtet  ohne  weiteres  ein,  wenn  man  sich  die  zahlreichen  ähnlichen 
Anlagen  insbesondere  in  sächsischen,  schlesischen  und  böhmischen 
Städten  wie  Bautzen,  Görlitz,  Hirschberg,  Eeichenberg  und  Prag 
vergegenwärtigt,  für  welche  gleiche  Bedingungen  wie  für  Leipzig 
gelten.  Aber  auch  auf  Lübeck,  Münster  i.  W.  und  Wien,  wo  für 
die  neuen  Baugruppen  neben  dem  Eathhause  vorzulegende  Bogen¬ 
gänge  Bauvorschrift  waren,  kann  u.  a.  hier  hingewiesen  werden. 
Was  aber  die  Strafsenb reiten  selbst  betrifft,  so  sei  ein  Beispiel  zum 
Vergleiche  herangezogen,  welches  geflissentlich  den  gröfsten  Ver¬ 
hältnissen  entnommen  ist.  Die  Strafse  Cheapside  in  London,  die 
einen  ganz  bedeutenden  Weltstadtverkehr  bewältigt,  hat  eine  Breite 
von  9,15  bis  11,28  m  im  Fahrdamm  und  von  14,64  bis  17,69  m  ein- 
schliefslich  der  Bürgersteige.  Die  Breite  der  Grimmaischen  Strafse 
würde  nach  Hineinlegung  des  einen  Bürgersteiges  in  das  Eathhaus 
an  dieser  Stelle  9,60  m  (Fahrdamm)  -j-  2,40  m  (Bürgersteig  gegenüber 
dem  Eathhause)  -j- 5  m  (Bürgersteig  im  Eathhause),  zusammen  17  m 
betragen,  also  der  von  Cheapside  an  der  weitesten  Stelle  nur  um 
69  cm  nachstehen,  sie  aber  an  der  schmälsten  Stelle  um  2,36  m  über- 
trefl'en.  Der  Leipziger  Fahrdamm  wäre  dabei  immer  noch  um  45  cm 
breiter  als  der  von  Cheapside  an  der  schmälsten  Stelle.  Vielleicht 
empfiehlt  es  sich,  dafs  der  Eath  von  Leipzig  zunächst  einmal  Er¬ 
hebungen  über  den  Verkehr  an  dem  fraglichen  Punkte  anstellen  läfst; 
nach  dem  Urtheile  zuverlässiger  Beobachter  ist  die  Zahl  der  Fuhr¬ 
werke  überhaupt  gar  nicht  erheblich,  die  während  eines  Tages  jene 
Strecke  befahren.  —  Weitere  Einwendungen  sind  untergeordneterer 
Art.  Im  neuen  Verwaltungsgebäude  hat  man  die  vier  runden  Treppen 
ihrer  Form  und  Gröfse,  auch  ihrer  Zugänglichkeit  wegen  bemängelt. 
Dem  Erdgeschosse  wird  vorgeworfen,  dafs  die  Läden,  um  einträglich 
zu  sein,  nicht  genug  Tiefe  hätten  und  eines  Zwischengeschosses  ent¬ 
behrten.  Von  der  Erhaltung  des  Burgkellers  will  man  nichts  wissen 
und  die  Anlage  von  Stufen  beim  Anschlüsse  der  Verbindungsflure  an 
den  Neubau,  die  sich  aus  der  verschiedenen  Höhenlage  der  alten  und 
neuen  Bautheile  ergiebt,  wird  angegriffen.  Die  Erwägung,  inwieweit 
diese  Ausstellungen  zutreffen  oder  nicht,  würde  hier  zu  weit  führen. 
Ihre  Berechtigung  zugegeben,  würde  es  gewifs  ein  Leichtes  sein,  bei 
der  Durcharbeitung  des  Entwurfes  entsprechende  Abhülfe  zu  schaffen. 
Die  Treppen  geräumiger  und  in  der  üblichen  Form  herzustellen,  liegt 
eine  Schwierigkeit  nicht  vor;  gegen  ihre  Zugänglichkeit  dürften  keinerlei 
Bedenken  mehr  zu  erheben  sein,  wenn  der  Burgkeller  zu  einer  Haupt¬ 
eingangshalle  gemacht  würde.  Den  Läden  gebe  man  die  gewünschte 
Tiefe  dadurch,  dafs  man  sie  im  Erdgeschosse  nach  dem  Hofe  zu  um 
eine  Achse  hinausbaut.  Und  die  Ausgleichung  von  Höhenunterschie¬ 
den  in  einem  Flure  kann,  wenn  die  betreffenden  Stellen,  wie  hier, 
hell  beleuchtet  sind,  unmöglich  ein  Grund  werden,  Bodenbewegungen 
vorzunehmen,  die,  von  den  in  einem  solchen  Falle  gewöhnlich  erheb¬ 
lichen  Schwierigkeiten  der  Einigung  mit  den  betroffenen  Nachbarn  zu 
geschweigen,  einen  bedeutenden  Kostenaufwand  verursachen  würden. 

Die  Kostenfrage  aber,  zu  der  wir  hiermit  gekommen  sind,  wird 
durch  den  neuen  Lichtscheu  Entwurf  in  ganz  besonders  glück¬ 
licher  Weise  gelöst.  Die  Kosten  der  Gesamtanlage  sind  mit 
3  572  000  Mark  veranschlagt,  wobei  für  das  Cubikmeter  umbauten 


Zur  Frage  der  Wetterbeständigkeit 

Seitens  des  Kaiserlichen  Post-Bauinspectors  Herrn  Prinzhausen 
in  Aachen  war  der  Eedaction  dieses  Blattes  im  vergangenen  Herbste 
ein  Ziegelstück  von  den  römischen  Badeanlagen  in  Trier  zugesandt 
worden,  welches  auf  der  einen  Fläche  einen  etwa  1  mm  stark  auf¬ 
liegenden  dichten,  grauen,  glasurartigen  Belag  aufwies.  Dieser  Belag 
schien  auf  einen  beim  Brennen  des  Steins  aufgebrachten  Ueberzug 
hinzuweisen,  und  Herr  Prinzhausen  glaubte  in  dem  Vorhandensein 
dieser  Schicht  den  Grund  für  die  aufserordentliche  Wetterbeständig¬ 
keit  des  Ziegels  erblicken  zu  dürfen.  Das  Steinstück  wurde  Herrn 
Commercienrath  March  und  durch  diesen  auch  dem  Unterzeichneten 
zur  Begutachtung  bezw.  Untersuchung  vorgelegt. 

Es  ergab  sich  dabei,  dafs  die  Schicht  keineswegs  bei  der  An¬ 
fertigung  der  Ziegel  aufgebracht  sein  konnte,  dafs  sie  vielmehr  durch 
eine  Auflagerung  und  Einlagerung  von  krystallinischem  kohlensauren 
Kalk  in  das  Steinmaterial  erzeugt  wurde,  und  dafs  ihre  Entstehung 
den  lange  Zeit  auf  sie  einwirkenden  Mörtelbestandtheilen  zuzu¬ 
schreiben  ist. 

Beim  Betupfen  des  Belages  mit  Salzsäure  entwickelte  sich  aus 
diesem  nämlich  energisch  Kohlensäure,  die  Schicht  verschwand  und 
liefs  nach  kurzer  Zeit  das  Steinmaterial  vollständig  in  der  rothen 
Farbe  des  Ziegelbruches  hervortreten.  Andere  Stellen  des  Stein¬ 
stückes  zeigten  keine  Kohlensäure-Entwicklung,  mit  Ausnahme  einiger 
kleiner  weifslicher  Punkte  auf  der  Bruchfläche,  welche  sich  demnach 


Baumes  des  neuen  Verwaltungsgebäudes  24  Mark  gerechnet  sind. 
Der  Anschlag  des  Neubauplanes  von  1882  schlofs  ohne  die  erheb¬ 
lichen  Kosten  der  Bodenregulirung  mit  einer  Ziffer  ab  (s.  oben), 
die  nach  den  heutigen  Preisverhältnissen  etwa  8  250000  Mark 
betragen  würde.  Für  diese  Summe  wurden  damals  19  700  qm  Eaum 
geschaffen,  während  der  jetzige  Plan  16  300  qm  erzielt,  eine  Flächen- 
gröfse,  die  selbst  in  Anbetracht  des  bedeutenden  Anwachsens  der 
Stadt  auf  lange  Zeit  auskömmlich  erscheint,  da  man  sich  einer  ge¬ 
wissen  Decentralisation  auf  die  Dauer  nicht  wird  verschliefsen 
können,  wie  ja  mit  einer  solchen  durch  die  inzwischen  erfolgte  Ab¬ 
sonderung  der  Polizeiverwaltung  in  gewissem  Sinne  bereits  der  An¬ 
fang  gemacht  ist. 

Fassen  wir  das  Gesagte  zusammen,  so  ergiebt  sich,  dafs  der 
Lichtsche  Bauvprschlag  der  seiner  Zeit  kund  gewordenen  öffentlichen 
Meinung  nicht  nur,  sondern  auch  den  Wünschen  der  Gemeinde¬ 
vertretung,  soweit  sie.  sich  bei  der  Beurtheilung  des  ersten  Neubau- 
Entwurfes  namentlich  auf  den  Kostenpunkt  erstreckten,  in  vollem 
Mafse  gerecht  geworden  ist.  Ueber  seine  künstlerische  Bedeutung 
aber  herrscht  in  Sachverständigenki-eisen,  die  der  Frage  unbefangen 
gegenüberstehen,  nur  eine  Stimme.  Sie  findet  ihren  Ausdruck  in  den 
Gutachten,  welche  von  vier  der  bedeutendsten  deutschen  Fachmänner 
eingeholt  worden  sind.  Oberbaurath  Friedrich  Freiherr  von  Schmidt 
in  Wien,  Professor  Anton  Springer  in  Leipzig,  Baurath  P,  Wallot 
in  Berlin  und  Professor  Hauberrisser  in  München  haben  den  Ent¬ 
wurf  einmüthig  als  ein  in  hohem  Grade  gelungenes  Werk  bezeichnet 
und  den  Wunsch  ausgesprochen,  dafs  dieses  ungeschmälert  zur  Aus¬ 
führung  gelangen  möge.  Wir  schliefsen  uns  diesem  Wunsche  freudig 
an  und  möchten  zum  Schlüsse  nur  noch  vor  einem  Gedanken  warnen, 
auf  dessen  Verwirklichung  uns  ein  Theil  der  Urheber  jener  erwähnten 
Angriffe  abzuzielen  scheint,  das  ist  der  Gedanke  an  eine  allgemeine 
oder  engere  Preisbewerbung.  Es  werden  heutzutage  viel  zu  viel 
Wettbewerbungen  veranstaltet.  Mögen  sie  ihre  volle  Berechtigung 
haben,  wenn  es  sich  um  grofse  nationale  Aufgaben,  um  Werke  han¬ 
delt,  bei  denen  weite  Kreise  unmittelbar  betheiligt  sind,  mögen  sie 
besonders  da  in  vollem  Mafse  am  Platze  sein,  wo  es  sich  um  die 
Gewinnung  vielseitiger  und  neuer  Grundgedanken  handelt,  oder  wo  dem 
Bauherrn  geeignete  baukünstlerische  Kräfte  nicht  zur  Verfügung  stehen. 
Im  vorliegenden  Falle  aber,  wo  die  Stadt  über  einen  in  langjährigem 
Dienste  bewährten  Architekten  ersten  Eanges  verfügt,  wo  die  Auf¬ 
gabe  eingehende  Vorstudien,  die  gründlichste  Kenntnifs  aller  ein¬ 
schlägigen  Verhältnisse,  vor  allen  Dingen  aber  einen  harten  Verzicht 
auf  hochstrebende  persönliche  Ideale  erfordert,  in  diesem  Falle  wäre 
nichts  weniger  angezeigt,  als  die  Veranstaltung  einer  Preisbewerbung. 

Wir  glai’ben  nach  alledem,  dafs  Herr  Baudirector  Licht  und  mit 
ihm  der  Eath  der  Stadt,  der  den  neuen  Bauvorschlag  zu  dem  seinen 
gemacht  hat,  getrost  der  Entscheidung  der  Gemeindevertretung 
entgegensehen  können.  Denn  es  erscheint  uns  undenkbar,  dafs  das 
Schicksal  eines  Bauwerkes  von  dem  Eange  und  der  Bedeutung  des 
Leipziger  Eathhauses  abhängig  gemacht  werden  sollte  nicht  von  dem 
Eathe  einer  Eeihe  berühmter  Sachverständigen,  sondern  von  einer  in 
entscheidender  Stunde  vielleicht  die  Oberhand  gewinnenden  Strömung, 
deren  Urheberschaft  auf  eine  sachliche  und  von  persönlichen  Neben¬ 
absichten  freie  Würdigung  der  bestehenden  Verhältnisse  nicht  zurück¬ 
geführt  werden  kann.  Hd. 


altrömisclier  Ziegel  und  Mörtel. 

als  kleine  Kalktheilchen  darstellten,  die  beim  Brennen  des  Steins 
„todt  gebrannt“  worden  waren,  dessen  Haltbarkeit  also  nicht  beein¬ 
trächtigten.  Die  Entstehung  der  kalkhaltigen  Schicht  auf  der  Obei-- 
fläche  ist  leicht  zu  erklären.  Kohlensaurer  Kalk,  der  im  Mörtel  aus 
dem  Aetzkalk  sich  bildet,  ist  in  kohlensäurehaltigem  Wasser  etwas 
löslich,  und  scheidet  sich  daraus  beim  Verdunsten  der  Kohlensäure 
in  krystallinischer  Form  wieder  ab.  Die  Kohlensäure  ist  von  dem 
Wasser  aus  der  atmosphärischen  Luft  aufgenommen  worden.  Ge¬ 
schieht  eine  solche  Abscheidung  langsam,  so  kann  der  kohlensaure 
Kalk  in  Krystallen,  die  mit  blofsem  Auge  sichtbar  sind,  abgeschieden 
werden,  und  daraus  erklärt  sich  das  emailartige  Aussehen  des  Ueber- 
zuges.  Im  übrigen  verdanken  die  Steine  ihre  Dauerhaftigkeit  der 
Wahl  eines  gediegenen,  nicht  zu  mageren  Ziegelgutes,  der  gleich- 
mäfsigen  Durcharbeitung  desselben,  der  sorgfältigen  Behandlung  der 
Steine  während  der  Anfertigung  und  des  Trocknens  sowie  dem  dem 
Materiale  angepafsten  Feuergrade  und  dem  guten  Durchbrennen  der 
Ziegel,  lauter  Herstellungsbedingungen,  die  sich  für  jeden  guten 
Ziegel  von  selbst  verstehen,  denen  aber  beim  starken  Bedarfe  und 
den  Wettbewerbsverhältnissen  der  Gegenwart  heute  nicht  immer  die 
erforderliche  Beachtung  geschenkt  werden  kann. 

Dafs  eine  krystallinische  Abscheidung  des  kohlensauren  Kalkes 
aus  wässriger  Lösung  leicht  eintritt,  beweist  einerseits  die  krystalli¬ 
nische  Structur  der  Tropfsteine,  welche  sich  in  Kalksteinhöhlen  durch 


91 


Ansicht  von  der  Reichsstrafse. 

Neubau  des  Rathhauses  in  Leipzig. 


92 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


L  März  1890. 


das  einsickeriide  Wasser  bilden,  es  ist  mir  aber  auch  bei  Mörteln 
bekannt.  So  finden  sieb  beispielsweise  krystalliniscbe  Ausscheidungen 
in  den  Mörtelmassen  an  der  alten  Metzer  Wasserleitung  bei  Ars  a.  d. 
Mosel  in  Form  von  darin  eingewachsenen  Kalkspathkrystallen  von 
2  — 3  mm,  die  gleichfalls  nur  durch  die  Einwirkung  von  Wasser  und 
Kohlensäure  in  langer  Zeit  entstanden  sein  können.  Einer  solchen 
Umwandlung  des  amorphen  kohlensauren  Kalkes  in  krystallinischen 
mögen  überhaupt  die  alten  Mörtel  zum  Theil  ihre  grofse  Festigkeit 
verdanken,  und  unsere  Nachkommen  werden  vielleicht  ebenso  über 
die  Vortreft'lichkeit  unseres  Mörtelmaterials  ihre  Verwunderung  aus¬ 


sprechen,  wie  wir  es  über  die  der  Römer  thun.  Es  ist  die  Härte 
derselben  meist  lediglich  ihrem  Alter  zuzuschreiben. 

Nachträglich  eingezogene  Erkundigungen  ergaben  übrigens,  dafs 
die  Fläche,  welche  den  fraglichen  Ueberzug  zeigte,  eine  Lager¬ 
fläche  des  Steines  gewesen  war,  die  also  stets  mit  dem  Mörtel  in 
Berührung  stand,  und  zum  Eindringen  des  Kalkes  in  das  Steininnere 
leicht  (Gelegenheit  bot.  Ein  Steinstück  mit  einer  Aufsenfläche 
zeigte  nur  einen  schwärzlichen,  sehr  dünnen  Belag,  der  als  eine  Auf¬ 
lagerung  staubiger  und  kohliger  Producte  aufzufassen  ist. 

Berlin  im  Februar  1890.  Prof.  Dr.  11.  Seger. 


Yermischtes. 


Die  erste  deutsche  Fachausstellung  [für  Stein  -  Strafseuhau- 
Materialien  us>v.,  veranstaltet  vom  Bunde  deutscher  Steinsetzer- 
Innungen,  hat  in  dieser  Woche  weit  im  Norden  der  Stadt,  in  der 
Landsberger  Allee  39,  stattgefunden.  Ist  es  an  sich  schon  ein  Ent- 
schlufs,  weit  hinaus  zu  pilgern,  so  hätte  man  wenigstens  erwarten 
dürfen,  dafs  das  Gebotene  reichlich  für  den  Aufwand  an  Zeit  und 
IMühe  entschädigt.  Wir  glauben  imlessen  den  Veranstaltern  der 
Ausstellung  nicht  gar  zu  nahe  zu  treten,  wenn  wir  unserer  voll¬ 
ständigen  Enttäuschung  über  das  Gesehene  an  dieser  Stelle  Ausdruck 
geben.  Zxinächst  litt  die  Ausstellung  an  den  bekannten  Mängeln 
eines  unzureichenden  und  ungenauen  Kataloges  sowie  an  ungenügender 
Bezeichnung  der  ausgestellten  Gegenstände.  Um  nur  einen  ganz 
erheblichen  Mangel  anzuführen:  bei  keiner  der  vielen  Stein-,  Kies- 
und  Sandsorten  fanden  sich  Preisangaben. 

Der  Natur  der  Sache  nach  war  die  erste  Abtheilung  „  Stein - 
Strafsenbau-Materialien“  am  zahlreichsten  beschickt  worden. 
Der  Katalog  führt  91  Aussteller  aus  allen  Theilen  des  deutschen 
Vaterlandes  auf.  Man  ersieht  daraus,  welch  grofse  Anzahl  von 
schönen  Pflastersteinen  Deutschland  besitzt.  Um  so  bedauerlicher 
ist  die  geringe  Leistungsfähigkeit  der  Bruchbesitzer,  sodafs  es  ihnen 
nur  in  ganz  verschwindendem  Mafse  gelingt,  zu  den  jährlich  Hundert¬ 
tausende  betragenden  Steinlieferungen  für  Berlin  herangezogen  zu 
werden,  obgleich  sich  die  Stadtbauverwaltung  in  dieser  Beziehung 
die  gröfste  Mühe  giebt.  Hier  wäre  es  Sache  des  Bundes,  Mittel 
und  Wege  zu  finden,  dafs  nicht  jährlich  für  Pflastersteine  Millionen 
in  das  Ausland  gehen.  Im  übrigen  erscheint  uns  die  Ausstellung  der 
Rohmaterialien  ohne  Angabe  des  Preises  und  der  Leistungsfähigkeit 
der  Brüche  vollständig  ungenügend.  Praktisch  läfst  sich  damit  gar 
nichts  anfangen.  Es  ist  hier  eben  auch  der  Fehler  so  vieler  Aus¬ 
stellungen  gemacht  worden,  dafs  man  sich  nicht  die  Frage  vorgelegt 
hat,  für  wen  stelle  ich  aus,  was  verlangt  der  Beschauer  und  Besucher 
zu  sehen  und  zu  wissen. 

Die  zweite  Abtheilung  umfafste  Fachhandwerkzeug  nebst 
Zubehör,  die  dritte  Transportmittel  und  Fuhrwesen,  die 
vierte  Litteratur  und  die  fünfte,  damit  der  Ausstellung  auch  die 
heitere  Seite  nicht  fehle,  Innungsembleme  nebst  Zubehör. 
Sollte  der  Bund  wiederum  eine  Ausstellung  veranstalten,  so  möchten 
wir  empfehlen,  auch  auf  eine  Abtheilung  für  Pflasterausführungen 
Bedacht  zu  nehmen,  damit  der  Beschauer  Gelegenheit  hat,  zu  sehen 
und  zu  beurtheilen,  was  die  Mitglieder  der  Innungen,  also  das 
deutsche  Steinsetzer-Gewerbe  in  der  Herstellung  aller  möglichen 
Pflasterarten  für  Fahrdämme  und  Bürgersteige  leistet.  Erwähnen 
wir  noch,  dafs  das  Grusonwerk  eine  grofse  Steinbrechmaschine  und 
Fowler,  John  u.  Co.  eine  Strafsen- Dampfwalze  ausgestellt  haben,  so 
dürfte  alles  gesagt  sein,  was  über  diese  Ausstellung  überhaupt  zu 
sagen  ist.  Pbg. 

Der  Caiialisatioiiseiitwxirf  der  Stadt  Moskau,  mit  dessen  Aus¬ 
arbeitung  im  Aufträge  der  Stadtduma  schon  längere  Zeit  fünf  Stadt¬ 
ingenieure  unter  Vorsitz  eines  Stadtamtsgliedes  beschäftigt  sind, 
wird,  wie  die  Moskauer  Deutsche  Zeitung  berichtet,  in  diesen  Tagen 
fertiggestellt  und  binnen  kurzem  dem  Stadtamt  zur  weiteren  Ent¬ 
scheidung  übergeben  werden.  Die  Verfasser  des  Entwurfes  geben, 
wie  dem  genannten  Blatte  zu  entnehmen  ist,  dem  Theilungssystem 
der  Canalisation  der  Stadt  den  Vorzug,  bei  welchem  alle  Tagewasser 
auf  den  früheren  Wegen  in  die  Moskwa  und  deren  Nebenflüfschen, 
die  Jausa,  abfliefsen  könnten,  während  neue  Canäle  ausschliefslich 
für  die  Entfernung  von  Abtrittstoft’en  usw.  vorgesehen  sind.  Nach 
dem  Entwurf  sollen  diese  Stoffe  an  einen  bestimmten  Ort  an  der 
städtischen  Grenze  und  von  dort  auf  die  anzulegenden  Rieselfelder 
geleitet  werden.  Für  die  erste  Zeit  soll  die  Canalisation  nur  in  der 
Stadtmitte  innerhalb  der  Gartenstrafse  durchgeführt  werden,  wobei 
man  die  Nothwendigkeit  befürwortet,  die  Verbindungscanäle  zwischen 
den  einzelnen  Grundstücken  und  dem  Hauptröhrennetz  längs  den 
Strafsen  auf  Kosten  der  Stadt  erbauen  zu  lassen,  da  nur  so  eine 
vollkommen  übereinstimmende  Anlage  dieser  Canäle  durchführbar  sei. 


Angesichts  des  Umstandes,  dafs  die  Wasserleitungsanlage  ihrer  bal¬ 
digen  Verwirklichung  entgegengeht,  wird  dem  Wunsche  Ausdruck 
gegeben,  dafs  der  Canalisationsentwurf  schleunigst  der  endgültigen 
Entscheidung  zugeführt  werde.  Es  sei  dies  schon  aus  dem  Grunde 
empfehlenswerth,  weil  die  gleichzeitige  Legung  der  Canalisations- 
und  Wasserleitungsröhren  im  Innern  der  Stadt  sich  billiger  stellen 
und  auch  in  vielen  anderen  Beziehungen  vortheilhafter  sein  würde. 

-V.— 

A.  Hartei  f-  Am  18.  d.  M.  ist  in  Strafsburg  der  dortige  Dom¬ 
baumeister,  Architekt  August  Hartei  gestorben.  Im  kaum  vollendeten 
46.  Lebensjahre,  in  der  Vollkraft  unermüdlichen,  erfolgreichen  Schaft'ens 
hat  ihn,  einen  der  tüchtigsten  unter  den  deutschen  Kirchenbaumeistern, 
ein  langes  unheilbares  Leiden  dahingeraflt.  —  August  Hartei  wurde 
am  26.  Februar  1844  als  Sohn  des  Maurers  Eberth  Hartei  in  Köln 
geboren.  Seine  Schulkenntnisse  und  die  ersten  Grundlagen  für  die 
fachliche  Laufbahn  erwarb  er  sich  in  einer  Elementarschule  und  auf 
der  Provincial-Gewerbeschnle  seiner  Vaterstadt.  Im  Jahre  1860  trat 
er  in  das  Atelier  des  damaligen  Kölner  Stadtbaumeisters  J.  Rasch- 
dorff  ein,  dem  er  im  wesentlichen  seine  künstlerische  Ausbildung 
verdankt.  Sein  Lehrer  in  der  von  ihm  im  späteren  Leben  mit  be¬ 
sonderer  Vorliebe  gepflegten  gothischen  Bauweise  ist  alsdann  zunächst 
A.  Lauge  geworden.  Ueber  seiner  Thätigkeit  am  Reifsbrett  und  in 
der  Studirstube  vergafs  Hartei  aber  nicht,  seinem  Können  eine  ge¬ 
diegene  praktische  Grundlage  zu  erwerben.  Vorübei-gehende  Be¬ 
schäftigung  bei  einer  Essener  Baufirma  gab  ihm  dazu  Gelegenheit, 
dann  aber  vornehmlich  sein  Eintritt  in  die  Werkstätte  des  Kölner 
Dombaumeisters  Franz  Schmitz,  unter  dessen  Leitung  sich  ihm  an 
der  besten  Quelle  die  besondere  Welt  mittelalterlicher  Kunstübung 
erschlofs.  Voimehmlich  beschäftigte  ihn  Schmitz  bei  der  genauen 
Aufnahme  des  Kölner  Domes  für  seine  grofse  Veröffentlichung,  liefs 
ihn  aber  auch  an  der  Bearbeitung  verschiedener  Neubauentwürfe 
theilnehmen.  So  wuchsen  dem  jungen  Architekten  die  Schwingen, 
und  er  arbeitete  sich  bald  zu  einer  solchen  Meisterschaft  empor, 
dafs  es  ihm  im  Jahre  1870  gelang,  in  dem  um  den  Entwurf  einer 
evangelischen  Kirche  für  Crefeld  veranstalteten  Wettbewerbe  unter 
78  Betheiligten  den  ersten  Preis  zu  erringen  und  demnächst  mit  der 
Ausführung  des  Baues  betraut  zu  werden.  Mit  diesem  Werke  begann 
für  ihn  eine  umfassende  und  erfolgreiche  Bauthätigkeit,  insbesondere 
auf  kirchlichem  Gebiete.  Zunächst  erstreckte  diese  sich  namentlich 
über  die  heimathliche  Provinz  und  Westfalen,  woselbst  als  eine 
der  bedeutendsten  Schöpfungen  des  Verstorbenen  die  Christus¬ 
kirche  in  Bochum  entstand.  Dann  siedelte  Hartei  nach  Halle 
und  später  nach  Leipzig  über,  um  nach  dem  in  der  Preisbewer¬ 
bung  um  die  dortige  Petrikirche  errungenen  Siege,  der  ihn  besonders 
bekannt  gemacht  hat,  die  Ausführung  dieser  Kirche  in  Gemeinschaft 
mit  Baurath  Lipsius  in  Dresden  zu  übernehmen.  Wie  bei  diesem 
Werke,  so  hat  er  auch  bei  seinen  sonstigen  Arbeiten  sich  häufig  mit 
künstlerischen  Genossen  zusammengethan.  In  Crefeld  war  es  Archi¬ 
tekt  Quester,  später,  in  Leijjzig,  nach  Lipsius  Architekt  B.  Schmitz, 
zuletzt,  seit  1885,  Architekt  Neckelmann,  mit  dem  er  bis  zu  seinem 
Tode  verbunden  geblieben  ist.  Mit  ihnen  in  Gemeinschaft  bearbeitete 
er  mit  einer  kaum  wieder  dagewesenen  Unermüdlichkeit  eine  zahllose 
Reihe  von  Preisbewerbungen,  denen  der  Erfolg  selten  gefehlt  hat 
und  denen  er  auch  einen  grofsen  Theil  der  ihm  gewordenen  Bauauf¬ 
träge  verdankt.  Von  letzteren  seien  hier  nur  noch  das  Landesaus- 
schufsgebäude  und  die  Jung- St.  Peterskirche  in  Strafsburg  hervor¬ 
gehoben,  da  sie  augenscheinlich  die  nächste  Veranlassung  dazu  ge¬ 
worden  sind,  die  Aufmerksamkeit  auf  Hartei  zu  lenken,  als  es  sich 
vor  jetzt  Jahresfrist  um  die  Neubesetzung  der  Strafsburger  Münster¬ 
baumeister-Stelle  handelte.  Ein  kurzes  Jahr  nur  ist  es  ihm  vergönnt 
gewesen,  dieses  wichtigen  nun  wiederum  verwaisten  Amtes  zu  walten. 
Aber  nicht  allein  Strafsburg  sieht  sich  in  den  berechtigten  Hoffnungen, 
die  es  auf  den  Heimgegangenen  setzte,  schmerzlich  getäuscht,  auch  die 
deutsche  Baukunst  hat  Ursache  den  Tod  August  Harteis  zu  betrauern, 
denn  sie  hat  in  ihm  einen  ihrer  Tüchtigsten  und  Besten  verloren. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


Sr.  94- 


93 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


INHALT:  Eine  Feuerungsanlage  mit  raucbfreier  Verbrennung.  —  Beziehungen 
zwischen  Kräfte-  und  Seilpolygon.  —  Vermischtes;  Wettbewerbung  um  den 


Schinkelpreis  im  Berliner  Architektenvereine.  —  Rechtsfahren  auf  den  deutschen 
Eisenbahnen.  —  Thompsons  elektrisches  Schweifsverfahren.  —  B  üche r s  chau. 


Eine  Feuerungsanlage  mit  rauchfreier  Verbrennung. 


Vor  einiger  Zeit  hatte  Schreiber  dieses  Gelegenheit,  eine  Feuerung 
kennen  zu  lernen,  welche  auf  einfache  Weise  die  Rauch-  und  Rüfs- 
bildung  fast  vollkommen  verhindert  und  infolge  dessen  eine  nicht 
unbedeutende  Ersparnifs  an  Brennstotf  gegenüber  anderen  Feue¬ 
rungen  darbietet.  Diese  Feuerung,  nach  ihrem  Erfinder,  Herrn 
C.  Cario,  derzeit  Director  des  Magdeburger  Dampfkessel-Ueber- 
wachungs -Vereines  in  Magdeburg,  Cario-Feuerung  genannt,  wird  von 
der  Firma  Otto  Thost  in  Zwickau,  Sachsen,  hergestellt  und  verkauft- 
Eine  solche  Anlage,  als  Innenfeuerung  angeordnet,  stellen  die 
Abbildungen  1 — 5  dar.  Aus  diesen  ist  ersichtlich,  dafs  der  Rost 
eine  zweiseitige  Neigung  hat,  wodurch,  gegenüber  einer  gewöhn¬ 
lichen  Feuerung,  der  Vortheil  einer  gröfseren  Breite  in  einem  und  dem¬ 
selben  Raume  erzielt  wird.  Der  Neigungswinkel  ist  dem  Böschungs¬ 
winkel  des  Brennstoffes  angepafst,  sodafs  letzterer  in  gleichmäfsiger 
Schicht  auf  dem  Roste  liegen  bleibt,  wenn  er  auf  dessen  oberster 
Kante  aufgeschüttet  wird.  In  der  Stirnwand  befinden  sich  eine  kreis¬ 


kalter  Luft  verhindert  wird,  entsteht  die  gute,  vollständige  Ver¬ 
brennung.  Da  der  frische  kalte  Brennstoff  nicht  auf  die  Glut, 
sondern  dazwischen  fällt,  entsteht  eine  weniger  stürmische  Ver¬ 
gasung,  für  welche  ein  Luftmangel  leicht  zu  vermeiden  ist;  auch  ist 
die  helle  Glut  zur  Rauchentzündung  stets  gewahrt.  Hierdurch  wird 
auf  natürlichste  Weise  die  Rauch-  und  Rufsverbrennung  erzielt. 

Der  Heizer  hat  nur  für  Aufschüttung  des  frischen  Brennstoffes 
zu  sorgen,  welche  Arbeit  leichter  ist  als  sonst,  da  der  Brennstoff 
nicht  geschleudert  zu  werden  braucht.  Die  Arbeit  des  Schürens 
und  Stocherns  kommt  in  Wegfall  und  wird  durch  die  Wirkung  der 
Kohlenmulde,  wie  oben  geschildert,  ersetzt.  Der  Heizer  ist  auch 
wegen  der  stets  geschlossenen  Feuerungsthüren  der  strahlenden  Hitze 
des  Feuers  nicht  ausgesetzt.  Der  Gang  der  Verbrennung  ist  hier 
viel  weniger  von  der  Geschicklichkeit  und  dem  guten  Willen  des 
Heizers  abhängig,  als  bei  den  gewöhnlichen  Feuerungen.  Die  Ver¬ 
brennungsregelung  geschieht  durch  Einstellung  des  Essenschiebers. 


Querschnitt 

mit  eingeschobener  Vorderansicht. 

Kohlenschaufel.  Abb.  1. 


Abb.  2.  Senkrechter  Längenschnitt. 


runde  Kohlenthür  B  und  die  Schlackenthüren  DD  (Abb.  1).  Dieselben 
sind  zweitheilig  und  jede  Hälfte  pendelt  um  einen  gemeinsamen  oberen 
Zapfen.  Beim  Einschieben  eines  Geräthes  drängt  dieses  selbst  die 
Thürhälften  auseinander,  so  weit,  als  das  Geräth  es  beansprucht. 
Nach  dem  Herausziehen  des  Geräthes  fallen  die  Thüren  selbstthätig 
wieder  zu.  Die  Oeffnungen  C  (Abb.  1)  dienen  zur  bequemen  Beobachtung 
des  Feuers  und  sind  mit  Glimmerplatten  verschlossen.  Zum  Aufschütten 
der  Kohle  dient  die  muldenförmige  Schaufel  K  (Abb.  2  u.  4),  deren 
offene  Länge  gleich  der  Rostlänge  ist  und  welche  vorn  keilartig  ge¬ 
staltet  ist.  Diese  Kohlenmulde  wird  aufserhalb  auf  beliebige  Weise 
mit  Brennstoff  gefüllt,  durch  die  Kohlenthür  eingeschoben  und  innen 
durch  Umwenden  ausgeschüttet.  Dabei  schneidet  die  Mulde  mitten 
durch  die  glühende  Kohlenschicht,  drängt  diese  zu  beiden  Seiten  auf 
den  Rosten  abwärts  und  schüttet  oben  in  die  so  entstandene  Furche 
ihren  Inhalt  aus.  Dadurch  nun,  dafs  hierbei  der  Brennstoff  ohne 
jedes  besondere  Zuthun  des  Heizers  von  vorn  bis  hinten  völlig 
gleichmäfsig  fällt,  auch  die  helle  Glut  nicht  zudeckt  und  abkühlt, 
dafs  ferner  die  zusammengebrannte  Kohlenschicht  selbstthätig  wieder 
dicht  zusammengeschoben,  die  etwas  backende  Kohle  dabei  aufge¬ 
brochen  und  aufgelockert,  und  auch  der  Eintritt  schädlicher  Mengen 


Während  der  Brennstoff  auf  den  Rosten  niedergleitet,  verbrennt 
er  allmählich  und  läfst  schliefslich  seine  Schlacke  an  den  zwei 
tiefsten  Stellen  des  Rostes  liegen.  Hat  sich  dort  ein  Haufen  ange¬ 
sammelt,  so  wird  er  durch  die  Schlackenthüren  D  herausgezogen. 
Auf  jedem  Quadratmeter  Rostfläche  können  stündlich  70  bis  140  kg 
Kohle  verbrannt  werden,  je  nach  Art  der  Kohle  und  der  vor¬ 
handenen  Zugstärke.  Dabei  können  die  Kessel  auch  mit  gering- 
werthigem  Brennstoff  vollständig  ausgenutzt  werden.  Wie  Schreiber 
dieses  von  glaubwürdiger  Seite  erfuhr,  soll  in  einem  Falle  mit  der 
gewöhnlichen  Feuerung  8,5  kg  und  mit  der  Cario  -  Feuerung  an 
demselben  Kessel  9,36  kg  Dampf  erzeugt  worden  sein,  was  ein  sehr 
günstiges  Ergebnifs  zu  nennen  ist. 

Eine  Cario  -  Feuerung  ist  wohl  die  billigste  rauchverzehrende 
Anlage.  Eine  solche  kostet  für  das  Quadratmeter  Heizfläche  etwa 
10  Mark,  für  gröfsere  Kessel  etwas  weniger.  Da  die  Umänderung 
einer  bestehenden  Anlage  bei  Innenfeuerungen  nur  einen  Tag  und 
bei  Unterfeuerungen  2  bis  4  Tage,  je  nach  Umständen,  erfordert, 
so  liegen  auch  der  nachträglichen  Anbringung  der  Cario-Feuerung 
keine  Schwierigkeiten  im  Wege. 


Eich.  Weindorfer,  Ingenieur. 


94 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


5.  März  1890 


Beziehungen  zwisclien  Kräfte-  und  Seilpolygon 

nebst  Anwendung  auf  die  Aufgabe: 

ein  Seilpolygoii  durcli  drei  Punkte  zu  legen. 

Von  llobert  Land  in  Chemnitz. 


Vorbemerkung.  Nach  Abfassung  des  nachstehenden  Auf¬ 
satzes  fand  der  Verfasser,  leider  zu  spät,  dafs  die  in  den  nachfolgen¬ 
den  §§  1  und  2  gegebenen  Beziehungen  bereits  in  einem  Aufsatze 
von  Hüppner  im  Civiliugenieur  1887  S.  89  enthalten  sind,  und  auch 
in  der  neuen  Auflage  des  Werkes  von  L4vy  „La  statique  graphique“ 
stehen  sollen,  sodafs  als  neu  wohl  nur  §  3  verbliebe.  Da  aber  das 
in  §  2  befindlictie  einfache  Verfahren,  ein  Seilpolygon  durch  drei 
Punkte  zu  legen,  in  der  Theorie  der  Gewölbe  und  bei  anderen  zeich¬ 
nerischen  Untersuchungen  sehr  vortheilhaft  verwerthet  werden  kann 
und  in  deutschen  Fachkreisen  noch  wenig  oder  fast  gar  nicht  be¬ 
kannt  zu  sein  scheint,  so  dürfte  die  nochmalige  Mittheilung  desselben 
in  dieser  verbreiteten  Zeitschrift  wohl  gerechtfertigt  erscheinen. 

§  1- 

Für  gegebene  Kräfte  PvPi  ■  .  .  ein  Seilpolygon 
so  zu  legen,  dafs  zwei  bestimmte  Seiten  Sa,  sh  durch 
zwei  gegebene  Punkte  B  gehen  (Abb.  1*). 

Ist  zum  gezeichneten  Kräfteplan  mit  beliebigem  Pole  O'  ein 
Seilpolygon  S'  gezeichnet,  dessen  Seiten  s'a,  s'b  (entsprechend  sa,  sb) 


Abb.  1. 


die  durch  A  und  B  zur  Mittelkraft  R  (im  Kräfteplan)  gezogenen 
Parallelen  a,  b  in  A‘,  B‘  schneiden,  und  zieht  man  im  Kräfteplan 
0‘  Ti  11  der  Schlufslinie  f  —  A‘  B‘  bis  zum  Schnitt  Ti  mit  R,  so  ist 
die  durch  Ti\\t=AB  gezogene  Gerade  t  der  geometrische  Ort  für 
alle  neuen  Pole  (O),  deren  zugehörige  Seillinien  zwischen  den  Geraden 
a,  b  Schlufslinien  parallel  AB  =  t  bilden.  Zieht  man  deshalb  durch 
A  die  (erste)  Seilseite  «a,  so  mufs  die  (letzte)  Seite  sb  durch  B  gehen. 

Beweis.  Zerlegt  man  R  in  zwei  durch  A‘  und  B'  gehende,  zu 
R  parallele  (also  in  die  Kichtungen  a  und  b  fallende)  Seitenkräfte 
Ra,  Rb,  so  werden  letztere  bekanntlich  durch  die  im  Kräfteplan  von 
Ti  auf  R  gebildeten  beiden  Abschnitte  dargestellt.  Da  aber  diese 
Seitenkräfte  für  beliebige  andere  Seillinien  ungeändert  bleiben,  so 
müssen,  wenn  AB  =  t  (oder  eine  Parallele)  zur  Schlufslinie  werden 
soll,  umgekehrt  die  zugehörigen  Pole  auf  der  durch  T\\\AB  gelegten 
Geraden  t  im  Kräfteplan  liegen,  welche  hiernach  kurz  die  zu  AB 
gehörige  Polgerade  heifse. 

Anmerkung.  Bekanntlich  schneiden  sich  je  zwei  entsprechende 
Seiten  zweier,  zu  zwei  Polen  O,  0'  gezeichneten  Seillinien  S,  S‘  auf 
Punkten  einer  Geraden,  genannt  Polar achse  />,  welche  parallel 
der  Verbindungsgeraden  O  0‘  ist;  (vergl.  z.  B.:  Handbuch  der  Bau¬ 
kunde,  Hülfswissenschaften  [Mechanik  von  Mehrtens]  S.  506). 
Wendet  man  diese  Eigenschaft  auf  die  zu  Ra  gehörenden  beiden  Seil¬ 
seiten  Sa  und  U^ezw.  s‘a  nnd  t'  an,  so  erkennt  man  die  Beziehung: 

1.  Die  zu  den  beiden  Seillinien  N  und  S‘  gehörige  Polar¬ 
achse  p  geht  durch  den  Schnittpunkt  T  der  beiden 
Schlufslinien  t  und  t‘  und  ist  parallel  O  0‘. 

§  2. 

Für  gegebene  Kräfte  Pi,  Pi  .  .  .  ein  Seilpolygon 
so  zu  legen,  dafs  drei  bestimmte  Seiten  «a,  >^6,  «c  durch 
drei  gegebene  Punkte  A,  B,  C  gehen  (Abb.  2*). 

Unter  Anwendung  von  §  1  ergiebt  sieh  sofort  der  Satz: 

2.  Der  gesuchte  Pol,  dessen  Seillinie  die  drei  Bedingungen 
erfüllt,  ist  der  Schnittpunkt  der  zu  A,  B  und  B,  C  ge¬ 
hörigen  Polgeraden  ii  und  ti. 


*)  Die  Seiten  Sa,  sb  usw.  sind  in  den  Abb.  1  u.  2  mit  Sa,  Sb  usw. 
bezeichnet. 


Hiernach  folgt  die  Lösung: 

Man  zeichne  ein  beliebiges  Seilpolygon  S'  mit  dem  angenomme¬ 
nen  Pole  O',  zieht  im  Kräfteplau  zwischen  s'a  und  s'b  die  Mittel¬ 
kraft  Ri,  zwischen  s'b  und  s'c  die  Mittelkraft  R-i  und  ferner  durch 
A  und  B  zu  Ri  die  Parallelen  «],  6i,  welche  mit  s'a,  s'b  die  Schlufs¬ 
linie  t'i  bilden,  sowie  durch  B,  C  zu  Ri  die  Parallelen  bi,  a,  welche 


mit  s'b,  s'c  die  Schlufslinie  t'i  bilden.  Zieht  man  dann  im  Kräfteplau 
durch  die  Schnittpunkte  T\,  Ti  der  durch  O'  zu  den  Schlufslinien  t'i 
bezw.  t'i  gelegten  Parallelen  mit  Ri  bezw.  Ri  die  weiteren  Parallelen 
ti,  ti  zu  den  gewünschten  Schlufslinien  A  B  =  ti  und  B  C=ti,  so 
erhält  man  im  Schnittpunkt  O  den  gesuchten  zugehörigen  Pol  und 
in  der  Verbindungsgeraden  der  Schnittpunkte  ti  |  t'i  und  ti  \  t'i  die 
Polarachse  p.*) 

Anmerkungen.  1)  In  ganz  ähnlicher  Weise  kann  man  auch 
die  Gesamtmittelkraft  R  der  zwischen  s'a  und  s'c  befindliehen  Kräfte 
benutzen  und  durch  die  Parallelen  durch  A,  C  die  zu  s'a,  s'c  gehörige 
Schlufslinie  t'  zeichnen;  dann  mufs  die  Polarachse  auch  durch  den 


3 


Abb.  3. 


Schnittpunkt  von  t'  mit  t=AC  gehen.  (Dieses  Verfahren  wurde 
der  Deutlichkeit  wegen  in  Abb.  2  nicht  ausgeführt.) 

2)  Der  gesuchte  Pol  O  läfst  sich  nach  der  angegebenen  Er¬ 
mittlung  der  Polarachse  p  auch  ohne  die  Theilpunkte  Ti,  Ti  er¬ 
mitteln,  nämlich  aus  den  durch  die  Schnittpunkte  von  s'a.  s'b,  s'c  mit 
p  und  den  Punkten  A,  B,  C  bestimmten  Kichtungen  sa,  sb,  Sc  (Ver¬ 
fahren  von  Mohr.)  Auch  läfst  sich  nach  der  Grundeigenschaft  der 
Polarachse  die  verlangte  Seillinie  N  ohne  Benutzung  des  Kräfte¬ 
planes  zeichnen,  da  die  Seiten  Sa,  sb,  Sc,  wie  eben  angegeben,  dureh 
die  Polarachse  p  bestimmt  sind.  Ueberhaupt  wird  man  von  den  hier 
gegebenen  verschiedenen  Verfahren  in  jedem  besonderen  Falle  stets 
dasjenige  wählen,  welches  die  günstigsten  Schnittpunkte  liefert  und 
die  anderen  Eigenschaften  als  Zeichenproben  benutzen. 

3)  Legt  man  das  erste  Seilpolygon  von  vorn  herein  so,  dafs  es 
bereits  eine  Bedingung  erfüllt,  dafs  z.  B.  s'a  durch  A  geht,  dann  ist 
A  bereits  ein  Punkt  der  Polarachse,  da  ti  und  t'i  durch  A  gehen. 

*)  Die  letzte  Beziehung  wurde  bereits  von  Mohr  gegeben,  welcher 
die  gleiche  Aufgabe  durch  andere  Betrachtungen  löst;  vergl.  Civil- 
ingenieur  1886  S.  535. 


Nr.  9A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


95 


Wie  einfach  und  übersichtlich  sich  das  Verfahren  bei  parallelen 
Kräften  gestaltet,  zeigt  folgende  Aufgabe: 

Fiür  ein  Gewölbe  durch  drei  Punkte  A,  B,  C  eine 
Drucklinie  zu  legen  (Abb.  3). 

Man  zeichne  für  einen  rechts  von  der  Kraftlinie  gewählten  Pol 
O'  eine  (abwärts  liegende)  Seillinie  S\  deren  erste  Seite  durch  A 
geht  und  zieht  mit  Hülfe  der  Lothrechten  durch  B  und  C  die  Schlufs- 
linien  t'i,  t'-r,  die  hierzu  durch  0‘  gelegten  Parallelen  geben  auf  der 
Kraftlinie  die  Schnittpunkte  Ti,  T2,  und  die  hierdurch  gezogenen  Pa¬ 
rallelen  zu  ti  =  AB  bezw.  (2  =  B  C  schneiden  sich  im  gesuchten 
Pol  O.  Die  Polarachse  js  ist  die  Verbindungslinie  von  A  mit  dem 
Schnittpunkt  Zeiclienprobe:  0' O^p. 

§  3. 

Weitere  Beziehungen  zwischen  Kräfte-  und  Seil- 
polygon. 

Im  Anschlufs  an  die  vorhergehenden  Betrachtungen  mögen  noch 
folgende  leicht  nachweisbare  Beziehungen  aufgestellt  werden. 

Denkt  man  sich  in  Abb.  1  das  erste  Seilpolygon  S'  (mit  Pol  O') 
fest,  das  zweite  Seilpolygon  S  (mit  Pol  O)  veränderlich  und  nur 
an  die  Bedingung  geknüpft,  dafs  es  durch  den  festen  Punkt  A 
geht,  so  erkennt  man  nach  Satz  1  leicht  die  Bichtigkeit  der  folgenden 
Beziehung: 

3.  Bewegt  sich  der  Pol  O  im  Kräfteplan  auf  einer  beliebigen 
Polgeraden  t,  so  dreht  sich  die  zu  und  jeder  (einem  Pole  O 


entsprechenden)  Seillinie  S  gehörige  Polarachse  p  um  einen 
festen  Punkt  T,  genannt  Polarenmittelpunkt,  und  um¬ 
gekehrt; 

denn  durch  die  Gerade  t  ist  Punkt  7i  auf  R  und  hierdurch 
t  —  0‘  Ti  bestimmt.  Durch  A  und  R  ist  weiter  a  und  A'  festgelegt, 
und  die  durch  A  und  A'  gezogenen  Parallelen  zu  t  und  t'  schneiden 
sich  im  festen  Punkt  T,  dem  Drehungsmittelpunkt  aller  zum  festen 
Pole  0‘  und  dem  veränderlichen  Pole  O  auf  t  gehörigen  Polarachsen. 

Ist  umgekehrt  der  Polarenmittelpunkt  T  gegeben,  so  sind  durch 
A  T  und  A'  T  die  Richtungen  t  bezw.  t‘  bestimmt  und  hiernach  die 
Polgerade  t  im  Kräfteplan  festgelegt.  Obiger  Satz  3  läfst  sich  daher 
auch  in  der  übersichtlichen  Form  aussprechen: 

3a.  Jeder  Polgeraden  t  im  Kräfteplan  entspricht  ein  zur  festen 
Seillinie  S'  und  zu  den  veränderlichen,  durch  A  gehenden  Seil- 
linien  ä  gehöriger  Polarenmittelpunkt  T  und  umgekehrt. 
Weiter  folgt  hieraus  sofort: 

4.  Dreht  sich  eine  Polgerade  t  im  Kräfteplan  um  einen  festen 
Punkt  O,  so  bewegt  sich  der  zugehörige  Polarenmittel¬ 
punkt  T  auf  einer  festen  Geraden,  der  Polarachse  p  zum 
Pole  O; 

denn  je  zwei  durch  O  gehende  Polgeraden  <i,  t-2  entsprechen  zwei 
Polarenmittelpunkten  7],  T2,  deren  Verbindungslinie,  als  Polarachse 
aufgefafst  (einmal  durch  den  Mittelpunkt  7i,  das  andere  Mal  durch 
22  gehend),  nach  dem  vorigen  Satze  in  O  den  zugehörigen  Pol  be¬ 
sitzen  mufs. 

Chemnitz,  im  Sommer  1889. 


Vermischtes. 


Die  diesjährige  Wettbewerbung  um  den  ScMnkelpreis  im  Ber- 
liner  ArcMtektenvereme,  für  welche  im  Gebiete  des  Hochbaues  der 
Entwurf  zu  einer  Hochschule  für  Musik  auf  dem  Lützowplatze 
in  Berlin  als  Aufgabe  gestellt  war,  kam  in  der  Vereinssitzung  vom 
3.  d.  M.  zur  öffentlichen  Begutachtung.  Der  Schinkelpreis  und  die 
Vereinsdenkmünze  wurden  dem  Entwürfe  „Palladio“  des  Regierungs- 
Bauführers  J.  Boethke  in  Berlin  zuerkannt.  Der  zweiten  eingegangenen 
Arbeit  konnte  eine  Auszeichnung  nicht  zu  Theii  werden.  Die  den 
Ingenieuren  gestellte  Aufgabe  hatte  keinen  Bearbeiter  gefunden.] 

Das  ReehtsMireu  auf  den  deutschen  Eisenbahnen.  Das  Bahn¬ 
polizei-Reglement  für  die  Eisenbahnen  Deutschlands  enthält  die  Be¬ 
stimmung,  dafs  auf  doppelgeleisigen  Bahnstrecken  die  Züge  das  in 
ihrer  Fahrtrichtung  rechts  liegende  Geleis  befahren  sollen.  Da  indes 
bei  Erlafs  dieser  Vorschrift  im  Jahre  1875  etwa  der  achte  Theii  aller 
doppelgeleisig  ausgebauten  Bahnstrecken  in  Deutschland  links  be¬ 
fahren  wurde,  und  die  Aenderung  der  Betriebsweise  zeitraubende  und 
kostspielige  Umbauten  bedingte,  so  wurde  gleichzeitig  gestattet,  dafs 
bestehende  Ausnahmen  bis  auf  weiteres  beibehalten  werden  dürften. 
Im  Interesse  der  Betriebssicherheit  war  aber  eine  durchweg  gleich¬ 
artige  Benutzung  der  zweigeleisigen  Bahnstrecken  dringend  zu 
wünschen.  Die  betheiligten  Aufsichtsbehörden  haben  deshalb  unaus¬ 
gesetzt  auf  die  Beseitigung  der  vorhandenen  Abweichungen  hinge¬ 
wirkt  und  dementsprechend  sind  die  erforderlichen  Umbauten  von 
den  Bahnverwaltungen  allmählich  ausgeführt  worden.  Nachdem  nun¬ 
mehr  vor  kurzem  die  letzten  derartigen  Arbeiten  zum  Abschlüsse 
gebracht  worden  sind,  ist  das  Rechtsfahren  auf  den  deutschen  Eisen¬ 
bahnen  jetzt  allgemein  „durehgeführt.  Ausgenommen  bleiben 
nur  zwei  kurze  Grenzstrecken,  auf  welchen  in  Uebereinstimmung  mit 
der  Betriebsweise  auf  den  anschliefsenden  fremdländischen  Bahnen 
auch  ferner  links  gefahren  werden  wird. 

Das  Thompsonsche  elektrische  SchweifsYerfahren  ist  in  America 
versuchsweise  zum  Vernieten  von  Eisentheilen  angewendet  worden. 
Dabei  hat  sich  nach  einer  Mittheilung  der  Engineering  News  heraus¬ 
gestellt,  dafs  das  Verfahren  für  diesen  Zweck  vollkommen  ver¬ 
wendungsfähig  ist.  Die  Niete  wurden  in  kaltem  Zustande  in  die 
Nietlöcher  gebracht  und  sodann  mit  Hülfe  des  elektrischen  Stromes 
auf  die  erforderliche  Schweifswärme  erhitzt.  Da  hierbei  die  Loch¬ 
wandungen  mit  erwärmt  wurden,  fand  thatsächlich  ein  Zusammen- 
sehweifsen  der  Niete  mit  den  zu  befestigenden  Eisentheilen  statt. 
Vernietung  mittels  13  mm  starker  und  50  bis  75  mm  langer  Niete 
erforderte  20  bis  30  Secunden  Zeit. 

Hieran  anscMiefsend  möge  bemerkt  werden,  dafs  die  Elektricität 
zur  Herstellung  von  Vernietungen  nach  der  bisher  üblichen  Aus¬ 
führungsweise  bereits  seit  mehreren  Jahren  in  England  Anwendung 
gefunden  hat.  Die  hierbei  verwendeten  Maschinen  kleben  mit  mäch¬ 
tigen  Elektromagneten .  an  den  mit  Nieten  zu  durchziehenden  Flächen. 
Der  Niethammer  wird  durch  eine  elektrische  Kraftmaschine  gegen 
eine  Feder  gezogen  und  nach  einer  gewissen  Hubhöhe  selbstthätig 
ausgelöst,  worauf  derselbe  kräftig  auf  den  Nietkopf  herabschnellt. 
Die  Zahl  der  Hammerschläge  beläuft  sich  auf  etwa  150  in  der  Minute. 


Eine  derartige  Maschine  —  von  einer  englischen  Schiffsbauanstalt 
hergeliehen  —  war  im  Jahre  1887  auf  der  in  Newcastle  veranstalteten 
Gewerbe-  und  Industrieausstellung  in  Thätigkeit  zu  sehen.  Km. 


Bftclierscliaii. 

Die  Architektur  der  Renaissance  in  Toscana  nach  den  Meistern 
geordnet;  begonnen  von  der  Gesellschaft  San  Giorgio  in  Florenz, 
herausgegeben  und  weitergeführt  von  Dr.  Karl  v.  Stegmann.  Text 
von  Heinrich  v.  Geymüller.  München,  Verlagsanstalt  für  Kunst 
und  Wissenschaft,  1889.  Lieferung  III; — VII.  Preis  250  Ji. 

Nachdem  bereits  zweimal  an  dieser  Stelle  auf  die  umfassende 
Veröffentlichung  über  die  Renaissance  -  Architektur  Toscanas  hin¬ 
gewiesen,  kann  jetzt,  mit  dem  Erscheinen  von  fünf  neuen  Lieferungen 
zu  den  bisher  vorhandenen  beiden  ersten,  über  die  weiteren  Ergebnisse 
des  Unternehmens  berichtet  werden.  In  der  Ausstattung  und  künst¬ 
lerischen  Behandlung  stehen  die  neuen  Hefte  den  älteren  gleich. 
Neben  wirklich  ausgeführten  Bauwerken  und  hervorragenden  Denk¬ 
mälern  der  Bildhauerkunst  in  Verbindung  mit  der  Architektur  werden 
vornehmlich  auch  die  reichen  Schätze  von  Bau- Entwürfen  in  der 
Florentiner  Handzeichnungen-Sammlung  berücksichtigt.  Aus  der  Zahl 
der  letzteren  sind  der  Entwurf  für  einen  Medicäer-Palast  von  Antonio 
da  Sangallo,  sowie  vier  höchst  interessante  Fronten -Entwürfe  von 
Giuliaco  da  Sangallo  für  die  Kirche  San  Lorenzo  in  Florenz  ver¬ 
öffentlicht. 

Der  Text  bringt  gerade  in  den  vorliegenden  Lieferungen  manche 
neue,  die  bisherigen  Anschauungen  und  Ueberlieferungen  berichtigende 
Gesichtspunkte.  Zunächst  wird  die  in  der  zweiten  Lieferung  be¬ 
gonnene  Baugeschichte  der  Kirche  S.  Lorenzo  weitergeführt  und 
beendet,  und  zwar  in  einer  Weise,  die  über  die  Frage  nach  dem 
ursprünglichen  Entwürfe  für  diesen  Bau  und  den  Antheil,  den 
Brunellesco  selber  an  ihm  gehabt,  zum  ersten  Male  Klarheit  bringt. 
Während  Chor  und  Querschiff,  mit  Ausnahme  der  Kuppel,  nach  des 
Meisters  Plane  und  unter  seiner  Leitung  ausgeführt,  das  Langhaus 
erst  lange  nach  seinem  Tode  vollendet  wurden,  ist  die  Sacristei  un¬ 
bedingt  als  Brunellescos  Werk  in  Anspruch  zu  nehmen,  und  zwar 
neben  dem  Findelhause  an  Piazza  S.  Annunziata  und  dem  unvollendet 
gebliebenen  Palazzo  della  parte  Guelfa  als  eine  seiner  frühesten 
Schöpfungen.  Die  erste  Anwendung  und  sichere  Beherrschung  der 
antiken  Bauformen  an  diesem  Bauwerke  rief  die  Bewunderung  der 
Zeitgenossen  hervor.  Doch  treten  auch  neue  Motive  auf,  unter  denen 
die  sogenannte  „concentrische  Doppel  -  Arcade“  als  ein  von  der 
Renaissaneekunst  späterhin  fruchtbar  verwertheter  Baugedanke  her¬ 
vorzuheben  ist.  Im  Gegensätze  dazu  werden  die  Mängel  des  Lang¬ 
hauses  beleuchtet,  über  die  sich  schon  Luca  della  Rohhia  und  der 
Biograph  Brunellescos  Antonio  di  Tuccio  Manetti  beklagten.  — 
Eine  eingehende  Behandlung  erfährt  sodann  die  schöne  Capella 
de’  Pazzi  im  Klosterhofe  von  S.  Croce  in  Florenz.  Gestützt  auf 
neuere  Veröffentlichungen  von  Urkunden  und  auf  stilkritische  Er¬ 
wägungen  kommt  V.  Geymüller  zu  dem  bemerkenswerthen  Ergebnisse, 
1  dafs  diese  reizvollste  Schöpfung  Brunellescos  nicht,  wie  bisher  an- 


96 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


5.  März  1890. 


genommen,  eines  seiner  Erstlingswerke  gewesen,  sondern  dafs  der 
Entwurf  dazu  etwa  der  Mitte  der  zwanziger  Jahre  angehöre,  der 
Bau  ferner  erst  nach  seinem  Tode  beendet  worden  sei. 

Von  AVerken  anderer  toscanischer  Meister  kommt  der  Palazzo 
Bartolini  von  Baccio  d’Agnolo  zur  Darstellung,  bekannt  durch  die 
Tabernakel  -  Architektur  seiner  Fenster,  eine  Neuerung,  die  nach 
Vasari  allgemein  dem  Baccio  zugeschrieben  wird,  jedoch,  wie  v.  Gey¬ 
müller  wahrscheinlich  macht,  auf  Eaphaels  der  Zeit  nach  früheren 
Entwurf  zu  dem  leider  zerstörten  schönen  Palast  an  der  Via  San 
Gallo  in  Eom  zurückzuführen  ist. 

Die  Abbildungen  greifen,  wie  in  den  früheren  Lieferungen,  dem 
Texte  weit  vor.  Unter  den  Architekturen  mag  hier,  um  nur  der 
wichtigsten  zu  gedenken,  auf  die  Lichtdrucke  vom  Palast  Pitti,  vom 
Innern  der  Kirchen  S.  Lorenzo  und  S.  Spirito,  der  Klosterhöfe  von 
S.  Lorenzo  und  S.  Croce  hingewiesen  werden.  Von  Giuliano  da  San 
Gallo  findet  sich  u.  a.  der  reizende  Hof  des  Palastes  Gondi,  von 
Crouaca  der  durch  seinen  Sgrafittoschmuck  bekannte  Palast  Guadagni, 
von  Alberti  die  Pront  von  S.  Maria  Novella  in  sorgtältigen  Detail- 
Aufnahmen,  von  Vasari  die  Uffizien. 

Die  schnelle  Folge,  mit  der  diesmal  eine  gröfsere  Anzahl  neuer 
Lieferungen  fertig  gestellt  worden  ist,  darf  als  Bürgschaft  für  den 
weiteren  raschen  Fortgang  und  damit  den  sicheren  Erfolg  des 
grofs  angelegten  kunstwissenschaftlichen  Unternehmens  angesehen 
werden.  E.  B. 

IS'2  Tafeln  zur  graphischen  Berechnnng  der  AVasserniengen 
und  zur  Bestimmung  der  Profilabmessungen  der  Wasserläufe  nach 
der  Formel  von  Ganguillet  und  Kutter.  Bearbeitet  vom  Cultur- 
Ingenieur  H.  Breme.  Freiberg  i.  S.,  Craz  und  Gerlach,  1889. 
202  Seiten  in  4^.  12  Lieferungen  zu  1,50  Jt  —  18  Jl. 

Bei  dem  Entwerfen  der  für  Entwässerungs-  und  Bewässerungs¬ 
anlagen  erforderlichen  Wasserläufe  sowie  bei  der  Eegulirung  kleiner 
Flüsse  ist  die  Bestimmung  der  Querschnitte  an  möglichst  vielen 
Stellen  geboten;  denn  AA^assermengen  und  Gefällverhältnisse  ändern 
sich  in  den  langen  Wasserzügen  gewöhnlich  so  oft,  dafs  man  bei 
einer  beschränkten  Zahl  untersuchter  Querschnitte  für  weite  Strecken 
entweder  übermäfsig  grofse  oder  für  andere  zum  Schaden  der  Vor- 
fluth  zu  kleine  Abmessungen  vorsehen  würde.  Die  langwierige  Er¬ 
mittlung  von  benetztem  Umfang,  hydraulischem  Eadius  u.  dgl.  pflegt 
mau  bei  kleinen  Wasserläufen  durch  Benutzung  der  Kutterschen 
„Tabellen  über  die  Bewegung  des  Wassers  in  Canälen  und  Flüssen“ 
(Berlin  bei  Parey,  7  Jt)  zu  vermeiden.  Dieselben  geben  für  die  drei 
Eauhigkeitsgrade  0,025,  0,030  und  0,035  unter  Annahme  l'/sfacher 
Böschungen  diejenigen  Wassermengen  und  Wassergeschwindigkeiten 
unmittelbar  an,  welche  den  AVassertiefeu  0,1  bis  2  m,  den  Gefäll- 
verhältnissen  0,1  bis  3%o  und  gewissen  Sohienbreiten  entsprechen. 
Der  Bearbeiter  der  vorliegenden  Tafeln  hat  sich-  der  Mühe  unter¬ 
zogen,  diese  Zahlentabellen  graphisch  darzustellen.  Er  hat  sie  auf 
AVassertiefen  bis  3  m,  Gefällverhältnisse  bis  8%(i  und  Sohlenbreiten 
bis  20  m  ausgedehnt,  auch  die  Böschungsverhältnisse  1:1,  1 : 1,5  und 
1 :  2  sowie  endlich  vier  Eauhigkeitsgrade  0,020,  0,0225,  0,025  und  0,030 
berücksichtigt.  Jede  Lieferung  behandelt  ein  Böschungsverhältnifs 
und  einen  Eauhigkeitsgrad.  Der  Vortheil  der  Tafeln  ist  unver¬ 
kennbar:  er  beruht  nicht  allein  in  der  erweiterten  Ausdehnung, 
welche  diejenige  der  Kutterschen  Tabellen  um  das  Vierfache  über- 
triift,  sondern  vor  allen  Dingen  in  der  Möglichkeit,  die  Zwischen- 
werthe  der  Sohlenbreiten  und  Gefällverhältnisse,  deren  Bestimmung 
nach  den  Kutterschen  Zahlentafeln  immer  einigen  Zeitaufenthalt 
verursacht,  ohne  Mühe  unmittelbar  ablesen  zu  können.  Nur  bei 
kleinen  Sohlenbreiten  und  geringen  Wassermengen  wird  das  Lesen 
der  Bremeschen  Tafeln  durch  den  verhältnifsmäfsig  kleinen  Mafsstab 
erschwert,  die  Genauigkeit  der  Ablesung  läfst  dann  zu  wünschen 
übrig.  Der  Herr  Verfasser  würde  diesen  Nachtheil  vermieden  haben, 
wenn  er  für  die  Sohlenbreiten  und  Wassermengen  statt  des  gleich¬ 
bleibenden  Mafsstabes  einen  sich  verjüngenden  Mafsstab  etwa  nach 
logarithmischer  Theilung  gewählt  hätte.  Trotz  dieses  Umstandes  sind 
die  Vorzüge  der  Tafeln  so  grofs,  dafs  ihre  Benutzung  allen  Technikern 
empfohlen  werden  darf.  Gerhardt. 

[Neu  erscliieueue,  bei  der  Eedaction  emgegaiigeiie  AVerke: 

Artarias  Eisenbahn-  und  Post-Communications-Karte  von  Oester¬ 
reich-Ungarn  und  den  nördlichen  Balkanländern.  Wien  1890.  Artaria 
u.  Co.  Preis  gefalzt  1  fl.,  auf  Leinwand  in  Carton  2,20  fl. 

Bach,  C.  Elasticität  und  Festigkeit.  Zweite  (Schlufs-)  Lieferung. 
Berlin  1890.  Julius  Springer.  Seite  211  bis  377.  In  8“  mit  Abb.  im 
Text  und  4  Lichtdrucken.  Preis  8  Jl. 

Baer,  J.  Das  Strafsenbauwesen  in  dem  Grofsherzogthum  Baden 
unter  dem  Einflufs  der  Eisenbahnen  mit  besonderer  Eücksicht  auf 
den  Kreis-  und  Gemeinde- Strafsenbau  und  auf  die  Strafsen- Eisen¬ 
bahnen.  Karlsruhe  1890.  J.  Bielefeld.  231  S.  in  8”.  Preis  7,50  .JC 


„Bau-  und  Kunstgewerbe-Zeitung  für  das  deutsche  Eeich“  nebst 
„Blätter  für  kunstsinnige  Frauen“  herausgegeben  von  A.  Nothnagel. 
2.  Halbjahr  1889.  Berlin  1889.  Verlag  von  A.  Nothnagel.  Jährlich 
24  Nummern  in  4"  mit  Abb.  im  Text  und  100  Lichtdrucktafeln.  Preis 
jährlich  27  JL  (vom  6.  Jahrgang  ab  24  Jt).  —  Die  „Blätter  für  kunst¬ 
sinnige  Frauen“  allein  jährlich  24  Nummern  in  4”  mit  12—16  Licht¬ 
drucken  und  Abb.  im  Text.  Preis  vierteljährlich  1  Jt. 

Bauscliiuger,  J.  Mittheilungen  aus  dem  mechan.-techn.  Labo¬ 
ratorium  der  K.  techn.  Hochschule  in  München.  19.  Heft.  Versuche 
über  die  Frostbestäudigkeit  natürl.  u.  künstl.  Bausteine.  München 
1889.  Theodor  Ackermann.  71  S.  in  4“.  Preis  \t)  Jt. 

Belise,  I)r.  AV.  11.  Der  Bau  hölzerner  Treppen.  3.  Auflage. 
Weimar  1890.  B.  F.  Voigt.  19  S.  in  8“  mit  64  Abb.  auf  4  Tafeln. 
Preis  1  Jt. 

Cauevazzi,  Silvio.  Sulla  teoria  della  resistenza  dei  materiali. 
Abdruck  aus  der  Zeitschrift  LI  Politecnico  1889.  Mailand  1889. 
Bartolomeo  Saldini.  97  S.  in  8®  u.  2  Bl.  mit  Abbildungen. 

Criiguola,  Gaetaiio.  Serbatoi  d’acqua  o  laghi  artificiali.  Estratto 
dair  Enciclopedia  delle  arti  e  mdustrie.  Turin  1890.  68  S.  in  gr.  8“ 
mit  100  Abb. 

Eydaiii,  W. ,  Dr.  med.  Samariterbuch  für  Jedermann.  Braun¬ 
schweig  1890.  Otto  Salle.  80  S.  in  16“  mit  73  Abb.  Preis  0,80.40 
Handbuch  der  Architektur,  herausgegeben  von  Durm,  Ende, 
Schmitt  und  Wagner.  IV.  Theil.  Entwerfen,  Anlage  u.  Einrichtung 
der  Gebäude.  6.  Halbband,  Heft  1.  Schulbauwesen  im  allgemeinen. 
Volksschulen  und  andere  niedere  Schulen.  Niedere  technische  Lehr¬ 
anstalten  und  gewei-bliche  Fachschulen.  Gymnasien  u.  Eeal- Lehr¬ 
anstalten.  Mittlere  technische  Lehranstalten.  Höhere  Mädchenschulen. 
Sonstige  höhere  Lehranstalten.  Pensionate  u.  Alumnate.  Lehrer-  u. 
Lehrerinnen-Seminare.  Turuanstalteu.  Von  Belinke  in  Frankfurt  a.  AI., 
Prof.  Dr.  Scliinitt  in  Darmstadt,  Prof.  Laug  in  Karlsruhe,  Prof. 
AVagner  in  Darmstadt,  Architekt  Otto  Lijullieimer  in  Frankfurt  a.  AI. 
Darmstadt  1889.  A.  Bergsträsser.  311  S.  in  gr.  8^  mit  350  Abb.  u. 
2  Tafeln.  Preis  16  Jt. 

Heurici,  Karl.  Concurreuz-Entwurf  zu  der  nordwestlichen  Stadt¬ 
erweiterung  von  Dessau.  Aachen  1890.  C.  Alayer.  18  S.  in  kl.  8“’ 
mit  einem  Lichtdruck.  Preis  0,80  Jt. 

Hil  gers,  E.  Bau -Unterhaltung  in  Haus  und  Hof.  5.  Auflage. 
Wiesbaden  1890.  Eud.  Bechtold  u.  Co.  378  S.  in  8“  mit  zahlreichen 
Abb.  Preis  geh.  5  Jl,  geb.  6  Jt. 

Hirtli,  Georg.  Der  Formenschatz.  Alünchen  u.  Leipzig.  G.  Hirth. 
Jahrg.  1890.  Heft  1.  Jährlich  12  Hefte  in  gr.  8".  Preis  des  Jahrgangs 
IbJt. 

Juughäudel,  Alax.  Die  Baukunst  Spaniens  in  ihren  hervor¬ 
ragendsten  Werken.  Dresden  1890.  Gilberssche  Kgl.  Hof-Verlags¬ 
buchhandlung  (J.  Bleyl).  Lief.  3.  25  Bl.  Lichtdrucke  in  Alappe. 

Preis  der  Lieferung  25  Jt. 

Koch,  Alb.  Der  Hochbaudienst.  Eine  Darstellung  des  Geschäfts¬ 
ganges  nach  den  Vorschriften  für  die  Bauten  der  Königl.  AVürttem- 
bergischen  Finanz -Verwaltung.  Tübingen  1890.  Lauppsche  Buch¬ 
handlung.  269  S.  in  8“.  Preis  4:  Jl. 

Lambert,  A.  u.  Stahl,  E.  Älotive  der  deutschen  Architektur 
des  XVI.,  XVII.  u.  XVHI.  Jahrhunderts.  Alit  Text  von  H.  E. 
V.  Berlepsch.  I.  Abth.  Früh-  u.  Hochrenaissance.  1500 — 1650. 
Stuttgart  1889.  J.  Engelhorn.  Lief.  16.  6  Tafeln  in  Folio.  Preis  der 
Lieferung  2,75  Jt. 

Ledebur,  A.  Eisen  und  Stahl  in  ihrer  Anwendung  für  bauliche 
und  gewerbliche  Zwecke.  Berlin  1890.  «S.  Fischer.  163  S.  in  16“. 
Preis  4  Jt. 

Lehfeldt,  I)r.  P.  Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens.  Heft  A^I. 
Herzogthum  Sachsen- AI einingen.  Amtsgerichtsbezirk  Saalfeld.  Jena 

1889.  Gustav  Fischer.  138  S.  in  gr.  8“  mit  13  Lichtdrucken  u.  47  Abb. 
im  Text.  Preis  5  Jt. 

Leouhardt,  0.  Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfall¬ 
verhütung.  Berlin  1889.  Abdruck  aus  „Gesundheits-Ingenieur“  1890^ 
Bau -Hygiene  u.  neuere  Materialien  für  Bauausführungen  bezw.  In¬ 
stallationen.  6  S.  in  4“.  —  Theater  der  Ausstellung.  4  S.  in  4“. 

Alehrtens.  Zur  bevorstehenden  Vollendung  der  Forth- Brücke. 
Abdruck  aus  Nr.  2  der  Zeitschrift  „Stahl  u.  Eisen“  1890.  Düsseldorfl890. 
6  S.  in  gr.  8“. 

Nördlinger,  Br.  H.  Die  gewerblichen  Eigenschaften  der  Hölzer. 
Stuttgart  1890.  Cottasche  Buchhandlung  Nachfolger.  92  S.  in  16“' 
mit  Holzschnitten.  Preis  2  Jl. 

Rölirich,  AVilli.  Das  Buch  von  Staat  u.  Gesellschaft.  1.  Lief. 
32  S.  in  8“.  Leipzig  1890.  F.  W.  v.  Biedermann.  25  Lieferungen 
zu  je  0,40  Jt. 

Soltaus  Uebersicht  für  Bauausführungen.  Berlin  1890.  12  S. 

Formulare  in  Folio. 

Soltau,  E.  Zur  Demoralisation  im  deutschen  Baugewerbe.  Berlin 

1890.  10  S.  in  Folio. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  TheUes  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  DiuclivonJ.  Kerskes,  Berlin. 


97 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 

X.  Jahrgang.  Berlin,  8.  März  1890. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  and  Annahme  der  Anzeigen; 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Baugeschicht¬ 
liches  von  der  Kaiser  Wilhelmhrücke  über  die  Spree  in  Berlin.  —  St.  Marien-Dom- 
kirche  in  Colberg.  (Schlufs.)  —  Neue  Satzungen  der  Königl.  Sächsischen  technischen 
Hochschule  in  Dresden.  —  Viaducte  der  Eisenbahnlinie  Tabor-Pisek.  (Schlufs.)  — 

Vermischtes:  2G.  General -Versammlung  des  deutschen  Vereins  für  Fabrication 
von  Ziegeln,  Thonwaren,  Kalk  und  Gement.  —  Curvcnweichen.  —  Schienen-  Profil¬ 
messer  vou  Schilling.  —  Selbstthätige  Bahnwagen-Kupplungen  in  America.  —  Bücher¬ 
schau.  —  Neue  Patente. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Geheimen 
Ober-Baurath  und  vertragenden  Eath  im  Ministerium  der  öffentlichen 
Arbeiten  Siegert  zum  ordentlichen  Mitgliede  der  Akademie  des  Bau¬ 
wesens  zu  ernennen,  dem  Architekten  Franz  v.  Hoven  und  dem 
Architekten  und  Glasmaler  Alexander  Linnemann  in  Frankfurt 
a.  Main  den  Königlichen  Kronen-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen,  sowie 
ferner  den  nachbenannten  Beamten  die  Erlaubnifs  zur  Annahme  und 
Anlegung  der  ihnen  verliehenen  nichtpreufsischen  Orden  zu  ertheilen, 
und  zwar:  des  Persischen  Sonnen-  und  Löwen -Ordens  III.  Klasse: 
dem  Eegierungs-  und  Baurath  Taeger,  Mitglied  der  Königlichen 
Eisenbahndirection  in  Berlin;  der  IV.  Klasse  desselben  Ordens:  dem 
Eegierungs-  und  Baurath  Dulk,  Director  des  Königlichen  Eisenbahn- 
Betriebs- Amts  in  Guben  und  dem  Eegierungs-  und  Baurath  v.  Schütz, 
ständigem  Hülfsarbeiter  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn -Betriebs- 
Amte  (Berlin  -  Sommerfeld)  in  Berlin;  des  Kaiserlich  Eussischen 
St.  Annen -Ordens  III.  Klasse:  dem  Eisenbahn -Maschineninspector 
Court ois  und  dem  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  Grapow, 
ständigen  Hülfsarbeitern  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn -Betriebs- 
Amte  (Stadt-  und  Eingbahn)  in  Berlin. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Eegierungs-Baumeister  Karl  Lange 
in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  er¬ 
theilt  worden. 

ittheilungen. 

Sachsen. 

Mit  Allerhöchster  Genehmigung  Seiner  Majestät  des  Königs  hat 
die  auf  die  Zeit  vom  1.  April  1890  bis  1.  März  1891  erfolgte  Wahl 
des  Geheimen  Eegierungsraths  Professors  Dr.  Ernst  Hartig  in 
Dresden  zum  Eector  der  technischen  Hochschule  daselbst  die  er¬ 
forderliche  Bestätigung  erhalten. 

Sachsen  -  Kohurg  -  Gotha. 

Dem  Geheimen  Eegierungs-  und  Baurath  Bruno  Eberhard  ist 
von  Sr.  Hoheit  dem  Herzog  unterm  24.  December  v.  J.  das  Eitter- 
kreuz  I.  Klasse  des  Herzoglich  Sachsen  Ernestinischen  Hausordens 
verliehen  worden. 

Der  Hülfsbeamte  beim  Herzoglichen  Staatsministerium  in  Gotha, 
Baurath  Karl  Griebel,  wurde  seinem  Ansuchen  entsprechend  mit 
dem  1.  Januar  d.  J,  aus  dem  Herzoglichen  Staatsdienst  entlassen  und 
die  durch  dessen  Ausscheiden  zur  Erledigung  gekommenen  Eeferate 
beim  Staatsministerium  sowie  die  obere  Leitung  der  Gewerbeschule 
dem  Geheimen  Eegierungs-  und  Baurath  Bruno  Eberhard  mit  über¬ 
tragen.  Mit  der  Führung  der  Directionsgeschäfte  der  Gewerbe-  und 
Handwerkschule  in  Gotha  ist  der  Eegierungs-Baumeister  Völlers 
auftragweise  betraut  worden. 

Hamburg. 

Der  Ingenieur  M.  W.  E.  Schütt  ist  zum  Baumeister  beim  In¬ 
genieurwesen  der  Stadt-Wasserkunst  ernannt  worden. 

Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Baugeschichtliches  von  der  Kaiser  Wilhelmhrücke  über  die  Spree  in  Berlin. 


Im  November  vorigen  Jahres  sind  die  letzten  Bauzäune  an 
der  neuen  Kaiser  Wilhelmbrücke  in  Berlin  gefallen,  und  damit 
ist  dieselbe  dem  Verkehr  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  freigegeben. 
Nur  ein  Krahn  an  der  südlichen  Stirn  der  Mittelöffnung  gemahnt 
daran,  dafs  Herr  Professor  Lüerssen  noch  mit  der  Fertigstellung 
der  daselbst  beabsichtigten  Schlufssteingruppe  beschäftigt  ist.  Da  die 
eigenartige  Brücke  weit  über  die  Grenzen  der  Eeichshauptstadt  hinaus 
die  Blicke  der  Sachverständigen  auf  sich  gezogen  hat  und  in  Eück- 
sicht  auf  den  Namen,  welchen  sie  trägt,  aus  ganz  besonders  kostbaren 
Baustoffen  hergestellt  ist,  auch  einen  aufsergewöhnlich  reichen  archi¬ 
tektonischen  Schmuck  erhalten  hat,  dürften  einige  Mittheilungen  über 
die  Baugeschichte  der  Brücke,  zu  deren  Vollendung  drei  Jahre  er¬ 
forderlich  gewesen  sind,  am  Platze  sein. 

Die  Brücke  bildet  einen  wesentlichen  Theil  der  Anlage  der 
Kaiser  Wilhelmstrafse,  da  durch  sie  die  Verbindung  der  letzteren 
mit  dem  Lustgarten  bezw.  den  Linden  bewirkt  wird.  Der  Bau¬ 
gesellschaft  Kaiser  Wilhelmstrafse  gegenüber  war  daher  von  der 
Stadtgemeinde  die  Verpflichtung  übernommen  worden,  die  Brücke 
zwei  Jahre  nach  ertheilter  staatlicher  Genehmigung  für  den  Verkehr 
fertig  herzustellen.  Die  Brücke  in  einer  Breite  von  26  m  zu  erbauen, 
war  indessen  nur  möglich,  nachdem  der  Hochselige  Kaiser  im  Sommer 
1884  die  Genehmigung  ertheilt  hatte,  einen  Theil  des  Grundstückes 
der  Schlofsapotheke  für  die  Zwecke  der  westlichen  Brückenrampe 
abzutreten,  wie  denn  überhaupt  der  Kaiser  stets  das  allergröfste 
Interesse  an  dem  Zustandekommen  des  neuen  Strafsendurchbruchs 
und  dem  Bau  der  Brücke  bekundet  hat. 

Nach  langen,  mehrjährigen  Verhandlungen  und  nach  Aufstellung 
der  verschiedensten  Entwürfe  fand  endlich  derjenige,  auf  Grund  dessen 


die  Brücke  —  allerdings  noch  nach  Vornahme  verschiedener  Ab¬ 
änderungen  —  nunmehr  erbaut  ist  und  welcher  als  eine  Art  Ver¬ 
mittlungs-Entwurf  zwischen  Staat  nnd  Stadt  angesehen  werden  kann, 
die  Billigung  der  verschiedenen  bei  dem  Bau  in  Frage  kommenden 
Staatsbehörden.  Derselbe  wurde  im  Sommer  1885  vom  Herrn  Minister 
der  öffentlichen  Arbeiten  dem  Kaiser  zur  Genehmigung  empfohlen. 
Der  denkwürdige  Kronbefehl,  in  welchem  diese  Genehmigung  aus¬ 
gesprochen  ist,  datirt  vom  24.  Juni  1885  aus  Ems.  Dieser  Tag  kann 
daher  füglich  als  der  Geburtstag  der  Brücke  angesehen  werden. 

Wenden  wir  unsere  Aufmerksamkeit  zunächst  dem  Entwürfe  zu, 
wie  ihn  die  Abbildungen  im  Grundrifs,  Längen-  und  Querschnitt 
zeigen.  Um  die  ungewöhnliche  Grundrifsform  der  Brücke  zu  ver¬ 
stehen,  sei  vorausgeschickt,  dafs  die  Unterspree,  deren  normale  Breite 
50  m  beträgt  und  welche  an  den  Stellen,  wo  Brücken  gebaui  sind, 
Erweiterungen  bis  auf  56  m  aufweist,  an  der  Brückenbaustelle  zwischen 
den  senkrechten  Ufermauern  nur  eine  Breite  von  38,50  m  besitzt. 
Eine  Einschränkung  dieser  Breite  durch  Zwischenpfeiler  oder  vor¬ 
springende  Widerlagspfeiler,  wie  letztere  im  Interesse  der  architek¬ 
tonischen  Gestaltung  der  Brücke  unmöglich  entbehrt  werden  konnten, 
war  von  den  Strombehörden  als  ausgeschlossen  erachtet  worden. 
So  ist  man  dazu  gelangt,  um  die  durch  die  beiden  Mittelpfeiler 
dem  Durchflufsraume  entzogene  Querschnittfläche  wieder  zu  ersetzen, 
die  beiden  Seitenöffnungen  zu  krümmen.  Die  lichte  Durchflufsweite 
der  drei  Oeffnungen  beträgt  daher:  22,2  -j-  2 . 8,2  =  38,60  m.  Da  die 
linksseitige  Oeffnung  unterstromseitig,  wie  der  Grundrifs  zeigt,  keine 
Vorfluth  besafs,  so  lange  die  in  ihr  Profil  hineinspringende  Ecke  der 
Domfundamente  erhalten  blieb,  war  auf  eine  Abschrägung  derselben 
nach  der  Linie  a — 6  in  dem  Entwürfe  Bedacht  genommen. 


98 


Ceutralblatt  der  ßauverwaltung. 


8.  März  189«. 


In  dem  vorerwähnten  Kronbefehl  war  die  Genehmigung  dieser 
Abschrägnng  indessen  noch  Allerhöchster  Entscheidung  Vorbehalten. 
Die  lichte  Durchfahrtshöhe  der  Mittelöffnung  ist  den  vorhandenen 
Bestimmungen  entsprechend  auf  3,20  m  über  dem  höchsten  Hoch¬ 
wasser  bemessen,  und  da  dieser  Spreearm  der  durchgehenden  Schiff¬ 
fahrt  zur  Zeit  verschlossen  ist,  konnte  das  nach  Ausführung  der 
Spreeregulirung  an  dieser  Stelle  zu  erwartende  Hochwasser  den 
Berechnungen  zu  Grunde  gelegt  werden.  Dieses  war  zu  -|-  32,19  über 
Normal-Null  berechnet,  sodafs  die  Unterkante  des  Brückenscheitels 
auf  32,19  3,20  =  +  35,39  über  N.  N.  zu  liegen  kam. 

Dafs  diese  Brücke,  au  hervorragender  Stelle  der  Stadt  und  in 
unmittelbarer  Nähe  des  alten  Hohenzollernschlosses  gelegen,  aufser- 
dem  bestimmt,  den  Namen  eines  der  ruhmreichsten  Herrscher  aller 
Zeiten  und  Länder  und  insbesondere  Deutschlands  zu  tragen,  in 
ihren  sichtbaren  Theilen  auch  eine  entsprechend  bedeutsame  Ge¬ 
staltung  erhalten  mufste,  darüber  sind  sich  die  ausschlaggebenden 
städtischen  Behörden  von  Anfang  an  klar  gewesen.  So  wurde  zu¬ 
nächst  beschlossen,  alle  äufseren  sichtbaren  Theile  der  Stirnen  und 
Pfeiler  sowie  die  Gewölbe  aus  Werksteinen  herzustellen  und  einen 
reichen  künstlerischen  Schmuck  für  die  oberen  Theile  in  Aussicht  zu 
nehmen.  In  ihrer  äufseren  Form 
schliefst  sich  die  Brücke  inso¬ 
fern  der  Kurfürstenbrücke  au, 
als  für  die  Gewölbeform  eben¬ 
falls  der  Korbbogen  gewählt 
worden  ist.  Die  untei-en 
Theile  der  Pfeilervorköpfe 
und  Widerlagerabschlüsse  sind 
aus  rohem  Bossen  -  Quader¬ 
werk  aufgeführt  und  lassen 
auf  diese  Weise  den  ganzen 
Unterbau  der  Brücke  von  ver¬ 
trauenerweckender  Stand¬ 
festigkeit  erscheinen.  Auf  den 
vier  Vorköpfen  der  Mittel¬ 
pfeiler  erheben  sich  oberhalb 
des  Hauptgesimses  auf  kräftig 
gegliederten  Sockeln  vier 
Obelisken  aus  Granit,  be¬ 
stimmt,  die  elektrischen  Lam¬ 
pen  zu  tragen.  Bekrönt 
werden  diese  Obelisken  von 
Trophäengruppen  aus  Bronce 
nach  dem  Muster  der  Schlüter- 
schen  auf  dem  Zeughause; 
auf  den  Endpostamenten  der 
Landwiderlager  sind  broncene 
Opferschalen  aufgestellt.  Ganz 
besonders  reich  ist  der  Schmuck 
der  beiden  Schlufssteine  der  Mittelöffnung  gestaltet.  Hier  ist  ein 
broncener  Schild  mit  dem  Namenszuge  des  Kaisers  angebracht, 
bekrönt  von  der  auf  einem  Kissen  ruhenden  Kaiserkrone  nebst 
Schwert  und  Scepter  —  alles  aus  Bronce  — ,  während  das  Ganze 
von  zwei  marmornen  Figuren  in  Ueberlebensgröfse  flankirt  wird, 
welche  die  Genien  des  Friedens  und  des  Krieges  darstellen. 

Um  nun  in  der  Auswahl  passender  Hausteine  möglichst  un¬ 
beschränkt  zu  sein,  hat  man  es  den  Unternehmern  überlassen,  ihrer¬ 
seits  in  den  verschiedenen  Verdingen  Vorschläge  für  die  zu  wählenden 
Steinsorten  zu  machen.  Dieses  Verfahren  hat  sich  durchaus  bewährt 
und  hat  im  Laufe  der  Zeit  zu  folgenden  Ergebnissen  geführt,  welche 
wir  hier  zusammenfassen  wollen.  Für  das  Gewölbe  und  den  Pfeiler¬ 
aufbau  unter  Wasser  ist  ein  hellgrauer  bezw.  hellgelber  bayerischer 
Granit  gewählt  worden,  welcher  dem  Bayerischen  Walde  entstammt 
und  von  den  Blauberger  Granitwerken  geliefert  worden  ist.  Für  die 
Stirnverkleidungen,  das  Geländer,  sämtliche  Postamente  und  Sockel 
der  architektonischen  Aufbauten  entschlofs  man  sich  zur  Verwendung 
eines  Granits  aus  dem  hessischen  Odenwalde,  welcher  im  geschliffenen 
bezw.  polirten  Zustande  eine  dunkle,  ins  bläuliche  bis  schwarze 
spielende  Färbung  besitzt.  Für  die  vier  Obelisken  endlich  ist  rother 
schwedischer  Granit  verwendet,  dessen  lebhaftere  Färbung  von  der 
dunklen  des  Odenwald-Granits  vortheilhaft  absticht.  Wenn  wir  hierzu 
noch  erwähnen,  dafs  der  Kostenanschlag  für  den  ausführlichen  Ent¬ 
wurf  der  Brücke  mit  1  500  000  Mark  abschlofs,  ohne  dafs  hierin  die 
Kosten  für  die  erforderlichen  Anrampungen  enthalten  waren,  die  auf 
etwa  200  000  Mark  veranschlagt  worden  sind,  so  können  wir  uns 
nunmehr  zu  der  Bauausführung  selbst  wenden. 

Bald  nach  Ertheilung  der  Genehmigung  zum  Bau  wurde  im  Flerbst 
des  Jahres  1885  zunächst  mit  dem  Abbruch  der  alten  hölzernen 
„Cavalierbrücke“  und  der  Futtermauern  an  der  Burgstrafse  und  am 
Schlofs  begonnen  und  der  Verding  für  die  Gründungsarbeiten  der 
Brücke  im  Januar  1886  ausgeschrieben.  Die  Ausführung  der  letzteren 


erhielt  der  Eisenbahnbauunternehmer  E.  Schneider.  Diese  Arbeiten 
wurden  im  Februar  1886  in  Angriff  genommen.  Zunächst  entwickelte 
sich  nun  auf  dem  rechten  Spreeufer  eine  sehr  rege  und  fesselnde 
Bauthätigkeit.  Die  Verhältnisse  lagen  hier  ungewöhnlich  schwierig. 
Zu  gleicher  Zeit  nämlich,  als  die  Gründungsarbeiten  in  Gang  kamen, 
begann  die  Baugesellschaft  Kaiser  Willi elmstrafse  mit  der 
Ausführung  der  Eckbauten  an  der  Kaiser  Wilhelm-  und  Burgstrafse. 
Für  die  nothwendige  Materialienzufuhr  mufste  der  Gesellschaft  an 
beiden  Häuserfronten  ein  Streifen  von  5  m  überlassen  bleiben,  und 
da  aufserdem  von  der  I’olizei  die  Freihaltung  eines  Weges  für  Fufs- 
gänger  von  der  Heiligengeistsfrafse  nach  dem  südlichen  Theile  der 
Burgstrafse,  welche  im  übrigen  für  den  Verkehr  vollständig  gesperrt 
war,  verlangt  wurde,  verblieb  für  die  städtische  Bauverwaltung  als 
Bauplatz  nur  der  mittlere  Danimstreifen  der  späteren  Kaiser  Wilhelm- 
strafse  bis  zur  Heiligengeiststrafse  in  einer  Breite  von  13  m.  Viel 
erschwerender  aber  war  der  Umstand,  dafs  infolge  der  gekrümmten 
Seitenöffnung  das  Widerlager  der  Brücke  unverhältnifsmäfsig  weit 
unter  die  Burgstrafse  hineiugriff.  Das,  wie  anzuerkennen  ist,  gewifs 
gerechtfertigte  Verlangen  der  Polizei,  für  Fufsgänger  einen  Durch¬ 
gang  frei  zu  halten,  hat,  namentlich  als  die  schwierigen  und  lang¬ 
wierigen  Gründungsarbeiten 
des  südlichen  Eckgrundstücks 
in  Angriff  genommen  und  hier¬ 
durch  zwei  tiefe,  unmittelbar 
aneinander  stofsende  Bau¬ 
gruben  geschaffen  wurden,  zum 
Bau  einer  Nothbrücke  Veran¬ 
lassung  gegeben,  welche  nur 
zu  häufig,  je  nach  dem  Vor¬ 
schreiten  des  einen  oder  an¬ 
deren  Baues,  in  ihrer  Lage 
verändert  werden  mufste. 

Die  Ausführung  der  Grün¬ 
dung  hat  zu  besonderen 
Schwierigkeiten  keinerlei  Ver¬ 
anlassung  gegeben.  Das  ein¬ 
zige,  was  erforderlich  wurde, 
war  ein  häufiges  Aufklotzen 
der  Rammen  bei  Eintritt  des 
Frühjahrhochwassers  der  Sj)rce 
im  April.  Die  Gründung  der 
Brücke  ist  auf  Beton  zwischen 
Spundwänden  erfolgt;  der 
Beton  hat  eine  Stärke  von 
2  bezw.  von  2,20  m;  die  Ober¬ 
kante  desselben  liegt  noch 
unterhalb  der  späteren  Flufs- 
sohle,  welche  infolge  der 
Spreeregulirung  an  der 
Brückenbaustelle  um  1,20  m  tiefer  zu  liegen  kommt  als  die  jetzige 
(siehe  den  Längenschnitt).  Der  Baugrund  besteht  aus  scharfem 
Sande,  welcher,  soweit  er  nach  dem  Aüsbaggern  rein  war,  sofort 
wieder  zum  Betoniren  benutzt  wurde.  Der  Beton  selbst  be¬ 
steht  aus  6  Theilen  Steinschlag  (Rüdersdorfer  Kalksteine),  3  Theilen 
Sand  und  1  Theil  Portlandcement.  Um  das  richtige  Mischungsverhältnifs 
zu  finden,  sind  eingehende  Versuche  angestellt  worden.  Zu  dem  Zwecke 
wurden  gröfsere  Kästen  zunächst  mit  Steinschlag  —  die  Steine 
tüchtig  eingerüttelt  —  und  hierauf  mit  Wasser  gefüllt,  bis  das  Wasser 
den  oberen  Rand  der  Kästen  erreichte  und  auch  in  dieser  Höhe 
stehen  blieb,  ein  Zeichen,  dafs  die  Steine  selbst  vollständig  mit 
Wasser  getränkt  waren.  Das  Wasser  wurde  hierauf  beim  Abgiefsen 
sorgfältig  gemessen  und  die  Mörtelmenge  gleich  seinem  Rauminhalt 
angenommen.  Die  Hauptregel  für  die  Erzielung  eines  guten  Betons 
ist,  dafs  der  Steinschlag  vollständig  dicht  von  der  Mörtelmasse  um¬ 
hüllt  wird.  Theoretisch  mufs  daher  die  Mörtelmenge  der  praktisch 
gefundenen  Wassermenge  gleich  sein.  Die  Gröfse  des  Steinschlages 
beeinflufst  verhältnifsmäfsig  wenig  die  Gröfse  der  Wasser-  bezw.  der 
Mörtelmenge.  Man  wird  durch  Versuche  bestätigt  finden,  dafs 
das  beste  Verhältnifs  2  Theile  Steine  und  1  Theil  Mörtelmasse  ist. 
Aufserdem  aber  thut  man  gut,  die  Mörtelmenge  lieber  zu  reichlich 
als  zu  gering  zu  bemessen,  ersteres  umsomehr,  je  gröfser  die  Beton¬ 
stärke  und  je  gröfser  die  Schüttungshöhe  ist,  namentlich  wenn  mit 
Trichtern  geschüttet  wird.  Denn  dem  Gesetze  der  Schwere  zufolge 
wird  die  Lagerung  der  Mörtelmasse  nach  unten  zu  um.  so  dichter 
werden,  je  gröfser  die  Stärke  des  Betonbettes  ist;  aufserdem  wird  die 
sorgfältigste  Schüttung  nicht  vermeiden  können,  dafs  ein  gewisser 
Theil  des  Mörtels  verloren  geht.  Endlich  ist  noch  zu  bedenken,  dafs 
das  Einheitsgewicht  des  Gementes  gröfser  als  das  des  Sandes,  und 
daher  das  Bestreben  des  Gementes  vorhanden  ist,  nach  unten  zu 
sinken.  Es  empfiehlt  sich  daher,  die  Mörtelmischung  der  obersten 
Lage  stets  etwas  fetter  zu  gestalten.  Das  beste  Merkmal  für  die 


n.d,  Lustgarten^  J 

_ MittsUinis 


j^iy81betSürO. 
'Sei ander  - 
I  ^Vorderkante 


Parzelle  A. 
der 

'  Baugesellseh.  K,-W.Si. 


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38,50  - 


Grundrifs  der  Kaiser  Wilhelmbrücke  in  Berlin. 


Sr.  10. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


99 


'Mm  n.WIeb~e 


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^zukünftiges  Norm.-W;" 


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4-29.40  ^etziä^SöHle^ 


|?}.j4-23;40 

I  kt2d,2fi.. 


^•2g.20  .^Uün.füge^ ohle 


Güte  des  Betons  bildet  nach  dem  Erhärten  allerdings  die  geringere 
oder  gröfsere  Anzahl  der  lose  auf  der  Oberfläche  liegenden  Steine. 
Bei  der  Kaiser  Wilhelm- 


hrücke,  wo  das  Beton- 
hett  mittels  Trichter  in 
drei  Lagen  geschüttet 
worden  ist,  fanden  sich 
nur  sehr  wenig  lose 
Steine. 

Ende  Jidi  1886  war 
die  Gründung  fertigge¬ 
stellt  mit  Ausnahme  des 
stromabwärts  liegenden 
Theiles  des  linken  Wi¬ 
derlagers,  welches  in  die 
Uomfundamente  hinein¬ 
griff.  Da  die  Frage  der 
Beseitigung  der  Dom¬ 
fundamente  noch  nicht 
entschieden  war,  so 
mufste  eine  Querspund¬ 
wand  geschlagen  und  die 
Ausführung  des  Restes  des 
Fundamentes  späterer  Zeit 
Vorbehalten  werden. 

Inzwischen  waren  auf 
der  Lustgartenseite  zwei 
weitere  Bauplätze  geschaffen. 
Der  eine  in  unmittelbarer 
Nähe  der  Schlofsapotheke 
auf  dem  Grund  und  Boden 
des  abgerissenen  Theiles 


Längenschnitt. 


Querschnitt  im  Scheitel. 

Die  Kaiser  Wilhelmbrücke  in  Berlin. 


derselben,  der  andere  auf  den  Domfundamenten  seihst,  welche 
für  die  Zeit  des  Baues  von  der  Domgemeinde  gepachtet  und 

dazu  bestimmt  waren, 
als  Lagerplatz  für  die 
Quader  und  als  Werk¬ 
platz  für  die  Steinmetzen 
zu  dienen.  Die  Verdin¬ 
gung  für  diese  (bis  ein- 
schliefslich  des  Haupt¬ 
gesimses)  sowie  für  die 
Herstellung  der  Maurer¬ 
arbeiten  nebst  Lieferung- 
aller  Materialien  und  der 
Vorhaltung  der  Lehr¬ 
gerüste  hatte  bereits  im 
Februar  1886  stattgefun¬ 
den.  Als  Sieger  aus 
diesem  Wettbewerbe  gin¬ 
gen  der  hiesige  Archi¬ 
tekt  und  Steinmetzmeister 
0.  Plöger  und  die  mit 
ihm  verbundene  Firma 
Ph.  Holz  mann  u.  Co.  in 
Frankfurt  a.  M.  hervor. 
Die  Verdingung  umfafste  in 
der  Hauptsache  rund  4200 
cbm  Klinkermauerwerk, 
2000  cbm  bayerischen  und 
220  cbm  Odenwald  -  Granit 
und  belief  sich  auf  550000 
Mark. 

(Schlufs  folgt.) 


Die  St.  Marien -Domkirche  in  Colherg, 

(Schlufs  aus  Nr.  8.) 


Das  Innere  der  Kirche  ist,  wie  die  sorgfältige  Ausführung  und 
Ausfugung  der  inneren  Wandflächen  unter  dem  Putze  zeigt,  anfangs 
in  Rohbau  belassen  worden.  Erst  im  Beginn  des  15.  Jahrhunderts 
sind,  entsprechend  dem  wachsenden  Reichthum  von  Stadt  und  Kirche, 
die  Wände  und  Gewölbeflächen  mit  reichen  Malereien  auf  Putzgrund 
geschmückt,  von  denen  ein  grofser  Theil  erhalten  ist.  In  der  zweiten 
Hälfte  des  15.  Jahrhunderts 
erhielt  die  Kirche  unmittel¬ 
bar  am  Prälatenchor  einen 
bemerkenswerthen  Lettner. 

Er  besteht  (vgl.  Abb.  5)  aus 
einer  Empore,  deren  Vorder¬ 
wand  von  schlanken,  aus 
Bornholmer  Kalkstein  her¬ 
gestellten  und  mit  Rund¬ 
bögen  verbundenen  Achteck¬ 
pfeilern  getragen  wird,  wäh¬ 
rend  die  das  Kirchenschiff 
vom  Chore  trennende  Hinter¬ 
wand  die  Verbindungsthüren 
und  die  sehr  enge  Treppeii- 
anlage  enthält.  An  Bögen, 

Gesimsen  und  Stabwerk 
wechseln  rothe  und  schwarz 
glasirte  Steine  ähnlich  wie 
bei  äufseren  Giebelverzierun¬ 
gen  ab,  die  Felderflächen 
sind  geputzt. 

In  der  Geschichte  des 
Kirchengebäudes,  in  welchem 
seit  1542  evangelisch  gepredigt 
wird,  sind  sodann  die  drei 
russischen  Belagerungen,  von 
denen  die  dritte  mit  der  Ueber- 

gabe  der  Stadt  endigte,  in  den  Jahren  1758,  60  und  61  zu  erwähnen. 
Während  dieser  Zeiten  hat  das  Gebäude  durch  Bomben  und  Brand¬ 
maschinen  (von  denen  noch  einzelne  aufbewahrt  werden)  sehr  zu  leiden 
gehabt.  Das  Kirchendach  und  die  Gewölbe  der  Kirchenschiffe  wurden 
vielfach  durchlöchert,  die  des  Prälatenchores  ganz  durchschossen, 
sodafs  sie  vollständig  einstürzten.  Nicht  minder  grofse  Verwüstungen 
hatte  die  französische  Belagerung  der  Stadt  im  Jahre  1807,  an  die 
sich  die  Namen  Gneisenaus  und  des  Colberger  Bürgers  Joachim 
Nettelbeck  als  beldenmüthiger  Vertheidiger  knüpfen,  für  das  Gottes¬ 
haus  zur  Folge  gehabt;  denn  nicht  nur  wurden  mehrere  Gewölbe 


der  mittleren  Schüfe  durch  Bomben  zerstört,  auch  manche  Kunst¬ 
werke  des  Innern  fielen  infolge  der  zeitweisen  Umgestaltung  der 
Kirche  in  ein  Lazareth  und  Waffenmagazin  der  Vernichtung  anheim. 

Von  den  durch  diese  Belagerung  verursachten  Schäden  wurden 
zwar  manche  im  Jahre  1822  ausgebessert.  Seit  jener  Zeit  hat  jedoch 
nur  der  Chor,  welcher  samt  dem  Vermögen  des  Domcapitels  1811  Staats¬ 
eigenthum  wurde,  im  Jahre 
1874  einen  gründlichen  Durch¬ 
bau  mit  Neuwölbung  erfah¬ 
ren,  an  den  übrigen  Gebäude- 
theilep  dagegen  ist  aus  Mangel 
an  Geldmitteln  nichts  ge¬ 
schehen,  wodurch  dem  all¬ 
mählichen  Verfall  des  Ge¬ 
bäudes  Einhalt  gethan  wäre, 
sodafs  es  kaum  noch  möglich 
war,  Gottesdienst  zu  halten, 
und  der  im  Jahre  1887  that- 
sächlich  erfolgte  Beginn  einer 
planmäfsigen  Wiederher¬ 
stellung  nicht  mehr  von  der 
Hand  zu  weisen  war. 

Der  demselben  zu  Grunde 
gelegte  Entwurf  rührt  von 
dem  Stadtbaurath  Kruhl 
in  Stettin  her  und  ist  im 
Jahre  1882  aufgestellt.  Bei 
den  erfolgten  Nachprüfungen 
hat  derselbe  jedoch  mehr¬ 
fache,  auf  die  sorgfältigere 
Erhaltung  der  alten  schlichten 
Bauformen  und  Vermeidung 
decorativer  Anordnungen  ge- 
richteteAenderungen  erfahren. 
Die  mitgetheilte  Ansichtszeichnung  (Abb.  3  in  Nr.  8)  stellt  die  an  der 
Hauptstrafse  der  Stadt  gelegene  Nordfront  nach  dem  im  äufseren  bereits 
vollendeten  Umbau  dar.  Letzterer  umfafste  hauptsächlich  die  Wieder¬ 
herstellung  der  Zerstörungen,  welche  sowohl  die  Witterung  als  auch 
die  Kriegsschäden  und  „der  Vandalismus  vergangener  Jahrhunderte" 
an  dem  Bauwerke  verursacht  hatten.  Einige  der  einfachen  Bauformen, 
die  das  Gebäude  aufweist,  sind  in  Abbildung  6  bis  16  gegeben ; 
Abb.  6  bezeichnet  das  aus  Granit  hergestellte  Sockelgesims,  Abb.  7 
das  Hauptgesims  mit  Fries,  Abb.  8  und  9  Fenstereinfassungen  mit 
Pfosten,  10,  11  und  12  Thüreinfassungen. 


Abb.  5.  Lettner. 


100 


Centralblatt  der  Bauverwaltung'. 


8.  März  1890. 


Durchgreifendere  Aenderungen  erfährt  das  Innere  der  Kirche. 
Auch  hier  zeigen  sich  die  Bauformen  dem  Aeufseren  entsprechend 
einfach.  Die  Abbildungen  13  und  14  zeigen  die  Dienstcapitelle  und 
Gewölbeanfänger,  Abb.  15  die  profilirten  Arcadenbögen  zwischen  den 
drei  inneren  Seitenschiffen,  Abb.  16  die  einfachen  Capitelle  und  Sockel 
der  an  vier  Seifen  mit  dreifachen  Diensten  versehenen  Achteckpfeiler, 
an  denen  die  obere  Endigung  der  nicht  zum  Tragen  der  Gewölbe¬ 
rippen  benutzten  Dienstbündel  merkwürdig  ist.  Wie  diese  einfachen 
Bauformen  durch  Bemalung  geschmückt  sind,  ist  am  Pfeilercap itell 
angedeutet. 

Von  den  oben  erwähnten,  aus  dem  Anfänge  des  15.  Jahrhunderts 
stammenden  Malereien  sind  nur  diejenigen  der  vier  westlichen 
Gewölbejoche  des  Mittelschiffs  und  der  Arcadenbögen  —  das  östliche 
fiel  der  Beschiefsung  von  1807  zum  Opfer  —  vor  späterer  Ueber- 
tünchung  bewahrt.  Sie  bestehen  auf  den  mehrfach  getheilten  Kappen 
in  figürlichen  Darstellungen,  Scenen  aus  dem  Alten  und  Neuen  Testa¬ 
mente,  sowie  musicirenden  Engels-  und  kleineren  Zwickelfiguren. 
Die  einzelnen  Darstellun- 

Abb.  6.  Abb.  7. 


Abb. 


Abb.  13.  Abb.  14. 


gen  sind  durch  ein  ein¬ 
faches  gothisches  Vier- 
pafsmuster  umrahmt,  ähn¬ 
liche  Ornamente  be¬ 
decken  die  Gewölbe¬ 
rippen.  Da  vorauszu¬ 
sehen  war,  dafs  unter 
der  Tünche  sich  weitere 
Malereien  finden  würden, 
ist  im  Winter  1887/88 
deren  Entfernung  mit 
gröfster  Vorsicht  gesche¬ 
hen,  und  es  haben  sich 
dabei  soviel  Reste  der 
alten  Bemalung  vorgefun¬ 
den,  dafs  höheren  Orts  die 
Wiederherstellung  dersel¬ 
ben  durch  Künstlerhand 

angeordnet,  und  hierfür  ein  namhafter  Beitrag 
durch  das  preufsische  Ministerium  der  geistlichen 
usw.  Angelegenheiten  bewilligt  worden  ist.  Aufser 
reichen  Baud-,  Blattwerk-  und  Ornamentmustern 
sind  noch  zahlreichere  figürliche  Darstellungen 
aufgefunden,  aus  denen  ersichtlich  ist,  dafs  die 
ganze  ältere  dreischiffige  Kirche  nebst  der  Thurm¬ 
halle  reich  bemalt,  dagegen  in  den  äufseren  Sei¬ 
tenschiffen  nur  einzelne  Bautheile,  wie  Gewölbe¬ 
rippen  und  Kragsteine,  gefärbt  gewesen  sind.  Wäh¬ 
rend  die  grofsen  Gewölbekappeii  des  Mittelschiffes 
in  ganzer  Fläche  mit  Figuren  bedeckt  sind,  findet 
sich  auf  den  Kappen  zweiter  Gröfse  neben  Figuren 
in  Medaillons  (zwei  auf  jeder  Kappe)  auch  ornamen¬ 
tales  Rankenwerk,  auf  den  nächst  kleineren  Ranken  mit  grofsen 
Blumen,  und  auf  den  kleinsten  endlich  Ranken  allein,  eine  Anordnung, 
aus  der  man  auf  einen  wohldurchdachten  Plan  schliefsen  kann.  Auch 
an  den  Wänden  und  an  einem  der  Pfeiler  wurden  figürliche  Dar¬ 
stellungen  aufgedeckt,  deren  Vorwürfe,  den  Deckengemälden  ent¬ 
sprechend,  der  biblischen  Geschichte  ent¬ 
nommen  sind.  Für  die  Wiederherstellung 
aller  dieser  Malereien  innerhalb  der  Jahre 
1888  und  1889  wurde  Herr  Maler  Grimmer 
gewonnen,  dessen  Leistungen  im  Schlosse 
Marienburg  und  im  Dome  von  Culmsee 
bereits  Anerkennung  gefunden  haben.  Vor 
Inangriffnahme  der  Ausmalung  wurde  eine 
gründliche  Ausbesserung  der  Gewölbe  im 
Mauerwerk  und  Putz  vorgenommen.  Letztere 
Arbeit  bot  dadurch  Schwierigkeiten,  dafs  das 
bis  zu  einer  Höhe  von  18  m  errichtete,  nur 
aus  einfachen  Stangen  bestehende  Gerüst 
welches  für  die  Malerarbeiten  bestimmt  war, 
zu  den  Wölbungen  nicht  benutzt  werden 
konnte.  Die  zu  den  Arbeiten  des  Maurers 
erforderlichen  Lehrbögen  sind  daher  in 
Höhe  der  Gewölbeanfänger  auf  starke 
Balkenstücke  gestellt,  welche  übereck  theils 
auf  die  ausladenden  Capitelle  der  Achteckpfeiler  verlegt,  theils,  wie 
in  Abb.  17  und  18  angedeutet,  in  die  Pfeiler  und  Wände  eingestemmt 
wurden.  Am  oberen  Ende  sind  die  Lehrbögen  mittels  starker  Eisen 
an  den  über  den  Gewölben  befindlichen  Dachbalken  oder  an  darauf¬ 
gelegten  Wechseln  befestigt  und  so  die  Ausbesserungen  ohne  ver¬ 
bundenes  Gerüst  ausgeführt  worden. 

Die  demnächst  vorzunehmenden  Zimmer-  und  Tischlerarbeiten 


Abb.l2. 


umfassen  im  wesentlichen:  Herstellung  hölzerner  Emporen,  einer 
Orgelbühne,  einer  Schauseite  für  die  westlich  in  der  Mittelachse  des 
Thurmbaues  eingebaute  Orgel,  neuer  Thüren,  Windfänge  und  voll¬ 
ständigen,  offenen  Gestühls.  Aufserdem  sind  die  zahlreichen  Kunst¬ 
werke,  aus  Metall  und  Holz,  welche  für  die  Zeit  des  Umbaues  aus 
der  Kirche  entfernt  wurden,  wiederherzustellen  und  an  geeignete 
Plätze  zu  verth eilen.  Von  den  Werken  aus  Bronce  ist  vor  allem  ein 
grofser,  siebenarmiger,  mit  den  Apostel  -  Gestalten  geschmückter, 
4  m  hoher  Leuchter*)  aus  dem  Jahre  1327,  wie  eine  Inschrift  an  ihm 
besagt,  erwähnenswerth.  Ein  grofses,  kesselförmiges  Taufbecken 
mit  Reliefdarstellungen  aus  dem  Jahre  1355  ist  handwerksmäfsiger 
gearbeitet;  sehr  schön  gefertigt  dagegen  ist  ein  broncener  Thür¬ 
klopfer  mit  einem  Löwenkopf,  ixmgeben  von  den  vier  Evangelisten¬ 
zeichen  und  vier  figürlichen  Dai'stellungeu.  Abgüsse  von  diesem  Werke, 
ebenso  wie  von  der  aus  dem  Jahre  1494  stammenden,  spätgothischen, 
messingnen  Holkenkrone  befinden  sich  im  Berliner  Gewerbemuseum. 

Eben  dorthin  wurde  zur  gelegentlichen  Ausstellung  während  des 

hiesigen  Ausbaues  das 
bedeutendste  der  Schnitz¬ 
werke  aus  der  Marien¬ 
kirche,  die  Schlieff’enkrone 
von  1523,  gesandt;  sie  ist 
in  zierlichen  spätgothi¬ 
schen  Stilformen  mit  rei¬ 
cher  Tabernakel- Archi¬ 
tektur  gearbeitet,  in  deren 
Mitte  sich  die  Gestalten 
der  Maria  mit  dem 
Christuskinde  und  Jo¬ 
hannes  des  Täufers  be¬ 
finden.  Hervorragende 
W^erke  sind  auch  die 
Seitenlehnen  der  mittel¬ 
alterlichen  Chorstühle  und 
des  Rathsstuhles.  Die 
ersteren  zeigen  ge¬ 
schnitzte  Drachen ,  deren  Schwänze  in  Blumen 
endigen,  der  Rathsstuhl  ist  mit  figürlichen 
Schnitzereien  in  der  strengen  Weise  des  14.  Jahr¬ 
hunderts  versehen.  Alle  vorhandenen  Schnitz¬ 
werke,  wie  Grabmäler,  Heiligenfiguren,  Altar¬ 
werke,  grofse  zweigeschossige,  durchbrochen  ge¬ 
arbeitete  Gestühle,  Crucifixe,  Wappenschilder  usw. 
aufzuzählen,  würde  hier  zu  weit  führen.  Erwähnt 
sei  nur  noch,  dafs  die  Kirche  auch  eine  grofse  Zahl 
von  Tafelbildern,  darunter  mehrere  mittelalter¬ 
liche,  besitzt.  Von  den  sechs  Glocken,  welche 
in  dem  nördlichen,  mit  grofsen  Schallluken  im 
Dache  versehenen  Thurme  aufgehängt  sind,  stammt 
die  gröfste  (1,75  m  Durchmesser)  aus  dem  An¬ 
fänge  des  14.  Jahrhunderts,  eine  der  Stundenglocken  ist  fast  ebenso 
alt,  die  übrigen  sind  mehrfach  umgegossen.  Die  aus  Bornholmer 
Kalkstein  gefertigten  Grabsteine  sind  gröfsten theils  derart  abgetreten, 
dafs  Inschriften  usw.  auf  denselben  sich  kaum  mehr  erkennen  lassen; 
am  besten  erhalten  ist  der  sog.  „Adebarstein“,  in  den  die  ganze 
Figur  des  in  der  Colberger  Stadtgeschichte  vielgenannten  Bene- 
dictus  Adebar  (1524)  eingemeifselt  ist. 

Gelegentlich  des  jetzigen  Umbaues  wird  die  Kirche  von  Seiten 
der  Gemeinde  auch  mit  Gasbeleuchtung  und  einer  Heizvorrichtung 
versehen.  Die  erstere  soll  mittels  100  Stück  dreiflammiger  Wand¬ 
arme  bewirkt  werden,  die  letztere  in  vier  in  den  Ecken  des  Kirchen¬ 
raumes  aufgestellten,  je  vier  grofse,  mehrfach  ummantelte  Regulir-Füll- 
öfen  enthaltenden  Heizbatterieen  bestehen.  Je  zwei  dieser  bereits  auf¬ 
gestellten  Oefen  stehen  über  Canälen  von  0,75,  qm  Querschnitt,  welche 
die  kalte  Luft  aus  der  Mitte  der  Kirche  ansaugen  sollen,  während 
die  übrigen  für  unmittelbaren  Luftumlauf  eingerichtet  sind.  Obgleich 
die  unter  dem  Fufsboden  herzustellenden  Kaltluftcanäle,  der  in  der 
Kirche  befindlichen  Rüstungen  wegen,  noch  nicht  zur  Ausführung 
gekommen  sind,  so  ist  doch  schon  durch  die  bei  Frostwetter  im 
Winter  1888/89  in  Benutzung  genommene  Heizvorrichtung  eine  aus¬ 
giebige  Erwärmung  erzielt  worden.  Die  Kosten  der  Heizanlage  ein- 
schliefslich  der  Herstellung  der  im  Mauerwerk  ausgestemmten  Rauch¬ 
rohre  und  der  noch  zu  fertigenden  Kaltluftcanäle  betragen  rund 
5000  Mark,  die  jedesmalige ,  zur  vollen  Heizung  erforderliche  Koks¬ 
menge  800  kg  (18,50  Mark),  die  Heizdauer  8  Stunden.  Der  Raum¬ 
inhalt  des  zu  erheizenden  Raumes  beläuft  sich  auf  rund  29000  Cubik- 
meter. 


*)  Er  ist  ähnlich  dem  in  dem  Werke  von  Adler,  Backsteinbau¬ 
werke  der  Mark  Brandenburg,  Baud  I,  Seite  78  abgebildeten  fünf- 
armigen  Leuchter. 


Nr.  10 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


101 


Um  während  der  Bauzeit  Gottesdienst  abhalten  zu  können,  ward 
im  Prälatenchor  unter  Benutzung  der  alten  Emporenhölzer  eine  kleine 
Emporenkirche  eingebaut,  und  die  grofse  Triumphbogenöffnung  durch 
Verschalung  gegen  die  Kirche  abgeschlossen. 

Die  Kostensumme  aller  vorgenannten  Bauausführungen,  ein- 
schliefslich  der  noch  von  mehreren  Privaten  für  die  Erneuerung  der 
ihren  Familiennamen  tragenden  Kunstwerke  (Graf  Schlieffen,  von 


Braunschweig,  von  Manteuffel  usw.)  bereit  gehaltenen  Mittel,  beträgt 
rund  140  000  Mark.  Die  Dauer  des  Umbaues  ist  in  Berücksichtigung 
der  künstlerischen  Wiederherstellung  der  Malereien  auf  3'/2  Jahre 
berechnet.  Die  Vollendung  wird  im  Herbst  dieses  Jahres  erreicht 
werden. 

Pogge, 

Kgl.  Regierungs-Baumeister. 


Die  neuen  Satzungen  der  Königl.  Sächsischen  technischen  Hochschule  in  Dresden. 


Wenn  innerhalb  der  letzten  Jahre  wiederholte  Klagen  über  die 
wenig  entsprechende  Stellung  der  Staatsbaubeamten  gegenüber  den 
anderen  Verwaltungsorganen  des  Königreichs  Sachsen  auf  eine  nicht 


und  „Colloquien“  vorgesehen.  Die  Abtheilungen  haben  gleichwie 
auf  der  Berliner  Hochschule  die  allgemeinen  Interessen  des  Unter¬ 
richts  auf  den  von  ihnen  vertretenen  Gebieten  wahrzunehmen,  und 


Der  Neubau  des  Rathbauses  in  Leipzig.  Holzstich  v.  0.  Ebel,  Berlin. 

Gesamtansicht  (vergl.  Seite  87  d.  Bl.). 


hohe  Werthschätzung  der  Technik  schiiefsen  liefsen,  so  wird  man 
wenigstens  die  neuen  Satzungen  der  Königlichen  Sächsischen  Hoch¬ 
schule  vom  3.  Februar  d.  J.  mit  Genugthuung  begrüfsen  können, 
ffa  durch  dieselben  der  höchsten  technischen  Unterrichtsanstalt  des 
Landes  möglichste  Selbständigkeit  in  der  Förderung  ihres  Haupt¬ 
zweckes,  der  Pflege  der  Wissenschaften  und  Künste,  soweit  sie  ihrem 
Unterrichtsgebiet  zugehören,  von  der  Staatsregierung  vertrauensvoll 
■zugewiesen  worden  ist. 

Die  neuen  Satzungen  folgen  im  wesentlichen  den  für  die  tech- 
■nische  Hochschule  in  Berlin  bereits  vorhandenen  Bestimmungen.  Es 
Kndet  sich  die  gleiche  Anzahl  von  Abtheilungen;  nur  bei  der 
„Allgemeinen  Abtheilung“  ist  noch  besonders  hervorgehoben,  dafs  sie 
aufser  der  Behandlung  der  allgemeinen  Wissenschaften  für  die  Aus¬ 
bildung  der  Cändidaten  des  höheren  Lehramts  in  der  mathematisch¬ 
naturwissenschaftlichen  bezw.  in  der  mathematisch -technischen  Rich¬ 
tung  zu  sorgen  habe.  Wohl  im  Hinblick  auf  diese  Sonder- Aufgabe 
sind  nach  dem  Vorbilde  der  Universitäten  bei  dieser  Abtheilung  aufser 
den  Vorträgen  und  FTebungen  noch  „seminaristische  Repetitorien“ 


es  liegt  somit  auch  fast  ausschliefslich  in  ihnen  der  Schwerpunkt  für 
die  sachgemäfse  Gestaltung  des  Unterrichts.  In  welcher  Ausführ¬ 
lichkeit  und  Richtung  die  nach  §  14,  Nr.  9  am  Schlüsse  eines 
Halbjahrs  einzureichenden  Berichte  über  die  Thätigkeit  der  Studi- 
renden  zu  erstatten  sind,  ist  nicht  recht  ersichtlich.  Sie  dürften 
wohl  hauptsächlich  für  diejenigen  Studirenden  bestimmt  sein,  die  an 
den  erwähnten  seminaristischen  Hebungen  und  Colloquien  theilnehmen, 
oder  aber  die  Honorarerlafs  oder  Stipendien  nachsuchen  wollen. 

Das  Studienjahr  beginnt  in  Rücksicht  auf  die  Schlufsprüfungen 
der  sächsischen  Gymnasien  mit  der  Osterzeit. 

Der  Senat  weist  in  seiner  Zusammensetzung  einige  Abweichungen 
auf;  er  besteht  aus  dem  Rector,  dem  Prorector,  den  fünf  Abtheilungs- 
Vorständen  und  zwei  weiteren  Professoren  der  allgemeinen  Abthei¬ 
lung,  somit  aus  neun  Mitgliedern,  deren  Amtsdauer  ziveijährig  ist. 
Wenn  ihm  auch  vorwiegend  die  Leitung  der  allgemeinen  Angelegen¬ 
heiten  und  die  Aufsicht  über  die  Studirenden  zugewiesen  wurde,  so 
ist  ihm  doch  bei  der  Berufung  von  Professoren  und  Docenten  gegen¬ 
über  den  „Vorschlägen“  der  Abtheilungen  durch  die  ihm  aufgegebene. 


102 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


8.  März  1890, 


auf  Grund  besonderer  Ausscliufsberathung'  zu  erstattende  Antrag¬ 
stellung  an  den  Minister  eine  erhöhte  Mitwirkung  gesichert.  Ebenso 
beantragt  der  Senat  die  Zulassung  von  Privatdocenten,  während 
hierbei  die  Abtheilungen  nur  Gutachten  vorzulegen  haben. 

Der  Rector  wird  vom  Könige  ernannt;  die  Amtsdauer  ist  ein¬ 
jährig  und  beginnt  und  endigt  am  1.  März.  Er  hat  ganz  wie  bei  der 
Berliner  Schwesteranstalt  die  Leitung  des  Geschäftsganges  des  Senats, 
die  Berufung  des  letzteren  sowie  die  Vertretung  der  Hochschule  nach 
aufsen.  Während  in  den  Satzungen  der  Berliner  Hochschule  die 
..Gesamtheit  der  Abtheilungs-Collegien*’  nur  bei  der  Wahl  des  Rectors 
als  in  Wirksamkeit  tretend  genannt  wird,  ist  im  Dresdner  Statut 
noch  das  „Professoren-Collegium“  als  besonderes  Verwaltungs¬ 
organ  angeführt,  dem  aufser  der  Wahl  des  Rectors  die  Ertheilung 
von  Preisen,  Stipendien  xmd  Unterstützungen,  die  Beschlufsfassung 
über  akademische  Feierlichkeiten,  die  Oberaufsicht  über  die  Kranken¬ 
kasse  der  Studirenden  usw.  übertragen  ist. 

Die  Stellung  des  Verwaltungsbeamten  entspricht  fast  voll¬ 
ständig  der  des  Syndicus  in  Berlin.  Die  Abtheilungen  I  — IV  er- 
theilen  Diplome  als  Zeugnisse  akademischer  Reife  für  den  Eintritt 
in  das  Berufsleben,  während  für  die  Studirenden  der  allgemeinen 
Abtheilung  (V),  die  sich  dem  Lehrberufe  widmen,  ein  besonderer  Prü- 
fungs-Ausschufs  unter  Vorsitz  eines  Ministerial-Commissars  bestellt  ist- 
Die  Personen,  welche  auf  der  Berliner  Plochschule  als  Hospitanten 
zugelassen  werden  würden,  heifsen  nach  den  Dresdner  Satzungen 
Znhörer'‘,  während  für  ältere  Personen,  die  ihrer  äufseren  Lebens¬ 
stellung  nach  weder  als  Studirende  noch  als  Zuhörer  eintreten  können, 
die  Bezeichnung  „Hospitanten"  gewählt  ist. 

Die  neuen  Satzungen  sind  hiernach  im  wesentlichen  denen  der 


Berliner  Hochschule  entsprechend;  in  den  letzteren  ist  nur  noch  in 
entschiedenerer  Weise  die  Selbständigkeit  der  Abtheilungen  bezüglich 
der  Handhabung  des  Unterrichts  und  der  Wahl  der  Lehrkräfte  zum 
Ausdruck  gelangt,  deren  Minderung  wohl  auch  durch  die  bisherigen 
Erfahrungen  kaum  als  erwünscht  und  zweckentsprechend  bezeichnet 
werden  darf.  Für  die  Berliner  Hochschule  sind  ihre  von  Kaiser 
Wilhelm  I.  erlassenen  Satzungen  vom  28.  .Juli  1882*)  in  jeder  Be¬ 
ziehung  von  segensreichen  Folgen  gewesen;  somit  darf  man  auch  mit 
Sicherheit  erwarten,  dals  die  Dresdner  Hochschule  auf  Grund  der 
ihr  jetzt  auch  gewordenen  Selbständigkeit  in  der  Leitung  ihrer  An¬ 
gelegenheiten  sich  immer  bedeutsamer  für  die  Pflege  der  technischen 
Wissenschaften  entwickeln  wird. 

Die  Satzungen  treten  am  1.  April  d.  J.  in  Kraft.  Es  wurden  vor¬ 
behaltlich  der  Genehmigung  des  Königh  Cultusministeriums  und,^ 
soweit  der  Rector  in  Frage  kommt,  vorbehaltlich  Allerhöchster  Be¬ 
stätigung**)  gewählt:  als  Rector  Herr  Geh.  Reg.-Rath  Professor  Dr. 
Hartig,  als  Prorector  Hofrath  Professor  Dr.  Schmitt,  als  Mitglieder 
des  Senates  die  Herren  Baurath  Professor  Heyn,  zugleich  als  Vor¬ 
stand  der  Hochbau- Abtheilung,  Geh.  Reg-Rath  Professor  Nagel,, 
zugleich  als  Vorstand  der  Ingenienr-Abtheilung,  Reg.-Rath  Professor 
Lew  ick  i,  zugleich  als  Vorstand  der  Mechanischen  Abtheilung,  Pro¬ 
fessor  Dr.  Hempel,  zugleich  als  Vorstand  der  Chemischen  Abtheilung, 
Professor  Dr.  Krause,  zugleich  als  Vorstand  der  Allgemeinen  Ab¬ 
theilung,  und  die  Professoren  Dr.  Stern  und  Dr.  Gaedeke. 

—  n. 


*)  Vgl.  Jahrgang  1882  d.  BL,  Seite  326. 

**)  Vgl.  die  „Amtlichen  Mittheilungen“  an  der  Spitze  dieser  Nummer. 


Die  Viaducte  der  Eisenbahnlinie  Tahor-Pisek 

(Schlufs.) 


Für  die  Wahl  des  eisernen  Ueberbaues  war  der  Umstand 
malsgebend,  dafs  die  Aufstellung  des  Eisenwerks  ohne  festes  Gerüst  in 
der  Mittelöffnung  erfolgen  sollte,  was  wieder  wegen  der  grol'sen  Höhe 
des  Viaductes,  der  felsigen  Beschaffenheit  der  Flufssohle  und  der 
Rücksichtnahme  auf  die  Flofsfahrt  geboten  erschien.  Dem  früher 
sonst  in  einem  solchen  Falle  beliebten  Hinüberschieben  eines  durch¬ 
gehenden  Trägers  wurde  hier  mit  gutem  Grunde  jene  Art  der  Auf¬ 
stellung  mit  freier  Auskragung  vorgezogen,  für  welche  in  den  Aus¬ 
führungen  der  Americaner  (Niagara -Brücke  u.  a.)  und  Engländer 
(Forth -Brücke)  hervorragende  Beispiele  bestehen,  welche  aber  auf 
dem  europäischen  Festlande  bisher  erst  vereinzelt  und  hauptsächlich 
nur  bei  Bogenbrücken  (Douro-  und  Garabit -Viaducte,  Noce- Brücke 
in  Südtirol)  zur  Anwendung  gelangt  ist. 

Der  Ueberbau  der  Brücke  setzt  sich,  wie  bereits  erwähnt,  aus 
zwei  je  109,72  m  langen  Auslegerträgern,  deren  Endfelder  eine 
Länge  von  je  84,40  m  haben,  und  aus  einem  auf  den  Enden  dieser 
überstehenden  Ausleger  gelagerten  Mittelträger  zusammen,  der  eine 
freie  Stützweite  von  33,76  in  besitzt.  Die  9,5  m  hohen  Träger  haben 
zweitheiliges  symmetrisches  Fachwerk,  dessen  Maschenweite  von 
8,44  m  noch  durch  einen  eingeschalteten  Querträger,  der  sich  mittels 
einer  Hülfsverticalen  auf  den  Kreuzungspunkt  der  Diagonalstäbe 
stützt,  untertheilt  ist.  Die  Tragwände  stehen  5,04  m  ab;  die  ein¬ 
geleisige  Fahrbahn  ist  aus  Sicherheitsgründen  versenkt  und  liegt 
1,4  m  unter  der  Oberkante  der  Obergurte.  Der  Mittelträger  ist  in 
seiner  neutralen  Achse  mittels  kleiner  stählerner  Kipplager  aufge¬ 
lagert.  Die  Endverticale  des  Auslegers  ist  zu  diesem  Behufe  kasten¬ 
förmig  ausgebildet  und  umschliefst  vollständig  den  mit  „ 

kreuzförmigem  Querschnitt  construirten  Endständer  des  = — | 

Mittelträgers  (Abb.  18).  Die  Auflagerung  ist  in  der  |  =|f=  | 

halben  Höhe  der  Verticalen  mittels  eines  getheilten  i==-— 

Lagers  bewerkstelligt,  welches  den  Endständer  des  '  ^ 

.Mittelträgers  hindurchgehen  läfst.  Eine  seitliche  Be-  Abb.  18. 
wegung  des  Mittelträgers  erscheint  dadurch  verhindert, 
dafs  dessen  Endknotenbleche  in  die  Gurte  des  Auslegers  hinein¬ 
reichen  und  sich  hier  an  Gleitplatten  (a  in  Abb.  19)  anlegen.  Die 
Gurtungen  sind  mit  kästen-  bezw.  TTförmigem  Querschnitt  ausge¬ 
bildet;  die  Zug-  und  Druckdiagonalen  erhielten  durchgehends  steifen 
Querschnitt. 

Die  Brücke  ist  ganz  in  Plartin-Flufseisen  ausgeführt.  Die  Be¬ 
rechnung  erfolgte  mit  Zugrundelegung  der  neuen  österreichischen 
Brückenverordnung,  wonach  die  Inanspruchnahme  so  wie  für  Schweifs¬ 
eisen,  im  Consolträger  mit  844  kg/qcm,  im  Mittelträger  mit  768  kg/qcm 
gew'ählt  wurde.*) 

Das  Eisenwerk  der  beiden  Seitenöff’nungen  wurde  auf  festen 
Gerüsten  aufgestellt,  jenes  der  Mittelöff’nung  aber  frei  auskragend 


*)  Man  vergleiche  die  Mittheilung  von  Oberinspector  Hufs  in 
der  Wochenschrift  des  österr.  Ing.-  u.  Arch. -Vereins  Nr.  31  vom 
2.  August  1889. 


montirt.  Es  war  hierzu  nothwendig,  nachdem  die  beiderseitigen 
25,32  m  langen  Ausleger  aufgestellt  waren,  diese  mit  dem  Mittel¬ 
träger  einstweilen  in  feste  A^erbindung  zu  bringen,  um  auch  diesen 
freischwebend  montiren  zu  können.  Diese  Verbindung  bestand  aus 
einer  an  die  Obergurte  angeschraubten  Lasche  und  im  Untergurte 
aus  einer  zwischen  zwei  kleinen  Consolen  festgehaltenen  Schi-auben- 
winde  und  einem  Eisenkeile  k  (Abb.  19). 

Das  Eisenmaterial  wurde  mittels  Locomotive  zu  den  Ablade- 
f)lätzen  beiderseits  der  Baustelle  ge¬ 
bracht.  Von  hier  wurden  die  einzelnen 
Constructionstheile  auf  leichten  eisernen 
Bahnwagen  längs  eines  aushülfsweise 
vorgelegten  Oberbaues  bis  zu  dem  in  Auf¬ 
stellung  befindlichen  Fache  geführt,  dort 
von  einem  Krahne  gefafst  und  zur  A^er- 
wendungsstelle  befördert.  Auf  jedem 
Auslegerträger  befand  sich  ein  aus  zwei 
Gestellen  bestehender  verschiebbarer 
Krahn,  welcher  mittels  Laufräder  auf  den 
Obergurten  vorwärts  bewegt  werden 
konnte  und  bei  seiner  Feststellung  an 
den  Trägern  verankert  wurde.  Der  Krahn 
hatte  eine  Ausladung  von  4,7  m  und  eine 
Tragkraft  von  6t;  er  wurde  auch  bereits 
früher  bei  der  Aufstellung  der  auf  festen 
Gerüsten  erbauten  Endfelder  augewendet., 
des  Mittelträgers  mit  dem  2ur  freischwebenden  Alontirung  diente 
Auslegerträger.  dann  weiter  ein  20  m  langes  Vorschub¬ 

gerüste,  welches  mittels  10  Laufräder 
an  den  Flanschen  der  LTnterguite  hing  und  entsprechend  dem  Fort¬ 
schritte  derAufstelluugsarbeiten  vorgeschoben  werden  konnte  (Abb.  20 
u.  21).  Es  wui’de  zuerst  immer  mit  dem  Auslegen  der  Untergurte  be¬ 
gonnen,  welche,  in  der  Alitte  vom  Krahne  gehalten,  mit  dem  letzten 
Knotenpixnkt  einstweilen  durch  Schrauben  und  Dorne  verbunden  wurden, 
worauf  das  Einziehen  der  Hülfsdiagouale // folgte.  Nachdem  noch  die 
beiden  Untergurte  gegenseitig  durch  Hölzer  abgesteift  worden,  konnte 
nun  das  A^orschubgerüst  bis  an  das  freie  Ende  des  Faches  vorgerückt 
werden,  womit  ein  fester  Boden  für  die  Einbringung  der  übrigen 
Glieder  geschaffen  war.  Zur  Aufstellung  eines  Faches  waren  zwei 
bis  drei  Tage  erforderlich.  Die  Nietarbeit  auf  der  Baustelle  wurde 
möglichst  beschränkt;  von  den  rund  329  000  Nieten,  welche  die 
Brücke  enthält,  waren  am  Bauplätze  nur  rund  85  000  Stück  zu 
schlagen,  die  übrige  Nietung  wurde  in  der  AVerkstätte  mit  Druck¬ 
wasser-Nietmaschinen  hergestellt.  Bei  der  Aufstellung  wurden  stets 
alle  Nietlöcher  mit  Schrauben  und  Dornen  ausgefüllt,  und  dann 
folgte  die  Nietung  vom  Träger-Ende  aus  nach,  doch  konnte  dieselbe 
mit  den  Aufstellungsarbeiten  nicht  gleichen  Schritt  halten.  Es  kam 
hierbei  ein  fahrbares,  auf  den  Obergurteö  verschiebbares  Nietgerüste 
in  Anwendung. 


Nr.  10. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


10.3 


Die  eigentlichen  Aufstellungsarbeiteh  haben  auf  der  Piseker  Seite 
am  1.  August  1889,  auf  der  Taborer  Seite  am  2.  September  1889  be¬ 
gönnen.  Die  Mitte  des  Mittelträgers  wurde  auf  erstgenannter  Seite 
am  6.  October  erreicht,  der  Schlufs  der  ganzen  Brücke  erfolgte  am 
20.  October  v.  J.  Damit  war  die  Aufstellung  glücklich  und  ohne 
jeden  Unfall  zu  Ende  geführt.  Die  Zahl  der  hierbei  beschäftigten 
Arbeiter  hat  auf  jeder  Seite  rund  90  Mann  betragen. 

Die  Brücke  enthält  900,9  t  Martin-Flufseisen,  37,3  t  Martin-Gufs- 
stahl  für  die  Lager,  1,3  t  geschmiedeten  Stahl  für  die  Lager  des 
Mittelträgers,  5,6  t  Blei  für  Unterlagen  und  12  t  verzinktes  Wellblech 


für  den  Fahrbahnbelag.  Auf  1  m  Stützweite  entfallen  sonach  3,75  t 
Eisengewicht. 

Das  Aufstellungsgerüst  für  die  beiden  Seitenötfnungen  erforderte 
620  cbm  Holz  und  15  t  Schrauben;  es  war  dessen  Herstellung  an  die 
Bauunternehmung  Redlich  u.  Berger  zum  Preise  von  19  220  fl.  (31  fl. 
f.  d.  cbm)  vergeben  worden.  Die  Eisenconstruction  wurde  von  der 
I.  böhm.- mährischen  Maschinenfabrik  im  Vereine  mit  der  Prager 
Maschinenbau-Actiengesellschaft  geliefert.  Das  verwendete  Material 
stammt  von  der  Gewerkschaft  Kladno  der  Prager  Eisenindustrie- 
Gesellschaft.  Die  Aufstellung  des  Eisenwerks  besorgte  die  I.  böhm.- 


mährische  Maschinenfabrik.  Die  Kosten  des  eisernen  Ueberbaues 
samt  Aufstellung  und  Beistellung  der  Gerüstungen  in  den  beiden 
SeitenöfPnungen,  ferner  samt  Aufstellung  und  Lieferung  des  Well¬ 
blechbelages  und  der  .Beistellung  der  Brückenhölzer  (rund  120  cbm) 

betragen  320  000  fl.; 
die  Erd-  und  Maurer¬ 
arbeiten  kosteten  rund 
190  000  fl. 

Wir  möchten  diese 
Mittheilungen  nicht 
schliefsen,  ohne  die 
an  der  Schaffung  der 
beschriebenen  Bau¬ 
werke  leitend  bethei¬ 
ligten  Fachgenossen  zu 
nennen.  Es  sind  dies 
seitens  der  General- 
direction  der  österr. 
Staatsbahnen:  der 

k.  k.  Baudirector  Hof¬ 
rath  Bischoff,  der 
Vorstand  des  Brücken¬ 
bau  -  Bureaus  Oberin¬ 
spector  Hufs  und  der 
Bauleiter  der  Linie  In¬ 
spector  Klemencic. 
Der  Entwurf  für  den 
Cervena-Viaduct  wurde 
unter  Leitung  der  bei¬ 
den  erstgenannten 
Herren  von  Ingenieur 
Meitzer  gearbeitet, 
welcher  auch  die  Auf¬ 
stellung  der  Eisen¬ 
construction  zu  überwachen  hatte.  Die  Ausführung  der  Steinbauten 
durch  die  Bauunternehmung  Gebr.  Redlich  u.  Berger  erfolgte 
nach  den  durch  Oberingenieur  Klimpfinger  getroffenen  An¬ 
ordnungen,  welche  als  mustergültig  bezeichnet  werden  können. 
Brünn,  im  November  1889.  Professor  Mel  an. 


Vermischtes. 


In  der  26.  General -Versammlung  des  deutschen  Vereins  ffir 
Fabrication  von  Ziegeln,  Tlionwaren,  Kalk  und  Gement,  welche 
am  27.  und  28.  Februar  und  1.  März  d.  J.  im  Hause  des  Berliner 
Architektenvereins  stattfand,  kamen  einige  Fragen  zur  Verhandlung, 
die  für  die  Leser  dieses  Blattes  von  Interesse  sein  werden.  Herr 
Dr.  Goslich  sprach  über  Verwendung  von  Stampfbeton  für 
Zwischendecken  in  Wohnhäusern.  Die  vielfachen  Mängel  der 
Balkendecken  haben  den  Vortragenden  veranlafst,  für  den  Bau  eines 
eigenen  Hauses  eine  Herstellungsweise  der  Decken  zu  wählen,  welche 
seit  etwa  6  Jahren  bei  der  Errichtung  von  Villen  in  Hannover  an¬ 
gewendet  wird  und  sich  dort  bestens  bewährt  hat.  Die  sonst  üblichen 
Holzbalken  werden  dabei  durch  eiserne  I-Träger  ersetzt,  und  zwischen 
diesen  wird  auf  einer  an  dieselben  angehängten  Unterschalung,  welche 
also  den  bei  der  Belastung  entstehenden  geringen  Durchbiegungen 
der  Träger  folgen  kann,  ein  leichter  Schlackenbeton  von  etwa  12  cm 
Dicke  eingebracht.  Dieser  findet  seine  Auflager  auf  den  unteren 
Trägerflanschen,  wenn  die  Unterschalung  nach  der  Erhärtung  der 
Masse  fortgenommen  wird.  Die  so  gebildeten  Betonplatten  werden 
mit  einem  Füllmaterial  beschüttet  und  in  dieses  die  Lagerhölzer  für 
die  Dielung  gelegt.  In  den  meisten  Fällen  ist  der  letzteren  ein 
Beton-Estrich  vorzuziehen,  welcher  wenigstens  2  cm  über  den  oberen 
Flansch  der  Träger  übergreifen  soll  und,  mit  Linoleum  bedeckt,  einen 
sehr  angenehmen  Fufsboden  bildet.  Der  Deckenputz  wird  ohne  weiteres, 
wie  an  Gewölbe,  an  die  Unterseite  solcher  Decken  angetragen. 

Die  zur  Erörterung  gestellte  Frage,  welche  Erfahrungen  in  Bezug 
auf  Holzcementdächer  gesammelt  sind,  fand  keine  Beantwortung, 
was  zu  Gunsten  der  Holzcementdächer  sprechen  dürfte,  da  es  der 
Versammlung  nahe  lag,  hervorgetretene  Mängel  bekannt  zu  geben. 

Die  Nothv/endigkeit  der  Einführung  von  Normalformaten  für 
Dachpfannen  wurde  bestritten,  dagegen  wurden  für  Falzziegel 
zwei  Normalformate,  ein  grofses  und  ein  kleines,  in  Vorschlag  ge¬ 
bracht.  Das  grofse  Format,  von  welchem  etwa  15  Stück  1  qm  decken 
sollen,  wurde  32  bis  34  cm  in  der  Deckfläche  bezw.  Lattenweite  lang 
und  20  bis  21,5  cm  breit  angenommen,  während  das  kleine  Format 
22,5  bis  24,5  cm  lang  und  19  bis  20  cm  breit  ausgeführt  werden  soll, 
sodafs  etwa  23  Stück  1  qm  decken.  Der  Spielraum  in  den  Ab¬ 
messungen  wurde  mit  Rücksicht  auf  die  Verschiedenheit  des 
Schwindemafses  gewährt.  Die  Falzziegel  sollen  so  geformt  sein. 


dafs  sie  eine  geringe  Veränderung  der  Lattenweite  und  eine  kleine 
seitliche  Verschiebung  zulassen.  Ueber  die  Form  und  Deckweise 
der  Falzziegel  eine  weitere  Bestimmung  zu  treffen,  wurde  als  un¬ 
zuträglich  bezeichnet. 

Bei  der  Besprechung  über  den  geeignetsten  Neigungswinkel 
für  die  mit  Falzziegeln  zu  deckenden  Dachflächen  erklärte 
Herr  Block  von  der  Handlung  Ferd.  Tenhompel  u.  Block  in  Wesel, 
welche  jährlich  9—10  Millionen  Falzziegel  des  kleinen  Formats, 
sogen.  „Bouletziegel“,  anfertigt,  dafs  der  fragliche  Winkel  häufig  zu 
gering  angenommen  und  hierdurch  eine  zu  schnelle  Zerstörung  der 
Dachflächen  auch  von  bestem  Materiale  bedingt  werde.  Unter  35° 
solle  man  bei  gröfseren  Dachflächen  nicht  heruntergehen;  vorzuziehen 
sei  ein  Neigungswinkel  von  45°.  Bei  schmalen  Dachflächen,  wie  bei 
Sägedächern,  könne  man  allenfalls  noch  einen  Winkel  von  25°  zu¬ 
lassen.  Als  besonders  geeignet  für  Falzziegeldeckung  empfahl  Herr- 
Block  den  in  Holland  häufig  angewendeten  Dachverband  aus  leichten 
Hölzern,  bei  welchem  statt  der  Sparren  Pfetten  iin  Abstande  von 
etwa  1,40  m  die  Unterlage  für  eine  Bretterschalung  bilden.  Ueber 
dieser  wird  eine  gewöhnliche  Lattung  für  die  Falzziegel  angebracht. 
Dieses  Dach  hat  Aehnlichkeit  mit  dem  in  Ost-  und  Westpreufsen 
allgemein  üblichen  verschalten  Pfannendache,  bei  dem  auf  die  Sparren 
eine  überstülpte  Bretterschalung  gebracht  wird.  Letztere  stellt  schon 
an  und  für  sich  eine  Dachfläche  dar,  auf  welche  eine  Lattung  für 
die  Dachpfannen  gelegt  wird.  Diese  Dächer  sind  zwar  etwas  theuer, 
bewähren  sich  aber  gegen  Sturm  sehr  gut  und  halten  Schnee  und 
Rufs  vom  Dachboden  fei-n.  Das  Eindringen  der  letzteren 'ohne  An¬ 
wendung  einer  Verschalung  zu  verhüten,  hält  sehr  schwer,  wenn 
nicht  die  Falzziegel  von  tadelloser  Beschaffenheit  sind.  Die  Falz¬ 
ziegel  in  Kalk  zu  verlegen  oder  die  Fugen  mit  Kalk  zu  verstreichen 
wurde  im  allgemeinen  widerrathen,  weil  hierdurch  die  Lüftung  der 
Unterseite  der  Dachfläche  und  ihr  Austrocknen  beeinträchtigt  werden, 
auch  das  an  der  Unterseite  der  Falzziegel  sich  ansetzende  Schwitz¬ 
wasser  nicht  nach  aufsen  abziehen  kann.  Am  besten  hat  sich  nach 
Ansicht  des  Herrn  Block  eine  Dichtung  der  wagerechten  Fugen  mit 
geklopften  Kuhhaaren  bewährt.  Von  anderer  Seite  wurde  als  erprobt 
empfohlen,  ein  dichtes  Rohrgeflecht  zwischen  den  Sparren  unmittelbar 
unter  den  Falzziegeln  zur  Abhaltung  des  Treibschnees  und  Russes 
anzubringen.  R. 


104 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  März  1890. 


lieber  Ciirveinveieheii.  Bei  Curvenweichen  läfst  sich  zwischen 
den  Halhmessei'n  ri  und  r2  der  beiden  Weichengeleise  folgende  ein¬ 
fache  Beziehung  aufstellen: 

+  ^  =  --  oder  =  -I - .  .  .  .  (A 

—  n  '  r2  r  —  n—r 

wo  r  ■=■  Halbmesser  der  Weichencurve  bei  geradem  Hauptgeleis  und 
demselben  Kreuzungswinkel  a.  Das  Zeichen  -f-  ist  zu  setzen,  wenn 
sich  die  Weichengeleise  im  entgegengesetzten  Sinne,  das  Zeichen  — , 
wenn  sie  sich  im  gleichen  Sinne  krümmen. 

Bezeichnet  in  nebenstehender 
Abbildung 

l  die  Zungenlänge, 
den  Centriwinkel  der  ge¬ 
krümmten  Zunge, 
b\  u.  b‘2  die  Bogenlängen  der  Wei¬ 
chengeleise  bezw.  der 
sich  kreuzenden  Schieneu- 
stränge, 

?'i  u.  r-2  die  zugehörigen  Halbmesser, 
f/2  n  Centriwinkel, 

so  mufs  sein  ß  -f-  r/j  +  (f  -,  —  «,  oder,  da  ^  =  - 


1  \ 

ß  i 

\ 

- - 

— ''***‘^  _.n 

1 

1 

1 

C— I 

Ir 

%  r 

bl 


n 


und  — 


Ol  I  02  a 

-d - =  a—ß. 

n  n 

Bei  geradem  Hauptgeleis,  wo  n  =:  r,  b\ 
stehende  Gleichung  über  in 

--  =« — ß,  sodafs  sich  ergiebt — 


=  6,  =  oo,  geht  vor- 

,  6^ ^ 

~  ?'2  r 


Für  Krümmungen  gleichen  Sinnes  erhält  man  in  gleicher  Weise 

- ^ -1 — -  =  Man  kann  daher  allgemein  setzen 

r2  r  ^ 

i'i  r 

Ist  nun  bl  —  bi  =  b ,  so  ergiebt  sich  mathematisch  genau  die 


fragl.  Beziehung  -k - 1 - =  — .  In  der  Wirklichkeit  ist  die  Vor- 

n  r>  r 

aussetzung  bi  =  b-i  =  b  selten  vollkommen  erfüllt  und  somit  auch 
Gl.  A  nur  annähernd  richtig.  Doch  weicht  der  hiernach  berechnete 
Werth  von  n  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen,  insbesondere  wenn 
den  Curvenweichen  die  Länge  der  Normalweiche  gegeben  wird,  so 
wenig  von  dem  mathematisch  genauen  Werthe  ab,  dafs  er  für  die 
Zwecke  der  Anwendung  vollständig  genügt.  Nur  in  dem  ungewöhn¬ 
lichen  Falle,  wo  die  gerade  Zunge  in  das  schärfer  gekrümmte  Geleis 
gelegt  wird,  können  sich  erheblichere  Abweichungen  ergeben.  Am 
genauesten  ist  Gl.  A  bei  Krümmungen  gleichen  Sinnes;  hier  beträgt 
die  Abweichung  meist  nur  wenige  Bruchtheile  eines  Meters,  was  für 
die  Anwendung  ohne  Belang  ist.  Fr.  Engefser. 

Der  Schiene ii-Profilmesser  von  Schilling-,  dessen  Beschreibung 
nebst  Abbildung  auf  S.  306  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl.  veröffent¬ 
licht  ist,  hat  neuerdings,  wie  uns  mitgetheilt  wird,  durch  Anordnung 
nur  einer  Führungsstange  (u)  mit  drehbarer  Tastervorrichtung  eine 
Vereinfachung  und  Verbesserung  erfahren.  Derselbe  wird  zum  Preise 
von  180  Mark  von  der  Firma  Sommer  u.  Runge  (Berth.  Pensky  Nachf.) 
in  Berlin  geliefert. 

Selhstthätige  Baluiwagen-Kupplimgeii  in  America.  Von  den 
180  873  auf  den  Eisenbahnen  des  Staates  Newyork  verkehrenden 
Güterwagen  sind  nach  den  Engineering  News  35  423  Stück  mit  selbst- 
thätigen  Kupplungen  ausgerüstet,  in  Gemäfsheit  der  Vorschi-ift  des 
Gesetzes  vom  Jahre  1884,  wonach  alle  neugebauten  oder  ausge¬ 
besserten  alten  Wagen  mit  derartigen  Kupplungen  versehen  werden 
müssen.  Ein  ferneres  Gesetz  vom  vorigen  Jahre  bestimmt,  dafs  bis 
zum  1.  Januar  1892  alle  überhaupt  vorhandenen  Güterwagen  in  dieser 
Weise  abgeändert  sein  müssen.  Ein  einheitliches  Vorgehen  hinsicht¬ 
lich  der  zu  wählenden  Art  der  Kupplung  schreibt  das  Gesetz  nicht 
vor,  ein  Uebelstand,  welcher  sich  im  durchgehenden  Betriebe  bereits 
recht  fühlbar  gemacht  hat. 


Bücherscliau. 

Hamlbncli  der  Baukimde.  Ahtheilung  III.  Heft  2:  Der  Wasser¬ 
bau.  Bearbeitet  von  L.  Franzius,  Ober -Bau director  in  Bremen. 
Mit  einem  Anhänge,  betr.:  Wildbach- Verbauungen  und  Kegulirungen 
von  Gebirgsflüssen,  sowie  Ent-  und  Bewässerung  von  Ländereien, 
bearbeitet  von  W.  Frauenholz,  vormal.  Professor  an  der  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  München.  —  Berlin,  1890.  Commissions -Ver¬ 
lag  von  Ernst  Toeche.  376  S.  in  8“  mit  656  Abb.  Preis  Q  Jl. 

Von  einem  Meister  wie  L.  Franzius,  dem  in  gleicher  Weise  die 
Erfahrungen  des  Lehrers,  des  Schriftstellers  sowie  des  entwerfenden 
und  ausführenden  Wasserbaumeisters  zu  Gebote  stehen,  war  eine 
solch  vortreffliche,  klare  und  bei  aller  Knappheit  doch  erschöpfende 


Bearbeitung  des  grofsen  und  vielseitigen  Gebietes  des  Wasserbaues, 
wie  sie  uns  diese  neueste  Lieferung  des  Handbuchs  der  Baukunde 
bringt,  zu  erwarten.  Entsprechend  der  von  den  Herausgebern  des 
Handbuchs  gestellten  Aufgabe,  durch  dasselbe  nicht  nur  den  An¬ 
forderungen  jüngerer  Kräfte  zu  entsprechen,  sondern  auch  den  Be¬ 
dürfnissen  der  Fachmänner  von  Erfahrung  zu  genügen,  wenn  sie  sich 
rasch  über  Besonderheiten  unterrichten  wollen,  hat  der  Wasserbau 
eine  wesentlich  andere  und  erweiterte  Bearbeitung  erfahren  wie  in 
dem  deutschen  Bauhandbuche.  Während  die  Wasserversorgung  und 
Entwässerung  der  Städte  gänzlich  ausgeschieden  ist,  um  in  einem 
besonderen  Abschnitte  behandelt  zu  werden,  ist  der  Seebau  ganz 
besonders  und  eingehend  berücksichtigt  worden.  Es  erscheint  uns 
zweckmäfsig,  dafs  der  Verfasser  den  Seebau  nicht,  wie  dies  mit 
voller  Berechtigung  in  den  ausführlicheren  eigentlichen  Lehrbüchern 
des  Wasserbaues  und  im  Hörsaale  üblich,  besonders  behandelt, 
sondern  ihn  überall,  beim  Uferbau,  Deichbau,  Flufs-  und  Hafenbau, 
in  gegliedertem  Zusammenhänge  mit  eingeflochten  hat.  Denn  gerade 
dieses  unmittelbare  Nebeneinanderstellen  der  betr.  Bauweisen  usw. 
läfst  die  kennzeichnenden  Unterschiede  und  Eigenthümlichkeiten  um 
so  schärfer  hervortreten,  während  die  Knappheit  des  Werkes  wegen 
der  dadurch  ermöglichten  zusammenfassenden  Erörterung  der  ge¬ 
meinsamen  Grundsätze  usw.  wesentlich  gefördert  worden  ist.  Behufs 
Durchführung  der  angedeuteten  Stoffgliederung  ist  in  dem  ersten 
Abschnitte  „die  Physik  des  Meeres“  besonders  behandelt  worden. 

Den  Häfen  und  ihrer  Ausstattung,  insbesondere  den  Vorrichtungen 
zum  Ent-  und  Beladen  der  Schiffe,  ist  eine  eingehende  Besprechung 
gewidmet,  welche  um  so  werthvoller  ist,  als  namentlich  die  Flufs- 
häfen  in  unserer  bisherigen  Litteratur  stets  stiefmütterlich  behandelt 
sind.  Im  übrigen  würde  die  sehr  reichhaltige  Zusammenstellung  der 
Flufs-  und  Seehafen-Pläne  erheblich  gewonnen  haben,  wenn  für  diese 
ein  einheitlicher  Mafsstab  —  etwa  1:20  000  —  durchgeführt 
worden  wäre.  Bei  Besprechung  der  Schiffahrtszeichen  wäre  ein  Hin¬ 
weis  auf  den  vortrefflichen  Hagenschen  Vortrag  (Zeitschr.  f.  Bauw. 
1887)  erwünscht  gewesen. 

Auf  Einzelheiten  einzugehen  verbietet  uns  der  Raum.  Nur  das 
sei  bemerkt,  dafs  wir  als  Vorbild  für  Querschnittsformen  von  festen 
steinernen  Wehren  (S-  85)  das  so  zweckmäfsige  Wehr  mit  lothrechtem 
bezw.  parabolischem  Abfallboden  vermissen.  —  Bei  einer  sorgfältigen 
Durchsicht  hätten  sich  wohl  einige  sinnentstellende  Druckfehler 
(S.  67,  69,  243)  vermeiden  lassen,  wie  denn  auch  die  Angabe  zur 
Ermittlung  der  Fortschrittsgeschwindigkeit  der  Fluthwelle  (S.  13) 
berichtigt  worden  wäre.  —  Der  von  Frauenholz  geschriebene  „An¬ 
hang“  gieht  einen  klaren  Ueberblick  über  die  behandelten  Gegen¬ 
stände.  Die  diesem  Theile  beigefügten  Holzschnitte  lassen  hinsicht¬ 
lich  ihrer  Ausführung  zu  wünschen  übrig.  —  Wir  sind  überzeugt, 
dafs  das  Buch  allenthalben  Freunde  finden  wird.  Engels. 


Neue  Patente. 

Eiiiscliienige  Drehscheibe.  Patent  Nr.  49  975.  Philipp  Forch- 
heimer  in  Aachen.  —  Um  das  Fahren  einzelner  Wagen  und  ganzer 

Züge  bei  Spurbahnen  mit  Bögen 
von  sehr  kleinem  Halbmesser  zu 
ermöglichen,  kannte  man,  abgesehen 
von  der  üblichen  Spurerweiterung  nur 
das  Aushülfsmittel,  das  eine  Rad  dreh¬ 
bar  auf  der  Achse  des  zugehörigen 
Rades  anzuordnen.  Dieses  Hülfsmittel 
ist  für  Locomotivbahnen  somit  schon 
von  selbst  ausgeschlossen.  Das  vor¬ 
liegende  Patent  macht  den  Vorschlag 
eines  anderen  Aushülfsmittels,  näm¬ 
lich  den,  den  inneren  Strang  eines 
stark  gekrümmten  Geleises  beweglich 
—  als  Drehscheibe  —  anzuordnen.  Beim 
Durchfahren  dieser  Drehscheibe  läuft  die¬ 
selbe  also  rückwärts  in  Bezug  auf  die- 
Fahrrichtung  des  Zuges.  Die  feste 
Schiene  b  schliefst  sich  hierbei  mit  unter¬ 
schneidenden  Backen  an  die  ringförmig 
laufende  Schiene  a  an.  Statt  der  festen 
Anschlufsstücke  b  können  auch  bewegliche 
Zungen  c  angeordnet  werden,  wenn  es  sich  darum  handelt,  die  Dreh¬ 
scheibe  als  Mittel  zur  sehr  steilen  Abzweigung  von  Weichengeleisen, 
zu  verwenden. 


Der  Anzeigentheil  dieser  Nummer  enthält  eine  Aufforderung  zur 
Unterstützung  der  Hinterbliebenen  eines  jüngst  verstorbenen  Fach¬ 
genossen.  Die  bittere  Noth,  in  der  sich  dieselben  befinden,  veranlafst 
uns,  auch  an  dieser  Stelle  das  Augenmerk  unserer  Leser  besonders- 
auf  den  Aufruf  hinzulenken. 


Verjag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  15. 

März  1890.  Nr.  11. 

Kedaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 deschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzhand  oder  durch  Postvertrieh  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

IXHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Die  Wasserstrafse 
Mannheim-Ludwigshafen  und  Kehl-Strafshurg,  Canal  oder  freier  Rhein?  —  Kirche  in 
Langenstein  am  Harz.  —  Die  Marmorhrüche  der  Gewerkschaft  „Vereinigte  Meckling- 
häuser  Marmorgruhen“  im  Bergrevier  Attendorn,  Kr.  Olpe.  —  Baugeschichtliches  von 
der  Kaiser  Wilhelmhriicke  üher  die  Spree  in  Berlin.  (Schlufs.)  —  Vermischtes: 
Wetthewerh  zur  Gewinnung  des  Neuhauplanes  für  eine  Herz  Jesu-Kirche  in  Köln  a.  Rh. 

—  Wetthewerh  zur  Erlangung  von  Entwürfen  zu  einem  Kreishause  in  Mülheim  a.  d. 
Ruhr. —  Preishewerhung  um  ein  Verwaltungsgebäude  der  GeneraUlirection  der  Rumäni¬ 
schen  Eisenbahnen  in  Bukarest.  —  Wiederherstellung  des  Rathhauses  in  Aachen.  — 
Wiederbesetzung  der  Strafsburger  Domhanmeisterstelle.  ~  Feierliche  Eröffnung  der 
Forth-Brücke.  —  Russische  „Gesellschaft  zur  Hülfeleistung  auf  dem  Wasser“.  —  Seil¬ 
zug  durch  drei  Punkte. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preiifsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Geheimen 
Ober  -  Baurath  Voigtei,  Chef  der  Bauabtheilung  im  Kriegs¬ 
ministerium,  und  den  Geheimen  Postrath  und  Vortragenden  Eath 
im  Reichspostamt  Skaiweit  zu  aufserordentlichen  Mitgliedern  der 
Akademie  des  Bauwesens  zu  ernennen,  sowie  dem  Land-Bauinspector 
Küster  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  den  Charakter  als 
Baurath  zu  verleihen. 

Dem  bisherigen  KöniglichenEegierungs-Baumeister  Paul  Steffen¬ 


hagen  in  Königsberg  O.-Pr.  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus 
dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Der  Kreis  -  Bauinspector,  Baurath  Th.  Pollack  in  Sorau  ist 
gestorben. 

Sachsen. 

Bei  der  fiscalischen  Strafsen-  und  Wasserbau -Verwaltung  im 
Königreiche  Sachsen  tritt  die  Veränderung  ein,  dafs  der  Sitz  der  für 
die  amtshauptmannschaftlichen  Verwaltungsbezirke  Löbau  und  Zittau 
bestehenden  Strafsen-  und  Wasserbauinspection  vom  1.  April  1890  an 
von  Löbau  nach  Zittau  verlegt  wird. 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Wasserstrafse  Mannheim -Ludwigshafen  und  Kehl-Strafshurg, 

Canal  oder  freier  Dhein? 

Von  Max  Honseil. 


I. 

Auf  keinem  Strome  Europas  hat  sich  im  19.  Jahrhundert  —  nach 
Wegfall  der  früheren  politischen  Hemmnisse,  und  dank  der  künst¬ 
lichen  Verbesserung  der  Wasserstrafse  wie  der  Fortschritte  in  der 
Technik  des  Verkehrswesens  —  die  Schiffahrt  in  so  grofsartiger  Weise 
und  so  bedeutungsvoll  für  die  wirthschaftlichen  Verhältnisse  des 
Stromlandes  entwickelt,  wie  auf  dem  Rhein.  Weithin  zu  beiden 
Seiten  des  Stromes  und  bis  über  seine  Quellengebiete  hinaus  dehnt 
sich  das  Gebiet,  für  dessen  Anschlufs  an  den  Verkehr  der  Welt¬ 
meere  die  Wasserstrafse  des  Rheins  die  Hauptader  bildet.  An  dem 
ungeheuren  Aufschwung  der  rheinisch-westfälischen  Montanindustrie 
hat  die  Benutzung  dieser  Wasserstrafse  den  gröfsten  Antheil,  nicht 
minder  an  dem  Gedeihen  der  Uferstädte  am  Hauptstrom,  wie 
an  den  schiffbaren  Nebenflüssen;  und  den  von  den  gröfseren  Hafen¬ 
plätzen  abzweigenden  Schienenwegen  gewährt  der  Umschlagsverkehr 
mit  dem  Rhein  die  wesentlichste  Nahrung.  Das  Aufblühen  der  Stadt 
Mannheim  folgt  schrittweise  der  wachsenden  Bedeutung  der  Rhein¬ 
schiffahrt:  die  Ein-  und  Ausfuhr  zu  Wasser,  die  hier  in  den  1820er 
Jahren  wenig  mehr  als  10  000  Tonnen  im  Jahre  betrug,  hat  1889 
2  500000  Tonnen  überstiegen.  Während  dieser  Zeit  ist  die  Ein¬ 
wohnerzahl  Mannheims  von  rund  20000  auf  70000  und  das  Grund- 
und  Häusersteuer-  und  Gewerbesteuercapital  von  etwa  20  auf  215  Mil¬ 
lionen  Mark  augewachsen,  i)  Seit  Jahrzehnten  behauptet  Mannheim 
den  ersten  Rang  unter  den  süddeutschen  Handelsplätzen,  und  neuer¬ 
dings  hat  zudem  die  Industrie  hier  ganz  namhafte  Bedeutung  ge¬ 
wonnen.  Gegenüber  Mannheim  aber  ist  seit  den  1840er  Jahren  die 
Stadt  Ludwigshafen  erst  entstanden  und  bald  zu  einem  wichtigen 
Verkehrs-  und  Industrieplatz  aufgeblüht.  Im  Jahre  1888  sind  hier 
schon  rund  670  000  Tonnen  ein-  und  ausgeführt  worden,  und  der 
Verkehr  ist  augenscheinlich  in  raschem  Zunehmen  begriffen. 

Wenn  nun  auch  die  erstaunliche  Entwicklung  dieser  beiden 
Städte,  die  unter  wir th schaftspolitischem  Gesichtspunkte  als  Einheit 
zu  betrachten  sind,  nicht  zum  geringsten  Theil  der  Tüchtigkeit  und 
dem  lebhaften  Unternehmungsgeist  der  rheinfränkischen  Bevölkerung 
zuzuschreiben  ist,  so  kommt  in  Mannheim -Ludwigshafen  doch  zum 
Ausdruck,  was  culturgeographisch  als  die  Hauptstadt  des  Oberlaufes 
eines  Stromes  bezeichnet  wird;  sie  entsteht  und  gedeiht  dort,  wo  in 


1)  Das  Gesamtsteuercapital  der  Stadt  Mannheim,  einschliefslich 
des  Einkommen-  und  des  Capitalrentensteuercapitals  betrug  zu  An¬ 
fang  1889  385  974  610  Mark. 


der  Richtung  von  der  Strommündung  gegen  das  Quellengebiet  die 
Schiffbarkeit  des  Stromes  abnimmt,  an  der  Stelle,  bis  wohin  die 
grofsen  Stromfahrzeuge  gegen  das  höhere  Binnenland  Vordringen 
können,  wo  jetzt  der  Umschlag  der  Güter  auf  die  Schienenwege 
vortheilhaft  erscheint,  weil  die  Weiterfahrt  auf  der  Wasserstrafse 
wegen  der  geringeren  Wassermenge,  des  stärkeren  Gefälles  und  in 
der  Regel  auch  wegen  sonst  ungünstiger  Zustände  des  Strombettes  er¬ 
schwert  ist,  kostspieliger  wird  als  auf  dem  Landwege. 

In  der  That  bezeichnet  Mannheim -Ludwigshafen  zur  Zeit  den 
oberen  Endpunkt  der  grofsen  Handelsschiffahrt  auf  dem  Rhein, 
insbesondere  jenes  Verkehrs,  der  von  den  Seeplätzen  Amsterdam, 
Rotterdam  und  Antwerpen  ausgeht,  beziehungsweise  den  Anfangs¬ 
punkt  der  vom  Binnenlande  dorthin  gerichteten  Schiffahrt.  Ueber 
Mannheim  stromauf  gehen  zwar  noch  ansehnliche  Transporte,  weitaus 
gröfstentheils  Steinkohlen  von  der  Ruhr,  nach  den  Häfen  von 
Leopoldshafen,  Maxau  und  Lauterburg,  weiterhin  aber  nur  noch  in 
geringerem  Mafse  bis  Kehl  und  Strafsburg.  Zwischen  Strafsburg 
und  Basel  wird  eine  Handelsschiffahrt  gar  nicht  betrieben,  obschon 
auch  diese  Stromstrecke  noch  Gegenstand  jener  internationalen  Ver¬ 
einbarungen  ist,  welche  zu  der  Rheinschiffahrtsacte  geführt  haben. 
Zwischen  Strafsburg  und  der  Schweizer  Grenze  dicht  unterhalb  Basel 
besteht  indes  eine  künstliche  Wasserverbindung,  indem  dem  Rhein- 
Rhone -Canal  durch  die  Abzweigung  nach  dem  Rhein  bei  Hüningen 
die  Eigenschaft  eines  Seitencanals  des  Oberrheins  gegeben  ist.  Ein 
uennenswerther  Verkehr  vom  Rhein  auf  diesen  Canal  und  umgekehrt 
besteht  aber  ebenso  wenig,  als  dies  für  Strafsburg  selbst  und  für 
den  dort  abzweigenden  Rhein-Marne-Canal  der  Fall  ist.  Die  beiden 
Canäle  sind  für  die  Aufnahme  grofser  Eheinschiffe  nicht  eingerichtet, 
und  bis  daher  lag  auch  kein  Bedürfnifs  hierzu  vor,  weil  ihre  Mündung 
in  den  Rhein  bei  Strafsburg  vom  grofsen  Stromverkehr  nicht  erreicht 
wird.  Diese  gröfste  Stadt  am  Oberrhein  hat  denn  auch  an  dem  Auf¬ 
schwung,  wie  ihn  die  Entwicklung  des  Stromverkehrs  in  den  stromab 
gelegenen  gröfseren  Uferstädten  hervorgerufen  oder  wesentlich  ge¬ 
fördert  hat,  nicht  Theil  genommen. 

Da  ist  es  denn  wohl  begreiflich,  dafs  die  deutsche  Verwaltung 
in  Elsafs-Lothringen  schon  bald  ihr  Augenmerk  auf  die  Ausdehnung 
der  grofsen  Rheinschiffahrt  bis  Strafsburg  gerichtet  hat,  um  diese 
Stadt  in  die  Reihe  der  bedeutenden  Rheinhäfen  eintreten  zu  lassen,  den 
Handel  daselbst  zu  beleben  und  für  Elsafs  die  Vortheile  der  Lage  an 
einer  europäischen  Wasserstrafse  durch  den  billigeren  Bezug  insbeson¬ 
dere  der  Ruhrkohlen  und  von  überseeischen  Gütern  zu  verschaffen. 


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15.  März  1890. 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


Befremdet  aber  hat  es  überall  da,  wo  die  Verhältnisse  des 
Oberrheius  gekannt  sind,  am  meisten  in  technischen  Kreisen  und 
nicht  minder  bei  den  Schiffährttreibenden,  dafs  zur  Erreichung 
jenes  Zieles  die  Herstellung  eines  Schiffahrtscanals  neben  dem 
Rhein  von  Ludwigshafen  bis  Strafsburg  als  einziges  Mittel  ernst¬ 
lich  empfohlen  wird.  Der  Fachmann  konnte  sich  nicht  erinnern, 
dafs  anderwärts  eine  Stromstrecke,  wie  der  Rhein  zwischen  Mannheim 
und  Strafsburg,  als  Wasserstrafse  aufgegeben  und  durch  einen  Seiten¬ 
canal  ersetzt  worden  ist.  Selbst  in  Frankreich,  in  dem  Lande,  wo  die 
Schiffahrtscanäle  verhältnifsmäfsig  die  gröfste  Verbreitung  gefunden 
haben,  ist  der  Gedanke  immer  verworfen  worden,  neben  jenem  Strom, 
der  am  meisten  Aehnlichkeit  mit’-  dem  Rhein  zwischen  Strafsburg 
und  Mannheim,  ja  ungünstigere  Verhältnisse  als  dieser,  airfweist» 
der  Rhone,  einen  Seitencanal  anzulegen;  vielmehr  wird  dort  die 
Verbesserung  der  natürlichen  Wasserstrafse  durch  Stroinregulirung 
mit  grofseu  Anstrengungen  und  neuerdings  auch  mit  gutem  Erfolg 
betrieben. 2)  Dem  Schiffährttreibenden  ist  schwer  begreiflich,  dafs 
es  nicht  möglich  sein  soll,  eine  Stromstrecke,  die  er  schon  jetzt  bei 
günstigen  Wasserständen  mit  den  grofsen  Radschleppern  und  schwer¬ 
beladenen  Anhangschilfen  befährt  —  in  der  Strecke  von  Mannheim 
bis  Maxau,  selbst  bis  Lauterburg,  nicht  selten  den  gröfseren  Theil 
des  Jahres  hindurch,  und  sogar  mit  Schraubenschleppern  — ,  so  viel 
weiter  zu  verbessern,  dafs  die  Schiffahrt  hier  ebenso  gut  betrieben 
werden  kann,  wie  in  der  Gebirgsstrecke  St.  Goar-Caub,  die  noch 
vor  60  Jahren  auch  nur  bei  günstigen  Wasserstäuden  mit  beladenen 
Schiffen  befahren  werden  konnte.  Und  wo  man  davon  wufste,  dafs 
für  die  Verbesserung  der  Stromzustände  entlang  der  bayerisch¬ 
badischen  und  badisch -elsässischen  Grenze  seit  vielen  Jahrzehnten 
grofse  Summen  verwendet  worden  sind,  hat  es  Erstaunen  erregt, 
dafs  diese  noch  ganz  in  der  Tiefebene  gelegene  Stromstrecke  selbst 
in  ihrem  unteren  Theil,  in  einer  Höhenlage  von  88  bis  137  m  über 
dem  Meer,  für  die  Schiffahrt  soll  verloren  gegeben  werden.  Dafs 
aber  die  Correction  des  Oberrheins  als  ein  wesentlicher  Grund  gegen 
die  Möglichkeit  der  Verbesserung  der  Wasserstrafse  geltend  gemacht 
wird,  hat  vollends  überrascht. 

Wenn  die  Strafsburger  Handelskammer  die  Verbindung  mit  dem 
Mittelrhein  durch  einen  Canal  begehrt  hat,  so  ist  das  aus  der 
Haltung  der  elsässischen  Bevölkerung  wohl  erklärlich.  Die  Elsässer 
waren  immer  stolz  gewesen  auf  die  Schiffahrtscanäle,  die  sie  unter 
der  französischen  Herrschaft  erhalten  haben.  In  dem  Besitz  dieser 
Canäle  und  dem  Eiubezug  in  das  grofse  Netz  der  französischen 
Wasserstrafsen  trat  gegenüber  den  deutschen  Nachbarstaaten  die 
Zugehörigkeit  zum  Grofsstaat  vortheilhaft  hervor.  Kein  Wunder, 
dafs  der  Canalgedanke  in  der  altelsässischen  Bevölkerung  stark 
Wurzel  gefafst  hat  und  gerade  in  jenen  Kreisen  fortlebt,  wo  man 
die  französischen  Erinnerungen  mit  Vorliebe  pflegt. 

In  der  deutschen  Verwaltung  hat  die  Canalfrage  Wandlungen 
durchgemacht.  Die  Herstellung  einer  Canalverbindung  Ludwigshafen- 
Strafsburg  war  einer  der  ersten  Wünsche,  die  1871  der  deutschen 
Verwaltung  vorgetragen  wurden.  Dieser  scheint  zunächst  aufgefallen 
zu  sein,  dafs  die  grofse  Rheiuschiffahrt  sich  nicht  bis  Strafsburg  — 
der  Rheinstadt  —  ausdehnt,  ungeachtet  des  schön  geregelten  Zu¬ 
standes  des  Stromes.  Dafs  ein  grofsartiges  Strombauwerk  zu  anderen 
Zwecken  unternommen  werde,  als  zur  Verbesserung  der  Schiffbar¬ 
machung,  war  dem  aus  Norddeutschland  nach  dem  Elsafs  entsandten 
Beamten  fremd;  ist  ja  doch  ein  ähnliches  Werk  in  Mittel-  und  Nord¬ 
deutschland  nicht  ausgeführt,  wo  bis  auf  die  neuere  Zeit  das  staat¬ 
liche  Strombauwesen  sich  fast  ausschliefslich  mit  der  Verbesserung 
der  Gewässer  in  ihrer  Eigenschaft  als  Verkehrswege  befafst  hat. 
Aus  jener  Zeit  stammen  die  ersten  ungünstigen  Urtheile  über  die 
Correction  des  Oberrheins.  Was  bis  dahin  als  ein  ebenso  grofsartiges 
wie  für  die  Bewohner  der  Rheinniederuug  segensreiches  Werk  all¬ 
gemein  anerkannt  war,  ward  jetzt  als  ein  völlig  mifslungener  Versuch 
der  Schiffbarmachung  des  Stromes  bezeichnet  —  ein  willkommener 
Gegenstand  für  einen  Dieck  und  andere,  die  in  ihren  Schriften  sich 
bemühten,  alles  herabzusetzen,  was  in  Deutschland  auf  dem  Gebiete 
der  Stromregulirung  geschehen,  bei  den  durch  die  wiederholten  Hoch- 
fluthen  und  Eisgänge  des  Jahrzehnts  1872  — 1883  hierfür  leicht  zu¬ 
gänglichen  Strom-  und  Flufsanwohnern  Unzufriedenheit  hervorzurufen 
oder  zu  schüren  und  in  höheren  Kreisen  Mifstrauen  gegen  die  Thätig- 
keit  der  Wasserbauverwaltungen  zu  erregen.  Die  Herstellung  von 
Sammelbecken  und  Canälen  und  die  Canalisirung  der  Ströme  wurden 
als  die  wasserwirthschaftlich  allein  richtigen  Mittel  gepriesen,  die 
Regulirung  der  Gewässer  aber  als  ein  auf  ganz  verfehlter  Anschauung 
beruhendes,  geradezu  gemeingefährliches  und  deshalb  für  die  Folge 
grundsätzlich  zu  verwerfendes  Vorgehen  hingestellt.  Dabei  ward  dann 
in  der  Regel  auf  die  Correction  des  Oberrheins  als  abschreckendes 
Beispiel  hingewiesen. 

Wenn  nun  schon  eine  unrichtige  Behauptung  dadurch  nicht 

2)  Vgl.  Annales  des  ponts  et  chaussees.  1887.  2.  sem. 


richtiger  wird,  dafs  sie  immer  von  neuem  wieder  erscheint,  so  ist 
die  hartnäckige  Wiederholung  doch  geeignet,  bei  den  der  Sache 
ferner  Stehenden  Zweifel  hervorzurufen,  und  mit  der  Zeit  gewinnt 
die  Behauptung  selbst  den  Schein  der  Wahrheit  um  so  leichter, 
wenn  sie  vorhandenen  Wünschen  entgegenkommt.  Dies  scheint  auch 
bei  dem  Strafsburger  Canalgedanken  der  Fall  zu  sein,  dem  die  Ab¬ 
schätzung  der  Stromregulirung  als  Mittel  zur  Verbesserung  einer 
Wasserstrafse  willkommen  sein  mufste.  ' 

Noch  in  der  ersten  Hälfte  der  1870er  Jahre  hat  die  Elsafs- 
Lothringensche  Wasserbauverwaltung  einen  flüchtigen  Entwurf  mit 
Kostenüberschlag  für  den  Schiffahrtscanal  Strafsburg -Ludwigshafen 
gefertigt.  Das  Ergebnifs  ward  nicht  als  befriedigend  angesehen  und 
die  Ansicht,  dafs  der  Rhein  schon  in  seinem  dermaligen  Zustande 
in  der  guten  Jahreszeit  eine  regelmäfsige  Beschiffung  bis  Strafsburg 
hinauf  gestatte,  wenn  nur  für  gute  Verhakung  und  Reinhaltung  der 
Fahrrinne  von  Baumstämmen  u.  dgl.  und  für  Bekanntgebung  der 
jeweiligen  Fahrtiefen  gesorgt  werde,  und  ferner  dafs  mit  dem  weiteren 
Abschlufs  der  noch  offenen  Seitenarme  die  Fahrwassertiefe  bald  er¬ 
heblich  sich  verbessern  werde,  liefs  damals  das  Canalunternehmen 
in  den  Hintergrund  treten.  Elsässischerseits  wurden  nun  die  Oeff- 
nungen  in  den  Uferwerken  abgebaut.  Weiteres  ist  nicht  geschehen 
und  konnte  in  dem  Grenzstrom  von  Elsafs  allein  auch  nicht  geschehen; 
eine  Anregung  in  der  Sache  bei  dem  Nachbarstaat  aber  ist  nie  erfolgt. 
Nach  längerem  Beruhen  und,  wie  es  den  Anschein  hat,  nicht  un¬ 
wesentlich  veranlafst  durch  —  allerdings  bald  wieder  aufgegebene  — 
Canalbestrebungen  der  Stadt  Karlsruhe,  ist  in  Elsafs-Lothringen  die 
Canalfrage  wieder  aufgenommen,  nunmehr  unter  Mitwirkung  baye¬ 
rischer  Ingenieure  der  Entwurf  für  mehrere  Canallinien  zwischen 
Strafsburg  und  Ludwigshafen  vollständig  bearbeitet  und  der  elsäs- 
sische  Theil  bei  Gelegenheit  des  III,  internationalen  Binnenschiffahrts- 
congresses  öffentlich  ausgestellt  worden,  und  zwar  von  dem  Ministerium 
für  Elsafs-Lothringen  selbst.  Dieselbe  hohe  Behörde  liefs  auch  eine 
Beschreibung  des  Canalentwurfs  an  die  Congrefsmitglieder  vertheilen, 
sowie  eine  zweite  Druckschrift,  betitelt: 

Die  Schiffahrtsverhältnisse  des  Rheins  zwischen  Strafsburg  und 
Lauterburg.  Ein  Beitrag  zur  Entscheidung  der  Frage  über  die 
Nothwendigkeit  eines  oberrheinischen  Schiffahidscanals  —  zum 
Zweck  der  Ueberreichung  an  den  1888  in  Frankfurt  a.  M. 
tagenden  III.  internationalen  Binnenschiffahrtscongrefs  aufge¬ 
stellt  mit  Genehmigung  des  Ministeriums  für  Elsafs-Lothringen 
von  Ministerialrath,  Wasserbaudirector  Willgerodt. 

Welche  Förderung  des  Canalunternehmens  man  in  Strafsburg 
von  dem  internationalen  Binnenschiffahrtscongrefs  sich  versprochen 
hat,  ist  nicht  bekannt  geworden.  War  nur  beabsichtigt,  den  Entwurf 
als  eine  hervorragende  technische  Leistung  vorzuführen,  so  bleibt 
doch  die  Ueberreichung  der  obengenannten  Schrift  an  den  Congrefs 
schwer  verständlich. 

In  dieser  Schrift  - —  wie  aber  auch  in  der  Einleitung  zu  der 
Beschreibung  des  Canalentwurfs  —  wird  die  badisch  -  bayerisch- 
elsässische  Rheincorrection  vorwiegend  ungünstig  beurtheilt.  Wenn 
in  jener  Einleitung  gesagt  ist: 

„Obschon  die  Rheinstrecke  von  Speyer  bis  Basel  unter  Auf¬ 
wand  von  vielen  Millionen  nach  demselben  System  corrigirt 
worden  ist,  wie  der  Rheinlauf  unterhalb  Speyer,  so  haben  sich 
die  Schiffahrtsverhältnisse  jener  Strecke  im  ganzen  nicht  ver¬ 
bessert;  es  ist  vielmehr  heute  die  Wassertiefe  an  den  seichten 
Stellen  des  Fahrwassers  —  an  den  sogenannten  Schwellen  — 
geringer  als  sie  vor  der  Correction  war“, 
so  mufs  das  bei  jedem,  der  nicht  Gelegenheit  gehabt  hat,  sich  mit 
der  Entstehungsgeschichte  des  grofsen  Strombauwerkes  und  mit 
seinen  bedeutenden  Erfolgen  für  die  Landescultur  näher  bekannt  zu 
machen,  die  Meinung  erwecken,  dafs  hier  ein  verfehltes  Unternehmen 
vorliege,  und  dafs  die  betheiligten  Staaten  jene  vielen  Millionen 
nutzlos  ausgegeben  haben.  Bei  einem  internationalen  Congrefs  pflegt 
sonst  jeder  Staat  seine  Thätigkeit  auf  dem  Gebiet,  in  das  die  Ver¬ 
handlungen  einschlagen,  in  möglichst  vortheilhaftem  Licht  zu  zeigen; 
von  Elsafs -Lothringenscher  Seite  ist  bei  dem  Frankfurter  Congrefs 
das  Gegentheil  geschehen  in  Bezug  auf  ein  Werk,  dessen  Zustande¬ 
kommen  und  Durchführung  zwei  deutschen  Staaten,  Bayern  und  Baden, 
immer  zur  Ehre  angerechnet  worden  ist,  und  an  dessen  Ausführung 
auch  das  Reichsland  Elsafs-Lothringen  seit  bald  20  Jahren  mitwirkt 
und  hierfür  seinerseits  ungefähr  17  Millionen  Mark  ausgegeben  hat. 

Und  wenn  in  jener  Schrift  weniger  bewiesen,  als  sehr  bestimmt 
behauptet  wird  —  die  Kraft  des  Ausdruckes  mufs  oft  den  Mangel 
der  Schlüssigkeit  ersetzen  — ,  dafs  strombauliche  Mafsnahmen  zur 
Verbesserung  der  Wasserstrafse  des  Oberrheins  unmöglich,  ohne 
jede  Aussicht  auf  Erfolg,  selbst  schädlich,  wenn  ausführbar,  nicht 
zu  erhalten,  zudem  übermäfsig  kostspielig,  nicht  lohnend  wären,  und 
dafs  überdies  die  Ausführung  zu  lange  Zeit  in  Anspruch  nehmen 
würde,  sodafs,  wie  in  der  Einleitung  zu  der  Beschreibung  des  Canal¬ 
entwurfs  bemerkt  wird. 


Centralblatt  der  Baüverwaltung. 


107 


k.  II. 


„von  weiteren  Versuchen,  den  Rheinstrom  auf  der  Strecke 
Speyer- Strafsburg  für  dön  grofsen  Handelsverkehr  schiffbar 
zu  machen,  auf  Grund  der  bisherigen  Erfahrungen  und  Be¬ 
obachtungen  ein  für  allemal  Abstand  genommen  werden 
mufs“, 

so  betrifft  dies,  da  von  der  105  km  langen  Stromstrecke  nur  das  eine 
Ufer  und  nur  in  einer  Länge  von  65  km  zu  Elsafs  gehört,  eine  An¬ 
gelegenheit,  an  der  doch  auch  die  Nachbarstaaten  wesentlich  betheiligt 
sind.  Während  eines  halben  Jahrhunderts  ist  die  Correction  des 
Oberrheins  durch  das  einmüthige  Zusammenwirken  der  Uferstaaten 
ausgeführt  und  auf  Grund  des  vereinbarten  Planes  zur  Stunde  noch 
in  der  Ausführung  begriffen.  Es  hat  deshalb  seltsam  berührt,  dafs 
eine  Auseinandersetzung  über  die  Frage  weiterer  Regulirungsmafs- 
nahmen  in  dieser  Stromstrecke  von  Elsässischer  Seite  einem  inter¬ 
nationalen  Congrefs  überreicht  ward,  dies  ohne  dafs  in  der  Sache 
ein  Meinungsaustausch  mit  der  Regierung  des  Nachbarstaates  auch 
nur  versucht  worden  wäre. 


Durchweg  ist  in  den  Darstellungen  jener  Schrift  starke  Seiten¬ 
beleuchtung  angewendet  —  mehr,  als  durch  ihren  Zweck,  die 
Nothwendigkeit  des  Seitencanals  nachzuweisen,  entschuldbar  erscheint 
und  mehr,  als  man  dies  von  einer  amtlichen  Veröffentlichung  gewöhnt 
ist.  Ihre  amtliche  Eigenschaft  schützt  die  Schrift  gegen  herbe  Kritik, 
liefs  es  aber  auch  nicht  zu,  sie  hier  mit  Stillschweigen  zu  übergehen. 
Doch  darf  im  folgenden  nicht  mehr  auf  jene  Darstellungen  im  einzelnen 
zurückgekommen  werden,  wenn  es  gelingen  soll,  hier  den  Gegenstand 
in  das  Volllicht  zu  rücken,  indem  sachlich  und  kurz  und  in  einer 
auch  für  nichttechnische  Kreise  verständlichen  Weise,  mit 
Beiseitelassung  aller  politischen  und  vorwiegend  wirthschaftlichen 
Gesichtspunkte,  die  Frage  erörtert  wird:  ob  nach  Lage  der 
that sächlichen  Verhältnis se  und  nach  dem  Stande  der 
Wasserbaukunde  im  letzten  Zehnt  des  19.  Jahrhunderts 
es  wirklich  unmöglich  erscheint,  die  Wasserstrafse  des 
Rheins  so  zu  verbessern,  dafs  die  grofse  Handels¬ 
schiffahrt  Strafsburg  erreichen  kann.  (Forts,  folgt.) 


Kirche  in  Langenstein  am  Harz. 


Im  Jahre  1885  wurde  von  der  Genieinde  und  deni  Patron  in 
Langenstein,  einem  am  Fufse  des  Hoppelberges  am  nördlichen  Harz- 
abhange  gelegenen  Dorfe,  der  Beschlufs  gefafst,  an  Stelle  der  alten. 


von  50  000  Mark  nicht  übersteigen  sollten,  so  mufste  davon  Abstand 
genommen  werden,  die  Kirche  zu  wölben.  Es  sind  daher  die  Schiffe 
mit  hölzerner  Flachdecke  versehen ,  und  nur  der  Chor  hat  ein 


West- Ansicht. 


Seiten -Ansicht. 


sehr  baufälligen  Kirche  einen  Neu¬ 
bau  zu  errichten,  und  der  Unter¬ 
zeichnete  mit  Aufstellung  des  Ent¬ 
wurfes  und  Kostenanschlages  beauf¬ 
tragt.  Zur  Bedingung  war  gemacht, 
dafs  die  Kirche  zunächst  Raum  für 
etwa  500  Sitzplätze  im  Schiff  und 
auf  der  Orgelempore  erhalten  sollte. 

Es  sollte  jedoch  möglich  sein,  durch 
später  einzurichtende  Emporen  im 
Bedürfnifsfalle  Platz  für  weitere  60 
bis  70  Sitze  zu  schaffen.  Aus  diesem 
Grunde  ist  für  den  Grundrifs  die  her¬ 
kömmliche  Form  des  Kreuzes  ge¬ 
wählt  worden,  denn  diese  Anordnung 
ermöglicht  den  späteren  Emporen- 
Einbau  ohne  Einschränkung  des 
Langschiffes  am  besfen,  indem  sie 
die  Kreuzarme  dafür  zur  Verfügung 
stellt.  An  das  Langschiff  schliefst  sich  östlich  der  aus  fünf  Seiten 
des  regelmäfsigen  Achtecks  geschlossene  Chor.  Vor  der  Westseite 
des  Langschiflfes  erhebt  sich  der  Thurm,  durch  dessen  zur  Vorhalle 
gemachtes  Untergeschofs  einer  der  drei  Eingänge  zur  Kirche  führt. 

Da  ursprünglich  festgesetzt  war,  dafs  die  Baukosten  die  Summe 


Gewölbe  erhalten.  Als  Baustein  ist, 
abgesehen  von  den  Grundmauern, 
zu  denen  die  aus  dem  Abbruch  ge¬ 
wonnenen  Sandsteine  wiederbenutzt 
sind,  fester  Blankenburger  Sandstein 
verwendet  worden.  Das  Dach  ist 
mit  deutschem  Schiefer  auf  Schalung 
gedeckt. 

Im  Februar  1888  wurde  mit 
dem  Abbruch  der  alten  Kirche  be¬ 
gonnen,  und  der  Neubau  so  geför¬ 
dert,  dafs  die  Kirche  am  21.  Decem- 
ber  desselben  Jahres  geweiht  werden 
konnte.  Die  Kosten  des  ganzen 
Baues  belaufen  sich,  einschliefslich 
der  Instandsetzung  der  alten  Orgel, 
der  Kanzel  und  des  Altars,  auch 
einschliefslich  Beschaffung  einer 
neuen  Uhr  und  eines  neuen  eisernen 
Glockenstuhles  sowie  verschiedener  Nebenarbeiten  auf  rund 
65  800  Mark.  Die  Ausführung  des  Baues  wurde  an  Ort  und  Stelle 
mit  Umsicht  und  Sorgfalt  durch  den  Kgl.  Regierungs  -  Bauführer 
Schröder  geleitet. 

Halberstadt  im  December  1889.  Varnhagen. 


Grundrifs. 


15.  Mürz  1890. 


108  Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Die  Marmorbrüche  der  Gewerkschaft  „Yereiiiigte  Mecklinghäuser  Marmorgruben‘‘ 

im  Bergreyier  Attendorn,  Kr.  Olpe. 


Die  Anreguug,  welche  die  von  dem  Verein  zur  Beförderung  des 
Gewerbdeifses  in  Berlin  gestellte  Preisaufgabe  einer  Beschreibung 
der  in  Deutschland  vorkomnienden  Marmorarten  gegeben  hat,  um 
weiteren  Kreisen  ein  Interesse  für  die  Hebung  des  inländischen 
Marmorgewerbes  einzuflöfsen,  ist  nicht  zu  verkennen.  Seitdem  in  der 
gekrönten  Preisschrift  des  Verfassers*)  zugleich  mit  der  Uebersicht 
der  im  deutschen  Reiche  vorhandenen  Marmorlager  die  Bedingungen 
einer  gedeihlichen  Entwicklung  für  derartige  Unternehmen  auf  Marmor 
erörtert  wurden,  ist  dem  Verfasser  eine  Anzahl  von  Marmorunter¬ 
nehmungen  bekannt  geworden,  welche  demnächst  mit  ihren  Waren 
den  deutschen  Markt  beschicken  werden. 

Zu  diesen  Unternehmungen  zählt  in  erster  Reihe  diejenige  der 
Gewerkschaft  ,, Vereinigte  Mecklinghäuser  Marinorgruben“,  mit  dem 
Sitze  in  Siegen,  welche  Besitznachfolgerin  der  „Rheinischen  Bau¬ 
gesellschaft“  ist.  Letztere  erwarb  im  Jahre  1870  sämtliche  ira  Berg¬ 
revier  Attendorn  belegenen  Marmorgruben,  vermochte  indessen  wegen 
der  ungünstigen  und  die  Selbstkosten  zu  hoch  belastenden  Abfuhr¬ 
verhältnisse,  vielleicht  auch  infolge  ungenügender  Auswahl  und 
Sichtung  des  Materials  und  dadurch  hervorgerufeuer  Mifserfolge,  den 
Betrieb  nicht  lange  fortzuführen.**)  Die  neue,  den  gesamten  Gruben¬ 
besitz  gleichfalls  in  einer  Hand  vereinigende  Gewerkschaft  hat  die 
vor  etwa  zwei  Jahren  wieder  begonnene  Erschliefsung  der  Gruben 
und  die  Errichtung  der  erforderlichen  Verarbeituugs-  und  Ver¬ 
frachtungs-Anlagen  auf  der  Grundlage  wesentlich  günstiger  gestalteter 
Verhältnisse  in  Angriff  nehmen  können. 

Der  Ausdruck  „Marmorgruben“  ist  vorliegend  im  bergrechtlichen 
Sinne  aufzufassen,  insofern  den  Besitzstand  der  Gewerkschaft  ein 
bergrechtlich  verliehenes  Bergwerkseigenthum  bildet,  welches  in  den 
fünfziger  Jahren  dieses  Jahrhunderts  nach  der  Kurkölnischen  Berg¬ 
ordnung  vom  4.  Januar  1669  zur  Verleihung  gekommen  ist,  da  nach 
dieser  Bergordnung  die  Marmorbrüche  zu  den  Bergwerken  und  der 
Marmor  zu  den  Regalien  gehörten.  Das  Bergwerkseigenthum  der  Ge¬ 
werkschaft  besteht  aus  18  durch  Consolidation  vereinigten  Einzel¬ 
feldern,  die  das  Gebiet  eines  mächtigen  und  ausgedehnten  Vorkommens 
von  mitteldevonischem  Kalkstein  bedecken,  welcher  im  westfälischen 
Sauerlande  im  oberen  Laufe  des  Lenneflusses  zu  beiden  Seiten  des¬ 
selben  auftritt  und  die  sogen.  Doppelmulde  von  Attendorn  bildet. 
In  einer  ringsum  von  Lenneschiefer,  der  unteren  Abtheilung  des 
Mitteldevon,  umschlossenen  Mulde  (s.  das  beigegebene  Kärtchen) 
setzen  zwei  Rücken  des  sogen.  Eifel-  oder  Stringocephalen- 
kalks  der  oberen  mitteldevonischen  Gebirgsstufe  auf,  welche  von 
einander  in  ihrem  südwestlichen  Theile  von  dem  sich  einschiebenden 
Faltungssattel  der  Lenneschiefer,  in  der  Mitte  und  nach  Nordosten 
von  den  auflagernden  oberdevonischen  Schichten  der  Kramenzel- 
schiefer  und  den  untersten  Gliedern  des  Carbonsystems  (Culm  und 
Kohlensandstein)  getrennt  werden;  diese  jüngeren  Schichten  bilden 
auch  im  Süden  die  hangende  Scheide  des  Eifelkalksteins. 

Der  Kalksteinzug  des  nördlichen  Muldeuflügels  ist  zwischen  Haus 
oder  Kloster  Ewig  bei  Attendorn  und  Fretter  (nicht  mehr  auf  der 
Karte)  bei  einer  durchschnittlichen  Breite  von  1280  m  gegen  15  km 
lang.  An  der  südlichen  Schichtengrenze  zwischen  Eifelkalkstein  und 
Lenneschiefer  ist  das  Thal  der  Bigge  in  vielfach  gewundenem  Laufe 
aufgerissen,  und  es  erhebt  sich  entlang  diesem  ganzen  Laufe  auf  der 
linken  Thalseite  der  Kalkstein  in  steiler  Felswand  zu  100  m  über  der 
Thalsohle,  in  den  zahlreichen  Windungen  des  Thals  ebenso  viele  be¬ 
queme  Angriffspunkte  zur  Anlegung  ungeheurer  Steinbrüche  bietend. 
Der  Nordflügel  der  südlichen  Mulde  (ein  Südflügel  tritt  hier  nicht 
auf)  ist  zwischen  den  Orten  Mecklinghausen  und  Nied.  Melbecke 
9,28  km  lang  bei  einer  Breite  (in  der  Querlinie  zwischen  Dünschede 
und  Silbecke)  von  1920  m.  Seine  westliche  Hälfte  wird  an  der  süd¬ 
lichen  Scheide  vom  Wasserlaufe  des  Repebachs  begrenzt  oder  durch¬ 
schnitten.  Dieses  Thal  hat  wesentlich  flachere  Abdachungen,  die 
Felsen  erheben  sich  nördlich  bis  zu  80  m  über  der  Thalsohle.  Im 
Lennethale,  welches  diese  Kalksteinzüge  quer  durchbricht,  stehen 
die  Kalksteinfelsen  am  linken  Ufer  bei  Borghausen  steil  an  und 
zeigen  sich  von  der  Mündung  des  Repebaches  bis  nördlich  an  die 
hangenden  Kramenzelschiefer  heran  in  den  hier  angelegten  Kalk¬ 
steinbrüchen  in  ununterbrochener  Lagerung  bänkiger  Massen. 

Die  ausschliefslich  auf  den  westlich  der  Lenne  gelegenen  Theilen 
der  Kalksteinzüge  sich  ausdehnenden,  consolidirten  Felder  der  Ge¬ 
werkschaft  lassen  den  der  zukünftigen  Ausbeutung  zustehenden 
Vorrath  an  Rohmaterial  als  schier  unerschöpflich  erscheinen  in  Ver¬ 


*)  Dr.  B.  Kosmann,  die  Marmorarten  des  deutschen  Reiches, 
Verhandl.  d.  Ver.  z.  Beförd.  d.  Gewerbfl.  1888,  S.  56,  auch  im  Sonder¬ 
abdruck  bei  Leonh.  Simion,  Berlin  1888. 

**)  Kosmann,  a.  a.  0.  S.  127. 


bindung  mit  dem  Umstande,  dafs  für  eine  einträgliche  Ausgewinnung 
die  Vorbedingung  geeigneter  Abfuhrwege  gewährleistet  ist.  Die 
frühere  Marmorgewinnuug  liatte  sich,  mit  Rücksicht  auf  die  Be¬ 
schaffung  von  Wasserkraft  sowie  —  da  zu  jener  Zeit  dem  Lenne¬ 
thale  noch  die  Eisenbahnstrecke  Hagen  -  Siegen  fehlte  —  auf  die 
über  Olpe  nach  dem  Rheinstrom  zu  nehmende  Abfuhrstrafse,  bei 
dem  Dorfe  Mecklinghausen  im  Repethal  angesiedelt.  Für  die  gegen¬ 
wärtigen  Neuanlagen  konnte  man  von  wesentlich  anderen  Bedingungen 
in  der  Auswahl  der  Angriffspunkte  ausgehen,  und  es  wurde  ein 
solcher  im  Anschlufs  an  die  am  Ausgange  des  Repethals  bei  Borg- 
hauseu  hergestellte,  mit  der  Hauptbahn  verbundene  Verladungsstelle 
östlich  des  Dorfes  Dünschede  ausersehen.  Dieser  Angriffspunkt  steht 
mit  dem  Verladeplatz  durch  eine  1500  m  lange,  schmalspurige  Loco- 
motivbahn  in  Verbindung,  und  in  300  m  Entfernung  von  letzterem 
ist  auf  dem  linken  Thalufer  die  Marmormühle,  d.  h.  die  Schneide- 
und  Schleifwerkstätte,  angelegt  worden,  zu  der  in  einem  gemauerten 
Obergraben  das  Bachwasser  geleitet  worden  ist,  um  dort  eine  Turbine 
von  35 — 40  Pfdkr.  zu  treiben. 

Für  den  Hauptbetrieb  der  Marmorgewinnung  hat  die  Gewerk¬ 
schaft  in  dem  Einzelfelde  Carrara  auf  einem  eigenthümlich  erworbenen 
Flächenstück  von  16,8  ha  in  Fortführung  der  erwähnten  Schmalspur¬ 
bahn  unter  der  Landstrafse  her  einen  offenen  Stollen  in  nördlicher 
Richtung  querschlägig  gegen  die  Schichtenstellung  in  das  Lager  hinein¬ 
getrieben,  welcher  gegen  150  m  lang  werden  soll  und  zur  Zeit  etwa 
ein  Drittel  dieser  Länge  erreicht  hat.  Dieser  Einschnitt  bringt  die 
derzeitige  tiefste  Lösung  bis  zu  50  m  unter  der  Rasenoberfläche  ein. 
Eine  vor  der  Landstrafse  nach  Westen  angelegte  Abzweigung  der 
Schmalspurbahn  überschreitet  in  180  m  Entfernung  vom  tiefen  Ein¬ 
schnitt  die  Strafse  und  hier  ist  ein  zweiter  querschlägiger  Aufhieb 
angelegt,  welcher  in  einer  10  m  höheren  Sohle  die  hängenderen 
Schichten  des  Marmorlagers  löst.  Diese  obere  Sohle  wird  von  dem 
tiefen  Einschnitt  aus  mit  einem  streichenden  Aufhieb  erreicht,  um 
dieselbe  trocken  zu  legen  und  eine  Verbindung  der  Arbeitspunkte 
im  Bruche  herzustellen.  Endlich  findet  sich  in  einem  noch  270  m 
weiter  westlich  gelegenen,  alten  Steinbruche  eine  dritte  hängendere 
Partie  des  Marmorlagers  entblöfst,  welche  ebenfalls  mit  der  Schmal- 
sf)urbahn  wie  mit  dem  streichenden  Aufhieb  erreicht  worden,  sodafs 
nach  Vollendung  dieser  Arbeiten  das  Marmorlager  in  einer  Mächtig¬ 
keit  von  nahezu  200  m  und  einer  Länge  von  500  m  durchörtert  und 
dem  Abbau  zugänglich  gemacht  sein  wird.  Das  Marmorlager  steht 
in  regelmäfsig  gelagerten,  massigen,  gesunden  Bänken  von  1 — 1,5, 
auch  2  m  Mächtigkeit  an,  die  hier  und  da  mit  Zwischenlagen  von 
klüftiger  und  schiefriger  Beschaffenheit  und  ungeordneter  Stärke 
wechsellagern,  und  die  beschriebene  Art  der  Vorrichtung  gestattet 
jede  Bank  auf  die  Art  ihres  Gefüges  und  ihrer  Färbung  zu  unter¬ 
suchen  und  zu  vermerken;  ebenso  ist  vom  Querschlage  aus  das  Ab¬ 
treiben  gröfserer  Blöcke  an  jedwedem  Punkte  ermöglicht.  Das  Ge¬ 
stein  der  Marmorbänke  ist  äufserst  dicht,  gleichmäfsig  und  von  sehr 
feinkörnigem  Gefüge.  Vorwiegend  sind  der  Färbung  nach  die  blau¬ 
grauen  und  röthlichen  Abtönungen,  welche  infolge  der  ausgezeichneten 
Politur,  die  sich  dem  Marmor  ertheilen  läfst,  zu  guter  Wirkung 
kommen.  Der  Marmor  stellt  sich  auch  der  geognostischen  Stellung 
seiner  Schichten  zufolge  im  grofsen  und  ganzen  dem  Nassauischen 
Marmor  an  die  Seite,  in  einigen  gleich  zu  erwähnenden  Abänderungen 
wird  er  aber  auch  die  beliebten  dunklen  und  geäderten  Marmore 
belgischer  Herkunft  ersetzen  können. 

Aufscr  diesem  gröfseren  Aufschlüsse  hat  die  Blofslegung  von 
Mai-mor  an  den  Fundpunkten  der  zahlreichen  Grubenfelder  und  so 
mancher  ältere  wie  neuere  Bruchversuch  an  den  vieler  Orten  an¬ 
stehenden  Kalksteinklippen  einen  Einblick  in  den  Wechsel  des 
Marmorvorkommens  gewährt,  und  den  Beweis  der  gröfsten  Mannig¬ 
faltigkeit  geliefert.  An  weiteren  Gewinnungspunkten  aus  dem  Be¬ 
reiche  des  Grubenbesitzes  der  Gewerkschaft  sind  in  dieser  Beziehung 
zu  nennen;  Im  Repethale 

1.  Mecklinghausen:  Schön  roth  gefärbte  Gesteine  in  zwiebel- 
bis  blutrothen  Tönungen,  mit  grünlich  und  grau  geäderten  Bänken 
wechselnd,  stehen  mehrfach  in  niedrigen  Hügeln  an.  Eine  eigen- 
thümliche  Agglomeration  des  Gefüges  bewirkt  knollige  oder  knollen¬ 
artige,  rundliche  Absonderungen,  deren  Zwischenräume  von  chlori- 
tischen  Silikaten  ausgefüllt  sind,  wodurch  diese  Bänke  den  sogen. 
Knollen  kalken  der  obersilurischen  Schichten  im  südlichen  Thüringen 
ähnlich  werden. 

2.  Kirchhelden:  In  einem  unweit  südöstlich  des  Dorfes  angelegten 
Bruche  wurde  früher  dunkelblauer  Marmor  gebrochen,  welchem  weifse 
Bänke  von  späthigem  Gefüge  von  25—40  cm  Dicke  eingelagert  sind. 
Neben  den  Abänderungen  reiner  Färbungen  würden  sich  hier  auch 


Nr.  11. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


109 


dunkele  Platten  mit  weifser  Äderung  durchzogen,  nach  Art  des  bel¬ 
gischen  St.  Anne-Marmors,  gewinnen  lassen.  —  Im  Lennethale 

3.  Borghausen:  In  den  bereits  erwähnten  Kalksteinschichten  nörd¬ 
lich  der  Einmündung  der  Repe  stehen,  durch  Steinbruchbetrieb  ent- 
blöfst,  mächtige  Wände  an,  welche  ausgezeichnete  lichtblaue  und 
lebendig  rothe  Abänderungen  aufweisen,  die  zum  Theil  durch  ein¬ 
gelagerte  fossile  Thierreste  eine  wechselreiche  Musterung  entfalten. 

In  dem  nördlichen  Kalksteinzuge  des  Biggethaies  sind  fol¬ 
gende  Stellen  zu  bezeichnen; 

4.  Von  einem  Punkte  in  der  Nähe  der  ersten  Eisenbahnbrücke, 
westlich  Finnentrop,  bis  zur  westlichen  Grenze  der  Verleihungen  stehen 
am  nördlichen  Ufer  der  Bigge  die  bereits  erwähnten  mächtigen  Fels¬ 
wände  an  und  zeigen  bläulich  und  blaugrau  gefärbte  Bänke  mit  röthlich 
geflammten  Einlagerungen  von  feinkörnigem  bis  ganz  dichtem  Gefüge. 

5.  Unterhalb  der  erwähnten  Eisenbahnbrücke,  unweit  des  von 
Heggen  zum  Biggethal  herabführenden  Weges,  ist  an  der  Landstrafse, 
zur  Gewinnung  der  Bau¬ 
steine  für  die  Brücke,  ein 
Bruch  in  einem  hellgelb 
bis  zart  röthlich  gefärb¬ 
ten  Marmor  angelegt 
worden.  Der  Marmor, 
welcher  ebenfalls  knollen¬ 
artige  Absonderungen 
zeigt,  ist  von  sehr  dich¬ 
tem,  gleichmäfsigem  Ge¬ 
füge  und  zartem  Aus¬ 
sehen,  wie  es  gewissen 
französischen  Marmor¬ 
arten  der  Jurabildung 
eigen  ist. 

6.  Heggen;  Ungefähr 
0,5  km  westlich  des  Dorfes 
sind  in  einem  grofsen,  zur 
Zeit  von  der  Firma  Hefs 
u.  Schulte,  Siegen,  betrie¬ 
benen  Bruche  graue,  fein 
krystallinische  und  in 
starken  Bänken  von  regel- 
mäfsiger  Lagerung  ent¬ 
wickelte  Kalksteine  ent- 
blöfst.  Der  splittrige 
Bruch  und  das  späthige, 
selbst  im  feinsten  Korn 
krystallinische  Gefüge 
läfst  die  echte  Marmor¬ 
beschaffenheit  erkennen. 

7.  Heggen:  Am  öst¬ 
lichen  Ausgange  des 
Dorfes  stehen  nördlich  der 
Dorfstrafse  tief  schwarz 
gefärbte,  von  Korallen¬ 
resten  erfüllte  Marmorkalke  an,  welche  für  das  Einzelfeld  Schwarzenberg 
den  Fundpunkt  abgegeben  haben.  Die  in  der  dunkler  getönten  Grund¬ 
masse  eingelagerten  Querschnitte  der  fossilen  Korallenstöcke,  die  meist 
von  einer  späthigen  weifsen  Rinde  umgeben  sind,  heben  sich  in  sehr 
bemerkenswerther  Weise  von  ihrer  Umgebung  ab,  und  die  hier  zu 
gewinnenden  Platten  dürften  in  Ansehen  und  Gefälligkeit  mit  dem 
beliebten  belgischen  Korallenmarmor  wetteifern. 

8.  Milstenau:  In  einem  älteren  Bruche,  östlich  des  Dorfes,  sind 
mächtige  Bänke  schwarzen  und  dunkelblaugrauen  Marmors  entblöfst. 
Da  derartige  tiefdunkele  und  reingehaltene  Abänderungen  zu  den 
Seltenheiten  gehören,  so  legt  man  seitens  der  Gewerkschaft  auf 
dieses  Vorkommen,  ebenso  wie  auf  das  voraufgehend  erwähnte, 
grofsen  Werth. 

Aus  dieser  Aufzählung  vorhandener  Aufschlüsse  lassen  sich, 
soweit  dies  aus  einer  Beschreibung  möglich,  die  Reichhaltigkeit  und 
Mannigfaltigkeit  der  in  der  Attendorner  Kalkstein- Ablagerung  ent¬ 
haltenen  Marmorsorten  erkennen.  Soweit  aber  nun  einerseits  durch 
die  staatlich  erfolgte  Verleihung  der  Marmorlager  zum  Bergwerks- 
eigenthume,  anderseits  durch  sachverständige  und  geschickte  An¬ 
ordnung  der  Anlagen  sowie  durch  Vorhaltung  ausreichender  Geld¬ 
mittel  alle  Grundlagen  gesichert  erscheinen,  um  diese  Unternehmung 
einer  gedeihlichen  Entwicklung  entgegenzuführen,  so  sind  dennoch 
der  Gewerkschaft  gerade  aus  ihrer  Stellung  als  Bergbautreibenden 
nicht  unbedenkliche  Schwierigkeiten  erwachsen,  deren  eigenthümliche 
Gestaltung  kurz  gestreift  sein  möge,  weil  sie  aueh  für  fernerstehende 
Kreise  nicht  des  Interesses  entbehren  und  einen  belehrenden  Einblick 
in  das  derzeitige  Veihältnifs  zwischen  dem  Bergwerks-  und  dem 
Grundeigenthümer  gewähren,  wie  es  sich  durch  Berggesetzgebung 
und  Industrie  gestaltet  hat. 


Durch  die  bergrechtliche  Verleihung  ist  dem  Grundeigenthümer 
das  Recht  der  Verfügung  über  die  verliehene  Marmorlagerstätte 
entzogen.  Diese  Thatsache  ist  bei  den  hiervon  berührten  Grund¬ 
besitzern  theils,  weil  die  bergbaüliche  Thätigkeit  der  Geliehenen 
während  langer  Jahre  geruht  hat,  in  Vergessenheit  gerathen,  theils 
dadurch  verdunkelt,  dafs  die  Beschaffenheit  des  anstehenden  Kalk¬ 
steins  als  Marmor  in  Abrede  gestellt  und  von  den  Grundbesitzern 
im  guten  Glauben  im  verliehenen  Felde  ein  Bruchbetrieb  auf  Kalk¬ 
stein  eröffnet  worden  ist.  Der  für  fast  verschollen  erachtete  Berg¬ 
bautreibende  erscheint  unter  diesen  Umständen  als  ein  unerwünschter 
Eindringling.  In  zwei  Richtungen  zumal  bekunden  sich  die  durch 
den  Widerspruch  der  Grundeigenthümer  geschaffenen  Schwierigkeiten. 
Einmal  bei  der  für  den  Bergbaubetrieb  erforderlich  werdenden  Ent¬ 
eignung  von  Grundstücken,  zum  andern  hinsichtlich  der  Wahrung 
des  Bergwerkseigenthums  gegen  die  Beeinträchtigung  durch  fremden 
Bruchbetrieb.  Im  ersten  Falle  fordert  der  Grundeigenthümer  neben 

der  Entschädigung  für 
die  beanspruchte  Ober¬ 
fläche  auch  noch  eine 
solche  für  die  entzogene 
Kalksteinnutzung  —  wie¬ 
wohl  im  verliehenen 
Felde  — ,  und  zwar  unter 
Hinweis  darauf,  dafs  unter 
allen  Umständen  nicht  der 
ganze  Kalkstein  für  die 
Verwendung  als  Marmor 
tauglich  sei.  Im  anderen 
Falle  beruft  er  sich  gleich¬ 
falls  darauf,  dafs  dem 
von  ihm  im  verliehenen 
Felde  gewonnenen  Kalk¬ 
stein  die  Beschaffenheit 
als  Marmorgestein  abgehe 
und  dieser  deshalb  dem 
V  erfügungsbereich  des 
Grundeigenthümers  unter¬ 
falle.  Es  handelt  sich  bei 
diesen  gegenseitigen  Ans¬ 
prüchen  also  wesentlich 
um  die  Feststellung  des 
Begriffs  „Marmor“,  um 
danach  bestimmen  zu 
können,  in  welcher  Aus¬ 
dehnung  die  aus  der 
bergrechtlichen  Verlei¬ 
hung  herzuleitenden  An¬ 
sprüche  auf  das  vorhan¬ 
dene  Kalkgestein  Anwen¬ 
dung  zu  finden  haben. 
Indessen  ist  bei  diesem 
Widerstreit  ein  Umstand 
nicht  zu  übersehen,  der  die  Parteien  der  Erörterung  über  den  „Marmor¬ 
begriff“  und  dessen  Tragweite  überhebt.  Es  ist  dies  die  nach  dem  allge¬ 
meinen  Berggesetz  (vom  24.  Juni  1865)  dem  Geliehenen  ausschliefslich 
zustehende  Befugnils,  das  verliehene  Mineral  aufzusuchen  und  zu  ge¬ 
winnen.  Ersichtlich  vollzieht  sich  für  den  Beliehenen  mit  dieser 
Befugnifs  auch  diejenige,  das  ausschliefsliche  Urtheil  und  somit  die 
entscheidende  Stimme  darüber  auszuüben,  welche  Gesteine  seinen 
Zwecken  tauglich  und  dienlich  erscheinen,  auch  diejenigen  Stellen 
zu  bezeichnen,  wo  die  zweckentsprechend  erscheinenden  Gesteinsbänke 
anstehen.  Damit  aber  ist  ausgesprochen,  dafs  auf  des  Beliehenen 
Verlangen  jeder  andere  Bruchbetrieb  aufzuhören  hat,  sobald  jener 
bemerkbar  gemacht  hat,  dafs  durch  letzteren  die  Substanz  seines 
Bergwerkseigenthums  vernichtet  werde.  Da  aber  zugleich  bei  Auf¬ 
suchung  und  Erschliefsung  der  Lagerstätte  nicht  vorhergesagt  werden 
kann,  in  welcher  Ausdehnung  Gestein  von  tauglicher  Beschaffenheit 
anzutreffen  sein  wird,  so  kann  zu  Gunsten  des  zu  enteignenden  Grund¬ 
eigenthümers  keine  Grundlage  gefunden  werden,  auf  welcher  die 
Berechnung  der  Entschädigung  für  entzogene  Kalksteinnutzung  statt¬ 
haben  könnte. 

Der  hier  für  den  Beliehenen  günstige  Gesichtspunkt  gewinnt 
aber  an  Umfang  noch  dadurch,  dafs  die  an  die  Marmoreigenschaft 
des  Gesteins  zu  stellenden  Ansprüche  nicht  allein  auf  die  Verwendung 
zu  Kunstwerken  beschränkt,  sondern  infolge  der  Fortschritte  und 
Entwicklung  der  chemischen  Industrieen  auch  für  diese  Gebiete  von 
grofser  Wichtigkeit  geworden  sind.  Eine  Anzahl  von  Industrieen, 
wie  die  Glas-,  Soda-,  Zucker-,  Cellulose-  und  Selterswasserfabvication, 
ja  selbst  die  Mörtelbereitung,  finden  heutzutage  ihren  Vortheil  in 
der  Verwendung  reinster  Rohmaterialien  und  verlangen  für  ihre 
Lieferungen  in  diesem  Artikel  ausdrücklich  Marmorkalk.  Wie  sehr 


[  -  '  j  Lenne  -  Schiefer 

I^SS^I  Eifel  -  KaJkstein 
Kramenzei 
Kohiensandsiem 

Culm 


Einzelfelder,  consoiidirt  unter 
dem  Namen^^VerelnigieMecklinghäuser- 
Marmorgpuhen'i^ 

1 .  Naxoa 

2.  Hollenbock 

3.  Germania 

4.  Schwarzenberg 

5.  Brauneberg 

6.  Perikies 

7.  Potsdam 

8.  Rotheburg 

9. 

10.  Berlin 

11.  Carrara 
,  ,.^1Z.  Grioito 
^^13.  Weiseberg 

14.  Schwarzkopf 

15.  Blauberg 

16.  Ahausen 

17.  Grüneberg 
I,  Strahlenberg 


1Q0D  2000  3000  4000  3000 


2000  3000  400D  5000 


10000  Schritte 

10000" 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


15.  März  1890. 


der  Kalkstein  brechende  Grundeigenthümer  sich  auf  die  reine  Be¬ 
schaffenheit  seines  Products  berufen  mag,  die  Bezeichnung  desselben 
als  „Marmorkalk“  wird  ihm  nicht  erlaubt  sein  zu  führen,  wenn  er 
nicht  im  selben  Augenblick  den  Ansprüchen  des  Beliehenen  in  die 
Hände  arbeiten  will.  Anderseits  ist  aber  letzterer  imstande,  die  Be¬ 
schaffenheit  des  verliehenen  Minerals  auf  jedwede,  ihrer  chemischen 
Beschaffenheit  nach  tauglichen  Bestaudtheile  der  Lagerstätte,  nament¬ 
lich  auch  auf  die  im  Bruche  entstehenden  Ab  fälle  auszudehnen, 
welche  nunmehr  die  Rolle  eines  bei  der  Gewinnung  abfallenden 
Nebenproducts  annehmen,  dessen  Zugutemachung  für  die  Rentabilität 
des  Betriebs  eine  nicht  zu  unterschätzende  Quelle  abgiebt.  Bezüglich 
dieser  Abfälle,  welche,  wiewohl  sie  nicht  zur  Marmorfabrication  ver¬ 
wendbar,  dennoch  ausschliefslich  gewissen  Ansprüchen  der  chemischen 


Technik  genügen,  ist  folgerichtig  die  Anforderung  ausgeschlossen,  dafs 
sie  der  Verfügung  des  Grundeigenthümers  wieder  zurückgegeben 
werden  inüfsten,  wie  dieser  Anspruch  seitens  des  Grundeigenthums 
bereits  erhoben  worden  ist.  Man  wird  hieraus  ersehen,  dafs  trotz 
des  klaren  und  unanfechtbaren  Wortlauts  der  bergrechtlichen  Ver¬ 
leihungsurkunde  der  Eigenthumsbereich  des  Beliehenen  ein  vielfach 
umstrittener  ist,  und  dafs  sich  an  die  Ausbeutung  auch  der  in  Rede 
stehenden  Marmorlager  eine  Menge  von  Rechtsfragen  knüpfen,  deren 
Auskämpfung  zur  reinen  Freude  industriellen  Schaffens  nicht  gerade 
beitragen  kann. 

Breslau,  im  October  1889.  Dr.  B.  Kosmann 

Kgl.  Bergmeister  und  Privatdocent. 


Baugeschichtliches  von  der  Kaiser  Wilhelmbrücke  über  die  Spree  in  Berlin, 

(Schlufs.) 


Der  Wunsch,  die  Brücke  recht  schnell  herzustellen,  hat  sich 
leider  nicht  erfüllen  lassen.  Verschiedene  widrige  Umstände  sind 
zusammengetroffen,  um  das  Gelingen  des  Werkes  über  Gebühr  zu 
verzögern.  Einmal  haben  die  strengen  Winter  von  1887 — 1889  die 
Bauarbeiten  sehr  aufgehalten,  ferner  kam  die  Entscheidung  über  die 
Abschrägung  der  Domfundamente  erst  so  spät,  dafs  der  letzte  Theil 
des  linken  AViderlagers  und  Seitengewölbes  nach  Fertigstellung  der 
übrigen  Brückentheile  für  sich  hergestellt  werden  mufste.  Vor  allem 
aber  sind  die  Schwierigkeiten,  welche  sich  aus  der  wohl  noch  nie 
dagewesenen  Grundrifsform  der  Seitengewölbe  ergaben,  von  niemand 
im  voraus  richtig  gewürdigt  worden,  und  endlich  ist  es  ein  Schwer¬ 
ins  Gewicht  fallender  Unterschied,  ob  1500  cbm  Gewölbemauerwerk 
in  Ziegeln,  in  -weichem  Sandstein  oder  in  fast  stahlhartem  Granit 
ausgeführt  werden  sollen,  wobei  dann,  wie  bereits  angedeutet,  die 
Stirnsteine  der  Seitengewölbe  sämtlich  windschief  uird  alle  Ansichts¬ 
flächen  geschliffen  sind.  So  konnte  es  nicht  ausbleiben,  dafs  nament¬ 
lich  zu  Anfang  der  Arbeiten  am  aufgehenden  Mauerwerk  sehr  häufig 
Mangel  an  Werksteinen  eintrat,  dafs  alles  Drängen  der  Bauverwaltung, 
aller  guter  Wille  des  Unternehmers,  selbst  mehrere  Reisen  von  Be¬ 
amten  der  städtischen  Bauverwaltung  nach  den  Brüchen  und  Be¬ 
arbeitungsstellen  des  Granits,  der  Unfähigkeit  der  Brüche  gegenüber, 
genügend  fertiges  Material  zu  liefern,  erfolglos  blieben  und  man  sich 
mit  der  Zeit  eben  in  das  Unvermeidliche  fügen  mufste.  Ende  Mai 
1887  waren  die  Lehrgerüste  fertig  gestellt  und  konnte  mit  dem  Ein¬ 
wölben  der  Mittelöftnung  und  der  mittleren  Theile  der  Seitenöffnungen 
begonnen  werden.  Die  Lehrgerüste  sind  durchweg  als  feste  herge¬ 
stellt.  Die  Rücksicht  auf  die  wenn  auch  nur  geringe  Schiffahrt  be¬ 
dingte,  dafs  in  der  Mitte  der  Hauptöftuung  eine  Durchfahrtsbreite 
von  6  m  lichter  Weite  bleiben  und  dafs  in  Rücksicht  auf  die  geringe 
verfügbare  Höhe  der  mittlere  Theil  des  Lehrgerüstes  aus  Eisen 
hergestellt  werden  mufste.  Die  Lehrgerüste  wurden  bedingungsgemäfs 
vom  Unternehmer  nur  vorgehalten,  welcher  dafür  den  Preis  von 
40  000  Mark  bedungen  hatte. 

Nunmehr  einige  Worte  über  die  Herstellung  der  Werkstücke  für 
die  im  Grundrifs  gekrümmten  Gewölbe  der  Seitenöff'nungen.  Der  Ver¬ 
band  der  Wölbsteine  der  mittleren  Theile  bot  keine  grofsen  Schwierig¬ 
keiten,  wohl  aber  derjenige  der  Endtheile,  wie  leiclit  begreiflich,  da  die 
äufseren  Leibungen  infolge  der  Krümmung  viel  länger  waren,  als  die  der 
von  den  Pfeilern  ausgehenden  Leibungen.  Zunächst  wurde  ein  kleines 
Gipsmodell  hergestellt  und  auf  dessen  Oberfläche  ein  einigermafsen 
vernünftiger  Verband  aufgerissen  und  dieses  Modell  dem  Unternehmer 
als  Unterlage  für  seine  weiteren  Arbeiten  übergeben.  Auf  dem  Werk¬ 
platze  desselben  wurden  alsdann  unter  einem  vor  den  Unbilden  der 
Witterung  geschützten  Schuppen  zwei  Lehrgerüste  —  wegen  der 
Schiefe  der  Brücke  —  in  natürlicher  Gröfse  mit  sorgfältig  behobelter 
Schalung  aufgestellt  und  auf  dieser  der  Verband  aufgezeichnet. 

Hierauf  begann  der  schwierigere  Theil  der  Arbeit,  die  Austragung 
der  Schablonen.  Es  ist  irnmöglich,  ohne  eine  gröfsere  Anzahl  von 
Zeichnungen  und  weitgehende  theoretische  Abhandlungen  klarzulegen, 
in  welcher  geistvollen  Weise,  nach  Herstellung  sinnreicher  Instru¬ 
mente,  es  den  Ingenieuren  der  Firma  Holzmann  gelungen  ist,  der 
schweren  Aufgabe  auf  durchaus  wissenschaftlicher  Grundlage  Herr 
zu  werden.  Monatelang  haben  mehrere  Ingenieure  daran  gearbeitet, 
die  Schablonen  auszutragen,  deren  mancher  Stein  bis  zu  20  Stück 
bedurfte!  Als  ganz  besonders  schwierig  erwies  sich  die  Austragung 
der  profilirten  Stirnsteine.  Nicht  gering  anzuschlagen  ist  auch  das 
Verdienst  der  Werke,  welche  diese  Steine  bearbeitet  haben.  Die 
inneren  Wölbsteine  aus  dem  bayerischen  Granit  sind  durchweg  an 
Ort  und  Stelle  in  Blauberg  unter  Leitung  des  Directors  F ellermeier 
bearbeitet,  die  Stirnsteine  dagegen  —  im  ganzen  44  Stück  —  sind 
im  Fichtelgebirge  in  den  Werkstätten  der  Firma  W  öl  fei  u.  Herold 
in  Bayreuth  und  des  Herrn  Grimm  in  Schwarzenbach  gefertigt. 
Das  fast  stahlharte  Material  setzte  der  Bearbeitung  grofsen  Wider¬ 


stand  entgegen;  an  einem  Steine  haben  zwei  Steinmetze  nicht  weniger 
als  sechs  Wochen  vollauf  zu  thun  gehabt.  Der  bayerische  Granit  steht 
in  grofsen  Blöcken  an  und  die  einzelnen  Stücke  werden  durch  Sprengen 
gewonnen.  Anders  der  Odenwald -Granit  vom  Felsenmeere.  Hier 
liegen  die  Geschiebeblöcke  bis  zu  100  cbm  Inhalt  frei  zu  Tage.  Das 
Jahrtausende  alte  Material  zeigt  keinerlei  Spuren  von  Verwitterung. 

Ende  September  1887  waren  das  Mittelgewölbe  und  die  regelmäfsigen 
Theile  der  Seitengewölbe  fertiggestellt.  Unter  der  Last  der  Wölbung 
fand  ein  Setzen  des  Lehrgerüstes  um  etwa  2  cm  statt,  während  bei 
der  Ausrüstung  ein  weiteres  Setzen  um  1  cm  beobachtet  wurde.  Die 
Bruchfugen  waren  zunächst  nur  bis  zu  ihrem,  untern  Drittel  vergossen 
und  sind  erst  nach  dem  Ausrüsten  voll  verfüllt.  Das  Versetzen  der 
Quader  erfolgte  in  vollem  Mörtelbette;  die  Stofsfugen  wurden  ver¬ 
gossen,  nachdem  dieselben  in  der  Vorderfläche  mit  Werg  sorgfältig 
auskalfatert  waren,  ein  Verfahren,  das  sich  sehr  gut  bewährt  hat. 

Trotzdem  im  Herbst  1887  erst  der  mittlere  Theil  der  Brücke  ein- 
schliefslich  der  Ueberschüttung  fertiggestellt  war,  mufste  mit  allen 
Kräften  dahin  gearbeitet  werden,  dieselbe,  wenigstens  so  weit  irgend 
angängig,  für  den  Verkehr  freizugeben.  Seit  langem  drängte  die 
Baugesellschaft  Kaiser  Wilhelmstrafse,  welche  inzwischen  ihre  Häuser 
zwischen  Heilige  Geiststrafse  und  Burgstrafse  zum  Vermiethen  fertig- 
gestellt  hatte,  darauf,  dafs  die  Stadt  ihren  vertragsmäfsigen  Ver¬ 
pflichtungen  nachkäme  und  die  Brücke  dem  Verkehre  eröffn ete,  da 
andernfalls  an  ein  Vermiethen  der  Häuser  kaum  zu  denken  war.  So 
wurde  denn  die  Herstellung  der  westlichen  Brückenrampe  nach  dem 
Lustgarten  zu  mit  Macht  in  Angriff  genommen  und  alsdann  eine  vor¬ 
läufige  Pflasterung  in  einer  Breite  von  etwa  15  m  (11  m  Damm  und 
je  2  m  Bürgersteig)  ausgeführt;  die  nicht  fertigen  Theile  der  Brücke 
wurden  mit  Zäunen  abgegrenzt  und  Anfang  December  1887  der  neue 
Strafsenzug  dem  Verkehr  freigegeben.  Erwähnt  sei  noch,  dafs  in 
den  Tagen  des  November  ein  Urkundenkasten  in  den  linksseitigen 
Strompfeiler  eingemauert  wurde,  und  nicht  ohne  wehmüthiges  Gefühl 
vermag  man  daran  zu  denken,  dafs  an  dem  Tage  der  Einmauerung 
gerade  die  ersten  Nachrichten  von  der  schlimmen  Wendung,  welche 
die  Krankheit  des  fürstlichen  Dulders  genommen,  aus  S.  Remo  her¬ 
überkamen  und  dafs  die  Zeitungen  mit  ihren  spaltenlangen  betrüben¬ 
den  Berichten  mit  eingemauert  worden  sind. 

Am  2.  August  des  Jahres  1888  endlich  sind  die  letzten  Archi¬ 
volten-Steine  der  Seitenöffnungen  versetzt  worden;  die  Fertigstellung 
der  Stirnen  nahm  alsdann  nur  noch  wenig  Zeit  in  Anspruch.  Hier¬ 
von  ausgenommen  war  der  stromabwärts  gerichtete  Theil  des  linken 
Seitengewölbes.  Wie  bereits  erwähnt,  war  die  Entscheidung  über 
die  erforderliche  Abstumpfung  der  Domfundamente  Kaiserlicher  Be¬ 
stimmung  Vorbehalten.  Die  Verhandlungen  mit  den  Ministerien  haben 
sich  sehr  in  die  Länge  gezogen.  Zunächst  wurde  die  Abschrägung 
zugegeben,  das  Widerlager  selbst  sollte  indessen  auf  dem  übrigblei¬ 
benden  Theile  der  Domfundamente  hergestellt  werden.  Dies  erwies 
sich  jedoch  in  Rücksicht  auf  die  mangelhafte  Gründung  der  Dom¬ 
fundamente  und  die  in  Aussicht  stehende  Spreeregulirung  als  unaus¬ 
führbar.  Da  eine  Tieferlegung  der  Flufssohle  um  1,20  m  in  Aussicht 
genommen  war,  würde  die  Unterkante  der  Domfundamente  bezw.  des 
Brückenwiderlagers  höher  als  die  Flufssohle  zu  liegen  gekommen  sein. 
So  wurde  denn  im  Herbste  1888  die  vollständige  Beseitigung  der 
Fundamente,  soweit  eine  solche  für  den  Brückenbau  erforderlich  war, 
zugestanden. 

Wenden  wir  uns  nunmehr  zu  den  übrigen  Theilen  der  Brücke. 
Hier  können  wir  uns  um  so  kürzer  fassen,  als  technische  Schwierig¬ 
keiten  keinerlei  Art  Vorlagen,  nur  eine  gewisse  Geduld  erforderlich 
war,  um  die  aus  Granit  bestehenden  Arbeiten  und  Lieferungen 
der  Vollendung  entgegenreifen  zu  lassen.  Bereits  im  Februar  1887 
hatte  die  Verdingung  für  das  Brückengeländer  stattgefunden.  Als 
Stein  wurde  ebenfalls  Odenwald-Granit  gewählt  und  die  Lieferung 
gleichfalls  Herrn  Plöger  übertragen.  Gefertigt  sind  die  Geländer- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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BIr.  11. 


stücke  theils  in  Bensheim  von  den  Besitzern  der  Brüche,  theils  im 
Fichtelgebirge  von  der  bekannten  tüchtigen  Firma  Ackermann  in 
Weifsenstadt,  theils  endlich  von  der  Berliner  Firma  ß.  Schleicher. 
Aus  demselben  Stein  bestehen  die  Unterbauten  für  die  vier  Obelisken, 
die  Endpostamente  und  die  Aufsätze  über  den  Schlufssteinen  des 
Mittelgewölbes.  Alle  Arbeiten  hat  ebenfalls  die  Firma  R.  Schleicher 
ausgeführt.  Die  Werksteine  sind  theils  geschliffen,  theils  polirt  zur 
Verwendung  gelangt. 

Von  dem  architektonischen  Schmuck  war  die  Herstellung  der  vier 
Obelisken  aus  rothem  schwedischem  Granit  der  Firma  Kessel  u.  Röhl 
übertragen  worden.  Die  krönenden  Trophäen,  vom  Professor 
Lüerssen  modellirt,  sind  von  der  Firma  Gladenbeck  in  Bronce  ge¬ 
gossen,  während  die  Ausführung  der  broncenen  elektrischen  Lampen 
durch  die  Actiengesellsehaft  Lauchhammer  erfolgt  ist.  Die  Her¬ 
stellung  der  auf  den  Endpostamenten  aufgestellten  broncenen  Opfer¬ 
schalen  nebst  Untersätzen,  deren  Modellirung  Herrn  Bildhauer  Wes t- 
phal  übertragen  war,  hatte  die  Firma  Schäffer  u.  Walcker  in 
Berlin  übernommen.  Die  Modellirung  der  Schlufssteingruppen  der 
Mittelöffnung  stammt  gleichfalls  von  Professor  Lüerssen,  ebenso  die 
Ausführung  der  in  carrarischen  Marmor  herzustellenden  Genien  des 
Krieges  und  des  Friedens,  während  Schild,  Krone,  Scepter  und 
Schwert  von  der  Firma  Gladenbeck  in  Bronce  gegossen  sind.  Alle 
diese  Arbeiten  sind  im  Laufe  des  Sommers  1889  vollendet  worden; 
nur  die  Marmorgruppe  an  der  Südstirn  harrt,  wie  bereits  erwähnt, 
noch  ihrer  Fertigstellung. 

Grofse  Arbeit  hat  wegen  der  geforderten  Genauigkeit  der 
Bearbeitung  und  der  Gröfse  der  Abmessungen  die  Herstellung  der 
Bürgersteigplatten  aus  Granit  verursacht.  In  dieser  Beziehung  ist 
die  Firma  Körner  allen  Ansprüchen  der  Bauverwaltung  gerecht 


geworden.  Die  endgültige  Pflasterung  der  Brücke  nebst  der 
Rampe  nach  dem  Lustgarten  erfolgte  im  Herbst  1889.  In  Rück¬ 
sicht  auf  die  Nähe  des  Domes  war  die  Verwendung  geräuschlosen 
Pflasters  geboten  und  da  die  Steigung  der  Rami^e  —  1  :  61  —  die 
Verwendung  von  Asphaltpflaster  nicht  gestattete,  so  mufste  zum 
Holzpflaster  gegriffen  werden.  Dem  Vorschlag  der  im  Verding  mindest- 
fordernd  gebliebenen  Firma  Rütgers,  Buchenholz  zu  verwenden,  ist 
nicht  Folge  gegeben,  vielmehr  imprägnirtes  Kiefernholz  verlangt.  Die 
in  Berlin  mit  dem  Buchenholz  gemachten  Erfahrungen  —  dafs  nämlich 
die  einzelnen  Klötze  viel  unelastischer  sind  als  die  aus  Kiefernholz 
und  sich  infolge  dessen  ebenso  rund  und  kuppenartig  abfahi-en,  wie 
die  Pflastersteine,  und  die  daraus  mit  der  Zeit  sich  ergebenden 
breiten  und  tiefen  Fugen  —  lassen  die  Verwendung  des  Buchenholzes 
nicht  räthlich  erscheinen.  Anders  die  Kiefernklötze.  Durch  das 
Zerfahren  verfilzt  die  Oberfläche  und  die  Fugen  setzen  sich  voll¬ 
ständig  zu,  sodafs  wenigstens  das  Wesen  des  geräuschlosen  Pflasters 
länger  gewahrt  bleibt,  als  bei  den  harten,  unelastischen,  kuppigen 
Buchenklötzen. 

Der  Abschlufs  der  westlichen  Brückenrampe  ist  nach  dem  Schlosse 
zu  ein  endgültiger.  Derselbe  besteht  in  einer  Futtermauer  mit  eisernem 
Geländer.  Nach  dem  Dome  zu  ist  ein  gewöhnliches  Bohlwerk  er¬ 
richtet.  Hier  wird  ein  endgültiger  Zustand  erst  nach  dem  Umbau  des 
Domes,  also  erst  nach  Jahren  eintreten  können. 

So  ist  mit  dem  Herbste  des  verflossenen  Jahres  eine  Brücke 
vollendet  und  in  ganzer  Ausdehnung  dem  Verkehre  übergeben  worden, 
wie  sie  Berlin  noch  nicht  besitzt,  die  aufserdem  in  Bezug  auf  Kost¬ 
barkeit  der  Baustoffe  ihresgleichen  suchen  und,  soweit  die  Aus¬ 
führung  in  Betracht  kommt,  auch  hochgesteigerten  Ansprüchen  ge¬ 
nügen  dürfte.  Pinkenburg. 


Yermischtes. 


Ein  zur  Gewinnung  des  Neubauplanes  für  eine  Herz  Jesu- 
Kirche  in  Köln  a.  Rh.  unter  zehn  Architekten  veranstalteter  Wett¬ 
bewerb  ist  in  diesen  Tagen  zur  Entscheidung  gelangt.  Die  beiden 
Preise  gewannen  die  aus  der  Kölner  Dombauhütte  hervorgegangenen 
Altmeister  Friedrich  Freiherr  v.  Schmidt  in  Wien  und  Baurath 
Vincenz  St  atz  in  Köln  im  Verein  mit  seinem  Sohne,  Baum  eistet 
Franz  St  atz.  Der  Entwui'f  des  ersteren  wird  zur  Ausführung  ge¬ 
langen.  Als  drittbester  Entwurf  wurde  der  des  Baumeisters  Blanke 
in  Köln  bezeichnet.  Acht  Arbeiten  waren  eingegangen,  da  zwei  der 
aufgeforderten  Architekten,  Hertel  in  Münster  und  J.  Richter  in  Bonn, 
inzwischen  gestorben  sind.  Dem  Preisgerichte  gehörten  als  Fach¬ 
männer  an  die  Herren  Ober-Baurath  Denzinger- München,  Baurath 
Wallot-Berlin  und  Stadtbaumeister  Stübben-Köln.  Wir  gedenken  auf 
die  Wettbewerbung  eingehender  zurückzukommen. 

Zur  Erlangung  von  Entwürfen  zu  einem  Kreishause  in  Mülheim 
a.  d.  Ruhr  hatte  der  Kreisausschufs  fünf  Architekten  bezw.  Archi- 
tekten-Firmen  unter  Aussetzung  eines  einzigen  Preises  von  1000  Mark 
zum  engeren  Wettbewerbe  aufgefordert.  Das  Preisgericht  bestand 
aus  den  Herren  Landesbaurath  Guinbert  in  Düsseldorf,  Kreis-Bau¬ 
inspector  Hillenkamp  in  Wesel,  Landrath  Haniel,  Bürgermeister 
und  I.  Kreisdeputirter  v.  Bock,  Gutsbesitzer  und  II.Kreisdeputirter 
Stöcker.  In  der  am  19.  Februar  abgehaltenen  Sitzung  hat  dieses 
•einstimmig  dem  Entwürfe  des  Architekten  Siepmann,  Firma  Hecht 
u.  Siepmann  in  Hannover,  den  Preis  zuerkannt.  Die  übrigen  vier 
Entwürfe  wiesen  ebenfalls  recht  anerkennenswerthe  Leistungen  auf. 
Der  Kreisausschufs  hat  dem  Sieger  die  Ausführung  des  Baues  über¬ 
tragen.  — p. 

In  der  Preisbewerbuug  um  ein  Verwaltungsgebäude  der  General- 
direction  der  Rumänischen  Eisenbahnen  in  Bukarest  (vergl.  S.  466 
und  497  d.  v.  J.)  hat  das  aus  fünf  rumänischen  Fachmännern  be¬ 
stehende  Preisgericht  am  2.  dieses  Monats  seinen  Spruch  gefällt. 
Unter  den  13  eingegangenen  Entwürfen  wurde  der  des  Pariser  Archi¬ 
tekten  Gaston  Trelat  mit  dem  ersten  Preise  (3000  Pranken)  aus¬ 
gezeichnet.  Der  zweite  und  der  dritte  Preis  (1500  und  1000  Franken) 
sind  den  Rumänen  Belau  und  Xenopolu  zuerkannt  worden. 

Die  Wiederherstellung  des  Rathhauses  in  Aachen  dürfte  jetzt, 
nachdem  sich  die  Stadtverordneten -Versammlung  mit  dem  neuesten 
Entwürfe  des  Professors  Frentzen  in  allen  Punkten  einverstanden 
erklärt  hat,  ihrer  Verwirklichung  baldigst  entgegengehen.  Der  ur¬ 
sprüngliche  siegreiche*),  auf  Grund  der  Ausstellungen  des  Preis¬ 
gerichts  umgearbeitete  Frentzensche  Entwurf  hat  bekanntlich  der 
Akademie  des  Bauwesens  Vorgelegen  und  ist  von  dieser  eingehend 
begutachtet  worden  (S.  9  d.  v.  J.).  Bei  nochmaliger  Bearbeitung 
seines  Entwurfes,  zu  der  Herrn  Frentzen  dieses  Gutachten  veranlafste, 
hat  sich  der  Künstler  in  den  meisten  Punkten  den  Anschauungen 
■der  Akademie  angeschlossen.  So  hat  er  dem  Verlangen  nach  einer 

*)  Vergl.  Jahrg.  1885  S.  258  d.  Bl. 


mehr  dachreiterartigen  Form  des  Marktthurmes  entsprochen.  Die 
nach  Angabe  des  Gutachtens  zu  sehr  gehäuften  wagerechten  Gur¬ 
tungen  an  den  oberen  Theilen  beider  Thurmhelme  sind  beseitigt 
worden,  ebenso  die  bedeckten  Galerieen  am  Marktthurme,  an  deren 
Stelle  wieder  die  unbedeckte  Galerie  des  ersten  Entwurfes  getreten 
ist.  Die  geneigten  Brüstungen  und  Fialen  sind  vermieden  worden, 
ebenso  die  völlige  Auflösung  einiger  Thurmhelmgeschosse  in  Mafs- 
werkformen;  hier  hat  wie  im  ersten  Entwürfe  Einfügung  senkrechter, 
geschlossener  Bautheile  stattgefunden.  Die  früher  an  beiden  Thurm¬ 
helmen  angebrachte  decorative  Kaiserkrone  ist  jetzt  unter  nur  ein¬ 
maliger  Verwendung  dieses  Motivs  unmittelbar  auf  einen  Theil  der 
Helmfläche  aufgesetzt.  Die  schmiedeeisernen  Aufsätze  der  Schorn¬ 
steine  kamen  in  Wegfall,  ebenso  die  brückenartige  Verbindung  des 
Dachkammes  mit  dem  Marktthurme.  Bezüglich  der  Anordnung  der 
Luken  auf  den  hohen  Flächen  des  Hauptdaches  ist  der  Verfasser 
dagegen  bei  seinem  zweiten  Entwürfe  verblieben,  weil  durch  eine 
Dürersche  und  andere  ältere  Zeichnungen  dargethan  ist,  dafs  das 
Dach  des  Krönungshauses  stets  eine  dreifache  Reihe  von  Dachfenstern 
gezeigt  hat.  —  Der  Firstaufbau  auf  dem  Treppenhause  der  Südseite 
ist  unter  Wiedereinführung  der  achteckigen  Grundform  abgeändert 
worden,  dagegen  ist  der  Laubengang  vor  den  vermauerten  Fenstern 
in  seiner  Höhe  belassen,  weil  sonst  die  erinnernde  Beziehung  zu 
denselben  verloren  gehen  würde.  Dem  etwas  gesetzten  Eindruck 
des  Laubenganges  wurde  durch  Einschaltung  einer  Stui-ztheilung  in 
der  oberen  Hälfte  der  Oeffnungen  zu  begegnen  gesucht. 

Wiederbesetzung  der  Strafsbiirger  Dombauraeisterstelle.  Der 
auf  Seite  92  d.  Bl.  erfolgten  Meldung  von  dem  Tode  des  Strafsburger 
Dombaumeisters  August  Hartei  können  wir  schon  jetzt  diejenige  von 
der  Wiederbesetzung  der  Stelle  desselben  folgen  lassen.  Lange  ist 
somit  die  altberühmte  Bauhütte  nicht  verwaist  gewesen. 

Architekt  Franz  Schmitz  aus  Köln,  der  Lehrer  Hart  eis,  wird 
diesem  im  Amte  folgen.  Der  neue  Dombaumeister,  wie  sein  Vor¬ 
gänger  ein  Kölner  von  Geburt,  steht  jetzt  im  58.  Lebensjahre.  Seine 
Schulkenntnisse  erwarb  er  sich  am  Marcellengymnasium  seiner  Vater¬ 
stadt,  in  deren  Dombauwerkstatt  er  als  sechzehnjähriger  Jüngling 
eintrat.  In  vierjähriger  praktischer  Thätigkeit  erlernte  er  in  der 
Domhütte  aufs  gründlichste  das  Steinmetzen-  und  Maurerhandwerk. 
Von  1852  bis  1868  war  er  vornehmlich  mit  Aufmessung  und 
zeichnerischer  Darstellung  der  architektonischen  Einzelheiten  des 
Domes  beschäftigt.  Zum  jetzigen  Dombaumeister  von  St.  Stephan 
in  Wien,  Oberbaurath  Friedrich  Freiherrn  v.  Schmidt,  stand  er  dabei 
im  Verhältnisse  anfänglich  des  Schülers,  später  des  Mitarbeiters. 
Als  Schmidt  nach  Wien  übergesiedelt  war,  wurde  Schmitz  im  Jahre 
1859  dessen  Nachfolger,  und  es  lag  ihm  als  dem  Domwerkmeister*) 
die  besondere  Leitung  der  umfangreichen  Arbeiten  ob,  die  sich  der 
Hauptsache  nach  auf  den  Weiterbau  der  Domthürme  nach  den  alten 


*)  Irrthümlich  ist  er  auf  S.  92  d.  J.  als  Dombaumeister  bezeichnet. 


112 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


15.  März  1890. 


Plänen  erstreckten.  Ein  bedauerliches  Zerwürfnifs  mit  der  Dombau¬ 
verwaltung  veranlafste  seinen  Austritt  aus  der  Dombauwerkstatt  im 
Jahre  1868,  als  er  mit  der  Herausgabe  seines  berühmten  Werkes 
„Der  Dom  zu  Köln,  seine  Construction  und  Ausstattung“  begann. 
Mit  einem  Eifer,  der  ihm  den  Dank  seiner  Fachgenossen  sichert, 
unterzog  er  sich  der  gewichtigen  und  mühevollen  Arbeit  einer  klaren, 
übersichtlichen  und  erschöpfenden  Darstellung  des  gewaltigen  Bau¬ 
werkes.  In  150  zumeist  eigenhändig  in  musterhafter  Weise  auf  den 
Stein  gezeichneten  Blättern  löste  er  die  selbstgestellte  Aufgabe  in 
einer  des  Baudenkmals  in  jeder  Beziehung  würdigen  Weise.  Die 
Veröffentlichung  gelangte  erst  1880  zum  Abschlufs.  Nicht  ohne 
Erfolg  betheiligte  sich  Schmitz  bei  verschiedenen  Wettbewerbungen. 
Im  Jahre  1864  erhielt  er  den  ersten  Preis  für  seinen  schönen  Ent¬ 
wurf  zur  Dreiköuigenkirche  in  Frankfurt-Sachsenhausen;  1867  wurde 
ihm  die  höchste  Auszeichnung  für  einzelne  ausgestellte  Arbeiten  auf 
der  Pariser  Weltausstellung  zu  Theil.  Seine  baukünstlerische  Thätig- 
keit  erstreckte  sich  vornehmlich  auf  den  Kirchenbau,  und  zwar  sowohl 
in  der  heimischen  rheinisch-westfälischen  Gegend  wie  auch  im  Aus¬ 
lande.  In  wie  hohem  Grade  er  aber  gerade  seiner  neuen  Stellung  ge- 
w’achsen  ist,  davon  legen  seine  Wiederherstellungen  mittelalteidicher 
Kunstdenkmäler  beredtes  Zeugnifs  ab.  Erwähnt  seien  in  dieser  Be¬ 
ziehung  nur  die  St.  Annakirche  in  Düren,  die  Nicolauskirche  in  Aachen, 
die  Severins-,  Gereons-  und  FTrsulakirche  in  Köln  sowie  die  Münster¬ 
kirche  in  Bonn.  So  darf  man  die  feste  Zuversicht  hegen,  dafs  die 
Thätigkeit  Franz  Schmitz’s  dem  Kleinode  deutscher  Baukunst,  über 
das  er  nun  zu  wachen  hat,  zum  vollen  Segen  gereichen  wird. 

— n. 

l)ie  feierliche  Eröifiniiig'  der  Forth-Brlicke  hat  ohne  wesentliche 
Abweichungen  von  der  auf  Seite  84  d.  J.  mitgetheilten  Festordnung 
am  4.  März  d.  J.  stattgefunden.  Die  Feier  vollzog  sich  bei  bewölktem 
Himmel,  unter  dem  Brausen  eines  westlichen  Sturmwindes,  welcher 
den  Firth  of  Forth  zeitweise  ungeberdig  aufschäumen  machte.  Die 
Bedeutung  des  Tages  erhielt  in  der  Eede  des  Prinzen  von  Wales 
bei  dem  an  die  eigentliche  Eröffnungsfeier  sich  anschliefsenden  Fest¬ 
mahl  ihren  bemerkenswerthen  Ausdruck.  Er  könne  sagen,  bemerkte 
der  Prinz,  dafs  er  in  der  Eröffnung  von  Brücken  eine  lange  Er¬ 
fahrung  habe.  Als  er  vor  30  Jahren,  einer  Einladung  der  canadischen 
Regierung  folgend,  den  letzten  Nietbolzen  der  Victoria -Brücke  über 
den  Lorenz-Strom  bei  Montreal  befestigte,  habe  die  Gesamtzahl  der 
verwendeten  Niete  eine  Million  betragen;  in  dem  heutigen  Palle 
seien  8  Millionen  Niete  verwendet,  um  51  000  Tonnen  Stahl  zusammen¬ 
zufügen.  Den  Ausführungen  des  Prinzen,  die  auch  eine  vortreffliche 
kurze  Beschreibung  des  Kiesenbaues  enthielten,  entnehmen  wir  noch 
folgendes.  Der  höchste  Punkt  der  Brücke  liegt  mehr  als  113  m 
über  dem  Spiegel  des  Mittelwassers,  138  m  über  der  tiefsten  Grün¬ 
dungssohle,  die  Schienenoberkaute  48  m  über  dem  Hochwasser.  Für 
den  Wärmeausgleich  sind  Spielräume  von  V1200  der  ganzen  Brücken¬ 
länge  gelassen.  Der  Winddruck  ist  zu  274  kg/qm  angenommen 
worden,  was  auf  die  Ausleger  der  Brücke  einen  Gesamtdruck  von 
7700  Tonnen  ausmacht.  lieber  10  Hektar  Flächen  des  Eisenwerkes 
sind  mit  dreifachem  Anstrich  zu  versehen.  Die  Gesamtlänge  der  zu 
den  röhrenförmigen  Druckstreben  verwendeten  Bogenplatten  beträgt 
67,5  km,  ungefähr  ebensoviel  wie  die  Entfernung  zwischen  Edinburg 
und  Glasgow.  40  Millionen  Mark  sind  aufgewendet  worden  für  Vor¬ 
bereitungsarbeiten,  Gründungen,  Pfeilerbauten,  für  Errichtung  des 
Ueberbaues,  für  Beschaffung  und  Herrichtung  von  Stahl,  Granit, 
Mauerwerk,  Holz,  Concret,  ferner  für  Werkzeuge,  Krahne,  Bohrer 
und  sonstige  Maschinen.  Die  Gesamtkosten  haben  50  Millionen  Mark 
betragen,  wovon  allein  16  Millionen  oder  rund  ein  Drittel  auf  Hülfs- 
maschiaen  und  allgemeine  Ausgaben  entfallen.  Beiläufig  sieht  man 
hieraus,  wie  bedeutend  der  ursprünglich  aufgestellte  Kostenanschlag 
—  32  Millionen  Mark  —  überschritten  worden  ist.  Hinsichtlich  der 
wirthschaftlichen  Bedeutung  des  Unternehmens  hob  der  Kedner 
hervor,  dafs  das  Werk  nothwendigerweise  grofsen  Einflufs  auf  die 
Gestaltung  des  Eisenbahnbetriebes  längs  der  schottischen  Ostküste 
haben  müsse,  dafs  es  aber  vor  allem  zwischen  den  wichtigen  In¬ 
dustriebezirken  und  Erzgruben  von  Fife  —  der  Halbinsel  zwischen 
dem  Meerbusen  des  Forth  und  dem  des  Tay  —  und  den  südlichen 
Landestheilen  eine  unmittelbare  Verbindung  herstelle.  Sobald  die 
nahezu  fertiggestellte  Glenfarg-Linie  dem  Verkehre  übergeben  ist, 
wird  der  Schienenweg  zwischen  Edinburg  und  Perth  von  111  auf 
76  km,  die  entsprechende  Fahrzeit  von  2  Stunden  20  Minuten  auf 
1  Stunde  abgekürzt.  Der  Bahuweg  nach  Dundee  vermindert  sich  in 
gleicher  Weise  auf  95  km,  nach  Aberdeen  auf  209  km,  die  Benutzung 
von  Seefähren  hört  auf.  Bekanntlich  ist  das  Werk  durch  die  drei 
bedeutenden  Eisenbahnlinien,  welche  die  nordsüdliche  Verbindung 
an  der  englischen  und  schottischen  Ostküste  hersteilen,  die  Nord-, 
Nordost-  und  Nordbritischen  Eisenbahnen,  in  Gemeinschaft  mit  der 
Mittellandbahn,  unternommen  und  verwirklicht  worden.  Unter  lautem 
Beifall  verkündete  der  Prinz  beim  Schlüsse  seiner  Rede,  dafs  die 


Königin  anläfslich  der  Vollendung  dieses  Baues  Herrn  Mathew 
William  Thompson,  Vorsitzenden  der  Forth-Brücken-Gesellschaft 
und  der  Mittellandbahn,  sowie  Sir  John  Fowler,  Oberingenieur 
der  Brücke,  zu  Baronets  des  Vereinigten  Königreichs  ernannt,  dem 
Mitarbeiter  des  letzteren,  Herrn  Benjamin  Baker,  den  Orden  vom 
heiligen  Michael  und  heiligen  Georg  verliehen  und  den  Unternehmer 
Herrn  William  Arrol  zur  Würde  eines  Knight  erhoben  habe.  Herr 
An'ol  hat,  wie  bemerkt  zu  werden  verdient,  sich  von  einem  einfachen 
Eisenarbeiter  zu  einem  der  bedeutendsten  britischen  Unternehmer 
aufgeschwungen. 

Von  den  übrigen  Tischreden  ruul  Trinksprüchen  sei  noch  der 
Ansprache  des  preufsischen  Vertreters,  des  Eisenbahn-Bau-  und  Be¬ 
triebsinspectors  Herrn  Mehrten s,  gedacht,  welcher  zugleich  im 
Namen  der  anwesenden  sächsischen,  österreichischen  und  ungarischen 
Fachgenossen  den  Dank  für  die  Einladung  aussprach  und  angesichts 
der  grofsartigen  Eindrücke  des  Tages  seiner  Bewunderung  Worte 
lieh.  Dieser  Tag  bedeute  den  Beginn  eines  neuen  Abschnittes  in 
der  Geschichte  des  Baues  eiserner  Brücken;  die  Verwendbarkeit  des 
Auslegersystems  und  die  Anwendung  von  Stahl  für  den  Ueberbau 
weitgespannter  eiserner  Brücken  sei  nunmehr  in  hervorragender 
Weise  dargethan. 

Die  russische  „Gesellscliaft  zur  Hülfeleistuug  auf  dein  Wasser‘‘, 
welche  unter  dem  Protectorat  Ihrer  Majestät  der  Kaiserin  von  Rufs¬ 
land  steht,  hielt  am  6.  März/22.  Februar  d.  J.  in  Gegenwart  der 
Allerhöchsten  Schutzherrin  unter  dem  Vorsitz  des  ehemaligen  Ver¬ 
kehrsministers  K.  N.  Pofsjet  ihre  diesjährige  festliche  Jahresversamm¬ 
lung  ab.  Aus  den  Verhandlungen  dieser  Sitzung  dürften  nachfolgende 
Angaben  von  allgemeinem  Interesse  sein.  Der  Vorsitzende  eröffnete 
die  Versammlung  mit  einer  Eede,  in  welcher  er  die  Thätigkeit  der 
russischen  Rettungsgesellschaft  mit  der  Thätigkeit  ähnlicher  Gesell¬ 
schaften  des  Auslandes  verglich.  Herr  Pofsjet  wies  darauf  hin,  dafs 
diese  Gesellschaften  in  England,  Frankreich,  Deutschland  und  anderen 
Staaten  ausschliefslich  am  Meeresufer  thätig  sind,  während  sie  in  den 
Vereinigten  Staaten  Nordamericas  auch  an  den  Ufern  der  grofsen 
Binnenseen  wirken.  In  England  sind  dabei  die  Raketenstationen 
nicht  der  Verwaltung  der  Rettungsgesellschaft,  sondern  der  Ver¬ 
waltung  des  Handelsministeriums  unterstellt.  Mit  der  Thätigkeit  der 
ausländischen  Rettungsgesellschaften  verglichen,  erscheint  diejenige 
der  russischen  Gesellschaft  zur  Hülfeleistuug  auf  dem  Wasser  wesent¬ 
lich  vielseitiger;  letztere  Gesellschaft  hat  Rettungsstationen  mit  Böten, 
Kreuzern,  Raketen  usw.  sowohl  am  Meeresstrande  als  auch  im  Innern 
des  Reiches  an  Seen  und  Flüssen  und  arbeitet  im  Winter  auch  auf 
dem  Eise.  Hinsichtlich  des  geographischen  Umfanges  ihres  Thätig- 
keitsgebietes  steht  sie  ihren  ausländischen  Schwestergesellschaften 
bei  weitem  voran.  Der  Erfolg  der  verschiedenen  Eettungsgesell- 
schaften  im  Jahre  1888  drückt  sich  in  folgenden  Ziffern  aus.  Es 
wurden  in  dem  genannten  Jahre  Menschenleben  gerettet:  Von  der 
Gesellschaft  in  England  1078,  in  den  Vereinigten  Staaten  826,  in 
Frankreich  425,  in  Rufsland  410,  in  Dänemark  144,  in  Spanien  89, 
in  Schweden  57,  in  Deutschland  und  Holland  je  46.  Wiewohl  nun 
für  das  riesige  Zarenreich,  wo  jährlich  im  Durchschnitt  gegen  7000 
Menschen  in  den  Wellen  umkommen,  die  Ziffer  410  an  sich  nicht 
bedeutend  erscheint,  so  mufs  sie  dennoch  als  ein  beredtes  Zeugnifs 
für  die  Tüchtigkeit  und  Thatkraft  der  russischen  Rettungsgesellschaft 
angesehen  werden,  denn  man  darf  nicht  aufser  acht  lassen,  dafs  in 
Rufsland  die  Lösung  von  Aufgaben,  wie  sie  jene  Gesellschaft  ver¬ 
folgt,  eben  wegen  der  ungeheuren  Ausdehnung  des  Reiches  mit  ganz 
ungewöhnlichen  Schwierigkeiten  verknüpft  ist. 

Die  Gesellschaft  hat  in  dem  Zeitraum  von  1884  bis  1889  zahl¬ 
reiche  neue  Rettungsstationen  eröffnet  und  zählte  am  1.  Januar  1889: 
49  Bootstationen,  12  Eaketenstationen  und  2  Kreuzerstationen  am 
Meeresufer,  41  Bootstationen  an  Flüssen  und  Seen,  6  Signalfeuer- 
Punkte,  72  Halb  Stationen  und  73  Winterstationen,  im  ganzen  255 
Rettungsstationen;  ferner  711  Rettungsposten  und  Rettungsasyle. 
Aufserdem  werden  in  Rufsland  noch  281  Rettungsposten  von  der  Zoll¬ 
verwaltung  unterhalten.  In  der  Zeit  von  1884  bis  1889  sind  durch 
die  Gesellschaft  4697  Menschenleben  gerettet  und  252  Schiffbrüche 
verhütet  worden.  Die  Gesellschaft  verfügte  am  1.  Januar  des  laufen¬ 
den  Jahres  über  ein  Vermögen  von  rund  550  000  Rubel,  und  zwar 
betrug  das  Grundvermögen  147  033  Rubel,  das  Vermögen,  aus  welchem 
die  laufenden  Ausgaben  bestritten  werden,  245  249  Rubel,  das  Ver- 
sicherungsvei-mögen  24158  Rubel,  endlich  das  Vermögen  zur  Unter¬ 
stützung  der  Wittwen  und  Waisen  133  606  Rubel.  —  V.  — 

Seilziig  durch  drei  Punkte.  Wir  werden  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dafs  das  in  Nr.  9A,  Seite  94  dieses  Blattes  mitgetheilte 
Verfahren,  eine  Seillinie  durch  drei  Punkte  zu  führen,  sich  auch  — 
mit  einer  sehr  einfachen  Begründung  —  in  der  Graphischen  Statik 
von  Müller -Breslau,  Band  I  (Seite  192  und  193)*)  findet. 

*)  Leipzig,  1887,  Baumgärtners  Buchhandlung. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (tVilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  22.  März  1890. 


Redactlou :  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen : 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Anslande  1,30  Mark. 

INHAIiT;  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Gutachten  und  Berichte.  FaQaden- 
Entwurf  für  das  neu  zu  erbauende  Dom-Hotel  in  Köln.  —  Nichtamtliches:  Wasser¬ 
strafse  zwischen  Mannheim-Ludwigshafen  und  Kehl-Strafshurg,  Canal  oder  freier  Rhein  ? 
(Fortsetzung.)  —  Sicherheits  -  Prellbock  mit  Wasserbremse  von  Langley.  —  Gebäude 
der  ,Tattersail“-Gesellschaft  in  Mannheim.  —  v.  Esseuweins  Kriegshauknnst.  —  Gas- 

explosion  auf  der  Kaiser  Wilhelm-Brücke  in  Berlin.  —  Vermischtes:  Jahresfest 
des  Berliner  Architekten -Vereins.  —  Internationale  elektrotechnische  Ausstellung  in 
Frankfurt  a.  M.  —  Preisbewerhung  der  Kurfurstendammgesellschaft  in  Berlin  für  ihre 
Villencolonie  Grnnewald.  —  Preisausschreiben  der  Stadt  Frankfurt  a.  Main  für  den 
Bau  der  neuen  Poterskirche. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

SeineMajestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Garnison- 
Bauinspector  Rofsteuscher  in  Spandau  den  Rothen  Adler-Orden 
IV.  Klasse  zu  verleihen,  sowie  den  bisherigen  Abtheilungs-Dirigenten 
bei  der  Königlichen  Eisenbahndirection  in  Erfurt,  Ober-Bau-  und 
Geheimen  Regierungsrath  Quas so wski,  zum  Präsidenten  der  König¬ 
lichen  Eisenbahndirection  in  Magdeburg  zu  ernennen. 

Der  Professor  an  der  Königlichen  technischen  Hochschule  in 
Berlin,  Müller-Breslau,  ist  zum  Mitgliede  des  Königlichen  tech¬ 
nischen  Ober-Prüfungs-Amtes  in  Berlin  ernannt  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Paul  Trieglaff  aus  Arnswalde  i.  N.  (Ingenieur¬ 
baufach);  —  Fritz  Garnn  aus  Magdeburg,  Albert  Grund  aus 
Spandau,  Wolfgang  Hassenpflug  aus  Eschwege  und  Friedrich 
Schmidt  aus  Darmstadt  (Maschinenbaufach). 

Die  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  Paul  Hesse 
und  Vincent  Dylewski  sind  seitens  der  Stadt  Berlin  als  Stadt¬ 
baumeister  angestellt  worden. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Georg  Matz¬ 
dorff  in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staats¬ 
dienst  ertheilt  worden. 


Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Admiralitäts-Rath  im  Reichs  -  Marine -Amt  Görris  aus  Anlafs  seiner 
auf  eigenen  Antrag  erfolgten  Verabschiedung  aus  dem  Reichsdienst 
den  Charakter  als  M^irklicher  Admiralitäts-Rath  zu  verleihen. 

Bayern. 

Dem  Königl.  Ober-Baudirector  der  Obersten  Baubehörde  Max 
Ritter  v.  Siebert  in  München  ist  die  II.  Klasse  des  Königl.  bayer. 
Verdienstordens  vom  heiligen  Michael  verliehen  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  am  13.  März 
d.  J.  die  erledigte  Strafsen-Bauinspection  Künzelsau  dem  Verweser  der¬ 
selben,  Abtheilungs-Ingenieur  Lambert,  die  erledigte  Strafsen-Bau¬ 
inspection  Ehingen  dem  Verweser  derselben,  Abtheilungs-Ingenieur 
Braun,  und  die  erledigte  Strafsen-Bauinspection  Oberndorf  dem  Ver¬ 
weser  derselben,  Abtheilungs-Ingenieur  Reger  zu  übertragen,  sowie 
am  11.  März  d.  J.  den  Eisenbahnbetriebs -Bauinspector  Riedinger 
in  Mühlacker  seinem  Ansuchen  gemäfs  in  den  Ruhestand  zu  versetzen. 

Bremen. 

Der  Bauinspector  E.  Böttcher  in  Bremen  ist  gestorben. 


Gutachten  und  Berichte. 


FaQaden- Entwurf  für  das  neu  zu  erbauende  Dom -Hotel  in  Köln. 

Gutachten  der  Königlichen 


Berlin,  den  4.  December  1889. 

Der  Akademie  des  Bauwesens  ist  durch  den  Erlafs  des  Herrn 
Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  vom  11.  November  d.  J.  —  III 
19  666  -—  der  Auftrag  ertheilt  worden ,  sich  gutachtlich  über  die 
Angemessenheit  des  obengenannten  Paraden -Entwurfes  mit  Rück¬ 
sicht  auf  die  Nähe  des  Domes  zu  äufsern.  In  der  Sitzung  vom 
26.  November  d.  J.  hat  die  Abtheilung  für  den  Hochbau  den  Gegen¬ 
stand  einer  Prüfung  unterzogen  und  ist  dabei  zu  folgendem  Ergebnifs 
gekommen. 

Nach  dem  vorliegenden  Entwürfe  beträgt  der  Abstand  der  nörd¬ 
lichen  Baufluchtlinie  des  Hotels  vom  Dome  37  m,  während  die  künftige 
östliche  Baufluchtlinie  des  Hotels  um  rund  36  m  hinter  die  jetzt  vor¬ 
handene  alte  Häuserflucht  am  Domplatze,  d.  h.  soweit  zurücktritt, 
dafs  die  Hauptfa9ade  etwa  in  die  Querachse  der  beiden  Domthünne 
fällt,  wodurch  eine  unmittelbare  Nachbarschaft  der  Fa^aden  des 
Hotels  mit  denen  des  Kirchenschiffes  vermieden  wird. 

Die  Fa^aden  des  Hotels  sollen  eine  Höhe  von  20,4  m  bis  Ober¬ 
kante  des  Hauptgesimses  erhalten,  während  über  dem  Hauptgesims 
drei  kuppelartige  Aufbauten  von  36  bezw.  40  m  Höhe  bis  zur 
äufsersten  Spitze  projectirt  sind. 

Ein  Vergleich  der  entworfenen  Hotelfa^aden  mit  den  geometri¬ 
schen  Aufrissen  der  Domfa^aden  läfst  erkennen,  dafs  die  für  erstere 
angenommenen  Höhen  an  sich  zwar  sehr  beträchtlich,  aber  im  Ver¬ 
gleich  zu  den  gewaltigen  Höhenabmessungen  des  Domes  unbedeutend 


Akademie  des  Bauwesens. 

sind,  da  die  Thürme  des  letzteren  eine  Höhe  von  rund  150  m  und 
die  Hauptschiffe  bis  zur  Galerie  oberhalb  des  Hauptgesimses  eine 
Höhe  von  50  m  haben,  wonach  die  Spitze  der  höchsten  Hotelkuppel 
noch  10  m  unterhalb  der  vorgenannten  Galerie  liegen  würde.  Die 
Höhenverhältnisse  des  Hotels  geben  somit  zu  Bedenken  keinen  Anlafs. 

Ebensowenig  sind  die  für  das  Hotel  gewählten  Architekturformen 
geeignet,  einen  nachtheiligen  Einflufs  auf  den  Dom  auszuüben,  da 
dieselben  von  denen  des  Domes  gänzlich  abweichen  und  daher  eine 
Concurrenz  beider  Bauwerke  auch  in  dieser  Richtung  ausgeschlossen 
ist.  Die  Kuppelbauten  des  Hotels  stehen  in  wohlthuendem  Gegensatz 
zu  dem  verticalen  Aufbau  des  Domes,  sodafs  deren  Beibehaltung 
umsomehr  empfohlen  werden  kann,  als  ohne  dieselben  die  architek¬ 
tonische  Erscheinung  des  Hotels  wesentlich  beeinträchtigt  werden 
würde. 

Da  die  vorliegenden  Fa^aden-Zeichnungen  nur  in  flüchtiger  Aus¬ 
führung  zum  Zwecke  der  baupolizeilichen  Genehmigung  gefertigt  sind 
und  die  architektonische  Ausbildung  nur  skizzenhaft  dargestellt  ist, 
darf  erwartet  werden,  dafs  für  einige  weniger  befriedigende  Theile 
der  Facade,  unter  welchen  besonders  die  obere  Säulenhalle  der  Ost¬ 
front  zu  erwähnen  ist,  bei  weiterer  Durcharbeitung  und  Detaillirung 
der  Architekturformen  eine  bessere  Wirkung  zu  erreichen  sein  wird. 

Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 

Schneider. 


[Alle  EecMe  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim -Ludwigshafen  und  Kehl-Strafshurg, 

Canal  oder  freier  Rhein? 


II. 

Wie  schon  angedeutet,  ist  das  Mafs  der  Schiffbarkeit  des  Rheins 
von  Mannheim  bis  Strafsburg  streckenweise  verschieden.  Von  Mann- 


(Fortsetzung.) 

heim  bis  Speyer  sind  die  Fahrwasserverhältnisse  in  jeder  Beziehung 
mindestens  ebenso  günstig  als  unterhalb  Mannheim,  ja  günstiger  als 
im  Rheingau  und  als  in  der  Gebirgsstrecke  Bingen  -  St.  Goar;  die 


114 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug.  ,?  2^  März  1890 

--  . -  -  - - - ^  :•  „  1< 


Falirwasserverliältnisse  tragen  keine  Schuld,  dafs  in  dem  Hafen  von 
Speyer  sich  nur  ein  äulserst  geringer  Verkehr  abspielt.  Weiter  auf¬ 
wärts  aber  nimmt  die  Zeit,  während  welcher  innerhalb  des  Jahres 
die  Grofs  -  Schiffahrt  unbehindert  durch  Mangel  an  Fahrwassertiefe 
betrieben  werden  kann,  gegenüber  dem  Miftelrhein  ab.  Ein  scharfer 
ziff’ermäfsiger  Vergleich  hierüber  läfst  sich  nicht  geben,  weil  bei 
günstigen  Frachtsätzen  die  Schiffahrt  noch  fortbetrieben  wird,  auch 
wenn  die  grofsen  Fahrzeuge  schon  lange  nicht  mehr  volle  Ladung 
aufuehmeu  können.  Man  kann  aber  schätzungsweise  annehmen,  dafs, 
wenn  auf  dem  Khein  unterhalb  Speyer  die  Störung  oder  die  emptind- 
liche  Beeinträchtigung  der  Schiffahrt  durch  Eisbildung^  und  allzu 
knappe  Fahrwassertiefe  durchschnittlich  50  Tage  im  Jahr  dauert, 
dieser  Ausfall  an  guten  Schiff'alirtstagen  weiter  stromauf  beträgt: 
bis  Leopoldshafen  00,  bis  Maxau  100,  bis  Lauterburg  120  Tage. 

Mit  der  Abnahme  der  Fahrwassertiefe  oder,  was  gleichbedeutend, 
mit  der  Zunahme  der  Dauer  der  Beeinträchtigung  der  Schiffahrt 
durch  Niedrigwasser  steht  die  Verkehrsbewegung  in  den  genannten 
Häfen  nicht  in  Uebercinstimmung.  Die  Zu-  und  Abfuhr  an  Gütern 

—  ohne  Flofsholz  —  hat  beispielsweise  im  Jahre  1888  betragen:  in 
Speyer  1960,  in  Leopoldshafen  17  247,  in  Maxau  47  656,  in  Lauter¬ 
burg  40041  Tonnen. 

Speyer,  die  Hauptstadt  der  Kheinpfalz,  an  der  vorzüglichsten 
Wasserstrafse  gelegen,  erscheint  mit  der  bei  weitem  kleinsten  Ziffer 

—  es  ist  auch  die  kleinste  in  der  Statistik  des  Rheinverkehrs. 
Germersheim  ist  dort  gar  nicht  verzeichnet.  Trotz  der  ungünstigeren 
Fahrwasserverhältnisse  ist  der  Verkehr  in  Maxau  erheblich  gröfser 
als  in  Leopoldshafen;  und  dasselbe  gilt  auch  von  Lauterburg,  wo¬ 
selbst  erst  vor  wenigen  Jahren  der  Hafen  eröffnet  worden  ist,  um 
alsbald  einen  ziemlich  lebhaften  Verkehr  aufzunehmen. 

Zwischen  Lauterburg  und  Strafsburg  ist  die  für  grofse  Rhein- 
schiff'e  erforderliche  Fahrwassertiefe  in  der  Regel  nur  während  der 
periodischen  Sommeranschwellung  des  Rheins  vorhanden.  Aber  auch 
diese,  doch  meist  zwei  bis  drei  Monate  währende,  günstige  Zeit  wird 
von  der  Schiff'ahrt  keineswegs  ausgenutzt;  in  der  Regel  gehen  nur 
einige  Kohlenladungen  bis  Plittersdorf,  Greff'ern,  Strafsburg  und 
Kehl. 

Man  sieht  —  es  möge  hier  nur  nebenher  darauf  hingewiesen 
werden  — ,  dafs  die  Fahrwasserverhältnisse  nicht  allein  entscheidend 
sind  für  die  Benützung  einer  Wasserstrafse  und  für  den  Verkehr 
eines  Uferortes.  Schon  Speyer  ist  hierfür  ein  beredtes  Beispiel,  aber 
auch  im  übrigen  der  bescheidene  Verkehr  auf  dem  Rhein  oberhalb 
Mannheim.  Bis  Lauterburg  ist  der  Rhein  unzweifelhaft  eine  bessere 
Wasserstrafse  als  der  Ober-  und  Mittellauf  vieler  anderen  Flüsse  mit 
lebhafter  Schiffahrt,  wie  der  Elbe,  Oder  u.  a.  Auch  auf  dem  Neckar 
mit  seinen  während  der  für  die  Rheinschiff’ahrt  besten  Jahreszeit 

—  Sommer  und  Herbst  —  anhaltenden  Niederwasserständen,  mit 
kleinsten  Fahrtiefen,  die  nicht  selten  unter  0,50  m  herabgehen  und 
dann  zur  Einstellung  der  Schiff'ahrt  zwingen,  mit  seinen  zahlreichen 
Stromschnellen  und  Felsriff’en  — •  also  unter  Verhältnissen,  die  gewifs 
nicht  günstiger  sind  als  jene  der  Rheinstrecke  Lauterburg-Strafsburg, 
herrscht  im  Anschlufs  an  den  Rhein  reger  Verkehr:  1888  hat  die 
Schleppschiff'ahrt  hier  136  555  Tonnen  Güter  zu  Berg  befördert  und 
123  045  Tonnen  Thalgüter  sind  auf  dem  Neckar  in  Mannheim  an¬ 
gekommen.  Die  Verkehrsbewegung  auf  dem  Seitenflufs  ist  also 
erheblich  gröfser  als  jene  in  den  Rheinhäfen  oberhalb  Mannheim. 
Heilbronns  Handel  und  Industrie  stützen  sich  wesentlich  auf  die 
bescheidene  Wasserstrafse  des  Neckars,  und  Strafsburg  hat  so  gut 
wie  gar  keinen  Rheinverkehr!  Die  Ursachen  dieser  auf  den  ersten 
Blick  auffallenden  Erscheinung  sind  auf  einem  Gebiete  zu  suchen, 
auf  das  hier  die  Betrachtungen  nicht  erstreckt  werden  sollen. 

Ebenso  ist  es  nicht  aus  technischen  Gründen  zu  erklären,  wes¬ 
halb  man  in  Strafsburg  in  erster  Linie  einen  Canal  von  dort  bit 
Ludwigshafen  anstrebt,  obschon  nie  zweifelhaft  war,  dafs  zwischen 
Ludwigshafeu  und  Speyer  die  natürliche  Wasserstrafse  lediglich 
nichts  zu  wünschen  läfst,  und  obschon  der  Bau  der  Canalstrecke 
Speyer  -  Ludwigshafen  6  Millionen  Mark  kosten  würde.  Deutlich 
kommt  hierin  die  Voreingenommenheit  für  den  t^anal  zum  Aus¬ 
druck.  — 

Worin  liegt  nun  aber  die  Ursache,  dafs  zwischen  Speyer  und 
Mannheim  der  Strom  sich  für  die  Schiff'ahrt  günstiger  gestaltet  hat 
als  oberhalb?  Schon  die  Beantwortung  dieser  Frage  mufs  erkennen 
lassen,  ob  eine  Verbesserung  der  Wasserstrafse  stromauf  von  Speyer 
bis  Strafsburg  möglich  erscheint  und  mit  welchen  Mitteln  sie  anzu¬ 
streben  wäre. 

In  der  ganzen  Stromstrecke  entlang  der  baj-erisch-badischen  und 
der  badisch-elsässischen  Grenze  ist  der  Rheinstrom  „corrigirt“..  Unter 
der  Correction  eines  Wasserlaufes  versteht  man  die  Verbesserung 
seines  Zustandes  durch  Aenderung,  Geradelegung  oder  doch  Streckung 
der  Laufrichtung  und  durch  regelmäfsige  Gestaltung  der  Bettbreite 
und  der  Ufer  —  im  Gegensatz  zur  Stromregulirung,  womit  jene 
Mafsregeln  bezeichnet  werden,  die  im  wesentlichen  auf  die  Schaffung 


regelmäfsiger  Gestaltung  des  Gerinnes  selbst,  -4-  der  Solde  —  und 
damit  auch  des  Stromstriches  abzielen.  Correctionen  haben  in  der 
Regel  den  Landschutz,  Regulirungen  die  Verbesserung  der  Wasser¬ 
strafse  zum  Hauptzweck.^) 

In  der  bayerisch-badischen  und  badisch-elsässischen  Rheinstrecke 
waren  die  Stromzustände  verschieden,  und  deshalb  sind  zur  Erreichung 
desselben  Zweckes  auch  verschiedene  Mittel  in  Anwendung  gekommen. 
Die  weit  ausschweifenden  Windungen  der  ersteren  mit  ihrem  Wechsel 
von  tiefen  Kolken  und  hohen  Geschiebeanlagerungen  hatten  heftige 
Angriffe  der  überall  angebauten  und^Iiesiedelten  Ufer  veranlafst  und 
den  Abflufs  der  Hochwasser  und  den  Eisabgang  gehemmt,  dadurch 
Ufereinbrüche,  häufige  Ueberschwemmungen  und  Versumpfungen 
gröfser  Flächen  mit  gesundheitsschädlichen  Folgen  verursacht.  Ent¬ 
lang  der  badisch-elsässischen  Grenze  war  es  die  zunehmende  Ver¬ 
wilderung  des  Rheidlaufes  —  der  Strom  war  durch  Inseln  und 
Kiesfelder  in  zahlreiche  Arme  und  Giefsen  getheilt  und  das  ganze, 
vielerorts  über  1  km  breite  Stromgebilde  fortwährenden  Verände- 
i'ungen  unterworfen,  insbesondere  in  der  Aufschüttung’  durch  die 
von  den  Ufern  weggerissenen  Geröllmassen  begriffen  — ,  die,  ähnliche 
Uebelstände  zur  Folge  gehabt  hat.  Während  es  sich  also,  um  die 
Rheinanwohner  aus  ihrer  mehr  und  mehr  unerträglich  gewordenen 
Lage  zu  befreien,  bei  der  1817  begonnenen  bayerisch-badischen  Rhein- 
correction  in  der  Hauptsache  darum  gehandelt  hat,  jene  schlimmen 
Stromkrümmen  durch  Geradelegung  des  Laufes  mittels  Durchstiche 
zu  beseitigen,  lag  bei  der  1840/41  zwischen  Baden  und  Frankreich 
vereinbarten  Correction  die  Aufgabe  vor,  in  dem  Gewirre  von  Inseln 
und  Stromarmen,  Kiesbänken  und  Rinnsalen  ein  geschlossenes  Strom¬ 
bett  durch  Herstellung  paralleler  Uferbauwerke  erst  zu  schaffen. 
Aber  auch  zwischen  den  bayerisch -badischen  Durchstichen  in  den 
in  der  Laufrichtung  unverändert  belassenen  Stromstrecken  ist  die 
für  die  Durchstiche  angenommene  Normalbreite  nachmals  durch 
Uferbauwerke  hergestellt  worden. 

Das  Ergebnifs  der  beiden  Correctionsweisen  ist  dasselbe:  hier 
wie  dort  ein  Stromlauf  in  gestreckter  oder  doch  nur  sanft  und  stetig 
gekrümmter  Richtung  mit  gleichrnäfsiger  Breite  zwischen  den  regel- 
mäfsig  gestalteten  und  durchweg  befestigten  Ufern  oder  deren  Stelle 
vertretenden  Werken.  Dabei  ragen  diese  letzteren  fast  durchweg 
über  den  Mittelwasserstaud ,  so  zwar,  dafs  bei  dem  gewöhnlichen, 
durch  die  Schneeschmelze  des  Hochgebirges  verursachten  Sommer- 
,  hochwasser  die  ganze  Wassermasse  noch  zwischen  den  Normalufern 
abfliefst;  erst  durch  die  aufsergewöhnlich  hohen  Fluthwellen  werden 
sie  überstiegen.  '  ’ ,  ,  ’  >  ; 

Die  Correction  des  Oberrheins  ist  also  ganz  wesent¬ 
lich  und  grundsätzlich  verschieden  von  den  Regulirungen, 
wie  sie  am  Mittel-  und  Unterrhein  zur  Förderung  der 
Schiffahrt  ausgeführt  und  noch  in  der  Ausführung  be¬ 
griffen  sind.  Dort  spielt  sich  die  strombauliche  Thätigkeit  haupt¬ 
sächlich  innerhalb  des  Strombettes  ab  und  grÖfserentheils  unter 
Mittelwasser.  Die  Ausbildung  einer  regelmäfsigen  Stromrinne  für 
die  niedrigeren  Wasserstände  ist  das  Hauptziel;  bei  höheren  Wasser¬ 
ständen  sollen  die  Strombauten  mehr  und  mehr  aufser  Wirkung 
treten,  während  durch  die  Correction  des  öbei-rheins  gerade  bei 
diesen  Wasserständen  die  Ausschweifungen  des  Stromes  verhindert 
und  die  gleichmäfsige  und  unschädliche  Abströmung  befördert  wird. 
Durch  die  Correction  des  Oberrheins  ist  hauptsächlich  eine  Ver¬ 
änderung  der  Stromverhältnisse  bei  den  periodischen  und  aufser- 
ordentlichen  Hochwassern,  durch  die  Regulirungen  am  Mittel-  und 
Unterrhein  eine  Einwirkung  auf  die  Niederwasserverhältnisse  an¬ 
gestrebt. 

Hier  wie  dort  ist  durch  die  ausgeführten  Strombauten  der  Zweck 
erreicht,  der  ihre  Herstellung  veranlafst  hat.  Die  Schiffahrt  auf  dem 
Mittelrhein  konnte  nur  durch  die  ausgiebige  Verbesserung  der  Wasser¬ 
strafse  zu  ihrer  grofsartigen  Entwicklung  kommen,  und  der  Strom- 
correction  ist  es  zu  danken,  wenn  die  badisch -elsässisch- bayerische 
Rheinniederung  zu  einer  gesunden,  wohlhabenden  Gegend  geworden 
ist  und  heute  niemand  mehr  daran  denkt,  ein  Dorf  vOm  Rhein  weg¬ 
zuverlegen,  wie  dies  noch  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  der  häufigen 
Wassersnoth  wegen  in  der  Gegend  von  Germersheim -Philippsburg 
geschehen  ist.  Allein  während  am  Mittel-  und CNiederrhein  die  im 
Interesse  der  Schiffahrt  ausgeführten  Regulirungen  auch  fast  überall, 
wo  es  nöthig  war,  ausreichenden  Uferschutz  gewährt  haben,  ist  um¬ 
gekehrt  am  Oberrhein  durch  die  Correction  die  Verbesserung  des 
Stromes  als  Wasserstrafse  nicht  in  dem  Mafse  erreicht  worden,  wie 


3)  Diese  Unterscheidung  des’  sprachlichen  Ausdruckes  ist  aller- 
^  dings  nicht  immer  und  überall  beobachtet.  Im  Süden  des  Reiches 
ist  das  Wort  „Correction“,  im  Norden  ,, Regulirung“  für  Verbesserung 
eines  Wasserlaufes  vorzugsweise  gebräuchlich;  im  höheren  Binnen¬ 
lande  bezwecken  diese  Verbesserungen  aber  in  der  That  auch  über¬ 
wiegend  den  Landschutz,  im  nördlichen  Tiefland  die  Förderung  des 
Verkehrs. 


C  entr al bl a tt  de r  ß a u ver w al t u ag. 


115 


dies  von  manchen  Seiten  gehofft  war,  von  anderen  allerdings  von 
Anfang  bestritten  worden  ist.  / /Der  G;i-upd  Mggt,  in  deuf  Syfetöm  dey 
(.'orrection  selbst,  ..wie ,  es  hier,  im  Hinblick  auf  deren  ^weck 
wohl  berechtigt,  Anwendung  gefunden  hat.  •  ' 

Wenn  am  Mittel-  und  Niederrheip  die  Normalbreite  der  Kegu- 
lirung  >vechsell;  je  ^nach  den  Gefällverhältnissen,  so  war  dies,  noth- 
wehdig,  uni  mbgliclist.uherall'  die  gleiche  Fahrwassertiefe  zu  schaffen, 
und  diese  Ungleichheit  in  der  Breite  des  J^iederwasserbettes  .hat 
für  den  regelmiafsignn  Wasserablauf  und  sonst  für  den  .Landschiit? 
keinerlei  nachtheilige  Wirkung.  Wenn  aber  aip  Öberrhein  von  der 
Neckarmündühg  änfwäfts  die  Breite  des  Cörfectipnsbettes  trotz  des 
nach  oben  zunehmenden  Stfbmgefälles  gleich  bleibt,  ja  oberhalb  der 
bayerisch -elsässischen.  Grenze  ,  bis  hoch  über  Kehl  -  Strafsburg  hinaus 
sogar  gröfser  ist  als  entlang  der  bayerisch-badischeh  Grenze,  so  war 
es  deshalb  nllein  schon  unmöglich, .  da.fs  sich  in  der  neuen  Strombahn 
durchweg  die  gleiche , Wassertiefe  einstellte.  Denn,  wie  leicht  ein¬ 
zusehen,  wird  sich .  bei  gleicher  Wassermenge  und  gleicher  Strombreite 
da,  wo  das  Gefalle  stärker  und  damit  die  Strömung  rascher  ist,  der 
W  assefspiegel ,  weniger  hoch  über  die  Stromsohje  erheben  als  bei 
weniger  starkem  Gefälle  und  langsamem  Wasserabflufs.  Der  Unter¬ 
schied  wird  noch  gröfser,  wenn  irtit  dem  zunehmenden  Gefälle  auch 
die  Wassermasse  sich  vermindert,  was  beim  Aufsteigen  in  ,der 
Richtung  gegen  das;  Quellengebiet  des  Wasserlaufes  ja  immer  der 
Fall  ist.  '  ■  .  ■  . 

Die  Normalbreite  des  Rheins  —  von  Uferkante  zu  Üferkante 
gemessen  —  ist  von  der  Neckarmündung  bis  zur  Mündung  der  Lauter 
an  der  bayerisch -elsässischen  Grenze  240  m,  von  hier  aufwärts  bis 
20  km  oberhalb  Kehl  250  m;  die  Zunahme  des  Stromgefälles  aber  ist 
gestaltet,  wie  folgt: 


Stromstrecke 

Länge 

Gefälle 
auf  1  km 

km 

in 

zwischen  Mannheim -Ludwigshafen  und  Speyer  . 

24,45 

0,14 

zwischen  Speyer  und  Philippsburg  (Germersheim) 

11,65 

0,20 

zwischen  Philippsburg  und  Leopoldshafen  .  .  . 

17,86 

0,25 

zwischen  Leopoldshafen  und  Maxau . j 

,8,81 

0,33 

zwischen  Maxau  und  Lauterburg  ...  .  .  .  ' 

13,03 

0,36 

zwischen  Lauterburg  und  Plittersdorf- Selz  .  . 

9,05 

0,43 

zwischen  Plittersdorf-Selz  u.  Söllingen  (Fort Louis) 

12,74 

0,47 

zwischen  Söllingen  und  Gambsheim  (Freistett)  . 

19,07 

0,54 

zwischen  Gambsheim  und  Kehl  (Strafsburg)  .  . 

14,85 

0,57 

In  der  untersten  .Stromstrecke  —  abwärts  Speyer  —  mit  ihrem 
schwachen  Gefälle  ist  nun  seit  Jahren  schon  eine  Wassertiefe  vor¬ 
handen,  die,  wie  erwähnt,  den  weitestgehenden  Ansprüchen  der 
Schiffahrt  genügt.  Dabei  ist  die  Richtung  des  Thalweges  (Haupt¬ 
stromstrich  und  Schiffweg)  gestreckt  und  nur  unerheblichen  Ver¬ 
änderungen  unterworfen,  und  das  Längenprofil  der  Thalwegsohle 
zeigt,  von  einigen  tieferen  Kolken  am  hohlen  Ufer  der  noch  vor¬ 
handenen  Stromkrümmungen  abgesehen',  sanft  wellige  Form.  Solch 
ausnehmend  günstige  Gestaltung  war  vor  der  Rheincorrection  nicht 
vorhanden  gewesen;  sie  war  auch  ‘nicht  vorhanden,  als  erst  die 
einzelnen  Geradelegungen  mittels  Durchstiche  ausgeführt  waren. 
Sie  hat  sich  aber  alsbald  eingestellt,  alS  in  diesen  Durchstichen 
infolge  der  stromauf  fortschreitenden  Tieferbettung  der  Sohle  das 
anfangs  verstärkte  Gefölle  sich  wieder  namhaft  vermindert  hatte  und 
nachdem  in  den  zwischen  den  Durchstichen  verbliebenen  Strom¬ 
strecken  die  zu  grofsen  Strombreiten  auf  das  als  Norm  angenommene 
IMafs  von  240  m  eingeschränkt  worden  waren.  Hier  - —  zwischen 
Mannheim  und  Speyer  —  ist  also  durch  die  Rheincorrection 
nicht  nur  die  Sicherung  der  Ufer  und  der  Stromniederung,  sondern 
zugleich  auch  eine  ganz  vorzügliche  Wasserstrafse  geschaffen  worden. 

Einige  Kilometer  oberhalb  Speyer  beginnen  die  für  die  Benützung 
als  Wasserstrafse  mafsgebenden  Verhältnisse  sich  ungünstiger  zu  ge¬ 
stalten,  und  bald  bewegt  sich  der  Thalweg  von  einem  Ufer  zum 
andern,  so  zwar,  däfs  er  in  Abständen  von  je  etwa  2  km  wieder  dem 
gleichen  Ufer  anliegt  —  meist  in  schmaler  Rinne,  gebildet  durch  das 
feste  Ufer  und  eine  den  übrigen  Theil  des  Strombettes  einnehmende 
Geröllanlagerung,  die  bei  niedrigeren  Rheinständen  als  Kiesbank  über 
den  Wasserspiegel  hervortritt.  Wo  der  Thalweg,  vom  einen  gegen 
das  andere  Ufer  sich  wendend,  die  Strominitte  überschneidet,  kreuzt 
er  auch  eine  hochliegende  Schwelle,  welche  jeweils  die  beiden  in  der 
Längsrichtung  des  Stromes  aufeinanderfolgenden  Kiesbänke  ver¬ 
bindet  und  von  dem  an  dieser  Stelle  stets  seichten  Wasser  in  gröfser 
Breite  und  mit  namhaft  gesteigerter  Geschwindigkeit  überströmt  wird. 
Diese  für  die  Schiffahrt  sehr  ungünstige  Thal wegbil düng  ist,  wenn 
auch  weniger  schroff  gestaltet  als  weiter  oberhalb,  schon  in  der 
Gegend  von  Philippsburg- Germersheim  in  einem  bemerkenswerthen 
Grad  von  Regelmäfsigkeit  vorhanden.  Bei  einem  Wassei’stande,  der 
in  der  Stromstrecke  Mannheim-Speyer  noch  vollkommen  2  m  Fahr¬ 


wassertiefe  gewährt,  finden  sich  auf  den  Thalwegschwellen  im  oberen 
Theil  der-  Strecke  Speyer-Gcrmersheim  schon  Stellen  mit  nur 
1,30  m,  zeitweise. noch  weniger.  In  der  einen  wie  in  der  andern  Strecke, 
sowie  überhaupt  in  seinem  Lauf  durch  die  Oberrheinische  Ebene  vom 
l{|aisßrstuhlgebirge  bis  zur  Nbckarmündung  hinab  bewegt  sich  der  Rhein 
aüf  seiner  eigenen  Alluvion;  den  Grad  der  Beweglichkeit  der  Strom- 
öohle  im  Verhältnifs  zur  Stromkraft  ist  hier  also  überall  der  gleiche. 
Vollkommen  gleich  ist  auch  die  Breite  des  Strombettes.  Eine  Verschie- 
deüheit  der  Abflufsbedingungeu  der  beiden  Stromstrecken  besteht 
nur  in  der  Wassermenge  und  in  dem  Gefälle.  Der  Unterschied  der 
Wassermengen  ist  nicht  von  Belang;  da  unterhalb  Speyer  nur  einige 
Bäche  münden,  die  in  Zeiten  niedriger  Wasserstände  —  und  auf 
solche  kommt  es  hier  hauptsächlich  an  —  dem  Rhein  nur  sehr  wenig 
Wasser  znbringen,  so  ist  die  in  der  Stromstrecke  Germersheim-Speyer 
abfliefsende  Wassermenge  auch  nur  wenig  kleiner  als  in  der  Strecke 
Speyer -Mannheim.  Dagegen  ist  der  Unterschied  des  Gefälles  be¬ 
deutend;  in  der  Strecke  Speyer -Mannheim  0,14 o, Io,  ist  das  Gefälle 
in  der  Strecke  Genuersheim-Speyer' schon  auf  0,20 o'oo  gewachsen;  — 
klar  tritt  diese  Gefällzunahme  als  die  Ursache  der  veränderten 
Thalweggestaltung,  der  geminderten  Schiffbarkeit,  hervor. 

Zwischen  Mannheim  und  Speyer  ist  die  Strombreite  zu  dem 
Gefälle  in  solch  günstiges  Verhältnifs  gesetzt,  dafs  hier  die  Strom¬ 
sohle  in  der  für  die  Schiffahrt  denkbar  besten  Weise  sich  ausgebildet 
hat.  Gerade  aber,  weil  dies  hier  der  Fall  ist,  kann  es  in  der  oben 
anschliefsenden  Stromstrecke,  in  welcher  zwischen  der  Strombreite  und 
dem  Gefälle  ein  wesentlich  anderes  Verhältnifs  besteht,  nicht  auch 
der  Fall  sein. 

Und  was  für  die  Strecke  Kpey er  -  Germersheim  gilt,  trifft 
für  die  ganze  Stromstrecke  Germersheim-Kehl  mit  ihrem  zu¬ 
nehmenden  Gefälle  in  wachsendem  Mafse  zu.  In  dieser  gröfseren 
Erstreckung  macht  sich,  zumal  oberhalb  der  Mündung  der  Schwarz¬ 
wald-  und.  Vogesenwasser,  überdies  auch  noch  die  Abnahme  der 
Wassermenge  geltend  • —  wennschon  gegenüber  der  Gefällzunahme 
nur  in  weniger  erheblichem  Mafse.  Kein  Zweifel:  wenn  von  Speyer 
aufwärts  die  Normalbreite  des  Stromes  entsprechend  dem  wachsenden 
Gefälle  und  der  Wasserabnahme  gemindert  worden  wäre,  so  hätte 
auch  die  gleiche  Sohlengestaltung  und  Wassertiefe,  wie  in  der  Strom¬ 
strecke  Speyer-Mannheim,  herbeigeführt  werden  können.  Dafs  nicht 
so  verfahren  worden,  hat  seine  volle  Berechtigung;  denn  solche  Ver¬ 
engung  des  Strombettes,  das  nicht  nur  Mittelwasser,  sondern  sogar 
noch  die  gewöhnlichen  Hochwasser  aufzunehmen  hat,  würde  schon 
in  der  bayerisch -badischen  Stromstrecke,  wo  sie,  wenigstens  unter¬ 
halb  Leopoldshafen,  nur  in  mäfsigem  Betrag  nöthig  gewesen  wäre, 
doch  üble  Wirkungen  auf  die  Gesamtverhältnisse  des  Stromes 

—  Hebung  des.  Hochwasserspiegels,  heftige  Strömung,  verstärkte  Ge¬ 
schiebebewegung,  übermäfsige  Senkung  der  Stromsohle  —  zur  Folge 
gehabt,  und  in  der  badisch- elsässischen  Rheinstrecke  würden  sich 
geradezu  ungeheuerliche  Stromprofile  ergeben  haben. 

Die  Berechtigung  der  Gründe  zu  prüfen,  welche  davon  abgehalten 
haben,  die  Normalbreite  am  Oberrhein,  wie  es  oberhalb  Strafsburg 
geschehen,  auch  zwischen  Mannheim  und  Strafsburg  wenigstens  mit 
Rücksicht  auf  die  Wasserlieferung  der  Nebengewässer  innerhalb  ge¬ 
wisser  Grenzen  abnehmen  zu  lassen,  ja  sogar  dazu  bestimmt  haben, 
diese  Breite  oberhalb  der  Lauter  gröfser  zu  bemessen,  hat  hier  um 
so  weniger  Zweck,  als  aufser  Zweifel  steht,  dafs  durch  eine  stromauf 
fortschreitende  Verminderung  der  Normalbreite  des  Strombettes  selbst 

—  zwischen  den  Uferbauten  —  in  dem  bescheidenen  Mafse,  in  wel¬ 
chem  sie  mit  Rücksicht  auf  die  höheren  Wasserstände  nur  hätte  in 
Anwendung  kommen  können,  eine  sehr  wesentliche  Aenderung  in  der 
Thalweggestaltung,  jedenfalls  eine  für  die  Gi'ofsschiffahrt  bis  Kehl 
hinauf  ausreichende  Vergröfserung  der  Fahrwassertiefen  nicht  erreicht 
worden  wäre;  und  so  kann  auch  jetzt  von  einer  solchen  Mafsnahme, 
die  zudem  sehr  grofsen  Kostenaufwand  erforderte,  ernstlich  nicht  die 
Rede  sein. 

Wie  erwähnt,  ist  es  ja  auch  nicht  die  Regelung  der  Breite, 
welche  der  Strom  bei  mittleren  und  höheren  Wasserständen  ein¬ 
nimmt,  wodurch  mau  die  Schift'ahrtsstrafse  verbessert,  sondern  die 
Ausbildung  einer  regelmäfsigen  Niederwasserrinne.  Und  dieses  Mittel 
kann  denn  auch  am  Oberrhein  allein  in  Frage  kommen:  nachdem 
der  Stromlauf  selbst  regelmäfsig  gestaltet  ist,  würde  es 
sich  nunmehr  darum  handeln,  innerhalb  des  durch  die 
Correction  hergestellten  Strombettes  die  Niederwasser¬ 
rinne  in  der  für  die  Schiffahrt  erforderlichen  Tiefe  und 
Breite  zu  schaffen.  Jetzt  erst  hätte  hier  zwischen  den  künst¬ 
lich  gestalteten  Uferlinien  das  zu  geschehen,  was  am  Mittel¬ 
und  Unterrhein  zur  Verbesserung  der  Wasserstrafse  innerhalb  des 
natürlichen  Strombettes  seit  vielen  Jahrzehnten  geschehen  ist 
und  zur  Zeit  noch  geschieht. 

(Fortsetzung  folgt.) 


116 


Centralblatt  der  ßauverwaltung'. 


22.  März  1890. 


Sicherheits-Prellbock  mit 

Es  erfordert  einen  nicht  unbeträchtlichen  Grad  von  Geschick¬ 
lichkeit  und  Sicherheit,  einen  Zug  so  in  eine  Kopfstation  einzuführen, 
dafs  derselbe  ohne  Fahrtunterbrechung  nahe  vor  dem  Endabschlufs 
eines  Kopfgeleises  zum  Stillstand  kommt.  Den  Beweis  hierfür  liefern 
die  infolge  Ueberfahrens  dieser  Abschlüsse  wiederholt  vorgekommenen 
Unfälle  und  Betriebsstörungen.  Die  Abschlüsse  unverrückbar  fest 
und  starr  zu  gestalten,  wie  dies  in  England  bis  in  die  neuere  Zeit 
üblich  und  durch  die  dortigen  hohen  Bahnsteige  begründet  war,  hat 
ebensowohl  Bedenken,  wie  dieselben  in  leichter  Bauart  herzustellen, 
wie  man  dies  wohl  bei  niedrigen  Bahnsteigen  findet.  Im  ersten  Falle 
erscheint  der  Zug  mit  seinen  Insassen,  im  andern  Fall  die  Bahnanlage 
und  das  auf  derselben  verkehrende  Publicum  besonders  gefährdet. 
In  England  besteht  die  allgemeine  Vorschrift  —  wenigstens  für  alle 
beim  Abrechnungshofe  betheiligten  Verwaltungen  — ,  dafs  die  Fahr¬ 
geschwindigkeit  der  Züge  bei  der  Einfahrt  in  die  Kopfbahnhöfe  so 
geregelt  werden  soll,  dafs  es  möglich  ist,  dieselben  durch  alleinige 


_C 

o 


Anwendung  der  Handbremsen  zum  Stehen  zu  bringen  (vgl.  Regel  293 
der  englischen  Anweisung  für  den  äufseren  Betriebsdienst).  In 
Deutschland  hat  man  in  einzelnen  Fällen  die  besondere  Weisung 
erlassen,  dafs  die  Züge  nicht  zu  nahe  an  das  Ende  der  Kopfgeleise 
herangefahren  werden  dürfen.  Derartige  Vorschriften  tragen  zur 
Vermehrung  der  Betriebssicherheit  nur  mittelbar  bei;  im  weiteren 
läfst  sich  jedoch  auch  eine  Vergröfserung  der  Sicherheit  in  un¬ 
mittelbarer  Beziehung  dadurch  herbeiführen,  dafs  die  lebendige 
Kraft  des  Zuges  allmählich  so  abgeschwächt  wird,  dafs  nachtheilige 
Folgen  nicht  mehr  zu  besorgen  sind. 

Von  dem  Gedanken  ausgehend,  dafs  Federkraft  für  derartige 
Zwecke  ungeeignet  sei,  weil  jeder  Rückstofs  vermieden  werden  müsse, 
hat  Alfred  A.  Langley  in  Derby  eine  Einrichtung  angegeben,  bei 
welcher  durch  die  Stofskraft  des  anfahrenden  Zuges  eine  einge¬ 
schlossene  Wassersäule  durch  einen  Ausflufsquerschnitt  von  mäfsiger 
Gröfse  allmählich  zum  Entweichen  gebracht  wird.  Mit  der  Vor¬ 
richtung  ist  ein  starrer  Bufferkörj)er  verbunden,  welcher  sowohl  zur 
Begrenzung  des  Hubes  als  auch  dazu  dient,  bei  besonders  starken 
Stöfsen  deren  Kraft  vollends  zu  erschöpfen.  Langley  nennt  seine 
Erfindung  „hydraulic  buffer  stop“.  Die  Einzelheiten  der  im  Jahr¬ 
gange  1886  des  Engineering  beschriebenen  Einrichtung  sind  in  den 
Abbildungen  1  bis  4  dargestellt. 

Durch  den  anfahrenden  Zug  werden  zwei  stählerne  Kolben¬ 
stangen  AA  (Abb.  1  und  2)  zurückgetrieben  und  hierdurch  das  in 
dem  Raume  jedes  Cylinders  B  (Abb.  3)  befindliche  Wasser  in  den 
Raum  Rs  gedrückt.  Zu  dem  Ende  hat  zunächst  jeder  Kolben  an 
seinem  Umfange  soviel  freies  Spiel,  dafs  ein  Durchflufsquerschnitt 


Wasserbremse  von  Langley. 

von  2,45  qcm  frei  gelassen  wird.  Aufserdem  sind  die  Kolben  mit  zwei 
gegenüberliegenden  rechtwinkligen  Ausschnitten  versehen,  in  welche 
zwei  schmiedeeiserne  Schienen  CC  eingreifen,  deren  Höhe  so  zunimmt, 
dafs  die  verbleibende  lichte  Fläche  der  Ausschnitte  von  dem  Betrage 
von  30  qcm  —  in  der  Anfangsstellung  —  sich  allmählich  auf  Null  ver¬ 
ringert.  Die  Veränderlichkeit  der  Durchflufsfläche  ist  mit  Rücksicht 
auf  die  abnehmende  Geschwindigkeit  des  Kolbens  so  festgestellt, 
dafs  der  geleistete  Widerstand  unverändert  bleibt.  Auf  Grund  ge¬ 
nauer  Versuche  sind  hiernach  die  Schienen  CC  so  abgeschrägt 
worden,  dafs  die  Durchflufsquerschnitte  bei  den  Kolbenstellungen 
G,  F,  F,  D  (s.  Abb.  3  und  4)  bezw.  32,45,  20,80,  9,16  und  5,16  qcm 
betragen. 

Um  die  Kolben  nach  jedem  Rückgänge  wieder  in  die  Anfangs¬ 
stellung  zurückzuführen,  sind  nach  Art  der  Abb.  1  Gegengewichte  J 
nach  der  Geleisseite  in  leicht  zugänglichen  Schächten  angeordnet. 
Dieselben  werden  gebildet  aus  übereinandergelegten  gufseisernen 
Scheiben,  welche  durch  Filzeiulagen  getrennt  sind.  Diese  Einlagen 
sowie  ferner  eine  zwischen  der  unteren  Fläche  jedes  Gegengewichtes 
und  dem  Kopfe  des  durchgeführten  Bolzens  angebrachte  Gummi¬ 
packung  haben  den  Zweck,  die  Beanspruchung  der  Kette  m  beim 
ersten  Anstofs  des  Zuges  etwas  zu  mildern.  Die  Kolbenstange  läuft 
am  Angriffspunkt  K  der  Kette  auf  einem  Rollenpaar,  welches  die 


Abb.  4.  Querschnitte  durch  den  Cylinder. 
Bern.  Sämtliche  Mafse  sind  in  Centimeteru  angegeben. 


senkrechte  Seitenkraft  der  Kettenspannung  auf  den  Unterbau  des 
Prellbockes  überträgt.  Damit  die  Stöfse  der  Kolben  auf  die  Cylinder- 
deckel  möglichst  abgeschwächt  werden,  sind  zu  beiden  Seiten  der 
Kolben  Gummiringe  um  die  Kolbenstangen  gelegt.  Die  vorderen 
Enden  der  letzteren  wurden  anfänglich  durch  eine  Bufferbohle  ver= 
bunden;  die  Erfahrung  hat  indes  gezeigt,  dafs  sie  besser  unab¬ 
hängig  von  einander  angeordnet  werden,  wie  dies  jetzt  allgemein 
durchgeführt  wird.  Zur  Ableitung  des  Tropfwassers  sowie  zum 
Nachfüllen  der  Cylinder  sind  besondere  Röhrenleitungen  vorgesehen. 

Ueber  die  Leistungen  der  beschriebenen  Prellböcke  sind  ein¬ 
gehende  Versuche  angestellt  worden.  Dabei  hat  sich  herausgestellt, 
dafs  eine  Hubhöhe  von  1,22  m  (4  engl.  Fufs)  für  gewöhnliche  Ver¬ 
hältnisse  vollständig  ausreicht.  Mit  dieser  Hubhöhe  ist  es  möglich, 
Eisenbahnzüge  mit  13  Stundenkilometer  Geschwindigkeit  zum  Stehen 
zu  bringen.  Für  Zwecke  des  Verschiebdienstes  ist  nach  Langley 
eine  Hubhöhe  von  0,6  m  (2  engl.  Fufs)  angemessen.  Der  Erfinder 
giebt  an,  dafs  nach  den  angestellten  Versuchen  der  Widerstand  des 
Wassers  in  geradem  Verhältnifs  mit  dem  Quadrat  der  Geschwindig¬ 
keit  des  auffahrenden  Zuges  zu  wachsen  scheine.  Da  die  Stofskraft 
ebenfalls  im  quadratischen  Verhältnifs  der  Geschwindigkeit  zu-  und 
abnimmt,  so  würde  hiernach  der  Kolbenweg  von  der  Geschwindigkeit 
unabhängig  sein,  wie  dies  die  angestellten  Versuche  im  allgemeinen 
auch  bestätigt  haben. 

Die  erste  Anwendung  der  beschriebenen  Prellböcke  wurde  in 
den  Liverpool-  und  Fenchurch  -  Strafsen  -  Bahnhöfen  der  englischen 
Ostbahn  in  London  gemacht.  Der  Kolbenweg  hat  hier  das  ange¬ 
führte  Mafs  von  1,22  m.  In  dem  letztgenannten  Bahnhofe  wurde  über 
den  Prellböcken  ein  Erfrischungsraum  angeordnet,  ohne  dafs  sich 
nachtheilige  Erschütterungen  in  demselben  bemerkbar  gemacht  hätten. 
Die  Prellböcke  kosteten  hier  das  Stück  3000  Mark. 

In  der  Exchange-Strafsen-Station  der  Nordwestbahn  in  Manchester 
findet  man  Prellböcke  mit  0,6  m  Hub.  Neuerlich  sind  u.  a.  in  der 


Hr.  12. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


117 


Exchange -Station  der  Lancashire-  und  Yorkshire-Bahn  in  Liverpool 
Sicherheits-Prellböcke  der  gröfseren  Art  aufgestellt  worden. 

Von  der  Langleyschen  Anordnung  im  Grundgedanken  nicht  ab¬ 
weichende  Prellböcke  sind  neuerdings  auch  von  anderer  Seite  ein¬ 
geführt  worden.  So  stellt  die  Nordwestbahn  in  ihren  Locomotiv- 


werken  in  Crewe  Vorrichtungen  her,  welche  sich  von  der  Langley¬ 
schen  nur  dadurch  unterscheiden,  dafs  die  bremsende  Wasserfüllung 
durch  die  Stofskraft  des  Zuges  in  einen  besonderen  Behälter  ge¬ 
trieben  wird.  Dem  Wasser  ist  eine  Seifenlösung  zugesetzt. 

Kemmann. 


Der  allgemeine  Aufschwung  auf  wirthschaftlichem  Gebiete,  den 
Deutschland  in  den  letzten  20  Jahren  genommen,  und  der  dadurch 
erzeugte  gröfsere  Wohlstand  lassen  nach  und  nach  eine  früher  bei 


Das  Gebäude  der  „TattersalD^- Gesellschaft  in  Mannheim. 

Die  Mannheimer  Gesellschaft  „Tattersall“  wurde  im  Jahre  1883 
gegründet  mit  einem  Capital  von  110000  Mark,  welches  sich  auf 
22  Actien  zu  je  5000  Mark  vertheilte.  Aufserdem  lag  noch  eine 
Zeichnung  vor,  die  sich  auf  eine  fünfjährige  Zinsgewähr  erstreckte, 
und  es  handelte  sich  darum,  mit  diesen  für  die  verlangte  Ausdehnung 
der  Anlage  geringen  Mitteln  auszukommen.  Dies  war  nur  dadurch 
möglich,  dafs  von  jeder  über  das  unabweisliche  Bedürfnifs  hinaus¬ 
gehenden  äufseren  wie  inneren  Ausstattung  abgesehen  wurde.  Die 
Anlage  besteht  aus  der  gedeckten  Reitbahn,  aus  Stallung  und  Wagen¬ 
remise  nebst  Wohnhaus,  in  dessen  Erdgeschofs  sich  das  Bureau  der 
Gesellschaft  und  eine  kleine  Wohnung  für  den  Stallmeister  befinden, 
während  das  obere  Geschofs  die  Wohnung  des  Directors  enthält. 
Der  Hauptraum  ist  naturgemäfs  die  gedeckte  Reitbahn.  Es  lag  in 
der  ursprünglichen  Absicht,  diese  Reitbahn  auch  ab  und  zu  an 


luHt.n.l..  1 


10 


äö'" 


a.  Im  Erdgeschofs  Conversationszimmer,  darüber  Kleidergelafs  für  Damen. 

b.  Geräthe,  darüber  Kleidergelafs  für  Herren. 

Grundrifs. 

uns  ziemlich  seltene  Gattung  von  Gebäuden  entstehen,  welche  den 
verschiedenen  Zwecken  des  Sports  dienen.  Die  Litteratur  über 
solche  ist  noch  verhältnifsmäfsig  dürftig  bestellt,  und  es  werden 
selbst  kleine  Beiträge  zu  derselben  wohl  manchem  Fachgenossen 
dienlich  erscheinen.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  möge  nach¬ 
folgende  kurze  Mittheilung  beurtheilt  werden. 


Querschnitt  mit  Ansicht  der  Zuschauerbühne. 

wandernde  Circusgesellschaften  oder  dgl.  zu  vermiethen  und  in 
diesem  Falle  Zuschauerbühnen  einzubauen.  Aus  diesem'  Grunde 
wurden  baupolizeilich  an  allen  Seiten  grofse  Thore  angeordnet,  um 
in  Nothfällen  eine  rasche  Entleerung  des  Raumes  zu  ermöglichen. 
Jedoch  wurde  dieser  Gedanke  später  wieder  aufgegeben,  und  der 
Raum  dient  jetzt  lediglich  als  Reitbahn.  Diese  ist  mit  Oberlicht 
erleuchtet  und  besitzt  an  ihrer  vorderen  Schmalseite  eine  zwei¬ 
geschossige  Galerie  für  Zuschauer  und  Musikcapelle.  Im  oberen  Ge¬ 
schofs  sind  rechts  und  links  die  Kleidergelasse  und  Toiletten  für 
Damen  und  Herren,  darunter,  zu  ebener  Erde,  ein  kleines  Conversations- 
zimmer  und  Gerätheräume  angeordnet.  Alles  übrige  ist  aus  den  Ab¬ 
bildungen  wohl  mit  hinlänglicher  Deutlichkeit  zu  ersehen.  Angeführt 
möge  nur  noch  werden,  dafs  der  Zuspruch  sich  so  lebhaft  erwies, 
dafs  die  Wagenremise  mittlerweile  gleichfalls  zu  Stallung  eingerichtet 
werden  mufste  und  dadurch  für  die  Wagen  ein  besonderer  Anbau 
nöthig  wurde. 

Mannheim,  im  Februar  1890.  W.  Manchot. 


Die  Kriegsbaukunst. 


Das,  was  der  Verfasser  des  unter  diesem  Titel  jüngst  erschienenen 
Theiles  des  inhaltreichen  „Handbuches  der  Architektur“,  Director 
Dr.  A.  von  Essenwein  schreibt,  und  das,  was  er  als  Künstler  aus¬ 
führt,  ist  geeignet,  unsere  Erwartung  hoch  zu  spannen.  Wenn  wir 
zurückblicken  auf  das,  was  er  geschrieben  hat  über  die  Kunstdenkmäler 
von  Krakau,  über  den  norddeutschen  Ziegelbau,  in  den  Mittheilungen 
der  k.  k.  österreichischen  Centralcommission  sowie  in  den  Schriften 
des  Germanischen  Museums,  und  auf  das  Grofse,  was  er  hier  geleistet, 
wenn  wir  uns  vergegenwärtigen,  in  wie  vielen  Kirchenbauten  —  von 
anderen  Meisterleistungen  zu  geschweigen  —  er  theils  selbstwirkend, 
Iheils  ausschlaggebend  geschafiFen  hat,  so  können  wir  uns  nur  freuen. 


dafs  er  ein  so  schwieriges  Werk  wie  die  Darstellung  der  mittelalter¬ 
lichen  Kriegsbaukunst  im  Handbuche  der  Architektur*)  übernommen 
hat.  Daraus,  dafs  bei  einer  so  umfangreichen  Arbeit,  bei  einer  so 
reichen  und  mannigfaltigen  Beispielsammlung  wie  die  vorliegende, 

*)  Handbuch  der  Architektur,  herausgegeben  von  Durm, 
Ende,  Schmitt  und  Wagner.  II.  Theil.  Die  Baustile.  Historische 
und  technische  Entwicklung.  4.  Band:  Die  romanische  und  die 
gothische  Baukunst,  von  Director  Dr.  August  v.  Essenwein  in 
Nürnberg.  Erstes  Heft:  Die  Kriegsbaukunst.  Darmstadt  1889. 
A.  Bergsträsser.  259  S.  in  gr.  8”  mit  199  Abbildungen  und  14  Tafeln. 
Preis  16  Mark. 


118 


Centralblatt  der  Bauverwaltung.  ; 


22.  März  1890; 


aucli  manches  verinifst,  manches  anders  gewünscht  wird,  wird' 
niemand  dem  Berichterstatter  xind  noch  weniger  dem  Verfasser  einen 
Vorwurf  machen. 

In  der  Einleitung  schon  sagt  uns  v.  Essenwein,,  dafs  er  seine 
Kriegsbaukunst  erst  mit  der  Zeit  beginnen  läfst,  in  welcher  sich  die 
Wogen  der  Völkerwanderung  gelegt  hatten,  dafs  er  also  von  dem, 
was  die  sogenannte  vorgeschichtliche, und  die  römische  Zeithinterlassen 
haben,  absieht.  Er  führt  uns  unmittelbar  in  das  Lehnswesen  ein,  durch 
welches  gröfsere  oder  kleinere  Gebiete  Halt  und  Widerstandsfähigkeit 
erhielten;  er  zeigt,  wie  dadurch  der  Verkehr  befördert  und  Veran¬ 
lassung  zur  Anlage  von  Städten  gegeben  wurde.  Es  werden  dann  die 
Pläne  einiger  Städte  mitgetheilt,  und  zwar  theils,  wie  die  von  Krakau  und 
Friesach,  naclr  eigener  Aufnahme  oder,  wie  Köln,  nach  alten  Stichen, 
theils  nach  anderen  Autoren,  so  Nürnberg  nach  Bath,  Saona  und  Giblet 
in  Syrien  nach  Key,  Carcassonne  und  Aigues  Mortes  nach  Viollet  le 
Duc,  Reichenweier,  Zellenberg,  Mömpelgard  und  Sitten  nach  Merian, 
Luzern  nach  Martini.  Auf  die  Lago  der  Kirche,  des  Markt¬ 
platzes,  der  Verkaufshallen,  des  Rathhauses  sowie  auf  die  den  Be- 
düi'fnissen  der  Zünfte  ents^jrechenden  Anlagen  wird  hingewieseu. 
Was  aber  die  Befestigung  anlangt,  so  wird  auf  die  der  Burgen 
Bezug  genommen. 

Bei  den  alten  Burgenanlageu  ist  nicht  die  Bequemlichkeit  des  Ver¬ 
kehres,  sondern  die  durch  das  Gelände  bewirkte  Sicherheit  das  Mafs- 
gebende.  Wo  sich  eine  passende  Bodenbildung  nicht  fand,  suchte  man 
sie  annähernd  durch  Anschüttung  eines  Hügels  (Motte,  Mound,  Mota) 
zu  erzwingen.  Es  werden  aus  Frankreich  und  England  dergleichen 
aufgeführt  und  auch  aus  Deutschland  die  Pipinsburg  und  andere  ge¬ 
nannt,  die  wir  aber  bei  uns  nicht  für  die  Anfänge  einer  Burg,  sondern 
eher  für  den  versteckten  Platz  einer  Hütte  für  arme  Waldschmiede 
halten  möchten;  wir  würden  hier  lieber  auf  die  Hundsrücker  Erd¬ 
burgen,  Laudert,  Dudenrot,  Horn  und  Bubach  hingewiesen  sehen 
(Bonner  Jahrb.  XVIII  und  XXVI).  Der  weitere  Ausbau  der  Wehr- 
wie  W'ohnräuine  war  in  Holz  durchgefühlt,  dessen  verkohlte  Ueber- 
reste  sich  noch  häufig  finden.  Allmälilich  aber  trat  an  die  Stelle  des 
Holzes  der  Steinbau,  dessen  Vorbilder  die  Römer  am  Rhein  und  an 
der  Donau  hinterlassen  hatten,  und  der  durch  die  Kirche  ins  innere 
Deutschland  eindrang. 

Hierauf  giebt  der  Verfasser  als  eine  der  ältesten  Steinbui-gen  die 
Oberburg  bei  Rüdesheim  im  Grundrifs  und  —  eine  Darstellungs¬ 
weise,  die  überhaupt  in  den  nachfolgenden  Blättern  wiederkehrt  — 
in  schönen  Abbildungen  aus  der  Vogelschau.  Es  folgen  der  regel- 
mäfsig  achteckige  Grundrifs  der  Pfalz  bei  Egisheim  und  die 
französische  Burg  Arqnes  in  Grundrifs,  Schnitt  und  Vogelschau, 
ferner  die  Salzburg  bei  Neustadt  (Kissingen),  Dankwarderode 
und  die  Wartburg.  Daran  schliefst  sich  die  Burg  Steinsberg 
im  Kraichgau,  welche  von  Krieg  von  Hochfeld  und  Mono  noch  mit 
so  grofsem  Eifer  als  ein  römisches  Bauwerk  hingestellt  und  ver- 
theidigt  wurde,  während  wir  sie  jetzt  aus  bautechni sehen  Gründen  mit 
Bestimmtheit  dem  12.  Jahrhundert  zuschreiben.  Dadurch  wird  eine 
grofse  Zahl  von  Burgen  hinfällig,  zumal  solche  mit  Bossenciuadem, 
durch  welche  der  sonst  so  verdiente  Forscher  grofse  und  noch  nicht 
überall  verschwundene  Verwirrung  angerichtet  hat;  dazu  gehören  die 
gleichfalls  im  Grundrifs  und  in  Einzelnheiten  dargestellten  Burgen 
Frankenburg,  Schlofseck,  drei  Burgen  bei  Egisheim,  ebenso  Landeck, 
Wineck,  Fleckeustein,  Trifels  und  Neiischarfifeneck,  alle  im  Elsafs. 
Auch  gehört  hierher  die  Burg  Nürnberg,  deren  fünfeckiger  Thurm 
noch  vor  zwei  Jahren  für  römisch  angesprochen  wurde! 

Wir  dürfen  nicht  fortfahren,  in  dieser  Weise  die  grofse  Fülle 
von  über  200  Abbildungen  zu  verzeichnen,  obschon  eigentlich  in 
ihnen,  im  Verein  mit  den  eingestreixten  geschichtlichen  und  tech- 
nisehen  Bemerkungen  der  Hauptwerth  des  Werkes  liegt.  Nur  die 
Abtheilungen,  die  den  Ueberblick  über  das  letztere  einigermafsen 
ermöglichen,  seien  hier  aufgeführt.  Sie  umfassen  die  älteren 
Klosteranlagen,  die  Burgen  der  Kreuzfahrer  in  Syrien  nach  Rey, 
die  späteren  französischen  Burgenanlagen:  Gaillard,  Coucy,  den 
Louvre,  Vincenues,  Pierrefonds  und  andere;  dann  die  späteren 
deutschen  Burgenanlagen,  zwischen  denen  allerdings  sehr  un¬ 
erwartet  Marieiiburg  erscheint,  obschon  dieselbe  später  in  gröfserer 
Ausführlichkeit  wiederkehrt;  die  Burgen  des  15.  Jahrhunderts;  im 
Elsafs,  Burg  Eltz,  Schlofs  Mailand.  Weiter  der  Burgthürm  und 
das  feste  Haus. 

Essenwein  verwirft  den  Namen  „Bergfried“  für  den  Haupt¬ 
thurm.  Als  der  Schreiber  dieses  1860  in  den  Bonner  Jahrbüchern 
einen  Aufsatz  über  die  Bergfriede  veröffentlichte,  war  er  nicht  der 
erste,  der  einer  Abhandlung  von  Leo  in  Räumers  Historischem 
Taschenbuch  1837  gefolgt  ist;  er  hatte  für  sich  eine  Urkunde 
(Lacomblet  III  145),  in  welcher  1320  der  Ritter  Wilhelm  der  Stadt 
Köln  verspricht,  sein  Haus  Frechem  nicht  zu  befestigen  „ungeyne 
ringmur  umb  den  Hof,  noch  Berchfrit  in  den  Hof  zu  machen, 
noch  Turn  noch  Blochus“.  Ob  von  Stein,  wie  wahrscheinlich, 
oder  von  Holz,  darauf  kommt  es  hier  nicht  an,  es  ist  jedenfalls 


ein  Bergfried,  ein  dauernder  Bau,  deti  nicht  zu  bauen  er  sich  ver¬ 
pflichtet.  Andere  Urkundenstfellen  vvürden  sich  wohl  auch  noch; 
finden.  Es  ist  keine  Frage,  dafs  die-  mittelalterlichen  Mundarten  den 
Namen  „Bergfriede“  für  die  zur  Belagerung  aufgeschlageueu  Thürme, 
Wandelth firme,  sonst  auch  Ebenhoch  genannt,  benutzt  haben.  Aber 
dem  Sinn  nach  entspricht  der  Name  Bergfried,  der  den  Frieden 
birgt,  besser  dem  letzten  Zufluchts-  und  Sicherungsort  in  der  Burg, 
als  dem  Belagerungsthurra^'  der  •  den  iPrieden  zerstört.  Ich  glaube 
daher  auch,  dafs.  der  Bergfried  für  den  Hauptthurm  bei  uns  bei¬ 
behalten  werden  wird. 

Es  folgen  dann  nochmals  der  Thurm  von  Steinsberg  und  weitere 
Ausführungen  über  die  Elsässer,  Kreuzfahrer-,  englische  und  andere 
Burgen.  In  Bezug  auf  die  Niederburg  bei  Büdesheim,  bei  der  ich 
näher  betheiligt  bin*)  Und  in  die  ich  meinen  geehrten' Freund  ein¬ 
geführt  habe,  erlaube  ich  mir  auch  hier  meinen  Standpunkt  kurz  zu 
berühren.  Ob  sie  und  die  Oberburg  auf  einer  Mota,  S.  49,  einer 
künstlichen  Anschüttung  liegt  oder  nicht,  ist  für  dcn  Zweck  der 
Vertheidigung  von  geringem  Belang.  Die  mehr  oder  minder  sanften 
Bergvorsprünge  leisten,  wie  hier,  dasselbe.  Die  Burg  wird  eine 
Wasserburg  genannt,  weil  bei  Hochwasser  der  Rhein  sie  rings  um- 
fliefst.  Einigermafsen,  wenn  auch  nicht  für  alle  Zeiten  entscheidend, 
spricht  dagegen,  dafs  der  einzige  Weg  zum  Keller  durch  den  AVasser- 
graben  führen  und  das  AVasser  ihn  füllen  würde.  Das  Hindernifs  ist 
nicht  unüberwindlich,  da  man  an  Alosel  und  Rhein,  wo  das  AA^asser  oft 
die  Keller  überschwemmt,  durch  Stützen  gegen  das  Kellergewölbe 
die  Fässer  sehr  wohl  feststellen  und  gegen  das  Schwimmen  und  Um¬ 
stürzen  sichern  kann.  Essenwein  glaubt,  dafs  a.uf  der  Südostecke  der 
Niederburg  nicht,  wie  ich  angegeben,  ähnlich  dem  nordwestlichen,  ein 
älterer  Thurm,  an  den  die  anderen  Gebäude  später  angebaut  worden 
seien,  gestanden  habe,  sondern  eine  zu  diesen  gehörige  Küche  nebst 
Raxichfang.  AA^as  es  auch  war,-  es  war  ein  thurmarfiges,  in  vei’jüngenden 
Absätzen  aufgeführtes  Bauwerk,  ähnlich  dem  der  Oberburg,  an  das 
die  beiden  Flügel  mit  übergreifenden  Absätzen  angebaut  worden  sind; 
denn  so  stellen  sie  sich  dar,  und  zeigen  dadurch  ihr  jüngeres,  nicht 
gleichzeitiges  Alter.  Von  einem  Gang  unter  einem  nassen  Graben  hin¬ 
durch,  den  Essenwein  verinuthet,  kann  wohl  in  jener  Zeit  nicht  die 
Rede  sein. 

AVemi  der  A'erfasser  meint,  der  Burgthurm  (Bergfried)  habe  mit 
dem  Fortschreiten  des  13.  Jahrhunderts  seine  Bedeutung  verloren,  so 
glauben  wir  ihm  doch  eine  grofse  Menge  derartiger  Thürme  noch 
aus  dem  15.  Jahrhundert  entgegenstellen  zu  können,  welche  erst 
verschwanden,  als  in  die  Urnfassungsmauern  schwere  Rondelle  traten. 

An  einzeln  gelegenen,  zur  Benachrichtigmig  an  nahe  oder  ferne  Burgen 
bestimmten  Thürmen  sind  uns  in  Deutschland  keine  anderen  vorge¬ 
kommen,  als  die  AA^ arten  um  die  Landwehren  der  Städte  und  am 
Mittelmeer  die  sogenannten  Sarazenenthürme,  als  AA^arner  vor  den 
Seeräubern.  In  Deutschland  aber  in  Stadt  und  Land  bestehen 
noch  zahlreiche  kleine  und  grofse  Burghäuser,  an  die  zur  Sicherung 
von  Habe  und  Leben,  zumal  gegen  Räuber  und  sonstiges  Gesindel, 
noch  im  17.  Jahrhundert  ein  fester  Thurm  angebaut  war. 

Es  folgt  die  Marienburg  in  Preufsen.  AVir  hätten  dem  so  be¬ 
stimmt  ausgeprägten  System  der  Deutschordensburgen  einen  aus¬ 
führlichen  Abschnitt  gewünscht,  und  lieber  manche  andere  Burg 
entbehrt.  Auch  mochten  hier  die  englischen  sogenannten  Normannen- 
Burgen  und  zahlreiche  italienische  erwähnt  werden. 

Das  11.  Capitel  über  AA^all  und  Graben,  Mauern  und  Thürme 
enthält  manches  Beachteuswerthe,  manche  Nachlese  aus  früheren  Ab¬ 
schnitten.  Auf  dem  aus  älterer  Zeit  vorhandenen  AA^all  wurde  die  Mauer 
in  der  Art  aufgesetzt,  dafs  man,  um  nicht  die  ganze  Mauer  funda- 
mentiren  zu  müssen,  Pfeiler  in  den  AA^all  einsenkte  und  diese  durch 
Bogen  —  oft  recht  eckige,  wie  bei  Andernach  zu  sehen  ist  —  verband 
und  darauf  die  Mauer  erbaute.  Die  Bogen  aber  waren  dann  auch 
wohl,  wie  z.  B.  am  genannten  Platz,  in  Coblenz  und  in  Köln  durch 
die  AA^alloberfläche  verdeckt,  also  für  den  Angreifer  unkenntlich. 
Auch  zu  dem,  was  der  Verfasser  von  dem  Zwinger  sagt,  wünschten 
wir  einen  Zusatz;  Das  AA^eseii  des  Zwingers  ist  der  vSchutz  der  AA’ächter 
am  Fufse  der  Hauptmauer.  Auf  die  A'ertheidigung  vor  der  Zwinger¬ 
mauer  kommt  es  nicht  so  sehr  an,  wenn  immerhin  auch  ein  Schufs 
aus  der  Tiefe  des  Zwingers  gegen  den  nächtlichen  Horizont  sicherer 
gezielt  werden  kann,  als  ein  solcher  von  der  Höhe  des  AA^alles  hinab 
ins  Dunkle.  Aufserdem  aber  hat  der  Zwinger  den  grofsen,  schon  bei 
den  alten  Doppelringwällen  zu  erkennenden  A^ortheil,  dafs  er  dem  j 
Vertheidiger  einer  in  die  Hauptumfassung  gelungenen  Bresche  leicht 
machte,  gedeckt  und  von  beiden  Seiten  dem  Stürmenden  in  die  Flanke 
zu  fallen. 

Des  Verfassers  Vorliebe  für  die  Dächer  mittelalterlicher  Bau-  | 
weise  auf  Thürmen,  Maxiem  und  AA^ohngebäuden  ist  sehr  gerechtfertigt.  ; 
Sie  wurden  mit  gutem  Grunde  überall,  selbst  auf  schmalen,  langen  j 
Stadtmauern,  übei'haupt  überall  da  angebracht,  wm  die  Kosten  irgend  | 


*)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1886,  S.  303. 


»M2. 


Centralblatt,  der  Bauverwaltung. 


119 


zu  erschwingen  waren;  und  die  jetzigen  Besucher  mittelalterlicher 
Bauwerke, ;  welche  die  Dachbodenräume  geplattet  und  mit  Ausläufen 
und  Wasserspeiern  an  der  Aufsenfläche  sehen,  mögen  sich  nicht 
zu  dem  falschen  Schlufs  verleiten  lassen,  diese  seien  ohne  Dach 
geplant  und  angelegt  worden;  Jene  Wasserableitungen  dienten  nur 
dazu,  die  unter  dem  Dache  liegenden  Stockwerke,  wenn  ersteres 
wegen  einer  Belagerung  abgenommen  wurde  oder  verbrannt  war, 
nicht  der  Nässe  auszusetzen.  Wir  erwähnen  als  Beispiel  nur  den 
schönen  bischöflichen  Thurm  von  Eltville  vom  Jahre  1330 — 1487,  den 
man  daher  jetzt,  als  er  abgebrannt  war,  trotz  der  Regenableitung  auf 
dem  Dachboden,  doöh  mit  Recht  wieder  mit  seinem  Dache  geschmückt 
hat.  Die  schönen  Beispiele  von  Thürmen,  Thoren  und  Vorthoren 
oder  Thorzwingern  Wörden  jedem  ausübenden  Architekten  erwünscht 
und  vorbildlich  sein. 

Was  der  Verfasser  über  Zinnen,  Wehrgänge,  Erker  und 
Schiefsscharten  sagt  und  an'Beispielen  anführt,  ist  gewifs  richtig, 
allein  wir  hätten  das  alles  lieber  schon  früher  gehört,  ja  vielmehr  in 
der  Zeiteintheilung  als  Kriterien  mitbenutzt  gesehen.  Wir  glauben, 
dafs  der  Verfasser  nicht  nur  sich  seine  Aufgabe,  sondern  auch  dem 
Leser  das  Eindringen  in  den  Stoff  schwerer  gemacht  hat  als  nöthig 
war.  Er  hat  eine  schöne  Beispielsammlung  geliefert  und  sie  topo¬ 
graphisch  und  geschichtlich  erläutert,  dann  aber  dem  Leser  über¬ 
lassen,  wenn  ihm  das  Buch  gut  gegenwärtig  ist,  sich  das  heraus¬ 
zusuchen,  was  er  eben  braucht.  Wenn  aber  der  Verfasser  selbst 
nicht  ohne  einen  gewissen  Uebermuth  sagt:  ich  lese  keine  Bücher, 
sondern  ich  benutze  sie  zum  Nachschlagen,  so  hat  er  bei  seiner  Ge¬ 
lehrsamkeit,  Belesenheit  und  Eifährung  recht.  Allein,  man  will  doch 
mehr  mit  Büchern,  man  will  ein  belehrendes  Ganze  liefern ,  in  dem 
auch  der  Schüler  sich  in  der  gewünschten  Art  zurechtfinden  kann. 


Es  ist  wahr,  jeder  fafst  dieselbe  Aufgabe  anders  an.  Ich 
glaube,  wenn  man  z.  B.  eine  grofse  Anzahl  von  Einzelheiten  nach 
Ort  und  Zeit  aufgefunden  und  verzeichnet  hat,  z.  B..  Schartenformen, 
Thurmgrundrisse,  Thoranordnungen,  Rondelle,  Wendel-  und  Mauer¬ 
treppen,  Mauerverbände  usw.,  so  wird  man  in  ihnen  eine  Anzahl 
Kriterien  besitzen,  mit  denen  man  unter  Zuhülfenahme  der  geschicht¬ 
lichen  Nachrichten  die  Bauzeit  auch  von  Befestigungsbauten  wohl 
annähernd  wird  feststellen  können,  freilicli  nicht  mit  der  Leichtigkeit 
und  Sicherheit,  wie  bei  kirchlichen  Bauten,  die  in  einem  grofsen, 
stetigen  System  voranschreiten,  wie  wir  das  an  einem  anderen  Orte 
eingehender  dargelegt  haben.  Jene  technische  Methode  wird  immer  den 
Vorzug  einer  festen  Grundlage  haben,  während  die  Weise,  aus  dem  all¬ 
gemeinen  Gange  der  Geschichte  die  Befestigungsformen  als  nothwendig, 
als  natürliche  Folge  zu  errathen,  zur  Gewaltthätigkeit  führt.  Nach 
jener  Methode  würde  es  immer  noch  sehr  fraglich  bleiben,  ob  man 
eine  allgemeine  Geschichte  der  Befestigungskunst,  wie  sie  etwa 
M.  Jähns  und  Köhler  versucht  haben,  für  alle  Länder  und  alle  Zeiten 
gültig  schreiben  kann.  Ich  glaube,  es  wird  mehr  Brauchbares  ge¬ 
wonnen,  wenn  man  sich  im  einzelnen  auf  Frankreich,  England, 
Deutschland,  auf  den  Deutsch-Orden,  auf  Italien  und  den  Orient  be¬ 
schränkt.  Nur  hier  und  da  wird  man  Brücken  schlagen  können  von 
einem  Land,  von  einer  Zeit  zur  andern,  man  wird  sich  aber  dabei 
zu  hüten  haben  vor  allzu  sicheren  geschichtlichen  Bezügen  und  Her¬ 
leitungen. 

Haben  wir  unsere  Meinung  unverhohlen  ausgesprochen,  so  können 
wir  nun  um  so  lieber  sagen,  dafs  wir  uns  freuen,  in  Essenweins  Be¬ 
festigungskunst  ein  in  jeder  Beziehung  der  „Architecture  Militaire“ 
von  Viollet  le  Duc  ebenbürtiges  Buch  zu  besitzen. 

v.  Cohausen. 


Die  Gasexplosion  auf  der  Kaiser  Wilhelm -Brücke  in  Berlin. 


Am  Montag,  den  17.  März,  abends  gegen  7  Uhr  hat  auf  dem 
südlichen  Bürgersteige  der  Kaiser  Wilhelm-Brücke  eine  Gasexplosion 
stattgefunden,  durch  welche  nicht  unerhebliche  Zerstörungen  an  dem 
Bestände  des  Bürgersteiges  hervorgerufen  worden  sind;  leider  sind 
aUch  Verletzungen  von  Fufsgängern  zu  beklagen.  Zur  Klarlegung 
und  Würdigung  dieses  äufsergewöhnlichen  Ereignisses  sei  zunächst 
auf  Grund  der  auf  Seite  98  und  99  d.  Bl.  gegebenen  Zeichnungen  der 
Brücke  folgendes  mitgetheilt. 

Aus  dem  Querschnitte  auf  Seite  ,99.  erhellt,  in  welcher  Weise 
unter  den.  Bürgersteigen  Hohlräunie  zur  Aufnahme  von ,  Gas-  und 
Wasserrohren,  Kabeln  usw.  angeordnet  sind.  Den  gröfsten  Hohl¬ 
raum  nimmtj  wie  aus  der  Zeichnung  ersichtlich,  das  Gasrohr  der 
städtischen,  Gaswerke  ein.  Es  besitzt  einen  länglich  runden  Quer¬ 
schnitt  und  besteht  aus  einzelnen  schmiedeeisernen,  genieteten 
Schossen  in  Längen  von  etwa  6  m,  welche  an  den  Stöfsen  auf¬ 
genietete  Flansche  ei-halten  haben.  Diese  Flansche  sind  unter  Ver¬ 
wendung  einer  Bleidichtung  durch  22  Schrauben  miteinander  ver¬ 
schraubt.  Die  Verschraubung  des  Rohres,  welches  der  Neigung 
der  Brückenabdeckung  —  vgl.  den  Längenschnitt  —  folgt,  geschah 
auf  Böcken  oberhalb  des  Hohlraums.  Nach  der  Verschraubung 
wurde  das  Rohr  in  ganzer  Ausdehnung  auf  .seine  Dichtigkeit  ge¬ 
prüft  und  alsdann  in  den  Hohlraum  hinabgelassen,  an  verschiedenen 
Stellen  untermauert  und  bis  zur  Unterkante  des  Plattenbelages  sorg¬ 
fältig  mit  gutem,  reinem  Sandboden  verfällt.  Diesem  Gasrohre  zu¬ 
nächst,  und  zwar  unmittelbar  neben  dem  Brückengeländer  —  vergl. 
den  Querschnitt  — ,  befindet  sich  ein  Hoh}raum,  welcher  den  Elektri- 
citätswerken  zur  Aufnahme  ihrer  Strafsenkabel  überwiesen  worden 
ist.  Von  diesen  Kabeln  zweigen  auch  die  Leitungen  für  die  elektri¬ 
schen  Lampen  auf  der  Brücke  ab.  Dieser  Raum  war  nicht  verfällt, 
da  die  Elektricitätswerke  Werth  darauf  legten,  jederzeit  unbehindert 
zu  ihren  Kabeln  gelangen  zu  können.  Die  Platten  des  Bürgersteigs, 
in  einer  Stärke  von  13  cm,  waren  überall  auf  den  Wangen  in  Cement- 
mörtel  verlegt  ,  und  die  Stofsfugen  ebenfalls  mit  einem  solchen  sauber 
verstrichen-  Um  ohne  Zerstörung  der  Platten  jederzeit  bequem  zu 
den  einzelnen  Rohren  gelangen  zu  können,  war  eine  Anzahl  von 
Platten  in  eigens  construirte,  eiserne  Zargen  lose  verlegt  und  auf 
der  Oberfläche  mit  zwei  Ringen  versehen,  die  ein  leichtes  Heraus¬ 
nehmen  der  Platten  gestatteten.  Die  Zai-gen  ihrerseits  waren  eben¬ 
falls  in  Cementmörtel  verlegt.  Unmittelbar  vor  den  Pylonen,  welche 
die  elektrischen  Lampen  tragen,  befinden  sich  über  dem  Canale  der 
Elektricitätswerke  zwei,  derartige  kleinere  Platten  von  etwa  0,5  m 
im  Geviert.  Sockel  und  Schaft  der  Pylone  sind  bis  zur  Höhe  der 
broncenen  Arme,  an  denen  die  elektrischen  Lampen  hängen,  durch¬ 
bohrt.  So  die  Beschaffenheit  der  Bürgersteige. 

Dutch  die  Explosion  sind  nun  auf  dem  südlichen  Bürgersteige  zu¬ 
nächst  die  beiden  obenerwähnten  lose  aufliegenden  Platten  hinaus¬ 
geschleudert  worden;  dann  sind  mehrere  Platten  über  dem  Canale  der 
Elektricitätswerke,  und  zwar  in  unmittelbarer  Nähe  des  dem  Schlosse 
zunächst  stehenden  Obelisken,  theils  zertrümmert  und  in  den  Canal 


hinabgestürzt,  theils  gelockert  worden.  Auf  dem  C'anale,  in  welchem 
das  Gasrohr  liegt,  sind  mehrere  Platten  ebenfalls  gelockert.  An  dem 
Geländer  zeigen  sich  Spuren  der  Zerstörung  an  den  Deckplatten  und 
Docken,  welche  wohl  durch  nmhergeschleuderte  Granitstücke  bewirkt 
sind.  Die  elektrischen  Lampen  an  dem  Obelisken  sind  zum  Theil  zer¬ 
trümmert  und  die  beiden  sie  haltenden  Broncearme  von  ihrer  senk¬ 
rechten  Auflagei-fläche  abgehoben.  Endlich  ist  der  Krahn,  welcher 
sich  noch  über  der  Mittelöffnung  befindet  und  mit  Hülfe  dessen  dem¬ 
nächst  die  noch  fehlenden  Schlufssteinfiguren  an  Ort  und  Stelle  ge¬ 
schafft  werden  sollten,  in  seinem  Gerüste  erschüttert,  aber  zum  Glück 
nicht  zum  Abstui'z  gekommen.  Die  Brücke  selbst  ist  nicht  im  ge¬ 
ringsten  beschädigt  worden;  weder  haben  sich  Fugen  am  Geländer 
noch  an  den  Pylonen  geöffnet.  Dafs  die  Explosion  immerhin  eine 
beträchtliche  Kraft  entwickelt  hat,  geht  daraus  hervor,  dafs  ein 
Fufsgänger  über  das  Brückengeländer  geschleudert  worden,  zum 
Glück  aber  auf  die  unter  dem  Krahne  befindliche  Plattform  gefallen 
ist;  andernfalls  würde  er  wohl  unrettbar  ertrunken  sein.  Mehrere 
andere  Personen  sollen  durch  umherfliegende  Steinsplitter  unerheblich 
verletzt  sein.  Es  ist  ein  Glück,  dafs  die  sonst  so  belebte  Brücke 
um  die  Zeit,  wo  die  Explosion  stattfand,  wenig  begangen  war. 

Die  Entzündung  des  Gases  mufs  nun  unmittelbar  neben  dem 
oben  erwähnten  Pylonen  stattgefunden  haben,  da  hier  neben  der 
losen  Platte  die  einzigen  Schlitze  waren,  aus  welchen  das  in  dem 
Kabelcanale  befindliche  Gas  entweichen  konnte.  Hierfür  spricht 
ferner  der  Umstand,  dafs  der  Sockel  des  Pylonen,  welcher 
unmittelbar  über  der  Platte  aufsteigt,  vollständig  mit  Staub  be¬ 
schlagen  ist;  endlich  das  Abheben  der  Broncearme  von  ihrer  Auf¬ 
lagerfläche.  Leider  ist  es  unmöglich  gewesen,  den  Thatbestand 
unmittelbar  nach  der  Explosion  festzustellen,  da  die  alarmirte 
Feuerwehr  sofort  die  zertrümmerten  Platten  bei  Seite  geschaft't  und 
aufserdem  noch  eine  gröfsere  Zahl  der  nur  gelockerten  Platten 
über  dem  Gasrohrcanale  unverständlicherweise  abgehoben  hat.  Im 
Interesse  der  Wissenschaft  ist  dieses  Vorgehen  sehr  zu  beklagen. 
Wie  die  Entzündung  entstanden,  ist  ebenfalls  nicht  aufzuklären. 
Dafs  ein  elektrischer  Funke  dieselbe  bewirkt  habe,  ist  zwar  ver- 
muthet  worden,  erscheint  auch  nicht  geradezu  ausgeschlossen,  ist 
aber  wenig  glaublich,  zumal  auch  der  spätere  Zustand  der  Leitungen 
für  eine  solche  Annahnie  nicht  den  mindesten  Anhalt  bietet.  Dann 
bleibt  aber  nur  die  Möglichkeit,  dafs  ein  fortgeworfenes  brennendes 
Zündholz  oder  eine  glimmende  Cigarre  den  Anlafs  zu  der  Entzündung 
gegeben  hat. 

Nach  erfolgter  Explosion  wurde  die  Unfallstätte  von  der  Polizei 
abgesperrt,  die  Feuerwehr  herbeigerufen  und  die  städtischen  Gas¬ 
werke  zur  Absperrung  ihres  Rohres  veranlafst.  Am  folgenden  Tage 
begannen  die  Aufgrabungen  des  Rohres  und  ergaben  die  Undichtig¬ 
keit  einer  Flanschverbindung,  welche  dem  nach  der  Burgstrafse  zu 
stehenden  Obelisken  etwa  gegenüberliegt.  Es  waren  auf  der  oberen 
Seite  fünf  Schraubenbolzen  abgesprengt,  und  eine  Fuge  hatte  sich 
gebildet,  welche  ein  reichliches  Ausströmen  \'on  Gas  gestattete. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


22.  März  1890. 


Ueber  der  Flanschverbindung  liegt  ebenfalls  in  schmiedeiserner  Zarge 
eine  herausnehmbare  Platte.  Diese  Zarge  war  auf  ihrer  Unterlage 
gelockert,  und  von  hier  aus  mufs  das  Gas  den  Weg  in  den  Kabel¬ 
canal  gefunden  haben. 

Den  Grund  für  das  Absprengen  der  Bolzen,  welche  allerdings 
nicht  gerade  aus  dem  besten  Schmiedeeisen  bestanden,  anzugeben, 
erscheint  unmöglich.  Wahrscheinlich  indessen  haben  die  Bolzen  be¬ 


reits  beim  Einbringen  des  Kohres  eine  aufsergewöhnliche  Spannung 
erhalten  und  die  geringste  weitere  Lagenveränderung  des  Rohres  hat 
dann  genügt,  sie  abzusprengen. 

Die  Wiederherstellungsarbeiten  sind  sofort  in  Angriff  genommen, 
werden  aber  in  Rücksicht  auf  die  grofse  Zahl  zertrümmerter  Platten 
längere  Zeit  in  Anspruch  nehmen. 

Pinkenburg. 


Vermischtes, 


Das  Jaliresfest  des  Beidiner  Architekten- Yereins  trug  an  diesem 
13.  März  in  seinem  ersten  Theile  das  Gepräge  einer  ernsten  Ge- 
dächtnifsfeier.  Wie  das  Fest,  das  früher  stets  dem  Andenken 
Schinkels  geweiht  war,  neuerdings  öfter  zum  Rahmen  der  Todten- 
feier  eines  bedeutenden,  im  Laufe  des  Vereinsjahres  gestorbenen 
Fachgenossen  gemacht  wurde,  so  hatte  mau  es  diesmal  den  Manen 
Karl  Böttichers  gewidmet.  Schon  die  äufsere  Ausstattung  des 
Sitzungssaales  spiegelte  diesen  Inhalt.  Der  Grundzug  des  schönen, 
vom  Regierungs  -  Baumeister  Jaffe  entworfenen  Saalschmuckes  war 
der  feierlichen  Ernstes,  und  die  sonst  wohl  beliebte  Bezugnahme  auf 
die  an  diesem  Tage  stattfindende  Ertheilung  der  Vereinsdenkmünze 
an  die  Sieger  in  der  Schinkelpreisbewerbung  trat  zurück  hinter  dem 
sinnvollen  Hinweise  auf  den  Vorkämpfer  hellenischen  Geistes  und 
hellenischer  Formenschönheit.  Aus  dunklem  Pfianzengrün  erhob  sich 
zwischen  der  purpurn  verhängten  Fensterwand  des  Saales  und  dem 
Rednerpulte  in  strengen  Formen,  braunroth  mit  blau-broncenem 
Rosettenfriese,  ein  flaches  Nischenrund.  In  seiner  Mitte  trug  es, 
postamentartig  höhergeführt,  die  Gestalt  einer  Athene,  auf  seinen 
Flügeln  je  zwei  Musen  zwischen  Lichtträgern,  die  durch  tiefgrüne, 
aus  vergoldeten  Haltern  herniederhängende  Laubgewinde  verbunden 
waren ;  vorn  zwei  gröfsere  Standleuchter,  an  denen  Schilder  in  Bronce 
und  Blau  mit  den  Namen  der  jüngstverstorbenen  Vereinsgenossen 
aufgehängt  waren.  Eine  Tafel  mit  dem  Namen  des  zu  Feiernden 
schmückte  den  Sockel  Pallas  Athenens,  hinter  deren  weifsem 
Standbilde  unter  einem  Architekten -Schilde  der  Fensterbehang 
aufgenommen  war  und  einen  stumpfblauen,  goldbesternten  Grund 
zeigte. 

Auch  in  dem  lichtvollen,  die  Feier  einleitenden  Jahresberichte 
des  Vereins  Vorsitzenden,  Herrn  Ober-Baudirector  Wiebe,  traten  die 
Mittheilungen  in  den  Vordergrund,  die  von  den  vielen  und  schmerz¬ 
lichen  Opfern  sprachen,  welche  der  Tod  im  veidlossenen  Berichtsjahre 
gefordert  hatte.  Männer  wie  den  Ober-Baudirector  H.  Herrmann,  den 
Geheimen  Ober-Baurath  Grüttefien,  die  Eisenbahndirectoren  Köhne  und 
Hennig,  den  Baurath  Wentzel  in  Berlin  und  viele  andere  hat  der 
Verein  zu  betrauern,  von  der  grofsen  Zahl  ihm  nicht  angehörender  be¬ 
deutender  Männer  zu  geschweigen,  die  dem  Baufache  binnen  Jahresfrist 
entrissen  wurden.  Aus  dem  Berichte  sei  noch  hervorgehoben,  dafs  der 
Verein  zur  Zeit  1894  Mitglieder  (gegen  1930  im  Vorjahre)  zählt,  dafs 
seine  Bibliothek  auf  die  stattliche  Zahl  von  11422  Bänden  angewachsen 
ist  und  dafs,  eine  besonders  erfreuliche  Erscheinung  im  Vereinsleben, 
eine  überaus  rege  Betheiligung  an  den  in  erheblicher  Zahl  veranstalte¬ 
ten  aufserordentlichen  Preisbewerbungen  verzeichnet  werden  kann. 
Nachdem  darauf  Herr  Ministerialdirector  Schultz  im  Aufträge  des  am 
Erscheinen  verhinderten  Herrn  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  den 
Sieger  in  der  Schinkelpreisbewerbung,  Herrn  Regierungs -Bauführer 
Boethke,  der  Versammlung  vorgestellt  und  ihm  mit  warmen  und 
beherzigenswerthen  beglückwünschenden  Worten  die  Vereinsdenk¬ 
münze  überreicht  hatte,  hielt  Herr  Postbaurath  Tuck  ermann  die 
Festrede  über  Karl  Bötticher.  Das  Lebensbild  des  Verstorbenen, 
welches  wir  im  vorigen  Jahrgange  dieses  Blattes  (S.  315  ff.)  aus  der 
Feder  des  Herrn  Stadtbaurath  Blankenstein  unseren  Lesern  bieten 
durften,  enthebt  uns  des  Eingehens  auf  die  begeistert  vorgetragenen 
Ausführungen  des  Redners,  der  zu  Böttichers  treuesten  Anhängern 
gehört,  an  dieser  Stelle.  In  erwünschter  Weise  ergänzt  und  er¬ 
läutert  wurde  die  Rede  durch  eine  in  den  vorderen  Räumen  des 
Vereinshauses  seitens  des  rührigen  Festausschusses  veranstaltete  Aus¬ 
stellung  von  Entwürfen  meist  ornamentalen  Inhalts,  die  theils  — 
freilich  leider  nur  in  sehr  geringer  Zahl  —  von  der  Hand  des  Ver¬ 
ewigten  herrühren,  theils  unter  seiner  Leitung  von  seinen  Schülern 
gefertigt  wurden.  Die  Besichtigung  dieser  Sammlung  und  der  Schinkel¬ 
arbeiten  sowie  einer  im  Nebensaale  vorgeführten  sehr  sehenswerthen 
Ausstellung  der  Allgemeinen  Elektricitäts-Gesellschaft  leiteten  ge¬ 
schickt  zu  dem  heiteren  Theile  des  Festes,  dem  gemeinsamen  Mahle 
über,  welches,  gewürzt  durch  gehaltvolle  und  launige  Trinksprüche 
und  durch  unterhaltende  Aufführungen  aller  Art  —  wir  heben  aus 
ihrer  Fülle  nur  ein  vom  Regierungs -Baumeister  Körber  gedichtetes, 
unter  Mitwirkung  der  Hofschauspielerin  Frl.  Clara  Meyer  vortrefflich 
dargestelltes  allegorisches  Festspiel  »Der  Wettstreit  der  Baustile“ 
hervor  — ,  die  Festgenossen  bis  in  die  frühen  Morgenstunden  in  fröh¬ 
licher  Gemeinschaft  beisammenhielt. 

Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin. 


Der  Vorstand  der  Internationalen  elektrotechnischen  Ans¬ 
stellung  in  Frankfurt  a.  M.j  über  die  auf  Seite  473  des  vorigen 
Jahrganges  berichtet  wurde,  versendet  nunmehr  unter  Mittheilung 
des  Programms  und  der  Ausstellungs- Ordnung  die  Anmeldebogen 
für  die  Aussteller.  Ohne  hier  weiter  auf  den  Gegenstand  einzugehen, 
heben  wir  aus  dem  Programme  nur  hervor,  dafs  zur  Ausstellung  blofs 
diejenigen  Gegenstände  zugelassen  werden,  welche  der  Hauptsache 
nach  in  eine  der  nachbenannten  Gruppen  gehören; 

Gruppe  1:  Motoren  für  elektrotechnische  Zwecke,  als  Dampf-, 
Wasser-,  Luft-  und  Gasmotoren  mit  den  nöthigen  Dampferzeugern 
und  Nebenapparaten;  Gruppe  2;  Erzeugung  der  Elektricität ;  Gruppe  3: 
Fortleitung  der  Elektricität  nebst  sämtlichen  Leitungsmitteln  und 
Hülfsapparaten;  Gruppe  4:  Elektricitäts- Sammler  und  Umsetzungs¬ 
apparate;  Gruppe  5:  Elektrische  Kraftübertragung  in  ihrer  Anwendung 
auf  industrielle  Zwecke  aller  Art;  Gruppe  6;  Elektrische  Beleuchtung 
mit  besonderer  Abtheilung  für  Installation  aller  Art;  Gruppe?:  Tele¬ 
graphie  und  Telephonie;  Gruppe  8:  Elektrisches  Signalwesen  in  seiner 
Anwendung  auf  Eisenbahnen,  Bergwerks-,  Schiffs-,  See-,  Kriegswesen 
und  Zeitübermittlung,  Haustelegraphie,  Schutzvorrichtungen  gegen 
Blitz-,  Feuer-,  Einbruch-  und  andere  Gefahren;  Gruppe  9;  Elektro¬ 
metallurgie  und  Elektrolyse;  Gruppe  10:  Mefsinstrümente,  wissen¬ 
schaftliche  Apparate,  akustische  und  optische  Instrumente  in  Be¬ 
ziehung  zur  Elektrotechnik,  Lehrmittel;  Gruppe  11:  Anwendung  der 
Elektricität  in  der  Medicin  und  Chirurgie;  Grupjpe  12;  Elektrotech¬ 
nische  Litteratur. 

Als  Ausstellungsplatz  ist  das  infolge  seiner  günstigen  Lage  am 
Hauptbahnhofe  besonders  geeignete  Gelände  der  alten  Westbahnhöfe 
seitens  der  betheiligten  staatlichen  und  städtischen  Behörden  zur 
Verfügung  gestellt  worden. 

Die  von  der  Kurfiirstendammgesellschaft  in  Berlin  für  ihre 
Villencolonie  Griinewald  ausgeschriebene  Preisbewerbung  (vergl. 
S.  425  d.  V.  J.)  gelangte  in  der  Sitzung  des  Berliner  Architekten¬ 
vereins  vom  17.  d.  M.  zur  Begutachtung.  Zum  ersten  Theile  der 
Ausschreibung  (Bi-unnengehäuse  usw.)  waren  nur  zwei  Entwürfe  ein¬ 
gegangen.  Beide  erhielten  Preise,  und  zwar  der  des  Architekten 
0.  Rieth  den  ersten,  der  der  Reg.-Baumeister  Reimer  u.  Körte 
den  dritten;  der  zweite  Preis  ist  nicht  ertheilt  worden.  Von  den  für 
die  von  nur  einer  Familie  zu  bewohnende  Villa  eingelaufenen 
11  Entwürfen  hat  keiner  einen  Preis  erhalten.  Dagegen  ist  die  zur 
Verfügung  gestellte  Summe  von  800  Mark  zu  gleichen  Theilen  an 
die  drei  besten  Arbeiten  der  Herren  Reg.-Baumeister  Lübke, 
Architekt  Mössinger  und  Reg.-Baumeister  Reimer  u.  Körte  ver¬ 
theilt  worden.  Der  Entwurf  des  Reg.-Baumeisters  Endell  ist  zum 
Ankauf  empfohlen  worden  und  hat,  ebenso  wie  die  Leistungen  der 
Herren  Architekt  Hoeniger,  Architekt  W.  Hentschel  und  Reg.- 
Baumeister  Kraemer,  ein  Vereinsandenken  erhalten.  Auch  für  das 
Zweifamilienhaus  wurden  die  Preise  nicht  ertheilt;  vielmehr  sind  die 
Herren  Architekt  0.  Rieth  und  Architekt  F.  Ehemann  durch  den 
vorgesehenen  Ankaufspreis  von  je  150  Mark  entschädigt  und  mit  den 
Verfassern  der  drei  anderen  zu  diesem  dritten  Theile  des  Aus¬ 
schreibens  eingegangenen  Entwürfe  zu  einem  engeren  Wettbewerbe 
eingeladen  worden,  bei  welchem  der  Restbetrag  von  700  Mark  als 
Preis  ausgesetzt  werden  soll. 

Gleichzeitig  haben  wir  über  eine  neue  Preisbewerbung^ 
unter  den  Mitgliedern  des  Architektenvereins  für  die 
Villencolonie  Grunewald  der  Kurfürstendamm  -  Gesell¬ 
schaft  in  Berlin  zu  berichten,  und  zwar  handelt  es  sich  dabei 
um  eine  massive  Brücke  von  15  m  Spannweite  über  den  Verbindungs¬ 
canal  zwischen  dem  Hubertus-  und  Hertha-See,  im  Zuge  der  Bismarck- 
Allee.  Der  aus  Sandstein  herzustellende  Aufbau  der  Brücke  soll  der 
Landschaft  angepafst  und  bei  beschränkter  Anwendung  ornamentalen 
Schmuckes  in  einfachen  und  wirksamen  Formen  gehalten  werden. 
Als  Preise  für  die  besten  Entwürfe  stehen  500  und  300  Mark  zur 
Verfügung.  Ablieferungstag  ist  der  19.  April  d.  J. 

Preisausschreiben.  Die  Stadt  Frankfurt  a.  Main  schreibt  für 
den  Bau  einer  neuen  Peterskirche  einen  allgemeinen  Wettbewerb 
unter  den  deutschen  Architekten  aus.  Die  Entwürfe  sind  zum 
24.  September  d.  J.  nachmittags  6  Uhr  an  die  städtische  Bau-Depu¬ 
tation  einzureichen  (vgl.  den  Anzeigentheil  dieser  Nummer). 


Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


Sr.  12  i. 


121 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


INHAIiT:  Eahtjens  „Patent-Composition“.  —  Triiger  mit  frei  scliwebeuden  Stütz¬ 
punkten.  —  V  ermischtes:  Verkehr  auf  den  Wa.sserstrafsen  Berlins  im  Jahre  1890. 


—  Benutzung  der  Kabelleitungen  für  Wärmemessungen. 
Bahnen.  —  Steinzange  für  Strombauteu. 


Prellbock  auf  englischen 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 

ßahf jens  „Patent  -  Composition“. 


Mit  der  von  D.  Decken  in  Flensburg  vertriebenen  Anstrichmasse 
für  Eisen  sind  zufolge  der  im  Centralblatt  der  Bauverwaltung  (Jahr¬ 
gang  1884  S.  247)  mitgetheilten  günstigen  Ergebnisse  im  Bezirk  der 
Königl.  Eisenbahn -Bauinspection  Arnstadt  im  Verlaufe  der  letzten 
sechs  Jahre  weitere  Versuche  gemacht  worden.  Es  sind  mit  der 
Masse  gestrichen  worden: 

im  Jahr  1884  rund  920  qm 

„  „  1885  „  260  „ 

„  «  1886  „  46  „ 

„  „  1887  „  4400  „ 

„  „  1888  „  5200  „ 

„  „  1889  „  2000  „ 

Der  Anstrich  ist  aufgebracht  auf  den  eisernen  Ueberbauten  von 
Brücken,  Viaducten,  Wege-Unter-  und  Ueberführungen,  auf  eisernen 
Schutzgeländern,  Drehscheiben,  Wasserkrahnen,  Candelabern,  Well¬ 
blech-Wärterbuden  und  eisernen  Glockenbuden.  In  den  Jahren  1884 
bis  1886  ist  ausschliefslich  die  Mischung  in  rothbraunem  Farbtone, 
in  den  drei  letzten  Jahren  vo.'wiegend  die  Mischung  in  lichtgrauem 
Tone  verwendet  worden.  Letztere  Farbe  wird  auf  Verlangen  in 
zwei  Tönen  geliefert,  um  namentlich  bei  Ausführung  in  Verding  eine 
leichtere  Ueberwachung  des  zweimaligen  Anstriches  zu  ermöglichen. 
Die  Ergebnisse  der  Versuche  sind  als  durchaus  günstige  zu  be¬ 
zeichnen,  wenn  auch  ein  endgültiges  Urtheil  noch  nicht  hat  gewonnen 
werden  können.  Als  Vorzüge  der  in  Eede  stehenden  Anstrichmasse 
sind  nach  den  diesseitigen  Erfahrungen  anzuführen: 

1.  Dauerhaftigkeit.  Der  im  November  1884  ausgeführte  An¬ 
strich  des  Ueberbaues  einer  34  m  weiten  Gerabrücke  hat  sich  bis 
jetzt,  also  nach  5^/2  Jahren,  im  allgemeinen  gut  erhalten;  an  einzelnen 
Stellen  nur  ist  der  Farbüberzug  rissig  und  fängt  an  abzublättern. 
Bei  der  hiesigen  vorherrschend  feuchten  Witterung  haben  die  ge¬ 
wöhnlichen  Oelfarbenanstriche  der  übrigen  Bauwerke  auf  der  freien 
Strecke  erheblich  früher  erneuert  werden  müssen,  zum  gröfsten  Theile 
ist  dies  bereits  nach  4  Jahren  erforderlich  gewesen.  Hierbei  mufs 
überdies  hervorgehoben  werden,  dafs  der  erwähnte  Anstrich  im 
Monat  November,  also  zu  einer  hierfür  sehr  ungünstigen  Jahreszeit, 
ausgeführt  worden  ist. 

Als  zweites  Beispiel  für  die  lange  Dauer  dieses  Schutzmittels 
gegen  Kost  sind  7  Stück  eiserne  Läutewerkbuden  im  Brandleite- 
Tunnel  anzuführen.  Die  Rostbildung  ist  daselbst  so  stark,  dafs  der 
gewöhnliche  Oelfarbenanstrich  bereits  nach  2^/2  Jahren  erneuert 
werden  mufste.  Es  wurde  versuchsweise  ein  nur  einmaliger  Anstrich 
mit  der  in  Rede  stehenden  Farbmasse  ausgeführt,  und  dieser  An¬ 
strich  hat  sich  3  Jahre  hindurch  gut  erhalten.  Wäre  entsprechend 
der  Gebrauchsanweisung  ein  zweimaliger  Anstrich  ausgeführt  worden, 
so  wäre  derselbe  ohne  Zweifel  von  erheblich  gröfserer  Dauer  ge¬ 
wesen.  Wiewohl  in  beiden  angeführten  Fällen  nur  die  rothbraune 
Mischung  verwendet  wurde,  so  läfst  sich  nach  den  sonstigen  Er¬ 
fahrungen  annehmen,  dafs  auch  die  Mischung  in  lichtgrauem  Farb¬ 
tone  von  gleicher  Dauer  ist. 


2.  Schnelles  Trocknen.  Bei  günstiger  Witterung  trocknete 
der  erste  Anstrich  in  einzelnen  Versuchsfällen  so  schnell,  dafs  bereits 
nach  einer  Stunde  der  zweite  Anstrich  aufgebracht  werden  konnte, 
der  alsdann  nach  3  Stunden  trocken  geworden  ist.  Dies  schnelle 
Trocknen  ist  ein  nicht  zu  unterschätzender  Vorzug  gegenüber  anderen 
Anstrichmassen  bei  Ausführung  des  Anstrichs  zu  ungünstiger  Jahres¬ 
zeit  oder  bei  feuchter  Witterung.  Denn  der  Anstrich  wird  bereits 
erhärtet  sein,  wenn  ein  gewöhnlicher  Oelfarbenanstrich  durch  ein¬ 
tretenden  Regen  noch  beschädigt  werden  kann,  wodurch  er  in  seiner 
Dauer  erheblich  beschränkt  wird. 

3.  Leichte  Ausführbarkeit.  Die  Anstrichmasse  wird  derart 
geliefert,  dafs  sie  leicht  ohne  weitere  Vorübung  von  jedem  etwas 
gewandten  Arbeiter,  wie  ein  solcher  sich  in  jeder  Bahnmeisterei 
findet,  der  Gebrauchsanweisung  gemäfs  verwendet  werden  kann. 
Es  ist  nur  darauf  zu  halten,  dafs  angebrochene  Fässer  möglichst 
luftdicht  verschlossen  gehalten  werden,  dafs  ferner  vor  und  bei  dem 
Verbrauche  ein  tüchtiges  Verrühren  stattfindet,  um  die  Bildung  eines 
Bodensatzes  zu  verhindern.  Bei  einer  Unterbrechung  der  Arbeit  von 
etwa  zwei  Stunden  trocknete  die  Masse  im  Farbtopf  derart  ein,  dafs 
sie  durch  Zusatz  von  Terpentinöl  wieder  streichbar  gemacht  werden 
mufste.  Es  empfiehlt  sich  daher,  jedesmal  nur  so  viel  Farbmasse 
aus  dem  verschlossenen  Behälter  zu  entnehmen,  als  bis  zur  Beendigung 
der  Arbeit  verwendet  wird. 

Die  leichte  Ausführung  des  Anstrichs  und  die  hierdurch  ermög¬ 
lichte  Verwendung  von  ständigen  Arbeitern  der  Eisenbahnverwaltung 
zu  dieser  Arbeit  ist  der  Kostenersparnifs  halber  von  wesentlichem 
Vortheil,  namentlich  aber  wird  hierdurch  eine  sorgfältigere  Reinigung 
sämtlicher  Eisentheile  und  dauerhaftere  Ausführung  des  Anstrichs 
erzielt.  Tritt  während  der  Arbeit  ungeeignete  Witterung  ein,  so  kann 
der  ständige  Arbeiter  sofort  anderweitig  zweckmäfsig  beschäftigt 
werden,  während  der  Arbeiter  eines  Unternehmers  zur  Vermeidung 
von  Wegen  und  Zeitverlust  zum  Schaden  der  Arbeit  diese  weiter 
fortführen  wird,  so  lange  es  nur  irgend  möglich  ist. 

In  der  ersten  Zeit  sind  die  Anstriche  hier  lediglich  durch  Unter¬ 
nehmer  theils  in  Tagelohn,  theils  in  Gedingelohn  ausgeführt  worden ; 
der  Preis  hat  sich  auf  25  bis  35  Pfennig  für  1  qm  ausschliefslich  An¬ 
strichmasse  gestellt.  Im  letzten  Jahre  sind  nur  Arbeiter  der  Eisenbahn¬ 
verwaltung  verwendet,  wodurch  der  Arbeitspreis  sich  bis  auf  16  Pfennig 
für  1  qm  durchschnittlich  vermindert  hat. 

4.  Billigkeit.  Die  Anstrichmasse  wurde  zum  Preise  von  76  Mark 
für  50  kg  geliefert.  Nach  den  hiesigen  Ermittlungen  können  mit 
1  kg  Masse  durchschnittlich  5  qm  Fläche  zweimal  gestrichen  werden; 
der  Preis  für  den  Farbstoff  beträgt  somit  30  Pfennig  für  1  qm.  Der 
Arbeitslohn  beträgt  bei  Heranziehung  von  gewöhnlichen  Arbeitern 
durchschnittlich  16  Pfennig,  mithin  stellt  sich  ein  zweimaliger  An¬ 
strich  für  1  qm  auf  46  Pfennig,  während  im  allgemeinen  ein  zwei¬ 
maliger  Oelfarbenanstrich  mindestens  50  Pfennig  kosten  wird. 

Arnstadt,  im  März  1890.  Hoeft 

Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector. 


Träger  mit  frei  schwebenden  Stützpunkten 


In  der  Mittheilung  von  Mehrtens  „Ueber  den  Plan  einer  Eisen¬ 
bahnbrücke  zwischen  England  und  Frankreich“  ist  auf  Seite  481  des 
vorigen  Jahrganges  d.  Bl.  die  Mittheilung  gemacht,  dafs  Träger  mit 
freischwebenden  Stützpunkten  im  gröfseren  Mafsstabe  zum  ersten 
Male*)  im  Jahre  1881  von  Sir  John  Fowler  und  Baker  bei  Ge¬ 
legenheit  der  Ausarbeitung  der  Pläne  für  die  Forth-Brücke  ange¬ 
wendet  seien.  Dies  veranlafst  mich  zu  der  nachstehenden  kleinen  Mit¬ 
theilung,  welche  zeigt,  dafs  rhindestens  gleichzeitig,  wahrscheinlich 
aber  früher,  die  Anordnung  in  grofsem  Mafsstabe  von  mir  benutzt 
wurde. 

Im  Jahre  1879  erhielt  ich  vom  Herrn  Ingenieur -General  A.  E. 
V.  Struwe,  bei  dem  ich  damals  in  St.  Petersburg  beschäftigt  war, 
den  Auftrag,  den  Entwurf  einer  dritten  festen  Brücke  über  die  Newa 
für  genannte  Stadt  zu  bearbeiten.  Es  handelte  sich  in  erster  Linie 
um  eine  feste  Brücke  als  Ersatz  der  Troizkij  -  Schiff  brücke  von  dem 
südlich  liegenden  Haupttheile  der  Stadt,  nach  der  sogenannten  Peters¬ 
burger  Seite  hinüber,  auf  welcher  die  alte  Festung  liegt,  und  in 
zweiter  Linie  um  eine  feste  Brücke  als  Ersatz  für  die  sogenannte 
Palais-Schwimmbrücke  vom  südlichen  Stadttheile  nach  der  Wilhelms- 
Insel  (Wassilij-Ostrow)  hinüber  und  von  dort  wieder  mittels  einer 
getrennten  Brücke  über  die  kleine  Newa  nach  der  Petersburger  Seite 
zur  Festung.  Für  alle  diese  Entwürfe  wandte  ich  die  in  Rede  stehende 


*)  Abgesehen  von  dem  Vorläufer  dieser  jetzt  so  häufig  ange¬ 
wendeten  Bauweise,  der  Bosporus-Brücke  von  Euppert. 


Anordnung  an  und  zwar  dem  Aeufseren  nach  in  der  den  Hänge¬ 
brücken  ähnelnden  Form,  welche  entschieden  das  gefälligste  Aus¬ 
sehen  bietet  und  sich  dabei  ziemlich  gut  den  Momenten -Linien  an¬ 
schliefst. 

Namentlich  wurden  zwei  Entwürfe  für  die  Troizkij -Brücke  genauer 
durchgearbeitet  und  von  beiden  grofse  schaubildliche  Darstellungen 
mit  den  zugehörigen  Stadttheilen  als  Hintergrund  in  Wasserfarben 
angefertigt  und  1880  in  der  Duma  (dem  Stadthause)  von  St.  Petersburg 
ausgestellt.  Da  in  Fachzeitschriften  über  diese  Entwürfe  meines 
Wissens  bisher  nichts  mitgetheilt  wurde,  so  sind  sie  verhältnifsmäfsig 
wenig  bekannt  geworden,  und  es  möge  mir  daher  gestattet  sein,  noch 
jetzt  einiges  darüber  zu  berichten. 

Die  Constructionslinien  der  beiden  Entwürfe  zeigen  die  Abb.  1  u.  3, 
diejenigen  der  zugehörigen  Querträger  die  Abb.  2  u.  4.  Beide  Ent¬ 
würfe  zeigen  in  der  Mitte  eine  Fahrbahn  für  schwerstes  Strafsen¬ 
fuhrwerk  von  12,80  m  lichter  Weite  und  zu  beiden  Seiten  je  ein 
Pferdebahngeleise  und  einen  Fufsweg  von  3,20  m  Breite.  Ein  Unter¬ 
schied  in  der  Anordnung  bestand  bei  beiden  Entwürfen  nur  darin, 
dafs  bei  dem  zweiten  Entwürfe  die  Pferdebahngeleise  unmittelbar 
neben  der  Strafsenbahn,  die  Fufswege  zu  äufserst  lagen,  während  bei 
dem  ersten  Entwürfe  die  beiden  Fufswege  zwischen  der  Fahrstrafse 
und  den  beiden  Pferdebahn-Geleisen  lagen.  Weil  nämlich  bei  Ent¬ 
wurf  1  infolge  der  bedeutenden  Spannweite  und  der  grofsen  Breite 
sich  sehr  grofse  Gurtungsquerschnitte  ergaben  (auf  den  Pfeilern  für 
die  Gurtungen  über  3300  qcm),  so  wurde  jeder  der  Hauptträger  als 


122 


Centralblatt  der  Bauverwaltnuff. 

 O 


26.  März  1890. 


Zwilliugsträger  ausgebildet,  deren  Gurtungen,  senkrechte  und  schräge 
Streben  durch  Gitter  werk  eng  mit  einander  verbunden  wurden,  und 
deren  Gurtungsquerschnitte  zu  einem  einzigen  grofsen  rechteckigen 
vollwandigen  Kasten  zusammen  geschmolzen  Wurden,  sobald  der 
Querschnitt  ohne  grofse  Verschwendung  von  Eisen  dies  gestattete. 
Die  Weite  zwischen  den  Streben  der  Zwillingsträger  war  so  grofs, 
dafs  die  Fufswege  zwischen  dieselben  unmittelbar  über  den  unteren 


sowie  auch  doppelte  Diagonal-Verbände  angeordnet.  Die  oberen 
Querverbände  hörten  bei  Knotenpunkt  10  und  25  auf,  um  die  freie 
Oeffnung  über  der  Fahrbahn  nicht  zu  sehr  gedrückt  erscheinen  zu 
lassen. 

Bei  dem  zweiten  Entwurf  waren  die  beiden  Consolen  der  Quer¬ 
träger  zusammen  gerade  so  lang  wie  der  zwischen  den  Hauptträgeru 
liegende  Theil  derselben.  Die  Lastvertheilung  auf  die  Hauptträger 


Abb.  1.  Hauptträger. 


Abb.  2.  Querträger. 

Troizkij- Brücke  in  St.  Petersburg.  Entwurf  I. 


Gurtungskasten  gelegt  werden  konn¬ 
ten  (Abb.  5).  Die  obere  Gurtung  der 
Querträger  ging  durch  die  senk¬ 
rechten  Wände  der  unteren  Gurtung 
der  Zwillingsträger  hindurch,  und  war 
mit  derselben  nicht  fest  verbunden, 
sondern  wurde  nur  darin  geführt. 

Um  dies  zu  ermöglichen,  wurden 
die  senkrechten  Bleche  der  Haupt- 
träger-Gurtungen  an  den  Querträgern  gestofsen  und  zwar  durch  Bleche, 
welche  niedriger,  aber  entsprechend  stärker  als  die  zu  stofsenden  waren,, 
und  welche  unter  den  oberen  Gurtungen  der  Querträger  diese  kreuzten. 
Für  die  gleichmäfsige  Vertheilung  der  Last  von  den  Querträgern  auf 


Abb.  5.  Schnitt  (/-d  in  Äbb.  1. 


die  beiden  Hälften  der  Hauptträger  war  eine  besondere  Zwischencon- 
struction  eingerichtet.  Die  beiden  Hauptgurtungen  waren  von  innen 
begehbar,  sodafs  sie  gut  im  Anstrich  erhalten  werden  konnten. 

Die  rechnungsmäfsige  Höhe  der  Träger  des  ersten  Entwurfes 
betrug  über  den  beiden  Pfeilern  32  m.  Wegen  dieser  bedeutenden 
Höhe  wurden  oben  sehr  bedeutende  Quer-  und  Längsversteifungen, 


war  also  hier  eine  sehr  günstige.  Die 
rechnungsmäfsige  Höhe  der  Träger 
über  den  Pfeilern  betrug  19,2  m.  Quer¬ 
verbindungen  waren  oben  nur  zwi¬ 
schen  den  fünf  höchsten  senkrechten 
Streben  vorhanden. 

Die  Anordnung  der  festen  und 
beweglichen  Auflager  ist  in  Abb,  1 
u.  3  durch  die  Buchstaben  f  und  h 
gekennzeichnet.  Die  beweglichen  Auflager  waren  sowohl  bei  den 
grofsen  Trägern  wie  bei  den  Zwischenträgern  Pendellager.  Die 
Gewichte  der  Hauptträger  beider  Entwürfe  hatte  ich  in  ganz  der¬ 
selben  Weise,  wie  für  die  Canalbrücke  geschehen,  aus  den  Spannuugs- 
zahlen  und  Längen  unter  Zuschlag  eines  Procentsatzes  für  Stöfse, 
Niete  und  Anschlüsse  berechnet,  während  die  Gewichte  der  Quer-  und 
Längsträger,  der  Windverstrebungen  und  der  Vergitterungen  genauer 
ermittelt  wurden. 

Das  Gewicht  der  Eisentheile  ohne  die  Belageisen  der  Strafsen- 
bahn,  die  aus  Holz^DÜaster  bestehen  sollte,  sowie  ohne  die  Wellbleche 
der  Fufsstege  und  ohne  sämtliche  Gufs-  und  Stahltheile  belief  sich 
bei  Entwurf  1  auf  rund  8500  Tonnen,  bei  Entwurf  2  nur  auf  rund 
4750  Tonnen. 

Bei  diesem  bedeutenden  LTnterschiede  der  Gewichte  wurde  der 
zweite  Entwurf  ganz  erheblich  billiger,  trotzdem  auch  die  Pfeiler¬ 
bauten  wegen  der  bedeutenden  Wassertiefe,  die  an  der  Troizkij -Brücke 
zu  damaliger  Zeit  bis  zu  12,8  m  gemessen  wurde,  und  wegen  des 
schlechten  Baugrundes  aufsergewöhnliche  Kosten  verursachten.  Die 
Pfeilergründung  sollte  mittels  Prefsluft  geschehen  und  zwar  in 
ähnlicher  Weise,  wie  die  für  die  Brücke  über  den  Aermel-Canal  ge¬ 
plante,  welche  im  ganzen  derjenigen  der  neuen  Newabrücke  in 
St.  Petersburg  (Alexander-Brücke)  entspricht.  Die  eisernen  Senk¬ 
kasten,  mit  hohen  eisernen  Mänteln  über  der  Decke  sollten  in 
Schwimmdocks  fertig  gestellt  werden  und,  nachdem  sie  zu  Wasser 
gebracht  und  auf  der  richtigen  Stelle  durch  Anker  festgelegt  waren, 
durch  das  Mauerwerk,  welches  mau  über  der  Decke  aufführte,  all¬ 
mählich  auf  den  Grund  gesenkt  werden.  Die  Senkkasten  der  Mittel¬ 
pfeiler  des  Entwurfes  1  hatten  eine  Grundfläche  von  406  qm  und 
mufsten  bis  zu  rund  26  m  unter  dem  Mittelwasser  der  Newa  versenkt 


Abb.  4.  Querträger. 

Palais -Brücke  bezw.  Troizkij -Brücke.  Entwurf  II. 


Nr.  I2A- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


123 


werden.  Die  Belastung  des  Baugrundes  betrug  etwa  G6  Tonnen 
auf  1  qm. 

Das  Gewicht  des  Eisens  für  die  Senkkasten  des  Entwurfes  1 
nebst  den  zugehörigen  Mänteln  und  Aussteifungen  über  den  Decken 
derselben  belief  sich  auf  rund  1520  Tonnen.  Bei  beiden  Entwürfen 
schlofs  sich  an  die  festen  Brücken  südlich  eine  einarmige  Drehbrücke 
von  rund  21,4  m  Lichtweite  an,  wie  bei  der  Alexanderbrücke. 

Die  Ausführung  eines  dieser  Entwürfe  unterblieb  damals,  weil 
durch  den  Kaisermord  alle  Geschäftsthätigkeit  gelähmt  wurde,  jedoch 
ist  es  neueren  Nachrichten  zufolge  nicht  unwahrscheinlich,  dafs 
demnächst  den  Entwürfen  wieder  näher  getreten  wird.  Jedenfalls  ist 
eine  dritte  feste  Brücke  für  St.  Petersburg  ein  dringendes  Bedürfiiifs, 


an  und  für  sich  bereits  eine  ausreichend  hohe  ist,  sodafs  der  Zwischen¬ 
träger  nur  noch  etwa  10  m  gehoben  zu  werden  braucht,  um  die 
Schiffe  mit  Masten  durchzulassen,  oder  aber,  wenn,  bei  niedriger 
Lage  der  ganzen  Brücke,  nur  Schiffe  ohne  Masten  durchzulassen  sind. 

Die  Ausführung  ist  eine  sehr  bequeme,  indem  man  an  den 
Krag -Enden  nur  Säulen  aus  Eisengitterwerk  zu  errichten  braucht, 
an  denen  die  Zwischenbrücke  in  die  Höhe  gehoben  wird.  Die  Gegen¬ 
gewichte  finden  entweder  unmittelbar  in  oder  hinter  diesen  eisernen 
Säulen  Platz,  oder,  wie  in  Abb.  6  dargestellt,  zwischen  den  nächsten 
Pfeilern,  wenn  diese  aus  Gitterwerk  bestehen. 

In  jetziger  Zeit,  wo  die  Segelschiffahrt  immer  mehr  von  der 
Ketten-  und  Schleppschiflfahrt  verdrängt  wird,  bietet  diese  An- 


da  bei  den  oft  mehrmals  sich  wiederholenden  Eisgängen  im  Herbst 
und  Frühjahr,  bei  denen  die  Schiffbrücken  ausgefahren  werden 
müssen,  die  Verbindung  zwischen  dem  Norden  und  Süden  der  Stadt 
eine  höchst  mangelhafte  ist. 

Zum  Schlüsse  meiner  Mittheilung  sei  noch  gestattet,  auf  eine 
Verwendung  der  Träger  mit  frei  schwebenden  Enden  aufmerksam  zu 
machen,  welche,  trotzdem  sie  sehr  nahe  liegt  und  nicht  unwesentliche 
Vortheile  bietet,  meines  Wissens  bisher  nicht  zur  Ausführung  kam, 
ich  meine  die  Verwerthung  der  kleinen  Zwischenbrücke  als  beweg¬ 
liche  Brücke,  sei  es  als  Klappbrücke,  Rollbrücke  oder  auch  als  Hub¬ 
brücke,  um  die  Schiffahrt  hindurch  zu  lassen. 

Diese  Anordnung  hat  in  fliefsendem  Wasser  den  grofsen  Vorzug 
vor  den  Drehbrücken  voraus,  dafs  der  Wasserquerschnitt  in  der 
Durchfahrtsöffnung  nicht  nennenswerth  verengt  zu  werden  braucht 
und  dafs  somit  die  Wirbelbildungen  und  Rückströmungen  in  der 
Durchfahrt  und  hinter  den  Pfeilern,  welche  namentlich  für  kleinere 
Fahrzeuge  sehr  unbequem  werden,  hier  fortfallen. 

Die  Anordnung  der  kleinen  Zwischenbrücken  als  Hubbrücken 
wird  sich  besonders  da  empfehlen,  wo  die  Lage  der  ganzen  Brücke 


Ordnung  noch  den  Vortheil,  dafs  man  sie  gewissermafsen  als  eine 
Uebergangs-Anordnung  verwenden  kann.  Wenn  man  die  feste  Brücke 
so  hoch  legt,  dafs  alle  Dampfer  und  Schleppschiffe  die  Brücke 
kreuzen  können,  ohne  dafs  die  Hubbrücke  geöffnet  werden  mufs,  so 
kann  man  sicher  sein,  dafs  in  absehbarer  Zeit  —  wenn  nämlich  die 
Zahl  der  Schiffe  mit  höheren  Masten  auf  einen  unbedeutenden  Rest 
zusammen  geschmolzen  ist  —  das  Oeffnen  ganz  unterbleiben  kann. 
Nach  Abbruch  der  beiden  Säulen  hat  man  alsdann  eine  vollständig 
zweckmäfsige  Hochbrücke,  die  nicht,  wie  etwa  eine  aufser  Betrieb 
gesetzte,  hochgelegene  Drehbrücke  durch  ihre  Pfeiler  den  freien 
Verkehr  stört.  Anstatt  zur  Hubbrücke  kann  man  indessen  die 
Zwischenbrücke  der  ausgekragten  Träger  auch  ebenso  leicht  zur 
Rollbrücke  umgestalten,  z.  B.  nach  der  Anordnung  derjenigen  im 
Barmouth-Viaducte  der  Cambrian-Eisenbahn*),  und  sie  in  dieser  Form 
für  jede  Höhenlage  der  ganzen  Brücke  bequem  als  bewegliche  Brücke 
verwenden.  L.  Brenn  ecke. 


*)  Vergl.  Handbuch  der  Ing. -Wissenschaften  Band  II:  „Der 
Brückenbau“,  3.  Abth.  S.  5. 


Vermischtes. 


Der  Verkehr  auf  den  Wassei'strafseu  Berlins  im  Jahre  1889  hat 
sich  auf  der  Höhe  der  beiden  vorhergehenden  Jahre  gehalten,  nach¬ 
dem  1887  eine  sehr  erhebliche  Zunahme  aus  Anlafs  der  gesteigerten 
Bauthätigkeit  stattgefunden  hatte.  Nach  den  amtlichen  Erhebungen 
ist  bezüglich  der  Anzahl  der  Schiffe  eine  Verminderung  ein¬ 
getreten.  Die  Zahl  betrug: 


1885 

1886 

1887 

1888 

1889 

a)  durchgehende  .  . 

.  .  4  016 

3  917 

4  270 

3  657 

3  083 

b)  angekommene 

.  .  41359 

45057 

49  168 

46  307 

44  737 

c)  abgegangene  .  . 

.  .  40  980 

44562 

48  935 

46187 

44310 

Dagegen  zeigt  das  Gesamtgewicht  der  angekommenen  Güter 
eine  Zunahme  von  122  010  Tonnen  gegenüber  dem  Vorjahre,  während 
betreffs  der  durchgehenden  und  abgegangenen  Güter  kleine  Ver¬ 
minderungen  zu  verzeichnen  sind.  Das  Gesamtgewicht  betrug  näm¬ 
lich  in  Tonnen: 

1885  1886  1887  1888  1889 

a)  durchgehende  308  883  316  735  344707  326111  283  667 

b)  angekommene  3  426415  3  632  690  4  228170  4  229  540  4  351550 

c)  abgegangene  .  314  613  296  050  355  595  339  748  327  538 

Unter  den  angekommenen  Schiffen  befanden  sich  4367  Per- 

sonen-Dampfschiffe,  1850  Schleppdampfer,  368  Tau-  (bezw.  Ketten-) 
Schiffe,  549  Güterdampfschiffe  (davon  23  unbeladen)  mit  einer  Trag¬ 
fähigkeit  von  52  247  Tonnen  und  beladen  mit  33  048  Tonnen  Gütern, 
37  603  Segelschift’e  (davon  2743  ixnbeladen)  mit  einer  Tragfähigkeit 
von  4  504  612  Tonnen  und  beladen  mit  4  318  502  Tonnen  Gütern. 

Unter  den  abgegangenen  Schiffen  waren  4365  Personen¬ 
dampfer,  1826  Schleppdampfer,  368  Tau-  (bezw.  Ketten-)  Schiffe, 


582  Güterdampfer  (davon  120  unbeladen)  mit  28  282  Tonnen  Gütern, 
37 199  Segelschiffe  (davon  33  382  unbeladen)  mit  299  256  Tonnen 
Gütern. 

Unter  den  durchgehenden  Schiffen  waren  1  Schleppdampfer, 
10  Güterdampfschiffe  mit  800  Tonnen  Gütern,  3072  Segelschiffe  (da¬ 
von  774  unbeladen)  mit  282  867  Tonnen  Gütern. 

Bezüglich  der  Güterdampfer  ist  seit  dem  Jahre  1888  eine  Zu¬ 
nahme  von  etwa  einem  Zehntel  der  Schiffe  eingetreten. 

An  Flöfsen  sind 


durchgefahren  angekommen 


Anzahl 
der  Flöfse 

Tonnengehalt 

Anzahl 
der  Flöfse 

Tonneugehalt 

1887  . 

191 

13  289 

175 

10  084 

1888  . 

153 

11  554 

122 

11  203 

1889  . 

154 

10  903 

149 

11533 

Garbe. 


Die  Benutzung  der  Kahelleitungeu  für  Wärinemessungeii  be¬ 
handelt  ein  beachtenswerther  Aufsatz  von  Dr.  H.  Hoppe  in  der 
Meteorologischen  Zeitschrift  (Maiheft  1889).  Bekanntlich  wächst, 
wie  bei  allen  Metallen,  so  auch  beim  Kupfer,  aus  welchem  vor¬ 
wiegend  die  Kabeldrähte  gefertigt  werden,  der  Widerstand,  den  das¬ 
selbe  der  Fortpflanzung  des  elektrischen  Stromes  entgegensetzt,  mit 
dem  Steigen  seines  Wärmegrades  und  zwar  für  jeden  Grad  Wärme¬ 
zunahme  von  Null  Grad  an  gerechnet  um  eine  bestimmte  gleich- 
bleibende  Gröfse.  Da  nun  die  unterseeischen  Kabelleitungen  vor 
ihrer  Versenkung  hinsichtlich  ihrer  Widerstände  bei  verschiedenen 
Temperaturen  genau  geprüft  werden,  so  kann  auch  nach  ihrer  Vei-- 


124 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


26.  März  1890. 


legung  aus  jedem  gemessenen  Widerstande  auf  eine  bestimmte,  durch 
die  umgebenden  Wassermassen  bedingte  Temperatur  der  Kabel¬ 
drähte  geschlossen  werden.  Hiermit  ist  ein  einfaches  und  bequemes 
Hülfsmittel  gefunden,  die  Wärme  des  das  Kabel  umgebenden  Meeres¬ 
wassers  jederzeit  auf  dem  Festlande  aus  den  gemessenen  Wider¬ 
ständen  unmittelbar  festzustellen,  ohne  umständliche  Lothungen  vor¬ 
nehmen  zu  müssen.  Selbstverständlich  können  sich  bei  diesen 
Messungen,  da  die  Kabelleitungen  auf  ihrer  Gesamtlänge  verschieden 
tief  liegen,  also  in  Meeresschichten  mit  wechselnden  Wärmegraden 
eintauchen,  nur  mittlere  Temperaturen  der  Meere  ergeben,  und  zwar 
derjenigen  Wasserschicht,  welche  der  mittleren  Tiefenlage  der  Kabel 
entspricht  und  durch  die  Projection  der  versenkten  Leitung  auf  die 
Meeresoberfläche  leicht  berechnet  werden  kann.  In  verschiedenen 
Meeren,  z.  B.  im  Mittelmeer  und  im  Schwarzen  Meer  —  bei  letzterem 
mittels  des  Kabels  Constantinopel-Odessa  —  haben  bereits  umfang¬ 
reiche  Messungen  in  den  verschiedenen  Monaten  aus  den  Wider¬ 
standsänderungen  der  Kabel  stattgefunden.  Es  sind  hierbei  mit  den 
Lothungen  übereinstimmende  Ergebnisse  erzielt  worden.  Das  Mittel¬ 
meer  zeigte  eine  mittlere  Temperatur  von  13,8  °  C.,  das  Schwarze 
Meer  eine  erheblich  niedrigere,  und  zwar  6,1  °  C.  im  März,  9,5  °  C. 
im  September. 

Für  die  ausübende  Meteorologie  können  sich  diese  Messungen 
dadurch  sehr  nutzbar  erweisen,  dafs  das  Vordringen  kälterer  und 
wärmerer  Wassermassen  in  den  Meeren,  wodurch  vorwiegend  der 
Weg  und  die  Geschwindigkeit  der  Luftwirbel  beeinflufst  werden  und 
dessen  rechtzeitige  Kenntnifs  für  die  Vorherbestimmung  der  Witte¬ 
rung  von  erheblichem  Werthe  ist,  durch  Einwirkung  auf  die  Tempe¬ 
ratur  und  die  Widerstände  der  betrofienen  Kabel  sich  sofort  auf  dem 
Festlande  erkennbar  macht. 

In  gleicher  Weise  wie  die  Meereswärme  mittels  der  unterseeischen 
Kabel  kann  auch  die  Bodenwärme  auf  dem  Laude  durch  Messung 
der  Widerstände  der  unterirdischen  Kabel  zu  jeder  Zeit  bestimmt 
werden,  zumal  letztere  gewöhnlich  auf  ihre  ganze  Länge  gleich  tief 
verlegt  sind  und  somit  sichere  Messungswerthe  ergeben.  —  p. — 


und  durch  drei  übereinander  angebrachte,  quer  durchlaufende  Stuhl¬ 
schienen  A  auf  den  eigentlichen  Prellbock  übertragen.  Bei  Q,  Qi 
und  Q>  sind  die  beiden  Hälften  des  Bockes  durch  kräftige,  in  den 
Mitten  verstärkte  Kundstangen  fest  verbunden.  Zu  bemerken  ist 
noch,  dafs  zwischen  den  angeordneten  Laschenblechen  und  den 


Schniit  a  a: 


+  SchPAubenbolzen 


Englischer  Prellbock. 

Schienenstegen  allenthalben  Futterstücke  eingelegt  sind,  wie  dies  im 
Schnitt  a  a  angedeutet  ist.  —  Die  hier  mitgetheilte  Zeichnung  wurde 
im  Bezirk  der  Lancashire-  und  Yorkshire-Bahn  aufgenommen.  Km. 

Steiuzange  für  Strombauten.  Zum  Beseitigen  von  Steinen  in 
dem  Fahrwasser  der  Ströme  dient  die  nachstehend  abgebildete 
Steinzange.  Sie  hängt  an  zwei  Ketten,  welche  über  die  Trommeln 
zweier  an  einem  drehbaren  Krahngerüst  angebrachten  Winden  ge¬ 
führt  sind.  Der  Krahn  steht  auf  einem  Arbeitsschiff  von  13,5  m  Länge 
und  2,5  m  Breite  und  etwa  200  Centner  Tragkraft.  Nachdem  die 
Hauptkette  a  um  ein  der  Falltiefe  h  entsprechendes  Stück  abgewickelt 
ist,  wird  der  Greifer  durch  Anziehen  der  Kette  6  geöffnet,  und  nach 
Lösen  der  Sperrklinke  und  der  Bremsvorrichtung  schnell  bis  auf  den 
Grund  des  Stromes  hinabgelassen,  durch  das  Anziehen  der  Kette  a 


PreUhock  axif  englischen  Bahnen.  Im  Anschlufs  an  die  | 
Mittheilungen  auf  Seite  116  d.  Bl.  über  den  Sicherheits -Prell¬ 
bock  mit  Wasserbremse  von  Langley  ist  in  der  obenstehen¬ 
den  Abbildung  ein  Beispiel  eines  jener  starren  Prellböcke  dar¬ 
gestellt,  wie  sie  in  England  zum  Abschlufs  von  Kopfgeleisen 
zwischen  hoch  liegenden  Bahnsteigen  und  an  sonstigen  besonders 
gefährdeten  Stellen  benutzt  werden.  Die  Vorriclitung  ist  aus  Stuhl¬ 
schienen  geschickt  zusammengefügt.  Der  Kraft  des  Stofses  durch 
einen  auffahrenden  Zug  leisten  die  beiden  Druckstreben  d  und  </i, 
der  mit  d\  verbundene  Zugstab  z  und  ferner  die  über  den  Fahr¬ 
schienen  ff  fest  eingespannten  senkrechten  Schienen  5  s  s  kräftigen 
Widerstand.  Der  Stofs  wird  von  einer  Bufferbohle  6  aufgenommen 


I  wieder  geschlossen  und  gehoben.  Zum  Auffinden  der  Steine  dient 
die  je  nach  der  Fahrwassertiefe  zu  verstellende  Schiene  s.  Das  vor 
Anker  liegende  Arbeitsschiff  pendelt  quer  über  die  Fahrrinne,  indem 
gleichzeitig  ein  der  Schienenlänge  entsprechendes  Stück  der  Anker¬ 
kette  nachgelassen  wird.  Auf  diese  Weise  kann  jeder  Punkt  des 
Flufsbettes  untersucht  und  eine  zuverlässige  Reinigung  von  den  der 
Schiffahrt  gefährlichen  Steinen  bewirkt  werden.  Auch  zum  Heben 
einzelner  schwerer,  bei  Dampfbaggerungen  blofsgelegter  Steine  leistet 
die  Vorrichtung  gute  Dienste.  Von  derselben  wurden  zwei  Stück 
für  die  Wasserbauinspection  Hameln  durch  H.  Erbstein  daselbst  für 
den  Preis  von  500  Mark  für  das  Stück  ausschl.  Arbeitsschiff  geliefert. 
Die  Vorrichtung  hat  sich  bislang  gut  bewährt.  H. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaclion  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K e r s k es,  Berlin. 


CentraMatt  der  Bauverwaltung. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 

X.  Jahrgang.  Berlin,  29.  März  1890.  Nr.  IJ. 


Sedaction :  SW.  Zimmerstrafse  7  u-  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen : 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

illBAIiT;  Amtliches:  Personal  -  Nachrichten.  —  nichtamtliches:  Die  ehemalige 
Kirche  der  Dominicaner  in  Cohlenz.  —  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim-Ladwigs- 
hkfen  und  Kehl- Strafsburg,  Canal  oder  freier  Rhein?  (Fortsetzung.)  —  Kunstgewerbe- 

Museum  in  Düsseldorf.  —  Neubau  des  Königlichen  Gymnasiums  in  Bonn.  —  Wider¬ 
stände  der  Dampfwalzen.  —  Vermischtes:  Ban  eines  neuen  Zellenhanses  in  der 
Strafanstalt  von  Rawitsch.  —  Heinrich  Müller  t. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Ordens- Yerleihungeii  am  Krönnngs-  und  Ordensfest. 

Pes  Kaisers  und  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  zu  ver¬ 
leihen  geruht: 

den  Stern  zum  Rothen  Adler -Orden  II.  Klasse  mit  Eichen¬ 
laub:  dem  Wirklichen  Geheimen  Ober-Regierungsrath  und  Ministerial- 
Director  Schultz  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten; 

den  Rothen  Adler-Orden  II.  Klasse  mit  Eichenlaub:  dem 
Geheimen  Ober -Regierungsrath  Bensen,  Vorsitzenden  des  Eisen- 
bahn-Commissariats  in  Berlin; 

den  Rothen  Adler-Orden  III.  Klasse  mit  der  Schleife: 
dem  Ministerialrath  Beemelmansin  Strafsburg  i.  E.,  dem  Geheimen 
Ober-Baurath  Bernhardt,  Vortragenden  Rath  im  Kriegsministerium, 
-dem  Geheimen  Regierungsrath  Grapovv,  Mitglied  der  Eisenbahn- 
Direction  in  Berlin,  dem  Geheimen  Admiralitätsrath  Gurlt,  ver¬ 
tragenden  Rath  im  Reichs -Marine -Amt,  und  dem  Geheimen  Regie¬ 
rungsrath  Menne,  Director  des  Eisenbahn-Betriebs- Amts  in  Neuwied; 

den  Rothen  Adler -Orden  IV.  Klasse:  dem  Kreis -Bau¬ 
inspector,  Baurath  Arnold  in  Hanau,  dem  Marine-Maschinenbau- 
Oberingenieur  Afsmann  in  Danzig,  dem  Professor  Brandt  an  der 
technischen  Hochschule  in  Berlin,  dem  Bauinspector,  Baurath  Krause 
in  Berlin,  dem  Marine-Maschinenbau-Director  Langner  in  Danzig, 
dem  Eisenbahn-Director  Lochner,  Mitglied  der  Eisenbahn-Direction 
in  Erfurt,  dem  Regierungs-  und  Baurath  Loenartz  in  Oppeln,  dem 
Regierungs-  und  Baurath  Meifsner,  Vorstand  des  betriebstechnischen 
Bureaus  der  Eisenbahn  -  Direction  (rechtsrh.)  in  Köln,  dem  Regie¬ 
rungs-  und  Baurath  Müller,  Director  des  Eisenbahn-Betriebs-Amts 
(Directionsbezirk  Altona)  in  Kiel,  dem  Intendantur-  und  Baurath 
beim  V. Armeecorps,  Schüfsler,  dem  Professor  Schulz  an  der  techni¬ 
schen  Hochschule  in  Aachen,  dem  Regierungs-  und  Baurath  Schulze, 
Director  des  Eisenbahn-Betriebs-Amts  Breslau -Sommerfeld  (Dir.- 
Bez.  Berlin)  in  Breslau,  dem  Marine- Maschinenbau -Oberingenieur 
Schulze  in  Wilhelmshaven,  dem  Regierungs-  und  Baurath  Skai  weit, 
Mitglied  der  Eisenbahn-Direction  in  Magdeburg,  dem  Regierungs¬ 
und  Baurath  Vieregge,  Director  des  Eisenbahn-Betriebs-Amts 
(Directionsbezirk  Bromberg)  in  Schneidemühl,  dem  Kreis-Bauinspector, 
Baurath  Weinert  in  Grünberg  i.  Schlesien  und  dem  Regierungsrath 
Dr.  Zimmermann,  ständigen  Hülfsarbeiter  im  Reichsamt  für  die 
Verwaltung  der  Reichs-Eisenbahnen  in  Berlin. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Re¬ 
gierungs-  und  Baurath  Friedrich  Z astrau  zum  Geheimen  Baurath 
und  Vortragenden  Rath  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  und 
den  bisherigen  Wasser-Bauinspector  Eugen  Frölich  in  Glückstadt 
zum  Regierungs-  und  Baurath  zu  ernennen,  ferner  dem  Geheimen 
Regierungsrath  Gottgetreu  in  Köln  die  nachgesuchte  Entlassung  aus 
dem  Staatsdienste  mit  Pension  und  unter  Verleihung  des  Königlichen 
Kronen-Ordens  II.  Klasse  zu  ertheilen  und  dem  Eisenbahn-Bau-  und 
Betriebsinspector  Kolszewski  in  Kattowitz  bei  seinem  Uebertritt  in 
den  Ruhestand  den  Charakter  als  Baurath  zu  verleihen,  sowie  dem 
Hafen-Bauinspector  Kummer  in  Neufahrwassser  die  Annahme  und 
Anlegung  des  ihm  verliehenen  Kaiserlich  russischen  St.  Annen-Ordens 
III.  Klasse,  dem  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Wilhelms  da¬ 
selbst  die  Annahme  und  Anlegung  des  ihm  verliehenen  Kaiserlich  russi¬ 
schen  St.  Stanislaus-Ordens  III.  Klasse  und  dem  Regierungs-Baumeister 
March  in  Charlottenburg  die  Anlegung  der  ihm  verliehenen  Grofs- 
herzoglich  hessischen  goldenen  Verdienst-Medaille  zu  gestatten. 

Der  Regierungs-  und  Baurath  Frölich  ist  der  Königlichen 
Regierung  in  Hildesheim  überwiesen  worden. 

Das  Königliche  technische  Ober-Prüfungs-Amt  ist  für  die  Jahre 
vom  1.  April  1890  bis  dahin  1893  zusammengesetzt  aus:  dem  Ministerial- 
Director,  Wirklichen  Geheimen  Rath  Schneider  als  Präsidenten, 
dem  Ober  -  Baudirector  Wiebe  als  Stellvertreter  desselben,  dem 
Ober -Bau director  Endell,  den  Geheimen  Ober-Bauräthen  Siegert 
und  Baensch,  dem  Geheimen  Ober-Baurath  a.  D.  Franz,  dem 


Geheimen  Ober-Regierungsrath  Spieker,  den  Geheimen  Ober-Bau¬ 
räthen  Oberbeck,  Hagen,  Küll,  Schröder,  Kozlowski, 
Stambke  und  Nath,  dem  Geheimen  Baurath  Jungnickel,  dem 
Geheimen  Regierungsrath  Per  sius,  den  Geheimen  Bauräthen  Dresel, 
Lorenz  und  Wiehert,  dem  Geheimen  Regierungsrath  Professor 
Reuleaux,  dem  Geheimen  Bergrath  Gebauer,  den  Geheimen  Bau¬ 
räthen  Keller  und  Z astrau,  den  Regierungs-  und  Bauräthen 
Emmerich,  Weber,  Ehlert  und  Eggert,  dem  Professor  Hör¬ 
mann,  dem  Baurath  Professor  Kühn  und  den  Professoren  Meyer 
und  Müller-Breslau. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Karl  Zeuner  in  Rawitsch 
ist  zum  Königlichen  Kreis  Bauinspector  ernannt  und  demselben  die 
Kreis-Bauinspectorstelle  daselbst,  deren  Sitz  vom  1.  April  d.  J,  ab 
nach  Lissa  verlegt  wird,  verliehen  worden. 

Versetzt  sind:  Der  Baurath  Kröhnke  in  Glückstadt  infolge  Ver¬ 
legung  des  Amtssitzes  der  Kreis -Bauinspection  nach  Itzehoe,  der 
Kreis-Bauinspector,  Baurath  Linker  von  Mühlhausen  i.  Thür,  nach 
Rinteln  a.  d.  Wesei-,  der  Kreis -Bauinspector  Röttscher  von  Rinteln 
a.  d.  Weser  nach  Mühlhausen  i.  Thür.,  der  Kreis-Bauinspector  Holt¬ 
greve  von  Montabaur  nach  Höxter,  der  Kreis-Bauinspector  Dapper 
von  Labiau  nach  Montabaur,  der  Kreis -Bauinspector,  Baurath  Otto 
von  Könitz  W.-Pr.  nach  Elbing,  der  Kreis -Bauinspector,  Baurath 
Garn  per  von  Göttingen  nach  Sorau,  der  bisher  bei  der  Königlichen 
Ministerial-Bau-Commission  angestellte  Bauinspector  Kleinwächter 
als  technischer  Hülfsarbeiter  an  die  Königliche  Regierung  in  Erfurt, 
der  bisherige  technische  Hülfsarbeiter  bei  der  Königlichen  Regierung 
in  Coblenz,  Land-Bauinspector  Kifs,  als  Kreis -Bauinspector  nach 
Bochum,  der  Kreis -Bauinspector  Wentzel  in  Wiesbaden  als  Bau¬ 
inspector  und  technischer  Hülfsarbeiter  an  die  Königliche  Regierung 
in  Coblenz,  der  bisher  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  be¬ 
schäftigte  Baurath  Küster  als  Bauinspector  in  eine  Localbaubeamten- 
Stelle  bei  der  Königlichen  Ministerial-Bau-Commission  in  Berlin,  der 
bisherige  technische  Hülfsarbeiter  bei  der  Königlichen  Regierung  in 
Schleswig,  Wasser-Bauinspector  Boden,  in  die  Wasser-Bauinspector- 
Stelle  in  Glückstadt,  der  bisher  bei  den  Universitätsbauten  in  Göt¬ 
tingen  beschäftigte  Land-Bauinspector  Breymann  in  die  Kreis-Bau- 
inspector-Stelle  daselbst;  derselbe  hat  die  Geschäfte  als  Universitäts- 
Architekt  weiterzuführen. 

Die  Kreis -Bauinspectoren,  Bauräthe  Rotmann  in  Prenzlau, 
Friedrich  in  Braunsberg,  Schütte  in  Rastenburg,  Gerlhoff  in 
Osterburg  und  der  Wasser  -  Bauinspector,  Baurath  Eckhardt  in 
Frankfurt  a.  M.  treten  am  1.  April  d.  J.  in  den  Ruhestand.  Ueber 
die  Wiederbesetzung  der  Stellen  ist  bereits  anderweitig  verfügt. 

Zu  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Theodor  Koldewey  aus  Bücken  in  Hannover 
und  Robert  Lang  aus  Hoboken,  im  Staate  New  Yersey,  Nordamerica 
(Hochbaufach). 

Der  bisherige  Königliche  Regierungs  -  Baumeister  Anton  Swart 
ist  als  Landesbaumeister  bei  der  Pro vincial -Verwaltung  in  Hannover 
angestellt  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Bernhard 
Richter  in  Rofsla  a.  Harz,  Albert  Ludorff  in  Münster  i.  W.  und 
Paul  Bon  er  in  Hamm  i.  W.  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienst  ertheilt  worden. 


Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  die  bis¬ 
herigen  Marine -Schiffbau -Directoren,  Wirkliche  Admiralitätsräthe 
Guyot  und  Zeysing  zu  Marine-Ober-Bauräthen  und  Schiffbau- 
Directoren  mit  dem  Charakter  als  Geheime  Bauräthe,  den  bisherigen 
Marine-Maschinenbau-Director,  Admiralitätsrath  Bauck  zum  Marine- 
Ober-Baurath  und  Maschinenbau-Director  mit  dem  Charakter  als 
Geheimer  Baurath,  die  bisherigen  Marine  -  Hafenbau  -  Directoren 
Rechtem  und  Franzius  zu  Marine-Ober-Bauräthen  und  Hafenbau- 
Directoren,  die  bisherigen  Marine-Maschinenbau-Directoren  Meyer 
und  Langner  zu  Marine-Ober-Bauräthen  und  Maschinenbau-Direc- 


126 


Centralblatt  der  Bauverwaltiing. 


29.  Miliz  1890. 


toreil,  die  bisherigen  Marine- Schiffbau -Directoreu  Schunke  und 
Gebhardt  zu  Marine-Ober-Baiiräthen  und  Schiff’bau-Directoreii  zu 
ernennen;  ferner  die  Marine-Maschinenbau-Oberingenieure  Schulze, 
Afsmann,  Beck  und  Dübel  zu  Marine-Bauräthen  und  Maschinen¬ 
bau  -  Betriebs  -  Directoreu  ,  die  Marine  -  Schiff'bau  -  Oberingenieure 


van  Hüllen,  Bartsch,  Liudemann  und  Jäger  zu  Marine-Bau¬ 
räthen  und  Schiffbau-Betriebs-Directoren,  mit  dem  Bange  der  Eäthe 
IV.  Klasse,  zu  befördern,  sowie  dem  bisherigen  Mariiie-Hafenbau- 
Oberingenieiir  mit  dem  Charakter  als  Hafenbau-Director,  Müller 
den  Charakter  als  Marine-Baurath  zu  verleihen. 


[.411e  Eeclite  vorbehalteu.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  elieiiialige  Kirche  der 

Von  den  Bauten  der  Dominicaner  und  Frauziscaner  besitzen  wir 
in  Deutschland  nur  eine  sehr  geringe  Zahl.  Haben  sich  von  den 
Klöstern  der  Benedictiner,  der  Prämonstratenser  und  der  Cistercienser, 
welche  mit  Vorliebe  die  Einsamkeit 
aufsuchten,  immerhin  verschiedene 
Beisiiiele  theils  mehr,  theils  minder 
vollständig  erhalten,  so  sind  doch 
von  den  Klöstern  des  Prediger-  und 
des  Bettelordeiis ,  die  sich  in  den 
Städten  niederliefseii,  vollständige 
Anlagen,  etwa  in  der  Art  der 
Cistercienserabtei  Maulbronn,  über-  j_ 

haupt  nicht  auf  uns  gekommen.  7' 

hlanche  derselben,  wie  z.  B.  die  i, 

Dominicanerklöster  in  Berlin  i\nd  T 

Köhl,  sind  gänzlich  vom  Erdboden  i 

verschwunden.  Ja,  Städte  wie  Erfurt  1 


lieh  schätzen,  wenn  sie  wenigstens 
die  Kirchengebäude  beider  Orden 
noch  besitzen,  und  diese  noch  heute 
für  den  Gottesdienst  benutzt  werden. 

Andere  Städte  haben  zwar  das 
Kirchengebäude  gerettet,  aber  ent¬ 
stellt  und  verachtet  mufs  es  profanen  Höhen 
Zwecken,  gewöhnlich  den  militäri-  tler  eingebauten 
sehen  Bedürfnissen  der  Neuzeit  die-  Gsscitosse. 
neu.  In  diesem  Zustande  zeigt  sich 
auch  heute  die  ehemalige 
Kirche  der  Dominicaner  in 
Coblenz,  die,  hart  am  west¬ 
lichen  Ende  der  Stadt,  unfern 
der  alten  IMoselbrücke  ge¬ 
legen,  durch  benachbarte 
Häuser  fast  ganz  dem  An¬ 
blick  von  der  Strafse  ent- 
den 
als 
Sie 


Schnitt  R — & 


zogen  ist  und  samt 
Bäumen  des  Klosters 
Militärlazareth  dient, 
wird  durch  drei  Balkenlagen 
in  vier  Geschosse  getheilt, 
von  denen  das  Erdgeschofs 
dem  Artilleriedexjot  über¬ 
wiesen  ist  und  die  drei 
Stockwerke  den  Kranken¬ 
saal  und  die  Vorrathsräume 
des  Lazareths  enthalten, 
während  der  Altarraum  als 
Treppenhaus  eingerichtet 
ist.  Aufserhalb  der  sie  be¬ 
sitzenden  Behörden  ist  die 
Kirche  so  gut  wie  unbe- 


Abb.  1. 


der  emsig  sammelnde  Kugler 
ihr  gab,  welche  in  anderen 


kannt,  wenngleich  in  der 
kunstgeschichtlichen  Litteratur  schon 
(1841)  die  ersten  Nachrichten 

Handbüchern  -wiederholt  wurden,  und  Lotz  und  Lehfeldt  sie 
in  ihren  Inventarien  erwähnten  und  beschrieben.!)  Es  ist  das 
\erdienst  des  Herrn  Dr.  A.  Eeichensperger  in  Köln,  bekannt¬ 
lich  eines  der  ältesten  Forscher  unserer  vaterländischen  Bau¬ 
denkmäler,  insbesondere  derjenigen  seiner  engeren  Heimath,  und 
eines  beredten  Vorkämpfers  für  ihre  Erhaltung,  von  neuem  hinge¬ 
wiesen  zu  haben  auf  die  geschichtliche  Bedeutung  der  Coblenzer 


!)  F.  Kugler,  Kleine  Schriften  und  Studien,  Bd.  II  1854,  S.  130 
u.  239.  W.  Lotz,  Kunst -Topographie  Deutschlands.  Bd.  I  1862, 
S.  144.  P.  Lehfeldt,  Bau-  und  Kunstdeukmäler  des  Begierungsbezirks 
Coblenz.  1886,  S.  150. 


Dominicaner  in  Coblenz. 

Dominicanerkirche  und  auf  die  Möglichkeit,  sie  dem  Gottesdienste 


Der  Orden  der  Dominicaner  hatte  unmittelbar  nach  seiner  Grün¬ 
dung  sich  über  das  ganze  west¬ 
liche  Abendland  verbreitet.  Wann 
er  nach  Coblenz  kam,  ist  nicht  genau 
bekannt.  Eine  in  gothischen  Klein¬ 
buchstaben  ausgeführte  Inschrift  am 
ersten  dem  Chore  zugewandten  Bo¬ 
gen  auf  der  Südseite  des  Mittel¬ 
schiffs  meldet,  dafs  die  Brüder  in 
diesem  Kloster  die  allererste  Messe 
an  dem  Ostertage  des  Jahres  1233 
gesungen  hätten.  Diese  Nachricht 
kann  jedoch  nur  auf  diejenigen 
Baulichkeiten  bezogen  werden,  die 
den  Brüdern  im  Anfänge  überwiesen 
worden  waren  oder  welche  sie  sich 
selbst  vor  der  Hand  hergerichtet 
hatten.  Immerhin  mufs  mau  mit 
der  Ausführung  der  heutigen  Kirche, 
wie  deren  Prüfung  ergeben  wird, 
spätestens  kurz  nach  dem  erwähnten 
Zeitpunkte  begonnen  haben. 2) 

Das  Unternehmen  schritt  nur 
langsam  vorwärts;  auch  waren 
die  erbitterten  Kämpfe  zwischen 
Kaiser  Friedrich  II.  und  Papst  Inno- 
cenz  IV.  ihm  nichts  weniger 
als  günstig.  Als  besonders 
thätige  Anhänger  des  Pap¬ 
stes  erwiesen  sich  in  diesen 
Kämpfen  die  Dominicaner, 
-nmlche,  dessen  Sache  als 
diejenige  der  Beligion  dar¬ 
stellend,  die  Unterthanen 
zum  Abfall  von  ihrem  welt¬ 
lichen  Oberhaupte  aufriefen. 
Von  Lyon  aus,  wohin  luno- 
ceuz  sich  zurückgezogen 
hatte  und  von  wo  aus  er¬ 
den  Kaiser  in  den  Baun 
that,  ertheilte  er  dem  ge¬ 
treuen  Convente  der  Co¬ 
blenzer  Dominicaner  am 
26.  Juni  1245  einen  Ablafs 
zur  Förderung  seines  Baues. 
Noch  in  demselben  Jahre 
mufs  dieser  Bau  durch  eine 
Feuersbrunst  zerstört  wor¬ 
den  sein,  da  schon  am 
12.  Januar  1246  der  Papst 
ebenfalls  von  Lyon  aus  einen 
zweiten  Ablafs  zur  Wiederherstellung  des  während  der  Ausführung 
abgebrannten  Klosters  und  der  Kirche  ertheilte.  Nachdem  der  Convent 
einen  ferneren  Ablafs  im  Jahre  1252  erhalten  hatte,  verlieh  wieder 
Alexander  IV.,  der  inzwischen  nach  dem  Tode  Innocenz’  D.  den 
päpstlichen  Stuhl  bestiegen  hatte,  von  dem  Städtchen  Anagni  bei 
Born  aus  am  25.  Mai  1259  allen  denen  einen  Ablafs,  3)  welche  der 


bevorstehenden  Eimveihung  der  Kirche  beiwohnen  würden. 


2)  Die  mehrfach  wiederholte  Angabe  des  Jahres  1239  als  Beginn 
des  Baues  scheint  auf  keiner  urkundlichen  Nachricht  zu  beruhen,  ist 
auch  mit  den  noch  theilweis  romanischen  Formen  der  Kirche  nicht 
vereinbar. 

3)  Die  Originale  der  genannten  vier  Ablafsbriefe  befinden  sich 
im  Königlichen  Staatsarchiv  in  Coblenz  und  wurden  abgedruckt  bei 
L.  Eltester  und  A.  Goerz,  Urkundenbuch  zur  Geschichte  der  jetzt 


Nr.  13. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


127 


Die  Einweiliung  wird  daraufhin  gewifs  vor  sich  gegangen  sein. 
Doch  brauchten  deswegen  Kirche  und  Kloster  noch  nicht  in  allen 
Theilen  vollendet  zu  sein;  denn  im  Jahre  12G5  erhielt  der  Convent 
einen  Ablafs  gelegentlich  seines  Kirchweihfestes,  und  noch  aus  dem 
Jahre  1334  ist  ein  Ablafsbrief  auf  uns  gekommen.  Im  Jahre  1441 
hatte  das  Kloster  unter  einem  grofsen  Brande  zu  leiden.  Die  Mittel 
zum  Neubaix  flössen  abermals  recht  spärlich,  aus  welchem  Grunde 
Papst  Eugen  IV.  am  28.  November  1441  einen  Ablafs  zum  Wieder¬ 
aufbau  des  Klosters  und  zur  Ausbesserung  der  Kirche  bewilligte.^) 
Erst  im  Jahre  1489  waren  die  Bauarbeiten  einer  verloren  gegangenen 
Inschrift  zufolge  beendet.»)  Noch  einmal  wurde  im  Anfänge  des 
vorigen  Jahrhunderts  eine  gründliche,  leider  recht  nüchterne  Er¬ 
neuerung  der  Klostergebäude  vorgenommen ß),  von  welcher  die  Kirche 
aber  glücklicherweise  im  wesentlichen  verschont  blieb. 

Die  Kiiegsstürme,  die  nach  der  grofsen  französischen  Revolution 
die  Rheinlande  heimsuchten,  zogen  auch  das  Coblenzer  Dominicaner¬ 
kloster  in  Mitleidenschaft;  es  mufste  als  Lazareth  für  die  verbündeten 
deutschen  Heere  dienen,  und  nachdem  das  linke  Rheinufer  der  fran¬ 
zösischen  Republik  einverleibt  worden  war,  erfolgte  1802  die  Auf¬ 
hebung  aller  geistlichen  Orden  in  den  ehemals  deutschen  Bezirken, 
eine  Mafsregel,  die  man  in  Frankreich  schon  früher  durchgeführt 
hatte.  Unser  Gotteshaus  wurde  nunmehr  zum  Militärmagazin  für 
Rauhfutter  eingerichtet,  und,  wie  aus  den  im  Coblenzer  Staatsarchiv 
liegenden  Schriftstücken  jener  Zeit  hervorgeht,  mufste  der  Verkauf 
der  inneren  Einrichtung  xind  der  Glocken 
nicht  nur  der  Dominicaner-,  sondern  auch 
der  gleichfalls  aufgehobenen  St.  Florins- 
kirche  die  Mittel  zur  baulichen  Instand¬ 
haltung  der  Liebfrauenkirche  einbringen. 

Das  Kloster  wurde  Garnisonlazareth.  Dieser 
Zustand  blieb  auch  unter  der  preufsischen 
Regierung  derselbe,  bis  nach  dem  Jahre  1872, 
das  Lazareth  auch  auf  die  Kirche,  die  vor¬ 
übergehend  als  Artillerie-Zeughaus  gedient 
hatte,  ausgedehnt  wurde. 

Nach  solchen  Mifshandlungen  raufs  es 
überraschen,  dafs  man  die  Kirche  zur  Zeit 
verhältnifsmäfsig  gut  erhalten  findet.  Sie 
stellt  sich  als  eine  langgestreckte  Basilika 
dar,  welche  von  zweimal  neun  Stützen  in 
drei  Schiffe  getheilt  wird  und  durchweg 
überwölbt  ist.  Die  Abseiten  schliefsen  gerad¬ 
linig,  dem  Mittelschiffe  fügt  sich  ein  aus 
sieben  Seiten  eines  Zwölfecks  gebildeter 
Altarraum  an.  Bereits  die  Querschnitte  der 
Pfeiler  lassen  erkennen,  wie  die  Kirche  nicht 
nach  einem  einheitlichen  Plane  entstand. 

Die  acht  westlichen  Pfeiler  sind  rund;  ihnen 
folgen  drei  andere  Rundpfeiler  mit  je  vier 
vorgelegten  kreisförmigen  Diensten,  während 
die  sieben  östlichen  Pfeiler  einen  mehrfach 
abgetreppten  Querschnitt  aufweisen.  Trotz  dieser  Verschiedenheit 
gehören  aber  sämtliche  Pfeiler  noch  der  Frühgothik  an.  Ja  es 
scheint,  dafs  man  ursprünglich  beabsichtigt  habe,  die  Kirche  in 
den  Formen  des  romanischen  Stils  aufzuführen.  Die  beiden  Bögen 
des  westlichsten  Gewölbejoches  vom  Langhause  haben  eine  gröfsere 
Spannweite  als  die  übrigen  und  sind  nach  einem  Halbkreise  ge¬ 
schlagen,  obgleich  sie  im  Profile  (Abb.  2,  I)  mit  den  spitz  herge¬ 
stellten  der  nächstfolgenden  vier  Joche  übereinstimmen.  Die  Ver¬ 
hältnisse  der  drei  Schiffe  erinnern  ganz  an  die  romanischen  Kirchen, 
mit  denen  sie  auch  den  Mangel  von  Strebepfeilern  und  Strebebögen 
theilen.  Diesem  letzten  Umstande  gegenüber  bleibt  zu  beachten, 
dafs  an  dem  gleichfalls  frühgothischen  Chore  die  Strebepfeiler  sehr 
wohl  vorgesehen  sind.  Bedenkt  man  nun,  dafs  die  flache  Holzdecke 
noch  lange  nach  Einführung  des  Gewölbebaues  im  Gebrauch  blieb, 
dafs  ferner  die  Hauptkirchen  von  Coblenz,  die  Liebfrauen-,  die 
St.  Florins-  und  die  St.  Castorkirche,  erst  in  viel  späterer  Zeit  ihre 
Gewölbe  erhielten,  so  wird  es  glaubwürdig,  dafs  die  Dominicaner 
im  Hinblick  auf  ihre  beschränkten  Mittel  beim  Beginn  des  Baues 


die  preufsischen  Regierungsbezirke  Coblenz  und  Trier  bildenden 
mittelrheinischen  Territorien.  Bd.  III.  Coblenz  1874.  S.  618,  632, 
633  u.  1071. 

^)  r.ad  illius  conventus  restaiirationem  et  predicte  ecclesie  repa- 
rationem.'^  Die  unveröffentlichten  Originale  der  drei  letzteren  Ab- 
lafsbriefe  ruhen  ebenfalls  im  Coblenzer  Staatsarchive. 

^)  J.  Marx,  Geschichte  des  Erzstifts  Trier.  Bd.  II,  2.  Trier  1862. 
S.  445  ff. 

®)  1713  aus  Mauerankern  gebildete  Jahreszahl  im  Hofe,  1728  im 
Ziegelpflaster  eines  Ganges. 


auf  die  Ueberwölbung  des  Langhauses  ihrer  Kirche  verzichtet  hatten. 
Die  Franziscanerkirche  in  dem  unfernen  Limburg  an  der  Lahn,  an 
welcher  ebenfalls  nur  der  Chor  mit  Gewölben  und  Strebepfeilern 
ausgestattet  ist,  vermag  daher,  wenngleich  sie  erst  dem  14.  Jahr¬ 
hundert  angehört,  ein  annäherndes  Bild  von  der  urspünglich  beab¬ 
sichtigten  Gestalt  der  Coblenzer  Dominicanerkirche  zu  gewähren. 
Die  Einwölbung  des  Langhauses  dürfte  erst  nach  dem  urkundlich 
gegebenen  Brande  vom  Jahre  1245  bewirkt  worden  sein.  Wenn  auch 
der  Gebrauch  der  Strebepfeiler  und  sogar  der  Strebebögen  unter  den 
damals  entstandenen  gothischen  Bauwerken  sich  bereits  eingebürgert 
hatte,  so  nahmen  doch  die  Coblenzer  Dominicaner  von  der  nachträg¬ 
lichen  Anbringung  dieser  Hülfsmittel  Abstand.  Sie  trauten  dem 
Beispiele  der  zahlreichen  dieser  Hülfsmittel  gleichfalls  entbehrenden 
romanischen  Gewölbebauten,  und  dafs  ihr  Versuch  gelungen  ist,  be¬ 
zeugt  der  heutige  gute  Zustand  der  Kirche;  freilich  ist  man  der 
nicht  unbedeutenden  Spannweite  des  Mittelschiffs  (8,30  m)  durch 
eine  ziemlich  steile  Anlage  der  Kreuzgewölbe  begegnet.  Nur  au 
den  vier  mittleren  Pfeilern  sind  die  Dienste  der  Gurtbögen  bis  auf 
den  Fufsboden  herabgeführt  (Abb.  1).  Oberhalb  der  Capitelle  der 
übrigen  Pfeiler  treten  besondere  Dienste  vor  die  Wandflächen 
des  Mittelschiffs;  sie  sind  im  westlichen  Theile  der  Kirche  einfach 
kreisförmig,  im  östlichen  aber  als  ein  dreitheiliges  Bündel  ge¬ 
staltet,  welches  nach  unten  ■  in  einen  schlichten  Kragstein  aus¬ 
läuft.  Diese  Dienste  tragen  über  ihren  Laubcapitellen  noch 
frühgothische  Gewölbe,  während  die  Capi¬ 
telle  jener  mit  ihren  Gewölben  in  spät- 
gothischer  Zeit,  wohl  ohne  Zweifel  nach 
dem  Jahre  1441,  erneuert  wurden.  Die  Pro¬ 
file  der  älteren  Gurtbögen  und  Rippen  sind 
sehr  verschieden  gebildet.  Sie  entwickelten 
sich  während  des  Baues  zu  immer  reicheren 
Schattenwirkuugen,  und  an  einigen  Orten 
verschwindet  bereits  der  Unterschied  zwischen 
Gurtbogen  und  Rippe.  In  den  spätgothischen 
Theilen  erhebt  sich  das  zur  Regel;  zugleich 
wird  für  diese  ein  feinerer  Mafsstab  gewählt 
und  der  W echsel  der  Profile  auf  einen  Unter¬ 
schied  des  Hauptschifl’es  und  der  Abseiten 
beschränkt.  Die  ältesten  der  frühgothischen 
Rippen  (Abb.  1  u.  2,  d)  besitzen  noch  keine 
Schlufssteine,  die  übrigen  haben  solche  mit 
Laubrosen.  Bei  der  Erneuerung  des  15.  Jahr¬ 
hunderts  wurden  dagegen  Drei-  und  Vier¬ 
pässe  als  Schmuck  der  Schlufssteine  bevor¬ 
zugt,  und  auch  derjenige  Schlufsstein,  wel¬ 
chen  man  im  fünften  westlichen  Joche  des 
südlichen  Seitenschiffs  bemerkt,  dürfte  erst 
aus  dieser  Zeit  herstammen,  wenngleich  die 
ihn  tragenden  Rippen  noch  ein  früh- 
gothisches  Profil  (e)  aufweisen.  Er  giebt 
innerhalb  eines  Vierpasses  das  Abbild  des 
heiligen  Dominicus  zwischen  zwei  Meisterschilden  zu  erkennen.  Mit 
derselben  Feinheit  sind  auch  die  übrigen  spätgothischen  Schlufssteine 
des  südlichen  Seitenschiffes  durchgearbeitet,  welche  bei  der  niedrigen 
Lage  der  Gewölbe  und  der  günstigen  Beleuchtung  durch  die  vom 
Fufsboden  zurückgeworfenen  Strahlen  der  Mittagssonne  das  Auge 
des  Beschauers  in  alter  Zeit  wohlthuend  auf  sich  lenkten.  Einer 
von  ihnen  trägt  das  Wappen  eines  Stifters,  welches  von  einem  schrägen 
Balken  durchschnitten  wird,  zu  dessen  beiden  Seiten  je  drei  Kugeln 
liegen.  Drei  andere  zeigen  auf  den  knapp  45  cm  messenden  Unter¬ 
ansichten  figürliche  Darstellungen,  in  zwei  Beispielen  die  Jungfrau 
Maria  mit  dem  Kinde,  einmal  im  Brustbild,  das  andere  Mal  auf  der 
Mondsichel  thronend;  das  dritte  Mal  sieht  man  die  Verkündigungs¬ 
scene.  In  dieser  besonders  erwecken  die  geringen  Mittel,  mit  denen 
der  alte  Meister  eine  Wirkung  zu  erzielen  verstand,  unser  Erstaunen. 
Ehemals  werden  sich  diese  Kunstwerke,  die  zur  Zeit  mit  Oelfarbe 
dick  vei’schmiert  sind,  eines  hellen  Farbenschmuckes  erfreut  haben; 
denn  noch  bemerkt  man  unter  der  das  Innere  der  Kirche  bedecken¬ 
den  Tünche  zahlreiche  Reste  alter,  theilweis  figürlicher  Malereien, 
an  verschiedenen  Stellen  scheinen  sogar  mehrere  alte  Farbschichten 
über  einander  zu  liegen.  Beachtenswerth  ist,  dafs  man  im  vierten 
Joche  des  Mittelschiffes,  von  Westen  her  gerechnet,  statt  eines  Schlufs- 
steins  einen  durchbrochenen  Ring  von  70  cm  Lichtweite  angeordnet 
hat.  Vermuthlich  erhob  sich  über  diesem  das  Glockenthürmcheu,. 
welches  auf  älteren  Stadtansichten  abgebildet  erscheint  und  im  Jahre 
1827  wegen  Baufälligkeit  abgebrochen  wurde,  sodafs  die  Bedienung 
der  Glocken,  einer  viel  verbreiteten  Gepflogenheit  der  geistlichen 
Orden  entsprechend,  vermittelst  langer,  auf  den  Fufsboden  der  Kirche 
herabgeführter  Seile  geschah. 

(Schlufs  folgt.) 


Abb.  2.  Gurtbögen  und  Rippen  der  Gewölbe. 


128 


Ceutralblatt  der  ß auver\valtnn{?. 


29.  März  1890, 


Die  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim -Ludwigshafeii  und  Kehl-Strafshurg, 

Canal  oder  freier  Rhein? 

(Fortsetzung.) 


III. 

Der  Gedanke,  dafs  der  Correction  des  Oberrheins,  wenigstens 
in  der  Strecke  Kehl-Maxau,  später  die  liegulirung  der  Nieder¬ 
wasserrinne  iin  Interesse  der  Schiffahrt  werde  nachzufolgen  haben, 
ist  keineswegs  neu;  er  gehört  schon  lange  der  Fachlitteratur  an 
und  ist  insbesondere  auch  bei  den  internationalen  Stroinbefahrungen 
des  Rheins ‘‘)  wiederholt  zur  Sprache  gekommen. 

So  äufsern  sich  bei  der  Strombefahrung  von  18495)  ,]ie  Ver¬ 
treter  von  Preufsen,  Hessen  und  Nassau  über  die  Correction  des 
Oberrheins, 

„dafs  das  grofsartige  Unternehmen,  welches  in  der  zwischen 
Baden  und  Frankreich  belegenen  Stromstrecke  begonnen  ist, 
ihres  Erachtens  vorzugsweise,  wenn  nicht  ausschliefslich,  die 
Melioration  des  Landes  bezwecke,  obgleich  sie  nicht  in  Abrede 
stellen,  dafs  die  Schiffbarkeit  im  Vergleich  zu  dem  früheren 
Zustande  des  Stromes  wesentlich  verbessert  werden  wird  und 
unterhalb  Strafsburg  schon  verbessert  ist.  Die  Anlagen 
beziehen  sich  indes  nur  auf  das  Hochwasser,  sind 
also  eine  Art  Eindeichung.  Sie  (die  genannten  Ver¬ 
treter)  haben  keine  Ausführungen  bemerkt,  welche  auf  die 
Bildung  eines  Bettes  für  das  kleine  Wasser  hinwirken  können. 
Sollte  daher  das  Bedürfnifs  der  Schiffbarmachung 
dieser  Strecke  sich  einst  her  ausstellen,  so  werde 
man  noch  ein  r egeliuäfsiges  Bett  für  das  kleine 
Wa  s  s  e  r  bilden  müssen,  was  in  allen  folgenden 
Stromtheilen  als  die  Hauptaufgabe  anzusehen  ist.“ 
Dieses  Girtachteu  erhält  dadurch  erhöhte  Bedeutung,  dafs  Preufsen 
damals  durch  den  Altmeister  der  Wasserbaukunst,  Gotthilf  Hagen, 
vertreten  war,  der  auch  die  Verhandlungen  geleitet  hat. 

Wenn  demgegenüber  die  Vertreter  von  Bayern,  Baden  und 
Frankreich  geltend  machten,  dafs  die  Rheincorrection  entlang  der 
französisch  -  badisch  -  bayerischen  Grenze 

„nicht  allein  ausschliefslich  (!)  wegen  der  Melioration 
des  Landes,  sondern  vielmehr  auch  zur  Verbesserung  der 
Schiffahrt  und  Minderung  des  Aufwandes  für  den  Stromliau 
in  der  Zukunft  unternommen“ 

worden  sei,  und  wenn  sie  unter  Hinweis  auf  die  auch  für  die  Schiff¬ 
fahrt  schon  erzielten  Erfolge  und  fernerhin  zu  erwartende  bessere 
Ausbildung  des  Stromes  sich  wenig  geneigt  zeigten,  der  angeregten 
Herstellung  eines  Niederwasserbettes  zuzustimmen,  so  ist  dies  wohl 
begreiflich;  mufsten  sie  doch  Bedenken  tragen,  das  Bedürfnifs 
nach  weiteren  umfassenden  Strombauten  anzuerkennen  in  einer 
Zeit,  in  der  die  Rheincorrection  entlang  der  badisch -elsässischen 
Grenze  eben  erst  kräftig  in  Gang  gesetzt  worden  war,  und  die  Durch¬ 
führung  des  grofsen  Werkes  wie  auch  die  Vollendung  der  bayerisch¬ 
badischen  Rheincorrection  noch  grofse  Anforderungen  an  die  Aus¬ 
gabebudgets  der  betheiligten  Staaten  stellte.  Auch  war  in  jener  Zeit 
des  Aufschwunges  der  Eisenbahnen,  wie  anderwärts,  so  auch  am 
Mittel-  und  Oberrhein  wenig  Neigung  vorhanden,  für  Verbesserung 
der  Wasserstrafsen  erhebliche  Opfer  zu  bringen.  An  eine  Entwicklung 
der  Rheinschiff'ahrt,  wie  sie  sich  in  den  jüngsten  Jahrzehnten  voll¬ 
zogen,  hat  damals  niemand  gedacht;  selbst  in  den  unmittelbar  be¬ 
theiligten  Kreisen  war  man  in  jener  Zeit  kaum  in  Zweifel,  dafs  die 
Rheinschiffahrt  im  Wettbewerb  mit  den  auf  beiden  Ufern  erbairteu 
und  geplanten  Eisenstrafsen  werde  unterliegen  müssen.  Frankreich 
hatte  nicht  lange  zuvor  den  Rhein -Rhonecanal  von  Strafsburg  bis 
gegen  die  Schweizergrenze  vollendet  und  war  doch  bereit  gewesen, 
mit  Baden  zusammen  dem  verwilderten  Rheinstrom  ein  geregeltes 
Bett  anzuweisen,  —  allerdings  gewifs  nicht  in  der  Meinung,  damit 
die  Schiffahrt  zwischen  Strafsburg  und  Basel  zu  heben,  sondern  allein 
um  die  Rheinniederung  gegen  die  Ausschreitungen  des  Stromes  zu 
schützen.  Dies  war  ja  auch  in  Baden  und  in  Bayern  das  Ziel,  das 
man  bei  dem  gemeinsamen  Werke  von  Anfang  im  Auge  hatte,  und 
dieses  Ziel  mufsten  die  genannten  Staaten  mit  aller  Kraft  zu  er¬ 
reichen  suchen,  bevor  an  eine  weitere  Ausbildung  des  gebändigten 


'*)  Artikel  31  der  Rheinschiffahrtsacte  bestimmt,  dafs  von  Zeit  zu 
Zeit  durch  Wasserbautechniker  der  Uferstaaten  Strombefahrungen 
sollen  vorgenommen  werden,  um  die  Beschaffenheit  des  Stromes,  die 
Wirkung  der  zu  dessen  Verbesserung  getroffenen  Mafsregeln  und  die 
etwa  eingetretenen  neuen  Hindernisse  einer  regelmäfsigen  Schiffahrt 
zu  untersuchen  und  festzustellen.  Solche  gemeinsame  Befahrung  und 
Untersuchung  hat  bis  jetzt  stattgefunden  1849,  1861  und  1874  jeweils 
von  Basel  ab,  und  1885  von  Maxau  ab  bis  ins  Meer. 

5)  Begutachtungsprotokoll  Nr.  XI  Seite  21. 


Stromes  als  Wasserstrafse  überhaupt  gedacht  werden  konnte.*')  Der 
Standpunkt  war  auch  technisch  richtig.  Zwar  hat  schon  Defontaine 
in  den  1830er  Jahren  ein  Niederwasserprofil  für  den  Oberrhein  zu 
bestimmen  versucht;  mit  Recht  aber  ist  bei  der  Vereinbarung  des 
Rheincorrectionsentwurfs  von  1841  hiervon  abgesehen  worden,  weil, 
wie  es  in  einer  französischen  Denkschrift  aus  jener  Zeit  heifst,  „il 
serait  impossible,  dans  la  Situation  actuelle  du  fleuve,  de  creer 
un  lit  minimum“.  Der  verwilderte,  zerfaserte  Strom  mufste  erst  eine 
geregelte  Bahn  und  feste  Ufer  erhalten;  ob  dann  später  innerhalb 
dieses  künstlieh  geschaffenen  Strombettes  auch  auf  die  Gestaltung 
der  Niederwasser-(Schiff’ahrts-)rinne  regulirend  einzuwirken  sein  werde, 
—  die  Lösung  dieser  Frage  mufste  der  Zukunft  überlassen  bleiben. 

So  lag  die  Sache  im  wesentlichen  auch  noch  bei  der  Strom¬ 
befahrung  von  1861.  Die  Commission,  nachdem  sie  darauf  hinge- 
wieseu,  dafs  auf  der  Stromstrecke  Strafsburg -Lauterburg  von  jeher 
Schiffahrt  betrieben  und  jetzt  durch  die  Rheincorrection  die  wesent¬ 
lichsten  Schiffahrtshindernisse  beseitigt  worden  seien,  so  zwar,  dafs 
bei  günstigen  Wasserständen  bereits  die  gröfsten  Rheindampfschiffe 
bis  Strafsburg  gehen,  bemerkt  weiter: 

„Da  nun  das  relative  Gefälle  des  Rheins  unterhalb  Strafsburg 
und  mit  ihm  die  heftige  Strömung  des  Wassers  sichtbar  ab¬ 
nimmt,  das  relative  Gefälle  bei  Lauterburg  sogar  nur  noch 
C'öoo  betragen  soll,  so  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dafs  dei~^ 
Rheinstrom  unterhalb  Strafsburg  selbst  für  die  gröfsten  Schilfe 
schiffbar  gemacht  werden  kann . “'') 

Und  die  Commission  sprach  sich 

„einstimmig  dahin  aus,  dafs  der  Zustand  der  bayerisch- 
badischen  Stromstrecke  nach  erfolgter  Durchführung  des 
vereinbarten  Planes  für  die  Ausübung  der  Schiffahrt  und 
Flöfserei  vollständig  genügen  wird,  wenn  auf  die  weitere 
Ausbildung  der  Schiffahrtsrinne  für  das  niedrigste 
Wasser  vielleicht  auch  noch  später  Rücksicht  zu 
nehmen  sein  dürfte.“ 

Die  Vertreter  von  Bayern  und  von  Baden  glaubten  auch  jetzt  noch 
die  Nothwendigkeit  weiterer  Regulirungsbauten  nicht  anerkennen 
zu  sollen.  Mochte  diese  Stellungnahme  vorwiegend  wieder  durch 
andere  als  technische  Gründe  veranlafst  sein,  so  erschien  sie  doch 
auch  in  der  zunehmend  günstigen  Gestaltung  der  bayerisch-badischen 
Stromstrecke  gerechtfertigt. 

Anders  bei  der  Strombefahrung  von  1874,  bei  welcher  die  Ver¬ 
besserung  der  Wasserstrafse  des  Gberrheins  sehr  eingehend  erörtert 
worden  ist.  Die  Vertreter  von  Bayern  und  von  Baden,  wenn 
ihnen  zwar  zu  den  erwähnten  Rücksichten  noch  jene  auf  die  Ver¬ 
kehrsverhältnisse  von  Ludwigshafen  und  von  Mannheim  und  der 
von  dort  ausgehenden  Eisenbahnen  eine  gewisse  Zurückhaltung  auf¬ 
erlegten,  konnten  doch  nicht  bestreiten,  dafs  die  seit  1861  hinsichtlich 
der  Gestaltung  der  Stromsohle  oberhalb  Germersheim  gemachte  Er¬ 
fahrung  wenig  Hoffnung  gab,  dafs  die  Fahrwasserverhältnisse  im 
oberen  Theile  der  bayerisch-badischen  und  in  der  badisch-elsässischen 
Rheinstrecke  in  absehbarer  Zeit  sich  ohne  weiteres  Zuthun  so  aus¬ 
bilden  werden,  wie  es  der  Tiefgang  der  beladenen  grofsen  Rhein¬ 
schiffe  erfordern  würde.  Sie  machten  aber  geltend,  dafs  —  zumal 
oberhalb  der  Lautermündung  —  weitere  Mafsregeln  noch  verfrüht 
erscheinen,  weil  der  Abbau  der  noch  offenen  Altrheine  wegen  der 
seitlichen  Ablagerung  der  Geschiebe  und  im  Interesse  der  Ver¬ 
landungen  erst  allmählich  zu  bewirken  sei. 

Ueber  das  Ergebnifs  dieser  Verhandlungen  ist  in  dem  Begut¬ 
achtungsprotokoll  für  die  Strecke  Kehl-Maxau  bemerkt:*) 

„Unter  diesen  Verhältnissen  möchte  daher  eine  sofort  in 
Angriff  zu  nehmende  weitere  Regulirung  der  Schiff¬ 
fahrtsrinne  innerhalb  des  normalmäfsig  begrenzten 
Stromes  nicht  anzurathen  sein,  obgleich  dieselbe,  nach  An- 


*)  Dafs  man  in  der  Correction  des  Oberrheins  seiner  Zweck¬ 
bestimmung  nach  nichts  anderes  als  ein  grofses  Meliorationsunter¬ 
nehmen  vor  sich  hat,  kann  für  den  nicht  zweifelhaft  sein,  der  sich 
mit  der  Entstehungsgeschichte  des  Werkes  bekannt  gemacht  hat. 
Für  die  badisch-elsässische  Strecke  ist  dies  auch  klar  in  dem  zwischen 
Baden  und  Frankreich  1840  abgeschlossenen  Grenzvertrag  ausge¬ 
sprochen.  Dort  heifst  es  in  Artikel  19:  „Die  beiden  Regierungen 
kommen  überein,  künftig  die  Bauten  an  jedem  LTfer  des  Rheins  nur 
zum  Zweck  der  Vertheidigung  und  auf  eine  Weise  ausführeii 
zu  lassen,  um  nach  und  nach  eine  Regelung  seines  Laufes  zustande 
zu  bringen.“ 

'^)  Strombefahrungsprotokoll  Seite  23. 
s)  Protokoll  Nr.  VL 


i\r.  la. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


129 


sicht  der  Techniker,  mit  Ausnahme  des  Commissars  von  Elsafs, 
künftig  nothwendig  werden  dürfte,  sobald  auf  die  Be¬ 
schaffung  eines  tieferen  Fahrwassers  gedrungen  werden  sollte, 
als  die  Natur  des  Stromes  allein  zu  beschaffen  und  zu  erhalten 
imstande  ist.“ 

Und  bezüglich  der  Strecke  von  Maxau  bis  Mannheim: 
„Ebenso  wie  in  der  oberen  Strecke  eine  weitere  Vertiefung 
nur  durch  eine  fortgesetzte  ßegulirung  sich  erzielen  läfst, 
würde  auch  hier  eine  solche  Eegulirung  ausgeführt  werden 
müssen,  sobald  ein  tieferes  Fahrwasser  verlangt  werden  sollte, 
als  die  Natur  des  Stromes  allein  zu  beschaffen  vermag.“ 

Bei  der  Strombefahrung  von  1885  konnte  festgestellt  werden, 
dafs  die  Fahrwasserverhältnisse  von  Maxau  bis  Leopoldshafen  nahezu, 
von  da  bis  Speyer  durchgehends  genügen,  und  ist  bemerkt,^)  dafs 
„eine  weitere  Stromregulirung  beziehungsweise  Verengung  des  Strom¬ 
bettes,  wie  solche  bei  der  gemeinsamen  Strombefahrung  vom  Jahre 
1874  besprochen  wurde,“  unnöthig  erscheine.  Wenn  eine  solche 
weitere  Eegulirung  dann  aber  auch  als  nicht  zweckmäfsig  bezeichnet 
wird,  weil  „auf  dieser  Stromstrecke  durch  weitere  Profilbeschrän¬ 
kungen  die  Fahrwasserverhältnisse  nicht  verbessert  werden  können,“ 
so  hätte  man  wohl  erwarten  dürfen,  auch  zu  vernehmen,  worin  denn 
diese  Stromstrecke  so  sonderbar  beschaffen  sei,  dafs  ein  Mittel,  das 
überall  anderwärts  mit  Erfolg  angewendet  worden  ist  und  angewendet 
wird,  hier  ohne  Wirkung  bleiben  soll,  und  worin  die  früheren  Strom¬ 
befahrungscommissionen,  worin  ein  Gotthilf  Hageni®)  und  ein  Mann 
von  der  reichen  Erfahrung  und  dem  praktischen  Blick  wie  Nobiling, 
der  bei  beiden  Strombefahrungen  von  1861  und  1874  sich  ganz  be¬ 
sonders  eingehend  mit  der  Oberr heinfrage  befafst  hatte,  im  Irrthum 
sich  befunden  haben  sollen.  Der  seltsame  Ausspruch  der  1885er 
Commission  steht  aber  ohne  jede  Begründung  da,  und  er  ist  nur 
daraus  erklärlich,  dafs  die  Commission,  deren  Mitglieder  sämtlich 
erstmals  an  der  gemeinsamen  Strombefahrung  sich  betheiligt  haben, 
bei  knapp  zubemessener  Zeit  vom  Oberrhein  nur  die  Strecke  Maxau- 
Mannheim  in  wenigen  Stunden  durchfahren  haben,  aber  auch  daraus, 
dafs  damals  in  Elsafs,  wie  in  der  bayerischen  Eheinpfalz  die  Vor¬ 
arbeiten  für  den  Strafsburg -Ludwigshafener  Canal  und  zwar  unter 
der  Leitung  der  zur  Strombefahrung  abgeordneten  technischen  Be¬ 
amten  schon  weit  vorgeschritten  waren.  Der  Vertreter  Badens 
mochte  wohl  nicht  widersprechen,  wo  in  der  Hauptsache  der  gute 
Zustand  der  Fahrwasserverhältnisse  anerkannt  war  und  ausgesprochen 
wurde,  dafs  weitere  Opfer  für  die  in  Eede  stehende  Eheinstrecke 
nicht  erfordert  werden. 

Die  Commission  von  1885  hätte  umsomehr  Anlafs  gehabt, 
ihren  Ausspruch  mit  Gründen  zu  belegen,  als  seit  1874  auch  in  der 
Fachpresse  die  Eegulirung  des  Oberrheins  im  Sinne  der  Beurtheilitng 
der  früheren  Strombefahrungscommissionen  von  mehreren  Seiten 
empfohlen  worden  war.  Zwei  Abhandlungen  aus  jener  Zeit  sind 
besonders  beachtenswerth.  In  geistvoller  Weise  und  mit  wissen¬ 
schaftlicher  Schärfe  hat  der  verstorbene  Ober-Baurath  und  Professor 
Sternberg  gezeigt, wie  gerade  unter  Verhältnissen,  wie  sie  am 
Oberrhein  vorliegen, 

ein  Strom  mit  einem  sich  nach  der  Tiefe  zu  stark  verengenden 
Querprofil  die  Eigenschaft  besitzen  kann,  bei  allen  Wasser¬ 
ständen  und  Wassermengen  an  demselben  Punkte  eine  constante 
mittlere  Geschwindigkeit,  welche  dem  Geschiebe  an  diesem 
Punkte  entspricht,  anzunehmen.  Dieser  Strom  würde  dann 
die  Geschiebe  stetig  fortführen,  weder  Kiesbänke  absetzen, 
noch  zwischen  ihnen  den  schlängelnden  Thalweg  entwickeln. 
Das  ideale  Querprofil  desselben  bildet  eine  tiefe  schmale 
Wasserrinne,  welche  bei  niedrigstem  Wasser  bordvoll  ist;  für 
höhere  Wasserstände  wird  das  ziemlich  flach  ansteigende  Ufer 
überfluthet  und  die  Wasserfläche  nimmt  schnell  eine  gröfsere 
Breite  an,  die  beim  Hochwasser  eine  gewaltige  Ausdehnung 
gewinnt. 

Sternberg  verkennt  nicht,  dafs  ein  solches  Profil  praktisch  nicht  wohl 
genau  ausführbar  ist;  allein  er  kann  darauf  hinweisen,  dafs  die 
Profile  gut  regulirter  Flüsse,  namentlich  im  Grofsherzogthum  Baden, 
jenenMdealen  Profil  ziemlich  nahe  kommen. 

®)  Begutachtungsprotokoll  Nr.  I. 

Auch  in  der  dritten  Auflage  (1871)  seines  berühmten  Werkes, 
Handbuch  der  Wasserbaukunst,  H.  Theil,  2.  Band,  Seite  9  u.  ff, 
schildert  Hagen  die  Oberrheincorrection  als  ein  eigenthümliches  Werk, 
bei  dem  man  nur  dem  Hochwasser  ein  regelmäfsiges  Bett  angewiesen, 
von  der  Eegulirung  des  Strombettes  selbst  aber  ganz  abgesehen  habe. 
Er  beschreibt  dann  die  Windungen  des  Thalweges  und  das  Wandern 
der  Kiesbänke  und  bemerkt:  „Gewifs  würde  man  anderweitig  bei 
solchem  Zustand  des  Stromes  denselben  keineswegs  regulirt  nennen, 
vielmehr  die  Verbesserung  des  Thalweges  in  dem  für  das  Hochwasser 
bestimmten  breiten  Bette  für  nothwendig  erachten,  um  die  darin  be¬ 
findlichen  Kiesbänke  festzulegen.“ 

1^)  Ueber  Längen-  und  Querprofile  geschiebeführender  Flüsse. 
Zeitschrift  für  Bauw-esen.  Jahrgang  XXV.  Berlin  1875. 


Kommt  der  Sternbergschen  Arbeit  in  erster  Eeihe  ein  namhafter 
Werth  für  die  Theorie  zu,  so  ist  in  einem  gröfseren  Aufsatz, 
„Schiffahrt  und  Stromregulirung  des  Oberrheins“,  der 
Gegenstand  sachkundig,  insbesondere  mit  viel  praktischem  Ver- 
ständnifs  und  mit  vollkommener  Kenntnifs  der  örtlichen  Strom- 
verhältnisse  behandelt. '2)  Kurz  und  klar  wird  hier  geschildert,  wie 
die  Verhältnisse  am  Oberrhein  dazu  geführt  haben,  zunächst  ein 
einheitliches,  für  alle  Fälle  (aufser  dem  des  eigentlichen  Hoch¬ 
wassers)  genügend  breites  und  namentlich  die  Gefahr  der  Ueber- 
schwemmung  ausschliefsendes  Normalprofil  anzuwenden.  Dem  weitaus 
wichtigsten  Interesse  des  Landes,  der  Melioration  des  Ueberschwem- 
mungsgebietes,  sei  dadurch  vollkommen  und  in  sehr  vorsichtiger  Weise 
Eechnung  getragen,  und  das,  wie  der  Verfasser  glaubt,  von  der 
französischen  Verwaltung  absichtlich  vernachlässigte  Schiff'ahrts- 
interesse,  welches  ein  beträchtlich  engeres  Profil  erheischte,  in  zweite 
Linie  gestellt  worden.  Dies  habe  auch  geschehen  können,  ohne 
weiteren  Eegulirungsarbeiten  im  Interesse  der  Schiffahrt  vorzugreifen; 
es  seien  im  Gegentheil  solche  Arbeiten  durch  die  Herstellung  der 
jetzt  bestehenden  Parallelwerke  wesentlich  erleichtert  und  bis  zu  ge¬ 
wissem  Grade  vorbereitet.  Die  Thatsache  sei  viel  zu  wenig  bekannt, 
dafs  der  seitherige  Aufwand  für  die  Eheincorrection  fast  ausschliefslich, 
und  zwar  mit  bestem  Erfolge,  im  Interesse  der  Landescultur  gemacht 
worden,  und  als  unrichtig  wird  die  Ansicht  bezeichnet,  dafsf  nicht 
weiteres  für  die  Verbesserung  der  Wassei'strafse  geschehen  könne. 
ATelmehr:  „das  grofse  Correctionswerk  mufste  zunächst  aus  dem 
gröbsten  herausgearbeitet  werden;  nachdem  dies  geschehen  und  auf 
der  ganzen  Stromlänge  der  Thalweg  in  das  neue  Bett  gefafst  und 
dem  Abbruche  sowie  der  häufigen  Ueberschwemmung  der  Ufer 
wirksam  gesteuert  ist,  tritt  die  weitere  Aufgabe  gebieterisch  an  uns 
heran,  den  inneren  Ausbau  des  Strombettes  zu  unternehmen.“  Dafs 
in  dem  gleichmäfsig  (250  m)  breiten  Strombett  zwar  die  Hochwasser 
gut  abgeführt  werden,  die  Bewegung  des  Mittel-  und  Niederwassers 
aber  eine  xinregelmäfsige  (schlängelnde)  und  insbesondere  die  Wasser¬ 
tiefe  für  die  gröfsere  Schiffahrt  nach  wie  vor  eine  ungenügende  sein 
werde,  sei  von  den  mit  den  betreffenden  Studien  betrauten  fran¬ 
zösischen,  als  auch  de»  bayerischen  und  badischen  Ingenieuren 
richtig  erkannt  gewesen.  Letztere  hätten  ja  auch  schon  früher, 
unter  Mitwirkung  Tullas  für  die  bayerisch -badische  Strecke,  trotz 
des  gegenüber  der  badisch -elsässischen  Strecke  viel  geringeren  Ge¬ 
fälles  und  der  durch  mehrere  wasserreiche  Nebenflüsse  vermehrten 
Wassermenge  eine  geringere  Normalbreite  von  240  m  festgesetzt, 
während  die  ersteren,  unter  ihnen  Defontaine,  „der  schärfste  Be¬ 
obachter  und  beste  Kenner  des  Eheinstromes“,  sowie  Coumes,  der 
nachmalige  Ingenieur  en  chef  des  travaux  du  Ehin,  für  die  Ehein¬ 
strecke  Strafsburg-Lauterburg  eine  Breite  von  120  bis  140  m  als  aus¬ 
reichend  bezeichnet  haben. 

Der  Verfasser  zeigt  dann,  wie  er  sich  die  Ausbildung  einer 
Niederwasserrinne  denkt,  wie  sich  hierdurch  eine  gute  Wasserstrafse 
schaffen  liefse  und  zwar,  wie  er  glaubt,  mit  sehr  bescheidenem 
Kostenaufwand.  — 

Wahrlich,  —  der  Umstand,  dafs  die  zum  Zweck  des  Landschutzes 
unternommene  Correction  des  Oberrheins  nicht  ohne  weiteres  auch 
die  Ausbildung  eines  Fahrwassers,  wie  es  die  Grofsschiffahrt  erfordert, 
bewirkt  hat,  kann  keinen  Grund  dagegen  abgeben,  nunmehr  auch, 
wenn  anders  es  als  ein  hervorragendes  Verkehrsbedürfnifs  erachtet 
werden  sollte,  durch  weitere  Eegulirung  ein  gutes  Fahrwasser  aus¬ 
zubilden.  Nicht  anders  ist  man  an  anderen  Gewässern  verfahren: 
so  hat  man  am  Neckar  in  zwei  Durchstichen,  die  dicht  oberhalb 
Mannheim  zur  Verbesserung  der  Hochwasser-  und  Eisgangsverhältnisse 
Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  ausgeführt  worden  sind,  im  gegen¬ 
wärtigen  Jahrhundert  ein  regelmäfsiges  Niederwasserbett  als  Schiffs¬ 
weg  durch  Einschränkungswerke  hergestellt  mit  bestem  Erfolg.  Aber 
auch  die  zur  Verbesserung  der  Wasserstrafse  in  der  preufsischen 
Eheinstrecke  unternommene  planmäfsige  Eegulirung  hat  damit  be¬ 
gonnen,  dafs  man,  wo  es  nöthig  war,  die  Ufer  befestigte,  die  tiefen 
Buchten  ausbaute  und  sonst  die  Uferlinie  regelte, ’3)  bevor  mit  der 
Einschränkung  im  Strombett  selbst  vorgegangen  worden  ist.  Nicht 
selten  begegnet  man  dort  auch  älteren  Parallelwerken,  denen  zur 
weiteren  Einschränkung  neue  Buhnen  und  Grundschwellen  vorgelegt 
sind.  In  gleicher  Weise  sind  die  Eegulirungen  der  anderen  preufsi¬ 
schen  Ströme  behandelt. 


1-)  Deutsche  Bauzeitung  1878,  Nr.  16  und  18.  Der  Verfasser  ist 
nicht  genannt;  doch  ist  nicht  unbekannt  geblieben.,  dafs  die  von 
vielen  Seiten  mit  Beifall  aufgenommene  Arbeit  von  einem  Elsafs- 
Lothringenschen  Wasserbaubeamten  herrührt,  der  eine  Eeihe  von 
Jahren  hindurch  am  Oberrhein  eifrig  und  mit  gutem  Erfolg  thätig 
war,  dann  aber  unter  Beförderung  von  Strafsburg  versetzt  worden  ist. 

’3)  Ende  des  vorigen  und  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  sind 
am  Unterrhein  —  unter  ganz  ähnlichen  Verhältnissen  wie  am  Ober¬ 
rhein  —  im  Interesse  des  Landschutzes  auch  einige  grofse  Strom¬ 
krümmen  mittels  Durchstiche  beseitigt  worden. 


130 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


20.  Mürz  1800. 


Allerdings  könnte  eingewendet  werden,  dafs  dort  die  Gefälle 
und  die  Gescliiebefülirnng  meist  erheblich  geringer  seien,  als  im 
Oberrhein,  sodafs  es  sich  hier  immer  noch  um  einen  Sprung  ins 
Dunkle  handle.  Solche  Bedenken  sind  nun  aber  durch  die  Er¬ 
fahrungen  widerlegt,  die  von  der  Eegulirung  der  schiff bareii  Rhone 
neuerdings  vorliegen.  Was  dort  im  jüngsten  Jahrzehnt  geschehen 
und  erreicht  worden,  ist  für  das  hier  in  Rede  stehende  Vorgehen 
überaus  lehrreich  und  beruhigend. 

Deutsche  Bauweise  ist  es,  die  au  der  Rhone  den  zuvor  während 
einer  langen  Reihe  von  Jahren  mit  grofsen  Anstrengungen  vergeblich 
angestrebten  Erfolg  gebracht  hat.  Der  in  den  Fachkreisen  Ai^eit- 
bekannte  Ingenieur  Jarjuet^b  hat  dies  vor  dem  1889  in  Paris  ver¬ 
einigten  internationalen  Congrefs  für  die  Benutzung  der  fliefsenden 
Gewässer  in  einer  für  das  deutsche  Wasserbairwesen  wie  für  den 
Redner  gleich  ehrenvollen  Weise  dargelegt.  Sein  vorzüglicher  Vor- 
tragi^)  begann  mit  dem  Hinweis  darauf,  dafs  Frankreich  hinsichtlich 
der  Canalisirung  der  Flüsse  aufserordentliche  Leistungen  und  stolze 
Kunstbauten  aufzuweisen  habe,  dafs  hingegen  in  Deutschland  durch 
äufserlich  unscheinbare,  meist  vom  Wasser  bedeckte  Bauwerke  sehr 
bedeutende  Erfolge  in  der  Verbesserung  der  Wasserstrafsen  erzielt 
seien  und  die  freie  Flufsschift’ahrt  dort  eines  nicht  zu  bestreitenden 
Gedeihens  sich  erfreue.  An  der  Rhone  war  man  in  ähnlicher  Weise 
vorgegangen  wie  am  Oberrhein,  indem  durch  Parallel  werke,  deren 
Krone  die  gewöhnlichen  Hochwasser  noch  überragt,  der  Stromlauf 
geregelt  wurde  —  ohne  die  hier  von  vornherein  angestrebte  Ver¬ 
besserung  des  Fahrwassers  herbeizuführen.  In  den  Jahren  1879  und 

Inspecteur  general  des  ponts  et  chaussees.  Ende  1889  ge¬ 
storben. 

1’’)  De  ramelioration  des  rivieres  navigables  ä  fond  mobile.  — 
Compte-rendu  detaille  des  travaux  du  congres  international  de  l’utili- 
sation  des  eaux  fluviales.  —  Paris  1889. 


1880  bereiste  Jaquet  im  Aufträge  seiner  Regierung  die  schiffbaren 
Binnengewässer  in  Oesterreich-Ungarn  und  in  Deutschland,  und  hier 
—  am  Unterrhein,  an  der  Elbe,  Oder  und  Weichsel  —  fand  er  in 
der  Anwendung  von  versenkten  Buhnen  und  Grundschwellen  eine 
Bauweise,  die  bis  dahin  in  Frankreich  fremd  war,  und  er  erkannte, 
wie  in  der  Ausdehnung  der  Regulirung  auf  die  theilweise  Befestigung 
des  Strombettes  innerhalb  der  festen  oder  künstlich  ausgebauten  Ufer 
in  der  That  ein  wirksames  Mittel  zur  Verbesserung  der  Fahrwasser¬ 
verhältnisse  geboten  sei,  das  er  nun  in  Anpassung  an  die  Strom¬ 
verhältnisse  auch  an  der  Rhone  anzuwenden  sich  entschlofs.  Der 
Erfolg  war  der  erwünschte  und  bald  von  den  der  neuen  Bauweise 
anfänglich  wenig  vertrauenden  Schiffern  lebhaft  begrüfst.^G)  Seine 
Schilderung  des  Bauvorgehens  und  der  dabei  in  Betracht  gezogenen 
Gesichtspunkte  schliefst  Jaquet  mit  den  Worten:  „C’est  ce  que  les 
Allemands  ont  fait  avec  un  plein  succes,  et  je  puis  dire,  que  nous 
n’avons  pas  moins  bien  reussi  sur  le  Rhone.“ 

Ist  dies  an  der  Rhone  mit  ihrem  Wechsel  an  Stromschnellen 
und  tiefen  Wogen  und  ihrer  starken  Geschiebeführung  gelungen, 
so  mufs  es  am  Oberrhein  wohl  auch  gelingen;  und  die  dort  ge¬ 
wonnenen  Erfahrungen  würden  sicherlich  mit  Vortheil  hier  zu  be¬ 
nutzen  sein.  (Fortsetzung  folgt.) 


IG)  „Les  epis  noyes,“  berichtet  Jaquet,  „ont  eu  bientöt  l’appro- 
bation  des  mariniers  et  de  tous  les  hommes  qui  se  servent  de  la  voie 
fluviale  du  Rhöne.  De  vives  inquietudes  se  sont  manifestees,  il  faut 
le  reconnaitre,  lorsque  Ton  a  vu  pour  la  premiere  fois  echouer  des 
enrochemeuts  en  plein  chenal.  II  a  fallu  une  certaine  energie  de 
couviction  pour  persister,  d'autant  plus  qu’il  s’agissait  de  travaux 
qui  u’avaient  nieme  pas  encore  une  approbation  officielle.  Mais  les 
resultats  immediats  qui  ont  cte  obtenus  ont  de  suite  convaincu  les 
gens  de  riviere  et  ont  valu  ä  ce  genre  d’ouvrages  la  faveur  dont  ils 
jouissent  actuellement.“ 


Kiiiistgewerlbe"  Museum  iii  Düsseldorf. 


Die  Preisbewerbung  für  Pläne  zu  einem  Kunstgewerbe-Museum 
in  Düsseldorf  ist  in  diesen  Tagen  zur  Entscheidung  gelangt. 
Ueber  die  Programm  -  Bedingungen  finden  die  Leser  das  Wesent¬ 
liche  auf  Seite  15  und  20  dieses  Jahrganges.  In  Ei-gänzung  jener 
Mittheilungen  sei  hier  noch  angeführt,  dafs  der  Grundrifs  so  anzu¬ 
ordnen  war,  dafs  die  für  Bücherei  und  Verwaltung  erforderlichen 
Räume  auch  betreten  und  benutzt  werden  können,  ohne  den  für  Aus- 
stelhrngszwecke  bestimmten  Theil  zu  berühren.  Bei  der  Wahl  der 
Lage  der  einzelnen  Räume  sollte  thunlichst  darauf  geachtet  werden, 
dafs  möglichst  viele  Ausstellungssäle  Nordlicht  erhielten,  was  aber 
unserer  Ansicht  nach  im  vorliegenden  Falle  von  geringer  Bedeutung 
um  deswillen  sein  dürfte,  weil  die  Entfernung  der  Nordgrenze  des 
Grundstückes  von  den  Nachbarhäusern  gegenwärtig  eine  sehr  geringe 
ist  und  auch  wohl  künftig,  d.  h.  für  den  später  zu  errichtenden  Bau- 
theil,  sein  wird. 

Zum  Ablieferungstage  waren  49  mit  wenigen  Aiisnahmen 
recht  mittelmäfsige,  zum  Theil  ganz  unreife  Arbeiten  eingegangen. 
Ob  die  Ursache  dieses  verhältnifsmäfsig  ungünstigen  Ergebnisses  in 
der  überaus  kurzen  Frist  oder  aber  in  den  sehr  karg  bemessenen 
Preisen  oder  im  Zusammenwirken  beider  Umstände  zu  suchen  ist,  sei 
dahingestellt,  jedenfalls  war  die  Preisbewerbung  für  bewährtere  und 
stark  beschäftigte  Architekten  wenig  verlockend.  Um  so  erfreulicher 
ist  es,'=  dafs  wenigstens  durch  den  mit  dem  ersten  Preise  gekrönten 
Entwurf  des  Architekten  Karl  Hecker  in  Düsseldorf  eine  Grundrifs¬ 
lösung  gegeben  ist,  die  mit  geringen  Abänderungen  wohl  für  die 
Ausführung  geeignet  befunden  werden  wird,  die  übrigens  fast  genau 
einem  etwa  vor  Jahresfrist  aufgestellten  vorläufigen  Plane  des  am 
Kunstgewerbe  -  Museum  beschäftigten  Architekten  Halmhuber  ent¬ 
spricht.  In  dem  Heckerschen  Entwürfe  ist  der  ganze  Verkehr  des 
Hauses  in  einen  geräumigen,  durch  Glaswände  abgeschlossenen  Vor¬ 
raum  geleitet,  von  welchem  man  geradeaus  das  Haupttreppenhaus 
für  die  Ausstellungsräume  betritt.  Letzteres  durchquert  in  der  Mittel¬ 
achse  einen  länglichen,  überdachten  Lichthof,  von  dem  rechts  die 
Räume  für  Bücherei  und  Verwaltung  zu  erreichen  sind.  Diesen 
Lichthof  umgeben  im  zweiten  Stock  ein  geräumiger  Balkon,  im 
Erdgeschofs  und  ersten  Stockwerk  gewölbte  Hallen,  an  welche  sich 
dann  nach  aufsen  hin  die  Ausstellungssäle  und  übrigen  Räume  in 
vortrefflichem  Zusammenhang  aneinanderreihen.  Der  Leser  erkennt 
hierin  auf  den  ersten  Blick  das  musterhafte  Vorbild  Martin  Gropius’, 
wenn  auch  der  Lichthof  wegen  des  ungünstigen  Verhältnisses  von 
Länge  zu  Breite  niemals  die  Schönheit  des  Berliner  Vorbildes  er¬ 
reichen  kann.  In  eigenartiger,  wenn  auch  vielleicht  nicht  nachahmens- 
werther  Weise,  hat  der  Verfasser  die  Treppenanlage  ausgebildet. 
Offenbar  in  der  Absicht,  auch  auf  der  Treppe  einen  Zusammenflufs 
der  ankommenden  mit  den  fortgehenden  Besuchern  der  Ausstellungs¬ 
säle  zu  vermeiden,  hat  er  zwei  vollständig  von  einander  unabhängige 


Treppen  angelegt,  von  denen  die  eine  von  Süden  nach  Norden,  die 
andere  dicht  daneben  von  Norden  nach  Süden  aufsteigt.  Hierdurch 
ist  es  unvermeidlich,  dafs  man  beim  Besteigen  der  Treppe  stets  gegen 
die  Untersicht  des  daneben  liegenden  Laufes  blickt.  Abgesehen  hier¬ 
von  aber  ist  die  Grundrifsanordnuug  als  eine  überaus  klare  und 
zweckmäfsige  zu  bezeichnen.  Alle  Säle  des  zweiten  Stockwerks  sollen, 
mit  Ausnahme  der  nach  Norden  liegenden,  Oberlicht  erhalten,  eine 
Anordnung,  die  offenbar  den  Aufsenfronten  zu  Liebe  gewählt  worden 
ist,  welche  sich  in  zwei  Geschossen  in  freier  italienischer  Renaissance 
monumental  aufbauen.  Durch  diese  Oberlichter  wird  aber  wohl  ohne 
Zweifel  im  Sommer  eine  so  starke  Erwärmung  der  betreffenden  Räume 
hervorgerufen  werden,  dafs  sie  ihrem  Zwecke  schwerlich  dienen  können. 
Auch  wird  die  reiche  Architektur  mit  den  verfügbaren  Mitteln  in 
echtem  Baustoffe,  dessen  Anwendung  hier  geboten  ist,  nicht  herzu¬ 
stellen  sein.  Dies  scheint  der  Verfasser  auch  selbst  gefühlt  zu  haben, 
da  er  seinem  Entwürfe  eine  zweite  Frontenzeichnung  beigefügl  hat, 
welche  das  zweite  Stockwerk  auch  nach  ai;fsen  in  die  Erscheinung 
treten  läfst  und  in  einer  auf  niederländischen  Vorbildern  fufsenden 
Mischung  von  Werkstein-  und  Backsteinbau  gehalten  ist.  Abgesehen 
von  einzelnen  kleineren  Mängeln:  dem  wenig  entwickelten  Portalbau, 
der  nicht  günstig  wirkenden  Fensterbehandlung  und  den  winzigen 
Treppengiebeln,  wirkt  diese  Architektur  im  ganzen  gut,  namentlich 
aber  wird  sie  sich  wohl  mit  den  verfügbaren  Mitteln  herstellen  lassen. 
Ob  sie  freilich  dem  Zwecke  des  Gebäudes  angepafst  ist,  erscheint 
uns  zweifelhaft. 

Der  mit  dem  zweiten  Preise  bedachte  Entwurf  Nr.  14  der 
Architekten  und  Lehrer  an  der  Kunstgewerbeschule  in  Offenbach 
Jacob  Lieblein  und  Karl  Wiegand  mit  dem  Merkwort  „Wahr¬ 
heit  —  Klarheit“  zeigt  eine  weniger  glückliche  Grundrifslösung. 
In  der  Mittelachse  des  Gebäudes  haben  die  Verfasser  zwei  vollständig 
gleichwerthige  Haupttreppen  mit  seitlichem  Aufgang  angeordnet,  an 
welche  sich  nach  rechts  und  links  je  ein  mäfsig  grofser  offei^'  Hof 
anschliefst.  Der  Umgang  ist  nur  an  der  südlichen  Seite  dieser  Höfe, 
durchgeführt,  sodafs  die  Säle  zum  Theil  eine  übermäfsig  grofse  Tiefe 
erhalten  haben,  ein  Fehler,  der  auch  noch  in  sehr  vielen  der  übrigen 
Entwürfe  auffällt.  Die  in  italienischer  Renaissance  entworfene  Haupt¬ 
front  am  Friedrichsplatze  gliedert  sich  in  ein  Mittel-  und  zwei  Eck¬ 
risalite,  beide  mit  Pilasterstellungen  durch  zwei  Geschosse,  und  in  zwei 
Zwischenbauten.  Die  Architektur  ist  von  einer  gewissen  Nüchtern¬ 
heit  nicht  freizusprechen,  namentlich  wirken  die  beiden  Obergeschosse 
viel  zu  gleichwerthig.  —  Eine  lobende  Anerkennung  wurde  noch  dem 
Entwürfe  Nr.  1  mit  dem  Merkwort  „Benvenuto  Cellini“  zu  theil,  der 
eine  ähnliche  Grundrifsanordnung  wie  der  Heckersche,  aber  sehr  nüch¬ 
terne  Aufsen- Architektur  aufweist.  Aus  der  Reihe  der  übrigen  Entwürfe 
fiel  uns  namentlich  noch  der  mit  Nr.  44  bezeichnete  (Merkwort  „Volks¬ 
wohl“)  auf,  und  zwar  sowohl  durch  seinen  guten  Grundrifs,  in  dem  aller- 


Nr.  !3. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


131 


dings  die  Säle  auch  zu  tief  wurden,  wie  durch  seine  vornehm  monu¬ 
mentale  Aufsenfront,  die  aber  auch  mit  den  vorhandenen  Mitteln 
nicht  in  echtem  Baustoff  herzustellen  sein  wird.  Der  Verfasser  hat 
zwei  einarmige  Treppen  mit  Mittelabsatz  in  die  Längenachse  des 
länglichen  Lichthofes  rechts  und  links  frei  hineingebaut,  wodurch  der 


letztere  für  Ausstellungszwecke  allerdings  verloren  gehen  würde.  Um 
auch  zum  Schlufs  das  Komische  noch  zur  Geltung  kommen  zu  lassen, 
sei  noch  der  Entwurf  „sub  manu“  erwähnt,  der  einschliefslich  Keller¬ 
und  ausgebautem  Dachgeschofs  acht  Stockwerke  aufweist  und  mehr 
einem  grofsen  Touristen-Hotel,  denn  einem  Gewerbe-Museum  ähnelt. 

Peiffhoven. 


Neubau  des  Königlichen  Crymnasiums  in  Bonn. 


Die  zur  Zeit  vom.  Königlichen  Gymnasium  in  Bonn  benutzten, 
inmitten  der  engen  Altstadt  belegenen  Gebäude  sind  von  den  Jesuiten 
in  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  errichtet  worden. 
Nach  Aufhebung  des  Ordens  im  Jahre  1773  wurden  sie  durch  den 
Kurfürsten  von  Köln  akademischen,  später  Universitätszwecken  ge¬ 
widmet,  dann  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  während  der  französi¬ 
schen  Herrschaft  als  Secundärschule  und  Lyceum  hergerichtet,  bis 
endlich  die  preufsische  Herrschaft  den  Gebäuden  ihre  jetzige  Be¬ 
stimmung  gab.  Eine  wesentliche  Veränderung  der  alten  Baulichkeiten 
ist  in  neuerer  Zeit  nur  insofern  vorgenommen,  als  im  Jahre  1856 

auf  das  die  Mehrzahl  _ 

der  Klassenräume 
enthaltende  Haupt¬ 
gebäude  ein  zweites 
Stockwerk  aufgesetzt 
wurde.  Die  grofsen 
Mängel  der  Bauan¬ 
lage  und  deren  inne¬ 
rer  Einrichtung  in 
räumlicher  und 
gesundheitlicher 
Beziehung  ha¬ 
ben  sich  weiter¬ 
hin  bei  stets 
wachsender 
Schülerzahl 
mehr  und  mehr 
fühlbar  gemacht 
und  führten 
schliefslich  zu 

dem  jetzigen  -p  u  u  r 

Neubau  in  der  Erdgeschofs. 

Coblenzer  Stra-  I  Vorsclmle.  5  Sexta. 

.  2  Obersecuuda. 

sse,  mit  dem  im  3  Oberprima. 

November  1888  4  Unterprima, 

begonnen  worden  ist. 

Der  Bauplatz,  eine  Fläche  von  57  Ar,  liegt  durchschnittlich  16  m 
über  dem  Nullpunkte  des  Kheinpegels  und  gewährt  eine  herrliche 
Aussicht  auf  den  Strom  und  das  nahe  Siebengebirge.  Diesen  Aus¬ 
blick  möglichst  zu  erhalten,  mufste  bei  der  allgemeinen  Anordnung 
der  Baulichkeiten  —  aufser  dem  Klassengebäude  sind  eine  Turnhalle 
und  Abortgebäude  für  Schule  und  Vorschule  zu  errichten  —  eine 
wesentlich  bestimmende  Rücksicht  sein. 

Das  Klassengebäude  wird  Unterrichtsräume  für  620  Gymna¬ 
siasten  und  144  Vorschüler,  aufserdem  Wohnungen  für  den  Director 
und  den  Schuldiener  enthalten.  Zu  Zwecken  des  Unterrichts  dienen 
3  Klassenzimmer  mit  besonderem  Eingänge  für  die  Vorschule, 
16  Gymnasial-Klassen,  6  Klassen  für  Combinationen  und  für  den 
naturwissenschaftlichen  Unterricht  nebst  einem  gröfseren  Raume  für 
Apparate  und  Sammlungen,  ferner  eine  geräumige  Bibliothek,  ein 
Zeichensaal,  ein  Conferenzzimmer  und  schliefslich  die  Aula.  Die 
ziemlich  weitgehenden  räumlichen  Anforderungen  und  der  verhältnifs- 
mäfsig  geringe  Umfang  des  Bauplatzes  führten  zu  einer  dreistöckigen 
Anlage. 

Die  Verth eilung  der  Räumlichkeiten  ist  aus  den  Grundrissen  er¬ 
sichtlich.  Man  erstrebte  mit  ihr  insbesondere  eine  übersichtliche 
Gruppirung  und  reichliche  Erleuchtung  der  Klassenzimmer.  Diese 
wurden  in  einen  vorderen  und  hinteren  Langbau  vorwiegend  nach 


G  Untertertia. 

7  Combiuirte  Klasse. 

8  Scluilcüeuer. 


Ost  und  West  gelegt,  woselbst  sie  durch  eine  immerhin  mögliche 
weitere  Bebauung  der  nachbarlichen  Privatgrundstücke  in  ihrer  Er¬ 
leuchtung  nicht  geschädigt  werden  können.  Ein  die  Langbauten 
verbindender  Querflügel  konnte  sodann  zweckmäfsig  zur  Aufnahme 
der  mehr  vorübergehend  benutzten  Räumlichkeiten  verwerthet  werden. 

Das  3  m  hohe  Kellergeschofs  dient  wesentlich  zu  Zwecken  der 
Heizung  und  Lüftung;  einzelne  seiner  Räume  werden  den  Dienst¬ 
wohnungen  im  Erdgeschofs  und  ersten  Stock  zugetheilt. 

Die  architektonische  Durchbildung  des  Aeufseren  erfolgt,  an  der 
Hauptfrout  etwas  stattlicher  als  an  den  Seitenfronten,  in  einfachen 

Renaissanceformen. 
Das  Innere  wird  in 
gediegenster  Weise 
ausgebaut.  Die 

Decken  werden  sämt¬ 
lich  feuersicher  her¬ 
gestellt,  nur  die  Aula 
erhält  eine  Holzdecke 
mit  sichtbarer  Bal- 
kentheilung.  Die 
Treppen  werden 
in  Stein ,  die 
Dachbinder  in 
Eisen  construirt, 
das  Dach  wird 
mit  Holzcement 
gedeckt.  Die  Be¬ 
heizung  erfolgt 
miteisernen  Lüf- 
tungs  -  Regulir- 
füllöfen,  nur  für 
die  AulaistLuft- 
heizung  vorge¬ 
sehen.  Das  Was¬ 
ser  wird  der 

städtischen  Leitung  entnommen. 

Die  Turnhalle  wird  nordöstlich  hinter  dem  Gymnasium  in 
25  m  lichter  Länge,  12,5  m  Breite  und  8,5  m  Höhe  errichtet.  An  ihre 
Schmalseiten  werden  sich  rechts  ein  Gerätheraum  und  ein  Zimmer 
für  den  Turnlehrer,  links  die  Abortanlage  für  das  Gymnasium  an- 
schliefsen.  Das  Gebäude  erhält  die  Architektur  der  Hinterfronten 
des  Klassengebäudes.  Sein  Holzcementdach  bildet  zugleich  die  Hallen¬ 
decke,  deren  Binder  frei  sichtbare  Hängewerke  sind.  Der  Fufsboden 
wird  aus  Eichenholz  hergestellt.  Erwärmt  werden  soll  die  Plalle  durch 
zwei  gröfsere  Mantel -Regulirfüllöfen. 

An  Nebenanlagen  werden  aufser  der  Einfriedigung  des  Vor¬ 
gartens  namentlich  zwei  44  m  lange  Futtermauern  zum  Abschlufs 
der  östlichen  Grenze  des  Grundstückes  zur  Ausführung  gelangen, 
um  die  nach  der  Rheinwerft  belegenen,  9  m  hohen  Böschungen  — 
ehemalige  Weinberge  —  für  den  Turnplatz  und  den  Garten  des 
Directors  nutzbar  zu  machen. 

Die  Gesamtbaukosten  sind  auf  rund  408  000  Mark  veranschlagt. 
Für  die  Bauausführung  sind  272  Jahre  in  Aussicht  genommen.  Ihre 
Oberleitung  liegt  in  den  Händen  des  Kgl.  KreisbauinspectorsR einicke, 
dem  anfänglich  der  Kgl.  Reg. -Baumeister  Röttscher  für  die  be¬ 
sondere  Leitung  zur  Seite  stand,  während  diese  jetzt  dem  Kgl.  Reg.- 
Baumeister  Laurentius  übertragen  ist. 


II.  Stockwerk. 


1  Zeiclieusaal, 

2  Aula. 

3  Quarta. 


4  Uutersecuiida. 

5  Director- Woliuuiis 


Widerstände  der  Dampfwalzen. 


Auf  Anregung  des  Herrn  Professor  Sonne  in  Darmstadt  hatte 
der  Unterzeichnete  über  die  Widerstände  der  Dampfwalzen  bei  ihrer 
Bewegung  auf  frisch  Beschotterten  und  festgewalzten  Steinschlag¬ 
bahnen  dadurch  einige  Anhaltspunkte  zu  gewinnen  versucht,  dafs 
beim  Einwalzen  einer  1  Kilometer  langen,  80  mm  starken  Quarzit- 
Decklage  auf  einer  Strafsenstrecke  bei  Bad  Ems  unter  Leitung  des 
Herrn  Landesbauinspector  Leon  in  Montabaur  Beobachtungen  da¬ 
rüber  angestellt  wurden,  bei  welchen  Gefällverhältnissen  in  den  ver¬ 
schiedenen  Graden  der  Dichtung  dieser  Schotterlage  die  Dampfwalze 
bei  ihren  Thalfahrten  der  Bremsung  (durch  Gegendampf)  bedurfte. 
Die  erwähnte  1  km  lange  Strafsenstrecke  hat  auf  der  uirtern  350  m 


langen  Theilsti-ecke  eine  Steigung  von  öVi  pCt.,  auf  der  ebenso 
langen  mittlern  Theilstrecke  eine  solche  von  7  pCt.  und  auf  dem 
obersten  300  m  langen  Theile  eine  solche  von  9  bis  9'  2  pCt. 

Die  dabei  verwendete  Dampfwalze  ist  nach  dem  bekannten  eng¬ 
lischen  Systeme  in  der  Fabrik  von  Aveling  u.  Porter  in  Rochester 
gebaut,  hat  im  betriebsfähigen  Zustande  ein  Gewicht  von  15  000  kg, 
von  welchem  etwa  zwei  Fünftel  auf  den  beiden  cylindrischen  Vorder¬ 
walzen  und  drei  Fünftel  auf  den  beiden  Hinterwalzen  ruhen.  Da 
die  beiden  1100  mm  im  äufsern  Durchmesser  haltenden  Vorderwalzen 
zusammen  1200  mm  breit  sind,  jede  der  beiden  1670  mm  im  äufsern 
Durchmesser  haltenden  Hinterwalzen  aber  eine  Breite  von  500  mm 


132 


Centralblatt  der  Bauverwaltung.  29.  März  1890. 


hat,  so  entfällt  annähernd  auf  jedes  Centimeter  der  Breite  dieser 
letzteren  ein  Druck  von  90  kg,  während  jedes  Breiten-Centimeter  der 
V'^orderwalzen  nur  einen  Druck  von  50  kg  ausübt.  Die  Gesamt- 
Walzbreite  der  Maschine  beträgt  2100  mm,  die  Entfernung  der 
Walzenachsen  3350  mm,  die  Gesamtlänge  der  Maschine  5550  mm. 

Die  Ergebnisse  der  vorgenannten  und  einiger  schon  früher  zu 
gleichem  Zwecke  angestellten  Beobachtungen  gestatten  vorläufig  und 
bis  auf  weiteres  die  Annahme  folgender  Widerstandszitfern  der  be- 
zeichneten  Dampfwalze  auf  der  80  mm  starken  Quarzit-Decklage: 

a)  0,12  bis  0,14  auf  der  losen,  gänzlich  ungedichteten  Schotterlage; 

b)  0,090—0,095  auf  der  etwas  gedichteten  Schotterlage,  etwa  nach 
Ablauf  des  ersten  Drittels  der  ganzen  Walzzeit; 

c)  0,075 — 0,080  auf  der  mehr  gedichteten  Lage,  etwa  nach  Ablauf 
des  zweiten  Drittels  der  ganzen  Walzzeit; 

d)  0,065 — 0,070  auf  völlig  festgewalzter,  aber  noch  nicht  mit  Ab- 
glättungsmaterial  versehener  Decklage; 

e)  0,080 — 0,090  auf  völlig  festgewalzter,  aber  mit  kiesigem  und 
nicht  angenäfstem  Abglättungsmaterial  bedeckter  Decklage; 

f)  0,060—0,065  auf  völlig  festgewalzter  Decklage,  nachdem  das 
kiesige  Abglättungsmaterial  nicht  nur  eingeschlämmt,  sondern 
auch  durch  die  Dampfwalze  geglättet  worden  war. 

Um  eine  Vergleichung  dieser  Widerstandswerthe  mit  denen  der 
Frachtwagen  und  Karren  auf  Steinschlagbahnen  bei  mittleren 
Eadhöhen  von  1,26—1,40  m  der  ersteren  und  1,57 — 2,00  m  der  letz¬ 
teren  zu  ermöglichen,  mag  angeführt  werden,  dafs  Weisbach  die 


WiderstandsziÖern  dieser  Fuhrwerke  bei  IOV2  cm  Felgenbreite 
annimmt: 

1.  Bei  sehr  guten,  trockenen  und  ebenen  Steinschlagbahnen  zu 
0,017—0,020  für  Wagen  und  0,012-0,015  für  Karren; 

2.  bei  harten,  aber  mit  Geleisen  und  Koth  bedeckten  Steinschlag- 
bahnen  zu  0,039 — 0,045  für  Wagen  und  0,028 — 0,033  für  Karren; 

3.  bei  sehr  aufgerissenen,  mit  Koth  und  5  bis  8  cm  tiefen  Ge¬ 
leisen  bedeckten  Steinschlagbahnen  zu  0,059 — 0,069  für  Wagen  und 
0,042 — 0,053  für  Karren; 

4.  auf  Erddämmen  mit  einer  5  bis  6  cm  hohen  Kiesdecke  zu 
0,083  —  0,095  für  Wagen  und  0,060-0,083  für  Karren; 

5.  auf  Erddämmen  mit  einer  10  bis  12  cm  hohen  Kiesdecke  zu 
0,100—0,125  für  Wagen  und  0,069-0,091  für  Karren. 

Nach  den  Versuchen  von  Lavelard  (Seite  425  des  Jahrgangs 
1884  d.  Bl.)  beträgt  der  Zugwiderstand  auf  den  Pariser  Strafsen 
zwischen  0,013  und  0,020. 

Wenn  nun  die  diesseitigen,  ihrer  Zahl  nach  allerdings  ungenügen¬ 
den  Beobachtungen  über  Widerstandsziffern  der  Dampfwalze  mit 
denen  der  Frachtwagen  einen  zutreffenden  Vergleich  gestatten  würden, 
was  zu  behaupten  mir  fern  liegt,  so  dürfte  zu  folgern  sein: 

dafs  auf  loser,  völlig  ungedichteter  Schotterlage  die  beiden  be¬ 
züglichen  Widerstände  nahezu  einander  gleich  sind,  dafs  aber 
auf  kunstgerecht  durch  die  Dampfwalze  gedichteter  Decklage 
die  Widerstandsziffer  der  Dampfwalze  etwa  dreimal  so  grofs 
ist,  als  diejenige  eines  Frachtwagens  von  der  bezeichneten  Art. 

Wiesbaden.  Voiges. 


Vermischtes. 


Der  Bail  eines  neuen  Zellenhaiises  in  der  Strafanstalt  von 
Ravvitsch  geht  mit  Ende  dieses  Monats  nach  zweijähriger  Bauzeit 
seiner  Vollendung  entgegen.  Das  viergeschossige  Zellengebäude  ist 
für  154  Gefangene  errichtet  und  birgt  ebensoviel  Haftzellen  von  je 
rund  8  cpn  Grundfläche.  Neben  diesen  Zellen,  die  mit  ihrem  grofsen, 
in  der  ganzen  Länge  des  Gebäudes  sich  erstreckenden  Verbindungs¬ 
flure  den  Eauminhalt  des  Hauses  fast  allein  in  Anspruch  nehmen, 
befinden  sich  in  letzterem  nur  noch  im  Erdgeschosse  ein  Zimmer  für 
den  Arzt,  ein  Lager-  und  ein  Heizraum  sowie  in  jedem  Geschosse 
eine  Spül-  und  eine  Aufseherzelle.  In  Bezug  auf  die  Constructionen 
des  Gebäudes  ist  hervorzuheben,  dafs  der  Flur  und  die  Zellen  über¬ 
wölbt  sind,  während  das  Ziegeldach  auf  hölzernem  Stuhle  ruht.  Die 
Zellenthüren  und  -Fenster  sind  ebenfalls  aus  Holz  hergestellt,  die 
Eingänge  können  aufser  durch  Holzthüren  noch  durch  gitterartige 
eiserne  Thüren  geschlossen  werden.  Für  die  Flurumgänge  der  Ober¬ 
geschosse  wurden  Fufsböden  aus  ebenen,  5  cm  starken  Monierplatten 
auf  Eisenträgern  und  schmiedeeiserne  Brustgeländer  gewählt.  Die 
Fufsböden  der  Haftzellen  des  Erdgeschosses  und  der  Spülzellen 
haben  Asphaltbelag  auf  Beton,  die  der  übrigen  Zellen  Holzdielen. 
Erwärmt  werden  die  Zellen  durch  1U2  bis  159  mm  weite  geschweifste 
Eöhren,  die  durch  zwei  Wasserkessel  von  je  18  f(m  Heizfläche 
mit  Donneleyscher  Eostanlage  gespeist  werden.  Der  Flur  hat  Luft¬ 
heizung.  Zuluft  erhalten  die  Gefangenenräume  durch  Z  förmige 
Schlitze  über  den  Thüren,  ihre  Abluft  entweicht  durch  Eöhren 
in  den  Flurwänden  und  Sammelcanäle  in  Rabitzputz  auf  dem  Dach¬ 
boden  ins  Freie.  Die  Kosten  des  Gebäudes  betragen  einschliefslich 
der  vollständigen  Ausstattung  der  Flaftzellen  (jede  47  Mark)  im  ganzen 
132  000  Mark,  wobei  sich  das  Quadratmeter  bebauter  Grundfläche 
auf  rund  170  Mark,  das  Raummeter  auf  11,20  Mark  stellen,  während 
auf  den  Gefangenen  857,14  Mark  kommen.  Der  Bau  ist  unter  Ober¬ 
leitung  der  Kreisbaubeamten  —  anfangs  Kreisbauinspector  Grass- 
mann,  dann  Kreisbauinspector  Zeuner —  und  unter  der  besonderen 
Leitung  des  Eegierungs -Baumeisters  Schiele  zum  gröfsten  Theile 
durch  Sträflinge  ausgeführt  worden. 

Heinrich  Müller  f.  Am  8.  März  ist  in  Bremen  aus  der  Reihe 
der  Baukünstler  ein  Mann  geschieden,  dessen  Name  weit  über  das 
Weichbild  seiner  Vaterstadt  hinaus  einen  guten  Klang  hat,  dessen 
Tod  in  Bremen  das  Ende  eines  baugeschichtlichen  Abschnitts  be¬ 
deutet,  ja  eine  schwer  zu  ersetzende  Lücke  dem  ganzen  Gemeinwesen 
gerissen  hat. 

Am  2.  Februar  1819  in  Bremen  geboren,  erhielt  Heinrich  Müller 
eine  gediegene  Bildung  auf  dem  heimathlichen  Gymnasium  und  erwarb 
sich  von  1836  ab  während  einer  dreijährigen  Lehrzeit  bei  zwei  Maurer¬ 
meistern  seiner  Vaterstadt  die  praktischen  Kenntnisse  und  Fähigkeiten 
zur  Ausübung  seines  Architektenberufes.  Nach  handwerksmäfsiger 
Sitte  folgte  den  Lehrjahren  die  Wanderzeit,  während  welcher  er  in 
Kopenhagen,  Riga,  Beidin  und  München  künstlerischen  Studien  oblag. 
In  München  genofs  er  den  Unterricht  Bürkleins  und  stand  unter 
dem  Einflüsse  der  romanisch  -  romantischen  Bestrebungen  dieses 
Meisters.  Nach  anderthalbjährigem  Aufenthalt  in  Berlin  zog  ihn  der 
gewaltige,  durch  den  grofsen  Brand  von  1842  hervorgerufene  Bau- 
aufschwung  nach  Hamburg,  wo  er  zuerst  unter  Chateauneuf,  dann 


selbständig  baute.  Vom  Jahre  1847  ab  wirkte  er  mit  einer  einzigen 
kurzen  Unterbrechung  fortdauernd  in  seiner  Vaterstadt  Bremen,  deren 
äufserer  Erscheinung  er  durch  eine  lange  Reihe  von  Bauten  in  hervor¬ 
ragender  Weise  den  Stempel  seiner  Kunstweise  aufgedrückt  hat.  Von 
den  grofsen  Bauausführungen  dieser  40  Jahre  sind  vor  allen  die  Börse, 
das  Museum,  die  St.  Rembertikirche,  der  Saalbau  des  Künstlervereins, 
das  Gebäude  der  Loge  „Friedrich  Wilhelm  zur  Eintracht“  in  Bremen, 
auch  die  Börse  in  Königsberg,  zu  nennen.  Unter  den  nebenher  erbauten 
Privathäusern  stammt  aus  seiner  ersten  Zeit  das  dauernd  jugendfrische, 
im  romanischen  Stil  durchgeführte  Wohnhaus  des  Herrn  von  Kapff  an 
der  Börsenbrücke.  Ferner  sind  hervorzuheben  sein  Erstlingswerk  „Hill¬ 
manns  Hotel“,  die  Anlage  der  Häusergruppe  am  Rosenplatz,  die  Wohn¬ 
häuser  Melchers,  Wätjen,  Nielsen,  Schütte,  Fritze,  ein  zweites  Wohn¬ 
haus  des  Herrn  von  Kapff,  die  Häusergruppe  der  Herren  Lürmann 
und  Hachez  und  eine  zahllose  Reihe  von  Stadt-  und  Landhäusern,  auch 
von  Wettbewerbs-Entwürfen  (z.  B.  für  das  Hamburger  Naturhistorische 
Museum),  deren  Aufzählung  nicht  Zweck  dieser  Zeilen  sein  kann. 

In  allen  seinen  Werken  zeigte  Müller,  dafs  er  Meister  im  Dis- 
poniren  war,  dafs  er  jede  Aufgabe,  die  gröfste  wie  die  kleinste,  im 
springenden  Punkte  zu  fassen  verstand  und  mit  grofsem  Zuge  alles 
Nebensächliche  dem  Hauptgedanken  unterzuordnen  wufste.  Man  mag 
über  die  äufsere  Erscheinung  mancher  seiner  Werke  mit  ihm  rechten 
können,  stets  mufs  man  die  Klarheit  seiner  Grundrisse,  meistens  den 
richtigen  Griff'  der  Kunstmittel  anerkennen.  War  er  in  letzterer  Be¬ 
ziehung  manchmal  bis  zur  Grenze  der  Nüchternheit  einfach,  so  hielt 
er  sich  anderseits  stets  vollkommen  frei  von  jeglicher  Uebertreibung 
und  Scheinwirkung.  Wie  er  seine  Entwürfe  immer  „von  innen  heraus“ 
zu  arbeiten  verstand  und  die  Eaumeintheilung  und  Eaumwijkung  als 
die  Seele  der  Baukunst  erkannt  hatte,  so  zeigen  auch  seine  Werke 
stets  ein  Stück  vom  ganzen  Menschen,  von  seiner  Seele  in  ihrer 
kraftvollen  und  eigenartigen  Geschlossenheit.  Ein  bedeutender  Theil 
seiner  Erfolge  lag  in  der  ihm  von  einer  gütigen  Natur  mitgegebenen 
Macht  seiner  Persönlichkeit,  die'er  zu  allen  Zeiten  nach  seinem  starken 
Willen  wirken  zu  lassen  vermochte  und  kraft  derer  er  fast  ausnahms¬ 
los  alles  erreichte,  was  er  durchsetzen  wollte.  In  dieser  echt  sächsi¬ 
schen  Urkraft  und  mit  diesem  „furor  teutonicus“  erinnerte  er  aufs 
lebhafteste  an  jene  markvollen  Gestalten  der  Renaissance -Künstler, 
mit  denen  er  auch  noch  in  anderer  Hinsicht  grofse  Aehnlichkeit  hatte:  in 
der  Fähigkeit,  bei  festlichen  Anlässen,  in  den  Mufsestunden  überhaupt, 
des  Daseins  heitere  und  glänzende  Seiten  hell  hervortreten  zu  lassen 
und  fern  von  der  Arbeit  den  Menschen  zum  Menschen  in  Wirkung 
zu  bringen.  Für  ihn  galt  im  vollsten  Mafse  der  Spruch:  „Es  ist 
eine  Lust  zu  leben!“  Dies  hat  er  insbesondere  oft  als  Leiter  des 
Bremer  grofsen  Künstlervereins  bewiesen.  Und  dabei  bewährte  er 
sich  als  ein  echter  Freund  ebenso  im  Ernste  des  Lebens.  Wer  nur 
einmal  Gelegenheit  gehabt  hat  zu  sehen,  wie  er  sich  bei  seinen  zün¬ 
denden  Reden  begeisterte  oder  wie  er,  rasch  entschlossen,  ohne  viel 
Aufhebens  eine  gute  That  vollbringen  konnte,  der  wird  gefühlt  haben, 
dafs,  wie  der  Schwung  der  Begeisterung,  auch  der  grofse  Zug  seines 
künstlerischen  Schaffens  ihm  aus  vollem,  warmem  Herzen  flofs.  Die 
Kunst  seiner  V aterstadt  hat  in  ihm  einen  ihrer  edelsten  \  ertreter 
verloren;  alle,  die  ihn  kannten,  betrauern  den  Heimgang  einer  grofsen 
Seele  und  eines  seltenen  Charakters.  F.  W.  Rauschenberg. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWilhelm  Ernst),  Berlin.  B'iir  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druch  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


ür.  m- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung.  133 

INHALT:  Bruch  des  Walnut- Grove- Dammes  in  Nordamerica.  —  Wasserstrafse  |  Peterskirche  in  Frankfurt  a.  M.  —  Aul'serordentliche  Regenmengen  im  Jahre  1889.  — 
zwischen  Mannheim -Ludwigshafen  und  Kehl- Strafshurg,  Canal  oder  freier  Rhein?  Anlage  neuer  Eisenbahnlinien  in  Preuf.sen. 

(Fortsetzung,)  —  Vermischtes:  Preisausschreiben  für  die  neue  protestantische  | 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 

Bruch  des  Walnut- Grove -Dammes  in  Nordamerica. 


Am  22.  Februar  d.  J.  brach  der  Staudamm  des  Hassayampa- 
flusses  in  dem  nordamericanischen  Staate  Arizona,  etwa  50  km  unter¬ 
halb  Prescott,  bei  Gelegenheit  eines  Sturmes,  welcher  dem  künst¬ 
lichen  See  hinter  dem  Damme  beträchtliche  Wassermengen  zuführte. 
Nach  den  neuesten  Mittheilungen  beläuft  sich  die  Zahl  der  zu  be¬ 
klagenden  Menschenleben  auf  etwa  150,  zumeist  mexicanische  Berg- 
und  Hüttenarbeiter,  welche  sich  unterhalb  des  Dammes  im  Hassayampa- 
Thale  an  den  dort  an¬ 
gelegten  Goldwäschereien 
angesiedelt  hatten.  Ueber 
die  näheren  Ursachen  des 
Dammbruchs  ist  bislang 
nichts  thatsächliches  be¬ 
kannt  geworden. 

Der  Damm  wurde  zur 
Berieselung  der  im  unteren 
Hassayampa-Thale  bele- 
genen  Wiesen  sowie  zum 

Wasserkraftbetriebe  bei  Ausbeutung  der  dortigen 
ausgedehnten  und  reichen  Goldfelder  angelegt  und 
vor  etwa  zwei  Jahren  vollendet.  Er  gehört  zu  der 
in  den  westlichen  Staaten  Americas  als  „Dämme 
mit  Steinfüllung“  bezeichneten,  für;  bergbauliche 
Zwecke  allgemeiner  verwendeten  Klasse  derartiger 
Anlagen,  von  welcher  die  folgenden  als  die  wichtigsten  anzu¬ 
sehen  sind: 


Name 

Höhe 

in 

m 

Ki'ouen- 

länge 

m 

Oberfläche 
des  "Wasser¬ 
spiegels 
ha 

Fassuugs- 
raum  iu 
Millionen 
cbm 

Kosten 

Mark 

1.  Bowman-Damm .  .  . 

31 

129,5 

200 

261/3 

528  000 

2.  Englischer  Damm  (ge¬ 
brochen  i.  J.  1883)  . 

40 

101 

160 

181/3 

620  000 

3.  Eureka-See-Damm 

21 

? 

137 

19 

140  000 

4.  Fordyce-Damm  .  .  . 

23 

198 

486 

301/2 

? 

5.  Walnut -Grove-Damm 

33,5 

122 

365 

85 

440  000 

Aufser  den  angeführten  Dämmen  sind  noch  über  50  kleinere 
gleicher  Art  vorhanden.  Die  Dämme  sind  aus  trockenen  Steinen 
hergestellt.  Die  gröfseren  Blöcke  sind  zur  Herstellung  der  Ansichts¬ 
flächen  verwendet  und  möglichst  in  Verband  gelegt,  das  Innere  ist 
mit  kleineren  Steinen  gefüllt.  Abb.  1  u.  2  zeigen  Längen-  und  Quer¬ 
schnitt  des  Walnut-Grove-Dammes;  die  Abmessungen  sind  den  Ab¬ 
bildungen  beigeschrieben.  Zur  Herstellung  wurde  Granit  aus  den 
felsigen  Hängen  des  Thaies  verwendet;  die  Steine  wurden  mittels 
einer  Seilbahn  hinabgelassen,  und  von  einem  Baugerüste  aus  ver- 
stürzt. 

Die  Hölzer  liefs  man  später  im  Damm  stecken.  Zum  Versetzen 


der  besonders  ausgesuchten  Ansichtsteine  wurden  Handkrahne  ver¬ 
wendet,  das  Füllmaterial  blieb  im  übrigen  so,  wie  es  abgestürzt  war, 
einfach  liegen.  Nur  die  Sohle  des  Bauwerks,  in  einer  Stärke  von 
etwa  3  m,  wurde  in  Mörtel  hergestellt. 

Die  Innenseite  des  Dammes  wurde  mit  7,5  cm  starken  dop¬ 
pelten  Planken  bekleidet  (Abb.  2  u.  3);  die  untere  Lage  war  an 
wagerechten  Hölzern  von  20  X  20  cm  Querschnitt  und  0,9  m  lichtem 

Abstand  befestigt,  und 
letztere  mit  schräg  ste¬ 
henden  Rundhölzern  ver- 
kämmt  und  verbolzt.  Vor 
Aufbringen  des  oberen 
Plankenbelags  wurde  die 
untere  Bekleidung  mit 
Kalkmilch  getüncht,  so¬ 
dann  mit  3  cm  starker 
Theerpappe  überzogen. 
Die  obere  Bekleidung 
wurde  zunächst  ebenfalls  mit  Kalkmilch,  sodann 
mit  heifsem  Theer  gestrichen;  hierauf  wurde  eine 
doppelte  Lage  von  Theerpappe  aufgenagelt.  Zwei 
Entnahmeröhren  von  je  50  cm  Weite  waren  in 
einem  durch  den  Hang  geführten  Tunnel  a  verlegt 
und  auf  der  Innenseite  durch  Schützen  ge¬ 
schlossen,  welche  von  einem  gezimmerten  Schacht  S  aus  bedient 
wurden.  Ferner  war  ein  in  Mörtelmauerwerk  liegender  gezimmerter 
Ablafscanal  c  von  1,5  X  0,9  m  Querschnitt  angeordnet,  dessen  innen¬ 
seitige  Vers  chlufs  Vorrichtung  mittels  einer  bis  zur  Dammkrone 
hinaufreichenden  Stange  bewegt  werden  konnte.  Ein  8  m  weiter  und 
1,8  m  tiefer  Fluthcanal  ist  in  den  Hang  neben  der  Dammkrone  ein¬ 
gesprengt.  Der  Damm  leckte  bei  der  ersten  Aufspeicherung  des 
Wassers  beträchtlich,  wie  man  allerdings  auch  nicht  anders  erwartet 
hatte,  doch  nahm  die  Undichtigkeit  in  der  Folge  erheblich  ab. 

Da  die  verfügbare  Druckhöhe  von  etwa  300  m  weit  über  den 
Bedarf  der  unterhalb  gelegenen  Goldwäschen  hinaus  ging,  so  wurde 
später,  um  zugleich  an  Länge  der  Druckleitung  zu  sparen,  20  km 
unterhalb  noch  ein  zweiter  Damm  von  7,5  m  Höhe  und  75  m  Länge 
ausgeführt,  aus  einfachem  Holzgerüst  mit  Steinfüllung.  Von  diesem 
aus  wurde  das  Wasser  den  Verbrauchstellen  mittels  einer  10  km 
langen  hölzernen  Druckleitung  zugeführt. 

Nach  der  Herstellungsweise  will  es  schwer  werden,  Dammanlagen 
der  beschriebenen  Art  besonderes  Vertrauen  entgegenzubringen,  und 
der  traurige  Vorgang  trägt  nicht  dazu  bei,  dieses  Vertrauen  zu  be¬ 
festigen.  Ueber  die  Ursache  des  Vorfalles  sind  bis  jetzt  nur  Ver¬ 
muthungen  laut  geworden;  hiernach  würde  dieselbe  in  der  Unzuläng¬ 
lichkeit  des  Fluthablasses  anzunehmen  sein,  welche  zur  Folge  gehabt 
hätte,  dafs  das  Fluthwasser  den  Damm  überströmt  und  die  äufsere 
Steinbekleidung  fortgerissen  habe.  Km. 


Abb.  3.  Wagerechter  Schnitt  m — m. 


Die  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim -Ludwigshafen  und  Kehl -Strafshurg, 

Canal  oder  freier  Rhein? 

(Fortsetzung.) 


IV. 

Die  erste  und  wichtigste  Frage  ist  dahin  zu  richten,  ob  die 
Fahrtiefe,  wie  sie  im  Rhein  zwischen  Mannheim  und  Strafsburg  ver¬ 
langt  werden  mufs,  herzustellen  ist  durch  Ausbildung  eines  Nieder- 
wasserproflls  von  annehmbarer  Gestalt,  insbesondere  von  einer  Breite, 
die  für  den  Verkehr  von  grofsen  Rheinschiften  und  Schleppzügen 
noch  ausreicht  und  in  welchem  die  Stromgeschwindigkeit  nicht 
gröfser  wird,  als  sie  mit  den  jetzt  auf  dem  Rhein  vorhandenen 
Schleppdampfern  noch  gut  überwunden  werden  kann. 

Im  einzelnen  sind  sodann  für  die  Bedingungen,  wie  sie  für 
den  Schiffsweg  im  Oberrhein  zu  stellen  wären,  die  folgenden 
Gesichtspunkte  bestimmend : 

Auf  Grund  eines  Gutachtens  der  Strombefahrungscommission  vom 
Jahre  1861  haben  die'Uferstaaten  in  gegenseitigem  Einverständnifs 
als  Ziel  der  Regulirungsmafsnahmen  die  Herstellung  einer  Fahr¬ 
wassertiefe  bei  gemitteltem  Niederwasserstand  bezeichnet: 


unterhalb  Köln . von  3,00  m 

zwischen  Köln  und  St.  Goar  ....  von  2,50  m 
zwischen  St.  Goar  und  Mannheim  .  .  von  2,00  m 
zwischen  Mannheim  und  Strafsburg  .  von  1,50  m. 


Als  gemittelter  Niederwasserstand  ist  diejenige  Wasserhöhe  erklärt. 


welche  bei  beharrendem  Zustand  des  Rheins  vorhanden  ist,  wenn 
das  Wasser  am  Pegel  bei  Köln  auf  1,50  m  steht.  Dafs  dabei  die 
Zahl  der  Tage,  an  welchen  im  Jahresdurchschnitt  der  so  begi-ift'lich 
festgesetzte  Niederwasserstand  nicht  erreicht  ist,  stromaufwärts  von 
Köln  zunimmt,  ist  bedingt  durch  die  Wasserabnahme  des  Stromes 
vom  Unterlauf  gegen  das  höhere  Binnenland. 

Die  Commission  von  1861  ist  bei  der  Wahl  des  Vergleichswasser¬ 
standes  überhaupt  davon  ausgegangen,  dafs  eine  Abnahme  der  Schiff¬ 
barkeit  des  Stromes  gegen  den  Oberlauf  hin,  sowohl  in  Bezug  auf 
das  Mafs  der  normalen  Fahrtiefe,  als  auch  in  der  Zahl  der  Tage,  an 
welchen  dieses  Mafs  während  eines  Jahres  vorhanden  ist,  in  der  Natur 
der  Sache  begründet  sei.  Die  Wasserhöhe  nun,  welche  in  den  ver¬ 
schiedenen  Stromstrecken  unter  der  angegebenen  Voraussetzung  dem 
Wasserstand  von  1,50  m  am  Kölner  Pegel  entspricht,  ist  für  die 
wichtigsten  Hauptpegel  nach  vereinbarter  Methode  und  in  gegen¬ 
seitigem  Benehmen  der  Wasserbaubehörden  letztmals  1885  ermittelt 
und  hiernach  durch  die  Centralcommission  für  die  Rheinschiffahrt 
festgestellt  worden  —  für  die  hier  in  Betracht  kommenden  Pegel: 
Mannheim  ....  zu  3,35  m 

Speyer . zu  3,30  m 

Maxau . zu  3,20  m 

Strafsburg  ....  zu  2,30  m. 


134 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


2.  April  1890. 


Wäre  bei  solchem  Wasserstand  zwischen  Mannheim  und  Strafs¬ 
burg  die  Fahrwassertiefe  von  l,5ü  m  überall  mindestens  vorhanden, 
sicherlich  würde  die  Erbauung  eines  Seitencanals  hier  niemals  ernst¬ 
lich  in  Frage  gekommen  sein.  jBietet  ja  doch  zur  Zeit  das  Fahrwasser 
im  Gebirge,  Bingen-Caub,  kaum  diese  Tiefe,  und  auch  in  der  Rheingau¬ 
strecke  war  seither  nicht  mehr,  sehr  oft  aber  weniger  vorhanden. 
Dafs  die  vom  Niederrhein  tief  abgeladen  kommenden  Schiffe  zeitweise 
—  oft  Monate  lang  —  bei  St.  Goar  oder  bei  Caub  zum  Lichten  ge¬ 
zwungen  sind,  ist  ja  gewifs  eine  erhebliche  Belästigung  des  Verkehrs, 
deren  Beseitigung  denn  auch  lebhaft  angestrebt  wird;  sie  hat  aber 
den  Aufschwung  der  Hafenplätze  Mannheim  und  Ludwigshafen  und 
neuerdings  Frankfurt  a.  M.  nicht  verhindert.  Soll  jedoch  jetzt  ein 
Vorschlag,  den  ( )berrhein  selbst  besser  schiffbar  zu  machen,  mit  dem 
Entwurf  des  Seitencanals  Ludwigshafen- Strafsburg  hinsichtlich  der 
Leistungsfähigkeit  in  Wettbewerb  treten,  so  müfsten  an  die  Fahr¬ 
wasserverhältnisse  des  Stromes  allerdings  gröfsere  Anforderungen 
gestellt  werden,  als  es  auf  Grund  jener  Verhandlungen  bei  der 
Strombefahrung  von  1861  geschehen  ist;  nunmehr  wäre  zu  verlangen, 
dafs  der  Rhein  zwischen  Mannheim  und  Strafsburg  stets  dieselbe 
Fahrtiefe  biete,  wie  sie  für  die  Stromstrecke  Mannheim -St.  Goar  den 
Regulirungen  als  Ziel  vorgesteckt  ist,  das  ist  2  m,  und  zwar  bei  einem 
Wasserstande,  der  mindestens  vorhanden  ist,  wenn  und  so  lange  der 
gemittelte  Niederwasserstand  in  der  Strecke  Mannheim -St.  Goar  .er¬ 
reicht  oder  überstiegen  ist.  Hierfür  erhält  man,  von  dem  für  den 
Pegel  von  Mainz  bestimmten  gemittelten  Niederwasserstand  (0,70  m) 
ausgehend,  als  den  für  die  Bemessung  der  normalen  Fahrtiefe  als 
mafsgebend  zu  erachtenden  Wasserstand  am  Pegel  von 

IMannheini  ....  statt  3,35  m  nunmehr  2,90  m 

Speyer . statt  3,30  m  nunmehr  2,85  m 

Maxau . statt  3,20  m  nunmehr  3,00  in 

Strafsburg  ....  statt  2,30  m  nunmehr  2,0<)  m. 

Dieser  Wasserstand  soll,  zur  Unterscheidung  des  vereinbarten 
gemittelten  Niedrigwasserstandes“  im  folgenden  „gewöhnliches  Nieder¬ 
wasser“  genannt  sein.^^) 

Für  das  von  dem  Fahrwasser  zu  verlangende  Breiteumafs  ist 
zu  berücksichtigen,  dafs  auf  dem  Oberrhein  —  jedenfalls  von  Maxau 
aufwärts  —  auch  bei  gutem  Fahrwasser  der  kräftigen  Strömung  wegen 
Schleppzüge  von  mehr  als  drei  Anhangschiffen  nicht  Vorkommen 
werden.  Für  einen  solchen  Schleppzug  ist  eine  Fahrwasserbreite 
von  50  ra  auch  in  Krümmungen  genügend.  Die  Breite  der  Flöfse 
darf,  gemäfs  Artikel  XXI  der  Polizeiordnung  für  die  Schiffahrt  und 
Flöfserei  auf  der  Stromstrecke 

von  Kehl  bis  Steinmauern . 17  m 

von  Steinmauern  bis  Germersheiin  ....  27  m 

von  Germersheim  bis  Mannheim . 36  m 

nicht  übersteigen.  Die  Flöfse  sind  kurz  —  oberhalb  der  Murg  nur 
27  m ,  unterhalb  90  m  — ,  sodafs  für  das  Begegnen  eines  Flofses  mit 
einem  Schleppzug  ein  inäfsiger  Zuschlag  genügt.  Hiernach  ergiebt 
sich  das  Erfordernifs  für  die  Breite  des  Schiffsweges  in  runden  Zahlen 
für  die  Stromstrecke 

von  Speyer  bis  Germersheim  ....  zu  100  m 
von  Germersheim  bis  zur  Murgmündung  zu  90  m 

von  da  bis  Kehl . zu  80  m 

als  so  bemessen,  dafs  sie  auch  für  das  Begegnen  eines  Berg-  und 
eines  Thalschleppzuges  hier  ausreichen. 

Ferner  erscheint  es  für  den  Schiffahrtsbetrieb  äufserst  erwünscht, 
dafs  die  Stromgeschwindigkeit,  wenn  nicht  gemindert,  so  doch 
wenigstens  nicht  gröfser  werde  als  sie  jetzt  ist;  und  endlich  mufs 
mit  Rücksicht  auf  die  Hochwassergefahr  verlangt  wei'den,  dafs  das 
lebendige  Fluthprofil  keine  Verminderung  erfahre. 

Die  Untersuchung  nun,  ob  zwischen  Strafsburg-Kehl  und  Speyer 
durch  Regulirung  ein  Schiffsweg  sich  ausbilden  und  erhalten  liefse, 
der  diesen  Bedingungen  entspricht,  ist  nicht  ganz  leicht.  Man  sieht 
sich  hier  auf  versuchsweise  Berechnungen  und  Annäherungsverfahren 
angewiesen,  denen,  wenn  scharfe  Zahlenwerthe  erhalten  werden  sollen, 
gleichzeitig  auszuführende  geometrische  Aufnahmen  der  Stromsohle 
an  verschiedenen  Stellen  zu  Grunde  zu  legen  wären.  Um  indes  doch 
im  allgemeinen  ein  Urtheil  über  die  gestellte  Frage  zu  erhalten,  ist 
eine  solche  Untersuchung  an  vorhandenen  typischen  Stromprofil¬ 
zeichnungen  versuchsweise  angestellt  worden.  Die  umständlichen 
Berechnungen  wiederzugeben,  ist  hier  nicht  die  richtige  Stelle;  es 
mufs  dies,  sofern  der  Gegenstand  weiter  verfolgt  werden  sollte,  einer 
späteren  Darlegung  Vorbehalten  bleiben;  der  Gedankengang  und  die 
Ergebnisse  sollen  aber  nachstehend  mitgetheilt  werden. 

Es  sind  drei  Profile  (vgl.  die  Abb.  I  bis  III)  untersucht  worden: 


i‘)  Dafs  die  Unterschiede  beider  Bestimmungen  ungleich  sind, 
erklärt  sich  im  wesentlichen  daraus,  dafs  jetzt  ein  neues  Element  — 
die  Häufigkeit  —  in  die  Ermittlung  eingetührt  ist. 


I  nahe  unterhalb  Maxau, 

II  bei  Wintersdorf  —  das  ist  oberhalb  der  Mündungen  der 
Lauter  und  der  Murg  und  unterhalb  der  Renchmündung, 

III  bei  Diersheim  zwischen  den  Mündungen  der  111  und  der 
Kinzig. 

Die  secundlichen  Durchflufsmengen  bei  „gewöhnlichem  Nieder¬ 
wasser“  wurden  rechnerisch  gefunden 

für  die  Profile:  I  II  HI 

zu:  6201*)  590  500  cbm. 

Wäre  die  Stromsohle  eben  und  fest,  so  würden  —  dies  war  das 
erste,  zur  Fortsetzung  der  Untersuchung  ermuthigende  Ergebnifs  — 
die  genannten  Wassermengen  ausreichen,  um  bei  dem  gewöhnlichen 
Niederwasserstand  eine  Wassertiefe  in  dem  Profil: 

I  II  HI 

von  2,30  m  2  m  1,95  m 

in  der  ganzen  Breite  zu  erhalten,  also  selbst  unweit  Kehl-Strafsburg 
noch  nahezu  das  verlangte  Mafs. 

Jene  Voraussetzung  trifft  nun  aber  keineswegs  zu.  Die  Sohle  ist 
in  hohem  Grade  beweglich  und  deshalb  unregelmäfsig  gestaltet;  eine 
Einschränkung  der  Breite,  und  wäre  es  nur  dui-ch  Befestigung  der 
Sohle  in  einem  Theil  des  Profils,  wird  daher  jedenfalls  nothwendig, 
um  jene  Unregelmäfsigkeit  der  Sohlengestaltung  aufzuheben  und  um 
ein  Gleichgewicht  zwischen  der  Stromkraft  und  den  von  dieser  zu 
überwindenden  Widerständen  herzustellen.  Diesem  Gleichgewichts¬ 
zustand  müssen  gewdsse  Beziehungen  zwischen  den  Abflufsgröfsen  — 
Fläche  und  Form  des  Durchflufsprofils,  Beschaffenheit  des  Bettes 
und  Gefälle  —  entsprechen.!®)  Es  ward  nun  untersucht,  wie  diese 
Beziehungen  in  der  jetzigen  Thalwegrinne  verschiedener  Strecken 
des  Oberrheins  gestaltet  sind;  und  da  diese  Thalwegrinne,  wenn  sie 
auch  unregelmäfsig  im  Längenprofil  und  ihre  Lage  veränderlich, 
doch  die  wichtigste  Bedingung  erfüllt,  dafs  sie  sich  stets  offen  erhält, 
so  wurde  durch  versuchsweise  Einführung  von  regelmäfsig  gestalteten 
Profilen  in  der  Form,  wie  sie  bei  Flufsregulirungen  unter  ähnlichen 
Verhältnissen  angewendet  worden  ist,  rechnerisch  ermittelt,  welche 
Breite  und  Wassertiefe  erhalten  werden,  wenn  das  Profil  bei  der 
gegebenen  Wassermenge  und  dem  gegebenen  Gefälle  die  gleichen 
Beziehungen  zwischen  den  Abflufsgröfsen  aufweist,  wie  die  jetzige 
Thalwegrinne  an  der  betreffenden  Stelle. 

Das  Ergebnifs  dieser  Untersuchung  sind  die  in  den  Abbildungen 
gestrichelt  angegebenen  Regulirungsprofile.  Die  Sohlenbreite  ist 
für  das  Profil  I  zu  130  m ,  für  das  Profil  HI  zu  90  m  gefunden  und 
angenommen,  dafs  dazwischen  ein  dem  Wachsen  des  Gefälles  und 
der  abnehmenden  Wassermenge  entsprechender  Uebergang  stattfinde; 
ebenso  würde  nach  abwärts  eine  Vergröfserung  der  Breite  einzutreten 
haben.  Dabei  haben  sich  Wassertiefen  von  etwas  über  3  m  ergeben, 
sodafs,  wenn  auch  die  Sohle  sich  nicht  vollkommen  regelmäfsig  ge¬ 
stalten  sollte,  doch  als  Mindestmafs  die  Tiefe  von  2  m  überall  zu 
erreichen  sein  wird. 

Die  Rechnung,  wenn  auch,  zumal  in  den  Zahlen- 
werthen,  nicht  durchweg  sicher,  zeigt  jedenfalls  so  viel, 
dafs  die  Herstellung  der  zu  verlangenden  Tiefe  und  Breite 
der  Fahrwasserrinne  mit  der  Natur  der  Stromwasserver¬ 
hältnisse  nicht  unvereinbar  wäre. 

Wie  die  Fahrrinne  im  Grundrifs  zu  gestalten  sein  würde, 
ob  sie  in  die  Mitte  des  Strombettes  oder  an  das  eine  Ufer  zu  legen 
wäre,  ist  eine  Frage  untergeordneter  Bedeutung;  voraussichtlich 
würde  weder  die  eine,  noch  die  andere  Anordnung  in  der  ganzen 
Stromstrecke  durchzuführen  sein.  Die  Krümmungen  des  Stromlaufes, 
die  Einmündungen  der  Seitengewässer,  die  Schiffbrücken,  anzulegende 
Landungsplätze  u.  dgl.  m.  würden  Anlafs  geben,  den  Schiffsweg  hier 
dem  rechten,  dort  dem  linken  Ufer  zu  nähern,  wie  dies  in  dem  hier 
beigefügten  Plane  (Lauf  des  Rheinstroms  bei  Greffern)  beispielsweise 
angedeutet  ist.  Jedenfalls  hätte  die  Rinne  gestreckte  Richtung  zu  er¬ 
halten  und  der  Uebergang  vom  einen  zum  andern  Ufer  stets  in 
sanfter  Biegung  zu  geschehen.  Dabei  würde  durch  einige  Ein¬ 
schmälerung  in  den  Uebergangsstrecken  und  Erweiterung  im  Scheitel 
der  Krümmungen  sowie  durch  Anwendung  von  Grundschwellen  dem 
Entstehen  seichter  Schwellen  und  tiefer  Kolke  vorzubeugen  sein. 

In  solchem  Rinnsal  wären  die  Ursachen  nicht  mehr  vorhanden, 
welche  in  der  gegenwärtigen,  stets  wechselnden  und  in  scharfer 
Krümmung  vom  einen  zum  andern  Ufer  fallenden  Thalwegrinne  die 


1*)  Die  Vergleichung  dieser  Zahl  mit  dem  Ergebnifs  der  von 
Grebenau  bei  Sondernheim  ausgeführten  Messungen  läfst  erkennen, 
dafs  die  hier  durch  Rechnung  ermittelten  Wassermengen  eher  zu 
klein  als  zu  grofs  sind. 

1®)  Diese  Beziehungen  sind  ausgedrückt  in  dem  Verhältnifs 

—  =  diauHschm  Radi^^  ermittelt  worden,  mit  der  Schiff- 

rGitltlVBS  CTCfällB 

barkeit  des  Flusses  wächst,  oder  doch  in  den  schiffbaren  Strom¬ 
strecken  nicht  unter  einer  gewissen  Gröfse  bleibt. 


Är.  I3A- 


Centralblatt  der  Bauverwaltuag. 


135 


überaus  unregelmäfsige  Gestaltung  des  Längenprofils  der  Sohle 
—  tiefe  Kolke  und  hohe  Furten  —  bewirken.  Daraus  folgt,  dafs  die 
Schiffahrt  in  der  regulirten  Rinne  die  heftige  Strömung  nicht  antreffen 
würde,  wie  sie  jetzt  in  den  engen  Kolken  und  über  den  seichten, 
vom  Wasser  überstürzten  Schwellen  vorhanden  ist,  gefolgt  zudem 
von  wirbelnden  Bewegungen,  dem  sogenannten  „falschen  Wasser“. 
Die  mittlere  Stromgeschwindigkeit  bei  Niederwasser  ergiebt 
sich  aus  der  Berechnung,  wie  nach  dem  obigen  leicht  erklärlich,  für 
die  jetzige  und  für  die  regulirte  Rinne  ungefähr  gleich;  bei  höheren 
Wasserständen  aber  in  dem  regulirten  Profil  kleiner  als  in  dem 
jetzigen  mit  seinen  gröfseren  Tiefen  entlang  der  beiden  Ufer. 

Dafs  endlich  die  Aufnahmefähigkeit  des  Stromprofils  bei 
Hochwasser  durch  die  Regulirung  nicht  beeinträchtigt  würde,  zeigt 
schon  ein  Blick  auf  die  nachstehenden  Profilzeichnungen,  wobei  noch 
zu  beachten,  dafs  die  hier  eingezeichnete  Einschränkung  weiter  geht, 
als  das  Bedürfnifs  durch  die  Berechnung  nachgewiesen  ist.  Und  wenn 
man  weiter  berücksichtigt,  dafs  die  jetzt  vorhandenen  tiefen  Kolke  in 


entscheidender  Bedeutung,  voraussichtlich  nicht  einmal  hinsichtlich 
der  Baukosten. 

Wie  hoch  sich  der  Kostenaufwand  für  das  hier  besprochene 
Regulirungsunternehmen  stellen  würde,  wäre  selbstredend  ebenfalls 
nur  auf  Grund  eines  vollständigen  Entwurfes  mit  Sicherheit  zu  be¬ 
rechnen.  Nach  einer  überschläglichen  Schätzung  jedoch  dürfte  unter 
der  Annahme  eines  gemischten  Systems  —  flachabfallende  Buhnen, 
Grundschwellen,  Leitwerke  in  den  Hohlen  — ,  und  wenn  auch  noch 
erhebliche  Beträge  für  Einlenkungsbauten  und  für  nachhülfsweise 
Baggerungen  berücksichtigt  werden,  der  Aufwand  für  die  Durch¬ 
führung  des  Unternehmens  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  sich  zwischen 
12  und  15  Millionen  Mark  bewegen. 

Dabei  würde  sich  aber  auch  ein  Minderaufwand  für  den  Ausbau 
der  Rheincorrection  selbst  ergeben;  denn  durch  die  neuen  Regulirungs¬ 
werke  an  sich  und  als  Folge  der  Ausgleichung  des  Längenprofils 
würden  die  Uferbauten  nicht  mehr  jenen  scharfen  Stromanfällen  und 
Unterkolkungen  ausgesetzt  sein,  wie  sie  jetzt  deren  solide  Befestigung 


dem  lebendigen  Hochfluthprofil  nicht  zur  Geltung  kommen,  so  läfst 
sich  denken,  dafs  durch  die  regelmäfsige  Gestaltung  des  inneren 
Profils  die  regelmäfsige  Abströmung  des  Hochwassers  geradezu  be¬ 
fördert  würde.  Im  Grunde  genommen  bedeutet  ja  auch  die  hier  in 
Frage  kommende  Regulirung  keine  Verengung  des  Stromprofils;  die 
Eins  ehr  änkungs  werke  würden  fast  durchweg  unter  der  Höhe  der 
jetzigen  Kiesbänke  bleiben  können.  Nur  die  ungünstige  Richtung 
des  gegenwärtigen  Thalweges  mufs  davon  abhalten,  die  Schiffahrts¬ 
rinne  einfach  durch  Festlegen  dieser  Kiesbänke  auszubilden,  wie 
dies  wiederholt  vorgeschlagen  worden.^®)  Wird  aber  diese  Rinne  in 
gestreckter  Richtung  geschaffen,  so  werden  die  Kiesbänke  als  solche 
verschwinden  und  die  abgetriebenen  Geröllmassen  zwischen  dem 
Niederwasserbett  und  dem  Ufer  sich  als  niedrige  Verlandungen  an- 
legen. 

Welches  Bausystem  zur  Ausbildung  des  Niederwasserbettes, 
ob  vorwiegend  Quer-  oder  Längsbauten  und  in  welchem  Umfang 
versenkte  Buhnen  und  Grundschwellen  anzuwenden  sein  würden, 
mufs  der  Ausarbeitung  eines  ins  einzelne  gehenden  Entwurfes  Vor¬ 
behalten  bleiben^i).  Die  Wahl  des  Bausystems  ist  keine  Frage  von 

Auch  bei  Franzius  und  Sonne,  Handbuch  der  Ingenieurwissen¬ 
schaft.  III.  Band.  Seite  149. 

21)  Die  Einzeichnung  in  dem  beigefügten  Plan  soll  nichts  mehr 
sein  als  eine  bildliche  Andeutung.  Höchst  wahrscheinlich  würden 
die  Einschränkungswerke  nicht  in  dem  angedeuteten  Umfang  nöthig 
werden.  Wesentlich  scheint  die  Durchbauung  der  gröfseren  Tiefen 
mittels  Grundschwellen  und  versenkter  Buhnen.  Ob  die  letzteren 
auch,  wie  nach  den  Erfahrungen  an  der  Rhone  wohl  anzunehmen, 
genügten,  um  eine  Verflachung  der  Uferfüfse,  deren  steile  Neigung 
jetzt  augenscheinlich  ungünstig  auf  die  Stromsohle  wirkt,  herbeizu¬ 
führen,  wäre  zu  erproben,  wie  es  sich  denn  überhaupt  empfehlen  würde, 
im  Wege  des  Versuchs  —  auf  eine  nicht  zu  kleine  Stromstrecke  aus¬ 
gedehnt  —  vorzugehen,  bevor  über  das  Bausystem  entschieden  wird. 


und  insbesondere  kräftige  Deckung  durch  Steinvorlagen  überall  bis 
auf  die  gröfste  Thalwegtiefe  nothwendig  machen.  In  der  erwähnten 
Abhandlung  in  der  Deutschen  Bauzeitung  von  1878  ist  sogar  die 
Herstellung  eines  Niederwasserprofils  im  Oberrhein  empfohlen  als 
eine  Mafsregel,  die  „aus  technischen  und  ökonomischen  Gründen 
selbst  noch  für  den  Fall  durchgeführt  werden  mufs,  dafs  der  pro- 
jectirte  Ludwigshafener  Canal  thatsächlich  zustande  komme“.  Die 
Gesamtkosten  eines  (unsymmetrischen)  Niederwasserprofils  im  Rhein 
von  Strafsburg  bis  Lauterburg  (57  km)  sind  dort  zu  4  350  000  Mark, 
die  Ersparnifs  an  der  weiteren  Befestigung  der  Ufer¬ 
bauten  zu .  2  850  000  Mark 

angegeben,  sodafs  für  die  Schaffung  des  Niederwasser¬ 
profils  nur .  1  500  000  Mark 

aufzubringen  gewesen  wären.  So  günstig  stellt  sich  die  Rechnung 
allerdings  hier  nicht.  Immerhin  kann  die  Ersparnifs,  welche  an 
dem  Ausbau  der  Uferwerke  sich  ergeben  würde,  von  Anfang  der 
1890er  Jahre  ab  für  die  beiden  Ufer  von  Strafsburg  bis  Speyer  zu 
wenigstens  2  Millionen  Mark  geschätzt  werden. 

Aehnliche  Erwägungen  lassen  auch  annehmen,  dafs  für  die  In¬ 
standhaltung  der  vollständigen  Regulirung  der  Aufwand  nicht 
oder  doch  nicht  wesentlich  höher  würde,  als  für  die  Erhaltung  der 
Corrections-  und  Uferwerke  im  gegenwärtigen  Zustand,  —  abgesehen 
allerdings  von  den  Kosten  für  Baggerungen,  wie  sie  zur  Ofl’enhaltung 
der  vollen  Fahrtiefe  in  dem  neuen  Schifi’sweg  noch  hin  und  wieder 
nothwendig  werden  könnten. 

Dafs  die  letztgedachten. Kosten  einen  hohen  Betrag  erreichten, 
ist  indes  nicht  wahrscheinlich,  wie  auch  die  Besorgnifs,  dafs  das 
Niederwasserprofil  sich  zeitweise  völlig  verschütten  und  wohl  auch 
der  Strom  eine  neue  Rinne  durch  die  Regulirungswerke  durch¬ 
brechen  würde,  zum  mindesten  als  stark  übertrieben  zu  bezeichnen 
ist.  Die  Reguliruiigs werke  hätten  bei  Hochwasser  nicht  mehr. 


136 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


2.  Äpiil  1890. 


j<a  weniger  Stromangriff  auszuhalten,  als  jetzt  viele  Stellen  der 
Uferwerke  und  die  vom  Wasser  überstürzten  sogenannten  Tief¬ 
bauten  in  den  Verlandungsöffnungeu.  Dafs  bei  noch  stärkerem  Gefälle 
und  stärkerer  Geschiebebewegung,  als  sie  dem  Oberrhein  zwischen 
Strafsburg  und  Speyer  eigen  sind,  Einschränkungswerke  haltbar  her¬ 
zustellen  sind,  beweisen  die  Correctionswerke  am  Ehein  zwischen 
Basel  und  Strafsburg,  wie  oberhalb  des  Bodensees,  die  Regulirungs¬ 
werke  in  der  Gebirgsstrecke  zwischen  Bingen  und  St.  Goar,  in  der 
Donau  oberhalb  Wien,  in  der  Rhone  im  Canton  Wallis,  wie  ins¬ 
besondere  auch  in  Frankreich--)  und  noch  in  vielen  Gebirgsflüssen. 

Selbstverständlich  wären  auch  am  Oberrhein  die  Regulirungs¬ 
werke  so  anzulegen,  dafs  die  Geschiebe  zwischen  und  hinter 
dieselben  eintreten  und  hier  zur  Ruhe  gelangen  können.  Bei  Hoch¬ 
wasser  allerdings  würde,  wie  es  zur  Zeit  der  Fall  ist,  eine  Geschiebe¬ 
bewegung  in  der  ganzen  Breite  des  Strombettes,  auch  über  die 
niedrigen  Regulirungswerke  weg  stattffndeu,  beim  Zurückgehen  des 
Wassers  aber  der  Stromstrich  sich  doch  wieder  in  die  Niederwasser¬ 
rinne  legen  und  diese  ausspülen,  sodafs  bis  zum  Eintreten  niedrigeren 
Wasserstandes  die  frühere  Tiefe  sich  -wieder  eingestellt  hat  — 
ähnlich,  wie  dies  jetzt  mit  der  Thalwegiänne  geschieht.  Nur  bei 
ungewöhnlich  raschem  Zurückgehen  einer  Fluthwelle  würde  es  wohl 
Vorkommen,  dafs  hier  und  dort  die  Ausspülung  der  Rinne  mit  dem 
Sinken  des  Wasserspiegels  nicht  gleichen  Schritt  hält,  und  dann 
würde,  wenn  die  Schiffahrt  auch  nicht  vorübergehend  behindert  sein 
soll,  Baggerung  nöthig  werden.  Um  ungeheure  Kiesmengen  würde 
es  sich  dabei  jedoch  schwerlich  handeln.  Die  Geschiebeführung  des 
Oberrheins  wird  oft  überschätzt,  indem  nicht  bedacht  wird,  dafs  die 
meisten  und  alle  die  gröfseren  Gewässer,  die  sich  zum  deutschen 
Oberrhein  vereinigen,  ganz  geschiebefrei  den  Läuterungsbecken  der 
Alpenrandseen  entfliefsen  und  auch  die  Zuflüsse  aus  dem  Schwarz- 
Avald  und  aus  den  Vogesen  theils  gar  kein,  theils  nur  sehr  wenig 
Geschiebe  an  den  Rhein  liefern.  Immerhin  findet  aber  in  dem  Vor¬ 
rücken  der  Kiesbänke  des  Oberrheins  eine  ansehnliche  Geschiebe¬ 
bewegung  statt,  verursacht  durch  die  Erosionsvorgänge  im  Strombett 
selbst,  —  nach  sicheren  Wahrnehmxuigen  in  der  allmählichen  Ab¬ 
schwächung  begriffen.  Nach  ungefähren  Ermittlungen  ist  die  Ge¬ 
schiebemasse,  die  der  Rhein  in  der  Strecke  zwischen  Strafsburg  und 
Maxau  im  Laufe  eines  Jahres  durch  einen  Querschnitt  zur  Zeit  noch 
bewegt,  durchschnittlich  auf  ungefähr  120  000  cbm  anzuschlagen. 
Selbst  wenn  diese  ganze  Masse  vom  Eintritt  in  die  regulirt  gedachte 
Stromstrecke  künstlich  abgehalten  werden  wollte,  so  wären  für 
Baggerungen  oberhalb  Kehl  jährlich  höchstens  70  000  Mark  auf¬ 
zuwenden.  Die  Folge  wäre  aber,  wenn  so  dem  Strom  von  Kehl 
abwärts  die  Arbeit  der  Fortbewegung  der  Geschiebe  ganz  oder 
gröfstentheils  abgenommen  würde,  eine  Eintiefung  der  Niederwasser¬ 
rinne  in  keineswegs  mehr  willkommenem  Mafse ;  denn  der  Strom 
würde  jetzt  diese  Rinne  weiter  ausspülen.  Die  Baggerungen  werden 
also  nur  dort  eintreten  müssen,  wo  etwa  ein  kräftiger  Geröllschub 
nach  Hochwasser  stehen  geblieben  ist.  Da  dies  aber  in  ungünstigem 
Falle  auch  an  mehreren’  Stellen  verkommen  könnte,  so  würde  es 

22)  Jaquet  berichtet  hierüber  in  dem  gedachten  Vortrag:  „Depuis 
que  les  digues  longitudinales  du  Rhone  ont  ete  abaissees  et  que  l’on 
a  construit  tout  un  Systeme  de  digues  transversales  de  rattachement 
aux  rives,  d’epis  noyes  et  de  seuils  de  fond,  le  Rhone  a  eu  plusieurs 
grandes  crues,  uotamment  celles  de  1882  et  1886,  et  recemment  celle 
de  novembre  1888.  Nulle  part  on  n’a  constate  d’avaries  serieuses 
aux  nouveaux  ouvrages  de  navigation.“ 


der  Vorsicht  entsprechen,  für  die  Off'enhaltung  der  Fahrrinne  mittels 
Baggerung  doch  einen  namhaften  jährlichen  Kostenaufwand,  bis  zu 
100  000  Mark,  als  möglicherweise  nothwendig  anzunehmen. 

Eine  solch  beträchtliche,  jährlich  wiederkehrende  Aufwendung 
für  die  nächste  Zxxkunft  vorzusehen,  wäre  namentlich  auch  deshalb 
gerechtfertigt,  weil  mit  der  Herstellung  eines  Niederwasserbettes  als 
Schiffahrtsrinne  die  Belassung  der  hauptsächlich  auf  dem  badischen 
Ufer  noch  in  ziemlich  grofser  Zahl  vorhandenen  Lücken  in  den 
Correctionswerken  xmverträglich  wäre.  Besteht  der  Zweck  dieser 
Lücken  ja  doch  darin,  dafs  den  in  der  Stromsohle  sich  bewegenden 
Geschieben  Gelegenheit  gegeben  ist,  in  die  Altrheine  einzutreten, 
und  die  vortheilhafte  Wirkung  dieses  Verfahrens  äufsert  sich  sowohl 
in  der  Entlastung  des  Stromes  von  Geschieben,  als  auch  in  der 
Verlandung  der  abgeschnittenen  Stromarme.  Wenn  nun  aber  auch 
auf  dem  rechtsseitigen  Ufer  diese  Verlandungsöffnungen  durch  niedrige 
Werke  —  immerhin  etwas  weniges  höher  als  das  „gewöhnliche  Nieder¬ 
wasser“  —  abgebaut  werden  müfsten,  so  würde  hier  nur  geschehen, 
was  auf  dem  linken  Ufer  in  bayerischem  Gebiet  seit  lange  schon, 
in  elsässischem  Gebiet  während  der  1870er  Jahre  ausgeführt  und 
wiederholt  von  den  Strombefahrungscommissionen,  1874  besonders 
nachdrücklich  von  dem  Elsafs-Lothringenschen  Vertreter,  im  Inter¬ 
esse  der  Schiffahrt  als  nothwendig  bezeichnet  worden  ist.  Bayerischer- 
und  elsässischerseits  ist  für  das  von  dem  badischen  abweichende 
Bausystem  stets  auf  die  Thatsache  hingewiesen  worden,  dafs  durch 
die  wenigstens  bis  annähernd  auf  Mittelwasserlinie  ununterbrochene 
Uferlinie  die  regelmäfsige  Ausbildung  des  Strombettes  wesentlich  ge¬ 
fördert  werde  und  die  Verlandung  gleichwohl  ihren  Fortgang  nehme, 
ja,  dafs  selbst  grober  Kies  über  die  nicht  zu  hoch  gehaltenen  Ab- 
schlufswerke  gegen  die  Altrheine  einlaufe.  Beides  ist  nicht  zu  be¬ 
streiten;  zweifellos  ist  aber,  dafs  bei  diesem  System  die  Verlandung 
der  Altrheine  langsamer  fortschreitet.  Die  Verzögerung  dieser  Ver¬ 
landungen  erscheint  denn  auch  als  ein  Nachtheil,  dem  bei  etwaiger 
Ausführung  des  hier  besprochenen  Regulirungswerkes  kaum  aus¬ 
zuweichen  sein  würde.  Allein  gerade  in  der  Stromstrecke  Kehl- 
Speyer  hat  man  fast  durchweg  die  ältesten  Theile  der  oberrheinischen 
Correction  vor  sich;  die  Altrheine  sind  gröfstentheils  schon  verlandet 
oder  doch  an  ihrer  Einmündung  vom  Rhein  her  meist  so  hoch  ver¬ 
schüttet,  dafs  die  weitere  Verlandung  hauptsächlich  nur  durch  Ab¬ 
lagerung  feinerer  Sinkstoff’e  stattfindet,  und  diese  würde  durch  die 
besprochene  Eegulirung  auch  für  die  Folge  nicht  gehindert.  Seit 
bei  den  Verhandlungen  der  Strombefahrungscommission  von  1874 
mit  Rücksicht  auf  den  Verlandungsvorgang  die  Ausbildung  einer 
Niederwasserfahrrinne  im  Oberrhein  noch  als  verfrüht  bezeichnet 
worden  ist,  sind  unter  der  Wirkung  der  wiederholten  Hochwasser 
die  Vei'landungen  mächtig  gefördert,  und  zahlreiche  Lücken  in  den 
Uferwerken  konnten  seitdem  geschlossen  werden;  indes  sind  die 
Verlandungen  allerdings  noch  nicht  soweit  gediehen,  dafs  es  an  sich 
zweckmäfsig  erschiene,  jene  Oeflnungen  in  den  Uferbauten  jetzt  schon 
sämtlich  zu  schliefsen.  Sollte  dies  aber  zu  Gunsten  des  Wasser¬ 
verkehrs  nun  doch  schon  bald  geschehen  müssen,  so  wäre  der  Schaden 
nicht  allzu  grofs,  zumal  während  der  Ausführung  der  Regulirung  in 
vielen  Fällen  die  günstigste  Gelegenheit  geboten  wäre,  durch  ent¬ 
sprechende  Bauanordnung  noch  recht  beträchtliche  Mengen  schwererer 
Geschiebe  in  die  Altwasser  einzuweisen.  Auch  würde,  wenn  der 
Verkehr  auf  dem  Oberrhein  sich  belebte,  manchenorts  die  Verlandung 
sogar  zu  verhindern  sein,  um  die  Altrheine  als  Häfen  und  als  Zu¬ 
fahrten  zu  den  Ortschaften  offen  zu  halten.  (Schlufs  folgt.) 


Vermischtes, 


Ueher  das  auf  Seite  120  <1.  J.  kurz  erwähnte  Preisausschreiheu 
für  die  neue  protestantische  Peterskirche  in  Frankfurt  a.  M. 
theilen  wir  noch  mit,  dafs  die  Kirche  etwa  1000  Sitzplätze  erhalten 
soll,  von  denen  300  auf  Emporen  angeordnet  werden  dürfen.  Auf 
eine  geräumige  Sacristei,  die  gleichzeitig  zur  Benutzung  für  minder¬ 
besuchte  Betstunden,  Trauungen  usw.  geeignet  sein  soll,  wird  Werth 
gelegt.  Stil  und  Bauart  der  Kirche  werden  freigegeben,  die  Bau¬ 
summe  soll  den  Betrag  von  300  000  Mark  nicht  überschreiten.  Das 
Preisgericht  besteht  aus  den  Herren  Hofbaudirector  v.  Egle- Stuttgart, 
Geh.  Regierungsrath  Prof.  Rasch dorff-Berlin,  Architekt  Wiethase- 
Köln  sowie  aus  dem  Stadtbaurath  Behnke  in  Frankfurt  a.  M.  und 
dem  Pfarrer  der  Kirche.  Der  erste  Preis  beträgt  4000,  der  zweite  2000 
und  der  dritte  1000  Mark.  Nach  erfolgtem  Urtheilspruche  des  Preis¬ 
gerichts  werden  die  Entwürfe  14  Tage  lang  öffentlich  ausgestellt. 

Aufserordeutliche  Regenmengen  im  Jahre  18811 ,  die  in  ver¬ 
schiedenen  Ländern  der  Erde  beobachtet  worden  sind  und  deren 
Kenntnifs  für  die  Wasserbaukunst  von  hervorragender  Bedeutung 
ist,  sind  im  Decemberheft  des  Jahrgangs  1889  der  Meteorologischen 
Zeitschrift  zusammengestellt.  Danach  fielen  in  Norddeutschland  bei 
dem  Gewitter  vom  15.  Mai  1889  im  Kreise  Oschersleben  in  1^/4  Stunden 
75  mm,  in  5  Stunden  153  mm.  In  Bayern  (Partenkirchen)  wurde  am 


9.  Juli  ein  Regenfall  von  21,6  mm  in  8  Minixten,  in  Lausanne  während 
eines  Gewitters  ein  solcher  von  56,5  mm  in  65  Minuten  gemessen. 
Im  südlichen  und  östlichen  Belgien  gingen  im  Juni  1889  aufser- 
ordentlich  starke  Gewitterregen  nieder  (bis  75  mm  in  li/'s  Stunde), 
während  der  westliche  Theil  des  Landes  in  dieser  Zeit  durch  Trocken¬ 
heit  litt.  In  England  fielen  am  13.  Juli  während  eines  Gewitter¬ 
sturmes  in  65  Minuten  92,7  mm  und  in  einer  Gegend,  wo  der  gesamte 
jährliche  Regenfall  nur  610  mm  beträgt,  in  8V4  Stunde  115,6  mm. 
Die  gröfsten  Regenfälle  wurden  in  Hongkong  bei  einem  verheerenden 
Gewitter  in  der  Nacht  vom  29.  zum  30.  Mai  1889  beobachtet.  Es 
fielen  in  38  Stunden  866  mm,  in  6  Stunden  390  mm,  während  die 
gröfste  stündliche  Regenmenge  85,1  mm  betrug !  —  p  — 

Anlage  neuer  Eisenhahnlinien  in  Prenfsen.  In  der  Zusammen¬ 
stellung  der  neuen  Eisenbahnlinien  auf  Seite  79  d.  J.  ist  bei  den 
unter  Nr.  15  aufgeführteu  beiden  Strecken  (Langensalza-Gräfentonna 
und  Döllstädt-Walschleben)  in  der  ersten  Spalte  der  Tabelle  die 
Baulänge  der  Linie  von  Döllstädt  nach  Walschleben  —  10,8  km  — 
ausgefallen  und  mufs  daselbst  zugesetzt  werden.  Mit  Einrechnung 
dieser  Linie  stellt  sich  die  Gesamt- Baulänge  aller  Linien  auf 
903,8  km.  Die  Angaben  der  Grunderwerbs-  und  Baukosten  sind  an 
der  genannten  Stelle  für  beide  Linien  zusammen  gerechnet. 

in,  Berlin.  Druck  von  J.  K  e  r  s  k  e  s ,  Berlin. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarraz 


137 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  5.  April  1890.  Nr.  14. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark, 

INHALT;  Amtliches:  Personai  -  Nachrichten.  —  Nichtamtliches;  Mittheilungen 
über  Oberbau  auf  englischen  Eisenbahnen.  —  Entwurf  zur  neuen  Herz-Jesu-Kirche 
in  der  Stadterweiterung  von  Köln.  —  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim-Ludwigs- 
liafen  und  Kehl  -  Strafsburg,  Canal  oder  freier  Rhein?  (Schlufs.)  —  Die  ehemalige 

Kirche  der  Dominicaner  in  Coblenz.  (Schlufs.j  —  Vermischtes:  Zur  Leipziger 
Kathhausbaufrage.  —  Glückwunsch  der  Berliner  Künstler  an  den  Fürsten  Bismarck. 
—  Gewinnung  des  Entwurfes  für  ein  dem  Gedäclitnifs  der  hochseligen  Kaiserin 
Augnsta  gewidmetes  Gotteshaus. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufseu. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  charakteri- 
sirten  Geheimen  Baurath  im  Kriegs-Ministerium  Appelius  zum  Ge¬ 
heimen  Baurath  und  vertragenden  Bath  im  Kriegs-Ministerium  zu  er¬ 
nennen  und  dem  Intendantur-  und  Baurath  Duisbergim  Kriegs-Mini¬ 
sterium,  sowie  den  Eegierungs-  und  Bauräthen  Laur  in  Sigmaringen, 
Doebbel  in  Cöslin,  Kruse  in  Aachen,  v.  Morstein  in  Frank¬ 
furt  a./O.,  Doeltz  in  Magdeburg,  Albrecht  in  Posen,  Lieber  in 
Düsseldorf,  Heithaus  in  Lüneburg,  v.  Schumann  in  Cassel, 
D  enninghoff  in  Düsseldorf  und  Geifsler  in  Arnsberg  den  Charakter 
als  Geheimer  Baurath  zu  verleihen. 

Der  Königliche  Regierungs  -  Baumeister  Paul  Werne  bürg  in 
Geestemünde  ist  zum  Königlichen  Wasser-Bauinspector  ernannt  und 
der  Königlichen  Regierung  in  Königsberg  O./Pr.  überwiesen  worden. 

Der  Regierungs-  und  Baurath  Hinckeldeyn  ist  in  gleicher  Amts¬ 
eigenschaft  von  Berlin  an'die  Königliche  Regierung  in  Königsbei-g  O./Pr. 
und  der  bisher  bei  dem  Erweiterungsbau  des  Landwehr- Canals  be¬ 
schäftigte  Wasser-Bauinspector  Lang  in  Berlin  als  technischer  Hülfs- 
arbeiter  an  die  Königliche  Regierung  in  Schleswig  versetzt. 

Versetzt  sind;  die  Regierungs-  und  Bauräthe  Janssen,  bisher 
in  Essen,  als  Director  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs -Amt 
(Main -Weser-Bahn)  in  Cassel,  Kottenhoff,  bisher  in  Köln,  als 
Director  an  das  Königliche  Eisenbahn  -  Betriebs  -  Amt  in  Hagen, 
Lange,  bisher  in  Neuwied,  als  Mitglied  (auftrw.)  an  die  Königliche 
Eisenbahndirection  (rechtsrh.)  in  Köln,  Ballauff,  bisher  in  Nord¬ 
hausen,  als  Director  (auftrw.)  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs- 
Amt  in  Cottbus  und  Haarbeck,  bisher  in  Münster,  als  ständiger 
Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn -Betriebs -Amt  in  Essen, 
die  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspectoren  Gottstein,  bisher  in 
Beuthen  O.-S.,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisen¬ 
bahn-Betriebs -Amt  in  Kattowitz,  König,  bisher  in  Eschwege,  als 
ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn -Betriebs -Amt 
(linksrh.)  in  Köln,  Staggemeyer,  bisher  in  Düsseldorf,  als  ständiger 
Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Bremen, 
Sauer,  bisher  in  Warburg,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  König¬ 
liche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  (rechtsrh.)  in  Düsseldorf,  Wiesner, 
bisher  in  Bremen,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche 
Eisenbahn-Betriebs-Amt  (Directionsbezirk  Erfurt)  in  Berlin,  M eisei, 
bisher  in  Wesel,  als  Vorsteher  der  Eisenbahn-Bauinspection  nach 
Warburg,  Stündeck,  bisher  in  Elberfeld,  als  ständiger  Hülfsarbeiter 
an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Neuwied,  und  Buch- 
holtz,  bisher  in  Posen,  als  Vorsteher  der  Eisenbahn-Bauinspection 
nach  Gnesen,  die  Eisenbahn-Maschineninspectoren  Stiebler,  bisher 
in  Stolp,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  (Directionsbezirk  Bromberg)  in  Posen,  Ingenohl, 
bisher  in  Deutz,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisen¬ 
bahn-Betriebs-Amt  (rechtsrh.)  in  Düsseldorf,  und  Götze,  bisher  in 
Stralsund,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  in  Halle  a.  S.,  die  Eisenbahn-Bauinspectoren  N  eumann, 
bisher  in  Oppeln,  als  Vorsteher  des  Materialien-Bureaus  der  König¬ 
lichen  Eisenbahndirection  nach  Breslau,  Krüger,  bisher  in  Posen, 
als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt 
(Directionsbezirk  Bromberg)  in  Stettin  und  Borchart,  bisher  in 
Halle  a.  S.,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  in  Stralsund,  sowie  der  Land-Bauinspector  Bergmann, 


bisher  in  Hannover,  nach  Osnabrück  zur  Leitung  des  Baues  des 
Eisenbahn-Empfangsgebäudes  daselbst. 

Es  ist  verliehen:  dem  Regiei-ungs-  und  Baurath  Neumann  in 
Magdeburg  die  Stelle  eines  Mitgliedes  der  Königlichen  Eisenbahu- 
direction  daselbst,  den  Eisenbahn  -  Bau-  und  Betriebsinspectoren 
Peters  in  Breslau  die  Stelle  des  Vorstehers  des  bautechnischen 
Bureaus  der  Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst  und  Euhrberg 
in  Hannover  die  Stelle  eines  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspectors 
im  bautechnischen  Bureau  der  Königlichen  Eisenbahndirection  da¬ 
selbst,  dem  Eisenbahn- Maschineninspector  Bindemann  in  Breslau 
die  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  Königlichen  Eisen¬ 
bahn-Betriebs-Amt  (Breslau-Tarnowitz)  daselbst,  und  dem  Eisenbahn- 
Bauinspector  Brüggemann  in  Breslau  die  Stelle  des  Vorstehers 
der  Hauptwerkstätte  (Breslau-Oderthor)  daselbst. 

Am  1.  April  d.  J.  sind  in  den  Ruhestand  getreten :  der  Eisenbahn- 
Bau-  itnd  Betriebsinspector,  Baurath  Kolszewski,  ständiger  Hülfs¬ 
arbeiter  bei  dem  Königl.  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Kattowitz  und 
der  Eisenbahn-Maschineninspector  Schmitz,  ständiger  Hülfsarbeiter 
bei  dem  Königl.  Eisenbahn-Betriebs-Amt  (rechtsrh.)  in  Düsseldorf. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt;  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Otto  Stephani  aus  Cassel  und  Karl  Schiefler 
aus  Görlitz  (Ingenieurbaufach);  —  Karl  Kleimenhagen  aus  Cassel 
(Maschinenbaufach). 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Richard 
Kaufmann  in  München  und  Werner  Lun  dt  in  Hamburg  ist  die 
nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben'  im  Namen  des  Reiches  Aller¬ 
gnädigst  geruht,  den  bisherigen  Eisenbahn-Betriebs-Director  Wilhelm 
Volkmar  zum  Regierungsrath  und  Mitglied  der  Kaiserlichen  General- 
direction  der  Eisenbahnen  in  Elsafs-Lothringen,  sowie  den  bisherigen 
Eisenbahn -Maschineninspector  Eduard  Hüster  zum  Eisenbahn-Be¬ 
trieb  s-Director  mit  dem  Range  eines  Rathes  IV.  Klasse  zu  ernennen. 

Dem  Betriebs-Director  Hüster  ist  die  Stelle  des  Vorstehers  des 
maschinentechnischen  Bureaus  der  Generaldirection  der  Eisenbahnen 
in  Strafsburg  definitiv  übertragen  worden. 

Bayern. 

Der  Eegierungs-  und  Kreisbaurath  Joh.  Nepom.  Saerve  bei  der 
Regierung,  K.  D.  I.,  der  Pfalz  wurde  seiner  Bitte  entsprechend  unter 
Anerkennung  seiner  eifrigen,  vieljährigen  Dienstleistungen  in  den 
Ruhestand  für  immer  versetzt,  zum  Eegierungs-  und  Kreisbaurath  für 
das  Landbaufach  bei  der  Regierung  der  Pfalz  der  Bauamtmann  Franz 
Kreut  er  in  Kempten  befördert  und  auf  die  sich  hierdurch  bei  dem 
Landbauamte  Kempten  erledigende  Bauamtmannstelle  der  Kreisbau¬ 
assessor  Hugo  Höfl  in  Augsburg  berufen. 

Sachsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  dem  Director  des  Polytechnicums 
in  Dresden,  Geheimen  Rath  Professor  Dr.  Gustav  Anton  Zeuner,  das 
Comthurkreuz  I.  Klasse  des  Albrechtsordens  Allergnädigst  zu  ver¬ 
leihen  geruht. 

Sachsen  -  Altenburg. 

Der  Geheime  Baurath  Enger  in  Altenburg,  Vortragender  Rath 
in  Bausachen  bei  den  Ministerial- Abtheilungen  des  Innern  und  der 
Finanzen,  ist  gestorben. 


[Alle  Eechte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 


Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Mittheilungeii  über  Oberbau  auf  englischen  Eisenbahnen. 

Von  A.  Goeriug. 

Die  zur  Zeit  in  Deutschland  angestrebte  Erhöhung  der  Fahr-  i  Veranlassung,  auf  die  Verstärkung  des  Schienengestänges  Bedacht  zu 
geschwindigkeit  unserer  Schnellzüge  giebt  den  Eisenbahnfachmännern  I  nehmen,  indem  eine  wesentliche  Zunahme  der  Geschwindigkeit  sowohl 


138 


Ceutralblatt  der  ß auvervvaltuug'. 


5.  Apiil  1890. 


iinuiittclbar  durch  stärkere  Erschütterungen  und  Seitenstöfse,  nament¬ 
lich  in  Krümmungen,  als  auch  mittelbar  durch  die  kaum  zu  um¬ 
gehende  Yergröfserung  des  Kaddruckes  der  Locomotive  eine  höhere 
Beanspruchung  der  Fahrbahn  herbeitÜhren,  mithin  eine  weitere 


Kräftigung  und  Sicherung  derselben  verlangen 


rde. 


lauter  diesen  Umständen  richten  sich  die  Blicke  der  Eisonbahn- 
techniker  naturgemäfs  mit  erneuter  Aufmerksamkeit  nach  England 
als  demjenigen  Laude,  in  welchem  bei  einer  ganzen  Anzahl  von 
Zügen  —  keineswegs  bei  allen  —  eine  hohe  Fahrgeschwindigkeit  die 
Kegel  bildet,  ohne  dafs  die  Betriebssicherheit  darunter  gelitten  hätte. 

Ua  mufs  es  nun  als  ein  fühlbarer  Mangel  aufi'allen,  dafs  in 
Deutschland  über  die  Einzelheiten  des  in  England  üblichen  Geleis¬ 
baues  verhältnifsmäfsig  wenig  bekannt  ist,  dafs  es  namentlich  an  zu¬ 
verlässigen  Angaben  über  die  Abmessungen  und  Gewichtsverhältnisse 
des  englischen  <  »berbaues  fehlt.  Aus  diesem  Grunde  dürften  die  nach¬ 
folgenden  Mittheilungen  über  den  gegenwärtig  bei  der  Midland-Eisen- 
bahn  bestehenden  Oberbau  zeitgemäfs  erscheinen.  Die  INlidlandbahn, 
bekanntlich  ausgehend  von  dem  grofsen  St.  Pancras-Bahnhofe  in  Lon¬ 
don  und  dem  daneben  gelegenen  zweigeschossigen  Güteibahnhofe,  ist 
eine  der  grofsen,  von  zahlreichen  sehr  schnellen  Zügen  befahrenen 
englischen  Linien  (vgl.  die  Zusammenstellung  in  der  Zeitung  Deut¬ 
scher  Eisenb. -Verw.  18üO,  S.  G5.)  Die  Zeichnungen,  welche  diesen 
Mittheilungen  zu  Grunde  liegen,  stammen  aus  den  .Tahren  1885  und 
1888,  und  die  im  folgenden  angegebenen  Abmessungen  und  Vor¬ 
schriften  sind  sämtlich  den  Zeichnungen  beigedruckt. 

1.  Die  Aiiordnuiig  des  regelinäfsigeii  Beleises. 

(Abb.  1  bis  5  und  9  a.) 

Die  Schienen  (Abb.  1)  haben  eine  nicht  ganz  symmetrische 
Gestalt,  da  bekanntlich  das  Umdrehen  derselben  sich  infolge  des  Ein- 
schleifens  der  Auflager¬ 
stellen  als  nicht  wohl 
ausführbar  gezeigt  hat 
und  zudem  bei  der  lang¬ 
sameren  Abnutzung  des 
Stahls,  welche  eine 
bessere  Ausnutzung  der 
Tragfähigkeit  gestattet, 
als  dies  früher  bei  Eisen¬ 
schienen  der  Fall  war, 
ohnehin  kaum  von  Werth 
sein  würde.  Die  Breite 
des  Kopfes  und  Fufses 
sind  gleichmäfsig  mit 
67  mm  (2^8“)  bemessen, 
die  Höhe  derselben  be¬ 
trägt  jedoch  (bis  zum 
Schnitt  der  verlängerten, 
unter  1  :  1,8  geneigten 
Laschenanschlufsflächen) 

54  bezw.  35  mm ;  der  Steg 
ist  gradlinig  begrenzt 
und  18  mm  stark,  die 
Gesamthöhe  mifstl43mm 
(bVs")-  Die  Achse  des 
25,4  mm  (1")  weiten  Bol¬ 
zenloches  liegt  81  mm 
(S^/ie")  unter  der  Ober¬ 
kante  der  neuen  Schiene. 

Vergleicht  man  diese  Ab¬ 
messungen  mit  den  in 
Deutschland  üblichen 

Querschnitten,  beispielsweise  mit  denjenigen  der  preufsischen 
Schienenform  für  Hauptbahnen  von  1885,  so  fällt  zunächst  ins  Auge, 
dafs  die  englische  Stuhlschiene  erheblich  stärkere  Breitenmafse  be¬ 
sitzt,  nämlich  67  mm  Kopf-  und  18  mm  Stegstärke  gegen  58  und 
11  mm,  und  dafs  die  Neigung  der  Anschlufsflächen  sehr  viel  steiler 
ist  (1 : 1,8  gegen  1 :  4).  Der  letztere  Umstand  legt  die  Erwägung  nahe, 
ob  nicht  die  in  Norddeutschland  übliche  Neigung  von  1 : 4  zweck- 
mäfsig  durch  eine  steilere  ersetzt  werden  sollte,  um  in  Ilücksicht  auf 
die  unvermeidlichen  Ungenauigkeiten  der  Herstellung  die  Wirkung 
der  Laschen  gegen  seitliche  Verschiebung  zu  erhöhen  und  somit  den 
Widerstand  der  Laschenverbindung  gegen  die  Seitenstöfse,  den  weit¬ 
aus  schlimmsten  Feind  des  Gestänges,  zu  vergröfsern.  Die  noch 
über  1 ;  2  hinausgehende  Neigung  bei  der  englischen  Schiene  mag 
vielleicht  zu  steil  sein;  wenn  sie  jedoch  unter  dem  Reibungswinkel 
zwischen  Schiene  und  Lasche  (der  wohl  mindestens  0,4  =  1  :  2,5  be¬ 
tragen  dürfte)  bleibt,  sodafs  ein  keilförmiges  Auseinanderdrängen  der 
Schienen  entfällt,  so  dürfte  ein  zwingender  Grund  zu  weiterer  Ab¬ 
flachung  kaum  vorliegen.  (Die  Schiene  der  Oesterreichischen  Staats¬ 
bahn  hat  1  ;  2,5;  die  italienische  und  Gotthardbahn  1:2,  ebenso  die 


Abb.  1. 

Querschnitt  der  Schiene  mit  Lasche. 
Matsstab  1 : 2. 


frühere  Rheinisclie  Bahn;  die  Württembergisclie  und  die  frühere  Köln- 
Mindener  Bahn  1  :  3.)  Die  noch  flachere  Neigung  der  neuen  belgi¬ 
schen  Seidene  (1  :  5)  kann  hier  nicht  in  Vergleich  kommen,  weil  die 
zugehörige  Lasche  zugleich  mit  ilirem  Fufs  auf  der  Schwelle  aufruht, 
also  in  ganz  anderer  Weise  wirken  soll. 

Das  Gewicht  der  Schiene  beträgt  auf  das  5'ard  85  d.  i. 
42,2  kg  auf  das  Meter’*)  oder  26  pCt.  mehr  als  die  preufsische  Schiene 

von  1885.  Die  Abrundung  an  Kopf 
und  Fufs  geschieht  nach  einem 
Halbmesser  von  143  mm  (ö^/s"). 

Die  Laschen  (Abb.  1)  um¬ 
fassen  den  Schienenfufs  nahe  bis 
zur  Mitte  mit  entsprechender  Krüm¬ 
mung,  jedoch  ohne  weitere  Be¬ 
rührung  als  in  den  Anschlufsflächen. 
Sie  wiegen  18,1  kg  (40  )^),  sind 
etwa  130  mm  hoch,  19  mm  stark, 
46  cm  (18“)  lang  und  mit  4  Löchern 
in  gleichen  Abständen  von  114  mm 
(4i/i>“)  versehen.  Die  Schraubbolzen 
haben  22  mm  (Vs")  Durchmesser, 
114  mm  (40^“)  Länge,  vierkantige 
Muttern  und  sind  im  unteren  Theile 
—  demnach  auch  die  Löcher  der 
äufseren  Lasche  —  quadratisch 
gestaltet.  Ein  Bolzen  mit  Mutter 


wiegt  l’A 
Die 


Abb.  4  a. 
Holznagel. 


Abb.  4  b. 
Eisennagel. 


Mafsslab  1 ; : 


Abb.  5. 

Querschnitt  des 
Holzkeils. 
Mafsstab  1 : 3. 


=  0,68  kg. 

gufseiserneu  Stühle 
(s.  Abb.  9  a)  sind  erheblich  breiter 
und  schwerer  als  die  früher  in 
Deutschland  angewandten.  Der 
regelmäfsige  Stuhl  ist  184  mm 
breit  und  394  mm  (lö'/^“)  lang,  hat  am  Rande  38  mm,  unter  der  un¬ 
mittelbar  aufruhenden  Schiene  aber  44,5  mm  (l^A“)  Stärke  und  wiegt 
50  =  22,68  kg;  er  umfafst  die  Schiene  mit  82,5  mm  (3'/4“)  breiten 

Backen,  deren  äufsere  bis  32  mm  unter  Schienenoberkante  hinauf¬ 
reicht  und  für  den  Holzkeil  Platz  läfst,  während  die 
innere  den  Schienensteg  an  zwei  Stellen  berührt,  an 
der  schrägen  und  senkrechten  Fläche  des  Fufses 
aber  Spielraum  läfst  und  nur  bis  60  mm  unter 
Schienenoberkante  hinaufgeht.  Die  Backen  sind  in 
der  Älitte  durch  eine  15  mm  breite,  nur  wenig 
vortretende  Rippe  verstärkt  und  an  den  Innen¬ 
kanten  abgerundet,  damit  sie  nicht  die  Holzkeile 
zerschneiden. 

Die  Befestigung  des  Stuhles  auf  den 
Schwellen  geschieht  bemerkenswertherweise  durch 
je  zwei  eiserne  und  zwei  aus  Eichenholz  beste¬ 
hende  Nägel,  welche  einander  diagonal  gegenüber¬ 
stehen.  Der  Sinn  dieser  erprobten  Anordnung  ist 
der,  dafs  die  Holznägel  gegen  Losrütteln  durch 
die  gewöhnlichen  Erschütterungen  am  besten 
wirken,  während  die  Eisennägel  zur  Sicherheit  gegen  besonders  starke 
Stöfse  vorhanden  sind,  welche  die  Holznägel  absprengen  könnten.  Beide 
Nagelarten  sind  rund,  innerhalb  der  Stuhlplatte  etwas  verjüngt,  im 
übrigen  cylindrisch  (mit  Ausnahme  des  unteren  Endes)  und  greifen 

114  mm  tief  in  die 
Schwelle  ein  (s.  Abb.  4  a, 
4b).  Die  Löcher  für  alle 
Nägel  sollen  ganz  durch 
die  Schwelle  hindurch  ge¬ 
bohrt  werden.  Die  Eisen¬ 
nägel  sollen  ebenso  wie 
die  Laschenbolzen  vor 
dem  Gebrauch  in  Theer 
getaucht,  die  Holznägel 
nur  nach  dem  Eintreiben 
oben  mit  Theer  bedeckt 
werden.  (Auf  manchen 
englischen  Bahnen  kom¬ 
men  auch  Stühle  mit 
drei  Befestigungsstellen 
vor,  von  denen  zwei  an 
der  Innenseite  liegen.) 

Die  Keile  (Abb.  5)  sind  aus  Eichenholz  und  völlig  prismatisch 
ohne  jede  Verjüngung  bei  178  mm  (7“)  Länge.  Sie  liegen  an  der 
Aufsenseite  der  Schiene,  die  äufsere  Seitenfläche  ist  wie  die  ent¬ 
sprechende  Wand  der  Stuhlbacke  senkrecht,  die  dem  Schienensteg 


Abb.  9a. 

Schnitt  durch  Schiene  und  Stidil. 
Mal'sstali  1 : 8. 


■*)  1  =  0,4536  kg;  1  Yard  =  3'  =  0,9144  m 

1'  engl.  =  0,3048  m;  1"  =  25,40  mm 


Nr.  14. 


Centralblatt  der  Baii Verwaltung. 


1.39 


anliegende  liat  genau  die  bestinunte  Neigung  (1  :  22),  ebenso  wie  die 
auf  der  anderen  (inneren)  Seite  die  Schiene  unmittelbar  berührende 
Backe  des  Stuhls.  Nach  mündlichen  Mittheilungen  werden  die  Keile, 


räume  von  Mitte  zu  Mitte  gegeben:  4  Mittelräume  von  Je  3'  (1(14  mm), 
dann  jederseits  2'  11“,  2‘  9“,  2‘  3",  endlich  V  1“  bis  zum  Schienen-Ende 
(Entfernung  der  Stofsschwellen  2'  2^/\i-,“  =  Besondere  Mittel 


Abb.  2.  Querschnitt  des  Geleises. 

Mafsstab  1:2-1. 


beziehungsweise  das  dazu 
verwendete  Holz  vor  dem 
Gebrauch  sehr  stark  geprefst, 
damit  es  nachher  nicht  wohl 
weiter  schwinden  kann,  viel¬ 
mehr  sich  auszudehnen  strebt. 

Die  Keile  sollen  in  der  Eich- 
tung  des  Fahrens  eingetrieben 
werden,  wo  solche  feststeht. 

Der  Keil  heifst  übrigens 
im  Englischen  nicht  so,  son¬ 
dern  „Schlüssel“  (key). 

Schwellen  und  Bet¬ 
tung  (Abb.  2,  3).  Die 
Schwellen  sind  2,72  m  (8'  11“) 
lang,  127  mm  (5")  stark, 

254  mm  (10“)  breit,  und  es 
wird  ausdrücklich  vorge¬ 
schrieben,  dafs  die  breite 
(gesägte)  Seite  (sawn  face) 
oben  liegen  soll  und  hierin 
mag  es  begründet  sein,  dafs 
die  Schwellen  auf  englischen 
Bahnen  durchweg  erheblich 
breiter  und  vollkantiger,  als 
bei  uns  üblich,  zu  sein 
scheinen,  da  wir  die  breite 
Seite  nach  unten  legen.  (In¬ 
wieweit  die  Schwellen  etwa 
wirklich  vollkantig  verlangt  werden,  dürfte  noch  näher  festzu¬ 
stellen  sein.) 

Die  Anzahl  der  Schwellen  auf  eine  Schienenlänge  von  30'  = 
9,144  m  beträgt  11,  und  die  Vertheilung  ist  durch  folgende  Zwischen- 


gegen  das  Wandern  der 
Schienen  sind  aus  den  Zeich¬ 
nungen  nicht  ersichtlich.  Je¬ 
doch  können  die  Laschen 
sich  mit  ihrem  unteren,  den 
Schienenfufs  beiderseits  um¬ 
fassenden  Theile  gegen  den 
Stuhl  anstemmen,  welcher  in 
dem  mittleren,  die  Schiene 
tragenden  Stücke  bis  zu 
dieser  mit  senkrechten  Kanten 
begrenzt  ist. 

Die  Bettung  (Abb.  2) 
soll  zwischen  den  Schienen 
mit  der  Schwellenoberkante 
abschliefsen,  an  der  Aufsen- 
seite  aber  bis  zur  Ober¬ 
kante  der  Keile  hinauf¬ 
reichen,  „um  diese  am  Hinaus¬ 
fallen  zu  hindern.“*)  —  Das 
Planum  erhält  eine  kräftige 
Abwässerung  ( gezeichnet 
ist  etwa  1  :  22),  und  Je  nach 
Bedarf  sollen  Saugrohre 
(Drains)  eingelegt  werden, 
„sodafs  kein  Wasser  auf 
oder  unter  der  Bettung 
bleiben  kann.“ 

(Forts,  folgt.) 


*)  Diese  Angabe  findet  sich  auch  auf  der  Uebersichtszeichnung 
der  Weichen-  und  Herzstücke  und  zwar  hier  mit  dem  Zusatz  „au 
Stelle  der  früher  zu  diesem  Zweck  benutzten  Nägel  (nails)“. 


Abb.  3a.  Grundrifs  des  Geleises. 


Abb.  3b.  Längenschnitt  des  Geleises. 
Mafsstal)  1 : 24. 


Der  Entwurf  zur  neuen  Herz  Jesu -Kirche  in  der  Stadterweiterung  von  Köln 


Bei  dem  Wettbewerb  für  Entwürfe  zur  neuen  Herz  Jesu-Kirche 
in  der  Kölner  Stadterweiterung  erhielt,  wie  schon  auf  S.  111  d.  Bl. 
mitgetheilt  wurde,  die  Arbeit  des  Ober-Bauraths  Freiherrn  Friedrich 
V.  Schmidt  in  Wien  den  ersten  Preis.  Zugleich  beschlofs  der 
Vorstand  des  Kirchenbauvereins  auf  Empfehlung  der  Preisrichter, 
vorbehaltlich  der  erzbischöflichen  Genehmigung,  den  Schmidtschen 
Entwurf  zur  Ausführung  zu  bringen.  Friedrich  v.  Schmidt  wird 
somit  die  Freude  haben,  an  der  Stätte  seines  ersten  Wirkens,  wo  er 
mit  seinem  Freunde  und  Mitbewerber  Vincenz  Statz  viele  Jahre 
unter  Zwirners  Leitung  der  Dombauhütte  angehörte,  nach  Ablauf 
eines  Zeitabschnittes,  den  man  gewöhnlich  ein  Menschenalter  zu 
nennen  pflegt,  die  erste  neue  Kirche  nach  Erweiterung  der  Stadt  zu 
schäften.  Es  ist  eine  eigenthümliche  Erscheinung,  dafs  seit  dem  An¬ 
fänge  dieses  Jahrhunderts,  vom  Aufbau  des  Domes  und  zahlreichen 
Wiederherstellungsarbeiten  abgesehen,  in  Köln  zwar  etwa  25  Kirchen 
und  Capellen  in  französischer  Zeit  abgebrochen  oder  ihrem  Zwecke 
entzogen  wurden,  aber  nur  eine  einzige  katholische  Kirche,  die  St. 
Mauritiuskirche,  von  V.  Statz  in  den  sechziger  Jahren,  wenn  wir 
nicht  irren,  errichtet  worden  ist.  Die  zweite  wird  die  Schmidtsche 
Herz  Jesu-Kirche  sein. 

Einen  Grundrifs,  einen  Durchschnitt  und  eine  äufsere  Gesamt¬ 
ansicht  theilen  wir  in  den  Abbildungen  mit.  Der  frühgothische  Stil 


war  in  dem  unter  10  Architekten  veranstalteten  Wettkampfe  vor¬ 
geschrieben.  Das  veröft'entlichte  Urtheil  des  Preisgerichts  sagt  von 
dem  Schmidtschen  Entwürfe  kurz  und  trocken:  „Der  Grundrifs  ist 
klar  und  vortrefflich  durchgebildet;  die  Eingänge  sind  aufs  zweck- 
mäfsigste  angeordnet.  Es  bleibt  aber  zu  erwähnen,  dafs  eine  ge¬ 
eignete  Taufcapelle  in  der  Nähe  des  nördlichen  oder  westlichen  Ein¬ 
ganges  fehlt.  Das  Langschiff  ist  in  grofsen  Verhältnissen  als  Hallen¬ 
kirche  ausgebildet.  Der  Entwurf  schliefst  sich  in  glücklicher  Weise 
an  hervorragende  Bauwerke  der  finihgothischen  Periode  an;  die  un¬ 
gewöhnlich  reife  Durchbildung  desselben  sowie  die  grofsartige 
Formengebung  ist,  als  mit  dem  Programm  besonders  übereinstimmend, 
rühmend  anzuerkennen.  Der  nutzbare  Grundrifs  ist  (da  die  Felder 
zwischen  den  Strebepfeilern  des  Langschift’s  als  Beichtcapellen  mit 
der  Kirche  vereinigt  sind)  1330  qm  grofs.“ 

Anscheinend  dem  Erläuterungsbericht  des  Herrn  Verfassers  ent¬ 
nommen  ist  folgende  Mittheilung  der  Kölnischen  Volkszeitung: 
„Des  Chores  „Mafs  und  Gerechtigkeit“  war  der  Ausgangspunkt  für 
die  gesamte  Anordnung  des  Grundrisses  sowohl  als  auch  des  Auf¬ 
baues.  Die  Bestimmung  des  Baues  zur  Pfarrkirche  liefs  die  Aus¬ 
gestaltung  des  im  Concurrenz-Programm  gewünschten  Chorumganges 
(Säulenstellung  um  den  Chor)  zu  einem  förmlichen  Capellenkranze 
als  nicht  sachgemäfs  erscheinen;  dagegen  führte  die  erhabene  Wid- 


140 


Ceutralblatt  der  B auverwaltuiig’. 


5.  April  1890. 


mung  der  Kirche  zu  der  Anlage  einer  Herz  Jesu -Capelle  in  der 
Mittelachse  des  Grundrisses,  au  deren  Aufseuseite  nach  dein  Hohen¬ 
staufenring  hin,  im  idealen  Zusammenhänge  mit  dem  Altäre  im  Innern 
der  Capelle,  die  im  Pro¬ 
gramm  gewünschte  Herz 
Jesu-Statue  angebracht 
ist.  Für  den  Aufbau  des 
Chores  ergab  sich  nach 
dieser  Anordnung  des 
Grundrisses  ein  basilicaler 
Querschnitt  mit  niedrigen 
Seitenschiffen  und  Strebe¬ 
bögen  gewissermafsen  von 
selbst;  für  das  Langhaus 
dagegen  mufste  der  Ver¬ 
fasser  nach  reiflicher 
Ueberlegung  für  einen 
Wechsel  des  Systems  und 
für  den  Uebergang  zum 
Hallenbau  sich  entschei¬ 
den,  zunächst  um  der 
Gefahr  zu  entgehen,  an¬ 
statt  einer  Kirche  das 
Modell  einer  Kathedrale 
herzustellen.  Aufserdem 
erschien  es  ihm  geboten, 
das  Langhaus  im  Gegen¬ 
sätze  zum  Sanctuarium 
als  eine  luftige  Halle 
zu  gestalten  mit  mög¬ 
lichst  freien  Durchsichten 
nach  jeder  Richtung  hin, 
um  dem  Kirchenbesucher 
die  ungeschmälerte  Theil- 
nahme  an  jeder  gottes¬ 
dienstlichen  Verrichtung 
und  den  vollen  Eindruck 
des  Innenraumes  zu  ge¬ 
währen.  Das  Festhalten 
an  diesem  Gedanken 
führte  zu  der  in  dem 
Entwürfe  dargelegten 
Ausgestaltung  mit  Quer- 
schiflf  und  capellenartigen 
Ausbauten  an  den  Seiten¬ 
wänden  des  Langschiff’es, 
welche  zixr  Aufnahme 
kleiner  Seitenaltäre,  der 
Beichtstühle,  des  Tauf¬ 
steines  und  des  heiligen 
Grabes  bestimmt  sind. 

Durch  letztere  Anordnung 
wurde  es  ermöglicht,  die 
architektonische  Hau^it- 
linie  festzuhalten  und  dem 
Ganzen  die  so  nothwen- 
dige  Ruhe  zu  bewahren 
trotz  des  Wechsels  in 
der  Form  des  Quer¬ 
schnittes.“ 

Leider  hat  Frhr.  v. 

Schmidt  es  unterlassen, 
seinen  Entwurf  von  der 
Chorseite  aus  in  Per¬ 
spective  zu  setzen.  Es 
ist  das  zu  bedauern,  weil 
die  Kirche  nicht  die  Westfront,  sondern  den  Chor  der  neuen 
Ringstrafse  zuwendet,  von  welcher  die  grofse  Mehrzahl  der  Wanderer 
das  Werk  betrachten  wird.  Aus  diesem  Grunde  war  auch  im  Pro¬ 
gramm  die  besonders  reiche  Ausbildung  der  Chorseite  verlangt  wor¬ 


den.  Der  Standpunkt,  aus  welchem  die  dem  Entwürfe  beigegebene, 
hier  abgebildete  Gesamtansicht  gezeichnet  wurde,  ist  in  Wirklichkeit 
leider  nicht  vorhanden. 

Eine  entschiedenere 
Betonung  der  Chorseite 
findet  sich  bei  mehreren 
anderen  der  ausgestellt 
gewesenen  Pläne,  so  bei 
dem  an  zweiter  Stelle 
gekrönten  Entwürfe  von 
Baurath  Vincenz  St  atz 
und  Baumeister  Franz 
St  atz  in  Köln,  welche 
ihren  reichen  Chorauf¬ 
bau  in  einen  eigenartigen 
Firstthurm  ausklingen 
lassen;  ferner  bei  der 
an  dritter  Stelle  be¬ 
lobten  Arbeit  von  W. 
Blanke  in  Köln,  der 
zwei  stattliche  Chor- 
thürme  angeordnet  hat. 
Bei  der  gewählten  Grup- 
pirung  wäre  freilich  dem 
Westthurm  eine  etwas 
gröfsere  Höhe  zu  wün¬ 
schen  gewesen.  Der 
eigenartigste  Entwurf  be¬ 
züglich  der  in  diesem 
Falle  besonders  wichti¬ 
gen  Choransicht  war 
wohl  derjenige  von  Aug. 
Rincklake  in  Brauu- 
schweig.  In  ihm  wird 
der  Chor  von  zwei  Thür¬ 
men  flankirt,  welche  in 
einer  etwas  ungewöhn¬ 
lichen,  aber  wirksamen 
Formengebung  mächtig 
aufstreben,  während  das 
Langhaus  als  dreischiffige 
Basilika  ohne  Querschiff 
angeorduet  und  mit  einer 
reizvoll  gezeichneten 
Westfront  ohne  Thurm 
abgeschlossen  ist.  Das 
Preisgericht  nennt  in 
seinem  Urtheil  die  Er¬ 
scheinung  der  beiden 
Thürme  „eine  etwas 
fremdartige“  und  findet 
ferner,  dafs  dieselben 
„mit  dem  Langhause  und 
dem  seitlichen  Anbau 
kein  völlig  harmonisches 
Ganze  bilden“.  Von  der 
Preisvertheilung  wurde 
übrigens  der  Rincklake- 
sche  Entwurf  ausge¬ 
schlossen,  weil  „der  Quer¬ 
schnitt  nicht  vollständig 
gezeichnet  ist  und  der 
Längenschnitt  überhaupt 
fehlt“.  Unseres  Erachtens 
enthalten  die  Entwürfe 
von  Rincklake,  Blanke 
sowie  von  Statz  Vater  und  Sohn  für  die  in  der  Kölner  Stadterweite¬ 
rung  noch  ausstehenden  vier  Neubauten  katholischer  Pfarrkirchen, 
von  denen  noch  wenigstens  zwei  den  Chor  der  Ringstrafse  zuwenden, 
sehr  beachtenswerthe  Vorschläge.  J.  St. 


Preisbewerbxxng  für  Entwürfe  zur  neuen  Herz  Jesu-Kirche  in  Köln. 
Entwurf  von  Friedr.  Freiherrn  v.  Sclunidt  in  Wien  (I.  Preis). 


Die  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim- Lud wigsliafeii  und  Kehl -Strafsburg, 

Canal  oder  freier  Rhein? 


(Schlufs.) 


V. 

Ist  im  vorstehenden  dargethan,  dafs  die  Stromverhältnisse  des 
Oberrheins  zwischen  Mannheim -Ludwigshafen  und  Strafsburg  doch 
keineswegs  so  beschaffen  sind,  dafs  von  vornherein  darauf  verzichtet 
werden  mufs,  diese  Stromstrecke  der  Grofsschiffahrt  zugänglich  zu 


machen,  so  liegt  nun  die  Frage  vor,  welche  der  beiden  Wasser- 
strafsen  —  der  Rhein,  durch  Regulirung  schiffbar  ge¬ 
macht,  oder  der  Seitencanal  —  aus  technischen  Gründen 
vorzuziehen  wäre. 

Der  von  dem  Engländer  Brindley  in  scherzhaftem  Uebermuth 


i\r.  14. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


141 


ausgesprochene  Satz,  dafs  die  Flüsse  nur  dazu  da  sind,  um  das 
Wasser  den  Canälen  zu  liefern,  ist  doch  nur  mifsverständlich  zu¬ 
weilen  ernst  genommen  worden,  denn  im  allgemeinen  ist  unbestritten, 
dafs,  so  lange  es  möglich  ist,  im  Strome  selbst  die  von  der  Schiffahrt 
verlangte  Tiefe  und  Breite  des  Fahrwassers  wie  im  Canal  herzustellen, 
die  freie  Wasserstrafse 
dem  letzteren  über¬ 
legen  ist.  In  höherem 
Mafse  gilt  dies  da, 
wo  es  sich  um  eine 
Stromstrecke  handelt, 
die  unmittelbar  an 
eine  grofse  natür¬ 
liche  Wasserstrafse  an¬ 
schliefst,  und  ganz  be¬ 
sonders  für  die  Ver¬ 
hältnisse,  wie  sie  sich 
am  Ehein  ausgebildet 
haben. 

Eine  Mindestfahr¬ 
wassertiefe  von  2  m, 
die  hier  im  Ehein  bis 
Kehl  hinauf  zu  schaf¬ 
fen  wäre,  ist  für  die 
grofse  Schiffahrt  voll¬ 
kommen  genügend. 

Bei  höheren  Wasser¬ 
ständen  könnten  die 
Schiffe  aber  auch  mit 
dem  gröfseren  Tief¬ 
gang,  mit  dem  sie  dann 
vom  Mittelrhein  bei 
Mannheim  -  Ludwigs- 
hafen  ankommen,  die 
Eeise  auf  dem  Ehein 
bis  Strafsburg  fort¬ 
setzen.  Auf  dem  Canal 
wäre  dies  zwar,  da  er 
3  m  Wassertiefe  erhal¬ 
ten  soll,  bis  zu  einem 
gewissen  Mafse  eben¬ 
falls  noch  möglich, 
doch  nur  mit  erheblich 
gröfserer  Zugkraft. 

Hierauf  dem  Canal 
müfsten  die  Schiffe  ein¬ 
zeln  von  kleinen  Canal¬ 
dampfern  geschleppt 
werden;  auf  dem  Ehein 
würden  die  gleichen 
Schleppdampfer  Ver¬ 
wendung  finden  kön¬ 
nen,  die  den  Strom 
zwischen  Mannheim 
und  den  Seehäfen  be¬ 
fahren  —  ein  Vor¬ 
zug  der  freien  Wasser¬ 
strafse,  den  die  Schiff¬ 
fahrttreibenden  be¬ 
greiflicherweise  sehl- 
hoch  anschlagen; 
würde  damit  ja  doch 
die  Gelegenheit  ge¬ 
schaffen,  ein  vorhan¬ 
denes  werthvolles  Ma¬ 
terial  noch  mehr  aus¬ 
zunutzen. 

Auch  läfst  sich 
wohl  denken,  dafs  die 
Tauschiffahrt,  die  sich 
bei  der  geringeren 
Strömung  im  unteren  Ehein  als 
dem  Oberrhein,  zumal  oberhalb 
rinne  mit  Vortheil  anzuwenden 
mission  für  die  Eheinschiffahrt 


Thalfahrt  7,1  km  in  der  Stunde  nicht 
Ludwigshafen  ab  18  (von  Speyer 


übersteigen.  Dabei  wären 
ab  16)  Durchschleusungen 


mit  je  einem  Zeitaufwand  von  rund  1/2  Stunde  zu  überwinden.  I5e- 
man  noch  den  beim  Uebergang  vom  Ehein  auf  den 


rücksichtigt 
Canal  und 


umgekehrt  entstehenden 


Zeitverlust,  und  ferner, 
dafs  der  Canalbetrieb 
während  der  Nacht 
still  steht,  so  ergiebt 
sich,  dafs  die  Berg¬ 
reise  von  Ludwigshafen 
bis  Strafsburg,  wenn 
sie  ohne  alle  Störung 
vor  sich  geht,  2‘,2  bis 
3  Tage,  die  Thalreise 
2  Tage  in  Anspruch 
nehmen  würde.  ^3)  Auf 
dem  Ehein  wird  schon 
jetzt  von  den  Schlepp¬ 
zügen  (2  bis  3  Kähne 
im  Anhang)  die  Strecke 
Mannheim  -  Strafsburg, 
je  nach  der  Leistungs¬ 
fähigkeit  des  Schlep¬ 
pers,  in  20  bis  30  Stun¬ 
den  ,  -^)  die  Thalreise 
in  kaum  9  Stunden 
zurückgelegt ,  sodafs 
auf  dem  Ehein  für 
die  Doppelreise  zum 
mindesten  1  Tag 
weniger  zu  verwenden 
ist  als  auf  dem  Canal. 
In  dem  regulirten 
Schiffsweg  würde  die 
Fahrt  aber  ungleich 
leichter  von  '  statten 
gehen  und  bei  sich¬ 
tigem  Wetter  auch  die 
Nacht  hindurch  fort¬ 
gesetzt  werden  können, 
sodafs  im  Durchschnitt 
ein  Zeitunterschied  für 
eine  Eeise  von  wenig¬ 
stens  IV2  Tagen  zu 
Gunsten  der  freien 
Fahrt  angenommen 
werden  darf. 

Das  starke  Gefälle 
des  Oberrheines  war 
früher  wohl  eine  er¬ 
hebliche  Erschwerung 
der  Bergfahrt.  Durch 
die  Fortschritte  der 
Technik  ist  dies  anders 
geworden.  Von  den 
heute  auf  dem  Ehein 
schwimmenden  neuen 
Dampfern  mit  ihren 
kräftigen  Maschinen 
und  ihrem  geringen 
Kohlenverbrauch  wird 


Ansicht.  Holzstich  v.  0.  Ebel,  Berlin. 

Preisbewerbung  für  Entwürfe  zur  neuen  Herz  Jesu-Kircbe  in  Köln. 

Entwurf  von  Friedr.  Freiherrn  y.  Schmidt  in  Wien  (1.  Preis). 


nicht  lohnend  erwiesen  hat,  auf 
Maxau,  in  der  geregelten  Fahr¬ 
wäre.  Die  von  der  Centralcom- 
zur  Prüfung  der  Entwürfe  der 
stehenden  Brücken  bei  Altbreisach,  bei  Neuenburg  und  bei  Hüningen 
seinerzeit  berufenen  Techniker  haben  sogar  mit  der  Möglichkeit 
rechnen  zu  müssen  geglaubt,  dafs  die  Tauschiffahrt  einstmals  bis 
Basel  hinauf  sich  ausdehnen  könnte. 

Die  Fahrgeschwindigkeit  auf  dem  Canal  soll,  nach  den  Erläute¬ 
rungen  zu 'dem  Canalentwurf,  bei  der  Bergfahrt  5,4  km,  bei  der 


wieder  Thalanhang  und  für 
finden. 


das  auslaufende 


-23)  Wenn  der  Canal 
in  Speyer  vom  Ehein 
abgeht,  so  wäre  für 
den  Schiffahrtsbetrieb 
deshalb  nichts  ge¬ 
wonnen,  weil  hier  viel 
weniger  als  in  Mann¬ 
heim  -  Ludwigshafen 
Gelegenheit  bestände, 
für  den  Schlepper 
Schiff  Schleppkraft  zu 


-^)  Von  den  Schleppern  der  Mannheimer  Dampfschleppschiff'ahrts- 
gesellschaft  schleppen  zur  Zeit: 

Mannheim  I,  II,  III  und  V  je  2  Kähne  mit  einer  Gesamtladung 
von  1200  Tonnen  in  10  Stunden  nach  Maxau,  und  mit  einer 
Gesamtladung  von  800  bis  1000  Tonnen  in  20  bis  23  Stunden 
nach  Strafsburg, 

Mannheim  VI  3  Kähne  mit  zusammen  2000  bis  2150  Tonnen 
in  10  bis  12  Stunden  nach  Maxau  und  mit  zusammen  1500 
bis  1800  Tonnen  in  25  bis  30  Stunden  nach  Strafsburg. 


142 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


die  starke  Strömung  unschwer  und  mit  wenig  erhöhtem  Kostenauf¬ 
wand  überwunden. 

Dafs  bei  Belassung  des  Elieins  in  seinem  gegenwärtigen  Zustande 
die  auf  dem  Canal  nach  Strafsburg  gekommenen  Schiffe  zur  Thalfahi-t 
den  Strom  benritzen  würden,  darauf  ist  nicht  zu  rechnen.  Möglicli 
wäre  dies  für  die  grofsen  Schiffe  überhaupt  nur  bei  höheren  Wasser¬ 
ständen;  aber  auch  daun  ist  die  freie  Fahrt,  zumal  bei  Wind,  für 
die  werthvollen  Schiff'sgefäfse  immer  mifslich.  Auch  auf  dem  Mittel¬ 
rhein  ist  das  Thalschleppen  solcher  Schiff’e,  namentlich  bei  Nachfrage 
nach  Schiffsraum,  neuerdings  mehr  und  mehr  als  vortheilhaft  ei'kannt. 
Die  Canalschlepper  wären  aber  auf  dem  freien  Strom  im  gegen¬ 
wärtigen  Zustande,  selbst  nur  als  Bugsirboote,  nicht  kräftig  genug 
und  auch  ihres  Tiefganges  wegen  in  der  Regel  nicht  zu  brauchen. 

Sicherlich  würde,  wenn  der  Seitencaual  zustande  käme,  der  Ober¬ 
rhein  als  Wasserstrafse,  wenigstens  oberhalb  i\Ia.\au,  vollends  veröden, 
und  für  die  Hheinfahrt  nach  Strafsburg  bald  kein  Steuermann  (Lotse) 
mehr  zu  finden  sein;  denn  schon  die  den  Steuerleuten  zur  Pflicht 
gemachte  häufige  Untersuchung  des  Fahrwassers  würde  sich  nicht 
mehr  lohnen,  l’halfahrt  ohne  ortskundigen  Steuermann  ist  aber  beim 
unregulirten  Zustande  des  Kheinfahrwassers  ausgeschlossen.  Die 
Schiffe  müfsten  also  auch  zu  Thal  auf  dem  Canal  geschleppt  werden. 
Dagegen  würde  in  dem  durch  Regulirung  geschaffenen  Fahrwasser, 
wenn  nur  für  deutliche  Verhakung  der  Fahrwassergrenzen  gesorgt 
wird,  die  Fahrt  so  wenig  schwieiäg  sein,  dafs,  wenn  auch  vielleicht 
nicht  immer  für  den  Schlepper,  so  doch  jedenfalls  für  die  Anhang¬ 
schiffe  der  Lotse  entbehrt  werden  könnte. 

Ob  der  Schitfahrtsbetrieb  trotzdem  auf  dem  Canal  billiger  wäre 
als  auf  dem  Stimm,  ist  nicht  leicht  zum  voraus  zu  beurtheilen; 
jedenfalls  wäre  es  dann  niclit  der  Fall,  wenn  Canalgebühren  er¬ 
hoben  werden. 

Die  Zahl  der  nutzbaren  Schiff’ahrtstage  im  Jahre  wäre  auf  dem 
freien  Rhein  erheblich  gröfser  als  auf  dem  Canal.  Dieser  mufs,  und 
zwar  in  der  guten,  in  der  Regel  auch  der  verkehrsreichen  Jahreszeit, 
jeweils  für  einige  Wochen  gesperrt  und  abgeschlagen  werden,  damit 
die  Bauwerke  untersucht  und  die  erforderlichen  xVusbesserungen  vor¬ 
genommen  werden  können.  Dazu  die  längere  Einwinterung:  auf  dem 
Oberrhein  ist  die  Eisbildung  nicht  bedeutend  und  Treibeis  und  Eis¬ 
stand,  wenn  sie  überhaupt  eintreten,  dauern  viel  kürzer  als  am 
Mittel-  und  Unterrhein.  Der  Canal  aber  würde  zugefriereu,  wenn  der 
Rhein  noch  lange  offen  ist,  und  noch  woclienlang  das  Eis  im  Canal 
liegen,  nachdem  es  auf  dem  Strom  abgegangen  und  die  Schiffahrt 
hier  schon  wieder  in  vollem  Betrieb  ist.  Die  Winter  der  ober¬ 
rheinischen  Tiefebene  sind  bekanntlich  ziemlicli  streng,  nicht  selten 
kälter  als  an  dem  mehr  unter  dem  Eintlufs  der  See  -  Klimas 
stehenden  Unterrhein.  Wenn  auf  dem  (Jberrhein  gleichwohl  das  Eis 
sich  nur  selten  stellt,  so  ist  dies  neben  dem  geregelten  Zustand  des 
Stromlaufes  der  kräftigen  Strömung  zuzuschreiben.  Der  letztere  Grund 
aber  trifft  für  den  Canal  nicht  zu;  dieser  würde  in  manchem  Winter 
mit  Eis  sich  bedecken,  in  dem  die  Rheinschitfahrt  durch  Eisbildung 
wenig  oder  gar  nicht  gestört  ist. 

Dafs  anderseits  für  den  Canal  die  Behinderung  der  Schiffahrt 
durch  Hochwasser,  durch  aufsergewöhiilich  niedrige  Wasserstände 
und  durch  Nebel  wegfällt,  hat  deshalb  keinen  grofsen  Werth,  weil 
die  Canalschiff’ahrt  unmittelbar  an  die  Rheinschiffahrt  anschlösse, 
also  unter  den  Störungen,  welche  die  Schiffahrt  unterhalb  Manuheim- 
Ludwigshafen  erfährt,  in  der  Regel  mit  zu  leiden  hätte. 

Die  Herstellungskosten  des  Canals  sind  für  die  Ausdehnung 
Strafsburg-Ludwigshafen  auf  38  Millionen  Mark,  für  die  Ausdehnung 
Strafsburg- Speyer  auf  32  Millionen  Mark  veranschlagt.  2'')  Die  Kosten 
für  die  Herstellung  einer  Fahrrinne,  wie  oben  beschrieben,  würden, 
sehr  hoch  geschätzt,  nicht  die  Hälfte  der  letzteren  Summe  erfordern. 
Und  wenn  man  auch  annehmen  will,  dafs  die  Unterlialtungskosten 
des  Canals  nicht  mehr  betragen  würden  als  der  Mehraufwand,  der 
nach  erfolgter  Fahrwasserregulirung  für  die  Instandhaltung  der 
Stromstrecke  Kehl -Speyer  alljährlich  aufzuweuden  wäre,  so  bleiben 
immer  noch  die  sehr  bedeutenden  Kosten  für  den  Betrieb  des  Canals, 
—  hauptsächlich  für  die  Bedienung  der  Schleusen  und  Drehbrücken. 

Wenn  also  die  Kostenfrage  zweifellos  für  die  Schiffbarmachung 
des  Rheins  durch  Regulirung  spricht  und  die  Wasserstrafse  im  wohl- 
regulirten  freien  Strom  auch  hinsichtlich  des  Schiffahrtsbetriebes 
unter  den  hier  vorliegenden  Verhältnissen  dem  Seitencanal  vorzu¬ 
ziehen  wäre^'j),  so  erscheint  der  letztere  in  einem  Punkte  überlegen. 

Auffallend  ist,  dafs  die  Baukosten  des  Canals  für  1  km  auf 
elsässischem  Gebiet  sich  zu  308  256  Mark,  auf  bayerischem  Gebiet 
aber  zu  336  222  Mark  berechnen,  also  auf  letzterem  höher,  obschon 
hier  das  Getälle  und  damit  die  Zahl  der  Schleusen  geringer  ist. 

In  diesem  Sinne  liegt  auch  schon  eine  gewichtige  Aeufseruug 
aus  den  Kreisen  der  Schiff'ahrttreibejiden  vor:  In  seiner  General- 
Versammlung  vom  18.  Juni  1883  hat  der  Verein  zur  Wahrung  der 
Rheinschiffahrts  -  Interessen,  dem  fast  alle  rheinischen  Schiffahrts¬ 
gesellschaften  und  gröfseren  Reeder  angehören,  im  wesentlichen  aus 


5.  Ajiril  1800. 


nämlich  in  der  Zeitdauer  der  Ausführung.  Ein  Schiffahrtscanal  von 
Strafsburg  nach  Ludwigshafen  oder  Speyer  liefse  sich,  wenn  nicht 
besondere  Zufälle  eintreten,  insbesondere  die  Grunderwerbung  und 
die  Verhandlungen  wegen  Verlegung  von  Wegen  und  Wasserläufen 
keine  allzu  langen  Verzögerungen  herbeiführen,  nöthigenfalls  in  etwa 
fünf  Baujahren  hersteilen.  Im  gleichen  Zeitraum  wäre  die  Aus¬ 
führung  der  besprochenen  Rheinregulirung  zwar  nicht  unmöglich, 
jedoch  ein  derart  beschleunigter  Baubetrieb  <aus  technischen  und  aus 
ökonomischen  Gründen  nicht  zweckmäfsig.  Dem  Strom  wäre  Zeit  zu 
lassen,  an  der  Umgestaltung  des  Profils  hauptsächlich  durch  die 
seitliche  Lagerung  der  Geschiebe  mitzuarbeiten.  Durchschnittlich 
sieben  Jahre  dauert  es  jetzt,  bis  eine  Kiesbank  am  gleichen  Ufer 
an  derselben  Stelle  wieder  ersclieint,  und  diese  Zeit  wäre  für  die 
Durchführung  der  Regulirung  und  das  Eintreten  ihres  vollen  Erfolges 
wohl  auch  erforderlich.  Mit  Rücksicht  auf  Störungen  durch  die 
Wasserstandsverhältnisse  würde  man  vorsichtig  10  bis  12  Jahre 
Bauzeit  in  Aussiclit  zu  nehmen  haben.  Indes  würde  man  bemüht 
sein  müssen,  und  es  würde  wohl  auch  gelingen,  die  Arbeiten  so  an¬ 
zuordnen,  dafs  der  Verkehr,  Schritt  haltend  mit  dem  Fortgang  des 
Werkes,  nach  und  nach  in  den  Genufs  der  Vortheile  einträte.  Von 
Jahr  zu  Jahr  würde  die  Zahl  der  guten  Schiff’ahrtstage  auf  dem  Ober¬ 
rhein  wachsen;  wie  jetzt  nur  bei  den  höheren,  würden  die  Schleppzüge 
schon  bald  bei  den  mittleren  Wasserständen,  also  in  der  Regel 
schon  den  ganzen  Sommer  hindurch,  auch  nach  Eintritt  der  Spät¬ 
jahrsregen,  Kehl  und  Strafsburg  erreichen  können  —  bis  endlich  die 
gleiche  Fahrwassertiefe,  wie  unterhalb  Mannheim,  beziehungsweise 
die  gleiche  Anzahl  der  guten  Schiff'ahrtstage  wie  am  Mittelrhein 
gewonnen  wäre. 

Ganz  ebenso  war  und  ist  der  Vorgang  an  anderen  regulirten 
und  in  der  Regulirung  begriffenen  Strömen,  insbesondere  am  Rhein 
selbst.  Wie  schon  bemerkt,  auch  abwärts  Mannheim  sind  die  Mindest¬ 
fahrwassertiefen,  deren  Herstellung  das  Ziel  der  Regulirungen  ist, 
weder  im  Rheingau,  noch  in  der  Gebii-gsstrecke,  aber  auch  nicht 
abwärts  Köln  und  noch  weniger  auf  der  Waal  durchweg  vorhanden. 
Deshalb  wird  aber  nicht  weniger  dankbar  anerkannt,  was  hier,  ins¬ 
besondere  von  Preufsen  seit  1830,  für  die  Verbesserung  der  Wasser¬ 
strafse  geschehen  ist,  deren  Werth  in  der  Entwicklung  des  Schiff- 
fahrtsbetriebes  mit  grofsen  Schleppzügen,  mit  werthvolleu  Schiff’s- 
gefäfsen,  die  neuerdings  mit  einer  Laduugsfähigkeit  bis  zu  1300  Tonnen 
■ —  d.  i.  mehr  als  das  doppelte  der  Ladungsfähigkeit  der  noch  vor 
30  Jahren  gebrauchten  gröfsten  Rheinschiffe  —  gebaut  werden,  in 
dem  Wegfall  des  Lotsenzwanges,  in  der  Einführung  von  Schrauben¬ 
dampfschiffen,  wie  denn  überhaupt  in  der  ganzen  Entfaltung  des 
Verkehrslebens  auf  und  an  dem  Strom  beredt  zum  Ausdruck  kommt. 

Noch  nie  hat  die  längere  Dauer  der  Durchführung  einer  Strom¬ 
regulirung  von  dem  Unteimehmen  abgehalten  und  nirgendwo  ist  man 
aus  diesem  Grunde  zur  Herstellung  eines  Seitencanals  geschritten.-^} 

Auch  daran  sei  erinnert,  dafs  der  Zeitpunkt  der  Vollendung 
eines  Unternehmens  nicht  allein  von  der  Zeitdauer  seiner  Ausführung, 
sondern  zunächst  von  dem  Zeitpunkt  seiner  Inangriff’nahme  abhängt, 
und  diese  pflegt  sich  um  so  länger  zu  verzögern,  je  kostspieliger 
das  Unternehmen  ist  und  je  mehr  es  in  bestehende  Verhältnisse 
störend  eingreift.  Dafs  letzteres  bei  einem  Canal,  der  ein  dicht  be¬ 
völkertes,  vielfach  gartenbauartig  bestelltes  Land  mit  seinen  zahl¬ 
reichen  Wegen,  und  viele  Wasserläufe  kreuzend,  durchzieht,  in  un¬ 
gleich  gröfserem  Mafse  der  Fall  wäre  als  bei  einer  Regulirung 
innerhalb  des  Rheinbettes,  liegt  wohl  klar. 

Einleuchtend  ist  auch,  dafs  der  gut  schiffbare  Oberrhein  einem 
sehr  viel  gröfseren  Verkehrsgebiete  dienen  würde  als  der  Seitencanal, 
der  in  Bezug  auf  den  Verkehr  nur  ein  Ufer  hat;  denn  ein  Heran¬ 
ziehen  des  rechten  Rheinufers  zu  dem  Canalverkehr  mit  Hülfe  von 
Zweigeanäleu  wäre  wegen  der  iingenügenden  Fahrwasserzustände  des 
Rheins,  jedenfalls  oberhalb  Maxau,  nicht  in  Aussicht  zu  nehmen. 
Indes  soll  hier  ja  auf  eine  Vergleichung  zwischen  Canal-  und  Rhein¬ 
regulirung  nach  der  wirthschaftlichen  ebenso  wenig  als  nach  der 
politischen  Seite  eingetreten  werden,  sodafs  auch  die  wichtigste  Vor¬ 
frage  unerörtert  bleiben  mufs,  ob  überha^ipt  in  der  Fortsetzung  der 
gi'ofsen  Wasserstrafse  von  Mannheim- Ludwigshafen  oder  von  Speyer 


den  hier  angeführten  Gründen  sich  einstimmig  dahin  ausgesprochen, 
„dafs  die  Stromregulirung  einem  Canal  —  gleichviel  ob  links-  oder 
rechtsrheinisch  —  vorzuziehen  sei“. 

2^)  Als  bei  den  1880  unter  dem  Vorsitz  eines  Reichscommissars 
gepflogenen  Verhandlungen  über  die  Rheiuregulirung  Mainz -Bingen 
der  Vorschlag  zur  Berathuug  kam,  im  Binger  Loch  eine  grofse 
Schleusenanlage  herzustelleu,  um  dadurch  mit  einem  Male  nicht  nur 
diese  schwierigste  Durchfahrtsstelle  zu  beseitigen,  sondern  auch  auf 
der  Kheingaustrecke  gutes  Fahrwasser  zu  schaffen,  haben  sich  die 
Schiffahrtsinteressenten  einmüthig  und  ganz  entschieden  hiergegen 
ausgesprochen,  und  die  schwierige  Regulirung  des  Fahrwassers  im 
Rheingau  und  die  langwierige  weitere  Ausspreugung  im  Binger  Loch 
befürwortet. 


ir.  14. 


143 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


aufwärts  bis  Kelil-Stral'sburg  ein  volkswirthschaftliches  Bedürfnifs 
von  solch  hervorragender  Bedeutung  zu  erkennen  ist,  dafs  es  gerecht¬ 
fertigt  wäre,  hierfür  die  Steuerkraft  der  Bevölkerung  in  erheblichem 
Mafse  in  Anspruch  zu  nehmen,  und  dafs  die  Verschiebungen,  die 
sich  aus  dem  neuen  Verkehrswege  auch  wieder  zum  Nachtheil  des 
Gedeihens  bestehender  Einrichtungen  und  Zustände  unvermeidlich 
ergeben  müfsten,  durch  die  einem  weiteren  Interessengebiet  zu¬ 
gehenden  Vortheile  oder  durch  die  nothwendige  Rücksicht  auf  ge¬ 
wichtige,  höher  stehende  Gesichtspunkte  aufgewogen  würden.  Was 


mit  dem  hier  Gesagten  bezweckt  war,  ist  erreicht,  wenn  es  gelungen 
ist,  darzulegen,  dafs  —  im  Falle  der  Bejahung  der  eben  gedachten 
Frage  —  es  sich  voraussichtlich  lohnen  würde,  dieses  Ziel  durch 
eine  Regulirung  des  Rheinstroms  selbst  anzustreben,  oder  dafs  cs 
doch  wenigstens  angezeigt  erscheint,  diese  Frage  in  umfassender 
und  gründlicher  Weise  zu  untersuchen  und,  nachdem  ein  Canal¬ 
entwurf  vorliegt,  nun  auch  für  die  Rheinregulirung  einen  Entwurf  zu 
bearbeiten,  um  dann  —  im  Zusammenhalt  aller  Gründe  für  und  gegen 
—  abzuwägen,  welcher  der  beiden  Lösungen  der  Vorzug  gebührt. 

Max  Ilonsell. 


Die  ehemalige  Kirche  der  Dominicaner  in  Cohlenz. 

(Schlufs.) 


Die  Eingänge  sowie  die  Fenster  des  Langhauses  sind  heute  sämt¬ 
lich  verunstaltet.  Nur  noch  von  den  die  Obermauern  des  Mittelschiffes 
durchbrechenden  Fenstern  ist  die  alte  Gestalt,  freilich  unter  Aus- 
schlufs  des  Mafswerkes,  erkennbar.  Sie  verlängerten  sich  ehemals 
nach  unten  in  der  Art  von  Blenden,  liefsen  aber  bei  einer  gröfsten 
Breite  von  etwas  weniger  als  2  m  in  romanischer  Weise  einen  be¬ 
deutenden  Theil  der  Wandfläche  zwischen  den  Gewölbdiensten  er¬ 
halten.  Von  dem  alten  Hauptgesimse  des  Mittelschiffes  sind  noch 
Theile  unter  einem  späteren  Dache  auf  der  Nordseite  bemerkbar, 
und  an  der  Ostfront  kragt  noch  in  der  Ecke  zwischen  dem  Chore 
und  dem  nördlichen  Seitenschiffe  ein  Treppenthürmchen  hervor, 
welches  bestimmt  war,  den  Dachboden  über  dem  Mittelschiffe  zu¬ 
gänglich  zu  machen.  Das  Material  der  Mauern  und  Gewölbe  ist  der 
am  Niederrhein  verbreitete  Grauwackenschiefer. 

Ganz  besondere  Aufmerksamkeit  verdient  der  Chor,  dessen  ur¬ 
sprüngliche  Gestalt  sich  ip  allen  Theilen  wiederherstellen  läfst.  Durch 
keine  späteren  Stiländerungen  getrübt,  gehört  er  jedenfalls  den  vier¬ 
ziger  Jahren  des  13.  Jahrhunderts  an  und  vervollständigt  so  die 
Kette  der  frühgothischen  Schöpfungen  des  Niederrheins,  welche  mit 
der  Liebfrauenkirche  in  Trier  (1227)  ihren  Anfang  nimmt  und  im 
Chor  des  Kölner  Domes  (begonnen  1248)  ihren  Gipfel  erreicht.  Frei 
von  jener  drückenden  Enge,  welche  sonst  oft  genug  die  gothischen 
Kirchen  beeinträchtigt,  hat  er  noch  die  behagliche  Breite  der  roma¬ 
nischen  Zeit,  und  während  anderseits  die  Proflle  und  das  Laubwerk 
bereits  die  reine  Sprache  der 
Gotliik  reden,  läfst  die  von 
den  Ordensregeln  verlangte 
Einfachheit  das  Ganze  grofs 
erscheinen.  Von  den  Fen¬ 
stern  ist  das  mittelste  mit 
seinem  zweitheiligen  Mafs- 
werk  und  dem  Dreipafs  im 
Bogenfelde  erhalten.  (Abb.  1 
u.  3).  Die  anderen  sind  jetzt 
geschlossen,  und  ihr  Mafs- 
werk  ist  herausgeschlagen: 
doch  läfst  sich  aus  einigen 
Resten  schliefsen,  dafs  die 
Bogenfelder  abwechselnd  mit 
Drei-  und  Vierpässen  gefüllt 
waren.  Aufsen  zieht  sich 
unter  den  Fenstern  ein  an 
den  Strebepfeilern  sich  verkröpfendes  Kaffgesims  herum.  Der 
Höhenunterschied  zwischen  dem  Kämpfer  der  Gewölbe  und  dem¬ 
jenigen  der  Fenster  beträgt  über  5  m,  sodafs  auf  diese  Länge  die 
Gewölbe  als  senkrechte  Ebenen  emporsteigen.  So  kennzeichnend 
diese  auf  eine  kräftige  Abschattung  hinzielende  Bauweise  für  die 
deutsche  und  die  französische  Gothik  ist,  ebensosehr  widerspricht 
sie  dem  Wesen  der  italienischen.  Die  Dominicaner  und  Franziscaner 
jedoch,  die  thatkräftigen  Verbreiter  des  gothischen  Stils  in  Italien 
verpflanzen  eben  diese  Bauweise  auch  nach  dort  hin,  wenngleich  sie 
in  Italien  ihren  Kirchen  eine  ganz  andere  Gestalt  als  in  Deutsch¬ 
land  geben  (S.  Giovanni  e  Paolo  und  S.  Maria  dei  Frari  in  Venedig). 

Das  Kloster,  welches,  wie  schon  erwähnt  wurde,  im  vorigen  Jahr¬ 
hundert  eine  durchgreifende  Erneuerung  erfahren  hat,  ist  auf  der 
Nordseite  der  Kirche  um  einen  geviertförmigen  Hof  herum  angeordnet 
(Abb.  1).  Gewöhnlicher  ist  allerdings  die  Lage  auf  der  Südseite;  doch 
kommen  Ausnahmen  von  dieser  Regel  wiederholt  vor.'')  Was  in  Coblenz 


'')  Unter  anderen  auch  am  Dominicanerkloster  in  Frankfurt  a.  M. 
Die  Kirche  desselben  steht  der  Coblenzer,  was  sowohl  den  Grundrifs 
als  auch  das  Einzelne  angeht,  in  ihren  älteren  Theilen  stilistisch  und 
zeitlich  sehr  nahe;  als  eine  verhältnifsmäfsig  niedrig  augelegte  Hallen¬ 
kirche  und  in  spätgothischer  Zeit  stark  erneuert,  kann  sie  aber  in 
ihrem  Innern  weder  an  Macht  noch  an  Einheitlichkeit  der  Wirkung 
sich  mit  jener  messen.  Nachdem  auch  sie  lange  mifshandelt  worden 
ist,  wurde  ihre  westliche  Hälfte  kürzlich  von  der  städtischen  Bauver- 


die  Brüder  zu  der  Wahl  des  Bauplatzes  bestimmte,  ist  nicht  bekannt; 
vielleicht  reizte  sie  der  Blick  auf  die  lieblichen  Moselufer,  welchen 
sie  zur  Zeit  der  Gründung  des  Klosters,  da  dieses  damals  aufserhalb 
der  Stadtmauern  lag,  bequem  geniefsen  konnten.  Einige  bemerkens- 
werthe  Reste  des  mittelalterlichen  Baues  sind  noch  ei’halten.  Dem 
Dst-Ende  der  Kirche  schliefst  sich  ein  anscheinend  frühgothischer 
Raum  an,  der  zur  Sacristei  gedient  haben  mag.  Er  wird  von  vier 
rundbogigen,  rippenlosen  Kreuzgewölben  überspannt,  die  auf  einer 
in  der  Mitte  stehenden  schlichten  Säule  ruhen.  Sodann  folgen  Reste 
eines  zweiten,  wohl  späteren  Gemaches,  dessen  Kreuzgewölbe  von 
achteckigen  Pfeilern  getragen  werden.  Ueber  beide  Räume  erstreckt 
sich  im  ersten  Stock  ein  12,80  m  langer  Saal,  der  heute  zur  Capelle 
des  Lazareths  eingerichtet  ist.  Er  gehört  dem  Bau  zwischen  1441 
und  1499  an.  Von  den  drei  in  der  Längsachse  stehenden  Stützen 
sind  eine  als  Rundsäule,  die  beiden  anderen  wieder  als  achteckige 
Pfeiler  behandelt;  das  Laubwerk  der  Capitelle  und  der  Wandkrag¬ 
steine  trägt  deutlich  das  späte  Ge])räge,  und  die  Rippen  der  Kreuz¬ 
gewölbe  bestehen  aus  einem  Birnstabe  zwischen  zwei  Hohlkehlen. 

Aus  dem  Coblenzer  Dominicanerkloster  ging  eine  nicht  geringe 
Zahl  von  Männern  hervor,  welche  theils  zum  bischöflichen  Amte  ge¬ 
langten,  theils  den  Satzungen  ihres  Ordens  gemäfs  als  Vertheidiger 
der  kirchlichen  Rechtgläubigkeit  bekannt  geworden  sind.* *)  Die 
meisten  derselben  werden  in  der  Klosterkirche  ihre  Ruhestätte  ge¬ 
funden  haben;  doch  nur  ein  einziger  ihrer  Grabsteine  ist  heute  über¬ 
haupt  noch  vorhanden.  Schon  vor  mehreren  Jahrzehnten  wurde  er 
aus  der  jetzt  aller  Kunstwerke  beraubten  Kirche  nach  dem  Gym¬ 
nasium  (dem  ehemaligen  Jesuitenkloster)  überführt  und  rechts  vor 
der  Thür  zum  Conferenzsaale  in  die  Wand  eingelassen.  Der  Stein 
gehört  dem  1493  verstorbenen  Heinrich  von  Rübenach*),  welcher, 
aus  dem  unweit  Coblenz  gelegenen  Orte  gleichen  Namens  gebürtig, 
den  Rang  eines  Weihbischofs  von  Köln  mit  dem  Titel  eines  Bischofs 
von  Venecomponum  in  Syrien  bekleidete,  und  giebt  einen  überlebens- 
grofs  dargestellten  Prälaten  in  seiner  Amtstracht  zu  erkennen.  Die 
Mitra  auf  dem  Haupte,  den  Stab  in  der  Rechten  und  ein  Buch  in 
der  Linken,  steht  er  in  kräftiger,  edler  Gewandung,  fast  frei  gearbeitet, 
auf  einem  Löwen.  Früher  lag  dieses  Denkmal  vor  dem  mit  Stein¬ 
bildwerken  geschmückten  Hochaltäre,  dessen  Ursprung  in  das  Ende 
des  14.  Jahrhunderts  verlegi:  wii-d,  über  dessen  Verbleib  ich  aber 
keine  Kunde  zu  erlangen  vermochte,  i^) 

Es  wird  keine  aufsergewöhnlichen  Mühen  und  Kosten  bereiten, 
um  die  Kirche  ihrer  Bestimmung  zurückzugeben,  und  die  Gelegenheit 
dazu  dürfte  sich  vielleicht  schon  in  den  nächsten  Jahren  bieten, 
da  die  gänzliche  Aufhebung  der  Stadtbefestigung  von  Coblenz 
neuerdings,  und  zwar  durch  Cabinetsbefehl  vom  13.  v.  M.,  genehmigt 
worden  ist.  Alsdann  würde  die  Stadt  sich  hauptsächlich  nach 
der  Moselseite  hin  ausdehnen,  und,  wie  Herr  Reichensperger  aus¬ 
führt,  die  Dominicanerkirche  nach  Verlegung  des  Garnisonlazareths 
in  einen  eigenen  Neubau  sehr  geeignet  sein,  zur  Pfarrkirche  der 
westlichen  Stadt  und  des  mit  ihr  durch  die  Moselbrücke  verbundenen 
Lützelcoblenz  erhoben  zu  werden.  Die  Stadt  würde  damit  ihr 
bedeutendstes  gothisches  Bauwerk  wiedergewinnen.  Wie  aber  dieses 
in  Vergessenheit  gerathen  ist,  so  ist  es  auch  einem  kleineren 
Denkmal  ebenderselben  Kunstweise  ergangen.  Ich  meine  die  auf  der 
Nordseite  der  St.  Castorkirche  gelegene  einschiffige  Capelle,  die  zum 
Militär  -  Proviantamte ,  dem  ehemaligen  Besitzthume  des  deutschen 
Ordens,  gehört,  und  welche  man  als  ein  Kleinod  der  beginnenden 


waltung  sehr  geschickt  als  Stadthalle  für  Ausstellungs-  und  Ver¬ 
sammlungszwecke  wiederhergestellt;  hoffentlich  wird  es  auch  noch 
gelingen,  die  Kirche  dem  Gottesdienste  zurückzugeben.  Das  Kloster 
ist  auch  hier  durch  einen  unbedeutenden  barocken  Neubau  ersetzt. 
(Vgl.  W.  Lotz  und  F.  Schneider,  Die  Baudenkmäler  im  Regierungs¬ 
bezirk  Wiesbaden  S.  136.) 

*)  Marx  a.  a.  0. 

®)  Die  LTmschrift  ist  mitgetheilt  bei  Lehfeldt  S.  172. 
i*^)  J.  A.  Klein,  Rheinreise  von  Strafsburg  bis  Rotterdam.  Coblenz, 
2.  Auflage,  S.  114.  —  Lotz  a.  a.  0. 


Abb.  3.  Schnitt  der  Chorfenster. 


144 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


Spiitgotliik  bezeichnen  möchte. Wer  sich  erinnert,  welclien  geringen 
Schlitz  unsere  geschichtlichen  Denkmäler  immer  noch  geniefsen,  wie 
erst  jüngst  in  dem  wenige  Kilometer  oberhalb  Coblenz  am  Kheine 
gelegenen  Städtchen  Boppard  das  sogenannte  Templerhans,  ein  in 
seiner  Art  seltener  romanischer  Profanbaiii^)^  von  einer  kirchlichen 
Behörde  selber  durch  einen  Umbau  zerstört  werden  konnte,  ohne  dafs 

'!)  Beschreibung  bei  Lehfeldt  S.  166. 

'-)  Beschreibung  und  Skizze  der  Gesamtansicht  bei  F.  Bock,  Bhein- 
lands  Baudenkmale  des  Mittelalters.  Köln  und  Xeufs.  2.  Serie. 


5.  April  1890. 


auch  nur  eine  befriedigende  Aufnahme  des  alten  Zustandes  mitge- 
theilt  worden  wäre,  der  wird  den  Wunsch  gerechtfertigt  finden,  dafs 
der  genannten  Capelle  der  erforderliche  Schutz  und  die  leicht  zu  be¬ 
wirkende  Wiederherstellung  nicht  vorenthalten  werden  möchte.  Noch 
sind  ihre  Schäden  nicht  gerade  erheblich,  aber  die  Zugehörigkeit  zum 
Proviantamte  setzt  sie  allerhand  Gefahren  aus,  während  dieses  sie 
unschwer  entbehren  könnte.  Möchte  man  deshalb  dieses  Bauwerks 
bei  der  Erneuerung  der  Dominicanerkirche  nicht  vergessen. 

Julius  Kohte. 


Vermischtes. 


Zur  Leipziger  Kathhaushanfrage,  über  die  in  Nr.  9  d.  J.  ein¬ 
gehender  berichtet  worden  ist,  hat  neuerdings  auch  der  Verein 
Leipziger  Architekten  in  einer  der  Geffentlichkeit  übergebenen 
Denkschrift  Stellung  genommen,  und  zwar  spricht  er  sich  gegen  den 
geplanten  Umbau  und  für  einen  Neubau  aus.  Der  Gründe,  die 
der  Vei’ein  gegen  den  Lichtscheu  Vorschlag  ins  Feld  führt,  sind 
im  wesentlichen  zwei.  Einmal  wird  behauptet,  dafs  bei  dem  Umbau¬ 
plane  nicht  genug  Rücksicht  auf  die  Verkehrsfreiheit  in  der  Um¬ 
gebung  genommen  werde  und,  im  Zusammenhänge  damit,  dafs  nicht 
ausreichend  für  Licht  und  Luft  gesorgt  sei.  Es  wird  ausgeführt, 
dafs  durch  gröfsere  Zusammendrängung  der  Baugruppe  eine  Ver¬ 
breiterung  der  Grimmaischen  Strafse  auf  etwa  20  m,  des  Salzgäfschens 
auf  15  m  und  der  Reichsstrafse  auf  22  m  ermöglicht  werde  und  dafs 
dabei  ein  genügend  grofser  Bauplatz  übrig  bleibe,  um  auf  ihm  einen 
Neubau  mit  mehr  nutzbarer  Grundfläche,  als  sie  der  Umbauplan 
bietet,  zu  errichten.  Weiter  wird  der  Satz  hingestellt,  dafs  die 
Lebensinteressen  Leipzigs  nicht  hinter  die  Pietät  vor  dem  alten 
Rathhause  zurückgestellt  werden  dürften,  und  endlich  wird  in  einer 
etwas  tragischen  Anwandlung  ausgerufen,  dafs  mit  der  Ausführung 
des  beabsichtigten  Umbaues  die  Hoffnungen  auf  Erweiterung  und 
Verschönerung  der  inneren  Stadt,  auf  Förderung  von  Handel  und 
Wandel  sowie  in  letzter  Linie  auf  den  vermehrten  Wohlstand  der 
heutigen  und  kommenden  Geschlechter  wohl  für  immer  dahiusinken 
werden.  Wir  halten  alle  diese  Punkte  für  hinfällig.  Der  in  der  Denk¬ 
schrift  vorgeschlagene,  ringsum  vier  Geschofs  hohe  Neubau  mit  seinen 
engeren  Höfen  ist  in  den  angeführten  Beziehungen  ungünstiger  als 
der  Lichtsche  Entwurf,  bei  dem  einzelne  Gebäudetheile  erheblich 
niedriger  gehalten  wurden.  Eine  Verbreiterung  kurzer  Strafsenstrecken 
—  die  Reichsstrafse  ist  in  ihrem  weiteren  Verlaufe  15  m,  die 
Grimmaische  Strafse  nur  13,50  m  breit  —  ist  nicht  dazu  angethan, 
„endlich  einmal  im  Herzen  der  Stadt  Verkehrsfreiheit,  Luft  und 
Licht  zu  schäften“,  und  der  Vorth  eil  einzelner  benachbarter  Bürger 
kann  u.  E.  nicht  in  Betracht  kommen,  wenn  es  sich  darum  handelt, 
der  gesamten  Bürgerschaft  ihr  werthvollstes  Baudenkmal  aus  alter 
Zeit  zu  erhalten.  Auf  das  Gebiet  der  diese  Denkmalerhaltung  be- 
treft'enden  Fragen  möchten  wir  den  Leipziger  Architekten  ebenso¬ 
wenig  folgen,  wie  wir  hier  auf  ihre  insbesondere  vom  baukünst¬ 
lerischen  Standpunkte  erhobenen,  auf  den  Umbauentwurf  selbst  be¬ 
züglichen  Einwände  eingehen  wollen.  Der  Werth  der  Erhaltung 
eines  geschichtlichen  Baudenkmals  scheint  von  den  Leipziger  Fach¬ 
genossen  noch  nicht  in  dem  Mafse  gewürdigt  zu  werden,  wie  das  im 
übrigen  deutschen  Vaterlande  heutzutage  wohl  ausnahmslos  der  Fall 
ist,  und  über  die  rein  architektonischen  Gesichtspunkte  findet  die 
Denkschrift  so  wenig  zu  sagen,  dafs  damit  die  Vorzüglichkeit  des 
Lichtscheu  Entwurfes  nur  von  neuem  bestätigt  wird.  Uebrigens  sind 
die  auf  Seite  10  u.  f.  beregten  Punkte  von  uns  schon  in  der  eingangs 
angezogenen  Besprechung  erörtert  worden. 

Der  zweite  Hauptgrund,  der  den  Verein  Leipziger  Architekten 
veranlafst  hat,  gegen  den  Umbauplan  Stellung  zu  nehmen,  ist  die 
Kostenfrage.  Sie  ist  für  den  Aufsenstehenden  schwerer  zu  beurtheilen. 
Mag  die  Summe  von  8  250  000  Mark  für  den  Neubauentwurf  von  1882 
etwas  hoch  gegriffen  sein,  immerhin  darf  man  als  sicher  annehmen, 
dafs  sie  durch  eingehende  Berechnungen  des  Stadtbauamtes  annähernd 
zutreffend  ermittelt  ist;  denn  sonst  würde  die  Höhe  der  Bausumme 
kaum  so  ohne  weiteres  Hauptgrund  für  die  damalige  Ablehnung 
seitens  der  Stadtverordneten  geworden  sein.  Der  Einheitssatz  von 
36  Mark  für  das  Cubikmeter  umbauten  Raumes  eines  Neubaues,  mit 
dem  die  Leipziger  Architekten  ihren  Beweis  führen,  ist  sicherlich 
wohl  zu  niedrig  gegriffen.  Die  Beispiele,  welche  die  Denkschrift 
anführt,  sind  nicht  recht  beweisend.  Das  Hamburger  Rathhaus  soll 
41  Mark  kosten.  Die  5  Mark  Mehrbetrag  sind  wohl  kaum  durch  die 
Verschiedenheit  der  örtlichen  Verhältnisse  begründet.  Ueberdies 
gelten  u.  W.  die  41  Mark  für  jene  Bauausführung  ohne  die  innere 
Decoration,  und  ob  die  Summe  bei  den  neuerdings  stark  veränderten 
Preisverhältnissen  reichen  wird,  ist  eine  weitere  Frage.  Das  Rath¬ 
haus  in  München  (34  Mark)  ist  1870  erbaut,  kann  also  heut  kaum 


noch  in  Betracht  gezogen  werden;  dasselbe  gilt  vom  Wiesbadener 
Rathhause  (27  Mark),  und  der  Kaiserpalast  in  Strafsburg  (29  Mark) 
ist  in  seinem  Innern  so  sparsam  ausgestattet,  dafs  er  als  ein  jetzt 
schon  künstlerisch  fertig  durchgebildetes  Bauwerk  kaum  gelten 
kann.  Wir  möchten  aber  ein  beweiskräftigeres  Beispiel  anführen: 
das  Wiener  Rathhaus,  welches  29  Gulden,  das  sind  nahezu  50  Mark 
gekostet  hat.  Man  wird  danach  für  das  Rathhaus  in  Leipzig  einen 
Einheitspreis  von  mindestens  42  Mark  anzunehmen  haben,  und  da¬ 
mit  würde  sich  für  einen  Neubau  auf  der  von  der  Denkschrift  an¬ 
genommenen  Gruudftäche  dem  Umbau  gegenüber  ein  Mehrbetrag  von 
rund  2  Milionen  Mark  ergeben.  Und  selbst  wenn  das  Kostenver- 
hältnifs  wirklich  das  in  der  Denkschrift  herausgerechnete  wäre,  so 
würde  dieses  doch  nimmer  in  die  Wagschale  fallen  dürfen  gegenüber 
den  schwerwiegenden  Gründen,  die  der  Stadt  die  Erhaltung  ihrer 
werthvollen  geschichtlichen  Baudenkmäler  zur  Pflicht  machen.  Dafs 
die  Denkschrift  aber  auf  den  Vorschlag  einer  Preisbewerbung 
hinausläuft,  die  ja  wohl  manchem  an  den  eigenen  Erfolg  glaubenden 
Architekten  sehr  erwünscht  sein  mag,  setzt  uns  ganz  besonders  in 
diesem  Falle  in  Erstaunen,  wo  es  sich  um  einen  Entwurf  handelt, 
den  das  einstimmige  Urtheil  der  hervorragendsten,  zu  seiner  Begut¬ 
achtung  berufenen  Sachverständigen,  eines  Friedrich  v.  Schmidt, 
Springer,  Wallot  und  Hauberrisser  als  einen  aufsergewöhnlich 
glücklichen  bezeichnet  hat.  Hd. 

Dem  Fih'steu  Bismarck  ist  zu  seinem  Geburtstage  von  Berliner 
Malern,  Bildhauern,  Musikern  und  Baukünstlern  folgender  telegra¬ 
phische  Glückwunsch  gesandt  worden.  „In  seiner  vollendetsten 
Leistung  ragt  alles  Menschenwerk  über  das  Menschliche  hinaus  und 
wird  zur  gottbegnadeten  Kunst,  der  Mensch  zum  Werkzeug  der 
Gottheit  In  dieser  Empfindung  senden  die  Unterzeichneten  Berliner 
Künstler  ihrem  bewunderten  Vorbilde,  dem  Baumeister  des  Deutschen 
Reichs,  dem  Bildner  der  Germania,  dem  Schöpfer  des  gröfsten  natio¬ 
nalen  Epos  deutscher  Geschichte  ehrfurchtsvollen  Grufs  und  Glück¬ 
wunsch.  Niemals  werden  wir  aufhören,  in  Bewunderung,  in  herz¬ 
licher  Liebe  und  unwandelbarer  Dankbarkeit  der  Vergangenheit  zu  ge¬ 
denken  sowie  der  Zukunft  zu  vertrauen,  welche  Euerer  Durchlaucht 
den  Segen  bringen  möge,  welcher  auf  jeder  treuen  Pflichterfüllung 
ruht.“ 

Zur  Getviiiuuiig  des  Entwurfes  für  eine  dem  Gedächtnifs  der 
hochseligen  Kaiserin  Angusta  gewidmete  Kirche  in  Berlin  war  in  jüng¬ 
ster  Zeit  unter  den  Staatsbaubeamten,  Bauräthen  Schulze  und  Spitta 
und  unter  den  Berliner  Privatarchitekten  Doflein,  Grisebach,  Bau¬ 
rath  Orth,  Geh.  Reg.-Rath  Otzen,  Baurath  Schwechten  und  Architekt 
Vollmer  ein  engerer  Wettbewerb  veranstaltet  worden.  Nach  dem 
Urtheile  des  aus  Mitgliedern  der  obersten  Baubehörden  zusammen¬ 
gesetzten  Preisgerichts  waren  die  Pläne  der  Herren  Doflein, 
Schwechten  und  Spitta  zur  engeren,  die  der  beiden  letzteren  zur 
engsten  Wahl  gestellt,  und  durch  Seine  Majestät  den  Kaiser  ist  der 
Spittasche  Entwurf  zur  Ausführung  bestimmt  worden.  Die  in 
romanischen  Formen  für  Hausteinausführung  geplante  Kirche  würd 
1400  Sitzplätze  enthalten  und  inmitten  des  Invalidenparkes  zwischen 
der  dortigen  Denksäule  und  der  Invalidenstrafse  erbaut  werden.  Die 
Kirche  gehört  zu  der  gröfseren  Zahl  von  Gotteshäusern,  durch  deren 
für  die  nächste  Zeit  in  Aussicht  genommene,  zum  Theil  schon  im 
Werke  begriffene  Errichtung  der  in  Berlin  bestehenden  Kirchennoth 
abgeholfen  werden  soll,  und  die  den  Gegenstand  besonderer  Fürsorge 
des  erlauchten  Kaiserpaares  bilden.  Aufser  ihr  werden  in  nächster 
Zeit  noch  in  Angriff  genommen  werden  Kirchen  für  den  Lausitzer 
und  Dennewitz-Platz  vom  Baurath  Orth  und  Geh.  Reg.-Rath  Otzen, 
eine  Kirche  des  erstgenannten  für  die  Elisabethgemeinde  und  eine 
vom  Baurath  Schulze  entworfene  Kirche  in  Moabit.  Bereits  in 
Ausführung  begriffen  sind  eine  Kirche  der  Nazarethgemeinde  von 
Baurath  Spitta  und  eine  von  diesem  unter  Zugrundelegung  von 
Plänen  des  Geh  Reg.-Raths  Professor  Hase  in  Hannover  bearbeitete 
Kirche  für  den  Berliner  Vorort  Rummelsburg. 


Verlag  von  Ernst &Korn  fWilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Rcdaction  des  nicbtamtliclien  Tlieiles  verantwortlich:  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


145 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  12.  April  1890.  15. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  dnrch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Anslande  1,30  Mark. 

IMBALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Wettbewerb  nm 
den  Parlamentspalast  in  Rom.  —  Der  Einflufs  der  Stromregulirungen  auf  die 
Wasserstände  in  den  Flüssen.  —  Mittheilungen  über  Oberbau  auf  englischen  Eisen¬ 
bahnen.  (Fortsetzung.)  —  Vermischtes:  Wettbewerb  für  ein  Reiterstandbild 

Kaiser  Wilhelm  I.  in  Breslau.  —  Herz  Jesu -Kirche  in  Köln.  —  Vorstand  des  Ost- 
preufsischen  Architekten-  und  Ingenieur-Vereins  in  Königsberg  i.  Pr.  —  Inhalt  der 
Zeitschrift  für  Bauwesen.  —  Geheimer  Baurath  Adolf  Tolle  f. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Ge¬ 
heimen  Regierungsrath  und  vertragenden  Rath  im  Ministerium  der 
geistlichen,  Unterrichts-  und  Medicinal-Angelegenheiten,  Conservator 
der  Kunstdenkmäler  Reinhold  Persius  zum  Geheimen  Ober -Regie¬ 
rungsrath  und  den  Geheimen  Regierungsrath  Früh  in  Erfurt  zum 
Ober-Baurath  mit  dem  Range  der  Ober-Regierungsräthe,  sowie  ferner 
die  Garnison -Bauinspectoren,  charakterisirte  Bauräthe,  Gerstner, 
V.  Rosainsky,  Rühle  v.  Lilienstern,  Schmidt  und  Dublanski, 
bisher  mit  Wahrnehmung  der  Dienstgeschäfte  der  bautechnischen  Mit¬ 
glieder  bei  den  Intendanturen  des  IX.,  II.,  XIV.,  provisorischen  XVI. 
und  XVII.  Armeecorps  beauftragt,  zu  Intendantur-  und  Bauräthen 
zu  ernennen,  und  dem  Kreis -Bauinspector,  Baurath  Gerlhoff  in 
Osterburg  aus  Anlafs  seines  Uebertritts  in  den  Ruhestand  den  Rothen 
Adler-Orden  III.  Klasse  mit  der  Schleife,  sowie  aus  gleichem  Anlafs 
dem  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Schütte  in  Rastenburg  O.-Pr.  den 
Königliehen  Kronen-Orden  III.  Klasse  und  dem  Wasser-Bauinspector, 
Baurath  Eckhardt  in  Frankfurt  a.  M.  den  Rothen  Adler-Orden 
IV.  Klasse  zu  verleihen,  sowie  dem  Intendantur-  und  Baurath 
Goedeking  bei  der  Intendantur  des  II.  Armeecorps  die  nachgesuchte 
Entlassung  mit  Pension  unter  Beilegung  des  Charakters  als  Geheimer 
Baurath  zu  ertheilen. 

Der  Ober-Bau-  und  Geheime  Regierungsrath  Früh  ist  mit- der 
Wahrnehmung  der  Geschäfte  des  Dirigenten  der  III.  Abtheilung  der 
Königlichen  Eisenbahn-Direction  in  Erfurt  definitiv  betraut  worden. 

Die  Intendantur-  und  Bauräthe  Schmidt  und  Dublanski  sind 
zu  den  Intendanturen  XVI.  bez.  XVII.  Armeecorps  versetzt. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Eugen  Werren  in  Lim¬ 
burg  a.  d.  Lahn  ist  unter  Verleihung  der  Stelle  des  Vorstehers  der 
zum  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  Wiesbaden  gehörigen  Bau- 
inspection  in  Limburg  zum  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector 
ernannt  worden. 

Der  Kaiserliche  Marine-Schiffbauinspector  Hofsfeld  ist  infolge 
seiner  Versetzung  nach  Kiel  von  den  Geschäften  als  Mitglied  des 
Königlichen  technischen  Prüfungs-Amts  in  Berlin  entbunden  und  der 
Kaiserliche  Marine-Baurath  und  Schiffbau-Betriebs-Director  Jäger 
in  Berlin  zum  Mitgliede  des  gedachten  Prüfungs-Amts  ernannt  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  Johannes 
Radke  in  Berlin  und  Fifiedrich  Leutfeld  in  Göttingen  ist  die  nach¬ 
gesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Der  Geheime  Baurath  und  vertragende  Rath  im  Ministerium  der 
öffentlichen  Arbeiten  Adolf  Tolle  ist  gestorben. 


Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  und  König  haben  Allergnädigst  geruht, 
dem  Marine-Hafen-Bauinspector  Schirmacher  bei  der  Kaiserlichen 
Werft  in  Kiel  und  den  Marine -Maschinenbauinspectoren  Mechlen- 
burg  und  Hoffert  bei  der  Kaiserlichen  Werft  in  Wilhelmshaven 
den  Charakter  als  Marine-Baurath  zu  verleihen. 

Der  Maschinen -Ingenieur  Julius  Plafs  ist  zum  Kaiserlichen 
Eisenbahn -Maschineninspector  bei  der  Verwaltung  der  Reichseisen¬ 
bahnen  in  Elsafs -Lothringen  ernannt  und  ihm  die  Werkstätten- 
Maschineninspection  in  Mülhausen  übertragen  worden. 

Garnison  -  Bauverwaltung.  Die  Regierungs-Baumeister 
Knitterscheid  und  Reimer  in  Metz  bezw.  Aachen,  Klatten, 
Wieczorek  und  Wutsdorff,  technische  Hülfsarbeiter  in  der  Bau- 
Abtheilung  des  Kriegsministeriums,  Vetter  in  Berlin,  Leeg,  tech¬ 
nischer  Hülfsarbeiter  bei  der  Intendantur  XI.  Armeecorps  in  Cassel, 
Köppers  in  Mörchingen,  v.  Fisenne  in  Greifswald,  Klingel¬ 
höf  fer,  technischer  Hülfsarbeiter  bei  der  Intendantur  des  Garde¬ 
corps  in  Berlin,  Schwenck  in  Karlsruhe,  Hildebrandt  in  Spandau 
und  Bösensell,  technischer  Hülfsarbeiter  bei  der  Intendantur 
XV.  Armeecorps  in  Strafsburg  i.  E.  sind  zu  Garnison  -  Bauinspectoren 
ernannt. 

Versetzt  sind:  Die  Garnison -Bauinspectoren  Pieper  in  Frank¬ 
furt  a.  M.  nach  Hanau  und  Reimer  nach  Gumbinnen,  j 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  Oberingenieur  Wilhelm  Aicham,  Vorstand  der  Wasser-  und 
Strafsenbauinspection  Waldshut,  in  gleicher  Eigenschaft  zu  der 
Wasser-  und  Strafsenbauinspection  Freiburg  zu  versetzen,  den  Be¬ 
zirksingenieur  Julius  Gasteiger,  Vorstand  der  W'asser-  und  Strafsen¬ 
bauinspection  Bonndorf,  in  gleicher  Eigenschaft  zu  der  Wasser-  und 
Strafsenbauinspection  Waldshut  zu  versetzen  und  zum  Oberingenieur 
zu  ernennen,  den  Bezirksingenieur  Adam  Baum  in  Rastatt  zum  Vor¬ 
stand  der  Wasser-  und  Strafsenbauinspection  Bonndorf,  den  Ingenieur 
I.  Klasse  Hugo  Kühlenthal  in  Donaueschingen  zum  Culturingenieur 
und  zum  Vorstand  der  Culturinspection  Donaueschingen  und  die 
Ingenieure  II.  Klasse  Gustav  Montigny  in  Karlsruhe  und  Jakob 
Bug  in  Tauberbischofsheim  zu  Ingenieuren  1.  Klasse  zu  ernennen, 
sowie  den  Professor  Dr.  Eberhard  Gothein  an  der  technischen 
Hochschule  in  Karlsruhe  auf  sein  Ansuchen  auf  den  1.  April  1.  J. 
aus  dem  Grofsherzoglichen  Staatsdienste  zu  entlassen. 


[Alle  EecMe  vortielialten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Vom  Wettbewerb  um  den 

Das  Amtsblatt  für  das  Königreich  Italien  theilte  unterm 
15.  Januar  d.  J.  das  Gutachten  des  Königlichen  Ausschusses  für  den 
Wettbewerb  um  den  Parlamentspalast  in  Rom  mit,  nachdem  die  Er- 
gebnifslosigkeit  dieser  Bewerbung,  die  bekanntlich  schon  im  Jahre 
1883/84  ein  ebenso  erfolgloses  Vorspiel  hatte,  bereits  einen  Monat 
früher  bekannt  gegeben  war.  Eine  in  Nr.  51  des  vorigen  Jahrg.  d.  Bl. 
darüber  gegebene  Mittheilung  enthebt  uns  einer  weiteren  Erwähnung. 
Im  ganzen  waren  49  Entwürfe  eingegangen.  Die  Betheiligung  war  gegen 
den  ersten  Wettbewerb  (mit  19)  also  erheblich  gestiegen,  doch  hatten 
immerhin  viele  bei  der  herrschenden  Meinungsverschiedenheit  über 
die  eigentliche  Nothwendigkeit  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade 


Parlamentspalast  in  Rom. 

auch  Ernsthaftigkeit  der  Bewerbung  und  über  die  Zweckmäfsigkeit  der 
Platzwahl  von  einer  Betheiligung  Abstand  genommen  oder  die  be¬ 
gonnene  Arbeit  wieder  bei  Seite  gelegt.  So  sind  namentlich  be¬ 
kanntere  und  hervorragendere  Namen  der  Aufgabe  fern  geblieben. 
Nur  die  jüngere  italienische  Architektenwelt  hatte  sich  dafür  um 
so  zahlreicher  in  den  Wettkampf  eingelassen,  und  wenngleich  auch 
dies  mit  immer  noch  für  eine  solche  grofse  Aufgabe  vielfach  unzu¬ 
reichenden  Kräften  geschehen,  so  stand  der  Durchschnittswerth  der 
Mehrzahl  der  eingelieferten  Arbeiten  doch  über  dem  der  übrigen 
nationalen  Wettbewerbe,  die  sich  in  den  letzten  Jahren  in  Rom  ab¬ 
gespielt  haben. 


146 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


12.  April  1890. 


Bezüglich  der  Progranimbestimmuugen  und  der  Platzfrage  können 
wir  ebenfalls  auf  den  in  Nr.  46  und  47  des  Jahrganges  1888  von 
anderer  Seite  veröffentlichten  Aufsatz  verweisen.  Uns  scheint,  wenn 
auch,  wie  dort  lobend  hervorgehoben,  mit  „den  nur  ganz  allgemein 
zu  beachtenden  und  nur  in  gTofsen  Zügen  angedeuteten  Gesichts¬ 
punkten  der  Gestaltungskraft  des  einzelnen  Künstlers  ein  thun- 
lichst  weites  Feld  der  Bewegung  gewährt  worden  war“,  denn  doch, 
und  heut  noch  mehr  als  früher  aufser  Zweifel,  dafs  mau  mit  einer 
sorgfältigeren  Abfassung  dieses  Programmes  und  einer  schärfer  und 
genauer  bestimmten  Angabe  namentlich  der  [Kaumbedürfnisse  der 
Sache  mehr  genützt  haben  würde.  Nach  dieser  Richtung  hin,  für 
einen  vielleicht  zu  erwartenden  zweiten  Wettbewerb  und  dann  für 
die  Aufstellung  eines 
in  sicherere  Bahnen 
lenkenden  Progi'am- 
mes  hat  die  abge¬ 
laufene  Bewerbung 
ja  genügende  Grund¬ 
lagen  gefördert;  in¬ 
dessen  dürfte  die 
Platzfrage  wohl  noch 
ernstlicher  zu  erwä¬ 
gen  sein.  Die  be¬ 
deutenden  Höhen¬ 
unterschiede  des  für 
jetzt  gewählten 
Platzes  sind  wenig 
empfehlend,  die  Ent¬ 
schädigungen  für  die 
Grundstücks  -  Enteig¬ 
nungen  der  in  Frage 
kommenden  Com- 
plese,  des  Klosters 
und  der  Kirche  von 
S.  Domenico  e  Sisto, 
der  Gebäude  um  den 
Torre  delle  Milizie 
nach  dem  Trajans- 
forum  hinab,  dürften 
gewaltige  Höhen  er¬ 
reichen,  und  noch 
manches  Hindernifs 
würden  die  Abbruchs¬ 
arbeiten  hier  durch 
die  Aufdeckung  an¬ 
tiker  Reste  bereiten, 
deren  Erhaltung  wohl 
nicht  immer  möglich, 
auch  nicht  immer 
nöthig  ist.  Den  alten 
Ziegelthurm  —  Torre 
delle  Milizie  —  so  in 
unmittelbarster  Nähe 
vor  der  Hauptfront 
des  Parlamentspa¬ 
lastes  zu  belassen, 
hat  sich  —  wenn 
anders  letzterer  hier  gebaut  werden  sollte  —  durch  die  Bewerbung 
wohl  sicher  widerlegt.  Es  hatte  sich  übrigens  auch  keiner  der  Be¬ 
werber  verleiten  lassen,  den  der  Erhaltung  empfohlenen  Thurm  etwa 
als  Ausgangspunkt  für  irgend  welche  Plananordnung  zu  nehmen. 

Dieser  Ausgangspunkt,  der  die  Aufgabe  zugleich  zu  einer  höchst 
anziehenden  und  für  das  Parlamentsbauwesen  bedeutsamen  gestaltete, 
lag  vielmehr  allein  in  dem  Erfordernifs  dreier  grofser  Sitzungssäle, 
wie  darin,  dafs  die  beiden  Körperschaften,  aus  denen  sich  das 
italienische  Parlament  zusammensetzt  —  Senat  und  Abgeordneten¬ 
kammer  —  insoweit  voneinander  geschieden  gehalten  werden  sollten, 
dafs  jeder  der  beiden  Theile  für  sich  allein,  unabhängig  vom  andern, 
in  Thätigkeit  sein  könne.  Daraus  ergab  sich  die  Nothwendigkeit, 
ganz  getrennte  Mittelpunkte  zu  schaffen,  die  Sitzungssäle  weit  aus¬ 
einander  zu  legen  und  um  sie  herum  dann  die  zugehörigen  Räum¬ 
lichkeiten  anzuordnen.  Die  besten  der  Arbeiten  haben  diesen  Aus¬ 
gangspunkt  auch  richtig  erfafst  und  das  Bauwerk  danach  gegliedert. 
Auf  viele  der  Arbeiten  hier  einzugehen,  ist  bei  dem  uns  zugemessenen 
Raume  nicht  möglich,  wir  greifen  hier  im  wesentlichen  die  unseres 
Erachtens  nach  reifste  und  am  sorgfältigsten  durchgearbeitete  Lö¬ 
sung  des  den  Lesern  schon  bekannten  Architekten  Basile  heraus. 

Professor  Ernesto  Basiles  Entwurf  zeichnet  sich,  wie  auch  das 
Gutachten  des  Ausschusses  hervorhebt,  vor  allen  andern  Arbeiten 
durch  das  Bestreben  aus,  den  beiden  Körperschaften  des  Parlamentes 
die  gröfstmögliche  Unabhängigkeit  von  einander  zu  sichern.  Dies 


ist  erreicht  durch  die  Anlage  eines  grofsen  Mittelhofes,  zu  dem  man 
sogleich  von  der  Hauptfront  der  Via  Nazionale  aus  gelaugt  und 
von  dem  aus  zugleich  die  Haupttheile  des  Baues  in  angemessener 
und  würdigster  Weise  zugänglich  sind.  Andere  Arbeiten  sind  in  den 
Fehler  verfallen,  zwischen  den  zu  trennenden  Theilen  grofsräumige, 
von  oben  beleuchtete  Gemächer,  mit  Kuppeln  gedeckte  Vorhallen 
oder  Galerieen  zu  gemeinsamer  Benutzung  anzulegeu,  und  haben  da¬ 
durch  die  beiden  Theile  des  Parlaments  nur  zusammengeführt,  aber 
nicht  getrennt,  wie  verlangt  war.  Durch  die  Anlage  des  Hofes  ist 
die  Gruudanordnung  ungemein  klar  geworden  —  links  Senat,  rechts 
Abgeordnetenkammer,  in  der  Mitte,  über  den  Ehreuhof  hinweg,  der 
Saal  für  die  sog.  Königssitzungeu,  die  Eröffnungssitzungen  der 

Legislaturperiode  — 
jedes  mit  seinem  Zu¬ 
behör  und  seinen  be¬ 
sonderen,  auch  in  der 
Architektur  genü¬ 
gend  betonten  Ein¬ 
gängen,  jeder  Theil 
für  sich  getrennt,  für 
sich  zugänglich,  im 
Innern  durch  Flur¬ 
gänge  und  Galerieen 
zusammengehalten. 

Im  Untergeschofs 
hat  der  Verfasser  ge¬ 
schickt  die  Drucke¬ 
rei,  Ställe  und  Re¬ 
misen,  Wohnungen 
für  Bedienstete,  Cu- 
stoden,Wache,Feuer- 
wehr  usw.  unterge¬ 
bracht.  Im  Erdge- 
schofs,  das  etwa 
1,45  m  über  der  Sohle 
des  Haupteinganges 
liegt,  sind  aufser  den 
schon  erwähnten  drei 
Sitzungssälen  und 
deren  Vorräumen 
die  Empfangssäle  für 
die  Parlamentsmit¬ 
glieder,  einige  Säle 
für  verschiedene 
Aemter,  Post-  und 
Telegraphie ,  Erfri¬ 
schungsräume  usw. 
angeordnet,  und  in 
einem  theilweis  ein¬ 
gebauten  Halbge¬ 
schosse  finden  sich 
die  Zimmer  für  die 
Stenographen,  die 
Bureaus  für  Verwal¬ 
tung  und  Revision. 
Der  sogenannte  Piano 
nobile  enthält  sodann 
einige  Festräume,  die  Säle  für  die  Partei -Versammlungen,  Con- 
versationsräume,  Zimmer  für  den  Gebrauch  der  Präsidenten,  die 
Giunta  usw.,  und  ein  im  Programm  allerdings  nur  bedingungsweise 
gestatteter  zweiter  Stock,  der  sich  übrigens  nur  auf  einzelne  Theile 
erstreckt,  beherbei’gt  das  Archiv  und  die  Büchereien,  wie  die 
Wohnungen  für  Präsidenten  und  Quästor. 

Der  grofse,  fast  quadratische  Ehreuhof  von  etwa  65  m  Seite 
(3932  qm)  tritt  würdig  in  die  Erscheinung  und  verleiht  dem  Ganzen 
jenen  „ausgesprochenen  Charakter  des  italienischen  Palastes  als 
würdigen  Sitzes  der  Repräsentanten  der  Nation“.  Die  Nebenhöfe 
sind  noch  in  ansehnlichen  Abmessungen  gehalten.  Für  die  mit 
grofsen,  gegen  den  Ehrenhof  gelegenen  Vorhallen  ausgestatteten 
Sitzungssäle  ist  passend  die  Halbkreisform  und  eine  aufsteigende 
Anordnung  der  Sitze  gewählt.  Ihr  Fufsboden  liegt  nur  wenige  Stufen 
über  dem  Boden  des  Erdgeschosses,  und  der  oben  hinter  den  Sitz¬ 
reihen  umlaufende  Gang  entspricht  der  Höhenlage  des  Zwischen¬ 
geschosses,  während  die  Tribünen  in  der  Höhe  des  ersten  Stockes 
zugänglich  sind.  Die  Sitze  sind  für  den  450  qm  fassenden  Sitzungs¬ 
saal  des  Senates  (250  Senatoren)  mit  1,80  qm,  für  den  Saal  der 
508  Abgeordneten  mit  1,21  qm  noch  bequem  bemessen.  Die  Tribünen 
haben  445  bezw.  530  Plätze.  Der  königliche  Hof  und  das  diploma¬ 
tische  Corps  gelangen  zu  ihren  Tribünen  auf  breiten  Treppen  vom 
Ehrenhofe  her.  Alle  anderen  haben  die  Zugänge  von  aufsen  im 
Untergeschofs  des  Baues,  sodafs  auch  das  Publicum  vollständig  von 


Grundrifs  vom  I.  Geschofs. 
Wettbewerb  um  den  Parlamentspalast  in  Kom. 
Entwurf  von  Professor  Ernesto  Basile. 


\t.  15. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


147 


den  Räumen  der  Parlamentsmitglieder  abgetrennt  ist.  Für  den  Saal 
der  Königssitzungen,  der  überhaupt  nur  einmal  im  Jahre  in  Gebrauch 
kommt  und  kaum  als  Parlamentssaal  aufgefafst  werden  darf,  ist  die 
rechteckige  Form  eingesetzt;  der  Saal  hat  etwa  713  qm  Fläche,  die 
Tribünen  570  Sitzplätze. 

Zeichnet  sich  der  Entwurf  in  seiner  Grundanordnung  vor  allen 
andern  sofort  aus  durch  seine  grofse  Klarheit  und  Uebersichtlichkeit, 
dui’ch  geschickte  Vertheilung  von  Eingängen  und  Treppen,  sowie 
durch  reichliche  Zuführung  von  Licht  und  Luft,  so  dürften  manche 
Nachtheile,  wie  einzelne  in  der  Durchbildung  etwas  stiefmütterlich 
behandelte  Treppen  oder  die  Verbannung  der  Bücherei  und  des 
Archives  ins  zweite  Stockwerk,  bei  weiterer  Durcharbeitung  wohl 
noch  zu  beheben  gewesen  sein.  Der  zur  Verfügung  gestellte  Bau¬ 
platz  gestattet  sicher  noch  eine  Erweiterung,  die  hier  und  da  eine 
zweckmäfsigere,  dem  Geschäftsbetriebe  der  beiden  Theile  des  Hauses 
auch  wohl  noch  mehr  entsprechende  Zusammenlegung  gewisser  Räum¬ 
lichkeiten  ermöglichen  würde. 

Die  architektonische  Entwicklung  des  Innern  ist  mafsvoll,  fein 
abgewogen  und  auf  die  Verwendung  echten  Materials  berechnet;  der 


Von  den  sonstigen,  durch  einen  Preis  ausgezeichneten  Arbeiten 
erwähnen  wir  nur  kurz  die  Arbeit  der  in  Neapel  ansässigen  Bau¬ 
meister  Quaglia  u.  Benvenuti.  Der  Grundrifs  scheint,  allerdings 
unter  Weglassung  mancher  verlangten  Räumlichkeiten,  wohlüberlegt, 
doch  entbehrt  die,  wenn  auch  im  einzelnen  geschickt  behandelte 
Aufsenarchitektur  der  erforderten  Ruhe  und  Würde.  Die  Mailänder 
Broggi  u.  Sommaruga  bringen  trotz  den  vielen  (an  18  oder  22) 
zum  Theil  sehr  winzigen  Höfchen  einen  unzureichend  beleuchteten 
Grundrifs  und  sind  in  den  schon  erwähnten  Fehler  der  Anordnung 
einer  gemeinsamen  Flurhalle  von  1300  qm  verfallen.  Die  äufsere 
Architektur  ist  trotz  allen  Aufwandes  nicht  monumental,  die  Durch¬ 
bildung  der  Einzelheiten  oft  recht  schwer  und  unsicher.  Gaetano 
Moretti  von  Mailand  hat  einen  nur  obeidlächlich  durchgearbeiteten 
Grundrifs  und  eine  französischen  Vorbildern  sich  anschliefsende 
Aufsenarchitektur;  die  über  den  Sitzungssälen  angeordneten  Kuppeln 
dürften  kaum  in  Erscheinung  treten.  Ernesto  Ristori  fehlt  mit 
seiner  dreigetheilten  Mittelgalerie,  und  die  Front  ist  für  einen  Parla¬ 
mentspalast  wohl  etwas  zu  einfach  gehalten. 

Wir  verzichten  ungern  auf  ein  näheres  Eingehen  auf  diese  und 


0  10  20  30  40  50  100 

I  •  .  ■  i'"  ■  ■  I _ ! _ I _ U _ ^ _ _ _ ! 


Hauptansicht  in  der  Via  Nazionale. 
Wettbewerb  um  den  Parlamentspalast  in  Rom. 
Entwurf  von  Professor  Ernesto  Basile. 


den  Haupträumen  gegebene  reichere  künstlerische  Schmuck  gipfelt 
in  der  Ausgestaltung  der  Säle.  Alles  trägt  ein  würdig  ernstes, 
römisches  Gepräge,  in  dem  sich  auch  die  Aufsenarchitektur  hält,  die 
vor  allem  durch  die  anderen  Entwürfen  gegenüber  —  welche  sich 
vielfach  in  kleinlichen  und  marktschreierischen  Motiven  zerstückeln 
—  so  wohlthuende  gemessene  Ruhe  Eindruck  macht.  Von  den 
Sitzungssälen,  die  vom  Geräusch  des  Tages  hinweg  nach  dem  Innern 
geschoben  sind,  hat  keiner  im  äufsern  weiteren  Ausdruck  erhalten 
können,  und  nur  der  Saal  für  die  Königssitzungen  hat  eine  geringe 
Höherführung  über  die  niederen  Gebäudetheile  erfahren.  Nicht  ganz 
gelungen  scheinen  uns  die  oberen  Theile  der  Front  und  namentlich 
der  hier  eingestellte  Thurmaufbau.  Im  ganzen  indessen  sieht  man 
aus  der  Arbeit,  dafs  der  Verfasser  in  der  Lösung  monumentaler  Auf¬ 
gaben  zu  Hause  ist.  Wie  er  insbesondere  der  vorliegenden  mehr 
als  ein  anderer  gewachsen  ist,  dafür  spricht  schon  das  sorgfältige 
Studium,  welches  er  dem  deutschen  Reichstagsbau  in  seiner  Schrift 
rll  palazzo  del  Parlamento  di  Berlino“  gewidmet  hat. 


noch  so  manche  andere,  zum  Theil  mit  lobenswerthem  Fleifse  durch¬ 
gearbeiteten  Entwürfe,  doch  können  wir  weder  mehr  Raum  [für  den 
Gegenstand  beanspruchen  noch  durch  ausgiebige  Abbildungen  die 
Einzelbesprechungen  erläutern.  Im  allgemeinen  sei  nur  [noch  hin¬ 
zugefügt,  dafs  sich  die  Besseren  wohl  bemüht  haben,  eine  mehr 
klassische  Sprache  zu  reden,  freilich  zu  oft  nur  die  des  Niederganges 
mit  seinem  überwuchernden,  zum  Theil  nur  übel  am  Platz  sitzenden 
Reichthum  an  Ausdrucksmitteln  —  sonst  sind  natürlich  auch  alle 
Richtungen  vertreten,  und  auch  die  kaum  zu  verkennenden  Offen¬ 
barungen  offenbarer  Dilettanten  fehlen  nicht. 

lieber  die  weitere  Entwicklung  der  Angelegenheit  verlautet  noch 
nichts;  die  Finanzverhältnisse  scheinen  auch  einem  rascheren  Vor¬ 
gehen  jetzt  durchaus  nicht  günstig,  und  man  wird  sich  wohl  vor¬ 
läufig  damit  begnügen,  den  alten  Saal  des  Hauses  auf  Montecitorio 
in  einen  den  Anforderungen  nach  baulicher  und  gesundheitlicher 
Richtung  mehr  entsprechenden,  besseren  Zustand  zu  versetzen. 

Friedrich  Otto  Schulze. 


Der  Einflufs  der  Stromregulirungen 

In  den  Kreisen  der  Landwirthe  begegnet  man  vielfach  der  An¬ 
schauung,  dafs  die  in  den  letzten  Jahrzehnten  seitens  des  Staates 
kräftig  geförderte  Verbesserung  der  Flufsläufe  Nutzen  lediglich  der 
Schiffahrt,  der  Landwirthschaft  aber  vielfach  Nachtheile  gebracht 
habe.  In  erster  Linie  wird  behauptet,  die  Regulirungsbauten  in 
einem  Flusse  seien  dem  Abflüsse  der  Hochwasser  hinderlich,  sie 
förderten  daher  das  Austreten  derselben  über  die  Ufer  und  hätten 
eine  Erhöhung  des  Grundwasserstandes  zur  Folge,  wodurch  die  Er¬ 
giebigkeit  der  angrenzenden  Fluren  erheblich  geschmälert  würde. 
Jeder  Versuch,  das  Irrige  dieser  Ansicht  an  der  Hand  sorgfältig  an- 
gestellter  Ermittlungen  nachzuweisen,  ist  daher  im  Interesse  der 
Allgemeinheit  um  so  mehr  erwünscht,  als  manche  nothwendige  Ver¬ 
vollkommnung  unserer  Wasserstrafsen  infolge  des  Widerstandes  der 
Landwirthe  unterbleibt,  oder  wenigstens  zurückgestellt  wird,  bis  sie 
auch  seitens  der  letzteren  Unterstützung  findet. 


auf  die  Wasserstände  in  den  Flüssen. 

In  dem  soeben  erschienenen  Aprilheft  der  Zeitschrift  für  Bau¬ 
wesen*)  findet  sich  nun  eine  Abhandlung  des  Regierungs-  und  Bau¬ 
raths  Kröhnke,  welche  besonders  geeignet  erscheint,  derartige 
unzutreffende  Behauptungen  zu  ^widerlegen,  weil  der  Herr  Verfasser- 
im  Hinblick  auf  den  Laienkreis,  dem  seine  aufklärenden  Erörterungen 
vorzugsweise  gelten  sollen,  von  technischen,  durch  mathematische 
Formeln  begründeten  Ausführungen  absieht  und  durch  Führung  eines 
Nachweises,  der  im  Wesen  der  Flüsse  und  in  den  Wirkungen  der 
Regulirungsbauten  seine  Begründung  findet,  zeigt,  dafs  was  durch 
diese  Bauten  beabsichtigt  und  bewirkt  wird,  den  Vorfluthverhält- 
nissen  der  Flufsgelände  nicht  schädlich  sein  kann  und,  soweit  sich 
dies  aus  den  seit  einer  Reihe  von  Jahren  gemachten  Beobachtungen 
beurtheilen  läfst,  thatsächlich  auch  nicht  schadenbringend,  sondern 


*)  Zeitschrift  für  Bauwesen,  Jahrg.  1890,  S.  263  u.  f. 


148 


Ceutralblatt  der  B auverwaltung. 


12.  April  1890. 


eher  nützlich  gewesen  ist.  Den  Ursprung  jener  irrigen  Anschauungen 
tindet  Kröhnke  vornehmlich  in  dem  Umstande,  dafs  ohne  Itücksicht 
auf  die  ursächlichen  Verhältnisse  Wasserstände  einzelner  Jahre  oder 
kurzer  Zeitabschnitte  mit  einander  verglichen  sind,  während  die  fort¬ 
laufenden  Aufzeichnungen  der  Wasserstände  an  unseren  Flüssen  klar 
erkennen  lassen,  dafs  Beobachtungen  aus  einzelnen  wenigen  Jahren 
keineswegs  zutreffende  Schlüsse  ergeben,  solche  vielmehr  erst  aus 
langjährigen  Beobachtungen  und  nach  Abwägung  aller  mitwirkenden 
Ursachen  gezogen  werden  können. 

Herr  Kröhnke  geht  in  seinen  Betrachtungen  von  der  Entwick¬ 
lung  eines  Flufslaufs  im  allgemeinen  aus  und  schildert  zunächst 
die  Vorgänge,  wie  sie  an  jedem  in  Erde,  Sand-,  Thon-  oder  Lehm¬ 
boden  eingeschnittenen  Flufslaufe,  wenn  derselbe  sich  völlig  selbst 
überlassen  ist,  beobachtet  werden  können.  Man  tindet  alsdann,  dafs 
die  abfliefsenden  Wassermassen  nach  Mafsgabe  ihrer  jeweiligen 
Gröfse  uiul  der  aus  dieser,  wie  aus  den  Gefällverhältnissen  sich  er¬ 
gebenden  Stromgeschwindigkeit  und  Kraft  stets  eine  bald  stärkere, 
bald  schwächere  auswaschende  Wirkung  ausüben,  die  so  lange  auf 
eine  Erweiterung  und  Vertiefung  des  Flufsbettes  hinarbeitet,  l)is  sich 
ein  gewisser  Gleichgewichtszustand  zwischen  den  auswaschenden 
Kräften  und  den  durch  die  Auswaschung  in  Bewegung  gesetzten 
Bodenmassen  —  gewöhnlich  „Geschiebe“  und  „Sinkstoffe“  genannt  — 
herausgebildct  hat.  Wenn  daher  bei  einem  gröfseren  Hochwasser 
eine  erhebliche  iMenge  gröberen  Geschiebes  in  Bewegung  gekommen 
und  mit  der  Ausbreitung  ites  Wassers  über  das  Gelände  oder  mit 
dem  allmählichen  Abfallen  des  Wassers  infolge  der  dadurch  herbei¬ 
geführten  Verringerung  der  Stromgeschwindigkeit  eine  vorläufige  Ab¬ 
lagerung  des  Geschiebes  eingetreten  ist,  so  wird  ein  nachfolgendes 
Hochwasser  von  geringerer  Gröfse  und  Mächtigkeit  eine  solche  Ab¬ 
lagerung  auch  nur  in  geringerem  Umfange  anzugreifen  und  wieder 
in  Bewegung  zu  setzen  vermögen.  Der  Strom  wird  an  derselben  also 
einen  Widerstand  linden,  durch  welchen  er  genöthigt  wird,  seitwärts 
auszuweichen  und  sich  in  minder  widerstandsfähigem  Boden  eine 
neue  Rinne  auszuwaschen.  So  zeigt,  da  sich  diese  oder  ähnliche 
Vorgänge  stetig  wiederholen,  ein  derartig  sich  selbst  überlassener 
Strom  nach  und  nach  zahlreiche  Uferabbrüche,  Sandbänke,  Strom¬ 
krümmungen,  die  sich  immer  schärfer  ausbilden  und  endlich  wieder 
durchbrochen  werden,  Inselbildungen,  Stromspaltungen,  kurz,  eine 
vollständige  Verwilderung  mit  ihren  vielen  nachtheiligen  Folgen, 
namentlich  neben  erheblichen  Landverlusteu  eine  Verschlechterung 
der  Vorduth  und  damit  höhere  Hochwasserstände  und  Ueberschwem- 
mungen,  eine  Hebung  des  Grundwasserstandes  und  Versumpfung  der 
angrenzenden  Gelände.  Diese  Uebelstände  treten  besonders  hervor 
in  der  Nähe  der  Ausmüudung  eines  Flusses  in  das  Meer,  in  einen 
Landsee  oder  in  einen  anderen  gröfseren  Flufs,  woselbst  fortgesetzt 
eine  Ablagerung  der  Sinkstoffe,  mithin  Anschwemmungen  stattfinden, 
die  wiederum  eine  Erhöhung  des  Wasserspiegels  und  auch  der  Flufs- 
sohle  stromaufwärts  mit  sich  bringen  müssen.  In  gleichem  Mafse 
steigt  auch  der  Grundwasserstand  des  Geländes,  und  die  Folge  ist, 
wenn  die  Erhöhung  des  ganzen  Flufsthals  mit  diesem  Steigen  nicht 
Schritt  halten  kann,  eine  allmähliche  VersumjDfung  desselben, 
welche  weiter  und  weiter  fortschreitet,  solange  die  Zuführung  und 
die  Bewegung  der  Sinkstoffe  sich  fortsetzt. 

Um  diesen  Wirkungen,  wie  sie  in  und  an  jedem  sich  selbst  über¬ 
lassenen  Flufslaufe  naturgemäfs  sich  entwickeln  müssen,  nach  Mög¬ 
lichkeit  entgegenzuarbeiten,  bietet  sich  als  Mittel  zur  Abhülfe  im 
unteren  Flufslaufe  selten  ein  anderes,  als  ein  beständiges  Hinwirken 
auf  Erhöhung  der  Flufsgelände  und,  wo  dies  nicht  ausreicht,  schliefs- 
lich  nur  noch  eine  Einpolderung  und  künstliche  Entwässerung  der¬ 
selben.  In  den  weiter  aufwärts  gelegenen  Flufsstrecken  stehen 
aufserdem  die  Vorkehrungen  zur  Verfügung,  welche  unter  dem 
Sammelnamen  „Regulirungswerke“  fallen,  und  deren  Hauptaufgabe 
immer  die  möglichste  Beseitigung  aller  Unregelmäfsigkeiten  des 
Flufsufers,  die  Befestigung  der  Ufer  und  deren  Sicherung  gegen 
Stromangriffe,  sowie  möglichste  Festlegung  der  Sinkstoffe  ist.  In 
der  Regel  kommen  solche  Vorkehrungen  nur  da  zur  Anwendung,  wo 
sowohl  der  Schiffahrt  als  auch  der  Vorfluth  Vorschub  geleistet  wer¬ 
den  soll.  Es  ist  demnach  von  vornherein  eine  irrthümliche  Ansicht, 
wenn  man  sagt,  was  der  Schiffahrt  nützlich  sei,  mufs  der  Landes- 
cultur  schaden. 

Geht  man  nun  die  hauptsächlichsten  Mafsnahmen  zur  Regulirung 
eines  Flufslaufes  durch  und  beginnt  mit  der  Begradigung  des¬ 
selben,  so  hat  letztere  jedenfalls  eine  Verstärkung  des  Gefälles,  mit¬ 
hin  auch  der  Stromgeschwindigkeit  zur  Folge,  mufs  also  die  Ge¬ 
schiebeführung  beschleunigen  und  ein  tieferes  Einschneiden  des 
Flufsbettes  bewirken.  Eine  Begradigung  kann  also  der  Vorfluth  nur 
förderlich  sein  und  ist  demnach  der  Landescultur  nützlich,  sofern 
ein  rascheres  und  tieferes  Abfliefsen  des  Grundwassers  erwünscht 
ist.  Wo  letzteres  nicht  zutriff’t,  oder  bei  Herstellung  eines  Durch¬ 
stiches  sich  andere  Nachtheile  für  die  anschliefsenden  Ländereien 
ergeben,  mufs  denselben  natürlich  durch  geeignete  Vorkehrungen 


vorgebeugt  werden.  Im  Schiffahrtsinteresse  sind  Durchstiche  über¬ 
haupt  nur  selten  erforderlich,  hier  genügt  meistens  eine  Abflachung 
der  Krümmungen.  Durch  das  weitere  Mittel  der  Reguliruug  eines 
Flusses,  die  Festlegung  der  Ufer,  sollen  alsdann  die  vorgenom¬ 
menen  Begradigungen  gesichert,  soll  Ufereinrissen  und  überhaupt  Ver¬ 
wilderungen  vorgebeugt  und  eine  regelmäfsigere  Wanderung  der  dem 
Flufsbette  verbleibenden  Sinkstoffe  befördert  werden.  Gegen  diese 
Mafsregel  erheben  die  Landwirthe  auch  höchst  selten  Einspruch,  da 
durch  die  Festlegung  der  Ufer  der  Bestand  ihrer  Grundstücke  un¬ 
mittelbar  gesichert  wird. 

Die  hauptsächlichsten  Einwendungen  werden  von  ihnen  gegen 
das  dritte  Mittel  der  Regulirung,  die  Umformung  des  Flufs¬ 
bettes,  und  zwar  des  Mittel-  und  Niedrigwasser-Querschnittes  ge¬ 
macht.  Dieselbe  erfolgt  bekanntlich  in  der  Weise,  dafs  der  Flufs 
durch  seitliche  Einbaue  gezwungen  wird,  sein  verwildertes  Bett  von 
wechselnder  Breite  und  Tiefe  in  ein  schmäleres  Bett  von  gleich- 
mäfsiger  Breite  und  gröfserer  Tiefe  umzubilden.  Die  Deckwerke, 
Parallelwerke,  Buhnen  usw.  entziehen  aber  nicht  allein  einen  Theil 
des  Flufsbettes  und  der  auf  demselben  lagernden  Sinkstoffe  ohne 
weiteres  der  Einwirkung  der  Strömung,  sondern  es  werden  zwischen 
und  hinter  denselben  auch  Flächen  gebildet,  auf  denen  andere  vom 
Flusse  herabgeführte  Sinkstoffe  sich  ablagern  und  die  Flächen  all¬ 
mählich  zur  Verlandung  bringen.  Es  entsteht  also  hierdurch  eine 
weitere  Einschränkung  der  Sinkstoffe  des  Flusses.  Zugleich  tritt  in 
der  durch  die  Einbaue  gebildeten  schmäleren  Rinne  eine  erhöhte 
Stromgeschwindigkeit  ein  und  nnt  dieser  eine  kräftigere  Einwirkung 
auf  die  Sohle  des  Flusses.  Auf  diese  Weise  wird  die  Auswaschung 
der  Flufssohle  soweit  fortschreiten,  bis  sich  ein  neuer  Gleichgewichts¬ 
zustand  zwischen  der  vergröfserten  Geschwindigkeit  des  Wassers  in 
der  vertieften  Stromrinne  und  dem  Widerstand  der  Flufssohle  ge¬ 
bildet  hat.  Da  die  Anlage  der  vorerwähnten  Reguliruiigswerke  ledig¬ 
lich  die  Umformung  des  Querschnittes  eines  Flusses  bei  Mittel-  und 
Niedrigwasser  bezweckt  und  die  Werke  deshalb  nur  bis  zur  Höhe 
dieser  Wasserstände  aufgeführt  werden,  so  wird  durch  dieselben  eine 
Einschränkung  des  Hochwasserquerschnittes  von  irgendwelcher  Be¬ 
deutung,  namentlich  eine  Verlangsamung  des  Abfliefsens  der  Hoch¬ 
wasser  gar  nicht  herbeigeführt.  Vielmehr  wird  durch  die  Vergröfse 
rung  der  Tiefe  im  Flufsschlauche,  durch  die  hergestellte  Begradigung 
und  Festlegung  der  Ufer  eine  gröfsere  Gleichmäfsigkeit  der  Wasser¬ 
bewegung  erzielt  und  der  Hochwasserabflufs  ganz  wesentlich  befördert. 
Durcli  die  Beseitigung  der  Unregelmäfsigkeiten  und  Sandbänke  im 
Strome  wird  auch  eine  Haui^tursache  der  Eisversetzungen  behoben. 

Eine  weitere  Mafsnahme  zur  Reguliruug  eines  Stromes  ist  endlich 
die  Begrenzung  des  Hochwasserprofils.  Hierdurch  wird  eine 
kräftigere  Spülung  erzeugt,  die  einer  Erhöhung  der  Flufssohle  und 
des  Wasserspiegels  entgegen  wirkt,  und  der  Vortheil  erreicht,  dafs 
die  Ufergelände  plötzlichen  Ueberschwemmungen  entzogen  werden. 
Die  Bedeichungen  sind  jedoch  bereits  lange  bevor  man  an  eine 
Regulirung  der  Flüsse  im  Schiff'ahrtsinteresse  dachte  von  den  Land- 
wirthen  selbst  in  ihrem  eigenen  Interesse  ausgeführt,  ohne  dafs  dabei 
vielfach  die  Nachtheile  der  Deichanlagen  für  die  Landwirthschaft 
genügende  Berücksichtigung  gefunden  hätten.  Durch  die  Eindeichung 
hört  die  Zufuhr  an  Sinkstoff’en  zu  den  Ländereien  auf,  das  Vorland 
wächst  allein  und  beschränkt  das  Hochwasserproffl,  die  Deiche 
müssen  alsdann  erhöht  werden,  für  das  eingedeichte  Land  werden 
mehr  Dungstoff’e  gebraucht  usw.,  alles  Dinge,  die  bei  neugeplanten 
Eindeichungen  zur  Vorsicht  mahnen  und  Gegenstand  ernster  Er¬ 
wägungen  sein  müssen. 

Nach  vorstehenden,  dem  Kröhnkeschen  Aufsatze  nur  auszugs¬ 
weise  entnommenen  Auseinandersetzungen  kann  es  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dafs  die  Flufsregulirungen,  wie  sie  in  neuerer  Zeit  bei 
uns  aubgeführt  werden,  weder  bei  Büttel-  und  Niedrigwasser,  noch 
bei  Hochwasser  eine  Behinderung  oder  Verzögerung  des  Wasser¬ 
abflusses  zur  Folge  haben,  dafs  sie  vielmehr  im  Vergleich  mit  den 
vor  der  Regulirung  herrschenden  Zuständen  eine  wesentliche  Besse¬ 
rung  ergeben.  Dasselbe  läfst  sich  aber  auch  aus  den  seit  einer  Reihe 
von  Jahren  an  allen  gröfseren  deutschen  Flüssen  mit  vieler  Sorgfalt 
ausgeführten  Wasserstandsbeobachtungen  nachweisen.  Aus 
diesen  Aufzeichnungen  geht  zunächst  ohne  weiteres  hervor,  dafs  die 
Wasserstände  in  den  einzelnen  Jahren  sehr  erheblichen  Schwankungen 
unterworfen  sind;  ebenso  ergiebt  sich  aus  der  völligen  Unregelmäfsig- 
keit  dieser  Schwankungen  klar,  dafs  ihre  Ursache  nicht  in  der  Be¬ 
schaffenheit  des  Flusses  selbst  und  noch  viel  weniger  in  den  verhält- 
nifsmäfsig  geringfügigen  und  durch  die  Regulirungswerke  allmählich 
herbeigeführten  Veränderungen  seines  Bettes  zu  suchen  ist,  sondern 
nahezu  ausschliefslich  eine  Folge  der  Witterungs-  und  von  diesen 
vorzugsweise  der  Niederschlagsverhältnisse  ist.  Die  Veröffentlichungen 
der  jetzt  zahlreich  über  das  ganze  Land  vertheilten  meteorologischen 
Stationen  über  die  Niederschläge  lassen  bei  einem  Vergleich  mit  den 
Wasserständen  diesen  Zusammenhang  sofort  erkennen.  Hierzu  kommt 
noch,  dafs  das  Sammelgebiet  der  Niederschläge  in  neuerer  Zeit  im 


Nr.  15. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


149 


Landesculturinteresse  erheblichen  Veränderungen  unterworfen  ist. 
Grofse  Waldflächen  sind  in  Culturland  verwandelt,  die  Grundstücke 
erheblich  besser  entwässert  und  der  Abflufs  des  Wassers  nach  dem 
Hauptstrom  erleichtert,  die  Eindeichungen  vermehrt,  kurz  zahlreiche 
Mafsregeln  getroffen,  die  für  die  Wasserführung  eines  Flusses  jeden¬ 
falls  von  weit  gröfserer  Bedeutung  werden  mufsten,  als  die  geringen 
Profilveränderungen  durch  die  Eegulirungswerke. 

Wie  wenig  letztere  den  Niederschlägen  gegenüber  kaum  noch 
ins  Gewicht  fallen,  zeigt  recht  deutlich  das  Gröfsenmafs  der 
Schwankungen  in  den  Wasserständen.  So  z.  B.  waren  in  der  Oder 
die  Hochwasserstände  des  Jahres  1854  durchgängig  2,5  bis  3  m  höher 
als  die  von  1852  und  3  bis  4  m  höher  als  die  von  1857.  Ebenso 
liegen  die  Grenzen  der  Mittelwasser  um  1,9  m  und  die  der  Niedrig¬ 
wasser  um  1,75  m  aus  einander.  Bei  solchen  Unterschieden  könnte 
der  Einflufs  der  niedrig  gehaltenen  Eegulirungswerke  überhaupt  nur 
erkennbar  sein,  wenn  man  die  Mittelzahlen  längerer,  mindestens 
25-  bis  30jähriger  Zeitabschnitte  vergleicht.  Kröhnke  hat  zu 


diesem  Zwecke  die  Hoch-,  Mittel-  und  Niedrigwasserstände  an  13 
seit  dem  Anfänge  der  zwanziger  Jahre  dieses  Jahrhunderts  regel- 
mäfsig  beobachteten  Pegeln  der  Oder  in  Tabellen  und  Zeichnungen 
zusammengestellt  und  für  jeden  Pegel  die  gemittelten  Hoch-,  Mittel¬ 
und  Niedrigwasser  der  einzelnen  Jahrzehnte  und  die  Mittelzahlen 
aus  der  ersten  und  zweiten  Hälfte  sowie  aus  der  ganzen  Beobach¬ 
tungszeit  angegeben.  Aus  diesen  Zahlen  geht  klar  hervor,  dafs  in 
den  letzten  60  bis  70  Jahren  eine  wesentliche  Veränderung  in  den 
Wasserständen  des  Oderstromes  und  namentlich  eine  Schädigung  der 
angrenzenden  Gelände  durch  Hebung  des  Grundwasserstandes  nicht 
stattgefunden  hat.  Wie  für  die  Oder,  so  sind  in  gleicher  Weise  auch 
die  Wasserstände  von  13  Pegeln  der  Elbe  seit  1820  zusammengestellt 
und  auch  hier  ist  das  Ergebnifs  das  gleiche,  ja  es  hat  sich  sogar 
durchgängig  eine  sehr  geringe  Senkung  mindestens  der  Mittel-  und 
Niedrigwasserstände  im  Laufe  der  Jahre  vollzogen.  Mithin  lehren 
auch  die  Wasserstandsbeobachtungen,  dafs  die  Landwirthschaft  durch 
die  Flufsregulirungen  nicht  benachtheiligt  wird. 


Mittheilungen  über  Oberbau  auf  englischen  Eisenbahnen. 

(Fortsetzung.) 


2.  Die  Auordiiung  der  Weichen,  Herz-  und  Kreuzstücke. 

(Abb.  6  bis  10.) 

Die  Weichen  (Abb.  6)  (points)  sind  nach  der  Zungenlänge 
unterschieden,  welche  12,  15  oder  18',  d.  i.  3,66,  4,57  oder  5,49  m  be- 


Backenschiene,  wie  auf  der  freien  Strecke,  2'  2Vi6"  =  668  mm,  dagegen 
am  Ende  der  Zunge  nur  1'  10"  ==  559  mm,  und  im  übrigen  z.  B.  zwischen 
den  9  Schwellen  unter  der  18'  langen  Zunge  je  2'  IV4"  =  641  mm. 
Vergleicht  man  die  angegebenen  Abmessungen  beispielsweise  mit 


trägt,  und J  werden 
danach  als  „12' 

Weiche“,  „15' Wei¬ 
che“  u.  s.  f.  be¬ 
zeichnet.  Die 
Backenschienen 
sind  dementspre¬ 
chend  191/2,  221/2 
und  30'  oder  5,94, 

6,86  und  9,144  m 
lang  und  werden 
von  9,  10  und  14 
Schwellen  unter¬ 
stützt.  Der  Stofs 
am  Anfang  und 
Ende  der  Backen¬ 
schiene  (Abb.  7  a) 
ist  stets  schwebend 
gebildet ,  ebenso 
derjenige  am  Zun- 
gen-Ende.  Zählt 
man  die  Schwellen 
vom  Stofs  vor  der 
Weiche  an,  so 
liegt  die  Zunge  im 
ersten  Falle  über 
den  Schwellen  Nr. 

2  bis  7,  im  zweiten 
über  Nr.  2  bis  8 
und  bei  18'  Wei¬ 
chen  über  Nr.  3  bis 
11,  beginnt  dann 
also  erst  über 
der  dritten  Weichenschwelle,  und  zwischen  dem  Ende  der  Zunge 
und  der  Backenschiene  liegen  noch  3  Schwellen.  Die  Zwischenweite 
der  Schwellen  (von  Mitte  zu  Mitte)  beträgt  am  Stofs  vor  und  hinter  der 


denen  der  preufsi- 
schen  Normalwei¬ 
che  (1  :  10)  von 
5,8  m  Zungenlänge 
und  7  m  langer 
Backenschiene,  so 
fällt  namentlich 
der  weit  gröfsere 
Unterschied  (3,66 
gegen  1,2  m)  zwi¬ 
schen  diesen  bei¬ 
den  Längen  sowie 
die  gröfsere  Nähe 
der  Stützpunkte 
ins  Auge.  Die  eng¬ 
lische  Backen- 
schieue  überragl: 
ihre  Zunge  am 
vorderen  Ende  um 
1,62,  am  hinteren 
um  2,04  m,  die 
preufsische  nur  um 
0,5  bezw.  0,7  m, 
und  die  Zahl  der 
Stützpunkte  der 
nahezu  gleich  lau¬ 
gen  (5,5  gegen  5,8) 
Zunge  beträgt  9 
gegen  6.  Die 
grofse  Länge  der 
Backenschiene 
wird  für  die  Ver¬ 
sendung  und  Ver¬ 
legung  der  Weiche  nicht  gerade  bequem  sein,  aber  im  Verein  mit  der 
grofsen  Zahl  der  Stützpunkte  jedenfalls  zur  guten  Lage  derselben 
wesentlich  beitragen. 


Abb.  6.  Grundrifs  einer  „18'  Weiche“. 
Mafsstab  1 ;  48. 


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Abb.  7  b. 

Längenschnitt  der  Zunge. 

Mafsstab  1 : 12. 


Abb.  7  c.  Abb.  7  d.  Abb.  7  e. 
Querschnitte  der  Zunge. 


Abb.  7  a.  Grundrifs  einer  Zunge. 
Mafsstab  1 : 24. 


150 


Centralblatt  der  Banverwaltnng. 


12.  April  1890. 


Die  Gleitstühle  sind  thunlichst  im  Anschlufs  an  die  sonstigen 
Schienenstühle  hergestellt,  mir  wird  die  (durchweg  geneigte)  Backen¬ 
schiene  durch  stählerne  Schraubbolzen  (studs)  von  der  einen  Seite 
des  Stuhls  aus  gehalten,  da  die  Holzkeile  hier  nicht  anwendbar  sind. 
Diese  Bolzen  haben  auf  den  ersten  5  Stühlen  einen  so  flachen,  platten¬ 
artigen  Kopf,  dafs  er,  am  Steg  anliegend,  nicht  über  die  Flucht  des 
Schienenkopfes  hinausragt  und  somit  ein  dichtes  Anliegen  der  Zunge 
gestattet.  Die  vier  anderen  Bolzen  sind  als  Stützbolzen  verlängert, 
sodafs  sie  den  Anschlag  und  die  richtige  Lage  der  Zunge  genau  be¬ 


schnitten  sein,  und  „keinesfalls  darf  das  Laschen -Ende  der  Schiene 
dazu  benutzt  werden“. 

Auf  der  Schwelle  Nr.  3,  welche  den  ersten  Gleitstuhl  trägt,  be¬ 
findet  sich  eine  Grundplatte  zur  besseren  Sicherstellung  der  Spur  von 
2,06  m  Länge,  216  mm  Breite  und  12,7  mm  (*/2")  Stärke;  im  übrigen 
ist  aufser  den  Schwellen  keine  weitere  Querverbindung  zwischen  den 
Backenschienen  vorhanden.  Die  Zungen  sind  an  3  Stellen  (etwa  385, 
1165  und  1800  mm  von  der  Spitze)  durch  Stangen  von  32  mm  Durch¬ 
messer  verbunden,  die  erste  derselben  liegt  in  der  Richtung  der  Lenk- 


Abb.  9  a.  Schnitt  durch  Stuhl  a. 


Abb.  8.  Grundrifs. 
Mafsstab  1 :  24. 


Abb.  9  d.  Schnitt  durch  Stuhl  d. 


Abb.  9  b.  Schnitt  durch  Stuhl  b. 


Abb.  9  e.  Schnitt  durch  Stuhl  e. 


Abb.  9  c.  Schnitt  durch  Stuhl  c. 


Abb.  9f.  Längenschnitt  und  Ansicht  der  Herzstückspitze. 
Mafsstab  1 :  8. 


Herzstück  1 :  7. 


stimmen.  Für  diese  Bolzen  ist  ausdrücklich  vorgeschrieben,  dafs  sic 
mit  dem  Kopf  aus  einem  vollen  Stück  geschmiedet  und  nicht  etwa 
geschweifst  sein  sollen  und  dafs  auf  ihre  genaue  Länge  und  richtige 
Anbringung  mit  besonderer  Sorgfalt  zu  achten  ist.  —  Hinter  dem 
Zungen-Ende,  wo  die  Beweglichkeit  aufhört,  tritt  der  Holzkeil  wieder 
ein,  und  zwar  zunächst  auf  jedem  Stuhl  verdoppelt,  sodafs  die  beiden 
Keile  die  zwei  benachbarten  Schienen  gegen  den  dazwischen  liegenden 
Eisenkern  des  Stuhls  festpressen.  Hier  liegt  also  der  eine  Keil  an 
der  Innenseite  der  Schiene.  Die  Weichenschwellen  (von  Nr.  3  bis  15) 
sind  12"  breit  und  6"  stark  (304  auf  152  mm),  die  ersten  beiden  wie 
sonst  10"  auf  5". 

Die  Zunge  (Abb.  7a  bis  7b)  ist  am  Anfangspunkte  um  28  mm 
niedriger  als  die  Schiene  und  steigt  dann  auf  762  mm  Länge  bis 
zur  vollen  Höhe  in  sanfter  Krümmung  an.  Die  Querschnitte  derselben 
sind  aus  Abb.  7c  bis  7e  ersichtlich.  Die  Zungenspitze  soll,  wie  aus¬ 
drücklich  vorgeschrieben,  aus  dem  mittleren  Tbeil  einer  Schiene  ge- 


stange.  Beide  Stränge  werden  ohne  jede  Spurerweiterung  durch¬ 
geführt. 

Die  Bildung  des  Drehpunktes  geschieht  in  äufserst  einfacher 
Weise  durch  die  gewöhnliche  Laschenverbindung.  Der  Zungen¬ 
aufschlag  beträgt  bei  den  angegebenen  Weichenformen  durchweg 
freilich  nur  41/4"  =  108  mm  und  die  Spurrinne  am  Drehpunkt  nur 
13/4"  =  44,5  mm.  (Bei  der  preufsischen  Normalweiche  betragen  die 
letzteren  Mafse  140  und  65  mm.) 

Neben  den  bezeichneten  drei  einfachen  ist  auch  eine  Doppel¬ 
weiche  (three  throw)  angegeben  und  zwar  ist  dieselbe  symmetrisch 
angeordnet,  mit  einer  Versetzung  der  Spitzen  um  737  mm  (2'  5"). 
Die  Längen  der  Zungen  sind  4,42  m  (14V2')  und  3,66  m  (12‘);  die 
Enden  derselben  liegen  also  fast  in  gleicher  Linie.  Die  Mittelzunge 
schlägt  auch  hier  108  mm  auf,  die  innere  Zunge  also  etwas  mehr. 
Die  Backenschienen  sind  hier  nur  5,94  m  (191,2')  lang  angegeben, 
woraus  zu  schliefsen  sein  dürfte,  dafs  diese  Weichenform  nur  für 


Nr.  15. 


Oentralblatt  der  Bauverwaltung. 


151 


ungefährliche  Stellen  bestimmt  ist.  Im  übrigen  ist  die  Bauart  ganz 
derjenigen  der  einfachen  Weichen  entsprechend. 

Bezüglich  der  geometrischen  Anordnung  ist  es  auffallend, 
dafs  die  Musterzeichnung  vom  Jahre  1888  für  die  spitz  befahrenen 
Weichen  („for  all  Pacing  Points,  where  practicable“)  ausdrücklich  die 
symmetrische  Gestaltung  mit  18'  langen  graden  Zungen,  also  die 
gleiche  Abweichung  der  Zunge  und  der  Backenschiene  von  der 
Graden  des  Stammgeleises  vorschreibt.  Es  kann  dann  also  keines 
der  beiden  Geleise  gradlinig  fortlaufen,  vielmehr  das  Stammgeleis  nur 
mit  Hülfe  einer,  wenn  auch  sehr  unbedeutenden,  aber  doch  vorhan¬ 
denen  Gegenkrümmung  in  seine  ursprüngliche  Richtung  zurückkehren. 
Dieser  Uebelstand  müfste  nach  unseren  Anschauungen  jedenfalls  durch 
ganz  besondere  Vortheile  aufgewogen  werden,  um  annehmbar  zu  sein. 
Solcher  Vortheil  scheint  in  der  Beibehaltung  grade r  Zungen  trotz 
verhältnifsmäfsig  kleiner  Ablenkung  an  der  Spitze  gefunden  zu  werden, 
welche  durch  die  Vertheilung  auf  beide  Geleise  für  jedes  derselben 
erreicht  wird.  Der  Abstand  der  Leitkanten  am  Drehpunkte  beträgt 


(Abb.  8  bis  10).  Die  Herzstückspitze  wird  in  der  Weise  hergestellt,  dafs 
die  zusammenlaufenden  Schienen  am  Ende  etwas  geknickt,  dann  mit 
den  Stegen  aneinander  gelegt  und  durch  versenkte  Niete  (z.  B.  4 
zu  1"  Durchmesser)  verbunden  werden,  und  zwar  so,  dafs  der  Steg 
der  einen,  dem  Hauptstrange  (main  line)  angehörenden  Schiene  mit 
etwa  14  mm  oberer  Stärke  und  etwas  Abrundung,  aber  ohne  Senkung, 
das  Ende  der  Spitze  bildet.  Der  Kopf  dieser  Schiene  wird  sodann 
nach  dem  Herzstückwinkel  behobelt,  bleibt  aber  im  übrigen  be¬ 
stehen.  Die  andere  Schiene,  welche  dem  Nebenstrange  (siding/ line) 
angehört,  wird  an  die  erstere  angelegt  und  demgemäfs  zugespitzt. 
Auch  für  diese  Herzstückspitzen  ist  ausdrücklich  vorgeschrieben, 
dafs  sie  nie  aus  dem  Laschen-Ende  der  Schienen,  sondern  nahezu 
aus  der  Mitte  der  Schienenlänge  geschnitten  werden  sollen. 

Die  Flügelschienen  sind  bis  zum  Knie  auf  44V2  mm  (1^4“) 
zusammengeführt  und  sodann  gradlinig  geknickt,  sodafs  auch  neben 
der  Spitze  beiderseits  die  Spurrinne  nur  44V2  mm  beträgt  (Pr.  Norm 
49  mm).  Die  Unterstützung  geschieht  durchweg  mittels  gufseiserner 


Abb.  10  a.  Grundrifs. 
Mafsstat)  1 :  24. 


Abb.  10b.  Querschnitt  durch  Stuhl  A.  Abb.  10c.  Querschnitt  durch  Stuhl  B. 

Mafsstab  1 : 8. 

Kreuzstück  1 :  7. 


44,5  -j-  67  =  111,5  mm,  demnach  der  gesamte  Ablenkungswinkel  am 
Zungen-Ende  wie  an  der  Spitze; 

Mithin  für  jedes  Geleis  nur  die  Hälfte: 

ß  '2  =  0  o  35'  =  0,01015  = 

oder  rund  1  : 100.  (Bei  der  preufsischen  Normalweiche  1  : 10  beträgt 
der  Ablenkungswinkel  am  Zungen-Ende  etwa  1  °  54',  dagegen  an  der 
Spitze  dank  der  Zungenkrümmung  doch  nur  0  °  33',  aber  immerhin 
kaum  weniger  als  bei  jener  englischen  Form.)  —  Die  Backen¬ 
schienen  sind  am  Anfallpunkte  der  Zungen  geknickt,  im  übrigen 
gradlinig. 

Abgesehen  von  diesem  Uebelstande  der  Krümmung  des  Stamm¬ 
geleises,  welcher  durch  eine  Biegung  der  einen  Zunge  unschwer  ver¬ 
mieden  werden  könnte,  zeigt  die  ganze  Anordnung  und  Ausführung 
der  Lenkvorrichtung  eine  aufserordentliche  Einfachheit,  welche 
zu  erwägen  giebt,  ob  die  in  Deutschland  mit  der  Zeit  recht  verwickelt 
gewordenen  Weichenbauarten,  namentlich  bezüglich  des  Drehpunktes, 
nicht  auch  einer  Vereinfachung  fähig  wären,  ohne  der  Sicherheit  und 
Bequemlichkeit  des  Betriebs  Eintrag  zu  thun.  Denn  die  Thatsache 
kann  nicht  bestritten  werden,  dafs  die  Weichen  der  englischen  Bahnen 
auch  von  den  sehr  raschen  Zügen  in  der  Regel  ohne  jedes  fühlbare 
Stofsen  oder  Schwanken  durchfahren  werden,  was  in  Deutschland 
nicht  der  Fall  ist. 

Uebrigens  kommen  in  reinen  Güterwagengeleisen,  wie  z.  B.  auf 
dem  erwähnten  neuen  Güterbahnhofe  St.  Pancras,  Weichen  vor  mit 
noch  erheblich  kleineren  Zungenlängen,  nämlich  von  8  und  6'  oder 
2,4  und  1,8  m. 

Die  Herz-  und  Kreuzstücke  werden  durchweg  aus  Schienen 
gebildet,  stets  unter  Aufrechterhaltung  der  Neigung  von  1:22 


Stühle  und  Holzkeile  (Abb.  9  a  bis  9f)  und  gestaltet  sich  deshalb 
durchaus  einfach,  weil  das  Gufseisen  mit  Leichtigkeit  den  betreffenden 
Formen  angepafst  werden  kann. 

In  ähnlicher  Weise  werden  auch  die  Kreuzstücke  (diamond 
crossings)  gebildet,  nur  dafs  hier  das  Zusammenspleifsen  der 
Schienen  wegfällt,  die  Ausführung  sich  also  noch  einfacher  gestaltet. 
Auch  hier  beträgt  die  Spurrinne  stets  D/4"  =  44,5  mm  (Abb.  10). 

Für  solche  Kreuzstücke  zeigen  die  Musterzeichnungen  der  Mid- 
landbahn  5  verschiedene  Formen:  1  zu  4,  5,  6,  7  und  8;  ferner  ein¬ 
fache  Herzstücke  (common  crossings)  für  die  Winkel  1  zu  4,  5,  6,  7, 
8,  9  und  12. 

Für  die  Flügelschienen  der  Herzstücke  sind  durchweg  15',  also 
halbe  Schienenlänge  =  4,57  m,  und  für  die  Spitzenschienen  Längen 
von  mindestens  IOV4  bis  14'  oder  3,28  bis  4,27  m  vorgeschrieben, 
ebenso  für  die  Spitzenschienen  der  Kreuzstücke  10'  =  3,048  m  und 
für  die  zugehörigen  Zwangschienen  I21/2  bis  15'  =  3,8  bis  4,57  m. 

Diese  Ausführung  der  Herz-  und  Kreuzstücke  mit  so  langen 
Spitzen-  und  Flügelschienen  hat  die  grofse  Annehmlichkeit, 
dafs  in  unmittelbarer  Nähe  derselben  jeder  Schienenstofs  wegfällt, 
und  hierin  liegt  neben  der  sehr  engen  Spurrinne  der  Grund,  weshalb 
man  das  Durchfahren  der  Herzstücke  in  englischen  Schnellzügen 
thatsächlich  nicht  bemerkt.  Die  beiden  rasch  aufeinander  folgenden, 
meist  ziemlich  harten  Stöfse,  welche  das  Ueberfahren  eines  Block¬ 
herzstückes  wegen  der  beiden  Schienenanschlüsse  und  wegen  der 
von  dem  sonstigen  Geleise  abweichenden  Beschaffenheit  des  ersteren 
unvermeidlich  mit  sich  bringt,  fallen  ganz  aus.  Bezüglich  der  Flügel¬ 
schienen  läfst  sich  die  entsprechende  Anordnung  auch  bei  unserer 
Breitfufsschiene  unschwer  und  mit  gutem  Erfolge  ausführen,  wie  die 
zahlreichen  Beispiele  der  Linksrheinischen,  der  Bayerischen  und 
anderer  Bahnen  zeigen  (so  auch  das  eine  Herzstück  der  preufsischen 
Doppelweiche).  Bezüglich  der  Spitze  würde  dagegen  die  Zusammen- 


152 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


12.  April  1890. 


führung  der  Schienen  wegen  des  dünnen  Stegs  (11  mm  gegen  18) 
besondere  Schwierigkeiten  machen;  statt  derselben  wird  deshalb  be¬ 
kanntlich  eine  eingelegte  Stahlspitze  angewandt.  Auch  werden  Niete 
in  den  Schienen  von  vielen  Oberbau-Technikern  für  durchaus  unzu¬ 


lässig  gehalten,  was  freilich  nach  jenen  bei  englischen  Bahnen  vor¬ 
liegenden  Erfahrungen  nichfganz  zutreffen  dürfte.  Den  einen  Stofs 
werden  wir  immerhin  bei  Festhaltung  unsrer  Schienengestalt  kaum 
beseitigen  können.  (Schlufs  folgt.) 


Vermischtes. 


AVetthewerb  für  ein  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in 
Breslau.  Infolge  des  Preisausschreibens  vom  Ende  Juli  v.  J.  (vgl. 
S.  278  d.  V.  J.)  sind  am  1.  April  bei  der  Verwaltung  des  Museums 
der  bildenden  Künste  in  Breslau  46  Modellskizzen  von  Bildhauern 
aus  Berlin,  Dresden,  München  und  aus  Breslau  selbst  eingeliefert 
worden.  Dieselben  haben  bereits  in  dem  grofsen  Saale  der  Gemälde¬ 
sammlung,  dem  V.  Werner-Saale,  und  in  noch  vier  anderen  Räumen 
daneben  gut  übersichtliche  und  nicht  zu  gedrängte  Aufstellung  ge¬ 
funden.  Eine  erste  Durchsicht  dieser  Fülle  von  Arbeiten  läfst  schon 
erkennen,  dafs  mindestens  ein  Drittheil  der  Modelle  preiswerthe 
Leistungen  erfahrener  Künstler  sind.  Bei  nur  fünf  vorhandenen 
Preisen  werden  die  Preisrichter,  wie  so  häufig  der  Fall,  einen 
schweren  Stand  haben.  Sie  müssen  bei  Zeiten  ihre  Prüfungen  und 
Erwägungen  beginnen,  um  ihre  Meinung  sachgemäfs  am  festgesetzten 
Tage  der  Entscheidung  äufsern  zu  können.  Bei  dieser  Sachlage  ist 
es  als  gut  und  zweckmäfsig  zu  begrüfsen,  dafs  nach  Bestimmung 
der  Provincial- Behörde  das  Preisgericht  zur  Entscheidung  erst  am 
24.  April  d.  J.  Zusammentritt.  C.  L. 

Herz  Jesu  •  Kirche  in  Köln  (vgl.  S.  139  der  vorigen  Nummer). 
Die  Ausführung  des  Frhr.  v.  Schmidtschen  Entwurfes  hat  inzwischen 
bereits  die  erzbischöfliche  Genehmigung  erhalten. 

Der  Vorstand  des  Ostpreiifsischeii  Architekten-  und  liigeuienr- 
Vereins  in  Königsberg  besteht  für  das  Vereinsjahr  1890/91  aus  fol¬ 
genden  Herren:  a)  Geschäftsführender  Ausschufs:  Reg.- und  Baurath 
Grofsmann,  Director  des  Eisenbahn-Betriebsamts,  Vorsitzender,  Re¬ 
gierungs-Baumeister  Becker,  Schriftführer,  Stadtbaumeister  Naumann, 
Bibliothekar,  Baurath  Siebert,  Säckelmeister,  b)  Beisitzer:  Garnison- 
Bauinspector  Bähcker,  Stadtbaurath  Frühling,  Baurath  Kapitzke- 
Tilsit,  Reg.-  und  Baurath  Natus,  Landes-Bauinspector  Wienholdt. 

Die  Zeitschrift  für  Banwesen  enthält  in  Heft  IV  bis  VI  des 
Jahrgangs  1890  folgende  Mittheilungen: 

Neubau  des  physiologischen  Instituts  der  Universität  Marburg,  mit 
Zeichnungen  auf  Blatt  19  bis  23  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs- 
Baumeister  Zölffel  in  Marburg. 

Haus  Wesendonck  in  Berlin,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  24  und  25 
im  Atlas,  von  Herrn  Architekt  C.  Heidecke  in  Berlin. 
Bairgeschichte  des  Domes  und  Klosters  Ettal,  mit  Zeichnungen  auf 
Blatt  26  bis  28  im  Atlas,  von  Herrn  Generaldirectionsrath  Georg 
Friedrich  Seidel  in  München. 

Die  Kirche  San  Lorenzo  in  Mailand,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  29 
bis  35  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-Baumeister  Julius  Kohte 
in  Berlin. 

Die  Strafsenbrücke  über  die  Norder-Elbe  bei  Hamburg,  mit  Zeich¬ 
nungen  auf  Blatt  36  bis  44  im  Atlas,  erbaut  in  den  Jahren  1884 
bis  1887  von  dem  lugenieurwesen  der  Bau-Deputation  des  Ham- 
burgischen  Staates  (Oberingenieur  F.  Andreas  Meyer).  Nach 
amtlichen  Quellen  dargestellt  von  den  bauleitenden  Ingenieuren 
C.  0.  Gleim,  Abtheilungs-Ingenieur  in  Hamburg,  und  H.  Engels, 
jetzt  Professor  an  der  technischen  Hochschule  in  Braunschweig. 
Die  Höherlegung  der  unter  Hochwasser  liegenden  Strecke  der  Bahn¬ 
linie  Troisdorf  -  Niederlahnstein  und  die  Anlage  des  zweiten 
Geleises  derselben,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  45  bis  47  im 
Atlas. 

Neuerungen  an  Schiffahrtsschleusen,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  48 
im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs -Baumeister  Th.  Janssen  in 
Pillau. 

Ueber  den  Einflufs  der  Strom regulirungen  auf  die  Wasserstände  in 
den  Flüssen,  mit  Abbildungen  auf  Blatt  49  im  Atlas,  von  Herrn 
Regierungs-  und  Baurath  Kröhnke  in  Gumbinnen. 

Statistische  Nachweisungen,  betreffend  die  in  den  Jahren  1881  bis 
einschliefslich  1885  vollendeten  und  abgerechneten  preufsischen 
Staatsbauten  aus  dem  Gebiete  des  Hochbaues.  (Fortsetzung.) 
XH.  Geschäftshäuser  für  Gerichte.  Im  Aufträge  des  Herrn 
Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  zusammengestellt  von  Herrn 
Land-Bauinspector  Wiethoff  in  Berlin. 

Geheimer  Bauratli  Adolf  Tolle  f.  Die  preufsische  Staatsbau¬ 
verwaltung  hat  einen  ihrer  tüchtigsten  Wasserbaubeamten  durch 
plötzlichen  Tod  verloren.  Der  Geheime  Baurath  und  Vortragende 
Rath  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  Adolf  Tolle,  welcher 
sich  mit  kurzem  Urlaube  zu  seiner  in  Wesel  verheiratheten  Tochter 


begeben  hatte,  ist  dort  am  4.  d.  M.  am  Schlagflusse  verschieden.  Vor 
anderthalb  Jahren  von  einer  verderbenbringenden,  heimtückischen 
Krankheit,  einem  Kehlkopfkrebs,  ergriffen,  hatte  er  sich  mit  männ¬ 
lichem  Muthe  und  voll  Gottvertrauen  einer  schweren  Operation 
unterworfen;  der  ärztlichen  Kunst  war  es  gelungen,  ihn  von  seinem 
Leiden  zu  befreien,  sodafs  nach  menschlichem  Ermessen  gegründete 
Hoffnung  auf  weitei-es  gesegnetes  Wirken  für  ihn  vorhanden  war. 
Gott  hat  es  anders  gewollt:  mitten  im  arbeitsfreudigen  Schaffen  ist 
er  zur  ewigen  Ruhe  abberufen  worden. 

Adolf  Tolle,  1832  in  Hanekenfähr  in  der  Nähe  von  Lingen  an 
der  Ems  geboren,  war  1853  als  Wasserbauführer  in  den  vormals 
hannoverschen  Staatsdienst  eingetreten.  Schon  in  dieser  Stellung 
wurde  er  im  Anfang  des  Jahres  1858  nach  der  Insel  Norderney  ver¬ 
setzt,  wodurch  ihm  die  Gelegenheit  wurde,  sich  insbesondere  beim 
Bau  eines  umfangreichen  Dünenschutzwerkes  mit  der  Eigenart  der 
Nordsee  in  ihrem  steten  Kampfe  gegen  die  das  Festland  schützenden 
Inseln  gründlich  bekannt  zu  machen.  Unterm  14.  Juni  desselben 
Jahres  nach  gut  bestandener  zweiter  Staatsprüfung  zum  Wasserbau- 
Conducteur  auf  Norderney  ernannt,  wurden  ihm  die  dortigen  Strand¬ 
bauten  selbständig  unterstellt,  bis  er  im  December  1861  mit  der 
Verwaltung  der  Wasserbauinspection  Norden,  mit  Einschlufs  der 
derselben  wieder  beigelegten  Insel  Norderney,  betraut  wurde.  In 
dieser  Stellung  ist  er  nach  erfolgter  Beförderung  zum  Wasserbau¬ 
inspector  (1866)  verblieben,  bis  er  durch  Allerhöchste  Bestallung  am 
26.  Juli  1876  zum  Regierungs-  und  Baurath  ernannt  und  ihm  die 
Reg.-  und  Baurathsstelle  in  Aurich  verliehen  wurde.  Im  Jahre  1887 
ward  er  als  Hülfsarbeiter  in  das  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten 
berufen,  worauf  ihm  zunächst  der  Titel  Geheimer  Regierungs -Rath 
verliehen  wurde;  unterm  4.  April  1888  erfolgte  dann  seine  Beförde¬ 
rung  zum  Geheimen  Baurath  und  vertragenden  Rath  in  diesem 
Ministerium. 

Tolle  hat  fast  sein  ganzes  Leben  der  Förderung  der  Wasser¬ 
bauten  in  Ostfriesland  gewidmet.  Als  gründlichster  Kenner  der 
Nordsee  ist  er  von  bahnbrechender  Bedeutung  für  die  Ermittlung 
der  zweckmäfsigsten  Systeme  für  Inselschutzbauten  und  deren  Aus¬ 
führung  gewesen;  die  Landungsbrücke  auf  Norderney,  welche  den 
Aufschwung  der  Insel  zu  einem  Weltbade  ermöglichte,  verdankt  ihm 
ihre  Entstehung.  Neben  sonstigen  zahlreichen  gröfseren  und  kleineren 
Wasserbauten,  von  welchen  hier  nur  die  Hafenanlagen  bei  Emden, 
der  Fischereihafen  Norderney-Norddeich,  die  Correction  der  Unter- 
Ems,  der  Bau  verschiedener  Leuchtthürme  genannt  werden  mögen, 
hat  er  den  Ems- Jade -Canal  ausgeführt.  Mit  Rücksicht  auf  seine 
hierbei  bewiesene  Tüchtigkeit  war  ihm  zur  Zeit  die  obere  Leitung 
des  Baues  des  Canals  von  Dortmund  nach  den  Ems-Häfen  anvertraut, 
dessen  gegenwärtig  —  nach  der  Erledigung  umfassender  Vorarbeiten 
—  nahe  bevorstehende  thatsächliche  Inangriffnahme  er  nicht  mehr 
erleben  sollte.  In  allen  Stellungen  hat  er  Vorzügliches  geleistet;, 
mehrfach  ist  er  mit  der  Ausführung  von  Reisen  (nach  Schleswig, 
Frankreich,  England)  zum  Zweck  des  Studiums  von  Inselschutz¬ 
bauten,  Landungsvorrichtungen,  Hafenbauten,  der  Hochsee-Fischerei 
und  Austernzucht  beauftragt  worden.  Als  Anerkennung  seiner 
Thätigkeit  sind  ihm  1874  der  Rothe  Adler-Orden  IV.  Klasse,  1875 
die  Fortschrittsmedaille  der  Wiener  Weltausstellung,  1889  der  Rothe 
Adler-Orden  III.  Klasse  mit  der  Schleife  zu  Theil  geworden. 

Der  Verewigte  war  das  Muster  eines  umsichtigen,  pflichttreuen 
und  unverdrossenen  Beamten,  der  unter  Einsetzung  der  eigenen 
Person  und  Gesundheit  stets  nur  das  Gelingen  der  ihm  anvertrauten 
Aufgaben  im  Auge  hatte,  der  keine  Anstrengung  und  keine  Gefahr, 
sei  es  im  Winter  oder  Sommer,  bei  Tages-  oder  Nachtzeit  scheute, 
wenn  es  galt,  einen  schwierigen,  von  Wind  und  Wetter  abhängigen 
Bau  durch  persönliches  Eingreifen  rechtzeitig  und  in  einer  den 
financiellen  Interessen  des  Baues  entsprechenden  Weise  zu  vollenden. 
Wie  er  namentlich  auch  in  dieser  Richtung  allen  seinen  jüngeren 
Fachgenossen  stets  ein  leuchtendes  Beispiel  gewesen  ist,  so  war  er 
allen  Freunden  ein  selbstloser,  treuer  und  ehrlicher  Freund.  Grau¬ 
same  Schicksalsschläge,  welche  ihm  in  wenigen  Jahren  seine  geliebte 
Gattin  und  zwei  erwachsene  Töchter  entrissen,  sodafs  er  zuletzt  ver¬ 
einsamt  in  seinem  Hause  zurückgeblieben  war,  —  die  schreckliche 
Krankheit,  welche  ihn  ergriffen  hatte,  haben  den  festen  Mann  nicht 
zu  beugen  vermocht:  erst  der  Tod  hat  ihn  seinem  Berufe  entrissen 
und  seiner  nie  rastenden  Thätigkeit  ein  Ziel  gesetzt.  Sein  Andenken 
wird  ein  gesegnetes  sein.  — k. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theilcs  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  vonJ.  Kerskes,  Berlin. 


153 


Centralblatt  der  Bauverwaltimg. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  19.  April  1890.  Nr.  16. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslände  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Circular  -  Erlafs  vom  31.  März  1890,  betreffend  Reisekosten, 
Portoauslagen  usw.  bei  staatsseitigen  Enteignungen.  —  Circular-Erlafs  vom  6.  April  1890, 
betreffend  die  Strombereisuugen.  —  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Das 
Städtische  Spielhaus  in  Worms.  —  Graftons  Drehschaufelbagger.  —  Mittheilungen  über 
Oberbau  auf  englischen  Eisenbahnen.  (Schlufs.)  —  Vermischtes:  Eisenbahnfach- 

wissenschaftliche  Vorlesungen  in  Preufsen. —.  Vorstand  des  Arcliitekten-  und  Ingenieur- 
Vereins  für  Rheinland  und  Westfalen  in  Köln.  —  Beseitigung  des  Schnees  durch  die 
städtischen  Entwässeruugscanäle.  —  Neuer  Patentstuhl  für  Theatergebäude  usw.  — 
,Der  Wettstreit  der  Baustile“.  —  Zur  Messung  der  Schneehöhen.  —  Geplante  neue 
Bahnverbindung  zwischen  London  und  dem  mittelenglischen  Industriegebiet. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Circnlar-Erlafs,  betreffend  Reisekosten,  Portoauslagen  usw. 
bei  staatsseitio-en  Enteio-nuno-en. 

O  O  O 

Berlin,  den  31.  März  1890. 

Zur  Herbeiführung  eines  gleichmäfsigen  Verfahrens  bestimmen 
wir  nach  Benehmen  mit  der  Königlichen  Ober-Rechnungskammer, 
dafs  in  Enteignungssachen  der  Staatsverwaltung  die  durch  die  Ab¬ 
haltung  örtlicher  Termine  entstehenden  Reisekosten  und  Portoaus¬ 
lagen  der  Commissare  der  Königlichen  Regierungen  bezw.  Regierungs¬ 
präsidenten,  sofern  der  zu  den  Bauausführungen  oder  sonstigen  An¬ 
lagen  erforderliche  Grund  und  Boden  vom  Staate  für  eigene  Rechnung 
erworben  werden  soll,  in  allen  Fällen  auf  die  betreffenden  Fonds  der 
zuständigen  Regierung  zu  übernehmen  sind,  also  die  Reisekosten  auf 
den  Fonds  zu  Diäten,  Fuhr-  und  Versetzungskosten,  die  Portoauslagen 
auf  den  Fonds  zu  Bureaubedürfnissen. 

Dagegen  sind  die  vorerwähnten  Kosten,  wenn  die  unentgeltliche 
und  lastenfreie  Beschaffung  des  dem  Staate  zu  überweisenden  Grund 
und  Bodens  Dritten  obliegt,  bei  den  letzteren  gemäfs  §  43  des  Gesetzes 
über  die  Enteignung  von  Grundeigenthum,  vom  11.  Juni  1874,  seitens 
der  Königlichen  Regierung  zur  Erstattung  zu  liquidiren. 

Der  Minister  Der  Finanzminister.  Der  Minister 

der  öffentlichen  Arbeiten.  In  Vertretung  des  Innern. 

V.  Maybach.  Meinecke.  Im  Aufträge 

Lodemann. 

An  die  Herren  Ober-Präsidenten,  die  Königlichen 
Regierungs -Präsidenten  bezw.  Regierungen  und 
die  Königliche  Ministerial  -  Militär-  und  Bau¬ 
commission.  F.  M.  I  4096.  —  M.  d.  I.  I  A  3384. 

—  M.  d.  ö.  A.  IV  835.  1 1842.  III  6131. 

Circular -Erlafs,  betreffend  die  Strombereisungen. 

Berlin,  den  6.  April  1890. 

Es  erscheint  im  dienstlichen  Intei'csse  wünschenswerth,  bei  der 
regelmäfsig  stattfindenden  Bereisung  der  Ströme  usw.  durch  tech¬ 
nische  Commissarien  meines  Ministeriums  neben  dem  betreffenden 
Strombaudirector  bezw.  Regierungs-  und  Baurath  und  dem  für  die 
betreffende  Strecke  usw.  zuständigen  Localbaubeamten  in  der  Regel 
auch  die  Wasserbauinspectoren  der  benachbarten  Bezirke  in  der 
Weise  heranzuziehen,  dafs  dieselben  an  der  Bereisung  der  ober-  und 
unterhalb  des  ihnen  zugewiesenen  Dienstbezirks  belegenen  Strom- 
usw.  Strecken  theilnehmen. 

An  der  Bereisung  derjenigen  Ströme,  für  welche  besondere 
Strombaudirectionen  bestehen,  wird  aufser  den  betreffenden  Beamten 
der  Strombauverwaltung  auch  der  Regierungs-  und  Baurath  der  Re¬ 
gierung,  welchem  die  Bearbeitung  der  Wasserbausachen  obliegt, 
innerhalb  der  Grenzen  des  betreffenden  Regierungsbezirks  theilzu- 
nehmen  haben  und  zu  diesem  Behufe  den  zuständigen  Herren  Re¬ 
gierungs-Präsidenten  jedesmal  rechtzeitig  vor  der  stattfindenden  Be¬ 
reisung  eine  entsprechende  Mittheilung  zu  machen  sein. 

Soweit  durch  diese  Mafsregel  Kosten  erwachsen,  sind  solche  für 
die  betreffenden  Localbaubeamten  bei  Capitel  65  Titel  13  des  Bau- 
verwaltungs-Etats,  für  die  Regierungs-  und  Bauräthe  bei  dem  Diäten¬ 
fonds  der  Regierung  zu  verrechnen,  die  ersteren  aber  in  den  be¬ 
treffenden  Abschlüssen  unter  Hinweis  auf  diesen  Erlafs  besondCTS 
kenntlich  zu  machen. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

V.  Maybach. 

An  sämtliche  Herren  Regierungs -Präsidenten  bezw. 

Königlichen  Regierungen  (ausgenommen  Liegnitz, 

Erfurt,  Arnsberg,  Aachen,  Köln  und  Sigmaringen), 
die  Königliche  Ministerial-Bau-Commission  hier- 
selbst  sowie  an  die  Herren  Chefs  der  vier  Strom¬ 
bauverwaltungen.  III.  20  871. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Re¬ 
gierungs-  und  Baurath  Richter,  ständigem  Hülfsarbeiter  bei  dem 
Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  in  Harburg,  die  nachgesuchte 
Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  zu  ertheilen,  sowie  bei  dem  Ueber- 
tritt  in  den  Ruhestand  dem  Eisenbahn-Maschineninspector  Schmitz, 
ständigem  Hülfsarbeiter  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs- 
Amte  (rechtsrh.)  in  Düsseldorf,  den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse 
zu  verleihen. 

Der  Abtheilungs- Ingenieur  Sachse  in  Aschersleben  ist  unter 
Ernennung  zum  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  in  den  un¬ 
mittelbaren  Staatsdienst  übernommen  worden.  Demselben  ist  die 
Stelle  des  Vorstehers  der  Eisenbahn-Bauinspection  in  Aschersleben 
verliehen. 

Versetzt  sind:  die  Regierungs-  und  Bauräthe  van  den  Bergh, 
bisher  in  Münster,  als  Director  (auftrw.)  an  das  Königliche  Eisen- 
bahn-Betriebs-Amt  in  Harburg  und  Koenen,  bisher  in  Saarbrücken, 
als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Ei senb ahn -Betrieb s- 
Amt  (Münster-Emden)  in  Münster,  die  Bauräthe  Sobeczko,  bisher 
in  Berlin,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  in  Nordhausen,  Arndt,  bisher  in  Osnabrück,  als  stän¬ 
diger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt 
(Wanne-Bremen)  in  Münster  und  Boenisch,  bisher  in  Essen,  als 
ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt 
(Directionsbezirk  Altona)  in  Berlin,  der  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebs¬ 
inspector  Müller,  bisher  in  Uelzen,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an 
das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Harburg  und  der  Eisen¬ 
bahn-Maschineninspector  Wagner,  bisher  in  Lauban,  als  Vorsteher 
der  Hauptwerkstätte  nach  Frankfurt  a.  0. 

Der  Königliche  Wasser-Bauinspector  Beuck  in  Posen  ist  in 
gleicher  Amts  eigen  schaft  nach  Birnbaum  versetzt. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt;  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Thomas  Antony  aus  Huscheidermühle,  Reg.- 
Bezirk  Trier,  KarlFrancke  aus  Greifenberg  i.  P.,  Karl  Rutkowski 
aus  Königsberg  O.-Pr.  und  Ernst  Sam  wer  aus  Gotha  (Ingenieur¬ 
baufach);  —  Karl  Haubach  aus  Darmstadt  (Hochbaufach). 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  Wilhelm 
Möller  in  Berlin,  Anton  Nagel  in  Essen  a.  d.  Ruhr,  Otto  Stahn  in 
Berlin  und  Adolf  Winkelmann  in  Halle  a.  S.  ist  die  nachgesuchte 
Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

Die  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectoren  M  ei  sei,  Vorsteher 
der  Eisenbahn-Bauinspection  in  Warburg,  und  Kiepenheuer,  Vor¬ 
steher  des  Materialien-Bureaus  der  Königlichen  Eisenbahndirection 
in  Erfurt,  sind  gestorben. 

Deutsches  Reich. 

Ernannt  sind: 

zu  Marine  -  Schiff bauinspectoren :  die  Marine  -  Schiffbau  -  Ober¬ 
ingenieure  V.  Lindern,  Rudloff,  Hofsfeld  und  Schrödter; 

zu  Marine -Maschinenbauinspectoren:  die  Marine -Maschinenbau- 
Oberingenieure  Weispfennig,  Görris,  Bertram,  Thomsen  und 
die  Marine-Maschinenbau-Ingenieure  1.  Kl.  Petzsch  und  Lehmann; 

zum  Marine  -  Hafenbauinspector:  der  Marine  -  Hafenbau  -  Ober¬ 
ingenieur  Schirmacher; 

zu  Marine -Schiffbaumeistern;  die  Marine -Schiffbau -Ingenieure 
I.  Kl.  Kasch,  Krieger,  Gräber,  Johow  und  der  Marine-Schiffbau¬ 
ingenieur  H.  Kl.  Schwarz; 

zu  Marine  -  Maschinenbaumeistern:  die  Marine  -  Maschinenbau¬ 
ingenieure  1.  Kl.  Veith,  Uthemann,  Scheit  und  die  Marine- 
Maschinenbau-Ingenieure  11.  Kl.  Eickenrodt,  Ofers,  Lechner, 
Klamroth  und  Fritz; 

zu  Marine -Hafen -Baumeistern:  der  Marine -Hafenbau -Ingenieur 
I  I.  Kl.  Gromsch  und  der  Regierungs-Baumeister  Stieber; 


154 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


19.  April  1890. 


zu  Marine -Bauführern  des  Schiffbaufachs:  die  Marine -Ingenieur- 
Aspiranten  Schmidt,  Göcke,  Hölzermann  und  die  Schiffbau¬ 
ingenieure  Arendt,  Schultz  und  Schirmer; 

zu  Marine  -  Bauführern  des  Maschinenbaufachs :  der  Marine- 
Ingenieur  -  Aspirant  Fränzel  und  die  Candidaten  des  Schiffs¬ 
maschinenbaufachs  Collin  und  St ä ding. 

Der  Marine  -  Maschinenbauinspector  Beck  ist  von  der  Bau- 
Beaufsichtigung  in  Stettin  ab-,  und  nach  Kiel  zurückcommandirt, 
und  der  Marine  -  Maschinenbauinspector  Lehmann  von  Kiel  zur 
Bau-Beaufsichtigung  nach  Stettin  commandirt. 

Der  Marine -Schiff  baumeister  Krieger  ist  von  Kiel  nach  Berlin 
und  der  Marine -Hafenbaumeister  Stieb  er  von  Berlin  nach  Kiel 
versetzt. 

Bayern. 

Der  Oberingenieur  Anton  Kottmüller  in  Ingolstadt  ist  zum  Käthe 
bei  der  Generaldirection  der  Königl.  1).  Staatseisenbahnen  in  München, 


der  Bezirksingenieur  Johann  Rasp  in  Nürnberg  zum  Oberingenieur 
in  Ingolstadt  und  der  Betriebsingenieur  Christian  Schmidt  in 
Nürnberg  zum  Bezirksingenieur  daselbst  befördert.  Der  Betriebs¬ 
ingenieur  Rudolph  Klingsohr  in  Buchloe  ist  in  gleicher  Dienstes¬ 
eigenschaft  nach  Rosenheim  versetzt.  Die  Abtheilungsingenieure 
Karl  Quinat  in  Memmingen  und  Hermann  Frhr.  v.  Feilitzsch  in 
Donauwörth  sind  zu  Betriebsingenieuren  in  Nürnberg  bezw.  Buchloe 
betördert.  Der  Abtheilungsingenieur  Heinrich  Zeulmann  in  Forch- 
heim  ist  in  gleicher  Diensteseigenschaft  zur  Generaldirection  der 
Königl.  b.  Staatseisenbahnen  versetzt.  Der  Ingenieurassistent  Victor 
Fries  ist  zum  Abtheilungsingenieur  iind  Vorstand  der  Eisenbahn- 
bausection  Forchheim  und  der  Ingenieurassistent  Heinrich  Ga  reis 
zum  Abtheiluugsiugenieur  in  Regensburg  ernannt.  Der  Abtheilungs¬ 
ingenieur  Eugen  Frhr.  v.  Schacky  bei  der  Generaldirection  der 
Königl.  b.  Staatseisenbahneu  in  München  ist  in  gleicher  Dienstes¬ 
eigenschaft  nach  Bamberg  versetzt. 


[Alle  Rechte  vorbelialten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Das  Städtische  Spielliaiis  in  Worms. 


Fieber  die  neue  Wormser  Volksbühne  hat  in  einer  der  letzten 
Sitzungen  des  Berliner  Architektenvereins  der  Erbauer  dieses  eigen¬ 
artigen  Bühnenhauses,  Herr  Regierungs-Baumeister  Otto  March  in 
Charlottenburg,  einen  mit  allgemeinem  Beifall  entgegengenommenen, 
so  iuhaltreichen  und  formvollendeten  Vortrag  gehalten,  dafs  wir  nicht 
verabsäumen  möchten,  denselben  im  nachstehenden,  erläutert  durch 
einen  Grundrifs  und  eine  Gesamtansicht  des  Bauwerkes,  unseren 
Lesern  mitzutheilen  und  ihn  so  späterer  Zeit  zu  erhalten.  Herr 
March  führte  folgendes  aus: 

„Die  Frage  der  Volksbühne  ist  zur  Zeit  eine  viel  besprochene. 
Man  darf  hieraus  auf  die  Erkenntnifs  schliefsen,  dafs  man  der  volks- 
thümlichsten  aller  Künste,  der  Schauspielkunst,  einen  gröfseren 
Einflufs  auf  unser  Culturlebeu  einzuräumen  gesonnen  ist.  Ich  folge 
hier  der  gegebenen  Anregung,  einige  Mittheilungen  über  die  Wormser 
Volksbühne  zu  machen,  deren  Entwurf  und  Ausführung  mir  über¬ 
tragen  war.  Worms  ist  die  Stadt,  die  für  sich  das  Verdienst  in  An¬ 
spruch  nehmen  darf,  in  der  Frage  der  Volksbühne  zuerst  den  Kreis 
der  wissenschaftlichen  Erörterungen  verlassen  zu  haben  und  opferwillig 
und  muthig  mit  einem  praktischen  Versuche  vorgegangen  zu  sein. 

Ganz  allgemein  ausgesprochen,  wird  es  sich  bei  einem  Volks¬ 
theater  darum  handeln,  den  Schauspiel -Genufs  einem  möglichst 
grofsen  Publicum  ohne  Ausschlufs  der  Minderbemittelten  zugänglich 
zu  machen,  d.  h.  —  solange  der  Staat  hierbei  seine  Verpflichtung  zu 
Opfern,  wie  z.  B.  die  für  die  Museen  gebrachten,  nicht  anerkennt  — 
die  Kosten  des  Eintritts  für  den  einzelnen  Besucher  möglichst  zu 
verringern.  Dieses  Ziel  läfst  sich  auf  zwei  AVegen  erreichen.  Ent¬ 
weder  man  vergröfsert  unter  Beibehaltung  der  heutigen,  immer  ver¬ 
wickelter  und  kostspieliger  werdenden  Bühneneinrichtung  den  Zu¬ 
schauerraum,  oder  man  verringert  die  Kosten  der  Aufführung  durch 
A^ereinfachung  der  Bühne  und  ihrer  Einrichtungen.  AA^orms  hat  den 
zweiten  AVeg  eingeschlagen,  schon  aus  dem  Grunde,  der  für  jede  kleinere 
Stadt  Geltung  behält,  dafs  hier  ein  grofses  Haus  durch  den  zu  er¬ 
wartenden  Besuch  nicht  gefüllt  werden  kann.  Es  lagen  aber  bei  der 
Entschliefsung  über  die  Gestaltung  des  AVormser  Städtischen  Si^iel- 
hauses  auch  so  viele  innere  Gründe  vor,  dafs  sie  mit  einigen  AA^orten 
hier  Erwähnung  finden  müssen. 

A^on  allen  Vorschlägen  zu  einer  Umänderung  unsrer  heutigen 
Bühne  mufs  uns  hier  derjenige  Schinkels  besonderes  Interesse  ein- 
flöfsen.  Schinkel  machte  einen  solchen  bereits  im  Jahre  1829,  also 
zu  einer  Zeit,  in  welcher  weder  eine  heut  thatsächliche  Theater¬ 
müdigkeit  nahelegte  neues  zrr  versuchen,  noch  übertriebener  Theater¬ 
prunk  zu  nüchterner  Ueberlegung  einer  Rückänderung  zwang.  Er  be¬ 
seitigt  in  seinem  für  das  hiesige  Schauspielhaus  bearbeiteten  Entwürfe, 
der  in  Mappe  23  des  Schinkelmuseums  auf  bewahrt  wird,  die  Coulissen 
und  Soffiten,  die  er  durch  Vorhänge  von  gleichmäfsig  purpurrothem 
Stoff  in  Uebereinstimmung  mit  dem  Vorhang  ersetzt,  und  begnügt 
sich  zur  Andeutung  des  Platzes  der  Handlung  mit  einem  gemalten 
Hintergründe.  Den  vorderen  Theil  der  Bühne  zieht  er  halbkreis¬ 
förmig  weit  in  den  Zuschauerraum  hinein.  Schinkel  machte  seinen 
A^orschlag  nicht  infolge  äufserer  A^eranlassung  —  die  Ersparnifs  im 
Theaterbetriebe  führt  er  erst  am  Schlüsse  des  zugehörigen  Berichtes 
an  — ,  sondern  aus  ästhetischen  Rücksichten.  AVir  finden  sie  theil- 
weise  auf  dem  Rande  der  erwähnten  Zeichnungen  angegeben,  voll¬ 
ständig  veröffentlicht  aber  erst  von  seinem  Neffen  Hans  v.  AVolzogen 
in  den  Bayreuther  Blättern  1887.  Schinkel  beruft  sich  dabei  auf  das 
Theater  der  Alten,  die,  weit  entfernt  die  physische  Täuschung  zum 


Gii^fel  der  Kunst  zu  erheben,  dieselbe  absichtlich  vermieden  hätten. 
Sie  hielten  eine  sinnbildliche  Andeutung  des  Ortes  der  Handlung  für 
vollkommen  ausreichend,  die  mitschaffende  Phantasie  des  Zuschauers 
anzuregen  und  diesem  die  ideale  Täuschung  erwachsen  zu  lassen,  die 
ihm  ein  ganzes  modernes  Theater  mit  allen  Coulissen  und  Soffiten 
nicht  geben  kann.  Seine  Berufung  hätte  Schinkel  auch  auf  Shake¬ 
speare  ausdehneii  können.  In  den  von  Gädertz  vor  wenigen  Jahren 
veröffentlichten  Zeichnungen  des  holländischen  Gelehrten  Johannes 
de  AVitt,  welcher  1596  London  bereiste,  ist  diese  völlig  decorations- 
lose  altenglische  Bühne  dargestellt.  Sie  sprang  viereckig  frei  in  den 
mächtigen  länglichrunden  Zuschauerraum  hinein,  sodafs  die  Schau¬ 
spieler  —  wenn  mau  die  au  der  Rückwand  der  Bühne  befindlichen 
Logen  für  bevorzugte  Gäste  mitberücksichtigt  —  von  allen  Seiten 
vom  Publicum  umgeben  waren.  Dabei  wurde  in  dem  oben  offenen 
Hause  bei  Tageslicht  in  den  Nachmittagsstunden  täglich,  auch  Sonn¬ 
tags,  gespielt,  bezeichnend  genug  für  die  Zeit  vor  den  Puritanern. 

So  befremdlich  uns  diese  A^oraussetzuugen  für  die  Erregung  der 
schauspielerischen  Täuschung  erscheinen,  so  zweifellos  müssen  wir 
davon  überzeugt  sein,  dafs  der  Eindruck,  den  die  Schauspieler  durch 
ihr  der  AA^irklichkeit  entsprechendes  Spiel  in  unmittelbarer  Nähe 
der  Zuschauer  auf  diese  ausüben  konnten,  ein  mächtiger  war.  Dafür 
spricht  erstens  die  heut  bei  weitem  nicht  erreichte  grofse  Bedeutung, 
welche  das  Theater  in  jener  Zeit  bei  dem  Volke  hatte.  De  AAutt 
nennt  in  London  aufser  dem  beschriebenen  und  gezeichneten 
Swantheater  für  3000  Personen  noch  vier  grofse  Schauspielhäuser, 
zu  denen  wenige  Jahre  darauf  noch  das  Blackfriars -Theater  und 
das  Shakesjjearesche  Globe-Theater  kommen.  Zweitens  spricht  aber 
für  die  künstlerische  AVirkung  dieser  Aufführungen  ganz  besonders 
die  Erwägung,  dafs  die  gewaltige,  nicht  wieder  erreichte  Entwick¬ 
lung  des  Schauspieles  durch  Shakespeare  nicht  zu  denken  gewesen 
wäre,  wenn  nicht  der  Dichter  in  dieser  Bühne  die  richtige  Form 
für  seinen  Inhalt  gesehen  hätte. 

Der  grofse  Denker  Richard  AA^agner  kommt  in  seinen  zahlreichen 
das  Theater  behandelnden  Schriften  immer  wieder  zu  dem  Schlüsse, 
dafs  die  Oper  und  das  gesprochene  Schauspiel  ganz  verschiedene 
Phantasieerregungen  beabsichtigen,  dafs  jede  der  beiden  Kunst¬ 
gattungen  einen  ganz  verschiedenen  Stil  der  Bühne  und  des  Zuschauer¬ 
raumes  erfordern.  Ich  beziehe  mich  hier  auf  die  AA^agnerschen 
Schriften  „Ueber  ein  Nationaltheater  für  Sachsen“,  „Ueber  die  Er¬ 
richtung  eines  Theaters  in  Zürich“,  auf  seine  Aufsätze  „Staat  und 
Religion“,  „deutsche  Kunst  und  deutsche  Politik“  in  Band  A"III 
seiner  gesammelten  Schriften,  und  besonders  auf  die  1851  geschriebene 
längere  Auslassung:  „Oper  und  Drama“.  Er  setzt  hier  auseinander, 
dafs  das  gesprochene  Schauspiel  die  Erlebnisse  des  einzelnen  Menschen 
vorführt,  sich  mit  der  AA^elt  der  AAflrklichkeit  befafst,  während  die 
Oper  auf  die  Erregung  allgemeiner  Stimmungen  abzielt,  eine 
idealistische  AA^'elt  vorführt  und  schon  durch  das  Mittel  des  Gesanges 
dem  Realen  abgewandt  ist:  das  Schauspiel  plastisch-wirklich,  die 
Oper  malerisch-idealistisch.  Für  letztere  ist  daher  das  dem  Zuschauer 
örtlich  entrückte,  malerisch  -  perspectivische  Guckkastenbild  das 
stilistisch  Richtige,  für  ersteres  die  plastische  AAflrklichkeit;  daher 
hier  lieber  die  Andeutung  als  ein  Coulissenwesen,  welches  in  der 
gesprochenen  Aufführung  doch  nie  als  AAflrklichkeit  empfunden  wird, 
vielmehr  den  Dichter,  die  Phantasie  des  Zuschauers  und  auch 
diejenige  des  Spielers  beschränkt.  Der  Einflufs  der  Puritaner  unter¬ 
brach  die  grofsartige  Entwicklung  des  altenglischen  Schauspiels 


• — T  '  I  ir^'nii  iBHi  1  ÜBti  lii«ii— iimm  im  hmi  mi  i  i  ■  i'i  i  imI 


Centi^alblatt  der  Bauverwaltung. 


155 


Kr.  16. 

und  verurtheilte  es  zu  dem  Todeschlafe,  von  dem  es  auch  heut  noch 
nicht  erwacht  ist.  Richard  Wagner  führt  in  der  erwähnten  Schrift 
„Oper  und  Drama“  weiter  aus,  wie  weder  das  Shakespearesche 
Drama,  noch  die  mittelalterlichen  Mysterien  und  Fastnachts¬ 
schwänke  es  zu  einer  stetigen  Entwicklung  der  Schauspielbühne 
haben  bringen  können,  wie  in  Italien  die  höfischen  Singspiele, 
dann  die  italienische,  später  die  französische  Oper  die  Bühnenein¬ 
richtung  lediglich  zur  Befriedigung  ihrer  Stilbedürfnisse  beeinflufst 
und  ausgebildet  haben  und  unseren  Bühnendichtern  nur  das  aus¬ 
gesprochene  und  unausgesprochene  Bewufstsein  übrig  blieb,  dafs  die 
richtige  Bühnen-  und  Schauspiel -Form  für  ihren  dichterischen  Stoff 


soll.  Wohl  aber  bestätigen  die  bei  diesem  Lehrverhältnifs  der 
Schauspieler  und  Dilettanten  gemachten  Erfahrungen  die  Schillersche 
Ansicht,  dafs  ein  solches  Zusammenwirken  gewinnreich  für  den  Ge¬ 
schmack  und  das  Empfinden  des  Volkes  und  anregend  für  den 
Schauspieler  von  Beruf  sein  wird,  da  dieser  hier  wirklich  einmal  mit 
dem  Volke  in  Berührung  kommt.  Denn  unsere  ausverkauften  Häuser 
sind  vielleicht  die  „Gesellschaft“  oder  ein  Theil  der  Gesellschaft, 
aber  keineswegs  das  Volk.  Richard  Wagner  bringt  sogar  in  seinem 
Vorschläge  eines  Theaters  für  Zürich  dieses  Verhältnifs  der  vorbild¬ 
lichen  Berufskünstler  und  der  geplanten  städtischen  Spielgenossen¬ 
schaft  in  ein  vollständiges  System.  Wer  einmal  in  der  poetischen 


Das  Städtische  Spielhaus  in  Worms. 


nicht  vorhanden  ist.  Unser  gröfster  Bühnendichter,  Schiller,  be¬ 
ginnt  mit  der  Dramatisirung  des  Romans,  nähert  sich  dann  der 
Befolgung  der  strengeren  Formensprache  der  Franzosen  und  kommt 
schliefslich  im  Wilhelm  Teil  so  ziemlich  beim  Gegentheil  von  dem 
an,  was  er  noch  bei  seiner  vorletzten  Arbeit,  der  Braut  von  Messina, 
im  Auge  gehabt  hatte.  Wenn  er  dann  seine  gröfste  dramatische 
That,  den  Wallenstein,  selbst  ein  dramatisches  Gedicht  nennt,  so 
verstehen  wir  die  Klage  des  greisen  Goethe,  dafs  auch  er,  Goethe, 
einmal  in  dem  Wahne  gelebt  hätte  ein  deutsches  Theater  mitschaffen 
zu  können,  dafs  aber  sein  ganzes  Leben  nur  ein  Suchen  nach  dem 
Publicum  und  nach  der  Form  geblieben  sei. 

Künstlerisch  schöpferische  Kräfte  waren  gewifs  immer  vorhanden 
und  sind  es  auch  heut.  Aber  unsere  grofsen  Bühnendichter  Kleist  und 
Grabbe  gingen  zu  Grunde,  ohne  die  ersehnte  Fühlung  mit  dem  V olke 
durch  das  Theater  erreicht  zu  haben.  Unsere  Dichter  nach  Goethe 
beschränkten  sich  auf  das  Lyrische  und  den  Roman,  und  nur  ver¬ 
einzelte  von  den  Berufenen  machen  überhaupt  den  Versuch,  sich  mit 
dem  Publicum  vermittelst  der  Bühne  auszusprechen.  Gewifs  mufs 
daher  das  Vorgehen  zweier  Männer,  Friedrich  Schön  und  Hans 
Herrig,  mit  lebhaftem  Interesse  begleitet  werden,  die  es  unter¬ 
nahmen,  unter  Anknüpfung  an  frühere,  in  ihrer  Entwicklung  unter¬ 
brochene  Ueb erlief eruugen  einer  neuen  Art  der  Schauspielkunst 
den,  wie  zu  hoffen  ist,  fruchtbaren  Boden  zu  ebenen.  Es  handelt 
sich  hier  keineswegs  um  litterarische  und  archai'sirende  Experimente, 
wie  etwa  Tieck  die  Wiederherstellung  der  Shakespeare-Bühne  ver¬ 
langte,  sondern  Schön  und  Herrig  gingen  von  dem  wirklich  Er¬ 
fahrenen  und  Erlebten  aus,  beide  mit  Richard  Wagner  nah  be¬ 
freundet  und  mit  seinen  durch  Nachdenken  und  reichste  Erfahrung 
gereiften  Ansichten  über  das  Theater  innig  vertraut. 

Die  volksthümlichen  Aufführungen,  deren  Erfolge  zu  weiteren 
(  theoretischen  Ueberlegungen  veranlafsten,  sind  das  geschichtliche 
^  Festspiel  in  Rothenburg  ob  der  Tauber  und  alsdann  die  Luther- 
f  aufführung  in  Worms.  Diese  Kunstleistungen  wurden  durch 
f  Dilettanten  unter  Anleitung  von  Berufsschauspielern  bewirkt.  Man 
war  dabei  gar  nicht  versucht,  an  sie  den  grofsen  Mafsstab  der  berufs- 
mäfsigen  Schauspielkunst  zu  legen,  deren  Wirkungsfeld  auch  gar 
■  nicht  durch  die  volksthümliche  Kunstübung  beeinträchtigt  werden 


Tauberstadt  Rothenburg  am  Pfingstm.ontag  das  Festspiel  und  die 
erhebende  Stimmung  der  Bevölkerung  miterlebt  hat,  der  empfindet, 
dafs  hier  thatsächlich  ein  verheifsungsvolles  neues  Mittel  geschaffen 
ist,  des  Volkes  Phantasie  anzuregen,  deren  Beschäftigungslosigkeit 
Herrig  den  grofsen  Fluch  unserer  Zeit  nennt.  Es  ist  ein  Volksfest 
mit  geschichtlichem  Hintergrund,  wie  es  Fr.  Ludwig  Jahn  in  seinem 
„Deutschen  Volksthum“  auf  das  wärmste  befürwortet  hatte.  Nicht 
durch  faschingsmäfsige  Reizmittel  und  Uebertreibungen,  sondern  durch 
das  ausschlufslose  Interesse  an  der  gemeinsamen  Kunstleistung  wer¬ 
den  die  Stadtbewohner  und  ihre  Gäste  zu  wahren  Festmenschen  im 
Wagnerschen  Sinne  gemacht. 

Das  Festspiel  „Der  Meistertrunk“  ist  von  dem  Rothenburger 
Glasermeister  Hörber  in  theilweise  sehr  packenden  Versen  ge¬ 
dichtet  und  behandelt  einen  legendenhaften  Vorgang  aus  der  Belagerung 
Rothenburgs  im  dreifsigjährigen  Kriege.  Es  erscheint  nicht  unwichtig, 
seinen  Inhalt  hier  kurz  zu  erwähnen;  Tilly  erobert  nach  tapferer 
Gegenwehr  der  protestantischen  Bürger  die  Stadt  und  beschliefst 
sie  durch  Plünderung  und  Zerstörung  und  durch  Hinrichtung  der 
Rathsherren  zu  strafen.  Während  der  zwischen  dem  unerbittlichen 
Feldherrn  und  den  verzweifelnden  Rathsherren  geführten  Verhand¬ 
lungen  kommt  der  Rathskellermeister  auf  den  Gedanken,  durch 
einen  angebotenen  Trunk  Wein  den  Sinn  Tillys  milder  zu  stimmen. 
Der  dem  Wein  sonst  grundsätzlich  abholde  Heerführer  läfst  sich 
durch  die  kunstvolle  Form  des  mächtigen  Ehrenhumpens  der  Stadt 
bewegen,  davon  zu  trinken,  und  stellt  in  einer  Anwandlung  von 
Laune  die  höhnische  Bedingung:  falls  einer  der  anwesenden 
Rothenburger  Mannes  genug  sei,  den  Riesenbecher  in  einem  Zuge  zu 
leeren,  so  wolle  er  Gnade  für  Recht  ergehen  lassen  und  die  Stadt 
schonen.  Nach  kurzem  Kampfe  entschliefst  sich  der  alte  Bürger¬ 
meister  Nusch  zu  dem  Wagnifs  und  befreit  durch  dessen  Gelingen 
die  Stadt  aus  ihren  Nöthen. 

Es  ist  nun  sehr  lehrreich  zu  erleben,  wie  dieser  Hergang,  der 
sich  nach  der  flüchtigen  Erzählung  gut  zu  einer  Lustspielepisode 
eignen  könnte,  in  dem  Rahmen  der  Dichtung  durch  plastische 
Wirklichkeit  und  die  nahe  Anschaulichkeit  der  Vorführung  zu  einem 
die  Zuhörer  tief  ergreifenden  sich  gestaltet.  Freilich  bietet  in  diesem 
Falle  die  geschichtliche  Oertlichkeit  des  Schauspielsaales  an  sich 


156 


Centralblatt  der  Baiiverwaltnng. 


19.  April  1890. 


schon  einen  sonst  selten  zu  erzielenden  Kealisinus.  Es  ist  derselbe 
Kaum,  in  dem  am  30.  ( )ctober  1631  die  thatsäcbliclien  Verhandlungen 
zwischen  Till}'  und  dem  Käthe  stattfandeu;  dieselben  Glocken  der 
nahen  Jacobskirche,  welche  die  geängsteten  Bürger  damals  zur 
Messe  riefen,  läuten  jetzt  zu  den  Saalfenstern  herein;  wie  damals 
hält  Tilly  mit  seinem  Gefolge  seinen  Einzug  in  den  Saal  und  zwar 
mitten  durch  das  zuschaueude  Volk  hindurch  der  Bühne  zu.  Die 
hier  naiv  zwischen  Schauspieler  und  Publicum  hergestellte  Gegen¬ 
seitigkeit  gestaltet  in  eigenthümlicher  Weise  das  Interesse  an  den 
leidenden  und  handelnden  Persönlichkeiten  zu  mitfühlender  Täuschung, 
und  mau  kann  sich  hiernach  wohl  eine  Vorstellung  davon  machen. 


dafs  auf  der  erwähnten  alteuglischen  Bühne  die  von  allen  Seiten 
vom  Publicum  umgebenen  Schauspieler  imstande  waren,  einen  mäch¬ 
tigen  Eindruck  hervorzubringen.  Wiederholt  habe  ich  auch  Schau¬ 
spieler  sehr  guten  Namens  den  Wunsch  aussprechen  hören,  auch 
einmal  in  solchem  Kähmen  versuchen  zu  dürfen,  Auge  in  Auge  mit 
dem  Zuschauer  ihre  eigene  zwingende  Kraft  auf  diesen  auszuüben, 
ohne  Hülfe  oder  Behinderung  durch  Coulissen  mit  ihrer  von  hinten 
gesehenen  Leinewand  und  Pappe.  —  Auf  J’reue  und  Vollendung 
der  Trachten  wird  dabei  in  Kothenburg  wie  in  Worms  im  Sinne 
möglichster  Wahrhaftigkeit  und  Wirklichkeit  das  gröfste  Gewicht 
gelegt.  (Schlufs  folgt.) 


Graftons  Drehschaufelbagger, 


Wenn  Drehschaufelbagger  den  Anforderungen  des  Betriebes  in 
allen  Arbeiten  gerecht  werden  sollen  —  als  da  sind;  Aufnehmen  und 
Abgeben  des  Materials  in  beliebigen  Höhen,  und  zwar  Abgeben  mit 
freihUngendem  oder  aufliegendem  Baggergefäfs,  Oeft’nen  des  Gefäfses, 
falls  dasselbe  unter  Wasser  einen  Gegenstand  gefafst  hat,  den  der 
Krahn  nicht  heben  kann  — ,  so  waren  bisher  stets  zwei  Ketten  nöthig: 
eine  eigentliche  Lastkette  und  eine  Kette  zur  Steuerung  der  Schaufeln. 
Solche  Baggergefäfse  mit  zwei  Ketten  erfordern  aber  wieder  be¬ 
sondere  Ausleger  und  Winden  für  den  Krahn.  Da  es  nun  anderseits 
für  vorübergehende  Bauausführungen,  für  Versendung  der  Bagger 
auf  gröfsere  Entfernungen  in  den  Kosten  einen  erheblichen  Unter¬ 
schied  macht,  ob  man  zu  vorhandenen  Krahnen  nur  ein  Baggergefäfs 
nöthig  hat,  oder  ob  man  sich  den  ganzen  Bagger  neu  beschaffen 
mufs,  so  sind  schon  verschiedene  Einketten -Drehschaufelbagger  auf¬ 
getaucht,  die  aber  den  oben  gestellten  Anforderungen  nur  zum  Theil 
genügen.  Eine  neue,  von  Grafton  in  London  angegebene  Erfindung*) 
löst  ihre  Aufgabe  in  folgender  Weise: 

In  dem  Gestell  des  Baggergefäfses  B  ruhen  drehbar  bei  a  die 
Schaufeln  .1,  welche  durch  Leuker  D  an  ein  im  Gestell  B  auf-  und 
niedergleitendes  Querstück  C  angeschlossen  sind  und  durch  die  Be¬ 
wegungen  dieses  Gleitstücks  C  geschlossen  oder  geöffnet  werden. 
Mit  C  ist  durch  Ketten  G  eine  Trommel  F verbunden,  die  um 
eine  Hohlachse  H  sich  drehen  kann,  welch  letztere  fest  in  den 
Schlitten  IFIF  ruht.  Diese  Schlitten  laufen  in  denselben  Führungen 
wie  das  Gleitstück  6’,  sodafs  eine  Bewegung  der  Trommel  FF^  im 
Gestelle  nach  auf-  oder  abwärts  gleichzeitig  mit  einer  Bewegung  des 
Gleitstücks  C  oder  unabhängig  davon  erfolgen  kann.  Im  Inneren 
der  Hohlachse  FI  ist 
eine  Achse  K  gelagert, 
welche  kleine  Drehun¬ 
gen  machen  kann  und 
dadurch  die  Trommel 
FF'^  unten  im  Gestelle 
festhält  oder  derselben 
den  Weg  in  den  Füh¬ 
rungen  B  freigiebt. 

Angenommen  nun, 
der  Bagger  stürze 
durch  schnelles 
Ablassen  derKette 
E  zum  Schöpfen 
nieder,  so  befinden 
sich  alle  Theile  des 
Baggergefäfses  in  der 
aus  Abb.  3  (schau¬ 
bildlich  aus  Abb.  11) 
zu  ersehenden  Stellung. 

Namentlich  befindet 
sich  die  Trommel  F F^ 
mit  allem  Zubehör  ganz 
oben  im  Baggergestell, 
während  eine  unten 
am  Gestell  bei  i  dreh¬ 
bare  Klinke  /,  deren 
Bewegung  durch  An¬ 
schläge  iz  und  i-2  be¬ 
grenzt  ist,  durch  einen  Dorn  der  einen  Schaufel  gezwungen,  ihre 
höchste  Lage  einnimmt. 

Sitzt  das  Baggergefäfs  auf  dem  Boden,  wo  es  schöpfen  soll,  auf, 
so  wird  die  Kette  E  noch  weiter  nachgelassen;  folglich  gleitet  jetzt 
die  Trommel  F F^  mit  den  Schlitten  FF  IF  in  den  Führungen  BB 
nach  unten,  während  das  Gleitstück  C,  durch  die  Schaufeln  A 
und  Lenker  ü  gehalten,  oben  im  Gestelle  in  Kühe  bleibt.  Ist  die 
Trommel  F F^  ganz  unten  angelangt,  so  schnappt  der  Klinkenarm  /c 
der  Welle  K  unter  dem  Einflufs  des  kleinen  Hebelgewichtes  L  über 

*)  Deutsches  Patent  Nr.  48  117.  Henry  Grafton  in  London. 


die  Nase  U  der  in  ihrer  höchsten  Stellung  befindlichen  Klinke  7, 
wie  in  Abb.  5  und  in  Abb.  3  angedeutet.  Die  Trommel  hat  sich 
während  ihres  Niederganges  gedreht,  in  der  Art,  dafs  die  am  Gleit¬ 
stück  C  befestigten  Ketten  G  sich  von  F^  abwickelten,  während  die 
Krahnkette  E  sich  auf  F  aufwickelte.  Alle  Theile  nehmen  jetzt  die 
schaubildlich  in  Abb.  6  dargestellte  Lage  ein. 

Wenn  nun  die  Krahnkette  E  angezogen  wird,  so  übernimmt  der 
in  der  Kette  herrschende  Zug  die  Arbeit,  welche  zum  Einschnappen 
von  k  unter  D  die  Dorne  A^  zu  leisten  hatten,  nämlich  die  Federn  J 
zusammenzudrücken  und  die  Klinken  /  zu  verhindern,  in  ihre  untere, 
in  Abb.  3  gestrichelt  gezeichnete  Lage  zu  gehen,  und  es  bleibt  somit 
die  Achse  K  der  Trommel  festgelegt,  wenn  auch  die  Dorne  A^  beim 
Schöpfen  der  Schaufeln  A  die  Klinken  I  verlassen.  Die  Krahnkette 
wickelt  sich  also  von  F  ab,  während  sich  die  Ketten  G  auf  F^  auf- 
wickeln,  sodafs  das  Gleitstück  C  nach  unten  gezogen  wird  und  die 
Schaufeln  A  sich  schliefsen.  Alle  Theile  des  Baggergefäfses  befinden 
sich  jetzt  in  der  aus  Abb.  7  ersichtlichen  Stellung. 

Für  die  Entleerung  des  Baggergefäfses  sind  drei  Fälle  zu 
unterscheiden.  Dasselbe  soll  entwoder  mit  Unterstützung  von  oben, 
z.  B.  beim  Baggern  aus  der  Grube  und  Füllen  in  Eisenbahnwagen, 
oder  mit  Unterstützung  von  unten,  z.  B.  unter  Wasser  beim  Betoniren 
am  Grunde,  oder  aber  ohne  jede  Unterstützung,  also  frei  an  der 
Ki-ahnkette  hängend,  entleert  werden. 

Im  ersteren  Falle  kommt  das  Baggergefäfs  aus  der  Stellung, 
Abb.  7,  ^  allmählich  in  die  Stellung  Abb.  8.  Die  durch  Gewichte  O 
nach  innen  gehaltenen  Klinken  M  greifen  schliefslich  über  den  Ring  N, 
der  mit  kurzen  Stangen  oder  Ketten  unter  dem  Kopf  des  Auslegers 

befestigt  ist,  und  das 
ganze  Werk  zeigt  die 
aus  Abb.  1  und  2  er¬ 
sichtliche  Stellung  der 
Theile,  wobei  das 
Baggergefäfs  nicht 
mehr  an  der  Krahn¬ 
kette,  sondern  unmittel¬ 
bar  am  Ausleger  hängt. 
Wenn  jetzt  die 
Kette  E  einen 
Augenblick  nach¬ 
gelassen  wird,  so 
sinkt  die  Achse  K  mit 
der  Trommel  FF^  etwas 
herunter.  Die  Klinke  7 
kommt  in  die  in  Abb.  3 
gestrichelte  Lage,  und 
der  Arm  k  schiebt  sich 
wieder  unter  der  Nase 
F  heraus,  Abb.  5, 
weil  die  Anschläge  l 
am  Gestell  B  die  Achse 
K  mittels  der  Arme  L 
beim  Niedersinken  zu 
einer  kleinen  Drehung 
nöthigen.  Ein  neues 
A  n  z  i  e  h  e  n  der  Kette  E 
hat  nunmehr  zur  Folge, 
dafs  die  Trommel  FF'^,  ohne  sich  zu  drehen,  in  die  Höhe  geht,  das 
Gleitstück  C  mituimmt  und  so  das  Baggergefäfs  öffnet  (Abb.  9). 

In  Bezug  auf  den  eben  erörterten  Punkt  hat  der  vorliegende 
Einketten -Bagger  sogar  in  der  Arbeitsweise  einen  Vorzug  vor  dem 
Priestmanschen  und  ähnlichen  Zweiketten -Baggern.  Wenn  nämlich 
beim  Baggern  aus  der  Grube  die  volle  Constructionshöhe  ausgenutzt 
werden  soll,  wobei  der  Krahn  nicht  höher  gestellt  wird,  als  dafs  die 
Beladung  der  Eisenbahnwagen  vom  Ausleger  gerade  noch  gelingt, 
so  ergiebt  sich  die  ganze  Höhe,  um  welche  die  Trommel  7*^ T*’! 
im  Gestelle  bei  der  Entleerung  ansteigt,  als  Gewinn,  da 
beim  Priestmanschen  und  ähnlichen  Baggern  das  ganze  Gestell 


Abb.  1.  Abb.  2. 


Nr.  16. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


157 


nm  den  gleichen  Betrag  behufs  Entleerung  von  der  erreichten 
Höhe  unter  dem  Ausleger  wieder  herabfallen  mufs. 

Die  während  der  ganzen  Dauer  der  Entleerung  aufsteigende 
Bewegung  der  Kette  E  wird  erst  dann  unterbrochen,  wenn  das 
Gleitstück  C  durch  Anstofsen  an  die  Hebel  O  die  Klinken  M  auslöst 
(Abb.  3  und  4),  sodafs  nunmehr  ein  schnelles  Nachlassen  der  Kette 
ein  Niederfallen  des  Baggergefäfses  behufs  neuer  Materialaufnahme 
ermöglicht  (Abb.  10  und  11). 

Wenn  der  Bagger  nicht  gezwungen  ist,  die  ganze  Constructions- 
höhe  voll  auszunutzen,  so  wird  er  dadurch  entleert,  dafs  das  nach 
Abb.  7  gefüllte  Gefäfs  auf  irgend  welche  feste  Gegenstände,  Roll¬ 
wagen,  Baggerschuten,  Querbalken  über  einer  Schüttrinne  oder  dgl. 


Soll  endlich  das  Baggergefäfs  ohne  unmittelbare  Unterstützung, 
also  nur  an  der  Kette  E  hängend,  an  beliebiger  Stelle  zur  Entleerung 
gebracht  werden,  so  wird  auf  einen  Augenblick  die  Kette  E  nach¬ 
gelassen.  Ehe  nun  das  dem  freien  Falle  überlassene  Baggergefäfs 
zu  fallen  anfängt,  haben  bereits  die  in  J  eingeschlossenen  Federn 
die  Klinken  I  nach  unten  gedrückt  und  somit  die  Welle  K  ausgelöst. 
Während  also  jetzt  die  Trommel  FF^  am  Orte  bleibt,  stürzt  wie 
beim  Priestmanschen  Bagger  das  ganze  Gefäfs  nach  unten,  bis  die 
Gewichte  O  an  das  Gleitstück  C  stofsen,  womit  der  Bagger  entleert 
und  zu  neuem  Aufgreifen  von  Material  bereit  ist. 

Wie  ersichtlich,  sind  die  Federn  J  nur  für  die  letzterwähnte  be¬ 
sondere  Art  der  Entleerung  nöthig,  und  da  man  diese  Entleerungs- 


Abb.  0. 


Stellung,  weuu  die  Schau¬ 
feln  zu  schöpfen  (sich  zu 
schliefsen)  anfangen. 


Abb.  7. 

Stellung  beim  Heben 
und  Senken  des  vollen 
Gefäfses. 


Abb.  8. 

Stellung  der 
Klinken  M  u. 
Gewichte  0  un¬ 
mittelbar  vor 
Einhängnng 
des  Gefäfses  in 
den  Ausleger. 


K 


Abb.  9. 


Stellung  bei  der  Entlee¬ 
rung,  wenn  das  Bagger¬ 
gefäfs  am  Krahnausleger 
hängt. 


Abb.  10. 

Stellung  der 
Klinkeu  3f  u. 
Gewichte  0  un¬ 
mittelbar  nach 
Lösung  des 
Baggergefäfses 
vom  Ausleger. 


Abb.  11.  Abb.  12. 

Stellung  beim  Nieder-  Stellung  bei  der  Entlee- 
stürzen  des  leeren  Gefäfses  rung,  wenn  das  Gefäfs  mit 
zum  Schöpfen.  den  Schaufeln  aufniht. 


aufgesetzt  wird.  In  diesem  Fall  wird  wieder  die  Krahnkette  E  ent¬ 
lastet,  weil  das  Gewicht  des  Gefäfses  von  der  Unterstützung  auf¬ 
genommen  wird.  Die  Welle  K  mit  der  Trommel  FF^  kann  sich  im 
Gestelle  also  wieder  etwas  senken,  sodafs  sie  sich  von  der  Klinke  1 
auslöst,  und  nun  erfolgt  durch  Anziehen  der  Kette  E  eine  Entleerung 
nach  Abb.  12  genau  so,  wie  wenn  das  Gefäfs  am  Krahnausleger 
hängt  (Abb.  9). 


weise  stets  umgehen  kann,  so  sind  auch  die  Federn  J  als  überflüssig 
zu  betrachten. 

Der  erste  nach  dieser,  auch  in  England  patentirten  Bauart 
ausgeführte  Bagger  arbeitete  im  verflossenen  Sommer  im  Alexandra- 
Dock  in  Hüll  und  zwar  in  dünnschlammigem  Boden,  was  seine 
Leistungsfähigkeit  beeinträchtigte.  Bei  Arbeiten  in  festerem  Boden 
dürfte  der  Bagger  nichts  zu  wünschen  übrig  lassen.  — n. 


Mittheiliingen  über  Oberbau  auf  englischen  Eisenbahnen 

(Schliffs.) 


3.  Ergebnisse. 

Was  nun  die  Leistung  des  Stuhlschienen -Oberbaues  anbetrifft, 
so  ist  bekannt,  dafs  der  Verkehr  sowohl  an  Dichtigkeit  als  auch  an 
Schnelligkeit  auf  den  wichtigeren  Eisenbahnlinien  Englands  denjenigen 
der  anderen  Länder  nicht  unerheblich  übertrifft,  während  zugleich 
die  Betriebssicherheit  als  eine  verhältnifsmäfsig  hohe  anerkannt  wird. 
Denn  wenn  auch  die  diesbezüglichen  Vergleiche  des  kürzlich  er¬ 
schienenen  Buches  von  Foxwell  und  Farrer  von  zuständiger  Seite  (im 
Archiv  für  Eisenbahnwesen  1890  I  und  darauf  fufsend  auch  in  der 
Zeitung  des  Vereins  Deutscher  Eisenbahnverwaltungen,  1890  Heft  7 
u.  8),  zumal  hinsichtlich  der  daselbst  ermittelten  Durchschnittsge¬ 
schwindigkeiten,  als  durchaus  einseitig  und  vielfach  unrichtig  nach¬ 
gewiesen  sind,  und  wenn  in  England  auch  langsame  Personenzüge 
(z.  B.  von  35  km  Durchschnittsgeschwindigkeit  mit  Aufenthalt)  recht 
wohl  Vorkommen,  so  wird  doch  obenbezeichnete  Thatsache  keines¬ 
wegs  bestritten,  und  jedenfalls  dürften  so  hohe  regelmäfsige  Fahr¬ 
geschwindigkeiten  wie  z.  B.  zwischen  Edinburg  und  London  (645  km 
mit  4 — 5  Aufenthalten  nebst  einer  Mittagspause  von  20  Minuten  in 
8V2  Stunden,  also  mit  Aufenthalt  76  km  in  der  Stunde)  wohl  kaum 
irgendwo  anders  erreicht  werden.  (Berlin- Köln  etwa  63,  Spandau- 
Hannover  69,  Breslau -Berlin  68,8  nach  der  bezeichneten  Quelle.) 
Gleiches  gilt  von  der  reinen  Fahrgeschwindigkeit,  welche  Verfasser 
mehrfach  zu  108  bis  109  km  in  der  Stunde  beobachtet  hat,  und  welche 
sogar  bis  120  km  steigen  soll.  Wenn  nun  bei  dem  regelmäfsigen  Vor¬ 
kommen  so  grofser  Geschwindigkeiten  und  bei  gleichzeitig  grofser 
Lebhaftigkeit  des  Verkehrs  —  also  auch  kleinen  Pausen  für  die 
Arbeiten  am  Geleise  —  der  Oberbau  doch  so  gut  zu  erhalten  ist,  dafs 
das  Fahren  auf  demselben,  und  zwar  auch  in  dritter  Wagenklasse*), 


*)  Die  englischen  Schnellzüge  führen  bekanntlich  zum  Theil  nur 
erste  und  dritte  Klasse.  Die  letztere  ist  dann  jedoch  sehr  viel  be¬ 
quemer  als  diejenige  auf  deutschen  Bahnen,  namentlich  mit  Polstern 
zum  bequemen  Anlehnen  des  Kopfes  versehen,  deren  Fehlen  langes 
Fahren  in  der  dritten  Klasse  auf  deutschen  Bahnen  schwer  erträglich 
macht. 


durchweg  ein  überraschend  sanftes  und  ruhiges  ist,  wie  man  es  auf 
dem  Festlande  selbst  bei  den  besterhaltenen  Strecken  nicht  findet, 
so  kann  man  jedenfalls  dem  englischen  Oberbau  das  Zeugnifs  einer 
vorzüglichen  Bewährung  nicht  versagen.  Bezüglich  der  dort  aufzu¬ 
wendenden  Unterhaltungsarbeiten  und  -Kosten  wären  zuverlässige 
Angaben,  weiche  dem  Verfasser  zur  Zeit  noch  fehlen,  von  besonderem 
Werth.  Jedoch  ist  es  auffallend,  dafs  man  sehr  grofse  Strecken 
durchfahren  kann,  ohne  von  irgend  welcher  Arbeit  am  Geleise  etwas 
zu  merken.  Auch  macht  der  Oberbau  keineswegs  den  Eindruck,  als 
ob  viel  daran  gearbeitet  würde,  scheint  sich  vielmehr  in  einer  sehr 
dauerhaften  und  ruhigen  Lage  zu  befinden,  und  es  möchte  nicht 
unwahrscheinlich  sein,  dafs  die  gegenüber  dem  deutschen  Oberbau 
vorhandenen  Mehrkosten  der  ersten  Anlage  durch  die  Ersparnisse 
an  Untei-haltungs-  und  Erneuerungskosten  mehr  als  aufgewogen 
werden.  In  so  günstigen  Ergebnissen  ist  denn  auch  der  Grund  zu 
suchen,  weshalb  man  in  England  mit  bekannter  Zähigkeit  an  dem 
Stuhlschienen-Oberbau  festhält  und  denselben  nur  nach  der  Seite  der 
Gewichtsverstärkung  weiter  ausgebildet  hat,  dagegen  von  allen  Ver¬ 
suchen  mit  anderen  Grundformen  des  Gestänges  immer  bald  wieder 
zurückgekommen  ist. 

Betrachtet  man  die  Wirkungsweise  des  Oberbaues  und  beachtet 
als  die  schlimmsten  Feinde  der  Schienenbefestigung  und  der  ruhigen 
Geleislage  einmal  die  seitlichen  Stöfse  der  Spurkränze  gegen  den 
Schienenkopf  und  sodann  die  schwingenden  Erschütterungen  des 
ganzen  Gestänges  mitsamt  den  Schwellen,  welche  durch  die  Fahr¬ 
bewegungen  in  senkrechter  und  wagerechter  Ebene  hervorgerufen 
werden;  berücksichtigt  man  ferner,  dafs  diese  Wirkungen  mit  der 
Schwere  der  Maschine  und  mit  der  Geschwindigkeit  zunehmen,  so 
erscheint  es  durchaus  erklärlich,  wie  der  oben  geschilderte  schwere 
Stuhlschienen-Oberbau  in  hervorragendem  Mafse  geeignet  ist  solchen 
Beanspruchungen  zu  widerstehen.  Die  Seitenkräfte  wirken  zunächst 
auf  Verschiebung  und  Umkanten  der  Schiene  nach  aufsen 
und  somit  auf  Verdrücken  der  äufseren  und  Heben  der 
inneren  Befestigungsmittel.  Wenn  nun  diese  die  Schiene  nur  an 
ihrem  unteren  Rande  fassen,  so  mufs  die  letztere  schon  eine  merk- 


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Centralblatt  der  Banverwaltung. 


19.  Apiil  1890. 


liehe  elastische  Yerdrehiiug  erfahren,  bevor  die  Befestigungsmittel 
am  inneren  Fufsrande  der  Schiene  zur  Wirkung  gelangen  können. 
Verstärkt  wird  diese  Verdrehung,  sobald  der  Seitenstofs  gegen  den 
Schienenkopf  zwischen  zwei  Befestigungspunkten  der  Schiene  er¬ 
folgt;  auch  tritt  alsdann  zu  der  Verdrehung  noch  eine  Biegung  iin 
wagerechten  Sinne  hinzu.  Aber  auch  wenn  ein  starker  Seiteustofs 
gerade  über  einem  Stützpunkte  erfolgt,  so  reichen  doch  die  Befesti¬ 
gungsmittel  an  dem  einen  Punkte  keineswegs  aus,  um  allein  gegen 
Verschiebung  und  namentlich  gegen  Kanten  auf  die  Dauer  genügend 
zu  widerstehen*);  vielmehr  müssen  die  benachbarten  Befestigungs¬ 
stellen  zur  Mitwirkung  herangezogen  werden,  was  wieder  eine  vorgän¬ 
gige  elastische  Verdrehung  der  Schiene  voraussetzt.  (Hieraus  erklärt 
sich  die  Thatsache,  dafs  man  an  der  inneren  Seite  stets  zwischen  die 
Xagelköpfe  und  den  Schienenfufs  die  Klinge  eines  Taschenmessers 
einschieben  kann.)  Bei  Anwendung  von  richtig  gelochten  Unterlags¬ 
platten  wird  zwar  der  Widerstand  der  äufseren  Befestigungsmittel 
gegen  Verdrücken  dxn-ch  Hinzuziehen  der  inneren  wesentlich  ver¬ 
stärkt;  auch  erhält  die  Schiene  gegen  Umkanten  nach  aufsen  einen 
festeren  Stützpunkt,  aber  der  AViderstand  der  inneren  Befestigungs¬ 
mittel  gegen  Ausziehen  wird  dadurch  nicht  gebessert.  Zudem  bieten 
diese,  gleichviel  ob  Nägel  oder  Schwellenschrauben,  stets  nur  sehr 
kleine  Flächen  bis  höchstens  2  cm  Breite  zum  Anlegen  der  Schiene 
dar.  [Die  senkrechte  Haltkraft  der  Schrauben  ist  zwar  zu  Anfang 
erheblich  gröfser  als  diejenige  der  Nägel;  sie  läfst  aber  mit  der  Zeit 
stark  nach. 

Ganz  anders  ist  hier  eine  richtig  ausgeführte  Stuhlbefestigung 
imstande,  die  Angriffskräfte  aufzunchmen.  Der  schwere,  mit  den 
Schwellen  zu  einem  Stück  festverbundene  Stuhl  fafst  die  Schienen 
mit  ganz  breiten  Flächen  (etwa  80  mm  an  der  inneren,  180  mm 
an  der  äufseren  Seite)  und  —  was  sehr  wesentlich  —  au  der  Aufsen- 
seite  unmittelbar  unter  dem  Kopf,  also  so  hoch,  dafs  die  auf  Um- 
kanteu  der  Schienen  wirkenden  Kräfte  fast  ganz  ohne  Hebelarm  zu¬ 
nächst  von  dem  festanliegenden  Holzkeil  und  sodann  von  dem  Stuhl 
selbst  aufgenommen  werden.  Zu  einer  Verdrehung  der  Schiene  liegt 
also  kaum  noch  irgend  welcher  Grund  vor.  Ein  Aufkanten  des 
ganzen  Stuhles  aber  ist  bei  der  grofseii  Grundfläche  (394  mm  quer 
zur  Schiene)  und  reichlichen  Befestigung  desselben  vollends  ausge¬ 
schlossen. 

AA"as  dann  weiter  die  Erschütterungen  betrifft,  welche  nach 
Uebertragung  der  senkrechten  und  wagerechten  Stöfse  durch  die 
Befestigungsmittel  auf  die  Schwellen  das  ganze  Gestänge  auszu¬ 
halten  hat,  so  verlangt  die  thunlichste  Unschädlichmachung  derselben 
vor  allen  Dingen  eine  möglichst  grofse  Masse,  also  ein  reichliches 
Gewicht  des  gesamten  Oberbaues,  und  dieser  Punkt  scheint  nicht 
immer  die  nöthige  Beachtung  gefunden  zu  haben,  so  u.  a.  bei  der 
Anwendung  zu  leichter  eiserner  Schwellen.  AVie  jeder  andere,  Be¬ 
wegungen  ausgesetzte  Baukörper  —  beispielsweise  das  Grundmauer¬ 
werk  einer  Maschine  —  nur  durch  sein  Gewicht  die  nöthige  Festigkeit 
gewinnt,  so  kann  auch  das  eines  gemauerten  Unterbaues  entbehrende 
Eisenbahngestänge  nur  durch  seine  eigene  träge  Masse  den  sich 
immer  wiederholenden  Erschütterungen  die  nöthige  Ruhe  entgegen¬ 
setzen. 

Das  umgebende  Bettuugsmaterial  kann  niemals  das  fehlende 
Gewicht  des  Gestänges  ersetzen,  weil  es  in  sich  keinen  zusammen¬ 
hängenden  Körper  bildet  und  der  festen  Verbindung  mit  dem  Ge¬ 
stänge  ermangelt.  Die  ruhige  Lage  des  Geleises  wird  also 
etwa  in  gleichem  Verhältnifs  mit  dem  Gesamtgewichte 
des  Gestänges  zunehmen.  In  dieser  Beziehung  bieten  nun  die 
gufseisernen  Stühle  neben  ihrer  kräftigen  AVirkung  zur  Befestigung 
der  Schienen  zugleich  ein  verhältnifsmäfsig  billiges  Mittel  zur  Er¬ 
höhung  des  Gewichts.  Der  obengeschilderte  Stuhlschieneu- Oberbau 
wiegt  im  ganzen,  ivenn  man  die  Schwelle  (in  beiden  Fällen)  zu  68  kg 
rechnet,  auf  1  Aleter  Geleislänge  228  kg  gegen  etwa  156  kg  bei  einem 
durchweg  mit  Unterlagsplatten  versehenen  deutschen  Oberbau,  also 
46  pCt.  mehr.  Hieraus  erklärt  sich  zur  Genüge  die  erheblich  ruhigere 
Lage  des  englischen  Gestänges,  welche  den  Unterhaltungsarbeiten 
aufserordentlich  zu  statten  kommen  mufs. 

Neben  diesen  für  die  Leistung  und  Dauer  des  Oberbaues  wichtigen 
Punkten  spricht  noch  ein  anderer,  für  die  Auswechslungsarbeiten 
wesentlicher  Umstand  sehr  zu  guusten  des  Stuhlschienen -Oberbaues. 
Zunächst  erfordert  das  Auswechseln  einer  Schiene  (abgesehen  von 
der  Stofsverbindung)  nur  das  Losschlagen  und  AA^iedereintreiben 
von  11  Holzkeilen,  während  bei  der  Breitfufsschiene  auf  11  Schwellen 
24  Nägel  und  11  Unterlagsplatten,  zusammen  35  lose  und  meist  recht 


*)  Die  Rechnung  ergiebt  dies  sofort,  wenn  man  die  freilich 
unbekannte  Seitenkraft  schätzungsweise  zu  Vs  oder  auch  nur  zu 
1/2  des  gröfsten  Achsengewichtes  annimmt,  was  wohl  nicht  zu  hoch 
sein  dürfte. 


kleine  Stücke  zu  handhaben  sind.  Sodann  kommt  alles  Arbeiten 
an  der  Schwelle  wie  Ausziehen  und  Eintreiben  von  Nägeln,  Bohren, 
Nachkappen,  Spurnageln  u.  dergl.  mehr  in  AA^egfall.  Jede  Schwelle 
bildet  mit  den  beiden  Stühlen  zusammen  ein  festes,  unveränderliches 
Ganzes  bis  zum  Vergang  der  Schwelle,  welches  als  ein  Stück  zusammen 
ausgewechselt  wird.  Dieselbe  Einfachheit  der  Aufstellung  und  Er¬ 
haltung  kehrt  bei  den  AVeichen,  Herz-  und  Kreuzstücken  wieder,  so- 
dafs  auch  in  dieser  Hinsicht  im  Verein  mit  der  längeren  Dauer  die 
Unterhaltungsarbeiten  sich  sehr  viel  günstiger  gestalten  müssen,  als 
es  bei  der  Breitfufsschiene  des  Festlandes  erreichbar  ist. 

Fragt  man  nun  nach  den  Umständen,  welche  seiner  Zeit  in 
Deutschland  zum  Verlassen  des  Stuhlschienen-Oberbaues  geführt  haben, 
naclidem  derselbe  (obwohl  mit  sehr  viel  leichteren  Stühlen  als  der 
jetzige  englische)  sich  bei  verschiedenen  Bahnen  bereits  bewährt 
hatte,  so  ist  es  dem  Verfasser  bisher  nicht  gelungen,  recht  stich¬ 
haltige  Gründe  dafür  zu  ermitteln.  Man  hört  zunächst  einwenden,  dafs 
Gufseisen  im  Geleise  wegen  seiner  geringeren  Sicherheit  grundsätz¬ 
lich  auszuschliefsen  sei.  Nachdem  jedoch  auf  den  englischen  Bahnen  bei 
einem  erheblich  stärkeren  und  grofsentheils  zugleich  schnelleren  Ver¬ 
kehr  durch  die  Jahrzehnte  hindurch  diese  Besorgnifs  als  irrig  erwiesen 
ist,  kann  dieselbe  nicht  wohl  ernstlich  mehr  in  Betracht  kommen. 
Uebrigens  ist  auch  nicht  bekannt,  dafs  in  Deutschland  Klagen  über 
häufiges  Brechen  der  Stühle  vorgekommen  seien,  und  selbst  wenn  es 
der  Fall  sein  sollte,  so  würde  das  nur  darauf  schliefsen  lassen,  dafs 
mau  dazumal  der  Gestaltung  und  Herstellung  der  Stühle  noch  nicht 
diejenige  Erfahrung  zuwenden  konnte,  welche  heute  ohne  Zweifel 
mindestens  in  England  besteht. 

AVeiter  wird  angeführt,  dafs  die  Holzkeile  infolge  des  Schwin¬ 
dens  leicht  lose  würden  und  herausfielen.  Nun  mag  vielleicht  der 
gleichmäfsigere  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  in  England  in  dieser 
Beziehung  dem  Verhalten  des  Holzes  etwas  günstiger  sein  als  auf 
dem  Festlande,  aber  ein  entscheidender  Einflufs  dürfte  diesem  Um¬ 
stande  doch  kaum  zuzumessen  sein.  Vielmehr  würde  auch  hier  eine 
richtige  Auswahl,  Behandlung  und  Gestaltung  des  Holzes  (vgl.  die 
oben  angeführte  starke  Pressung,  die  nicht  keilförmige  Gestalt 
u.  a.  m.)  sowie  namentlich  auch  die  richtige  Bildung  der  Stuhlbacken, 
die  Bedeckung  der  Keile  mit  Kies,  endlich  die  Lage  derselben  an 
der  Aufsenseite  des  Geleises  —  damit  im  Augenblick  eines  Seiten- 
stofses  der  Keil  nicht  gelockert,  sondern  im  Gegentheil  festgeprefst 
wird  —  voraussichtlich  die  Haltbarkeit  der  Keile  zu  einer  ganz  oder 
nahezu  ebenso  günstigen  machen  wie  in  England.  Zudem  hört  man 
übrigens  von  denjenigen  Beamten,  welche  in  Deutschland  mit  der 
Unterhaltung  von  Stuhlschienengeleisen  selbst  betraut  gewesen  sind, 
namentlich  von  den  betreffenden  Bahnmeistern,  soweit  bekannt, 
nur  günstige  Urtheile  über  die  einfache  und  leichte  Unterhaltung 
derselben. 

Der  gerügte  Uebelstand  scheint  also  auch  hier  kaum  in  sehr 
erheblichem  Mafse  fühlbar  geworden  zu  sein.  Auch  ist  jedenfalls 
das  Ueberwachen  und  Nachtreibeu  von  11  kräftigen  Holzkeilen  un¬ 
gleich  einfacher  als  dasjenige  von  24  Nägeln  oder  das  Nachziehen 
ebensovieler  Schrauben,  ganz  zu  schweigen  von  dem  Hinzukommen 
des  Nachbohrens,  Nachkappens,  Aufwuchtens  der  Schwelle  und  der 
damit  verbundenen  häufigen  Beunruhigung  der  Bettung. 

AVenn  nun  auch  ohne  Zweifel  der  Oberbau  mit  Breitfufsschienen 
durch  Vermehrung  der  Schwellenzahl  (von  10  auf  11)  sowie  durch  die 
sehr  wünschenswerthe  Verlängerung  der  Schwellen  von  2,5  auf  2,7  m 
und  namentlich  auch  durch  den  AVegfall  der  schwellenzerstörenden 
Kappung  mittels  Anwendung  heiliger  Unterlagsplatten,  endlich  durch 
Verstärkung  der  Schiene  wesentlich  verbessert  werden  kann,  so  sind 
dadurch  doch  keineswegs  die  bezeichneten  A^orzüge  eines  guten 
Stuhlschienen-Oberbaues  —  hohe  und  kräftige  Fassung  der  Schiene, 
schwere  Alasse  der  Stühle,  AVegfall  jeder  Nacharbeit  an  der  Schwelle, 
leichteste  Auswechslung  —  zu  ersetzen.  Es  dürfte  sich  sonach  in 
hohem  Mafse  empfehlen,  auch  in  Deutschland  unter  sorgfältiger  Be¬ 
achtung  aller  bisherigen  Erfahrungen  Versuche  mit  einem  ähnlich 
gebildeten  Stuhlschienen-Oberbau  in  gröfserem  Mafsstabe  anzustellen. 
Bei  richtiger  Ausführung  derselben  läfst  sich  ein  guter  Erfolg  mit 
Sicherheit  voraussehen. 

Hinsichtlich  der  AA^eichen  möchte  abgesehen  von  der  schon  her¬ 
vorgehobenen  Einfachheit  der  Ausführung  und  dem  AVegfall  der 
beiden  Schienenstöfse  am  Herzstück  noch  die  ununterbrochene 
Durchführung  der  Schienenneigung  und  der  AVegfall  jeder 
Spurerweiterung,  überhaupt  die  grofse  Knappheit  aller  Spiel¬ 
räume  Beachtung  verdienen.  Namentlich  dieser  letzte  Umstand 
dürfte  die  Seitenbewegung  der  Fahrzeuge  wesentlich  vermindern  und 
somit  nicht  unerheblich  beitragen  zu  dem  stofsfreien,  obwohl  sehr 
raschen  Durchfahren  der  Stationen,  welches  die  englischen  Schnell¬ 
züge  ebenso  auszeichnet  wie  die  sanfte  Fahrt  auf  freier  Strecke. 

A.  Goeriug. 


Kr.  16. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


159 


Vermischtes. 


f '■  Die  eisenl)ahufacli>vissenscli.aftlichen  Vorlesungen  in  Preufsen 

werden  im  Sommerhalbjahr  1890  in  folgender  Weise  stattfinden.  In 
Berlin  werden  in  den  Räumen  der  Universität  Vorlesungen  über  die 
Verwaltung  der  preufsischen  Staatseisenbahnen  sowie  über  die  Na¬ 
tionalökonomie  der  Eisenbahnen,  insbesondere  das  Tarifwesen,  ge¬ 
halten  werden.  Das  nähere,  namentlich  auch  bezüglich  der  Anmel¬ 
dung  zu  den  Vorlesungen,  ist  aus  dem  Anschläge  in  der  Universität 
ersichtlich.  In  Köln  finden  Vorlesungen  über  Eisenbahn-Betriebs¬ 
lehre  im  Verwaltungsgebäude  der  Königlichen  Eisenbahn-Direction 
(linksrheinische)  daselbst  statt. 

Der  Vorstand  des  Architekten-  und  Iiigoiieur- Vereins  für 
Rheinland  und  Westfalen  in  Köln  ist  für  das  neue  Vereinsjahr  wie 
folgt  zusammengesetzt.  Vorsitzender:  Geh.  Baurath  Rüppell,  Stell¬ 
vertreter  desselben:  Stadtbaurath  Stübben,  Schriftführer:  Regierungs- 
Baumeister  Schwedler,  Kassenführer:  Architekt  Franz  Erben.  Sonstige 
Mitglieder:  Regierungs-  und  Baurath  Bessert-Nettelbeck,  Architekt 
Mewes,  Bauinspector  a.  D.  Schellen,  Architekt  Wiethase. 

Beseitigung  des  Schnees  durch  die  städtischen  Entwässerungs¬ 
canäle.  In  gleicher  Weise,  wie  von  Frankfurt  a.  M.  berichtet  wird, 
wurden  auch  seitens  des  Tiefbau-Amtes  der  Stadt  Köln  beim  letzten 
Schneefall  Versuche  zur  raschen  Beseitigung  der  Schneemassen  durch 
Einstürzen  in  die  unterirdischen  Entwässerungscanäle  ausgeführt. 
Die  für  diesen  Zweck  an  mehreren  Stellen  der  Neustadt  über  dem 
Hauptabzugscanale  zum  Rheine  hergestellten  gemauerten  Einwurf¬ 
schächte  mündeten  senkrecht  in  den  Canalscheitel  ein  und  hatten 
einen  rechteckigen  Querschnitt  von  0,75  zu  1,50  m.  Bei  einem 
Schachte,  unter  welchem  der  Canal  einen  eiförmigen  Querschnitt  von 
1,80  zu  1,20  m  und  ein  Sohlengefälle  von  1  :  600  hat,  war  es  möglich, 
den  Schnee  aus  den  zweirädrigen,  etwa  IV2  cbm  fassenden  Pftrde- 
kippkarren  unmittelbar  in  den  Canal  abzustürzen,  ohne  die  Vorfluth 
zu  behindern.  Bei  einem  anderen  Schachte  über  einem  Canal  von 
1,20  zu  0,70  m  Querschnitt  und  dem  gleichen  Sohlengefälle  erwies 
sich  dieses  Verfahren  zwar  als  nicht  durchführbar,  obgleich  bei 
diesem  Schachte  eine  kräftige,  in  der  Richtung  des  Canalstromes 
wirkende,  durch  die  Wasserleitung  betriebene  Brause  im  Canal¬ 
scheitel  angebracht  war:  die  plötzlich  hineingestürzte,  verhältnifs- 
mäfsig  grofse  Schneemasse  bildete  im  Canale  sofort  eine  Verstopfung, 
welche  künstlich  beseitigt  werden  mufste.  Dagegen  konnte  auch  bei 
diesem  Schachte  trotz  der  verhältnifsmäfsig  geringen  Canalwasser¬ 
menge  durch  vier  Arbeiter  gleichzeitig  fortdauernd  Schnee  eiir- 
geschaufelt  werden,  welcher,  infolge  der  augenscheinlich  vorzüglichen 
WTrkung  der  Brause,  ohne  jede  Stockung  von  dem  Canalwasser  fort¬ 
geführt  wurde.  Wenige  hundert  Meter  weiter  abwärts  waren  die 
Schneemassen  schon  vollständig  zerschmolzen.  Durch  die  erwähnten 
beiden  Schächte  allein  wurden  innerhalb  weniger  Stunden  mehrere 
hundert  Fuhren  Schnee  beseitigt.  G. 

Neuer  Patentstuhl  für  Tlieatergebäude  usw.  Es  war  zu  er¬ 
warten,  dafs  die  die  bauliche  Anlage  und  innere  Einrichtung  von 
Theatern,  Circusgebäuden  und  öffentlichen  Versammlungsräumen 
betreffende  Polizei -Verordnung  vom  30.  November  v.  J.  zu  neuen 
Einrichtungen  und  Erfindungen  auf  dem  von  der  Verordnung 


betroffenen  Gebiete  anregen  würde.  So  haben  die  Paragraphen  9 
und  16,  welche  u.  a.  vorschreiben,  dafs  „nur  Klappsitze,  welche  selbst- 
thätig  aufschlagen,  verwendet  werden  dürfen“  und  dafs  „die  Thüren 
und  Treppen  derart  anzuordnen  sind,  dafs  die  Mehrzahl  der  Besucher 
sich  der  Bühne  abwenden  mufs,  um  die  Ausgänge  zu  erreichen“,  den 
Regierungs  -  Baumeister  W.  Schleicher  in  Düsseldorf  eine  neue 
Stuhleinrichtung  ersinnen  lassen,  die  es  ermöglicht,  dafs  die  Besucher 
des  Parketts  und  der  Galerieen  nicht  nur,  wie  bisher  üblich,  in  den 
Gängen  parallel  zur  Bühne,  sondern  auch  in  Gängen  senkrecht  zu 
dieser  den  Zuschauerraum  verlassen  können.  Die  Einrichtung  ist 
von  der  Ersten  Würzburger  Möbelfabrik,  Gebi’.  Billigheimer,  zur 


Ausführung  übernommen  und  besteht  im  wesentlichen  darin,  dafs 
der  aus  Eisen  und  Holz  gefertigte  Stuhl  sich  nicht,  wie  es  bisher 
üblich  war,  nach  hinten,  sondern  selbstthätig  nach  der  Seite  auf¬ 
klappt.  Näher  wird  die  Construction  durch  die  Abbildungen  ver¬ 
anschaulicht.  Der  Sitz  hat  eine  seitlich  liegende,  nach  hinten  geneigte 
Achse,  um  die  er  aufklappen  kann.  Eine  Zugstange  verbindet  ihn 
mit  der  als  Gegengewicht  wirkenden  Lehne  und  zieht  diese  herab, 
wenn  der  Sitz  hinaufklappt.  Im  offenen  Zustande  nimmt  der  Sitz 
nicht  mehr  Platz  von  dem  Durchgänge  weg,  als  die  Rückenlehne 
breit  ist.  Beträgt  diese  Breite  12  cm,  so  bleiben  bei  55  cm  Stuhl¬ 
breite  für  den  Durchgang  zwischen  zwei  Stühlen  43  cm,  ein  Mafs, 
welches  den  Verhältnissen  in  besseren  Theatern  entspricht.  Der 
Gang  parallel  zur  Bühne  wird  bei  Annahme  der  geringsten  zulässigen 
Tiefe  von  80  cm  für  die  Reihe  41,5  cm  breit,  welches  Mafs  für  das 
Vorbeigehen  einer  anderen  Person  vollkommen  frei  wird,  da  der 
Stuhlinhaber  beim  Aufstehen  nicht  vor  dem  Stuhle  steht,  also  den 
Gang  verengt,  sondern  in  den  offenen  Stuhl  hineintritt.  Die  Ein¬ 
richtung  nutzt  den  Raum  thunlichst  aus  (der  Mittelgang  im  Parkett 
wird  fortfallen  können),  sie  ist  gewifs  ein  wirksames  Mittel,  bei 
einem  entstehenden  Brande  plötzlicher  Verwirrung  und  daraus 
folgendem  Unheile  zu  steuern,  und  ihre  baldige  versuchsweise  An¬ 
wendung  in  einem  gröfseren  Theater  dürfte  sich  sehr  empfehlen. 

„Der  Wettstreit  der  Banstile‘‘,  das  allegorische  Festspiel,  mit 
dem  Herr  Regierungs -Baumeister  W.  Körber  zur  diesjährigen 
Schinkelfeier  des  Berliner  Architektenvereins  die  Festtheilnehmer  er¬ 
freute  (vgl.  S.  120  d.  J.),  ist  bei  der  Verlagsbuchhandlung  von  Ernst 
u.  Korn  in  Berlin  erschienen  und  für  50  Pfennig  käuflich  zu  er¬ 
halten.  Wird  die  Drucklegung  der  gehaltvollen  und  dabei  launigen 
Dichtung  denen,  die  bei  ihrer  Aufführung  zugegen  waren,  dauernd 
eine  angenehme  Erinnerung  bilden,  so  werden  die  gewandten  Verse 
Körbers  sicherlich  in  weiten  Fachkreisen  mit  vielem  Vergnügen 
gelesen  werden;  auch  wird  die  Berliner  Aufführung  des  Stückes 
gewifs  nicht  die  erste  und  zugleich  letzte  gewesen  sein. 

Zur  Messung  der  Sclmeeliöhen.  Wie  im  Jahrgang  1888  dieses 
Blattes  (S.  212)  mitgetheilt  wird,  ist  die  Beobachtung  der  winter¬ 
lichen  Schneebedeckung  für  meteorologische  und  hydrologische 
Zwecke  im  Königreich  Bayern  bereits  angeordnet  worden;  ihre 
weitere  Einführung  in  anderen  Staaten  steht  wohl  in  naher  Aussicht. 
Es  wird  hierdurch  ermöglicht,  die  im  Niederschlagsgebiet  eines 
Stromes  zeitweise  lagernden  Schneemengen  annähernd  zu  messen 
und  einen  ungefähren  Anhalt  über  die  mögliche  Gröfse  des  im  Früh¬ 
jahr  durch  das  Schmelzen  dieser  Schneemassen  herbeigeführten  Hoch¬ 
wassers  der  Ströme  zu  gewinnen.  Um  nun  die  Messung  der  Schnee¬ 
höhen  für  die  Vorausbestimmung  der  Hochwasser  nutzbar  zu  machen, 
bedarf  es  der  Beantwortung  der  Frage,  welche  Mächtigkeit  in  Milli¬ 
metern  eine  Schneedecke  haben  mufs,  um  nach  dem  Schmelzen  eine 
Wasserschicht  von  1  Millimeter  Mächtigkeit  zu  liefern,  wie  grofs 
also  die  Dichtigkeit  des  Schnees  im  Vergleich  zum  Wasser  ist;  erst 
dann  ist  man  imstande  anzugeben,  wie  viel  Cubikmeter  Wasser  — 
das  spätere  Hochwasser  —  die  im  Niederschlagsgebiet  eines  Stromes 
gemessenen  Schneemengen  enthalten. 

Wir  machen  deshalb  auf  die  bezüglichen  Untersuchungen  des 
Meteorologen  Dr.  Schreiber  aufmerksam,  welche  im  Aprilheft  1889 
der  Meteorologischen  Zeitschrift  veröffentlicht  sind.  Es  wurde  in 
einem  Kasten  bei  verschiedenen  Temperaturen  der  gefallene  Schnee 
seiner  Höhe  nach  genau  bestimmt,  sodann  in  einem  Gefäfs  gesammelt 
und  gewogen.  Durch  Vergleich  des  gefundenen  Gewichtes,  der  ge¬ 
messenen  Schneehöhe  und  der  gegebenen  Bodenfläche  des  Kastens 
ergab  sich  die  einem  Millimeter  Regenniederschlag  entsprechende 
Schneehöhe  in  Millimetern.  Die  Messungsergebnisse  schwankten  nun, 
wie  leicht  erklärlich  ist,  je  nach  der  Temperatur,  bei  welcher  der 
Schnee  gefallen  war,  zwischen  der  Verhältnifszahl  6,6  Schnee  :  1  Wasser 
bei  Thauwetter,  und  34  : 1  bei  strengem  Frost.  Bei  höheren  Tem¬ 
peraturen  ist  der  Schnee  mit  Wasser  reichlich  durchsetzt,  enthält 
also  eine  verhältnifsmäfsig  gröfsere  Wassermenge  als  bei  grofser 
Kälte,  wo  der  Schnee  lockerer  ist  und  sich  weniger  fest  zusammen¬ 
ballt.  Als  Mittelwerth  für  die  Dichtigkeit  des  Schnees  ergab  sich 
aus  26  verschiedenen  Messungen  das  Verhältnifs  16  :  1. 

Um  nun  den  Wassergehalt  der  im  Niederschlagsgebiet  eines 
Stromes  lagernden  Schneemengen  zu  bestimmeir,  worauf  es  dem 
Hydrotechuiker  hauptsächlich  ankommt,  können  die  angegebenen 
Dichtigkeitszahlen  selbstverständlich  nur  als  ungefähre  Anhaltspunkte 
dienen,  da  jede  ältere  gelagerte  Schneedecke  in  ihren  einzelnen 
Höhenschichten  erhebliche  Dichtigkeitsunterschiede  zeigt.  Während 
die  oberen,  jüngeren  Schichten  noch  aus  frisch  gefallenem,  lockeren 
Schnee  bestehen  können,  dessen  Dichtigkeit  eine  geringe  ist,  sind 
die  unteren  Schichten  in  der  Regel  durch  Regen,  Thau,  Nebel  und 
Reif  verdichtet  und  vielfach  mit  Eisplatten  —  durch  gestautes  und 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1».  April  1890. 


später  wieder  gefrornes  Schmelzwasser  entstanden  —  durchsetzt.  Um 
somit  zu  einem  genaueren  Ergebnifs  zu  gelangen,  müfste  die  Dichtig¬ 
keit  der  verschiedenen  Höhenschichten  einer  Schneedecke  vorher 
ermittelt  werden,  vielleicht  durch  Einstechen  eines  senkrechten 
Schneecylinders  —  Messungen,  die  sich  immerhin  als  zeitraubend  und 
schwierig  ausführbar  heraussteilen  werden. 

Einen  ungefähren  Kückschlufs  auf  die  Dichtigkeit  einer  älteren 
Frühjahrs-Schneedecke  kann  man  auch  aus  den  winterlichen  meteoro¬ 
logischen  Vorgängen  des  betreffenden  Niederschlagsgebietes  machen. 
Regenreiche,  durch  starke  Temperaturwechsel  ausgezeichnete  Winter 
werden  eine  dichtere,  wasserreichere  Schneedecke  aufweisen,  als 
trockene  gleichmäfsige  Winter,  in  denen  der  gefallene  Schnee  lockerer 
bleibt  und  sich  weniger  fest  lagert. 

Neben  den  atmosphärischen  Vorgängen  spielen  bei  diesen 
Schätzungen  der  Schneedichtigkeit  die  allgemeinen  Verhältnisse  des 
Erdreichs  selbst  im  Niederschlagsgebiet  eine  grofse  Rolle.  Es  sind 
hier  vor  allem  die  Tiefe,  bis  zu  welcher  der  Frost  eingedrungen  ist 
und  die  Bodenbeschaff’enheit  des  vom  Schnee  bedeckten  Erdreichs 
ins  Auge  zu  fassen.  Wenig  gefroi'enes  und  weiches  Erdreich  (Humus 
und  Sandboden)  vermag  gröfsere  Massen  von  Schmelzwasser  aufzu¬ 
nehmen,  verringert  also  in  jeder  winterlichen  Thauzeit  den  Wasser¬ 
gehalt  der  Schneedecke,  während  auf  tiefgefrorenem  und  felsigem 
Boden  das  Schmelzwasser  nicht  zur  Versickerung  gelangt,  sich  staut 
und  bei  späterem  Gefrieren  eine  dichte  Eisschicht  unter  dem  Schnee 
bildet.  Im  ersteren  Falle  wird  man  somit  auf  eine  geringere,  iin 
letzteren  auf  eine  gröfsere  Dichtigkeit  der  Schneemassen  schliefsen 
können.  Aufser  den  erwähnten  können  noch  andere  örtliche  Be¬ 
dingungen  einer  Schneedecke  für  die  annähernde  Bestimmung  ihrer 
Dichtigkeit  inafsgebend  werden,  wie,  um  nur  einiges  anzuführen,  die 
Neigung,  Vegetation  und  Sonnenbestrahlung  der  betreffenden  Boden¬ 
fläche  —  Bedingungen,  deren  eingehende  Betrachtung  hier  zu  weit 
führen  dürfte. 

Es  ergiebt  sich  aus  dem  Angeführten,  dafs  die  Schätzung 
des  Wassergehaltes  der  im  Niederschlagsgebiete  eines  Stroms 
lagernden  Schneemassen  nur  unter  Zugrundelegung  einer  gröfseren 
Reihe  von  Beobachtungen  erfolgen  kann  und  nicht  unerheb¬ 
liche  physicalische  imd  meteorologische  Forschungen  voraussetzt. 
Den  einzigen  thatsächlichen  Beweis  für  die  Richtigkeit  derartiger 
Niederschlagschätzungen  liefert  dem  Hydrotechniker  der  Vergleich 
mit  dem  eintretenden  Frühjahrshochwasser,  wobei  freilich  voraus¬ 
gesetzt  werden  mufs,  dafs  die  oberhalb  lagernden  Schneemassen  in 
verhältnifsmäfsig  kurzer  Zeit  zum  Abffufs  gelangen,  dafs  etwaige  in 
der  Schneeschmelze  eintretende  Regenniederschläge  in  Rechnung  ge¬ 
zogen  werden  und  das  in  den  einzelnen  Jahreszeiten  verschiedene 
Verhältnifs  der  Abflufsmenge  zur  Niederschlagsmenge  für  das  Strom¬ 
gebiet  ermittelt  ist.  Durch  jährliche  sorgfältige  Vergleichungen  der 
berechneten  und  wirklichen  Hochwasser  und  tabellarische  Zusammen¬ 
stellungen  der  gemessenen  Schneehöhen  und  Niederschläge  im  Nieder¬ 
schlagsgebiet  sowie  der  Wasserstände  im  Strome  wird  es  vielleicht 
in  Zukunft  möglich  werden,  auf  diesem  statistischen  Wege  brauch¬ 
bare  Ergebnisse  für  die  Hochwasser -Vorausbestimmungen  zu  ge¬ 
winnen  und  somit  der  Wasserbaukunst  ein  wichtiges  Hülfsmittel  zur 
Bekämpfung  der  Hochwassergefahren  zu  bieten.  —  P. — 

(xeplaute  neue  Balmverbindung  zwischen  London  und  dem 
inittelenglisclien  Industriegebiet.  Sir  Edward  Watkin,  der  Vor¬ 
sitzende  der  Manchester-,  Sheffield-  und  Lincolnshire-,  der  Südost-  und 
Metropolitan-Eisenbahnen  in  England,  trägt  sich  mit  dem  bedeut¬ 
samen  Plane,  zwischen  dem  mittelenglischen  Industriegebiet  und 
London  eine  neue  durchgehende  Schienenverbindung  einzurichten, 
■welche  gleichzeitig  in  fortlaufender  Linie  Anschlufs  au  die  Südküste 
Englands  gewähren  und  so  für  den  vom  Festlande  in  nördlicher 
Richtung  über  London  hinaus  sich  bewegenden  Verkehr  wesentliche 
Vortheile  bieten  würde.  Wenn  man  von  einem  bis  Doncaster  nord¬ 
wärts  geführten  Zweige  der  Ostbahn  absieht,  sind  es  vier  verschiedene 
Bahnverbindungen,  die  AVest-,  Nordwest-,  Mittelland-  und  Nordbahn 
(vgl.  Abb.  1),  welche  zur  Zeit  wetteifernd  den  gewaltigen  Verkehr 
zwischen  Mittelengland  und  London  vermitteln.  Doch  ist  es  auf  keiner 
dieser  Linien  möglich,  unmittelbar  an  die  Südküste  Englands  zu  ge¬ 
langen,  da  hinsichtlich  der  wenigen  Bahnlinien,  welche  in  nordsüd¬ 
licher  Richtung  über  die  Themse  geführt  sind,  aus  verschiedenen 
Gründen  auf  eine  derartige  Einrichtung  des  Betriebes  nicht  Bedacht 
genommen  ist.  Der  Durchreisende  ist  entweder  zu  mehrmaligem  Um¬ 
steigen  auf  entlegeneren  Vorstadtstationen  genöthigt,  oder,  wenn  er 
die  Reise  bis  an  die  dicht  an  das  Stadtinnere  herangeschobeueu 
Endbahnhöfe  fortsetzen  will,  auf  die  Benutzung  von  Strafsenverkehrs- 
mitteln  angewiesen,  um  von  einem  Bahnhof  zum  andern  zu  gelangen. 
Diese  Verhältnisse  würden  durch  die  Watkinsche  Linie  wesentlich 
gebessert,  wie  auch  ferner  die  durchgehende  Linie  mit  den  verkehrs¬ 
reichsten  Theilen  des  Stadtinneren  in  innige  und  vielfache  Berührung 


gebracht  wäre.  Der  Ausführung  des  Watkinschen  Gedankens  stehen 
aber  keineswegs  unüberwindliche  Schwierigkeiten  gegenüber,  da  die 
obengenannten,  von  Watkin  selbst  geleiteten  Bahnnetze  in  dem 
Unternehmen  verschmolzen  würden.  Die  Hauptlinie  der  Südostbahn, 


von  Dover  bis  an  die  Themse  bei  Blackfriars,  wo  die  London- 
Chatham-  und  Dover  -  Bahn  anschliefst  (vgl.  Abb.  1  u.  2),  würde  den 
südlichen  Abschnitt  der  Linie  ausmachen.  Auf  der  letztgenannten 

Bahn  würde  die 
Themse  überschrit¬ 
ten,  neben  deren 
Endbahnhof  Hol¬ 
born  -  Viaduct  die 
Metropolitan  -  Bahn 
den  Betrieb  auf¬ 
nehmen  und  über 
Kings  Cross  nach 
Bakerstreet  und 
nordwestwärts  bis 
Aylesbury  weiter 
leiten  würde.  Hier 
würde  ein  kleines 
selbständiges  Bahn¬ 
unternehmen,  die 
Aylesbury-  und 
Buckingham  -Eisen¬ 
bahn  einbezogen. 

Die  folgende  Strecke,  bis  zum  Anschlufs  an  die  in  den  mittel¬ 
englischen  Bezirken  reich  verzweigte  Manchester-,  Sheffield-  und 
Lincolnshire-Bahn  würde  im  wesentlichen  auszubauen  bleiben.  Von 
dieser  Zwischenstrecke  ist  die  AVeiterführung  des  südlichen  Ab¬ 
schnittes  bis  Northampton,  des  nördlichen  Theiles  bis  Nottingham 
bereits  gesetzlich  gesichert,  sodafs  es  nur  noch  der  Verbindung  dieser 
beiden  Städte  untereinander  bedarf,  um  die  Bahnverbindung  voll¬ 
ständig  zu  machen  (vgl.  die  stark  gezeichnete  Linie  in  Abb.  1). 

Innerhalb  Londons  würden,  da  die  Tunnelstrecken  der  Metro- 
politan-Bahn  auf  den  Verkehr  von  Fernzügen  nicht  eingerichtet 
sind,  nicht  unerhebliche  Umbauten  bevorstehen,  unter  denen  die 
Umgestaltung  des  bestehenden  Zwillingsbahnhofes  Bakerstreet  in 
einen  grofsen  Hauptbahnhof  in  erster  Reihe  stehen  würde. 

Das  gedachte  Unternehmen  ist  im  übrigen  nur  als  ein  Theil  des 
umfassenderen  Planes  anzusehen,  für  die  mittelenglischen  Industrie¬ 
bezirke  neue  Anschlüsse  nach  London  einerseits,  nach  den  Erz-  und 
Kohlengebieten  von  Süd- Wales  anderseits  zu  gewinnen,  und  zwar 
ohne  die  Beihülfe  der  grofsen  Bahngesellschaften,  welche  bereits 
derartige  Verbindungen  eingerichtet  haben,  irgendwie  in  Anspruch 
zu  nehmen.  Die  Manchester-,  Sheffield-  und  Lincolnshire-Bahn  ist  in 
letzter  Beziehung  bereits  gesetzlich  ermächtigt  ■worden,  mit  den 
24  wälschen  Eisenbahngesellschaften  Betriebs  vertrage  zu  vereinbaren, 
und  hat  durch  den  Bau  einer  neuen  Brücke  über  den  Dee  bei  Chester 
(eröffnet  am  3.  August  1889)  den  Anschlufs  dieser  Bahngebiete  an 
das  eigene  Netz  thatsächlich  vollendet.  Die  Eröffnung  dieser  Brücke 
bezeichnet  den  ersten  Schritt  zur  Erweiterung  der  Manchester-, 
Sheffield-  und  Lincolnshire-Bahn  zu  einem  mächtigen  Bahngebiete, 
welches  im  Laufe  der  Zeit  den  gröfsten  Bahnen  in  England  eben¬ 
bürtig  dastehen  dürfte.  Km. 


Vei'lag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


161 


Hr,  16*.  Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


INHALT:  Verzeichnifs  der  Bau-  und  Kunst  -  Denkmäler  Thüringens.  —  Ans-  deren  Ahrechnungen  im  Jahre  1888'zum  Abschluls  gebracht  sind.  —  Vermischtes: 

iühvungskosten  neuerer  preui'sischer  Staatsbauten  aus  dem  Gebiete  des  Hochbaues,  Verhalten  der  Monier-Decken  gegen  Feuer. 


[.411e  Hechte  Vorbehalten.] 

Verzeichnifs  der  Bau-  und  Kunst -Denkmäler  Thüringens. 


Plan  und  Behandlungsweise  des  Werkes*)  sind  bei  Erscheinen  des 
Heftes  I  an  dieser  Stelle  (1888,  S.  320)  eingehend  besprochen  worden. 
Nur  in  einem  Punkte  ist,  von  Heft  VI  ab,  eine  Aenderung  eingeführt 
worden,  sofern  für  häufig  wiederkehrende,  fachliche  Bezeichnungen, 
wie  Bund-,  Spitz-,  Kleeblatt-,  Korb-Bogen,  Drei-  und  Vier-Pafs  und 
dergl.  nunmehr  Bildzeichen  gewählt  und  in  die  Beschreibung  einge¬ 
führt  wurden:  eine  Mafsnahme,  welche  unfraglich  ihren  Nutzen  hat 
und  wohl  in  der  Verzeichnung  von  Denkmälern  zulässig  ist.  In 
weiteren  Kreisen  angenommen,  könnte  das  Vorgehen  von  Bedeutung 
werden,  insoweit  damit  eine  einheitliche,  verkürzte  Ausdruck  sweise 
gewonnen  wird.  Alle  Anerkennung  verdient  die  rüstige  Förderung 
des  Unternehmens  im  ganzen.  Hinsichtlich  der  bildlichen  Ausstat¬ 
tung  bieten  die  im  Laufe  der  beiden  letzten  Jahre  erschienenen  Ab¬ 
theilungen,  welche  zwei  stattliche  Bände  füllen,  eine  Eeihe  werth¬ 
voller  Vorlagen.  Die  zeichnerischen  Aufnahmen  sind  durchweg  von 
derselben  Hand,  und  in  der  Einheitlichkeit  der  Darstellungsweise 
liegt  sicherlich  auch  ein  Vorzug. 

Im  einzelnen  sei  diesmal  nur  bemerkt  was  von  besonderer 
Wichtigkeit  auf  die  verschiedenen  Gebiete  entfällt.  Dafs  die  ver¬ 
schiedenen  Kunstzweige  nicht  gleichwerthig  nebeneinanderstehen,  ist 
begreiflich.  Auffallend  ist  immerhin,  wie  gering  die  kirchlichen  Bau¬ 
denkmäler  in  den  beschriebenen  Landschaften  vertreten  sind.  Um¬ 
bauten,  Kriegsstürme  und  Zerstörungen  haben,  namentlich  in  Saal¬ 
feld,  ihren  verhängnifsvollen  Theil  daran.  Aus  romanischer  Zeit  ist 
als  Gesamtanlage  die  kreuzförmige  Pfeilerbasilika  in  Klosterlausnitz 
(IV,  223)  **)  zu  nennen.  Der  neuerdings  erfolgte  Umbau  nimmt  ihr  frei¬ 
lich  viel  vom  einstigen  Werth.  Göllingen  (V,  31)  bietet  in  seiner 
Unterkirche  ein  merkwürdiges  Beispiel  von  hufeisenförmiger  Bildung 
der  Gurtbogen.  Der  Thurm  daselbst  zeigt  eine  treffliche  Lösung 
von  vierseitigem  Unterbau  und  Uebergang  ins  Achteck.  Die  mehrfach 
mitgetheilten  Einzelheiten  dieser  Eichtung  sind  meist  roh  und  selt¬ 
sam,  sodafs  daraus  ein  Eückschlufs  auf  wenig  entwickelte  Verhält¬ 
nisse  im  früheren  Mittelalter  gestattet  ist.  Frühgothische  Eeste  sind 
in  den  Euinen  des  ehemaligen  Klosters  der  Cisterzienserinnen  in 
Eoda  (II,  40  ff.)***)  erhalten.  Das  15.  Jahrhundert  bestimmte  auch  in 
diesen  Gegenden  die  bauliche  Erscheinung  der  meisten  Kirchen.  Von 
kleineren  Fällen  abgesehen,  ist  als  Anlage  die  Stadtkirche  in  Kahla 
(III,  108)  mit  ihrer  „Cavete“  (Cavatae,  gewölbter  Unterbau,  wie  auch 
in  Erfurt)  beachtenswerth.  Ein  vielfach  reizvoller  Bau  ist  die  aus 
verschiedenen  Bauzeiten  stammende  Johanniskirche  in  Saalfeld,  die 
an  Bauinschriften  reicher  ist  als  irgend  ein  anderes  Bauwerk.  Einen 
betrübenden  Eindruck  macht  der  greulich  verwüstete  Zustand  aller 
schmückenden  Einzelheiten  des  Baues.  Aus  der  Neuzeit  ist  die 
Schlofskirche  in  Eisenberg,  Ende  des  17,  Jahrhunderts  (III,  203), 
als  vornehme  Leistung  der  Barockkunst  erwähnenswerth.  Im  ganzen 
sind  den  Kirchenbauten  wenig  Grundrisse  beigegeben,  ein  Mangel, 
der  für  die  Folge  zu  beachten  sein  möchte. 

*)  Bau-  und  Kunst-Denkmäler  Thüringens.  Im  Aufträge  der  Ee- 
gierungen  von  Sachsen-Weimar-Eisenach,  Sachsen-Meiningen-Hildburg- 
hausen,  Sachsen-Altenburg,  Sachsen-Coburg  und  Gotha,  Schwarzburg- 
Eudolstadt,  Eeufs  ältere  Linie  und  Eeufs  jüngere  Linie  bearbeitet  von 
Prof.  Dr.  Paul  Lehfeldt.  Band  II.  Herzogthum  Sachsen-Altenburg. 
Hefte  II — IV.  Amtsgerichtsbezirke  Eoda,  Kahla,  Eisenberg.  Mit 
97  Abbildungen  im  Texte  und  27  Tafeln  in  Lichtdruck.  1888.  VIII 
und  235  S.  Preis  9,50  Ji.  —  Heft  V.  Fürstenthum  Schwarzburg- 
Eudolstadt.  Unterherrschaft.  Amtsgerichtsbezirke  Frankenhausen  und 
Schlotheim.  Mit  10  Lichtdruckbildern  und  53  Abbildungen  im  Texte. 
1889.^  IV  und  81  S.  Preis  3,40  Jt.  —  Heft  VI.  Herzogthum  Sachsen- 
Meiningen.  Amtsgerichtsbezirk  Saalfeld.  Mit  13  Lichtdruckbildern 
und  47  Abbildungen  im  Texte.  1889.  VI  und  138  S.  Lex.  8o.  Jena, 
Gust.  Fischer. 

**)  S.  a.  Zeitschrift  für  Bauwesen  1863  S.  377. 

***)  S.  a.  Zeitschrift  für  Bauwesen  1860  S.  521. 


Von  älteren  Burganlagen  sind  zumeist  nur  ehrwürdige  und  theil- 
weise  hochbedeutende  Namen,  in  Wirklichkeit  jedoch  geringe  Eeste  mit- 
zutheilen,  wie  die  Lobdaburg,*)  welche  einem  ganzen  Gau  den  Namen 
gab  (II,  9,  wo  die  Eeste  der  Capellenanlage  noch  vorhanden,  jedoch 
kaum  genügend  besprochen  sind),  Orlamünde  (11,  144),  Leuchtenburg 
(II,  164),  Kyffhäuser  (V,  55),  die  Sorbenburg  in  Saalfeld  (VI,  119) 
u.  a.  m.  Dem  ausklingenden  Mittelalter  gehören  zwei  Schlofsbauten 
von  malerischer  Erscheinung  an:  das  Kitzerstein-Schlöfschen  in  Saal¬ 
feld  (VI,  110)  und  das  Schlofs  von  Grofskochberg  (VI,  22).  An 
bürgerlichen  Wohnbauten  bieten  Frankenhausen  und  Saalfeld  einige 
gute  Beispiele  aus  dem  16.  und  17.  Jahrhundert. 

Die  Werke  der  Bildnerei  sind  in  einer  verhältnifsmäfsig  grofsen 
Zahl  von  mittelalterlichen  Schreinaltären  vertreten.  Eine  ältere,  ge¬ 
bundene  Eichtung  begegnet  uns  in  einem  Altarwerk  in  Gumperda 
(II,  96)  und  in  der  Saalfelder  Johanniskirche  (HI,  77).  Durch  eine 
Inschrift  an  dem  Altaraufsatz  in  Neusitz  (II,  130)  „1515  .  .  facta  in 
Salfelt“  wird  übrigens  das  Bestehen  einer  vielbeschäftigten  und  hoch¬ 
stehenden  Bildhauerwerkstätte  in  Saalfeld  beglaubigt.  Ein  breiter, 
vornehmer  Zug,  der  auf  fränkischen  und  wohl  zumeist  Würzburger 
Einflufs  zurückzuführen  ist,  geht  durch  alle  Werke  dieser  Art.  Unter¬ 
schiede  im  einzelnen  mögen  auf  verschiedene  Hände  oder  auch  auf 
mehrere,  in  der  Gegend  bestehende  Werkstätten  zurückzuführen  sein. 
Erwähnenswerth  sind  die  Altäre  in  Dienstädt  (H,  75),  Eeinstädt 
(II,  153),  Schweinitz  (II,  161,  wo  die  Flügelbilder  seltsamerweise 
als  Wohlgemutscher  Eichtung  „unter  unmittelbarem  Einflufs  des 
Eogier  v.  d.  Weiden“  bezeichnet  werden),  Hummelshain  (H,  101), 
Mockfeld  (II,  128),  Oberhasel  (II,  135),  Grofskochberg  (HI,  19),  wo 
die  Doppeldarstellung  Maria  und  Michael  im  Mittelfeld  zu  beachten. 
Durch  edle  Naturwahrheit  und  feine  Empfindung  ausgezeichnet  ist 
ein  Sippenbild  in  Eabis  (H,  33),  das  sicher  zu  den  werthvollsten 
Leistungen  des  16.  Jahrhunderts  zu  zählen  ist.  Die  von  den  kunst¬ 
liebenden  Prälaten  des  Benedictinerstiftes  in  Saalfeld  um  die  Wende 
des  15.  Jahrhunderts  geförderte  Kunstpflege,  dürfte  die  Begründung 
und  ausgiebige  Thätigkeit  von  Bildhauerwerkstätten  in  und  um  Saal¬ 
feld  veranlafst  haben;  eine  unmittelbare  Betheiligung  der  Kloster¬ 
genossen  an  diesen  Arbeiten  ist  bestimmt  ausgeschlossen. 

Von  Werken  der  Malerei  sei  hier  nur  ein  Tafelgemälde  auf 
Schlofs  Grofskochberg  (III,  27)  hervorgehoben,  welches,  entgegen  der 
Annahme,  dafs  es  „wohl  mitteldeutsche  Arbeit  um  1500,  unter  Mem- 
lincschem  Einflufs“  sei,  vielmehr  von  einem  portugisischen  Meister, 
der  wie  seine  Zeitgenossen  von  Flandern  beeinflufst  war,  herrührt. 
Das  Bild  verdient  in  hohem  Grade  Beachtung,  da  es  in  sich  von 
grofser  Schönheit  und  eine  bei  uns  ganz  vereinzelte  Erscheinung 
ist.  Die  Verwandtschaft  mit  den  Werken  des  Velasco  da  Coimbra 
um  1520  ist  unverkennbar. 

Was  an  Erzeugnissen  der  Edelschmiedekunst  und  der  Giefserei,  an 
W erken  der  Stickkunst  us  w.  in  mannigfaltigen  Beispielen  vorgeführt  wird, 
kann  im  einzelnen  hier  nicht  näher  berührt  werden.  Von  Künstler¬ 
namen  lernen  wir  u.  a.  ums  Jahr  1300  einen  geschätzten  Maler  Zorn 
in  Saalfeld  kennen,  und  um  1486  ist  ein  sonst  unbekannter  Baumeister 
Eupert  Wickert  aus  Mainz  beim  Neubau  des  Benedictinerklosters 
gleichfalls  in  Saalfeld  thätig. 

Das  Thüringische  Denkmälerwerk  gereicht  jenen  Landschaften, 
mit  deren  Kunst-  und  Geschichts-Denkmälern  es  uns  bekannt  macht, 
in  der  That  zu  hoher  Ehre.  Manche  bislang  unbekannten  Perlen 
werden  ans  Licht  gerückt;  ganze  Kunstzweige  offenbaren  sich  der 
Wissenschaft,  und  der  wechselvollen,  zum  Theil  hochbedeutenden 
Vergangenheit  jener  alten  Culturlande  wird  eine  neue,  ehrenvolle 
Bezeugung  damit  zu  theil.  D-r. 

*)  S.  a.  Zeitschrift  für  Bauwesen  1860  S.  519. 


Ausführungskosten  neuerer  preufsischer  Staatsbauten  aus  dem  Gebiete  des  Hochbaues, 

deren  Abrechnungen  im  Jahre  1888  zum  Abschlnfs  gebracht  sind. 


Das  statistische  Material  über  ausgeführte  und  abgerechnete 
Hochbauten  des  preufsischen  Staates,  welches  seitens  der  Eegie- 
rungen  alljährlich  an  das  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  ein¬ 
gereicht  wird,  gelangt  in  ausführlicher  Behandlung  unter  Beigabe 
von  Grundrifsskizzen,  für  gröfsere  Zeitabschnitte  zusammengestellt 
und  geordnet,  in  der  Zeitschrift  für  Bauwesen  zur  Veröffent¬ 
lichung.  Da  die  Ansammlung,  Bearbeitung  und  Veröffentlichung 
dieses  werthvollen  und  vielseitigen  Materials  längere  Zeit  erfordert, 
so  kann  dasselbe  verhältnifsmäfsig  spät,  meist  erst  einige  Jahre  nach 
Vollendung  der  Bauten,  zur  Kenntnifs  des  Leserkreises  gebracht 


werden,  und  wird  infolge  dessen  der  u.  a.  erstrebte  Zweck,  die  An¬ 
gaben  über  Ausführungskosten  unmittelbar  für  die  Veranschlagung 
neuer  Bauten  nutzbar  zu  machen,  bei  dem  häufigen  Wechsel  der 
Baupreise  nur  unvollkommen  erreicht.  Es  liegt  daher  die  Absicht 
vor,  diejenigen  Ergebnisse,  welche  die  amtlichen  statistischen  Nach¬ 
weisungen  hinsichtlich  der  Ausführungskosten  der  Hauptgebäude  im 
ganzen  sowie  für  die  Einheit  der  bebauten  Fläche,  bezw.  des  um¬ 
bauten  Eaumes,  ferner  für  Nutzeinheit,  Heizung  und  Bauleitung  liefern, 
in  gedrängter  Form  möglichst  bald  nach  Ablauf  desjenigen  Jahres, 
in  welchem  die  jüngst  vollendeten  Bauten  zur  Abrechnung  gelangten 


162 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


23.  April  1890. 


im  Centralblatt  der  Bauverwaltung  vorweg  zu  veröffentliclien.  In  der 
nachfolgenden  ersten  Zusammenstellung  dieser  Art  sind  die  bereits 
vorhandenen  Kosten -Ergebnisse  derjenigen  Staatsbauten  mitgetheilt, 
deren  Abrechnungen  im  Jahre  1888  abgeschlossen  wurden,  während 
in  einer  weiteren  Zusammenstellung  demnächst  die  Ergebnisse  der 
gleichartigen  Bauten  des  Jahres  1889  veröffentlicht  werden  sollen. 


P.estiimuuiis 

uud 

Ort  des  Baues 


Regie- 

Zeit 

der 

Aus- 

füh- 

Ausführungskosten  des 
■  Hauptgebäudes  ausschl. 
der  Bauleituugskosten 

Kosten  der 
Heizuiigs- 
anlage 

für  1 

für 

bezirk 

rung 

iu4 

i  1 

qm  cbm 

Nutz- 

gan- 

100 

52  )  v) 

heit 

zeu 

chm 

> 

JC 

1  M  M 

M 

Jl 

Jl 

Kosten 
der 
Bau¬ 
leitung 
für  die 
ganze 
Bau- 
aulage 
M 


(Bern.  Es  bedeutet: 

E.  E.-F. 


K.-Oe.  Kaclielöfen,  E.  Oe.  Eiserne  Oefen,  M.-Oe.  Maiitel-Oefeu, 
Oe.  Eiserne  Regulir-FiUlöfeu,  Z.-Oe.  Ziegel-Üefen.) 

I.  Kirchen. 

a)  Kirchen  mit  llolzdecken. 


4  63!  1 
U  33Ü 

•2  318 


1 

Ev.  K.  i.  Seehurg 

Königs¬ 

berg 

86 

87 

24  817  j 

133,7 

18,6 

111,8 

2 

Laugszargen 

Gnm- 

hiniieu 

86 

87 

■29  718 

1 

103,9 

14,9 

61,2 

— 

3 

Katli.  K.  i.  Gr. 
Bislaw 

Marien- 

Werder 

85 

87 

66  889  1 

1(X!,7 

11,7 

47,0 

- 

4 

Loiig 

86 

87, 

99  491 

118,7 

11,2 

66,0 

- 

-  1 

b)  Kirchen  mit  gewölbten  Decken. 


Ev.  K.  i.  Scheidel- 
j  witz 

Oppeln  11  86 

i. 

87; 

1' 

45  369  113,8 

1-2,9 

58,8;'  - 

— 

1  Emmeringen 

1  Magde-  |l  SG 
,  bürg  1: 

87  II 

9  614  r25.7 

li 

18,2 

19-2,3'  - 

-- 

II.  Pfarrhäuser. 

a)  Eingeschossige  Bauten. 


Grüiiheide 

Gnm- 

hiuneu 

86 

87 

21  371 

63,8 

10.2 

— 

929  101,0 
K.-Oe.  * 

— 

31 

Maniewo  jl 

Zirkwitz 

Stettin 

86 

88 

23  847 

95,5 

12,1 

— 

1199  !  160,0 
K.-Öe. 

1631 

1 

Crouthal 

Brom¬ 

berg 

87 

88 

17  035 

76,3 

13,0 

— 

1330  298,7 
K.-Oe. 

- 

32 

Fordon  ' 

1 

Fordon 

86 

87 

18  912 

84,7 

14,4 

- 

1105  -215,8 
K.-Oe. 

— 

00  i 

1 

Ober-Heiduk  j 

j  Kapsdorf 

Breslau 

87 

88 

14  -271 

79,8 

11,1 

- 

545  !  13-2,0 
K.-()e. 

- 

1 

b)  Zweigeschossige  Bauten. 


61 

Gattern 

li  Breslau  [l  87188  "  ‘2-2  048  ''  90.5  '  9,4  1  — 

1'  585.  61,6  : 

ll 

ll  !  1'  11 

1,  K.-Oe.  t: 

III.  Sehulhänser. 

a)  Eingeschossige  Schulhäuser. 
1.  Mit  1  Schulzimmer. 


Ij 

Alt  Barkoschin 

Danzig 

87188  1 

7  892 

48,6 

10,7 

98,7 

161 

K. 

57,0 

-Oe. 

- 

2.  Mit  12  Schulzimmern. 

1 

36 

Cosel  i 

Oppeln  1 

86 

88  1 

64  -245 

127,5 

7,4 

66,1 

29281  68,51 

2 

Kunzendorf 

87 

87 

9  ‘249 

57,0 

1-2,1 

11.5.6 

327 

lüG,5 

— 

I 

1 

j 

E.P..-F.-Oe.: 

K. 

-Oe. 

3 

Weruersdoif 

87 

87 

10  313 

63,5 

13,6 

1-28,9 

-290  103,5 

_ 

d)  Schulhäiisei-  ohne  Lehrei-wohnung  (zweigeschossig). 

87 

K. 

-Oe. 

1. 

Mit  4  Schulzimmern. 

4 

Bochliu 

Marieii- 

werder 

88 

8  203 

48,8 

10,4 

136,7 

‘260 

K. 

104,0 

-Oe. 

— 

37 

Nakel 

Brom¬ 

87 

88 

13  500 

1  87,5 

8,3 

35,6 

3351  4.5,1 

1 

berg 

1  K.-Oe. 

5 

Nicolaiken 

87 

87 

9  021 

50,8 

12,3 

112,8 

271 

89,4 

— 

K. 

-Oe. 

2. 

Mit  8  Schulzimmern. 

6 

Dt.  Daineiau 

" 

87 

88 

9  994 

56,3 

11,9 

1-24,9 

260 

K. 

85,8 

-Oe. 

— 

38 

Dt.  Piekar  ] 

Oppeln  1 

1 

87 

88  jj  18  1-29  jl  61,8 

7,7 

28,3 

j  '703 1  47,7 
!  K.-Oe. 

7 

Schakenbruch 

87 

88 

10  -298 

58,0 

12,4 

183,9 

-265 

98,2 

— 

K. 

-Oe. 

e) 

Lehrerwohnhäuser. 

8 

Trankwitz 

87 

87 

10  600 

60,6 

12,8 

132,5 

_ 

_ 

— 

39 

Stnhm  I 

Marien¬ 

87 

88 

12  843 

1  96,5 

11,2 

— 

1  650  1 142,0 

9 

Wiukelsdorf 

87 

87 

11237 

63,3 

13,2 

140,5 

248 

79.5 

_ 

Werder  ! 

werder 

! 

1 

ll  K.-Oe. 

K. 

-Oe. 

40 

Pots¬ 

87l87 

8  6-28 

69,7 

1 

14,4 

— 

378  1 168,8 

10 

Ligota 

Posen 

86 

87 

8  400 

53,5 

11,1 

93,3 

308 

81,7 

_ 

dam  , 

1  K.-Oe.  1 

K. 

-Oe. 

l^ 

Höhere  Sclmleii. 

11 

Ilgen 

88 

88 

9  173 

60,7 

13,4 

114,7 

355 

86,8 

— 

12 

Tarnowo 

87 

88 

K. 

-Oe. 

t 

König  -Wilhelms-  j 
Gymnas.  i.  Stettin  | 

-  i 

85 

88 

171  882 

199,0 

15,0 

505,5 

:  4408  r- 88,1 
:  K.-Oe.  ! 

• 

9  344 

52,8 

11,2 

116,8 

-266 

K. 

71,3 

-Oe. 

— 

13 

Bilewo 

86 

87 

14,9 

Sf^miiiare  und  Aliimuate. 

9  440 

59,4 

118,0 

365 

— 

14 

Brzezie 

1 

1 

86 

87 

9  556 

K. 

-Oe. 

1 

Schullehrer- 
Seminar  1.  Peters- 

Minden 

84 

88 

121  959 

174.8 

9.9 

1355,1 

1  1 

'  41031  77,3 

13,1 

112,4 

55,0 

‘293 

K. 

92,4 

-Oe. 

hagen 

(Exteruat) 

!  E.  u.  K.-  Oe. 

15 

Enden 

86 

87 

9  608 

68,4 

13,3 

192,2 

344 

101,9 

— 

2 

Lehreiinnen- 
Seminar  i.  Pader¬ 

85 

87 

259  563 

181.9 

10,3 

4326,0 

5191 1  49,9 

K.-Oe. 

born 

(Internat) 

E.  Oe. 

16 

Walentiuow 

87 

88 

9  844 

54,8 

13,0 

133,0 

261 

78,6 

— 

K. 

-Oe. 

TI. 

Turnhallen 

17 

Schneidemühl- 

87 

88 

10  1.50 

66,0 

14,8 

126,9 

319 

102,3 

— 

1 

f.  d.  K.-Wilh.-G. 

_ 

85 

88 

22  085 

66,0 

10,5 

276,1 

35-21  -2-2,5: 

Hauland 

K. 

-Oe. 

i.  Stettin 

E.  Oe. 

18 

Smolary 

Brom¬ 

86 

87 

11  165 

.59,9 

12,6 

126,9 

329 

171,4 

-1 

2 

f.  d.  Lehrer- Sem. 

Oppeln 

86 

87 

15  936 

58,4 

8,4 

•245,2 

1180  1  77,0 

berg; 

K. 

■Oe. 

i.  Peiskretscham 

E.  Oe. 

19 

Scharley 

Oppeln 

87 

88 

8  986 

50,3 

9,2 

112,3 

330 

98,2 

_ 

3 

f.  d.  Lehreriunen- 

Minden 

85 

87 

16  697 

62,5 

11,5 

•256,9 

241  21,0 

K. 

■Oe. 

Sem.  1.  Paderborn 

1 

E.  Oe. 

Zeit 

Bestimmung 

Regie- 

der 

Aus- 

und 

Ort  des  Baues 

ruugs- 

bezirk 

füh- 

ruug 

-  ' 

?!2 

Ausführungsbosteu  des 
Hauptgebäudes  ausschl. 
der  Bauleituugskosten 


für  1 


ini  |j  I 
ganzen  j  qm  |cbm 

M  I*  JtC  ''  Jl 


Niitz- 

ein- 

heit 

M 


Kosten  der 
Heizungs¬ 
anlage 

iin 

für 

gran- 

100 

zen 

chm 

Jl 

Jl 

Kosten 
der 
Bau¬ 
leitung 
für  die 
ganze 
ßau- 
anlage 
J( 


2.  Mit  2  Schnlzimmern. 


•20 

Marsclianerberg 

Danzig 

87 

88 

11  733 

57.0 

1-2,6 

73,3 

.544  !  104,0 
K.-Oe. 

•21 

Chmieluo 

” 

87 

87 

11853 

52,1 

11,3 

74,1 

440  84,1 1 

K.-Oe.  I 

22 

Schöueberg 

” 

87 

87 

13  941 

60,0 

11,3 

75,0 1 

477'  88,3 1 
K.-Oe.  ! 

23 

Bresin 

Marien- 

werder 

87 

88 

11  ;ki3 

48,9 

10,6 

75,8 

39.5  i  76,2 
K.-Oe. 

•24 

Zieglershnben 

” 

87 

87 

12  882 

58,2 

1-2,6 

102.2 

420  90,0 

K.-Oe. 

•25 

Lipin 

Broin- 

berg 

87 

87 

11000 

55,0 

1-2,1 

91,7 

500  5.5,2 

K.-Oe. 

-26 

Podamin 

■ 

87 

87 

1  1-2  000 

58,3 

1-2, 2 

100,0 

670  I  68,2 
K.-Oe. 

27 

Schwieutochlo- 

witz 

Oppeln 

87 

88 

1  9  914 

1 

41,4 

8,4 

62,0 

355  1  79,8 
K.-Oe. 

28 

Dirsclikowitz 

■ 

87 

88 

i  1-2  4831  .52,7 

|i 

10,0 

78,0 

398  !  84.0 
K.-Oe.' 

b)  Zweigeschossige  Schulhäuser. 
1.  Mit  1  Schulzimmer. 


30 


Kl.  Lauchstädt 

Merse¬ 

burg 

87 

87 

9  964 

118,6 

12,2 

249,1 

1  -200  1  66,0 1 
E.R.-F.-Oe. 

Grofsjena 

86 

88 

11  998 

1-22,8 

11,4 

141,2 

305  59,0 1 
E.  K.-F.-Oe.! 

2.  Mit  2  Schulzimmern. 
Posen  !i86|87|j  21  Sd'i 


:  11-2,0  12,3,  134,6:  5031  83,81: 

I  I  ii  K.-Oe.  !: 


Brom¬ 

berg 

Oppeln 


3.  Mit  3  Schulzimmern. 
8818811  15 '243  ü  89,31  9,6 


18  679  !  74,1  7,2 


62.7 

77.8 


738  1 110,2 , 
K.-Oe.  j 

1040  i  110,3! 
K.-Oe. 


3411 


Znclcau 


4.  Mit  4  Schulzimmern. 
Danzig  |i  87188  r  ■20  254!'  77,9  1  8,5! 


59,6  II  719  :  73.1  1 
K.-Oe.  1' 


351!  Rustenfelde 


c)  Dreigeschossige  Schulhäuser. 

1.  Mit  2  Schulzimmern. 

Erfurt  1' 87j88  i!  9  6101128,5  110,71  60,1,1  268  86,1] 

!,  !  1:  !.  I  I  M.-Oe. 


4  523 


•204.58 


11063 


19 141 


1284 


Nr.  I6A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


163 


Bestimmung 

Regie- 

Zeit 

der 

Aus¬ 

füll- 

AuSführungskosten  des 
Hauptgebäudes  ausschl. 
der  Bauleitungskosten 

Kosten  der 
Heizungs¬ 
anlage 

Kosten 

der 

Bau- 

und 

rungs- 

für  1 

im 

für 

leitung 
für  die 

Nutz- 

Ort  des  B.iues 

bezirk 

ganzen 

qm 

cbm 

gan- 

100 

ganze 

Bau¬ 

anlage 

g  .2 

beit 

zen 

cbm 

JC 

M 

M 

JC 

jt 

JC 

Jt 

Bestimmung 

Regie- 

Zeit 

der 

Aus- 

füh- 

Ausfübrungskosten  des 
Hauptgebäudes  ausscbl. 
der  Bauleitungskosten 

Kosten  der 
Heizungs¬ 
aulage 

Kosten 

der 

Bau- 

und 

Ort  des  Baues 

vungs- 

l^ezirk 

für  1 

im 

gan- 

für 

100 

leitung 
für  die 
ganze 
Bau¬ 
anlage 

riing 

im 

ganzen 

1 

( 

qm  jcbm 

Nutz- 

d  ;  'A 

heit 

zen 

cbm 

JC 

JC  JC 

JC 

Jt 

JC 

JC 

YII  bis  X.  Gebäude,  welche  der  Pflege  vou  Kunst  imd  Wissenschaft 

b).  Wohnhäuser  für  Förster. 

und  dem  Fachunterricht  dienen. 

(Eingeschossig  ohne  Drempel.) 

a)  Gebäude  für  akademischen  und  Fachunterricht. 

.5 

Schönbruch 

Königs¬ 

berg 

86 

87 

8  979 

72,7 

13,0 

- 

441 

K. 

167.0,1 
Oe  ’ 

1.  Hörsaal-,  Instituts-  und  Akademie-Gebäude. 

G 

Kl.  Fliefs 

86 

87 

9  114 

73,8 

13,2 

4.50 

II 

170,5  1 

1 

K.- 

Oe. 

K.: 

Oe.  il 

1 

Rbysical.  Institut 
i.  Königsberg 

84 

88 

213  579 

217,9 

13,5 

.5485  1 107,1 
3055  1 563,0 
Lufth. 

23 1.52 

7 

Grüuwalde 

■ 

86 

87 

10  068 

81,5 

14,6 

- 

470 

K. 

178,0  1 
Oe.  j 

2 

Patbol.  Institut  d. 

_ 

87 

87 

22148 

104,3 

20,9 

_ 

2959 

381.1 

656 

8 

Gensken 

86 

87 

11253 

91,1 

16,2 

— 

430 

184,0 

Charite  i.  Berlin 

Damplb. 

K. 

Oe.  || 

3 

Patbol.Inst.i.Kiel 

Schles¬ 

87 

87 

24  841 

208,7 

20,3 

_ 

4857 

694.0 

_ 

9 

Eichenthal 

Gum¬ 

86 

87 

10  075 

81,6 

14,2 

— 

460 

16.5,7  i; 

(Anbau) 

wig 

Heifsw.-H. 

binnen 

K. 

Oe.  1 

2. 

Klinische  Universitäts-Anstalten  usw. 

10 

Schillelwetheu 

87 

88 

10 .575 

85,6 

15,2 

— 

405 

K. 

172,8 

Oe. 

4 

Med.  Klinik  i.  Mar¬ 

Cassel 

83 

86 

488  788 

209,3 

17,9 

ue. 

142851  - 

38  347 

11 

Darguszen 

, 

86 

87 

11 110 

.  89,9 

16,1 

- 

420 

178,0 

burg 

7866 

— 

K, 

Oe. 

Lufth. 

12 

Karunischken 

86 

87 

11  280 

91,3 

16,3 

425 

181,5 

5 

Absondb.  d.  Med. 

85 

86 

23  324 

106,9 

25,1 

2915,5 

870 

93,7 

1 915 

K. 

Oe. 

Klinik  i.  Marburg 

E.  Oe. 

13 

Darslub 

Danzig 

87 

88 

8  659 

69,7 

12,4 

— 

355  149,0 

G 

Obduct.-Haus  der 

__ 

86 

86 

47  278 

172,3 

16,3 

— 

3042 

165,0 

4069 

K. 

Oe. 

Univers.  -  Frauen- 

Dampfli. 

14 

Ferdinandshof 

Marien¬ 

87 

88 

10  298 

76,2 

13,5 

_ 

407 

174,0 

Oe. 

Klinik  i.  Berlin 

werder 

K. 

7 

Leicbenscbaub. 
i.  Berlin 

_ 

85 

86 

287  506 

223,1 

19,1 

— 

8571 1 363,5 
Dampfh. 

27  234 

15 

Kohhelberg 

" 

86 

87 

11  244 

90,7 

16,1 

- 

412 

K. 

176,0  ' 
Oe. 

8 

Leicbenbaus  des 

88 

88 

9  214 

131,6 

16,1 

— 

140 

129,6 

360 

16 

Alt-Buchhorst  I 

Pots¬ 

87 

88 

11075 

89,6 

15,9 

_ 

540 

192,0 

Landg.  i.  Danzig 

E.  Oe. 

dam 

K. 

Oe. 

3. 

Fachschulen. 

17 

Kerngrund 

Frank¬ 

86 

87 

9  962 

80,7 

14,3 

— 

485 

_ 

0 

Navigations  -  Vor¬ 

Auricli 

86 

87 

23  301 1 

148,2 

14,1 

408,8 

400 

58,8 

"  _ 

furt  a.O. 

K. 

-Oe. 

schule  i.  Wester- 

1 

E. 

Oe. 

18 

Saugarten 

86 

87 

10  793 

87,4 

15,5 

_ 

_  1 

banderfebn 

i 

K.-Oe.  1 

b)  Gebäude  für  technische  Zwecke. 

19 

Meddersin 

Cöslin 

87 

88 

10  599 

85,8 

15,3 

— 

505 

175,7  i 

10 

Eicb.-Amti.Poseu 

— 

86 

88 

j  17  033 

I  51,3 

10,9 

560 

118,9 

— 

K. 

Oe. 

K.- 

Oe. 

20 

Röderhorst 

Posen 

86 

87 

9  008 

72,9 

12,9 

— 

317  i  100,0 

c)  Gebäude,  welche  der  Pflege  des  Köimers  und  der 

21 

K. 

Oe. 

Erholung  dienen. 

Althof 

Brom¬ 

berg 

86 

87 

9  420 

77,0 

15,9 

— 

455 

K. 

186,5; 

-Oe. 

11 

Speisesaal  i.  Bad 

Cassel 

186 

88 

54  057 

112,8 

12,0 

1910 

96.01!  6759 

22 

Beerenheig 

87 

10  671 

86,4 

15,3 

Nenndorf 

E.R.-F.-Oe. 

88 

— 

.500 

16.5,0 1 

K. 

-Oe. 

XI.  Regierungs-, 

Ministerial- Gebäude  usw. 

23 

Domhrowo 

87 

88 

10  671 

86,4 

15,3 

_ 

.500 

165,0 

1 

Dienstgebäude  f. 

K. 

-Oe.  ! 

d.  Katasterverw. 

84  86 

45  428 

126,7 

10,2 

— 

1100 

85,9 

6  795 

24 

Wendelstein 

Merse¬ 

87 

88 

9  460 

76,6 

13,8 

_ 

305 

130,0 

i.  Minden 

Ueiea 

burg 

E.u.K 

'.-Oe.  1 

IXII.  Geschäftshäuser  für 

Gerichte. 

25 

Niedernstöcken 

Han¬ 

87 

88 

10  695 

86,6 

15,4 

— 

400 

163,6 

nover 

K. 

-Oe. 

1 

Amtsger.  i.Driesen 

Frank¬ 

85 

87 

67  647] 

217,0 

17,1 

_ 

2475 

189.8 

10739 

26 

Düngel 

Stade 

87 

11644 

furt  a.O. 

1 

K.-Oe. 

86 

94,3 

16,7 

— 

— 

— 

2 

Seebansen 

Magde¬ 

86 

87 

37  412 

130,0 

11,3 

_ 

1346 

117,8 

30G7 

27 

Cathrinhagen 

Minden 

87 

88 

12  236 

97,5 

17,5 

— 

306 

— 

burg 

K.- 

Oe. 

28 

Goldgrube 

Wies¬ 

87 

88 

9  952 

79,1 

14,0 

361 

_ 

3 

Aurich  (Anbau) 

— 

85 

87 

25  026 

150,2 

16,5 

— 

336 

42,6 

4146 

baden 

E.u.K 

i.-Oc. 

K.- 

Oe. 

c)  Wohnhäuser  für 

Förster  in  Verbindung  mit  dem 

XIII.  Geßingnisse  und  Strafanstalten. 

Wirthschaftsg 

ebäude. 

a)  Gefängnisse. 

(Mit  ausgebautem  Drempelgeschofs,  oder  zweigeschossig.^ 

1 

Ger.-Gef.i.  Oppeln 

84 

87 

1  284  729 

192,9 

13,6 

1368,9 

6605 

90,2 

21 285 

29 

Marienhagen 

Hildes¬ 

86 

88] 

12  717 

66,6 

10,2 

— 

290 

124,5 

E.  u.  K.-Oe. 

heim 

K.-Oe. 

b)  Wirthschaftsgebäude  usw. 

30 

Jagdhaus 

86 

87 

15  788 

90,6 

14,7 

- 

300 

E. 

128,6 

Oe. 

2 

Küchengeb.  f.  d. 

Berlin 

86 

87 

35  832 

76,7 

10,6 

_  )l  _ 

— 

1462 

Strafanst.  i.  Moabit 

31 

Falle 

Stade 

87 

88 

18  775 

88,8 

13,0 

— 

358 

— 

8 

Ringof.  f.  d.  Straf¬ 

Königs¬ 

87 

88 

34  395 

40,3 

10,6 

1803 

Dietenhausen 

E.  u.K.-Oe. 

anst.  bWartenburg 

berg 

c) 

Berlin 

32 

Wies¬ 

baden 

86 

87 

9  802 

57,1 

10,5 

— 

180 

E. 

88,2 

Oe. 

Beamtenwohnhänsftr 

33 

Hof-Rhoda 

86 

87 

10  729 

62,5 

Beamten -Wobnb. 

88 

11,4 

_ 

120 

49,2 

4 

88 

13  593 

154,3 

10,6 

— 

549 

66,61 

1 353 

E. 

Oe. 

f.  d.  Strafanstalt  i. 

E.  u.  K.-Oe. 

Moabit 

34 

Bremthal 

87 

88 

10  812 

63,0 

11,7 

— 

189 

93,1 

5 

Directorwohnb. 

Frank¬ 

86 

87 

21865 

134,3 

10,5 

_ 

1360 

173.5 

_ 

E. 

Oe. 

f.  d.  Strafanstalt  i. 

furt  a.O. 

K.-Oe. 

35 

Hochsteincheu 

86 

88 

15  136 

66,2 

12,5 

— 

182 

80,3 

Luckau 

j  Coblenz 

E. 

Oe. 

XIV 

Steueramtsgebäude 

• 

XYI.  Landwirthschaftliche  Bauten. 

1 

Grenzaufseh. -Ge¬ 
höft  i.  Bacharcie 

Brom- 

berg 

87 

88 

1  10  636 

1 

75,6 

17,5 

— 

K.- 

Oe. 

a) 

Pächterwohnhäuser. 

2 

Chelmce 

86 

87 

16167 

98,6 

15,0 

— 

630 

156,0 

1.  Eingeschossige  Bauten 

K.- 

Oe. 

1 

1  Priment 

Posen 

[87 

88 

1  15  540 

!  'i'7,7 

t 

13,2 

_ 

760 

119,6] 

XY. 

Forsthansbauten. 

1 

> 

K. 

-Oe.  1 

a)  Wohnhäuser  für  Oberförster. 

2.  Zweigeschossige  Bauten. 

1 

Kurwien 

Gum^ 

86 

87 

23  255 

93,0 

12,5 

— 

1289 

140,6 

2 

1  Polommen 

Gum¬ 

i86 

87 

49  819 

110,3 

11,9 

_ 

2520 

63,3 

binnen 

K.- 

Oe. 

binnen 

K.- 

Oe. 

2 

Padrojen 

87 

88 

25170 

i  115,2 

13,4 

— 

1100 

142,0 

— 

3 

Plagow  (Anbau) 

Frank¬ 

87 

87 

19  282 

122,4 

9,8 

_ 

1020 

137,7 

K.- 

Oe. 

furt  a.O. 

K.- 

De. 

3 

Wannfried 

Cassel 

86 

87 

21207 

121,7 

12,8 

— 

797 

115,2 

4  866 

4 

Müggenhall 

Stral¬ 

86 

87 

42  988 

79,8 

10,3 

_ 

2135 

111,6 

E.  u.  K.-Oe. 

sund 

K.- 

Oe. 

4 

Haiger 

Wies¬ 

86 

87 

18  158 

113,6 

10,1 

— 

370 

63,0 

526 

5 

Bookhagen 

86 

87 

43  080 

121,1 

12,7 

i 

1500  112,31 

baden 

E. 

Oe. 

K.-Oe.  ! 

164 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


23.  April  1890, 


Ausführungskosten  des 

Kosten  der 

Ausführungskosten  des 

Kosten  der 

Kosten 

der 

Zielt 

Hauptgebäudes  ausschl. 

Heizungs- 

/>Cll 

der 

Aus- 

füh- 

Hauptgebäudes  ausschh 

Heizungs- 

Bestimmung 

Regie- 

der 

Aus- 

füh- 

der  ßauleituugskosten 

anlage 

Bau- 

Bestimmung 

Regie- 

der  Bauleitungskosten 

anlage 

•J 

und 

ruiigs- 

für  1 

im 

für 

leitung 
für  die 

und 

rungs- 

im 

für  1 

im 

für 

leitung 
für  die 

runs: 

im 

Nutz- 

eiu- 

rune: 

Nutz¬ 

em- 

i  Ort  des  Baues 

bezirk 

gauzeu 

qm 

cbm 

gan- 

100 

ganze 

Bau- 

Ort  des  Baues 

bezirk 

ganzen 

qm 

chm 

gan- 

100 

ganze 

Bau- 

zen 

cbm 

zen 

chm 

heit 

aiilage 

heit 

anlage 

M 

M 

M 

M 

M 

M 

M 

ji 

M 

Jl 

M 

M 

Jt 

b) 

Arbeiterwohnhäuser. 

h)  Pferde- 

und  Ilindviehställe. 

(Eingeschossig  für 

4  Familien.) 

1.  Ställe  mit  Holzdecken. 

<; 

Grünweitschen 

Gum¬ 

binnen 

88 

88 

1  14  408 

1 

1  70,7 

1 

17,7 

— 

344 

— 

32 

1  Neu-Löhegalleu 

Gum¬ 

binnen 

1 

87 

38  521 

55,8 

8,5 

481,5 

- 

- 

- 

Ratlistuhe 

Danzig 

87 

87 

13  400 

62,5 

1 

15,7 

— 

320 

K 

140, -2 
-Oe. 

33 

Maust 

! 

Frank- 
!  furta.O. 

[87 

i 

88 

34  198 

48,6 

6,7 

412,0 

- 

- 

- 

8 

Timwalde 

Marien- 

87 

88 

0  706 

48,0 

12,2 

_ 

320 

125,5 

_ 

Werder 

K. 

-Oe. 

2.  Ställe  mit  gewölbten  Decken. 

\) 

Weselitz 

Pots- 

87 

87 

12  177 

56,8 

14,0 

_ 

.500 

_ 

34 

1  Primentdort 

!  Posen 

87 

88 

63  939 

68,1 

8,8 

603,2 

1  ” 

- 

— 

dam 

K. 

-Oe. 

35 

1  Heidau 

1  Breslau 

87 

87 

48  750 

58,0 

7,0 

554,0 

_ 

_ 

10 

Droscdow 

Coslin 

87 

87 

11  711 

40,0 

8,2 

— 

143 

Z. 

40,0 

Oe. 

— 

36 

Haimbach 

1  Cassel 

86 

87 

14  037 

57,2 

6,5 

610,3 

- 

200 

11 

Gr.  Morin 

Brom- 

'  87 

88 

10  .V)2 

56,8 

14,1 

_ 

240 

00,6 

il  Stallgebäude  für  verschiedene  Zwecke. 

K 

-Oe. 

1.  Ställe 

mit  Holzdecken 

12 

Bcrthelschütz 

Oiipeln 

87j87 

10  930 

60,0 

10,0 

— 

400 

K. 

186,0 

-Oe. 

— 

37 

Alt-Ogrodtkeu 

Gum- 

87 

87 

26  280 

46,0 

6,5 

_ 

_ 

_ 

_ 

binncu 

c) 

Scheunen. 

38 

Fürstenwerder 

Danzig 

88 

88 

10  842 

47,1 

11,6 

- 

~ 

— 

— 

1. 

Fachwerkscheunen. 

30 

Schönwalde 

Stettin 

87 

87 

10  907 

45,8 

14,3 

- 

- 

- 

- 

1:5: 

Friedrichsberg 

Gum- 

87 

87 

.-.2  248 

23,2 

2,0 

0,4 

40 

Abtshagen 

Stral- 

87 

88 

16  130 

37,5 

6,3 

— 

— 

— 

— 

binnen 

sund 

14 

Bischwalde 

Marien¬ 

werder 

87 

88 

0  010 

1.7,4 

3,8 

3.3 

- 

- 

- 

2.  Ställe  mit  gewölbten  Decken. 

41 

Kaminiec 

1  Brom- 

187 

88  ii  11  030 

44,4 

13,9 

_ 

_ 

_ 

_ 

l.'r 

Quartschen 

Frank¬ 
furt  a.O. 

87 

87 

34  800 

22,5 

3,4 

3,8 

— 

— 

— 

kerg 

1 

1 

42 

Hornburg 

Magde-  !  87 

88 

1  29  415 

44,7 

6,1 

— 

_ 

_ 

_ 

16 

Bretwisch 

Stral- 

88 

88 

20  480 

18,5 

2,7 

3,2 

— 

_ 

_ 

!  bürg 

1 

sund 

9 

Massive  Scheunen. 

3.  Ställe 

in  Verbindung  mit  Scheunen  (Holzdecke). 

Woltersdorf 

Frank- 

43 II  Stauuaitsclien 

il 

j  Gum- 

86 

87 

48  497 

1  o6,y 

6,7 

j  _ 

_ 

1  _ 

17 

87 

87 

11  417 

22,0 

4,6 

4,4 

— 

— 

— 

1  binnen 

j 

furta.O. 

18 

Schelitz 

Oppeln 

87 

87 

21  232 

20,4 

4,7 

3,8 

- 

- 

— 

•1.  Ställe  in  Verbindung  mit  Speichern 

(Stalldecke  gewölbt). 

10 

Wiedelah 

Hildes- 

87 

87 

10  8.76 

30,3 

6,0 

7,0 

_ 

_ 

_ 

44 11  Haimbach  | 

Cassel  1 

87187  1 

17  64211  86,3 

10,0 

- 

1  - 

- 

1  - 

heim 

k) 

Gewerbliche  Anlagen. 

20 

Baiersröderhof 

Cassel 

87 

88 

10  130 

31,4 

3,4 

4,7 

_ 

_ 

rv2,6 

12,4 

45 

Ringofen  auf  der 

t  Merse-  1180 

87 

16 .535 

— 

— 

d) 

Speicher. 

Domäne  Clöden 

bürg 

21 

Tiefensee 

Breslau 

88 

88 

15  3.70 

62,0 

5,5 

10,1 

— 

— 

XVII. 

Gestütsbauteiu 

•>>: 

Gronauerhof 

Cassel 

87 

88 

10  22.7 

64,1 

0,6 

2.5,4  ; 

1 

Deputanten -Vieh- 

Gum- 

87 

87 

28  284 

43,7 

11,4 

— 

__ 

— 

— 

stell  i.  Trakehnen 

binnen 

e 

)  Schafställe. 

2 

Reitbahn  i.Graditz 

Merse- 

87 

88 

28  352 

21,5 

3,8 

— 

— 

— 

2:5 1 

Friedrichsherg 

Gum- 

87187  1 

48  267 

30,0 

4,8 

32,2  1 

—  1 

bürg 

; 

' 

biuneii 

1 

1 

1 

3 

Wohnhaus  für  d. 

Schles- 

87 

87 

17  158 

70,5 

16,0 

— 

500 

126,3 

— 

Futtermeistcrund 

wig 

E.  u.h 

.-Oe. 

f 

Kinclviehställe. 

1  Wärter  i.Traven- 

thal 

1.  mit  TTolzflfto.kpn. 

Cassel 

86 

91,5 

14,3 

4 

2  Familienhäuser 

87 

33  804 

— 

964 

40,8 

— 

24  i 

Butterfelde 

Frank- 

88|88 

12  120 

47,4 

6,6 

330,7  1 

— 

-  i 

— 

i.  Beherbeck 

E. 

Oe. 

furta.O. 

25^ 

Lassentin 

Stral- 

87 

87 

22  183  ' 

.71,7 

8,0 

382,5 

XVIII.  Hochbauten  aus 

dem 

Gebiete  der  Wasserbanverwaltung. 

sund 

a) 

Wohnhäuser. 

26 

Trebisheim 

Posen 

87 

87 

26  081 

46,1 

7,0 

415,1 

_ 

_  ' 

_ 

1 

Baggermeister- 

_  ! 

87 

87 

9  474 

100,0 

13,8 

_ 

390 

48,9 

900 

27 

Gr.  Morin 

Brom- 

87 

88 

20  274 

.75,2 

8,5 

4.50,5  1 

_ 

_ 

_ 

Gehöft  i.  Potsdam 

K.- 

Oe. 

berg  1 

Lotsenstation 

Stral- 

86 

87 

— 

— 

— 

— 

— 

4015 

i.  Barhöft 

sund 

2.  Ställe  mit  gewölbten  Decken. 

2 

Wohnhaus  Nr.  t 

_  j 

19  622 

79,4 

11,7 

_ 

588 

211,7 

_ 

28 

Wellmitz 

Frank-  i 

87 

881 

38  7.70 

.70,0 

8,2 

372,6  ' 

_ 

_  1 

— 

K.- 

Oe. 

furt  a.O. ; 

3 

Wohnhaus  Nr.  2 

„  ■ 

22  487 

76,9 

11,3 

—  1 

7.32 

187,7 

29 

Gaterslebeu 

Magde- 

87 

87  i 

30 .772 

53,1 

6,5 

430,7  1 

— 

— 

000 

K.- 

Oe. 

bürg 

, 

j 

4 

Wohnhaus  Nr.  3 

_  1 

19  605 

79,7 

11,7 

_  1 

588 

211,7 

— 

K.- 

Oe. 

g) 

Fferdeställe. 

b 

{Schuppen. 

1.  Ställe  mit  Holzdecken. 

ü| 

Lagerhalle  i.  | 

87| 

87 

10  813  1 

18,2  1 

4,8  ! 

_ 

- 

- 

30’ 

Kuckerneese  i 

Gum-  Ii87i87i 

10  251  ; 

44,8 

7,2 

227,8  1 

— 

Danzig  j 

1 

binnen  1 

6i 

Tonncuschuppen  I 

Schles- 

86 

88 

15  248 

51,9 

8,7 

— 

— 

— 

125 

2.  Ställe  mit  gewölbten  Decken. 

1 

i.  Husum  1 

■wig 

31! 

Baiersröderhof  1 

Cassel  ! 

87|SS  i 

14  040  i 

54,0 

8,5 

482,0  i 

- 

-  1 

- 

Berlin,  den  12.  März  1890. 

w 

i  e  t  h  0  f  f . 

Vermischtes, 


Zu  einer  Eriu-obimg  des  Yerhaltens  der  Mouier-Deckeii  gegen 
Feuer  hat  der  am  21.  December  v.  J.  ausgebrochene  grofse  Brand  in 
der  Spritfabrik  von  H.  Helbing  in  Wandsbeck  Gelegenheit  geboten. 
In  dem  vollständig  ausgebrannten  westlichen  Speicher,  dem  Ent¬ 
stehungsherde  des  Feuers,  leisteten  die  Decken  den  Flammen  und 
der  grofsen  Hitze  lange  Widerstand.  Da  aber  der  brennende  Sprit 
durch  die  Fahrstuhlöffnungen  herabfliefsen  und  so  den  Brand  in  alle 
Geschosse  fortpflanzen  konnte,  wurden  die  auf  nicht  ummantelten 
I-Trägem  ruhenden  Decken  infolge  Nachgebens  der  letzteren  schliefs- 


lich  doch  zerstört.  Im  östlichen  Speicher  dagegen,  dessen  Dach  vom 
Feuer  ergriffen  wurde,  verhinderte  die  oberste  Monierdecke  sowohl 
das  Durchbrennen  als  auch  das  Durchfliefsen  der  in  die  Gluth  ge¬ 
schleuderten  Wassermassen  nach  den  unteren  Geschossen.  Die  nur 
I  4,5  cm  starke  Decke  hat  also  dem  Angriff  der  niederstürzenden  Dach¬ 
trümmer  und  der  plötzlichen  Abkühlung  durch  Löschwasser  voll¬ 
kommen  widerstanden  und  das  darunter  befindliche  grofse  Spiritus¬ 
lager  vor  Entzündung  geschützt. 


—  n. 

Verlag  von  Ernst  &  Korn  nVillielia  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


165 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  26.  April  1890.  1^* 

Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal  -  Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Die  Hafen¬ 
erweiterungsbauten  der  Stadt  Altona.  —  Neue  Schöpfwerke  in  Preufsen  aus  dem 
Jahre  1889.  —  Das  Städtische  Spielhaus  in  Worms.  (Schlufs.)  —  Die  Ausgaben  der 
Stadt  Berlin  für  bauliche  Zwecke  im  Haushalte  für  1890/91.  —  Vermischtes:  Ge- 
haltsvcrbesserung  für  die  Bauinspectoren.  —  Schiffbarmachung  der  Fulda  von  Münden 

bis  Cassel.  —  Wettbewerb  um  das  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau.  — 
Preisbewerbung  um  ein  Gerichtsgebäude  nebst  Untersuchungsgefängnifs  in  Bremen. 
Preisausschreiben  des  Vereins  deutscher  Eisenbahn-Verwaltungeu.  —  Eiserne  Gitter 
an  Vorgärten.  —  Beseitigung  der  Brunelschen  weiten  Spur  auf  der  englischen  West¬ 
bahn.  —  Bücherschau. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  bei 
der  Ansiedlungs  -  Commission  in  Posen  beschäftigten  Bauinspector 
Georg  Messerschmidt  zum  Eegierungs-  und  Baurath  zu  ernennen 
und  dem  städtischen  Baudirector  Licht  in  Leipzig  den  Kothen 
Adler-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Der  Eegierungs-  und  Baurath  Hermann  Cuno,  bisher  in  Hildes¬ 
heim,  ist  in  gleicher  Amtseigenschaft  an  die  Königliche  Kegierung  in 
Coblenz  und  der  Kreis-Bauinspector  Beckershaus  in  Carthaus  W./Pr. 
in  gleicher  Eigenschaft  nach  Greifenberg  i.  Pom.  versetzt  worden. 

Der  Amtssitz  des  Kreis-Bauinspectors  in  Eheine,  Eeg.-Bezirk 
Münster,  ist  nach  Burgsteinfurt  verlegt  worden. 

Den  bisherigen  Königl.  Eegierungs -Baumeistern  v.  Czihark  in 
Breslau  und  Ernst  Weber  in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Entlassung 
aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

jttheilungen. 

Der  Königliche  Eegierungs-Baumeister  Max  Keinke  in  Burg¬ 
steinfurt  ist  gestorben. 

Sachsen. 

Bei  der  Königlich  Sächsischen  Strafsen-  und  Wasserbauverwal¬ 
tung  ist  der  bisher  mit  der  Verwaltung  des  Strafsen-  und  Wasser- 
bauinspections-Bezirks  Dresden  I  betraut  gewesene  Strafsen-  und 
Wasserbauinspector,  Baurath  Emil  Moritz  Weber,  dem  Wasserbau- 
director  Ober-Baurath  Schmidt  in  Dresden  zur  Unterstützung  und 
Vertretung  in  dem  dem  letzteren  zugewiesenen  dienstlichen  Wirkungs¬ 
kreise  beigegeben,  ferner  ist  dem  bisherigen  Strafsen-  und  Wasser¬ 
bauinspector  in  Annaberg,  Gustav  Emil  Grosch,  die  Verwaltung 
des  Strafsen-  und  Wasserbauinspections-Bezirks  Dresden  I  übertragen, 
und  der  ^  bisherige  Chausseeinspector  Ernst  Albert  Eange  zum 
Strafsen-  und  Wasserbauinspector  in  Annaberg  ernannt  worden. 

[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Hafenerweiterungsbauten  der  Stadt  Altona, 


Der  Hafen  von  Altona  war  bekanntlich  bis  zum  15.  October  1888 
Freihafen  und  war  in  dieser  Eigenschaft,  wenn  auch  unter  anderer 
Landeshoheit  stehend,  wirthschaftlich  als  ein  Theil  des  grofsen  Ham¬ 
burger  Freihafens  anzusehen.  Diese  Verhältnisse  haben  für  Altona 
eine  durchgreifende  Veränderung  dadurch  erfahren,  dafs  der  Ein- 
schlufs  Hamburgs  in  das  Zollgebiet  sich  auf  seine  Seeschilfhäfen 
nicht  mit  erstreckt,  dafs  letztere  also  Freihafengebiet  geblieben  sind, 
während  der  Hafen  Altonas  samt  der  Stadt  dem  Zollgebiete  einver¬ 
leibt  worden  ist.  Dadurch  sind  nun  im  Gegensätze  zu  der  wirth- 
schaftlichen  Aufgabe  der  Hamburger  Häfen  dem  Altonaer  Hafen  und 
seinen  Lagerhäusern  ganz  bestimmte  Verkehrsbedingungen  vorge¬ 
zeichnet.  In  seiner  neuen  Eigenschaft  als  Zollhafen  wird  Altona  in 
erster  Linie  von  denjenigen  Seeschiffen  aufgesucht  werden,  welche 
den  Verkehr  der  deutschen  Nord-  und  Ostseeküste  mit  dem  deutschen 
Binnenlande  vermitteln.  Die  Ladung  und  Löschung  dieser  Schiffe 
vollzieht  sich  am  bequemsten  innerhalb  des  Zollgebiets,  dieselben 
haben  somit  keine  zwingende  Veranlassung,  den  Hamburger  Freihafen 
aufzusuchen.  Die  Eisenbahnen,  welche  Schleswig -Holstein,  dessen 
dänisches  Hinterland,  und  über  Kiel,  Flensburg  usw.  einen  Theil  des 
Ostsee-Verkehrs  mit  dem  deutschen  Schienennetze  verbinden,  münden 
in  Altona.  Die  zu  Wasser  hier  ankommenden,  für  den  Norden  be¬ 
stimmten,  und  umgekehrt  die  voni  Norden  kommenden,  zur  Ver¬ 
schiffung  bestimmten  Güter  finden  deshalb  ihren  natürlichen  Ab¬ 
fertigungsplatz  in  Altona. 

Wenn  so  dem  Altonaer  Hafen  als  Seeplatz  seine  bestimmten 
Aufgaben  vorgezeichnet  sind,  so  mufs  demselben  vermöge  seiner 
Lage  naturgemäfs  auch  ein  beträchtlicher  Antheil  an  dem  Flufs- 
schiffahrts -Verkehr  mit  der  Unterelbe  zufallen.  Selbstverständlich 
konnte  Altona  —  nachdem  Hamburg  für  die  Neugestaltung  seiner 
Hafenanlagen  in  Anlafs  des  bevorstehenden  Zollanschlusses,  unter 
Beihülfe  eines  Zuschusses  von  40  Millionen  Mark  aus  Eeiclismitteln, 
sehr  beträchtliche  Suüimen  verfügbar  gemacht  hatte  —  nur  dann 
darauf  rechnen,  dafs  der  naturgemäfs  Altona  zufallende  Verkehrs- 
Antheil  dieser  Stadt  auch  wirklich  zu  Theil  werde,  wenn  es  auch  ihr 
gelang,  die  erforderlichen  Mittel  für  einen  entsprechenden  Ausbau 
der  Hafen-Anlagen  zu  beschaffen.  In  gerechter  Würdigung  des  Um¬ 
standes,  dafs  es  sich  hierbei  nicht  nur  um  örtliche,  vielmehr  in  er¬ 
heblichem  Mafse  um  öffentliche  Verkehrs -Interessen  handelt,  wurde 
durch  Gesetz  vom  30.  Juni  1886  der  Stadt  eine  Beihülfe  im  Höchst¬ 


betrage  von  G’/o  Millionen  Mark  aus  Staatsmitteln  gewährt.  Städtischer- 
seits  wurden  aufserdem  noch  1 300  000  Mark  für  die  betreffenden 
Bauten  und  Grunderwerbskosten  bereitgestellt,  sodafs  im  ganzen 
7  800  000  Mark  zur  Verfügung  standen. 

Die  Entwurfsarbeiten  und  die  Ausführung  der  Bauten  übernahm 
gemäfs  Vereinbarung  zwischen  der  Staatsregierung  und  der  Stadt¬ 
verwaltung  die  letztere  unter  Ueberwachung  der  ersteren,  wobei  be¬ 
stimmt  wurde,  dafs  die  für  die  Ausführung  von  Staatsbauten  mafs- 
gebenden  Grundsätze  auch  im  vorliegenden  Falle  zur  Anwendung 
gelangen  sollten.  Der  allgemeine  Entwurf  für  die  zunächst  auszu¬ 
führenden  Anlagen  war  in  städtischem  Aufträge  vom  Verfasser  dieses 
Berichts  bereits  im  December  1885  aufgestellt  worden.  Für  die  Be¬ 
arbeitung  der  ausführlichen  Entwürfe  und  die  Ausführung  der  Bauten 
wurde  im  März  1886  Verfasser  mit  der  Einrichtung  einer  besonderen, 
vom  Stadtbauamte  abgezweigten  Bauabtheilung  beauftragt,  deren 
Oberleitung  der  kürzlich  verstorbene  Stadtbaumeister  Winkler,  und 
deren  besondere  Leitung  Verfasser  dieses  übernahm. 

In  Anbetracht  der  Kürze  des  Zeitraums  vom  Frühjahr  1886  bis 
October  1888  und  des  Umstandes,  dafs  zur  Feststellung  der  Pläne 
die  Genehmigung  der  städtischen  Ausschüsse  und  Behörden,  der 
Staatsbau  Verwaltung  und  gegebenenfalls  auch  die  Zustimmung  der 
Zoll-  und  Eisenbahn -Verwaltung  einzuholen  war,  mufste  von  vorn¬ 
herein  angenommen  werden,  dafs  die  Fertigstellung  der  gesamten 
Bauten  zu  der  gleichen  Zeit  mit  dem  Zollanschlusse  nicht  werde 
erreicht  werden  können.  Aus  diesem  Grunde  und  weil  es  zweck- 
mäfsig  erschien,  bei  der  zu  erwartenden  gänzlichen  Umgestaltung 
der  bisherigen  Verkehrsverhältnisse  die  Möglichkeit  zur  späteren 
Ausführung  nicht  vorgesehener,  aber  im  Betriebe  sich  als  nothwendig 
erweisender  Bauten  zu  behalten,  wurde  für  die  Einzel-Entwürfe  der 
Grundsatz  aufgestellt,  dafs  vorerst  nur  die  zunächst  erforderlichen 
Bauten  ins  Auge  zu  fassen  seien.  Als  solche  wurden  die  folgenden 
vier  Gruppen  der  Bauanlage  erkannt: 

1.  Der  Ausbau  des  Seeschiffhafens  nebst  Anschlufs  an  die  be¬ 
stehenden  Geleis-Anlagen  und  Eegulirung  der  grofsen  Elbstrafse. 

2.  Die  Anlage  der  neuen  Hafenstrafse  mit  bequemen  Steigungs- 
Verhältnissen  zur  Verbindung  des  Hafens  mit  der  oberen  Stadt. 

3.  Die  Erweiterung  des  westlichen  Hafens  für  Flufsschiffahrt. 

4.  Die  Anlage  eines  östlichen  Hafens  und  Landungsplatzes  für 
Fischerfahrzeuge. 


.1 


Altonaer  Zollanschlufsbauten, 


\t.  17. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


167 


1.  Der  Ausbau  des  Seeschiffhafeus. 

Die  einzige  in  Altona  vorhandene,  zum  Anlegen  von  Seeschiffen 
taugliche,  mit  tief  gegründeter  Kaimauer  versehene  Uferstrecke  war 
bislang  der  Neumühlener  oder  Westkai  in  einer  Länge  von  330  m. 
Obgleich  es  nahe  lag,  die  neuen  Kai- Anlagen  im  Anschlüsse  an  die 
genannten  älteren  anzuordnen,  so  mufste  doch  hiervon  aus  verschie¬ 
denen  Gründen  Abstand  genommen  werden,  und  zwar  einmal,  weil 
die  Lage  des  Neumühlener  Kais  an  dem  dort  schon  ziemlich  ver¬ 
breiterten  Strome  eine  wenig  günstige  und  bei  schlechtem  Wetter  für 
kleinere  Fahrzeuge  unbequeme  ist,  zweitens  weil,  wie  dies  aus  den 
nebenstehenden  Lageplänen,  Abb.  1  u.  2,  ersichtlich,  die  Gasanstalt, 
deren  Verlegung  aufserordentliche  Schwierigkeiten  bieten  würde,  im 
Wege  steht,  und  drittens,  weil  der  östlich  an  den  Neumühlener  Kai 
stofsende  Hafen-  und  Löschplatz  für  Flufsfahrzeuge  dort  sehr  vor- 
theilhaft  gelegen  ist  und  dessen  Verlegung  äufserst  unbequem  er¬ 
schien. 

Es  ist  deshalb  der  neue  Seeschiffkai,  welcher  den  Namen  „Ost- 
kai“  erhalten  hat,  östlich  von  der  Gasanstalt  angelegt  worden.  Die 
einstweilen  ausgeführte  Länge  beträgt  560  m  und  schliefst  beiderseits 
mit  einer  gröfseren  Treppenanlage  ab.  Von  dieser  Länge  sind  die 
mittleren  320  m  zum  Anlegen  der  tiefstgehenden,  nach  hier  herauf 
kommenden  Seeschiffe  unmittelbar  an  die  Ufermauer  benutzbar.  Die 


Baggerungstiefe  beträgt  daselbst  6,3  m  unter  mittlerem  Niedrigwasser, 
welche  Tiefe  —  wenn  dies  etwa  später  erforderlich  werden  sollte  — 
durch  einfache  Baggerung  auf  7,1  m  gebracht  werden  kann.  An  den 
beiden  Enden  des  Kais,  in  der  Länge  von  je  120  m,  bleiben  im  Flufs- 
bette  vor  der  Ufermauer  Böschungen  liegen,  welche  den  Uebergang 
bilden  aus  der  bezeichneten  grofsen  in  die  geringe  Hafentiefe,  wie 
letztere  vor  der  Gasanstalt  und  den  östlich  an  den  neuen  Kai  gren¬ 
zenden  alten  Speichern  vorhanden  ist.  Die  Neigung  dieser  Böschungen 
in  der  Längenrichtung  an  der  Ufermauer  beträgt  ungefähr  1  :  20. 

Die  Breite  des  Hafens  vor  dem  Ostkai,  zwischen  der  Kaimauer 
und  der  Dalbenstellung  —  welche  letztere  den  Hafen  vor  Eisgang 
und  Wellenschlag  schützt  —  beträgt  im  Mittel  45  m,  ein  Mafs, 
das  zwar  knapp  bemessen,  für  die  Bewegung  der  Schiffe  im  Hafen 
aber  noch  ausreichend  ist.  Die  Breite  der  Kaifläche  hinter  der  Ufer¬ 
mauer  einschliefslich  der  Fahrstrafse  beträgt  50  bis  60  m.  Diese 
Breite  genügt  zur  Aufnahme  der  Güterschuppen  mit  23  m  Tiefe,  von 
3  bis  4  Geleisen  hinter  denselben  und  der  Fahrstrafse.  Nördlich  von 
der  Fahrstrafse  erhebt  sich  mit  steiler  Böschung,  theilweise  durch 
schwere  Futtermauern  gestützt,  die  Anhöhe,  auf  welcher  bis  zu  33  m 
über  dem  Niedrigwasser  der  Elbe  der  obere  Theil  der  Stadt  liegt. 
Dieser  Umstand  ist  es,  welcher  die  gröfstmögliche  Einschränkung  in 
den  Breitenverhältnissen  sowohl  des  Hafens  wie  der  Kaifläche  er¬ 
forderte,  (Schlufs  folgt.) 


Neue  Schöpfwerke  in  Preufsen  aus  dem  Jahre  1889, 


Nach  amtlichen  Berichten  wurden  im  vergangenen  Jahre  in 
Preufsen  u.  a.  folgende  Schöpfwerk- Anlagen  ausgeführt: 

a)  Ein  Schöpfwerk  mit  Kreiselpumpe  für  den  Bütz¬ 
flether  Schleusenverband  im  Kreise  Kehdingen  des  Regierungs- 
Bezirks  Stade.  Dasselbe  soll  eine  Fläche  von  1500  ha  entwässern, 
nämlich  250  ha  wildes  Hochmoor,  450  ha  hohes  und  mittelhohes 
Marschland,  250  ha  höheres  Weideland,  5U0  ha  niedriges  und  50  ha 
niedrigstes  Weideland.  Das  Gebiet  wird  als  Acker,  Wiese  und 
Weide  benutzt.  An  der  tiefsten  Stelle  liegt  es  0,50  m,  an  der  höch¬ 
sten  Stelle  3,50  m  über  dem  zu  gewinnenden  niedrigsten  Binnen¬ 
wasserstande.  Die  Ermittlung  der  auszuschöpfenden  Wassermengen 
geschah  unter  Zugrundelegung  eines  Frühjahrswassers  von  0,276  m 
Höhe,  welches  in  30  Tagen  beseitigt  werden  sollte.  Hiervon  wurden 
1/3  für  Verdunstung  usw.  in  Abzug  gebracht,  sodafs  63,9  cbm  in  der 
Minute  oder  2  760  000  cbm  in  30  Tagen  zu  beseitigen  sein  würden. 

Das  Schöpfwerk  wurde  geliefert  durch  die  Firma  L.  W.  Besten¬ 
bostel  u.  Sohn  in  Bremen.  Es  besteht  aus  einer  Kreiselpumpe  von 
1,9  m  Durchmesser  mit  lothrechter  Welle  und  schwimmendem  Blech- 
cylinder  zur  Entlastung  des  Spurzapfens  nach  dem  Patent  Neukirch, 
sowie  aus  einer  Dampfmaschine  von  22  bis  24  nutzbaren  Pferde¬ 
kräften.  Die  Schöpfhöhe  steigt  von  0,38  m  bis  2,84  m,  sie  beträgt 
durchschnittlich  1,61  m.  Bei  diesen  Hubhöhen  vermag  das  Pumpwerk 
269  bezw.  36  bezw,  63,5  cbm  in  der  Minute  zu  befördern.  Die  Kosten 
der  Dampfmaschine  einschliefslich  des  Kessels  in  fertiger  Aufstellung 
und  der  Schöpfvorrichtung  betragen  17  600  Mark,  der  Unterbau  für 
Maschine  und  Schöpfvorrichtung  mit  Ausmauerung  des  Kessels  und 
Errichtung  des  Schornsteines  soll  anschlagsmäfsig  einen  Aufwand 
von  16  000  Mark,  das  71  qm  grofse  Dampfmaschinengebäude  einen 
solchen  von  7000  Mark  hervorrufen,  sodafs  im  ganzen  einschliefslich 
Grundentschädigung  ein  Kostenaufwand  von  42  600  Mark  entsteht. 

b)  Eine  zweite  Kreiselpumpe  wurde  von  der  Entwässerungs- 
Genossenschaft  in  Tiege  im  Kreise  Marienburg  aufgestellt. 
Dieselbe  soll  ein  aus  Acker  und  Wiese  bestehendes  Gebiet  von 
1000  ha  entwässern.  Rechnungsmäfsig  werden  1750  000  cbm  Wasser 
zu  beseitigen  sein  mit  einer  Schöpfhöhe  von  mindestens  0,2  m, 
durchschn.  1,4,  höchstens  2,6  m.  Die  mittlere  Leistung  des  von  der 
Firma  Schichau  in  Elbing  gelieferten,  aus  einer  Kreiselpumpe  mit 
30  nutzbaren  Pferdekräften  bestehenden  Pumpwerkes  beträgt  60  cbm 
in  der  Minute.  Die  Schöpfmaschine  nebst  Kessel  hat  12  000  Mark 
gekostet,  der  Unterbau  von  Maschine  und  Schöpfvorrichtung  nebst 
Kessel-Einmäuerung  und  Schornstein  7500  Mark,  das  132  qm  grofse 
Maschinengebäude  2500  Mark,  sodafs  die  Kosten  der  Schöpfanlage 
im  ganzen  ungefähr  30  000  Mark  betragen  haben. 

c)  Eine  dritte  Kreiselpumpe  mit  lothrechter  Welle  wurde  für 
die  Entwässerungs-Genossenschaft  in  Thiensdorf  im  Kreise 
Marienburg  aufgestellt.  Die  220  ha  umfassende  Niederung  wird 


meist  als  Wiese  oder  Weide  benutzt,  sie  dacht  sich  ziemlich  gleich¬ 
förmig  nach  dem  Schöpfwerk  hin  ab,  nur  die  entferntesten  höheren 
Ländereien  sind  Ackerland.  Der  Binnenwasserstand  soll  in  der  Nähe 
des  Schöpfwerkes  auf  0,6  m  unter  Bodenoberfläche  gesenkt  werden. 
Zur  Berechnung  der  auszuschöpfenden  Wassermenge  wurde  ange¬ 
nommen,  dafs  ein  Niederschlag  von  5  Wintermonaten  in  Höhe  von 
0,30  m  in  30  Tagen  mit  je  20  Arbeitsstunden,  sonach  in  einem  Tage 
durchschnittlich  1  cm  Wasserhöhe  zu  beseitigen  sei.  Das  Schöpf¬ 
werk  mit  einer  Stärke  von  38  nutzbaren  Pferdekräften  wurde  von 
der  Firma  Hotop  in  Elbing  aufgestellt.  Die  Hubhöhen  betragen 
mindestens  1,8  m,  durchschnittlich  2,2,  höchstens  3,5  m.  Bei  diesen 
Hubhöhen  soll  die  Maschine  in  einer  Minute  schöpfen  28  bezw. 
23  cbm  bei  143  Umdrehungen,  bezw.  29  cbm  bei  182  Umdrehungen 
in  einer  Minute.  Die  Kosten  der  Schöpfvorrichtung  betragen  ein¬ 
schliefslich  Platten,  Anker,  stehender  Welle  und  dgl.  3500  Mark,  die¬ 
jenigen  der  Dampfmaschine  nebst  Kessel  10000  Mark,  des  Unter¬ 
baues  von  Dampf-  und  Schöpfmaschine  einschliefslich  Schornstein 
10  200  Mark  und  des  92  qm  grofsen  Maschinenhauses  1800  Mark. 
Mit  Einschlufs  der  übrigen  zum  Schöpfwerk  erforderlichen  Anlagen 
beziffern  sich  die  Gesamtkosten  der  Schöpfvorrichtung  auf  44  000  Mark., 

d)  Eine  vierte  Schöpfvorrichtung  wurde  in  der  Danziger  Niede¬ 
rung  bei  Gruben-  und  Kädingskampe  aufgestellt.  Die  hier  zu 
entwässernde  Niederung  ist  275  ha  grofs  und  besteht  vorzugsweise 
aus  Acker-  und  Weideland.  Sommer-  und  Wintergetreide,  Kartoffeln, 
Hülsenfrüchte  und  Rüben  werden  gebaut,  sodafs  das  Bestreben 
vorliegt,  den  Binnenwasserstand  auf  0,6  bis  1  m  unter  Bodenhöhe 
zu  senken. 

Die  Schöpfhöhen  betragen  nur  0,8  bis  1,8,  durchschnittlich 
1,3  m.  Ein  altes,  durch  eine  Windmühle  getriebenes  Wurfrad  dient 
seit  Jahren  zur  Entwässerung.  Bei  Ueberschwemmungen  steht  jedoch 
das  ganze  Land  0,3  m  und  höher  unter  Wasser.  Die  alsdann  zu  be¬ 
seitigende  Wassermenge  beträgt  ungefähr  800  000  cbm.  Hiervon 
kommt  ein  grofser  Theil  unmittelbar  zum  Abflufs,  ein  anderer  Theil 
wird  durch  die  Windmühle  gehoben,  es  verbleibt  aber  noch  eine 
Wassermenge  von  80 — 90000  cbm,  welche  durch  Dampfkraft  beseitigt 
werden  soll.  Zu  dem  Ende  wurde  von  der  Firma  Heinrich  Lanz  in 
Mannheim  eine  Locomobile  von  9  nutzbaren  Pferdekräften  geliefert, 
welche  durchschnittlich  3,6  cbm  Wasser  in  der  Minute  befördert  und 
für  welche  eine  Arbeitszeit  von  400  Stunden  in  Aussicht  genommen 
wurde.  Die  Kosten  des  Anschlusses  der  neuen  Maschine  an  das 
alte  Wurfrad  haben  1300  Mark  betragen,  diejenigen  der  Maschine 
selbst  4200  Mark,  des  38,7  qm  grofsen  Maschinengebäudes  500  Mark, 
sodafs  insgesamt  die  Vergröfserung  der  Schöpfanlage  durch  Dampf¬ 
betrieb  einen  Aufwand  von  6000  Mark  verursachte.  Die  Maschine 
verbraucht  entsprechend  ihrer  Kleinheit  2,8  kg  Kohlen  auf  die  Pferde¬ 
kraft  und  Stunde.  — dt. 


Das  Städtische  Spielhaus  in  Worms. 


(Schlufs. 


Der  Grundgedanke  der  im  Wormser  Spielhause  zur  Ausführung 
gebrachten  Bühne  ist  im  wesentlichen  derjenige,  der  sich  in  Worms 
1883  als  Lutherbühne  bewährt  hatte.  Ich  darf  mich  bei  der  Be¬ 
schreibung  der  Bühne  angesichts  der  schon  erfolgten  Veröffentlichungen 


wohl  darauf  beschränken,  einzelnes  kurz  zu  wiederholen.  Die  Bühne 
des  Städtischen  Spielhauses  theilt  sich  in  eine  durch  Vorhang  abzu- 
schliefsende  Hinterbühne  und  eine  offene,,  in  den  Zuschauerraum 
flachbogig  vorspringende  Vorderbühne.  Fluchtrecht  mit  der  Oeffnung 


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26.  April  1890. 


Ceutralblatt  dor  Bauverwaltung'. 


der  Hinterbühne  sind  rechts  und  links  d’hüren  mit  darüber  betind- 
licheu  balconartigen  Oeffnungen  in  einfacher  Rahmenarchitektur  ver¬ 
bunden.  Zwischen  dieser  den  Hintergrund  der  Yorderbühne  bilden¬ 
den  Rückwand  und  dem  Proscenium  befindet  sich  ein  breiter 
Schlitz,  der  ebenfalls  den  Zugang  von  rechts  und  links  zu  der 
Vorderbühne  gestattet  und  z.  B.  das  Vorüberziehen  von  Kampfscenen, 
den  Spaziergang  vor  dem  Thore  und  anderes  ermöglicht.  Einen  al)- 
schlieJfsenden  Vorhang  besitzt  die  Vorderbühne  nicht.  Man  wollte 
dem  Zuschauer  von  vornherein  den  einfachen  <  )rganismus  der  Bühne 
unverhohlen  zeigen,  um  falsche  oder  spannende  Erwartungen  zu  ver¬ 
meiden.  Von  der  Mitte  der  Vorderbühne  führt  in  den  Zuschauer¬ 
raum  eine  Treppe,  deren  Wangen  die  Bühnenkante  so  viel  überragen, 
dafs  in  ihnen  links  der  Souffleur  und  rechts  der  Spielmeister  un¬ 
gesehen  vom  Publicum  Unterkunft  finden  können.  Bei  dem  Luther¬ 
festspiel  und  bei  dem  Eröffnungsspiel  safsen  auf  den  Treppeiiwangen 
Schauspiel-Figuren,  die  die  Handlung  chorartig  mit  ihren  Betrach¬ 
tungen  gleichsam  aus  dem  Publicum  heraus  begleiteten.  Aber  auch 
ohne  diese  Ausnutzung  bringt  diese  verbindende  Treppe  die  Schau¬ 
spieler  dem  Gefühle  der  Zuschauer  innerlich  nahe,  eine  Wirkung, 
von  der  man  sich  auch  in  dem  königlichen  Residenztheater  in 
München  überzeugen  kann,  wo  sich  die  Rampe  in  der  ganzen  Bühnen¬ 
breite  stufenweise  nach  dem  Parkett  abtreppt. 

Die  Volksbühne  ist  zunächst  völlig  decorationslos  gedacht,  und 
man  hat  sich  bisher  mit  der  Verwendung  braunrother  Behänge  als 
günstigen  Hintergrundes  für  die  farbigen  Gewänder  begnügt.  Diese 
Einfachheit  wirkt  indessen  unleugbar  in  dem  sonst  einheitlich  deco- 
rirten  Theaterraum  auffällig.  Es  wird  hier  eine  Abänderung  beab¬ 
sichtigt  gleichzeitig  mit  Versuchen  für  einfachste  Andeutung  des  der 
Handlung  entsprechenden  Ortes  zunächst  durch  Befolgung  des 
Schinkelschen  Vorschlags,  einen  einzigen  Hinterhang  anzubringen. 
Die  Mafse  der  Hinterbühne  sind  etwas  reiclilicher  als  die 
der  Berliner  Krollschen  Bühne,  die  Vorderbühne  ist  bei  nur  4,5  m 
Tiefe  14  m  breit.  Diese  breite  und  flache  Bühne,  welche  bei  An¬ 
ordnung  des  Zuschauerraumes  sehr  günstige  Sehlinien  ermöglichte, 
war  bei  den  Vorbesprechungen  aus  Stilgi'ünden  ausdrücklich  ge¬ 
fordert.  Der  bei  der  Spielordnung  überall  durchgeführte  Grundsatz 
der  Andeutung  legt  mit  Recht  gar  kein  Gewicht  auf  die  wirkliche 
Vorführung  der  durch  das  Schauspiel  etwa  verlangten  grofsen 
Massen,  deren  Zahl  in  unseren  Theatern  häufig  die  Zuschauerzahl 
übersteigt  und  die  eine  kleine  Stadt  überbaupt  nicht  aufbringen  kann. 
Es  kommt  hier  vielmehr  darauf  an,  dafs  die  Bühne  bei  der  Anwesen¬ 
heit  einer  Anzahl  von  Menschen  den  Eindruck  des  Gefüllten  und 
Gedrängten  macht. 

In  der  Gestaltung  des  Z us chauer raumes  sind  die  Vorbilder 
Bayreuths,  des  für  Paris  geplanten  grofsen  Volkstheaters  und  des 
Trocadero  von  Davioud  und  Bourdais  ersichtlich.  Die  Verschieden¬ 
heit  des  von  dem  Schauspiel  geforderten  Stils  hatte  indessen  manche 
bewufsten  Abweichungen  zur  Folge.  Richard  Wagner  suchte  in 
seinem  Bayreuther  Theater  den  Zuschauer  möglichst  zu  isolireu,  um 
ihn  ganz  in  seinen  Zauber  einer  traumhaften  Stimmung  zu  bannen. 
Die  bedeutende  Steigung  der  Sitzreihen,  ihre  parallele  Anordnung 
hintereinander  lassen  den  einzelnen  Beschauer,  wenn  ich  nach  meiner 
Erfahrung  urtheileu  darf,  dieses  ganz  ausschliefslich  der  Bühne  Zu¬ 
gewandtsein  als  einen  fast  drückenden  Zwang  empfinden,  der  sich 
erst  mit  dem  Aufgehen  des  Vorhangs  verliert.  Für  die  Volksbühne 
sollte  ein  gröfseres  Gemeinsamkeitsgefühl  bei  den  Zuschauern  durch 
die  Raumanordnung  hervorgerufen  werden:  das  Gefühl  des  Zu- 
sammensitzens.  Man  betonte  daher  eine  geringere  Steigung  der 
Sitzreihen  und  stellte  theilweise  die  in  Bayreuth  vermiedenen,  nach 
dem  Proscenium  vorgezogenen  Wandgalerieen  für  einen  geringen 
Bruchtheil  der  Zuschauer  wieder  her,  damit  das  Publicum  sich  selbst 
sehen  könne.  So  sind  in  Worms  von  den  1400  Personen,  die  das 
Theater  mit  der  Sängerbühne  bei  völliger  Raumausnutzung  fafst, 
200  in  den  Logen  an  der  Rückwand  und  in  dem  darüber  befindlichen 
Range  untergebracht.  Die  gewünschte  geringe  Steigung  der  Sitz¬ 
reihen  ermöglichte  dabei,  dafs  die  höchsten  Parkettsitze  ■ —  gleich' 
zeitig  die  Fufsbödenhöhe  der  Logen  —  nur  2,5  m  über  dem  Bühnen¬ 
boden  sich  befinden.  Der  Bühne  gegenüber  an  der  Stelle,  die  bei 
Hoftheatern  durch  die  Fürsteuloge  eingenommen  wird,  befindet  sich 
eine  in  die  Rückwand  eingebaute  Sängerbühne  für  100  Sänger  mit 
einer  grofsen  Walkerschen  Orgel.  Die  Ueberlegung,  dafs  bei  Fest¬ 
aufführungen  auf  Musik  nicht  verzichtet  werden  dürfe,  indessen  ein 
gutes  Orchester  zu  halten  für  eine  kleinere  Stadt  unmöglich  ist, 
führte  auf  diesen  Ausweg  der  Verwendung  der  Orgel  und  der  wohl 
in  allen  deutschen  Städten  vorhandenen  leistungstähigen  Gesang¬ 
vereine.  Aufserdem  eröffnete  sich  damit  noch  die  Aussicht  auf  eigen¬ 
artige  Wirkungen  der  an  den  Chor  der  Alten  erinnernden,  gewisser- 
mafsen  aus  dem  Publicum  heraus  erschallenden  Gesänge. 

Da  die  Anordnung  der  erfahrungsmäfsig  die  Bühnentäuschung 
sehr  beeinträchtigenden,  aufserdem  schlechten  Prosceniums-Zuschauer- 
plätze  grundsätzlich  ausgeschlossen  war,  ergab  sich  in  der  breiten 


Prosceniumswaud  der  günstigste  Platz  für  die  acht  zweiflügeligen 
Parkettzugänge.  Im  ganzen  besitzt  der  Zuschauerraum  33  Ausgänge. 
Als  das  Theater  die  erste  Probe  der  Akustik  zu  bestehen  hatte, 
wurden  die  zur  gänzlichen  Füllung  des  Hauses  bestellten  1400  Schul¬ 
kinder  angewiesen,  nach  dem  Schlufs  der  Vorstellung  auf  ein  von 
der  Bühne  gegebenes  Zeichen  gleichzeitig  ruhig  den  Raum  zu  ver¬ 
lassen.  Die  Entleerung  des  vorderen  Parketts  erfolgte  in  22  Seeunden, 
die  des  ganzen  Zuschauerraums  in  weniger  als  40  Seeunden.  Da 
sich  nun  der  umlaufende,  zu  ebener  Erde  liegende  Wandelgang  mit 
9  Thüren  und  8  breiten  Fenstern,  die  im  Falle  der  Noth  auch  als 
Ausgänge  dienen  können,  nach  dem  Freien  öffnet,  so  erscheint  die 
Gefahr  bei  etwa  ausbrechendem  Feuer  auf  ein  geringes  Mafs  ein¬ 
geschränkt. 

Die  tiefen,  schräg  gestellten  Prosceniumswände  sind  als  ganz 
glatte  Rahmenarchitektur  behandelt,  um  nach  der  im  Trocadero  durch¬ 
geführten  Theorie  für  die  hinteren  Plätze  den  Schall  durch  Mittöneu 
zu  verstärken.  Die  Reste  eines  alten  Theaters  in  Athen  zeigen  ähn¬ 
lich  gestellte  Wände  an  dieser  Stelle,  auch  empfiehlt  eine  bemerkens- 
werthe,  im  Jahre  1800  erschienene  kleine  Schrift  von  Rode  „Theorie 
der  Verbreiterung  des  Schalls“  Versuche  mit  dieser  Theaterform  auf 
das  nachdrücklichste.  Die  von  Langhans  in  seiner  Katakustik  von 
glatten  Flächen  des  Prosceniums  befürchtete  schlimme  Wirkung  ist 
in  dem  Wormser  Spielhause  nicht  eingetrofl'en,  wenigstens  habe  ich 
Klagen  darüber  nicht  gehört,  habe  auch  selbst  die  in  dieser  Hinsiebt 
heikelsten,  vorn  seitlich  gelegenen  Plätze  eingenommen ,  ohne  stören¬ 
den  Nachhall  zu  vernehmen. 

Zu  bevorzugten  Plätzen  des  Hauses  sind  die  thatsächlich  besten, 
die  etwa  in  der  Mitte  des  Parketts  befindlichen  drei  Sitzreihen,  da¬ 
durch  gemacht,  dafs  sie  betjuemere  Sessel  erhalten  haben.  Zu  dieser 
Anordnung  veranlafste  auch  die  Ueberlegung,  in  einem  volkthüm- 
lichen  Fcsthause  die  Wohlhabenderen  sich  von  der  Gemeinsamkeit 
nicht  dadurch  ausschliefsen  zu  sehen,  dafs  sie  sich  in  den  Logen 
verstecken.  Bei  fürstlichem  Besuch  wird  nach  Beseitigung  einiger 
Parkettplätze  unmittelbar  hinter  diesen  Sesseln  vor  der  Orgel  mitten 
im  Hause  ein  Podium  geschaffen  und  mit  erforderlichen  Armsesseln 
versehen.  Die  unbeobachtete  Loge  mag  ja  in  mancher  Hinsicht 
Vorzüge  der  Annehmlichkeit  und  Bequemlichkeit  haben,  doch  wird 
das  Einnehmen  solcher  dem  ganzen  Hause  sichtbaren  Plätze  durch 
die  hohen  Gäste  vom  Publicum  stets  dankbar  empfunden  werden. 
Als  bei  der  Anwesenheit  des  Kaisers  das  Publicum  stehend  in  den 
Schlufsgesang  einstimmte,  alle  nach  der  Mitte  des  Hauses  dem  Kaiser 
zugewandt,  da  war  diese  Huldigung  auch  durch  ihre  räumliche  An¬ 
ordnung  von  besonderer  Wirkung. 

Bei  dem  Zuschauerraum  sei  als  eigenartig  noch  erwähnt,  dafs 
ein  grofses  kreisförmiges  Oberlicht  von  9  m  Durchmesser  volles 
Tageslicht  einführt,  um  auch  Vorstellungen  bei  Tage  zu  ermög¬ 
lichen.  Abgesehen  von  der  durch  Fortfall  künstlicher  Beleuchtung 
erhöhten  Feuersicherheit  und  der  Kostenersparnifs  wurde  auf  die 
Tagesstimmuug  der  Zuhörer  besonderes  Gewicht  gelegt.  Richard 
Wagner  verlangt  von  der  Theilnahme  des  Publicums,  dafs  sie 
eine  angespannt  thätige,  nicht  schlaffe  und  oberflächlich  genufs- 
süchtige  sei.  Das  Oberlicht  erhellt  auch  abends  ausschliefslich 
den  Raum,  da  über  der  farbigen  Verglasung  zwei  Bogenlichter 
und  50  Glühlichter  angebracht  sind  und  nur  wenige  Glühlampen  die 
schrägen,  mit  bemaltem  Ornament  versehenen  Prosceniumswände 
lediglich  schmückend  beleben.  Das  Haus  wird  mit  einer  von  Rösicke 
in  Berlin  ausgeführten  Centralheizung  in  der  Weise  erwärmt  und 
gelüftet,  dafs  in  den  Zuschauerraum  mit  Dampf  vorgewärmte  Luft 
mittels  Luftschaufel  getrieben  wird,  Wandelgänge  und  Bühne  unmittel¬ 
bar  mit  Dampf,  die  Ankleideräume  aber  mit  Warmwasser  geheizt 
werden,  während  zwei  grofse,  durch  Dampfspiralen  gewärmte  Ab¬ 
sauger  über  dem  früher  erwähnten  Schlitz  zwischen  Vorder-  und 
Hinterbühne  augeordnet  sind. 

Es  war  schon  erwähnt,  dafs  die  Wormser  Volksbühne  ohne 
grofse  Mühe  in  eine  Bühne  für  das  herkömmliche  Schauspiel  umzu¬ 
ändern  ist.  Nach  Beseitigung  des  Bodens  der  Vorderbühne  zeigt 
sich  ein  versenktes  Orchester  für  90  Musiker.  Die  Oeffnungen  seit¬ 
lich  der  nun  als  einzige  Bühne  dienenden  Hinterbühne  werden  mit 
angemessen  decorirten  Rahmen  verstellt;  die  Bühne  selbst  ist  mit 
Versenkungen  und  allen  erforderlichen  Theater-  und  Beleuchtungsein¬ 
richtungen  versehen,  ebenso  ist  der  nöthige  Bestand  an  Coulissen  und 
Hinterhängen  beschafft.  Da  auf  die  Oper  des  hierfür  nothwendigen 
Aufwandes  wegen  gänzlich  verzichtet  ist,  konnte  bei  der  Herstellung 
dieser  von  Kautsky  in  Wien  gemalten  Decorationen  auch  für  den 
Spielplau  der  herkömmlichen  Bühne  der  Grundsatz  der  Andeutung 
im  Auge  behalten  werden.  Es  ist  daher  der  Versuch  gemacht  wor¬ 
den,  die  malerische  Behandlung  mehr  zu  stilisiren,  etwa  in  der 
Weise  der  Scheureuschen  Aquarellzeichnungen,  mit  starken,  be¬ 
zeichnenden  Umrifslinien  und  bescheideneren  Localtönen.  Bei  den 
Seitencoulissen  ist  dabei  auf  Perspective  ganz  verzichtet,  deren 
täuschende  Wirkung  durch  die  danebentretenden  Schauspieler  auf 


Hr.  17. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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einer  kleinen  Bühne  besonders  leicht  beeinträchtigt  wird.  Aus  dem¬ 
selben  Grunde  beginnt  der  Hinterhang  in  Menschenhöhe  stets  mit 
einer  Darstellung  neutraler  Art,  einer  Bogensteilung,  einem  Gitter, 
einer  Brüstung  in  natürlicher  Gröfse,  während  erst  darüber  —  über 
Kopfhöhe  —  die  perspectivische  Behandlung  ansetzt. 

Das  städtische  Spielhaus  in  Worms  soll  aufser  zu  Schauspiel¬ 
zwecken  auch  noch  durch  andere  Verwendung  als  Mittelpunkt  der 
geistigen  Bestrebungen  der  Bevölkerung  dienen.  Der  Raum  wird  zu 
Vorträgen,  zu  musicalischen  Aufführungen  und  zu  Volksversamm¬ 
lungen  verwendet  werden,  so  auch  zu  Tanzfestlichkeiten,  für  welchen 
Zweck  dann  die  Parkettsitzreihen  beseitigt  und  die  zehn  in  der 
mehrfach  erwähnten  schrägen  Prosceniumswand  vorhandenen  Logen 
nach  Wegnahme  der  verschliefsenden  Tafeln  in  Benutzung  gezogen 
werden  können. 


worden  ist,  welche  etwa  zweimal  im  Jahre  volksthümliche  Auf¬ 
führungen  bewerkstelligen  und  aus  jenen  Berufskünstlern  ihre  Lehr¬ 
meister  entnehmen  soll.  Wie  sich  dieses  Verhältnifs  entwickeln, 
inwieweit  sich  die  Genossenschaft  von  der  Unterstützung  der  Berufs¬ 
künstler  freimachen  wird,  ist  eine  Frage  der  Zeit,  die  damit  zu¬ 
sammenhängt,  dafs  die  Schauspieldichter  durch  den  hier  ge¬ 
schaffenen  Bühnenrahmen,  dem  die  gröfste  poetische  Beweglichkeit 
nicht  abgesprochen  werden  kann,  sich  zu  selbständigen  Schöpfungen 
anregen  lassen.  Die  Einfachheit  und  Billigkeit  der  Bühnenanordnung 
neuer  Stücke  bietet  die  wünschenswerthe  leichte  Möglichkeit,  es  mit 
neuen  Dichtern  und  Dichtungen  ohne  grofse  Bedenken  zu  versuchen, 
während  die  heutigen  Theaterunternehmer  bei  der  aufserordentlichen 
Kostspieligkeit  neuer  Einrichtungen  auf  sichere  Kassenerfolge  an¬ 
gewiesen  sind,  also  auf  bekannte,  zugkräftige  Namen  und  Stücke, 


0  5  10  20  30  40"'- 

Das  Städtische  Spielhaus  in  Worms. 


Mit  dem  Theaterbau  sind  unmittelbar  ein  grofser  Festsaal 
und  eine  ständige  Wirthschaft  in  der  Weise  verbunden,  dafs  sich 
der  Saal  zwischen  das  Spielhaus  und  die  Wirthschaft  legt.  Er 
eignet  sich  dadurch  bequem  zum  Aufenthalt  der  Theaterbesucher 
in  den  Pausen  und  als  Speisesaal  bei  Tanzfesten.  Der  Festsaal  hat 
ebenfalls  eine  kleine  Bühne  für  Kammer-  und  Tafelmusik  erhalten. 
Die  gesamte  Festhaus-Baugruppe  legt  sich  um  einen  Concertgarten, 
der  die  Aussicht  auf  den  Westchor  des  alten  Domes  hat.  Die  nicht 
erhebliche  Entfernung  der  letzteren  von  dem  Spielhause  war  mit¬ 
bestimmend  für  dessen  Formengebung,  da  in  erster  Linie  die  Rück¬ 
sicht  geboten  war,  die  neu  zu  schaffende  Baumasse  dem  Dome  gegen¬ 
über  nicht  fremd  oder  gar  störend  erscheinen  zu  lassen.  Der 
romanische  Stil  erlaubt  und  fordert  die  hier  auch  hinsichtlich  der 
verfügbaren  Mittel  gebotene  Einfachheit  durch  die  ihm  eigenthüm- 
liche  Betonung  grofser  Linien  und  Umrisse  und  durch  die  Art  seiner 
Wirkung,  welche  wesentlich  auf  dem  Gegensatz  der  Oefifnung  zur 
Fläche  beruht.  Indem  ich  nach  diesem  Grundsatz  dem  gestellten 
eigenartigen  Bauprogramm  nach  aufsen  ehrlichen  Ausdruck  zu  geben 
versuchte,  hoffte  ich  eine  zwar  schlichte,  aber  bei  aller  Einfachheit 
doch  nicht  dürftige  Wirkung  erzielen  zu  können.  —  Stil  in  der  Kunst, 
sagt  Feuerbach,  ist  das  richtige  Fortlassen  alles  Unwesentlichen. 

Der  Betrieb  des  Spielhauses  ist  zunächst  in  der  Weise  ge¬ 
regelt,  dafs  der  grofsherzogliche  Schirmherr  des  Unternehmens  das 
zeitweise  Auftreten  der  Darmstädter  Schauspieler  gestattet,  und 
dafs  eine  Spielgenossenschaft  unter  den  Bürgern  der  Stadt  gegründet 


kurz  auf  die  handwerksmäfsige  Ausübung  ihres  Berufes.  Bekannt 
genug  ist  die  grofse  Anzahl  der  Dichtungen,  welche  bei  unsern 
Bühnenleitern  jährlich  eingeht,  und  die  verschwindend  kleine  der 
Dichter,  denen  das  Glück  der  nothwendigen  Erprobung  ihrer  Werke 
vor  dem  Publicum  zufällt.  — 

Es  lag  nahe,  zumal  in  heutiger  Zeit,  alle  entbehrlichen  Fremd¬ 
wörter  im  geschäftlichen  Verkehr  des  städtischen  Spielhauses  durch 
deutsche  zu  ersetzen.  Entsprechend  dem  Wort  Spielhaus  bildet  sich 
ungesucht  für  Regie  und  Regisseur  —  Spielordnung  und  Spielordner, 
für  Repertoir  und  Saison  —  Spielplan  und  Spielzeit,  für  Inspicient  — 
Bühnenmeister,  für  Garderobier  —  Gewandmeister  usw.,  Wörter,  die 
sich  schnell  eingeführt  haben,  wie  man  denn  allgemein  in  der  Stadt 
auch  nicht  mehr  von  Loge,  sondern  von  Laube  spricht.  Die  An¬ 
gestellten  des  Hauses,  die  Beschliefser  und  Kellner  tragen  für  sie 
entworfene,  theilweise  farbenreiche  Gewänder. 

Die  Eintrittspreise  sind  dem  Zwecke  des  Hauses  ent¬ 
sprechend  niedrige;  für  die  vorderen  Sperrsitze  50  Pfennig,  für  die 
mittleren  1  Mark,  für  die  oberen  2,50  Mark,  für  die  in  der  Mitte 
befindlichen  Sessel  3,50  Mark  —  Beträge,  die  gelegentlich  noch  auf  die 
Hälfte  herabgesetzt  werden  sollen.  Dies  führt  darauf,  zum  Schlufs 
ein  Wort  über  die  Beschaffung  der  Geldmittel  des  Unternehmens  zu 
sagen.  Wenn  die  Befolgung  des  §  1  der  Spielhaussatzungen:  „das 
Wormser  Städtische  Fest-  und  Spielhaus  soll  eine  Kunstanstalt  sein, 
in  deren  Betrieb  die  Würde  der  Kunst  das  oberste  Gesetz  ist*  er¬ 
möglicht  werden  sollte,  mufste  das  Theater  seines  heut  allgemein 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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üblichen  Wesens  eines  gewerblichen  Unternehmens  völlig  entkleidet 
werden.  Unser  heutiges  Theater  ist  eine  Unterhaltuugsanstalt  für 
die  Wohlhabenderen,  nnd  seine  Leiter  sind  nach  dem  Gesetz 
des  Angebots  nnd  der  Nachfrage  auf  handwerksmäfsige  Geschäfts¬ 
gewandtheit  ange^viesen,  wenn  nicht  auf  Schlimmeres.  Forderungen 
höherer  Sittlichkeit  und  Geistesbildung  können  aber  erfolgreich  über¬ 
haupt  nicht  geltend  gemacht  werden  gegen  Privatunternehmei’,  die  ihre 
theatralischen  Leistungen  um  des  Gelderwerbs  willen  so  dringend  und 
oft  wie  möglich  anbieten  müssen.  Das  Wormser  Unternehmen  hat 
nun  lediglich  die  mäfsigen  Betriebskosten  der  Aufführungen  selbst 
durch  die  Einti’ittspreise  aufzubringen,  da  die  Verzinsung  der  ein¬ 
zigen  Belastung  der  Anlage,  einer  3Vl'  pCt.  Hypothek  der  Stadt¬ 
sparkasse  von  150  000  Mark,  durch  die  Verpachtung  der  Wirthschaft 
eingebracht  wird.  Die  übrigen  Anlagekosten,  welche  im  ganzen  für 
Grundstück,  Bauausführung,  Einrichtung,  Decorationen  und  Costüme 
611000  Mark  betrugen,  wurden  gedeckt:  1)  durch  die  einmalige 


Zahlung  von  100  000  iMark  seitens  der  Stadt,  durch  welche  diese  sich 
zur  Eigenthümerin  des  Hauses  machte,  2)  durch  den  Ertrag  dreier 
Lotterieen,  3)  durch  die  von  den  Bürgern  ohne  irgend  welche  Gegen¬ 
leistung  der  Verzinsung  oder  Platzbevorzugung  in  einzelnen  Beträgen 
geschenkte  Summe  von  236  000  Mark.  Von  manchem  Merkwürdigen 
bei  dem  Wormser  Unternehmen  ist  diese  Opferwilligkeit  einer  in 
der  Gesamtheit  keineswegs  reichen  Stadt  von  23  000  Einwohnern 
jedenfalls  das  Merkwürdigste  und  —  da  das  Opfer  einer  idealen 
Sache  gebracht  war  —  hohen  Ruhmes  werth.  Ich  gedenke  dabei 
des  würdigen,  verstorbenen  Geschichtsprofessors  Junk  am  Berliner 
Fr.  Werderschen  Gymnasium,  den  vielleicht  noch  mancher  hier  an¬ 
wesende  Werderaner  mit  mir  in  verehrendem  Andenken  hält.  Er 
pflegte  in  seinem  Geschichtsvortrag  hervorragende  Opferwilligkeit 
vergangener  Zeiten  unserer  Erkenntnifs  und  Anerkennung  mit  den 
Worten  nahezulegen:  „Sein  Leben  opfert  man  gern  für  das  Vater¬ 
land,  aber  nicht  sein  Geld.“ 


Die  Ausgaben  der  Stadt  Berlin  für  bauliche  Zwecke  ini  Haushalte  für  1890/91. 


Ueber  die  baulichen  Ausgaben  der  Stadt  Berlin  für  das  ver¬ 
flossene  Haushaltsjahr  sind  seinerzeit  in  diesem  Blatte  umfassende 
Mittheilungen  gemacht  worden  (siehe  Jahrgang  1889  S.  155  ff.),  sodafs 
wir  uns  für  das  gegenwärtige  Rechnungsjahr,  unter  Hinweis  auf  das 
früher  Gesagte,  auf  die  Mittheilung  der  wichtigsten  Zahlenangaben 
beschränken  können,  umsomehr  als  die  innere  Einrichtung  des  Haus¬ 
halts  dauernd  die  nämliche  bleibt.  Der  Gesamthaushalt  der  Stadt 
schliefst  mit  73  516  296  IMark  ab,  ist  also  nur  'um  2  906  604  Mark 
gegenüber  dem  Vorjahre  gestiegen.  Die  für  die  hier  in  Betracht 
kommenden  Einzelhaushalte  erforderlichen  Gesamtsummen  erhellen 
aus  nachstehender  Uebersicht. 


erwerb  .300  000  Mark,  Abbruchsarbeiten  40  000  Mark,  Umbau  der 
Mühlendamm-,  Mühlenweg-  und  der  Fischerbrücke  580  000  Mark, 
Umbau  der  Friedrichsbrücke  400  000  Mark,  Umbau  der  Langen¬ 
brücke  350  000  Mark;  4.  Regulirung  der  Stadtpanke  200  000  Mark; 
5.  Errichtung  von  Flufsbadeanstalten  100  000  Mark;  6.  Anlegung  eines 
Hafens  am  Urban  1  000  000  Mark. 

Diese  Zahlen  sprechen  genügend  für  die  Bedeutung  und  den 
Umfang  der  Thätigkeit,  welche  seitens  der  Ingenieurabtheilung  des 
städtischen  Bauwesens  auf  allen  Gebieten  entfaltet  wird;  namentlich 
aber  gewinnen  die  Brückenbauten  von  Jahr  zu  Jahr  an  Umfang  und 
Bedeutung. 


1 

Nr. 

2 

Bezeichnixng  des  Einzel -Haushalts 

Festgesetz 

Einnahme 

Jl 

te  Summen  für  1890/91 

AiiscrqVip  Erforderlicher 
Ausgaoe  1  zi, Schilfs 

JC  1  Jl 

1  4 

Erforderlicher 
Zuschufs 
für  1889/90 

Jl 

1 

j  Mithin  fii 
1  mehr 

Jl 

5  i! 

r  1890/91 

weniger 

Jl  \ 

1. 

Bauverwaltung : 

a)  Hochbau . 

1  906  000 

5  359  837 

3  453  837 

4  190  570 

736  733 

b)  Strafsen-  und  Brückenbau  .  .  . 

5  291  656 

14  371  805 

9  080 149 

5  295  480 

3  784  669 

— 

2. 

Strafsenreinigung . 

116  575 

1  943  350 

1 826  775 

1  733  285 

93  490 

— 

3. 

Park-  und  Gartenverwaltung . 

27  867 

556  750 

528  883 

650  947 

1  - 

122  064 

4. 

Canalisationswerke: 

a)  Ordinarium . 

4  443  880 

6  792  051 

2  3481711) 

2  438  787 

90  616 

b)  Extraordinarium . 

2042  7662) 

2  042  766 

— 

— 

— 

— 

5. 

Wasserwerke . 

13  008  482 

13  008  482 

Vorjährige  Haus- 
haltssnmnie 

6  084  326 

6  924  156 

6. 

Gaswerke . 

22  993  820 

22  993  820 

— 

20  645  300 

2  348  520 

— 

Ueberschufs 
1  609  637 
4  987  631 


1)  Von  der  Stadthauptkasse  zu  leisten.  —  Aus  Anleihemitteln  entnommen. 


Der  Minderbedarf  an  Geldmitteln  einzelner  Verwaltungszweige 
ist  gering  gegenüber  den  Mehrforderungen,  welche  namentlich  für 
den  Strafsen-  und  Brückenbau,  die  Wasserwerke  und  die  Gaswerke 
verlangt  werden.  Die  Beträge  für  die  verschiedenen  Einzelhaushalte 
stellen  sich  im  einzelnen  —  in  runden  Summen  —  wie  folgt: 

1.  Baiiverw.altiiug. 

A)  Hochbau.  Es  werden  im  Ordinarium  verlangt  für:  1.  All¬ 
gemeine  Verwaltung  115  000  Mark;  2.  Gröfsere  Reparaturen  345  000 
Mark.  Dagegen  im  Extraor dinarium:  1.  Für  den  Bau  höherer 
Lehranstalten  988  000  Mark;  2.  für  den  Bau  von  Gemeindeschulen 
1585  000  Mark;  3.  für  den  Bau  anderer  Gebäude  2  201000  Mark, 
darunter  für  a)  den  Neubau  einer  Irrenanstalt  in  Lichtenberg 
1400  000  Mark,  b)  den  Neubau  einer  Anstalt  für  Epileptische 
600  OOO  Mark. 

B)  Strafsen-  und  Brückenbau.  Es  sind  im  Ordinarium 
angesetzt:  1.  Allgemeine  Verwaltung  82  000  Mark;  2.  Strafsenpflaste- 
rung:  a)  Terrainerwerb  zu  Strafsenanlagen  3  350  000  Mark,  b)  Pflaster¬ 
material  930  000  Mark,  c)  für  Neupflasterungen  215  000  Mark,  d)  für 
Umpflasterungen  1350  000  Mark;  3.  für  Strafsenunterhaltung  600  000 
Mark;  4.  für  die  Unterhaltung  der  Chausseen  360  000  Mark;  5.  für 
die  Unterhaltung  der  Brücken  126  000  Mark;  6.  für  Strafsenbrunnen 
140  000  Mark;  7.  für  Bedürfnifsanstalten  30  000  Mark;  8.  Regulirung 
von  Bürgersteigen  vor  städtischen  Grundstücken  155  000  Mark. 

Im  Extraordinär ium  werden  verlangt:  1.  Allgemeine  Ver¬ 
waltung  12000  Mark;  2.  für  Neupflasterungen,  Anlegung  neuer 
Strafsen  und  Strafsendurchbrüche  2  262  000  Mark;  3.  für  Brücken¬ 
bauten:  a)  Albrechtshoferbrücke  300000  Mark,  b)  Moltkebrücke 
465  000  Mark,  c)  Alexandrinenbrücke  164  000  Mark,  d)  Paulstrafsen- 
brücke  150  000  Mark,  e)  Waisenbrücke  280  000  Mark,  f)  Cottbuser- 
brücke  100 000  Mark,  g)  für  die  Spreeregulirung  und  zwar:  Land- 


2.  Strafseureinigauig  imd  Bespreugung. 

Die  Hauptausgaben  gliedern  sich  wie  folgt:  Besoldungen 
884  000  Mark,  Bekleidung  12  000  Mark,  Geräthe  und  Materialien 
200  000  Mark,  Abfuhr  589  000  Mark,  Bespreugung  235  000  Mark. 

Der  vei-flossene  Winter  ist  für  diesen  Zweig  der  Verwaltung  ein 
sehr  günstiger  gewesen,  da  kaum  Schneefälle  stattgefunden  haben 
und  so  der  Verwaltung  bedeutende  Kosten  erspart  worden  sind. 

3.  Park-  und  Garteiiverwaltung.  ^ 

Die  Kosten  des  Ordinariums  beziffern  sich  auf  440  000  Mark; 
hiervon  entfallen  auf  Parkanlagen  142  000  Mark. 

Im  Extraordinarium  werden  50  000  Mark  für  Herstellung  eines 
Wassersturzes  im  Victoria  Park  auf  dem  Kreuzberge  verlangt. 

4.  Caiialisatiouswerke. 

Die  in  Ansatz  gebrachten  Einnahmen  des  Ordinariums  setzen 
sich  in  der  Hauptsache  wie  folgt  zusammen: 

Für  Entwässerungsabgaben  2  200  000  Mark,  aus  der  Verwaltung 
der  Rieselfelder  1800  000  Mark,  Hausanschlüsse  425  000  Mark,  Zu¬ 
schüsse  aus  der  Stadthauptkasse  2  350  000  Mark.  Die  im  Extra¬ 
ordinarium  aufgeführten  Einnahmen  werden  den  Anleihen  zu  Canall- 
sationszwecken  entnommen  und  belaufen  sich  auf  2  000  000  Mark. 

Die  Ausgaben  des  Ordinariums  gliedern  sich  wie  folgt: 

Kosten  der  Centralverwaltung  120  000  Mark,  Betriebskosten  der 
Werke  950  000  Mark,  Hausanschlüsse  480  000  Mark,  Verwaltung 
der  Rieselfelder  1700  000  Mark,  Schuldentilgung  und  Verzinsung 
3  500  000  Mark. 

5.  Wasserwerke. 

Die  Haupteinnahmen  der  Wasserwerke  entstammen  dem  Absatz 
des  Wassers  und  sind  mit  5  650  000  Mark  in  Ansatz  gebracht; 
hierzu  kommen  aus  Anleihemitteln  7  000  000  Mark.  Unter  den  Aus¬ 
gaben  sind  für  Verwaltungskosten  200  000  Mark,  für  Betriebskosten 
1  000  000  Mark  und  für  Schuldentilgung  und  Verzinsung  2  500  000  Mark 


Nr.  17. 


171 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


vorgesehen;  immerhin  ergiebt  sich  ein  Ueberschufs  von  1  600 000  Mark. 
Für  die  Fortführung  der  Bauten  zu  dem  neuen  Wasserwerke  am 
Müggelsee  und  eines  Vertheilungswerkes  bei  Lichtenberg,  für  welche 
Bauten  sich  der  Kostenanschlag  auf  20  000  000  Mark  beziffert,  werden 
000  000  Mark  gefordert. 

(>.  Gasanstalten. 

Sehr  erhebliche  Einnahmen  hat  die  Gasverwaltung  zu  ver¬ 
zeichnen;  aus  dem  Absatz  des  Gases  12  600  000  Mark,  aus  den  bei 
der  Gasbereitung  gewonnenen  Nebenerzeugnissen  5  400  000  Mark, 
für  Miethe  von  Gasmessern  400  000  Mark,  für  ausgeführte  Gaslicht¬ 
einrichtungen  480  000  Mark. 


Dem  stehen  an  Ausgaben  gegenüber:  Feuerung  der  Retortenöfen 
850  000  Mark,  Kohlen  zur  Gaserzeugung  6  750  000  Mark,  Arbeitslöhne 
1  200  000  Mark,  Schuldentilgung,  Zinsen  und  Abschreibungen  von  dem 
Werthe  der  Werke  .3  000  000  Mark ;  immerhin  ergiebt  sich  ein  barer 
Ueberschufs  von  5  000  000  Mark.  Unter  den  Ausgaben  des  Extra- 
ordinariums,  welche  aus  Anleihemitteln  entnommen  werden  und  auf 
3  665  000  Mark  berechnet  sind,  befinden  sich  2  000  000  Mark  zur  Aus¬ 
führung  von  Erweiterungs-  und  Erneuerungsarbeiten  auf  den  vor¬ 
handenen  Gasanstalten  usw.,  sowie  1 000  000  als  erste  Baurate  für 
die  Erbauung  der  fünften  Gasbereitungsanstalt  in  Schmargendorf. 

Pbg. 


Vermischtes 


Die  Gehaltsverbesseriuig  für  die  Bauinspectoren  der  allgemeinen 
Bauverwaltung,  der  landwirthschaftlichen  Verwaltung  und  des  Mini¬ 
steriums  der  geistlichen  usw.  Angelegenheiten,  wie  solche  in  dem 
dem  preufsischen  Landtage  soeben  zugegangenen  Nachtragsetat  vor¬ 
gesehen  ist,  besteht  in  einer  Erhöhung  des  Durchschnittsgehaltes  um 
600  JC  dergestalt,  dafs  die  bisherigen  Gehaltssätze  von  2400  bis 
4800  ./Ä  (durchschn.  3600./^)  in  Zukunft  3600  bis  4800./^  (durchschn. 
4200  JC)  betragen  werden. 

Zur  Scliiffbarinachuug  der  Fulda  von  Mündeu  bis  Cassel  ist  in 
dem  Nachtrag  zum  Staatshaushalt  für  1890/91  ein  erster  Theilbetrag 
von  100  000  Mark  enthalten.  Der  Entwurf  bezweckt  eine  Weiter¬ 
führung  der  Wasserstrafse  der  Weser  über  Münden  hinaus  bis  nach 
Cassel,  ein  Plan,  der  namentlich  von  der  Stadt  Cassel,  welche  zu 
den  Ausführungskosten  730000  Mark  beizusteuern  sich  verpflichtet 
hat,  schon  seit  längerer  Zeit  wiederholt  lebhaft  befürwortet  und  auch 
im  Abgeordnetenhause  mehrfach  erörtert  ist.  Es  steht  zu  erwarten, 
dafs  die  Verlängerung  der  Wasserstrafse  bis  Cassel  —  um  28  km  — 
und  der  Anschlufs  dieser  Stadt  an  dieselbe  den  Verkehr  auf  der 
Weser  beleben  und  die  auf  die  Correction  des  Flusses  verwendeten 
erheblichen  Mittel  entsprechend  nutzbringend  machen  wird.  Für 
Cassel  selbst  ist  aus  der  Gewinnung  einer  Wasserstrafse  nach 
Bremen  und  zum  Meere  ein  erheblicher  Aufschwung,  insbesondere 
seiner  gewerblichen  Thätigkeit,  zu  erwarten,  zumal  die  Stadt  nach 
ihrer  Belegenheit  die  Bedingungen  für  die  Ausbildung  zu  einem 
gröfseren  Stapelplatze  bietet. 

Nach  dem  aufgestellten  Entwurf  soll  die  etwa  28  km  lange  Flufs- 
strecke,  die  ein  Gesamtgefälle  von  17  m  hat,  durch  Anlegung  von 
sieben  Schleusen  canalisirt  und  dadurch  beim  kleinsten  Wasserstande 
eine  Tiefe  von  1  m  erzielt  werden,  welche  mit  Rücksicht  auf  die 
Tiefenverhältnisse  der  Oberweser  als  zweckmäfsig  erscheint.  Bei 
Cassel  ist  die  Erbauung  eines  Sicherheits-  und  Handelshafens  beab¬ 
sichtigt,  der  für  50  Schiffe  Raum  gewähren  und  mit  der  Eisenbahn 
in  Verbindung  gebracht  werden  soll.  Die  Gesamtkosten  sind  auf 
3  348  250  Mark  veranschlagt;  die  Bauzeit  wird  etwa  5  Jahre  betragen. 

Beim  Wettbewerb  um  das  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I. 
in  Breslau  (s.  J.  1889,  S.  278)  erhielten:  den  ersten  Preis  Bildhauer- 
Behrens  in  Breslau  und  Baudirector  Licht  in  Leipzig,  den  zweiten 
Prof.  F.  Sch  aper  in  Berlin  und  die  drei  drittenPreisedieBildhauer 
Hilgers- Charlottenburg,  Lang-München  und  Stein  in  Gemein¬ 
schaft  mit  Architekt  Enger,  beide  in  Leipzig. 

Zur  Preisbewerbuiig  um  ein  Gericlitsgebäude  nebst  Unter- 
suchnngsgefängnifs  in  Bremen  (s.  Jahrg.  1889  S.  394)  sind  37  Entwürfe 
eingegangen.  Das  Preisgericht  wird  wegen  dienstlicher  Verhinderung 
einiger  Mitglieder  desselben  erst  Anfang  Mai  d.  J.  zusammentreten. 

Preisanssclireiben  des  Vereins  deutscher  Eisenbahn -Verwal¬ 
tungen.  Die  alle  vier  Jahre  auszusetzenden  Preise  im  Gesamt¬ 
beträge  von  30  000  Mark  für  wichtige  Erfindungen,  Verbesserungen 
oder  schriftstellerische  Leistungen  im  Gebiete  des  Eisenbahnwesens 
sind  soeben  für  den  achtjährigen  Zeitabschnitt  vom  16.  Juli  1883  bis 
zum  15.  Juli  1891  ausgeschrieben  worden.  Die  an  der  Bewerbung 
Theil  nehmenden  Erfindungen  usw.  müssen  ihrer  Ausführung  bezw. 
ihrem  Erscheinen  nach  in  die  genannte  Zeit  fallen.  Es  wird  die 
Bearbeitung  folgender  Aufgaben  als  erwünscht  bezeichnet:  1)  Ent¬ 
wurf  und  Ausführung  eines  Locomotivkessels,  welcher  ohne  erheb¬ 
liche  Vermehrung  des  Eigengewichts  sichere  Gewähr  gegen  Explo¬ 
sionsgefahr  bei  gleichzeitiger  Verminderung  der  Unterhaltungskosten 
bietet.  2)  Verbesserung  in  der  Bauart  der  Locomotiven,  namentlich 
der  Steuerung,  durch  welche  eine  günstigere  Ausnutzung  der  Dampf¬ 
arbeit  erzielt  wird.  3)  Vorschlag  und  Begründung  einer  Verein¬ 
fachung  der  Wagenmiethe- Abrechnung.  4)  Herstellung  eines  dauer¬ 
haften  und  zweckmäfsigen  Kupplungsschlauches  für  Dampfheizungen 
oder  durchgehende  Bremsen  an  Fahrbetriebsmitteln  ohne  Anwendung 
von  Kautschuk.  5)  Herstellung  einer  zweckmäfsigen  und  billigen 
Rangirbremse  für  Güterwagen.  Die  Bewerbungen  müssen  während 
der  Zeit  vom  1.  Januar  bis  15.  Juli  an  die  geschäftsführende  Ver¬ 
waltung  des  Vereins  in  Berlin  (Bahnhofstrafse  3)  eingereicht  werden. 


Die  eisernen  Gitter  an  unsern  Vorgärten.  Speereisen  oder 
Harpunen  mit  scharfen  Spitzen  und  Widerhaken  bilden  bekanntlich 
eine  der  gebräuchlichsten  Bekrönungen  der  eisernen  Gitter  an  unseren 
Vorgärten.  Dafs  diese  Bewehrung  den  ernsten  Zweck  habe,  das 
Uebersteigen  zu  verhüten,  läfst  sich  kaum  annehmen,  da  jeder  einiger- 
mafsen  gewandte  Turner  den  Spitzen  leicht  ausweichen  wird,  und  da 
dieselben  überdies  (besonders  durch  nächtliche  Eindringlinge)  in  der 
einfachen  Weise  unschädlich  gemacht  werden  können,  wie  es  die 
Pioniere  gegenüber  den  „spanischen  Reitern“  zu  thun  pflegen,  näm¬ 
lich  durch  Verwickeln  mit  Lappenwerk  oder  Bedecken  mit  Stroh. 
Die  fraglichen  Spitzen  sind  aber  nicht  nur  zwecklos,  sondern  oft 
gefahrbringend  für  ganz  Unschuldige;  höi-t  man  doch  gar  nicht  selten, 
dafs  spielende  Kinder  sich  an  den  Spitzen  schwer  verletzt  haben, 
oder  dafs  aus  den  Fenstern  Gestürzte  von  dem  Vorgartengitter 
geradezu  aufgespiefst  worden  sind.  Aehnlich,  wenn  auch  nicht 
ganz  so  schlimm,  liegt  die  Sache  bei  den  Stacheln,  welche  häufig  vor 
den  Schaufenstern  zum  Schutze  der  Glasscheiben  angebracht  sind. 
Neuerdings  hat  nun  das  Berliner  Polizeipräsidium  die  Reviervorstände 
angewiesen,  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  diese  Stacheln  —  falls  sie 
so  spitz  sind,  dafs  sich  Personen,  insbesondere  Kinder,  an  denselben 
Beschädigungen  zuziehen  können  — -  entweder  beseitigt,  oder  durch 
Aufsetzen  von  Metallkugeln,  durch  Abstumpfen  oder  auf  andere  ge¬ 
eignete  Weise  unschädlich  gemacht  werden.  —  Es  wäre  gewifs  ver¬ 
dienstlich,  wenn  Bauherren  und  Bauausführende  bei  der  Beschaffung 
oder  dem  Entwerfen  eiserner  Gitter  in  gleichem  Sinne  verfahren 
wollten,  besonders  wenn  dieselben  für  Vorgärten  bestimmt  sind.  Zu 
erwägen  wäre  übrigens,  ob  die  Aufstellung  solcher  Gitter  nicht  häufig 
ganz  unterlassen  öder  doch  wesentlich  eingeschränkt  werden  könnte. 
In  America  ist  es  allgemein  Brauch,  die  Gärten  nicht  mit  derartig 
mittelalterlichem  Zierrath  abzuschliefsen,  während  bei  uns  selbst  die 
winzigsten  Vorgärten  in  einer  den  Spott  herausfordernden  Weise 
eingezäunt  sind.  Oder  sollten  wir  an  allgemeiner  Gesittung  so  viel 
tiefer  stehen,  dafs  ein  solcher  Schutz  hier  unentbehrlich  ist?  — n. 

Die  baldige  Beseitigung  der  Bruuelscheu  weiten  Spur  auf  der 
englischen  Westbahn  ist,  wie  aus  der  Anrede  des  Vorsitzenden  dieser 
Bahn  bei  der  am  13.  Februar  d.  J.  stattgehabten  Versammlung  der 
Gesellschafter  zu  entnehmen  ist,  in  ernstliche  Erwägung  gezogen.  Die 
weite  Spur  von  2,135  m  (7'  engl.  Fufs,  broad  gauge)  liegt  noch,  mit 
der  gewöhnlichen  Vollspur  vereinigt  (mixed  gauge),  von  London  über 
Swindon,  Bath  und  Bristol  bis  Exeter,  unvermischt  von  Exeter  bis 
Truro  und  wiederum  gemischt  von  Truro  bis  Penzance  (Abb.  1), 

ferner  noch  auf  eini¬ 
gen  Nebenstrecken,  in 
einer  Gesamtlänge  von 
etwa  650  km.  Dafs 
man  diese  Anordnung 
so  lange  beibehalten 
hat,  liegt  zum  nicht 
geringsten  Theil  an 
den  Verhältnissen  des 
Wettbewerbes  mit  der 
Südwestbahn,  deren  Betrieb,  wie  der  aller  übrigen  englischen 
Bahnen,  auf  gewöhnlicher  Spur  (Standard  gauge)  geführt  ist.  Die 
breiten  Westbahnzüge  zeichnen  sich  durch  besonders  angenehmes 
Fahren  aus,  ein  Vortheil,  welcher  allerdings  durch  die  Nach¬ 
theile  des  gemischtspurigen  Betriebes  aufgewogen  wird.  Früher  lag 
die  weite  Spur  in  weit  gröfserem  Umfange,  unter  anderm  auch  in 
London  auf  der  Westlondon-Bahn,  einer  von  der  Westbahn  unweit  der 
grofsen  Knotenstation  Willesden  abzweigenden,  in  südöstlicher  Rich¬ 
tung  bis  Victoria  geführten  Verbindungsbahn,  ferner  auf  der  Strecke 
der  inneren  Ringbahn  zwischen  dem  Endbahnhof  der  Westbahn  zu 
Paddington  und  Moorgate  street,  wie  man  noch  heute  an  dem  breiten 
Ausbau  des  Bahnkörpers  der  Westlondon-Bahn  und  dem  weit  an¬ 
gelegten  Ringbahntunnel  erkennt.  Die  Lichtweite  auf  dieser  älteren 
Tunnelstrecke  beträgt  8,69  m,  während  die  neueren  Tunnel  nur  7,63  m 
Weite  haben.  Mit  der  Beseitigung  der  Weitspur  auf  der  oben  be- 
zeichneten  Hauptlinie  der  Westbahn  wird  die  dem  Reisenden  sich 


172 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


26.  April  1890. 


Boch  unmittelbar  aufdrängeiide  Erinueruug  an  den  seinerzeit  zwischen 
Brunei  und  Stephenson  geführten  Kampf  um  die  Spurweiten  („tlie 
battle  of  the  gauges"),  in  welchem  Brunei  nicht  obgesiegt  hat,  ver¬ 
schwinden. 

Die  Nachtheile  des  weitspurigen,  namentlich  des  gemischtspurigen 
Betriebes  liegen  in  der  kostspieligen  Umladung  der  Frachten  — 
welche  allerdings  heutzutage  wesentlich  eingeschränkt  ist  — ,  der  er¬ 
schwerten  Bahnunterhaltung  und  Instandhaltung  der  Weichen,  dem 
gröfseren  Kostenaufwand  für  Bau  und  Unterhaltung  der  Betriebsmittel, 
ganz  abgesehen  von  den  gröfseren  Baukosten  der  Bahnlinie  selbst. 

Der  weit-  und  gemischtspurige  Oberbau  zeigt  noch  stellenweise 
Barlow- Schienen,  vorwiegend  jedoch  Brückenschienen  auf  hölzernen 
Langschwellen.  Letztere  stellt  man  aus  Tannenholz  in  Längen 
von  7,6  bis  10,7  m  her  und  versteift  sie  durch  Querhölzer,  welche 
mittels  Flachbänder  oder  Knieeisen  an  den  Langschwellen  befestigt 
sind.  Die  Schienen  bestehen  aus  Stahl  und  wechseln  in  ihren  Längen 
von  5,5  bis  9,15  m,  im  Gewicht  zwischen  30,7  und  33  kg/m.  Da  die¬ 


selben  sich  im  Laufe  der  Zeit  stark  in  die  Langschwelleu  einfressen 
würden,  hat  man  2,5  cm  starke  Zwischenlagen  aus  festerem  Holz,  mit 
der  Faserrichtung  quer,  unter  die  Schienen  gelegt.  An  den  Schienen- 
stöfsen  sind  eiserne  Unterlagsplatten  angeordnet  (s.  Abb.  3).  Ab¬ 
bildung  2  bezieht  sich  auf  die  einfache  weit¬ 
spurige  Anordnung;  die  gemischte  Spur  weist 
noch  eine  dritte,  ebenfalls  auf  einer  Lang¬ 
schwelle  angeordnete  Schiene  auf. 

Die  beiden  vorkommenden  Formen  ein¬ 
facher  Weichen  der  gemischten  Spur  sind  in 
den  Abb.  4  u.  5  in  einfachsten  Linien  dar¬ 
gestellt.  Die  Zungenvon'ichtungen  zeigen  in 
ihrer  Anordnung  nichts  besonders  bemer- 
kenswerthes.  Ein  grofser  Uebelstand  sind 
die  zahlreichen  Schienenunterbrechungen,  welche  ebenso  viele  Herz¬ 
stücke  und  Gruppen  von  Zwangsschienen  nöthig  machen;  letztere 
sind  in  Abb.  4  mit  zz..  bezeichnet.  An  den  durchbrochenen  Stellen 
laufen  die  Spurkränze 
der  Räder  auf  eisernen 
Platten.  So  auch  bei 
den  langgestreckten 
Durchbrechungen  bei 
A  A  in  Abb.  5.  An  den 
letzteren  Stellen  läfst 
sich  eine  besonders 
starke  Abnutzung  der 
Schienen  wie  der  Platten 
wahrnehmen. 

Die  weitspurigen 
Fahrzeuge  und  Locomo- 
tiven  fallen,  soweit  man 
nicht  die  weitspurige 
Einrichtung  derselben 
auf  das  Untergestell  be¬ 
schränkt  hat,  sofort  durch 
ihren  gewaltigen  Umfang  auf.  Die  Locomotiven  haben  die  von  Sir 
Daniel  Gooch,  dessen  Name  den  Maschinenbauern  wohl  bekannt  ist 
—  er  starb  am  15.  Oc- 
tober  vorigen  J ahres  — 
bereits  vor  50  Jahren 
angegebene  Form  im 
wesentlichen  beibe¬ 
halten.  Sie  haben 
kurzen ,  gedrungenen 
Bau,  sechs  kleine  Lauf¬ 
räder,  aber  nur  zwei 
Triebräder  von  2,44  m 
(8  engl.  Fufs)  Durch¬ 
messer;  letztere  hat 
man  früher  ohne  Spur¬ 
kränze  gelassen.  Die 
Cylinder  liegen  innenseitig.  Die  neueren  Maschinen  sind  so  gebaut, 
dafs  sie  leicht  auf  die  gewöhnliche  Vollspur  abgeändert  werden  können; 


Abb.  5. 


es  ist  zu  dem  Zwecke  nur  erforderlich,  die  Räder  von  der  äufseren  nach 
der  inneren  Seite  des  Rahmens  zu  versetzen.  Die  äufseren  Umrisse 
einer  solchen  Locomotive  sind  in  Abb.  6  in  einfachsten  Linien  wieder- 
gegeben.  Gegen  diese  Form  zeigt  die  erste  der  überhaupt  gebauten 
Weitspurmaschinen,  der  „Nordstern“  (North  Star,  von  Gooch  ent¬ 
worfen)  aus  dem  Jahre  1839,  welcher  in  der  grofsen  Hauptwerkstätte 
der  Westbahn  in  Swindon  noch  gezeigt  wird,  nur  zwei  vordere  Lauf¬ 
räder.  Bemerkenswerth  ist  es,  wie  diese  Maschine  bereits  alle  wesent¬ 
lichen  Einzelheiten  der  neueren  Maschine  aufweist,  in  so  voll¬ 
kommenem  Grade,  dafs  man  ohne  besonderen  Hinweis  das  Alter  der 
Maschine  nicht  errathen  dürfte.  Km. 


Bücherscliau. 

Hirtlis  ,,Fornieuseliat7j^.  Es  ist  Zeit,  dafs,  nachdem  im  Jahr¬ 
gange  1886  (S.  462)  das  Augenmerk  der  Leser  auf  diese  breit  an¬ 
gelegte  Veröffentlichung  gelenkt  wurde,  jetzt  von  neuem  auf  dieselbe 
hingewiesen  wird.  Der  Herausgeber  des  Formenschatzes  hat  sein 
im  Titel  gegebenes  Versprechen,  aus  den  Werken  der  besten  Meister 
aller  Zeiten  und  Völker  eine  Quelle  der  Belehrung  und  Anregung 
für  Künstler  und  Kunstgewerbetreibende  sowie  für  alle  Freunde  stil¬ 
voller  Schönheit  zu  bieten,  getreulich  eingelöst.  Mit  besonderer 
Freude  ist  es  zu  begrüfsen,  dafs  das  Unternehmen  in  den  letzten 
Jahren  dadurch  noch  mehr  an  Gehalt  gewonnen  hat,  dafs  neben  dem 
früher  vorherrschenden  Kunstgewerblichen  und  Ornamentalen  seit 
einiger  Zeit  auch  der  Architektur  sowie  der  selbständigen  Malerei  und 
Plastik  ein  breiterer  Raum  gegeben  wurde.  Ist  der  Inhalt  des  Formen¬ 
schatzes  dadurch  dem  Kunstfreunde,  überhaiipt  dem  Gebildeten  noch 
willkommener  geworden,  so  können  auch  Baukünstler  und  Kunst¬ 
gewerbetreibende  nur  zufrieden  damit  sein,  dafs  ihnen  die  Nachbil¬ 
dungen  von  Meisterwerken  geboten  werden,  welche  geeignet  sind,  sie 
—  um  mit  den  jüngst  vom  Herausgeber  selbst  gebrauchten  Worten  zu 
reden  —  „mit  der  Ueberzeugung  vom  grofsen  Zusammenhänge  aller 
Kunst  zu  erfüllen“.  Durchblättern  wir  den  letzten  Jahrgang,  so  finden 
wir  namentlich  die  Malerei  stärker  betont.  Neben  vielen  anderen  sind 
die  glänzenden  Namen  eines  Raffael  Santi,  Dürer  und  Holbein,  eines 
Tizian  und  Velasquez  naturgemäfs  besonders  stattlich,  aber  mit  feiner 
Auswahl  des  weniger  allgemein  Bekannten  vertreten.  Von  den  spä¬ 
teren  seien  Tiepolo  mit  Blättern  aus  seiner  „Flucht  nach  Aegypten“ 
und  die  Franzosen  Natoire,  Boucher  und  Prudhon  hervorgehoben. 
An  Werken  der  Bildhauerkunst  werden  eine  Reihe  von  Antiken, 
dann  aber  vornehmlich  Perlen  der  italienischen  und  französischen 
Früh-  und  Hochrenaissance  geboten,  von  deren  Schöpfern  wir  nur 
Mino  da  Fiesoie,  Donatello,  die  Robbia  und  Giovanni  da  Bologna 
nennen.  Aus  dem  Gebiete  der  Baukunst  sind  in  den  uns  vorliegen¬ 
den  Heften  vorwiegend  niederdeutsche  Architekturen  aus  Brügge, 
Antwerpen,  Oudenarde  usw.  sowie  Einzelheiten  aus  Italiens  und 
Frankreichs  Frührenaissance-Schätzen  zur  Darstellixng  gebracht,  und 
ihnen  endlich  reiht  sich  kunstgewerbliches  und  architektonisch- 
decoratives  in  reicher  Fülle  an. 

Die  Wiedergabe  der  Kunstwerke  ist,  wie  in  den  früheren  Jahr¬ 
gängen,  fast  durchweg  eine  vortreffliche.  In  richtiger  Erkenntnifs 
der  zu  Gebote  stehenden  Mittel  sind  die  Blätter  häufig  nicht  unmittel¬ 
bar  nach  den  Originalen  gefertigt,  sondern  nach  guten,  in  Stich, 
Photographie  usw.  hergestellten  Nachbildungen  derselben.  Abrathen 
möchten  wir  von  der  neuerdings  mehrfach  versuchten  Behandlung 
verschiedener  Blätter  in  leichten,  lasurartig  über  einzelne  Theile  der 
Darstellungen  gelegten  Farbentönen.  Die  Wirkung  des  Vorbildes 
zu  ersetzen  ist  eine  derartige  Behandlungsweise  doch  nicht  geeignet, 
und  der  Anspruch,  etwas  von  dieser  Wirkung  zu  geben,  befriedigt 
ebensowenig  wie  die  coloristische  Leistinig  an  sich,  denn  beide  sind 
nur  dazu  angethan,  die  Thätigkeit  der  sich  die  Farbe  des  Originals 
ohnedies  ergänzenden  Phantasie  des  Beschauers  einzuengen  und  da¬ 
durch  den  Kunstgenufs  abzuschwächen. 

Ebenfalls  wie  früher  trägt  der  Deckel  jedes  Heftes  knappe  Inhalts¬ 
angaben,  die,  für  den  Jahrgang  zusammengefafst,  der  Schlufslieferung 
als  kurzer  Text  beigegeben  sind.  Sie  bringen  mit  wenigen  Worten 
die  Erklärung  oder  kunstgeschichtliche  Stellung  der  abgebildeten 
Gegenstände,  weisen  auf  die  bezüglichen  Litteraturquellen  oder  auf 
den  Zusammenhang  mit  früheren  und  noch  vorbehaltenen  Blättern 
des  Formenschatzes  hin,  sie  nennen  Standort,  Fundstätte  oder  Auf¬ 
bewahrungsplatz  des  Kunstwerkes  und  machen  das  Ganze  so  zu 
einem  sehr  brauchbaren  kunstgeschichtlichen  Atlas,  dessen  Ueber- 
sichtlichkeit  noch  erhöht  wird  durch  eine  dem  Inhaltsverzeichnisse 
beigefügte  Zusammenordnung  nach  Gegenständen  und  Meistern.^  In 
dieser  bewährten  Weise  und  in  dem  bisherigen  Sinne  fortgeführt, 
wird  dem  Unternehmen  die  Hebung  noch  manches  wenig  bekannten 
Schatzes  zu  verdanken  sein,  denn  der  frischsprudelnde  Quell,  aus 
dem  das  Gebotene  fliefst,  ist  so  leicht  nicht  zu  erschöpfen.  d. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  E  e  r shes,  Berlin. 


173 


CentraMatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  3.  Mai  1890.  Nr.  18. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark 

INHALT:  Amtliches:  Personal  -  Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Miethshäuser- 
t'ronten  in  Charlottenburg.  —  Die  Donaubrücke  bei  Cernavoda  in  Rumänien.  —  Die 
Hafenerweiterungsbauten  der  Stadt  Altona.  (Schlufs.)  —  Wettbewerb  für  ein  Reiter- 

Standbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau.  —  Vermischtes:  Semper- Denkmal.  — 
Internationale  elektrotechnische  Ausstellung  in  Frankfurt  a.  M.  —  F.  W.  Laessig  t. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Bildhauer  Professor  Lürssen  an  der  technischen  Hochschule  in 
Berlin  den  Eothen  Adler-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen,  sowie  ferner 
die  Erlaubnifs  zur  Anlegung  verliehener  nichtpreufsischer  Orden  zu 
ertheilen,  und  zwar:  des  Eitterkreuzes  II.  Klasse  des  Grofsherzoglich 
oldenburgischen  Haus-  und  Verdienst- Ordens  des  Herzogs  Peter 
Friedrich  Ludwig  dem  Eisenbahn  -  Bau  -  und  Betriebsinspector 
Wiesner  in  Bremen,  des  Eitterkreuzes  des  Kaiserlich  und  Königlich 
österreichisch-ungarischen  Franz-Josefs-Ordens  dem  Eisenbahn-Ma- 
schineninspector  Callam  in  Berlin,  des  Grofsherrlich  türkischen 
Medschidje-Ordens  II.  Klasse  mit  dem  Stern:  dem  Eegierungs-  und 
Baurath  Eichter  in  Harburg  und  der  III.  Klasse  desselben  Ordens: 
dem  Oberingenieur  der  Orientalischen  Eisenbahnen,  preufsischen 
Staatsangehörigen  Goldstücker  in  Constantinopel. 

Versetzt  sind:  der  Eisenbahn-Director  Eamra,  bisher  in  Brom¬ 
berg,  als  Mitglied  an  die  Königliche  Eisenbahndirection  in  Breslau, 
der  Eisenbahn -Maschineninspector  Mohn,  bisher  in  Breslau,  als 
Mitglied  an  die  Königliche  Eisenbahndirection  in  Bromberg  und  der 
Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  Dorner,  bisher  in  Düsseldorf, 
nach  Köln  behufs  Beschäftigung  im  betriebstechnischen  Bureau  der 
Königlichen  Eisenbahndirection  (rechtsrh.)  daselbst. 

Zu  Königlichen  Eegierungs-Baumeistem  sind  ernannt:  die  Ee- 
gierungs-Bauführer  Friedrich  Stachle r  aus  Weidenau,  Kreis  Siegen 
und  William  Hintze  aus  Lauenburg  a.  d.  Elbe  (Maschinenbaufach). 

Den  bisherigen  Königl.  Eegierungs-Baumeistem  Max  Malchow 
in  Bromberg,  Georg  Kegel  in  Cassel  und  Friedrich  Lucko  in 
Eheine  i.  W.  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste 
ertheilt  worden. 

Der  Eegierungs-  und  Baurath  Laessig  in  Oppeln  ist  gestorben. 

Bayern. 

Der  Eegierungs-  und  Kreisbaurath  Wilhelm  Giese  in  Eegens- 

ittheilung'en. 

bürg  wurde  auf  Ansuchen  wegen  körperlichen  Leidens  und  hierdurch 
hervorgerufener  Dienstesunfähigkeit  unter  Anerkennung  seiner  viel¬ 
jährigen,  erspriefslichen  und  ausgezeichneten  Dienstleistungen  in 
dauernden  Eubestand  versetzt,  und  zum  Eegierungs-  und  Kreisbau- 
rathe  für  das  Landbaufach  bei  der  Eegierung  der  Oberpfalz  und 
Eegensburg  der  Bauamtmann  August  Bern  atz  in  Amberg  befördert. 

Die  bei  Herstellung  des  Baues  des  Nord- Ostsee- Canales  ver¬ 
wendeten  bayerischen  Staatsbauassistenten  Adolf  Specht  von  §chwein- 
furt  und  Josef  Hartmann  von  Gemünden  bei  Lohr,  wurden  vom 
1.  Mai  1.  J.  anfangend  zu  Bauamtsassessoren  extra  statum  ernannt 
unter  Belassung  in  ihrer  derzeitigen  Verwendung. 

Sachsen. 

Das  Königlich  sächsische  Ministerium  des  Cultus  und  öffentlichen 
Unterrichts  hat  dem  mit  Allerhöchster  Genehmigung  zum  aufser- 
ordentlichen  Professor  ernannten  Dr.  ph.  Eichard  Moehlau  Lehr¬ 
auftrag  für  Chemie  der  Textilindustrie,  Farbenchemie  und  Färberei¬ 
technik  an  der  technischen  Hochschule  in  Dresden  ertheilt. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Sich  Gnädigst 
bewogen  gefunden,  dem  Königlich  preufsischen  Hofbaurath  und 
Director  der  Schlofsbaucommission,  Peter  Christian  Tetens  in  Berlin 
das  Eitterkreuz  I.  Klasse  mit  Eichenlaub  des  Zähringer  Löwenordens 
zu  verleihen,  den  Centralinspector  bei  der  Oberdirection  des  Wasser- 
und  Strafsenbaues,  Bezirksingenieur  Kosmas  Sayer,  zum  Vorstand 
der  Eheinbauinspection  Offenburg,  den  Ingenieur  I.  Klasse  Karl 
Kupferschmid  in  Freiburg  unter  Verleihung  des  Eanges  eines 
Bezirksingenieurs  zum  Centralinspector  bei  der  Oberdirection  des 
Wasser-  und  Strafsenbaues  und  den  Ingenieur  II.  Klasse  Julius 
Eofshirt  in  Mannheim  zum  Ingenieur  I.  Klasse  zu  ernennen  sowie 
ferner  den  Vorstand  der  Eheinbauinspection  Offenburg,  Oberingenieur 
Hermann  Beger,  auf  sein  unterthänigstes  Ansuchen  unter  An¬ 
erkennung  seiner  langjährigen  Dienste  in  den  Euhestand  zu  versetzen. 

[Alle  Eechte  vorUehalten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 


Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Miethshäuserfronten 

Neben  die  häufigen  Klagen  über  die  Stillosigkeit  unserer  Zeit, 
über  den  Mangel  an  Einheit  sowohl  im  Geschmacke  des  bauenden 
Publicums  wie  in  der  künstlerischen  Ueberzeugung  der  schaffenden 
Architekten  wird  heutzutage  vielfach  der  Satz  gestellt,  dafs  doch 
ein  Punkt  aus  dem  allgemeinen  Wirrsal  tröstlich  hervorleuchte: 
das  Bestreben,  in  „echten“  Stoffen  zu  bauen.  Dieser  Satz  ist  gewifs 
richtig,  aber  er  gilt  doch  nur  mit  Einschränkung.  Für  öffentliche 
Bauwerke,  voran  die  des  Staates,  ist  eine  gediegene,  alle  unechten 
Ersatzmittel  verschmähende  Bauweise  schon  seit  geraumer  Zeit 
selbstverständlich.  Auch  der  gebildete  Privatmann,  der  sich  ein 
eigenes  Heim  baut,  steht  zumeist  schon  auf  der  Stufe  der  Erkennt- 
nifs,  die  ihn  zu  Gunsten  einer  vernünftigen,  durch  die  Verwendung 
echter  Baustoffe  ansprechenden  Einfachheit  auf  unnatürlichen,  mit 
ungesunden  Mitteln  erzielten  Formenreichthum  verzichten  läfst.  Die 
grofsstädtischen  Geschäftsgehäude  lassen  sich  hier  nicht  anziehen. 
Ihre  Fronten  werden  zwar  jetzt  auch  vielfach  in  echten  Materialien 
errichtet.  Aber  bei  ihnen  ist  der  Grund  dafür  die  Eeclame.  Grade 
ihr  übergrofser  Eeichthum,  die  an  ihnen  zu  Tage  tretende  Sucht 
nach  neuem,  noch  nicht  dagewesenem  hat  ganz  besonders  zu  der 
Stil-  und  Geschmacksverwilderung  der  Zeit  beigetragen;  und  vor¬ 
nehmlich  unter  ihrem  unheilvollen  Einflüsse  entsteht  die  Klasse  von 
Gebäuden,  für  welche  jener  Satz  von  den  echten  Baustoffen  einge¬ 
schränkt  werden  mufs,  entstehen  die  Miethshäuser  und  ihre  Fronten. 

Es  gab  eine  Zeit,  zehn  Jahre  etwa  sind  es  her,  als  in  Berlin  be¬ 


lli  Charlottenburg. 

sonders  häufig  Stuck  von  den  Häuserfronten  herunterfiel.  Dabei 
sind  wohl  auch  vereinzelte  Unglücksfälle  vorgekommen.  Damals 
erhob  sich  ein  Sturm  gegen  den  Stuckplunder,  und  „Alt-Berlin“,  die 
„Schinkelschule“,  wurde  dafür  verantwortlich  gemacht  und  mit  Hohn 
und  Spott  überschüttet.  Man  hätte  nun  erwarten  sollen,  dafs  jene 
Vorkommnisse  ein  warnendes  Beispiel  abgegeben  und  dahin  geführt 
hätten,  dafs  auch  die  Miethshäuser  bauende  AVelt  sich  einer  ge¬ 
diegenen  Herstellungsweise  zuwendete.  Kaum  aber  hatte  man  sein 
Müthchen  an  den  älteren  Häusern  gekühlt,  als  die  Stuckwirthschaft 
in  verzehnfachtem  Mafse  sich  breit  machte.  Wir  sind  entfernt  davon, 
in  der  vorliegenden  Frage  für  Alt-Berlin  und  seine  aus  der  Stuckateur¬ 
werkstatt  hervorgegangene  Formenwelt  eintreten  zu  wollen,  aber  was 
sind  jene  paar  bescheidenen  Consölchen,  Eosetten  und  Palmetten 
gegen  den  Wust  überladener  und  protziger  sogenannter  Deutsch¬ 
renaissance-  und  Barockfronten,  die  nun  entstanden  und  deren  an¬ 
geklebte  und  aufgehängte  Gipsmassen  noch  ganz  anderes  Unheil  an- 
richten  werden  —  ihre  Zeit  mufs  nur  erst  gekommen  sein.*) 

*)  Ein  mir  befreundeter  Herr,  aufmerksamer  Beobachter  dieser 
Vorgänge,  hat  erst  neuerdings  wieder  mehrfach  das  Herunterstürzen 
von  Stucktheilen  an  Berliner  Häusern  festgestellt;  auch  an  der  den 
Fenstern  meines  Arbeitszimmers  gegenüberliegenden  Front  beobachte 
ich  seit  einiger  Zeit,  dafs  auf  der  Langseite  eines  Consols  die  Kehl¬ 
leiste  der  Deckplatte  abgefallen  ist,  sodafs  man  in  den  schwarzen 
Hohlraum  dieses  „Kragsteines“  hineinblickt. 


174 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


3.  Mai  1890. 


Angesichts  dieser  bedauerlichen  Verhältnisse  ist  es  Pflicht,  jede 
auf  deren  Bekämpfung  gerichtete  ernste  Bestrebung  zu  unterstützen, 
und  diese  Pflicht  wird  zur  Freude,  wenn  Beispiele  angezogen  werden 
können,  die  den  verdienstvollen  Kampf  mit  bestem  Erfolge  führen. 
Ein  solches  Beispiel  bietet  das  Vorgehen  des  Amtsmaurermeisters 
Gerhardt  in  Charlottenburg.  Er  hat  die  Einsicht  gehabt,  beim  Bau 
zweier  iiliethshäuser  in  dem  Theile  der  Nachbarresidenz,  welcher 
infolge  des  .Zuges  nach  dem  Westen"  der  Hauptstadt  jetzt  kräftig 
emporblüht,  mit  der  Stuckwirthschaft  zu  brechen,  und  hat,  wie  wir 
weiter  unten  sehen  werden,  den  Beweis  geliefert,  dafs  es  wirthschaft- 
lich  keineswegs  unmöglich  ist,  die  ..Echtheit"  auch  bei  Häusern  ein¬ 
zuführen,  die  lediglich  zum  Zwecke  der  Vermiethung,  also  des  Ge¬ 
winnes,  ei'richtet  werden.  |Denn  auf  diese  wirthschaftliche  Mög¬ 
lichkeit  oder  Unmöglichkeit  kommt  es  ja  vor  allen  Dingen 
an;  sie  ist  es,  die  von  den 
Erbauern  der  Stuckpaläste 
stets  als  der  Punkt  ins 
Feld  geführt  wird,  an  dem 
selbst  der  beste  Wille 
scheitere.  Herr  Gerhardt  hat 
sich  bei  Errichtung  der  beiden 
Wohnhäuser,  die  in  der  Grol- 
man-  und  Schlüterstrafse 
stehen,  der  baukünstlerischen 
Beihülfe  des  Regierungs-Bau¬ 
meisters  Herrn  Richard 
Schnitze  in  Berlin  bedient. 

Von  diesem  rühi-en  die  Ent¬ 
würfe  der  Fronten  her,  welche 
nebenstehend  abgebildet 
sind.  Es  handelt  sich  hier 
allein  um  die  Fronten.  Die 
ohne  Mitwirkung  des  Archi¬ 
tekten  entstandenen  Grund¬ 
risse  der  Häuser  kommen 
nicht  in  Betracht.  Sie  folgen 
dem  üblichen  Berliner  Muster 
und  haben  wenig  bemerkens- 
werthes,  sodafs  ihre  Darstel¬ 
lung  übeidlüssig  erschien. 

Ueber  die  Iler  stel¬ 

lungsweise  der  Fronten 
ist  zu  sagen,  dafs  die  Flächen 
durch  fleischrothe  Vollsteiue, 
sogenannte  Handstrich -Ver¬ 
blender  aus  der  Ziegelei  von 
Otto  Wenck  in  Torgau  ge¬ 
bildet  werden,  die  bei  der 
Ausführung  des  Fronteu- 
mauerwerks  gleich  mit  hoch¬ 
gemauert  sind.  Warmgrauer 
Sandstein  aus  Wefenslebeu 
bei  Magdeburg  wurde  für 
die  knappen  Gesimse,  Fen¬ 
stergewände,  Erkergerüste 
und  sonstigen  Werkstein¬ 
theile  verwandt.  Die  Ziegel¬ 
flächen  zeigen  also  nicht  die 
heutzutage  beliebte  Verblen¬ 
dung  aus  sogen.  Riemchen 
und  halben  Steinen,  welche 
darum  so  unschön  ist,  weil 
sie  in  ihrer  geleckten  Glätte  als  Farbe,  nicht  als  Baustoff  wirkt*) 
und  weil  sie  überdies  ein  zu  enges  und  reizloses,  wenn  nicht 
sogar  durch  farbige  Ausfugung  ganz  unterdrücktes  Fugenspiel 
ergiebt.  Den  Regeln  einer  gesunden  Technik  entgegen  und  auch 
wider  den  Willen  des  Architekten  sind  hier  die  Fugen  leider 
nachträglich  mit  Thaler  Puzzolan- Gement  verstrichen  worden.  Die 
Werkstücke  sind  scharrirt,  und  zwar  bei  den  ebenen  Flächen  mit 
schrägem  Hieb. 

Die  Erker  wurden  aus  vollen  Werkstücken  schichtenweis  und 
gut  einbindend  ausgekragt.  Die  Fenster  sind  durch  steinernes  Pfosten¬ 
werk  derart  getheilt,  dafs  sich  Flügelbreiten  von  60—75  cm  ergeben. 
Von  so  grofsem  Vortheile  diese  mittelalterliche  Fensterbehandlung 


*)  Die  Vorderfläche  wirkt  sogar  nicht  nur  als  Farbe,  sondern 
sie  ist  thatsächlich  oftmals  nicht  viel  mehr  als  solche.  Denn  be¬ 
kanntlich  kann  der  gewünschte  Farbenton  häufig  nur  durch  Ueber- 
fangen  erzielt  werden,  d.  h.  durch  Eintauchen  der  Schauseite  in  eine 
demnächst  einzubrennende  farbige  Schlemme,  deren  Dauerhaftigkeit 
sehr  in  Zweifel  gezogen  werden  mufs. 


in  ästhetischer  Beziehung  für  die  Fronten  ist,  so  mufs  ihren  Gegnern 
zugegeben  werden,  dafs  sie  eines  Vorzuges  entbehrt,  den  wir  heut¬ 
zutage  in  unseren  Wohnungen  ungern  missen.  Die  Steinpfosten  er¬ 
schweren  leider  die  Anbringung  der  in  der  wärmeren  Sommerzeit 
so  überaus  angenehmen  Stab-  oder  Rollläden.  Man  wird  darauf 
sinnen  müssen,  geeigneten  Ersatz  für  sie  zu  schaffen.  Die  dann  und 
wann  schon  vorgenommene  Einschaltung  der  Stellläden  zwischen  dem 
Steinpfostenwerk  und  den  Fenstern  führt  bei  den  üblichen  Mauer¬ 
stärken  zu  sehr  flachen  Fensternischen  und  vertheuert  die  Tischler¬ 
arbeit.  \  ielleicht  dafs  die  Läden  sich  im  Inneren  anbringen  lassen, 
wenn  man  sich  zu  Schiebefenstern  ähnlich  der  englischen  Art  ent¬ 
schliefst. 

In  dem  vorliegenden  Falle  hat  Herr  Gerhardt  an  der  nach 
Westen  gerich-teten  Front  in  der  Schlüterstrafse  die  Stablädeu 

zwischen  den  Steinpfosten 
für  jeden  Fensterflügel  be¬ 
sonders  anbringen  lassen. 
Das  hat  freilich  in  den 
beiden  unteren  Geschossen, 
wo  die  Pfosten  der  Höhe 
nach  durch  wagerechte  Sturze 
getheilt  sind,  zu  einer  Zer¬ 
splitterung  der  Läden  in 
vier  bezw.  sogar  sechs  ein¬ 
zelne  Theile  geführt.  Besser 
angängig  ist  die  Sache  schon 
da,  wo  die  Sturze  fehlen,  wie 
in  den  Obergeschossen.  In 
der  Grolmanstrafse  werden 
die  Stellläden  nicht  vermifst 
werden,  da  die  Front  hier 
nach  Nordosten  liegt.  Im 
Erdgeschosse  ist  der  Fenster¬ 
schutz  durch  eiserne  Klapp¬ 
läden  bewirkt,  die  sich  in 
die  Leibungen  Zusammen¬ 
legen.  Die  schmalen  Thüren 
der  dreitheiligen  Erdgeschofs- 
fenster  setzen  die  Wohnungen 
mit  den  Vorgärtchen  in  Ver¬ 
bindung. 

Wie  vortheilhaft  sich 
diese  einfach  -  gut  entwor¬ 
fenen  Fronten  von  ihrer  Um¬ 
gebung  abheben,  in  der  sich 
neben  dürftigen  Erzeugnissen 
geschmacklose  Stuckfagaden 
breit  machen,  bedarf  keiner 
weiteren  Erörterung.  Die 
Abbildungen  geben  nur  ein 
unvollkommenes  Bild  der 
Wirkung,  die  ja  wesentlich 
durch  die  belebende  Farbe 
und  Behandlung  der  Bau¬ 
stoffe  erreicht  ist.  Näheres 
Eingehen  aber  erfordert  die 
bereits  gestreifte,  für  die 
ganze  Beurtheilung  der  Sache 
sehr  wesentliche  Kostenfrage. 

Die  Kosten  der  beiden 
Gerhardtschen  Fronten  be¬ 
rechnen  sich  wie  folgt; 


1.  Sandsteinarbeiten  eiuschl.  Modelle .  13  000  Mark 

2.  Verblendsteine .  3  600  ,, 

3.  Arbeitslöhne  für  die  Herstellung  der  Verblen¬ 
dung  und  das  Versetzen  der  Werksteine  .  .  5  000  „ 

4.  Frontenrüstung  und  kleine  Nebenarbeiten  .  .  1  200  ,. 


im  ganzen  22  800  Mark; 


bei  zusammen  775  qm  Flächengi-öfse  (die  Giebel  mitgerechnet,  den 
Erkerkopf  der  einen  Front  nicht)  stellt  sich  somit  das  Geviert¬ 
meter  auf  29,4  Mark.  Hierbei  sind  die  Vollverblender,  welche 
zugleich  Frontmauerwerk  bilden,  mitgerechnet.  Zieht  man  sie, 
um  den  Vergleich  zu  ermöglichen,  ab,  so  verringern  sich,  da  der 
Preis  der  Hintermauerungssteine  halb  so  hoch  war  als  der  der  Ver¬ 
blender,  die  Kosten  der  Fronten  um  1800  Mark,  und  das  Geviert¬ 
meter  stellt  sich  dann  auf  nur  27  Mark. 

Die  Fronten  besserer  Miethshäuser  —  nur  solche  können  in 
Vergleich  gezogen  werden  und  um  solche  handelt  es  sich  überhaiqjt 
nur  —  beliebt  man  jetzt  zumeist  derart  herzustellen,  dafs  das  Archi¬ 
tekturgerüst  in  Nachahmung  von  Hausteinformen  entweder  in  Gement- 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng, 


175 


Kr.  18. 


putz  und  Cementstuck,  zum  Theil  auch  in  Zink  gefertigt,  oder  dafs 
es  in  Gipskalk-  und  Cementkalkmörtel  bezw.  Gipsstuck  aufgeführt 
wird,  die  dazwischen  verbleibenden  Flächen  aber  mit  glatter  Kiem- 
chenverblendung  bekleidet  werden.  Die  Putz-  und  Stucktheile 
werden  dann  gleich  beim  Putzen  mit  Gement  geschlemmt  oder, 
was  die  Eegel  ist,  später  in  Oelfarbe  gestrichen,  wobei  dann  die 
Hausteinzeichnung  wohl  aufgemalt  zu  werden  pflegt.  Der  Preis  für 
das  Geviertmeter  solcher  Fronten  stellt  sich  nach  genauen,  an  ver¬ 
schiedenen  Ausführungen  angestellten  Ermittlungen  durchschnitt¬ 
lich  etwa,  wie  die  nebenstehende  Tabelle  zeigt. 

Der  Einheitssatz  ist  also  bei  der  Cementfront  nur  unbedeutend, 
bei  der  Gipsfront  nicht  wesentlich  geringer  als  bei  der  Ausführungs¬ 
weise  der  Gerhardtschen  Häuser.  Und  wenn  dabei  die  Dauerhaftig¬ 
keit  der  verschiedenen  Herstellungsarten  in  Betracht  gezogen  wird, 
so  fällt  das  Kostenergebnifs 
mindestens  gleich ,  wenn 
nicht  zu  Gunsten  der  echten 
Bauweise  aus.  Will  man 
aber  mit  diesem  Umstande 
nicht  rechnen,  sondern  nur 
die  Kosten  der  Ausführung 
in  Betracht  ziehen,  so  stellt 
sich  das  Ergebnifs  für  die 
Bauweise,  der  wir  hier  das 
Wort  reden,  gleich  günstig 
heraus,  wenn  bei  ihr  die 
Flächen,  statt  mit  Hand¬ 
strichsteinen  verblendet  zu 
werden ,  einfachen  glatten 
weifsen  Kalkmörtelputz  er¬ 
halten.  Und  der  Vergleich 
fällt  sogar  noch  mehr  zu 
ihren  Gunsten  aus,  wenn 
bei  unechten,  reichverzierten 
Fronten ,  was  häufig  ge¬ 
schieht,  für  die  Structur- 
theile  und  den  bildnerischen 
Schmuck  Cement-Kunststein 
zur  Anwendung  gelangt. 

Dieser  letztere  aber  mufs  in 
seiner  unschönen,  leblosen 
Erscheinung  als  ein  ebenso 
ärmliches  Ersatzmittel  be¬ 
zeichnet  werden,  wie  Putz 
der  Gliederungen  und  Stuck¬ 
ornament  aus  Gement  oder 
Gips;  und  anderseits  wird 
die  Anwendung  eines  gut  ge¬ 
fertigten  Flächenputzes  nim¬ 
mermehr  gegen  die  Grund¬ 
sätze  echter  Bauweise  ver- 
stofsen. 

Mit  der  gediegenen  Her¬ 
stellung  der  Fronten  ist  es 
aber  noch  nicht  gethan,  eine 
gleiche  Behandlung  mufs 
selbstverständlich  auch  für 
das  Innere  des  Hauses  ver¬ 
langt  werden,  mit  dem  es 
heutzutage  vielfach  nicht 
minder  schlimm  bestellt  ist. 

Auch  hier  wird  sich  der  Nach¬ 
weis  führen  lassen,  dafs  der  Besserung  financielle  Unmöglichkeiten  nicht 
entgegenstehen.  Man  breche  nur  mit  der  Unsitte,  gleich  hinter  der 
Hausthür  mit  polirtem  Marmor,  sei  es  natürlicher  oder  künstlicher, 
mit  Stuck  und  reicher  Farbe  zu  beginnen.  Man  setze  an  Stelle 
des  verschwenderischen  Gipszierwerks  an  Decken  und  Thür¬ 


Gegenstand 

bei 

Cement- 

fronten 

bei 

Gips¬ 

fronten 

1. 

Stuckateurarbeiten  einschl.  Modellkosten  .  . 

Mark 

7,35 

Mark 

6,00 

2. 

Putzarbeiten . 

9,55 

5,00 

3. 

Verblendung . 

2,W 

2,00 

4. 

Zinkarbeiten . 

1,60 

1,60 

5. 

Oelfarbenanstrich  und  Fugen  mit  gefärbtem 
Cementmörtel . 

2,00 

2,00 

6. 

Verschiedene  Nebenarbeiten,  Abdeckungen, 
Zimmermannshülfe,  Eisenzeug  usw.  sowie 
zur  Abrundung  . 

2,50 

2,40 

zusammen 

25,00 

19,00 

umrahmungen  ,  der  Schein¬ 
kamine,  der  Vergoldung  usw., 
womit  die  Vorderzimmer 
allenthalben  überladen  wer¬ 
den,  eine  gediegene  Ein¬ 
fachheit,  die  in  richtigem 
Verhältnifs  zu  der  zumeist 
bescheiden  bürgerlichen  Ein¬ 
richtung  des  Miethers  steht; 
man  gebe  diesem  dafür  be¬ 
hagliche,  ausreichende  und 
gesunde  Hinter-  und  Neben¬ 
räume  und  verwende  mehr 
Sorgfalt  auf  einzelne  Theile 
des  baulichen  Kernes  vom 
Hause,*)  dann  wird  es  gewifs 
nicht  lange  dauern,  bis  die 
Einsicht  zum  Durchbruch 
kommt,  worin  der  wirkliche 
Werth  einer  Wohnung  für 
den  Miether  sowohl  wie  für 
den  Vermiethenden  gefunden 
werden  mufs. 


Hofsfeld. 


Front  in  der  Schlüterstrafse. 
Mietlisliäuserfronten  in  Cliarlottenburg. 


*)  Die  neue  Berliner 
Baupolizeiordnung  ist  in 
dieser  Beziehung  von  segens¬ 
reicher  Wirkung;  es  sei  nur 
an  die  jetzt  menschenwür¬ 
digen  Gesindestuben  und  an 
die  mit  Licht  und  Luft  ver¬ 
sehenen  Aborte  erinnert. 
Anderseits  läfst  sich  noch 
mancher  Punkt  anführen, 
in  dem  sich  der  Bauunter¬ 
nehmer,  weil  er  nicht  unter 
dem  Drucke  der  Polizei¬ 
vorschrift  steht,  am  Miether 
versündigt.  Wir  erwähnen 
nur  die  durch  schlechte  Her¬ 
stellungsweise  der  Zwischen¬ 
decken  und  Scheidewände 
manchmal  bis  zur  Unerträg¬ 
lichkeit  gesteigerte  Durch¬ 
hörigkeit  des  ganzen  Hauses. 
So  ist  Schreiber  dieses  von 
seinem  Nachbar  durch  eine 
dünne  Wand  von  nur  we¬ 
nigen  Centimetem  geschieden, 
sodafs  bei  lautem  Sprechen 
von  Wohnung  zu  Wohnung 
fast  W ort  für  W ort  zu  verstehen  ist,  von  den  Störungen  durch  Clavier- 
spiel  u.  dgl.  gar  nicht  zu  reden.  Die  Kosten  des  Deckenstucks  hätte 
man  hier  dazu  verwenden  sollen,  wenn  nicht  eine  massive,  so 
doch  wenigstens  eine  doppelte,  un durchhörige  Wand  zwischen  beiden 
Behausungen  herzustellen. 


Die  Donaubrücke  bei  Cernayoda  in  Rumänien 


An  der  ganzen  unteren  Donau  von  Neusatz  bis  zur  Donau- 
mündung  besteht  bis  jetzt  bekanntlich  eine  feste  Brücke  nicht.  Im 
Laufe  dieses  Jahres  wird  der  Bau  einer  solchen  bei  Cernavoda,  etwa 
280  km  stromaufwärts  von  der  Donaumündung,  begonnen  werden. 
Die  Lage  der  Brücke,  die  Breite  und  Tiefe  des  Stromes,  die  Boden¬ 
verhältnisse,  die  aufsergewöhnliche  Bedeutung  des  Stromes  im  all¬ 
gemeinen  sowohl  wie  auch  als  grofser  Verkehr-  und  Handelsweg  im 
besonderen,  tragen  insgesamt  dazu  bei,  dieser  Brücke  den  Stempel 
der  Grofsartigkeit  aufzuprägen.  Wir  glauben  daher  den  Lesern 
unseres  Blattes  zu  dienen,  wenn  wir  im  folgenden  eine  Beschreibung 
dieser  Brücke  bringen. 


Die  Brücke  bei  Cernavoda  wird  die  Verbindung  der  zum  See¬ 
hafen  Constantza  (am  Schwarzen  Meere)  führenden  Eisenbahnstrecke 
Cernavoda -Constantza  mit  dem  übrigen  Eisenbahnnetze  vermitteln. 
Von  diesem  Standpunkte  aus  hat  sie  für  Eumänien  eine  aufserordent- 
liche  Bedeutung,  sowohl  in  politischer  Beziehung,  da  durch  sie  der 
Anschlufs  der  jenseit  der  Donau  liegenden  Provinz  Dobrudscha  an 
das  Mutterland  ein  innigerer  und  dauernderer  wird,  als  auch  in 
wirthschaftlicher  Beziehung,  weil  der  Bau  derselben  einem  grofsen 
Uebelstande  abhelfen  wird.  Das  Getreide  nämlich,  die  Grundlage 
des  rumänischen  Wohlstandes,  wird  bisher  hauptsächlich  zu  Schifl’, 
meistenthcils  durch  die  Donauhäfen  Braila  und  Galatz,  stromabwärts 


176 


3.  Mai  1890. 


Centralblatt  der  ß auverwaltung. 


ausgefiihrt.  Dieser  Weg  ist  jedoch  alljährlich  während  der  ganzen 
Winterzeit  ganz  und  gar  gesperrt,  da  in  dieser  Zeit  der  Schiffahrts¬ 
verkehr  auf  der  Donau  des  mächtigen  Eisganges  wegen  zur  Unmög¬ 
lichkeit  wird.  Nach  dem  Baue  der  Donaubrücke  wird  dieser  Uebel- 
stand  aufhöreu,  weil  dann  die  Erzeugnisse  unmittelbar  nach  dem  am 
Schwarzen  Meere  liegenden  Seehafen  Constantza  befördert  und  von 
dort  zu  jeder  Jahreszeit  ungehindert  ausgeführt  werden  können. 

Die  Lage  der  Brücke  ist  durch  die  unter  der  türkischen  Regie¬ 
rung  gebaute  Eisenbahnstrecke  Cernavoda-Constantza  bestimmt.  Sie 
ist  insofern  nicht  günstig,  als  dort  der  Strom  in  zwei  Arme,  einen 
südlichen  Hauptarm,  die  eigentliche  Donau,  und  einen  nördlichen 
Nebenarm,  kurzweg  Borcea  genannt,  getheilt  wird  und  beide  durch 
ein  an  12  km  breites,  vom  Hochwasser  überschwemmtes  Gebiet  ge¬ 
trennt  werden.  Dieser  Umstand  bedingt  die  Ausführung  z\>reier 
grofser  Brücken,  mehrerer  Viaducte  und  einer  Anzahl  kleinerer 
Brücken  und  Schutzbauten.  Der  Hauptarm  hat  an  der  Ueber- 
brückungsstelle  bei  mittlerem  Wasserstande  eine  Breite  von  620  m 
und  eine  mittlere  Tiefe  von  10  m.  Das  Hochwasser  steigt  7  m  hoch 
über  den  Nullwasserstand  und  bedeckt  das  Flufsthal  auf  eine  Breite 
von  etwa  12  km  mit  einer  Wasserschicht  von  2  m  bis  5  m  Tiefe. 
Die  Stromgeschwiudigkeit  steigt  bei  Hochwasser  bis  zu  2  m  in  der 
Secunde.  Die  vom  Flusse  abgeführte  Wassermenge  beträgt  dann 
etwa  18  000  cbm.  Zur  Winterzeit  gefriert  die  Donau  beinahe  jähr¬ 
lich.  Bei  Thauwetter  setzt  sich  das  Eis  in  Bewegung,  staut  sich 
nicht  selten  —  wie  von  Augenzeugen  versichert  wird  —  bis  10  m 
hoch,  macht  begreiflicherweise  den  Verkehr  auf  dem  Flusse  unmög¬ 
lich  und  vernichtet  alles,  was  seinem  Gange  trotzt.  Es  mag  hier 
erwähnt  werden,  dafs  aus  diesem  Grunde  in  der  Donau  hölzerne 
Gerüste  oder  Brückenjoche  den  Winter  nicht  überstehen  können. 
Das  Flufsbett  besteht  bis  zu  einer  mittleren  Tiefe  von  etwa  31  m 
unter  dem  Nullwasserstande  aus  angeschwemmten  Sandscliichten.  In 
dieser  Tiefe  stöfst  man  auf  festen  kalkigen  Felsboden.  Diese 
Bodenverhältnisse,  beziehungsweise  die  durch  dieselben  bedingte 
Gründungstiefe  einerseits,  die  durch  den  grofsen  Schiff'ahrtsverkehr 
erforderte  Höhenlage  des  Ueberbaues  anderseits,  bestimmen  die 
allgemeine  Anordnung  der  "Brücke.  Es  wurde  nämlich  in  dieser 
Beziehung  festgestellt,  einerseits  dafs  die  Pfeilersohle  mindestens 
30  m  unter  den  mittleren  Wasserstand  zu  legen  sei  und  dafs  ander¬ 
seits  —  damit  die  auf  der  Donau  verkehrenden  Dampfer  und  Segel¬ 
schiffe  unter  der  Brücke  zu  jeder  Zeit  ungehindert  durchfahren 
können  —  der  Ueberbau  mit  seiner  tiefsten  Unterkante  30  m  über 
dem  höchsten  Wasserstande  liegen  solle,  und  zwar  auf  der  ganzen 
Länge  der  Brücke,  weil  der  Stromstrich  seine  Lage  häufig  ändert. 

Der  erste  Entwurf  wurde  bereits  im  Jahre  1883  infolge  eines 
von  der  rumänischen  Regierung  erlassenen  Preisausschreibens*),  von 
mehreren  Brückenaustalten  —  darunter  auch  drei  deutsche  wohl- 
bekannte  Firmen  —  verfafst.  Zur  Ausführung  wurde  jedoch  dieser 
Entwurf  von  einem  zur  Prüfung  desselben  eingesetzten  internationalen 
Ausschufs  nicht  empfohlen.  Dadurch  wurde  der  Bau  der  Brücke 
zum  allgemeinen  Bedauern  verzögert.  Die  endgültigen,  von  der 
rumänischen  Regierung  zur  Ausführung  genehmigten  Pläne  wurden 
in  dem  Brückenbaubureau  der  Rumänischen  Eisenbahnen  unter  der 
Leitung  des  Oberingenieurs  A.  Saligny  verfafst  und  vonges  Jahr 
vollendet.  Es  mag  an  dieser  Stelle  erwähnt  werden,  dafs  dieser  Ent¬ 
wurf  von  den  früheren  sich  wesentlich  unterscheidet,  und  zwar  haupt¬ 
sächlich  durch  die  Anordnung  des  Ueberbaues  und  besonders  durch 
die  Ausbildung  der  Hauptträgef,  insofern  nämlich  diesem  Entwürfe 
Auslegeträger  (Träger  mit  frei  schwebenden  Stützpunkten)  zu  Grunde 
gelegt  wurden,  während  früher  einfache,  durchgehende  (continuir- 
liche)  und  Bogenträger  vorgeschlagen  -worden  waren. 

Die  zur  Ausführung  genehmigte  Brücke  ist  eingeleisig,  hat  eine 
Gesamtlänge  von  750  m  in  5  Oeffnuugen,  und  zwar  eine  Oeffnung 
von  190  m  und  vier  von  je  140  m.  An  diese  Hauptbi-ücke  schliefst 
sich  ein  960  ni  langer  eiserner  Viaduct.  Der  Ueberbau  soll  aus  Flufs- 
eiseii  hergestellt  werden  und  mit  seinem  tiefsten  Punkte  30  m  über 
dem  höchsten  Wasserstande  auf  vier  Strompfeilern  und  zwei  Land¬ 
pfeilern  ruhen.  Das  Flufseisen  soll  für  Stab-  und  Blecheisen  eine 
Festigkeitsziff’er  von  42  —  48  kg/qmm  und  eine  Dehnung  von  16  bis 
21  pCt.,  für  Nieteisen  eine  Festigkeitsziff’er  von  38 — 44  kg/qmm  und 
eine  Dehnung  von  22  pCt.  haben.  Die  Beanspruchung  soll  10  kg/qmm 
betragen  und  bis  auf  12  kg  gesteigert  werden  können,  wenn  bei  Be¬ 
rechnung  der  Querschnitte  die  durch  den  Winddruck  hervorgebrachten 
Beanspruchungen  berücksichtigt  werden.  Die  Dehnung  soll  an  Probe¬ 
stäben  von  5  qcm  Querschnitt  und  20  cm  Länge  so  bestimmt  werden, 
dafs  bei  der  Messung  der  verlängerten,  in  20  gleiche  Theile  getheilten 
Strecke  derjenige  Theil,  in  welchem  der  Bruch  stattfindet,  sowie  die 
beiderseitig  anstofsenden  Theile,  also  im  ganzen  drei  Centimeter  aus¬ 
geschlossen  werden. 


*)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1882,  S.  253  u.  293,  1883, 
S.  366  u.  413,  1889,  S.  473. 


Die  Zahl  der  Hauptträger  in  jedem  Brückenkörper  beträgt  zwei. 
Der  Untergurt  der  Träger  ist  gerade,  der  Obergurt  theils  gerade, 
theils  gekrümmt.  Die  Länge  der  Auslegeträger  beläuft  sich  auf 
240  m,  die  der  Ausleger  auf  je  50  m.  Die  Form  der  Auslegeträger 
ist  derart,  dafs  die  Trägerhöhen  annähernd  im  Verhältnifs  der 
gröfsten  Momente  stehen.  Die  Höhe  beträgt  nämlich  9  m  an  den 
Enden,  32  m  über  den  Stroinpfeilern  und  17  m  in  der  Mitte.  Die  drei 
Mittelträger  sind  als  Halbparabelträger  von  je  90  m  Länge  mit  Höhen 
von  9  ni  an  den  Enden  und  13  m  in  der  Mitte  ausgebildet.  Die  Trüger- 
wand  besteht  aus  zweitheiligem,  weitmaschigem  Netzwerke.  Durch 
dasselbe  wird  der  Halbparabelträger  in  12  gleiche  Felder  von  7,50  m 
Länge,  der  Auslegeträger  in  23  Felder,  und  zwar  in  9  Felder  von  10,2  m 
luid  13  Felder  von  7,6  m  bis  13  m  Länge  getheilt.  Die  Trägerebene  hat 
gegen  eine  durch  die  Längenachse  der  Brücke  gelegte  senkrechte 
Ebene  eine  Neigung  von  Vio-  Die  Entfernung  der  Hauptträger 
wechselt  zwischen  6,5  m  und  9  m,  gerechnet  zwischen  den  Schwer¬ 
punkten  der  Untergurte,  und  zwar  beträgt  die  Entfernung  der  Halb¬ 
parabelträger  6,5  m,  die  der  Auslegeträger  6,5  m  an  den  Enden  und 
9  m  über  den  Strompfeilern.  Die  Gurte  haben  Querschnitte  von  der 


Form:  |  |  die  gedrückten  Stäbe  von  der  Form: 

gezogenen  von  der  Form:  [  [. 


die 


Für  die  Berechnung  der  Spannungen  nahm  man  als  bewegliche 
Last  einen  aus  drei  vierachsigen  Locomotiven  samt  dreiachsigen 
Tendern  und  einer  unbestimmten  Anzahl  von  zweiachsigen  schweren 
Güterwagen  bestehenden  Zug  an.  Es  betrug  der  Achsendruck  bei 
den  Locomotiven  13  Tonnen,  bei  den  Tendern  10  Tonnen  und  bei 
den  Wagen  8  Tonnen.  Die  Zusammenstellung  des  Zuges  wurde  so 
gewählt,  dafs  sie  die  ungünstigste  Belastung  für  die  jedesmal  zu  be¬ 
rechnende  Spannung  ergab.  Demgemäfs  befanden  sich  für  die  Be¬ 
rechnung  der  Gurte  die  drei  Locomotiven  in  der  Mitte  des  Zuges 
und  zwar  zwei  derselben  Brust  an  Brust;  für  die  Berechnung  der 
Stäbe  zumeist  am  Anfänge  des  Zuges  und  insgesamt  in  gewöhn¬ 
licher  Stellung,  für  einige  Stäbe  jedoch  auch  in  der  Mitte  des  Zuges 
gerade  so  wie  für  die  Momente.  Für  die  Bestimmung  des  Eigen¬ 
gewichtes  der  Träger  berechnete  mau  dasselbe  zuerst  annähernd  nach 
Erfahrungsregeln.  Mit  dieser  gleichförmig  vertheilt  angenommenen 
Last  wurden  dann  die  Spannungen,  die  Querschnitte  und  das  wahr¬ 
scheinliche  wirkliche  Eigengewicht  des  Ueberbaues  bestimmt.  Für 
die  endgültige  Berechnung  der  Spannungen  wurde  hierauf  dieses 
Eigengewicht  für  jedes  Feld  und  jeden  Knotenpunkt  besonders  er¬ 
mittelt,  wobei  sich  ergab,  dafs  dasselbe  keineswegs  gleichförmig  ver¬ 
theilt  ist,  sondern  vielmehr  bedeutend  wechselt,  sodafs  die  Annahme 
einer  gleichförmigen  Eigenlast  für  die  Berechnung  der  Querschnitte 
zu  beträchtlichen  l^ehlern  geführt  haben  würde.  Die  Beanspruchungen 
dui'ch  W  ind  wurden  unter  Annahme  eines  Druckes  von  270  kg/qm 
bei  unbelasteter  und  von  180  kg/qm  bei  belasteter  Brücke  berechnet. 
Eine  vergleichende  Untersuchung  ergab,  dafs  die  gröfste  Bean¬ 
spruchung  der  Stäbe  bei  Annahme  des  letzteren  Falles  eintritt.  Die 
Windbeanspruchungen  sind  bedeutend.  Dieselben  entstehen  theils 
infolge  der  Ausbiegung  der  Träger  im  wagerechten  Sinne,  theils  in¬ 
folge  der  senkrechten  Durchbiegung  des  vom  Winde  nicht  unmittel¬ 
bar  getroffenen  Trägers.  Diese  letztere  Biegung  wird  durch  das 
Bestreben  des  Windes,  die  Träger  umzustürzen,  hervorgerufen.  In¬ 
folge  der  Zulassung  einer  gröfseren  Beanspruchung  für  die  Wind¬ 
spannungen  (1200  kg/qcm)  als  für  die  von  den  senkrechten  Lasten 
herrührenden  Spannungen  (lOOO  kg/qcm)  sind  die  ersteren  Kräfte  bei 
der  Bestimmung  der  Querschnitte  so  lange  ohne  Einflufs,  als  dieselben 
Vs  der  übrigen  Beanspruchungen  nicht  übersteigen.  Es  kamen  daher 
im  vorliegenden  Falle  die  Windbeanspruchungen  thatsächlich  nur 
bei  der  Bestimmung  der  Querschnitte  des  Untergurtes  zur  Geltung. 

Zu  den  bisher  erwähnten  Spannungen  wurden  aufserdem  die 
durch  das  Eigengewicht  der  einzelnen  Stäbe  hervorgerufenen  gröfsten 
Biegungsspannungen  hinzugefügt.  Diese  sind  bei  der  nicht  unbe¬ 
deutenden  Länge  der  Stäbe  ziemlich  grofs  und  können  durchaus 
nicht  vernachlässigt  werden. 

Die  Hauptträger  haben  nach  dem  Muster  der  Forthbrücke  nur 
eine  in  der  Ebene  der  Untergurte  angebrachte  Windverstrebung. 
Diese  Anordnung  ist  durch  die  Neigung  der  Träger  bedingt  und 
bietet  bei  grofsen  Spannweiten  und  bedeutenden  Trägerhöhen  der 
üblichen  (mit  zwei  Windverstrebungen)  gegenüber  manche  Yortheile, 
da  bei  Weglassung  der  oberen  Windverstrebung  die  durch  dieselbe 
sonst  auf  die  Endständer  übertragenen  Spannungen  gänzlich  ent¬ 
fallen,  während  durch  die  Neigung  der  Träger  anderseits  die  Ge¬ 
samtlänge  der  Querversteifungen  erheblich  vermindert  wird.  Die 
Windverstrebung  besteht  aus  zweitheiligem  Gitterwerke  mit  nur  ge¬ 
zogenen  Diagonalen.  Die  Querversteifungen  sind  in  der  Ebene  der 
gedrückten  Stäbe  angebracht,  mithin  sind  dieselben  nur  an  den  End- 
und  Mittel-Ständern  senkrecht,  im  übrigen  aber  geneigt.  Das  Fahr¬ 
bahngerippe  bilden  an  den  Knotenpunkten  angebrachte  Blechquer- 


Nr.  18. 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


177 


träger  und  zwei  Reihen  von  Blechlängsträgeru.  Die  Bahn  wird  von 
aneinander  genieteten  eisernen  Querschwellen,  die  im  ganzen  einen 
ununterbrochenen  wellenförmigen  Brückenbelag  bilden,  getragen. 

Die  Lager  sind  zweierlei  Art,  nämlich  auf  den  Pfeilern  auf¬ 
ruhende  Kipjjlager  und  auf  die  Ausleger  sich  stützende  Pendellager. 
Die  Kipplager  dienen  zur  Auflagerung  der  Auslegeträger  und  der 
parabelförmigen  Endträger.  Im  ersten  Falle  sind  dieselben  theils 
feste  theils  auf  Rollen  bewegliche  Zapfenkipplager,  im  letzteren  nur 
auf  Rollen  bewegliche  Kugelkipplager.  Die  Pendellager  sind  nach 
dem  Muster  der  bei  der  Forthbrücke  angewendeten  geformt,  derart, 
dafs  einerseits  die  durch  Wärmewechsel  und  senkrechte  Durch¬ 
biegung  eintretende  Längenverschiebung,  anderseits  die  durch  die 
wagerechte  Ausbiegung  der  Träger  bedingte  Drehbewegung  der 
Parabelträger  ermöglicht  wird. 


Hülfe  von  Druckluft  gegründet.  Die  hierzu  nöthigen  Kasten  sind  aus 
Eisen,  haben  eine  lichte  Höhe  von  2,2  m  und  sind  mit  drei  Schächten 
versehen.  Für  die  Ausführung  des  unmittelbar  auf  der  Decke  ruhen¬ 
den  Mauerwerkes  sind  eiserne,  mit  senkrechten  Gitterträgern  ver¬ 
steifte  Blechmäntel  angeordnet.  Das  darüberliegende  Mauer  werk  wird 
ohne  Fangedamm  über  Wasser  ausgeführt. 

Es  beträgt  die  Höhe  der  Kasten  samt  Mantel  bei  den  Strom¬ 
pfeilern  10,5  m  bis  15,9  m;  bei  den  Landpfeilern  4,5  m. 

Hinsichtlich  der  Aufstellung  des  Ueberbaues  ist  folgendes  zu 
bemerken.  Die  bedeutenden  Vortheile,  welche  —  wie  allgemein  an¬ 
erkannt  —  die  Auslegeträger  gegenüber  allen  anderen  festen  Träger- 
arteu  hinsichtlich  der  Aufstellung  des  Ueberbaues  bei  grofsen  Spann¬ 
weiten  darbieten,  veranlafsten  in  erster  Linie  zur  Wahl  derselben  für 
die  Donau-Ueberbrückung  bei  Cernavoda.  Die  heftigen  und  gefährlichen 


Abb.  3. 


Abb.  4. 


Die  Träger  ruhen,  wie 
früher  erwähnt,  auf  vier 
Strompfeilern  und  zwei 
Landpfeilern.  Die  ersteren 
sind  auf  festen  Sandboden 
in  einer  Tiefe  von  30  m 
unterdem  mittleren  Wasser¬ 
stande  gegründet.  Der  links¬ 
seitige  Landpfeiler  steht 
ebenfalls  auf  Sandboden 
in  einer  Tiefe  von  20  m, 
der  rechtsseitige  Land¬ 
pfeiler  auf  zu  Tage  treten¬ 
dem  Fels.  Dabei  stecken 
die  Strompfeiler  18  bis  22  m, 
der  linksseitige  Landpfeiler 
32  m  tief  im  Boden.  Diese 
Tiefen  sind  vollkommen 
hinreichend,  um  die  Pfeiler 
gegen  Auskolkungen  zu 
schützen.  Der  Querschnitt 
der  Pfeiler  im  Grundrisse 
ist  im  allgemeinen  ein  an 

den  Enden  von  Halbkreisen  abgeschlossenes  Rechteck.  In  Höhe  der 
Grundfläche  ist  der  stromabwärts  liegende  Vorkopf  nach  einer  Ellipse, 
in  Höhe  der  Eisbrecher  der  stromaufwärts  liegende  Vorkopf  nach 
einem  Dreieck  geformt.  Die  obere  Pfeilerstärke  wurde  nach  Er¬ 
fahrungsregeln,  die  obere  Pfeilerbreite  mit  Rücksicht  auf  die  An¬ 
ordnung  der  Lager  und  die  Aufstellungsart  der  Brückenkörper  be¬ 
stimmt. 

Es  beträgt  die  obere  Stärke  die  obere  Breite 

bei  den  Strompfeilern  5,0  m;  15,5  m; 

bei  dem  linksseitigen  Landpfeiler  3,5  m;  '  10,5  m. 

Die  übrigen  Pfeilermafse  wurden  durch  Rechnung  unter  Annahme 
eines  gröfsten  Druckes  von  12  kg/qcm  für  das  Mauerwerk  und  von 
10  kg/qcm  für  den  Baugrund  bestimmt.  Diese  letzere  Beanspruchung 
wurde  im  Hinblick  auf  die  grofse  Tiefenlage  der  Pfeilersohlen  zu¬ 
gelassen. 

Es  beträgt  nach  diesen  Rechnungen  in  Höhe  der  Grundfläche 

der  Mittelpfeiler  der  äufseren  des  linksseitigen 
^  Pfeiler  Landpfeilers 

die  Stärke  11,0  m;  10,5  m;  7,5  m; 

die  Breite  29,7  m;  29,7  m;  17,5  m. 

Sämtliche  Strompfeiler  und  der  linksseitige  Landpfeiler  werden  mit 


Donaubrücke  bei  Cernavoda. 


Wirkungen  des  Stromes 
zur  Winterzeit  während  des 
Eisganges,  die  Unmöglich¬ 
keit,  während  dieser  Zeit 
umfangreiche  Gerüste,  wie 
solche  für  die  Aufstellung 
gewöhnlicher  Brücken  noth- 
wendig  sind,  im  Strom  aus¬ 
zuführen  oder  zu  erhalten, 
rechtfertigte  diese  Wahl 
noch  mehr.  Wenn  man  da¬ 
bei  bedenkt,  dafs  mit  der 
bedeutenden  Eisenerspar- 
nifs  im  Ueb erbaue  zugleich 
eine  abermalige  Erleichte¬ 
rung  der  Aufstellung  ver- 
-  knüpft  ist,  so  mufs  man  sich 
wundern,  dafs  diese  Träger¬ 
art  nicht  schon  bei  Bear¬ 
beitung  der  früheren  Ent¬ 
würfe  ins  Auge  gefafst 
wurde. 

Zum  Schlüsse  mögen 

noch  einige  das  Gewicht  des  Ueberbaues  und  die  für  die  Pfeiler 
nöthigen  Baustoffe  betreffende  Zahlen  angeführt  werden. 

Es  beträgt: 

das  Gesamtgewicht  des  Ueberbaues  ohne  Lager, 

Brückenbelag  und  Fahrbahn . 

das  durchschnittliche  Gewicht  des  Ueberbaues 

f.  d.  Meter . 

das  Gewicht  des  Brückenbelages . 

das  Gewicht  der  Lager . 

das  Gewicht  des  für  die  Senkkasten  noth- 

wendigen  Eisens .  ,.  901  „ 

Für  die  Pfeiler  sind  nothwendig: 

Beton  aus  hydraulischem  und  Cement-Mörtel  ....  9  988  cbm ; 

Bruchsteinmauerwerk  .............  23 155  ,, 

V erblendmauerwerk  aus  Hausteinen .  8  392 

Quaderverblendung  und  Quadermauerwerk .  2  851  ,. 

im  ganzen  Mauerwerk  44386  cbm. 
Bei  der  am  15.  Januar  d.  J.  abgehaltenen  Verdingung  wurden 
diese  Arbeiten  an  die  französische  Brückenbauanstalt  Fives- Lille, 
welche  das  niedrigste  Gebot  eingereicht  hatte  (7  837  278  Franken), 
vergeben.  Die  Bauzeit  wird  laut  Vertrag  fünf  Jahre  dauern. 


rund  3439  Tonnen; 

4,44  „ 

561 

86,9  ,. 


178 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


3.  Mai  1890. 


Die  Hafeiierweiterimgsbauten  der  Stadt  Altona 

(Schlufs.) 


Die  Bauart  der  Kaimauer  ist  in  Abb.  4  dargestellt.  Sie 
entspricht  ungefähr  derjenigen,  welche  am  Bakenhafen  in  Hamburg 
zur  Anwendung  gekommen  ist.  Die  Mauer  ist  in  ihrem  vorderen 
Theile  massiv  und  besteht  in  dem  der  Laudseite  zugekehrteu  Theile 
aus  Pfeilern  im  Abstande  von  9  m  von  Mitte  zu  Mitte  und  zwischen¬ 
gespannten  Bögen,  von  denen  der  untere  durch  den  Hinterfüllungs- 
sand  belastet  wird  und  dadurch  die  Standfestigkeit  der  Mauer  erhöht, 
während  der  obere  zur  Aufnahme  der  einen  Schiene  für  das  Geleis 
der  beweglichen  Dampfkrahne  bestimmt  ist.  Es  mufs  hier  einge¬ 
schaltet  werden,  dafs  diese  zur  Ausführung  gekommene  zweite  Krahii- 
schiene  der  ursprünglich  geplanten  Anordnung  der  Güterschuppen 
und  Krahne  entsprach.  Diese  Anordnung  ist  später  verlassen  worden, 
nachdem  eine  „Kai-  und  Lagerhaus-Gesellschaft“  gebildet  worden, 
welche  den  Betrieb  der  Altonaer  Kaien  und  die  Einrichtung  der  Hoch¬ 
bauten  axif  dem  Ostkai  übernommen  hat.  Seitens  dieser  Gesellschaft 
ist  eine  Anordnung  der 
Krahne,  wie  in  dem 
Querschnitt  Abb.  3  dar¬ 
gestellt,  gewählt  worden, 
durch  welche  die  zweite 
Krahnschiene  auf  der 
Kaimauer  überflüssig 
wird. 

Die  Oberkante  der 
Abdeckplatten  der  Kai¬ 
mauer  liegt  auf  -1-  5,25 
Altonaer  Pegel,  während 
die  Höhe  des  mittleren 
Niedrigwassers  0,40, 
des  mittleren  Hoch¬ 
wassers  -j-  2,20  und  der 
höchsten  bekannten 
Sturmfluth  -1-  5,84  be¬ 
trägt.  Die  Mauer  ist  aus 
harten  Ziegeln  inCement- 
mörtel  1  ;  4  aufgebaut, 
mit  Bockhorner  Klinkern 
verblendet  und  mit  Gra¬ 
nitplatten  abgedeckt.  Sie 
ist  ausgestattet  mit 
Schiflfsringen,  schweren 
gufseisernen  Pollern  zur 
Aufnahme  der  Draht¬ 
seiltrossen  der  Schiffe, 
mit  Schutzpfählen  und 
Steigleitern. 

Der  Bauart  der  Kaimauer  entspricht  das  Fundament.  Es  besteht 
aus  einem  Pfahlrost,  verbunden  durch  Längsholme  und  darüber 
liegenden  Querschwellen.  Zwischen  letztere  legt  sich  parallel  z.u 
denselben  der  Bohlenbelag.  Zwischen  die  Querschwellen  mit  Zapfen 
eingesetzt  sind  Brusthölzer,  welche  ein  Verschieben  der  Mauer  auf 
dem  Fundament  verhindern.  Die  Oberkante  des  Holzwerks  liegt 
45  cm  über  dem  mittleren  Niedrigwasserstande.  Erfahrungsmäfsig 
bietet  dieses  Mafs  vollständige  Sicherheit  gegen  ein  Verfaulen  des 
Holzes.  Die  Pfähle  stehen  theils  in  Sand,  theils  in  blauem  Thon, 
sind  theils  gerade,  theils  schräg  gestellt,  im  Mittel  36  cm  stark  und 
in  der  Anzahl  von  32  Stück  unter  je  9  m  Länge  der  Kaimauer  an¬ 
geordnet.  Die  Mauer  ist  auf  dem  hölzernen  Fundament  in  Tidearbeit, 
ohne  Anwendung  eines  Fangdammes  ausgeführt  worden. 

An  beiden  Enden  der  Kaimauer,  da  wo  vor  derselben  die  volle 
Tiefe  für  Seeschiffe  nicht  vorhanden  ist  und  wo  deswegen  natur- 
gemäfs  die  Leichterfahrzeuge  (Schuten)  zu  verkehren  haben,  ist  die 
Möglichkeit  vorgesehen,  schwere  mehrstöckige  Speicher  hart  auf  die 
Uferkante  zu  setzen.  Es  ist  zu  diesem  Zwecke  auf  den  bezeichneten 
Strecken  das  Fundament  durch  Vermehrung  der  senkrechten  Pfähle 
verstärkt  worden. 

Die  zur  Austiefung  des  Seeschiffhafens  durch  Baggerung  auszu¬ 
hebenden  Bodenmassen  betragen  rund  70  000  cbm.  Dieselben  be¬ 
standen  etwa  zur  Hälfte  aus  blauem  Thon,  der  theilweise  von  aufser- 
gewöhnlicher  Dichtigkeit  und  Härte  war,  zur  anderen  Hälfte  aus 
Sand.  Zur  Hinterfüllung  der  Kaimauer  sind  ebenfalls  70  000  cbm 
erforderlich  gewesen  und  ist  nur  Sand  verwendet  worden,  sodafs  also 
die  Hälfte  des  Baggergutes  nach  geeigneten  Ablagerungsplätzen  ge¬ 
schafft,  und  durch  anderweitig  gebaggerten  Elbsand  ersetzt  werden 
mufste.  Zur  Ausführung  der  Austiefungsarbeiten  ist  ein  unter 
günstigen  Bedingungen  angekaufter  älterer  Dampfbagger  verwendet 
worden,  welchen  die  Zoll-Anschlufs-Commission  nach  vollständiger 


Vollendung  der  Arbeiten  wieder  zu  veräufsern  beabsichtigt.  Die 
Hinterfüllung  des  Baggersandes  hinter  die  Kaimauer  ist,  soweit  dies 
angängig  war,  durch  einfaches  Auswerfen  aus  den  hinter  dieselbe 
gebrachten  Baggerschuten  bewirkt  worden,  und  als  für  diese  eine 
genügende  Fahrtiefe  auch  bei  Hochwasser  nicht  mehr  vorhanden  war 
durch  die  beweglichen  Dampfkrahne  auf  der  Ufermauer,  wie  sie 
dem  ursprünglichen  Bebauungspläne  gemäfs  beschaft’t  waren.  Es 
sind  dies  die  in  Altona  und  Hamburg  allgemein  üblichen  direct 
wirkenden  Krahne  Brownscher  Bauart  von  15  Tonnen  Tragfähigkeit. 
In  regelmäfsigem  Betriebe  hat  die  Leistung  des  einzelnen  Krahnes 
auf  den  Hub  etwa  550  Liter  und  auf  den  Tag  von  10  Arbeitsstunden 
etwa  lUO  cbm  betragen.  Als  Fördergefäfse  haben  dabei  theils  geviert- 
förmige,  nach  oben  verjüngte  eiserne  Kästen  mit  selbstthätig  öffnen¬ 
den  Bodenklappen,  wie  sie  in  Euhrort,  Duisburg  usw.  zur  Ausladung 
vou  Eisenerzen  üblich  sind,  theils  einfache  runde  eiserne  Kipptonnen 

gedient.  Ein  erheblicher 
V  ortheil  der  erstge¬ 
nannten  Gefäfse  den 
letzteren  gegenüber  hat 
sich  dabei  nicht  ergeben. 

Die  Beschreibung  der 
auf  dem  Kai  zu  errich¬ 
tenden  Lagerhäuser  und 
der  für  dieselben  zu  ver¬ 
wendenden  Hebevorrich¬ 
tungen  kann  hier  nicht 
gegeben  werden ,  weil 
diese  Anlagen,  wie  be¬ 
reits  erwähnt ,  seitens 
der  Kai-  und  Lagerhaus- 
Gesellschaft  auszuführen 
sind  und  gegenwärtig 
erst  entworfen  werden. 
Die  Strafsen- ,  Eisen¬ 
bahn-  und  Entwässe- 
rungs  -  Anlagen  bieten 
nichts ,  das  technisch 
besonders  beme.rkens- 
werth  wäre. 

2.  Die  Hafenstrafse. 
Die  Verbindung  des 
Hafens  mit  der  oberen 
Stadt  wurde  bisher  durch 
zwei  Strafsen  vermittelt, 
von  denen  die  eine  sehr 
steile  vom  Westende,  die  andere  sehr  schmale  und  für  den  auf  sie 
angewiesenen  Verkehr  durchaus  unzureichende  vom  Ostende  des  Ufers 
hinaufführt.  Alle  übrigen  nach  oben  führenden  Strafsen  sind  wegen 
ihrer  unbrauchbaren  Steigungsverhältnisse  für  Fuhrwerk  nicht  zu  be¬ 
nutzen.  Die  neue  Hafenstrafse  geht  vom  Holzhafen,  dem  gegen¬ 
wärtigen  Mittelpunkte  des  Hafenverkehrs  aus  und  schneidet  einen 
Theil  der  erwähnten  steilen  Strafsen  fast  rechtwinklig.  Sie  über¬ 
windet  bei  etwa  440  m  Länge  einen  Höhenunterschied  von  11  m 
zwischen  Elbstrafse  und  Breitestrafse  und  erreicht  damit  das  Strafsen- 
netz  der  oberen  Stadt  in  einem  Punkte,  von  welchem  aus  die  ver¬ 
schiedenen  Theile  der  Stadt  durch  fernerhin  nur  mäfsig  ansteigende 
Strafsen  zu  erreichen  sind.  Die  mittlere  Steigung  der  Hafenstrafse 
selbst,  abgesehen  von  den  fast  wagerecht  liegenden  Mündungsplätzen, 
beträgt  1  :  33,  Die  Strafse  ist  15  m  breit,  wovon  10,5  m  auf  den 
Fahrdamm  und  je  2,25  m  auf  jeden  der  beiderseitigen  Fufswege  ent¬ 
fallen.  Zur  Beurtbeilung  dieser  Breitenverhältnisse  ist  zu  bemerken, 
dafs  die  Strafse  vorzugsweise  von  Lastfuhrwerk,  verhältnifsmäfsig 
wenig  von  Fufsgängern  benutzt  werden  wird,  und  zur  Aufnahme 
zweier  Pferdebahngeleise  bestimmt  ist.  Die  Pflasterung  des  Fahr¬ 
dammes  und  der  Fufsweg-Belag  sind  aus  bestem  Stein  sorgfältig 
ausgeführt.  Die  Strafse  ist  mit  Wasser-,  Gas-  und  Siel-Leitungen 
ausgiebig  versehen. 

Aus  dem  Umstande,  dafs  die  Strafse  sich  an  der  steilen  Böschung 
entlang  zieht,  ergab  sich,  um  nicht  die  erstere  beiderseitig  durch 
Mauern  einfassen  und  die  gekreuzten  Strafsen  beiderseitig  mit 
Treppen  anschliefsen  zu  müssen,  die  Nothwendigkeit,  die  nördliche 
Fluchtlinie  so  zu  führen,  dafs  durch  dieselbe  die  gekreuzten  Strafsen 
in  der  vorhandenen  Höhe  getroffen  wurden.  Auf  diese  Weise  waren 
nur  an  der  südlichen  Fluchtlinie  Stützmauern  (bis  zu  3,8  m  Höhe) 
und  Verbindungstreppen  erforderlich.  Nur  im  südlichen  Theile  der 
Strafse  mufste  die  nördlich  anstofsende  steile  Böschung  durch  eine 


Grundrifs  Aufsicht 

des  Pfahl-  des  Schwell-  des  Bohlen-  auf  die  Mauer, 

rostes.  rostes.  belags. 


0  5  10  20  30'" 

nuü 1 ! 1 : 1 1 ! 1 1 — 1 - - - - - j_ _ I 

Abb.  4.  Ufermauer  des  Seeschiffhafens.  Normale  Ufermauer. 
Hafenerweiterungsbauten  der  Stadt  Altona. 


Kr.  18. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


179 


kräftige  Futtermauer  gestützt  werden.  Die  Bestimmung  der  Strafsen- 
linie  aus  dem  bezeichneten  Gesichtspunkte  ergab  die  gewundene 
Form  der  Strafse,  wie  sie  aus  dem  Lageplane  Abb.  2  ersichtlich  ist. 

3.  l)ie  Erweiterung  des  westlichen  Hafens  für  Flnfsfahrzeuge. 

Durch  diese  Erweiterung  ist  im  Anschlüsse  an  die  bereits  vor¬ 
handen  gewesene  Anlage  für  den  Verkehr  der  kleinen  Schiffahrt  die 
gesamte  Uferstrecke  zwischen  Westkai  und  Gasanstalt  ausgebaut 
worden.  Es  sind  327  m  Kailänge  und  9240  qm  Kaifläche  der  alten 
Anlage  hinzugefügt.  Die  Ufervorsetze  ist  ein  hölzernes  Bohlwerk, 
gehalten  durch  30  cm  starke  gerammte  quadratisch  beschlagene 
Pfähle.  Die  Bauart  der  Vorsetze  ist  aus  Abb.  5  ersichtlich.  Die 
Oberkante  der  Construction  ist  sehr  niedrig,  auf  +  2,85  Altonaer 
Pegel,  gehalten.  Die  Austiefung  der  Flufssohle  erstreckt  sich  an 
der  Vorsetze  nur  auf  — 0,7  Altonaer  Pegel.  Diese  Verhältnisse  haben 
sich  als  besonders  zweckmäfsig  zum  Anlegen  der  sogenannten  Ewer 
bewährt,  d.  i.  derjenigen  Segelfahrzeuge,  welche  den  Verkehr  mit 
der  Ober-  und  Unterelbe  vermitteln;  die  Bauart  dieser  Fahrzeuge 
gestattet  ein  Aufsetzen  auf  den  Grund,  was  jedesmal  bei  niedrigem 
Wasser  stattfindet.  Es 
wird  dadurch  erreicht, 
dafs  der  Höhenunter¬ 
schied  zwischen  Bord¬ 
kante  des  Fahrzeugs  und 
Uferkante  stets  eine  mög¬ 
lichst  geringer  und  für 
das  Löschen  und  Laden 
bequemer  bleibt,  wodurch 
der  Vortheil  geringster 
Ladekosten  erzielt  wird. 

Diesem  Vortheil  gegen¬ 
über  fällt  der  Umstand 
nicht  ins  Gewicht,  dafs 
der  vordere  Theil  der 
Kaifläche  seiner  niedri¬ 
gen  Lage  halber  gele¬ 
gentlich  auf  kurze  Zeit 
überschwemmt  wird.  Die 
Kaifläche  ist  chaussirt 
und  durch  zwei  bequeme 
gepflasterte  Anfahrts¬ 
rampen  zugänglich. 

4.  Der  östliche  Hafen 
für  Fischerfahrzeuge. 

Die  Anlage  des  öst¬ 
lichen  Hafens  ist  den  Be¬ 
dürfnissen  des  Markt¬ 
verkehrs  zu  dienen  bestimmt.  Es  galt  zunächst,  die  beiden  Markt¬ 
flächen  am  Fischmarkt  und  Fischerplatz  durch  eine  sehr  bedeutende 
Verbreiterung  der'grofsen  Elbstrafse  mit  einander  zu  verbinden  und 


zwischen  beiden  Plätzen  einen  neuen  dritten  Platz  zu  schaffen, 
welcher  vorerst  zur  Abhaltung  der  Versteigerungen  über  die  aus 
See  ankommenden  Fische  und  überhaupt  für  den  Grofshandel  mit 
Fischen  dienen  soll.  Dieser  Verkehr  ist  bisher  mit  dem  Gemüse¬ 
handel  und  sonstigem  Kleinverkehr  auf  dem  Fischmarktplatze  zu¬ 
sammengedrängt  gewesen. 

Es  ist  im  Plane,  am  Ufer  massive  Vorsetzen,  soweit  dieselben 
vor  den  jetzt  weggebrochenen  Speichern  nicht  bereits  vorhanden 
waren,  mit  Treppen-  und  Aboi’t-Anlage  auszuführen,  desgleichen  den 
Schiengel  an  der  Dalbenlinie  zum  Anlegen  von  Fahrzeugen  geeignet 
zu  machen  und  den  Schlengel  mit  dem  Ufer  durch  eine  neue  Lan¬ 
dungsbrücke  zu  verbinden.  Von  den  genannten  Arbeiten  ist  jedoch 
vorläufig  nur  die  Verbreiterung  der  Elbstrafse  in  endgültiger  Form 
zur  Ausführung  gelangt.  Inzwischen  ist  die  Frage  aufgeworfen 
worden,  ob  nicht  eine  noch  durchgreifendere  Umgestaltung  des  öst¬ 
lichen  Ufers,  etwa  eine  vollständige  Vereinigung  des  Fischmarkt- 
Hafens  und  Fischmarkt-Platzes  mit  den  neuen  Anlagen  geboten  er¬ 
scheine.  Es  ist  dies  der  Grund,  weshalb  man  es  vorgezogen  hat,  die 
übrigen  geplanten  Anlagen  am  östlichen  Hafen  einstweilen  nur  in 

leichter  Bauart  zur  Aus¬ 
führung  zu  bringen. 

Durch  die  Ueber- 
nahme  der  Hochbauten 
und  Hebewerkzeuge  auf 
dem  Seeschiffkai  seitens 
der  Kai-  und  Lagerhaus- 
Gesellschaft,  ferner  durch 
die  nur  leichtere  Aus¬ 
führung  des  östlichen 
Hafens ,  und  durch 
mancherlei  sonstige  Er¬ 
sparungen  gegen  die 
Kostenanschläge  sind 
zuzüglich  der  ursprüng¬ 
lich  vorgesehenen  Eück- 
lagesumme  im  ganzen 
noch  1800  000  Mark  für 
eine  Erweiterung  der 
Anlagen  verfügbar  ge¬ 
blieben,  über  deren 
nähere  Verwendung  ein 
Entschlufs  zur  Zeit 
noch  aussteht.  Es  sind 
für  die  bisherigen  Aus¬ 
führungen  somit  im 
ganzen  6  Millionen  Mark 
verausgabt  worden,  von 
welcher  Summe  rund 
3  600  000  Mark  auf  den  Grunderwerb  entfallen. 

Hamburg  und  Altona,  im  Juli  1889.  Pieper, 

Civil -Ingenieur. 


Abb.  5.  Holz -Vorsetze  des  westlichen  Hafens  für  Flufsfahrzeuge. 
Hafenerweiterungsbauten  der  Stadt  Altona. 


Wettbewerb  für  ein  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau. 


Wie  wir  neulich  schon  meldeten,  haben  sich  die  Künstler  am 
Wettbewerb  um  das  Breslauer  Kaiserdenkmal  sehr  lebhaft  betheiligt. 
Dieser  Tage  nun  werden  die  Preisrichter  zusammentreten,  um  wenig¬ 
stens  fünf  Meistern  sichtbaren  Lorbeer  zuzuertheilen.  Die  Richter 
gehören  neben  Künstlern  und  Kunstgelehrten  den  verschiedensten 
Ständen  und  Berufskreisen  an  und  werden  vielleicht  überraschende 
Beschlüsse  zu  Tage  fördern,  überraschend  für  die  gxofse  Menge 
aufserhalb,  vielleicht  aber  auch  innerhalb  der  nächstbetheiligten 
Künstlerkreise.  Deshalb  möchten  wir  noch  einmal,  bevor  der  Sturm  des 
Wortkampfes  die  Meinungen  klärt  —  oder  trübt,  die  Reihen  der  Mo¬ 
delle  durchschreiten,  dabei  anhalten  bei  unseren  Lieblingen  und  hier 
mittheilen,  was  uns  an  ihnen  gefällt.  Nach  der  Ansicht,  die  wir  uns 
durch  eingehendes,  tagelanges  Studium  gebildet  haben,  heben  wir 
eine  kleine  Zahl  von  Entwürfen  heraus  und  führen  sie  in  der  Reihen¬ 
folge  vor,  nach  welcher  wir  sie  ausgeführt  wünschen  würden. 

Der  von  Provinz  und  Stadt  für  das  Denkmal  gewählte  Standort 
ist  ein  so  schöner,  wie  sich  der  Bildner  ihn  für  sein  Werk  nur 
wünschen  kann.  Er  liegt  zwischen  einer  inneren  und  einer  äufseren 
baumreichen  Promenade,  östlich  der  Schweidnitzer  Strafse,  der  Haupt¬ 
verkehrsader  der  Stadt,  dort,  wo  diese  die  Promenade  durchschneidet, 
über  dem  theilweise  zugeschütteten  Stadtgraben,  der  unmittelbar  da¬ 
hinter  in  langem  Zuge  seinen  Wasserspiegel  hinerstreckt.  Nach 
dieser  Wasserfläche  zu  wird  der  etwas  über  den  Strafsen-  und 
Promenaden-Zug  erhobene  Denkmal-Unterbau  in  hoher  Terrasse  ab- 
fallen.  Deshalb  wird  der  gröfsere,  obere  Theil  des  Denkmals,  also 
mindestens  das  Reiterstandbild  selbst,  frei  vor  der  Luft  stehen  für 


den  Beschauer,  der  sich  westlich  davor  in  der  Denkmalachse  be¬ 
findet.  Dem  von  der  Vorstadt  oder  von  der  äufseren  Promenade 
Kommenden  wird  sich  das  Denkmal  von  der  Seite  wieder  in  einer 
anderen  Art  schön  darbieten,  insofern  es  sich  nämlich  von  einem 
Hintergründe  dunkler  Bäume  und  von  der  in  gröfserer  Entfernung 
darüber  aufsteigenden  hohen  gothischen  Corpus-Christi-Kirche  abhebt. 
Es  lag  in  der  Aufgabe,  wenigstens  in  Zeichnung,  in  einem  Lageplane, 
mit  anzugeben,  wie  sich  der  Künstler  die  Anordnung  und  architek¬ 
tonische  Fassung  dieses  Denkmal-Ortes  und  auch  seines  Gegenüber 
jenseits  der  Strafse  dächte.  Letzteres  ist  zumeist  als  kleine  Garten- 
Architektur,  als  brüstungsumsäumter  Platz  mit  Sitzbänken  im  Halb¬ 
rund  und  einem  Springbrunnen  in  der  Mitte  ausgebildet. 

Heben  wir  aus  der  Zahl  der  eingegangenen  Entwürfe  den  heraus, 
welcher  die  bestimmten  Erfordernisse  der  eigenthümlich  gestalteten 
Oertlichkeit  am  meisten  berücksichtigt.  Es  ist  Nr.  41,  y,Aere 
perennius'-^ .  Der  Künstler  hat  gefühlt,  dafs  an  dieser  landschaftlich 
wechselreichen  Stelle  das  Denkmal  aus  dem  überaus  lebhaften  Ver¬ 
kehr  herausgehoben  und  zu  gröfserer  Ruhe  bedeutsam  architektonisch 
eingerahmt  werden  müsse.  Die  Terrasse,  die  er  zu  dem  Zwecke 
schafft,  trägt  das  Denkmal  auf  ihrem  vorderen  Theile  und  ist  der 
breiten  achtstufigen  Freitreppe  der  oberen  Plattform  gewissermafsen 
eingeschoben,  weitere  sechs  Stufen  laden  davor  zu  einer  Unterterrasse 
aus,  die  drei  unteren  von  ihnen  im  Halbrund  heraustretend.  Das 
Denkmal  selbst  steigt  in  zwei  Absätzen  auf.  Der  untere,  breitere 
wird  von  zwei  seitlichen  Vorsprüngen  überragt,  besonderen  Sockeln, 
welche  sitzende  Gestalten  tragen:  auf  der  einen  Seite  die  Land  und 


180  Centralblatt  der  Bauverwaltung.  3.  Mai  1890. 


Eeich  scliützende  Kriegskunst,  auf  der  anderen  Kunst  und  Wissen¬ 
schaft  im  Schutze  des  Friedens;  in  der  Mitte  ein  breites  Relief,  die 
„Gründung  des  deutschen  Reiches“.  Darüber  steigt  dann  erst  das 
schmalere  obere  Postament  auf,  welches  das  Reiterbild  trägt.  Letz¬ 
teres  hat  mit  5,5  m  Höhe  gerade  die  wünschenswerthe  Gröfse.  Durch 
seine  Anordnung  und  Haltung  ist  es  bedeutsam  gestaltet,  nicht  durch 
Steigerung  des  Mafsstabes,  wie  viele  andere  das  versucht  haben,  in¬ 
dem  sie  den  Reiter  8  m  und  darüber  hoch  machten.  Der  Kaiser  ist 
im  Kröuungsmantel  dargestellt;  das  Scepter  auf  die  Hüfte  gestemmt, 
auf  dem  Haupte  statt  der  schwerfälligen  Krone  den  Siegeslorbeer. 
Das  Pferd  steht  ruhig  und  senkt  den  Kopf,  dadurch  dem  Besch.auer 
die  Gestalt  des  Kaisers  freier  gebend. 

Nr.  15,  ,,Sc/ifesie7i  seine^n  Kaiser  taid  Köniff^,  baut  das  Denkmal 
inmitten  einer  dachen  Terrasse  von  ungefähr  22  m  Breite  zu  24  m 
Tiefe  auf,  die  vorn  in  Grundform  des  halben  Achtecks  mit  drei  Stufen 
zur  Strafse  niedersteigt  und  nach  dem  Stadtgraben  hin  beinahe 
im  Halbrund  mit  einer  Balustrade  abschliefst.  Die  Brüstung  endigt 
links  und  rechts  mit  Standbildern  des  Fürsten  Bismarck  und  des 
Grafen  Moltke  derart,  dafs  diese  Nebendenkmale  in  guter  Beziehung 
und  auch  im  guten  Gröfsenverhältnisse  zum  Hauptdenkmale  stehen. 
Letzteres  erhebt  sich  rund  10,50  m  über  der  Terrasse  bei  5  m  Höhe 
für  das  Reiterbild.  Das  Postament  steht  zunächst  mit  länglich  recht¬ 
eckigem  Grundrifs  auf  drei  Stufen  und  hat  eine  ringsumlaufende, 
breite  Bank,  auf  deren  Ecken  vier  allegorische  Figuren  sitzen.  Der 
weiter  aufsteigende  einfache  Sockel  ladet  vorn  und  hinten  im  Halb¬ 
rund  aus.  Die  Architektur  bewegt  sich  in  den  Formen  einer  feinen, 
klaren,  fast  griechischen  Renaissance,  zu  der  allerdings  die  Aufsätze 
der  Brüstungspfosten  hinterwärts  nicht  recht  passen  wollen.  Als 
Abschlufs  des  Hintergrundes  tragen  diese  Aufsätze  vier  ganz  gleich- 
mäfsig  gestaltete  Victorien  mit  Flammenschalen  auf  den  Häuptern. 
Die  portraitmäfsige  Erscheinung  des  Kaisers  ist  von  vornehmer 
Schlichtheit.  Alles  Figürliche  an  diesem  Entwürfe  ist  vorzüglich  schön. 
Die  vorbereitende  Architektur  ist  weniger  gelungen;  sie  giebt  mehr  ein 
Tafelbrett,  auf  dessen  Mitte  das  Denkmal  gewissermafsen  lose  steht, 
eine  Anordnung,  die  sich  bei  einer  grofsen  Anzahl  anderer  Modelle 
ähnlich  wiederündet. 

Nr.  5,  „Im  Volke  unvergessen''^  giebt  einfach  und  anmuthig  eine 
hübsche  Promenadenzier  schon  allein  in  der  Architektur  der  Deukmal- 
terrasse  und  ihres  Gegenüber.  Das  Hauptdenkmal  ist  über  der 
halbrunden,  vierstufigen  Vorterrasse  12  m  hoch,  davon  kommen  5  m 
auf  das  Reiterbild.  Wie  Nr.  41  stellt  dieses  Modell  das  Postament 
mit  dem  Kaiserbilde  vorn  hin.  Es  schneidet  in  die  Stufen  zur  oberen 
Plattform  von  fast  quadratischem  Grundrisse  ein  und  läfst  rechts 
und  links  vom  Denkmale,  ähnlich  wie  Nr.  15,  die  hinterwärts  um  die 
Terrasse  herumlaufende  Brüstung  durch  zwei  Postamente  abschliefsen, 
welche  hier  allegorische  Figuren  tragen.  Nach  dem  Stadtgraben 
hinaus  erweitert  sich  die  Terrasse  noch  zu  einem  Halbrund  mit  Sitz¬ 
bänken.  Darüber  als  Abschlufs  eine  hübsche  Figurengruppe,  eine 
Frau  aus  dem  Volke,  welche  Kindern  die  Thaten  des  grofsen  Kaisers 
und  Nationalhelden  erzählt.  Vorn  am  Postament  des  Kaiserbildes 
eine  Verkörperung  Schlesiens  mit  der  zu  ihren  Füfsen  sitzenden 
Oder.  Schlesien  hebt  zum  Kaiser  einen  Lorbeerkranz  hinauf.  Das 


Denkmal  wirkt  in  seinen  mäfsigen  Abmessungen  doch  grofs.  Der 
Kaiser  erscheint  würdevoll  in  Federhelm  und  Fürstenmantel.  Die 
Kaiserkrone  heben  Putten  vorne  am  Postament  zu  ihm  empor. 

Nr.  24,  „Silesia“,  zeigt  eine  Terrasse  von  rechteckiger  Grundform, 
auf  welche  Freitreppen  vorne  von  der  Strafse  her  und  auch  seitlich  von 
den  Promenaden  hinaufführen.  Hinterwärts  senkt  sich  die  gequaderte 
Futtermauer  in  den  Stadtgraben,  mit  vorspringendem  Mittelrisalit  noch 
weiter  in  das  Wasser  voftretend.  Zu  Seiten  dieses  Vorsprunges  geben 
rundbogig  geschlossene  Canalöfiuungen  den  Durchflufs  des  Wassers 
unter  der  Terrasse  frei.  Das  Mittelrisalit  aber  hat  eine  Rundbogen- 
nisclre,  in  welcher  die  Gestalt  der  „Oder“  ruhend  aus  einer  Urne  dem 
Stadtgraben  lebendiges  Wasser  spendet.  Mitten  auf  der  Fläche  der 
mit  steinerner  Brustwehr  umsäumten  Terrasse  erheben  sich  über  drei 
mächtigen  Stufen  Postament  und  Reiterstandbild,  das  Ganze  11,5  m, 
das  Reiterbild  5,5  m  hoch.  Das  in  seiner  oberen  Grundfläche  ver- 
hältnifsmäfsig  kleine,  aber  ausreichend  grofse  Postament  ist  einfach 
und  gut  gegliedert;  daran  vorne  eine  Figurengruppe;  Silesia  erzählt 
ihren  Söhnen  von  den  Thaten  des  Kaisers.  Das  Kaiserbild  selbst 
erscheint  einfach  portraitmäfsig  mit  Federhelm  und  Feldmantel.  Die 
Gestalten  von  Bismarck  und  Moltke,  nur  in  lose  aufgestellten  Modell¬ 
skizzen  beigegeben,  sollen  das  Gegenüber  jenseit  der  Strafse  zieren. 

Soweit  hatten  wir  unseren  Bericht  geschrieben,  als  die  Preis- 
ertheilung  am  24.  d.  M.  stattfand.  Wenn  wir  vor  dieser  Entscheidung 
die  Absicht  hatten,  noch  mehrei-e  der  Modelle  als  fleifsige  und  preis- 
werthe  Arbeiten  zix  beschreiben,  so  wollen  wir  dieselben  jetzt  wenig¬ 
stens  noch  nach  Nummer  und  Kennwort  anführen.  —  Es  sind 
Nr.  21  „Dem  grofsen  Kaisei-'',  Nr.  38  „Silesia* Nr.  31  „Dem 
Emiger  Deutsehlands  das  treue  SchlesieiV^  das  Werk  eines  sicher 
sehr  erfahrenen  Bildhauers,  der  hier  nur  einen  zu  grofsen  Mafsstab 
gewählt  hat,  Nr.  34  „Schlesien- Breslau" ,  Nr.  11  „Friede",  Nr.  4 
„Schlesien  dem  ersten  Deutschen  Kaiser'",  Nr.  8  „Gott  mit  uns 
IV.  S.“,  Nr.  10  „Schlicht  mul  ivahr"  und  endlich  Nr.  7  „Gott  mit  uns". 
Das  letztere,  ausgezeichnet  durch  eine  getreue  Wiedergabe  der 
Persönlichkeit  des  Kaisers  und  durch  eine  schöne  Figurengruppe 
vorn  am  Postament:  „Germania  inmitten  der  Gestalten  von  Krieg 
und  Frieden“,  ist  mit  den  anderen  vier  eingehender  beschriebenen 
Werken  von  den  Preisrichtern  auserwählt  worden.  Somit  hat  sich 
die  Preisertheilung  folgendermafsen  gestaltet  (vgl.  S.  171  d.  Bl.) : 

Den  ersten  Preis  von  6000  Mark  gewannen  mit  ihrem  Entwürfe 
Nr.  41  der  Bildhauer  Christian  Behrens  in  Breslau  zusammen  mit  dem 
Architekten,  Baudirector  Hugo  Licht  in  Leipzig;  der  zweite  Preis  von 
4000  Mark  fiel  dem  Bildhauer  Professor  Fritz  Sch  aper  in  Berlin  für 
das  Modell  Nr.  15  zu;  die  dritten  Preise  zu  je  2000  Mark  erhielten  auf 
Nr.  24  Bildhauer  Karl  Hilgers  in  Charlottenburg  bei  Berlin,  auf  Nr.  5 
Bildhauer  Werner  Stein  und  Architekt  Hans  Enger  in  Leipzig  und 
auf  Nr.  7  Bildhauer  Otto  Lang  in  München.  Die  Ausführung  des 
mit  dem  ersten  Preise  gekrönten  Werkes  von  Chr.  Behrens,  welcher 
Vorstand  des  Meister  -  Ateliers  am  Museum  der  bildenden  Künste 
in  Breslau  ist,  wurde  alsbald  in  Absicht  genommen.  Das  Ergeb- 
nifs  der  Breslauer  Wettbewerbung  ist  somit  ein  recht  erfreuliches 
zu  nennen. 

Breslau,  26.  April  1890.  C.  L. 


Vermischtes. 


Semper -Denkmal.  An  der  Spitze  des  Anzeigentheiles  dieser 
Nummer  finden  die  Leser  einen  Aufruf  des  derzeitigen  Vorstandes 
vom  Verbände  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- Vereine,  in  wel¬ 
chem  mitgetheilt  wird,  dafs  an  der  zur  Errichtung  eines  Standbildes 
Gottfried  Sempers  auf  der  Brühlschen  Terrasse  in  Dresden  erforder¬ 
lichen  Summe  noch  1000  Mark  und  aufserdem  die  Geldmittel  für  den 
Grundbau  und  eine  angemessene  Einfriedigung  des  Denkmals  sowie 
für  eine  würdige  Enthüllungsfeier  fehlen.  Die  Einzelvereine  und 
ihnen  nahestehenden  Vereinigungen,  ihre  einzelnen  Mitglieder  und 
alle  Freunde  der  Baukunst  werden  zu  weiterer  Beisteuer  aufgefordert. 
W^ir  sind  der  Ueberzeugung,  dafs  es  nur  des  Bekanntwerdens  der 
Sachlage  bedarf,  um  in  kurzer  Frist  den  Betrag  zu  gewinnen,  der 
die  Vollendung  des  begonnenen  Gedächtnifswerkes  sicherstellt. 

Die  Internationale  elektrotechnische  Ausstellung  in  Frank¬ 
furt  a.  M.  (vergl.  1889,  S.  473  u.  S.  120  d.  J.)  ist  auf  das  Jahr  1891 
verschoben  worden. 

F.  W.  Laessig  't'.  Am  Sonntag  den  27.  April  d.  J.  starb  in 
Oppeln  nach  kurzem  Leiden  im  kräftigsten  Mannesalter  von  51  Jahren 
der  Regierungs-  und  Baurath  bei  der  dortigen  Königlichen  Regierung 
Friedrich  Wilhelm  Laessig.  Der  Verstorbene  gehörte  zu  den 
Naturen,  deren  Art  es  ist,  auf  dem  ihnen  angewiesenen  Wirkungs¬ 
felde  bescheiden  und  geräuschlos  zu  arbeiten.  In  die  gröfsere  Oelfent- 
lichkeit  ist  sein  Name  wenig  gedrungen,  aber  seinem  unermüdlichen 
Schalfen  hat  darum  der  Erfolg  nicht  gefehlt,  und  die  preufsische 


Staatsbauverwaltung  verliert  in  ihm  —  das  darf  ohne  Uebertreibung 
gesagt  werden  —  einen  ihrer  tüchtigsten  Baubeamten.  Hielt  man 
doch  in  mafsgebenden  Kreisen  den  Verstorbenen  zu  sjaäterem 
Wirken  in  höherer  Stelle  für  ganz  besonders  geeignet  und  setzte 
Hoffnungen  auf  ihn,  die  mit  seinem  Dahinscheiden  nunmehr  leider  zu 
Grabe  getragen  worden  sind.  Aufsergewöhnliches  fachliches  Können, 
Zuverlässigkeit  und  Pflichttreue  sind  die  Tugenden,  die  Laessig  jeder¬ 
zeit  nachgerühmt  wurden,  und  nicht  zurück  hinter  ihnen  stehen  die 
Eigenschaften  seines  Charakters,  die  ihn  zu  einer  überall  hoch¬ 
geachteten  und  beliebten  Persönlichkeit  machten. 

Aus  dem  äufseren  Lebensgange  des  verdienten  Mannes  theilen 
wir  mit,  dafs  er  aus  Beuthen  i/0. -Schl,  stammte,  wo  er  im  Jahre  1839 
geboren  war.  1862  trat  er  als  Bauführer  und  Feldmesser  in  den 
Staatsdienst  und  legte  im  April  1870  die  Baumeisterprüfung  ab.  In 
den  ersten  Jahren  seiner  selbständigeren  Berufsthätigkeit  war  er  bei 
Eisenbahnbauten  beschäftigt,  insbesondere  in  der  Stellung  eines 
Abtheilungs-Baumeisters  bei  der  Bahnlinie  Bebra-Friedland.  Dann 
trat  er  zur  Allgemeinen  Bauverwaltung  über,  wurde  1880  zum  Bau¬ 
inspector  bei  der  Regierung  in  Frankfurt  a./O.  ernannt  und  im  Jahre 
darauf  mit  der  Verwaltung  der  Kreisbaubeamteu-Stelle  in  Demmin 
betraut.  Seit  Februar  1885  ist  Laessig  als  Regierungs-  und  Baurath 
I  in  seinem  sehr  umfangreichen  Oppelner  Geschäftskreise  thätig  gewesen, 
und  hat  sich  neuerdings  insbesondere  durch  rastlosen  Eifer  und  vor¬ 
zügliche  Leistungen  bei  Bewältigung  der  zahlreichen  schlesischen  Noth- 
standsbauten  rühmlich  hervorgethan.  —  Ehre  seinem  Andenken! 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Willielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nicätamtliclien  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K e rsk es,  Berlin. 


181 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  10. 

Mai  1890.  Nr.  19. 

Rcdaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark 

INHALT:  Amtliches:  Circular -Erlafs  vom  25.  April  1890,  betreffend  einen  neuen 
Stoff  für  Theater-Decorationen  aus  Asbest-Gewebe.  —  Personal-Nachrichten.  —  Gut¬ 
achten  und  Berichte.  Entwurf  zum  Bau  einer  zweiten  Kirche  für  die  St.  Johannis- 
Gemeinde  in  Moabit  —  Nichtamtliches:  Neuer  Oberbau  für  die  Berliner  Stadt-Eisen¬ 
bahn.  —  Die  Marienburg  unter  polnischer  Herrschaft  —  Der  Bau  billiger  Wohnungen. 

—  Die  Einrichtung  der  Staustufen  bei  Canalisirungeu  von  Flufsstrecken  mit  schnellem 
Wasserwechsel.  —  Zur  Berechnung  von  Prellböcken  mit  Wasserbremse.  —  Ver¬ 
mischtes:  Grundsteinlegung  zur  Erlöserkirche  in  Eummelsburg.  —  Befohlener  An- 

zug  bei  Besuchen  Sr.  Majestät  des  Kaisers  in  Galerieen  usw.  —  Stipendium  der  Louis 
Boissonnet-Stiftung.  —  Preisbewerbnng  für  ein  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  der  Ehein¬ 
provinz.  —  Preisbewerbung  für  ein  Gerichtsgebäude  in  Bremen.  —  Preisbewerbungen 
im  Berliner  Architekten-Verein.  —  Ewerbeck-Ausstellung.  —  Ausstellung  bei  der  Ver¬ 
sammlung  des  Verbandes  deutscher  Arch.-  und  Ing.-Vereine  in  Hamburg.  —  Um¬ 
gestaltung  der  städt.  Bauverwaltung  in  Düsseldorf.  —  Versagen  der  selbstthätigen 
Luftsaugbremse.  —  Ober-Baurath  Ludwig  Büchner  f. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Circular -Erlafs,  betreffend  einen  neuen  Stoff  für  Theater- 
Decorationen  aus  Asbest-Gewebe. 

Berlin,  den  25,  April  1890. 

Den  Decorationsmalern  Müller  u.  Schaefer  hierselbst,  Stralauer- 
strafse  Nr.  58,  ist  es  gelungen,  einen  Stoff  für  Theater-Decorationen 
aus  reinem  Asbest-Gewebe  herzustellen,  welcher  bei  der  von  der 
hiesigen  Feuerwehr  ausgeführten  Probe  als  möglichst  feuersicher  er¬ 
achtet  worden  ist.  Insbesondere  ist  dieser  Stoff  auch  geeignet,  die 
Herrichtung  feuersicherer  Podien  im  Sinne  der  §§  74  und  81 G  der 
Polizei- Verordnung,  betreffend  die  bauliche  Anlage  von  Theatern  usw. 
[Centralbl.  der  Bauverw.  1889,  S.  447  u.  f.]  wesentlich  zu  erleichtern 
und  bei  dem  Preise  von  nur  2  Mark  70  Pf.  für  das  Quadratmeter 
billiger  zu  gestalten. 

Ew.  .  .  geben  wir  von  dieser  Erfindung  behufs  thunlichster 
Nutzbarmachung  derselben  für  die  auszuführenden  Abänderungen 
bestehender  Theater  und  Versammlungsräume  hierdurch  Kenntnifs. 
Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten.  Der  Minister  des  Innern. 
V.  Maybach.  Im  Aufträge 

Lodemann. 

An  sämtliche  Königliche  Herren  Regierungs- Prä¬ 
sidenten  und  die  Königliche  Ministerial -Bau- 
Commission  in  Berlin. 

III  7009  M.  d.  ö.  A.  —  II  5081  M.  d.  I. 


Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Hafen- 
Bauinspector,  Baurath  Christian  Richrath  in  Swinemünde  aus 
Anlafs  seines  Uebertritts  in  den  Ruhestand  den  Königlichen  Kronen- 
Orden  III.  Klasse,  sowie  dem  Kreis-Bauinspector  Ernst  Reinike  in 
Bonn  und  dem  Hafen-Bauinspector  Ernst  Kummer  in  Neufahrwasser 
den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse  und  dem  Regierungs-Baumeister 
und  Privat- Architekten  Otto  March  in  Charlottenburg  den  König¬ 
lichen  Kronen-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Karl  Hesse  in  Bieden¬ 
kopf  ist  als  Königlicher  Kreis-Bauinspector  daselbst  angestellt  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Eugen 
Wechselmann  in  Stettin,  Theodor  Hagemann  in  Wesel  und 
Gustav  Stoltze  in  Taterberg  bei  Oebisfelde  ist  die  nachgesuchte 
Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Deutsches  Reich. 

Der  Ingenieur  Georg  Hartmann  ist  zum  Kaiserlichen  Maschinen¬ 


ingenieur  bei  der  Verwaltung  der  Reichseisenbahnen  in  Elsafs- 
Lothringen  ernannt  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  am 
29.  April  d.  J.  die  erledigte  Stelle  eines  Betriebsbauinspectors  in 
Mühlacker  dem  Abtheilungsingenieur,  tit.  Bauinspector  Veigele  in 
Leutkirch  zu  übertragen. 

Bei  der  in  der  Zeit  vom  10.  bis  20.  März  d.  J.  vorgenommenen 
ersten  Staatsprüfung  im  Baufache  sind  für  befähigt  erklärt  worden; 
im  Hochbaufache:  Emil  Högg  von  Heilbronn,  Paul  Eugen  Nill  von 
Stuttgart;  — ■  im  Ingenieurfache;  Adolf  Emil  Bechtle  von  Stuttgart, 
Johann  Evangelist  Hochmüller  von  Auernheim,  O.-A.  Neresheim, 
und  Anton  Scheuffele  von  Ulm.  Denselben  wurde  am  14.  April  d.  J. 
der  Titel  Regierungs-Bauführer  verliehen. 

Mecklenburg  -  Schwerin. 

Bei  der  Verstaatlichung  der  Friedrich  Franz-Eisenbahn  und  der 
Nebenbahnen  Güstrow-Plau ,  Wismar-Rostock,  Gnoyen-Teterow  und 
Doberan-Heiligedamm  sind  an  die  in  diesen  Verwaltungen  beschäf¬ 
tigten  Bautechniker  nachfolgende  Anstellungen  bezw.  Titel  verliehen: 

Der  Eisenbahndirector  Baurath  Jacobi  ist  commissarisch  Ab¬ 
theilungsdirigent  in  der  General-Eisenbahndirection  mit  dem  Titel 
Geheimer  Baurath. 

Ferner  sind  ernannt:  Der  Regierungs-Baumeister  Albrecht  in 
Schwerin  zum  Ober-Betriebsinspector  im  betriebstechnischen  Bureau, 
der  Eisenbahn-Baumeister  Möbius  in  Schwerin  zum  Eisenbahn-Bau- 
inspector  im  bautechnischen  Bureau,  der  Ober  -  Maschinenmeister 
Pöschmann  in  Schwerin  zum  Ober-Maschineninspector  in  der  Ma¬ 
schinen-  und  Werkstätten -Inspection,  die  Eisenbahn -Baumeister 
Loycke  und  Langfeldt  zu  Ober -Bauinspectoren  bei  der  Bau- 
inspection  I  in  Schwerin  bezw.  II.  in  Rostock,  der  Eisenbahn-Bau¬ 
meister  Greverus  zum  Eisenbahn-Bauinspector  bei  der  Bauinspec- 
tion  III  in  Malchin  und  der  Plankammer -Verwalter  Riemann  in 
Schwerin  zum  Ober-Geometer. 

Aufserdem  sind  ernannt  worden:  der  Betriebsingenieur  Voigt 
von  der  Wismar-Rostocker  Bahn  und  der  Betriebsingenieur  Mittel¬ 
st  ae  dt  von  der  Gnoyen  -  Teterower  Bahn  zu  Betriebsingenieuren 
beim  betriebstechnischen  Bureau  in  Schwerin  und  der  Betriebs¬ 
ingenieur  Voth  von  der  Güstrow -Plauer  Bahn  zum  Bahningenieur 
bei  der  Bauinspection  II  in  Rostock,  und  der  Bahningenieur 
Wunder  von  der  Wismar-Rostocker  Bahn  zum  Bahningenieur  der 
Bauinspection  V  in  Wismar. 


Gutachten  und  Berichte. 

Entwurf  zum  Bau  einer  zweiten  Kirche  für  die  St.  Johannis -Gemeinde  in  Moahit. 

Gutachten  der  Königlichen  Akademie  des  Bauwesens. 


Berlin,  den  25.  Februar  1890. 

Zum  Bau  einer  zweiten  Kirche  für  die  St.  Johannis-Gemeinde  in 
Moabit  sind  von  dem  Königlichen  Baurath  Schulze  zwei  ver¬ 
schiedene  Skizzen  entworfen  worden,  von  welchen  jedoch  nur  die 
vom  20.  September  v.  J.  von  dem  Gemeindekirchenrath  angenommen 
ist.  Da  dieselbe  in  der  That  vor  der  ersten  Skizze  entschiedene 
Vorzüge  hat,  so  ist  sie  allein  der  Beurtheilung  unterzogen  worden. 

Der  Grundrifs  zeigt  die  Form  eines  Kreuzes  mit  kurzen  Armen 
und  einem  Thurm  an  der  Westfront,  welcher  den  Haupteingang  ent¬ 
hält.  Vier  Nebeneingänge  sind  in  zweckmäfsiger  Lage  in  den  kleinen 
Thürmen  angeordnet,  welche  die  Winkel  zwischen  den  Kreuzarmen 
ausfüllen  und  als  Widerlager  der  vier  grofsen  Gurtbögen  dienen 
sollen.  Für  den  letzteren  Zweck  sind  diese  Thürme  aber  zu  stark 


durchbrochen,  sodafs  namentlich  die  beiden  in  der  Längsrichtung 
stehenden  Bögen  ausreichender  Widerlager  entbehren.  Der  Entwurf 
wird  in  dieser  Hinsicht  etwas  verändert  werden  müssen. 

Die  gesamte  Raumdisposition  entspricht  den  Anforderungen  des 
Programms  und  mufs  als  durchaus  zweckentsprechend  bezeichnet 
werden.  Namentlich  ist  lobend  hervorzuheben,  dafs  fast  sämtliche 
1500  Sitzplätze  freien  Ausblick  auf  die  Kanzel  und  mit  nur  geringer 
Ausnahme  auch  auf  den  Altar  haben,  und  dafs  sie  in  mäfsiger,  für 
das  Verstehen  der  Predigt  durchaus  günstiger  Entfernung  von  der 
Kanzel  liegen.  Von  den  unter  der  Orgelbühne  angeordneten  Plätzen 
werden  indessen  die  dem  Eingang  zunächst  belegenen  wenig  nutzbar 
sein,  da  es  hier  an  einer  directen  Beleuchtung  fehlt.  Die  Zahl  und 
Weite  der  Eingänge  und  Treppen  ist  reichlich  bemessen,  doch  haben 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


10.  Mai  18i)0. 


die  beiden  vorderen  Treppen,  welche  in  drei  Armen  übereinander 
aufsteigen,  keine  ganz  genügende  Beleuchtung  erhalten.  Die  An¬ 
ordnung  von  Closets  auf  den  Treppenpodesten  empfiehlt  sich  nicht, 
eher  würden  solche  unter  den  ersten  Treppenläufen  zulässig  sein. 

Die  Architektur  der  Kirche  in  einfach  gothischeu  Formen  ist 
eine  angemessene  und  wirkt  durch  eine  reiche  Gruppirung  malerisch. 
Nur  die  Anordnung  der  beiden  seitlichen  Giebel  neben  dem  Portal¬ 
giebel  in  der  Westfront  wäre  zu  vermeiden,  zumal  da  sie  den  Zweck, 


die  ungleichen  Dachneigungen  au  den  Anbauten  zu  verdecken,  doch 
nicht  vollständig  erreicht. 

Schliefslich  wird  noch  empfohlen,  die  Kirche  etwas  weiter  nach 
Osten  zu  verschieben,  um  etwas  mehr  Raum  vor  der  Westfront  zu 
gewinnen  und  die  schiefe  Richtung  der  Strafse  weniger  bemerkbar 
zu  machen. 

Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 

Sclineider. 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Neuer  Oberbau  für  die  Berliner  Stadt -Eisenbaliu. 


Es  wird  beabsichtigt,  auf  der  Berliner  Stadt-Eisenbahn  eine  neue 
Oberbau-Anordnung  probeweise  einzuführen,  welche  von  der  jetzt 
auf  den  preufsischeu  Staatsbahueii  üblichen  nicht  unwesentlich  ab- 


Achse  nunmehr  215  cmi,  das  Widerstandsmoment  für  dieselbe  Achse 
39  ciiF  beträgt.  Der  gröfseren  Tragfähigkeit  der  neuen  Schiene  ent¬ 
sprechend  ist  die  Entfernung  der  Stützpunkte  auf  90  cm  bemessen 


Abb.  1.  Schienen -Querschnitt  (Vs  nat.  Gröfse). 


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Abb.  2.  Schwellentheilung. 


weicht.  Wenn  diese  Anordnung  sich  bewährt,  so  ist  ihre  Anwendung 
auf  der  ganzen  Berliner  Stadtbahn  sowie  auch  auf  anderen  Strecken 
mit  besonders  starkem  Verkehr  zu  erwarten. 

Zur  Erj)robung  des  neuen  Oberbaues  hinsichtlich  seiner  Dauer¬ 
haftigkeit  erscheinen  die  Betriebsverhältnisse  der  Berliner  Stadt- 
Eisenbahn  in  mehrfacher  Beziehung  besonders  geeignet.  Auf  den 
vielfach  stark  gekrümmten  Geleisen  dieser  Strecke  werden  die  mit 
Zwischenpausen  von  5  bis  10  Minuten  auf  einander  folgenden  Züge 
durch  dreiachsige  Tenderlocomotiven  mit  einer  Geschwindigkeit  von 
45  km  in  der  Stunde  befördert.  Die  Locomotiven  müssen  vielfach  mit 
einer  Treibachse  voran  fahren;  die  Personenwagen  haben  zwei  steif 
geführte  Achsen. 

Da  auf  der  Berliner  Stadt-Eisenbahn  bisher  eine  sehr  starke 
seitliche  Abnutzung  der  Schienenköj)fe  beobachtet  worden  ist,  welche 
eine  entsprechend  kurze  Dauer  der  Schienen  zur  Folge  hatte,  so  ist 
die  Schiene  der  neuen  Oberbau- Anordnung  mit  einem  breiteren 
Kopfe  versehen  worden,  der  eine  längere  Nutzungsdauer  erwarten 
läfst.  Die  Breite  des  Kopfes  ist  auf  72  mm  bemessen  (Abb.  1).  Die¬ 
selbe  bedingte  eine  Verstärkung  des  Fufses  und  des  Steges.  Das 
Gewicht  der  Schiene  erhöht  sich  dadurch  auf  41  kg  für  das  Meter, 
das  Trägheitsmoment  auf  1352  cm^,  das  Widerstandsmoment  auf 
193  cm3.  Zugleich  ist  die  seitliche  Steifigkeit  der  Schiene  bedeutend 
vergi’öfsert  worden,  indem  das  Trägheitsmoment  für  die  senkrechte 


(Abb.  2),  wobei  am  Schienenstofs,  der  zu  den  ruhenden  Stofsver- 
bindungen  gehört,  zwei  Schwellen  ungeordnet  sind.  Dieselben  liegen 
je  30  cm  von  den  Schienenenden  entfernt,  damit  sie  bequem  unter- 
stopft  werden  können.  Es  entstehen  so  zwischen  den  vier  Schwellen 
am  Stofs  drei  gleiche  Theilungen  von  je  60  cm. 

Die  hölzernen  Quers ch wellen  sind  nicht,  wie  bisher,  230  bis 
250  cm,  sondern  270  cm  lang  bemessen.  Hierdurch  wird  erreicht, 
dafs  bei  gleichmäfsigem  Unterstopfen  der  ganzen  Schwelle  der  Druck 
auf  die  Bettung  unter  den  Schwellen  enden  eben  so  grofs  ist,  wie 
unter  der  Schwelleumitte,  und  dafs  daher  die  Schwelle  sich  mög¬ 
lichst  gleich mäfsig  einsenkt. 

Die  Stützpunkte  der  Schienen  auf  den  Mittelschwellen  werden 
durch  Unterlags platten  mit  geneigten  Lagerflächen  und  Rand¬ 
leisten  gebildet  (Abb.  3).  Als  Befestigungsmittel  werden  Schwellen¬ 
schrauben  benutzt,  und  zwar  für  jede  FTnterlagsplatte  drei,  von 
denen  zwei  innen  angebracht  sind. 

Die  beiden  Stofsschwellen  werden  durch  zwei  Brücken  aus 
Stahlgufs  (Abb.  4a  bis  4e)  verbunden,  auf  deren  Mitten  die 
Schieneuenden  ruhen,  ohne  die  Stofsschwellen  selbst  zu  berühren. 
Dadurch  wird  erreicht,  dafs  beim  Uebergange  der  Räder  über  den 
Schienenstofs  jede  der  Stofsschwellen  nahezu  mit  der  halben  Last 
der  Achse  gedrückt  wird.  Da  dies  auch  bei  den  Mittelschwellen  der 


Mr.  10. 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


183 


Fall  ist,  so  findet  eine  gleichmäfsige  gröfste  Belastung  der 
Schwellen  bezw,  der  Bettung  statt.  Die  Brücken  werden  durch  je 
vier  Schwellenschrauben  auf  den  Stofsschwellen  befestigt.  Die 
Schienenenden  werden  durch  zwei  Schraubenbolzen  auf  den  Stütz¬ 
flächen  der  Brücke  festgehalten.  Eine  ähnliche  Anordnung  ist  in 


sollen.  Sie  sind  durch  zwei  wagerechte  Schraubenbolzen  mit  einander 
verbunden.  Die  Klemmplatten  sind  durch  Einklinkungen,  in  welche 
entsprechende  Vorsprünge  an  der  Brücke  eingreifen,  gegen  die  letz¬ 
tere  festgelegt,  sodafs  dem  Wandern  der  Schienen  der  Widerstand 
je  zweier  Stofsschwellen  entgegenwirkt. 


Abb.  4  a.  Uebersicht  der  Stofsanordnung. 


Abb.  4c.  Grundrifs  der  Brücke  (Ve  nat.  Gröfse). 

America  von  Fisher  eingeführt  worden.  Die  zugehörigen  Klemm¬ 
platten  haben  laschenartige  Ansätze,  welche  theils  die  Schienenflucht 
sichern,  theils  die  Temperaturlücken  zwischen  den  Schienen  begrenzen 


Abb.  4e.  Querschnitt  in  der  Mitte  (a — a)  (1/3  nat.  Gröfse), 

Man  erwartet,  dafs  die  neue  Anordnung  eine  längere  Dauer 
des  Oberbaues  und  eine  Verminderung  der  Unterhaltungskosten  zur 
Folge  haben  wird. 


Die  Marienburg  unter 

Für  die  Marienburg,  ihre  Geschichte  und  Banverhältnisse  alter 
Zeit  erschlofs  sich  kürzlich  unerwartet  eine  neue  Studienquelle.  Es 
hatte  sich  bei  Gelegenheit  baugeschichtlicher  Forschungen  in  den 
Ostseeprovinzen  —  den  preufsischen  wie  den  russischen  —  die  Auf¬ 
merksamkeit  hin  und  wieder  auf  russische  und  schwedische  „Visitations¬ 
protokolle“  über  fiscalischen  und  kirchlichen  Besitz  gerichtet,  welche 
aufgenommen  waren,  als  nach  Auflösung  des  Deutschordens-Staates 
Polen  und  Schweden  zeitweise  Herren  ganzer  fremder  Provinzen 
wurden.  Für  die  Marienburg  wagte  man  nach  den  vielseitigen  Nach¬ 
forschungen  des  Geschichtsschreibers  Johannes  Voigt  und  anderer 
kaum  an  neue  urkundliche  Hülfsquellen  zu  glauben.  Die  erwähnten, 
anderwärts  gefundenen,  ausführlichen  Bauprotokolle  machten  es  zwar 
zur  Gewifsheit,  dafs  dergn  auch  über  die  Marienburg  mufsten  be¬ 
standen  haben  —  aber  waren  dieselben  überhaupt  noch  vorhanden? 

Angeregt  durch  diese  Frage  zog  Herr  Dr.  Ehrenberg  im  vorigen 
Jahre,  kurz  vor  seiner  Romreise,  im  Königsberger  Staatsarchiv  eine 
gute  Zahl  solcher  merkwürdigen,  auf  Marienburg  bezüglichen  alt¬ 
polnischen  Schrifthefte  ans  Licht.  Durch  die  Bemühungen  des  Herrn 


polnischer  Herrschaft. 

Staatsarchivars  Dr.  Joachim  und  des  Herrn  Archivassistenten  Wittig 
wurden  sogleich  sorgsame  Abschriften  und  Uebersetzungen  derselben 
eingeleitet,  und  zwar  gelang  es  für  diese  nach  vieler  Hinsicht  be¬ 
sonderes  sprachliches  und  technisches  Wissen  und  Gewissen  erfor¬ 
dernde  Arbeit  in  dem  Herrn  Johannes  Semhrzycki  in  Königsberg 
den  Mann  zu  finden.  Herr  Sembrzycki  hat  soeben  in  einem  Aufsätze 
dei;  altpreufsischen  Monatsschrift,  Bd.  XXVII  Heft  1  u.  2  1890,  von 
den  bei  seiner  Arbeit  gemachten  Erfahrungen,  soweit  sie  allgemeines 
geschichtliches,  besonders  culturgeschichtliches  Interesse  haben,  Mit¬ 
theilung  gemacht. 

1466  war  Westpreufsen  nach  selbstvernichtendem  Kampfe  zwischen 
den  Städten  und  dem  Orden  an  den  feindlichen  Nachbar  gefallen 
und  unterstand  300  Jahre  der  polnischen  Krone.  Das  erste  Jahr¬ 
hundert  dieser  polnischen  Zeit  verlief  verhältnifsmäfsig  friedlich  und 
es  erblühten  besonders  die  gröfseren  Städte  zu  äufserem  Wohlstand. 
Aus  dieser  Zeit  (1565)  rührt  die  erste  sehr  sorgfältige  und  voll¬ 
ständige  Beschreibung  des  Marienburger  Schlosses  her,  aus  der  her¬ 
vorgeht,  dafs  wesentliche  bauliche  Veränderungen  gegen  die  Ordens- 


184 


Centralblatt  der  ß auverwaltung. 


10.  Mai  1890. 


zeit  nicht  geschehen  waren  und  dafs  der  bauliche  Zustand  ein  guter 
war:  gewifs  in  erster  Linie  dank  der  festen  und  geschickten  Bauart 
der  Kitter,  doch  mufs  man  auch  durch  die  Zeilen  lesen,  dafs  zur 
baulichen  Instandhaltung  das  Nothdürftige  von  der  polnischen  Krone 
geschah.  Hinsichtlich  der  Benutzungsweise  kam  freilich  das  Hoch- 
schlofs,  das  Conventshaus  der  Comthurei,  am  schlechtesten  fort.  Die 
Kirchen  und  Säle  stehen  leer  oder  werden  zu  Vorraths-  und  Wirth- 
schaftsräumen  verwerthet.  Statt  der  stolzen  Namen:  Capitelsaal, 
Eittersaal,  Conventsremter,  Conventsküche  hätten  wir  uns  die  an- 
muthigen  Bezeichnungen:  Bierkeller,  Kumstkeller,  Theerkammer, 
Eiskeller,  Getreide-,  Pökelfleisch-,  Mehl-,  Salz-  und  Hopfenspeicher, 
Pastetenbäckerei,  Weifsbierbrauerei,  Braunbierbrauerei  usw.  in  den 
Grundrifs  zu  schreiben.  Das  Mittelschlofs,  ehemals  des  Hochmeisters 
Wohnung,  hatte  als  „Seiner  Majestät  Palast“  eine  angemessene  Ver- 
werthung  erhalten.  Die  weiten  Vorburgen  waren  mit  Kriegs volk 
und  allerlei  Wirthschaftswesen  erfüllt  —  wie  zur  Ordenszeit,  nur 
wohl  etwas  wilder  und  wüster. 

Das  zweite  Jahrhundert  der  polnischen  Zeit  (rund  1600  bis  1700) 
ist  dadui’ch  gekennzeichnet,  dafs  Polen  und  Schweden  ihre  Erbhändel 
und  Kämpfe  auf  dem  Boden  dieser  Provinz  und  auf  deren  Kosten 
austrugen.  Zum  Beispiel  war  im  ersten  nordischen  Kriege  die 
Marienburg  jahrelang  (1626 — 1629)  das  vorgeschobene  Kriegslager 
und  Hauptbollwerk  der  Schweden.  Nach  dem  Abzug  der  Schweden 
findet  sich  (Inventar  von  1636),  wie  nicht  anders  zu  erwarten,  eine 
handliche  Verwüstung  vor.  Alles  Metallene:  Thürbeschläge,  Orgel¬ 
pfeifen,  Fensterblei,  z.  Th.  auch  die  Glocken,  verschwand,  selbst  das 
Holzwerk  der  Dächer  war  in  der  Kriegsnoth  angebrochen.  Bald 
darauf  (1644)  ergriff  ein  Brand  das  Hochschlols,  und  es  blieb  über 
60  Jahre  nur  theilweise  und  unzulänglich  bedacht.  Die  Bau¬ 


beschreibungeu  von  1649  und  1675  nennen  es  eine  Ruine.  Besser 
ergeht  es  dem  Mittelschlofs.  Als  Königsschlofs  erfährt  es  wiederholt 
Instandsetzungen,  während  wieder  bei  den  Vorburgen  nichts  wie  Ver¬ 
fall  gemeldet  wird.  Im  dritten  Jahi-hundert  schreiten  dann  trotz 
einiger  Aufwendungen  für  die  Dächer  und  den  Königlichen  Palast 
die  Bauten  einer  gründlichen  Verwahrlosung  entgegen.  Als  nach  dem 
Rückfall  an  Preufsen  1772  der  grofse  König  Friedrich  II.  das  Schlofs  zu 
erhalten  und  zu  veiaverthen  trachtete,  wurden  natürlich  sehr  ein¬ 
schneidende  und  umfangreiche  Umbauten  nöthig.  Kurzsichtige  Zer¬ 
störung  kann  man,  nebenbei  bemerkt,  nur  die  um  1800  begonnene 
Magazinirung  des  Schlosses  nennen,  gegen  welche  auch  der  allgemeine 
Unwille  der  Bevölkerung  sich  auflehnte. 

Die  Sembrzyckischen  Mittheilungen  ergeben  den  Schlufs,  dafs 
unter  polnischer  Herrschaft  absichtliche  Zerstörungen  am  Schlosse 
nicht  stattfanden,  sondern  nur  Veränderungen,  welche  die  Benutzung 
der  Räume  ermöglichten  und  erleichterten,  dafs  aber  der  Niedergang 
und  der  Verfall  der  Marienburg  nur  als  eine  Folge  und  ein  Abbild 
der  damaligen  provincialen  und  polnischen  Zustände  zu  betrachten 
ist,  denen  Einhalt  zu  thun  weder  Mittel  noch  Muth  vorhanden  waren. 
Der  Hauptwerth  aber  dieser  aufgefundenen  Urkunden  liegt  für  uns 
in  der  Verwerthung  für  die  Aufgabe  der  Erforschung  und  Wieder¬ 
herstellung  dieses  Baudenkmals.  Sie  bewähren  sich  dafür  als  durch¬ 
aus  zuverlässig.  Bei  baulichen  Untersuchungen  und  Ausführungen 
gaben  sie  schon  jetzt  stets  den  bündigsten  Aufschlufs  der  Räthsel. 
Mit  diesem  Bindeglied  zwischen  den  Ordensnachrichten  einerseits  und 
den  gegenwärtigen  Raum-  und  Ruinenbeständen  anderseits  läfst  sich 
ein  Bild  der  gewaltigen  Bauanlage  entrollen,  welches  fast  die  Ueber- 
zeugungskraft  besitzt,  als  hätten  wir  den  Anblick  der  Wirklichkeit 
genossen.  Steinbrecht. 


Der  Bau  billiger  Woliimiigen 


Bereits  seit  längerer  Zeit  besteht  das  Bestreben,  für  die  unbe¬ 
mittelteren  Klassen  billige  und  gesunde  Wohnungen  zu  schaffen,  um 
namentlich  in  dicht  bevölkerten  Bezirken  einer  Ausbeutung  Minder¬ 
bemittelter  entgegenzutreten  und  diesen  gleichzeitig  die  Möglichkeit 
zu  bieten,  ihre  Ausgabe  für  Wohnung  in  ein  gesunderes  Verhältnifs 
zum  Verdienst  zu  bringen.  Die  Frage,  in  welcher  Art  und  Weise 
derartige  Wohnungen  zu  erbauen  sind,  ist  des  öfteren  besprochen, 
auch  zum  Gegenstände  von  Preisbewerbungen  gemacht  worden. 
Eine  allseitig  gültige  Lösung  ist  aber  bis  heute  noch  nicht  gefunden 
und  wird  sich  wohl  kaum  finden  lassen,  da  die  Beschaffenheit  derartiger 
Häuser  abhängig  ist  von  den  Gewohnheiten  derer,  für  die  sie  erbaut 
werden  sollen,  und  da  bei  Lösung  derartiger  socialer  Fragen  ver¬ 
mieden  werden  mufs,  Bedürfnisse  zu  schaffen,  die  nicht  bereits  vor¬ 
handen  sind.  Soll  die  Erbauung  billiger  und  gesunder  Wohnungen 
in  grofsartigem  Mafsstabe  und  in  befriedigender  Art  gelöst  und  soll 
die  Theilnahme  breiterer  Schichten  der  Bevölkerung  hierfür  ge¬ 
wonnen  werden,  so  ist  es  unbedingt  erforderlich,  „das  Capital“  heran¬ 
zuziehen  und  vorher  den  Beweis  zu  erbringen,  dafs  es  sich  beim 
Bau  derartiger  Wohnungen  nicht  darum  handelt,  minder  Bemittelten 
in  dieser  Form  ein  Almosen  zu  gewähren,  sondern  dafs  dem  Capital 
ein  Anlagewerth  geschaffen  wird,  der  auch  seinem  Interesse  soweit 
gerecht  wird,  als  er  dem  aufgewendeten  Gelde  eine  A^erzinsung 
(nebst  entsprechender  Tilgung)  schafft,  die  der  im  deutschen 
Reiche  herrschenden  entspricht  und  dabei  gleichfalls  ausreichende 
Sicherheit  gewährleistet.  Zweck  dieser  Zeilen  ist,  den  Beweis  zu 
liefern,  dafs  auf  genannter  Grundlage  in  bedeutendem  Mafsstabe  mit 
Erfolg  in  unmittelbarer  Nähe  grofser  Städte  vorgegangen  werden 
kann,  wie  dies  das  Unternehmen  eines  Leipziger  Privatmannes  in 
Lindenau  -  Leipzig  bezeugt. 

Wie  der  Lageplan  zeigt,  handelt  es  sich  um  Bebauung  eines 
Grundstückes  von  etwa  14  800  qm  Fläche,  welches  für  diesen  Zweck 
erworben  wurde,  nachdem  rechnerisch  festgestellt  war,  auf  welche 
Art  und  Weise  sich  ein  lebensfähiges,  sich  selbst  tragendes  Unter¬ 
nehmen  schaffen  liefse.  Vom  Bau  von  Einfamilienhäusern  wurde  ganz 
abgesehen,  weil  die  arbeitende  Klasse  in  und  um  Leipzig  derartige 
Wohnungen  nicht  kennt  und  in  unmittelbarer  Nähe  der  Stadt  Grund 
und  Bodeu  bereits  zu  theuer  ist,  um  durch  solche  Lösung  billige 
Wohnungen  schaffen  zu  können.  Es  konnte  nur  der  Bau  mehr¬ 
geschossiger  Häuser  in  Frage  kommen,  und  die  Berechnung  ergab, 
dafs  an  dieser  Stelle  nur  der  Bau  aneinander  gereihter  Miethshäuser 
das  Unternehmen  als  dauernd  gesichert  erscheinen  liefs. 

Die  Bebauung  des  grofsen  Grundstückes  erfolgte  nach  drei 
Seiten  in  geschlossener  Bauweise,  während  nach  Süden  nur  zwei¬ 
geschossige  Waschhäuser  zur  Ausführung  gelangten.  Diese  sollen 
der  Sonne  ungehinderten  Zutritt  zu  den  innen  liegenden  Gärten  er¬ 
möglichen  und  sind  vorgesehen,  weil  die  in  jedem  Hause  befindlichen, 
einzelnen  Waschküchen  für  die  vielen  Familien  nicht  genügen.  Ihre 
Benutzung  ist  unentgeltlich,  nur  Lohnwäscherinnen  sollen  eine  be¬ 
sondere  A^ei-gütung  leisten.  Inmitten  des  Grundstückes  fand  sich 


ein  noch  ziemlich  gut  erhaltenes  Stallgebäude  vor,  dessen  schiefe 
Stellung  sich  hieraus  ei'klärt.  Es  wurde  für  Zwecke  des  Waschens 
und  Rollens  umgebaut;  für  die  Benutzung  der  Rolle  wird  ein  geringes 
Entgelt  entrichtet. 

Bedingung  für  die  Gestaltung  der  Häuser  war,  den  Bedürfnissen 
der  Bewohner  entsprechend  zu  bauen  und  jede  Familienwohnung  mit 
einem  verschliefsbaren  Flure  zu  versehen,  sodafs  nie  zwei  Familien 
gemeinschaftliche  Wohnungsflure  benutzen.  Aufserdem  sollte  die 
Möglichkeit  gewahrt  bleiben,  entsprechend  der  Bedürfnifsfrage  eine 
Verkleinerung  oder  Vergröfserung  der  Wohnungen  vornehmen  zu 
können.  Als  Muster  der  Gesamtanlage  dienen  die  nebenstehenden 
Grundrisse  Abb.  2.  Ein  eingebautes  Haus  hat  14  m  Länge  bei  9,70  m 
Tiefe,  also  143  qm  bebaute  Grundfläche,  und  enthält  Kellergeschofs, 
Erdgeschofs,  drei  Obergeschosse  und  Dachboden.  Im  Kellergeschofs 
liegt  jedesmal  die  von  aufsen  zugängliche  AVaschküche,  im  Erdgeschofs 
neben  dem  Eingänge  befinden  sich  zwei  Familienwohnungen,  während 
in  den  Obergeschossen  aufser  letzteren  noch  je  ein  Einzelzimmer  vor¬ 
handen  ist.  Die  Eckhäuser  von  17,50  m  Länge  und  9,70  m  Tiefe, 
also  250  qm  Grundfläche,  besitzen  im  Erdgeschofs  einen  Laden  und 
drei  Wohnungen,  m  jedem  Obergeschosse  vier  Wohnungen.  Die 
lichte  Höhe  der  AA''ohnungen  beträgt  2,90  m,  die  Ausstattung  ist  ein¬ 
fach  aber  gediegen.  Zur  Gründung  der  Häuser  fand  Kalkbeton  mit 
Zusätzen  von  Puzzolancement  Verwendung.  Sämtliche  Umfassungs¬ 
mauern  bestehen  aus  Bruchsteinen,  alle  Scheidewände  aus  Ziegeln,  die 
unter  der  Isolirung  liegenden  Schichten  sind  der  Bodenfeuchtigkeit 
halber  mit  Thonsteinen*)  gemauert.  In  den  Obergeschossen  sind  die 
Umfassungen  2  bezw.  V-j-i  Stein  stark;  die  Treppenhauswände  wurden 
1  Stein,  die  Scheidewände  V2  Stein  stark  ausgeführt.  Die  Treppen¬ 
stufen  nach  dem  Erdgeschofs  und  den  Waschküchen  sind  von  Granit, 
die  Geschofstreppen  aus  Eichenholz  hergestellt.  Für  Sohlbänke  und 
Verdachungen  fand  Cementgufs  A'^erwendung.  Die  Balkenstärken 
betragen  21  : 26  cm.  Alle  Zimmer  sind  mit  einfacher  Malerei, 
fichtenen  Streifenböden  und  Thonöfen  mit  eisernen  Kochkästen,  die 
Küchen  mit  gefliefster,  einröhriger  Kochmaschine  mit  eiserner  Ab¬ 
deckung  und  mit  Aixsgufs  versehen.  Für  die  Einzelzimmer  befinden  sich 
Ausgüsse  auf  den  Treppenabsätzen.  Die  städtische  Wasserleitung 
ist,  um  Wasserschäden  in  den  Häusern  zu  vermeiden,  in  diese  nicht 
eingeführt,  die  AVasserversorgung  erfolgt  vielmehr  durch  einen  vor 
jedem  Hause  angebrachten,  sich  selbst  entleerenden  Ständer.  Die  Ein¬ 
richtung  der  Aborte  ist  die  ortsübliche  mit  23  cm  im  lichten  weiten 
Thonabfallröhren,  welche  in  gemauerte  Gruben  münden,  deren  Entlüf¬ 
tung  durch  gewöhnliche  Rohre  bewirkt  wird.  Der  geringen  Strafsen- 
breite  halber  erhielten  die  an  der  Wettinerstrafse  liegenden  Häuser 
als  letztes  Obergeschofs  Mansarden  mit  ausgemauerten  Sparren  und 
dicht  über  der  Decke  liegendem  Holzcementdach.  Die  übrigen 
Häuser  haben  an  Stelle  der  Mansarde  volle  Obergeschosse  und  sind 


*)  In  Leipzig  gebräuchlicher  Ausdruck  für  hellgelbe  (Bitterfelder) 
‘  Backsteine. 


Jir.  19. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


18.5 


mit  Falzziegeln  gedeckt.:  Wie  die  städtische  Wasserleitung  ist  auch 
die  Gasleitung  in  die  Häuser  nicht  eingeführt,  die  Treppenhaus¬ 
beleuchtung  erfolgt  durch  Petroleumlampen.  Beiträge  für  Treppen¬ 
beleuchtung  und  Wasserzins  werden  von  den  Miethern  nicht  erhoben. 

Die  Gesamtanlage  umfafst  26  Wohnungen  und  zwei  grofse 
Waschküchen  von  je  19  m  Länge  und  9,7  m  Tiefe,  sie  bietet  also 
Unterkunft  für  236  Familien.  Innerhalb  der  Gebäude  verbleibt  ein 
freier  Raum  von  rund  7300  qm  für  Wege  und  Gärten.  Von  letz¬ 
teren  sind  140  Stück  von  je  35  qm  Fläche  vorhanden.  Mit  dem  Bau 


Bedingung  der  Vermiethung  ist  wöchentliche  Miethszahlung  und 
achttägige  Kündigung,  eine  Einrichtung,  die  sich  vortrefflich  bewährt 
hat.  Zur  Festsetzung  der  Miethen  wurden  bei  Aufstellung  der  Be¬ 
rechnung  dem  Unternehmen  zu  Lasten  gelegt: 

1.  die  31/2  procentige  Verzinsung  des  Baugrundes  nebst  Anlage 
der  Strafsenzüge, 

2.  die  3*/2  procentige  Verzinsung  des  Baucapitals, 

3.  4  pCt.  Bauzinsen, 

4.  1  pCt.  Tilgungsbetrag, 

5.  1/2  pCt.  Unterhaltungskosten, 

6.  Unkosten  für  Verwaltung,  Steuern,  Wasser,  Treppenbeleuch¬ 
tung,  Grubenreinigung  usw. 

Hieraus  berechnete  sich  der  jährliche  Miethszins  einer  Wohnung, 
bestehend  aus  einer  zweifenstrigen  Stube,  einer  einfenstrigen  Stube 
und  Küche: 


a  Stabe, 
b  Kammer. 
0  Küche. 


Abb.  2. 

Grundrisse  der  Obergeschosse. 


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Wettiner-Slr. 


Abb.  1.  Lageplan. 


der  Anlage  wurde  am  1.  März  1888  begonnen,  und  es  sind  bis  heute 
16  Häuser  vollendet.  Dafs  durch  das  Unternehmen  einem  Bedürfnifs 
abgeholfen  wird,  ergiebt  sich  daraus,  dafs  bereits  lange  vor  Fertig¬ 
stellung  der  Häuser  die  einzelnen  Wohnungen  vermiethet  sind. 


im  Erdgeschofs  I.  Stock  II.  Stock  III.  Stock 

auf  150  Mark  160  Mark  145  Mark  130  Mark, 

ferner  einer  Wohnung,  bestehend  aus  einer  zweifenstrigen,  zwei  ein¬ 
fenstrigen  Stuben  und  Küche: 

im  Erdgeschofs  I.  Stock  II.  Stock  III.  Stock 

auf  200  Mark  200  Mark  180  Mark  155  Mark. 

Der  Preis  einer  einfenstrigen  Stube  beträgt  60  bezw.  50  und 
40  Mark  für  das  J ahr.  Für  einen  Garten  sind  wöchentlich  15  Pfennig 
zu  entrichten.  Die  Preise  der  Wohnungen  stellen  sich  15  pCt.  billiger 
als  die  ortsüblichen.  Die  Baukosten  eines  eingebauten  Hauses  be¬ 
tragen  174,50  Mark,  die  eines  Eckhauses  162  Mark  für  das  Quadrat¬ 
meter  bebauter  Fläche,  während  sich  bei  beiden  das  Cubikmeter 
umbauten  Raumes  auf  10,83  Mark  stellt. 

Leipzig,  im  März  1890.  Max  Pommer, 

Architekt. 


Die  Einrichtung  der  Staustufen  hei  Canalisirungen  von  Flufsstrecken 

mit  schnellem  Wasserwechsel. 


Wenn  auf  einer  canalisirten  Flufsstrecke,  in  welcher  die  Wasser¬ 
stände  sehr  plötzlichen  und  erheblichen  Aenderungen  unterliegen, 
die  Staustufen  durch  Nadelwehre  gebildet  werden,  ohne  dafs  neben 
den  letzteren  zum  Ausgleich  der  Wasserschwankungen  sich  ein 
festes  oder  ein  anderes  bewegliches  Wehr  befindet,  so  kann  der  Fall 
eintreten,  dafs  bei  einem  unvorhergesehenen,  plötzlichen  Steigen  des 
Wassers  das  rechtzeitige  Herausziehen  der  Nadeln  und  Niederlegen 
der  Böcke  versäumt  wird.  Es  ist  daher  auf  solchen  Flufsstrecken  die 
alleinige  Herstellung  eines  Nadelwehres  zur  Stauung  nicht  unbedenk¬ 
lich,  vielmehr  erscheint  es  erforderlich,  dem  Nadelwehr  ein  festes, 
oder  ein  anderes  bewegliches  Wehr,  dessen  Bedienung  unabhängig 
vom  Nadel  wehr  erfolgt,  hinzuzufügen. 

Den  nachfolgenden  Betrachtungen  mögen  Verhältnisse  aus  der 
Wirklichkeit,  und  zwar  diejenigen  der  oberen  Oder,  zu  Grunde  gelegt 
werden,  weil  in  derselben  bei  Kosel  ein  festes  Wehr  vorhanden  und 
in  dem  dazu  gehörigen  Fluthcanal  neuerdings  ein  grofses  Nadelwehr 
erbaut  worden  ist  (vgl.  Jahrg.  1889,  S.  494  d.  BL). 

Nach  den  jahrelangen  Pegelaufzeichnungen  ist  es  nichts  Un¬ 
gewöhnliches,  wenn  das  Wasser  der  oberen  Oder  in  12  Stunden  um 
mehrere  Meter  steigt.  Hier  nur  einige  Beispiele: 

In  Ratibor  stieg  das  Wasser  am  30.  Juli  1889  in  der  Zeit  von 
6  Uhr  vormittags  bis  6  Uhr  nachmittags  um  3,10  m,  Anschwellungen 
von  1  bis  2  m  in  12  Stunden  finden  häufig  statt. 

Bei  Kosel  ist  die  Plötzlichkeit  der  Anschwellungen  im  all¬ 
gemeinen  zwar  etwas  geringer,  aber  immerhin  noch  sehr  erheblich. 
So  wurden  z.  B.  im  Herbst  1888  zweimal,  im  November  und  December, 
drirch  ein  plötzliches  Steigen  des  Wassers  in  der  Nacht  um  2  m  und 


1,8  m  —  in  weniger  als  12  Stunden  —  Störungen  bei  den  dortigen 
Bauarbeiten  verursacht.  Diese  Anschwellungen  kamen  unerwartet, 
weil  sie  gleichzeitig  mit  denjenigen  in  dem  6  Meilen  oberhalb  ge¬ 
legenen  Ratibor  eintraten,  von  wo  aus  sonst  Hochwassermeldungen 
erfolgen.  Sie  wurden  hervorgerufen  namentlich  durch  zwei  Neben¬ 
flüsse,  die  oberhalb  von  Kosel  in  die  Oder  münden,  und  von  denen 
aus  keine  Hochwassermeldungen  erfolgen.  Die  örtlichen  Witterungs¬ 
verhältnisse  liefsen  ein  Steigen  des  Wassers  nicht  vermuthen. 

Derartiger  Beispiele  würden  sich  noch  eine  grofse  Zahl  aus  den 
verschiedensten  Jahren  und  in  Bezug  auf  verschiedene  andere  Flüsse 
anführen  lassen. 

Wenn  nun  die  Fluthwelle  durch  ein  geschlossenes  oder  nahezu 
geschlossenes  Nadelwehr  aufgehalten  wird,  so  wird  in  kurzer  Zeit 
die  Bedienungsbrücke  des  Wehres,  welche  in  der  Regel  nicht  höher 
als  0,30  bis  0,50  m  über  dem  normalen  Stauspiegel  liegt,  so  hoch 
überfluthet  sein,  dafs  eine  Bedienung  des  Wehres  nicht  mehr  möglich 
ist.  Die  Ueberfluthung  erfolgt  natürlich  um  so  schneller,  je  dichter 
geschlossen  das  Wehr  ist.  Wenn,  wie  in  der  oberen  Oder,  die 
Niedrigwassermenge  nur  10  bis  20  cbm  in  der  Secunde  beträgf,  so 
dürfen  zur  Erhaltung  des  Stauspiegels  nur  einige  wenige  Nadeln  ge¬ 
zogen  sein,  es  wird  also  ein  Ueberfluthen  der  Bedienungsbrücke  in 
der  Niedrigwasserzeit  bei  jähen  Anschwellungen  sehr  leicht  erfolgen. 
Eine  solche  Ueberfluthung  läfst  sich  allerdings  am  Tage  bei  einiger 
Aufmerksamkeit  vermeiden,  wenn  ein  ständiger  Wärter  bei  dem 
Wehr  vorhanden  ist.  Tritt  dagegen  zur  Nachtzeit  unvorhergesehenes 
Hochwasser  ein,  so  kann  eine  rechtzeitige  Beseitigung  der  Nadeln 
leicht  versäumt  werden. 


186 


Centralblatt  der  Banverwaltnng.  10.  Mai  1890. 


Zur  Wahruug  der  Möglichkeit,  die  Nadeln  jederzeit  rechtzeitig 
zu  ziehen,  könnten  mehrere  Mittel  in  Betracht  kommen.  Zunächst 
könnte  die  Bedienuugsbrücke  eine  höhere  Lage  —  etwa  1  m  über 
Nadeloberkante  —  erhalten,  doch  würde  diese  Anordnung  die  Be¬ 
dienung  sehr  erschweren  und  höhere  Böcke  erforderlich  machen. 
Ferner  liefse  sich  der  Zweck  erreichen  durch  die  Einstellung  eines 
ständigen,  zuverlässigen  Wächters  für  die  Nachtzeit.  Sodann  könnten 
durch  Einrichtung  eines  vervollkoinmneten  Hochwassermeldungs¬ 
dienstes  mittels  Telephouverbindungen  rechtzeitige  Nachrichten  über 
eine  bevorstehende  Anschwellung  erreicht  werden.  Die  Meldungen 
dürften  aber  nicht  von  dem  oberen  Strome  allein  ausgehen,  sie 
inüfsten  auch  von  den  Nebenflüssen  —  mindestens  von  den  zunächst 
gelegenen  —  aus  erfolgen.  Auch  ein  Läutewerk,  welches  sich  bei 
einem  gewissen  Wasserstande  selbstthätig  in  Bewegung  setzte,  könnte 
den  Wärter  bei  Nacht  rechtzeitig  wecken. 

Diese  drei  letzteren  Mittel  erscheinen  aber  insofern  noch  nicht 
vollkommen,  als  infolge  irgend  welcher  Zufälligkeiten  oder  Vernach¬ 
lässigungen  ein  rechtzeitiges  Beseitigen  der  Nadeln  versäumt  werden 
kann.  Sicherer  wird  ohne  Zweifel  der  Zweck  erreicht  durch  eine 
entsprechende  Einrichtung  der  Staustufe  selbst,  wenn  nämlich  neben 
dem  Nadel  wehr  entweder  ein  festes  Ueberfallwehr,  welches  das 
Steigen  des  Wassers  verlangsamt  oder  auch  ein  anderes  bewegliches 
Wehr  vorhanden  ist,  durch  dessen  Oeffnung,  wenn  thatsächlich  eine 
Ueberfluthung  des  Nadel wehres  in  der  Nacht  stattgefundeu  hat,  das 
Oberwasser  wieder  so  tief  gesenkt  werden  kann,  dafs  die  Bedienungs¬ 
brücke  des  Nadelwehrs  frei  wird,  die  Nadeln  dann  beseitigt  und  die 
Böcke  niedergelegt  werden  können. 

Die  Herstellung  eines  beweglichen  Wehres  wird  in  den  meisten 
Fällen  billiger  sein  als  die  Erbauung  eines  festen  von  derselben 
Wirksamkeit.  Wenn  ein  festes  Wehr  den  wünschenswerthen  Einflufs 
auf  das  Steigen  des  Wassers  ausüben  soll,  so  mufs  zwischen  der 
Höhe  der  Krone  desselben  und  der  Höhe  der  Nadel  wehrbrücke  ein 
entsprechend  grofses  Profil  angenommen  werden. 

Ist  die  Niedrigwassermenge  sehr  gering,  so  darf  die  Krone  des 
festen  Wehres  in  Kücksicht  auf  die  —  wenigstens  annähernde  —  Er¬ 
haltung  des  normalen  Staues  nur  wenige  Decimeter  unter  diesem 
angeordnet  werden.  In  einem  solchen  Falle  wäre  die  Länge  des  festen 
Wehres  etwa  gleich  derjenigen  des  Nadelwehres  zu  wählen.  Einige 
Zahlen  mögen  das  näher  erläutern.  Beträgt  beispielsweise  die  Länge 
des  Nadelwehres  sowie  des  festen  Wehres  gleichmäfsig  je  60  m  und 
liegt  die  Krone  des  letzteren  40  cm  unter  dem  normalen  bei  M.W.  2,3 
imd  bei  N.W.  3,3  m  betragenden  Stau,  die  Bedienungsbrücke  des 
Nadelwehres  40  cm  über  dem  letzteren,  so  wird  bei  einem  niedrigen 
Wasserstande  von  15  cbm  Wassermenge  in  der  Secunde  das  feste 
Wehr  etwa  rund  0,20  m  hoch  überströmt  werden.  Der  Stauspiegel 
würde  dann  20  cm  unter  der  normalen  Höhe  liegen,  wenn  von  der 
Undichtigkeit  des  vollständig  geschlossenen  Nadelwehres  abgesehen 
wird. 

Sobald  jedoch,  wie  in  dem  anfangs  erwähnten  Beispiel,  das 
Unterwasser  in  12  Stunden  um  2  m  steigt,  so  vermehrt  sich  die 
Wassermenge  in  der  Secunde,  wenn  die  Breite  des  Stromschlauches 
_  entsprechend  den  Verhältnissen  bei  Kosel  —  65  m  und  die 


Wassergeschwindigkeit  daun  zu  1,5  m  angenommen  wird,  um 
2 . 65 . 1,5  =  195  cbm.  Die  Wasserhohe  über  der  Krone  des  Ueber- 
fallwehres  beträgd,  da  immer  noch  vollkommener  Ueberfall  vorhanden 
ist,  dann  1,15  m.  Wenn  hierbei  die  Nadelwehrbrücke  nur  0,80  m  über 
der  Wehrkrone  liegt,,  so  wird  sie  um  1,15  —  0,80  =  0,35  m  überspült 
werden,  in  Wirklichkeit  um  etwa  0,20  m,  da  das  Wasser,  sobald  es 
über  die  Nadeln  tritt,  deren  Oberkante  annähernd  in  gleicher  Höhe 
mit  der  Laufljrücke  angenommen  werden  mag,  ein  gröfseres  Durch- 
flufsprofil  gewinnt.  Es  wäre  hierbei  ein  Herausziehen  der  Nadeln 
.allenfalls  noch  möglich. 

Das  angeführte  Beispiel  entspricht  annähernd  den  Stauverhält¬ 
nissen  der  Oder  bei  Kosel,  dort  hat  das  feste  Wehr,  dessen  Krone 
0,39  m  unter  dem  normalen  Stauspiegel  liegt,  dieselbe  Breite  wie  die 
Oder  —  65  m,  während  das  Nadelwehr  in  Rücksicht  auf  spätere  Ein¬ 
deichungen  eine  Länge  von  85  m  erhalten  hat. 

Bei  weitem  zweckmäfsiger  und  billiger  wird  die  Möglichkeit  der 
Bedienung  des  Nadelwehres  gewahrt,  wenn  neben  demselben  ein 
anderes  bewegliches,  vom  Ufer  zu  bedienendes  Wehr  erbaut  wird. 
Hierfür  würde  unter  den  zur  Zeit  bekannten  Wehranordnungen  ein 
Trommel-  oder  ein  sonstiges  Klappenwehr  zunächst  in  Frage  kommen. 
Dasselbe  mufs  derartige  Abmessungen  erhalten,  dafs,  wenn  es  bei 
etwa  überflutheter  Laufbrücke  des  Nadelwehres  niedergelegt  wird, 
der  Oberwasserspiegel  genügend  tief  fällt,  um  die  Nadeln  beseitigen 
zu  können.  Nimmt  man  an,  dafs  die  feste  Krone  des  Klappenwehres 
0,7  m  über  Flufssohle  und  der  noimale  Stau  3,3  m  über  dem  niedrigsten 
Unterwasser  liegt  und  dafs  nun  das  Unterwasser  von  N.W.  aus  über 
Nacht  2  m  gestiegen  ist,  so  berechnet  sich  die  erforderliche  Breite 
der  Klappe,  welche  genügt,  um  nach  Niederlegung  der  letzteren 
195  cbm  Wasser  unter  gleichzeitiger  Senkung  des  Oberwasserspiegels 
bis  zum  normalen  Stauspiegel  durchfliefsen  zu  lassen,  zu  15  m.  Zur 
Beseitigung  der  ersten  Nadeln  ist  es  indessen  genügend,  wenn  der 
Oberwasserspiegel  nur  etwas  unter  die  Laufbrücke  gesenkt  wird, 
denn  gleichzeitig  mit  der  weiteren  Beseitigung  der  Nadeln  fällt  auch 
der  Oberwasserspiegel.  Die  Klappe  wird  sonach  nur  eine  Breite 
von  etwa  12  m  zu  erhalten  brauchen. 

Es  erwächst  nun  die  Frage  nach  einer  zweckmäfsigen  Anordnung 
des  Klappen  wehres;  zunächst  noch  eine  kurze  Bemerkung  über  die 
Höhenlage  der  festen  Wehrkrone  desselben. 

Im  Winter,  wo,  in  Rücksicht  auf  Eisbildungen  und  den  Früh¬ 
jahrseisgang,  das  Nadelwehr  niederzulegen  ist  und  der  Wasserstand 
ein  niedriger  zu  sein  pflegt,  wird  die  Krone  des  Nadelwehres,  die  in 
der  Regel  etwa  0,60  bis  0,80  m  über  Flufssohle  liegt,  nur  um  wenige 
Decimeter  überströmt  sein. 

Es  empfiehlt  sich,  auch  das  Klappenwehr  so  tief  anzuordnen, 
dafs  es  in  niedergelegtem  Zustande  mit  sämtlichen  Theilen  unter 
Wasser  liegt,  damit  die  Klappe  durch  Eisbildungen  und  Eisgang 
keine  Beschädigungen  erleide.  Die  Krone  des  Wehrkörpers  für 
Nadel-  und  Klappenwehr  mufs  also  .annähernd  dieselbe  Höhenlage 
erhalten.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  infolge  dessen  bei  einem  ge¬ 
wöhnlichen  Trommelwehr  die  Gründung  eine  sehr  tiefe  und  kost¬ 
spielige  werden  müfste,  wenn  durch  die  Klappe  ein  Stau  von  2  bis  3  m 
erzeugt  werden  soll.  (Schlufs  folgt.) 


Zur  Bereclmuug  von  Prellböckeii  mit  Wasserbremse. 


Im  „Civilingenieur“,  Jahrgang  1883,  hat  Wehage  die  Wirkungs¬ 
weise  der  Wasserbremse,  wie  dieselbe  bei  der  auf  Seite  116  d.  J. 
beschriebenen  Art  von  Prellbock en  Anwendung  findet,  auf  mathe¬ 
matischer  Grundlage  genauer  erörtert.  Dabei  ist  vorausgesetzt, 
dafs  die  Masse  des  gegen  die  Bufferstangen  des  Prellbocks  tretenden 
Zuges  ein  starres  Ganzes  bilde,  dessen  gesamte  lebendige  Kraft  von 
der  Bremse  aufgenommen  werden  müsse.  Thatsächlich  trifft  diese 
Annahme,  wie  auch  Wehage  hervorhebt,  nicht  ganz  zu,  da  auch  die 
Buffer  der  Fahrzeuge  in  sich  zusammengedrückt  werden  und  so  ein 
Theil  der  lebendigen  Kraft  bereits  im  Anfänge  der  Bremsung  ander¬ 
weitig  vernichtet  wird.  Dagegen  wird  durch  die  darauf  folgende 
Ausdehnung  der  Federn  wiederum  eine  mäfsige  Verstärkung  des  An¬ 
pralles  herbeige¬ 
führt.  In  der  Rech¬ 
nung  ist  ferner 
von  Berücksichti¬ 
gung  anderer  Ne¬ 
benumstände,  wie 
der  Reibung  im 
Zuge,  der  Stopf¬ 
büchsen-  und  Kol¬ 
benreibung  in  der  Bremse,  ferner  des  Einflusses  des  anzuhebenden  j 
Gewichtes  Abstand  genommen. 

Dem  auf  einen  Bremskolben  treffenden  Gewicht  G  —  gleich  dem 
halben  Zuggewicht  —  setzt  sich  ein  Widerstand  F.p  entgegen, 
wenn  F  die  wirksame  Kolbenfläche  und  p  den  im  allgemeinen  ver¬ 


änderlichen  Gegendruck  auf  die  Einheit  der  Kolbenfläche  bezeichnen 
(vgl.  Abb.  1).  Nach  einem  gewissen  Kolbenwege  x  mufs  die  von 
diesem  Widerstande  verrichtete  Arbeit  gleich  sein  dem  Verlust  an 
lebendiger  Kraft;  also  wenn  v  die  veränderliche  Kolbengeschwindig¬ 
keit,  g  die  Erdbeschleunigung  bezeichnen: 

1)  ^  J  V  dv  —  —  F  j' p  dx. 

Die  Veränderlichen  p  und  x  lassen  sich  durch  v  bezw.  den 
Durchflufsquerschnitt  f  ausdrück  en,  wenn  zuvor  die  Veränderlichkeit 
der  Gröfse  f  in  Beziehung  zum  Kolbenwege  genauer  festgestellt  wird. 
Wehage  nimmt  für  seine  weiteren  Untersuchungen  zunächst  an,  dafs 
die  im  Inneren  der  Bremscylinder  angebrachten  Längsschienen 
(vgl.  S.  116  d.  J.  Abb.  3)  geradlinig  abgeschrägt  seien,  dafs  also  bei 
gleichbleibender  Breite  dieser  Schienen; 

worin  l  die  Länge  des  Kolbenhubes  und  /o  die  anfängliche  Durch- 
flufsfläche  bezeichnen.  Die  Durchflufsgeschwindigkeit  w  kann  gleich¬ 
gesetzt  werden; 


wenn  den  als  unveränderlich  angenommenen  Durchflufscoefficienten, 
y  das  Einheitsgewicht  (Dichtigkeit)  der  Füllflüssigkeit  bezeichnen. 
Wenn  aus  den  beiden  letzten  Gleichungen  dx  und  p  entwickelt 


ir 

1 

F 

1 

\ - - 

f.-—  X  — 

[<- -  v 

-  - > 

Abb.  1. 

Sr.  19. 


Centralblatt  der  ßauverwaltung. 


187 


und  in  Gl.  1  eingesetzt  werden,  ergiebt  sich  unter  Berücksichtigung 
der  Anfangsgeschwindigkeit  Vq  des  Kolbens: 

2)  ,»  5  =  0(1 -J-), 

oder  wenn  v  auf  x  statt  auf  /"  bezogen  wird; 

3)  /n  =  Ci  (t- — 

VH  —  SC' 

C  und  C'i  bezeichnen  Constanten. 

Wehage  hat  unter  Zugrundelegung  der  angeführten  Formeln 
Tabellen  aufgestellt,  welche  für  drei  verschiedene  Zuggewichte,  IG, 
80  und  400  t,  also  für  G  ~  8,  40  und  200  t,  und  ferner  für  Werthe 

von  /q  —  0,0004  und  0,0008  qin  bei  F  =  0,032  qm  =  80  bezw.  40^ 

die  Aenderungen  der  Geschwindigkeiten  v  und  w  sowie  der  Kolben¬ 
pressung  p  während  eines  Kolbenhubes  angeben.  Der  Kolbenweg 
wurde  zu  0,4  m  angenommen,  als  Füllflüssigkeit  Glycerin  von  einer 
Dichtigkeit  =  1280  kg/cbm  und  y  =  0,6  vorausgesetzt.  Die  in 
Tabellen  verzeichneten  Eechnungsergebnisse  sind  der  besseren  An¬ 
schaulichkeit  halber  in  den  nachstehenden  Abb.  2  bis  4  zeichnerisch 
wiedergegeben.  Die  ausgezogenen  Linien  beziehen  sich  auf  geringe 
Stofsgewichte  von  16  t,  die  starkgestrichelten  auf  Zuggewichte  von 
80  t,  die  schwachgestrichelten  auf  solche  von  400  t.  Die  Grundlinien 


=  100 
Vo 

90 


j=0  0,1  0,2  0,3  0,4  0,5  0,6  0,7  0,8  0,9  1,0 

Abb.  2. 


der  Verdopplung  von  /  die  Kolbenpressung  sich  auf  i/i  vermindern. 
Bemerkenswerth  ist,  wie  bei  grofsen  Zuggewichteu  p  zunächst  zu¬ 
nimmt;  während  aber  bei  kleinem  f  diese  Zunahme  keine  erhebliche 
ist,  kann  dieselbe  im  andern  Falle  auf  dem  letzten  Theil  des  Kolben¬ 
weges  weit  über  das  gröfste  Mafs  derjenigen  Pressung  hinausgehen, 
welche  sich  bei  kleinem  f  ergiebt.  Dieser  Nachtheil  der  gröfsereu 
DurchflufsöfFnung  würde  noch  mehr  ins  Gewicht  fallen,  wenn  man 
etwa  statt  einer  Anfangsgeschwindigkeit  von  1  m  eine  solche  von 
3  m  annehmen  würde;  in  diesem  Falle  würden  die  Pressungen  und 
hiermit  auch  ihr  Unterschied  auf  das  neunfache  gesteigert.  Die 
Linien  für  iv  zeigen  im  allgemeinen  Aehnlichkeit  mit  denjenigen 
für  p. 


0  0,1  0,2  0,3  0,4  0,5  0,6  0,7  0,8  0,9  1.0=  ^ 

Abb.  4. 


Bemerkung. 

■  Linien  für  fr  =  8  t. 

.  .  =  40  , 

,  ,  =200  , 


0 

=  0  0,1  0,2  0,3  0,4  0,5  0,6  0,7  0,8 

Abb.  3. 


der  Abbildungen  stellen  den  Kolbenweg  (von  links  nach  rechts  an¬ 
genommen)  verkleinert  dar.  Die  Ordinaten  in  Abb.  2  geben  die  Kolben- 
bezw.  Zuggeschwindigkeiten  u,  diejenigen  in  Abb.  3  die  zugehörigen 
Durchflufsgeschwindigkeiten  w  als  Vielfache  der  Anfangsgeschwindig¬ 
keit  Uq  an.  In  Abb.  4  bezeichnen  die  Ordinaten  die  entsprechenden 
Kolbenpressungen  p  in  kg/qcm  als  Vielfache  von  v^.  Nach  den 


F 

beiden  für  -j  angenommenen  Verhältnifszahlen  ergaben  sich  für 

jedes  G  zwei  verschiedene  Linien. 

Die  Abbildungen  lassen  ohne  weiteres  erkennen,  dafs  der 
Kolbenweg  um  so  gröfser  wird,  je  gröfser  das  Zuggewicht  und  die 
Durchflufsöffnung  sind.  Die  Anfangsgeschwindigkeit  Vq  des  Kol¬ 
bens  ist  von  beiden  unabhängig.  Die  Kolbengeschwindigkeit  nimmt 
um  so  schneller  ab,  je  kleiner  f  gewählt  wird.  Auch  auf  die  an¬ 
fängliche  Kolbenpressung  ist  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen 
das  Zuggewicht  ohne  Einflufs,  dieselbe  nimmt  aber  sofort  ab,  wenn 
der  Durchflufsquerschnitt  vergröfsert  wird;  nach  Abb.  4  würde  bei 


Nach  dem  Gesagten  würde  bei  geringen  Stofsgewichten  die 
gröfsere  Durchflufsöffnung,  für  grofse  Zuggewichte  die  kleinere 
Oeffnung  vortheilhafter  sein.  Wehage  empfiehlt  nun,  die  Oeffnung 
anfänglich  grofs  zu  wählen,  um  eine  geringe  Anfangspressung  zu 
erhalten,  dieselbe  aber  allmählich  so  abnehmen  zu  lassen,  dafs  p  im 
weiteren  Verlaufe  möglichst  unverändert  bleibt.  Will  man,  wie  dies 
Langley  auf  dem  Wege  der  Versuche  zu  erreichen  gestrebt  hat,  den 
Kolbendruck  während  des  ganzen  Hubes  gleichbleibend  erhalten, 
eine  Forderung,  welche  nur  bei  bestimmten  Zuggewichten  und  be¬ 
stimmter  Anfangsgeschwindigkeit  erfüllt  werden  kann,  so  würden  die 
Längsschienen  im  Innern  der  Bremscylinder  bei  gleichbleibender 
Breite  derselben  parabelförmig  abzuschrägen  sein,  wie  sich  auf  rech¬ 
nerischem  Wege  unschwer  erweisen  läfst.  Der  erforderliche  Kolben¬ 
weg  ergiebt  sich  alsdann  aus  der  Gleichung: 

—  2  F .  p  .  X 

Kemmann. 


Yermlschtes. 


Für  die  Erlöserkirche  in  Kummelsburg-Boxhageu  (vergl.  S.  144 
d.  J.)  ist  am  4.  d.  M.  in  Gegenwart  Ihrer  Majestät  der  Kaiserin  und 
Königin,  der  hohen  Protectorin  des  Evangelisch -Kirchlichen  Hülfs- 
vereins,  und  des  Prinzen  Friedrich  Leopold,  als  Vertreter  Seiner 
Majestät  des  Kaisers,  die  feierliche  Grundsteinlegung  vollzogen 
worden. 

Bei  Besuchen  von  Galerieen,  Museen,  Ausstellungen  usw.  durch 
Se.  Majestät  den  Kaiser  sollen  getroffener  Bestimmung  gemäfs  die 
zum  Empfang  befohlenen  Herren  vom  Civil  in  Zukunft  im  Ueberroek 
erscheinen. 

Das  Stipendium  der  Louis  Boissonnet -Stiftung  für  Architekten 
und  Bauingenieure  für  das  Jahr  1890  ist  mit  Genehmigung  des  Herrn 
Cultusministers  an  den  Königl.  Meliorations -Bauinspector  Danck- 
werts  in  Königsberg  i.  Pr.  verliehen  worden.  Als  fachwissenschaft¬ 
liche  Aufgabe  für  die  auszuführende  Studienreise  wurde  nach  dem 
Vorschläge  der  Abtheilung  für  Bauingenieurwesen  an  der  technisehen 
Hochschule  in  Berlin  bereits  früher  (vgl.  Seite  27  d.  J.)  das  Studium 


der  eulturtechnischen  Anlagen  in  Elsafs-Lothringen  und  benachbarten 
Ländern  festgesetzt. 

In  der  Preisbewerbung  zur  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm- 
Denkmals  für  die  Eheinprovinz  (s.  S.  278  v.  J.)  hat  das  Preis¬ 
gericht  seine  Entscheidung  am  5.  d.  M.  getroffen.  Danach  sind  mit 
dem  ersten  Preise  (6000  Mark)  die  Architekten  Jakobs  u.  Wehling 
in  Düsseldorf,  mit  dem  zweiten  (4000  Mark)  Architekt  Bruno 
Schmitz  in  Berlin  und  mit  dem  dritten  Preise  (2000  Mark)  Bild¬ 
hauer  W.  Albermann  in  Köln  gekrönt  worden.  Zum  Ankäufe 
empfohlen  wurden  die  Entwürfe  „Siegfried“,  „Grafenwerth“ 
und  „Dem  unvergefslichen  Kaiser“.  Als  Standort  für  das 
Denkmal  haben  die  Herren  Jakobs  u.  Wehling  die  steile  Felswand 
des  Drachenfelsens  auserkoren,  an  der  sie  es  über  einer  grofs- 
artigen  Treppen-  und  Cascadenanlage  vor  einer  mächtigen  dorischen 
Halle  errichten,  die  von  mosaikgeschmückter  Tonnennische  überragt 
wird.  Herr  Schmitz  stellt  das  Keiterstandbild  des  Kaisers  auf  den 
Sockelvorsprung  eines  Thurmbaues,  den  er  auf  der  Insel  Grafen¬ 
werth  erbaut  denkt,  während  Herr  Albermann  sich  für  den  Hardt- 


188 


Centralblatt  der 


berg  bei  Königswinter  entschieden  hat,  auf  dem  sein  Kaiserstand¬ 
bild  unterhalb  der  Drachenburg  inmitten  einer  grofsen  Terrassen¬ 
anlage  Platz  findet.  Von  den  drei  zum  Ankauf  empfohlenen 
Entwürfen  haben  zwei  die  Insel  Nonnenwerth  und  einer  die  Insel 
Grafenwerth  als  Denkmalort  gewählt.  Von  den  übrigen  19  ein¬ 
gegangenen  Plänen  zeigen  zwölf  Inseldenkmäler,  und  zwar  elf  davon 
solche  für  Nonnenwerth,  drei  haben  sich  für  Berghöhen  (den  Hardt¬ 
berg,  die  Erpeler  Ley  und  eine  ungenannte  Höhe)  entschieden,  einer 
wählte  den  mittleren  Strompfeiler  einer  —  wahrscheinlich  bei  Bonn  ge¬ 
dachten  —  Eheinbrücke,  ein  anderer  eine  Terrasse  vor  dem  Coblenzer 
Schlosse  und  zwei  Bewerber  endlich  haben  ihre  Pläne  ohne  Angabe 
eines  bestimmten  Standortes  eingereicht.  Die  veranschlagten  Aus¬ 
führungskosten  schwanken  zwischen  427  000  und  2  350  000  Mark.  Wir 
kommen  auf  die  Preisbewerbung  noch  eingehender  zurück. 

Das  Ergebnifs  der  Preisbewerbuiig  zur  Erlangung  von  Plänen 
für  ein  Gerichtsgebäude  nebst  Untersuchungsgefängnifs  in  Bremen 
(S.  394  V.  J.)  ist  folgendes.  Es  erhielten  den  ersten  Pi-eis  (6000  Mark) 
Architekt  Ernst  Krüger  in  Berlin,  die  zweiten  Preise  (je  3000  Mark) 
die  Architekten  Klingenberg  u.  Weber  in  Oldenburg  und  Prof. 
H.  Stier  in  Hannover.  Die  beiden  dritten  Preise  (je  2000  Mark) 
wurden  den  Architekten  H.  Thüme-Dresden  und  B.  Lindner- 
Hannover  zuerkannt.  Die  Ausstellung  der  Entwürfe  findet  vom  5.  bis 
18.  Mai  statt. 

Drei  aufserordeutliche  Preisbewerbuiigeu  des  Berliner  Archi¬ 
tekten- Vereins  kamen  in  der  Vereins-Hauptversammlung  vom  5.  d.  M. 
zur  Begutachtung.  Unter  den  für  die  architektonische  Durch¬ 
bildung  des  gufseisernen  Gehäuses  eines  Strafsen- 
brunnens  in  Berlin  eingelaufenen  14  Entwürfen  (vgl.  S.  80  d.  J.) 
wurde  der  erste  Preis  (300  Mark)  dem  des  Eegierungs-Baumeisters 
0.  Schmalz,  der  zweite  (200  Mark)  dem  des  Regierungs-Baumeisters 
0.  Stahn  zuerkannt.  Vereinsandenken  erhielten  die  Architekten 
0.  Rieth  und  F.  Ehemann.  —  In  dem  Wettbewerb  um  eine 
steinerne  Strafsenbrücke  in  der  Villencolonie  Grunewald 
siegten  unter  15  Bewerbern  die  Regierungs -Baumeister  A.  Bohn- 
stedt  (1.  Preis  500  Mark)  und  0.  Schmalz  (2.  Preis  300  Mark), 
während  den  Architekten  Rieth,  B.  Schaede  und  Pfann  Vereins¬ 
andenken  zuerkannt  wurden.  —  In  dem  engeren  Wettbewerb  endlich 
um  ein  Zweifamilienhaus  für  die  Villencolonie  Grunewald 
(S.  120  d.  J.),  an  dem  sich  die  Herren  Benda,  Ehemann,  Hentschel, 
Kühn  und  Rieth  betheiligt  hatten,  trug  Baurath  Prof.  Kühn  den 
Preis  (700  Mark)  mit  einem  Entwürfe  davon,  der,  mit  dem  Anheim¬ 
geben  einiger  Aenderungen  im  Aufbau,  insbesondere  seines  vorzüg¬ 
lichen  Grundrisses  wegen  zur  Ausführung  als  durchaus  geeignet  be¬ 
funden  wurde.  Der  Ehe  man  ns  che  Entwurf  wurde  mit  einem 
Vereinsandenken  bedacht  und  der  Kurfürstendamm-Gesellschaft  zum 
Ankauf  empfohlen. 

Eine  Ausstellung  vom  künstlerischen  Nachlasse  des  Professors 
Franz  Ewerbeck,  bestehend  in  über  400  Blatt  Aquarellen,  ausge¬ 
führten  Handzeichnungen  und  in  Skizzen  landschaftlichen,  architek¬ 
tonischen  und  kunstgewerblichen  Inhaltes,  wird  am  Montag  den 
12.  Mai  in  der  Aula  der  technischen  Hochschule  in  Aachen  eröffnet 
werden.  Sowohl  in  Beziehung  auf  den  künstlerischen  Werth  wie  auf 
den  mannigfaltigen  Inhalt  der  Darstellungen  dürfte  diese  Ausstellung 
geeignet  sein,  ein  aufserordentliches  allgemeines  Interesse  zu  erregen. 
Sie  giebt  ein  wahrhaft  erhebendes  Bild  von  dem  Studieneifer,  dem 
unermüdlichen  Fleifse  und  dem  für  malerische  Schönheiten  überaus 
empfänglichen  Gemüthe  des  beliebten  Meisters,  weshalb  wir  nicht  ver¬ 
fehlen,  die  Aufmerksamkeit  der  Fachgenossen  auf  sie  zu  lenken  und 
ihren  Besuch  wärmstens  zu  empfehlen.  Die  Ausstellung  wird  auf  die 
Dauer  von  zwei  bis  drei  Wochen  für  das  Publicum  täglich  mehrere 
Stunden  geöffnet  sein,  auswärtigen  Besuchern  soll  der  Zutritt  jedoch 
zu  jeder  Tageszeit  ermöglicht  werden.  Henrici. 

Die  mit  der  diesjährigen  Wanderversammluug  des  Verbandes 
deutscher  Architekten-  und  lugenieurvereine  verbundene  Aus¬ 
stellung  wird  in  den  Räumen  der  Wanderversammlung  —  Concert- 
haus  Hamburg,  Gebr.  Ludwig  —  stattfinden  und  soll  enthalten: 
1)  Baupläne  und  Bauzeichnungen  aller  Art  und  2)  Modelle  von  aus¬ 
geführten  oder  beabsichtigten  Bauten  und  Bauconstructioneu.  Bau¬ 
stoffe,  Instrumente,  buchhändlerische  oder  photographische  Veröffent¬ 
lichungen  u.  dgl.  sollen  nur  ausnahmsweise  zugelassen  werden.  Archi¬ 
tekten  und  Ingenieure,  welche  die  Ausstellung  beschicken  wollen, 
müssen  ihre  Ausstellungsgegenstände  bis  zum  15.  Juli  d.  J.  anmelden, 
und  zwar  unter  Benutzung  der  dafür  aufgestellten  Vordrucke,  welche 
nebst  den  Bedingungen  für  die  Ausstellung  von  den  Vorständen  der 
Einzelvereine  oder  von  dem  Ausstellungsausschufs  bezw.  dessen  Vor¬ 
sitzenden  (Abtheilungs-Ingenieur  C.  0.  Gleim  in  Hamburg,  Bleichen¬ 
brücke  17)  zu  beziehen  sind.  Es  steht  zu  erwarten,  dafs  die  Be¬ 
theiligung  an  der  Ausstellung  eine  recht  rege  werden  wird. 


Bau  Verwaltung.  10.  Mai  1890. 


Umgestaltung  der  städtischeii  Bauverwaltung  in  Düsseldorf. 
Dem  Beispiele  anderer  gröfserer  Städte  folgend,  hat  die  Stadtver¬ 
ordnetenversammlung  in  Düsseldorf  nunmehr  die  Verwaltung  des 
städtischen  Bauwesens  in  zwei  Bauämter  eingetheilt,  von  denen  das 
eine  den  Hochbau,  das  andere  die  verschiedenen  Zweige  des  Tief¬ 
baues  (Sti-afsenbau,  Canalisation,  Wasserbau)  umfafst.  An  die  Spitze 
der  beiden  Aemter  sind  die  Stadtbaumeister  Peiffhoven  und  Frings 
gestellt  worden;  die  dem  Tiefbauamt  untergebene  Baumeisterstelle 
für  Strafsenbau  ist  gegenwärtig  mit  5000  Mark  Gehalt  ausgeschrieben. 

Leider  hat  die  Stadt  Düsseldorf  bei  dieser  sachgemäfsen  Ein¬ 
richtung  den  weiteren  Schritt,  nämlich  die  beiden  Bauamtsvorsteher 
den  juristisch  gebildeten  städtischen  Beamten,  nämlich  den  besoldeten 
Beigeordneten,  gleichzustellen  unterlassen.  Die  Folge  davon  ist,  dafs 
nach  wie  vor  das  städtische  Bauwesen  thatsächlich  nicht  von  Tech¬ 
nikern,  sondern  von  Laien  geleitet  wird,  da  eben  die  beiden  Bau¬ 
amtsvorsteher  selbständige  Befugnisse  nicht  erhalten,  sondern  dem 
Beigeordneten,  welcher  allein  „Decernent“  ist,  einfach  unterstellt 
sind.  Leider  geht  aus  diesem  veralteten  Zustande  in  manchen 
rheinischen  Städten  eine  bedenkliche  Zerfahrenheit  und  Umständlich¬ 
keit  der  städtischen  Bauverwaltung  hervor;  das  beste  Mittel  hier¬ 
gegen,  die  Gleichstellung  der  technischen  Oberbeamten  mit  den  Ver¬ 
waltungsbeamten,  oder  —  in  anderer  Weise  ausgedrückt  —  die  Wahl 
unter  sich  gleichberechtigter  juristischer  und  technischer  Bei¬ 
geordneten  für  die  verschiedenen  Dienstzweige,  hat  aber  bis  jetzt  in 
keiner  einzigen  rheinischen  Stadt  Anwendung  gefunden.  Vielleicht 
entschliefst  man  sich  in  Düsseldorf  jetzt  endlich  zu  dieser  zeit- 
gemäfsen  Veränderung.  Es  handelt  sich  dabei  nicht  um  einen  ge¬ 
wagten  Versuch,  sondern  um  die  Annahme  derselben  Einrichtung, 
welche  in  den  altpreufsischen  Stadtmagistraten  sowie  bei  den  Pro- 
vincialverwaltungen  besteht  und  u.  W.  in  allen  staatlichen  Verwal¬ 
tungskörpern  durchgeführt  ist.  J.  St. 

Durch  Versagen  der  selhstthätigeu  Luftsaugbremse  ist  am 
4.  März  d.  J.  in  Carlisle  (England)  ein  schwerer  Unfall  in  der  Weise 
herbeigeführt  worden,  dafs  der  Zug,  statt  anzuhalten,  die  Station 
mit  voller  Geschwindigkeit  durchfuhr  und  auf  die  ihm  in  demselben 
Geleise  rückwärts  entgegenkommende  Locomotive  stiefs,  welche  die 
Weiterbeförderung  übernehmen  sollte.  Die  Untersuchung  ergab,  dafs 
die  Bremsen  schon  zwischen  London  und  Crewe  mangelhaft  gewirkt 
hatten.  Auf  letzterer  Station  fand  Maschinenwechsel  statt,  wobei 
man  dem  Locomotivführer  über  die  vorerwähnten  Mängel  Mittheilung 
zu  machen  vergafs.  Nach  dem  Unfall  fand  sich  in  dem  Leitungsrohr 
zwischen  Maschine  und  Tender  eine  geringe  Menge  Wasser,  das 
muthmafslich  zur  Zeit  des  Versagens  der  Bremse  gefroren  war  und 
so  der  Luft  den  Durchgang  versperrt  hat.  Da  bei  dem  Zusammen- 
stofse  vier  Menschen  getödtet  worden  waren,  fand  die  in  England 
vorgeschriebene  gerichtliche  Todtenschau  statt,  in  deren  Folge  die 
Geschworenen  den  Locomotivführer  von  jeder  Schuld  freisprachen, 
dagegen  der  Meinung  Ausdruck  gaben,  „dafs  die  London-  und  Nord¬ 
western-Eisenbahngesellschaft  durch  die  Anwendung  einer  so  unzu¬ 
verlässigen  Bremse  eine  schwere  Verantwortung  auf  sich  lade“. 

Ober  -  B.auratli  Ludwig  Büchner  f.  Am  29.  April  d.  J.  verstarb 
in  Meiningen  plötzlich  infolge  eines  Herzschlages  im  Alter  von 
nahezu  80  Jahren  ein  in  weiten  Kreisen  bekannter  und  verehrter 
Mann,  der  vormalige  Director  der  Werra- Eisenbahn ,  Ober-Baurath 
Ludwig  Büchner.  Der  Zeitung  des  Vereins  deutscher  Eisenbahn¬ 
verwaltungen  entnehmen  wir  folgenden  Nachruf. 

Mit  Büchner  wird  wieder  einer  —  vielleicht  einer  der  letzten  — 
jener  Männer  der  alten  Schule  der  Eisenbahnbau-Technik,  die  man 
als  die  eigentlichen  Pfadfinder  dieser  Wissenschaft  bezeichnen  kann, 
zu  Grabe  getragen.  Ursprünglich  dem  Forstfache  angehörig,  hatte 
er  schon  in  den  Jahren  1845 — 1848  bei  den  Vorarbeiten  und  dem 
Bau  der  Thüringischen  Eisenbahn  mitgewirkt,  war  dann  beim  Be¬ 
triebe  dieser  Bahn  als  Abtheilungsingenieur  in  Weimar  angestellt  und 
wurde  aus  dieser  Stellung  1856  zur  Oberleitung  des  Baues  der 
Werra-Eisenbahn  berufen,  den  er  in  einer  nach  damaligen  Verhält¬ 
nissen  musterhafter  Weise  ausführte.  Dieser  Bahn  waren  auch  die 
folgenden  31  Jahre  seines  Lebens  in  aufopferungsvoller  Thätigkeit. 
gewidmet.  Nach  der  Eröffnung  des  Betriebes  bekleidete  er  die 
Stelle  eines  Betriebsdirectors  der  Werrabahn  vom  Jahre  1858  bis 
zum  Jahre  1876,  wo  er  nach  dem  Zurücktritt  der  Direction  der 
Thüringischen  Bahn  von  der  Verwaltung  der  Werrabahn  durch  den 
Verwaltungsrath  der  letzteren  zu  der  Stelle  eines  Director s  der¬ 
selben  berufen  wurde,  die  er  mit  unvergleichlicher  Gewissenhaftigkeit 
und  Pflichttreue  verwaltete,  bis  ihn  im  Jahre  1886  das  hohe  Alter 
und  Gesundheitsrücksichten  zur  Niederlegung  derselben  nöthigten. 
Neben  umfassenden  Kenntnissen  und  grofsen  Erfahrungen  in  seinem 
Berufe  zierten  den  nun  Verstorbenen  auch  hervorragende,  edle 
Charaktereigenschaften,  die  ihm  die  Hochachtung  und  Verehrung 
Aller  erwoi-ben  hatten  und  die  ihm  ein  ehrendes  Andenken  sichern. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


Kr.  191- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


189 


INHALT:  XIII.  Verzeichnifs  der  Berichte  der  technischen  Attaches.  —  Anordnung 
der  Wandglieder  in  den  Endfcldern  der  Doppelfachwerkträger.  —  Gesetzliche  Be¬ 
stimmungen  über  die  Breite  der  Radfelgen  und  die  Ladegewichte  der  Fuhrwerke.  — 
Verstärkung  des  Eiscnbahnhetriehes  auf  der  Brooklyn-Brücke  hei  New -York.  — 


V  ermischtes;  Preishewerbung  um  das  Kaiser- Wilhelm-Denkmal  in  der  Rheinprovinz. 
—  Wiederaufbau  des  Nordthurmcs  der  Maria-Magdaleneukirche  in  Breslau.  —  Grofse 
Allgemeine  Gartenbau- Ausstellung  in  Berlin  1880.  —  Strafseuverkehr  in  London.  — 
Ursache  des  Treibens  mancher  Gemente.  —  James  Nasmyth  t.  —  Buch  erschau. 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 

XIII.  Verzeichnifs  der  Berichte  der  technischen  Attaches. 


(Die  früheren  Verzeichnisse  sind  aus  den  Inhaltsverzeichnissen  vom  Jahrgang  1884  u.  ff.  d.  Bl.  zu  ersehen. 


) 


I.  Berichte 

227.  (v.  1.  Juni  1889.)  Die  elektrischen  Leitungen  unter  den  Strafsen- 
dämmen  von  New-York.  Hierzu  5  Druckschriften. 

228.  (v.  15.  Juli  1889.)  Die  Regulirungsbauten  am  oberen  Mississippi 
und  die  Verwendung  von  Pumpenbaggern.  Hierzu  1  Druck¬ 
band,  1  Patentschrift  und  5  Pläne. 

229.  (v.  4.  Juli  1889.)  Americanische  Eisenbahn-Werkstätten.  Hierzu 
9  Lichtpausen,  4  Photographieen,  4  Drucksachen. 

230. ,  (v.  26.  Mai  1889.)  Dampfschneeschaufeln  für  die  Eisenbahnen 
in  Nord- America.  Hierzu  9  Anlagen. 

231.  (v.  25.  Juni  1889.)  Bruch  der  Thalsperre  oberhalb  Johnstown 
in  Pennsylvanien.  Hierzu  6  Anlagen.  (Mittheilung  im  Central¬ 
blatt  d.  Bauverw.  1889,  S.  250.) 

232.  (v.  20.  Dec.  1889.)  Die  XX.  Versammlung  der  Americanischen 
Gesellschaft  der  Maschinen-Ingenieure.  Hierzu  15  Anlagen. 

233.  (v.  8.  Jan.  1890.)  Die  Unterbrechung  der  Arbeiten  an  dem 
Wasserleitungs-Tunnel  in  Washington.  Hierzu  2  Druckhefte. 

234.  (v.  8.  Nov.  188^9.)  Die  Verbindung  zwischen  dem  Michigan-See 
und  Mississippi  durch  einen  Schiffahrtscanal.  Hierzu  7  Anlagen. 

II.  Berichte 

209.  (v.  25.  Juni  1889.)  Gesundheitseinrichtungen  in  den  für  d^e 
französische  Armee  bestimmten  Gebäuden.  Hierzu  1  Druck¬ 
anlage. 

210.  (v.  24.  Mai  1889.)  Die  Reinigung  der  Seine  und  die  Entwässe¬ 
rung  von  Paris.  Hierzu  1  Druckheft.  (Mittheilung  im  Cen- 
tralbl.  d  Bauverw.  1889,  S.  208.) 

211.  (v.  26.  Juni  1889.)  Die  Sonderausstellung  des  französischen 
Ministeriums  der  öffentlichen  Arbeiten  in  der  Weltausstellung 
in  Paris  und  die  dort  gezeigte  Vorrichtung  zum  Anhängen  und 
Abhängen  von  Schiffen,  welche  durch  ein  Treibseil  fortbewegt 
werden.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  286.) 

212.  (v.  27.  Juni  1889.)  Die  seitens  der  französischen  Forstverwal¬ 
tung  veranstaltete  Sonderausstellung  in  der  Weltausstellung  in 
Paris,  insbesondere  betreffend  die  Verbesserung  der  Wildbäche. 
Hierzu  1  Photographie. 

213.  (v.  20.  Aug.  1889.)  Die  neuen  Schleusen  des  Canals  St.  Denis. 
Hierzu  3  Photographieen.  (Mittheilung  in  der  Zeitschrift  für 
Bauwesen  1890,  Heft  IV- VI,  S.  255.) 

214.  (v.  6.  Sept.  1889.)  Der  in  Frankreich  angewandte  eiserne  Ober¬ 
bau,  System  Paulet.  Hierzu  1  Zeichnung. 

215.  (v.  30.  Sept.  1888.)  Der  Dienst  der  französischen  Binnen¬ 
schiffahrtsstatistik.  Hierzu  30  Anlagen. 

216.  (v.  6.  Oct.  1889.)  Verbesserungen  an  Maschinen  für  Erdarbeiten. 
Hierzu  2  Anlagen.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889, 

S.  461.) 

217.  (v.  5.  Sept.  1889.)  Maschine  zum  Auskrauten  der  Wasserläufe. 
Hierzu  1  Photographie. 

III.  Berichte 

215.  (v.  16.  Juni  1889.)  Krankenhäuser  für  ansteckende  Krankheiten 
in  kleinen  Städten  und  Dörfern.  Hierzu  1  Anlage. 


aus  America. 

Ueber  den  Entwurf  einer  Zahnradbahn  auf  den  Pikes 
Peak  in  dem  Felsen-Gebirge  (Colorado). 

235.  (v.  30.  Nov.  1889.)  Ueber  das  vom  Colonel  M.  McConnell 
nach  Art  seiner  Fischwege  construirte  Modell  eines  Fahrweges 
für  Schiffe  in  Stromschnellen. 

236.  (v.  28.  Dec.  1889.)  Krankenhäuser  für  Seeleute  der  Handels¬ 
marine.  Hierzu  2  Anlagen. 

237.  (v.  2.  Jan.  1890.)  Veröffentlichungen  der  Leuchtfeuerverwaltung 
in  Washington.  Hierzu  116  Anlagen. 

238.  (v.  24.  Jan.  1890.)  Bohr -Prahm  zur  Ausführung  von  Fels¬ 
sprengungen  in  dem  East  River  bei  New  -York.  Hierzu 

1  Zeichnung. 

239.  (v.  12.  Nov.  1889.)  Eigenthümliche  americanische  Maschinen 

zum  Heben  und  Beibringen  von  Baumaterialien.  Hierzu  31  An¬ 
lagen. 

240.  (v.  14.  Dec.  1889.)  Die  Vollendung  des  Weiland -Canals  und 
der  Betrieb  auf  demselben.  Hierzu  12  Anlagen. 

IS  Frankreich. 

218.  (v.  4.  Sept.  1889.)  Vorrichtung  zum  Ausbessern  von  Canälen. 
Hierzu  1  Photographie. 

219.  (v.  19.  Sept.  1889.)  Vom  Nicaragua -Canal.  Hierzu  1  Druck¬ 

heft.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  274.) 

220.  (v.  10.  Oct.  1889.)  Die  auf  der  Pariser  Weltausstellung  vor¬ 
geführten  Locomotiven. 

221.  (v.  10.  Juni  1889.)  Die  Einführung  der  Pariser  Zeit  in  Frank¬ 
reich  und  Algerien.  Hierzu  1  Anlage. 

222.  (v.  27.  Aug.  1889.)  Eiffels  zerlegbare,  stählerne  Eisenbahn¬ 
brücken.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  470). 

223.  (v.  17.  Sept.  1889.)  Zerlegbare  Eisenbahnbrücke  des  Eisen¬ 
hüttenwerks  Fives- Lille.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bau¬ 
verwaltung  1890.) 

224.  (v.  9.  Dec.  1889.)  Die  Windbeobachtungen  auf  dem  Eiffelthurm 
in  Paris.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1890,  S.  45.) 

225.  (v.  8.  Dec.  1889.)  Die  internationale  technische  Suez -Canal- 
Commission.  Hierzu  1  Plan. 

226.  (v.  9.  Sept.  1889.)  Französische  Verkehrsbauten.  Hierzu 

2  Druckhefte  und  1  Karte. 

227.  (v.  22.  Sept.  1889.)  Die  Gleiteisenbahn  auf  der  Weltausstellung 
in  Paris.  Hierzu  2  Anlagen.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d. 
Bauverw,  1889,  S.  495.) 

228.  (v.  19.  Dec.  1889.)  Vorrichtungen  zum  Ziehen  der  Canalschiffe 
mittels  des  Treibseils.  Hierzu  1  Druckheft. 

229.  (v.  28.  Dec.  1889.)  Ein  Slip  mit  seitlicher  Bewegung  der  aus¬ 
zubessernden  Schiffe.  Hierzu  1  Photographie. 

230.  (v.  12.  Jan.  1890.)  Die  französische  Binnenschiffahrtsstatistik. 

aus  England. 

216.  (v.  21.  Dec.  1889.)  Die  Explosion  des  Petroleum  -  Schiffes 
United  im  Hafen  von  Bristol.  Hierzu  1  Druckheft. 


75. 

76. 

77. 

78. 


109. 

110. 

111. 

112. 

113. 

114. 


IT.  Berichte  aus  Italien. 


(v.  20.  April  1889.')  Die  Gobelins-Weberei  in  Rom.  (Mittheilung 
im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  430.) 

(v.  3.  Juli  1889.)  Der  Schulunterricht  niederen  und  mittleren 
Grades  in  Italien  und  die  technischen  Institute  daselbst. 

(v.  9.  Aug.  1889.)  Die  gegenwärtige  Lage  der  Eisen-,  Ma¬ 
schinen-  und  Schiffs-Bau-Industrie  in  Italien.  Hierzu  1  Anlage, 
(v.  18.  Sept.  1889.)  Die  von  der  Bauunternehmer -Firma  C. 
Zschokke  u.  P.  Terrier  in  Italien  ausgeführten  Wasserbauten. 
Hierzu  28  Anlagen. 

V.  Berichte 

(v.  30.  Mai  1889.)  Der  Hafen  von  Pernau.  Hierzu  1  Denk¬ 
schrift. 

(v.  4.  Juni  1889.)  Die  Prüfung  des  Schweifseisens  der  Ketten¬ 
brücke  zu  Kiew.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889, 
S.  309.) 

(v.  24.  Juni  1889.)  Die  niedrigsten  Temperaturen  und  die 
stärksten  Winde  im  Gebiete  der  zukünftigen  sibirischen  Eisen¬ 
bahn. 

(v.  26.  März  1889.X  Die  erste  Allrussische  Fischereiausstellung. 
Hierzu  14  Druckhefte. 

(v.  17.  Oct.  1889.)  Verschiebung  der  eisernen  Träger  der 
Wolgabrücke  bei  Rshew  durch  Winddruck.  (Mittheilung  im 
Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  504.) 

(v.  17.  Sept,  1889.)  Das  Buch  „Das  arme  Rufsland“  von 
Roskoschny. 


79.  (v.  12.  Jan.  1890.)  Der  Römische  Seecanal.  Hierzu  1  Anlage. 
(Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1890,  S.  58.) 

80.  (v.  19.  Jan.  1890.)  Neubau  eines  Parlamentsgebäudes  in  Rom. 
Hierzu  1  Druckanlage.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw. 
1889,  S.  446.) 

81.  (v.  31.  Jan.  1890.)  Die  Aufsichtsbezirke  des  Genio  civile  in 
Italien. 

82.  (v.  30.  Nov.  1889.)  Die  bauliche  Entwicklung  der  Stadt  Rom. 
Hierzu  1  Plan. 

aus  Bufslaud. 

115.  (v.  24.  Sept.  1889.)  Die  Canalisation  der  Stadt  St.  Petersburg. 
Hierzu  1  Druckheft.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw. 
1889,  S.  509.) 

116.  (v.  l5.  Jimi  1889.)  Die  Zufuhrbahnen  in  Rufsland.  Hierzu 
1  Druckschrift. 

117.  (v.  31.  Oct.  1889.)  Die  Verwendung  von  Oel  zur  Stillung  hohen 
Seeganges.  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  446.) 

118.  (v.  24.  Oct.  1889.)  Das  Gebäude  der  Russischen  Bank  für  aus¬ 
wärtigen  Handel  in  St.  Petersburg.  Hierzu  5  Blatt  Zeichnungen. 

119.  (v.  2.  Dec.  1889.)  Das  Gebäude  der  Ostsibirischen  Abtheilung 
der  Kaiserlich  Russischen  Geographischen  Gesellschaft  in 
Irkutsk.  Hierzu  2  Zeichnungen. 

120.  (v.  18.  Dec.  1889.)  Schneeschutzvorrichtungen,  System  Rudnitzki. 
Hierzu  1  Druckschrift  und  1  Uebersichtskarte. 


190 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


14.  Mai  1890. 


3. 


(v.  30.  Oct.  1889.) 
Hierzu  1  Plan. 

(v.  !26.  Nov.  1889.) 
Donau  und  Oder. 
(V.  23.  Dec.  1889.) 
Hierzu  4  Anlagen. 


YI.  Berichte  aus  Oesterreich. 


Die  Eegulirung  der  Narenta  in  Dalmatien. 

Entwürfe  zur  Schiffalirtsverbindung  zwischen 
Hierzu  18  Anlagen. 

Die  elektrischen  Strafsenbahnen  in  Budapest. 


4.  (v.  21.  Dec.  1889.)  Der  Moldau-Viaduct  bei  Cerveua  in  Böhmen. 
1890^'s  8r  (Mittheilung  im  Centralbl.  d.  Bauverw. 

.5.  (v.  16.  Jan.  1890.)  Anlage  eines  Winterhafens  in  der  Donau 
bei  Wien.  Hierzu  1  Karte,  1  Druckschrift. 


Aiiordimiig  der  Wandglieder  in  den 

Bei  der  bisher  nahezu  allgemein  üblichen  Anordnung  der  Eudfelder 
eiserner  Träger  mit  Doppelfachwerk  (Abb.  1)  sind  die  oberen  End¬ 
knotenpunkte  schwer  herzustellen,  weil  dort  zwei  starke  Schrägbänder 
(Diagonalen)  von  derselben  Seite  kommend  Zusammentreffen.  Aufser- 
dem  ist  diese  Anordnung 


letzte 


1 

i  < 

»  - 

5 

5 

X 

7 

8 

<5 

9 

0  11' 
X. 

1  23456  769  ifl  11 

Abb.  1. 

v  2'  3'  4'  5'  O'  7'  8'  3’  m'  n' 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

X 

X 

X 

K  \ 

Abb.  2. 


unschön ,  da  das 
Schi-ägband  eine  ganz 
andere  Neigung  hat,  als 
die  anderen.  Vom  tech¬ 
nischen  Standpunkte  aus 
ist  aber  ein  Träger,  ab¬ 
gesehen  von  der  Form  der 
Gurtungen ,  nur  daun 

schön  zu  neunen,  wenn 
der  Baustoff  richtig  an¬ 
geordnet  ist.  Mau  darf 
daher  bei  demselben  Trä¬ 
ger  den  Neigungswinkel 

der  Schrägbänder,  den  man  als  den  günstigsten  erkannt  und 
infolgedessen  gewählt  hat,  nicht  bei  einem  Schrägbande  verlassen, 
sondern  inufs  denselben  thunlichst  durch  den  ganzen  Träger  bei¬ 
behalten. 

Im  Handbuche  der  Ingenieurwissenschafteu  Band  II  giebt  Steiner 
an,  dafs  man  dem  letzten  Schrägbande  nicht  dieselbe  Neigung  geben 
könne,  wie  den  anderen,  weil  es  sonst  in  der  Mitte  des  Endständers 
aufliören,  und  derselbe  dadurch  auf  Biegung  beansprucht  werden 
wüi’de  (Abb.  2).  Dieser  Uebelstand  läfst  sich  aber  leicht  vermeiden, 
wenn  man  dem  Trägersysteme 
noch  einen  Stab  hinzufügt, 
welcher  von  der  Mitte  des  ersten 
Ständers  zum  oberen  Ende  des 
zweiten  geht.  In  Abb.  2  ist 


Abb.  4. 


'Gelenk 


Abb.  5. 


dieser  Stab  gestrichelt  einge¬ 
tragen.  An  den  statischen  Ver¬ 
hältnissen  des  Trägers  ist  durch 
die  Hinzufügung  des  neuen 
Stabes  gegenüber  der  bisher 
üblichen  Anordnung  (Abb.  1) 
nichts  geändert,  da  für  den  hin¬ 
zukommenden  Knotenpunkt  1, 
auch  zwei  neue  Stäbe,  nämlich 
1,-1'  und  1, — 2'  hinzugefügt 
werden.  Es  findet  nun  kein  so 
jäher  Wechsel  in  der  Neigung 

der  Schrägbänder  statt,  wie  bei  der  bisher  üblichen  Anordnung, 
sondern  es  bleibt  die  Neigung  der  Schrägbänder  unter  Annahme 
gleicher  Feldlängen  bei  Parallelträgern  durchweg  gleich  und  auch 
bei  Halbparabelträgern  nahezu  gleich. 

Für  die  neue  Anordnung  spricht  aufser  der  bequemeren  Aus¬ 
führung  des  oberen  Endknotenpunktes  und  dem  schöneren  Aussehen 
auch  noch  eine  erhebliche  Ersparnifs,  wie  an  einem  ausgeführten 
Beispiele,  nämlich  an  den  Hauptträgern  der  Fluthöffnungen  der 
zweigeleisigen  Eisenbahnbrücke,  welche  in  den  Jahren  1876/78  über 
die  Elbe  bei  Lauenburg  erbaut  wurde,  nachgewiesen  werden  soll. 
Die  Träger  haben  50,5  m  Stützweite.  In  Abb.  1  ist  die  Anordnung 
einer  Trägerhälfte  in  einfachen  IJnien  dargestellt.  Die  Mittelfelder 
sind  durchweg  3,66  m  lang,  nur  die  Endfelder  haben  eine  Länge  von 
3,79  m.  Bei  der  Berechnung  wurden  seinerzeit  2,1  t  als  ruhende  Be¬ 
lastung  und  4,3  t  als  bewegliche  Last  für  1  m  Geleis  angenommen. 
In  Spalte  4  der  folgenden  Zusammenstellung  ist  für  die  einzelnen 
Trägertheile  das  Product  aus  Spannung  und  Länge  von  Knotenpunkt 

y 

zu  Knotenpunkt  angegeben,  welches  mit  —  multiplicirt  das  rech- 

ci 

nuiigsmäfsige  Gewicht  darstellen  würde  (y  bedeutet  das  Einheits¬ 
gewicht  des  Eisens  und  a  die  zulässige  Beanspruchung).  In  Spalte  5 
sind  die  wirklichen,  der  Massenberechnung  entnommenen  Gewichte 
aufgeführt.  Die  Zahlen  in  Spalte  6  geben  das  Verhältnifs  der  in 
Spalte  5  stehenden  Zahlen  zu  denen  in  Spalte  4  an,  also  den 
y 

Werth  c,  worin  c  das  Ausführungsverhültnifs  (den  sog.  Construc- 

a 

tionscoefficienten)  bedeutet. 


Endfelderu  der  Doppelfacliwerkträger. 


1 

2 

1  '^'3 

4 

I  5 

6 

Bezeichnung 

1 

Länge 

m 

Spauiuiiig 

t 

1 

Spannung  X 
Länge 

Gewicht 

KS 

Verhältnifszahl 
Spalte  X  _  p 

•*  ff 

Obere  Gurtung 
1'— 2' 

1  3,79 

119,27 

452,03 

477,42 

1,056 

2'-3' 

3,66 

180,44 

660,41 

686,46 

1,039 

3'— 4' 

3,66 

229,38 

839,53 

804,37 

0,958 

4'— 5' 

3,66 

266,09 

973,89 

1  053)37 

1,082 

5'— 6' 

3,66 

290,56 

1 063,45 

1  089,43 

1,024 

6'— 7' 

3,66 

302,79 

1 108,21 

1 089,43 

0)983 

7'— 8' 

3,66 

302,79 

1 108,21 

1 089,43 

0,983 

Zusammen .  .  . 

25,75 

— 

6  205,73 

6  289,91 

1,014 

Untere  Gurtung 

1-2 

3,79 

0 

0 

396,64 

oo 

2—3 

3,66 

44,56 

163,09 

335,54 

2,057 

3-4 

3,66 

119,27 

436,53 

508,24 

1,164 

4-5 

3,66 

180,44 

660,41 

790,95 

1)198 

5—6 

3,66 

229,38 

839,53 

895,29 

1,066 

6-7 

3,66 

266,09 

973,89 

1 189,13 

1,221 

7-8 

3,66 

290,56 

1  063,45 

1  288,38 

1,212 

Zusammen  .  .  . 

25,75 

— 

4  136,90 

5  404,17 

1,306 

Ständer 

1—1' 

7,00 

152,50 

1  067,50 

2  840,21 

2,661 

2—2' 

7,00 

59,68 

417,76 

1  705,24 

4,082 

3-3' 

7,(:M:t  - 

49,07 

343,49 

1 513,56 

4,406 

4—4' 

7,(X) 

39,67 

277,69 

1 513,36 

5,450 

5—5' 

7,00 

30,17 

211,19 

1  264,87 

5,989 

6-6' 

7,00 

21,89 

153,23 

1 268,70 

8,280 

7“7 ' 

7,00 

13,50 

94,50 

1 153,24 

12,203 

8-8'  (1/2) 

7,00  (1/2) 

6,35 

44,38 

2 

1 206,40 
2 

27,183 

Zusammen  .  .  . 

52,50 

2  587,55 

11  862,38 

4,584 

Bänder 

1'—  2 

7,96 

93,60 

745,06 

744,58 

0,999 

1'-  3 

10,22 

102,63 

1  048,88 

1 189,04 

1,134 

2'—  4 

10,13 

86,37 

874,93 

975,39 

1,115 

3'-  5 

10,13 

71,01 

719,33 

801,71 

1.115 

4'—  6 

10,13 

57,41 

581,56 

657,96 

1,131 

5'-  7 

10,13 

43,66 

442,28 

531,45 

1,202 

6'—  8 

10,13 

31,68 

320,92 

490,28 

1,528 

7'—  9 

10,13 

19,54 

197,94 

314,30 

1,588 

8'— 10 

10,13 

9,18 

92,99 

140,99 

1,516 

Zusammen .  .  . 

Verbindungs- 

89,09 

5  023,89 

5  845,70 

1,164 

theile 

— 

— 

38,58  1 

— 

Nietköpfe 

— 

— 

749,26 

— 

Gesamtsumme 

— 

— 

17  954,07 

30 190,00  [ 

1,682 

In  der  folgenden  vergleichenden  Zusammenstellung  sind  die¬ 
jenigen  Trägertheile  des  ersten  und  zweiten  Feldes  aufgenommen, 
welche  bei  der  neuen  Anordnung  in  Fortfall  kommen  bezw.  neu  hinzu¬ 
treten  oder  eine  Spannungsänderung  erleiden. 

y 

Die  Verhältnifszahlen  c  wurden  bei  der  neuen  Anordnung  nach 
G 

dem  Vorbilde  der  Lauenburger  Elbbrücke  gewählt  und  so  für  die 
neue  Anordnung  das  Gewicht  der  Trägertheile  bestimmt.  Dabei  sind 
diese  Verhältnifszahlen  thunlichst  hoch  angenommen,  damit  der  Be¬ 
rechnung  nicht  der  Vorwurf  zu  günstiger  Annahmen  gemacht  werden 
kann.  Die  Zahlen  für  1— 1,  und  1,-2  sind  unmittelbar  aus  der 
Zusammenstellung  für  die  Lauenburger  Brücke  entnommen,  trotzdem 
der  Ständer  1 — 1,  nur  halb  so  lang  ist,  wie  1 — 1'  bei  der  älteren 
Anordnung.  Die  Zahl  für  den  Ständer  2—2'  konnte  aus  den  Zahlen 
für  den  Ständer  4—4'  und  5—5'  durch  Einschaltung  leicht  gefunden 
werden,  da  die  Länge  und  auch  alle  anderen  Bedingungen  gleich 
sind.  Die  Verhältnifszahl  für  1,-1'  mufs  der  Spannung  des  Träger- 
theils  nach  zwischen  den  Werthen  für  1  —  1'  und  2 — 2'  liegen,  d.  i. 
zwischen  2,661  und  4,082.  Da  nun  aber  der  betreffende  Trägertheil 
nur  halb  so  lang  ist  wie  1 — 1',  so  ist  die  Annahme  der  Zahl  3,0  gewifs 


Nr.  19A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


191 


1 

2 

3 

4 

5 

6 

Bezeichnung 

, 

Länge 

m 

Spannung 

t 

Spannung  x 
Länge 

Gewicht 

hg 

Verhältnifszahl 

5  y 

4  ff 

Lauenburg 

l‘-2' 

1  -1' 

2  —2' 
l'-2 

3,79 

7,00 

7,00 

7,96 

-  119,27 
- 152,50 

-  59,68 
4-  93,60 

452,03 

1  067,50 
417,76 
745,06 

477,42 
2  840,21 

1  705,24 
744,58 

1,056 

2,661 

4,082 

0,999 

Summe  .  .  . 

25^75 

- 

2  682,35 

5  767,45 

2,150 

N  eue 

Anordnung 
1'— 2‘ 

1  -1. 
li— 1' 

2  —2' 

1-2 

1-2' 

3,79 

3,50 

3,50 

7,00 

5,16 

5,16 

-  44,56 
- 152,50 

-  70,20 

-  33,35 
4-  60,68 

-  60,68 

168,88 

533,75 

245,70 

233,45 

313,11 

313,11 

337,76 
1  420,11 
737,10 
1  356,11 
312,80 
469,67 

2,000 

2,661 

3,000 

5,809 

0,999 

1,500 

Summe  .  .  . 

28,11 

— 

1  808,00 

4  633,55 

2,563 

Unterschied  der 
Summen 

-f2,36 

— 

—  874,35 

-1 133,90 

— 

schon  sehr  hoch.  Es  fehlen  nun  nur  noch  die  Zahlen  für  die  Theile 
der  oberen  Grurtung  1' — 2'  und  1, — 2'.  Die  höchste  Verhältnifszahl 
für  die  Theile  der  oberen  Gurtung  bei  der  Lauenburger  Brücke  ist 
1,056  und  der  Durchschnitt  1,014.  Da  der  Trägertheil  1' — 2'  bei  er¬ 
heblich  geringerer  Spannung  auch  den  Winddruck  zu  übertragen  hat, 


so  ist  die  Zahl  2,0  gewählt.  Für  das  Stück  1,-2'  wurde  mit  Rück¬ 
sicht  auf  die  gröfsere  Länge  dieses  Trägertheils  die  Zahl  1,5  statt 
1,014  angenommen. 

Das  Verhältnifs  der  rechnungsmäfsigen  Gewichte  der  Träger- 
theile,  welche  bei  den  beiden  Anordnungen  verschiedene  Spannungen 
haben,  zu  einander  ist 


1808 

2682 


=  0,674. 


Das  Verhältnifs  der  wirklichen  Gewichte  ist  hierbei: 


46.34 

5767 


=  0,803. 


Die  Ersparnifs  an  diesen  Theilen  beträgt  mithin  bei  der  neuen 
Anordnung  20  pCt. 

Bei  den  Gewichten  der  ganzen  Hauptträger  betragen  diese  Ver- 
hältnifszahlen 


17  954  _  874 
17  954 


=  0,951  bezw. 


30  190  —  1134 
30 190 


=  0,962. 


Die  Kosten  der  Hauptträger  würdeur  also  bei  der  neuen  Anord¬ 
nung  um  4  pCt.  geringer  sein,  als  bei  der  bisher  üblichen  Aus¬ 
führungsweise. 

Sehr  bequem  ist  bei  der  Anwendung  der  neuen  Anordnung  die 
Anbringung  des  Gelenkes  in  Gerberschen  Gelenkträgern. 

Der  im  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften  Abtheilung  H 
Tafel  20  abgebildete  Gelenkträger  der  Kentucky  Thal-Ueberbrückung 
hat  in  der  Nähe  des  Gelenkes  zwei  steile  Schrägbänder  (Abb.  3). 
Bei  der  neuen  Anordnung  würden  die  betreffenden  Felder  wie  in 
Abb.  4  aussehen.  Die  beiden  Träger- Enden  haben  dabei  die  in  Abb.  5 
angegebene  Form.  Die  gestrichelten  Theile  dienen  nur  als  Wind¬ 
verband.  Ehlers. 


Die  gesetzlichen  Bestimmungen  über  die  Breite  der  Radfelgen  und  die  Ladegewichte 

der  Fuhrwerke 

in  verschiedenen  Ländern  im  Zusammenhang  mit  der  Strafseutechnik. 


Wenn  alle  die  Technik  berührenden  Gesetze,  Polizeivorschriften 
und  Bestimmungen  nur  den  einen  Zweck  verfolgen,  die  technische 
Thätigkeit  in  vernünftigerweise  zu  regeln,  sodafs  dieselbe  die  Rechte 
und  Interessen  anderer  nicht  verletzt,  sondern  sich  dem  Gesamt¬ 
gebiet  der  menschlichen  Thätigkeit  organisch  einfügt,  so  müssen  die 
betreffenden  Gesetze  und  Vorschriften  zur  Erreichung  dieses  Zieles 
nicht  nur  den  besonderen  örtlichen  oder  Landes  -  Verhältnissen 
Rechnung  tragen,  sondern  sich  auch  dem  jeweiligen  Entwicklungs¬ 
zustande  der  Technik  und  der  technischen  Wissenschaft  anschliefsen. 
Da  die  Technik  und  die  technischen  Wissenschaften  an  kein  einzelnes 
Land  gebunden  sind,  sondern  von  allen  Culturvölkern  in  gemein¬ 
samer  Arbeit  gepflegt  werden,  so  werden  auch  die  betreffenden 
Gesetze  und  Bestimmungen  in  den  einzelnen  Ländern,  trotz  den  aus 
den  abweichenden  Eigenthümlichkeiten  entspringenden  Verschieden¬ 
heiten,  doch  in  ihren  Grundzügen  eine  gewisse  Uebereinstimmung 
aufweisen  müssen. 

Ueberschauen  wir  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  die  gesetzlichen 
oder  polizeilichen  Vorschriften  der  einzelnen  Staaten  über  die  Breite 
der  Radfelgen  und  die  Ladegewichte  der  Strafsenfuhrwerke,  so  tritt 
uns  hier  eine  solche  abweichende  Gestaltung  und  Buntscheckigkeit 
entgegen,  wie  sie  durch  die  Verschiedenheit  in  der  Bauart  der  Fuhr¬ 
werke  und  der  Strafse  oder  in  sonstigen  V erhältnissen  nicht  begründet 
ist  und  sich  nur  dadurch  erklären  läfst,  dafs  einerseits  bei  Abfassung 
der  Gesetze  Technik  und  technische  Wissenschaft  nicht  hinreichend 
berücksichtigt  worden  sind,  anderseits  die  betreffenden  Gesetze 
s'ch  auf  ein  Gebiet  beziehen,  welches  wissenschaftlich  noch  nicht 
genügend  durchdrungen  worden  ist.  So  lange  den  betreffenden 
Gesetzen  und  Bestimmungen  die  feste  wissenschaftliche  Grundlage 
fehlt,  werden  dieselben  in  unsicherer  Weise  tasten  und  schwanken 
und  anstatt  den  Zweck  ganz  zu  erreichen,  in  gewissem  Mafse  auch 
die  gesunde  Entwicklung  der  Technik  hemmen.  Ist  daher  eine 
wissenschaftliche  Untersuchung  der  betreffenden  in  Frage  kommenden 
Verhältnisse  eine  der  Strafsentechnik  obliegende  Aufgabe,  so  möchte 
gerade  für  die  deutschen  Techniker  die  Lösung  dieser  Aufgabe 
umsomehr  eine  Pflicht  sein,  als  bisher  vorwiegend  nur  die  Franzosen 
das  betreffende  Gebiet  wissenschaftlich  bearbeitet  und  die  Deutschen 
auf  demselben  keine  gröfseren  selbständigen  wissenschaftlichen 
Leistungen  aufzuweisen  haben. 

Bis  Mitte  und  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  befand  sich  der 
Strafsenbau  in  einem  so'  stark  vernachlässigten  Zustande,  dafs  irgend 
ein  Anlafs  zur  gesetzlichen  Regelung  der  Felgenbreiten  und  der 
Ladegewichte  nicht  vorlag.')  Auf  den  mit  tiefen  Geleisen  versehenen 

')  Wohl  bekundet  die  Jülich-  und  Bergische  Polizeiordnung  vom 
10.  Oct.  1554  (Scottis  Sammlung  für  Cleve  und  Mark  I  136)  eine 


Erdwegen  bewegten  sich  mühsam  die  Fuhrwerke,  deren  Ladung  auf 
ein  Pferd  etwa  nur  400  kg^)  betrug.  Im  rheinisch -westfälischen 
Kohlenbezirk  mufsten  sogar  die  Kohlen  wegen  des  unfahrbaren 
„heillosen“  Zustandes  der  Strafsen  in  Säcken  auf  Pferde  geladen 
und  fortbewegt  werden.'"')  Mit  der  durch  die  Erfindung  der  Dampf¬ 
maschinen  (1763)  veranlafsten  Hebung  der  Industrie  steigerte  sich 
der  Versand  an  Rohstoffen  und  damit  der  Verkehr  so  bedeutend, 
dafs  sich  allmählich  die  Einsicht  von  der  grofsen  wirthschaftlichen 
Bedeutung  der  Strafsen  Bahn  brach  und  auch  die  Wissenschaft  sich 
des  bisher  von  ihr  gänzlich  vernachlässigten  Gebietes  bemächtigte. 
Mit  dieser  Anwendung  der  Wissenschaft  auf  den  Strafsenbau  beginnt 
erst  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  der  sogenannte  Kunststrafsen- 
bau.  Zwar  erschien  schon  1759  ins  Deutsche  übersetzt  Gautiers 
Tractat  von  der  Anlegung  der  Wege  und  Strafsen;  aber  noch  1802 
war  die  Ueberzeugung  von  der  Berechtigung  der  Anwendung  der 
Wissenschaft  auf  den  Strafsenbau  so  wenig  allgemein  anerkannt, 
dafs  Krönke  in  der  Vorrede  seines  Werkes:  „Theorie  des  Fuhrwerks“ 
entschieden  die  Annahme  bestreitet,  als  ob  die  Anwendung  der 
Mathematik  auf  den  Strafsenbau  eine  „müfsige  Speculation“  sei.') 
In  einer  Reihe  von  trefflichen  Arbeiten“)  wurde  nicht  nur  der 
Strafsenbau  in  eingehendster  Weise  behandelt,  sondern  auch  dessen 
wirthschaftlicher  Nutzen  überzeugend  dargelegt.  Es  entwickelte  sich 
eine  äufserst  ,  lebendige  Thätigkeit  im  Strafsenbau.  Während  im 
Jahre  1788 1')  in  den  preufsischen  Provinzen  Cleve,  Essen,  Mark, 
Minden  und  Ravensberg  noch  keine  Kunststrafsen  vorhanden  waren, 
schufen  in  den  letzten  Vierteln  des  verflossenen  und  in  den  ersten 
Jahrzehnten  dieses  Jahrhunderts  England,  Frankreich  und  Deutsch¬ 


erwachende  Erkenntnifs  von  der  Bedeutung  der  Wege;  anderseits 
aber  bezeugt  sie  auch  in  ihren  Vorschriften  den  schlechten  Zustand 
der  Strafsen.  Es  heifst  z.  B.:  „Zum  fünfften.  Und  wan  die  Wege 
trüg  seyndt,  soll  ein  jeder  an  seinem  Ansehufs  die  Traden  oder 
Wagenleisten  instechen,  und  da  es  vonnöthen,  mit  Reisern  und  Dörnen 
unterlegen  und  högen.“ 

2)  Wesermann:  Taschenbuch  für  die  Strafsen-  und  Bergbau¬ 
beamten  usw.  Düsseldorf  1814.  S.  17. 

^)  Wesermann:  Handbuch  für  den  Strafsen-  und  Brückenbau. 
Düsseldorf  1830.  S.  28. 

')  Krönke:  Theorie  des  Fuhrwerks  mit  Anwendung  auf  den 
Strafsenbau.  Giefsen  1802.  S.  VI. 

“)  Als  Verfasser  deutscher  Arbeiten  sind  zu  nennen:  LucasVoch, 
Krönke,  Wiebeking,  Wesermann,  Gerstner,  van  Alten,  von  Langs¬ 
dorf,  Voit,  Arnd,  Roeder,  von  Pechmann,  Casparson,  Krüger,  Wölfer, 
Wolfram,  Sartorius,  Umpfenbach.  Weitere  Verfasser  enthält  das 
Litteraturverzeichnifs  bei  Wesermann:  Handbuch  usw.  S.  XXH. 

*’)  Wesermann:  Taschenbuch  usw.  S.  III. 


192 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


14.  Mai  189«. 


land  unter  Anwendung  grofser  Mittel  ein  ausgedehntes  Netz  von 
Kunststrafsen.') 

Zur  Vermeidung  weiter,  theurer  Verfrachtungen  verwandte  man 
zum  Bau  und  zur  Unterhaltung  der  Strafsen  fast  ausnahmslos  nur 
die  in  dem  von  der  Strafse  durchzogenen  Gebiete  sich  vorhndenden 
Gesteinarten,  ohne  an  deren  Festigkeit  weitgeliende  Ansprüche  stellen 
zu  können.  Der  Ersatz  der  weichen  Gesteine  durch  härtere  gehört 
einem  neuen  Zeitabschnitt  an.  Da  die  neu  erbauten  Kunststrafsen 
gegenüber  den  Erdwegeu  eine  bedeutend  gröfsere  Ladung^)  ermög¬ 
lichten,  durch  diese  jedoch  namentlich  auf  den  aus  weichen  Gesteinen 
hergestellten  Fahrbahnen  eine  stärkere  Abnutzung  hervorgerufen 
wurde,  so  lag  es  nahe,  durch  entsprechende  gesetzliche  oder  polizei¬ 
liche  Vorschriften  über  die  Gröfse  der  Ladung  und  die  Bauart  der 
Fuhrwerke  die  Erhaltung  eines  guten  Strafsenzustaudes  zu  sichern. 
Freilich  setzten  Vorschriften  über  die  Bauart  des  Fuhrwerks  eine 
wissenschaftliche  Untersuchung  desselben  in  seiner  Einwirkung  auf 
die  Strafsen  voraus. 

Trotzdem  das  Fuhrwerk  seit  alten  Zeiten  in  engster  Weise  mit 
der  menschlichen  Thätigkeit  verbunden  ist,  so  ist  doch  keiner 
Älaschine  die  Wissenschaft  weniger  zu  Hülfe  gekommen.'')  Die  erste 
deutsche  Schrift  —  Johann  Nicolaus  Müller:  Versuch  einer  syste¬ 
matischen  Abhandlung  vom  Fuhrwesen.  Göttingen  —  erschien  erst 
1787 ;  es  folgte  1798  die  von  der  königl.  dänischen  wissenschaftlichen 
Akademie  preisgekrönte  Schrift  von  Nicolaus  Fufs:  Versuch  einer 


abschnitte  unterscheiden.  In  dem  ersten  Abschnitt  fehlt  den  Be¬ 
stimmungen  die  wissenschaftliche  Grundlage;  im  zweiten  Abschnitt 
liegen  die  trefflichen  Versuche  der  Franzosen  und  deren  wissen¬ 
schaftliche  Verarbeitung  vor,  wodurch  eine  bessere  Uebereinstiminung 
der  gesetzlichen  Vorschriften  mit  den  thatsächlichen  Verhältnissen 
und  eine  bessere  Verwirklichung  des  beabsichtigten  Zweckes  herbei¬ 
geführt  wird;  im  dritten  Zeitabschnitt  macht  sich  das  Bestreben 
geltend,  durch  Einführung  der  widerstandsfähigsten  Gesteinsarten  und 
die  sorgfältigste  Pflege  der  Strafsen  die  Beschränkungen  hinsichtlich 
der  Breite  der  Radfelgen  und  der  Ladegewichte  der  Fuhrwerke 
möglichst  fallen  lassen  zu  können. 

Die  Vorschriften  des  ersten  Zeitabschnittes  gehen  von  der  ohne 
Versuche  als  richtig  angenommenen  Voraussetzung  aus,  dafs  die 
Last  eines  Fuhrwerkes  sich  auf  die  Gesamtbreite  der  Felgen  gleich- 
mäfsig  vertheile,  dafs  also  z.  B.  bei  einem  im  Eigengewicht  und  in 
der  Ladung  50U0  kg  schweren  vierräderigen  Fuhrwerke  mit  10  cm 
breiten  Felgen  der  Druck  auf  jedes  Centimeter  Felgenbreite  12.5  kg 
betrage.  Dieser  Annahme  entsprechend  regelte  man  nicht  nur  die 
Felgenbreiteu  nach  der  Last,  sondern  schrieb  auch  möglichst  grofse 
Felgenbreiteu  vor,  damit  der  Druck  auf  die  Strafse  möglichst  gering 
werde. 

Die  erste  Verordnung  über  Radfelgen  scheint  Oesterreich  17G8 
erlassen  zu  haben.  Nach  derselben  mufste  bei  einer  Ladung  über 
00  Ctr.  (3300  kgj  die  Felgenbreite  0  Zoll  (10  cm)  betragen.  Doch 


Theorie  des  Widerstandes  zwey-  und  vierrädriger 
Fuhrwerke  usw.,  und  endlich  1802  Krönkes  schon 
erwähnte  treffliche  Arbeit:  Theorie  des  Fuhrwerks. 

Krönke  schreibt  der  gänzlichen  Vernachlässigung 
dieser  Theorie  die  vielen  Fehler  —  wie  z.  B.  die 
kleinen  Räder,  welche  unsäglich  viel  Ki-aft  ver¬ 
schwenden  —  sowie  die  grofsen  Verschiedenheiten 
in  den  Mafsen  der  Fuhrwerke  zu.’")  Einerseits 
tritt  er  zur  Verminderung  des  Widerstandes  für 
gröfsere  Raddurchmesser,  anderseits  behufs  Er¬ 
haltung  der  AVege  für  A'ergröfserung  der  Rad¬ 
felgenbreite  ein,  welche  damals  kaum  5  cm  (2  Zoll) 
betrug.!’) 

Da  jedoch  das  Kunststrafseunetz  noch  vielfach  Lücken  aufwies 
—  wie  z.  B.  das  220  572  Ruthen  grofse  Netz  des  Regierungsbezirks 
Düsseldorf  1827  noch  44  558  Ruthen,  also  20  pCt.  uuausgebaute 
Theile  enthielt ’2)  —  und  die  Gemeiudestrafsen  sich  in  sehr  schlechtem 
Zustande  befanden,  so  stiefs  die  Einführung  der  für  Erdwege 
ungeeigneten  Räder  mit  breiten  Felgen  auf  Schwierigkeiten.  Man 
suchte  daher  die  Einführung  der  breiten  Felgen  durch  Begünstigung 
der  betreffenden  Fuhrwerke  hinsichtlich  der  AVegegelder  zu  fördern,"’) 
ehe  man  dieselben  durch  gesetzliche  Bestimmungen  endgültig  vor¬ 
schrieb.  In  Tyrol  nahm  mau  bei  0  Zoll  breiten  Felgen  nur  i/j,  bei 
9  Zoll  breiten  nur  ’  s  Weggeld. i’)  In  England  bestand  für  breite 
Felgen  Zollfreiheit.’^) 

Was  die  gesetzlichen  Bestimmungen  über  h''elgenbreiten  und 
Ladegewichte  aubelangt,  so  lassen  sich  in  denselben  drei  Zeit- 

'!)  Frankreich  schon  unter  Ludwig  XV.  (1715 — 1774);  England 
und  einige  deutsche  Länder  wie  Berg,  Hessen,  Nassau,  Hannover, 
Braunschweig  u.  a.  seit  dem  siebenjährigen  Kriege.  Siehe  Weser¬ 
mann:  Taschenbuch  S.  0;  Handbuch  S.  4,  11,  13;  Dietrich:  die  Bau¬ 
materialien  der  Steiustrafseu  S.  5. 

8)  Nach  Wesermann:  Taschenbuch  S.  17  lud  ein  Einspänner  im 
Gebirge  800  kg,  nach  dem  Handbuch  S.  112  in  der  Ebene  bis 
1500  kg  (jetzt  bis  2500  kg).  Es  erscheint  doch  übertrieben,  wenn 
Wesermann  S.  123  behauptet,  dafs  auf  zweiräderige  Wagen  mit  breiten 
Felgen  7000  bis  8500  kg  geladen  wurden. 

9)  Krönke:  Theorie  des  Fuhrwerks  S.  3. 

!")  Krönke  S.  4. 

”)  Krönke  S.  4,  161  u.  102. 

12)  Wesermann:  Handbuch  usw.  Tabelle  II. 

13)  Wesermann:  S.  123. 

1^)  Wesermann:  S.  125. 

ij)  Mac- Adam:  Bemerkungen  über  das  gegenwärtige  System  des 
Chausseebaues.  A.  d.  Engl.  Darmstadt  1825.  S.  53. 


fügt  Wesermann  (Handbuch  usw.  S.  125),  dem 
diese  Angabe  entnommen  ist,  hinzu,  dafs  die  Ver¬ 
ordnung  nicht  befolgt  wurde.  In  Frankreich 
liefs  das  Gesetz  vom  29.  floreal  des  Jahres  X  (1802) 
bei  zweiräderigem  Fuhrwerk  mit  25  cm  breiten 
Felgen  als  Last  im  Sommer  4750  kg,  im  Winter 
3500  kg,  bei  geringerer  Felgenbreite  3750  bezw. 
2500  kg  zu.  13)  Das  folgende  Gesetz  vom  7.  ventöse 
des  Jahres  XII ‘^)  (1804)  schreibt  je  nach  der  An¬ 
zahl  der  Pferde  Felgenbreiten  von  11  bis  25  cm 
vor.  Das  Gesetz  vom  23.  Juli  18071®)  regelt  die 
Felgenbreiteu  nach  der  Gesamtlast,  welche  bei  der¬ 
selben  Felgenbreite  im  Sommer  etwa  20  pCt.  mehr 
als  im  Winter  und  bei  ungleicher  Spur  der  Vorder-  und  Hinter¬ 
räder  etwa  10  pCt.  mehr  als  bei  gleicher  Spur  betragen  durfte.  Die 
höchste  zulässige  Last  bezifferte  sich  bei  einem  vierräderigen  Wagen 
mit  22  cm  breiten  Felgen  im  Sommer  und  bei  ungleicher  Spur  auf 
11400  kg,  bei  einem  zweiräderigen  Karren  mit  25  cm  breiten  Felgen 
im  Sommer  auf  8200,  im  Winter  auf  6800  kg.  Auf  das  Centimeter 
Felgenbreite  betrug  die  Gesamtlast 

im  Winter  im  Sommer, 

für  2räderiges  Fuhrwerk  100  kg  bis  141  kg  123  kg  bis  171  kg, 
für  4räderiges  Fuhrwerk  75  „  „  109  „  91  „  „  130  „ 

Hervorzuhebeu  ist,  dafs  je  gröfser  die  Felgenbreite,  um  so  gröfser  im 
allgemeinen  auch  die  Last  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  sein 
durfte,  während  dieselbe  umgekehrt  hätte  abuehmeu  sollen.  In 
England  erschien  die  erste  Verordnung  über  die  Felgenbreiten 
schon  1771.1”)  Dieselbe  setzte  für  4300  kg  (85  Ctr.)  schwere  Ladungen 
15  cm  (6  Zoll)  breite  und  für  6100  kg  (120  Ctr.)  schwere  Ladungen 
23  cm  (9  Zoll)  breite  Felgen  fest.  Mac- Adam 2”)  erwähnt  Fuhrwerke 
mit  41  cm  (16  Zoll)  breiten  Felgen.  Kröuke2i)  führt  nach  Grobert; 
Observatious  sur  les  voitures  ä  deux  roues  S.  56  sogar  Felgenbreiteu 
von  46  cm  bis  50  cm  (18  bis  22  Zoll)  an.  Das  englische  Gesetz  vom 
19.  Juli  182322)  schreibt  zwar  auch  noch  überaus  grofse  Felgenbreiten 


13)  u.  i'i  Debauve:  Manuel  de  l’ingenieur.  9“e  fascicule.  Routes. 
Paris  1873.'  S.  39. 

18)  AVesermaun:  Handbuch  usw.  S.  128;  Ahlburg:  Der  Strafseu- 
bau  1870  S.  19  giebt  den  23.  Juni  als  Tag  des  Erlasses  an.  Debauve 
führt  S.  39  noch  eine  A^erorduung  vom  23.  Juni  1800  an. 

1”)  AA^esermanu:  Handbuch  S.  125. 

20)  Mac-Adam:  Bemerkungen  usw.  S.  09. 

21)  Krönke:  Theorie  usw.  S.  162. 

22)  Ahlburg:  Der  Strafsenbau  S.  20;  von  Kaveu:  AAi^egebau  S.  20; 
Laissle:  Strafsenbau  S.  531. 


h-.  19  *• 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


193 


bis  zu  23  cm  vor,  weist  jedoch  gegenüber  dem  französischen  Gesetz 
von  1807  insofern  einen  Fortschritt  auf,  als  es  die  zulässige  Last  auf 
das  Centimeter  Felgenbreite  mit  wachsender  Felgenbreite  abnehmen 
liifst.  Dieselbe  durfte  je  nach  der  Felgenbreite 

im  Winter  im  Sommer 

für  2räderiges  Fuhrwerk  G7  kg  bis  109  kg  77  kg  bis  120  kg, 
•für  4räderiges  Fuhrwerk  70„  „  87  „  76„  „  98  „ 

betragen.  Das  1807  er  französische  Gesetz  gestattete  die  höchste 
Last  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  (160  bis  170  kg)  bei  breiten 
Felgen,  das  englische  Gesetz  (mit  120  kg)  bei  schmäleren  Felgen. 
Hinsichtlich  des  gröfsten  Mafses  der  Felgenbreite  gingen  jedoch 
beide  Gesetze  weit  über  das  Ziel  hinaus,  indem  infolge  der 
Wölbung  der  Strafsen  die  breiten  Felgen  nur  theilweise  aufruhten 
und  daher  nicht  in  ganzer  Breite  zur  Wirkung  gelangten. 


Abb.  10. 


Da  die  deutschen  Staaten  erst  mit  diesem  Jahrhundert  eine 
regere  Thätigkeit  im  Kunststrafsenbau  entfalteten,  so  fällt  die 
deutsche  Gesetzgebung  über  die  Radfelgenbreiten  erst  in  den 
folgenden  Abschnitt.  Sachlich  dürfte  hier  eines  hannöverschen 
Gesetzes 23)  zu  erwähnen  sein,  welches  Felgenbreiten  von  15  cm  bis 
24  cm,  je  nach  der  Gröfse  der  Ladung,  vorschreibt.  — 

Ehe  der  Aufsatz  zum  zweiten  Abschnitt  und  zu  den  französischen 
Versuchen  übergeht,  möchte  derselbe  den  Einflufs  der  Strafsenwölbung 
kurz  darstellen.  Bei  ebener  Strafse  und  senkrechter  Stellung  der 
Räder  zu  denselben  ruhen  die  Felgen  in  voller  Breite  auf.  Da  jedoch 
die  Strafsen  von  der  Mitte  aus  ein  Quergefälle  von  1 : 20  bis  1 : 40 
besitzen,  so  werden  die  Radfelgen  eines  die  Mitte  einer  glatten  harten 
Strafse  befahrenden  Fuhrwerkes  nur  an  der  inneren  Seite  auf  liegen 
(Abb.  1).  Thatsächlich  sind  jedoch  auch  die  Räder  bezw.  die 
Achsenschenkel  geneigt.  Die  „  Unterachsung  “  (in  Abb.  2  ^  ly), 
welche  von  der  Neigung  der  Speichen  gegen  die  Radfläche,  dem 
, Speichensturz“  (in  Abb.  2  A  o)  zu  unterscheiden  ist,  betrug  nach 
hier  vorgenommenen  Messungen  1°  4'  bis  2°  23'  (1:54  bis  1:24).24) 
Da  jedoch  das  Quergefälle  der  Strafsen  nicht  gleichmäfsig  ist  und 

Ahlburg:  Strafsenbau  S.  18. 

24)  Laissle:  Strafsenbau  S.  530  giebt  die  Unterachsung  zu  4°  20' 


die  Fuhrwerke  nicht  stetig  die  Mitte  befahren,  so  wird  auch  durch 
die  Unterachsung  wohl  ein  besseres,  aber  doch  kein  Aufruhen  in 
voller  Breite  erzielt.  Ist  das  Quergefälle  gröfser  als  die  Unterachsung, 
so  ruhen  nur  die  inneren  Seiten  auf  (Abb.  3),  Avährend  bei  schwachem 
Quergefälle  (Abb.  4)  und  einem  Befahi-en  der  Strafsenseiten  (Abb.  5) 
die  äufseren  Seiten  der  Felgen  vorwiegend  den  Druck  vermitteln. 
Abwechselnd  werden  daher  auf  glatter,  fester  Bahn  die  inneren  und 
die  äufseren  Kanten  aufliegen,  weswegen  sich  auch  beide  Kanten 
in  rascherem  Mafse  als  die  Mitte  abnutzen  werden.  Die  Radfelgen 
runden  sich  daher  im  Gebrauche  ab,  wie  solches  aus  den  in  Abb.  6 
bis  10  dargestellten  Felgenquerschnitten  einiger  verschiedene  Jahre 
im  Gebrauche  beflndlicher  zweiräderiger  Fracht-  (Abb.  6  u.  7)  und 
landwirthschaftlicher  (Abb.  8,  9  u.  10)  Fuhrwerke  hervorgeht.  Die 
Breiten  sind  in  drittel,  die  Höhen  in  ganzer  natürlicher  Gröfse  auf¬ 
getragen.  Bemerkenswerth  ist,  dafs  fast  durchweg  die  Innenseiten 
um  einige  Millimeter  stärker  abgenutzt  sind,  als  die  Aufsenkanten, 
was  sich  aus  dem  Umstande  erklärt,  dafs  die  Unterachsung  sehr 
gering  und  kleiner  als  die  Seitenneigung  der  Strafse  ist  (s.  Abb.  3). 
Während  die  Abb.  6  u.  7,  desgl.  8  u.  9  erkennen  lassen,  wie  in  den 
ersten  Gebrauchsjahren  die  Kanten  stärker  als  die  Mitte  abgenutzt 
werden,  zeigen  Abb.  9  u.  10,  dafs  nach  einem  gewissen  Zeiträume  — 
im  vorliegenden  Falle  bei  leichtem  Fuhrwerk  nach  7  Jahren  —  die 
Abnutzung  in  allen  Querschnitttheilen  eine  nahezu  gleichmäfsige  ist. 
Es  würde  jedoch  durchaus  falsch  sein,  hieraus  etwa  den  Schlufs 
ziehen  zu  wollen,  dafs  sämtliche  Querschnitttheile  gleichzeitig  zur 
Druckübertragung  gelangen,  da  dies  ein  vollständiges  Aufruhen 
des  ganzen  Querschnitts  voraussetzen  würde,  was  bei  dessen  Wölbung 
ausgeschlossen  ist.  Dieses  gleichmäfsige  Fortschreiten  der  Abnutzung 
ist  vielmehr  nur  dadurch  zu  erklären,  dafs  bei  einer  gewissen  (ge¬ 
wölbten)  Form  der  Felge  infolge  des  abwechselnden  Befahrens  der 
Mitten  und  Seiten  mehr  oder  weniger  geneigten  Strafsen  nach  ein¬ 
ander  zwar  stets  verschiedene  aber  doch  sämtliche  Querschnitttheile 
zur  Druckübertragung  bezw.  zur  Abnutzung  gelangen. 

Während  bei  den  frisch  aufgezogenen  ebenen  Felgen  vorwiegend 
die  Kantentheile  aufruhen,  werden  durch  die  Abnutzung  nach  und 
nach  auch  die  mittleren  Felgentheile  in  stärkerem  Mafse  an  der 
Drackübertragung  Theil  nehmen.  In  keinem  Falle  aber  wird  auf 
den  festen  Fahrbahnen  der  Kunststrafsen  die  ganze  Breite  der  Felgen 
gleichmäfsig  den  Druck  vermitteln,  und  zwar  umsoweniger,  je  gröfser 
die  Breite  der  Felgen  ist.  Es  wird  gleichsam  eine  Grenze  geben,  bis 
zu  der  eine  Vergröfserung  der  Felgenbreite  eine  entsprechende  Ver¬ 
minderung  des  Centimeterfelgendruckes  zur  Folge  hat,  über  die  hinaus 
jedoch  eine  solche  Verminderung  nicht  mehr  eintritt.  Die  Ueber- 
schreitung  dieser  Grenze  ist  daher  zum  Zwecke  der  Schonung  der 
Strafse  werthlos. 

Es  ist  das  Verdienst  der  den  zweiten  Zeitabschnitt  der  Rad¬ 
felgenbestimmungen  einleitenden  französischen  Versuche,  diese  Grenze 
erkannt,  festgestellt,  und  dadurch  für  den  Erlafs  gesetzlicher  Vor¬ 
schriften  eine  erste  feste  Grundlage  geschaffen  zu  haben. 

In  dem  ersten  Zeitabschnitt  machte  sich  das  Fehlen  dieser 
Grundlage  nicht  nur  in  den  unpraktischen  Vorschriften  allzugrofser 
Felgenbreiten,  sondern  auch  in  den  abweichenden  Ansicliten  der 
hervorragenden  Techniker  geltend.  Krönke  (Theorie  usw.  1802,  S.  162) 
will  allgemein  15  cm  (6  Zoll)  breite  Felgen  eingeführt  wissen.  Roeder 
(1821,  S.  43)  ebenso  v.  Pechmann  (1822,  S.  37,  184,  186)  befürworteten 
breite  Felgen,  wodurch  nach  v.  Pechmann  in  England  25  pCt.  an 
Unterhaltungskosten  gespart  würden  (S.  199).  Roeder  tritt  auch  für 
flache  Wölbung  der  Strafse  ein.  Nur  bei  letzterer  hält  Krüger  (1826, 
S.  18)  die  breiten  Räder  für  nützlich.  Wesermann  (1830,  S.  122)  will 
die  Einführung  der  breiten  Felgen  von  dem  weiteren  Ausbau  des 
Strafsennetzes  abhängig  machen.  Arnd  (S.  213)  tritt  behufs  besseren 
Anschlusses  der  Felgen  an  die  Steinbahn  für  eine  kegelförmige 
Gestaltung  derselben  ein.  Courtin  (1800,  übersetzt  1813,  S.  39)  sagt, 
dafs  durch  die  breiten  Felgen  wenig  gewonnen  sei.  Sartorius  (1827, 
S.  220)  hält  den  Strafsenaufwand  bei  breiten  und  schmalen  Felgen 
für  gleich  grofs.  Mac-Adam  (S.  8)  und  mit  ihm  Wölfer  (1826,  S.  176) 
finden,  dafs  die  Breite  der  Felgen  keine  so  gröfse  Berücksichtigung 
verdiene,  wie  es  viele  Techniker  wollten.  Eine  Entscheidung  der 
streitigen  Frage  konnte  nur  an  der  Hand  von  eingehenden  Versuchen 
gewonnen  werden,  wie  die  Franzosen  diese  in  gründlicher  Weise 
anstellten. 

Als  ersten  Versuch  erwähnt  Wesermann  (S.  125)  den  eines 
französischen  Präfecten,  der  sich  jedoch  nur  auf  schlechte  Wege 
bezog.  Der  Graf  von  Rumford  stellte  alsdann  durch  Versuche  auf 
kunstmäfsig  hergestellten  Strafsen  bei  Paris  fest,  dafs  Fuhrwerke  mit 
10  cm  breiten  Felgen  bei  derselben  Last  eine  geringere  Kraft  zur 
Fortbewegung  erfordern,  als  solche  mit  ^  cm  und  6  cm  breiten 
Felgen.  1808  stellte  der  Engländer  Edgeworth,  1816  ein  französischer 


(1:13),  Ahlburg:  Strafsenbau  S.  13  bis  zu  7°  8'  (1:8),  Deutsches 
Bauhandbuch  III.,  S.  172  desgl.  bis  1 : 8  an. 


J94 


14.  Mai  1890. 


Ceutralblatt  der  Bauvervvaltung. 


Iiigenieur-Fachausscluifs  Untersuchiingeu  an,  welche  in  einer  Denk¬ 
schrift  (1832)  von  Corrcze  und  Maues  behandelt  wurden.^'^)  Neue 
sorgfältige  Versuche  stellte  im  Aufträge  des  Ministers  von  1837  bis 
1842  General  Morin  an,  die  aufser  den  bereits  von  Krönke  ver¬ 
tretenen  Vortheil  grofser  lladdurchmesser  zuerst  auch  die  oben 
erwähnte  Grenze  der  Felgenbreite  feststellten.  Morin  fand,  dafs  der 
Widerstand  auf  Pflaster-  und  Steinschlagbahnen  von  der  Felgenbreite 
nahezu  unabhängig  ist,  sobald  dieselbe  8  bis  10  cm  Gröfse  erreicht, 
dafs  somit  weder  der  Staat  vom  Standpunkte  der  Erhaltung  der 
Strafsc  noch  die  Industrie  ein  Interesse  habe,  die  Felgenbreiten  über 
10  cm  bis  12  cm  zu  vermehren.  Auf  Anordnung  des  Ministers  der 
öffentlichen  Arbeiten  stellte  Morin  nochmals  zur  Beantwortung  be¬ 
stimmt  gestellter  Fragen  neue  Versuche  an,  welche  zu  folgendem 
Ergebnifs  führten  Aö) 

1)  Die  Grundlage  der  Kadfelgengesetze,  dafs  die  Felgenbreite 
im  Verhältnifs  zur  Last  wachsen  müsse,  ist  nicht  genau. 

2)  Bei  gleicher  Last  erzeugen  Räder  mit  0  cm  breiten  Felgen  eine 
stärkere  Abnutzung  als  solche  mit  11,5  und  16,5  cm  breiten  Felgen. 
Die  Abnutzung  bei  letzteren  Felgenbreiten  ist  dagegen  so  wenig  ver¬ 
schieden,  dafs  es  nur  von  geringem  Vortheil  ist,  über  11,5  cm  breite 
Felgen  anzuwenden. 

3)  Im  Interesse  der  Erhaltung  der  Strafsen  ist  zu  wünschen, 
dafs  die  Ladegewichte  der  Fuhrwerke  nicht  3500  bis  4000  kg  über¬ 
steigen  usw. 

Die  Untersuchungen  MorinsS")  wurden  von  Dupuit  heftig  an¬ 
gegriffen,  welcher  auf  Grund  neuer  Versuche  u.  a.  zu  dem  Ergebnifs 
gelangte,  dafs  der  Widerstand  auf  befestigten  Strafsen  von  der  Breite 
der  PAlgen  unabhängig  sei.  Ueber  die  von  Dupuit  in  einer  Denk¬ 
schrift  niedergelegten  Ergebnisse  erstattete  Emmery  einen  Bericht, 2«) 
in  welchem  es  heifst:  „Bisher  nahm  man  an,  dafs  die  Zugkraft  in 
rascherem  1  erhältnifs  als  der  Druck  zu-,  dagegen  mit  der  Breite  der 
Felgen  abnähme.  Man  schlofs  hieraus,  dafs  es  im  Interesse  der 
Fuhrwerke  liege,  die  Felgenbreiten  zu  vergröfsern  und  die  Lade¬ 
gewichte  zu  vermindern.  Trotzdem  behände  das  Fuhrwerk  dabei, 
die  Ladegewichte  zu  vermehren  und  die  Felgenbreiten  zu  vermindern“ 
—  ersteres  auch  um  das  Gewicht  der  todten  Last  einzuschränken.  Um 
diesen  Widerspruch  zu  heben,  suchte  Emmery  durch  unmittelbare 
Versuche  festzustellen,  ob  die  Breite  der  P"' eigen  für  die  Erhaltung 
der  Strafsen  eine  solche  Wichtigkeit  besitzt,  wie  bis  dahin  ange¬ 
nommen  wurde.  Emmery  fand,  dafs  bei  einer  17  cm  breiten  Felge 
(infolge  der  Abschleifung  der  Kanten)  nur  der  9  cm  breite  mittlere 
Streifen,  bei  einer  14  cm  breiten  Felge  nur  ein  Streifen  von  6  cm 
Breite  vorwiegend  den  Druck  vermittele.  Emmery  hält  daher  auch 
das  in  England  bei  den  Reisewagen  übliche  Verfahren,  die  Felgen 
elliptisch  zu  gestalten,  für  begründet.  2»^)  Die  Berührungsfläche  eines 
Rades  mit  der  Strafse  ist  nach  Emmery  kein  Rechteck,  sondern  eine 
Ellipse  (Abb.  11),  deren  kleine  Achse  a  jedoch  nicht  in  gleichem 
Verhältnifs  wie  die  Felgenbreite  zu¬ 
nimmt.  In  der  Ellipse  selbst  ist  der 
Druck  in  den  einzelnen  Längen-  und 
Breitenlinien  verschieden.  Uebrigens 
dürfe  man  nicht  die  Wirkung  des 
Raddruckes  auf  einen  einzelnen  Stein 
oder  Kiesel  in  der  P^ahrbahn  aufser 
Acht  1  ässen.  Eine  Zerstörung  einzelner 
Steine  würde  nicht  durch  Vergröfse- 
rung  der  Felgenbreiten,  sondern  nur 
durch  Einschränkung  des  Raddruckes 
unter  die  Grenze  des  Widerstandes  der  P''ahrbahngesteinarten  ver¬ 
mieden.  Emmery  glaubt,  dafs  bei  einer  Bemessung  des  Höchstdruckes 
auf  4000  kg  die  Steinbahn  nicht  durch  Zerdrückung,  sondern  durch 
Abreibung  abgenutzt  werden  würde.  Wenn  die  Verkehrsindustrie  zur 
Verminderung  der  todten  Last  danach  strebe,  das  Ladegewicht  der 
einzelnen  Fuhrwerke  möglichst  zu  steigern,  so  erfordere  das  Interesse 
der  Strafsenunterhaltung  die  Ijadegewichte  möglichst  zu  theilen,  um 
den  Raddruck  unter  der  Grenze  des  Widerstandes  der  Gesteine  zu 
halten.  Auf  Grund  seiner  und  seiner  Vorgänger  Untersuchungen 
und  Forschungen  gelangt  Emmery  zu  dem  Endschlufs,  dafs  es  genüge 

1)  ein  Mindestmafs  der  Felgenbreite, 

2)  ein  Höchstmafs  des  Raddruckes 

(etwa  2000  kg  Ladung  f.  d.  Rad)  vorzuschreiben,  wobei  die  Interessen 


2ä)  Debauve:  S.  13 — 16. 

2<>)  Debauve:  S.  24. 

27)  Morin:  Experiences  sur  le  tirage  des  voitures  etc.;  Debauve; 
S.  18 — 27 ;  von  Kaven :  S.  18. 

28)  Emmery:  Recherches  sur  les  principes,  qui  paraissent  devoir 
former  la  base  d’une  nouvelle  legislation  pour  la  police  de  roulage. 
Ann.  d.  ponts  et  chauss.  1841;  Debauve:  S.  33;  von  Kaven:  S.  21. 

28 Nach  Krönke:  S.  161  waren  früher  in  Deutschland  auch  ge¬ 
wölbte  Felgen  in  Gebrauch. 


der  Industrie  und  der  Strafse  gewahrt  und  ausgeglichen  würden. 
Die  Morin -Dupuit -Emmeryschen  wissenschaftlichen  Arbeiten  gaben, 
indem  sie  die  Fehler  der  bis  dahin  bestehenden  Vorschriften  über 
die  Radfelgen  aufdeckten,  zu  einer  neuen,  den  zweiten  Zeitabschnitt 
umfassenden  Gesetzgebung  Anlafs. 

Wenn  auch  die  «Gesetze  des  zweiten  Abschnittes  sich  durch  eine 
bessere  Uebereinstimmung  mit  den  thatsächlichen  Verhältnissen  aus¬ 
zeichnen,  so  gelangte  doch  das  Endergebnifs  der  Morin-Dupuit- 
Emmeryschen  Versuche  zu  keinem  vollen  Ausdruck.  Die  neuen 
Vorschriften  bilden  gleichsam  die  Mittellinie  aus  den  alten  Gesetzen 
und  den  8chlufsfolgerungen  der  neuen  P^ntersuchungen.  Was  zunächst 
Frankreich  anbelangt,  so  hatte  dasselbe  das  oben  erwähnte  Gesetz 
von  1807  mannigfach  abgeäudert,  bis  dasselbe  im  Jahre  1837  eine 
neue  Gestaltung  erhielt.  Das  neue  Gesetz2»)  gestattete  auf  ein 
Centimeter  P^elgenbreite: 

im  Winter  im  Sommer 

bei  2räderigem  P^uhrwerk  100  kg  120  kg, 

bei  Iräderigem  P^uhrwerk  123  kg  145  kg. 

Gegenüber  dem  1807er  Gesetz  bezeichnet  das  neue  Gesetz  insofern 
einen  P''ortschritt,  als  es  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  bei  breiten 
P''elgeu  keinen  gröfseren  Druck  gestattet,  als  bei  schmalen  Felgen. 
Das  Gesetz  von  184180)  setzt  nach  den  Untersuchungen  von  Morin, 
Dupuit  und  Emmery  durchweg  125  kg  als  zulässige  Belastung  auf 
das  Centimeter  Felgenbreite  fest  und  hebt  somit  gegenüber  dem 
1837  er  Gesetz  die  Unterscheidung  der  Jahreszeit  und  des  zwei-  und 
vierräderigen  Fuhrwerkes  auf.  Inzwischen  ist  auch  das  1841er  Gesetz 
durch  das  noch  geltende,  später  zu  erwähnende  Gesetz  von  1851 
aufgehoben. 

In  diesen  Zeitabschnitt  fallen  in  Deutschland  die  ersten  Gesetze 
über  die  Radfelgen,  welche  durch  die  lebhafte  Thätigkeit  in  der 
Herstellung  von  Kunststrafsen  hervorgerufen  wurden.  Den  älteren 
Gesetzen,  wie  der  Jülich-Bergischen  Polizeiordnung  von  1554,  dem 
Rheinischen  Ruralgesetz  von  1791,  dem  allgemeinen  Landrecht 
(Abschnitt  von  Land-  und  Heerstrafsen)  von  1794,  der  Bergischen 
Wegeordnung  von  1805,  fehlt  jede  Vorschrift  über  die  Radfelgen. 
Die  erste  Verordnung  für  Preufsen^i)  wurde  am  17.  März  1839 
erlassen,  um  „die  bisher  verstattete  Willkür  hinsichtlich  der  Be¬ 
lastung  und  Einrichtung  der  P^uhrwerke  sowohl  für  die  Unterhaltung 
der  Kunststrafsen,  als  für  den  Verkehr  auf  denselben  zu  begegnen“. 
Diese  bis  1888,  also  49  Jahre  in  Kraft  verbliebene  Verordnung  regelt 
mit  Berücksichtigung  einer  Abänderung  von  1840  die  Belastung  für 
gewerbsmäfsig  betriebenes  Frachtfuhrwerk  wie  folgt: 


An¬ 

zahl 

der 

Räder 

Felgenbreite 

cm 

Ladegewichte 

im 

Wa- 

gen- 

ge- 

wicht 

kg 

Ladegewiclite 
auf  das 
Centimeter 
Felgenbreite 
im 

Wageu- 
gewicht 
auf  das 
Centi¬ 
meter 
Felgen¬ 
breite 

kg 

Gesamtlast 
auf  das 
Centimeter 
Felgenbreite 
im 

Win¬ 

ter 

leg 

Som¬ 

mer 

kg 

Win¬ 

ter 

kg 

Som¬ 

mer 

kg 

Win¬ 

ter 

kg 

Som¬ 

mer 

kg 

zwei 

bis  10,5 

514 

514 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

von  10,5  bis  13,1 

1543 

2058 

1029 

73 

98 

49 

122 

147 

„  13,1  „  15,7 

2058 

2572 

1158 

79 

98 

44 

123 

142 

15,7 

2572 

3087 

1286 

82 

98 

41 

123 

139 

vier 

bis  10,5 

1029 

1029 

— 

— 

— 

— 

— 

von  10,5  bis  13,1 

3087 

4116 

2058 

73 

98 

49 

122 

147 

„  13,1  „  15,7 

4116 

5145 

2315 

79 

98 

44 

123 

142 

15,7 

5145 

6174 

2572 

:  82 

98 

41 

123 

139 

LTnter  Zurechnung  des  Eigengewichtes  ergab  sich  die  gröfste 
zulässige  theilbare  Last  auf  zwei  Achsen  zu  170  Ctr.  oder  der  höchste 
Raddruck  zu  2187  kg.  Gröfsere  untheilbare  Lasten  waren  nur  unter 
besonderen  Bedingungen  —  Ministerial-Erlafs  vom  10.  September  1857 
—  gestattet.  Die  1839er  Verordnung  bezeichnet  gegenüber  den 
älteren  französischen  und  englischen  Gesetzen  insofern  einen  Fort¬ 
schritt,  als  das  gröfste  Mafs  der  Felgenbreite  mit  15,7  cm  (6  Zoll) 
richtiger  bemessen  ist.  Dagegen  sind  die  Felgenbreiten  von  10,5  bis 
15,7  cm  zu  stark  begünstigt.  Schon  das  geringe  Ladegewicht  von 
.520  kg  macht  eine  Felgenbreite  von  10,5  cm  erforderlich,  obgleich 
der  Druck  der  Ladung  und  des  etwa  700  kg  betragenden  Wagen¬ 
gewichtes  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  nur  rund  60  kg  beträgt, 
mithin  eine  geringere  Felgenbreite  vollkommen  ausgereicht  haben 
würde.  Thatsächlich  wurden  somit  für  das  Frachtfuhrwerk  Felgen¬ 
breiten  von  6  cm  bis  10,5  cm  ausgeschlossen. 

Das  zur  Zeit  gültige  Gesetz  vom  20.  Juni  1887  —  dem  für 
Hannover  das  Gesetz  vom  22.  Februar  1879,  für  Posen  das  Gesetz 
vom  8.  September  1886,  für  Wiesbaden  die  Verordnung  vom  15.  März 


2«)  Ahlburg:  S.  20;  von  Kaven:  S.  21. 

8«)  Ahlburg:  S.  20. 

81)  Nach  dem  Deutschen  Bauhandbuch  HI.  S.  171  sollen  in 
einigen  Provinzen  Felgenbreiten  von  17,5  bis  29  cm  vorgeschrieben 
gewesen  sein. 


Nr.  19'. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


195 


1884  voraugegangen  war  —  bezeichnet  daher  gegenüber  der  1839er 
Verordnung  darin  einen  wesentlichen,  dem  Ergebnifs  der  wissen¬ 
schaftlichen  Untersuchungen  entsprechenden  Fortschritt,  als  die 
untere  Grenze  der  Felgenbreite  von  10,5  cm  auf  5  cm  herabgesetzt 
worden  ist.  Desgleichen  ist  in  zeitgemäfser  Weise  der  Unterschied 
zwischen  gewerbsmäfsig  betriebenem  und  landwirthschaftlichem 
Fuhrwerk  fallen  gelassen  worden.  Ebenso  übt  die  Jahreszeit  keinen 
Einflufs  mehr  auf  das  zulässige  Ladegewicht  aus.  Das  Gesetz 
gestattet  bei 


Felgenbreiten 

cm 

Ladegewichte 

Ladegewicht  auf  das 
Centimeter  Felgenbreite 

auf  zwei- 
räderigem 
Fuhrwerk 
kg 

auf  vier- 
räderigem 
Fuhrwerk 
kg 

zwei¬ 

räderiges 

Fuhrwerk 

kg 

vier¬ 

räderiges 

Fuhrwerk 

kg 

von  5  bis  6V2 

1000 

2000 

100 

100 

«  6V2  „  10 

1250 

2500 

96 

96 

„10  „  15 

2500 

5000 

1  125 

125 

15  und  darüber 

7500 

7500 

!  250 

125 

Den  Unterschied  der  beiden  Gesetze  verdeutlicht  nachstehende 
Zusammenstellung  ; 


Felgenbreite 

cm 

Ladegewicht  auf  ein  Centimeter  Felgenbreite 

,  Verordnung  von  1839 

i  tg 

Gesetz  von  1887 
kg 

5 

51 

100 

6V2 

40 

96 

10 

98 

125 

15 

98 

250 

S 

zweiräderiges  Fuhrwerk 

Der  nach  der  Verordnung  von  1839  2187  kg  betragende  höchste 
Raddruck  steigert  das  neue  Gesetz,  welches  auf  ein  zweiräderiges 
etwa  1900  kg  wiegendes  Fuhrwerk  7500  kg  Ladegewicht  (§  4) 
gestattet,  auf  4700  kg.  Zur  Anpassung  an  die  örtlichen  Verhältnisse 
gestattet  §  6  Erhöhungen  und  Verminderungen  der  festgesetzten 
Ladegewichte.  Die  Bestimmung,  dafs  die  Felgen  eben  —  nicht 
gewölbt  —  sein  sollen,  ist  beibehalten,  bezw.  der  betreifende  §  9  der 
1839er  Verordnung  nicht  aufgehoben. 

Was  die  übrigen  deutschen  Staaten  anbelangt,  so  setzt  das 
braunschweigische  Gesetz  vom  25.  November  1839* *2)  für  Felgen¬ 
breiten  von  10,5  bis  16  cm  das  zulässige  Ladegewicht  für  zwei¬ 
räderiges  Fuhrwerk  im  Winter  auf  rund  1250  bis  2750  kg,  im 
Sommer  auf  1800  bis  3300  kg  fest.  Die  im  Sommer  zulässige 
Belastung  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  wächst  wie  beim  1807  er 
französischen  Gesetz  mit  zunehmender  Felgenbreite,  während  dieselbe 
abnehmen  mufste.  Im  Königreich  Sachsen  besteht  noch  zur  Zeit 
die  Verordnung  vom  16.  April  1840,  die  inhaltlich  mit  der  preufsischen 
Verordnung  von  1839  übereinstimmt.  Württemberg  und  Bayern 
weisen  insofern  eine  Abweichung  auf,  als  sie  die  Felgenbreiten  nicht 
nach  der  Ladung,  sondern  nach  der  Zahl  der  Zugthiere  bemessen, 
Tvie  dies  schon  von  dem  oben  erwähnten  französischen  Gesetz  von 
1804  geschehen  war.  Das  württembergische  Gesetz  vom  14.  Juli  1839, 
desgl.  das  bayerische  vom  25.  Juli  1850  setzen  fest  (ersteres  jedoch 
nur  für  vierräderiges  Fuhrwerk  mit  drei  und  mehr  Pferden) : 

für  zweiräderiges  Fuhrwerk  für  vierräderiges  Fuhrwerk  eine  Felgen¬ 
bespannt  mit  bespannt  mit 

—  2  Pferden  6,6 

2  Pferden  3  oder  4  Pferden  10,5 

3  oder  4  Pferden  5  bis  8  Pferden  15,7 

Die  vorstehenden  Gesetze  werden  jedoch  nicht  oder  nur  in  einzelnen 
Bestimmungen  gehandhabt.**) 

In  diesem  zweiten  Abschnitt  hat  sich  in  der  Bestimmung  der 
Felgenbreiten,  namentlich  des  gröfsten  Mafses  derselben,  ein 
bedeutender  Umschwung  auf  Grund  der  französischen  wissenschaft¬ 
lichen  Arbeiten  vollzogen.  Jedoch  finden  letztere  insofern  noch 
keine  volle  Berücksichtigung,  als 

1)  die  obere  Grenze  der  Felgenbreite  (mit  15  cm)  zu  hoch  be-- 
messen  ist,  um  in  ganzer  Breite  zur  Wirkung  gelangen  zu  können, 

2)  das  Mafs  der  Felgenbreite  nicht  freigegeben,  bezw.  dessen 
Feststellung  den  Communalverbänden  auf  Grund  der  örtlichen  Ver¬ 
hältnisse  überlassen  worden  ist, 

3)  der  zulässige  Druck  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  mit 
wachsender  Last  nicht  stets  ab-  sondern  auch  zunimmt, und 

*2)  Ahlburg:  S.  18. 

**)  Laissle:  Strafsenbau  S.  531. 

Wie  im  preufsischen  Gesetz  von  1887  von  96  kg  auf  250  kg. 


4)  der  zulässige  Raddruck  nicht  stets  unter  der  zur  Vermeidung 
der  Zerstörung  einzelner  Steine  innezuhaltenden  Gröfse  liegt.**) 

Um  die  Gesetze  des  dritten  Zeitabschnittes  zu  verstehen,  rnufs 
nochmals  darauf  hingewiesen  werden,  wie  die  französischen  Versuche 
die  frühere  Annahme,  dafs  je  gröfser  die  Felgenbreite  desto  geringer 
der  Druck  auf  das  Centimeter  Felgenbreite  und  desto  geringer  die 
Abnutzung  sei,  als  nicht  oder  nur  bedingt  richtig  erwiesen  hatten, 
womit  das  Mafs  der  Felgenbreite  für  die  Erhaltung  der  Strafse  die 
zugeschriebene  weittragende  Bedeutung  verlor.  Inzwischen  war  auch 
für  die  Strafsentechnik  insofern  ein  wesentlicher  Fortschritt  ein¬ 
getreten,  als  die  entstandenen  Eisenbahnen  das  früher  eng  begrenzte 
Bezugsgebiet  der  Strafsenbausteine  vielfach  erweiterten  und  in 
höherem  Mafse  die  Verwendung  härterer  Gesteine  ermöglichten, 
wofür  übrigens  schon  Ober-Wegebauiuspector  Wesermann**')  einge¬ 
treten  war.  Durch  die  gegen  1830  eingeführten  Pferde  walzen  *7)  und 
die  seit  einigen  Jahrzehnten  daneben  auftretenden  und  erstere  ver¬ 
drängenden  Dampfwalzen  wurde  des  weiteren  eine  so  feste  Lagerung 
der  Steine  in  den  Fahrbahnen  erzielt,  dafs  dadurch  in  weiterem  Mafse 
die  Breite  der  Felgen  auf  die  Abnutzung  an  Einflufs  verlor.  Das 
Bestreben  in  diesem  Zeitabschnitt  drückt  von  Kaven**)  bezeichnend 
dahin  aus:  „Man  neigt  sich  daher  immer  mehr  der  Ansicht  zu,  dafs 
die  Begrenzung  des  Gewichtes  der  Wagen  für  die  Bahn  nicht  von 
so  grofser  Wichtigkeit  ist,  wie  man  bisher  geglaubt  hat,  und  bemüht 
sich,  das  beste  Material,  wenn  auch  zu  hohen  Preisen,  für  die 
Oberfläche  der  Strafse  zu  verwenden,  um  einschränkende  Vorschriften 
über  Felgenbreite  möglichst  entbehren  zu  können.  Genau  genommen 
ist  auch  die  zulässige  Belastung  für  jedes  andere  Strafsen-Material 
eine  andere.“ 

Auf  diesem  neuen  Standpunkt  steht  das  französische  Gesetz 
vom  30.  Mai  1851,**)  dessen  Artikel  1  lautet:  „Wagen  mit  oder  ohne 
Federn,  mögen  sie  der  Personen-  oder  Waren-Fortbewegung  dienen, 
dürfen  auf  den  National-,  Departemental-  und  den  Gemeindestrafsen 
mit  grofsem  Verkehr  ohne  jedwede  Beschränkung  bezüglich  des 
Gewichtes  oder  der  Felgenbreite  verkehren.“  Artikel  2  legt  jedoch 
dann  der  Verwaltung  das  Recht  zu,  die  gröfste  Zahl  der  Zugthiere 
für  die  einzelnen  Fuhrwerke  festzusetzen.  Die  Verordnung  vom 
10.  August  18521*)  gestattet  als  gröfste  Zugthierzahl: 

für  zweiräderiges  Frachtfuhrwerk  5  Pferde, 

„  vierräderiges  „  8  „ 

„  zweiräderige  Personenwagen  3  „ 

„  vierräderige  „  6  „ 

Bei  der  Bewegung  grofser  Lasten,  bei  Schnee  und  Glatteis  sind 
Ausnahmen,  bei  langen  Steigungen  Vorspannpferde  zulässig.  Das 
Gesetz  und  die  Verordnung  gewähren  also  hinsichtlich  der  Felgen¬ 
breite  vollständige  Freiheit,  während  sie  anderseits  die  Gröfse  der 
Ladung  durch  die  Beschränkung  der  Zahl  der  Zugthiere  mittelbar 
begrenzen.  Auch  England  hat  die  beschränkenden  Bestimmungen 
über  die  Felgenbreiten  aufgehoben,  bezw.  die  Regelung  den  Gemein¬ 
wesen  überlassen.  Das  für  England  gültige  Gesetz  vom  16.  August  1878 
—  Highways  and  Locomotives  (amendment)  Act  1878  —  gewährt  in 
Section  26  den  Grafschaften  das  Recht  zum  Erlafs  von  Sondergesetzen 
hinsichtlich  der  Felgenbreite,  der  Gröfse  und  Anzahl  der  Räder,  der 
Radnägel,  der  Hemmvorrichtungen  usw.  Zu  erwähnen  ist  noch,  dafs 
die  Kosten  der  Ausbesserungen,  die  durch  aufsergewöhnlichen  Ver¬ 
kehr  oder  durch  aufserordentlich  schwere  Ladungen  veranlaist  worden 
sind,  nach  Section  23  von  den  Fuhrwerksbesitzern  eingefordert,  bezw. 
eingeklagt  werden  können. 

In  Deutschland  hat  Baden  ebenfalls  sämtliche  Bestimmungen 
über  die  Felgenbreiten  aufgehoben.  Von  der  Strafsenpolizeiordnung 
vom  12.  Mai  1882  besteht  nur  noch  §  10  in  Kraft,  nach  welchem 
Brücken  ohne  vorgängige  Genehmigung  nicht  mit  gröfseren  Lasten 
als  10  000  kg  befahren  werden  dürfen.  Nach  Mafsgabe  der  Bedürf¬ 
nisse  und  Verhältnisse  können  jedoch  für  einzelne  Strafsenstrecken 
orts-  oder  bezirkspolizeiliche  Verfügungen  erlassen  werden.  So  setzt 
eine  Verordnung  für  die  7  km  lange  Sandstrafse  in  der  Strafsenbau- 
inspection  Achern  die  Felgenbreiten  fest 

bei  Belastungen  von  3750  bis  6000  kg  zu  9  cm, 
bei  desgl.  von  6000  kg  und  mehr  zu  13  cm. 

Dieser  kurze  Ueberblick  der  geschichtlichen  Entwicklung  der 
gesetzlichen  Vorschriften  über  die  Radfelgen  und  die  Ladegewichte 
der  Fuhrwerke  hat  somit  zu  dem  Ergebnifs  geführt,  dafs  diese  Vor¬ 
schriften  in  dem  Mafse  an  Bedeutung  verloren  haben  und  dem- 


**)  Wie  der  nach  dem  preufsischen  Gesetz  von  1887  zulässige 
Raddruck  von  4700  kg. 

**)  Handbuch  usw.  S.  124. 

*^)  Dietrich:  Baumaterialien  der  Strafsen  S.  6. 

*8)  Wegebau  S.  20. 

**)  Debauve:  S.  39. 

4®)  Debauve:  S.  40. 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


14.  Mai  1890. 


196 


entspi-echend  aufgehoben  oder  gemildert  worden  sind,  wie  die 
Wissenschaft  dieselben  hinsichtlich  ilires  Werthes  prüfte  und  gleich¬ 
zeitig  die  Strafsentechnik  mehr  und  mehr  das  Ziel  verwirklichte, 
durch  Anwendung  festerer  Gesteine  und  besserer  befestigungs-  und 
Unterhaltungsverfahren  möglichst  widerstandsfähige,  feste,  dauerhafte, 
ebene  Fahrbahnen  herzustellen.  Anderseits  aber  hat  dieser  Ueber- 
blick  des  weiteren  die  Thatsache  an  den  Tag  gelegt,  dafs  auch  die 
Aveitgehendste  Pflege  und  Verbesserung  der  Strafsen  niemals  eine 
vollständige  Aufhebung  aller  gesetzlichen  und  polizeilichen  Be¬ 
stimmungen  herbeiführen  kann.  Uenn  in  demselben  IMafse,  Avie  es 
der  Technik  gelingt,  durch  Vermehrung  der  Festigkeit,  Ebenheit 
und  Widerstandsfähigkeit  der  Fahrbahnen  den  ReibungsAviderstand 
zu  vermindern,  Avird  die  Ladung  der  einzelnen  Fuhrwerke  vergröfsert 
Averden  können,  Avas  Aviederum  eine  stärkere  Abnutzung  zur  Folge 
hat  und  dadurch  unter  Umständen  einschränkende  Bestimmungen 
nothAvendig  macht.  Desgleichen  ist  zu  berücksichtigen,  dafs,  Avenn 
auch  das  Bestreben  darauf  gerichtet  ist,  die  Aveicheren  Gesteinsarten 
durch  festere  zu  ersetzen,  erstere  doch  nicht  ausgeschlossen  Averden 
können,  Avenn  nicht  die  Unterhaltungskosten  der  Strafsen  über  das 
zulässige  Mafs  hinaus  Avachsen  sollen.  Wie  neben  dem  harten  Basalt 
auch  der  Aveichere  Kalk-  und  Sandstein,  der  spröde,  leicht  zerspringende 
Kiesel  auf  absehbare  Zukunft  hinaus  zur  Fahrbahndecke  verwendet 
Averden  mufs,  so  Avird  auch  neben  der  Dampfwalze  die  in  geringerem 
Grade  eine  Dichtung  der  Steindeckungen  herbeiführende  PferdeAvalze 
noch  in  Gebrauch  bleiben.  Trotz  der  Fortschi-itte  in  der  Strafsen¬ 
technik  Averden  daher  die  Strafsen  in  der  Steinart,  im  Unterhaltungs¬ 
verfahren,  soAvie  in  sonstigen  Verhältnissen  stets  eine  gCAvisse  nicht 
zu  beseitigende  Verschiedenheit  aufAveisen.  Hinzu  tritt,  dafs,  nachdem 
die  Eisenbahnen  an  Stelle  der  Strafsen  die  grofsen  durchgehenden 
Verkehrslinien  gCAvorden  sind  und  die  Strafsen  nur  dem  örtlichen 
Verkehr  dienen,  die  örtlichen  Eigenthümlichkeiten  in  dem  Baix  der 
Fuhrwerke,  in  der  Art  der  Ladung  ixsav.  jetzt  Aveit  stärker  hervor¬ 
treten,  als  in  jenem  erstexx  Zeitabschnitt  —  dem  Ende  des  vorigen 
und  dem  Anfänge  dieses  Jahi'hunderts  — ,  wo  dieselben  FxxhrAvei-ke 
nicht  nur  den  Vei'kehr  zAvischen  einzelnen  nahe  gelegenen  Ort¬ 
schaften,  sondei’n  auch  zwischen  ganzen  Ländern  vermittelten. 
Diesen  Verschiedenheiten  und  Eigenthümlichkeiten  mufs  ixnbedingt 
die  Gesetzgebung  Rechnung  tragen,  wenn  sie  eine  zeitgemäfse  xxnd 
zAveckentspi'echende  sein  soll.  Die  Bestimmungen  über  das  Fxxhrwerk 
sind  daher  nicht  einfach  axxfzxxheben,  sondern  den  heutigen  Vei'hält- 
nissen  gemäfs  zxx  gestalten. 

Wenn  axxf  Gi’und  des  Gesetzes  von  1851  die  französische 
Verordnung  von  1852  für  die  National-,  Departemental-  xxnd  Haxxpt- 
Gemeindestrafsen  dieselben  Bestiramxxugen  tiäfft,  so  ist  hiex’bei  die 
Rücksichtnahme  axxf  die  öi'tlichen  Verhältnisse  dem  die  Franzosen 
kennzeichnenden  Streben,  zxx  schematisiren,  geopfert.  Den  richtigen 
Weg  schlagen  Baden  xxnd  England  ein,  indem  sie  durch  Staats¬ 
gesetze  nur  diejenigen  Bestimmungen  treffen,  xvelclie  —  Avie  z.  B.  in 
Baden  die  Begrenzung  des  Höchstgewichtes  der  Ladungen  im  Intei-esse 
der  Axxfrechthaltung  der  Sichei'heit  der  Baxxwei’ke  —  für  alle  Strafsen 
xxnter  allen  Verhältnissen  beobachtet  Averden  müssen,  im  übi’igen 
jedoch  den  Eidafs  der  im  Strafsenintex-esse  notliAvendigen  Einzel- 
bestimmxxngen  über  Felgenbreite  usav.  den  einzelnen  GemeinAvesen 
überlassen  xxnd  deren  Machtvollkommenheit  nur  veimünftig  xxmgi-enzen. 
Axxch  das  neixe  prexxfsische  Gesetz  vom  20.  Juni  1887  betritt  diesen 
Weg,  insofern  es  in  §  6  den  Bezirksausschüssen  das  Recht  giebt,  die 
festgesetzten  Ladegexvichte  herauf-  xxnd  hei-abzusetzen,  jedoch  gleich¬ 
zeitig  das  Mafs  der  Herabsetzung  axxf  ein  Drittel  begrenzt.  Nach  §  8 


können  Noriixalgexvichte  für  Wagen  xxnd  Frachtgüter  von  den  Pro- 
vincialräthen  für  die  einzelnen  Provinzen  festgestellt  Averden,  Avähi’end 
der  §  6  der  1839er  Verordnung  die  Wagenge xvichte  ohne  Rücksicht¬ 
nahme  auf  provincielle  Eigenthümlichkeiten  festsetzte.  Auf  diesem 
Wege  —  die  allgemeinen  Bestimmungen  durch  Staatsgesetze,  Sonder- 
bestimmxxugen  durch  Eilasse  der  Gemeinwesen  zxx  treffen  —  wird  den 
besonderen  Vex-hältnissen  und  Eigenthümlichkeiten  in  gebührender 
xxnd  vernünftigex-,  iin  Rahmen  des  Staatsinteresses  liegender  Weise 
Rechnung  getragen,  Avie  dies  nicht  nur  der  Sache  selbst,  sondern 
axxch  dem  das  Eigenthümliche  und  das  Gemeinwohl  gleichzeitig 
pflegenden  deutschen  Wesen  entspricht. 

Damit  jedoch  die  Sondergesetze  und  Einzelvorschi-iften  mit  den 
besonderen  Vex-hältnissen  übereinstimmen,  ist  es  ei-forderlich,  für  die¬ 
selben  durch  neu  anzxxstellende  Versuche,  xvelche  sich  an  die  Moi-in- 
Dupuit-Emmery sehen  anzuschliefsen  haben,  eine  neue,  feste  Grund¬ 
lage  zu  gewinnen.  Seit  jenen,  für  die  damalige  Zeit  mustergültigen 
Versuchen  hat  die  Strafsentechnik  in  Bezug  auf  die  Herstellung 
glatter,  fester  Bahnen  so  wesentliche  Fortschritte  gemacht,  dafs 
diese  Versxxche  für  die  heutigen  Vei-hältnisse  nicht  mehr  voll  aus¬ 
reichend  sixid. 

Durch  neue  Versuche  Avird  festzxxstellen  sein  u.  a. : 

1)  Tn  Avelchem  Mafse  hat  bei  derselben  Last  die  Felgenbreitc 
einen  Einflufs  axxf  die  Abnutzung,  bezAv.  Avelche  gesetzmäfsigen 
Beziehungen  bestehen  zwischen  der  Lastgröfse,  der  Felgenbreite  xxnd 
der  Abnutzungsmenge? 

2)  Welchen  Einflufs  hat  die  Form  der  Felge  —  elliptische, 
Ivreisbogen-,  ebene  Form  —  bei  verschiedenen  Felgenbreiten  und 
Lastgröfsen  axxf  die  Abnxxtzxxng? 

3)  Wie  ändern  sich  die  unter  1  genannten  Beziehungen  zwischen 
Lastgröfse,  I^'elgenbreite  xxnd  Abnutzung  bei  den  verschiedenen  zur 
Verwendxxng  kommenden  Gesteinarten? 

4)  Welchen  Einflufs  übt  die  Jahreszeit  axxf  die  vorerxvähnten 
Beziehxxngeu  axxs? 

5)  Wie  grofs  ist  mit  Rücksicht  auf  die  Brücken  und  Durchlässe 
der  höchstzxxlässige  Rad-  bezxv.  Achsendruck  zu  bemessen? 

0)  Ist  es  notliAvendig,  axxch  desAvegen  den  Raddruck  in  seinem 
Höchstmafs  zxx  bestimmen,  um  einer  Zerdrückung  einzelner  Steine 
vorzubeugen? 

Gleichzeitig  könnte  durch  Versxxche  ermittelt  Averden,  in  Avelchem 
Mafse  der  Fahrbahixverschleifs  bedingt  wird 

a)  durch  die  Hufe  der  Zugthiere, 

b)  dxxx'ch  die  Räder  der  FixhrAverke, 

Avobei  «)  ein  Abschleifen, 

ß)  ein  Zerdrücken  der  Fahi-bahnsteine 
zxx  unterscheiden  xväre. 

Möge  diese  kurze  Darlegung  den  deutschen  Fachgenossen  und' 
technischen  Hochschxxlen  eine  gexvisse  Anregung  geben,  auf  dem 
vorerwähnten  Gebiete  Untei-suchungen  anzustellen  und  wissenschaftlich 
zu  verarbeiten,  xxm  die  seit  den  französischen  Versxxchen  in  dieser 
Richtixng  nicht  fortgeschx-ittene  Strafsentechnik  durch  Erkenntnifs 
der  zAvischexi  dem  Fxxhrwerk  und  der  Strafse  xxnter  den  heutigen,, 
verschiedenartigen  Verhältnissen  bestehenden  gesetzmäfsigen  Be¬ 
ziehungen  Aveiterzxxführen  xxnd  damit  axxch  für  die  das  Fuhrwerk 
betreffende  neue  Gesetzgebung  eine  feste,  die  Ei-reichung  des  Zweckes 
sichernde  Grundlage  zu  schaffen. 

Kleve,  im  Juli  1889.  Zoller, 

Landes  -  J3aiiinspector. 


Verstärkung  des  Eisenbahnbetriebes  auf  der  Brooklyn -Brücke  bei  New-York. 


Die  Anzahl  der  zAvischen  den  Schwesterstädten  Nexv-Yoi-k  und 
Brooklyn  beförderten  Personen  bezifferte  sich  im  Jahre  1887  aixf 
rund  75  Millionen,  von  welchen  45  Millionen  die  zahlx-eichen  zAvischen 
beiden  Städten  eingerichteten  Fährvex-bindungen  benutzten,  Avährend 
der  übrige  Verkehr  von  30  Millionen  sich  über  die  East  River-Hänge¬ 
brücke  hinweg  bexvegte.  Dieser  letztere  Verkehr  war  seit  der  im 
Jahre  1883  erfolgten  Eröffnxxng  dieser  Brücke,  xvelche  zwischen  den 
genannten  Städten  die  einzige  feste  Verbindung  herstellt,  gexvaltig 
angewachsen,  xvie  dies  die  folgende  Zusammenstellung  zeigt. 

Dxxrchschnittliche  Anzahl  der  täglich  befördei-ten  Personen  xväh- 


rend  der  ersten  9  IMonate  des  Betriebes  bis  Ende  Mai  1884: 

desgl.  Juni  1884  bis  Ende  Juni  1885: 


„  1885 

„  1886 
.  1887 

„  1888 
..  1889 

Am  30.  April  1889  benutzten  die 
159  259  Personen.  Der  Vei-kehr  ist  über 


1886: 

1887: 

1888: 

1889: 

1889: 


21  380 
30  881 
59  825 
72  298 
80  019 
87  396 
93  993 


.,  „  Dec. 

Bi-ücke  nicht  xveniger  als 
die  einzelnen  Tagesstunden 


sehr  xxngleichmäfsig  vertheilt;  in  der  Abb.  1  ist  durch  die  aus¬ 


gezogenen  Linien  gezeigt,  xvie  die  Hauptmasse  des  Verkehres  sich 
vor  Beginn  der  Geschäftsstuuden  voxi  Brooklyn  nach  Nexv-York  be¬ 
wegt;  die  gestrichelten  Linien  geben  an,  xvie  dieser  Verkehr  nach 
Schlufs  der  Geschäftszeit  die  xxmgekehrte  Richtung  nimmt.  Die  Auf¬ 
zeichnungen  der  Abb.  1  beziehen  sich  axxf  den  29.  November  des 
Jahres  1887. 

Die  Fahrbahn  der  Brücke  ist  nach  Abb.  2  (vgl.  Jahi-gang  1883, 
S.  105  d.  Bl )  in  fünf  Zonen  getheilt,  von  xvelchen  die  beiden  äufseren 
dem  Verkehr  xmn  Strafsenfahrzeugen  dienen;  die  beiden  anstofsenden 
Abtheilungen  xverden  von  vollspui'igen  Eisenbahngeleisen  eingenom¬ 
men,  über  der  Mitte  liegt  ein  ei-höhter  Fxxfsxveg.  Der  Verkehr  ver¬ 
theilt  sich  auf  die  Eisenbahnanlage  und  diesen  Fxxfsxveg  etwa  im 
Verhältnifs  von  20  :  1.  Die  Geleise  endigen  beiderseits  der  Brücke 
in  kopfförmig  angelegten  Haltestellen,  zwischen  xvelchen  stündlich 
40  Züge  von  je  4  Wagexx  vei'kehren.  Die  erforderliche  Zugki-aft 
liefert  ein  38  mm  starkes,  über  die  Brücke  geführtes  Drahtseil,  wel¬ 
ches  durch  eine  xxnter  dem  Brückenzugang  in  Brooklyn  axxfgestellte 
Dampfmaschine  mit  einer  Geschwindigkeit  von  16  km  in  der  Stunde 
fortbexvegt  xvird  (x^gl.  S.  332  d.  J.  1885  d.  BL).  Bei  der  Ausfahrt 
der  Züge  aus  den  Haltestellen  xvird  das  Seil  von  denselben  aufge- 


«r.  I9A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


197 


Anzahl  der 
befördertenPersonon 
100C0  ■ 


griffen  und  am  andern  Ende  so  zeitig  fallen  gelassen,  dafs  der  Zug 
die  letzte  Strecke  von  etwa  150  in,  welche,  obwohl  beträchtlich  über 
die  eigentlichen  Anrampungeu  der  Brücke  herausgehoben,  doch 
immer  noch  bedeutendes  Gefälle 
besitzt,  mit  Hülfe  der  eigenen 
Schwerkraft  in  beschleunigter 
Fahrt  zurücklegt.  Jeder  Wagen 
ist  für  40  Personen  eingerichtet; 
zu  Zeiten  stärkeren  Verkehrs 
sind  die  Wagen  indes  oft  der- 
mafsen  überfüllt,  dafs  sich  in  den¬ 
selben  häufig  bis  zu  100  Personen 
befinden.  Auf  diese  Weise  werden 
zeitweise  bis  zu  14000  Personen 
in  der  Stunde  befördert.  In  den 
ersten  Zeiten  des  Betriebes  wurden 
Züge  mit  nur  2  Wagen  gefahren; 
im  Jahre  1884  wurde  ein  dritter, 

1888  ein  vierter  W ageu  zugefügt ; 
durch  die  so  vermehrte  Beförde¬ 
rungsgelegenheit  wuchs  indessen 
der  Verkehr  dermafsen,  dafs  eine 
thatsächliche  Entlastung  der  Züge 
nicht  herbeigeführt  wurde. 

Die  derzeitige  Anordnung  der 
Endbahnhöfe  wird  durch  Abb.  3 
veranschaulicht,  welche  sich  auf 
die  New-Yorker  Brückenseite  be¬ 
zieht.  Die  beiden  Fahrgeleise  der 
über  der  eigentlichen  Brücken¬ 
rampe  erhöht  angeordneten  Bahn¬ 
hofsanlage  sind  an  den  beiden 
Bahnsteigen  a  und  6,  von  welchen 
a  für  Ankunft,  6  für  Abfahrt  be¬ 
stimmt  ist,  vorbeigeführt  und  endigen  in  zwei  Ausziehgeleisen  Z  und  Zi, 
welche  aufserhalb  der  Steige  durch  ein  Weichenkreuz  verbunden 
sind.  In  den  Geleisen  Z  und  Z\  sind  Verschiebmaschinen  aufgestellt, 


•  Verkehr  von  Brooklyn  nach  New- 
York  (48  414  Personen). 

Verkehr  von  New-York  nach  Brook¬ 
lyn  (42  716  Personen). 

Abb.  1. 


welche  die  angekommenen  Züge,  sobald  die  Eeisenden  ausgestiegen 
sind,  nach  Z  bezw.  Z\  vorziehen  und  über  die  Kreuzung  k  hinweg  in 
das  Abfahrtgeleis  stofeen.  Dieser  Dienst  erfordert  im  ganzen  5  Ver¬ 
schiebmaschinen  und  4  Personale.  Die  Kosten  hierfür  beliefen  sich 
ira  Jahre  1888  auf  rund  60  pCt.  der  gesamten  für  den  Betrieb  aufge¬ 
wendeten  Ausgabe.  Der  Fufsweg  der  Brücke  ist  unter  den  Kopf¬ 
geleisen  Z  und  Z\  durchgeführt,  liegt  von  m  ab  aber  offen;  die  seit¬ 
lichen  Fahrstrafsen  sind  unverändert  gelassen  und  gegen  die  Bahn¬ 
hofsanlage  durch  senkrechte  Wände  abgeschlossen.  Der  Zugang  zu 
den  Bahnsteigen  erfolgt  durch  Treppenanlagen. 

Betriebsstörungen  sind  bei  der  vorhin  erläuterten  Betriebsweise 
begreiflicherweise  nicht  selten;  zum  grofsen  Theil  sind  dieselben  auf 


Abb.  3.  Gegenwärtiger  Zustand. 


Entgleisungen  über  der  Kreuzung  k  und  in  den  Gegenkrümmuugen 
des  Weichenkreuzes  zurückzuführen. 

Die  Leistungsfähigkeit  des  Betriebes  hängt  lediglich  von  der 
Einrichtung  der  Endbahnhöfe  ab  und  ist  zur  Zeit,  nachdem  bau¬ 
liche  Umänderungen  —  Verschiebung  des  Weichenkreuzes  nach 
der  Brücke  hin  in  die  Lage  x  xi  und  Verlängerungen  s«i  der  Bahn¬ 
steige,  wie  dies  in  Abb.  3'  punktirt  angedeutet  ist  —  es  nur  schwer 
ermöglicht  haben,  die  Zugstärke  auf  4  Wagen  zu  bringen,  an  der 
äufsersten  Grenze  angelangt.  Die  Verhältnisse  liegen  so,  dafs,  wenn  ein 
Zug  einfährt,  ein  anderer  ausfährt  und  gleichzeitig  ein  dritter  hält.  Die 
Erfahrung  hat  gezeigt,  dafs  zur  ordnungsmäfsigen  Abfertigung  eines 
Zuges  ein  Zeitraum  von  IV2  Minuten  erforderlich  ist.  Bei  dem  stetig 


wachsenden  Verkehrsumfange  ist  nun  eine  Vermehrung  sowohl  der 
Anzahl  wie  der  Länge  der  Züge  unabweisbares  Bedürfnifs  geworden. 
Hierzu  bedarf  es  aber  eines  vollständigen  Umbaues  der  Endbahnhöfe. 

Von  den  Verkehrsanstalten  der  Städte  New-York  und  Brooklyn 
ist  die  East  River  -  Brücke  die  einzige,  welche  unter  öffentlicher 
Aufsicht  steht;  diese  wird  von  einem  besonderen  Brück en-Ausschufs, 
dem  „Board  of  Trustees“  der  Brücke,  geübt.  Im  Jahre  1887  wurde 
demselben  ein  von  dem  Ingenieur  Emery  ausgearbeiteter  Entwurf 
vorgelegt,  bei  welchem  ein  Hauptgewicht  darauf  gelegt  war,  die 
Verschiebmaschinen  entbehrlich  zu  machen.  Es  war  eine  Beseitigung 
der  Ausziehgeleise  und  eine  Verlegung  des  Weichenkreuzes  an  das 
andere  Ende  der  Bahnsteige  in  Aussicht  genommen,  wie  dies  in 


Abb.  4  angegeben  ist.  Gleichzeitig  war  noch  ein  Zwischensteig  C 
geplant  und,  um  hierfür  Raum  zu  schaffen,  eine  Verlegung  des  Fufs- 
weges  der  Brücke  auf  eine  über  den  Aufsensteigen  erhöht  liegende 
Galerie  vorgesehen.  Die  seitlichen  Fahrstrafsen  blieben  hierbei  im 
wesentlichen  unverändert.  Für  die  Bemessung  der  Bahnhofslänge 
war  eine  Zugstärke  von  6  Wagen  zugrunde  gelegt.  Die  ankommen- 
den  Züge  fahren  auf  einem  der  Geleise  neben  den  Steigen  a  und  b 
ein,  die  angekommenen  Reisenden  steigen  nach  den  Aufsensteigen 
ab,  gleichzeitig  die  zugehenden  Reisenden  vom  Mittelsteig  her  ein, 
worauf  der  Zug  über  die  Kreuzung  k  abfährt.  Dieser  Anordnung 
stehen  so  schwerwiegende  Bedenken  gegenüber,  dafs  es  befremden 
mufs,  dafs  die  Brückenbehörde  in  der  That  die  Ausführung  in  ernst¬ 
liche  Erwägung  genommen  hat,  und  dafs  dieselbe  nur  durch  heftigen 
Widerspruch,  namentlich  seitens  der  Presse,  verhindert  worden  ist. 
Waren  bisher  Zusammenstöfse  zwischen  einfahrenden  und  ausfahren¬ 
den  Zügen  unmöglich,  so  war  ein  derartiges  Gefahr-Element  in  den 
neuen  Entwurf  frisch  hineingetragen.  Die  später  angeregte  Ver¬ 
besserung,  anstatt  der  Weichen  w  und  w\.  Geleisverschlingungen  an¬ 
zuordnen  (vgl.  Abb.  5),  konnte  diesen 
Uebelstand  nicht  beseitigen;  zudem  war 
es  noch  fraglich,  ob  eine  dichtere  Zug¬ 
folge  als  bisher  ermöglicht  werden 
Abb.  5.  konnte. 

Die  Folge  war,  dafs  ein  Ausschufs 
von  Sachverständigen  eingesetzt  wurde,  welchem  die  Aufgabe  wurde, 
zu  prüfen  und  zu  berichten,  „wie  durch  Umgestaltung  der  End¬ 
bahnhöfe  am  besten  die  Zahl  und  Länge  der  Züge  auf  der  Brücke 
zu  vermehren  sei“.  Diesem  Ausschufs  gingen  17  bezügliche  Ent¬ 
würfe  zu,  welche  sich  sämtlich  nach  vier  verschiedenen  Gesichts¬ 
punkten  ordnen  liefsen  (vgl.  hierüber  auch  die  Jahrgänge  1888  und 
1889  der  Engineering  News): 

1.  Betriebsweise  auf  den  Endbahnhöten  wie  bisher  mit  beson¬ 
deren  Verschiebmaschinen  („tail  switching  System“), 

2.  Betrieb  wie  bei  dem  zurückgewiesenen  Emeryschen  Entwürfe, 
ohne  Anwendung  von  besonderen  Verschiebmaschinen  („head  house 
System“), 

3.  Betrieb  auf  endloser  Bahn  mittels  endlosen  Seiles;  zu  dem 
Ende  Vereinigung  der  Geleise  an  den  Brücken-Enden  in  breit  ausein¬ 
ander  gezogenen  Schleifen.  Hier  kamen  zwei  Formen  in  Betracht: 

a)  Grundrifsanordnung  der  Schleifen  nach  beiden  Seiten  der 
Brückenachse  gleichmäfsig;  hufeisenförmig  gekrümmte  Bahn¬ 
steige  innerhalb  und  aufserhalb  der  Schleifen;  Zugang  auf  der 
inneren,  Abgang  auf  der  äufseren  Bogenseite.  Zuglänge:  14 
bis  18  Wagen  („circulating  System“), 

b)  Anordnung  der  Schleife  nur  nach  einer  Seite  der  Brücken¬ 
achse;  Anlage  der  Bahnsteige  in  der  Geraden;  kurze  Züge 
von  3  bis  6  Wagen  mit  dichter  Aufeinanderfolge  von  10  bis 
50  Secunden;  Anordnung  verschlungener  Geleise  („gauntleted 
tracks“)  auf  der  Brücke,  welche  zum  Zwecke  der  Anlage  dop¬ 
pelter  Bahnsteige  an  den  Brücken-Enden  auseinander  gezogen 
werden  sollten  („loop  System“). 

Die  Sachverständigen  stellten  als  erste  und  wichtigste  Bedingung, 
dafs  die  Anwendung  von  Weichen  und  Kreuzungen,  überhaupt  jede  Art 
von  Unterbrechungen  im  fortlaufenden  Geleise  vermieden  werden  müsse. 
Dieser  Forderung  genügte  nur  eine  Lösung  nach  3  a,  welche  in  einem 
einzigen  Entwurf,  dem  des  Ingenieurs  Wellington,  vertreten  war. 
Dieser  im  übrigen  eingehend  begründete  Entwurf  wurde  daun  auch 


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Centralblatt  der  Banverwaltnng. 


14.  Mai  1890. 


einstimmig  angenommen  (vgl.  Abb.  6).  In  dem  von  dem  Ansschufs 
erstatteten  Berichte  wird  auf  die  Einfachheit,  Sicherheit  und  Billig¬ 
keit  des  Betriebes  und  auf  die  bedeutende  Leistungsfähigkeit  einer 


solchen  Anlage  hingewiesen.  Die  Länge  der  Züge  wie  die  Aus¬ 
dehnung  der  Bahnsteige  konnten  nach  Belieben  grofs  bemessen,  zahl¬ 
reiche  Ab-  und  Zugänge  angeordnet  und  so  alles  Gedränge  vermieden 
werden.  Die  Abfertigung  der  Züge  mufste  sich  in  der  denkbar  ein¬ 
fachsten  Weise  vollziehen,  wenn  man  die  Wagen  nach  der  Seite  des 
Zugangsteiges  mit  einer  Thür  in  der  Mitte,  nach  der  Abgangsseite 
mit  zwei  Thüi-en  an  den  Enden  der  Langseiten  versah,  wie  dies  in 
Abb.  7  angedeutet  ist.  Als  wei¬ 
terer  Punkt  verdiente  Beachtung, 
dafs  die  gleichförmige  Grundrifs¬ 
bildung  gestattete,  durch  eiu 
grofses  Kuppeldach  den  Bahn¬ 
hofsraum  in  wirkungsvoller  Weise 
zu  überspannen,  dessen  Umfangs¬ 
wände  benutzt  werden  konnten,  um 
über  der  geplanten  noch  eine  zweite  Station  in  Verbindung  mit  den 
städtischen  Hochbahnen  anzulegen.  Der  Fufsgängerverkehr  konnte 
unbedenklich  über  den  Innensteig  nach  und  von  der  Brücke  geleitet 
werden. 

Dieser  grofsartig  angelegte  Plan,  welcher  im  Jahrgang  1888  der 
Engineering  News  näher  erörtert  ist,  namentlich  auch  hinsichtlich  des 
Einflusses  der  gekrümmten  Geleisanordnung  an  der  Haltestelle  auf 
die  Betriebsführung,  wurde  ungeachtet  der  warmen  Befürwortung 
seitens  der  Sachverständigen  doch  von  der  Brückenbehörde  ohne 
weiteres  abgelehnt,  und  zwar,  soweit  die  Mittheilungen  der  genannten 
Zeitschrift  erkennen  lassen,  wesentlich  mit  Rücksicht  auf  die  erheb¬ 
lichen  Grunderwerbskosten.  Diese  Behörde  entschied  sich  vielmehr 
für  die  Beibehaltung  der  gegenwärtigen  Betriebsweise  in  ihren  Grund¬ 
sätzen  und  lediglich  für  eine  Erweiterung  der  bestehenden  Anlagen 
nach  dieser  Richtung,  und  zwar  in  der  Weise,  wie  dies  in  einem  der 
Gruppe  1  angehörigen  Entwurf  des  Ingenieurs  Martin  näher  ausge¬ 
führt  war.  Dieser  Plan  stellt  im  wesentlichen  eine  Verdopplung 
der  bestehenden  Anlage  dar,  durch  welche  man  den  Bedürfnissen 
auf  einen  Zeitraum  von  etwa  7  Jahren  Genüge  zu  thun  hofft.  Die 
Anlagen  sind  auf  beiden  Seiten  der  Brücke  wenig  verschieden,  sodafs 
es  genügt,  den  Entwurf  für  die  New-Yorker  Seite  hier  anzuführen, 
welcher  in  Abb.  8  gezeigt  ist. 


f,nUunflsste/^ 


Kbfahptssie;^ 

Abb.  7. 


Die  Geleise  sind  auf  der  Brücke  durch  Verschlingung  verdoppelt, 
an  den  Enden  aber  soweit  auseinander  gezogen,  dafs  Raum  für  zwei 
beiderseitig  zu  benutzende  inselförmige  Bahnsteige  von  je  6,1  m  nutz¬ 
barer  Breite  gewonnen  wird,  welche  je  für  ankommende  und  ab¬ 
gehende  Reisende  getrennt  benutzt  werden  sollen.  Hiernach  sind  die 
Geleise  zu  Stumpfgeleisen  Z  und  Zi,  wie  in  der  Abbildung  ange¬ 
deutet,  wieder  vereinigt.  Die  Zahl  der  Geleiskrümmungen,  welche 
mit  30,.5  m  Halbmesser  angeordnet  sind,  ist  gegen  früher  in  einem 
bedenklichen  Umfange  angewachsen. 

Ein  von  links  ankommender  Zug  läfst,  wie  bisher,  das  Zugseil 
in  einiger  Entfernung  von  dem  Bahnhofe  fallen  und  gelangt,  der 
eigenen  Schwere  überlassen,  auf  abfallender  Bahn  mit  vergröfserter 
Geschwindigkeit  an  den  Ankunfts-Bahnsteig,  etwa  bei  a.  Eine  in 
dem  Geleise  Z  bereitstehende  Maschine  zieht,  nachdem  die  Reisenden 
ausgestiegen  sind,  den  Zug  aus,  wird  sodann  abgekuppelt  und 
schiebt  hierauf  den  Zug  nach  Umstellung  der  Weiche  s  über  der 
Kreuzung  /c  nach  b  an  den  Abfahrtssteig,  ohne  selbst  die  Kreuzung  k 
zu  überschreiten.  Mittlerweile  ist  auf  dem  Geleise  «i  ebenfalls  ein 


Abb.  8.  Entwurf  von  Martin. 


Zug  eingefahren,  welcher  in  ähnlicher  Weise  auf  das  Geleis  bi  be¬ 
fördert  wird.  Die  Bedienung  der  Weichen  soll  von  Hand  geschehen. 
Neuerdings  ist  geplant,  die  Verschiebbewegungen  nicht  mittels  Ma¬ 
schinen,  sondern  mit  Seilzug  zu  bewirken.  Da  die  Aufeinanderfolge 
der  Züge  lediglich  von  dem  für  das  Umstellen  derselben  auf  den 
Bahnhöfen  erforderten  Zeitaufwande  abhängt,  dieser,  wie  bereits  an¬ 
geführt,  aber  90  Secunden  beträgt,  so  rechnet  man,  dafs  nach  der 
Ausführung  des  Martinschen  Entwurfes  eine  Zugfolge  von  45  Secunden 
erreicht  werden  wird. 

Wie  man  aus  dem  Gesagten  sofort  sieht,  ist  die  Betriebsgefahr 
bei  dem  neuen  Entwurf  in  keiner  Weise  vermindert,  eher  vergröfsert, 
sowohl  infolge  der  vielen  Gegenkrümmungen,  als  auch  weil  bei  der 
inselförmigen  Anordnung  der  Bahnsteige  in  Fällen  drohender  Gefahr 
ein  Entweichen  des  auf  denselben  betindlichen  Publicums  kaum  möglich 
ist.  Ueberdies  stehen  die  Abmessungen  der  Steige  zu  dem  Umfang 
des  Verkehrs  in  keinem  rechten  Verhältnifs.  Trotzdem  dürfte  die 
Anlage  in  nächster  Zeit  zur  Ausführung  gelangen  und  ist  zu  diesem 
Zwecke  bereits  von  der  entscheidenden  Stelle  aus  zum  Erwerb  des 
erforderlichen  Grund  und  Bodens  die  Ermächtigung  ertheilt.  Die 
Kosten  der  Ausführung  werden  sich  nach  dem  Anschläge  auf 
1  636  000  Mark  belaufen,  einschliefslich  1  036  000  Mark  für  Grund¬ 
erwerb.  Kemmann. 


Vermischtes. 


Preisbewerhuiig  um  das  Kaiser  Wilhelin-Deukinal  in  der  Rlieiii- 
Itroviuz.  Es  wird  für  die  Leser  von  Interesse  sein  zu  erfahi-en, 
welche  Gründe  bei  der  auf  Seite  187  der  vorigen  Nummer  mitge- 
theilten  Entscheidung  in  der  genannten  Wettbewerbung  das  Preisgericht 
geleitet  haben.  Dem  veröffentlichten  kurzen  Gutachten  entnehmen 
wir,  dafs  dem  Entwürfe  der  Herren  Jakobs  u.  Wehling  der  erste 
Preis  zuerkannt  wurde,  weil  er  nach  Ansicht  der  Preisrichter  die 
glücklichste  Lösung  der  Platzfrage  enthielt.  Die  an  und  für  sich 
tüchtige  künstlerische  Arbeit  befriedige  indessen  noch  nicht,  und  die 
endgültige  Gestaltung  für  diesen  Platz  müsse  einem  späteren  Wett¬ 
bewerbe  Vorbehalten  bleiben.  —  Die  Schmitz’sche  Arbeit  hat  den 
zweiten  Preis  erhalten  „wegen  ihrer  wuchtigen  künstlerischen  Dar¬ 
stellung“.  Die  Wahl  des  Platzes  (Insel  Grafenwerth)  wird  nicht  ge¬ 
billigt,  da  ein  Inseldenkmal  nur  auf  der  Nordspitze  der  Insel  Nonnen¬ 
werth  zu  errichten  sei.  —  Dem  Plane  des  Bildhauers  Albermann  wurde 
der  dritte  Preis  zugesprochen  „als  dem  einzigen  Entwürfe  eines 
Denkmals  für  eine  mäfsige  Bergeshöhe  (Hardtberg)“;  von  der  künst¬ 


lerischen  Leistung  dieser  Bearbeitung  scheint  man  wenig  befriedigt 
gewesen  zu  sein.  —  Von  den  drei  zum  Ankauf  empfohlenen  Entwürfen 
hat  man  „Dem  unvergefslichen  Kaiser“  wegen  seiner  treffenden 
Lösung  der  Platzfrage  für  ein  Inseldenkmal  (Nonnenwerth)  ausge¬ 
wählt;  „Grafenwerth“  wurde  erkoren,  weil  in  ihm  der  Gedanke  des 
unbedingt  zu  fordernden  Pestplatzes  vor  dem  Denkmale  zu  vornehmer 
Gestaltung  gebracht  sei,  und  „Siegfried“  hat  man,  obwohl  der  bild¬ 
nerisch  zum  Ausdruck  gebrachte  Gedanke  für  nicht  verwendbar  ge¬ 
halten  wird,  der  hohen  künstlerischen  Reize  seiner  Hauptgruppe 
wegen  zur  Berücksichtigung  empfohlen. 

Die  Frage  des  Wiederaufbaues  vom  Nordthurme  der  Maria 
Magdalenenkirclie  iu  Breslau,  von  der  in  den  beiden  letzten  Jahr¬ 
gängen  dieses  Blattes  wiederholt  die  Rede  gewesen  ist,  hat  vor 
wenigen  Tagen  ihre  endgültige  Erledigung  gefunden.  Ein  Antrag 
des  Magistrats,  nach  welchem  der  abgebrannte  Thurmhelm  und  die 
Brücke  zwischen  ihm  und  dem  Südthurme  in  derjenigen  Form  wieder¬ 
hergestellt  werden  sollten,  welche  sie  vor  dem  Brande  in  der  Nacht 


Sir.  19  A- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


199 


zum  23.  März  1887  gehabt  haben,  war  von  der  Stadtverordneten- Ver¬ 
sammlung  ihrem  Bauausschusse  zur  Prüfung  überwiesen  worden. 
Von  diesem  wurde  die  Genehmigung  der  Vorlage  befürwortet  mit 
dem  Hinzufügen,  dafs  der  Nordthurm  in  seinen  oberen  Stockwerken, 
insoweit  sie  jetzt  geputzt  sind,  in  Rohbau  hei'gestellt  werden  möge. 
Diesen  Vorschlag  des  Ausschusses  hat  die  Versammlung  in  ihrer 
Sitzung  vom  1.  Mai  d.  J.  zum  Beschlüsse  erhoben,  und  die  Magda- 
lenenkirche  wird  nun  in  wenigen  Jahren  wieder  ihre  beiden  viel¬ 
geschossigen  Renaissancehelme  in  die  Lüfte  recken,  freilich  ohne 
durch  ihre  Erscheinung  dem  Beschauer  von  dem  Geschicke  zu  er¬ 
zählen,  das  sie  am  letzten  Geburtstage  Kaiser  Wilhelms  I.  getroffen. 

Die  Grofse  Allgemeine  Gartenbau -Ausstellung  in  Berlin  1890. 
Der  Gartenbau  im  preufsischen  Staate  ist  eine  verhältnifsmäfsig 
junge  Kunst,  deren  Anfänge  nur  bis  zu  der  Regierung  des  Grofsen 
Kurfürsten  zurückreichen.  Um  so  erfreulicher  ist  die  Darstellung, 
welche  er  in  der  vom  Vereine  zur  Beförderung  des  Gartenbaues  in 
den  Preufsischen  Staaten  in  der  Zeit  vom  25.  April  bis  8.  Mai  d.  J. 
in  Berlin  veranstalteten  Ausstellung  gefunden  hat  und  welche  die 
Aufmerksamkeit  nicht  nur  engerer  Kreise,  sondern  auch  des  Aus¬ 
landes  in  hervorragender  Weise  beansprucht. 

Der  genannte  Verein,  im  Jahre  1822  in  der  Absicht  gegründet, 
auch  auf  dem  Gebiete  des  Gartenbaues  die  Kräfte  der  vaterländi¬ 
schen  Industrie  und  Kunst  nach  den  verhängnifsvollen  Jahren  der 
Befreiungskriege  neu  zu  beleben  und  zu  stärken,  suchte  seit  seiner 
Gründung  durch  wiederholte  Ausstellungen  einestheils  gewonnene 
Fortschritte  zu  veranschaulichen  und  durch  gelegentlich  der  Aus¬ 
stellungen  hervorgerufenen  Meinungsaustausch  neue  Ergebnisse  zu 
erzielen,  anderseits  liefs  er  es  sich  angelegen  sein,  durch  unmittel¬ 
bare  Einwirkung  auf  die  praktische  Seite  des  Ganzen  die  Ziele, 
welche  er  sich  vorgesteckt,  zu  fördern. 

Den  beiden  letzten  im  Frühjahr  1883  und  im  Herbst  1885 
erfolgten  Ausstellungen  gröfseren  Stils  folgte  die  jetzige,  welche 
nach  zwei  Richtungen  eine  bedeutsame  Erweiterung  erfuhr,  näm¬ 
lich  nach  der  baukünstlerischen  und  nach  der  wissenschaft¬ 
lichen  Seite.  Es  liegt  sogar  vielleicht  das  Wesentliche  der  dies¬ 
maligen  Ausstellung  darin,  dafs  sie  neben  sehr  starker  Betheiligung 
und  erschöpfender  Veranschaulichung  des  heimischen  und  ausländi¬ 
schen  Gartenbaues  diese  Erweiterung  nach  der  Seite  der  Architektur 
und  des  Kunstgewerbes  zeigte  und  gleichzeitig  der  botanischen  Wissen¬ 
schaft  Gelegenheit  gab,  durch  Sammlungen  und  sorgfältige  Dar¬ 
stellungen  von  Forschungsergebnissen  dem  Verständnifs  des  grofsen 
Publicums  näher  zu  treten.  Das  Verdienst,  diesem  grundlegenden 
Gedanken  zur  Ausführung  verhelfen  zu  haben,  gebührt  dem  Vor¬ 
sitzenden  des  Vereins,  dem  Geh.  Ober -Finanzrath  und  Provincial- 
Steuer-Director  Herrn  v.  Pommer-Esche  sowie  dem  Rector  der 
landwirthschaftlichen  Hochschule,  Herrn  Professor  Dr.  Wittmack, 
welcher  als  Generalseci’etär  der  Ausstellungs-Leitung  wirkte. 

Es  kann  an  dieser  Stelle  nur  auf  eine  kurze  Mittheilung  über 
den  baukünstlerischen  Theil  der  Ausstellung  ankommen.  Die  archi¬ 
tektonischen  Gedanken,  welche  in  dem  Abschnitte  des  Katalogs 
I.  Decorative  Abtheilung  zusammengefafst  waren  und  dessen 
Unterabtheilung  A.  Gärtnerische  Decorationen  in  Verbin¬ 
dung  mit  Architektur  bildeten,  waren  im  wesentlichen  folgende: 
1.  Glänzende  Decoration  eines  Festsaales;  2.  decorative  Aus¬ 
schmückung  von  Wohnzimmern,  Salons,  Speisezimmern;  3.  Aus¬ 
schmückung  eines  Raumes  in  einem  Hause  für  eine  Trauung;  4.  Aus¬ 
schmückung  eines  Raumes  in  einem  Hause  für  eine  Taufe;  5.  gärt¬ 
nerische  und  architektonische  Ausschmückung  eines  Erbbegräbnisses, 
als  freier  Platz  oder  an  der  Rückwand  eines  Friedhofes  gedacht; 
6.  gärtnerische  Ausschmückung  von  Säulen -Balcons,  freitragenden 
Balcons,  Freitreppen,  offenen  Hallen  (Veranden),  Terrassen  am 
Hause  usw.;  7.  ein  heizbares,  gröfseres  Blumenfenster  oder  ein  Blumen- 
Erker  mit  zweckmäfsiger  Lüftung;  8.  decorirteWintergärten  im  An- 
schlufs  an  das  Wohnhaus;  9.  decorirte  Pavillons  und  9a.  Ver¬ 
schiedenes.  Mit  Ausnahme  von  Nr.  7  haben  alle  Nummern  des  Pro¬ 
gramms  ihre  baukünstlerische  Ausführung  erfahren.  Unter  Heranziehung 
von  ersten  Firmen  des  Kunstgewerbes  und  durch  die  hohe  Leistungs¬ 
fähigkeit  der  Gärtnerei  ist  es  möglich  geworden,  alles  Geplante  in 
die  Wirklichkeit  zu  übersetzen  und  aufser  durch  Schaffung  der 
nöthigen  Repräsentations-  und  Vorräume  in  Kojen,  in  Saalbauten  usw. 
in  grofsem  Mafsstabe  das  Gewollte  vorzuführen.  Von  einer  ein¬ 
gehenden  Besprechung  kann  mangels  geeigneter  Abbildungen  umso¬ 
mehr  abgesehen  werden,  als  gerade  auch  dieser  Theil  der  Ausstellung 
in  den  Tagesblättern  eine  erschöpfende  Würdigung  gefunden  hat.  Die 
decorative  Leitung  der  architektonischen  Abtheilung  lag  in  den  Hän¬ 
den  der  Königl.  Regierungs-Baumeister  J affd  u.  Radke.  Von  ersterem 
stammte  unter  anderem  eine  bemerkenswerthe  Darstellung  antiker  Ar¬ 
chitektur  in  Verbindung  mit  Gartenbaukunst,  eine  Wiederherstellung 
des  Prachtzeltes  des  Ptolemäus  Philadelphus ,  welches  der  König 
ungefähr  im  Jahre  270  v.  Chr.  auf  der  Burg  in  Alexandrien  zur  Feier 


der  Dionysien  errichten  liefs.  Die  Darstellung,  ein  wandgrofses 
decoratives  Gemälde,  zeigte  das  Innere  des  Baues,  nach  der  Be¬ 
schreibung  des  griechischen  Rhetors  und  Grammatikers  Athenäus.  — 
Herr  Radke  hatte  insbesondere  den  durch  Herausnahme  zweier 
Trennungswände  aus  drei  Sälen  des  Ausstellungsgebäudes  zu  über¬ 
raschender  Raumwirkung  hergerichteten  grofsen  Mittelsaal  mit  bau¬ 
lichen  Einzelheiten  versehen,  aus  deren  Zahl  wir  nur  die  blumen¬ 
geschmückte  Treppenanlage  hervorheben,  die  [den  Saal  quer  durch¬ 
zog  und  von  deren  oberster  Plattform  sich  ein  wunderhübscher 
Ausblick  auf  die  beiden  Abtheilungen  des  mit  erlesener  Pflanzen¬ 
zier  ausgestatteten  Raumes  bot. 

Umfang  des  Strafsenverkehrs  in  London.  Die  Ueberfdllung  der 
Strafsen  in  der  Londoner  Innenstadt  mit  Wagen  und  Fufsgängern 
nimmt  von  Jahr  zu  Jahr  zu,  und  weder  die  Vermehrung  der  Verkehrs¬ 
mittel,  noch  die  Herstellung  neuer  Strafsen durchbrüche ,  wie  der 
Königin  Victoria-Strafse  im  Jahre  1874,  haben  die  an  sich  zum  Theil 
recht  engen  Strafsen  zu  entvölkern  vermocht.  Zur  Entlastung  der  in 
westöstlicher  Richtung  geführten  Strafsenzüge  ist  jetzt,  nachdem  die 
im  verflossenen  Jahre  eingebrachte  Gesetzesvorlage  über  die  Anlage 
der  sog.  „London  Central  Railway“  zu  Falle  gekommen,  der  Bau 
einer  nach  ähnlichen  Gesichtspunkten  anzulegenden,  elektrisch  zu 
betreibenden  Untergrundbahn,  der  „Central  London  Railway“,  in 
Antrag  gebracht.  Berathungen  über  diese  Vorlage  haben  in  diesen 
Tagen  durch  einen  Sonderausschufs  des  Unterhauses  stattgefunden, 
und  hierbei  wurden  folgende  Angaben  über  den  Umfang  des  Strafsen¬ 
verkehrs  zu  Tage  gefördert.  Am  11.  Februar  d.  J.  belief  sich  der 
Verkehr  in  der  Cheapside  auf  11558  Wagen  und  72  645  Fufsgänger. 
An  Mercers  Hall  verkehrten  am  1.  April  11877  Wagen  und  87  274 
Fufsgänger;  an  Saddlers  Hall  am  2.  April  13  590  Wagen  und  101940 
Fufsgänger.  Durch  Fosters  Lane  bewegten  sich  am  13.  Februar 
13  316  Fahrzeuge  und  96  228  Fufsgänger.  Ferner  verkehrten  am 
12.  Februar  in  der  Roman  Bath-Strafse  10  532  Wagen  und  44  314  Fufs¬ 
gänger,  am  1.  April  in  der  Newgate-Strafse  11556  Fahrzeuge  und  47070 
Fufsgänger,  endlich  wurden  am  11.  Februar  zwischen  8  Uhr  vor¬ 
mittags  und  8  Uhr  abends  an  den  Holborn  Bars  14  301  Wagen  und 
59  455  Fufsgänger  gezählt.  An  den  verkehrsreichsten  Stellen  in  der 
City  sind  bekanntlich  Schutzleute  aufgestellt,  welche  für  die  ordnungs- 
mäfsige  Bewegung  des  Verkehrs  sorgen  und  den  Fufsgängern  bei 
Ueberschreitung  der  Strafsen  ihren  Beistand  leihen. 

Als  Ursache  des  Treibens  mancher  Gemente  wird  in  neuerer 
Zeit  —  besonders  bei  sehr  langsam  treibenden  Cementen  —  ein  über- 
mäfsiger  Gehalt  an  Magnesia  angesehen.  Näheres  hierüber  ergeben 
z.  B.  die  im  Jahre  1888  von  Dr.  Böhme  auf  Seite  160  der  Mitthei¬ 
lungen  aus  der  Prüfungsanstalt  für  Baustoffe  besprochenen  Fälle. 
Inzwischen  sind  von  der  Verwaltung  der  Reichseisenbahnen  Proben 
des  Mörtels  einer  durch  Treiben  des  Cementes  beschädigten  Brücke 
der  chemisch -technischen  Versuchsanstalt  behufs  Ermittlung  des 
Gehaltes  an  Magnesia  übergeben  worden.  Nach  den  vorliegenden 
Zahlen  beziffert  sich  der  Gehalt  des  dem  Mörtel  zugesetzten  Binde¬ 
mittels  an  Magnesia  auf  13,19  v.  Hundert.  Wie  viel  Kalk  bei  der 
Mörtelbereitung  zugesetzt  worden  war,  läfst  sich  jetzt  nicht  mehr 
feststellen.  Da  aber  der  in  der  Gegend  des  Baues  gewöhnlich  ver¬ 
wendete  Kalk  nach  einer  seitens  der  Eisenbahnverwaltung  angestellten 
Untersuchung  nur  1,13  v.  H.  Magnesia  enthält,  so  ist  zweifellos  die 
bei  weitem  gröfsere  Menge  der  letzteren  im  Cemente  vorhanden  ge¬ 
wesen.  Nimmt  man  an,  dafs  gleiche  Theile  Kalk  und  Cement  ver¬ 
wendet  waren,  und  dafs  der  Sand  von  Magnesia  frei  gewesen  ist,  so 
berechnet  sich  die  in  dem  Cemente  enthaltene  Menge  dieses  Stoffes 
auf  2(13,19  —  1,13)  =  24,12  v.  H.  Hiernach  ist  wohl  auch  in  dem 
vorliegenden  Falle  das  stattgehabte  Treiben  des  Mörtels  auf  den 
aufsergewöhnlich  hohen  Magnesiagehalt  des  Cementes  zurückzuführen. 
Es  darf  jedoch  nicht  übersehen  werden,  dafs  die  Frage  der  treiben¬ 
den  Cemente  durch  die  bisherigen  Untersuchungen  noch  keineswegs 
vollkommen  geklärt  ist.  So  ergeben  beispielsweise  die  Zusammen¬ 
stellungen  auf  Seite  87  bis  91  des  Jahrganges  1885  der  Mittheilungen 
aus  den  Königl.  technischen  Versuchsanstalten,  dafs  Cemente,  die 
nur  Spuren  von  Magnesia  enthielten  (Sorte  m),  keine  der  drei  Raum¬ 
beständigkeitsproben  aushielten,  und  dafs  andere  mit  0,91  bis  1,67  v.  H. 
Magnesiagehalt  (n,  b,  a,  P)  die  Kochprobe  nicht  bestanden  haben, 
während  Cemente  mit  2,10  bis  2,89  v.  H.,  also  zwei-  bis  dreifachem 
Gehalt  an  Magnesia  (1,  d,  c,  E,  q)  alle  Treihproben  ausgehalten 
haben.  Es  erscheint  hiernach  —  vorausgesetzt,  dafs  solche  Proben 
überhaupt  mit  einiger  Sicherheit  auf  zukünftiges  Treiben  schliefsen 
lassen  • — ,  als  ob  aufser  der  Magnesia  unter  Umständen  auch  noch 
andere  Bestandtheile  oder  Herstellungsfehler  das  Treiben  des  Ce¬ 
mentes  hervorrufen  können.  Weitere  Untersuchungen  und  Mit¬ 
theilungen  hierüber  wären  daher  wohl  angezeigt. 

James  Nasra3rtli  f.  Am  7.  d.  M.  starb  in  London  im  hohen  Alter 
von  82  Jahren  der  bekannte  englische  Ingenieur  James  Nasmyth. 
Er  war  im  Jahre  1808  in  Edinburg  geboren.  Seinen  Weltruf  be- 


200 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


14.  Mai  1890. 


gründete  er  dixrcli  die  Erfindung  des  Dampfhammers  und  der  nach 
ihm  benannten  Dampframme;  aufserdem  sind  von  ihm  Bohrmascliinen, 
Fräsmaschinen,  Feilmaschinen  u.  a.  nach  eigner  Erfindung  vorhanden. 


Büclierschau. 

Handbuch  der  Architektur.  Erster  Band,  zweite  Hälfte:  Die 
Statik  der  Hochbau-Constructionen.  Von  Professor  Theodor 
Landsberg  in  Dannstadt.  Zweite  Auflage.  Darmstadt  1889. 
Arnold  Bergsträsser.  Preis  12  Mark. 

Die  neue  Auflage  des  Werkes  hat  einen  Umfang  von  274  Seiten 
mit  378  in  den  Text  gedruckten  Abbildungen  und  zwei  Tafeln.  Sie 
zeigt  gegenüber  der  ersten  (auf  Seite  110  des  Jahrganges  1882  d.  Bl. 
besprochenen)  Auflage  einen  Zuwachs  von  37  Seiten  und  57  Ab¬ 
bildungen;  auch  die  Tafeln  sind  neu.  Ein  genauerer  Vergleich  mit 
der  früheren  Fassung  läfst  erkennen,  dafs  eine  sehr  eingehende 
Ueberarbeitung  stattgefunden  hat,  durch  welche  die  Brauchbarkeit 
des  Werkes  ohne  Zweifel  nicht  unwesentlich  erhöht  worden  ist.  In 
diesem  Sinne  ist  —  aufser  der  Beseitigung  einzelner  kleiner  Mängel 
und  der  Hinzufügung  manches  Neuen  —  besonders  die  strengere 
Gliederung  des  Stoffes  anzuführen.  Zweckmäfsig  ist  auch,  dafs  die 
frühere  willkürliche  Eintheilung  der  Bände  verlassen  ist.  Der  vor¬ 
liegende  Halbband  umfafst  nur  einen  Abschnitt,  diesen  aber  voll¬ 
ständig,  bildet  also  ein  für  sich  abgeschlossenes  handliches  Ganzes. 
Das  Buch  kann  allen,  die  mit  dem  Entwerfen  von  Hochbau-Con¬ 
structionen  zu  thun  haben,  bestens  empfohlen  werden.  — Z. — 

Neu  erschienene,  bei  der  Kedaction  eingegangene  Werke: 

Behse,  l>r.  W.  H.  Treppenwerk  für  Architekten,  Zimmerleute 
und  Tischler,  sowie  für  Baugewerk-  und  Gewerbeschulen,  oder  voll¬ 
ständige  Abhandlung  der  Treppen  in  Holz.  3  Auflage.  Weimar  1890. 
Bernh.  Friedr.  Voigt.  13  S.  Text  und  199  Abb.  auf  33  Steindruck- 
Tafeln  in  4".  Preis  ßjf. 

14.  Bericht  über  die  Königliche  Ober-Eealschule  und  Baugewerk¬ 
schule  in  Breslau.  Breslau  1890.  28  S.  in  kl.  4“. 

Borucki,  Hr.  Leon.  Die  trocknenden  Gele  und  deren  Eigen¬ 
schaften,  Prüfung  und  Verwerthung  in  der  Malerei.  Abdruck  aus 
„Techn.  Mitth.  f.  Malerei“  1889.  Nr.  74  u.  75.  München.  A.  Keim. 
29  S.  in  gr.  8“.  Preis  0,80  .//f. 

Breme,  K.  182  Tafeln  zur  graph.  Berechnung  der  Wasser¬ 
mengen  und  zur  Bestimmung  der  Profilabmessungen  der  Wasserläufe 
nach  der  Formel  von  Ganguillet  u.  Kutter.  Freiberg  i.  S.  1889. 
Verlag  von  Craz  u.  Gerlach  (Job.  Stettner).  In  12  Lief.  Lief.  5 — 12. 
S.  65  —  194  in  4*.  Preis  der  Lief.  1,50.///'. 

Hammer,  Hr.  0.  Handwörterbuch  der  öffentlichen  und  privaten 
Gesundheitspflege.  Stuttgart  1890.  Ferd.  Enke.  In  10  bis  12  Lief. 

1.  Lief.  80  S.  mit  19  Abb.  Preis  der  Lief.  2  J(. 

Der  Eheinstrom  und  seine  wichtigsten  Nebenflüsse  von  den 
Quellen  bis  zum  Austritt  des  Stromes  aus  dem  Deutschen  Eeich. 
Im  Auftrag  der  Eeichscommission  zur  Untersuchung  der  Eheinstrom¬ 
verhältnisse  herausgegeben  von  dem  Centralbureau  für  Meteoro¬ 
logie  und  Hydrographie  im  Grofsherzogthum  Baden.  Berlin  1889. 
Ernst  u.  Korn.  359  S.  in  Folio,  9  Uebersichtskarten  und  -Profile 
nebst  einer  Stromkarte  des  Eheins  in  16  Blättern.  Preis  45  jK. 

Fritsch,  K.  E.  0.  Die  neue  Synagoge  in  München,  entworfen 
und  ausgeführt  von  Albert  Schmidt.  München  1889.  J.  B.  Obernetter. 
10  S.  Text  in  Folio  mit  15  Abbild.,  10  photograph.  Aufnahmen. 
Preis  22,50  M. 

Gemeinfafsliche  Darstellung  des  Eisenhüttenweseus.  Heraus¬ 
gegeben  vom  Verein  deutscher  Eisenhüttenleute  in  Düsseldorf. 

2.  Auflage.  Düsseldorf  1890.  112  S.  in  8®  mit  7  Abb.  Preis  2J(. 

Grashof,  Hr.  F.  Theoretische  Maschinenlehre.  HL  Bd.  Theorie 
der  Kr.aftmaschinen.  5.  Lief.  (Schlufs  des  Werkes).  Hamburg  und 
Leipzig  1890.  Leopold  Voss.  S.  641—891  in  8®  mit  Holzschnitten 
im  Text.  Preis  der  5.  Lief.  8  J(. 

Günther.  Verwendung  des  Delmenhorster  Linoleums  (Waltons 
Patent)  beim  Bau  des  Herzog  Ernst-Seminars  in  Gotha  nebst  Schil¬ 
derung  der  mit  dem  Material  gemachten  Erfahrungen,  dem  Legen 
und  Erhalten  sowie  den  Kosten  desselben.  Dermbach  1889.  15  S. 
in  8®  mit  Abbildungen. 

Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften  von  Dr.  Th.  Schaffer,  Ed. 
Sonne  und  Th.  Landsberg.  2.  Bd.  2.  Auflage.  2.  Abth.  Die  eisernen 
Brücken  im  allgemeinen.  Eiserne  Balkenbrücken.  2.  (Schlufs-) 
Lieferung:  Steiner,  Fr.,  Theorie  der  eisernen  Balkenbrücken  (Schlufs). 
Construction  der  eisernen  Balkenbrücken.  Leipzig  1890.  Wilh. 
Engelmann.  S.  225 — 543  in  gr.  8®  mit  182  Abb.  im  Text  und  Tafel  8 
bis  21.  Preis  13  Jl. 

Herrmann,  L.  Erläuterungen  zur  Planskizze  für  das  Herrmann- 
sche  Eheindurchstich-Project  behufs  Gewinnung  eines  Hafens  für  die 
Stadt  Düsseldorf.  Düsseldorf,  März  1890.  4  S.  in  4®  nebst  einem 
Plan. 


Hirth,  Georg.  Der  Formenschatz.  Jahrgang  1890.  München 
und  Leipzig.  G.  Hirth.  Heft  III  und  IV.  Jährlich  12  Hefte  in 
gr.  8".  Preis  des  Jahrgangs  15  Jl. 

Hohhs  Berechnung  elektrischer  Messungen.  Aus  dem  Englischen 
übersetzt  von  0.  Kietzer.  Halle  a.  S,  1890.  Wilh.  Knapp.  97  S. 
in  16®.  Preis  2  Ji. 

Hoiisell,  Max.  Die  Wasserstrafse  zwischen  Mannheim-Ludwigs¬ 
hafen  und  Kehl-Strafsburg  —  Canal  oder  freier  Ehein?  Abdruck  aus 
dem  „Centralbl.  der  Bauverw.“,  1890.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn. 
37  S.  in  8®  mit  einer  Karte  in  Steindruck.  Preis  1,50.4/. 

Hojxpe,  C.  Hydi-aulische  Schiffshebewerke  (Entwurf  von  C. 
Hoppe).  Berlin  1890.  10  S.  Text  in  8®  und  eine  Tafel. 

Hoppe  u.  Roehmiiig.  Das  doppellagige  Asphaltpappdach.  Halle 
a.  S.  1889.  28  S.  in  8®  mit  Abbildungen  im  Text. 

Jacohstlial,  E.  Eückblicke  auf  die  baukünstlerischen  Principien 
Schinkels  und  Böttichers.  Eede  zum  Geburtsfeste  Sr.  Maj.  des 
Kaisers  und  Königs  Wilhelm  H.  in  der  Aula  der  Kgl.  techn.  Hoch¬ 
schule  in  Berlin  am  26.  Januar  1890  gehalten.  Berlin  1890.  20  S. 

in  gr.  8®. 

Kosul),  G.  Accord-Lohn-Tabelle  für  die  Aufstellung  und  Eevision 
der  periodischen  Lohn-Eechnungen.  Frankfurt  a.  M.  Aug.  Osterrieth. 
208  S.  Tabellen  in  8®.  Preis  3  Jl. 

Krebs,  Prof.  Hr.  G.  u.  Grawiiikel,  C.  Jahrbuch  der  Elektro¬ 
technik  1888 — 89.  II.  Jahrgang.  Halle  a.  S.  1890.  W.  Knapp. 
226  S.  in  8®  mit  99  Abbildungen  im  Text.  Preis  6  Jl. 

Lambert,  A.  u.  Stahl,  E.  Motive  der  deutschen  Architektur  des 
XVI.,  XVII.  und  XVIH.  Jahrhunderts  in  historischer  Anordnung. 
(Mit  Text  von  H.  E.  v.  Berlepsch.  I.  Abth.  Früh-  u.  Hochrenaissance 
1500—1650.  Stuttgart  1889.  J.  Engelhorn.  Lief.  17  mit  2  Tafeln 
und  16  S.  Text  in  Folio.  Preis  der  Lief.  2,75  Jl. 

Lauiihardt,  W.  Theorie  der  Tarifbildung  der  Eisenbahnen. 
Berlin  1890.  Julius  Springer.  84  S.  in  8®  mit  12  Abb.  Preis  2  Jl. 

Imoiihardt,  0.  Deutsche  Allgemeine  Ausstellung  für  Unfallver¬ 
hütung.  Berlin  1889.  Feuermelde-  und  Lösch-Vorrichtungen.  Ab¬ 
druck  aus  „Gesuudheits-Ingenieur‘‘  1890  Nr.  5.  8  S.  in  4"  mit  9  Abb. 

Maerteus,  Herrn.  Optisches  Mafs  für  den  Städtebau.  Bonn  1890. 
Max  Cohen  u.  Sohn  (Fr.  Cohen).  43  S.  in  8“. 

Neiiwirth,  Hr.  Joseph.  Die  Wochenfechnungen  und  der  Betrieb 
des  Prager  Dombaues  in  den  Jahren  1372 — 1378.  Prag  1890.  Calve- 
sche  Hof-  xmd  Universitäts-Buchhandlung.  509  S.  in  8®  mit  5  Licht¬ 
drucken.  Preis  15  Jl. 

Programm  der  Kgl.  Fachschule  (Technische  Mittelschule  mit 
Lehrwerkstätten)  für  die  Kleineisen-  und  Stahlwaren-Industrie  des 
Bergischen  Landes  in  Eemscheid.  Eemscheid  1890.  39  S.  in  8®. 

Schleifer,  M.  Selbstthätige  Zweikammer- Luftdruck-Schnellbremse 
Bauart  Schleifer.  Berlin  1890.  16  S.  in  4®  mit  8  Steindrucktafeln. 

Schloms,  E.  Der  Schnittholzberechner.  Weimar  1890.  Bernh. 
Friedr.  Voigt.  174  S.  Tabellen  in  24®.  Preis  1,80,4/. 

Schöiiermark,  Gustav.  Die  Architektur  der  Hannoverschen 
Schule.  Herausgegeben  im  Aufträge  der  Bauhütte  Zum  weifsen 
Blatt.  2.  Jahrgang  Heft  1 — 4.  Hannover -Linden  1890.  Karl  Manz. 
Jährlich  10  Hefte  mit  ie  8  Tafeln  in  gr.  8®.  Preis  des  Jahrgangs 
IbM. 

Statistik  der  im  Betriebe  befindlichen  Eisenbahnen  Deutschlands 
nach  den  Angaben  der  Eisenbahn-Verwaltungen,  bearbeitet  im  Eeichs- 
Eisenbahn-Amt.  Band  9.  Betriebsjahr  1888/89.  Berlin  1889.  E.  S.  Mitt¬ 
ler  u.  Sohn.  In  gr.  Folio  mit  einer  Karte  und  1  Bl.  Zeichn.  Preis  16  JL 

Uebersichtliche  Zusammenstellung  der  wichtigsten  Angaben  der 
Deutschen  Eisenbahn-Statistik,  bearbeitet  im  Eeichs-Eisenbahn-Amt. 
Band  8.  Betriebsjahr  1887/88  und  1888.89.  Berlin  1889.  E.  S.  Mittler 
u.  Sohn.  117  S.  in  Folio  mit  einer  Karte.  Preis  3  Jl. 

Statistische  Nachrichten  von  den  Eisenbahnen  des  Vereins 
Deutscher  Eisenbahn -Verwaltungen  für  das  Eechnungsjahr  1888. 
Herausgegeben  von  der  geschäftsführenden  Verwaltung  des  Vereins. 
39.  Jahrgang.  Berlin  1890.  213  S.  in  Folio.  Preis  12,4/. 

Stoltenberg,  W.  Hülfstabellen  für  Architekten,  Ingenieure,  Bau¬ 
gewerksmeister  und  Techniker  zum  Gebrauch  beim  Projectiren  und 
Eevidireu  von  Hochbauconstructionen.  Hamburg  1890.  Boysen  u. 
Maasch.  4  Tabellen.  Preis  0,60  4/, 

Ungewitter,  G.  Lehrbuch  der  gothischen  Constructionen. 

3.  Auflage.  Neubearbeitet  von  K.  Mohrmann.  Mit  über  1200  AbK 
im  Text  und  auf  eingehefteten  Tafeln.  Leipzig  1890.  T.  0.  Weigel 
Nachf.  Lief:  3.  80  S.  in  gr.  8".  Preis  der  Lief.  3  4/. 

Vogler,  Hr.  Ch.  August.  Geodätische  Uebuugen  für  Landmesser 
und  Ingenieure.  Berlin  1890.  Paul  Parey.  216  S.  in  8"  mit  36  Abb. 
Preis  7  Jl. 

Zetzsche,  Prof.  Hr.  K.  Ed.  Der  Betrieb  und  die  Schaltungen 
der  elektrischen  Telegraphen  (2.  Hälfte  des  3.  Bandes  des  Hand¬ 
buchs  der  elektr.  Telegraphie)  Heft  1.  Halle  a.  S.  1890.  Wilh.  Knapp. 
196  S.  in  8®  mit  117  Abb.  Preis  6  Jl. 


Verlag  von  ErDSt&Korn  (VX'jlLelm  Ercst).  Berlin.  Für  die  Kedaction  des  niclitamtlichen  Tlieiles  ver.-rntwortlicli :  O.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin, 


201 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  BerUn,  17.  Mai  1890.  Nr.  20. 


Kedaction:  SW.  ZimmerstraCse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstralse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

IKHALT:  Amtliches:  Circular -Erlafs  vom  2.  Mai  1890,  betreffend  die  Rücksicht¬ 
nahme  auf  die  Fischerei  bei  Ausführung  von  Strombauten.  —  Personal- Nachrichten. 
Nichtamtliches:  Behandlung  von  Mauerllächen  in  Vergangenheit  und  Gegenwart.  — 
Wettbewerb  für  ein  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau.  —  Einrichtung  der 

Staustufen  bei  Canalisirungen  von  Flufsstrecken  mit  schnellem  Wasserwechsel  (Schlnfs). 
—  Gesetzentwurf  über  die  Einrichtung  von  Architektur -Hochschulen  in  Italien.  — 
Block-  und  Torpedosignale  auf  den  Hochbahnen  in  New-York.  —  Brüssel  als  Seehafen. 
Vermischtes:  Fenerlöschgranaten. —  Heitiings  Briefsammler.  —  Bücherschan. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Circular -Erlafs,  betretfend  die  liücksichtnalune  auf  die 
Fischerei  bei  Ausführung  von  Strombauten. 

Berlin,  den  2.  Mai  1890. 

Bei  Ausführung  von  Strombauten  wird  noch  regelmäfsiger  und 
sorgfältiger,  als  schon  bisher  geschieht,  das  Augenmerk  darauf  ge¬ 
richtet  bleiben  müssen,  die  Interessen  der  Fischerei  thunlichst  zu 
fördern  und  vor  Schädigungen,  die  nach  den  Zwecken  der  Bauaus¬ 
führung  irgend  vermeidlich  sind,  zu  bewahren.  Bereits  in  dem  Eund- 
erlasse  vom  9.  August  1884,  III  14  095,*)  sind  Mafsnahmen  empfohlen 
worden,  durch  welche  den  Fischen  der  Zugang  zu  den  vom  Haupt¬ 
strom  abgeschnittenen  Altwassern  und  Laichplätzen  ermöglicht  wer¬ 
den  soll.  Im  Anschlufs  daran  bestimme  ich  im  Einverständnisse  mit 
dem  Herrn  Minister  für  Landwirthschaft,  Domänen  und  Forsten 
weiterhin  folgendes ; 

In  allen  Fällen,  in  welchen  wesentliche  Veränderungen  der 
Stromverhältnisse  durch  Ausführung  von  Durchstichen,  Schliefsung 
von  Nebenarmen  usw.  beabsichtigt  werden,  sind  über  die  für  den 
Fischereibetrieb  zu  treffenden  Einrichtungen  die  Fischerei -Inter¬ 
essenten,  nach  den  Umständen  auch  Fischerei-Sachverständige  zu 
hören.  In  letzterer  Eigenschaft  kommen  in  erster  Keihe  die  Ober¬ 
fischmeister  und  die  nebenamtlich  als  solche  fungirenden  Meliorations¬ 
baubeamten  in  Betracht,  bezw.  solche  Personen,  welche  von  diesen 
oder  von  localen  und  provinciellen  Fischerei -Vereinen  bezeichnet 
werden.  In  wichtigeren  Fällen  ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs  Anträge 
auf  Bezeichnung  von  geeigneten  Sachverständigen  an  den  Herrn 
Minister  für  Landwirthschaft,  Domänen  und  Forsten  gerichtet  werden. 
Die  baüleitenden  Beamten  werden  durch  ausgiebige  Benutzung  sach¬ 
verständigen  Raths  in  vielen  Fällen  in  Stand  gesetzt  werden,  die 
Förderung  der  Fischerei  mit  der  Ausführung  von  Wasserbauten  zu 
verbinden,  ebenso  werden  die  zugezogenen  Sachverständigen  auch  in 
der  Lage  und  dazu  anzuregen  sein,  dafs  sie  den  Interessenten  Rath  er- 
theilen,  wie  die  Fischerei  nach  Mafsgabe  der  durch  die  Bauausführung 
veränderten  Umstände  anderweit  rationeller  einzurichten  sein  wird. 

Bei  allen  zu  derartigen  Zwecken  angeknüpften  Verhandlungen 
ist  auf  die  gröfste  Beschleunigung  Werth  zu  legen  und  im  Auge  zu 
hehalten,  dafs  jede  nachtheilige  Verzögerung  sowohl  bei  den  Vor¬ 
arbeiten,  als  bei  den  Bauausführungen  selbst  unbedingt  ferngehalten 
werden  mufs. 

Ew.  .  .  ersuche  ich  ergebenst,  die  Wasserbaubeamten  im  dortigen 
Verwaltungsgebiete  hiernach  gefälligst  mit  Weisung  zu  versehen. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten, 
v.  Maybach. 

An  sämtliche  Herren  Regierungs -Präsidenten,  die 
Herren  Ober  -  Präsidenten  von  Westpreufsen, 

Sachsen,  Schlesien  sowie  der  Rheinprovinz,  die 
Königliche  Ministerial-Bau-Commission  hier  und 
die  Königliche  Canal-Commission  in  Münster  (je 
besonders).  HI  7252. 

*)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1884,  S.  337. 


Preiifseii. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  mit  der 
oberen  Leitung  des  Baues  des  Oder-Spree-Canals  betrauten  Baurath 
Eugen  Mohr  in  Fürstenwalde  (Spree),  sowie  den  Vorsteher  des 
technischen  Bureaus  der  Bau- Abtheilung  des  Ministeriums  der  öffent¬ 


lichen  Arbeiten,  Baurath  Reimann  in  Berlin,  und  den  bisherigen 
technischen  Hülfsarbeiter  bei  der  Königl.  Regierung  in  Königs¬ 
berg  O.-Pr.,  Baurath  Launer,  zu  Eegierungs-  und  Bauräthen  zu  er¬ 
nennen;  ferner  dem  Geheimen  Baurath  bei  der  Königl.  Regierung  in 
Frankfurt  a.  0.,  v.  Morstein  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienste  mit  Ruhegehalt  zu  ertheilen  und  dem  Stadtbaurath 
Winchenbach  in  Barmen  den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse  zu 
verleihen. 

Der  bei  den  Rheinstrom-Regulirungsbauten  beschäftigte  Regie¬ 
rungs-Baumeister  Hugo  Schmidt  in  Oberwesel  ist  zum  Kgl.  Wasser- 
Bauinspector  ernannt  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Wilhelm  Kühn  aus  Berlin  (Ingenieurbaufach); 
Bernhard  Wibelitz  aus  Conow  i.  Mecklb.  und  Anton  Sobocinski 
aus  Kulmsee,  Kreis  Thorn  (Hochbaufach). 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  Amandus 
Eggert  und  Bruno  Siegling  in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Ent¬ 
lassung  aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

Bayern. 

Der  vom  Landbauamt  Aschaffenburg  beurlaubte  Bauamtsassessor 
Freiherr  v.  Schacky  wurde  zum  Bauamtmannn  extra  statum  be¬ 
fördert,  der  Staatsbauassistent  und  dermalige  Universitäts-Architekt 
v.  Horstig  d’Aubigny  in  Würzburg  zum  Bauamts-Assessor  extra 
statum  ernannt,  auf  die  bei  dem  Landbauamte  Amberg  erledigte 
Bauamtmannstelle  der  Bauamtsassessor  M.  Anton  D  orner  in  Schwein- 
furt  versetzt  und  die  Stelle  eines  zu  Schweinfurt  exponirten  Assessors 
des  Landbauamtes  Kissingen  dem  Staatsbauassistenten  Ernst  Thal  er 
in  München  verliehen.  Der  Bauamtsassessor  bei  dem  Landbauamte 
München  Eduard  Reuter  wurde  zum  Kreisbauassessor  auf  die  bei 
dem  Landbaureferate  der  Regierung  von  Oberbayern  wieder  errichtete 
zweite  Kreisbauassessorstelle  befördert;  auf  die  Assessorstelle  bei 
dem  Landbauamte  München  wurde  der  Bauamtsassessor  Adolf 
Stauffer  in  Traunstein  seinem  Ansuchen  entsprechend  versetzt  und 
die  Assessorstelle  bei  dem  Landbauamte  Traunstein  dem  Staatsbau¬ 
assistenten  Alfred  Stamm  in  Speier  verliehen.  Auf  die  erledigte 
Stelle  eines  Kreisbauassessors  für  das  Landbaufach  bei  der  Regie¬ 
rung  von  Schwaben  ist  der  Assessor  des  Landbauamtes  Donauwörth 
Josef  Förster  befördert,  an  das  Landbauamt  Donauwörth  der  Bau¬ 
amtsassessor  Anton  Putz  in  Weilheim  und  an  das  Landbauamt 
Weilheim  der  Bauamtsassessor  Rudolf  Laun  in  Windsheim,  beide 
auf  Ansuchen,  versetzt  worden;  die  bei  dem  Landbauamte  Windsheim 
sich  erledigende  Assessorstelle  wurde  dem  Staatsbauassistenten  Otto 
Voit  in  München  verliehen. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  am 
10.  Mai  d.  J.  den  Abtheilungsingenieur  Dulk  bei  dem  Betriebsbau¬ 
amt  Stuttgart  seinem  Ansuchen  entsprechend  auf  die  bei  dem  tech¬ 
nischen  Bureau  der  Generaldirection  der  Staatseisenbahnen  in  Er¬ 
ledigung  gekommene  Stelle  eines  Abtheilungsingenieurs  zu  versetzen. 

Bei  der  im  Monat  April  d.  J.  vorgenommenen  ersten  Staatsprüfung 
im  Maschinenfache  sind  die  Candidaten:  Woldemar  v.  Alexandro- 
witsch  von  Poltawa,  Theodor  Kober  von  Berg-Stuttgart,  Rudolf 
Schad  von  Tuttlingen,  Max  Strafser  von  Stuttgart  und  Otto 
Z  wifsler  von  Efslingen  für  befähigt  erkannt  worden.  Denselben  wurde 
am  1.  Mai  d.  J.  der  Titel  Regierungs-Maschinen-Bauführer  verliehen. 


[Alle  Eechte  vovtehalten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Zur  Behandlung  von  Mauerflächen  in  Vergangenheit  und  Gegenwart. 

Infolge  der  seit  einem  halben  Jahrhundert  an  vielen  Orten  vor-  i  man  die  Herrschaft  des  Ziegelrohbaues,  wie  z.  B.  am  Schlosse  in 
genommenen  Wiederherstellungen  alter  Backsteinbauten,  bei  denen  I  Liegnitz,  in  mifsverstandener  Weise  sogar  auf  ehedem  geputzte 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


17.  Mai  1890. 


Flächen  aus  dem  Zeitalter  der  Deutschrenaissance  zu  übertragen 
strebte,  ist  vielfach  die  Ansicht  vertreten,  dafs  das  IMittelalter  mit 
seiner  Betonung  des  Baugefiiges  ausschliefslich  den  Rohbau  gepflegt 
habe.  Gewifs  steht  fest,  dafs  den  äufseren  Wandflächen  im  Gebiete 
des  Ziegelbaues  in  der  Regel  die  freudige  Farbe  des  Baustoffes  ge¬ 
wahrt  blieb.  Nur  gelegentlich  erhielten  kleinere  Flächen,  z.  B.  Friese, 
die,  wie  jener  an  der  Klosterkirche  in  Verdien  bei  Demmin,  bemalt 
wurden,  Fensterleibungen,  welche  dem  einfallenden  Lichtstrome  nur 
wenig  Kraft  entziehen  durften,  und  Bogenzwickel,  wo  die  Herstellung 
jener  wohlthuenden  Schraffur,  wie  sie  durch  die  Fugen  der  ge¬ 
brannten  Ziegel  entsteht,  technische  Schwierigkeiten  bot,  glatte  Putz¬ 
flächen,  die  mit  ihrem  luftigen,  grauen  Farbtone  in  schöner  Wechsel¬ 
wirkung  stehen  zu  dem  gesättigten  Roth  der  Ziegelflächen.  Hier  übt 
das  Mittelalter  weise  Selbstbeherrschung,  da  man  es  vermied  allzu- 
viele  Flächen  zu  putzen.  Beabsichtigte  mau  dies  trotzdem,  so  durften 
sie  doch  nicht  im  Vordergründe  liegen,  sondern  mufsten  etwa  im 
Hintergründe  einer  gröfseren,  tiefe  Schatten  werfenden  Nische  auf- 
treten,  um  die  Schatteuumrisse  kräftiger  auszudrücken.  Deshalb  war 
es  wohl  ein  verhängnifsvoller  Irrthum,  dafs  s.  Z.  die  zahlreichen, 
noch  dazu  dicht  an  dicht  gereihten  Flachnischen  des  Thurmes  der 
katholischen  Pfarrkirche  in  Kulm  eine  wie  die  andere  geputzt 
wurden.  Liefs  sich  hier  etwa  der  Beweis  erbringen,  dafs  sie  auch 
vordem  geputzt  waren,  so  war  sicherlich  damals  ein  entsprechendes 
Gegengewicht  durch  Bemalung  vorhanden.  Hätte  sich  also  deren 
Wiederherstellung  als  zu  kostspielig  erwiesen,  so  würde  man  auch 
auf  einen  Theil  des  Putzes  haben  Verzicht  leisten  müssen.  Den 
Mafsstab  kann  hier  allein  das  künstlerische  Gefühl  liefern,  und  eben 
der  sichere  Takt  ist  es,  welchen  wir  an  den  Werken  unserer  Vor- 
fahi’en  bekundet  finden  und  bewundern,  nicht,  gewifs  nicht  in  erster 
Linie  das  mehr  oder  minder  ehrwürdige  Alter  der  auf  uns  ge¬ 
kommenen  Kunstwerke.  Der  Uebergangsstil  des  13.  Jahrhunderts 
half  sich,  wo  gröfsere  Flächen  auszufüllen  waren,  gern  mit  jener  aus 
den  Römerbauten  übernommenen  fischgrätenartigen  Musterung,  die 
bei  aller  Schlichtheit  reizvoll  wirkt.  Auch  im  späteren  Mittelalter, 
wo,  nach  den  sich  von  Tag  zu  Tage  mehrenden  Beispielen  von 
Malereien  auf  Putzflächen  zu  schliefsen,  die  Bemalung  der  geputzten 
Flächen  allgemein  oder  doch  wenigstens  erstrebtes  Ziel  ward,  und 
bis  in  die  Spätrenaissauce  hinein ,  z.  B.  an  Ziegelbauten  in  Holland 
und  zur  Ausfüllung  der  Gefache  bei  Riegelbauten  des  Harzes,  erhielt 
sich  dieses  ebenso  einfache  wie  dankbare  Motiv  in  Geltung,  während  es 
bei  neuzeitlichen  Bauausführungen  selten  verwendet  wird. 

Der  Untersuchung  des  alten  Bestandes  steht  im  Wege,  dafs  das 
Zeitalter  des  Barock  verwirrend  eingegriffen  hat,  indem  es  licht- 
dui'stig  die  Wandflächen  auch  des  Aeufseren  mit  Putz  überzog.  In¬ 
dessen  darf  man,  von  dieser  Beobachtung  ausgehend,  nicht  ein- 
fürallemal  annehmen,  dafs  sämtliche  jetzt  an  Ziegelrohbauten  auf- 
treteuden  Putzflächen  aus  jener  Zeit  veränderter  Geschmacksrichtung 
herrühren.  Der  Maurer  des  Mittelalters  führte  den  Fugenverstrich 
gleichzeitig  aus  mit  der  Aufmaueruug,  wie  z.  B.  deutlich  erhellt  aus 
der  Thatsache,  dafs  sich  die  vollgefüllten  Fugen  auch  au  Stellen 
finden,  die  später  verdeckt  werden  sollten,  z.  B.  über  den  Schildflächen 
der  Gewölbe.  Demgemäfs  sparte  man,  wo  Friese  anzulegen  waren  — 
neuzeitlicher  Gepflogenheit  entgegen  —  nicht  etwa  die  Flächen  aus, 
sondern  trug  den  Putz  nachträglich  auf,  sodafs  er,  statt  umrahmt  zu 
werden  wie  wir  es  wünschen,  erhaben  vortrat.  So  liegen  z.  B.  die 
einzelnen,  in  ihrer  Gesamtheit  friesartig  wirkenden  Putzflächen  an 
den  Thürmen  der  Marienkirche  in  Stendal  vor  der  Wandfläche.  In 
Breslau  bot  bis  vor  kurzem  die  ehemalige  Augustinerkirche  unserer 
lieben  Frau  auf  dem  Sande  ein  lehrreiches  Beispiel.  War  hier  der 
mit  seiner  grofsen  Breite  offenbar  zur  Aufnahme  von  Malereien  be¬ 
stimmte  Fries  unter  der  Dachtraufe,  der  sich  sogar  bis  tief  über  den 
Scheitel  der  Fensterbogen  herunterzog,  ohne  den  inzwischen  verloren 
gegangenen  Farbenschmuck  etwas  schwerfällig,  so  wirkt  die  der  Ein¬ 
heitlichkeit  zu  Liebe  in  Ziegelrohbau  umgeänderte  Fläche  ziemlich 
reiz-  und  freudlos.  Dabei  mufs  allerdings  für  die  u.  E.  unrichtige 
Feststellung  des  Thatbestandes  die  in  Schlesien  auffällige  Eigenart 
zur  Entschuldigung  dienen,  dafs  die  Köpfe  der  Ziegel  im  Gegensatz 
zu  den  Langseiten  fast  ausnahmslos,  absichtlich  oder  unabsichtlich, 
schwarz  verglast  sind:  so  scheute  man  sich  denn,  dem  Mittelalter 
den  Vorwurf  der  Verschwendung  zu  machen.  —  Aber  auch  die 
gothischen  Meister  änderten  am  alten  Bestände,  wenn  es  sich  neuen 
Bedingungen  anzupassen  galt.  Als  man  die  Farbenpracht  italieni¬ 
scher  und  oberdeutscher  Städte  um  die  Wende  des  15.  Jaln-hunderts 
auf  das  Rathhaus  in  Breslau  übertragen  wollte,  überzog  man  die 
Flächen  mit  einer  Putzhaut,  welche  die  aus  Quadersandstein  herge¬ 
stellten  Erkerbauten  aufserdem  einheitlich  zusammenfafste.  Wie 
störend  wirkt  dagegen  nach  dem  neueren  Umbau  der  mittlere  Theil 
des  Rathsthurmes,  wo  man  die  Putzhülle  herunterschlug  ganz  wider¬ 
strebend  dem  Gepräge  der  Renaissance,  der  die  Kunstformen  des 
Thurmes  durchweg  angehöreu,  und  in  Widerspruch  mit  der  ganzen 
Westseite  und  dem  krönenden  Oberbau,  die  in  grauem  Tone  ge¬ 


halten  sind.  Dafs  die  Aufdeckung  der  Ziegelflächen  nicht  im  Sinne 
jener  alten  Meister  war,  die  den  Oberbau  schufen,  geht  auch  daraus 
hervor,  dafs  man  etwa  zu  gleicher  Zeit  (um  1560)  die  Unterbauten 
der  Kirchthürme  von  Maria  Magdalena  und  von  Peter  und  Paul 
in  Liegnitz  mit  Sgraffiten  überzog,  um  einen  Einklang  mit  den 
Renaissancehelmen  herzustellen. 

Aber  auch  ohne  den  Zweck  der  Vorbereitung  der  Wand  für 
malerischen  Schmuck  putzte  man  äüfsere  Mauerflächen,  so  an¬ 
scheinend  bei  Bruchsteinbauten  in  der  Regel. ’)  So  ist  litterarisch 
eine  Zahlung  für  das  „Bewerfen“  des  Frauenthurms  in  Görlitz  über¬ 
liefert.  2)  Ein  Kennzeichen  für  älteren  Putz  ist  stets  der  dünne,  nur 
0,5  bis  1  cm  betragende  Auftrag,  also  so  flach,  dafs  er  noch  gut  an 
den  Unregelmäfsigkeiten  der  Ziegelflächen  und  Fugen  haftete.  Eine 
weitere  Handhabe  für  die  Untersuchung  bietet  sich  durch  die  Be¬ 
obachtung,  dafs  die  Meister  des  Barocks  rücksichtslos  zu  Werke 
gingen.  Wo  immer  sie  putzten,  nahmen  sie  gleichrnäfsig  die  ganze 
Front  oder  doch  mindestens  die  die  Fenster  umgebende  Fläche  in 
Angriff.  Schwieriger  noch  ist  mitunter  die  Untersuchung  der  inneren 
Wände,  wo  oft  Putz  und  Tünche  mehrerer  Jahrhunderte  haften. 
Zum  Zweck  neuerer  Bemalung  legte  z.  B.  bereits  das  16.  Jahrhundert 
über  die  ältere  des  Mittelalters  eine  neue  Mörtelschicht  in  der  so¬ 
genannten  rothen  Kirche  in  Ober- Pritschen  bei  Fraustadt  in  der 
Provinz  Posen.  Und  vorher  schon,  nämlich  um  1520,  liefs  der 
Abt  Christoph  Mechil  die  Mauern  des  Klostergebäudes  der  Augustiner- 
Chorherren  in  Sagan  mit  Cement  bestreichen  und  weifsen.  Bei  der 
Oberkirche  in  Görlitz  erkennt  man  deutlich,  dafs  ungeputzt  nur  die 
Arcadenpfeiler  und  die  sie  verbindenden  Gurte  verblieben  sind, 
jedoch  ausschliefslich  der  Bogeuleibungen;  geputzt  wurden  aufser 
diesen  die  Wände  einschliefslich  der  Fensterleibungen  und  der  Ecken, 
die  in  Schlesien  sonst  vielfach  (in  Breslau  z.  B.  in  der  Barbara¬ 
kirche)  6  bis  10  cm  weit  vom  Rande  entfernt  in  Ziegelrohbau  stehen 
blieben,  ferner  die  Gewölbekappen,  aber  ausschliefslich  der  Ziegel- 
riijpen. 

Hatte  man  im  Mittelalter,  um  eine  gute  Beleuchtung  zu  erzielen, 
die  Innenflächen  mit  Ausnahme  der  constructiven  Theile  mit  Putz 
überzogen,  so  putzte  man  im  Zeitalter  der  Deutschrenaissance  auch 
sämtliche  Aufsenflächen,  um  den  namentlich  bei  kleinen  Achsen  un¬ 
angenehmen  Wechsel  zwischen  Haustein  und  Ziegelflächen  zu  ver¬ 
meiden.  Ausnahmen,  wfie  am  Schlöfschen  Wohnwitz,  Kreis  Neumarkt, 
und  an  den  Giebeln  einiger  Kirchen  des  mittleren  Schlesiens,  sind  selten. 

Behielt  man  im  Zeitalter  der  Renaissance  in  Deutschland  die 
bescheidene  Reliefbildung  des  Mittelalters  bei,  so  erlangte  man  für 
die  fortan  auf  die  Innenräume  beschränkte  Bemalung  willkommenen 
Ersatz  in  der  Sgraffitotechnik.  Sie  ist  spätestens  von  der  Mitte  des 
16.  Jahrhunderts  ab  über  ein  Jahrhundert  beliebt  gewesen.  In  die 
östlichen  Lande  drang  sie  wahrscheinlich  von  Böhmen  her  über 
Schlesien  bis  nach  der  Mark  und  Pommeim  vor,  wo  wflr  sie  z.  B.  in 
Stargard  amWallthore  und  an  einem  Bürgerhause  der  Mühlenstrafse 
sowie  am  Schlosse  in  Plate  in  verblichener  Gestalt  finden.  Die  mit 
einem  von  gesiebter  Holzkohle  durchsetzten,  aber  oft  auch  unge¬ 
färbten  Mörtel  geputzten  Wandflächeu  wurden  geschlemmt,  die  Zeich¬ 
nung  in  der  Regel  aus  freier  Hand  aufgetragen,  der  Hintergrund 
ausgekratzt  und  dann  mit  brauner,  ausnahmsweise  auch,  wie  am 
Schlosse  Kinsburg  bei  Waldenburg,  mit  stahlblauer  Farbe  überzogen. 
Als  jüngstes  Beispiel  der  Vorzeit  ist  dem  Schreiber  dieser  Zeilen 
das  im  Jahre  1654  erbaute  Schlofs  in  Nachod  mit  seinen  riesengrofsen 
Quadern  bekannt  geworden.  Sonst  werden,  wie  z.  B.  an  dem  neuer¬ 
dings  trefflich  wiederhergestellten  Palast  Schwarzenberg  auf  dem 
Hradschin  in  Prag  von  1545,  die  Quader  kleiner  gestaltet,  vorn  zu¬ 
gespitzt  oder  mit  Spiegeln  gezeichnet.  Aber  auch  Flechtbänder, 
pflanzliche  Darstellimgen,  Thiere  und  menschliche  Gestalten,  nament¬ 
lich  aus  der  Bibel  und  aus  der  durch  die  Humanisten  bekannt  ge¬ 
wordenen  antiken  Mythologie,  weibliche  Genien  und  zeitgenössische 
Ereignisse  in  genrehafter  Darstellung,  meist  ohne  inneren  Zusammen¬ 
hang  und,  abgesehen  von  Wappen,  selten  mit  Beziehung  auf  das 
Bauwerk  schmücken  die  Wandflächen  von  Schlössern  und  Schlöfschen, 
von  Kirchen,  Capellen  und  Friedhofsmauern,  von  Bürger-  und  Bauern¬ 
häusern,  ja  selbst  von  Mühlen,  Scheuern  und  Ställen.  Hierfür  liefert 
insbesondere  der  III.  und  auch  der  II.  Band  des  Verzeichnisses  der 
Kunstdenkmäler  Schlesiens  eine  übergrofse  Zahl  von  Belagstellen. 

Wurde  diese  dankbare  Technik  seit  Lohdes  Pfadweisung^)  in 
der  Neuzeit  vielfach,  meist  unter  Verwendung  zweier  Putzlagen  zu 
neuem  Leben  erweckt,  so  bietet  in  Schlesien  das  erste  umfangreichere 
Beispiel  eine  von  der  rührigen  Postbauverwaltung  in  Neustadt  O.-S. 
durch  den  Postbaurath  Kux  geleitete  Ausführung.  Sie  war  hervor- 
gerufeu  durch  das  Bedürfnifs,  die  todte  Wand  gegen  das  Nachbar¬ 
grundstück  hin  einigermafseu  zu  beleben,  da  dessen  Bebauung  in 


1)  Otte,  Handbuch  der  Kunstarchäologie  des  Mittelalters  5.  I.  34. 

2)  Anzeiger  für  Kunst  der  deutschen  Vorzeit.  N.  F.  1876,  Sp.  324. 

3)  Zeitschrift  für  Bauwesen  1867,  Sp.  34. 


Nr.  20. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


203 


absehbarer  Zeit  nicht  erfolgen  wird.  Um  ein  kräftiges  Eelief  zu 
erzielen,  ist  der  Putz  in  der  freilich  sehr  erheblichen  Stärke  von 
4  cm  —  zweckmäfsig  übrigens  in  nur  einer  Lage  —  aufgetragen, 
dann  geschlemmt  und  der  Hintergrund  bis  auf  gewöhnliche  Putz¬ 
stärke  herausgekratzt.  Durch  weitere  Vertiefung  der  Umrifslinien 
näherte  man  sich  sogar  einer  gewissen  plastischen  Wirkung,  welche 
entfernt  jener  Modellirung  aus  dem  Mörtel  heraixs  verwandt  ist,  wie 
sie  in  Gegenden  vorherrscht,  wo  nicht,  wie  z.  B.  in  Bamberg,  der 
gediegenere  Haustein  auch  im  Barock -Zeitalter  ausschliefslich  das 
Feld  behauptete,  und  zwar  vorherrscht  nicht  nur,  wie  mehrfach  in 
der  Neuzeit,  an  Decken  und  Wänden  des  Innern,  sondern  auch  an 
den  freien  Ornamenten  der  Front,  ganz  im  Einklang  mit  dem  flüch¬ 
tigen  Gepräge  dieses  Stils.  Die  Herstellung  des  Putzauftrages  in 
Neustadt  erfolgte  entsprechend  der  Tagesleistung  der  Sgraffito -An¬ 


fertigung.  Der  Hintergrund  wurde  durch  einen  Anstrich  mit  Essig¬ 
farbe  gefestigt,  die,  ohne  das  Korn  des  Putzes  zu  schädigen  wie 
Oelfarbe,  mit  dem  Farbstoffe  tief  in  die  Masse  eindringt.  Die  Kosten 
der  nach  einem  Entwürfe  des  Kegierungs- Baumeisters  Heunicke 
erfolgten  Ausführung  belaufen  sich  auf  3,5  Mark  für  das  Geviert¬ 
meter. 

Eine  andere,  für  die  Wiederherstellung  von  Putzflächen  empfehlens- 
werthe  Festigung  des  Mörtels,  der  dadurch  zugleich  unter  Vermeidung 
jenes  unansehnlichen  und  wenig  haltbaren  Graphitanstrichs,  wie  ihn 
nachträglich  das  Breslauer  Rathhaus  erhielt,  eine  schöne,  altersgraue 
Färbung  herbeiführte,  erzielte  Herr  Stadtbaurath  Kubale  an  der 
alten  Rathswage  in  Görlitz  durch  mäfsigen  Zusatz  von  gesiebter 
Koksasche  zu  gewöhnlichem  Mörtel,  deren  Thongehalt  cementirend 
wirkt.  Hans  Lutsch. 


Wettbewerb  für  ein  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau. 


Ansicht. 


Bei  dem  auf  S.  179  d.  J. 
mitgetheilten  Bericht  über 
die  Wettbewerbung  für  das 
Breslauer  Kaiserdenkmal  er¬ 
gab  sich,  wie  so  oft  in  ähn¬ 
lichen  Fällen,  das  Unzu-  <5 
reichende  der  lediglich  mit  « 

Worten  gegebenen  Beschrei-  S 
bung.  Kunstwerke  solcher  o 
Art  wollen  dem  Auge  durch 
Zeichnung  veranschaulicht  ö 
werden;  und  so  holen  wir  % 
wenigstens  für  das  eine,  mit  “ 
dem  ersten  Preise  gekrönte 
Werk  der  Herren  Chr.  Beh¬ 
rens  und  Hugo  Licht  die 
Abbildung  nach.  Dabei  ist 
auf  die  hier  als  ein  Neues 
erscheinende  Architektur 
zum  Abschlufs  der  Plattform 
im  Rücken  des  Denkmals 
hinzuweisen.  Sie  gehört  nicht 
unmittelbar  zur  Lösung  der 
Aufgabe  des  Wettbewerbes 

und  hatte  deshalb  in  dem  ersten  Berichte  noch  keine  Erwähnung  ge¬ 
funden.  Dieser  architektonische  Abschlufs  ist  aber  durch  die  Oert- 
lichkeit,  für  die  sonst  ziemlich  steil  und  kahl  nach  dem  Spiegel  des 


Grundrifs. 

Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau. 
Entwurf  von  Chr.  Behrens  u.  H.  Licht  (I.  Preis). 


währt.  Weitere  Eigenthümlichkeiten 
Genüge  aus  der  Abbildung  hervorgehen 
Breslau,  6.  Mai  1890. 


Stadtgrabens  abfallende 
Plattform  ebenso  geboten, 
wie  er  erwünscht  erscheint 
für  die  seitliche  Einrahmung 
des  Denkmales  selbst.  Diese 
Einrahmung  ist  durch  hohe 
Obelisken  erzielt,  Träger 
reichlicher  Inschriften,  auf¬ 
steigend  aus  Trophäen¬ 
gruppen  auf  breiten  Posta¬ 
menten  und  gekrönt  von 
mächtigen  Adlern.  Eine  ein¬ 
fache  und  niedrige  Brüstung 
hinterwärts  würde  zur  Ver¬ 
bindung  dieser  Obelisken 
und  auch  zum  Abschlufs  des 
Terrassenbaues  nicht  aus¬ 
reichen.  Deshalb  haben  die 
Künstler  hier  eine  Säulen¬ 
stellung  auf  durchlaufender 
Briistungsmauer  angeordnet, 
die  den  willkommenen  Durch¬ 
blick  auf  den  baumum- 
säumten  Stadtgraben  ge- 
des  Entwurfes  dürften  zur 

C.  L. 


Die  Einrichtung  der  Staustufen  hei  Canalisirungen  von  Flufsstrecken 

mit  schnellem  Wasserwechsel. 

(Schlufs.) 


In  den  Abb.  2  und  3  sind  zwei  Herstellungsweisen  eines  Klappen¬ 
wehres  angegeben,  die  eine  weniger  tiefe  Gründung  erforderlich 
machen.  Die  in  Abb.  1  dargestellte  Anordnung,  welche  jedoch  nur 


bei  hochliegender  Wehrkrone  vortheilhaft  anzuwenden  ist,  bringt  den 
Grundgedanken  der  Abb.  2  in  der  einfachsten  Weise  zum  Ausdruck 
und  soll  daher  kurz  zuerst  erläutert  werden. 


204 


C eutralblatt  der  Bauverwaltuug. 


17.  Mai  18i)0. 


äugegeben  ist.  Ein  unter  allen  Umständen  notliwendiger  Bestaud- 
theil  der  Anordnung  ist  dieser  Hohlraum  nicht.  Wenn  er  wegfällt, 
dann  wird  die  Gliederung  des  beweglichen  Gerippes  eine  einfachere 
als  in  der  Abbildung  angegeben. 

Eine  vergleichende  Berechnung  ergiebt,  dafs  die  Kosten  für 
1  Längenmeter  dieses  Wehres  nur  unerheblich  höher  sind  als  die- 
jenigen  für  1  Längenmeter  Nadelwehr,  sodafs  es  in  geeigneten  Fällen 
Ersatz  für  das  letztere  bieten  könnte,  umsomehr  als  zum  Betrieb  ein 
Mann  genügt,  während  bei  einem  Nadelvvehr  zur  Freilegung  des 

Durchflufsprofiles 
bei  schnell  steigen¬ 
dem  Wasser  2  oder 
3  Manu  erforderlich 
sind.  Auch  erfor¬ 
dert  der  Abgang 
der  Nadeln  bei 
einem  Nadel  wehr 
dauernde  Unterhal¬ 
tungskosten. 

Es  erscheint  un¬ 
bedenklich  ,  der 
Klappe  eine  Länge 
von  20  bis  30  m  zu 
geben,  sofern  dafür 
gesorgt  wird,  dafs 
die  Entleerung  und 
Füllung  der  Kam¬ 
mer  auf  der  ganzen 
Länge  derselben 
gleichmäfsig  erfolgt, 
was  mittels  eines 
unter  dem  Kammer¬ 
boden  liegenden 
Canals  geschieht, 
der  mit  einem  durch¬ 
brochenen  Gitter 
abgedeckt  ist.  Auf 
diese  Weise  kann 
sich  in  der  Kammer 
beim  Leeren  und 
Füllen  kein  Quer¬ 
gefälle  entwickeln, 
sodafs  Verbiegun¬ 
gen  der  Klappe 
ausgeschlossen  er¬ 
scheinen. 

Die  vorstehend 
beschriebene  Wehr¬ 
einrichtung  der 
Abb.  1  bietet  indes, 
wie  bereits  oben  er¬ 
wähnt,  nur  Vortheile 
bei  nicht  zu  niedri¬ 
ger  Lage  des  Wehr¬ 
rückens.  Liegt  der 
letztere  tief,  so  mufs 
auch  der  cylinder- 
förmige  Theil  der 
beweglichen  Ein¬ 
richtung  gröfser,  so¬ 
mit  auch  die  Kam¬ 
mer  tiefer  werden, 
wodurch  die  Grün¬ 
dungskosten  sich 
erhöhen.  Bei  tief¬ 
liegendem  Wehr¬ 
rücken  kommen  die 
Anordnungen  Abb. 
2  und  3  in  Betracht. 
Abb.  2.  Bei  der  Anordnung  Abb.  2  ist  behufs  Ermäfsigung  der  Tiefe 
der  Gründung  der  C3dinderabschnitt  in  drei  Theile  getheilt,  welche 
sich  beim  Niederlegen  der  Klappe  fächerartig  ineinander  legen.  Die 
Dichtung  an  den  Punkten  a,  b,  c  wird  wie  bei  a  der  Abb.  1  durch 
federnde  Blechstreifen  bewirkt.  An  denselben  Punkten  befinden  sich 
entsjjrechende  Ansätze,  welche  das  Aufrichten  der  Klapjje  nur  bis 
zur  bestimmten  Höhe  zulassen.  Bei  aufgerichteter  Klappe,  wobei 
die  Kammer  mit  dem  Oberwasser  in  Verbindung  steht,  ist  der 
Wasserdruck  auf  die  Segmenttheile  von  innen  und  aufsen  gleich. 
Nur  beim  Niederlegen  der  Klappe,  wenn  die  Kammer  mit  dem  Unter¬ 
wasser  in  Verbindung  gesetzt  wird,  treten  gewisse  Momente  in  den 
cylindrischen  Theilen  und  den  mit  diesen  fest  verbundenen  radialen 


Abb.  1.  Die  gegen  das  Oberwasser  etwas  geneigte  Klappe  ist 
mit  einer  cylindrischen  Blechhaut  fest  verbunden,  sodafs  die  darunter 
befindliche  Kammer  durch  Zuleituugscanäle  im  Landpfeiler  mittels 
eines  Dreiwegehahns  abwechselnd  sowohl  mit  dem  Oberwasser  als 
mit  dem  Unterwasser  in  Verbindung  gesetzt  werden  kann.  Bei  ge¬ 
schlossenem  Wehr,  also  aufgerichteter  Klapjje,  steht  die  Kammer  mit 
dem  Oberwasser  in  Verbindung.  Der  Wasserdruck  gegen  die 
Cj-linderfläche  ist  von  innen  und  aufsen  gleich.  Damit  der  von  innen 
gegen  die  Klappe  wirkende  Wasser-Ueberdruck  nicht  ein  Ueber- 
schlagen  des  gan¬ 
zen  beweglichen 
W  ehrtheiles  nach 

dem  Unterwasser 
hin  herbeiführen 
kann ,  wird  der 
letztere  am  Punkte  u 
durch  einen  mit 
einem  entsprechen¬ 
den  Ansatz  verse¬ 
henen  Anker  fest¬ 
gehalten. 

Soll  die  Klappe 
niedergelegt  wer¬ 
den,  so  wird  .  die 
Kammer  mit  dem 
Unterwasser  in  Ver¬ 
bindung  gesetzt, 
worauf  der  beweg¬ 
liche  Körper  in¬ 
folge  seiner  eigenen 
Schwere  sich  herab¬ 
senken  mufs.  Denn 
auf  die  Klappe 
wirkt  dann  nur 
von  beiden  Seiten 
der  Druck  des 
Unterwassers,  hebt 
sich  also  auf,  wäh¬ 
rend  der  auf  die 
Cj'linderfiäche  von 
aufsen  wirkende 
Ueberdruck  durch 
die  Drehachse  geht 
und  dort  nur  die 
lleibung  etwas  ver- 
gröfsert.  Abgesehen 
von  den  verhältnifs- 
mäfsig  geringen 
Reibungswiderstän- 
den  wirkt  also  nur 
die  eigene  Schwere 
des  beweglichen 
Körpers  als  Mo¬ 
ment. 

Soll  die  Klappe 
aufgerichtet  werden, 
so  wird  mittels  des 
Dreiwegehahns  die 
Kammer  wieder  mit 
dem  Oberwasser  in 
Verbindung  gesetzt, 
worauf  sich  die 
Klappe  erhebt,  bis 
ihre  Bewegung 
durch  den  Ansatz 
bei  Punkt  a  aufge¬ 
halten  wird.  Selbst¬ 
verständlich  mufs 
hierbei  für  den  An¬ 
fang  der  Bewegung  ein  genügender  Ueberdruck  des  Oberwassers 
über  das  Unterwasser  vorhanden  sein.  Dieser  läfst  sich  aber  stets 
durch  das  Einsetzen  der  nöthigen  Anzahl  von  Nadeln  im  Nadelwehr 
erzeugen. 

Behufs  Erzielung  eines  möglichst  wasserdichten  Schlusses  am 
Punkte  a  legt  sich  dort  ein  dünnes  Blech  aus  Federstahl  gegen  die 
cjdindrische  Eisenhaut.  Um  etwaigen  Unebenheiten  der  letzteren 
besser  folgen  zu  können,  wird  das  Blech  zweckmäfsig  nicht  in  der 
ganzen  Länge  durchgehend,  sondern  aus  kurzen,  etwa  1  m  langen 
Stücken  gebildet. 

In  der  Zeichnung  Abb.  1  ist  der  bewegliche  Wehrtheil  noch  mit 
einem  Hohlraum  versehen,  dessen  Zweck  am  Schlufs  des  Aufsatzes 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


205 


Sr.  20. 


Gliedern  auf.  Doch  sind  dieselben  nicht  erheblich,  da  gleichzeitig 
mit  dem  Sinken  der  Klappe  auch  das  Oberwasser  fällt,  sodafs  der 
Druck  desselben  auf  die  cylindrischen  Theile  den  von  dem  Wasser 
in  der  Kammer  ausgeübten  Gegendruck  nur  unbedeutend  überwiegt. 
Die  demnach  den  einzelnen  Gliedern  zu  gebenden  Abmessungen  sind 
nur  mäfsige  und  entsprechen  annähernd  den  Abmessungen  des  Bockes 
eines  Nadelwehres,  welches  denselben  Stau  bewirkt. 

Auch  hier,  wie  bei  Abb.  1,  ist  der  auf  der  Zeichnung  angegebene 
Hohlraum  nur  unter  besonderen  Verhältnissen  noth wendig. 

Abb.  3  stellt 

eine  wesentlich  an-  Norm.siaiJs|.tega 

dere  Anordnung 
dar.  Hier  ist  die 
obere  Klappe  eines 
Trommelwehres 
nach  dem  Unter¬ 
wasser  hin  mit 
einem  cylindrischen 
Ansatz  versehen, 
sodafs  man  im  gan¬ 
zen  drei  Kammern 
erhält.  Bei  aufge¬ 
richtetem  Wehr 
steht  mittels  eines 
Vierwegehahns  die 
Vorder-  und  Hinter¬ 
kammer  mit  dem 
Oberwasser ,  die 
Mittelkammer  mit 
dem  Unterwasser 
in  Vei’bindung.  Da 
der  in  der  Hinter¬ 
kämmer  auf  die 
obere  Klappe  wir¬ 
kende  Oberwasser¬ 
druck  denjenigen  in 
der  Vorderkammer 
unterstützt ,  so  ist 

nur  nöthi^,  der  unteren  Klappe  etwa  die  halbe  Breite  der  oberen  zu 
geben,  sodafs  die  Gründungskosten  ganz  erheblich  geringer  werden,  als 
bei  einem  gewöhnlichen  Trommelwehr  mit  derselben  Stauhöhe.  Zum 
Niederlegen  des  Wehres  wird  die  Vorder-  und  Hinterkammer  mit  dem 
Unterwasser,  die  Mittelkammer  mit  dem  Oberwasser  in  Verbindung 
gesetzt.  Wenn,  wie  bei  Abb.  1  und  2,  über  die  ganze  Länge  des 
Wehres  sich  erstreckende  Leitungscanäle  für  das  Verbrauchswasser 
angeordnet  werden,  so  erscheint  es  auch  aus  dem  bei  Abb.  1  näher 
erörterten  Grunde  unbedenklich,  der  Klappe  eine  Länge  von  20  bis 
30  m  zu  geben.  Die  Anordnung  der  Leitungscanäle  in  dem  mittleren 


a-b-c  Leitungscanäle 


Flurssohle 


Abb. 


Mauerkörper  beeinträchtigt  dessen  Standsicherheit  nicht,  da  er  nur 
lothrechten  Druck  erhält.  Die  auf  die  Klappe  wirkenden  wage¬ 
rechten  Kräfte  werden  durch  die  oberhalb  der  Vorderkammer  befind¬ 
liche  Verankerung  aufgenommen. 

Welche  von  den  beiden  Anordnungen  Abb.  2  und  Abb.  3  den 
Vorzug  verdienen  würde,  erscheint  nicht  ohne  weiteres  ersichtlich. 
Die  Einrichtung  der  Abb.  2  dürfte  jedoch  den  Vortheil  der  gröfseren 
Billigkeit  bieten. 

Vielleicht  geben  die  vorstehenden  Erörterungen  eine  Anregung 

zur  weiteren  Ueber- 
legung  der  Frage, 
wie  bei  Herstellung 
von  Nadel  wehren 
inFlufsstrecken  mit 
schnellem  Wasser¬ 
wechsel  die  Mög¬ 
lichkeit  rechtzeiti¬ 
ger  Beseitigung  der 
Nadeln  am  zweck- 
mäfsigsten  sicher¬ 
zustellen  sei.  Im 
übrigen  liegt  es  auf 
der  Hand,  dafs  die 
beschriebenen  Ein¬ 
richtungen  auch  in 
anderen  Fällen,  un¬ 
abhängig  von  Na¬ 
delwehren,  zweck- 
mäfsig  sein  können. 
Steht  für  das  Auf¬ 
richten  der  Klappe 
bei  Beginn  der  Be¬ 
wegung  eine  genü¬ 
gende  Druckhöhe 
nicht  zur  V  erfü- 
gung,  so  ist,  wie 
bei  Abb.  1  und  2 
geschehen ,  ein 
wasserdichter  Hohlraum  anzubringen,  welcher  mittels  einer  in  der 
Drehachse  zwischen  Klappe  und  Landpfeiler  liegenden  Stopfbuchse 
mit  einer  Handpumpe  auf  dem  Lande  in  Verbindung  steht  und  aus¬ 
gepumpt  werden  kann.  Die  Klappe  hebt  sich  dann  infolge  des  Auf¬ 
triebes  mit  ihrer  Oberkante  soweit  über  den  Wasserspiegel,  dafs  das 
Oberwasser  genügend  anstaut,  um  den  zum  vollständigen  Heben  der 
Klappe  erforderlichen  Ueberdruck  zu  liefern. 

Kosel  O./S.,  im  October  1889. 

Nakonz, 

Kgl.  Reg.-Baumeister. 


Ein  Gesetzentwurf  über  die  Einrichtung 

der  vom  Senat  bereits  angenommen  ist  und  voraussichtlich  in  der 
dort  erhaltenen  Form  auch  bei  der  zweiten  italienischen  Kammer  zur 
Annahme  gelangen  wird,  liegt  dieser  gegenwärtig  vor.  Während  für 
die  Ausbildung  der  Bauingenieure  in  Italien  in  reichem,  fast  zu 
reichem  Mafse  gesorgt  ist,  fehlt  es  den  Architekten  zunächst  noch  an 
Anstalten,  auf  denen  sie  eine  höhere  Ausbildung  in  unserem  Sinne 
erhalten  können.  Die  Hochschulen  für  Ingenieure  dürfen  zwar 
Diplome  für  Architekten  ertheilen  und  thun  dies  auch,  wenngleich 
in  sehr  beschränktem  Mafse,  sie  sind  aber  doch  nicht  geeignet,  ihren 
Zöglingen  eine  gediegene  künstlerische  Ausbildung  mit  auf  den  Weg 
zu  geben.  Anderseits  mangelt  es  den  Anstalten  für  die  schönen 
Künste  an  der  Möglichkeit,  ihren  Schülern  genügenden  Unterricht 
in  den  wissenschaftlichen,  für  den  Architekten  unerläfslichen  Fächern 
zu  ertheilen.  Die  vor  wenigen  Jahren  in  Rom,  Florenz  und  Neapel 
errichteten  Fachschulen  für  Architekten  endlich  sind  keine  Hoch¬ 
schulen  und  haben  sich  in  ihrer,  Zwitterstellung  schlecht  bewährt. 

Dafs  eine  gediegenere  und  vielseitigere  Ausbildung  für  die 
Architekten  nothwendig  sei,  wird  von  allen  Seiten  zugegeben.  Bei 
der  hohen  Begabung  der  Bewohner  Italiens  für  die  Baukunst,  von 
der  die  zahlreichen  Baudenkmäler  dieses  Landes  aus  den  ältesten 
Zeiten  bis  herab  auf  unsere  Tage  Zeugnifs  ablegen,  kann  nicht 
zweifelhaft  sein,  dafs  die  in  jüngster  Zeit  an  die  italienischen  Archi¬ 
tekten  herangetretenen  mannigfaltigen  Aufgaben  theilweise  glück¬ 
licher  gelöst  worden  wären,  wenn  ihre  Vorbereitung  auf  höheren 
Lehranstalten  sie  zu  den  schwierigen  Lösungen  besser  gekräftigt 
hätte.  Sowohl  die  Erläuterungen  des  vom  Unterrichtsminister  Boselli 
vorgelegten  Gesetzentwurfs  als  auch  die  Berichte  und  Verhandlungen 
des  Senats  über  das  Gesetz,  an  denen  die  hervorragendsten  Fach¬ 
männer  theilgenommen  haben,  betonen,  dafs  es  in  Italien  an  der  ge¬ 
nügenden  Zahl  von  Architekten,  die  ihr  Fach  nach  allen  Richtungen 


von  Architektur -Hochschulen  in  Italien, 

beherrschen,  infolge  der  unzureichenden  Einrichtungen  für  höhere 
Ausbildung  fehlt.  Am  besten  bestellt  ist  noch  die  technische  Hoch¬ 
schule  in  Mailand,  deren  Abtheilung  für  Architektur  —  dank  der 
thatkräftigen  und  umsichtigen  Fürsorge  des  Directors  Brioschi  — 
räumlich  und  sachlich  mit  dem  entsprechenden  Zweige  der  Anstalt 
für  schöne  Künste  in  Verbindung  gebracht  ist,  sodafs  trotz  des 
Fehlens  wichtiger  Lehrstühle  günstige  Ergebnisse  erzielt  und  tüchtige 
Architekten  aus  der  Mailänder  Schule  hervorgegangen  sind.  Ist  ihre 
Zahl  nur  gering,  so  erklärt  sich  dies  aus  dem  Umstande,  dafs  das 
Diplom  als  Architekt  einstweilen  noch  nicht  dasselbe  Ansehen  ge- 
niefst,  wie  das  als  Ingenieur.  Jener  Titel  wird  vielfach  von  Leuten 
geführt,  die  eine  höhere  Ausbildung  überhaupt  nicht  oder  doch  nicht 
im  genügenden  Umfange  besitzen.  So  verhält  sich  auch  die  Körper¬ 
schaft  des  „Genio  civile“  einstweilen  noch  ablehnend  gegen  Architekten 
und  nimmt  dieselben  nur  als  Hülfsarbeiter  im  vorläufigen  Dienst, 
aber  nicht  als  Mitglieder  auf.  Sobald  die  neu  einzurichtenden  Hoch¬ 
schulen  ihre  Wirksamkeit  in  der  geplanten  Weise  entfalten,  soll 
jedoch  nach  einer  Zusage  des  Arbeitsministers  Finali  das  Architekten- 
Diplom  zur  Zulassung  in  jene  hochangesehene  Körperschaft  be¬ 
rechtigen. 

Nach  den  Erläuterungen  des  Gesetzentwurfs  hielt  die  Regierung 
Umschau,  welche  Einrichtungen  der  Grofsstaaten  Westeuropas  als 
Vorbild  für  die  in  Italien  geplanten  Neueinrichtungen  dienen  könnten. 
Von  England  wurde  abgesehen,  weil  dort  die  Ausbildung  der  Archi¬ 
tekten  wie  der  Ingenieure  den  privaten  Bestrebungen  überlassen 
bleibt,  was  in  Italien  undurchführbar  erscheint.  Auch  Frankreich, 
wo  zur  Zeit  wichtige  Aenderungen  in  der  Ausbildungs-  und  Be¬ 
rechtigungsfrage  bevorstehen,  konnte  nicht  als  Muster  dienen.  Ein 
solches  bieten  dagegen  Preufsen  und  die  übrigen  deutschen  Staaten, 
„wo  —  so  heifst  es  in  den  Erläuterungen  —  der  Unterricht  am  voll- 


206 


Ceutralblatt  der  Baiiverwaltung. 


17.  Mai  1890. 


ständigsten  und  zweckmäfsigsten  geordnet  ist  und  jene  Bildung  lier- 
vorbringt,  welche  den  unbestrittenen  Euhm  dieses  grofsen  Volkes 
ausmacht  —  einestheils  weil  die  dortigen  Einrichtungen  die  einzigen 
sind,  die  in  zweckmäfsiger  Weise  Kunst  und  Wissenschaft,  die  beiden 
Grundlagen  des  Hochbauwesens,  mit  einander  verbinden,  anderntheils 
weil  die  Schuleinrichtungen  Deutschlands  mehr  als  diejenigen  der 
anderen  Länder  mit  den  italienischen  zu  vergleichen  sind“.  Am 
liebsten  würde  man  eine  oder  zwei  technische  Hochschulen  nach 
dem  Muster  der  deutschen  Anstalten  errichtet  haben,  mufs  jedoch 
aus  mancherlei  Gründen  hiervon  abseheu.  Man  hat  sich  daher  ent¬ 
schlossen,  die  in  Mailand  bereits  bestehende  Einrichtung  durch  Zu¬ 
fügung  von  Lehrstühlen  für  Kunstgeschichte,  Entwerfen  von  Gebäuden 
und  für  Wiederherstellung  von  Baudenkmälern  zu  ergänzen  und  sie 
erforderlichenfalls  auf  eine  oder  mehrere  der  Hochschulen  für  In¬ 
genieure  zu  übertragen,  die  in  Orten  ihren  Sitz  haben,  in  denen  sich 
gleichzeitig  auch  Anstalten  für  schöne  Künste  befinden.  Es  sind  dies 
Bologna,  Neajjel,  Palermo,  Kom  und  Tuifin.  Born  kommt  natürlich 
in  erster  Linie  in  Betracht.  Die  so  zu  errichtenden  Abtheilungen 
für  Architektur  sollen  durchaus  gleichwerthig  mit  denen  für  Ingenieur¬ 
wesen  sein.  Ihre  Lehrkräfte  sollen  sie  aus  den  Professoren  der 
Hochschulen  für  Ingenieure  und  der  Anstalten  für  schöne  Künste 
entnehmen,  die  unter  dem  Vorsitz  des  Directors  der  Hochschule 
Lehr-  und  Stundenpläne  vereinbaren.  Aufserdem  würden  für  die 


Block-  und  Torpedosigiiale  auf 

Einem  Berichte  des  technischen  Attaches  bei  der  deutschen  Ge¬ 
sandtschaft  in  Washington,  des  Königlichen  Regierungs-Baumeisters 
Petri,  entnehmen  wir  folgende  Einzelheiten  über  die  Anwendung 
von  Block-  und  Torpedosignalen  auf  den  Hochbahnen  in  New-York. 

Nach  den  für  die  Hochbahnen  erlassenen  Betriebsvorschriften 
wird  für  den  räumlichen  Abstand  zweier  aufeinanderfolgenden  Züge 
kein  bestimmtes  Mafs  zu  Grunde  gelegt,  vielmehr  nur  bestimmt,  dafs 
dieser  Abstand  so  grofs  sein  mufs,  dafs  jeder  Zug  zum  Stillstand  ge¬ 
bracht  werden  kann,  ehe  er  den  vorhergehenden  erreicht.  Um  die  in 
dieser  Vorschrift  begründeten  Gefahren  für  die  Sicherheit  des  Be- 


- _ t . -  . j  -r  r 

X'C,'  c  dj  i?t  B  A,  1 


triebes  zu  beseitigen,  hat  man  vor  etwa  drei  Jahren  begonnen,  ein 
selbstthätiges  Blocksystem  nach  Blacks  Bauart  einzuführen,  welches 
in  den  Grundzügen  viel  Aehnlichkeit  mit  dem  in  unserem  Blatte  auf 
S.  42  d.  J.  beschriebenen  Parsonschen  Blocksystem  hat.  Man  hofft 
bei  vollständiger  Durchführung  der  Mafsregel  neben  dem  Hauptzweck, 
der  Sicherung  des  Betriebes,  auch  eine  gleichmäfsigere  Vertheilung 
der  Zug-Abstände  und  hierdurch  eine  gröfsere  Leistungsfähigkeit  der 
Bahn  zu  erzielen.  Zur  Zeit  sind  etwa  80  Blocksignale  nach  Black¬ 
scher  Bauart  aufgestellt  und  haben  sich  gut  bewährt. 


oben  genannten  Fächer  bei  jeder  Architektur- Abtheilung  drei  Lehr¬ 
stühle,  darunter  zwei  für  ordentliche  Professoren,  neu  zu  errichten 
sein.  Gleichen  Rang  wie  diese  Abtheilungen  sollen  zwei  ausschliefs- 
lich  für  Architekten  bestimmte  Hochschulen  für  Architektur  ein¬ 
nehmen,  welche  in  den  hierzu  besonders  geeigneten,  durch  ihre 
künstlerischen  Ueberlieferungen  hervorragenden  Städten  Florenz  und 
Venedig  mit  Anlehnung  an  die  dortigen  Anstalten  für  schöne  Künste 
einzusetzen  sind.  Die  wissenschaftlichen  Lehrkräfte  dieser  beiden 
Anstalten  denkt  man  grofsentheils  aus  der  Anstalt  für  höheren 
Unterricht  in  Florenz,  der  Universität  in  Pisa  und  der  Universität 
in  Padua  zu  gewinnen,  ohne  für  alle  Fächer  besondere  Lehrer  neu 
anstellen  zu  müssen. 

Die  Zulassungsbedingungen  der  Hochschulen  für  Architektur, 
entsprechend  jenen  für  Ingenieurwesen,  verlangen  1)  das  Zeugnifs 
der  Reife  eines  Gymnasiums  oder  der  naturwissenschaftlich -mathe¬ 
matischen  Abtheilung  einer  Realschule,  2)  eine  Prüfung  im  geometri¬ 
schen  und  Freihand  -  Zeichnen  sowie  in  den  Anfangsgründen  der 
Ornamentik  und  Architektur.  Die  Gesamtdaixer  der  künstlerischen 
und  wissenschaftlichen  Ausbildung  soll  fünf  Jahre  betragen,  davon  zwei 
in  der  Vorschule,  drei  in  der  Fachschule.  Nach  Ablauf  der  Unter¬ 
richtszeit  legt  der  junge  Architekt  eine  Prüfung  ab,  bei  deren  Be¬ 
stehen  ihm  ein  Diplom  ertheilt  wird,  dessen  innerer  Werth  ihm 
bald  die  erforderliche  Geltung  verschaffen  dürfte.  Keller. 


den  Hochbahnen  in  New-York. 

In  mittleren  Entfernungen  von  335  m  (1100')  sind  Flügelsignale 
J,  B,  C  usw.  (Abb.  1  u.  3)  errichtet,  deren  nach  rechts  zeigende  wage¬ 
rechte  Armstellung  „Halt“  und  deren  senkrecht  herabhängende  Stellung 
„freie  Fahrt“  bedeutet.  Das  eine  Vorderrad  der  Locomotive  eines  in 
der  Pfeilrichtung  (Abb.  1)  fahrenden  Zuges  trifft  in  der  Block¬ 
strecke  AB  bei  Ai  einen  Taster,  dessen  Entfernung  von  A  der  gröfsten 
«  Zuglänge,  welche  aus  einer  Maschine  und  5  Wagen  besteht,  entspricht, 
drückt  denselben  nieder  und  stellt  hierdurch  das  Signal  A  aus  der 
Fahrstellung  auf  Halt.  Derselbe  Vorgang  wiederholt  sich  in  der  fol¬ 
genden  Blockstrecke  BC  bei  dem  Radtaster  R],  welcher  das  Signal  B 
auf  Halt  stellt.  Unmittelbar  darauf  erreicht  die  Maschine  den  vor  Bi 
angeordneten  Taster  Ha,  welcher  das  Signal  A  wieder  auf  freie  Fahrt 
stellt  und  so  die  Blockstrecke  AB  für  den  nachfolgenden  Zug  frei- 
giebt. 

Der  Taster  besteht  nach  Abb.  2  aus  einer  Verbindung  zweier  un¬ 
gleich  langen,  um  die  Punkte«  und  b  und  den  gemeinschaftlichen  Punkte 
schwingenden  Gelenkschienen.  Von  diesen  liegt  die  längere  den  an- 
kornmenden  Zügen  entgegen,  damit  auf  diese  Weise  ein  sanfterer 


Auflauf  der  Räder  herbeigeführt  wird.  Die  abwärtsgehende  Bewegung 
des  Punktes  c  wird  mittels  des  Gelenkhebels  cci  auf  einen  um  den 
Punkt  d  drehbaren  Winkelhebel  ade  und  hierdurch  auf  die  zum 
Signal  führende  Stangenleitung  übertragen.  Durch  eine  zwischen  dem 
Kopfe  e  des  Winkelhebels  und  der  Schraubenmutter  /  eingeschaltete 
Spiralfeder  ff  wird  die  Uebertragung  von  Stöfsen  auf  das  Gestänge 
verhütet.  Letzteres  besteht  aus  Gasröhren,  welche  auf  Rollen  ge¬ 
lagert  sind.  Durch  das  Gestänge  wird  eine  geschlitzte  Platte  p 
(Abb.  4)  in  der  Pfeilrichtung  vor-  oder  rückwärts  bewegt  und  durch 
die  hierdurch  erzielte  Bewegung  der  Stange  s  das  Signal  gestellt. 
Die  gröfste  auf  den  Hochbahnen  in  New-York  vorkommende  Länge 
der  Stangenleitung  beträgt  825  m  in  der  Geraden ;  bei  Anwendung 
dieses  Mafses  haben  sich  Uebelstände  in  der  Wirkungsweise  nicht 
ergeben,  auch  in  Bögen,  wie  beispielsweise  in  einer  Gegenkrümmung 
von  38,2  m  Halbmesser,  arbeitet  die  Vorrichtung  durchaus  zufrieden¬ 
stellend.  Bei  der  gewählten  Anordnung  der  Signalmaste  in  335  m 


Centralblatt  der  Baaverwaltung. 


207 


Mr.  20. 


Abstand  ist  eine  Zugfolge  in  Zeitabständen  von  */4  Minuten  bei  26 
bis  27,5  km  Geschwindigkeit  in  der  Stunde  ermöglicht. 

Bei  der  Häufigkeit  und  dem  plötzlichen  Auftreten  starker  Nebel 
in  New-York  hat  man  au  gefährdeten  Stellen,  beispielsweise  bei  Ab¬ 
zweigungen  oder  Kreuzungen  von  Geleisen,  die  sichtbaren  Signale 
noch  mit  hörbaren,  sogenannten  „Torpedo“  -  Signalen  verbunden. 
Diese  letzteren  haben  die  in  den  Abb.  5  (Längenschnitt)  und  6  (untere 
Ansicht)  dargestellte  Einrichtung.  Die  mit  dem  Signal  verbundene 
Stange  J  bewegt  mit  jeder  Umstellung  desselben  einen  Schieber  B 
vor-  oder  rückwärts,  welcher  am  vorderen  Ende  eine  Aussparung  trägt, 
in  der  sich  eine  Knallpatrone  befindet.  Die  Aussparung  befindet 
sich  bei  der  Haltstellung  des  Signals  unter  dem  Hammer  F,  in  der 
Fahrstellung  unter  dem  Raum  C,  in  welchem  eine  bestimmte  Anzahl 
von  Patronen  unter  Verschlufs  gehalten  sind.  Wird  das  Signal  in 
der  Haltstellung  überfahren,  so  trifft  das  eine  Vorderrad  des  Zuges 
den  Hammer  F  und  feuert  die  in  dem  Schieber  enthaltene  Patrone 
ab.  Hierbei  werden  erfahrungsmäfsig  alle  Theile  der  zerrissenen 
Patronenhülse  fortgeschleudert.  Beim  Zurückziehen  des  Schiebers 
fällt  sodann  eine  neue  Patrone  in  den  hierfür  bestimmten  Ausschnitt 


desselben.  Der  Hammer  F  ruht  mittels  einer  Spiralfeder  auf  einem 
Durchsteckbolzen  M,  welcher  von  den  Enden  zweier  einarmigen  Hebel 
getragen  wird,  deren  Unterkanten  dreieckförmige  Ansätze  A' A"  haben. 
Durch  zwei  seitliche  Ansätze  des  Schiebers  B  wird  bewirkt,  dafs 
diese  Hebel  und  gleichzeitig  der  Hammer  F  bei  jedem  Vor-  und 
Rückgänge  des  Schiebers  gehoben  und  wieder  gesenkt  werden.  Die 
in  dem  Schieber  befindliche  Patrone  wird  hierdurch  beim  Zurück¬ 
ziehen  rechtzeitig  entlastet;  beim  Vorschübe  aber  werden  heftige  Be¬ 
rührungen  mit  dem  Hammer  vermieden.  Der  Bolzen  M  ist  durch 
zwei  Schlitzöffnungen  des  Hammers  geführt,  welche  so  lang  bemessen 
sind,  dafs  auch  bei  etwaiger  Halbstellung  des  Schiebers  der  (ver¬ 
mittelst  des  Durchsteckbolzens  etwas  angehobene)  Hammer  einen 
gröfseren  als  den  gewöhnlichen  Hub  ungefährdet  zurücklegen  kann. 
Da  es  nicht  selten  vorkommt,  dafs  stark  ausgelaufene  Radreifen  mit 
vorstehender  äufserer  Kante  den  Hammer  tiefer  als  unter  gewöhnlichen 
Verhältnissen  hinabtreiben,  so  ist  noch  eine  kräftige  Spiralfeder  K 
vorgesehen,  welche  in  solchen  Fällen  nachgeben  kann.  Die  Wirkungs¬ 
weise  der  soeben  beschriebenen  Signalvorrichtung  wird  dem  Ver¬ 
nehmen  nach  von  Witterungseinflüssen  in  keiner  Weise  beeinträchtigt. 


Brüssel  als 

Der  Ausschufs  der  Gesellschaft  für  den  Zweck,  Brüssel  durch 
einen  für  Vollschiffe  fahrbaren  neuen  Canal  zu  einem  Seehafen  um¬ 
zugestalten,  hat  sich  mit  einer  Eingabe  an  den  König  von  Belgien 
gewandt,  in  welcher  darum  gebeten  wird,  die  für  den  Canal  selbst 
erforderlichen  Kosten  seitens  der  Staatsregierung  zu  übernehmen, 
während  die  Stadt  Brüssel  auf  eigene  Kosten  den  Hafen  nebst  sämt¬ 
lichen  dazu  gehörigen  Anlagen  und  Einrichtungen  ausführen  soll. 
Die  Eingabe  ist  eingehend  begründet  und  derselben  ein  Erläuterungs¬ 
bericht  über  die  gewählte  Linie,  eine  Nachweisung  der  Möglichkeit 
der  Speisung  des  Canals  sowie  ein  Kostenanschlag  beigegeben. 

Der  neue  Canal  soll  eine  Tiefe  von  5,30  m  und  eine  Sohlenbreite 
von  18  m  erhalten,  wird  einschiffig  angelegt  und  erhält  an  den 
Schleusen  Ausweiche-  und  Halteplätze.  Die  Länge  wird  27,401  km 
von  Brüssel  bis  zur  Einmündung  in  den  Rüpel  betragen  bei  einem 
Gesamtgefälle  von  15  m.  Für  den  neuen  Canal  wird  im  wesent¬ 
lichen  die  Linie  des  schon  jetzt  bestehenden  Willebroekcanals  bei¬ 
behalten;  bei  der  Ausführung  des  neuen  Canals  soll  eine  Störung 
oder  Unterbrechung  der  Schiffahrt  möglichst  vermieden  werden.  Der 
Canal  erhält  an  den  Schleusen  einfache  abgepflasterte  Böschungen, 
im  Canalquerschnitt  selbst  in  gutem  Boden  unter  Wasser  vierfache 
Böschungen  und  in  der  Höhe  des  Wasserspiegels  eine  beiderseitige 
1  m  breite  Berme,  an  welche  sich  2  m  hohe  Dämme  schliefsen.  Die 
Berme  selbst  sowie  die  daranschliefsenden  Böschungsflächen  in  je 
50  cm  senkrechter 
Höhe  sollen  mit 
Schilf  bepflanzt 
werden;  in  weniger 
standfestemBoden 
erhält  der  Canal 
einen  beiderseiti¬ 
gen  Schutz  nach  nebenstehender  Zeichnung,  eine  Betonmauer  zwi¬ 
schen  Spundwänden  mit  daraufstehendem  Mauerwerk.  Wo  der  Canal 
durch  bewohnte  Ortschaften  führt,  erhält  er  beiderseitige  Ufermauern. 
Das  Gefälle  wird  durch  fünf  Schleusen  überwunden,  deren  erste  an 
der  Ausmündung  in  den  Rüpel  neben  der  alten  Schleuse,  welche  für 
die  Fahrzeuge  der  Binnenschiffahrt  bestehen  bleiben  soll,  zu  liegen 
kommt.  Diese  Seeschleuse  erhält  vier  Thorpaare,  die  Fluththore  in 
der  Höhe  der  höchsten  bekannten  Fluth;  im  übrigen  erhalten  die 
Schleusen  12  m  lichte  Weite  und  120  m  Länge.  Aufser  den  Schleusen 
kommt  noch  eine  gröfsere  Anzahl  von  Kunstbauten,  als  Eisenbahn- 
und  Strafsenbrücken  sowie  Bach-  und  Flufsunterführungen  mittels 
eiserner  Rohrleitungen  vor,  ohne  indessen  besonders  bemerkenswerthes 
zu  bieten. 

Ein  wesentlicher  Punkt  für  den  Canal  ist  die  Gewinnung  und 
Zuführung  des  nöthigen  Speisewassers,  und  dies  hat  zu  eingehenden 
Untersuchungen  Veranlassung  gegeben,  die  zu  zwei  Hauptvorschlägen 
geführt  haben.  Der  Wasserverbrauch  des  neuen  Canals  ist  unter 
fler  Annahme  eines  Jahres  Verkehrs  von  2  000  000  Tonnen  zu  123  000  cbm 


Seehafen. 

für  den  Tag  unter  den  ungünstigsten  Bedingungen  ermittelt.  Der 
gegenwärtig  bestehende  Canal  erhält  durch  die  Senne  und  den  Canal 
von  Charleroi  täglich  mindestens  36  600  cbm,  es  bleiben  also  für  den 
neuen  Canal  zu  beschaffen  86  400  cbm.  Diese  liefsen  sich  nun  durch 
eine  21  km  lange  Zuleitung  von  dem  Dyleflufs  gewinnen,  welcher 
nach  den  Untersuchungen  von  Martial  Hans  selbst  in  der  Zeit  der 
gröfsten  Trockenheit  mehr  als  das  Erforderliche  zu  liefern  imstande 
ist.  Eine  derartige  Anlage  würde  610  000  Franken  kosten  und  durch 
das  Zerschneiden  und  Zerstückeln  der  durchschnittenen  und  berührten 
Ländereien  und  wegen  sonstiger  Unzuträglichkeiten  schwierig  auszu¬ 
führen  sein.  Man  hat  deshalb  beschlossen,  das  Speisewasser  aus 
dem  Rüpel,  welcher  ein  klares  und  nicht  salziges  Wasser  führt,  zu 
entnehmen  und  mittels  Maschinen,  welche  an  jeder  Schleuse  anzu¬ 
legen  sind,  je  aus  der  unteren  in  die  obere  Haltung  des  Canals  zu 
pumpen.  Aufser  den  stehenden  Maschinen  soll  eine  auf  einem  Schififs- 
gefäfse  untergebrachte  Hülfsmaschine  beschafft  werden. 

Die  Gesamtkosten  des  Canals  sind  zu  16 100  000  Frauken  er¬ 


mittelt,  welche  sich  wie  folgt  zusammensetzen: 

1.  Erdarbeiten  4  321 000  cbm  zu  0,8  Fr.  .  .  3  456  800,00  Fr. 

2.  Verbindungscanal  mit  dem  Rüpel  .  .  .  180  500,00  „ 

3.  Schleuse  am  Rüpel .  1  217  750,29  „ 

4.  4  Zwischenschleusen  zu  956  408,49  Fr.  .  3  825  633,96  „ 

5.  Brücken  und  Zuwegungen .  1 665  050,00  „ 

6.  Wasserversorgung .  270  000,00  „ 

7.  Schleusen-  und  Brückenwärterhäuser  .  .  185  000,00  „ 

8.  Bach-Ueber-  und  Unterführungen  .  .  .  525  607,00  „ 

9.  Schilfpflanzungen  auf  den  Böschungen  .  99  000,00  „ 

10.  Grunderwerb  53  ha .  1  564  424,00  „ 

11.  Erdablagerungsplätze  46  ha .  368  000,00  „ 

12.  Futtermauern .  2  526  000,00  „ 

13.  Für  Entschädigungen  u.  a .  216  234,75  „ 

Zusammen  16  100  000,00  Fr. 

Die  Kosten  für  die  Hafenanlagen  in  Brüssel  sind  zu  10  000  000 
Franken  ermittelt  und  setzen  sich  zusammen  aus: 

1.  Erdarbeiten  763  000  cbm  zu  1  Fr .  763  000  Fr. 

2.  Werftmauern  mit  Zubehör . 1 101 160  ., 

3.  Schuppen .  825  000  „ 

4.  Pflasterungen .  471 000  „ 

5.  Lagerhäuser .  1 560  000  ,, 

6.  Lagerplätze  42  ha .  3  600  000  „ 

7.  Silo- Anlagen .  250  000  „ 

8.  Krahne,  6  Stück  zu  25  000  Fr .  150  000  ,, 

9.  Gebäude,  Maschinen  und  Röhren  für  Druck¬ 

wasserleitung  .  310  000  „ 

10.  Für  unvorhergesehene  Fälle .  969  240  „ 

Zusammen  rd.  10  000  000  Fr. 

Mülheim  a.  Rhein.  Düsing. 


Yermischtes. 


Zur  Frage  der  Feuerlöscligranateu.  Unter  Hinweis  auf  unsere 
Mittheilungen  über  künstliche  Feuerlöschmittel  im  Jahrgang  1885, 
•S.  416,  1886,  S.  420  und  1889,  S.  425  d.  Bl.  geht  uns  folgendes  zu: 
Am  18.  Januar  d.  J.  nachmittags  entstand  in  dem  Materialwaren¬ 
laden  in  Magdeburg-Neustadt,  Breite-Weg  Nr.  24,  durch  Ueberkochen 
von  Stubenbohne  ein  Feuer,  welches  an  dem  daselbst  vorhandenen 


leicht  brennbaren  Ladeniuhalt  reichliche  Nahrung  fand.  Der  Be¬ 
sitzer  des  Ladens,  welcher  auch  Feuerlöschgranaten  feilbietet,  ver¬ 
suchte  bei  Ausbruch  des  Feuers,  dasselbe  mittels  dieser  Granaten 
zu  löschen.  Bald  jedoch  wurde  er  durch  den  sich  dabei  entwickeln¬ 
den  Dampf  und  Rauch  gezwungen,  den  brennenden  Raum  zu  ver¬ 
lassen  und  sich  selbst  in  Sicherheit  zu  bringen.  Währenddessen 


208 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


17.  Mai  1890. 


hatte  das  Feuer  äufserst  schnell  an  Ausdehnung  zugenonnnen,  dasselbe 
hatte  die  am  Laden  betindliche  Holztreppe  ergriflFen  und  sich  von 
hier  aus  dem  oberen  Stockwerk  und  dem  Dachraum  mitgetheilt, 
sodafs  die  nach  diesem  vergeblichen  Löschversuch  mittlerweile  herbei¬ 
gerufene  Feuerwehr  bereits  ein  erhebliches  „Grofs-Feuer“  vorfand, 
dessen  Beseitigung  die  Anwendung  mehrerer  Strahlrohre  erforderlich 
machte.  Der  Laden  war  mitsamt  den  darin  vorhandenen  Feuerlösch¬ 
granaten  zum  grofsen  Theil  ausgebrannt,  weder  das  in  ihnen  vor¬ 
handene  chemisch  präparirte  Wasser,  noch  die  Entwicklung  der  an¬ 
geblich  das  Feuer  erstickenden  Gase  hatte  auf  die  Entwicklung  des 
Feuers  irgend  welchen  Einflufs  ausgeübt,  geschweige  dasselbe  ge¬ 
löscht.  Die  Feuerlöschgranaten  hatten  somit  ihren  Zweck  nicht  nur 
verfehlt,  sondern  sie  hatten  das  Ilerbeirufen  der  Feuerwehr  in  sehr 
erheblichem  Mafse  verzögert,  sodafs  dem  Feuer  Zeit  zu  seiner  Ver¬ 
breitung  gelassen  wurde.  Es  scheint  fast,  dafs  gerade  die  von  den 
Granaten  herrührenden  Gase  den  beschleunigten  Bückzug  des  Laden¬ 
besitzers  veranlafst  hatten,  der,  anstatt  die  etwa  300  Schritt  entfernt 
belegene  Feuerwehr  zu  rufen,  die  kostbare  Zeit  mit  Versuchen 
äufserst  zweifelhafter  Löschmittel  zubrachte.  • —  Nichtsdestoweniger 
veranstaltete  derselbe,  trotz  dieses  für  ihn  sehr  verhängnifsvollen 
Hifserfolges,  am  8.  April  eine  öffentliche  Feuerlöschprobe,  die  bei 
dem  üblichen,  mit  Brennholz,  Theer  und  Petroleum  usw.  augefüllten 
und  alsdann  angezündeteu  Holzkasten  dem  Publicum  die  Unfehlbar¬ 
keit  seiner  Feuerlöschgranaten  vor  Augen  führen  sollte. 

Im  Anschlufs  hieran  will  ich  nicht  unerwähnt  lassen,  dafs  bei 
dem  im  Jahre  1886  stattgehabten  Brande  der  Zuckerfabrik  Glauzig 
(Abhalt),  welche  gänzlich  zerstört  wurde,  gleichfalls  mit  sog.  Lösch¬ 
dosen  vergebliche  Löschversuche  gemacht  worden  sind,  worüber  mir 
geschrieben  wurde:  „Ich  theile  Ihnen  noch  mit,  dafs  beim  Brande 
der  Zuckerfabrik  Glauzig  etwa  15  Stück  Löschdosen,  die  in  der 
Fabrik  vertheilt  lagen,  und  zwar  in  jedem  Baum  ein  Stück,  zur 
Wirkung  kamen;  aufserdem  ist  noch  eine  Löschdose  vom  Director  M. 
in  einen  der  brennenden  Bäume  hineingeworfen.  Alles  natürlich 
ohne  Erfolg“.  Brauddirector  Stolz- Magdeburg. 

L.  Heitlings  „Bidefsammler“.  Patent  Nr.  45  530.  L.  Heitling 
in  Berlin.  —  Das  zu  heftende  Papier  (Briefe,  Eechnungeu,  Zeit¬ 
schriften,  Notenblätter,  lose  Zettel  usw.)  wird  auf  die  Tischplatte 
und  zugleich  nach  Abb.  1  so  über  die  linksliegende  (glatte)  Schiene  a 
gelegt,  dafs  es  mit  der  rechten  Kante  derselben  abschneidet,  die 
Schnur-Enden  also,  soweit  sie  auf  der  Schiene  liegen,  vom  Papier 
mit  bedeckt  werden.  Darauf  reifst  man  die  Schnur-Enden  scharf  in 


ab  b  a 


den  Bücken  des  Blattes  soweit  nach  links  hinein  als  dies  möglich 
ist,  legt  die  Oberschiene  6  nach  Abb.  2  links  auf  den  eingebrachten 
Bogen  und  dreht  dann  den  Griff  g  nach  rechts,  wodurch  die  Schnüre 
sich  aufwickeln  und  die  lose  festgehaltene  Oberschiene  auf  der  Hef¬ 
tung  nach  rechts  gleitet.  Hat  die  Oberschiene  die  Bückenkante  des 
Papiers  erreicht  und  sich  fest  auf  das  unterliegende  Blatt  gedrückt, 
so  schiebt  man  den  Schieber  s  in  eine  der  Biefelungen  des  Griffes  g, 
womit  die  Heftung  fertig  ist  und  die  Festigkeit  eines  Buches  erhält. 
Die  Einheftung  eines  neuen  Blattes  ist  ebenso  wie  die  Herausnahme 
eines  beliebigen  bereits  eingehefteten  jederzeit  leicht  möglich.  Der 
Preis  für  das  Stück  beträgt  je  nach  der  Gröfse  1,25  bis  2  Mark. 


Büclierscliau. 

Tafeln  der  Hyperhelfimctionen  und  der  Krelsfnnctionen  nebst 
einem  Anhänge,  enthaltend  die  Theorie  der  Hyperbelfunctionen  von 


Dr.  W.  Ligowski,  Professor  an  der  Kaiserl.  Marine- Akademie  und 
-Schule  in  Kiel.  Berlin,  1890.  Ernst  u.  Korn.  XXIV  (Einleitung) 
und  104  S.  Text  in  gr.  8“.  Preis  b  J(,  gebd.  ganz  Lwd.  ^  J(. 

Der  Begriff  und  die  Anwendungsweise  der  Kreisfunctionen 
(sinus,  eosinus,  tang.  usw.)  ist  wohl  jedem  Techniker  vollkommen 
geläufig.  Ebenso  darf  als  allgemein  bekannt  gelten,  dafs  der  Nutzen 
dieser  Gröfsen  für  den  täglichen  Gebrauch  ein  sehr  geringer  sein 
würde,  wenn  nicht  wohlgeordnete,  übersichtliche  Tafeln  vorhanden 
wären,  aus  denen  die  Zahlenwerthe  mit  Bequemlichkeit  entnommen 
werden  können.  Den  Kreisfunctionen  stehen  zwar  die  Hyperbel¬ 
functionen  in  Bezug  auf  allgemeine  und  vielseitige  Verwendbarkeit 
etwas  nach;  dagegen  wird  die  Lösung  der  Aufgaben,  in  welchen 
diese  Functionen  Vorkommen,  durch  das  Vorhandensein  von  Tafeln 
der  Zahlenwerthe  der  letzteren  nicht  minder  erleichtert,  als  es  bei 
den  Kreisfunctionen  der  Fall  ist.  Solche  Tafeln  sind  freilich  viel 
schwerer  in  ausreichender  Vollständigkeit  herzustellen,  da  die 
Hyperbelfunctionen  nicht  periodisch  sind,  wie  die  Kreisfunctionen, 
sondern  stets  andere  Werthe  annehmen,  wenn  der  Bogen,  zu  dem  sie 
gehören,  von  Null  bis  Unendlich  wächst.  Hierdurch  erklärt  es  sich 
wohl,  dafs  bisher  überhaupt  nur  wenige  Schriftsteller  an  die  Berech¬ 
nung  von  Tafeln  •  der  Hyperbelfunctionen  herangetreten  sind,  dafs 
keiner  eine  lückenlose  Tafel  geliefert  hat,  und  dafs  die  Theorie  und 
die  Anwendung  dieser  Functionen  in  technischen  Kreisen  wenig 
Beachtung  gefunden  hat.  Denjenigen  Lesern,  welchen  dieser  Gegen¬ 
stand  ganz  fremd  geblieben  ist,  wird  vielleicht  die  folgende  Gegen¬ 
überstellung  der  beiden  Arten  von  Gröfsen  willkommen  sein. 


Kreisfuncti  onen. 


Vf* 


COS  (f!  — 

sin  (f:  — 
cos  (f 


+  e 


—  <fi 


-  7  i 


2i 

i  sin  (fj  = 

cos  (f  —  i  sin  (p  = 
q  sin-  (f,  = 

o 


cos  2 

cos^  q--  —  sin^  q 
sin  q 

1 


2  cos  q 
cos  q 

Coi  q 
sin  q 
©in  q 


ffi 

■  e 

—  7  i 

e  * 

1 

cos  2q 
sin  2  q: 

rä 


Hyperbelfunctionen. 


(5oi  q 


:  6oi  q  4- 


1 


_r 

2 ! 

'  2! 


e  =  6oj  q 

1  =  q  — 

(5oi2^-  =  6oj2y  4 

©in  2  q  =  2  föpj  q 
'4!  6! 

'4!  ^6! 


1 

T 

1 


_  ’ 
3! 

^  3! 


^  5! 

j^<fl 
'  5! 


Die  vorstehenden  Formeln  (denen  sich  übrigens  noch  viele  andere 
anreihen  lassen  würden)  lassen  u.  a.  erkennen,  dafs  die  bekannten 
Beziehungen  der  Goniometrie  ihr  vollständiges  Seitenstück  in  ent¬ 
sprechenden,  auf  die  Hyperbelfunctionen  bezüglichen  Gleichungen 
finden.  Auch  geben  die  Formeln  einen  ungefähren  Begriff  von  dem 
Anwendungsgebiet  dieser  Functionen.  Als  besondere  Beispiele  aus 
dem  Baufache  mögen  hierfür  noch  die  von  Ligowski  schon  im 
Jahrgang  1854  der  Zeitschrift  für  Bauwesen  ausgeführten  Unter¬ 
suchungen  über  die  Form  und  Stärke  gewölbter  Bögen,  ferner  die 
Abhandlung  über  Seilcurven  auf  Seite  231  des  Centralblattes  der 
Bauverwaltung  für  1883,  und  schliefslich  die  vielfachen  Anwendungen 
bei  der  Berechnung  des  Eisenbahn-Oberbaues  erwähnt  werden. 

Das  vorliegende  Buch  bringt  nun  eine  vollständige  Tafel  der 
Logarithmen  von  ©in  q,  (£ü)  q  und  Tang  q  für  q  =  0  bis  qi  =  9 
und  bietet  die  Mittel,  die  Logarithmen  dieser  Functionen  auch  für 
gröfsere  Werthe  von  q  zu  bestimmen.  In  manchen  Fällen,  und  zwar 
gerade  bei  statischen  Aufgaben,  ist  die  Anwendung  der  Logarithmen 
etwas  unbequem.  Dem  Buche  ist  deswegen  noch  eine  von  q  =  0 
bis  q-  —  8  fortschreitende  Tafel  der  ©innö  und  Golinuö  selbst  ein¬ 
gefügt,  sowie  auch  (in  engeren  Grenzen)  eine  Tafel  der  sinus  und 
Cosinus  für.Längenmafs  (statt  Gradmafs),  durch  welche  das  lästige 
Umrechnen  des  bei  statischen  Untersuchungen  allein  vorkommenden 
Längenmafses  in  Gradmafs  entbehrlich  gemacht  werden  soll.  Der 
Gebrauch  der  Tafeln  ist  in  einer  ausführlichen  Einleitung  erläutert; 
der  Anhang  enthält  eine  kurze  Theorie  der  Hyperbelfunctionen  nebst 
Formelsammlung.  An  Uebersichtlichkeit  der  Anordnung  und  Klar¬ 
heit  des  Druckes  läfst  das  verdienstliche  Werk  nichts  zu  wünschen 
übrig,  sodafs  es  seinen  Zweck,  die  Verwerthung  der  Hyperbelfunc¬ 
tionen  zu  fördern,  sicher  erfüllen  wird.  — Z. — 


Verlag  von  Ernst*  Korn  (Wilhelni  Ernst),  Berlin.  Für  die  Kedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K  e  r  s  kcs,  Berlin. 


209 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  34.  Mai  1890.  Nr.  31. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Kreishaus  in 
Euskirchen.  —  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  für  die  Rheinprovinz.  —  Rollklappenwehr 
von  Carro.  —  Feste  Strafsen -Flaggenmasthalter.  —  Dreitheiliges  Drahtspannwerk.  — 
Vermischtes:  Nationaldenkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  in  Berlin.  —  Reiterstandbild 

Kaiser  Wilhelms  I.  in  Breslau.  —  Ehrenbezeigungen.  —  Preisbewerbung  für  ein  Segel¬ 
oder  Lastschiff  für  die  Oder.  —  Preisbewerbung  für  ein  Kreisständehaus  für  den  Kreis 
Kreuznach.  —  Preisbewerbung  für  das  ,Romine“-Haus  bei  Lausanne.  —  Sclbstthätiger 
Regenmesser.  —  Wiedereinführung  von  Strafsenposten  in  England.  —  Bücherschau. 

Amtliche  ]VI 

Preiifseu. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Kegierungs-  und  Baurath  Grofsmann,  Director  des  Königlichen 
Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Königsberg  i.  Pr.,  den  Eothen  Adler- 
Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Die  bisherigen  Königlichen  Kegierungs-Baumeister:  Vatichö  iri 
Gleiwitz,  Weisfer  in  Filehne,  Stosch  in  Emden,  Lieckfeldt  in 
Fingen,  Ludwig  Schulze  in  Burg  i.  Dithm.,  Heuner  in  Geeste¬ 
münde,  Versmann  in  Coblenz,  Düsing  in  Mülheim  a.  Eh.,  Siebert 
in  Oppeln,  Eich  in  Berlin,  Gatzmer  in  Colbergermünde,  Eeer  in 
Kiel,  Thomany  in  Posen,  Khode  in  Königsberg  O.-Pr.,  Wilhelm 
Web  er  in  Dortmund,  Hellmuth  in  Hameln,  Brandt  in  Burg  i.  Dithm., 
Michelmann  in  Fürstenwalde  a.  Spree,  Adolf  Franke  in  Meppen 
und  Lauen roth  in  Münster  i.  W.  sind  unter  Belassung  in  ihren 
gegenwärtigen  Beschäftigungen  zu  Königlichen  Wasser-Bauinspectoren 
ernannt  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Eegierungs  -  Baumeistern  Alfred 
Sproemberg  in  Berlin  und  Max  Ludewig  in  Leobschütz  ist  die 
nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Der  Eegierungs-  und  Baurath  Ernst  Schmidt  in  Marienwerder 
ist  gestorben. 

ittheilungen. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Sich  Gnädigst 
bewogen  gefunden,  dem  Baurath  und  Professor  Adolf  Weinbrenner 
in  Karlsruhe  das  Eitterkreuz  I.  Klasse  mit  Eichenlaub  Höchstihres 
Ordens  vom  Zähringer  Löwen  zu  verleihen. 

Brauuschweig. 

Dem  Privatdocenten  Dr.  Wernicke  an  der  Herzoglichen  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Braunschweig  ist  der  Titel  Aufserordentlicher 
Professor  verliehen. 

Elsafs  -  Lothringen. 

Der  bisherige  technische  Assistent  der  Wasserbauverwaltung, 
Kegierungs-Baumeister  Vetter,  ist  zum  Wasser-Bauinspector  ernannt 
und  demselben  die  etatsmäfsige  Stelle  für  Eevisionsarbeiten  in  Strafs¬ 
burg  übertragen  worden. 

Der  bisherige  technische  Assistent  der  Wasserbauverwaltung, 
Eeg.-Baumeister  Paul  Herr  mann  sowie  der  bisherige  Keg.-Baumeister 
August  Pfann  sind  zu  Kaiserlichen  Meliorations -Bauinspectoren  in 
Elsafs-Lothringen  ernannt  worden.  Denselben  sind  die  beiden  etats- 
mäfsigen  Stellen  für  Eevisionsarbeiten  in  Strafsburg  übertragen. 

Die  Kegierungs-Baumeister  Kapp  in  Saarburg  und  v.  Kohden 
in  Strafsburg  sind  zu  technischen  Assistenten  der  Wasserbauverwal¬ 
tung  ernannt  worden. 

[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Neubau  des  Kreishauses  in  Euskirchen, 


Zu  einem  nicht  geringen  Theile  sind  die  Baupläne  der  Kreis¬ 
häuser,  welche  seit  Einführung  der  neuen  Kreisordnung  in  den 
preufsischen  Provin¬ 
zen  entstanden  sind, 
auf  dem  Wege  der 
Preisbewerbung  ge¬ 
wonnenworden.  Auch 
das  Amtsgebäude  des 
rheinischen  Kreises 
Euskirchen ,  welches 
den  Gegenstand  dieser 
Mittheilung  bildet, 
gehört  zu  ihrer  Zahl.*) 

Sein  Entwurf  rührt 
von  den  ersten  Sie¬ 
gern  im  Wettbewerbe, 
den  Kölner  Archi¬ 
tekten  Sehreiterer 
und  Schreiber  her 
und  wird  von  ihnen 
auch  zur  Ausführung 
gebracht. 

Das,  wie  die  Ab¬ 
bildungen  erkennen 
lassen,  zweigeschossi¬ 
ge,  in  den  Formen 
deutscher  Eenaissance 
entworfene  Gebäude 
birgt  im  wesentlichen 
drei  Kaumgruppen, 
die ,  in  sich  ge¬ 
schlossen,  thunlichst 
von  einander  zu  son¬ 
dern  und  doch  auch 

*)  Vgl.  S.  418  J.  1889  und  S.  56  d.  J.  —  Bei  Gelegenheit  dieses  Hin¬ 
weises  sei  bemerkt,  dafs  sich  in  die  letztangezogene  Mittheilung  ebenso 
wie  in  die  damalige  Bekanntmachung  im  Anzeigentheile  ein  Druck- 


wieder  gegenseitig  in  bequeme  Verbindung  zu  bringen  waren.  Es 
sind  dies  die  Amtsräume  der  Kreis  Verwaltung,  der  Sitzungssaal  des 

Kreistages  mit  seinem 
Zubehör  und  die  Woh¬ 
nung  des  Landrathes. 
Die  ersteren  beiden 
Gruppen  wurden  pro- 
grammgemäfs  ins  Erd- 
geschofs  gelegt,  wäh¬ 
rend  die  Landraths¬ 
wohnung  im  Oberge- 
schofs  ihren  Platz  er¬ 
hielt  und  durch  einige 
im  ausgebautenDach- 
geschosse  gewonnene 
Dienerschaftsräume 
vervollständigt  wurde. 
Der  vorgeschriebenen 
Trennung  entspre¬ 
chend,  die  namentlich 
für  die  Wohnung 
streng  durchgeführt 
ist,wurden  auch  dieZu- 
gänge  behandelt.  Der 
Haupteingang  zum 
Erdgeschosse  liegt 
zwischen  den  beiden 
Gruppen  der  Ge¬ 
schäftsräume  ixnd 
führt  auf  einen  für 
beide  gemeinsamen, 
wenn  auch  bescheiden, 
so  doch  immerhin  mit 
einem  angemessenen 

fehler  eingeschliehen  hat.  Der  an  dritter  Stelle  mit  einem  Geldpreise 
besonders  bedachte  Verfasser  ist  der  Architekt  Kichard  Abels  — 
nicht  E.  Meis  —  in  Köln. 


Kreishaus  in  Euskirchen. 


210 


24.  Mai  1890. 


Ceutralblatt  der  B aiiver waitung-. 


Grade  vou  Monumentalität  behandelten  Vorflur.  In  der  Gestaltung 
solcher  Vorplätze  wird  oft  und  wurde  auch  bei  der  Euskirchener  Preis¬ 
bewerbung  von  manchem  Betheiligten  gefehlt,  indem  der  Flur  bald  zu 
grofsartig  und  nicht  im  Verhältnisse  zu  dem  Wesen  und  den  Kosten  des 
Gebäudes  angelegt,  bald  wieder  zu  untergeordnet  behandelt  wurde.  Der 
Entwurf  der  Herren  Schreiterer  und  Schreiber  hält  darin  die  richtige 
Mitte.  Ein  Nebeneingang  in  den  Amtszimmerflur,  der  insbesondere  dem 
Landrath  zur  Benutzung  dienen  soll,  ist  am  entgegengesetzten  Ende 
des  Hauses  vorgesehen  und  stellt  die  unmittelbare  Verbindung  mit  dem 
dort  befindlichen  Eingangsflure  und  der  Haupttreppe  der  Wohnung 
her.  Mit  dem  schönen  Garten  endlich,  der  liinter  dem  Plause  liegt, 
ist  dieses  derart  unmittelbar  verbunden,  dafs  von  dem  darum  au  die 
Hinterfront  gelegten  Arbeitszimmer  des  Landraths  aus  eine  Thür 
über  eine  vorgelegte  Gartenhalle  ins  Freie  führt.  Um  die  Trennung 


räumen  ist,  um  diese  Stelle  besonders  zu  betonen,  ein  einfacher 
Thurm  von  mäfsigeu  Abmessungen  angeordnet,  unter  dem  im  Wohn- 
geschosse  vor  dem  Zimmerchen  der  Frau  ein  lauschiger  Erker  aus¬ 
gekragt  wurde.  Die  Fronten  des  Hauses  werden  in  Tuff  und  gelben 
Verblendsteinen  ausgeführt,  seine  Kosten  sollen  sich,  die  Stallgebäude 
eiugeschlossen,  aber  ausschliefslich  der  Gartenmauern,  auf  nicht  mehr 
als  rund  80  000  Mark  belaufen,  eine  Bausuinme,  zu  deren  Einhaltung 
allerdings  mit  grofser  Sparsamkeit  wird  verfahren  werden  müssen, 
da  auf  das  Quadratmeter  bebauter  Grundfläche  nur  etwa  160  Mark 
entfallen. 

Ist  der  Entwurf  der  Herren  Schreiterer  und  Schreiber  zweifellos 
als  eine  wohlgelungene  Lösung  der  durch  das  Programm  gegebenen 
Aufgabe  anzusehen,  so  wollen  uns  einige  Punkte  dieses  Programmes 
selbst  nicht  glücklich  erscheinen,  indem  sie  nur  dazu  angethan 


Erdgeschofs. 


Kreishaus  in  Euskirchen. 


I.  Stockwerk. 


der  landräthlichen  Wohnung  und  der  zu  ihr  gehörigen  Wirthschafts- 
räume,  Stallungen  usw.  von  der  Kreisverwaltuug  ganz  streng  durch¬ 
zuführen,  wurden  auch  die  Aborte  für  die  Kreisbeamten  im  Hause 
selbst  untergebracht,  entgegen  der  ursprünglichen  Programmbestim- 
inung,  welche  diese  Aborte  mit  der  Stallung  zusammengelegt  wissen 
wollte. 

Um  dem  Kreissaale  bei  seiner  vorgeschriebenen  Lage  im  Erd¬ 
geschosse  eine  angemessenere  Höhe  zu  geben  und  anderseits  die 
Höhe  der  Amtszimmer  nicht  allzusehr  zu  steigern,  wird  der  Erd- 
geschols-Fufsboden  im  östlichen  Theile  des  Hauses  etwa  ein  halbes 
Meter  tiefer  zu  liegen  kommen  und  der  Höhenunterschied  durch  di’ei 
bis  vier  Stufen  ausgeglichen  werden,  die  an  die  Einmündungsstelle 
des  schmaleren  Amtszimmei-flures  in  den  Vorplatz  der  Räume  der 
Kreisverwaltung  zu  liegen  kommen.  Der  Kreissaal  wird  auf  neuer¬ 
lichen  Wunsch  des  Bauausschusses  etwas  breiter  und  dafür  kürzer 
werden,  sodafs  der  für  40  Personen  bestimmte  Sitzungstisch  Huf¬ 
eisenform  erhalten  kann,  gewifs  eine  zweckmäfsige  Anordnung,  die 
auch  der  Vorderfront,  in  der  die  beiden  Giebel  dann  verschiedene 
Gröfse  erhalten,  nur  zum  Vortheile  gereichen  kann. 

Für  die  Wohnung  im  Obergeschosse  ergab  sich  durch  die  unten 
nothwendigen,  oben  wiederholten  Flure  die  naturgemäfse  Sonderung 
der  Wohn-,  Schlaf-  und  Wirthschafts -Räume,  die  im  einzelnen 
zweckmäfsig  angeordnet  sind.  Ein  Blumenzimmer  über  dem  Woh¬ 
nungseingang,  oben  gegenüber  dem  Treppenaustritt  und  gegen 
diesen  mit  einer  grofsen  Scheibe  geöffnet,  sowie  ein  Altan  neben  den 
Schlafzimmern  erhöhen  in  willkommener  Weise  die  Annehmlichkeit 
der  Wohnung. 

Bei  der  Gestaltung  des  Aeufseren  sind  die  Architekten  mit  Er¬ 
folg  bemüht  gewesen,  dem  Gebäude  ein  Gepräge  zu  geben,  welches 
seiner  doppelten  Bestimmung,  als  öffentliches  Gebäude  und  als  Wohn¬ 
haus  zu  dienen,  entspricht.  Ueber  dem  HaujJteingange  zu  den  Geschäfts¬ 


waren,  den  Bearbeitern  unnöthige  Fesseln  anzulegen.  Dies  gilt  vor 
allem  von  der  Bestimmung,  dafs  der  Sitzungssaal  in  das  Erdgeschofs 
eingezwängt  werden  mufste.  Er  würde  ebenso  gut  oder  vielmehr 
besser  im  Obergeschosse  liegen,  wo  er  nach  Bedürfnifs  in  die  Höhe 
entwickelt  und  als  dankbares  und  bezeichnendes  Motiv  für  die 
Aufsenerscheinung  benutzt  werden  könnte.  Seine  Lage  zu  den  Amts¬ 
zimmern  würde  sich  damit  nicht  ungünstiger  gestalten,  für  den  Land¬ 
rath  aber  wäre  es  eine  grofse  Annehmlichkeit,  wenn  der  Saal  so  ge¬ 
legen  wäre,  dafs  er  ihn  bei  gröfseren  Gesellschaften  und  bei  Fest¬ 
lichkeiten,  deren  Veranstaltung  ihm  infolge  seiner  Stellung  obliegt, 
bequem  zu  seiner  Wohnung  hinzuziehen  könnte.  Würde  damit  eine 
Haupttreppe  in  diesem,  hier  östlichen  Theile  des  Hauses  erforder¬ 
lich,  so  liefse  sich  dafür  die  besondere  Wohnungs-Haupttreppe  ent¬ 
behren  und  mit  jener  etwa  in  einer  Weise  vereinigen,  wie  dies  z.  B. 
in  dem  auf  Seite  115  Jahrg.  1889  d.  Bl.  veröffentlichten  Kreishause 
für  Prenzlau  geschehen  ist.  Im  Untergeschosse  aber  würde  Raum 
gewonnen,  der  die  höchst  unbequeme  rind  eine  künstlerisch  fertige 
Lösung  ungemein  erschwerende  Forderung  des  Programmes  ausschlösse, 
nach  welcher  die  künftige  Erweiterung  der  Geschäftsräume  durch  einen 
für  später  vorgesehenen  Anbau  ermöglicht  werden  soll.  Eine  dritte 
Programmvorschrift,  die  vom  Uebel  ist  und  später  auch  gewöhnlich 
aufgegeben  wird,  ist  noch  die  bei  der  Gebäudebeschreibung  bereits 
erwähnte  Bestimmung,  dafs  die  Beamtenaborte  nicht  im  Hause  liegen, 
sondern  mit  den  Stallungen  verbunden  werden  sollen.  —  Es  scheint, 
als  würden  diese  Bedingungen  aus  einem  Programme  für  die  gleiche 
Gebäudegattung  in  das  andere  übernommen,  ohne  dafs  man  sich  so 
recht  über  die  damit  herbeigeführten  Plnzuträglichkeiten  klar  wird, 
und  es  wäre  sehr  erfreulich,  wenn  für  die  nicht  unerhebliche  Zahl 
von  Kreishäusern,  deren  Erbauung  unter  ähnlichen  Verhältnissen 
noch  bevorsteht,  die  Programmbestimmungen  in  dem  angedeuteten 
Sinne  abgeändert  und  erweitert  würden.  Hd. 


Die  Preisbewerbung  zur  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm -Denkmals 

für  die  ßheinprovinz. 


Ueber  das  Ergebnifs  des  rheinischen  Denkmal -Wettbewerbes 
und  die  Entscheidung  der  Preisrichter  ist  schon  in  Nr.  19  und 
19A.  dieses  Blattes  berichtet  worden.  Ehe  hier  auf  eine  Be¬ 
sprechung  der  einzelnen  Entwürfe  eingegangen  wird,  soll  zunächst 
die  Entwicklung  der  Denkmal-Angelegenheit  beleuchtet  werden. 

Wie  Überair  in  deutschen  Landen,  so  brach  sich  auch  am  Rhein 
bald  nach  dem  Heimgange  des  unvergefslichen  Kaisers  Wilhelm  I. 
der  Gedanke  Bahn,  dem  Dahingeschiedenen  ein  bleibendes  Denkmal 
zu  setzen.  Jede  nur  einigermafsen  bedeutende  Stadt  wollte  den 


verehrten  Verblichenen  durch  ein  Denkmal  oder  eine  Stiftung  oder 
in  sonstiger  sinniger  Weise  der  Nachwelt  in  Erinnerung  halten,  und 
so  war  es  natürlich,  dafs  auch  die  als  geschlossener  Körper  auf¬ 
tretende  Provinz  hinter  den  Einzel -Gliedern  dieses  Körpers,  den 
Städten,  nicht  Zurückbleiben  durfte.  Der  Beschlufs,  an  auserlesener 
Stätte  ein  rheinisches  Provincial- Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  zu 
errichten,  war  bald  gefafst,  es  fragte  sich  nur,  wie  ein  solches  in 
angemessener  Weise  gestaltet  werden  sollte  und  wo  es  zu  errichten 
sein  würde.  Der  hervorragenden  Punkte  giebt  es  am  Rheinstrome 


Är.  21. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


211 


gar  viele.  Demgemäfs  war  es  natürlich,  dafs  aus  den  verschiedenen 
Kreisen  die  verschiedensten  Vorschläge  hervorgingen,  dafs  die  mannig¬ 
faltigsten  Gesichtspunkte  ins  Feld  geführt  und  Gründe  jeder  Art 
für  die  Vorschläge  vorgebracht  wurden.  Manchmal  spielte  dabei 
erklärlicherweise  etwas  Orts-Patriotismus  mit,  ja  stellenweise  blickte 
wohl  auch  die  Wirthshaus-Politik  hindurch.  An  vielen  Punkten  am 
Ehein,  besonders  auf  Bergeshöhen,  baute  man  Gerüste,  um  dem 
Publicum  die  gemachten  Vorschläge  zu  verdeutlichen  und  die  Auf¬ 
stellung  eines  Denkmals  an  den  betreffenden  Orten  zu  veranschau¬ 
lichen;  auch  entbrannte  manche  Zeitungs-Fehde,  und  mancher  Eede- 
kampf  hinter  dem  Schoppen  über  die  Wahl  des  Denkmalplatzes 
wurde  ausgefochten.' 

Inzwischen  hatte  sich  die  mafsgebende  Behörde  der  rheinischen 
Pro vincial -Verwaltung  mit  der  Denkmalfrage  beschäftigt,  war  aber 
bei  deren  Schwierigkeit,  zumal  da  innerhalb  der  vielköpfigen  Körper¬ 
schaft  auch  wohl  zu  viele  berufen,  zu  wenige  auserlesen  waren,  ein 
bestimmtes  Urtheil  über  die  offene  Frage  fällen  zu  können,  über  das 
Wie  und  Wo  sich  nicht  klar  geworden.  Dieselbe  Unklarheit  fand 
sich  im  Publicum  und  in  Künstlerkreisen.  Die  einen  wollten  —  wohl 
in  Anlehnung  an  das  National-Denkmal  auf  dem  Niederwald  —  eine 
Bergeshöhe,  andere  einen  Platz  in  einer  der  hervorragendsten 
rheinischen  Städte,  diese  ein  reines  Bildhauerwerk,  jene  eine  mit 
Bildwerk  verbundene  Architektur.  Die  Provincial  -  Behörde  hat, 
um  aus  der  Unklarheit  herauszukommen,  einen  richtigen  Weg  be¬ 
treten,  indem  sie  zunächst  den  Eath  des  rheinisch -westfälischen 
Architekten-Vereins  in  Köln  in  der  Angelegenheit  einholte.  Letzterer 
wählte  daraufhin  zur  Prüfung  und  Berathung  der  Platzfrage  aus 
seinen  Mitgliedern  einen  Ausschufs  und  ertheilte  diesem  die  Befugnifs, 
sich  durch  andere  geeignete  Persönlichkeiten  zu  ergänzen.  Der  in 
dieser  Weise  vervollständigte  Ausschufs  bezeichnete  in  seiner  Sitzung 
in  Königswinter  am  8.  Juni  1889,  wie  in  Nr.  24  v.  J.  des  Central¬ 
blatts  der  Bauverwaltung  berichtet  worden  ist,  das  Siebengebirge 
oder  seine  Umgebung  als  die  geeignetste  Gegend  für  die  Aufstellung 
des  Denkmals  und  empfahl  insbesondere  unter  den  Höhenpunkten  den 
Hirschberg,  unter  den  mittleren  Höhen  den  Hardtberg,  unter  den  Ehein- 
Inseln  die  Südspitze  der  Insel  Nonnenwerth  als  Denkmalplätze.*)  Die 
Provincial-Behörde  schlofs  sich  diesem  Gutachten  nicht  vollständig  an, 
sie  liefs  vielmehr  in  dem  darauf  erlassenen  Preisausschreiben  den 
Künstlern  für  die  Wahl  des  Platzes  einen  viel  weiteren  Spielraum, 
indem  sie  als  Standort  für  das  Denkmal  nur  einfach  eine  Höhe  am 
Ehein  oder  eine  Khein-Insel  vorschrieb,  die  Auswahl  unter  den  ver¬ 
schiedenen  mehr  oder  weniger  geeigneten  Punkten  aber  den  Wett¬ 
bewerbern  übeiiiefs.  Dieses  anscheinend  auf  einer  gewissen  Un¬ 
sicherheit  beruhende  Verfahren  der  Provincial-Behörde  mag  manchen 
Wettbewerber  und  manchen  unbetheiligten,  aber  doch  die  Ange¬ 
legenheit  mit  warmer  Theilnahme  verfolgenden  Zuschauer  zunächst 
befremdet  haben.  Bei  reiflicher  Ueberlegung  aber  kann  man  zu¬ 
gestehen,  dafs  der  eingeschlagene  Weg  ein  wohlberechtigter  ge¬ 
wesen  ist.  Die  Auswahl  unter  den  zur  Verfügung  stehenden  Plätzen 
war  unstreitig  schwierig.  Es  war  dem  Nichtkünstler  und  demgemäfs 
auch  den  Behörden  nicht  möglich,  sich  für  den  einen  oder  andern 
Punkt  ohne  einen  bestimmten,  ausgearbeitet  vorliegenden  Entwurf 
ein  Bild  von  der  zukünftigen  Gestaltung  des  Punktes  mit  einem  dort 
ausgeführten  Denkmal  in  Gedanken  zurecht  zu  legen.  Deshalb 
empfahl  es  sich,  den  Künstlern  selbst  es  zu  überlassen,  ihren  eigenen 


*)  Die  Motive  dieses  Gutachtens  sind  in  einer  bei  A.  Henry  in 
Bonn  verlegten  kleinen  Denkschrift  dargelegt. 


Ansichten  über  die  Platzfrage  durch  die  freie  Wahl  unter  den  Plätzen 
Ausdruck  zu  geben  und  dementsprechend  ihr  Denkmal  zu  entwerfen. 
Dadurch  konnte  sowohl  die  Platzfrage  geklärt  als  auch  vielleicht 
günstigenfalls  ein  für  die  Ausführung  unmittelbar  oder  mit  ent¬ 
sprechenden  Abänderungen  geeigneter  Entwurf  gewonnen  werden. 
War  letzteres  nicht  der  Fall,  so  mufste  doch  durch  den  in  diesem 
Sinne  durchgeführten  Wettbewerb  wenigstens  soviel  erreicht  werden, 
dafs  die  Behörde  sich  nunmehr  für  einen  bestimmten  Platz  ent¬ 
scheiden  und  dann  entweder  mit  Hülfe  eines  zweiten  engeren  Wett¬ 
bewerbes  oder  durch  unmittelbaren  Auftrag  an  einen  Künstler  die 
endgültige  Feststellung  des  Denkmal -Entwurfs  veranlassen  kann. 
Inwieweit  der  dargelegte  Gedankengang  des  eingeschlagenen  Ver¬ 
fahrens  berechtigt  war,  und  ob  sein  praktischer  Erfolg  der  gehoffte 
sein  wird,  mufs  die  demnächstige  Stellungnahme  der  Provincial- 
behörde  zeigen.  Unseres  Erachtens  kann  man  hoffen,  dafs  es  ge¬ 
lingen  wird,  auf  Grund  des  Ergebnisses  des  vorliegenden  Wett¬ 
bewerbes  zu  einem  allseitig  befriedigenden  Ziele  und  damit  zu  einem 
der  Eheinprovinz  würdigen  Kaiser  Wilhelm-Denkmale  zu  gelangen. 
In  welcher  Weise  dieses  Ziel  zu  erreichen  sein  wird,  soll  zum 
Schlüsse,  nach  der  Besprechung  der  einzelnen  Entwürfe,  erörtert 
werden. 

Dafs  im  Wettbewerbs-Programme  die  Platzfrage  offen  gelassen 
war,  kann  wohl  als  eine  Erschwerung  der  gestellten  Aufgabe  auf- 
gefafst  werden,  für  den  Künstler  selbst  aber  mufste  diese  Lücke 
einen  ganz  besonderen  Reiz  bieten,  da  sie  ihm  Gelegenheit  gab,  viel 
freier  und  unbeschränkter,  als  das  sonst  der  Fall  zu  sein  pflegt, 
seine  eigenen  Gedanken  zum  Ausdruck  zu  bringen  und  selbst  zur 
Lösung  der  Platzfrage  wesentlich  beizutragen.  Noch  eine  andere 
Lücke  zeigte  das  Programm,  insofern  nämlich  die  Kosten  für  die 
Ausführung  des  Denkmals  im  Preisausschreiben  nicht  genau  begrenzt 
waren.  Demgemäfs  war  es  schwer,  in  der  Ausstattung  wie  in  dem 
Umfange  der  Denkmal-Anlage  das  richtige  Mafs  einzuhalten.  Der 
schaffende  Künstler  mufste  sich  entweder  selbst  klar  legen,  wie  weit 
er  mit  den  Mitteln  für  das  Denkmal  gehen  dürfe,  oder  er  mufste  auf 
gut  Glück  —  unbekümmert  um  den  Kostenpunkt  —  seinen  Gedanken 
freien  Lauf  lassen,  sich  dabei  selbst  die  der  Würde  des  Unternehmens 
angemessenen  Grenzen  ziehen  und  danach  seinen  Entwurf  gestalten. 
Endlich  war  auch  darüber  im  Programm  keine  feste  Bestimmung 
getroffen,  ob  das  Denkmal  sich  vorwiegend  auf  ein  bildnerisches 
Werk  beschränken,  oder  ob  Architektur  in  Verbindung  mit  der  Bild¬ 
hauerkunst  angewendet  werden  solle.  Doch  liefs  wenigstens  der 
in  seiner  Fassung  und  nach  seiner  Auffassung  allerdings  eigenthüm- 
liche  Satz  des  Preisausschreibens,  „dafs  zur  Theilnahme  an  dem 
Wettbewerb  deutsche  Künstler  und  Architekten  aufgefordert 
wurden“,  keinen  Zweifel  darüber,  dafs  man  eine  vorwiegend  archi¬ 
tektonische  Lösung  für  zulässig  halte.  Die  Oertlichkeit  des  Denk¬ 
mals  selbst,  für  welche  eine  Höhe  am  Rhein  oder  eine  Rhein-Insel 
nach  dem  Programm  gewählt  werden  sollte,  wies  sogar  in  erster 
Linie  auf  eine  vorwiegend  architektonische  Lösung  hin. 

Das  Ergebnifs  des  unter  diesen  Verhältnissen  entstandenen  Wett¬ 
bewerbs  kann  als  ein  recht  erfreuliches  bezeichnet  werden,  wenngleich 
für  den  hohen  Reiz  der  Aufgabe  die  Betheiligung  eine  verhältnifs- 
mäfsig  geringe  gewesen  ist.  Während  bei  dem  Wettbewerb  um  das 
National-Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  in  Berlin  im  vorigen  Jahre 
147  Arbeiten  eingegangen  waren,  beschränkt  sich  der  Wettstreit  für 
das  Kaiserdenkmal  der  Rheinprovinz  auf  nur  25  Entwürfe.  Darunter 
aber  sind  hervorragende  Leistungen  zu  verzeichnen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Rollklappenwehr  von  Carro, 


Neben  den  Poireeschen  Nadelwehren  erfuhren  in  den  fünfziger 
und  sechziger  Jahren  namentlich  die  Chanoineschen  Klappen  bei 
der  Canalisirung  von  Flüssen  eine  schnell  sich  verbreitende  Anwen¬ 
dung.  Aber  die  fehlerhafte  Einzelausbildung  der  letzteren, 
welche  sich  beim  Niederlegen  der  Klappen  in  einem  häufigen  Ver¬ 
sagen  der  Hakenstangen  nebst  Windevorrichtung  zeigte,  des  ferneren 
dadurch  sich  bemerkbar  machte,  dafs  zuweilen  beim  Aufrichten  des 
Wehrs  die  hintere  Bockstrebe  unter  der  Einwirkung  der  heftigen 
Strömung  an  dem  selbstthätigen  Einfallen  in  ihr  Fufslager  auf  dem 
Wehrboden  verhindert  wurde,  machte  nicht  nur  der  weiteren  An¬ 
wendung  der  Chanoineschen  Klappen  ein  Ende,  sondern  führte  sogar 
dazu,  dieselben  zum  Theil  später  durch  Nadelwehre  zu  ersetzen.*) 
Sobald  es  aber  dem  Ingenieur  Pasqueau  gelungen  war  —  und  das 
ist  gerade  kennzeichnend,  für  die  Werthschätzung,  die  man  in  Frank¬ 
reich  dem  Grungedanken  der  Klappenwehre  entgegenbringt  — 
durch  sein  Gleitlager  die  genannten  beweglichen  Theile  überflüssig 

*)  Die  Canalisirung  der  Maas  von  Namur  bis  zur  französischen 
Grenze.  Von  M.  Hans.  Deutsch  von  E.  Dü  sing.  Wiesbaden,  1885. 
J.  F.  Bergmann. 


zu  machen,  wurde  im  Anfänge  der  achtziger  Jahre  in  La  Mulatiere 
bei  Lyon  wiederum  ein  Klappenwehr  im  grofsartigsten  Mafsstabe 
ausgeführt.**)  Eine  noch  weitergehende  Verbesserung  der  Chanoine¬ 
schen  Klappen  hat  der  französische  Oberingenieur  Carro  früher  als 
Pasqueau  in  Vorschlag  gebracht  durch  den  Entwurf  zu  einem  „Roll¬ 
klappenwehr“.***)  Da  letzterer  in  deutschen  Fachkreisen  nicht  be¬ 
kannt  geworden,  dabei  aber  m.  E.  sehr  viel  Beachtenswerthes  zu 
enthalten  scheint,  so  sei  eine  kurze  Mittheilung  über  denselben  hier 
gestattet. 

Etwas  unter  der  Mitte  der  Klappe  sind  (Abb.  1  u.  2)  oben  auf 
derselben  zwei  gufseiserne  Halslager  angebracht,  in  welchen  die 
Endzapfen  der  oberen  Querachse  eines  rechteckigen  schmiedeeisernen 
Bockes  ruhen,  dessen  unterer  Querarm  in  Zapfen  endigt,  die  sich  in 
gufseisernen,  auf  dem  Wehrboden  befestigten  Lagern  drehen.  Dieser 
also  oberhalb  der  Klappe,  mit  der  er  fest  verbunden  ist,  ange- 

**)  Zeitschrift  für  Bauwesen  1881,  S.  113. 

***)  Memoire  sur  une  disposition  nouvelle  de  barrage  automobile 
ä  grande  retenue.  Par  T.  Carro.  Meaux,  imprimerie  typographique 
Jules  Carro.  1876. 


212 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


24.  Mai  1890. 


orduetete  Bock  legt  sich  auf  dieselbe  uieder,  sobald  letztere  selbst 
uiedergelegt  ist.  Seiue  Ständer  wirken  als  Zugstreben.  Jede  Klappe 
ist  unten  mit  zwei  gufseisernen  Bollen  versehen,  welche  auf  Eisen¬ 
bahnschienen  laufen,  die  auf  dem  Wehrboden  befestigt  sind.  Die 
hintere  Stützstrebe  der  Chanoineschen  Klappe  fällt  fort,  ebenso  die 
Hakenstange  nebst  Windevorrichtung.  Oberhalb  des  eigentlichen 
Wehrs  befindet  sich  der  aus  Nadelwehrböcken  bestehende  Arbeits¬ 
steg  mit  einer  fahrbaren  Winde  für  die  Handhabung  der  KlaxDjDen. 

Während  der  Aufrichtung  einer  Klappe  ist  ihr  jeweiliger 
Drehungsmittelpuukt  hintereinander  gelegen  in  den  Schnittpunk¬ 
ten  O  0‘  O"  (Abb.  1)  der  Bockachse  und  der  im  jeweiligen  Be¬ 
rührungspunkte  der  Bollen  mit  der  Laufschiene  errichteten  Loth- 
rechten.  Daraus  geht  hervor,  dafs  im  Anfänge  der  Aufrichtung  der 
Klappe  der  Angrift’spunkt  des  Wasserdrucks  stromabwärts  vom 
Drehungsmittelpunkte  liegt,  und  dafs  das  Moment  des  Wasserdrucks 
negativ  oder  der  Aufrichtung  der  Klappe  entgegenwirkend  ist.  Der 
Hebelsarm  dieses  Druckes  vermindert  sich  in  dem  Mafse  als  die 
Klapj)e  sich  erhebt,  dann  geht  sein  Moment  in  ein  positives  über 
und  kommt  dem  au  der  oberen  Kante  der  Klappe  augreifendeu  Zuge 
der  Windekette  zu  Hülfe,  Es  giebt  also  während  des  ganzen  Weges 
der  Klappe  eine  Grenzlage 
zwischen  den  beiden 
Endlagen  der  uiederge- 
legteu  und  aufgerichteten 


Klappe,  in  welcher  die 
Summe  der  Momente  =  0 
ist ,  d.  h.  bei  der  die 
Klappe  sich  im  unsicheren 
Gleichgewichte  befindet. 

Die  in  dieser  Grenzlage 
zu  der  geringsten  Zug¬ 
wirkung  hinzukommende 
Kraft  der  Strömung  be¬ 
wirkt,  dafs  die  Klappe, 
selbstthätig  ihren  Lauf 
vollendend,  sich  gänzlich 
aufrichtet. 

Bei  wachsendem 
Wasser  nimmt  allgemein 
der  Unterschied  zwischen 
Oberwasser  und  Unter¬ 
wasser  ab,  und  in  dem¬ 
selben  Mafse  geht  der  Au- 
griftspunkt  des  Wasser¬ 
drucks  auf  die  aufge¬ 
richtete  Klappe  in  die 
Höhe.  Er  wird  schliefs- 
lich  den  Drehungsmittelpunkt  überschreiten,  da  ja  die  obere  Quer¬ 
achse  des  Bockes,  mit  welcher  bei  aufgerichteten  Klappen  jener 
zusammenfällt,  unter  der  Klajjpeumitte  liegt.  Das  Moment  des 
Drucks,  welches  einen  Augenblick  vorher  positiv  oder  die  Klappe 
anpressend  war,  wird  sein  Vorzeichen  ändern:  das  Wehr  wird  sich 
selbstthätig  vollständig  auf  den  Boden  niederlegen,  ohne 
Zuhülfenahme  von  Hakenstange  und  Winde. 

Nähert  sich  beim  Aufrichten  die  Klappe  ihrer  aufrechten  End- 
stelluug,  dann  wirkt  die  rollende  Beibung  an  ihrem  Eufse  wie  eine 
Bremse,  um  in  vortheilhafter  Weise  den  Stofs  abzuschwächen,  wel¬ 
cher  gegen  die  Sohlenschwelle  ausgeübt  wird,  und  welcher  daher 
offenbar  kleiner  sein  wird  als  bei  der  Chanoineschen  Klappe.  Diese 
Beibung  etwa  durch  Vergröfserung  der  Bollendurchmesser  zu  ver¬ 
kleinern,  erscheint  daher  um  so  weniger  angebracht,  als  die  Ver- 
hältnifszahl  der  rollenden  Beibung  von  Gufseisen  auf  Eisen  schon  an 
und  für  sich  sehr  gering  ist.  Um  beim  Anschlägen  der  unteren 
Klappen-Enden  an  die  Sohlenschwelle  ein  Hinaufrollen  der  Klappen 
auf  diese  und  damit  ein  Durchschlagen  derselben  stromabwärts  zu 
verhindern,  hat  mau  nur  die  Sohleuschwelle  in  der  Verlängerung  der 
Eisenbahnschienen  so  tief  auszuschneiden,  dafs  die  Bollen  nicht  zur 
Berührung  mit  derselben,  daher  auch  nicht  zum  Auflaufen  auf  die¬ 
selben  kommen.  Die  durch  diese  unteren  Ausschnitte  entstehenden 
Wasserverluste  sind  verschwindend  gegen  diejenigen ,  welche 
durch  den  Zwischenraum  zwischen  je  zwei  Klappen  hervorgerufen 
werden. 

Um  das  selbstthätige  Niederlegen  der  Klappen  zu  verhindern, 
braucht  man  nur  die  oberen  Kanten  derselben  durch  Hakenstangen 
mit  dem  nächsten  Bocke  des  Arbeitsstegs  zu  verbinden.  Das  gleich¬ 
zeitige,  der  Schiffahrt  gefährliche  Umschlagen  der  Klappen  wird 
dadurch  vermieden,  dafs  man  die  Drehachsen  derselben  in  geringen 
Abstufen  verschieden  hoch  legt.  Die  Klappen,  deren  Drehachsen 
am  tiefsten  liegen,  werden  sich  zuerst  niederlegen.  Sie  werden  als¬ 
dann  die  Ausflufsöffnung  soweit  vergröfsern,  bis  ein  neuer  Beharrungs¬ 
zustand  im  Flusse  eingetreten  sein  wird.  Wenn  das  Wasser  fortfährt 


CaiTOS  Rollklappenwehr. 


zu  wachsen,  dann  wird  eine  neue  Anschwellung  andere  Klappen 
schwingen  lassen  usw.,  bis  der  ganze  Durchlafs  geöffnet  sein  wird. 

Wenn  man,  ohne  die  selbstthätige  Wirkung  der  Anschwellung 
abzuwarten,  eine  gewisse  Anzahl  von  Klappen  niederlegen  wollte,  so 
würde  es  genügen,  einen  Zug  auf  eine  am  unteren  Klappen-Ende  be¬ 
festigte  Kette  auszuüben.  Dadurch  würde  namentlich  der  Drehungs¬ 
mittelpunkt  nach  unten  verlegt,  sodafs,  da  auch  gleichzeitig  der  An¬ 
griffspunkt  des  Wasserdrucks,  wenn  auch  nur  sehr  wenig,  in  die 
Höhe  geht,  das  Moment  der  letzteren,  sein  Vorzeichen  ändernd,  die 
gänzliche  Niederlegung  der  Klappe  bewirken  würde.  Das  Vorhanden¬ 
sein  der  vielen  Ketten  giebt  —  wie  aus  den  bei  dem  Klappenwehr 
bei  Port-ä-l’Auglais  gemachten  Erfahrungen  hervorgeht  —  zu  Ver¬ 
wirrungen  keinen  Anlafs.  Anstatt  durch  einen  Zug  am  unteren 
Ende  könnte  man  durch  einen  Schub  auf  das  obere  Ende  der  Klappe 
dieselbe  niederlegen.  Hierzu  genügt  es  also  auf  alle  Fälle,  der 
Klappe  einen  ersten  Anstofs  zu  geben,  welcher  den  Sinn  des  Wider¬ 
standsmomentes  ändern  und  die  Klaj)pe  in  den  Stand  setzen  würde, 
ihren  Lauf  selbstthätig  zu  vollenden. 

Die  Hauptvorzüge,  die  Carro  seinem  Bollklappenwehr  zuschreibt, 
sind  in  Kürze  folgende: 

1.  Da  die  Klappe 
während  ihrer  Bewegung 
in  vier  Punkten  unter¬ 
stützt  ist ,  so  ist  sie 
keinen  Querbewegungen 
ausgesetzt  wie  die  Cha- 
noinesche  Klappe.  Man 
kann  daher  den  Zwischen¬ 
raum  zwischen  je  zwei 
Klappen  vermindern  zum 
Vortheile  der  Dichtig¬ 
keit  des  Wehrs. 

2.  Der  WasserdrucH 
wird  von  einem  Bocke 
aufgenommen ,  welcher 
nicht  zu  Formänderungen 
hinneigt  wie  bei  Chanoine. 
Daher  kann  man  den 
Klapp)en  namentlich 
gröfsere  Breitenabmess¬ 
ungen  geben  als  den 
Chanoineschen,  zum  Vor- 
t  heile  der  schnelle¬ 
ren  Handhabung  des 
Wehrs,  welches  eine  ent¬ 
sprechend  geringere  Zahl 
Klappen  erhalten  wird. 

3.  Ein  Bollklappenwehr  ist  billiger  als  ein  Chanoinesches,  da 
einmal  die  beweglichen  Theile  fortfallen,  dann  auch  der  Wehrboden 
—  da  ja  der  Stützpunkt  der  Klappen  oberhalb  dieser  liegt  — 
erheblich  schmaler  ausfallen  wird. 

4.  Das  Wehr  legt  sich  selbstthätig  ohne  Unterbrechung 
gänzlich  auf  den  Wehrboden  nieder,  während  ja  die  Chanoineschen 
Klappen  nach  ihrem  Kippen  auf  ihren  Böcken  schwebend  verbleiben 
zwischen  Oberwasser  und  Unterwasser  und  daher  u.  U.  Gefahren 
ausgesetzt  sind,  auch  solche  durch  die  Beschränkung  des  Durchflufs- 
profils  hervorrufen  können. 

5.  Beim  Herannahen  einer  Anschwellung  auf  einem  durch  die 
gebräuchlichen  Stauwerke  canalisirten  Flusse  empfindet  man  zuweilen 
eine  gewisse  Unsicherheit  bezüglich  des  Zeitpiunktes,  in  dem  man 
das  Wehr  mehr  oder  weniger  vollständig  zu  öffnen  hat.  Beim  Boll- 
klappenwehr  kann  man  sich  in  solchen  Fällen  darauf  beschränken, 
die  Dienstbrücke  niederzulegen.  Man  wird  alsdann  ruhig  abwarten 
können,  dafs  die  Hochfluth  selbst  das  Niederlegen  der  Klappen  in 
dem  Mafse  bewirkt,  in  welchem  die  abfliefsende  Wassermenge  dies 
erheischt. 

An  Bedenken  gegen  den  Entwurf  könnten  hauptsächlich  folgende 
erhoben  werden: 

1.  Sind  Versandungen  in  dem  Theile  des  Bodens  zu  befürchten, 
auf  dem  die  Klappen  rollen?  Ich  glaube  mit  Carro  diese  Frage  ver¬ 
neinen  zu  düi'fen.  Denn  während  des  Niederlegens  des  Wehrs 
(Abb.  3)  wird  unter  einem  bedeutenden  Wasserdruck  eine  kräftige 
Spülung  zwischen  Klappenunterkante  und  Wehrboden  erzeugt  werden, 
da  sich  ja  hier  eine  der  Schienenhöhe  entsprechende  Durchfiufs- 
öfi’nung  von  5  bis  10  cm  Höhe  bildet,  durch  welche  das  Wasser  hin- 
durchgeprefst  wird,  und  zwar  für  gewöhnliche  Verhältnisse  mit  einer 
anfänglichen  Geschwindigkeit  von  etwa  5  m,  Offenbar  hat  man  es 
aber  ganz  in  der  Hand,  jederzeit  eine  solche  Spülung  des  Wehr¬ 
bodens  durch  Niederlegen  von  Klappen  hervorzurufen,  die  am  wirk¬ 
samsten  sein  wird  bei  Niedrigwasser,  da  ja  alsdann  die  gröfste 
Druckhöhe  vorhanden  ist.  Auf  diese  Weise  könnte  man  u.  a.  Au- 


Abb.  4. 


IHr.  21. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


213 


faugsgeschwindigkeiteu  des  Spiilstroms  bis  etwa  8  m  erzeugen,  welche 
gewifs  hinreichend  sein  würden,  um  selbst  schwerere  Geschiebe  und 
Gefölle  zu  entfernen.  Da  aber  allgemein  die  Fortbewegung  von  Ge¬ 
schiebe  und  Gerolle  nur  beim  Vorhandensein  einer  gewissen  Ge¬ 
schwindigkeit  stattfindet,  und  zwar  im  allgemeinen  bei  Hochwasser, 
dann  aber  die  liegende  Klappe  den  Wehrboden  bedeckt,  so  wird 
m.  E.  eine  Anhäufung  von  Geschiebe  in  der  Vertiefung  des  Wehr¬ 
bodens  kaum  zu  befürchten  sein.  Aber  selbst  wenn  eine  Geschiebe¬ 
anhäufung  stattfinden  sollte,  deren  Forträumung  durch  eine  recht¬ 
zeitig  vorgenommene  Spülung  versäumt  worden  wäre,  dann  würde 
dies  höchstens  die  Wirkung  haben,  dafs  die  Klappe  verhindert  würde, 
sich  vollständig  auf  den  Boden  niederzulegen.  Sie  würde  alsdann 
nach  Abb.  4  eine  geringe  Neigung  erhalten,  ohne  dafs  ein  z.  B.  den 
Schiffsdurchlafs  durchfahrendes  Schiff  dadurch  in  Gefahr  gebracht 
werden  würde.  Schlamm-  und  Sandablagerungen  werden  gewifs  auf 
die  erwähnte  Weise  fortgespült  werden.  Ueberdies  laufen  die  Bollen 
ja  auf  den  über  der  Vertiefung  erhöhten  Schienen. 

2.  Können  nicht  mit  dem  Wasser  treibende  Körper,  wie  Pflanzen, 


Gräser,  Zweige  usw.  zwischen  Klappe  und  Bocksfreben  eindringen, 
während  das  Wehr  aufgerichtet  ist?  Auch  dies  erscheint  nicht  zu 
befürchten,  da  diese  Körper  ja  an  der  Oberfläche  des  Wassers 
schwimmen  und  daher  bei  ihrer  Anhäufung  vor  dem  Wehr  in  der 
oberen  Hälfte  der  Wasserschicht  schwimmend  verbleiben.  Sie 
würden  also  durch  die  Strömung  in  dem  Augenblicke  fortgerissen 
werden,  wann  die  Klappe  kippt. 

Möge  vorstehende  Mittheilung  dazu  beitragen,  den  Carroschen, 
jedenfalls  trefflich  durchdachten  Entwurf  einer  eingehenden  Prüfung 
entgegenzuführen.  Wenn  für  irgend  einen  Zweig  der  Wasserbaukunst, 
dann  gilt  dies  besonders  für  bewegliche  Wehre,  dafs  die  rein  wissen¬ 
schaftliche  Erwägung  nie  den  sicheren  Werth  der  Erfahrung  besitzen 
kann.  Nur  die  Erfahrung  wird  endgültig  darüber  entscheiden  können, 
ob  das  Kollklappenwehr  zur  Anwendung  sich  eignet  oder  nicht. 
Möge  dem  Entwürfe  recht  bald  diese  Erfahrung  zu  theil  werden, 
wenn  auch  vielleicht  zunächst  nur  an  Versuchsklappen! 

Braunschweig,  im  Januar  1890.  Engels. 


Feste  Strafsen  -  Flaggenmasthalter. 


Schnitt  a — b. 


Bei  Anwesenheit  Sr.  Majestät  des  Kaisers  im  December  v.  J.  in 
Frankfurt  a.  M.  wurden  die  von  dem  Festzuge  berührten  Strafsen 
mit  zahlreichen  Flaggenmasten  geschmückt.  Der  Umstand,  dafs 
das.  Graben,  Wiederzuwerfen  und  gehörige  Abpflastern  der  bei 
dieser  Gelegenheit  hergestellten  Flaggenmastlöcher  in  der  Winter¬ 
zeit  mit  manchen  Unannehmlichkeiten  und  nicht  unerheblichen 
Kosten  verbunden  war,  legte  den  Gedanken  nahe,  die  einmal  ge¬ 
grabenen  Flaggenmastlöcher 
zu  erhalten  und  entsprechend 
zu  befestigen.  Wesentlich 
unterstützt  wurde  dieser  Ge¬ 
danke  auch  durch  die  hier 
in  den  meisten  Hauptstrafsen 
bereits  vorhandene  und  für 
die  Zukunft  immer  mehr  in 
Aussicht  genommene  Be¬ 
festigungsart  der  Strafsen- 
Fahrbahnen  und  Fufssteige. 

Diese  Befestigungsart  be¬ 
steht  aus  Pflaster  auf  fester 
Betonunterlage,  welch  letz¬ 
tere  ein  Durchbrechen  der 
Flaggenmastlöcher  natürlich 
sehr  erschwert  und  aufserdem 
durch  die  Erschütterung 
und  Zerbröcklung  bei  dem 
Durchbruch  erheblich  be¬ 
schädigt  wird.  Zudem  sind 
hier  die  Fugen  der  Fahr¬ 
bahnpflastersteine  einiger 
Hauptstrafsen  s.  Z.  mit 
Cementmörtel  ausgegossen 
worden,  der  inzwischen  eine 
solche  Härte  angenommen 
hat,  dafs  beim  Aufbrechen 
des  Pflasters  auch  die  aus 
Hartbasalt  bestehenden 
Pflastersteine  fast  sämtlich 
gesprengt,  d,  h.  in  kleinen, 
unbrauchbaren  Stücken 
herausgestemmt  werden 

müssen.  Allein  der  Ersatz  der  auf  diese  Weise  bei  manchen  Flaggen¬ 
mastlöchern  verloren  gehenden  8-12  Stück  Würfelpflastersteine  ver¬ 
ursacht,  unter  Zugrundelegung  der  hiesigen  Pflastersteinpreise,  bei 
Hartbasalt  2,40—3,60  und  bei  Granit  sogar  3,50 — 5  Mark  Unkosten; 
ebenso  ist  die  blofse  Wiederherstellung  des  Cementbelages  der  Fufs¬ 
steige  für  jedes  Flaggenmastloch  nicht  unter  2  Mark  auszuführen. 
Ferner  wurde  in  Erwägung  gezogen,  dafs  seit  dem  Jahre  1871,  also 
in  18  Jahren,  in  Frankfurt  a.  M.  siebenmal  Veranlassung  gegeben 
war,  Flaggenmasten  in  den  Hauptstrafsen  aufzustellen.  Vergleicht 
man  die  hierdurch  entstandenen  Kosten  mit  der  einmaligen  Ausgabe 
für  die  jetzt  geplante  Einrichtung,  so  mufs  man  auch  von  diesem 
Gesichtspunkt  aus  zu  der  Ueberzeugung  gelangen,  dafs  die  Herrich- 


Ansicht  von  oben. 


tung  fester,  doch  mindestens  50  Jahre  vorhaltender  Flaggeumast- 
halter  wirthschaftlich  richtig  ist. 

Das  Wesentliche  der  hier  jetzt  in  Ausführung  begriffenen,  bleiben¬ 
den  Flaggenmasthalter  erklären  die  nebenstehenden  Abbildungen. 
Es  soll  daher  nur  noch  kurz  bemerkt  werden,  dafs  die  ganze  Ein¬ 
richtung  aus  einem  1,5  m  langen,  20  cm  im  lichten  weiten,  gufs- 
eisernen  Rohre  besteht,  welches  am  oberen  Ende  mit  einem 
warm  aufgezogenen  schmiedeisernen  Verstärkungsringe  versehen 
ist,  unten  und  oben  mit  Beton  hinterstampft  und  in  Höhe  der 
Fahrbahn  bezw.  des  Fufssteigs  mit  einem  gufseisernen  Rahmen¬ 
deckel  —  ähnlich  denjenigen  der  in  Frankfurt  üblichen  Districts- 
wassermesser  -  Schächte  —  abgedeckt  wird.  Das  Erdloch 

für  dieses  eiserne  Rohr  wird 
etwa  30  cm  tiefer  ausgehoben 
als  es  die  Rohrlänge  erfor¬ 
dert  ,  damit  unter  dem  Rohr 
ein  entsprechender  Raum 
zum  Ausfüllen  mit  Kies  ver¬ 
bleibt,  der  zum  Versickern 
etwa  eintretenden  Regen¬ 
wassers  dient.  Die  ganze 
Einrichtung  ist  einfach  und 
leicht  zu  handhaben  und 
schliefst  sich  beim  Anbrin¬ 
gen  der  Flaggenmasthalter 
auf  den  in  Frankfurt  viel¬ 
fach  vorhandenen  Cement- 
gufs-Fufssteigen  durch  die  in 
Aussicht  genommene  Ausfül¬ 
lung  der  oberen  Deckelhöh¬ 
lung  mit  Cementbeton  ein¬ 
heitlich  an  den  übrigen  Ce- 
mentbelag  an.  Etwa  zu  dünne 
Flaggenmaste,  welche  das 
Rohr  nicht  genügend  aus¬ 
füllen,  müfsten  an  dessen 
oberem  Ende  mit  Holzkeilen  befestigt  werden. 

Es  ist  wohl  selbstverständlich,  dafs  man  diese  Flaggenmast¬ 
halter  bei  genügender  Breite  der  Fufssteige  am  liebsten  in  diesen, 
d.  h.  dicht  hinter  den  Rand-  oder  Bordsteinen,  unterzubringen 
suchen  wird,  da  sie  hier,  gewöhnlich  in  der  Flucht  der  Laternen, 
nur  wenig  begangen  und  gar  nicht  befahren  werden.  Schliefslich  sei 
noch  erwähnt,  dafs  jeder  fertig  gestellte  Flaggenmasthalter  mit  32  Mark 
veranschlagt  ist  und  dafs  zunächst  150  Stück  davon  zur  Ausführung  ge¬ 
bracht  werden  sollen.  Bei  Neupflasterungen  auf  einem  Betonbett  und  in 
Hauj)tstrafsen  dürfte  es  sich  empfehlen,  die  hier  beschriebene  Einrich¬ 
tung  gleich  von  vornherein  zu  treft’en,  da  die  nachträgliche  Anbringung 
der  festen  Flaggenmasthalter  doch  immer  Störungen  des  Verkehrs  und 
gröfsere  Kosten  veranlassen  mufs.  Von  der  Verwendung  schmiede¬ 
eiserner  Röhren  wurde  wegen  der  schwierigeren  Beschaffung  derselben 
und  aufserdem  deshalb  abgesehen,  weil  die  verhältnifsmäfsig  dünnen 
Wandungen  solcher  Rohre  ein  baldiges  Durchrosten  befürchten  lassen. 

Frankfurt  a.  M.,  im  April  1890.  Dehuhardt. 


Querschnitt. 


Dreitheiliges  Drahtspannwerk  für  eine  über  Haupt-  und  Yorsignal  ununterbrochen 

durchgehende  doppelte  Drahtleitung. 


Die  Einfahrt  der  Züge  in  die  Bahnhöfe  wird  neuerdings  meist 
durch  ein  Abschlufs-  und  ein  damit  verbundenes  Vorsignal  gesichert. 
Beide  Signale  werden  gewöhnlich  durch  ein  und  denselben  Hebel 


gleichzeitig  gezogen.  Die  Bewegung  der  Signalarme  und  Signal¬ 
scheiben  erfolgt  bei  Anwendung  von  Doppel -Drahtleitung  fast 
durchweg  durch  Hubscheiben,  um  welche  die  Drahtleitung  mehr- 


214 


Oentralblatt  der  Bauverwaltung. 


24.  Mai 


fach  geschlungen  wird  und  an  denen  dieselbe  zur  Vermeidung  von 
Verschiebungen  an  einer  Stelle  befestigt  ist.  Da  die  Hubscheiben 
leicht  beweglich  sein  müssen,  kann  eine  über  beide  Scheiben  durch¬ 
gehende  Drahtleituug  nur  mit  besonderen  Vorkehrungen  angewendet 
werden,  welche  verhüten,  dafs  sich  die  Scheiben  infolge  eines  Wärme¬ 
wechsels  oder  ungleicher 
Widerstände  gegen  einander 
schief  stellen  können. 

Wegen  dieser  Schwierig¬ 
keiten  hat  man  bisher  nie¬ 
mals  eine  durchgehende 
Drahtleitung  verwendet,  son¬ 
dern  man  hat  entweder  das 
Stellwerk  nur  mit  dem  Haupt¬ 
signal  verbunden  und  zwi¬ 
schen  Haupt-  und  Vorsignal 


Stellboch 


,  Hubecheibe  des 
Haupisignals 


Abb.  1.  Abzweigende  Drahtleitung. 


eine  besondere  Leitung  angeordnet,  oder  man  hat,  wie  zur  Verdeut¬ 
lichung  in  Abb.  1  in  einfachen  Linien  dargestellt  ist,  die  beiden 
Leitungen  zum  Haupt-  und  Vorsignal  etwa  20  bis  30  m  vor  dem 
Hauptsignal  von  einander  abzweigen  lassen.  In  beiden  Fällen  mufs 
für  jede  Leitung  ein  beson¬ 
deres  Spannwerk  einge¬ 
schoben  werden,  welches  bei 
der  in  Abb.  1  dargestellten 
Anordnung  aus  je  zwei 
gleichen,  mit  einander  fest 
verbundenen  Spannhebeln 
besteht. 

Beide  Anordnungen 
haben  den  Nachtheil,  dafs 
ein  Drahtbruch  in  den  meisten 
Fällen  nur  ein  Signal  aufser 
Thätigkeit  setzt,  das  andere 
dagegen  unberührt  läfst  iind 
am  Stellbock  bezw.  Stell¬ 
werk  nicht  bemerklich  wird. 

Abgesehen  von  gi-ofsen  Zug¬ 
verspätungen,  welche  dadurch 
entstehen  können,  dafs  der 
Bruch  eines  Signaldrahtes 
unbemerkt  bleibt,  ist  die 
Anordnung  auch  nicht 
ohne  Gefahr.  Stehen  z.  B. 
die  Signale  auf  „Fahrt“  und 
reifst  die  Drahtleitung  (vgl. 

Abb.  1)  zwischen  der  Ver¬ 
bindungstelle  G  und  dem 
Hauptsignal,  so  fällt  dieses 
Signal  auf  „Halt“,  während 
das  Vorsignal  auf  „Fahrt“ 
stehen  bleibt.  Durch  das 
„Halt“  zeigende  Hauptsignal 
können  sich  nun  die  Stations¬ 
beamten  gedeckt  glauben, 
während  sie  es  thatsächlich 
nicht  sind;  denn  ein  die 

Station  fahrplanmäfsig  durchfahrender  Zug  wird, 
wenn  er  das  Vorsignal  auf  „Fahrt“  findet,  mit 
unverminderter  Geschwindigkeit  weiter  fahren  und 
wird,  wenn  nachher  das  auf  „Halt“  stehende 
Hauptsignal  gesehen  wird,  das  übrigens  unter 
solchen  Umständen  auch  leicht  ganz  übersehen 
werden  kann,  schwerlich  noch  rechtzeitig  zum 
Halten  zu  bringen  sein. 

Das  Drahtspannwerk,  welches  in  Abb.  2 — 6 
näher  dargestellt  und  zum  Patent  angemeldet  ist, 
soll  nun  eine  über  die  Hubscheiben  des  Haupt- 
und  Vorsignals  ununterbrochen  durchgehende  Draht¬ 
leitung  ermöglichen,  welche  bei  jeder  Wärme  gleichmäfsige 
Spannung  behält,  ohne  dafs  sich  die  Hubscheiben  gegen  ein¬ 
ander  verdrehen  können,  und  bei  der  ein  jeder  Drahtbruch 
sofort  am  Stellwerk  bemerkbar  wird  und  stets  bewirkt,  dafs 
beide  Signale  auf  „Halt“  fallen  bezw.  auf  „Halt“  stehen 
bleiben  oder  von  „Halt“  über  „Fahrt“  auf  „Halt“  zurück¬ 
fallen.  Das  Spannwerk  ist  ohne  weitere  Aenderung  an  den  Signalen 
überall  da  anwendbar,  wo  die  beiderseitige  Begrenzung  der  Be¬ 
wegung  der  Hubscheiben  eine  Haltstellung  der  Signale  hervorruft. 

Die  drei  Theile  der  Drahtleitung :  Stellwerk-Hauptsignal,  Haupt¬ 
signal- Vorsignal  und  Vorsignal-Stellwerk,  sollen  zur  Vereinfachung 
fernerhin  ihrer  Länge  entsprechend  mit  A,  B  und  bezeichnet 

werden  (Abb.  2).  In  jedem  Theil  ist  ein  besonderer  Spannhebel  an¬ 


geordnet.  Die  Leitung  A  wird  durch  den  Spannhebel  o  mit  dem 
Spanngewicht  C  und  der  Spannrolle  O  gespannt  (Abb.  3  u.  4),  die 
Leitung  B  durch  den  Spannhebel  p  mit  dem  Spanngewicht  D  und 
der  Spannrolle  P,  und  die  Leitung  {A-\-B)  durch  den  Spannhebel  y 
mit  dem  Spanngewicht  E  und  der  Spannrolle  Q.  Die  drei  Hebel, 

welche  durch  die  festen,  kreis¬ 
förmig  gekrümmten  Füh¬ 
rungsstangen  V  gegen  Seiten¬ 
schwankungen  gesichert  sind, 
haben  dieselbe  feste  Dreh¬ 
achse  s  t  und  sind  an  ihren 
äufsersten  Enden  durch  den 
Bolzen  i  k  (Abb.  4)  derartig 
verbunden,  dafs  sie  im  allge¬ 
meinen  nur  gleiche  Winkel¬ 
bewegungen  machen  können. 


Hubschelbe  des>^ 
Vorsignals  | 


=0^ 


=0= 


Die  Entfernungen  der  Spannrollen  von  der  Hebeldrehachse  sind 
bei  den  drei  Hebeln  verschieden  und  müssen  sich  zu  einander  ver¬ 
halten,  wie  die  Längen  der  betreffenden  Drahtleitungen.  Es  mufs 


also  sein  (Abb.  2): 


- Signal  -  Drahtleitung. 

-  Drahtleitung  für  die  Auslösevorrichtung 

X  Feste  Drehachse. 

Abb.  2.  Durchgehende  Drahtleitung. 


Abb.  5. 
Schnitt  c—d. 


Schnitt  e—f. 


A  :  a  =  B  :  b  =  f  A  Bj  :  (a  bj. 

Dehnt  oder  verkürzt  sich 
nun  der  Draht,  so  können 
sich  die  drei  Theile  der 
Drahtleitung  nur  nach  dem 
Verhältnifs  ihrer  Längen 
ändern.  Die  Hubscheiben 
können  sich  also  niemals 
gegen  einander  verdrehen, 
und  gleichwohl  mufs  die 
Spannung  in  allen  Theilen 
der  Drahtleitung  vollständig 
gleich  bleiben.  Dieser  gleich'! 
mäfsigen  Spannung  wegen, 
und  weil  anstatt  der  bis¬ 
herigen  4  Spannrollen  nur 
3  Spannrollen  bewegt  zu 
werden  brauchen,  mufs  die 
Bewegung  der  Signale 
leichter  und  gleich- 
mäfsiger  werden  als 
bisher. 

Der  Bolzen  ik  ist  mit 
den  Hebeln  nicht  fest  ver¬ 
bunden,  sondern  liegt  lose 
in  gabelartigen  Schlitzen  an 
den  Enden  der  Hebel  und 
wird  in  dieser  Lage  durch 
die  beiden  Bleche  g  h  ge¬ 
halten,  welche  in  einem 
ebenfalls  um  die  Hebel-Dreh¬ 
achse  beweglichen  Eahmen  r 
befestigt  sind.  Dieser  Rah¬ 
men  ist  an  einer  von  dem 
Stellbock  hergeführten  ein¬ 
fachen  Drahtleitung  aufge¬ 
hängt,  welche  sich  kurz  vor 
dem  Signale  in  zwei  Leitungen  theilt  und  durch 
die  Spanngewichte  F  dieselbe  Spannung  wie  die 
Signal-Drahtleitung  erhalten  soll.  Beide  Leitungen 
werden  sich  also  bei  Wärmewechsel  vollständig 
gleichmäfsig  dehnen  oder  kürzen.  Bei  einer  Längen¬ 
änderung  gleich  —  ist  die  Tangente  des  Drehungs- 
7 

winkeis,  um  welchen  sich  der  gemeinsame  Spann¬ 
hebel  bewegt: 

A  1  A 

1/2  , 


y  a  2  ay 

Die  Länge  der  Leitung  für  den  Rahmen  r  wird  sich  in  diesem  Falle 

um  ~  ändern,  und  der  Rahmen,  dessen  Aufhängepunkt  m  (Abh.  3) 
y 

von  der  Hebelachse  um  die  Länge  2  a  entfernt  ist,  wird  sich  also  um 
einen  Winkel  drehen,  dessen  Tangente  gleichfalls  die  Gröfse  hat: 

y  2a  2a  y 

Der  Rahmen  macht  somit  bei  jedem  Wärmewechsel  dieselbe  Be¬ 
wegung  wie  der  Spannhebel,  und  die  Lage  der  Bleche  g  h  zu  dem 
Bolzen  i  k  mufs  stets  dieselbe  bleiben. 

Ist  die  Entfernung  zwischen  Stellwerk  und  Hauptsignal  sehr 
grofs,  so  kann  zur  Ersparung  von  Kosten  die  einfache  Drahtleitung 
für  den  Rahmen  r  auch  von  einem  näheren  Punkte  hergeführt  werden 


Nr.  21. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


215 


Der  Aufhängepunkt  m  mufs  alsdann  entsprechend  verschoben  werden. 
Ist  die  Länge  der  Leitung  gleich  Ä,  so  ergiebt  sich  die  Entfernung 
{x)  des  Aufhängepunktes  m  von  der  Hebel-Drehachse: 

2  a .  R 

^  ~ 

Beim  Bruch  der  Signal-Drahtleitung  an  beliebiger  Stelle 
wickelt  sich  die  um  die  Hubscheiben  geschlungene  Drahtleitung  nach 
irgend  einer  Seite  hin  ab,  bis  zur  Begrenzung  dieser  Bewegung  an 
einer  der  Scheiben.  Hierdurch  senken  sich  die  drei  Spannhebel 
zunächst  gemeinsam,  bis  der  Bolzen  ik  sich  löst  und  nunmehr  jeder 
Hebel  für  sich  wirken  kann.  Die  Länge  der  Bleche  ff  h  ist  so  zu 
wählen,  dafs  bei  einem  jeden  Drahtbruch  der  Bolzen  sicher  frei  wird. 

Tritt  der  Drahtbruch  zwischen  Haupt-  und  Vorsignal  ein,  so 
ziehen  die  Gewichte  C  und  E  je  ein  Signal  auf  „Halt“.  Bei  einem 
Bruche  zwischen  Stellbock  und  Hauptsignal  wird  das  Hauptsignal 
stets  von  dem  Gewichte  D  auf  „Halt“  gezogen.  Damit  jedoch  auch 
das  Vorsignal,  auf  welches  die  beiden  Gewichte  D  und  E  einwirken, 
unter  allen  Umständen  auf  „Halt“  gezogen  wird,  damit  also  auch  die 
Hubscheibe  des  Vorsignals  bis  zu  der  Begrenzung  der  Beweglichkeit 
gedreht  wird,  mufs  das  Gewicht  E  so  schwer  sein,  dafs  durch  den 
Spannhebel  q  nicht  nur  die  Hubscheibe  des  Vorsignals  bewegt  wird, 
sondern  dafs  gleichzeitig  auch,  falls  es  nothwendig  wird,  der  Spann¬ 
hebel  p  gehoben  werden  kann.  Die  Spannung  also,  welche  das 
Spanngewicht  D  an  sich  in  der  Leitung  B  hervorruft,  braucht  nur 
so  grofs  zu  sein,  dafs  dadurch  eine  Hubscheibe,  bei  der  die  Gegen¬ 
spannung  fehlt,  auf  „Halt“  gezogen  wird;  dagegen  mufs  die  Spannung 
welche  das  Gewicht  E  für  sich  allein  in  der  Leitung  {A  -j-  B)  hervor¬ 
ruft,  mindestens  doppelt  so  grofs  sein,  wie  die  durch  das  Spann¬ 
gewicht  D  hervorgerufene  Spannung.  Ein  ganz  entsprechendes  Ver- 
tiältnifs  mufs  aueh  zwischen  den  Gewichten  C  und  D  bestehen,  damit 
auch  bei  einem  Drahtbruch  zwischen  Vorsignal  und  Stellwerk  stets 
beide  Signale  auf  „Halt“  gezogen  werden. 

Sieht  man  von  dem  Eigengewicht  der  Hebel  ab  und  bezeichnet 
durchweg  den  Abstand  der  Spanngewichte  von  der  Hebel -Drehachse 
mit  l,  so  sind  die  Drahtspannungen,  welche  durch  die  einzelnen 
Spannhebel  in  den  Leitungen  A,  B  und  (A-\-BJ  erzeugt  werden: 
C  I  I)  l  E  .1 

^ und  rr-  Für  die  Vertheilung  der  Spanugewichte 

2  a  2b  2(a  +  o) 

gelten  also  folgende  Gleichungen: 

C.l  E.l  ^2.D.l 

2a“2(a-f6)^  26 


Diese  Einzelwirkung  der  drei  Spannhebel  tritt  nur  im  Fall  eines 
Drahtbruches  ein.  Sind  die  drei  Hebel  durch  den  Bolzen  ik  ver¬ 
bunden,  so  gilt  für  die  gleichmäfsig  durchgehende  Spannung  (=cr) 
die  Gleichung: 

C.l  +  DJ+EJ  =  2a.a  +  2a.b-]-2a{a-\-b) 

_  C .1-^  D  .l-\-  E .1 
4  6) 

Da  in  der  Leitung  für  den  Rahmen  r  dieselbe  Spannung  a  be¬ 
stehen  soll,  gilt  für  die  Gewichte  E  die  Gleichung: 

2F  .1  =  G  .2a 

F— 

l 

Es  bleibt  noch  hervorzubeben,  dafs  die  Länge  l  für  die  einzelnen 
Spannhebel  nicht  gleich  zu  sein  braucht,  da  die  einzelnen  Spann¬ 
gewichte  auf  den  Hebeln  verschieblich  sind. 

Auch  durch  das  Reifsen  der  Drahtleitung  für  den  Rahmen  r 
kann  niemals  Gefahr  entstehen,  denn  auch  in  diesem  Fall  wird  der 
Bolzen  ik  frei  und  die  Signale  werden  durch  die  Gewichte  C  und  E 
auf  „Halt“  gezogen,  wobei  erforderlichenfalls  das  Gewicht  D  gehoben 
wird.  Ein  Gleiches  tritt  ein,  wenn  durch  irgend  einen  Zufall  der 
Bolzen  gelöst  wird.  Ebenso  ungefährlich  ist  es  schliefslich,  wenn 
einmal  beide  Drahtleitungen  gleichzeitig  brechen  sollten. 

Bei  der  Darstellung  in  den  Abb.  3  —  6  ist  angenommen,  dafs  das 
Spannwerk,  mit  Ausnahme  der  Gewichte  und  der  Rollen,  durchweg 
aus  Schmiedeeisen  hergestellt  werde.  Bei  zahlreicher  Herstellung 
könnte  auch  aus  Kostenersparnifs  fast  durchweg  Gufseisen  ver¬ 
wendet  werden.  Verschieden  ist,  je  nach  Entfernung  der  Signale 
von  dem  Stellwerk,  nur  die  Lage  der  Spannrollen.  Bei  Ver¬ 
wendung  von  Gufseisen  müfste  also  für  die  Lager  der  Rollen  in  den 
Hebelarmen  ein  Schlitz  angebracht  werden,  in  welchem  die  Rollen¬ 
lager  je  nach  Bedürfnifs  an  beliebiger  Stelle  befestigt  werden  können. 

Für  Neuanlagen  ist  eine  durchgehende  Drahtleitung  der 
beschriebenen  Art  nicht  theurer  als  die  bisherigen  Anordnungen. 
Denn  durch  das  dreitheilige  Spannwerk  werden  zwei  zweitheilige 
Spannwerke  erspart,  und  für  die  kurze  einfache  Drahtleitung  für  die 
Auslöse -Vorrichtung  kommen  20  bis  30  m  Doppeldrahtleitung  in 
Fortfall.  Bestehende  Anlagen  sind  in  einfacher  und  billiger  Weise 
abzuändern,  zumal  die  durch  jedes  neue  Spannwerk  gewonnenen 
beiden  bisherigen  Spannwerke  auch  fernerhin  bei  Signalen  ohne 
Vorsignal  Verwendung  finden  können. 

Köln,  den  .23.  März  1890.  Feldmann, 

Kgl.  Reg.-Baumeister. 


Vermischtes, 


Nationaldenkmal  fiir  Kaiser  Wilhelm  I.  in  Beriin.  Der  seitens 
des  Reichskanzlers  dem  Bundesrathe  unterbreitete  und  von  diesem 
den  zuständigen  Ausschüssen  überwiesene  Antrag,  betreffend  das 
Nationaldenkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  lautet  nach  dem  Reichs- 
Anzeiger  wie  folgt:  „Der  Bundesrath  wolle  beschliefsen :  1.  Das 
National-Denkmal  für  Se.  Majestät  den  Hochseligen  Kaiser  Wilhelm  I. 
wird  auf  dem  durch  Niederlegung  der  Gebäude  „an  der  Schlofs- 
freiheit“  entstehenden  Platz  errichtet.  2.  Dasselbe  erhält  die  Gestalt 
eines  Reiter-Standbildes.  3.  Der  Reichskanzler  wird  ermächtigt,  über 
einen  Entwurf  für  das  Denkmal  einen  engeren  Wettbewerb  aus¬ 
zuschreiben.“ 

Wettbewerb  für  ein  Reiterstandbild  Kaiser  Wilhelms  I.  in 
Breslau.  Der  Provincial-Denkmalausschufs  hat  in  seiner  Sitzung 
vom  19.  d.  M.  beschlossen,  das  Kaiserdenkmal  nach  dem  mit  dem 
ersten  Preise  gekrönten  Entwürfe  von  Behrens  und  Licht  nun¬ 
mehr  auszuführen.  Er  ermächtigte  den  Landeshauptmann  Herrn 
V.  Klitzing  mit  den  genannten  Künstlern  deswegen  sofort  in  ge¬ 
schäftliche  Verbindung  zu  treten.  Wünsche  für  kleine  Aenderungen 
des  Entwurfes,  die  Erscheinung  des  Kaisers  betreö’end,  wurden  im 
Protokoll  festgestellt.  Sie  gehen  dahin,  dafs  der  Kaiser  statt  des 
Lorbeerkranzes  auf  baarem  Haupte  den  Federhelm  und  statt  des 
Scepters  den  Marschallstab  erhalten  soll.  Der  Kaisermantel  über 
der  grofsen  Generals-Uniform  soll  beibehalten  werden. 

Ehrenbezeigungen.  Dem  Architekten  und  Bildhauer  Otto  Rieth 
in  Berlin,  dem  Schöpfer  des  jüngst  enthüllten  Prachtbrunnens  auf 
der  Eugensplatte  in  Stuttgart,  ist  vom  König  von  Württemberg 
die  goldene  Medaille  für  Kunst  und  Wissenschaft  verliehen  worden. 
—  Dem  Leiter  der  technischen  Hochschule  in  Dresden,  Geh.  Rath 
Prof.  Dr.  Zeuner,  ist  aus  Anlafs  seines  Rücktrittes  aus  dem  Amte 
vom  Verbände  der  Studirenden  der  Hochschule  eine  Adresse  über¬ 
reicht  worden,  in  deren  Text  drei  kunstvolle  Wasserfarbenbilder, 
darstellend  die  Wirkungsstätten  des  Gefeierten,  das  Polytechnicum 
in  Zürich,  die  Bergakademie  in  Freiberg  und  die  technische  Hoch¬ 
schule  in  Dresden,  eingefügt  sind. 

In  der  Preisbewerbung  um  Entwürfe  für  ein  Segel-  oder  Last¬ 
schilf  für  die  Oder,  den  Oder-Spree-Canal  und  die  Spree  (vgl.  das 


Preisausschreiben  auf  Seite  435  des  vor.  Jahrg.  d.  Bl.)  sind  im  ganzen 
14  Entwürfe  eingegangen,  von  denen  8  mit  Modell,  6  ohne  solches 
eingeliefert  sind.  Das  Preisgericht,  welches  am  1.  Juli  d.  J.  in  Breslau 
Zusammentritt,  besteht  aus  den  Herren  Geh.  Admiralitätsrath  Brix- 
Berlin,  Reg.-  und  Baurath  Werner-Berlin,  Reg.-  und  Baurath  Dickhoff- 
Potsdam,  Wasser  -  Bauinspector  Hamei  -  Breslau,  Schiffbaumeister 
Stutzer  -  Havelberg,  Fabrikbesitzer  und  Schiffbauingenieur  Hof¬ 
mann-Breslau,  Schiffsreeder  Rothenbücher-Berlin,  Schiffahrtsdirector 
Ströhler-Berlin,  Schiffsreeder  Krause-Breslau  und  Schiffsreeder  Nagel- 
Breslau. 

Zur  Erbauung  eines  Kreisständehauses  für  den  Kreis  Kreuznach 
ist  ein  Preisausschreiben  erlassen  worden  (vergl.  den  Anzeiger 
Nr.  20A^  d.  Bl.),  auf  das  zurückzukommen  wir  uns  Vorbehalten.  Zur 
Ertheilung  von  zwei  Preisen  sind  im  ganzen  1800  Mark  ausgeworfen. 
Ablieferungstag  ist  der  1.  September  d.  J. 

In  der  Preisbewerbung  um  die  Bauanlage  ,,Rumine‘‘  bei 
Lausanne  (vgl.  S.  381  d.  v.  J.)  ist  ein  erster  Preis  nicht  vergeben 
worden.  Den  zweiten  Preis  (8000  Franken)  erhielt  Architekt  Andre 
in  Lyon,  den  dritten  (5000  Fr.)  Architekt  Demiere  in  Paris.  Aufser- 
dem  wurden  Preise:  von  4500 Franken  an  die  Architekten  Legrand 
und  Lero}^  in  Paris,  von  3500  Fr.  an  die  Architekten  Kuder-Zürich 
und  Mül  1er -Strafsburg,  von  2500  Fr.  an  Architekt  Recordon  in 
Lausanne  und  von  1500  Fr.  an  Architekt  Emil  Hagbeck  in  Berlin 
ertheilt.  Das  Preisgericht  traf  alle  Entscheidungen  einstimmig. 

Neuer  selbstthätiger  Regenmesser  mit  elektrischer  Ueber- 
tragung.  Die  bisher  gebräuchlichen  selbstthätigen  Regenmesser 
(vgl.  auch  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften.  Wasserbau  I. 
Tafel  I  Abb.  2  u.  3)  leiden  an  dem  Uebelstande,  dafs  während  ihres 
Gebrauches  die  Rolle  oder  der  Papierstreifen,  auf  welchem  die  zeich¬ 
nerische  Darstellung  der  Niederschläge  erfolgt,  sich  fortlaufend  be¬ 
wegen  müssen,  sodafs  auch  in  regenlosen  Zeiten  eine  Erneuerung 
der  Aufzeichnungsrollen  erforderlich  ist  und  somit  ein  nutzloser 
Papierverbrauch  stattfindet.  Einen  neuen,  auch  sonst  vervoll- 
kommneten  Regenmesser,  welcher  dem  erwähnten  Mangel  dadurch 
abhilft,  dafs  der  Papierstreifen  nur  bei  Eintritt  eines  Regenfalles 
auf  elektrischem  Wege  in  Bewegung  gesetzt  wird,  sonst  aber  nach 


216 


Centralblatt  der  Baiiverwaltnng. 


24.  Mai  1890. 


Ablauf  je  einer  Stunde  nur  um  ein  gleichbleibendes  geringes  Mafs 
vorrückt,  veröft’entlicht  die  Zeitschrift  für  Tnstrumentenkunde  im 
Jahrgang  1889,  S.  90  u.  f.  Die  Vorrichtung  dürfte,  da  sie  nicht 
allein  die  täglichen  und  stündlichen  Niederschläge,  sondern  auch  die 
Stärke  und  Zeitdauer  des  geringsten  Eegenfalls  mit  gröfster  Genauig¬ 
keit  zur  Darstellung  bringt,  für  sorgfältige  Beobachtung  örtlicher 
Niederschlagsverhältuisse  sich  sehr  brauchbar  erweisen. 

Abb.  1  stellt  denjenigen  Theil  dar,  welcher  den  Witterungsein¬ 
flüssen  ausgesetzt  ist.  Die  in  den  Trichter  T  fallenden  Niederschläge 
tropfen  auf  die  in  zwei  sich  wechselnd  hebende  Abtheilungen  ge¬ 


trennte  und  um  eine  wagerechte  Achse  drehbare  „Wippe“  JJ'.  Hat 
sich  eine  Wassermenge  entsprechend  einer  äufseren  Eegenhöhe  von 
0,1  mm  auf  der  aufwärts  gerichteten  Abtheilung  von  IV  gesammelt, 
so  kippt  letztere  durch  ihr  Gewicht  um  und  das  Wasser  läuft  nach  G 
ab.  Das  Spiel  wiederholt  sich  nun  mit  der  andern  jetzt  gehobenen 
Wippabtheilung.  Etwaige  gefallene  feste  Niederschläge  werden  durch 
die  Lampe  L  geschmolzen. 

Bei  jeder  Auf-  und  Abwärtsbewegung  der  Wippe  erfolgt  nun 
auf  kurze  Zeit  bei  c  ein  Stromschlufs,  wodurch  ein  Elektromagnet  E 
(nur  in  dem  Stromlaufschema  Abb.  3  angedeutet)  in  Thätigkeit  tritt 
und  einen  Papierstreifen  F  (Abb.  2)  von  einer  Eolle  abwickelt.  Die 
fortlaufende  Aufzeichnung  der  Niederschläge  vei-anschaulicht  Abb.  2. 
Die  an  der  unteren  Fläche  rauhe  und  die  Schreibfeder  F  tragende 
Schiene  <S,  welche  auf  den  Eollen  r  und  Ri  aufliegt,  wird  durch  die 
mit  rauhen  Eändern  versehene  und  mit  dem  (punktirt  gezeichneten) 
Uhrwerk  U  verbundene  Eolle  r  langsam  vom  linken  bis  an  den 
rechten  Eand  des  Papierstreifens  P  geschoben.  Am  Ende  jeder 
Stunde  hebt  der  Zeiger  Z  durch  Berührung  der  Backe  B  die  Eolle  R 
und  damit  auch  die  Schienet  von  der  Triebroller  etwas  ab,  sodafs 
erstere  dem  Zuge  eines  au  ihr  befestigten  Gewichtes  v  nachgeben  mufs 
ixnd  bis  an  den  linken  Eand  von  P  wieder  zurückschnellt.  Alsdann  er¬ 
folgt  wieder  die  langsame  Bewegung  nach  rechts,  g  dient  zur  Aus¬ 
gleichung  des  Gewichtes  von  v  und  R.  Aufserdem  wird  nach  Ablauf 
jeder  Stunde,  wie  schon  erwähnt,  der  Papierstreifen  um  ein  be¬ 
stimmtes  kleines  Mafs  vorgeschoben,  sodafs  sich  regenlose  Zeiten 
durch  parallele  nahe  liegende  Linien  —  z.  B.  ein  Tag  durch  24  Linien 
—  kennzeichnen.  Die  Eegendarstellung  auf  P  (Abb.  2)  bringt  bei  x 
eine  niederschlagsfreie  Zeit  zur  Darstellung,  während  darüber  ein 
stärkerer  dreistündiger  Eegenfall  sichtbar  wird.  Die  Gröfse  der 
stündlichen  Eegenmengen  ergiebt  sich  leicht  durch  Messung  des  Ab¬ 
standes  der  parallelen  Stundenlinien. 

Das  Stromlaufschema  zeigt  Abb.  3.  Der  Stromkreis  der  Bat¬ 
terie  K,  in  welchem  sich  der  Elektromagnet  E  befindet,  kann  durch 
Berührung  bei  c  im  Eegenmesser  und  bei  ci  im  Uhrwerk  geschlossen 
werden.  W.  P. 

Wiedereinführung  von  Strafsenimsteii  in  England.  Dafs  im 
Zeitalter  des  Schnellverkehrs  eine  Postverwaltung  Miene  macht, 
wieder  zu  den  Beförderungsmitteln  der  Landstrafse  zurückzukehren, 
erscheint  im  ersten  Augenblick  befremdlich,  und  doch  wird  in  der 
jüngsten  Zeit,  wie  die  Railway  Press  berichtet,  die  englische  Post¬ 
verwaltung  von  den  Eisenbahnen  zu  diesem  Schritte  geradezu  gedrängt. 
So  ist  kürzlich  auf  der  56  km  langen  Strecke  zwischen  Liverpool  und 
Manchester  eine  Strafsenpost  für  Paketbeförderung  neu  eingerichtet 
worden,  und  der  Ausfall  dieses  Versuches  wird  für  die  Einrichtung 
weiterer  Postverbindungen  im  Lande  entscheidend  sein.  Das  Vor¬ 
gehen  der  Post  ist  begründet  in  der  aufserordentlich  hoch  bemessenen 
Entschädigung,  welche  sie  den  Bahnen  für  die  ihnen  zur  Beförderung 
übergebenen  Pakete  zu  zahlen  hat.  Nach  dem  englischen  Postpaket¬ 
gesetz  vom  18.  August  1882  (45.  und  46.  Vict.  Cap.  74)  sind  die  Bahnen 
verpflichtet,  die  Beförderung  von  Postpaketen  mit  allen  Personen- 
und  Güterzügen  auszuführen  (mit  Eil-  und  Postzügen  nur  dann,  wenn 
die  regelmäfsige  Abfertigung  der  Züge  dies  gestattet).  Die  Post  hat 
dafür  an  die  Gesamtheit  der  Bahnen  11/20  oder  55  pCt.  der  Eoh- 


einnahmen  unter  Zugrundelegung  eines  bestimmten  Pakettarifs  zu 
vergüten.  Die  Gesamtvergütung  wird  vom  Eisenbahn-Abrechnungshof 
(Eailway  Clearing  House)  unter  die  einzelnen  Bahnen  vertheilt.  Die 
nach  dem  besonderen  Tarif  den  Bahnen  zufliefsende  Vergütung  ist 
nun  etwa  1/3  höher,  als  angemessen  sein  würde.  Kein  Wunder  daher 
dafs  die  Bahnen  die  Paketbeförderung  für  eigene  Eechnung  be¬ 
deutend  billiger  übernehmen  können,  als  die  von  ihnen  abhängige 
Post,  und  trotzdem  ansehnlichen  Gewinn  aus  diesem  Verkehrszweig 
erzielen.  Der  Eisenbahnpaketverkehr  hat  denn  auch  mit  der  Zeit 
ebenso  an  Umfang  zugenommen,  wie  die  Postpaketbeförderung  ab¬ 
genommen  hat.  IVill  daher  die  Post  auf  den  Paketverkehr  nicht 
überhaupt  verzichten,  so  bleibt  ihr  nur  übrig,  auf  Mittel  und  Wege 
zu  sinnen,  sich  von  den  Bahnen  frei  zu  machen  und  ihnen  in  irgend 
einer  Weise  wirksamen  Wettbewerb  zu  bieten.  Ob  das  angewendete 
Mittel  hierzu  ausreicht,  bleibt  allerdings  abzuwarten. 

Büclierscliaii. 

IHe  neue  Synagoge  in  München,  entworfen  und  ausgeführt  von 
Albert  Schmidt,  erläutert  von  K.  E.  0.  Fritsch.  München  1889. 
J.  B.  Obernetter.  10  S.  Text  in  Folio  mit  15  Abbildungen;  10  photo- 
graph.  Aufnahmen.  Preis  22,50  Jt. 

Zu  den  Bauwerken,  für  deren  Wesen  die  neuere  Zeit  in  Er¬ 
manglung  eines  herkömmlichen  Typus  den  künstlerischen  Ausdruck 
zu  finden  bestrebt  ist,  gehört  das  jüdische  Gotteshaus.  Der  Wege 
zur  Lösung  der  Frage  sind  verschiedene  eingeschlagen  worden.  Eine 
Zeit  lang  wmren  die  Versuche  mehr  äufserlicher  Art.  Man  glaubte 
im  allgemeinen  das  Wesentliche  zur  Kennzeichnung  der  Synagoge 
gethan  zu  haben,  wenn  man  besonders  eigenartige  Merkmale  der 
christlichen  Kirche  vermied  und  das  Bauwerk  in  arabisch-maurische 
Stilformen  kleidete.  Die  Willkür,  welche  in  der  Wahl  dieses  Stiles, 
mit  dem  das  Judenthum  gar  nichts  gemein  hat,  liegt,  übersah  man; 
die  Anschauung  war  eine  so  vorherrschende,  dafs  selbst  ein  Architekt 
wie  Albert  Schmidt  bei  seinen  ersten,  mehr  akademischen  Studien, 
die  er  für  die  Münchener  Synagoge  machte,  noch  unter  ihrem  Ein¬ 
flüsse  stand.  Wir  ersehen  aus  den  Textabbildungen  der  uns  vor¬ 
liegenden  Veröffentlichung,  wie  ein  erster,  von  ihm  vor  nunmehr  nahezu 
zwanzig  Jahren  aufgestellter  Entwurf  trotz  des  in  demselben  bekundeten 
tieferen  Eindringens  in  den  Gegenstand  die  gewählten  gothischen 
Formen  mit  maurischen  Anklängen  mischt.  Erst  später,  so  zuerst  in 
einem  1877 — 78  entstandenen  Entwürfe,  macht  sich  Schmidt  frei  von 
dieser  Auffassung  und  tritt  der  Ansicht  bei,  dafs,  wie  die  Juden  früher 
stets  ihre  Gotteshäuser  in  der  herrschenden  Bauweise  des  Landes 
errichteten,  auch  unsere  Zeit  fremde,  in  gar  keiner  Beziehung  zum 
Judenthunr  stehende  Stilarten  zu  vermeiden  habe,  eine  Ansicht,  die 
vornehmlich  Oppler  stets  vertreten  und  in  allen  seinen  Synagogen¬ 
bauten  bethätigt  hat  und  die  jetzt  von  aller  Welt  getheilt  wird. 
Was  aber  an  die  Stelle  setzen,  da  wir  eine  herrschende  Bauweise, 
einen  Stil  im  Sinne  früherer  Zeitabschnitte  nicht  haben?  —  Schmidt 
hat  gewifs,  ebenso  wie  Oppler,  den  richtigen  Weg  eingeschlagen r 
er  bildet  die  Gestalt  seines  Baues  aus  dessen  innerstem  Wesen,  aus 
den  „Programm“ -Forderungen  heraus  und  bedient  sich  dazu  der 
entwicklungsfähigen  Formen  der  romanischen  Bauweise,  des  Stils, 
den  nicht  nur  die  ältesten  auf  deutschem  Boden  erhaltenen  Synagogen 
aufweisen,  sondern  der  auch,  wie  der  Text  der  Veröffentlichung  zu¬ 
treffend  sagt,  „bei  ausreichender  Beweglichkeit  zugleich  die  Möglich¬ 
keit  gewährt,  das  Bauwerk  in  jener  schlichten  Einfachheit  und  monu¬ 
mentalen  Strenge  zu  halten,  die  dem  Wesen  des  israelitischen  Cultus 
am  besten  entspricht“.  Die  gediegene  und  gesunde  Art  aber,  wie 
das  in  unermüdlicher,  ernster  Arbeit  bei  der  Münchener  Synagoge 
geschah,  ist  es,  worin  der  Hauptwerth  dieses  mustergültigen,  schon 
vielfach  vorbildlich  gewordenen  Bauwerkes  liegt.  Sie  macht  es  der 
vorliegenden,  mit  vieler  Sorgfalt  behandelten  Veröffentlichung  werth, 
die  ihm  zu  der  grofsen  Zahl  von  Bewunderern,  welche  es  schon 
besitzt,  immer  neue  Freunde  werben  wird. 

Auf  eine  nähere  Würdigung  des  Baues  einzugehen,  ist  hier 
nicht  der  Ort;  sie  wird  treffend  durch  den  erläuternden  Text  ge¬ 
geben,  in  dem  wir  auch  eingehende  Mittheiluugen  über  die  Ent¬ 
stehungsgeschichte  des  nunmehr  seit  drei  Jahren  die  bayerische 
Hauptstadt  zierenden  Bauwerkes  finden.  —  Hätten  wir  zu  der  Ver¬ 
öffentlichung  einen  Wunsch  zu  äufsern  gehabt,  so  wäre  es  der  ge¬ 
wesen,  das  Gebäude  nicht  fast  ausschliefslich  in  photographischen 
Aufnahmen,  sondern  in  noch  mehr  geometrischen  Eissen  dargestellt  zu 
sehen.  Der  Mafsstab  und  die  Darstellixngsweise  dessen,  was  hiervon 
im  Texte  gegeben  ist,  befriedigen  nicht  vollständig.  Wir  bekennen,, 
dafs  uns  Blatt  7,  der  Aufrifs  des  Allerheiligsten,  das  liebste  aller 
gebotenen  ist.  Geometrische  Darstellungen,  insbesondere  Schnitte,  und 
die  sich  in  ihnen  bekundende  Handschrift  des  Architekten  sind  es  nun 
einmal,  die  allein  dem  Fachmanne  das  tiefere  Eindringen  in  den  Gegen¬ 
stand  ermöglichen  und  die  selbst  durch  die  vorzüglichen  Obernetter-  1 
sehen  Photographieen  nicht  ganz  ersetzt  werden  können.  — d.  , 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Thciles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


217 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  31.  Mai  1890.  Nr.  22. 


Bcdaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Aimahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHAIiT:'  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Kirche  in  Nict- 
ieben  bei  Halle  a.  S.  —  Mechanische  Eigenschaften  des  Kiefernholzes.  —  Strafsen- 
brücke  über  die  Noce-Schlncht  in  Südtyrol.  —  Ausstellung  von  Aquarellen  und  Hand- 
zeichuungen  Franz  Ewerbecks  in  Aachen.  —  Grenzen  des  Flufsbettes  eines  öffent- 

liehen  Stromes  gegenüber  dem  Privateigenthum.  —  Vermischtes:  IX.  Wander- 
vcrsanimlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur -Vereine.  —  Ge¬ 
werbe- Aussteliung  der  Stadt  Rom.  —  Besuchsziffer  der  Königlichen  technischen 
Hochschule  in  Hannover. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsea. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  die  Er- 
laubnifs  zur  Anlegung  verliehener  nichtpreufsischer  Orden  zu  ertheilen, 
und  zwar:  des  Comthurkreuzes  des  Grofsherzoglich  sächsischen  Haus- 
Ordens  der  Wachsamkeit  oder  vom  weifsen  Falken:  dem  Präsidenten 
der  Königl.  Eisenbahn-Direction  in  Magdeburg  Quassowski,  und  des 
Officierkreuzes  des  Ordens  der  Königlich  rumänischen  Krone:  dem 
Geheimen  Eegierungsrath  Menne,  Director  des  Königl.  Eisenbahn- 
Betriebs -Amts  in  Neuwied. 

Zu  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspectoren  sind  ernannt:  die 
Königlichen  Regierungs  -  Baumeister  Niese  in  Gotha,  Brandt  in 
Elberfeld,  Langbein  in  Hamburg,  Buff  in  Berlin,  Kiesgen  in 
Eschwege,  Schmalz  in  Biedenkopf,  Goleniewicz  in  Lissa, 
Schwandt  in  Breslau,  Lohse  in  Köln,  Richard  in  Bremen, 
Behnes  in  Hannover,  Merten  in  Düsseldorf,  Lacomi  in  Berlin^ 
Herr  in  Berlin,  Middendorf  in  Erfurt,  Borggreve  in  Berlin, 
Petri  in  Wesel,  Brunn  in  Creuznach,  Schmeifser  in  Altena, 
Lohmeyer  in  Magdeburg,  Spirgatis  in  Elberfeld,  Fidelak  in 
Weilburg,  Grapow  in  Oppeln,  Holverscheit  in  Berlin,  Fuchs  in 
Cottbus,  Karsch  in  Münster,  Blunck  in  Glatz,  Schmidt  in  Erfurt, 
May  in  Kattowitz,  Freudenfeldt  in  Berlin,  Scharlock  in  Bergen, 
Walther  in  Ostrowo,  Maley  in  Wesel,  Schreinert  in  Altona, 
Maas  in  Breslau,  G  rot  he  in  Erfurt,  Heufemann  in  Kattowitz, 
Winde  in  Elbing,  Rothmann  in  Hamm,  Lehmann  in  Crefeld, 
Scholkmann  in  Essen,  Grosse  in  Breslau,  Wiegand  in  Bromberg, 
Stimm  in  Walsrode,  Klinke  in  Berlin,  Zachariae  in  Wittenberg 
und  Elender  in  Bromberg,  sowie  der  Betriebsinspector  Pritzel  in 
Insterburg  und  der  Baumeister  Recke  in  Uelzen. 

Zu  Eisenbahn  -  Bauinspectoren  sind  ernannt:  die  Königlichen 
Regierungs-Baumeister  (für  das  Hochbaufach)  Weithmann  in  Köln, 
Wegner  in  Berlin,  Schwartz  in  Düsseldorf  und  Giasewald  in 
Elberfeld. 

Zu  Eisenbahn  -  Maschineninspectoren  sind  ernannt:  der  Werk- 
stätten-Vorsteher  Kirchhoff  in  Frankfurt  a.  M.  und  der  Maschinen¬ 
meister  Hey  in  Oppeln. 

Zu  Eisenbahn  -  Bauinspectoren  sind  ernannt:  die  Königlichen 
Regierungs  -  Baumeister  (für  das  Maschinenbaufach)  Leissner  in 
Berlin,  Gilles  in  Berlin,  Busmann  in  Arnsberg,  Bachmann  in 


Harburg,  Dan  in  Betzdorf,  Hellmann  in  Köln,  Polle  in  Berlin, 
Echternach  in  Breslau,  Domann  in  Lauban,  Jahnke  in  Köln, 
Heer  in  Erfurt,  Nitschke  in  Bromberg,  Leitzmann  in  Köln, 
Bergemann  in  Breslau,  Neugebaur  in  Frankfurt  a./O.,  Grauhan 
in  Köln-Deutz,  Cordes  in  Elberfeld  und  Strasser  in  Tempelhof. 

Es  ist  verliehen:  dem  Regierungs-  und  Baurath  Ballauff  in 
Cottbus  die  Stelle  des  Directors  des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs- 
Amts  daselbst  und  dem  Eisenbahn- Maschineninspector  Brünjes  in 
Magdeburg  die  Stelle  eines  Mitgliedes  der  Königlichen  Eisenbahn- 
direction  daselbst. 

Der  bisherige  Königl.  Regierungs-Baumeister  Hermann  Mathies 
in  Berlin  ist  zum  Königl.  Wasser-Bauinspector  ernannt  worden. 

Versetzt  sind:  die  Regierungs-  und  Bauräthe  Hellwig  in  Königs¬ 
berg  O./Pr.  und  Balzer  in  Hildesheim  an  die  Königl.  Regierungen 
in  Hildesheim  bezw.  in  Köln,  sowie  der  Kreis -Bauinspector  Rofs- 
kothen  in  Frankenberg  (Reg.-Bez.  Cassel)  in  gleicher  Amtseigen¬ 
schaft  nach  Burgsteinfurt;  ferner  die  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebs¬ 
inspectoren  Bansen,  bisher  in  Züllichau,  als  Vorsteher  der  Eisen- 
bahn-Bauinspection  II  nach  Frankfurt  a./O.  und  Winter,  bisher  in 
Elbing,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  in  Schneidemühl. 

Zu  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Heinrich  Haltermann  aus  Lübeck,  Richard 
Bock  aus  Erfurt  und  Karl  Aronson  aus  Königsberg  O./Pr.  (Hoch¬ 
baufach); —  Hermann  Schaffrath  aus  Bedburg  bei  Köln  und  Egon 
Schümann  aus  Berlin  (Ingenieurbaufach);  —  Karl  Kunze  aus  Neun¬ 
kirchen  im  Regierungsbezirk  Arnsberg,  Maximilian  Gärtner  aus 
Dissen  bei  Cottbus  und  Hermann  Eschweiler  aus  Niddegen  im 
Kreise  Düren  (Maschinenbaufach). 

Der  Eisenbahn-Maschineninspector  Kunz,  ständiger  Hülfsarbeiter 
bei  dem  Königlichen  Eisenbahn- Betriebs -Amt  in  Crefeld,  ist  ge- 
storb  en. 

Oldenburg. 

Der  Weg-  und  Wasserbau -Conducteur  Oeltjen  in  Ellwürden 
ist  zum  Weg-  und  Wasserbauinspector  ernannt. 

Anhalt. 

Se.  Hoheit  der  Herzog  haben  Gnädigst  geruht,  den  Bauinspector 
Toelpe  in  Ballenstedt  zum  Baurath  zu  ernennen. 


[Alle  Eechte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Kirche  in  Metlehen  hei  Halle  a.  S. 


Das  Dorf  Nietleben,  dessen  Einwohnerzahl  sich  infolge  des  Be¬ 
triebes  einer  in  seiner  Flur  liegenden  Braunkohlen-Grube  in  den 
letzten  zwanzig  Jahren  bis  auf  1704  Einwohner  vermehrt  hatte,  besafs 
nur  eine  kleine  baufällige  Kirche  ziemlich  entfernt  vom  Orte,  in  der 
Flur  der  Domäne  Granau.  Da  diese  längst  nicht  mehr  für  die  Ge¬ 
meinde  ausreichte,  beschlofs  man  einen  Neubau  im  Orte  selbst  zu 
errichten  und  beschaffte  durch  Ankauf  eines  verfallenen  Oekonomie- 
Grundstücks  mitten  im  Dorfe  einen  zwischen  zwei  Strafsen  gelegenen 
Bauplatz.  Wies  schon  die  Form  dieses  Platzes  auf  einen  Centralbau 
hin,  so  war  die  Wahl  eines  solchen  umsomehr  angezeigt,  als  es  sich 
um  eine  evangelische  Predigtkirche  handelte. 

Die  nicht  ganz  leichte  Aufgabe  war,  mit  einem  Kostenaufwande 
von  nur  rund  60  000  Mark  im  Schiffe  und  auf  den  Emporen  700  Sitz¬ 
plätze  zu  schaffen.  Sie  wurde  durch  einen  schlichten  Gewölbebau 
in  romanisirenden  Formen  derart  gelöst,  dafs  im  achteckigen  Mittel¬ 


raume  für  Erwachsene  22  Bänke  mit  zusammen  216  Sitzen  und 
6  Kinderbänke  mit  54  Sitzen  untergebracht  werden  konnten.  In  den 
umgebenden  Schifftheilen  unter  den  Emporen  fanden  34  Bänke  mit 
zusammen  218  Sitzen  Platz,  während  auf  den  Emporen  36  Bänke  mit 
180  Sitzen  und  auf  der  Orgelbühne  Kinderbänke  mit  30  Sitzen,  im 
ganzen  also  698  feste  Sitze  gewonnen  wurden  (vgl.  die  Grundrisse 
auf  Seite  219).  Aufserdem  lassen  sich  noch  in  verschiedenen  ein¬ 
springenden  Ecken  der  Bänke  Klappsitze  anbringen. 

Um  mit  den  vorhandenen  Mitteln  auszukommen,  und  dabei  doch 
die  Einwölbung  der  Kirche  nicht  aufgeben  zu  müssen,  war  auf  eine 
durch  Strebesysteme  reicher  zu  gliedernde  Architektur  zu  verzichten. 
Die  Grundform  der  Kirche  wurde  so  gewählt,  dafs  ein  um  den  acht¬ 
eckigen  Hauptraum  gelegter  Kranz  von  acht  Tonnengewölben  das 
Widerlager  des  mittleren  Sterngewölbes  bildet,  während  die  ver¬ 
bleibenden  Zwickel  zwischen  den  Tonnen  mit  dreiseitigen  Kloster- 


218 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


31.  Mai  1890. 


gewölben  ausgefüllt  wurden.  Die  Tonnengewölbe  ruhen  auf  ver- 
ankei'ten  Kundbögen.  Westlich  schliefst  sich  an  den  Achteckbau 
der  Kirche  der  Glockenthurm  an.  Er  enthält  im  Erdgeschosse  eine 
Vorhalle  mit  dem  Haupteingange,  darüber  den  Raum  für  Orgel  und 
Windbälge,  in  einem  weiteren  Geschosse  den  Läuteraum,  darüber 
die  Glockenstube  und  endlich  die  Stube  für  eine  Uhr  mit  Zeiger¬ 
werk  für  vier  Zifferblätter.  Das  östliche  Feld  des  Schiff-Umganges  ist 
zur  Altarnische  und  zu  zwei  seitlichen  Vorhallen  mit  Nebeneingängen 
für  das  Erdgeschofs  ausgebaut.  Hinter  der  Altarnische  liegt  der 
halbkreisförmige  flachgewölbte  Sacristeiraum,  und  ihn  umschliefsen 
ringförmig  die  hinteren  Emporentreppen  —  zwei  weitere  liegen  vorn,  zu 
Seiten  des  Thurmes  — ,  welche  durch  einen  vierten  Eingang  im  Osten, 
der  auch  zur  Sacristei 
führt,  zugänglich  sind. 

Was  die  Ausführungs¬ 
weise  der  Kirche  betrifft, 
so  ist  zunächst  zu  erwäh¬ 
nen,  dafs  die  Gründung 
auf  einem  festen,  thonigen 
Lehm  (vgl.  den  Schnitt) 
trotz  der  Nachbarschaft 
eines  abgeleiteten  und  zu¬ 
geschütteten  teichartigen 
Sumpfes  keinerlei  Schwie¬ 
rigkeiten  verursachte.  Das 
Grundmauerwerk  ist  aus 
rothen  Porphyr  -  Bruch¬ 
steinen  vom  Galgenberge 
bei  Halle,  alles  übrige 
Mauerwerk  der  Kirche 
aus  i'othen  vollen  Mauer¬ 
steinen  aus  der  Ziegelei 
Plauena,  gleichfalls  böi 
Halle,  hergestellt.  Zu  den 
Gesimsen,  Fenstern,  Thü- 
ren  und  Gewölbrippen  sind 
Formsteine  aus  derselben 
Ziegelei  verwendet  wor¬ 
den.  Aus  Sandstein  von 
der  Weser  und  Unstrut 
bestehen  nur  die  Treppen 
zu  den  Eingängen  und  Em¬ 
poren,  die  Säulen  und  das 
Mafswerk  in  den  Schall¬ 
öffnungen  ,  sowie  Altar 
und  Kanzel.  Das  Mauer¬ 
werk  ist  in  Kalkmörtel 
gefertigt  mit  Ausschlufs 
der  vorspringenden  Ge¬ 
simse,  Fensterpfeiler,  Ge¬ 
wölbrippen  und  Gurt¬ 
bögen,  die  in  Cement- 
möi'tel  ausgeführt  wurden. 

Die  Kirchendächer  sind 
mit  Thüringer  Schablonen¬ 
schiefer  auf  Brettschalung 
und  Dachpappe  gedeekt, 
die  Thurmdächer  in  deut¬ 
scher  Art  und  ohne  Pappe. 

Die  Spitze  des  Kirchendaches  wurde  mit  einer  schmiedeeisernen 
Bekrönung,  der  Thurm  mit  Windfahne  und  kupfernem  Knopf  ver¬ 
sehen.  Dachrinnen  befinden  sich  nur  über  den  Eingängen.  Im 
übrigen  ist  von  solchen  abgesehen,  einmal,  weil  sie  ohne  öftere  Reini¬ 
gung  dem  Gebäude  sehr  bald  mehr  schaden  als  nützen,  zumal  auf 
dem  Lande  die  dazu  nöthigen  Handwerker  nicht  leicht  zur  Hand  sind, 
dann  aber  auch,  weil  bei  ihrer  Reinigung  das  Schieferdach  meist  be¬ 
schädigt  wird.  Damit  aber  bei  Thauwetter  der  vom  oberen  Dache 
auf  das  untere  abgleitende  Schnee  keinen  Schaden  anrichten  kann,  ist 
am  Dachrande  ein  starkes,  eisernes  Schnee -Schutzgitter  angebracht. 

Für  den  Fufsboden  der  Kirche  kamen  in  den  Gängen  geschliffene 
Sandsteinplatten,  unter  den  Stühlen  kieferne  Dielen  zur  Verwendung, 
deren  Lager  luftig  auf  Mauersteiupflaster,  welches  mit  Gement  ab¬ 
gegossen  ist,  liegen.  Zwischen  dem  Kirchenpflaster  und  dem  alten 
Terrain  ist  der  ganze  Raum  mit  Steinschutt  und  reinem  Kies  ange¬ 
füllt.  Die  Thüren  der  Kirche  sind  in  Verdoppelung,  nach  aufsen  in 
glatten  Holzflächen  und  mit  verzierten  Beschlägen,  nach  innen  mit 
Rahmen  und  Zierleisten  hergestellt  und  schlagen  sämtlich  nach 
aufsen  auf.  Die  Fenster  sind  mit  Formstein- Einfassungen  versehen, 
zwischen  Trageisen  in  Blei  verglast  und  mit  dem  alten  Schienen-  und 
Keilverschlufs  befestigt.  Bei  den  grofsen  Fenstern  wurden  die  Felder 
durch  schmale  Ornament -Friese  in  goldgelbem  Grunde  belebt,  das 


Mittelfenster  der  Altarnische  ist  mit  einem  den  segnenden  Christus 
darstellenden  Mosaikbilde,  die  beiden  Seitenfenster  mit  bunten 
Teppichmustern  geschmückt. 

Die  äufseren  Wandflächen  der  Kirche  sind  in  Backsteinbau 
lisenenartig  gegliedert,  die  Innenwände  geputzt  und  mit  farbigen 
Friesen  und  Kanten  auf  hellem  Grundtone  verziert,  während  alle 
Gewölbeflächen  einen  noch  helleren  gelblichen  Grund  mit  bunt  ge¬ 
musterten  Kanten  zeigen.  Die  Rippen  des  grofsen  Stern -Gewölbes 
heben  sich  durch  ein  kräftiges  Profil  aus  einem  Rundstabe  und 
zwei  Hohlkehlen  von  den  Flächen  ab.  Die  Emporen  sind  in  Holz 
eingebaut.  Ihre  Brüstungen  sind  in  Form  kleiner  Rundbogeu- 
arcaden  auf  vortretenden  Balkenköpfen  aufgesetzt  und,  wie  das  Ge¬ 
stühl,  mit  etwas  Okerzusatz 
geölt,  mit  bunten  Linien 
in  der  Gliederung  abge¬ 
setzt  und  lackii’t.  Ebenso 
ist  auch  das  Gehäuse  der 
ISstimmigen  Orgel  in 
Kiefernholz  behandelt. 
Der  Glockenstuhl  besteht 
aus  Schmiedeeisen ,  die 
Glocken  sind  in  Bronce 
neu  gegossen. 

Erwärmt  wird  die 
Kirche  durch  eine  einfache 
Umlauf-Luftheizung.  Die 
beiden  Räume  unter  den 
steinernen  ersten  Ab¬ 
sätzen  der  Thurm- und  Em¬ 
porentreppen  sind  durch 
Wände  abgeschlossen  und 
zu  Heizkammern  einge¬ 
richtet.  In  jeder  Heiz¬ 
kammer  steht  ein  Regu- 
lirfüllofen  von  36  cm 
Durchmesser  und  2  m 
Höhe  mit  Rippenansätzen 
und  chamotteausgefüt- 
terter  Feuerung.  Die 
erwärmte  Luft  zieht  oben 
aus  der  Heizkammer  in 
die  Kirche  hinein  und 
wird  durch  die  Luft  aus 
den  60  cm  weiten  Thon¬ 
canälen  ersetzt ,  welche 
von  der  Altarnische  her 
unter  dem  Fufsboden  ent¬ 
lang  bis  unter  die  Oefen 
geführt  sind.  Da  die 
Gemeinde  nur  immer  1 
bis  IV2  Stunden  sich  im 
Kirchenraume  befindet, 
und  in  der  Zwischenzeit 
durch  Thüren  und  Fenster 
schon  eine  hinlängliche 
Lufterneueruug  stattfin¬ 
det,  so  konnte  von  einer 
besonderen  Anlage  für 
Zuführung  frischer  Luft 
von  aufsen  her  abgesehen  werden.  Die  Heizung  hat  sich  recht  gut 
bewähi’t  und  erfordert  verhältnifsmäfsig  sehr  wenig  Brennstoff. 

Die  Baukosten  der  Kirche  belaufen  sich  einschliefslich  der  Hand- 
und  Spanndienste  sowie  der  Kosten  für  Glocken,  Uhr,  Orgel  und 
Platzregelung  auf  63  600  Mark.  Bei  420  qm  Grundfläche  kostet  also 
das  Quadratmeter  151,40  Mark,  das  Cubikmeter  bei  5145  cbm  Inhalt 
12,30  Mark  und  der  Sitzplatz  bei  700  Plätzen  90,80  Mark.  Werden 
jedoch  die  Kosten  für  die  Uhr  (805  Mark),  für  die  Orgel  (3720  Mark), 
die  Glocken  (1022  Mark)  und  die  Platzregelung  (463  Mark),  zu¬ 
sammen  6010  Mark,  in  Abzug  gebracht,  so  kostet  das  Kirchengebäude 
rund  57  600  Mark  und  somit  das  Quadratmeter  bebaute  Fläche  rund 
137  Mark,  das  Cubikmeter  Rauminhalt  11,2  Mark  und  der  Sitzplatz 
82  Mark.  Der  Bau  wurde  im  October  1884  begonnen  und  die  Kirche 
im  October  1886  ihrer  Bestimmung  übergeben.  Von  Werth  dürften 
noch  einige  Bemerkungen  über  die  Akustik  der  Kirche  sein.  Bei 
leerem  Gotteshause  versteht  man  die  Sprache  in  allen  Ecken  und 
Enden  recht  gut,  wenn  jemand  leise  spricht,  es  hallt  aber  ineinander, 
wenn  laut  gesprochen  wird.  Bei  schwach  besuchtem  Gottesdienste 
mufs  der  Prediger  gemessen  und  nicht  zu  laut  sprechen,  wenn  die 
Stimme  nicht  etwas  nachhallen  soll.  Bei  voll  besetztem  Hause  da¬ 
gegen  fällt  das  Hallen  der  Stimme  fort  und  jede  Tonart  wird  gut 
verstanden.  Jedenfalls  wird  dem  jetzigen  Prediger  von  Nietleben 


Längenschnitt. 

Kii’che  in  Nietleben  bei  Halle  a.  S. 


Nr.  22. 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


219 


nach  seiner  Erklärung  die  Aussprache  leicht  und  seine  Kede  überall 
verständlich,  weil  er  sich  gewöhnt  hat,  bei  nicht  voller  Kirche  ruhig 
zu  sprechen. 

Der  Bau  ist  vom  Unterzeichneten  entworfen  und  zur  Ausführung 


gebracht  worden.  Mit  der  besonderen  Planbearbeitung  und  Bauleitung 
war  der  Königliche  Kegierungs-Baumeister  Deumling  betraut. 

Kilburger, 
Königl.  Baurath. 


Ueber  die  mechanischen  Eigenschaften  des  Kiefernholzes. 


Die  bereits  seit  einer  langen  Reihe  von  Jahren  von  Männern  der 
Wissenschaft  und  der  Technik  angestellten  Forschungen  zur  Er¬ 
weiterung  der  Kenntnifs  der  technischen  Eigenschaften  der  Bau¬ 
hölzer^)  haben  eine  bemerkenswerthe  Bereicherung  erfahren  durch  die 
eingehende  Untersuchung  dreier  Kiefernstämme  aus  der  Umgegend 
von  Berlin,  welche  im  Aufträge  des  Herrn  Ministers  für  Landwirth- 
schaft  usw.  in  der  Kgl.  mechanisch-technischen  Versuchs-Anstalt  in 
Charlottenburg  nach  einem  Plane  des  Vorstehers  dieser  Anstalt, 
Professor  Martens,  ausgeführt  wurde,  und  über  welche  dessen  erster 
Assistent,  Herr  Ingenieur  Rudeloff,  im  3.  Ergänzungshefte  1889 
der  Mittheilungen  aus  den  Kgl.  technischen  Versuchs- Anstalten 2) 
berichtet.  Diese  Untersuchung  soll  zunächst  die  Zulänglichkeit 
des  von  Herrn  Martens  entworfenen  Arbeitsplanes  für  weitere, 
in  grofsem  Umfange  anzustellende  Holzuntersuchungen  fest¬ 
stellen,  die  sich  vorzugsweise  über  die  Abhängigkeit  der  Festig¬ 
keit  der  in  Preufsen  vorkommenden  Hauptholzarten  von  den 
Standortverhältnissen  erstrecken  wird.  Dafs  damit  ein  bedeutendes 


48,2,  44,3  und  33,2  cm  bei  einem  Alter  der  Bäume,  nach  den  Jahres¬ 
ringen  ebenda  ermittelt,  von  126  bezw.  129  und  118  Jahren.  Von 
der  Beschreibung  des  Wachsthums  und  der  Altersbestimmung  geht 
der  Berichterstatter  zu  der  Bestimmung  des  Feuchtigkeits-  oder 
Wassergehaltes  über.  Als  Feuchtigkeitsgehalt  wurde  der  Gewichts¬ 
verlust  bestimmt,  welchen  die  Probe  beim  Trocknen  bis  zum  be¬ 
ständigen  Gewicht  erlitt.  Die  gefundenen  Werthe  drücken  indessen 
den  wahren  Wassergehalt  des  Holzes  im  Zustande  vor  der  Unter¬ 
suchung  nicht  völlig  genau  aus,  da  einerseits  ein  Theil  des  im  Holz 
enthaltenen  Wassers  schon  beim  Zerkleinern  der  Probe  theils  ver¬ 
dunstet,  theils  herausgeprefst  wird  und  sich  somit  der  Gewichtsbe¬ 
stimmung  entzieht,  während  anderseits  infolge  der  beim  Trocknen 
stattfindenden  Trockendestillation  der  Gewichtsverlust  gröfser  aus¬ 
fällt,  als  dem  Wassergehalt  vor  Beginn  der  Trocknung  entspricht.'* *) 
Der  gesamte  Feuchtigkeitsverlust  der  Proben  wurde  beim  Zerkleinern 
bei  Kernholz  auf  etwa  3,5  pCt.  und  bei  Splintholz  auf  etwa  6,9  pCt. 
ermittelt,  während  der  Gewichtsverlust  durch  Trockendestillation 


Unterer  Grundrifs. 


Oberer  Grundrifs. 


Kirche  in  Nietleben  bei  Halle  a.  S. 


Material  für  die  Beurtheilung  unserer  Bauhölzer  gewonnen  werden 
wird,  unterliegt  keinem  Zweifel,  und  es  ist  sowohl  im  Interesse 
der  Holzindustrie  als  der  Forstwirthschaft  und  der  Bautechnik 
das  Vorgehen  der  preufsischen  Behörden  in  dieser  Richtung  mit 
Freuden  zu  begrüfsen.  Nächst  der  Forstwissenschaft,  die  durch  die 
geplanten  Versuche  mannigfache  neue  Erfahrungen  auf  dem  Gebiete 
der  Forstcultur  sammeln  dürfte^),  ist  es  die  Bautechnik,  welche  in 
ihrer  Kenntnifs  der  Nutzbarmachung  und  praktischen  wie  wissen¬ 
schaftlichen  Ausnutzung  der  vorhandenen  Hölzer  um  vieles  bereichert 
werden  wird.  Ein  wie  weites  Feld  der  Forschung  sich  hier  bietet, 
zeigt  deutlich  der  Rudeloffsche  Bericht  über  die  Untersuchung  von 
drei  Kiefernstämmen,  die  im  Jagen  168  c  des  Forstreviers  Köpenik  in 
einer  Meereshöhe  von  37  m  Anfang  November  1885  gefällt  wurden. 
Auf  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  dieser  Stämme,  welche  in  um¬ 
fangreichen  Tabellen  mit  begleitendem  Text  und  zeichnerischen  Dar¬ 
stellungen  niedergelegt  sind,  soll,  soweit  bei  denselben  die  bau¬ 
technische  Welt  näher  betheiligt  ist,  hier  kurz  eingegangen  werden. 

Von  der  sehr  gewissenhaften  Entnahme,  Eintheilung  und  Be¬ 
zeichnung  der  einzelnen  Probestücke  sei  hier  nur  erwähnt,  dafs  jeder 
Stamm  1  m  über  dem  Boden  abgeschnitten,  in  drei  Versuchsstücke 
von  je  3,1  m  Länge  zerlegt  und  unentrindet,  gegen  Regen  geschützt, 
in  der  Versuchsanstalt  zwei  Monate  auf  bewahrt  wurde.  Alsdann 
wurde  von  jedem  Stamm  das  obere  und  untere  Stück  nach  einem 
bestimmten  Plane  zerlegt  und  den  Versuchen  unterworfen.  Der 
Stammdurchmesser  betrug  1  m  über  dem  Boden  durchschnittlich 

^)  Versuche  von  K.  Jenny,  K.  Mikolaschek,  Dr.  Exner,  Dr.  Hartig, 
Dr.  Nördlinger,  Prof.  Tetmajer,  Prof.  Bauschinger,  im  Auszuge  zu¬ 
sammengestellt  in  dem  „Handbuch  der  Forstwissenschaft“,  heraus¬ 
gegeben  von  Dr.  Lorey,  Tübingen,  Verlag  der  Lauppschen  Buch¬ 
handlung. 

^)  Verlag  von  Julius  Springer,  Berlin. 

*)  Die  hier  besprochenen  Versuche  haben  von  forstwissenschaft¬ 
licher  Seite  bereits  volle  Anerkennung  gefunden.  Vergl.«Dr.  Danckel- 
mann  in  der  Zeitschrift  für  Forst-  und  Jagdwesen  1890.  1.  Heft. 


beim  Kernholz  etwa  12,5  pCt.  und  beim  Splintholz  etwa  1,4  pCt.  des 
gesamten  Gewichtsverlustes  betrug. 

Die  „Schwindmafsbestimmungen“  erstrecken  sich  auf:  1)  Fest¬ 
stellung  der  verhältnifsmäfsigen  Längenänderungen  in  den  drei 
Hauptrichtungen,  d.  h.  im  Spiegel,  in  der  Wölbfläche  und  in  der 
Richtung  des  Stammes ;  2)  Feststellung  der  Abhängigkeit  dieser 
Längenänderungen  von  der  Höhenlage  im  Stamm  sowie  3)  von  der 
Lage  des  Holzes  im  Stammquerschnitt;  4)  Feststellung  des  Unter¬ 
schiedes  im  Schwinden  zwischen  Kern-  und  Splintholz.  —  Die  Ver¬ 
suche  haben  ergeben,  dafs  1)  sowohl  beim  Splint-  als  beim  Kernholz 
die  Schwindung  tangential  zu  den  Jahresringen  (Wölbfläche)  gröfser 
ist  als  radial  zu  denselben  (Spiegel),  und  zwar  verhält  sich  erstere 
zur  letzteren  beim  Splintholz  wie  154 : 100,  beim  Kernholz  wie 
132  ;  100;  2)  eine  Abhängigkeit  der  Gröfse  der  Schwindung  von  der 
Höhenlage  der  Probe  im  Stamm  besteht  nicht;  3)  die  im  Querschnitt 
nach  Süden  gelegenen  Stücke  zeigen  beim  Splintholz  eine  kleinere 
mittlere  Schwindung  als  die  nördlich  gelegenen.  Der  mittlere  Unter¬ 
schied  beträgt  tangential  zu  den  Jahresringen  etwa  3  pCt.,  radial 
9  pCt.;  4)  die  Schwindung  ist  für  das  Splintholz  tangential  um 
27,6  pCt.,  radial  um  9,1  pCt.  gröfser  als  beim  Kernholz. 

Die  Versuche  erstrecken  sich  alsdann  weiter  über  den  Einflufs 
der  Jahresringbreite  auf  die  Schwindung,  über  die  Beziehungen 
zwischen  Feuchtigkeitsabnahme  und  linearer  Schwindung,  und  über 
das  specifische  Gewicht  der  aus  verschiedenen  Theilen  des  Stammes 
entnommenen  Proben.  Auf  alles  dies  genauer  einzugehen,  würde 
hier  zu  weit  führen,  es  seien  deshalb  nur  noch  die  Ergebnisse  der¬ 
jenigen  Versuche  erwähnt,  welche  sich  auf  Druckfestigkeit  (Knick¬ 
festigkeit),  Scherfestigkeit,  Biegungsfestigkeit  und  Zugfestigkeit  er¬ 
strecken.  Die  Proben  auf  Druckfestigkeit  sollen  1)  einen 
unmittelbaren  Vergleich  zwischen  den  Festigkeiten  des  grünen  und 
des  lufttrockenen  Holzes  gestatten,  2)  den  Einflufs  der  Länge  der 

Vergl.  Schild:  „Ueber  die  Bestimmirng  der  absoluten  Feuch¬ 
tigkeit  der  Hölzer“  (Mittheilungen  aus  den  König],  techn.  Versuchs- 
Anstalten  1886,  S.  107.) 


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81.  Mai  1890, 


Ceutralblatt  der  ßauverwaltung. 


Probe  auf  die  Zerknickungsfestigkelt  feststellen.  Um  zu  möglichst 
einflufsfreien  Ergebnissen  zu  gelangen,  ist  durch  eine  besondere  Reihe 
von  Versuchen  vorher  folgendes  festgestellt  worden:  a)  die  Druck¬ 
festigkeit  nimmt  im  allgemeinen  mit  zunehmender  Höhe  der  Proben- 
Lage  im  Stamm  ab;  b)  die  Druckfestigkeit  nimmt  annähernd  im 
gleichen  Verhältnifs  mit  dem  specifischen  Gewicht  ab;  c)  der  gröfseren 
Jahresriugbreite  entspricht  im  allgemeinen  die  gröfsere  Druckfestig¬ 
keit.  Dieses  Ergebnifs  überrascht  zunächst,  weil  man  anzunehmen 
geneigt  ist,  dafs  dem  engringigen,  härteren  Holz  eine  gröfsere  Druck¬ 
festigkeit  inuewohnt.  Betrachtet  man  aber  das  Holz  im  Hinblick 
auf  seine  abwechselnd  weichen  Frühjahrs-  und  härteren  Herbstzonen 
gleichsam  als  eine  Schichtung  von  hai'ten  Platten  und  weichem  Binde¬ 
mittel,  so  mufs  beim  Druckversuch  von  hier  aus,  wo  die  ganze  Last 
von  den  härteren  Platten  aus  Herbstholz  aufzunehmen  ist,  eine  Be¬ 
anspruchung  dieser  Platten  auf  Einknickung  stattfinden.  Thatsäch- 
lich  erkennt  man  diesen  Umstand  in  dem  Zusammenschieben  der 
Fasern  unter  der  höchsten  erreichten  Belastung.  Würde  die  Last  beim 
Versuche  vollkommen  gleichmäfsig  über  die  Auflageflächen  vertheilt 
sein  und  zugleich  genau  in  der  Richtung  der  Jahresringjdatten  wirken, 
so  würde  das  engringige  Holz  zweifelsohne,  wenn  nicht  eine  höhere, 
so  doch  eine  gleiche  Druckfestigkeit  zeigen  wie  weitringiges  Holz. 

In  der  That  ist  die  eben  ausgeführte  Theoiäe  nicht  ohne  weiteres 
auf  alle  Holzarten  anwendbar.  Nach  Bauschinger'^)  ist  das  Verhältnifs 
zwischen  Sommerholz  (Herbstholz)  und  Frühjahrsholz  mafsgebend 
für  die  Höhe  der  Druckfestigkeit,  ein  Gesetz,  welches  sich  mit  den 
hier  vorliegenden  Versuchsergebnissen  sehr  wohl  vereinbaren  läfst, 
wenn  man  annimmt,  dafs  bei  engen  Jahresringen  das  Verhältnifs  der 
Herbstzone  gröfser  ist  als  bei  weiten  Jahresringen.  Da  der  Wider¬ 
stand  gegen  Zerknicken  direct  proportional  ist  dem  Trägheitsmomente 
des  Plattenqnerschnittes,  welcher  seinerseits  wieder  nicht  nur  mit 
dem  Quadrate  der  Breite  der  Herbstzoneu  wächst,  sondern  auch  ganz 
erheblich  von  dem  Krümmungshalbmesser  der  Jahresringe  abhängt, 
so  berechtigt  dies  zu  dem  Schlufs,  dafs  die  Druckfestigkeit  einer  von 
hier  aus  beanspruchten  Holzprobe  bei  sonst  gleichen  Verhältnissen 
um  so  gröfser  ist,  je  geringer  der  Krümmungshalbmesser  der  Jahres¬ 
ringe  ist.  —  Aus  den  Versuchen  geht  ferner  hervor,  dafs  wie  beim 
lufttrockenen  Holz  auch  beim  grünen  Holz  die  Druckfestigkeit  mit 
dem  specifischen  Gewicht,  der  Jahresringbreite  und  wachsender 
Höhenlage  im  Stamm  abnimmt. 

Zur  Ermittlung  der  Festigkeitsunterschiede  zwischen  den  Proben 
von  verschiedenem  Feuchtigkeitsgehalt  erschien  es  nothwendig,  zu¬ 
nächst  nur  diejenigen  Werthe  in  Vergleich  zu  ziehen,  welche  mit 
Stücken  aus  einer  und  derselben  Scheibe  erhalten  sind.  Dabei  er- 
giebt  sich,  dafs  die  Druckfestigkeit  des  grünen  Holzes  sich  zu  der¬ 
jenigen  des  lufttrockenen  verhält  wie  60  :  100,  während  ohne  Rück¬ 
sicht  auf  die  Höhenlage  im  Stamm  dieses  Verhältnifs  sich  gestaltet 
wie  47  ;  100.  Daraus  geht  hervor,  dafs  es  zur  Erlangung  zuverlässiger 
Werthe  nicht  angängig  ist,  die  Höhenlage  der  Proben  im  Stamm  bei 
dem  Vergleich  aufser  acht  zu  lassen.  Ob  der  Einflufs  des  Feuchtig- 

Vergl.  Bauschinger;  Mittheiluugen  aus  dem  mechanisch-tech¬ 
nischen  Laboratorium  der  Königl.  techn.  Hochschule  in  München. 
16.  Heft  1887. 


keitsgehaltes  auf  die  Druckfestigkeit  mit  dem  Schwinden  des  Holzes 
in  unmittelbarer  Beziehung  steht,  ist  noch  nicht  sicher  nachgewieseu, 
aber  sehr  wahrscheinlich.  Nördlinger'j)  weist  nach,  dafs  eine  Scheibe 
trocknen  Holzes,  unter  Wasser  gebracht,  nach  einiger  Zeit  infolge 
der  Quellung  genau  die  Grundabmessungen  des  gröfsten  Wasser¬ 
reichthums  wieder  annimmt;  die  für  die  Technik  des  Wasserbaues 
hochbedeutsame  Frage,  ob  auch  die  Festigkeit  des  Holzes  durch  er¬ 
neute  Wasseraufnahme  wieder  bis  auf  diejenige  des  grünen  Zustandes 
zurückgeführt  wird,  ist  damit  aber  noch  nicht  gelöst. 

Die  in  den  Rudeloffschen  Bericht  mitaufgenommenen  Versuclie 
über  den  Einflufs  des  Längenverhältnisses  zur  kleinsten  Durch¬ 
schnittsbemessung  auf  die  Knickfestigkeit  des  trockenen  Holzes 
setzen  sich  in  Widerspruch  mit  den  bisher  gebräuchlichen  Annahmen 
und  den  Tetmajerschen  Versuchen,'^)  nach  welchen  „die  Knickgefahr 
bei  Balkenlängen  gleich  der  fünf-  bis  zehnfachen  (schätzungsweise 
der  achtfachen)  Querschnittsbreite  beginnt“.  Die  allerdings  wenig 
zahlreich  angestellten  und  deshalb  nicht  ganz  zuverlässigen  Rudeloft- 
schen  Versuche  ergeben  u.  a.,  dafs  die  Knickgefahr  bereits  früher, 
also  nicht  erst  bei  achtfacher  Balkenlänge  eintritt. 

Von  den  Ergebnissen  der  Versuche  auf  Scherfestigkeit, 
welche  sowohl  in  der  Richtung  des  Sjjiegels  als  tangential  zu  den 
Jahresringen  angestellt  wurden,  ist  zu  erwähnen,  dafs  die  Scher¬ 
festigkeit  des  dem  Mark  zunächst  gelegenen  Kernholzes  geringer  ist, 
als  die  der  übrigen  Kernstücke;  auch  scheint  die  Scherfestigkeit  des 
Kernholzes  mit  der  Annäherung  zum  Splintholz  wieder  abzunehmen. 
Letzteres  zeigt  bei  allen  Stämmen  eine  geringere  Scherfestigkeit  als 
das  Kernholz.®)  Ein  gesetzmäfsiger  Zusammenhang  zwischen  Scher¬ 
festigkeit  und  Höhenlage  im  Stamm  liefs  sich  nicht  erkennen. 

Zu  weniger  positiven  Ergebnissen  haben  die  Versuche  auf  Bie¬ 
gungsfestigkeit  und  diejenigen  auf  Zugfestigkeit  geführt,  erstere,  weil 
die  Zahl  der  Probestücke  zu  gering  war,  um  den  gewonnenen  Ergeb¬ 
nissen  Anspruch  auf  allgemeine  Gültigkeit  zu  verleihen,  letztere,  weil 
die  Schwierigkeiten  und  Unzulänglichkeiten,  die  sich  der  Ausführung 
der  Zugversuche  entgegenstellten,  zu  mannigfaltige  waren,  um  gänzlich 
beseitigt  zu  werden,  sodafs  ihre  Folgen  auf  das  Endergebnifs  nicht 
ohne  Einflufs  geblieben  sind.  Immerhin  bildet  die  mit  aufserordent- 
lichem  Aufwand  an  Mühe  und  Zeit  vollendete  Rudeloffsche  Arbeit 
einen  höchst  beachtenswerthen  und  schätzbaren  Beitrag  zur  Kenntnifs 
der  Festigkeit  und  der  physicalischen  Eigenschaften  des  Kiefern¬ 
holzes  und  hat  ihren  Zweck,  die  Grundlage  für  ein  weitergehendes 
Versuchsprogramm  zu  bilden,  voll  erreicht.  Die  Ergebnisse  der  be¬ 
sprochenen  Versuche  führen  bezüglich  des  endgültigen  Programmes, 
welches  den  vergleichenden  Untersuchungen  über  die  „Abhängigkeit 
der  Festigkeit  der  in  Preufsen  vorkommenden  Hauptholzarten  von 
den  Standortverhältnissen“  zu  Grunde  zu  legen  sein  würde,  zu  be¬ 
stimmten  Vorschlägen,  welche  dem  Berichte  angefügt  sind. 
-  Max  Gary. 

<^)  Nördlinger:  Die  technischen  Eigenschaften  der  Hölzer.  S.  339. 

Tetmajer:  Die  Knickfestigkeit  der  Bauhölzer.  Schweizerische 
Bauzeitung  1883,  S.  141. 

®)  Abweichend  hiervon  vergl.:  Bauschinger:  Mittheilungen  aus 
dem  mechanisch-technischen  Laboratorium  der  Königl.  techn.  Hoch¬ 
schule  in  München.  Heft  9.  1883.  S.  22. 


Strafsenbrücke  über  die  Noce- Schlucht  in  Südtyrol 


Die  Ausführung  eiserner  Brücken 
mit  hochgelegener  Fahrbahn  als 
Bogenbrücken  liegt  im  allgemeinen 
schon  deshalb  nahe,  weil  diese 
Brücken  allen  andern  hinsichtlich  der 
Formenschönheit  voranstehen.  Die 
Wahl  des  Bogens  ist  auch  bei  erheb¬ 
lichen  Spannweiten  dann  noch  be¬ 
sonders  angezeigt,  wenn  die  Auf¬ 
stellung  des  Tragwerks  ohne  feste 
Gerüste,  von  den  Widerlagern  aus, 
vorgenommen  werden  kann.  Eine 
sehr  bemerkenswerthe  Ausführung 
dieser  Art  ist  die  1888  eröft’nete 
Brücke  über  die  Noce -Schlucht  bei 
St.  Giustina  in  Südtyrol,  welche  in 
der  Zeitschrift  des  österreichischen 
Architekten-  und  Ingenieur -Vereins 
vom  Jahre  1889  beschrieben  und 
abgebildet  ist.  Die  Brücke  liegt  im 
Zuge  der  Staatsstrafse  Cles-Dermulo, 
welche  bei  dem  genannten  Orte  in 
138  m  Höhe  über  der  Thalsohle  wage¬ 
recht  und  rechtwinklig  über  die  Schlucht  geführt  ist.  Sie  hat  nur  eine 
Oefl’nung  von  60  m  Spannweite;  es  kam  daher  der  bei  Brücken  mit 


mehreren  Oeftnungen  sehr  ins  Gewicht  fallende  Vortheil,  das  von 
einem  Widerlager  aus  allmählich  vorzustreckende  Tragwerk  einer 
Oeffnung  von  der  Gegenseite  dieses  Widerlagers  durch  das  Tragwerk 
der  Nachbaröftnung  in  der  Schwebe  halten  zu  können,  hier  nicht 
zur  Geltung.  Im  vorliegenden  Falle  war  die  Aufstellung  von  den 
Widerlagern  aus  nur  dadurch  zu  erreichen,  dafs  nach  letzteren  zu 
in  der  Ebene  der  Fahrbahn  der  Brücke  starke  Verankerungen  an¬ 
geordnet  und  hinter  besonders  kräftig  gestalteten  Widerlagskörpern 
befestigt  wurden. 

Die  Brücke  an  sich  ist  geschickt  als  Gitterbogenbrücke  durch¬ 
gebildet;  die  beiden  Hauptträger  haben  4,28  m  Abstand.  Die  Unter¬ 
gurte  sind  mit  Pfeil  gekrümmt.  Gelenke  sind  nur  an  den  Käm- 
jjfern  angeordnet,  der  Scheitel  ist  dagegen  starr  vernietet.  Die 
Gliederung  der  Träger  ist  aus  Abb.  1  ersichtlich.  Die  Widerlags- 
maueru  haben  68  m  Abstand.  Die  zwischen  dem  Mauerwerk  und  den 
Endständern  der  Träger  verbleibenden  Felder  von  je  4  m  Breite  sind 
überbrückt  durch  Blechträger  in  der  Verlängerung  der  Obergurte; 
diese  Träger  liegen  einerseits  auf  dem  Mauerwerk  auf  und  sind  ander¬ 
seits  mittels  Bolzengelenken  an  den  Obergurten  befestigt  (Abb.  3). 
Die  6  m  breite  Fahrbahn  ist  in  einfachster  Weise  aus  quer  gelegtem 
doppeltem  Bohlenbelag  hergestellt,  von  welchem  die  untere  Lage 
10  cm,  die  obere  5  cm  Stärke  hat.  Wie  in  dem  Querschnitt  Abb.  2 
veranschaulicht,  wird  die  Verkehrslast  von  vier  Zwischenlängsträgern 
aus  gewalzten  I- Eisen  und  zwei  Fahrbahnabschlufsträgern  aufge- 
nommmen,  welche  sich  sämtlich  bis  auf  die  Widerlager  fortsetzen. 


Abb.  1.  Gesamtanordnung. 


h\  22. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


221 


Die  inneren  Zwischenlängsträger  ruhen  auf  gegliederten  Trapez- 
querträgern,  die  Abschlufsträger  auf  Auslegern.  In  den  Ebenen  der 
senkrechten  Trägerstäbe  sind  Querverbände  (vgl.  Abb.  2),  in  der 
Ebene  der  Obergurte  und  in  der  Fläche  der  Untergurte  Windvei'- 
bände  angeordnet. 


Spannungswechsel  in  Rechnung  gezogen,  welche  durch  Wärme¬ 
schwankungen  von  +  30  hunderttheiligeu  Graden  um  eine  mittlere 
Tageswärme  hervorgebracht  werden;  endlich  wurde  ein  Winddruck 
von  150  und  250  kg/qm  für  die  Fälle  belasteter  bezw.  unbelasteter 
Brücke  auf  die  anderthalbfache  Angriffsfläche  einer  Tragwand  wirkend 


Der  Berechnung  der  Brücke  wurden  folgende  Belastungswerthe 
zu  Grunde  gelegt;  für  den  Bohlenbelag  105  kg/qm,  für  das  übrige 
Eigengewicht  1170  kg  auf  das  Meter  Brücke,  für  die  Verkehrslast 


ein  Gleichwerth  von  465  kg/qm  bei  Annahme  von  Menschengedränge; 
die  Berechnung  der  Brückentafel  erfolgte  unter  Annahme  eines  Rad¬ 
drucks  von  2,5  t  bei  3,5  m  Abstand  und  1,3  m  Spurweite  der  Räder 
des  in  Betracht  gezogenen  Fuhrwerks.  Ferner  wurden  diejenigen 


angenommen.  Auf  1  qcm  des  verwendeten  Schweifseisens  wurden 
800  kg  Spannung  zugelassen.  Das  Gesamtgewicht  der  fertigen 
Brücke  wurde  zu  95,46  Tonnen  ermittelt.  Vor  der  Eröftnung  der 
Brücke  wurde  eine  Probebelastung  durch  eine  gleichmäfsig  vertheilte 
Schotterlage  von  29,6  cm  Stärke,  deren  Gewicht  auf  ein  Quadratmeter 
sich  gleich  der  angenommenen  Verkehrslast  von  465  kg/qm  stellte, 
vorgenommen.  Die  Last  wurde  eine  Stunde  hindurch  auf  der  Brücke 
belassen  und  sodann  nach  und  nach  entfernt;  dabei  ergab  sich  eine 
vorübergehende  Einsenkung  von  2  mm  und  eine  bleibende  von  7  bezw. 
6  mm  in  der  Mitte  der  Brücke  über  den  Trägern. 

Wie  die  Verankerung  des  Ti-agwerkes  bei  der  Aufstellung  der 
Brücke  vorgenommen  wurde,  ist  aus  den  Abbildungen  3  und  4  er¬ 
sichtlich.  Zum  Nachspannen  wurden  Schraubenspindeln  mit  gegen¬ 
läufigen  Gewinden  s  und  eingeschaltet,  welche  mittels  Sperrklinken¬ 
hebel  h  nach  beiden  Seiten  gedreht  werden  konnten.  Während  die 
Endfelder  der  Brücke  mit  Hülfe  fester  Gerüste  aufgestellt  wurden, 
wurde  beim  Aufbau  des  übrigen  Tragwerks  von  beiden  Widerlagern 
aus  so  vorgegangen,  dafs  mit  Hülfe  von  Mastenkrahnen  und  hän¬ 
genden  Gerüsten  die  einzelnen  Theile  aneinander  gefügt  wurden 
(Abb.  5).  Nach  Vernietung  der  Schlufstheile  wurden  die  Spann¬ 
vorrichtungen  in  den  Ankern  gelöst  und  hierdurch  die  Widerlager 
entlastet.  Es  ist  noch  zu  erwähnen,  dafs  beim  Bau  der  Brücke  auch 
eine  über  die  Schlucht  gespannte  Drahtseilbahn  einfachster  Art  Ver¬ 
wendung  gefunden  hat. 

Die  beschriebene  Brücke  wurde  von  der  Brückenbauanstalt  der 
„Oesterreichischen  Alpinen  Montan-Gesellschaft“  nach  dem  Entwurf 
des  Oberingenieurs  Hagen  zur  Ausführung  gebracht. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


31.  Mai  1890. 


Ausstellung  von  Aquarellen  und  Haiidzeichimngeii  Franz  Ewerbecks  in  Aachen. 


Auf  Betreiben  der  Architektur- Abtheiluiig  an  der  technischen 
Hochschule  in  Aachen  ist  in  den  letzten  Wochen  in  der  Aula  der 
genannten  Anstalt  eine  Ausstellung  von  Aquarellen  und  Handzeich¬ 
nungen  aus  dem  Xachlafs  des  verstorbenen  Professors  F.  Evv erbeck 
veranstaltet  worden,*)  welche  in  überaus  anziehender  Weise  einen 
Einblick  in  bisher  weniger  bekannt  gewordene  Schöpfungen  des 
Meisters  eröffnet.  Indem  man  hierbei  von  seinen  gr-öfseren 
architektonischen  Entwürfen,  die  fast  sämtlich  durch  Veröffent¬ 
lichungen  bekannt  geworden,  von  vornherein  absah,  wurde  eine 
möglichst  vollständige  Zusammenstellung  der  zahlreichen  kleineren 
Arbeiten,  welche  die  schaffensfreudige  Hand  des  Künstlers  in  seinen 
Mufsestunden  entstehen  liefs,  angestrebt.  So  ist  es  der  Thätigkeit 
des  Herrn  Professors  Henrici,  welcher  sich  in  dankenswerther  Weise 
der  schwierigen  Aufgabe  unterzog,  Ewerbecks  künstlerischen  Nachlafs 
zu  erschliefsen,  gelungen,  über  500  Blatt  meist  nach  der  Natur  auf¬ 
genommener  Aquarelle  und  Eeiseskizzen,  darunter  viele  Original¬ 
zeichnungen  zu  Ewerbecks  küi'zlich  abgeschlossenem  Werk  „Die 
Renaissance  in  Belgien  und  Holland“  und  anderen  Veröffentlichungen, 
in  übersichtlichen  Gruppen  zusammenzustellen. 

Ein  ganz  besonderes  Interesse  beanspruchen  in  dieser  Sammlung 
die  in  einer  Zahl  von  mehr  als  200  vertretenen  Aquarelle.  Zwar 
sind  die  meisten  Blätter  unfertig,  so  wie  sie  an  Ort  und  Stelle 
entstanden,  aber  eben  diese  Gelegenheits  -  Skizzen  haben  einen 
ganz  besonderen  Reiz,  da  sich  in  ihnen  Ewerbecks  bestes  Können 
offenbart.  Keck  hingeworfen  und  doch  dabei  von  tadelloser  Klar¬ 
heit  und  Sauberkeit,  zeigen  sie  eine  erstaunliche  Sicherheit  in 
der  Beurtheilung  und  Wiedergabe  der  Farben,  eine  stets  geist¬ 
reiche  Auffassung  und  schlagende  Darstellung  des  Wesentlichen 
in  Motiven  und  Gegensätzen,  immer  eine  wohlthuende  Harmonie  und 
nicht  selten  eine  bei  der  Einfachheit  der  Mittel  wahrhaft  bewunderns- 
werthe  Stimmung.  Als  ein  besonders  glücklicher  Umstand  ist  es 
im  Hinblick  auf  diese  Eigenschaften  zu  bezeichnen,  dafs  Ewerbeck 
wenigstens  in  späteren  Jahren  seine  Skizzen  nach  der  Natur  stets 
unverändert  liefs.  Denn  es  treten  die  nach  denselben  fertig 
ausgeführten  Darstellungen ,  welche  z.  Th.  neben  den  Skizzen 
ausgestellt  sind,  bei  grofser  Klarheit  und  Harmonie  nicht  selten 
gegen  letztere  zurück,  insofern  durch  eine  zu  weit  ins  einzelne 
gehende  Ausarbeitung  und  zu  gleichmäfsige  Durchführung  des 
Vorder-,  Mittel-  und  Hintergrundes  die  fein  abgestufte  Luft- 
Perspective  sowie  die  klare  Hervorhebung  des  Hauptsächlichen  be¬ 
einträchtigt  wurde  und  dadurch  die  Stimmung  z.  Th.  verloren  ging. 
Diese  Erscheinung  spricht  für  das  aufsergewöhlich  scharfe,  schnell 
auffassende  Auge  des  Künstlers  und  findet  technisch  ihre  Erklärung 
darin,  dafs  Ewerbeck  sich  von  vornherein  gewöhnte,  mit  verhältnifs- 
mäfsig  knappen  Mitteln  zu  arbeiten,  wodurch  seine  Mal  weise  gerade 
zur  schnellen  Festhaltung  des  Gesehenen  geeigneter  und  schlag¬ 
fertiger  werden  mufste.  So  übte  er  nur  in  sehr  geringem  Mafse  die 
Technik  des  Lasirens  und  war  vielmehr  stets  bestrebt,  die  erschauten 
Farbentöne  gleich  beim  ersten  Aufträgen  richtig  zu  treffen  und  mit 
der  gröfsten  Sauberkeit  neben  einander  zu  setzen.  In  wie  hohem 
Mafse  ihm  dies  gelang,  zeigen  besonders  einige  seiner  Schweizer 
Skizzen,  bei  denen  die  fernen  Schneegipfel  bei  aller  Schärfe  und 
Genauigkeit  der  Zeichnung  unvergleichlich  zart  und  duftig  wieder¬ 
gegeben  sind.  Ferner  verzichtete  er  bei  seinen  Landschaftsbildern 
fast  gänzlich  auf  den  Gebrauch  von  Deckfarben,  eine  Beschränkung, 
die  ihn  gleichfalls  nöthigte,  an  die  Genauigkeit  der  Pinselführung 
und  Sauberkeit  der  Mischung  die  höchsten  Ansprüche  zu  stellen. 

Auf  welchem  Wege  er  in  diesem  Sinne  allmählich  zur  vollen 
Beherrschung  seiner  Malweise  gelangte,  läfst  sich  an  der  Hand  der 
ausgestellten  Blätter  deutlich  verfolgen.  Diese  liefsen  sich,  ob¬ 
wohl  Ewerbeck  fast  nirgends  eine  Angabe  der  Zeit  oder  des 
Gegenstandes  vermei’kt  hat,  mit  ziemlicher  Sicherheit  nach  der  Zeit¬ 
folge  ordnen,  da  das  stetige  Fortschreiten  des  Künstlers  sich  in 
ihnen  klar  ausprägt.  Die  ältesten  Studienblätter  verweisen  auf  die 
Zeit  seines  hannoverschen  Aufenthaltes  anfangs  der  sechziger  Jahre, 
in  der  er,  in  Hases  Werkstatt  angestellt,  mehrere  Studienreisen  nach 
Süddeutschland  und  Westfalen  unternahm.  Unter  dem  Einflufs  des 


*)  Vgl.  die  Mittheilung  auf  Seite  188  d.  J. 


bekannten  hannoverschen  Afiuarellmalers  Girot  entstand  in  jener 
Zeit  eine  Reihe  von  Aufnahmen  und  romantisch  aufgefafsten  archi¬ 
tektonischen  Entwürfen  mit  landschaftlicher  Umgebung,  welche  bei 
schon  jetzt  erkennbarer  grofser  Sicherheit  in  der  Farbengebung  mehr 
das  Gepräge  farbig  behandelter  Zeichnungen  tragen.  In  Nürnberg, 
wo  er  eine  Zeit  lang  die  Kunstakademie  besuchte,  scheint  er  durch 
den  bekannten  Hofrath  Fr.  K.  Mayer  zu  der  seinen  Werken  eigen- 
thümlich  gebliebenen  strengen  architektonischen  Auffassung  und 
genauen  Zeichnung  weitere  Anregung  erfahren  zu  haben.  Es  deuten 
hierauf  mehrere  fast  ängstlich  genau  durchgeführte  Architekturbilder 
aus  jener  Zeit  hin,  so  Darstellungen  des  Hofes  vom  Pellerschen 
Hause  und  anderer  Nürnberger  Motive,  sowie  besonders  eine  Innen¬ 
ansicht  des  Domes  in  Münster. 

Während  seines  darauf  folgenden  dreijährigen  Aufenthaltes  in 
Westfalen  zur  Ausführung  verschiedener  Eisenbahnhochbauten  begann 
zuerst  ein  ganz  selbständiges  freies  Schaffen.  Hier  fällt  sogleich 
Ewerbecks  besonderes  Geschick  auf,  überall  geeignete  Motive  auf¬ 
zufinden  und  nöthigenfalls  passend  zusammenzustellen.  Auch  jetzt 
erscheint  noch  die  Farbengebung  mehr  als  eine  Zuthat  zur  Zeichnung, 
meist  etwas  kalt  und  wenig  körperlich.  Kurz  nach  jener  Zeit  scheint 
eine  Reise  nach  dem  Süden  die  rechte  Farbenfreudigkeit  in  ihm  ge¬ 
weckt  zu  haben.  Schon  bald  nach  seiner  Berufung  an  die  Aachener 
Hochschule  entstanden  Skizzen  aus  der  Umgebung  von  Aachen,  aus 
der  Eifel  und  vom  Rhein,  die  einen  ganz  gewaltigen  Fortschritt  in 
Bezug  auf  Plastik  und  Harmonie  der  Farben  bekunden.  Fortgesetzte 
ausgedehnte  Studienreisen  und  ein  rastloses,  in  zielbewufster  und 
selbständiger  Weise  vergehendes  Streben  steigern  seine  Meister¬ 
schaft  von  Stufe  zu  Stufe.  Manchmal  wird  der  Einflufs  irgend  eines 
fremden  Künstlers  bemerkbar,  dessen  Malweise  Ewerbeck  dann  in 
einzelnen  Blättern  nachzuahmen  sucht,  aber  bald  wieder  verläfst. 
Zixweilen  hat  er  auch,  um  die  Kraft  und  Plastik  seiner  Darstellungs¬ 
weise  zu  fördern,  tüchtige  Oelbilder  nachgemalt.  Höchst  bezeichnend 
für  seine  emsige  Thätigkeit  ist  auch  der  Umstand,  dafs  er  manchen 
liebgewordenen  Gegenstand,  besonders  aus  seiner  ersten  Zeit  in  Süd¬ 
deutschland,  während  seines  späteren  Lebens  immer  wieder  aufgreift, 
um  ihn  von  stets  veränderten  Gesichtspunkten  aus  und  in  anderer 
Anordnung  von  neuem  durchzuarbeiten.  So  gelangte  er  bei  strengster 
Wahrung  seiner  Eigenart,  vor  allem  in  der  Darstellung  malerischer 
Architektur,  zu  einer  Reihe  von  Schöpfungen,  die  zwar  nicht  den 
Landschaftsmaler  von  Beruf  in  jeder  Hinsicht  befriedigen,  wohl  aber, 
vom  Standpunkt  des  architektonischen  Darstellers  betrachtet,  als 
wahre  Perlen  bezeichnet  werden  dürften,  so  vor  allem  seine  Bilder 
von  dei’  Mosel  und  viele  Blätter  aus  Italien  und  der  Schweiz. 

Eine  gröfsere  Anzahl  von  fesselnden  Darstellungen  in  Sepia  und 
wenigen  Farbentönen  führt  uns  auf  das  Gebiet  der  strengen  Archi¬ 
tekturaufnahme.  Hier  ist  Ewerbecks  fruchtbringende  Thätigkeit  ja 
durch  seine  Veröffentlichungen  überall  bekannt  geworden.  Unter  der 
stattlichen  Reihe  von  farbigen  Aufnahmen  fallen  die  herrlichen  De- 
corationsstücke  aus  dem  Palazzo  del  Te  und  dem  Palazzo  ducale  in 
Mantua  durch  die  überaus  fleifsige  und  genaue  Ausarbeitung,  sowie 
verschiedene  kunstgewerbliche  Musterzeichnungen,  besonders  bunte 
Steingutkrüge,  durch  ihre  geschmackvolle  und  vornehme  Vortrags¬ 
weise  auf.  Hieran  schliefsen  sich  die  zahlreichen  für  die  Veröffent¬ 
lichung  geschaffenen  Feder-  und  Stiftzeichnungen,  deren  meisterhafte 
Durchführung  hinlänglich  bekannt  ist.  Von  Originalentwürfen  ist 
aufser  einigen  Darstellungen  zu  einem  monumentalen  Laufbrunnen 
sowie  für  das  Gesellschaftsbaus  „Erholung“  in  Aachen  nur  der 
Wettbewerbs-Entwurf  zum  Volksgarten  für  Köln  ausgestellt,  bei  dem 
auch  mehr  als  die  Erfindung  der  ganzen  Anlage  die  reizvolle  Aus¬ 
führung  der  beigegebenen  Aquarelle  hervorzuheben  ist. 

Alles  in  allem  genommen  bietet  uns  also  die  Ausstellung  das 
Bild  eines  aufserordentlichen,  entschieden  zu  malerischer  Darstellung 
hinneigenden  zeichnerischen  Talentes  von  der  unermüdlichsten 
Schaffensfreudigkeit  und  selbständigsten  Eigenart.  Dafs  bei  dieser 
ganz  auf  eigenen  Füfsen  fortschreitenden  Entwicklung  des  Künstlers 
seine  Zeichnungen  einen  ausgeprägt  subjectiven  Charakter  erhielten, 
der  sich  besonders  bei  der  fast  fieberhaften  Thätigkeit  der  letzten 
Jahre  bisweilen  zur  Manier  steigerte,  ist  zu  natürlich  und  erklärbar, 
als  dafs  man  besorgt  sein  müfste,  es  zu  verschweigen. 

_  Wickop. 


lieber  die  Grrenzen  des  Flufsbettes  eines  öffentlichen  Stromes 
gegenüber  dem  Privateigenthum 


hat  das  Königliche  Oberverwaltungsgericht  in  Berlin  in  einem  Urtheil 
vom  12.  December  1887  Rechtsgrundsätze  aufgestellt,  welche  die  Be¬ 
fugnisse  der  Strombauverwaltung  klar  stellen  und  deshalb  verdienen, 
in  weiteren  Kreisen  bekannt  zu  werden. 


Der  Thatbestaud,  welcher  dem  vorliegenden  Falle  zu  Grunde 
lag,  war  folgender: 

Auf  einem  hart  am  Ufer  der  Lahn  sich  hinziehenden  Flächen¬ 
streifen,  der  durch  Baggergut  aufgehöht  und  mit  alten  Weiden  un- 


»r.  22. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


223 


regelmäfsig  bestanden  war,  liefs  Unterzeichneter  die  alten  Weiden 
beseitigen,  die  Unebenheiten  ausgleichen  und  neue  Weidenstecklinge 
zur  Beförderung  der  Verlandung  setzen.  Eine  Actiengesellschaft 
als  Eigenthümerin  der  angrenzenden  Wiesenflächen  erachtete  sich 
hierdurch  in  ihren  Eigenthumsrechten  beeinträchtigt  und  erhob  Be¬ 
schwerde  bei  dem  Königlichen  Regierungs-Präsidenten.  Diese  Be¬ 
schwerde  wurde  mit  der  Begründung  zurückgewiesen,  dafs  nach  den 
angestellten  Ermittlungen  der  fragliche  Streifen  früher  in  Abbruch 
befindlich  gewesen,  sodann  im  Schutz  älterer  Stromregulirungs  werke 
durch  Verlandung  neu  gebildet  und  durch  Baggergut  weiter  aufgehöht 
sei,  dafs  er  demnach  als  eine  Anlandung  im  Sinne  des  Gesetzes  vom 
20.  August  1883  G.  S.  S.  333  angesehen  werden  müsse,  und  die  Strom¬ 
bauverwaltung  befugt  gewesen  sei,  die  unvollständige  Ausbildung 
jener  Anlandung  weiter  in  angegebener  Weise  zu  befördern. 

Gegen  diesen  Bescheid  wurde  seitens  der  Eigenthümerin  Klage 
beim  Oberverwaltungsgericht  erhoben  mit  der  Begründung,  dafs  von 
fragl.  Anlandung  ein  Streifen  von  etwa  27  m  Länge,  2  bis  2V2  m 
Breite  zum  Eigenthum  derselben  nach  Ausweis  des  Stockbuches  und 
der  Katasterkarte  gehöre  und  die  Strombauverwaltung  nicht  berech¬ 
tigt  gewesen  sei,  ohne  Anhörung  der  Klägerin  eine  Weidenpflanzung 
auf  deren  Eigenthum  anzulegen.  Seitens  der  Strombauverwaltung 
wurde  noch  der  Nachweis  in  den  späteren  Verhandlungen  geführt, 
dafs  fragliche  Anlandung  in  ihrer  Höhenlage  über  mittlerem  Sommer¬ 
wasserstand,  jedoch  unter  dem  höchsten  schiffbaren  Wasserstand  bei 
bordvollem  Strom  liege.  Innerhalb  dieser  beiden  Wassei’stände  be¬ 
fänden  sich  überhaupt  die  zur  Eegulirung  des  Stromschlauches  be¬ 
stimmten  Werke.  Da  die  Höhe  des  Wasserstandes  fortwährend 
zwischen  diesen  Grenzen  wechsele,  so  könne  auch  innerhalb  derselben 
von  einer  bestimmten  Begrenzung  des  Bettes  nicht  die  Rede  sein. 

Das  Oberverwaltungsgericht  hat  in  dem  ergangenen  Erkenntnifs 
zunächst  die  Frage  einer  Beurtheilung  unterzogen,  ob  der  streitige 
Flächenraum  dem  Eigenthumsrechte  der  Klägerin  überhaupt  damals 
unterlegen,  und  führt  wörtlich  aus: 

„Diese  Frage  läfst  sich  nicht,  wie  Klägerin  meint,  auf  Grund 
derjenigen  Feststellungen  entscheidend  beurtheilen,  welche  für  die 
in  das  Stockbuch  aufgenommene  Bezeichnung  des  Flächenraums  der 
klägerischen  Wiese  mafsgebend  waren.  Denn  es  handelt  sich  hier 
um  einen  Landstreifen,  bezüglich  dessen  in  Frage  kommt,  ob  und 
wie  weit  er  das  Ufer  eines  öffentlichen  Flusses  bildet  oder  aber  zum 
Flufsbett  gehört.  Gehört  die  streitige  Fläche  gegenwärtig  zum  Flufs- 
bett,  so  kann  sie  nicht  im  Privateigenthum  sein.  Die  Grenze 
zwischen  Ufer  und  Flufsbett  —  hierin  mufs  dem  Beklagten  bei¬ 
getreten  werden  —  ist,  wie  die  Stromverhältnisse  selbst  veränder¬ 
liche  sind,  ebenfalls  eine  veränderliche.  Nun  will  allerdings  die 
Klägerin  den  streitigen  Flächenstreifen  als  Ufergrundstück  angesehen 
wissen  und  als  solches  für  sich  in  Anspruch  nehmen;  wie  sich  jedoch 
nach  den  mehrfachen  gegenseitigen  Erklärungen  der  Parteien  heraus¬ 
gestellt  hat,  stützt  die  Klägerin,  abgesehen  von  der  vorstehend  be¬ 
reits  als  hierzu  unzureichend  erkannten  Bezugnahme  auf  die  hinsicht¬ 
lich  des  Flächenraums  enthaltenen  Vermerke  des  Stockbuchs,  diesen 
Anspruch  nur  auf  die  Behauptung,  dafs  das  im  Jahre  1882  durch 
Baggererde  erhöhte  Grundstück  über  den  mittleren  Wasserstand 
hervorrage,  deshalb  als  Ufergrundstück  anzusehen  sei  und  ihrem 
Dispositionsrecht  unterliege.  Auf  den  mittleren  Wasserstand  kommt 
es  aber  nicht  an,  um  die  Grenze  zwischen  Flufsbett  und  Ufer  zu 
bestimmen.  Vielmehr  reicht  nach  gemeinem  Recht,  welches  für  den 
in  Rede  stehenden  Bezirk  in  Anwendung  kommt,  wie  auch  nach 
rheinischem  Rechte  das  Bett  soweit,  als  der  höchste  gewöhnliche 
Wasserstand  reicht.  An  dieser  Grenze  beginnt  das  Ufer  (Nieberding, 
Wasserrecht,  Seite  39).  Die  Ufer  sind  die  bei  dem  vollen  gewöhn¬ 
lichen  Wasserstande  trocken  bleibenden  Einfassungen  des  Flusses 
(Weiske,  Rechtslexikon  1860,  Band  14,  Seite  184).  Diese  Grenzlinie 
ist  zwar  nicht,  wie  Beklagter  ausführt,  mit  der  Linie  des  höchsten 
schiffbaren  Wasserstandes  zu  identificiren,  sie  ist  vielmehr  nach  dem 
Punkte  der  Vertiefung  zu  bestimmen,  bis  zu  welchem  der  Wasser¬ 
spiegel  bei  gewöhnlicher  voller  Strömung  des  Flusses  bei  dem  höch¬ 
sten  gewöhnlichen  Wasserstande  sich  zu  erheben  pflegt,  d.  h.  dem 
Punkte,  welchen  der  Flufs  in  den  wechselnden  Jahreszeiten  erfah- 
rungsmäfsig  erreicht,  wenn  derselbe  infolge  seiner  gewöhnlichen  und 
regelmäfsig  eintretenden  Zuflüsse  mit  vollem  Wasser  strömt,  ohne 
durch  aufsergewönliche  Fluthen  angeschwellt  zu  werden  und  über 
seine  Ufer  auszutreten  (zu  vergl.  Erkenntnifs  des  vormaligen  Ober¬ 
tribunals  vom  22.  März  1859,  Striethorst,  Archiv  Band  33,  Seite  90ff). 


Dafür,  dafs  innerhalb  des  gemeinrechtlichen  Gebiets  für  die  Grenze 
zwischen  Flufsbett  und  Ufer  der  höchste  gewöhnliche  Wasserstand 
mafsgebend  ist,  sprechen  insbesondere  folgende  Bestimmungen  des 
römischen  Rechts,  1.  3  §  1  Dig.  43,  12.  Ripa  ea  putatur  esse,  quae 
plenissimum  flumen  continet; 

1.  1  §  5  Dig.  43,  12.  Ripa  autem  ita  recte  definietur  id,  quod 
flumen  continet,  naturalem  rigorem  cursus  sui  tenens.  Ceterum,  si 
quando  vel  imbribus,  vel  mari,  vel  qua  alia  ratione  ad  tempus 
excrevit,  ripas  non  mutat. 

Im  vorliegenden  Falle  ist  nun  vom  Beklagten  behauptet,  dafs 
die  von  der  Strombauverwaltung  mit  Baggererde  aufgefüllte  Fläche 
noch  nicht  so  weit  verlandet  sei,  dafs  sie  über  den  höchsten  gewöhn¬ 
lichen  Wasserstand  hinausrage.  Diese  Behauptung  des  Beklagten, 
welcher  von  der  Klägerin  nur  mit  der  zur  Widerlegung  derselben 
unzureichenden  Bezugnahme  auf  den  mittleren  Wasserstand  begegnet 
wird,  findet  ihre  Unterstützung  in  den  vom  Beklagten  eingereichten 
Zeichnungen  und  Profilen,  gegen  deren  Richtigkeit  ein  Bedenken 
nicht  obwaltet.  Die  streitige  Fläche,  wenngleich  sie  als  entstehende 
Anlandung  angesehen  werden  kann,  ist  hiernach  als  ein  Theil  des 
Flufsbettes  zu  erachten.  Das  Flufsbett  eines  öffentlichen 
Stromes  fällt  aber  nicht  unter  das  Privateigenthum  der 
Adjacenten  (zu  vergl.  Nieberding,  Wasserrecht  Seite  33,  34, 
Scheele,  Wasserrecht  Seite  17,  Mittermaier,  gemeines  deutsches 
Privatrecht,  7.  Auflage,  Band  1  Seite  617 ;  Erkenntnifs  des  Reichs¬ 
gerichts,  II.  Hülfssenat,  vom  23.  September  1880,  Entscheidungen  in 
Civilsachen  Band  3  Seite  232)  und  unterliegt  dem  Verfügungs¬ 
recht  der  Strombauverwaltung. 

Es  fehlt  hiernach  der  Klage  an  dem  Fundamente,  welches  nur 
darauf  beruhen  konnte,  dafs  von  der  Strombauverwaltung  Grund¬ 
stücke,  welche  aufserhalb  der  Befugnisse  derselben  liegen,  unter 
Verletzung  klägerischer  Rechte  in  Benutzung  genommen  sind.  Die 
Klage  war  deshalb  abzuweisen,  ohne  dafs  es  auf  eine  Würdigung 
der  von  den  Parteien  erfolgten  anderweiten  Anführungen  ankam. 
Jedoch  mag  bemerkt  werden,  dafs  die  Annahme  der  Klägerin,  das 
Gesetz  vom  20.  August  1883  finde  auf  solche  Anlandungen  keine  An¬ 
wendung,  welche  infolge  von  vor  Erlafs  dieses  Gesetzes  von  der 
Strombauverwaltung  ausgeführten  Regulirungswerken  entstanden  sind, 
insoweit  nicht  zutrifft,  als  der  §  5  dieses  Gesetzes  im  Absatz  2  der 
Strombauverwaltung  ausdrücklich  auch  bezüglich  der  „bereits  entstan¬ 
denen“  Anlandungen  die  dort  näher  bezeichneten  Befugnisse  zuweist.“ 

Aus  dem  vorstehenden  Urtheil  ergiebt  sich  nun  bezüglich  der 
Behandlung  von  Anlandungen  an  öffentlichen  Flüssen,  und  zwar  ins¬ 
besondere  derjenigen,  welche  zum  Flufsbett  gehören,  folgendes: 

Nach  §  5  des  Gesetzes  betreffend  die  Befugnisse  der  Strombau¬ 
verwaltung  gegenüber  den  Uferbesitzern  an  öffentlichen  Flüssen  vom 
20.  August  1883  (G.  S.  S.  333)  gehören  Anlandungen,  welche  infolge 
der  Anlage  von  Deckwerken,  Buhnen,  Coupirungen  und  anderen 
Stromregulirungsbauten  entstehen  (die  sogenannten  künstlichen  An¬ 
landungen)  demjenigen,  an  dessen  Ufer  sich  dieselben  angesetzt 
haben  und  zwar  nach  denselben  Grundsätzen,  wie  die  sich  von  selbst 
bildenden,  die  sogenannten  natürlichen  Anlandungen. 

Alle  Anlandungen  können  jedoch  nach  gemeinem  (wie  auch  nach 
rheinischem)  Recht  nicht  unter  das  Privateigenthum  der  Uferanlieger 
fallen,  so  lange  sie  noch  als  zum  Flufsbett  eines  öffentlichen  Stromes 
gehörig  anzusehen  sind. 

Alle  Anlandungen,  welche  daher  unter  der  im  Urtheil  des  Königl. 
Ober-Verwaltungsgerichtes  beschriebenen  Linie  des  höchsten  gewöhn¬ 
lichen  Wasserstandes  liegen,  und  zwar  nicht  nur  die  natürlichen, 
sondern,  da  die  künstlichen  bezüglich  ihrer  Eigenthumsverhältnisse 
nach  den  anfangs  angeführten  gesetzlichen  Bestimmungen  ebenso  zu 
behandeln  sind,  wie  die  natürlichen,  auch  die  künstlichen,  gehören 
sonach  zum  Flufsbett  und  sind  daher  lediglich  dem  Verfügungsrechte 
der  Strombauverwaltung  unterworfen. 

Nach  den  an  den  Lahnpegeln  geführten  Wasserstandsbeobach¬ 
tungen  der  letzten  40  Jahre  ist  die  Höhe  des  Wasserstandes,  wel¬ 
chen  die  Lahn  in  den  verschiedenen  Jahreszeiten  erreicht,  wenn  die¬ 
selbe  infolge  ihrer  gewöhnlichen  und  regelmäfsig  eintretenden 
Zuflüsse  mit  vollem  Wasser  strömt,  ohne  durch  aufsergewöhnliche 
Fluthen  angeschwellt  zu  werden  und  über  ihre  Ufer  auszutreten, 
zu  rund  3,20  m  am  Hauptpegel  in  Diez  gefunden,  eine  Höhe,  die 
etwas  unter  der  Höhe  der  Leinpfade  bezw.  des  höchsten  schiffbaren 
Wasserstandes  bleibt.  H.  Wolffram, 

Diez.  Königl.  Wasserbauinspector. 


Vermischtes, 


Die  IX.  Waudei'versainmluiig  des  Verbandes  deutscher  Archi¬ 
tekten-  und  Ingenieur -Vereine  wird  in  den  Tagen  vom  24.  bis 
30.  August  d.  J.  in  Hamburg  stattfinden.  Aus  der  festgestellten 
Tages -Eintheilung  heben  wir  folgendes  hervor. 

Sonntag,  24.  August:  10  Uhr  vormittags  Eröffnung  der  Ge-  i 


schäftsstelle  im  „Patriotischen  Hause“;  8  Uhr  abends  Begrüfsung 
der  Theilnehmer  in  Gertigs  „Gesellschafts-Haus“. 

Montag,  25.  August:  1.  allgemeine  Versammlung  im  „Concert- 
haus  Hamburg“  mit  Vorträgen  des  Oberingenieurs  Meyer  (Hamburg) 
„Ueber  Hamburg“  und  des  Stadtbauraths  Dr.  Hobrecht  (Berlin) 


224 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


31.  Mai  1890. 


„Die  moclernen  Aufgaben  des  grofsstädtisclien  Strafsenbaues  mit 
Rücksicht  auf  die  Unterbringung  der  Strafsennetze“.  Nachmittags 
Dampferfahrt  zur  Besichtigung  der  neuen  Häfen,  der  Elbbrücke  usw. 
und  Fahrt  nach  Blankenese. 

Dienstag,  26.  August;  Besichtigung  von  Bauwerken  und  An¬ 
lagen  Hamburgs;  dann  2.  allgemeine  Versammlung  mit  Vorträgen 
des  Architekten  Fritsch  (Beidin)  „Stil  -  Betrachtungen“  und  des 
Kaiserl.  Marine  -  Ingenieurs  Busley  (Kiel)  „Die  neueren  Schnell¬ 
dampfer  der  Handels-  und  Kriegsmarine  nebst  deren  Motoren“. 
Nachmittags  Besichtigungen;  abends  Fahrt  auf  der  Alster  und  nach 
„Alsterlust“  mit  Feuerwerk  auf  der  Alster. 

Mittwoch,  27.  August:  Ausfahrt  auf  dem  neuen  transatlantischen 
Schnelldampfer  „Columbia“  nach  der  Nordsee  und  Cuxhaven. 

Donnerstag,  28.  August:  Besichtigungen  und  3.  allgemeine 
Versammlung  mit  Vorträgen  des  Geh.  Ober-Bauraths  Baensch 
(Berlin)  „Der  Nord-Ostsee-Canal“  und  des  Eisenbahn-Bau-  und  Be- 
triebsinspectors  Mehrtens  (Bromberg)  „Weitgespannte  Strombrücken 
der  Neuzeit“.  Dann  Schlufs  der  Verhandlungen.  Nachmittags  5  Uhr 
Festmahl  im  „Conccrthaus  Hamburg“. 

Freitag,  29.  August:  Morgens  Eisenbahnfahrt  nach  Kiel;  Be¬ 
sichtigung  der  Werften  und  der  Kriegsschiffe  unter  Leitung  der  Ver¬ 
waltung  der  Kaiserlichen  Marine  und  Dampferfahrt  auf  der  Kieler 
Föhrde  nach  der  freien  Ostsee  und  zurück.  Nachmittags  Essen  auf 
„Bellevue“  in  Düsternbrook  bei  Kiel. 

Sonnabend,  30.  August;  Für  die  Architekten:  Besichtigung  der 
Stadt  Lübeck  unter  Leitung  des  Technischen  Vereins  Lübeck.  Für 
die  Ingenieure:  Besichtigung  des  Nord-Ostsee-Canals  unter  Leitung 
der  Kaiserlichen  Canal-Commission. 

Die  Gewerbe- Ausstellung  der  Stadt  Rom,  welche  im  Anfang 
dieses  Monats  eröffnet  worden  ist  und  bis  Anfang  Juni  dauert,  bildet 
einen  Theil  der  unter  dem  Gesamtnamen  „Maifeste“  bekannten  Ver¬ 
anstaltungen  zur  Förderung  des  Fremdenverkehrs  und  zur  Hebung  des 
römischen  Geschäftslebens.  Sie  findet  gleichzeitig  mit  einer  Kunst¬ 
ausstellung  in  den  recht  unübersichtlichen  Räumen  des  Ausstellungs¬ 
palastes  an  der  Via  Nazionale  statt.  Dort  ist  auch  das  Bauwesen 
durch  eine  Anzahl  von  Zeichnungen,  Photographieen  usw.  vertreten. 
Von  den  332  Ausstellern  gehören  zur  Gruppe:*)  Baugewerbe  29, 
Maschinen,  Instrumente  usw,  48,  Chemische  Gewerbe  21,  Möbel,  Holz¬ 
arbeiten  u.  dgl.  43,  Metallarbeiten,  Mosaiken  usw.  38,  Arbeiten  in 
Thon,  Glas  usw.  16,  Gewebe,  Stickereien,  Bekleidungswesen  59,  Ver¬ 
vielfältigende  Künste  44,  Verschiedenes  34.  Vieles  Mittelgute  und 
einzelne  tüchtige  Leistungen  finden  sich  in  denjenigen  Gruppen, 
welche  die  wichtigsten  Zweige  des  römischen  Kunstgewerbes  um¬ 
fassen,  ohne  jedoch  ein  vollständiges  Bild  von  dessen  Umfang  zu 
geben.  Die  ersten  drei  Gruxjpen  enthalten  zwar  auch  manches  Gute, 
würden  aber  doch  in  den  meisten  deutschen  gröfseren  Provincial¬ 
städten  besser  und  vollständiger  beschickt  werden,  als  dies  hier  der 
Fall.  Die  Gewerbthätigkeit  Roms  ist  eben  vorzugsweise  auf  die 
Fremden  berechnet  sowie  auf  die  Ausstattung  der  Paläste  und 
Kirchen.  Von  den  für  letzteren  Zweck  arbeitenden  kunstgewerb¬ 
lichen  Geschäften  sind  die  meisten  und  besten  überhaupt  nicht  ver¬ 
treten.  Die  sonstigen  gewerblichen  Erzeugnisse  decken  mit  verein¬ 
zelten  Ausnahmen  den  Bedarf  der  Stadt  nicht,  geschweige  denn  dafs 
sie  zur  Ausfuhr  gelangen  könnten. 

Bei  der  Ausstellung  des  Bauwesens  verdienen  ausschliefslich  die 
Sammlungen  von  Zeichnungen  usw.  Erwähnung,  welche  seitens  des 
Arbeitsministeriums  und  der  Stadtverwaltung  zur  Veranschaulichung 
der  neueren  Bauthätigkeit  in  und  bei  Rom  veranstaltet  worden  sind. 
Im  übrigen  bietet  diese  Abtbeilung  nichts  Erfreuliches.  Das  Bau¬ 
gewerbe  ist  spärlich  vertreten.  Von  den  Anstalten  zur  Bearbeitung 
des  Marmors  usw.  fehlen  die  hervorragendsten.  Von  den  Marmor- 
Ersatzmitteln,  in  deren  Anfertigung  die  Italiener  so  grofses  Ge¬ 
schick  besitzen,  sind  wenige  gelungene  Proben  ausgestellt.  Unter  den 
Maschinen,  Instrumenten  usw.  machen  sich  die  ersten  Anfänge  be- 
merklich  Dampfmaschinen  in  Rom  selbst  herzustellen.  Von  einiger 
Bedeutung  erscheint  nur  die  Ausstellung  chirurgischer  und  musica¬ 
lischer  Instrumente.  Bei  den  chemischen  Gewerben  gebührt  den 
Seifen  und  Kerzen  Beachtung.  Recht  unbedeutend  sind  die  meisten 
ausgestellten  Möbel  und  Gegenstände  aus  dem  Gebiete  der  Kunst¬ 
tischlerei,  obgleich  man  gerade  hierin  gute  Leistungen  erwarten  sollte. 
Unter  den  Arbeiten  in  Thon  und  Gla?  zeichnen  sich  Majoliken  und 
römische  Perlen  aus.  Mosaiken  und  Gemmen  findet  man  in  den 
guten  Geschäften  der  Stadt  besser  als  auf  der  Ausstellung.  Auch 
bei  der  Edelschmiedekunst  haben  nur  wenige  tüchtige  Meister  aus¬ 
gestellt.  Umfangreicher  treten  die  Broncen  auf.  Bei  den  Geweben 
und  Stickereien  ist  die  Sammetwirkerei  gut  vertreten,  die  in  Rom 
blühende  Goldstickerei  und  die  römischen  Shawls  auffallend  schwach. 
Verhältnifsmäfsig  am  besten  kommen  die  vervielfältigenden  Künste 
zur  Erscheinung,  die  Arbeiten  des  Buchdrucks,  Steindrucks  und 

*)  Die  Gruppen-Eintheilung  ist  amtlich  nicht  beliebt  worden. 


anderer  Druckverfahren,  die  Landkarten,  Stahl-  und  Kupferstiche, 
endlich  in  grofser  Anzahl  Photographieen  von  theils  vortrefi’licher 
Ausführung.  Da  gerade  dieser  Zweig  der  Kunst-  und  Gewerbe- 
Thätigkeit  erst  innerhalb  der  letzten  20  Jahre  zu  seiner  jetzigen 
Entfaltung  gelangt  ist,  so  bleibt  Hoffnung  auf  die  günstige  Ent¬ 
wicklung  auch  der  übrigen  Gewerbe,  für  deren  Pflege  durch  die  in 
der  Ausstellung  mit  tüchtigen  Leistungen  vertretenen  Schulen  des 
Museo  artistico  industriale,  des  Orfanotrofio  di  Termini,  des  Ospizio 
di  S.  Michele,  des  Ospizio  Margherita  und  der  Scuola  professionale 
femminile  in  anerkennenswerther  Weise  Sorge  getragen  ist. 

—  K.— 

Die  Königliche  techiiisclie  Hochschule  in  Hannover  wird  im 
Studienjahre  1889/90  von  317  Studirenden  und  213  Hospitanten,  also 
im  ganzen  von  530  Hörern  besucht,  welche  sich  auf  die  verschiedenen 
Abtheilungen  und  Studienjahre  wie  folgt  vertheilen: 


Es  befinden  sich 

im 

P 

*a3 

’S 

1. 

2. 

3. 

4. 

5.  ff. 

a 

a 

ni 

rO 

< 

Studienjahr 

N 

I 

A.  Studirende. 

Architekten . 

18 

8 

3 

3 

4 

36 

II 

Bau-Ingenieure . 

41 

21 

31 

12 

10 

115 

III 

Maschinen-Ingenievire  .... 

38 

20 

20 

12 

7 

97 

IV 

Ohemiker  und  Elektrotechniker 

44 

13 

6 

2 

— 

65 

V 

l’ür  allgemeine  Wissenschaften 

3 

— 

1 

— 

— 

4 

Zusammen  .  . 

144 

62 

61 

29 

21 

'  317 

I 

B.  Hospitanten. 

Architekten . 

22 

11 

14 

2 

49 

II 

Bau-Ingenieure . 

5 

2 

2 

— 

— 

9 

III 

Maschinen-Ingenieure  .... 

19 

13 

30 

2 

— 

64 

IV 

Chemiker  und  Elektrotechniker 

48 

14 

4 

3 

— 

69 

V 

Für  allgemeine  Wissenschaften 

18 

1 

3 

— 

— 

22 

Zusammen  .  . 

112 

41 

53 

5 

2 

213 

I 

Summe  der  Studirenden  und 
Hospitanten. 

Architekten . 

40 

19 

17 

3 

6 

85 

II 

Bau-Ingenieure . 

46 

23 

33 

12 

10 

124 

III 

Maschinen-Ingenieure  .... 

57 

33 

50 

14 

7 

161 

IV 

Chemiker  und  Elektrotechniker 

92 

27 

10 

5 

— 

134 

V 

Für  allgemeine  Wissenschaften 

21 

1 

4 

— 

— 

26 

Ueberhaupt  .  . 

256 

103 

114 

34 

23 

530 

Von  der  Gesamtzahl  der  Hörer  sind  362  (68,2  pCt.)  aus  dem 
Königreich  Preufsen,  und  zwar;  212  aus  der  Provinz  Hannover, 

7  aus  Brandenburg,  4  aus  Berlin,  26  aus  Hessen-Nassau,  4  aus  Ost- 
preufseu,  1  aus  Pommern,  4  aus  Posen,  22  aus  der  Rheinprovinz, 
24  aus  Sachsen,  4  aus  Schlesien,  23  aus  Schleswig-Holstein,  28  aus 
Westfalen,  3  aus  Westpreufsen. 

Aus  den  übrigen  Ländern  des  Deutschen  Reiches  sind  94  (17,8  pCt.), 
und  zwar:  6  aus  Anhalt,  3  aus  Bayern,  4  aus  Braunschweig,  14  aus 
Bremen,  1  aus  dem  Elsafs,  22  aus  Hamburg,  3  aus  Hessen-Darmstadt, 
3  aus  Lippe,  13  aus  Mecklenburg-Schwerin,  1  aus  Mecklenburg-Strelitz, 

8  aus  Oldenburg,  3  aus  Reufs  j.  L.,  5  aus  dem  Königi-eich  Sachsen, 
3  aus  Sachsen- Weimar,  1  aus  Sachsen-Meiningen,  1  aus  Sachsen- Alten¬ 
burg,  2  aus  Schwarzburg-Rudolstadt,  1  aus  Waldeck. 

Aus  den  aufserdeutschen  Ländern  stammen  74  (etwa  14  pCt.), 
3  aus  Dänemark,  12  aus  England,  2  aus  Griechenland,  1  aus  Italien, 
6  aus  den  Niederlanden,  8  aus  Norwegen,  3  aus  Oesterreich,  12  aus 
Rufsland,  1  aus  der  Schweiz,  2  aus  Serbien,  2  aus  Spanien,  1  aus 
der  Türkei,  1  aus  Ungarn,  1  aus  Asien  (Japan),  2  aus  Africa  (1  Gold- 
kiiste  lind  1  Caplaud),  3  aus  Nord- America,  1  aus  Central-America, 
13  aus  Süd- America. 

Von  den  Studirenden  besitzen  Reife-  Z^gnisse 

uDer  V  ersctzuiig. 
zeugnu&e  Prima 


von  Gymnasien . 103 

„  Realgymnasien . 112 

„  Oberrealschulen .  2 

„  einer  Gewerbeschule  (1870)  ...  1 

„  Realschulen . ^ 

227 


22 

8 

1 


31 


258 

Zeugnisse  von  verschiedenen  höheren  Schulen  13 
„  „  aufserdeutschen  Schulen  .  .  46 

317 

Die  Zahl  der  Hörer  hat  sich  in  diesem  Jahre  gegen  das  Vorjahr 
um  49  wiederum  erhöht. 

Hannover,  im  Mai  1890.  Der  Rector:  Dolezalek. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWillrelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Tlieiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K e r s kes,  Berlin. 


Nr.  22  A. 


225 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


IKHAIjT:  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  für  die  Rheinprovinz  (Fortsetzung).  —  Ver¬ 
mischtes:  Feier  zum  Gedächtnifs  des  vierzigjährigen  Bestehens  des  Vereins 
deutscher  Eisenhahntechuiker.  —  Vierter  Biunenschiffahrtscongrefs  in  Manchester. 


—  Ehrenbezeigung.  —  Aufsetzung  vom  Schlufssteine  des  Dimer  Münsterthurmes.  — 
Wettbewerbung  um  Entwürfe  für  ein  Bürgerhospital  usw.  in  Stuttgart.  —  Wettbewer¬ 
bung  zu  einem  Kreisständehaus  für  Kreuznach.  —  Kunstausstellungsgebäude  in  Berlin. 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 


Die  Preisbewerbung  zur  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm -Denkmals 

für  die  Rheinprovinz. 


(Fortsetzung.) 


Die  Verfasser  des  mit  dem  ersten  Preise  gekrönten  Entwurfs, 
die  Architekten  Jakobs  u.  Webling  in  Düsseldorf,  sind  bei  der 
Wahl  des  Platzes  sowohl  wie  in  der  Gestaltung  des  Denkmals  den 
eigenartigsten  Weg  gegangen,  indem  sie,  abweichend  von  der  Be¬ 
stimmung  des  Pro¬ 
gramms  ,  weder 
eine  Höhe  am 
Ehein  noch  eine 
Insel  im  Ehein  für 
die  Aufstellung  des 
Denkmals  wählten, 
sondern  ein  sanft 
aus  der  Ebene  ge¬ 
gen  die  schroffe 
Felswand  des  Dra¬ 
chenfelsens  anstei¬ 
gendes  Weinge¬ 
lände  in  grofsarti- 
ger  Weise  umzuge¬ 
stalten  versuchten. 

Die  Preisrichter 
bezeichnen  in 
ihrem  inzwischen 
veröffentlichten 
Gutachten  (vgl.  S. 

198  d.  Bl.)  diese 
W ahl  als  die  glück¬ 
lichste  Lösung  der 
Platzfrage  und  ha¬ 
ben  —  nach  dem 
Wortlaut  des  Gut¬ 
achtens  zu  schlie- 
fsen  —  dieserhalb 
der  genannten  Ar¬ 
beit  den  ersten 
Preis  zuerkannt, 
während  nach  ih¬ 
rem  Urtheil  die  an 
und  für  sich  tüch¬ 
tige  künstlerische 
Arbeit  noch  nicht 
befriedige  und  die 
endgültige  Gestal¬ 
tung  für  diesen 
Platz  einer  späte¬ 
ren  Wettbewer¬ 
bung  Vorbehalten 
bleiben  müsse. 

So  sehr  die 
Zuertheilung  des 
ersten  Preises  an 
die  Jakobs  u. 

Wehlingsche  Ar¬ 
beit  wegen  deren 
hervorragender 
Eigenschaften  in 
den  weite  sten  Krei¬ 
sen  befriedigt  hat, 
ebensosehr  mufs 
anderseits  die  in 
den  Worten  der 
Preisrichter  lie¬ 
gende,  ziemlich  ab¬ 
fällige  Kritik  des  künstlerischen  Theiles  einigermafsen  befremden.  Die 
künstlerische  Leistung  des  Entwurfs  ist  in  der  That  eine  hervorragende, 
sie  zeichnet  sich  vor  den  meisten  anderen  Arbeiten  nicht  nur  durch  die 
Selbständigkeit  und  Eigenart  der  Gedanken  aus,  sondern  der  Entwurf 
ist  auch  fast  durchgeheüds  in  so  schönen,  glücklich  abgewogenen 
Verhältnissen  durchgeführt,  dafs  man  kaum  wesentliche  Aenderungen 
in  einem  oder  dem  anderen  Theile  bei  etwaiger  Ausführung  wünschen 
möchte.  Gelöst  ist  bei  der  Durchführung  der  künstlerischen  Ge¬ 
danken  nur  nicht  die  Platzfrage,  wovon  man  sich  bei  gründlicher 
Prüfung  der  vorgeschlagenen  Oertlichkeit  überzeugen  mufs.  Als 


Abb.  1.  Ansicht. 

Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der  Rheinprovinz, 
Entwurf  von  Jahohs  u.  Wehling  in  Düsseldorf.  I.  Preis. 


Platz  für  die  Denkmal-Anlage  ist  in  dem  Entwurf  die  neben  der 
Landstrafse  von  Königswinter  nach  Honnef  am  rechten  Eheinufer 
unweit  von  Ehöndorf  steil  aus  dem  Gelände  aufsteigende  Felswand 
des  Drachenfelsens  mit  der  davorliegenden,  unter  einem  Winkel  von 

etwa  30  Grad  an¬ 
steigenden,  jetzt 
als  Weinberg  be¬ 
stellten  Schutt¬ 
halde  gewählt.  Die 
letztere  wird  im 
Entwürfe  von 
einem  gewaltigen 
Terrassenbau  und 
einer  zu  ihm  füh¬ 
renden  grofsarti- 
gen  Freitreppe  ein¬ 
genommen,  wäh¬ 
rend  der  Aufbau 
■  des  Denkmal-Hin¬ 
tergrundes  sich  an 
die  Felswand  an¬ 
lehnt.  Die  Künst¬ 
ler  haben  das 
Hauptgewicht  auf 
die  Durchbildung 
der  Architektur 
gelegt,  sie  haben 
es  dabei  verstan¬ 
den,  reichen  bild¬ 
nerischen  Schmuck 
mit  der  Architek¬ 
tur  in  passender 
und  mafsvoller 
Weise  sinnreich  zu 
vereinigen,  sodafs 
die  Schwester¬ 
künste  einander 
dienend  unter¬ 
stützen,  und  doch 
jede  für  sich  selb¬ 
ständig,  je  nach 
dem  Standpunkte 
desBeschauers,zur 
Geltung  kommt. 

Das  Hauptmo¬ 
tiv  der  Denkmal- 
Architektur  bildet, 
wie  aus  Abb.  1 
ersichtlich ,  eine 
gewaltige ,  in  den 
senkrecht  anste¬ 
henden  Fels  etwa 
5  m  tief  eingear¬ 
beitete  Nische  von 
33  m  Durchmesser 
und  wenig  mehr 
Höhe.  Die  Nische 
ist  in  ihrem  Schild¬ 
bogen  mit  einem 
Glas-Mosaik-Bilde 
geschmückt,  wel¬ 
ches  in  allegori¬ 
scher  Form  die 

Kaiser-Proclamation  von  Versailles  darstellt.  Sie  wird  umrahmt  von 
einem  mächtigen  Quaderbogen  von  etwa  4  m  Stärke,  dessen  Steine 
mit  Wappenschilden  geziert  sind,  unter  welchen  jedoch  nur  die  der 
grofsen,  in  der  ganzen  Bogenstärke  durchgehenden  fünf  Bindersteine 
zur  Geltung  kommen.  Die  übrigen  werden  wegen  ihrer  geringen 
Abmessungen  bei  der  grofsen  Höhe  kaum  noch  erkennbar  werden. 
Dem  Schlufssteine  des  Bogens  ist  als  Krönung  des  Ganzen  eine 
Kaiserkrone  aufgesetzt.  Die  den  unteren  Theil  der  Nische  ausfüllende 
dorische  Halle  zeigt  Säulen  von  14  m  Höhe;  die  Pylonen  zu  beiden 
Seiten  der  Nische  treten  10,50  m  weit  hervor  und  dienen  als  Posta- 


Holzstich  V.  O.  Ebel,  Berlin. 


226 


Ceütralblatt  der  Bauverwaltang. 


4.  Juni  1890. 


mente  für  je  einen  Löwen,  von  denen  der  eine  sinnbildlich  ein 
Schwert,  der  andere  eine  bezwungene  Schlange  in  den  Tatzen  hält. 
Von  den  an  den  Vorderseiten  der  Pylonen  vor  Nischen  aufgestellten 
allegorischen  Figuren  -  Gruppen  stellt  die  links  vom  Beschauer 
Hermann  den  Cherusker  dar,  wie  er  mit  seinen  Kampfgenossen 
dem  Kaiser  der  Neuzeit  zujauchzt,  während  die  rechte  aus  Soldaten 
der  letzten  Kriege  besteht,  die  ihren  siegreichen  Feldherru  feiern.  Vor 
der  Freitreppe  zwischen  den  Pylonen  breitet  sich  eine  Plattform  von 
26  m  Breite  und  20  m  Tiefe  aus,  au  deren  Vorderseite  in  der  Mittel¬ 
achse  auf  9  m  hohem  Sockel  sich  das  6,50  in  hohe  Standbild  des 
Kaisers  erhebt.  Die  zweite,  40  m  breite  und  9  m  tiefe  Terrasse  liegt 
3  in  unter  der  oberen.  Beide  geben  die  Standpunkte  zum  Beschauen 
der  Keiterflgur  des  Kaisers  sowie  des  Mosaikbildes  in  der  Felswand- 
Nische.  Die  Vorderseite  des  Sockels  unter  dem  Reiterstandbilde  ist 
durch  allegorische  Figuren-Gruppen  geschmückt,  welche  nach  An¬ 
gabe  der  Entwurfs-Verfasser  das  in  den  Figuren  der  Stärke  und  der 
Milde  verkörperte  Wesen  des  Verherrlichten  versinnbildlichen  sollen. 
Die  Anlage  der  zu  der  Plattform 
mit  dem  Kaiserbilde  emporführen¬ 
den  Fahrstrafsen  und  weiteren 
Freitreppen,  deren  untere  Läufe 
von  zwei  in  der  Spitze  rund  endi¬ 
genden  und  deshalb  nicht  eben 
glücklich  wirkenden  Obelisken  ab¬ 
geschlossen  werden,  ist  aus  den 
Abbildungen  zu  erkennen.  Die 
Brunnen  -  Grujipe  zwischen  den 
halbrunden  Treppenarmen  stellt 
im  wesentlichen  die  Gestalt  der 
Germania  auf  einem  von  einem 
Viergesjiann  gezogenen  Triumph¬ 
wagen  dar. 

Unser  durch  den  Lageplan 
Abb.  2  ergänztes  Schaubild  zeigt 
die  Denkmal  -  Anlage  von  einem 
Standpunkte  her ,  welcher  auf 
der  Königswinter-Honuefer  Land- 
strafse  unweit  der  Kreuzung  der¬ 
selben  mit  der  rechtsrheinischen 
Eisenbahn  zu  suchen  ist.  Der 
architektonische  Aufbau  gestaltet 
sich  von  hier  aus  grofsartig,  ein¬ 
fach,  ruhig  und  klar,  dabei  recht 
glücklich  in  den  meisten  Ab¬ 
messungen.  Das  Mafshalten  in 
den  Motiven  und  Gliederungen  ist 
durchaus  anzuerkeuneu.  Die  ver- 
hältnifsmäfsig  kräftigen  Glieder 
werden  auch  im  Vergleich  mit 
den  feineren  Einzelheiten  an  dem 
Kaiserstandbild  und  seinem  Un¬ 
terbau  durchaus  nicht  roh  und 
plump  erscheinen,  auch  nicht  beim 
Beschauen  aus  der  Nähe.  Die  glückliche  Verbindung  der  Bau¬ 
kunst  mit  der  Bildhauerkunst  zum  gemeinschaftlichen  Zusammen¬ 
wirken  wird  noch  mehr  durch  das  Hinzutreten  der  dritten  Schwester¬ 
kunst,  der  Malerei  in  dem  Mosaikbilde,  gehoben.  Die  architek¬ 
tonischen  Massen  können  für  diesen  Standpunkt  um  so  leichter  mit 
den  gewaltigen  Massen  der  Felswand  wetteifern,  als  die  letzteren 
wegen  des  nahen  Standpunktes  der  Beschauer  nicht  in  ihrer  ganzen 
Höhenausdehnung  mitsprechen.  Während  der  Berg  von  der  Land- 
strafse  bis  zu  seiner  Siiitze  in  Wirklichkeit  240  m  hoch  ist,  zeigt 
sich  auf  diesem  Standpunkt  dem  Beschauer  nur  die  sich  etwa  141  m 
über  der  Landstrafse  erhebende  schroffe  Felswand,  und  die  obere 
Bergkuppe  verschwindet  fast  gänzlich,  indem  sie  sich  hinter  den 
Felszacken  versteckt  oder  perspectivisch  verkürzt. 

Zum  Vorwurf  könnte  man  es  den  Architekten  vielleicht  an¬ 
rechnen,  dafs  sie  in  der  Aufstellung  des  Reiterstandbildes  nicht 
ganz  glücklich  gewesen  sind,  da  es  von  der  Vorderseite  her  für  den 
Standpunkt  auf  der  Hauptplattform  nur  unter  einem  Augen- Aufschlag¬ 
winkel  von  40  bis  50  Grad  betrachtet  werden  kann,  und  dafs  bei 
diesem  Beschauen  der  Kopf  des  Reiters  durch  den  des  Pferdes  ver¬ 
deckt  wird,  oder  dafs  bei  mehr  seitlicher  Stellung  des  Beschauers  die 
beiden  Köpfe  sich  mindestens  ungünstig  nebeneinanderstellen.  Es  ist 
aber  auf  diesen  noch  nicht  vollständig  gelösten  Punkt  nicht  zu  viel 
Gewicht  zu  legen,  weil  bei  der  weiteren  Ausarbeitung  des  Entwurfs  die 
Künstler  ohne  Zweifel  hierfür  in  einer  oder  der  anderen  Weise  einen 
glücklichen  Ausweg  finden  würden.  Auch  für  den  Beschauer  des 
Mosaikbildes  in  der  Felswand-Nische  ist  der  Augenaufschlag  von  der 
Plattform  aus  vielleicht  schon  etwas  steil.  Es  kommt  das  aber 
weniger  in  Betracht,  weil  sich  aufserhalb  der  Terrassen-Anlage,  be¬ 


sonders  auf  der  Landstrafse  von  Königswinter  nach  Honnef,  welche 
immer  den  Zugang  zu  dem  Denkmal  vermitteln  würde,  Gelegenheit 
genug  zur  genaueren  Würdigung  der  Einzelheiten  des  Bildes  findet. 

Es  ist  vorhin  —  im  Gegensatz  zu  dem  Ausspruche  der  Preis¬ 
richter  —  behauptet  worden,  dafs  mit  dem  preisgekrönten  Entwürfe 
die  Platzfrage  nicht  gelöst  worden  sei.  Diese  Behauptung  beruht 
auf  folgenden,  auf  örtlichen,  genaueren  Untersuchungen  fufsenden  Er¬ 
hebungen  und  Schätzungen,  von  deren  Richtigkeit  sich  jedermann 
durch  vergleichende  Höhenmessungen  überzeugen  kann.  Die  Strafse 
von  Königswinter  nach  Honnef  liegt  neben  dem  für  das  Denkmal 
ausgesuchten  Platze  auf  einer  Höhe  von  etwa  -|-  52  über  Normal- 
Null.  Der  Drachenfels  erhebt  sich  bis  zu  -{-291,51  über  N.-N.;  das 
obere  Ende  der  auf  den  Drachenfels  führenden  Zahnradbahn,  welches 
nur  wenig  tiefer  als  die  Plattform  des  Wirthshauses  daselbst  gelegen 
ist,  liegt  auf  -{-263,87,  also  rund  auf  -f-  264  m  über  N.-N.  Der 
Höhenunterschied  zwischen  dem  letztgenannten  Punkte  und  der 
Landstrafse  beträgt  also  212  m.  Gegen  diese  Höhe  mufs  für  die 

weiter  abgelegenen  Schaupunkte 
das  Denkmal  mit  seinem  ganzen 
Aufbau  zur  Geltung  kommen. 
Das  Denkmal  mifst  nach  dem  Ent¬ 
würfe  von  dem  Beginn  des  unter¬ 
sten  Treppenlaufs  am  Terrassen- 
Aufstieg  bis  zum  Scheitel  der 
Felswand-Nische  68  m,  also  nicht 
ganz  den  dritten  Theil  der  mafs- 
gebenden  Höhe.  Die  in  der 
Architektur  als  selbständiger  Auf¬ 
bau  über  den  Terrassen  vorherr¬ 
schende  Nische  einschliefslich  des 
in  der  ganzen  Breite  der  Nische 
vorgelegten  Tre23penlaufs  zwi¬ 
schen  beiden  seitlichen  Pylonen 
ist  44:  m  hoch,  also  etwas  mehr 
als  ein  Fünftel  der  ganzen  in 
Betracht  zu  ziehenden  Höhe.  Das 
Weinberggelände,  auf  welchem 
die  Verfasser  die  Trejipen-  und 
Terrassen  -  Entwicklung  geplant 
haben,  steigt  61  m  über  die 
Strafse  emjior,  erhebt  sich  also 
ungefähr  doppelt  so  hoch,  als  in 
dem  Entwürfe  irrthümlich  ange¬ 
nommen  war.  Die  Erhebung 
der  Felswand  über  dem  Wein¬ 
berggelände  beträgt  ungefähr 
80  m.  Der  Irrthum,  in  welchen 
die  jireisgekrönten  Architekten 
bezüglich  der  Höhe  des  für  die 
Terrassenbildung  und  die  Frei- 
tre^ipen- Anlage  benutzten  Wein¬ 
bergs  gefallen  sind,  ist  ver¬ 
zeihlich,  und  man  kann  wohl 
darüber  hinweggehen  in  der  berechtigten  Annahme,  dafs  auch 
für  die  gröfsere  Höhe  der  Terrassen-  und  Freitrejipen- Anlage  an¬ 
gemessene  Lösungen  —  und  zwar  wahrscheinlich  nicht  zu  Ungunsten 
des  Denkmal- Aufbaues  —  von  den  Künstlern  leicht  gefunden  werden 
würden.  Nur  müfsten  die  Auffahrten  zum  Denkmal  anders  gelöst 
werden,  weil  der  verfügbare  Weinberg  für  die  geplante  Längen- 
Entwicklung  der  Auffahrt -Rampen  nicht  breit  genug  ist  und  dem- 
gemäfs  die  Fahrwege  zu  steil  werden  würden. 

Die  nebenstehend  in  Abb.  3  dargestellte,  nach  der  Natur  von  der 
Bahnhof -Terrasse  in  Rolandseck  am  linken  Rheinufer  aus  aufge- 
nommene  Skizze  giebt  die  genannten  Höhenverhältnisse  anschaulich 
wieder,  und  gestattet  einem  jeden,  sich  selbst  ein  Bild  davon  zurecht 
zu  legen,  wie  der  Denkmal -Entwurf  sich  an  der  gedachten  Stelle 
ausnehmen  würde,  ob  seine  Verhältnisse  mit  der  Berghöhe  harmo- 
niren,  oder  ob  nicht  vielmehr  die  grofseu  Massen  des  Berges  das 
Denkmal  herabdrücken  werden.  Zum  Vergleiche  ist  die  Gröfse  und 
Lage  der  Denkmal  -  Nische  in  die  Abbildung  punktirt  eingetragen. 
Unseres  Erachtens  mufs  die  richtige  Wirkung  des  Denkmals  in 
weitere  Ferne  hin  bezweifelt  werden.  Schon  die  Wirkung  nach  dem 
verhältnifsmäfsig  nahegelegeuen  Rolandseck  hin  wird  voraussichtlich 
nicht  die  gehoffte  sein.  Die  Nischenöflnuug  wird  von  hier  aus  zwar 
noch  grofs  genug  erscheinen,  auch  die  Säulen  des  Porticus  werden 
für  ein  scharfes  Auge  noch  deutlich  zu  unterscheiden  und  zu  zählen 
sein,  aber  das  Denkmal,  dessen  Einzelheiten  hinsichtlich  der  archi¬ 
tektonischen  Gliederung  sowohl  wie  der  bildhauerischen  Werke 
dem  Auge  vollständig  verloren  gehen,  wird  gegen  die  schönen  For¬ 
men  der  Berge,  insbesondere  des  Drachenfelsens,  nicht  aufkommen 
können,  zumal  wenn  erst  die  Steine  des  Bauwerkes  im  Laufe  der 


Landsiratse 


Kaiser  Wilhelm-Denkmal  der  Rheinprovinz. 
Entwurf  von  Jakobs  u.  Webling-  in  Düsseldorf.  I.  Preis. 


!Sr.  22A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


227 


Jahre  sich  in  ihrer  Färbung  dem  natürlichen  Felsgestein  mehr  und 
mehr  genähert  haben  werden.  Es  kann  die  Einwendung  gemacht 
werden,  ob  es  für  das  auszuführende  Denkmal  überhaupt  als  un- 
erläfsliche  Bedingung  hinzustellen  sei,  dafs  dasselbe  noch  in  weiter 
Ferne  zur  Geltung  komme  und  dem  Beschauer  seine  Reize  nicht  nur 
in  der  Nähe  zeige.  Nach  unserem  Dafürhalten  ist  diese  Frage  ent¬ 
schieden  zu  bejahen.  Das  Denkmal  der  Rheinprovinz,  für  dessen 
Aufstellung  von  fast  allen 
Wettbewerbern  die  Nähe 
des  Siebengebirges  als 
des  ideellen  Mittelpunktes 
der  Provinz  gewählt  ist, 
mufs  so  gestellt  werden, 
dafs  es  in  glücklicher 
Form  sich  einem  jeden 
zeigt,  welcher  an  ihm  — 
wenn  auch  nur  zufällig  — 
vorbeikommt.  Das  Denk¬ 
mal  mufs  nicht  nur  von 
den  Verkehrsstrafsen  bei¬ 
der  Ufer  sowie  vom  Rhein 
selbst  sichtbar,  sondern 
auch  in  seinem  Grund¬ 
gedanken  erfafsbar  sein. 

Auch  der  flüchtig  vorbei¬ 
fahrende  Reisende  mufs  den 
Sinn  der  Anlage  verstehen 
können;  das  kann  er  aber 
nicht,  wenn  ihm  die  Grund¬ 
formen  des  Denkmal -Auf¬ 
baues  verloren  gehen,  wie 
das  für  die  meisten  Punkte 
der  weiteren  Umgebung  hier 
der  Fall  ist.  Es  ist  schon 
vorhin  darauf  hingewiesen 
worden,  dafs  der  Gesamt¬ 
aufbau  sowie  die  Einzelheiten  des  Denkmals  in  der  Nähe  vor¬ 
züglich  zur  Geltung  kommen  werden.  Diese  Nähe  wird  sich 
aber  auf  einen  Halbmesser  von  höchstens  0,5  km  eingrenzen.  Die 
malerische  Wirkung  wird  sich  am  rechten  Rh  einufer  auf  die 


Landstrafse  und  die  Eisenbahn  zwischen  Königswinter  und  Honnef 
beschränken,  und  zwar  beginnend  hinter  der  Mitte  der  Strecke 
Königswinter  —  Rhöndorf,  und  endigend  zwischen  Rhöndorf  und 
Honnef  ungefähr  an  dem  sogenannten  Nachtigallenwäldchen,  sodafs 
die  Station  Rhöndorf  bei  dieser  Lösung  der  Ausgangsjjunkt  für  die 
Besucher  des  Denkmals  werden  würde. 

Auf  Grund  dieser  Erwägungen  kann  man  wohl  mit  Recht  be¬ 
haupten,  dafs  das  Felswand- 
Denkmal  ti'otz  seiner  gi'ofs- 
artigen,  edlen  und  schönen 
Gestaltung  nur  in  der  un¬ 
mittelbaren  Nähe  desselben 
und  des  rechtsrheinischen 
Ortes  Rhöndorf,  sowie  für 
die  Schiffahrer  auf  dem 
Rhein  zur  richtigen  Geltung 
kommen,  für  alle  ferneren 
Standpunkte  aber  gegen 
den  Eindruck  der  Land¬ 
schaft  Zurückbleiben  wird. 
—  Und  noch  ein  prakti¬ 
sches  Bedenken  gegen  die 
geplante  Lage  des  Denk¬ 
mals  darf  wenigstens  nicht 
unerwähnt  bleiben :  Be¬ 
kanntlich  besteht  die  senk¬ 
recht  anstehende  Felswand 
des  Drachenfelsens  aus 
Trachyt,  einem  an  vielen 
Stellen  des  Siebengebirges 
wenig  wetterfesten  Gestein. 
Es  ist  fraglich,  ob  das 
Denkmal  eine  ausreichende 
Anzahl  von  Jahrhunderten 
den  natürlichen  Zerstörun¬ 
gen  dieses  Gesteins  an  die¬ 
ser  Stelle  Trotz  zu  bieten  imstande  sein  wird. 

Die  Kosten  des  Denkmals  sind  auf  986  467  Mark  veranschlagt. 
Voraussichtlich  wird  diese  Summe  aber  für  seine  Herstellung  nicht 
ausreichen.  (Fortsetzung  folgt.) 


Abb.  3.  Skizze  der  Umgegend. 

Kaiser  WiUielm -Denkmal  der  Rheinprovinz. 
Entwurf  von  Jakobs  u.  Weliling  in  Düsseldorf.  I.  Preis. 


Vermischtes. 


Eine  Feier  zum  Gedächtnifs  des  yierzigjälirigen  Bestehens 
des  Vereins  deutscher  Eisenbahntechuiker  fand  am  Freitag,  den 
30.  V.  M.,  im  Empfangsgebäude  des  Anhaitischen  Bahnhofs  in  Berlin 
statt.  Die  zahlreich  besuchte  Versammlung  wurde  von  Sr.  Excellenz 
dem  Herrn  Staatsminister  v.  Maybach,  welcher  in  Begleitung  des 
Ministerialdirectors,  Wirkl.  Geh.  Raths  Schneider,  Exc.,  erschienen 
war,  mit  warmen  Worten  begrüfst.  Zum  Vorsitzenden  der  gleich¬ 
zeitig  abgehaltenen  Techniker-Versammlung  wurde  der  Präsident  der 
Königl.  Ungarischen  Staatsbahnen,  Herr  v.  Ludwigh,  gewählt, 
welcher  dem  Herrn  Minister  für  sein  Erscheinen  und  seine  warm 
empfundene  Ansprache  dankte  und  hierauf  eine  umfassende,  sehr 
beifällig  aufgenommene  Festrede  hielt.  Oberbaurath  v.  Prenningen 
von  der  österreichischen  Südbahn  warf  einen  Rückblick  auf  die 
Uerzigjährige  Thätigkeit  der  Eisenbahntechniker,  begrüfste  die  noch 
anwesenden  Mitglieder  der  ersten,  vor  vierzig  Jahren  stattgehabten 
Technikerversammlung  und  gab  dabei  dem  Wunsche  Ausdruck,  dafs 
die  heute  bestehenden  freundschaftlichen  Beziehungen,  welche  die 
beiden  mächtigen  Reiche  Deutschland  und  Oesterreich -Ungarn  um- 
schliefsen,  auch  in  Zukunft  die  Techniker  des  Vereins  deutscher 
Eisenbahn-Verwaltungen  verbinden  mögen.  Abends  fand  ein  grofses 
Festmahl  statt,  an  welchem  auch  der  Herr  Minister  v.  Maybach 
theilnahm. 

Am  Sonnabend  vereinigte  eine  Festfahrt  die  Theilnehmer  zu 
einem  gemeinsamen  Ausfluge  nach  Potsdam,  dem  die  Ungunst  der 
Witterung  leider  einigen  Abbruch  that,  und  am  Sonntag,  den  1.  Juni, 
fand  eine  Fahrt  nach  Osnabrück  statt  zur  Besichtigung  der  Anlagen 
und  Ausführungen  des  Stahlwerks  Osnabrück  und  seiner  Sammlung 
eiseubahntechnischer  Sehenswürdigkeiten. 

Der  vierte  Biunenscliiffalirtscongrefs  in  Manchester.  Soeben 
hat  der  gesehäftsführende  Ausschufs  des  vierten  Binnenschiffahrts- 
congresses,  welcher,  wie  seinerzeit  an  dieser  Stelle  mitgetheilt  ist 
(vgl.  J.  1888  d.  Bl.  S.  382,  390  fl.),  laut  eines  auf  dem  letzten  Binnen- 
schiffahrtscongrefs  in  Frankfurt  am  Main  gefafsten  Beschlusses  in 
Manchester  abgehalten  werden  soll,  zur  Abordnung  von  Theilnehmeru 
an  die  Regierungen  von  Deutschland,  Frankreich,  Oesterreich,  Belgien, 
Italien,  Spanien,  Holland,  Norwegen  und  Schweden,  Dänemark,  der 
Schweiz,  Rufsland,  America,  Portugal  und  Griechenland  Einladungen 


ergehen  lassen,  unter  Beifügung  der  für  den  Congrefs  aufgestellten 
Geschäftsordnung.  Dieser  letzteren  entnehmen  wir,  dafs  der  Congrefs 
für  den  28.  Juli  d.  J.  und  die  folgenden  Tage  anberaumt  ist.  Der 
Congrefs  stellt  zur  Erörterung  die  Fragen  über  Verbesserung  der 
Binnenschiffahrt  und  der  Verhältnisse  betreffs  der  in  den  Fluth- 
gebieten  liegenden  breiten  Flufsmündungen,  sowie  den  wirthschaft- 
lichen  Nutzen  schiffbarer  Wasserwege,  weiterhin  technische  Fragen, 
welche  sich  auf  den  Bau  und  Betrieb  von  Canälen  im  allgemeinen 
beziehen,  endlich  die  weitere  Verfolgung  der  Angelegenheit,  betreffend 
Aufstellung  einer  Statistik  über  Binnenschiffahrt.  In  dieser  Hinsicht 
wird  auch  der  Bericht  des  auf  dem  Frankfurter  Congrefs  ernannten 
Internationalen  Statistischen  Ausschusses  entgegen  genommen  werden. 
Die  Behandlung  der  im  einzelnen  zur  Besprechung  gelangenden  Fragen 
wird  zwei  grofsen  Abtheilungen  zugewiesen,  von  welchen  die  eine  das 
Bauwesen,  die  andere  das  Verkehrswesen  und  wirthschaftliche  Fragen 
umfassen  wird,  und  zwar  nach  der  folgenden  Eintheilung: 

Abtheilung  1.  Bauwesen. 

Unterabtheilung  1.  Binnencanäle  und  canalisirte  Flüsse. 

Gegenstand  A.  —  a)  Gegenwärtiger  Zustand  und  EnLvicklung 
der  inländischen  Wasserwege  in  England;  b)  die  Aire-  und  Calder- 
Schiffahrt;  c)  der  Welland-Canal ;  d)  die  Weaver-Schiffahrt. 

Gegenstand  B.  —  Mittel  zur  Fortbewegung  auf  Canälen. 

Unterabtheilung  2.  Seeschiffahrtscanäle  und  Arbeiten  im  Fluth- 
gebiet  der  Ströme. 

Gegenstand  A.  —  Seeschifl’ahrtscanäle.  a)  Der  Manchester  See¬ 
canal;  b)  der  Nicaragua-Canal;  c)  der  Nord -Ostsee -Canal. 

Gegenstand  B.  —  Die  Grundsätze  der  Verbesserung  von  Flufs- 
strecken  im  Fiuthgebiet. 

Gegenstand  C.  —  Baggerarbeiten,  a)  In  Britannien;  b)  im  Aus¬ 
lande. 

Abtheilung  II.  Verkehrswesen  und  wirthschaftliche 
Fragen. 

Gegenstand  A.  —  Die  gegenwärtige  Lage  der  Binnenschiffahrt 
im  Vereinigten  Königreich  im  Hinblick  auf  Rentabilität  und  Ver¬ 
kehr,  sowie  Mittel  zur  Verbesserung  derselben. 

Gegenstand  B.  —  Allgemeine  Lage,  Verwaltung  und  Betriebs¬ 
kosten  der  Binnenschiffahrt  in  folgenden  Ländern;  a)  Frankreich; 


228 


Centralblatt  der  Bauverwaltung-. 


4.  Juni  1890. 


b)  Deutschland;  p)  Oesterreich;  d)  Eufsland;  e)  Italien;  f)  Schweiz; 
g)  Schweden;  h)  Niederlande;  i)  Spanien;  k)  Belgien. 

Gegenstand  C.  —  Beförderungskosten  auf  Canälen  im  Vergleich 
mit  den  Eisenbahnen  und  der  gegenseitige  Einflufs  beider  Verkehrs¬ 
wege. 

Gegenstand  D.  —  Der  Umfang,  in  welchem  der  Staat  bei  der 
Entwicklung  oder  der  Verwaltung  des  Binnenschitfahrts-Betriebes 
sich  betheiligen  oder  Beihülfe  leisten  soll.  — 

Die  Verhandlungen  werden  in  englischer  und  französischer 
Sprache  geführt,  sollen  jedoch  auch  in  deutscher  Sprache  ver¬ 
öffentlicht  werden.  Wie  in  Frankfurt,  so  ist  auch  für  Man¬ 
chester  eine  Ausstellung  von  Entwürfen,  Plänen  und  Modellen, 
welche  die  Binnenschiffahrt  betreffen,  in  Aussicht  genommen.  Die 
Geschäftsordnung  weist  noch  besonders  darauf  hin,  dafs  die  werth- 
vollsten  der  in  Frankfurt  gezeigten  Pläne  von  der  deutschen  Eegie- 
ruug  geliefert  worden  seien,  und  knüpft  daran  die  Hoffnung,  dafs 
dieselben  Pläne  und  Modelle  auch  dem  Congrefs  in  Manchester  zu¬ 
gänglich  gemacht  werden  möchten.  Während  der  Dauer  des  Con- 
gresses  sollen  Ausflüge  zur  Besichtigung  hervorragender  Bauaus¬ 
führungen  und  sonstiger  sehenswerther  Punkte  im  nördlichen  Eng¬ 
land  unternommen  werden.  Alle  den  Congrefs  betreffenden  Mitthei¬ 
lungen  sind  an  den  Secretär  des  Ausschusses,  Lombard  Chambers, 
16  Brown  Street  in  Manchester  zu  richten. 

Ehrenbezeigung.  Dem  Dombauineister  Friedrich  Freiherrn 
V.  Schmidt  in  Wien  ist  aus  Anlafs  der  Vollendung  der  Wieder¬ 
herstellung  vom  Innern  des  St.  Stephans-Domes  seitens  des  Wiener 
Dombauvereins  eine  Denkmünze  gewidmet  worden.  Die  von  dem 
Bildhaiier  A.  Scharff  gefertigte  Münze  zeigt  auf  der  Vorderseite 
das  Bildnifs  des  Meisters,  auf  der  Kehrseite  die  Südansicht  des 
Stephansdomes. 

Die  feierliche  Aufsetznug  vom  Selilufssteine  des  Ulmer  Münster- 
thurines  wurde  am  Sonnabend  den  31.  Mai  nachmittags  6  Uhr  vor¬ 
genommen.  Die  Feier  der  glücklichen  Fertigstellung  des  Bauwerkes 
findet  in  der  Zeit  vom  28.  Juni  bis  1.  Juli  d.  J.  statt. 

Zur  Erlangung  von  Entwürfen  für  ein  Bürgerliospital,  ein 
Armenhaus,  eine  Armeii-Beschäftigungsanstalt  und  ein  Asyl  für  Ob¬ 
dachlose  schreibt  die  Stadt  Stuttgart  eine  allgemeine  Wettbewerbuug 
unter  deutschen  Architekten  aus  (s.  d.  Anzeigentheil  d.  voi’.  Nummer). 
Drei  Preise  in  Höhe  von  5000,  3000  und  2000  Mark  sind  ausgeworfen, 
2000  Mark  stehen  zum  Ankauf  weiterer  Entwürfe  zur  Verfügung. 
Ablieferungstag  ist  der  31.  October  d.  J.  Das  Preisrichteramt  haben 
übernommen  die  Herren  Baurath  Berner,  Architekt  Frey,  Ober¬ 
bürgermeister  Dr.  V.  Hack,  Werkmeister  Höf  er,  Stadtbaurath 
Mayer  und  der  Obmann  des  Bürgerausschusses  A.  Schiedmayer, 
sämtlich  aus  Stuttgart,  sowie  Herr  Stadtbaurath  Blankenstein  aus 
Berlin.  Von  der  Ertheilung  des  ersten  Preises  kann  unter  Umständen 
abgesehen  werden,  weitere  Bestimmung  über  die  Verwendung  des 
ausgesetzten  Betrages  bleibt  in  diesem  Falle  Vorbehalten.  Auch  be¬ 
züglich  des  Bauplanes  und  des  ausführenden  Architekten  hält  sich 
die  Stadt  Stuttgart  die  Hand  frei.  Aus  dem  Programme  ist  hervor¬ 
zuheben,  dafs  die  einzelnen  Anstalten  räumlich  völlig  gesonderte  und 
umfriedigte  Anwesen  bilden,  aber  doch  so  zu  einander  in  Beziehung 
gesetzt  werden  sollen,  dafs  die  Verwaltung  eine  für  alle  Anstalten 
gemeinsame  sein  kann  und  dafs  die  Insassen  der  drei  letztaufgeführten 
Anstalten  zum  Empfange  von  Speisen  an  das  Küchengebäude  des 
Bürgerhospitals  gelangen  können.  Das  sehr  soi-gfältig  abgefafste 
Programm  verbreitet  sich  eingehend  über  alle  an  die  einzelnen  Bau¬ 
lichkeiten  zu  stellenden  Anforderungen  und  die  unterzubringenden 
Personen,  auch  sind  ihm  ein  Lage-  und  Höhenyilan,  sowie  überdies 
ein  Gesamt-Uebersichtsplan  der  Stadt  Stuttgart  beigegeben. 

Die  Mittlieiluug  über  die  Wettbewerbung-  zu  einem  Kreis- 
ständeliause  für  Kreuzuacli  auf  Seite  215  d.  Bl.  ist  dahin  zu  er¬ 
gänzen,  dafs  die  zur  Verfügung  stehende  Bausumme  110  000  Mark 
beträgt  und  dafs  mit  diesen  Mitteln  300 — 330  qm  nutzbare  Eaum- 
fläche  geschaffen  werden  sollen.  Das  Preisgericht  besteht  aus  den 
Herren:  Landrath  Agricola  als  Vorsitzenden,  Baurath  Möller, 
beide  in  Kreuznach,  Eegierungs-  und  Baurath  Cuno  in  Cobleuz, 
Baurath  Pflaume  in  Köln  und  aus  zwei  Kreisdeputirten  (Nicht¬ 
technikern).  Da  die  Stimme  des  Vorsitzenden  den  Ausschlag  giebt, 
bilden  die  Bauverständigen  die  Minderheit.  Das  Programm  unter¬ 
scheidet  sich  von  anderen  seiner  Art  vortheilhaft  dadurch,  dafs  es 
die  Lage  des  Kreistagsaales  nicht  im  Erdgeschosse,  wo  sich  die 
Amtszimmer  befinden  sollen,  sondern  im  Obergeschosse,  im  Zu¬ 
sammenhänge  mit  der  Landrathswohnung  vorsieht.  Dagegen  be¬ 
fremdet  es,  für  die  Bereicherung  der  Flure,  der  beiden  Sitzungssäle 
und  einiger  Zimmer  der  Landrathswohnung  im  Gegensätze  zu  der 
verlangten  Einfachheit  der  übrigen  Eäume  „Stückarbeiten“  vor¬ 
geschrieben  zu  sehen.  Zn  einer  angemessenen  Steigerung  des 
Eeichthums  in  der  Durchbildung  der  Innenräume,  insbesondere  bei 


einem  Gebäude  der  vorliegenden  Art,  dürfte  es  doch  gediegenere 
Mittel  geben  als  gerade  Stuck,  dessen  Anwendung  oder  gar  Vor¬ 
schrift  nur  dazu  dienen  kann,  zu  falschem  Eeichthum  und  verkehrter 
Auffassung  der  ganzen  Aufgabe  zu  verleiten.  Zu  bedauern  ist  auch 
der  Ausschlufs  perspectivischer  Zeichnungen.  Warum  soll  der 
Architekt  die  Eechenschaft,  die  er  beim  Entwerfen  eines  Gebäudes 
über  dessen  perspectivische  Wirkung  sich  selbst  zu  geben  hat,  nicht 
auch  durch  Einlieferung  eines  einfachen  Schaubildes  vor  seinen 
Preisrichtern  ablegen  dürfen,  insbesondere  wenn  diese  in  der  Mehr¬ 
zahl  Nichttechniker,  also  Personen  sind,  denen  es  doch  nicht  so  leicht 
wird,  aus  der  geometrischen  Zeichnung  des  Gebäudes  auf  dessen 
spätere  Erscheinung  zu  schliefsen? 

Die  Frage  der  Errichtung  eines  Kunstansstelliingsgehäudes 
in  Berlin  beschäftigt  bekanntlich  seit  langer  Zelt  die  Berliner 
Künstlerschaft  aufs  lebhafteste.  Vor  etwa  zwei  Jahren  trug  man 
sich  mit  dem  Plane,  ein  solches  Gebäude  in  Verbindung  mit 
einem  Künstlerhause  auf  der  Stelle  des  Krollschen  Etablisse¬ 
ments  zu  errichten,  wobei  man  jedoch  die  Hoffnung  nicht  auf¬ 
gab,  für  diese  Zwecke  das  bei  weitem  günstiger  gelegene  Grund¬ 
stück  des  jetzigen  Kunstakademiegebäudes  Unter  den  Linden  zur 
Verfügung  gestellt  zu  erhalten.  Die  Erfüllung  dieser  Hoffnung  schien 
auch  im  Februar  dieses  Jahres  infolge  Eäumung  der  auf  dem  ge¬ 
nannten  Grundstücke  befindlichen  Gardes  du  Corps-Caserne  und  einer 
damit  in  Verbindung  stehenden  Allerhöchsten  Anregung  in  naher 
Aussicht  zu  stehen,  und  seitens  des  Senats,  der  Genossenschaft  der 
Akademie  der  Künste  und  des  Vereins  Berliner  Künstler  waren  be¬ 
reits  gemeinschaftliche  Vorschläge  über  die  Art  der  Befriedigung  der 
verschiedenen  Bedürfnisse  gemacht  worden,  da  erklärte  in  der  Sitzung 
des  Abgeordnetenhauses  vom  19.  April  d.  J.  der  Herr  Cultusminister, 
dafs  auf  dem  sog.  Akademieviertel  Ausstellungsräumlichkeiten  ge¬ 
schaffen  werden  sollten,  welche  für  dauernde,  unter  Umständen 
kleine  Ausstellungen  zur  Verfügung  ständen,  ferner  „dafs  man  viel¬ 
leicht  in  dem  vorderen  Theile  die  Akademieen  der  Wissenschaften 
und  Künste  unterbringt,  d.  h.  den  Senat,  dafs  man  in  den  mittleren 
Kaum,  der  so  weit  ausgebaut  werden  kann,  wie  irgend  möglich,  die 
Bibliothek  unterbringt,  und  dafs  vielleicht  an  einer  Stelle,  sei  es  an 
der  Seite,  sei  es  mehr  nach  vorn,  sei  es  in  der  Dorotheenstrafse,  man 
ein  Kunstausstellungsgebäude  anfügen  läfst,  in  leichterem  Stil,  welches 
vielleicht  für  30  Jahre  noch  ausreicht;  später  würde  das  Ausstellungs¬ 
gebäude  die  Stätte  sein,  auf  welche  sich  demnächst  die  Bibliothek 
zurückziehen  könnte“. 

Diese  Erklärung  des  Herrn  Ministers  hat  die  Künstlerschaft 
bewogen,  ihren  Wünschen  in  der  nachfolgenden  Erklärung  öffent¬ 
lichen  Ausdruck  zu  geben. 

„Indem  die  Berliner  Kunstgenossenschaft  sich  dem  Berichte*) 
des  Präsidenten  der  Akademie  an  den  Herrn  Cultusminister  vom 
10.  März  1890  anschliefst,  erklärt  dieselbe: 

1.  dafs  mit  dem  vom  Herrn  Minister  in  Aussicht  gestellten  wieder¬ 
holten  Provisorium  eines  kleineren  Ausstelluugsgebäudes  für  per¬ 
manente  Kunst- Ausstellungen  dem  dringenden  Bedürfnifs  in  keiner 
Weise  Eechnung  getragen  wird; 

2.  da  die  Berliner  Künstlerschaft  nicht  nur  den  Wunsch  hat, 
ihre  eigenen  Erzeugnisse  hier  permanent  ausstellen  zu  können,  sondern 
das  lebhafteste  Interesse  daran  hat,  auch  die  Kunstthätigkeit  anderer 
Nationen  und  Kunststädte  in  umfassendster  Weise  hier  zur  An¬ 
schauung  des  Publicums  zu  bringen,  und  nachdem  durch  Allerhöchste 
Initiative  die  denkbar  günstigste  Stelle,  die  historische  Stätte  Unter 
den  Linden  in  hochherzigster  Weise  zur  Verfügung  gestellt  wird,  so 
kann  sie  nur  den  dringlichen  Wunsch  aussprechen,  dafs  als  Definitivum 
auf  dieser  Stelle  das  Kunstausstellungs-Gebäude  in  einer  den  weitest¬ 
gehenden  Bedürfnissen  voll  entsprechenden  Gröfse  und  Anlage  er¬ 
richtet  werden  möge; 

3.  dafs  endlich  der  Verein  Berliner  Künstler  Bedenken  tragen 
müfste,  seine  permanente  Ausstellung,  für  welche  eine  für  das  Kunst¬ 
geschäft  günstige  Lage  das  Werthvollste  ist,  nach  der  Dorotheen- 
Strafse  oder  an  eine  abgelegene  Seitenfi-ont  dieses  Viertels  zu  v^’- 
legen,  weil  dies  keine  erhebliche  Verbesserung  gegenüber  den  jetzigen. 
Verhältnissen  wäi-e; 

4.  die  moderne  schaffende  Kunst  darf  in  Berlin  nicht  heimathlos 
gemacht  werden,  ihr  mufs  kraft  ihrer  Bedeutung  für  das  öffentliche 
Leben  die  Stelle  eingeräumt  werden,  welche  sie  mit  Fug  und  Eecht 
beanspruchen  darf. 

Die  Kunstgenossenschaft  beauftragt  ihren  Vorstand,  diese  Er¬ 
klärung  in  geeigneter  Weise  an  den  mafsgebenden  Stellen  zur  Kennt- 
nifs  zu  bringen.“ 

*)  Dieser  Bericht  enthielt  die  obenerwähnten  Vorschläge  der  ver¬ 
einigten  Kunst-Körperschaften. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWillielni  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


229 


CentraMatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  7. 

Jnni  1890.  Nr.  23. 

Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Mausoleum  im 
Schlofsgarten  von  Charlottenburg.  —  Hülfsmittel  für  die  Annahme  und  Abfertigung 
der  Züge  auf  dem  Haupt-Personenbahiihofe  in  Frankfurt  a.  M.  —  Der  Rheinstrom  und 

seine  wichtigsten  Nebenflüsse.  —  Kirche  in  Afhensleben.  —  Vermischtes:  Rathhaus¬ 
bau  in  Leipzig.  —  Beizbrüchigkeit  des  Eisens.  —  Elammensiguale.  —  Rudolf  Gott- 
getreu  f.  —  Bücher  schau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preiifsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Eegierungs- 
und  Baurath  Hermann  Julius  Taeger  zum  Geheimen  Baurath  und 
vertragenden  Eath  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten,  und  den 
bisherigen  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Moebius  in  Grofs-Strehlitz 
O./Schl.,  zum  Eegierungs-  und  Baurath  zu  ernennen;  letzterer  ist  der 
Königlichen  Eegierung  in  Oppeln  überwiesen  worden. 

Der  Kreis-Bauinspector  Kleinau  in  Wehlau  ist  als  Land-Bau¬ 
inspector  nach  Berlin  versetzt  und  der  Königl.  Ministerial-Bau-Com- 
mission  behufs  Beschäftigung  bei  Ausführung  verschiedener  Kirchen- 
Neubauten  überwiesen  worden. 

Dem  bei  der  Königl.  Eegierung  in  Hildesheim  als  technischer 
Hülfsarbeiter  angestellten  Bauinspector  Friedrich  Hei  mann  ist  die 
nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  zum  1.  Juli  d.  J.  er- 
theilt  worden. 

Zu  Königl.  Eegierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Eegierungs- 
Bauführer  Karl  Beckmann  aus  Göttingen,  Hans  Huckstorf  aus 
Zepelin  i.  Mecklenburg,  Arnold  Geisse  aus  Mariendorf,  Kreis  Hof¬ 
geismar,  und  Karl  Lavezzari  aus  St.  Petersburg  (Ingenieurbaufach); 
—  Diedrich  Meyer  aus  Hannover  (Maschinenbaufach). 

Dem  bisherigen  Königl.  Eegierungs-Baumeister  Eschenbrenn  er 
in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  er- 
theilt  worden. 

Der  Königl.  Eegierungs-Baumeister  Heinr.  Oetken  ist  gestorben. 


Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den 
Vorstand  der  Nebenwerkstätte  in  Ulm,  Werkführer  Bose,  seinem 
Ansuchen  gemäfs  wegen  vorgerückten  Alters  zur  Euhe  zu  setzen 
und  demselben  in  Anerkennung  seiner  langjährigen  treuen  Dienste 
den  Titel  eines  Maschinenmeisters  zu  verleihen. 

Der  Baurath  Necker  bei  der  Ministerialabtheilung  für  das 
Hochbauwesen  ist  durch  Allerhöchste  Entschliefsung  vom  29.  Mai  d.  J. 
seinem  Ansuchen  gemäfs  unter  Verleihung  des  Titels  und  Eanges 
eines  Ober-Bauraths  in  den  bleibenden  Euhestand  versetzt  worden, 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  sich  Gnädigst 
bewogen  gefunden,  dem  Vorstand  der  technischen  Abtheilung  bei 
der  Generaldirection  der  Grofsherzoglichen  Staatseisenbahnen,  Bau- 
director  v.  Würthenau,  das  Commandeurkreuz  II.  Klasse,  dem 
Vorsteher  des  bahnbautechnischen  Bureaus  bei  der  Generaldirection 
der  Grofsherzoglichen  Staatseisenbahnen,  Oberingenieur  Friedrich 
Gernet,  und  den  Bahnbauinspectoren  Otto  Hof  bei  genannter 
Direction,  Eduard  Gockel  in  Lörrach,  Karl  Gebhard  in  Zollhaus 
und  Edwin  Kräuter  in  Stühlingen  das  Eitterkreuz  I.  Klasse 
Höchstihres  Ordens  vom  Zähringer  Löwen  zu  verleihen,  sowie  der 
auf  Professor  Dr.  Schröder  gefallenen  Wahl  zum  Director  der  tech¬ 
nischen  Hochschule  für  das  Studienjahr  1890/91  die  allerhöchste  Be¬ 
stätigung  zu  ertheilen. 


[Alle  Eechfe  vorbelialten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Das  Mausoleum  im  Schlofsgarten  von  Charlottenburg. 


Die  an  Erinnerungen  reiche  Gruftstätte  am  Ende  des  dunklen 
Tannenganges  im  Charlottenburger  Schlofsgarten  übt  nicht  allein 
auf  das  grofse  Publicum  eine  aufsergewöhnliche  Anziehungskraft 
aus.  Von  jeher  hat  sie  auch  in  besonderem  Mafse  das  Augenmerk 
der  Bauverständigen  auf  sich  gelenkt,  und  diese  werden  jetzt  gern 
Kenntnifs  nehmen  von  den  Veränderungen,  welche  man  mit  dem 
kleinen  Bauwerke  neuerdings  zur  Aufnahme  der  sterblichen  Eeste  des 
verewigten  Kaiserpaares  vorgenommen  und  nunmehr,  mit  der  fünfzig¬ 
sten  Wiederkehr  des  Todestages  seines  Erbauers,  König  Friedrich 
Wilhelms  III.,  zur  Vollendung  gebracht  hat.  Der  jetzt  erfolgte  Um¬ 
bau  ist  nicht  der  erste,  den  die  Euhestätte  der  Königin  Luise  erfuhr. 
Bereits  in  den  Jahren  1826 — 28  wurde  die  ursprünglich  in  Sandstein 
ausgeführte  Vorhalle  des  Prostylos,  welchen  bekanntlich  der  Hof¬ 
baurath  Gentz  nach  einem  Entwürfe  Schinkels  im  Jahre  1810 
erbaute,  durch  die  jetzt  vorhandene  Granitfront  ersetzt.  Der  König 
war  durch  die  aus  einem  märkischen  Granitfindling  gearbeitete 
„Cantian- Schale“,  die  jetzt  im  Berliner  Lustgarten  vor  dem  Alten 
Museum  steht,  auf  dieses  schöne  heimische  Gestein  aufmerksam  ge¬ 
worden  und  wünschte  es  zur  Verschönerung  des  Mausoleums  ver¬ 
wendet  zu  sehen.  Die  Granittechnik  war  damals  noch  eine  unge¬ 
wohnte  Sache,  und  die  Steinmetzmeister  Trippei  und  Wimmel,  denen 
die  schwierige  Ausführung  oblag,  haben  sich  mit  deren  vorzüglichem 
Gelingen,  insbesondere  lüit  der  Herstellung  der  vier  geriefelten 
Säulen  aus  einem  einzigen,  durch  einen  Grafen  von  der  Schulenburg 
geschenkten  Block  von  der  Feldmark  Trampe  bei  Oderberg  nicht 
geringen  Euhm  erworben.  Ueberhaupt  war  die  Granitfront  des 
Charlottenburger  Mausoleums  lange  Zeit  hindurch  in  Fachkreisen 
wie  für  das  grofse  Publicum  der  Gegenstand  ungetheilter  Bewunde¬ 
rung.  Ihre  Kosten  haben  beiläufig  40  372  Thaler  7  Silbergroschen 


und  1  Pfennig  betragen.  Im  übrigen  erfuhr  in  dieser  Zeit  die  erste 
Anlage,  die  in  dem  in  Abb.  1  schwarz  angedeuteten  Theile  ABDC 
des  jetzigen  Bauwerkes  bestand  und  lediglich  für  Aufnahme  des  be¬ 
rühmten  Eauchschen  Sarkophages  und  des  Sarges  der  Königin  Luise 
bestimmt  war,  keine  nachweisbare  Veränderung.  Wohl  aber  ist  es 
wahrscheinlich,  dafs  eine  solche  schon  früher  stattgefunden  hat.  Bei 
der  Vornahme  der  jetzt  an  diesem  ältesten  Bautheile  bewirkten 
Wiederherstellungs arbeiten,  von  denen  unten  noch  weiter  die  Eede 
sein  wird,  fanden  sich  nämlich  bei  «  — «  und  ß — ß  hochgelegene 
Fensteröffnungen  in  Halbkreisbogenform,  die  beiderseitig  einen 
halben  Stein  stark  zugemauert  waren.  Der  Sarkophag-Eaum  war  also 
früher  durch  hohes  Seitenlicht  erleuchtet;  das  jetzt  vorhandene  Ober¬ 
licht  lag  nicht  in  der  ursprünglichen  Absicht  und  ist  vermuthlich 
erst  von  Eauch  empfohlen  oder  gefordert,  um  für  die  Beleuchtung 
des  Sarkophags*)  einheitliches  Licht  zu  erhalten. 

Einen  weiteren,  eingreifenden  Umbau  erfuhr  das  Mausoleum 
nach  dem  Tode  des  Königs  in  den  Jahren  1841—42  durch  seinen 
Nachfolger  Friedrich  Wilhelm  IV.  Derselbe  beschlofs  die  An- 


*)  Der  von  Eauch  in  Carrara  gefertigte  Sarkophag  hatte  bei 
seiner  Ueberführung  widrige  Schicksale  zu  erfahren.  Auf  der 
Höhe  von  Lori  ent  wurde  das  Fahrzeug,  auf  dem  er  verfrachtet 
war,  von  dem  americanischen  Kaper  „The  Leon“  genommen.  Den 
Leon  nahm  unmittelbar  darauf  der  englische  Kaper  „Elisa“,  der 
seine  Beute  nach  Jersey  brachte  und  bedeutendes  Prisengeld  ver¬ 
langte.  Nach  langen  Verhandlungen,  die  den  König  in  begreifliche 
Erregung  brachten,  wurde  das  Kunstwerk  herausgegeben  und  von  den 
Engländern  nach  Cuxhafen  gebracht,  von  wo  es  durch  den  Hofbau- 
conducteur  Habe  und  den  Schiffer  Peter  Vofs  endlich  glücklich  an 
seinen  Bestimmungsort  geschafft  wurde.  (Hofmarschallamts-Acten.) 


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7.  Juni  1890. 


Ceutralblatt  der  B auverwaltuiig. 


fertiguug  eines  Sarkophags  auch  für  eleu  König  und  liefs  zu 
dessen  Aufstellung  neben  dem  der  Königin  sowie  zur  Ermöglichung 
gottesdienstlicher  Handlungen  durch  Hesse  nach  Schinkelscher 
Zeichnung  den  Erweiterungsbau  GHKJ  aufführen,  den  Abb.  1  dunkel 
schraffirt  giebt  und  der  bis  zum  Vorjahre  in  dieser  Gestalt  bestanden 
hat.  Eine  genaue  Abbildung  und  Beschreibung  dieses  Bestandes 
findet  sich  im  Jahrgang  1844  von  Försters  „Allgemeiner  Bauzeitung“, 
auf  die  wir  hier  verweisen.  Die  Capelle  wurde  augebaut,  ohne  den 
alten  Theil  zu  berühren.  Erst  nach  Fertigstellung  des  Anbaues  ent¬ 
fernte  man  die  Mauer  CD  (Abi).  1),  woraus  sich  die  in  Abb.  1  u.  2 
ersichtliche  Verschiebung  des  Oberlichtes  nach  dem  Eingänge  zu  und 
die  unsymmetrische  Anordnung  der  Felderdecke  des  alten  Sarkophag¬ 
raumes  erklären.  Dieser  letztere  wurde  nunmehr  Vorraum.  In 
seinen  Fufsbodeu  liefs  man  luschrifteutafelu  ein  zum  Hinweis  auf 
die  Särge,  die  in  der  alten  Gruft  verblieben.  Unter  dem  neuen  Bau- 
theile  wurde  nur  ein  kellerartiger  Kaum  hergerichtet,  den  die  Mauer¬ 
klötze,  auf  welchen  oben  die  beiden  Marmorsarkoi^hage  ruhten, 
unschön  durchsetzten,  in  dem  aber  gleichwohl  später  die  irdischen 
Beste  des  Prinzen  Albrecht  und  der  Fürsten  Liegnitz,  Friedrich 
Wilhelms  III.  zweiter  Gemahlin,  beigesetzt  wurden, 
nachdem  schon  zuvor  das  Herz  König  Friedrich  Wil¬ 
helms  IV.  in  einem  herzförmigen  grauitnen  Behälter 
zwischen  den  Särgen  des  Königspaares  Platz  ge¬ 
funden  hatte. 

Nach  dem  Hinscheiden  Kaiser  Wilhelms  hat  der 
Wunsch  des  hochseligeu  Monarchen ,  dereinst  zu 
den  Füfsen  seiner  Eltern  zu  ruhen,  den  Anlafs  zu 
dem  neuerdings  ausgeführteii  Erweiterungsbau  ge¬ 
geben.  Der  Hauptbaugedanke  rührt  von  der  nun¬ 
mehr  gleichfalls  verewigten  Kaiserin  Augusta  her, 
deren  Wille  es  war,  dort  auch  selbst  einmal  an  der 
Seite  ihres  Gemahls  bestattet  zu  werden.  Die  dem 
Architekten,  Hofbauinspector  A.  Geyer,  und  dem 
unter  ihm  mit  der  besonderen  Bauleituug  betrauten 
Eegierungs-Baumeister  Weber  gestellte  Aufgabe 
ging  dahin,  unter  thunlichster  Schonung  und  Er¬ 
haltung  des  Vorhandenen  die  Capelle  Friedrich  Wil¬ 
helms  IV.  für  die  Sarkophage  zu  erweitern  und  unter 
ihr  eine  würdige  Gruft  zur  Aufnahme  aller  sechs 
Särge  zu  schaffen.  —  In  welcher  Weise  diese  Auf¬ 
gabe  gelöst  worden  ist,  geht  aus  den  Abbildungen 
hervor.  In  Abb.  1  ist  der  neueste  Theil  in  heller 
Schraffirung  dargestellt,  die  Grundrisse  Abb.  3  und  4 
geben  die  einzelnen  neuen  Bautheile  in  schwarzer 
Anlage. 

Die  Rückwand  der  alten  Capelle  ist  unter  Erhal¬ 
tung  der  Apsidenhalbkuppel  vim  5,5  m  zurückge¬ 
schoben,  wodurch  ein  nahezu  geviertförmiger  Sarko- 
phagraum  erzielt  worden  ist.  Erleuchtet  wird  dieser 
nicht  mehr,  wie  früher,  durch  zwei  Reihen  schmaler 
rechtwinkliger  Fenster,  sondern  durch  zwei  grofse, 
halbkreisförmige,  nach  Art  der  römischen  Thermen¬ 
fenster  behandelte  Lichtöffhungen,  die  in  Form  und  Abmessung 
der  Apsidenöffuung  entsprechen.  Die  Aufsenerscheinung  des 
Bauwerkes  hat  sich  wenig  verändert,  wenigstens  kommen  die 
Veränderungen  dem  herantreten  den  Beschauer  wenig  zum  Be- 
wufstsein,  da  die  Seitenfronten  wie  die  Rückseite  durch  dichtes 
Baum-  und  Buschwerk  gedeckt  werden  und  das  Gebäude  nach 
wie  vor  im  wesentlichen  nur  mit  seiner  Vorderfront  in  die  Er¬ 
scheinung  tritt.  Einzig  eine  Veränderung  wird  man  beim  Heran¬ 
nahen  diu'ch  den  Tannengang  aus  gröfserer  Entfernung  gewahr: 
Das  kupfergedeckte  Capelleudach  kehrt  jetzt  seine  Giebel  der  Vorder- 
und  Rückseite  zu,  während  sich  dieselben  vordem  an  den  Langseiten 
des  Gebäudes,  also  an  den  Capellen-Schmalseiten  G J  und  KH  (Abb.  1) 
befanden.  Das  Bauwerk  hat  dadurch  nur  gewonnen;  überdies  ist  damit 
die  Anordnung  wieder  hergestellt,  welche  Schinkel  für  den  Erweite¬ 
rungsbau  von  1841/42  geplant  hatte,  und  die  auch  bereits  zur  Aus¬ 
führung  gebracht,  auf  Befehl  König  Friedrich  Wilhelms  IV.  jedoch 
wieder  beseitigt  worden  war.  Abgesehen  von  dieser  Umgestaltung 
des  Daches  haben  sich  die  Aufsenarbeiten  im  wesentlichen  darauf 
beschränkt,  die  bisher  geputzten  drei  untergeordneteren  Seiten  in 
ihren  oberen  Theilen  mit  grauem  schlesischen  Sandstein,  im  Sockel 
mit  geschliffenem  märkischen  Findling-Granit  zu  bekleiden.  Von  der 
Absicht,,  das  Gebäude  aufsen,  der  Vorderfront  entspreehend,  ganz 
mit  Granit  zu  verkleiden,  mufste  aus  Zeitmangel  Abstand  genommen 
werden.  Die  Sandsteinplatten  sind  bei  den  älteren  Theilen  schichten¬ 
weis  8  und  20  cm,  bei  den  neuen  Wänden  14  und  27  cm  stark,  die 
Platten  des  Granitsockels  haben  17  cm  Stärke.  Das  Gurtgesims  des 
Capellenbaues  wurde  auf  die  Höhe  vom  Hauptgesims  des  ältesten 
Theiles  gebracht.  Das  alte  Sandstein-Hauptgesims  der  Capelle  ist 
unter  Veränderung  der  Profilirung,  welche  bei  übermäfsig  hoher 


Platte  kleinliche  Gliederungen  zeigte,  wieder  verwendet  und  ergänzt. 
Da  die  Tiefe  der  alten  Stücke  durch  die  Profil  Veränderung  nur 
gerade  ausreichte,  um  ihr  Abkippen  zu  verhüten,  wurden  über 
das  ganze  Gesims  starke  u- Eisen  gelegt  und  an  diesen  in  ange¬ 
messenen  Abständen  Anker  befestigt,  deren  Splinte  unter  die  aus 
T-Eisen  gebildeten  Mauerlatten  greifen,  welclie  den  Deckenträgern  als 
Auflager  dienen.  So  wurde  die  bedeutende  Deckenlast  zweckmäfsig 
als  Gegengewicht  ausgenutzt. 

Ist  auf  diese  Weise  das  Aeufsere  des  Gebäudes  zu  einer  mit 
dessen  edler  Bestimmung  in  Einklang  befindlichen  Gediegenheit  ge¬ 
bracht  worden,  so  liat  auch  das  Innere  durch  den  Umbau  nur  ge¬ 
wonnen.  Vorraum  und  Capelle  stehen  in  besserem  Verhältnifs  zu 
einander  als  früher,  die  Raumwirkung  ist  günstiger  geworden  und 
wird  nur  noch  beeinträchtigt  durch  die  alte,  zu  scharf-blaue  Verglasung 
des  Vorraum-Oberlichtes,  die  mau  zwar  vielfach  rühmen  hört  und 
welche  als  etwas  Aufsergewöhnliches,  die  Sinne  Gefangenuehmendes 
namentlich  auf  die  grofse  Menge  wirkt,  welche  aber  nur  dazu  an- 
gethan  ist,  die  Beleuchtungsverhältnisse  und  die  feine  Farbenstim¬ 
mung  des  Gesamt-Inneren,  insbesondere  des  Hauptraumes  mit  seinen 
kostbaren  Bildwerken  zu  schädigen.  Die  Innenaus¬ 
stattung  schliefst  sich  im  w'esentlichen  der  der  alten 
Theile  an.  Vornehmlich  ist  Gewicht  auf  einheitliche 
Durchführung  der  dort  verwendeten  vaterländischen 
edlen  Gesteinsarten  gelegt  worden.  Einfache  Fort¬ 
setzung  haben  erfahren  der  schwarz-weifse  Marmor- 
fufsboden,  der  nur  bereichert  worden  ist  durch  eine 
breite,  friesartige  Einfassung  schön  gezeichneter  gufs- 
eiserner  Heizcanal -Deckplatten,  ferner  die  Beklei¬ 
dung  der  Wände,  welche  mit  einem  Sockel  von 
dunklem  Marmor  aus  der  Umgegend  von  Werni¬ 
gerode  beginnt,  der  Hauptsache  nach  aus  einer 
glatten  Täfelung  von  polirtem  schlesischen  Marmor 
besteht  und  in  Höhe  von  etwa  5  m  mit  einem  Gurt¬ 
gesims  von  Carraramarmor  abschliefst.  Auch  die  An¬ 
bringung  dieser  Wandbekleidung  ist  in  der  alten,  be¬ 
währten  Weise  erfolgt:  Bronceue  Anker  sind  in  die 
Mauer  eiugegipst  und  tragen  die  einzelnen  Platten, 
in  die  sie  nach  oben  und  unten  mit  je  einem  kleinen 
Dorn  eingreifen.  Dadurch  sind  die  Platten  sicher 
verankert,  gegen  die  Mauer  isolirt,  und  die  untere 
Schicht  wird  von  der  oberen  nicht  belastet.  Für  die 
oberen  Wandffächen  wurde  hingegen  die  alte  Beklei- 
duugsart  nicht  beibehalten.  Sie  bestand  aus  einer  un¬ 
ruhig  und  kleinlich  wirkenden  Stuckirung,  einem  an 
maurische  Motive  aiiklingenden  Linienmuster  mit  auf¬ 
gesetzten  Engelsköpfeu,  und  ist  durch  glatte,  mit 
einem  feingestimmten  Grünlichgrau  gefärbte  Putzfläche 
ersetzt  worden,  zu  deren  Belebung  lediglich  ein- 
fassende  blaue  Spruchfriese  mit  bronceneu  vergoldeten 
Schriftzügen  verwendet  wurden.  Die  Apsis  hat  ihren 
alten  Schmuck,  das  von  Pfannschmidt  in  lichten 
Farben  auf  Goldgrund  gemalte  Bild  des  thronenden, 
segnenden  Christus  behalten,  zu  dessen  Seiten  das  Königspaar 
betend  kniet.  Ganz  neu  ist  die  Decke  hergestellt.  Sie  ist  aus 
eisernen,  leicht  mit  Bronce  behandelten  Trägern  gebildet,  auf  welche 
lichtgraue  Sandsteincassetten  mit  silber-  und  goldbroncirten  Rosetten 
in  blauem  Felde  gelegt  sind. 

Die  Ausstattungsgegenstände  sind  die  alten  geblieben:  in  der 
Apsis  der  Marmoraltar  und  das  von  Achtermann  gefertigte  Crucifix; 
zu  Seiten  des  ersteren,  in  den  Ecken  des  Capellenraumes,  die  von 
Rauch  und  Tieck  nach  Schinkelscher  Zeichnung  gearbeiteten  Marmor¬ 
standleuchter,  die  früher  zu  Seiten  der  Sarkophage  aufgestellt  waren; 
letztere  auf  ihrem  alten  Platze,  zu  ihren  Seiten  die  Grabplatten, 
welche  früher  im  Vorraume  lagen,  zu  ihren  Füfsen  Raum  für  Grab¬ 
denkmäler  des  kaiserlichen  Paares,  über  deren  Gestaltung  endgültige 
Bestimmung  noch  nicht  getroffen  sein  soll. 

Fast  vollständig  erneuert  ist  die  Gruft,  nur  ein  paar  Mauer- 
theile  der  Aufsenwände  blieben,  wie  aus  Abb.  4  ersichtlich  ist,  stehen. 
Der  Gruftraum,  mit  der  zum  Vorraume  gemachten  alten  Gruft  durch 
eine  gitterverschlossene  Thüröffhung,  in  der  einige  Stufen  liegen,  ver¬ 
bunden,  gliedert  sich  in  ein  mit  flacher  Tonne  überspanntes  Mittel¬ 
schiff  und  zwei  mit  Kreuzgewölben  versehene  Seitenschiffe.  Dort 
haben  die  kranzbedeckten  Särge  der  beiden  Herrscherpaare  und  das 
Herz  Friedrich  Wilhelms  IV.,  hier  je  einer  der  beiden  anderen  Särge 
würdige  Aufstellung  gefunden.  Die  trennenden  Pfeiler  bestehen  aus 
geschliffenem  rothen  märkischen  Granit,  die  Wände  und  Decken 
des  Raumes  sind  glatt  geputzt  und  schlicht  grau  gefärbt,  der  Fufs- 
boden  wurde  mit  Platten  von  schwarzem  Nassauer  Marmor  belegt. 
Das  Licht  strömt  dem  Raume  reichlich  zu  durch  die  ringsum  an¬ 
gelegten  gekuppelten  Sockelfenster,  durch  deren  lediglich  mit  Stell¬ 
klappen  aus  starkem  gerippten  Glase  bewirkten  Verschlufs  auch 


J 


Erweiterungsbau  von 
/  1889-SO 

1 

Anbau  von 

“ 

/ 

1841-42 

i 

Abb.  1. 

Mausoleum  im  Schlofsgarten 
von  Charlottenburg. 


Nr,  28. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


231 


eine  ständige  kräftige  Lüftung  erzielt  wurde,  ohne  dafs  der  Einblick 
in  den  Eaum  von  aufsen  möglich  ist.  Im  oberen  Eaume  ist,  wie 
hier  nachgeholt  werden  möge,  die  Entlüftung  derart  eingerichtet, 
dafs  durch  vier  Oeffnungen  in  der  Felderdecke  und  zwei  gemauerte 
Canäle  im  Dachboden  die  verdorbene  Luft  zwei  Schloten  zugeführt 
wird,  die  mit  Volpertschen  Saugern  versehen  sind,  und  durch  welche 
man  die  Eauchrohre  der  Heifswasserheizungsöfen  hindurchgeführt  hat. 
Die  letzteren  haben,  in  Ermanglung  eines  geeigneten  inneren  Ge¬ 
lasses,  ihren  Platz  an 
der  Hinterfront  zu  beiden 
Seiten  der  Apsis  erhal¬ 
ten.  —  Mit  gewissen 
Schwierigkeiten  war  die 
Herstellung  des  Gruft¬ 
raumes  insofern  verbun¬ 
den,  als  sein  Fufsboden 
zur  Gewinnung  einer 
auch  nur  einigermafsen 
auskömmlichen  Höhe  — 
sie  ist  auf  3,10m  gebracht 
—  0,60  m  unter  Hoch¬ 
wasser  gelegt  werden 
mufste.  Es  ist  deshalb 
eine  durchschnittlich 
0,90  m  starke  Beton  sohle 
unter  den  Gruftraum  ge¬ 
streckt  worden.  Theils 
auf  ihr,  theils  auf  den 
alten  Grundmauern  ste¬ 
hen  die  aus  Klinkern  in 
Cement  aufgeführten  Seitenwände,  die 
in  ihren  alten  Theilen  eine  1  Stein 
starke  Klinkerbekleidung  bis  über 
Erdboden  erhalten  haben.  Für  die 
neue  Eückwand  mufste  die  Beton¬ 
platte  jedoch  auf  1,50 — 2  m  verstärkt 
werden,  da  hier  das  Mauerwerk  auf¬ 
geführt  und  mit  der  etwa  45  000  kg 
schweren  Nischenkuppel  belastet  wer¬ 
den  mufste,  bevor  man  die  neuen 
Seitenmauertheile  errichten  konnte. 

Durch  die  Stärke  der  Grundplatte  und 
die  Aufmauerung  in  Cementmörtel 
wurde  erreicht,  dafs  sich  am  An¬ 
schlüsse  an  das  alte  Mauerwerk  der 
Seitenwände  keinerlei  Eisse  zeigten. 

Allerdings  wurde  die  Vorsicht  ge¬ 
braucht,  den  Schlitz  erst  zu  vergiefsen, 
nachdem  die  grofsen  Fensterbögen, 
welche  einerseits  auf  altem,  anderseits 
auf  neuem  Mauerwerk  ruhen,  ausge¬ 
rüstet  waren. 

Es  wurde  schon  erwähnt,  dafs 
die  Halbkuppel  der  Altarnische  in 
ihrem  alten  Bestände  vollständig  er¬ 
halten  und  beim  Beginn  der  Er¬ 
neuerungsarbeiten  lediglich  auf  ihren 
jetzigen  Standort  zurückgeschoben 
worden  ist.  Dieses  Zurückschieben 
und  das  dazu  erforderliche  Anheben 
um  17  cm  wurde  wie  folgt  bewirkt. 

Aus  den  vorhandenen,  42  cm  hohen, 

12  m  langen  Deckenträgern  wurde 
eine  Fahrbahn  von  der  alten  zur  neuen 
Eückwand  hergcstellt.  Auf  diese  Trä¬ 
ger  kamen  drei  Achsenwalzen  mit  Spurringen,  und  darauf  eiserne 
Fahrbühnen  träger  von  36  cm  Höhe,  die  durch  Bolzen  und  Verkreu¬ 
zungen  fest  verbunden  wurden.  Die  Halbkuppel  fing  man  nach  und 
nach  auf  hölzernen  Balken  und  eisernen  Trägern  ab.  Zu  ihrer  Siche¬ 
rung  gegen  Bersten  wurde  ein  Band  aus  Winkeleisen  um  sie  ixnd 
über  die  Fahrbühne  gelegt  und  mit  einem  quer  mit  der  Kuppel  ver- 
kämmten  Balken  verschraubt.  Ferner  wurde  in  senkrechter  Eichtung 
um  die  Halbküppel  ein  Bandeisen  gelegt  und  mit  dem  ersten  Ab¬ 
fangebalken  verbolzt,  und  schliefslich  noch  ein  Flacheisen  in  Kämpfer¬ 


höhe  um  das  Sandsteingesims  gezogen.  Alle  Eisenbänder  wurden  mit 
Gips  vergossen.  Innerhalb  der  Halbkuppel  wurde  in  der  Kämpfer¬ 
ebene  ein  doppelter  Bohlenkranz  eingepafst  und  ebenfalls  mit  Gips 
vergossen.  Nachdem  die  Fahrbahnträger  gleichmäfsig  von  5  zu  5  cm 
mit  einer  Theilung  versehen  waren,  walzte  man  den  ganzen  Bau¬ 
körper  mittels  starker  Schiffs-Spindelschrauben  und  mit  Schiffstäuen 
langsam  bis  zur  neuen  Ai)siswand  zurück.  Spindelschrauben  wie 
Fahrbahnträger  waren  gegen  die  neue  Eückwand  xind  die  alte  Vorder¬ 
wand  kräftig  abgesteift. 
Die  ganze  Bewegung 
nahm  etwa  eine  Stunde 
Zeit  in  Anspruch  und 
gelang  vollkommen. 

Es  ei’übrigt,  noth 
mitzutheilen ,  dafs  die 
Kosten  des  Erweiterungs¬ 
baues  etwa  230  000  Mark 
betragen  haben,  sowie 
einige  ergänzende  Worte 
über  die  zu  dem  jüng¬ 
sten  Erweiterungsbau 
verwendeten  Materialien 
und  die  Schwierigkeiten, 
mit  welchen  deren  Be¬ 
schaffung  verbunden  war, 
hinzuzufügen.  Dafs  aus 
Mangel  an  Zeit  —  der 
Bau  wurde  im  Januar 
1889  in  Angriff  genom¬ 
men  und  sollte  am 
22.  März  1890  beendet  sein  —  von 
einer  einheitlichen  Bekleidung  des  ge¬ 
samten  Aeufseren  mit  märkischem 
Granit  Abstand  genommen  werden 
mufste,  wurde  schon  gesagt.  Der  an 
seiner  Stelle  verwandte  Sandstein 
stammt  aus  Eackwitz  in  Schlesien. 
Das  Gesims  und  die  Cassetten  der 
Decke  im  Inneren  sind  aus  Cottaer 
Sandstein  gefertigt.  Sehr  schwierig 
war  hier  die  Beschaffung  der  Mar¬ 
morsorten  für  die  Wandtäfelung.  Der 
Bruch,  aus  dem  der  Harzer  Mar¬ 
mor  des  alten  Sockels  stammt,  ist  ein¬ 
gegangen,  der  Name  xxnbekannt.  Nach 
längei’en  Nachfox’schungen  fanden  sich 
auf  dem  Potsdamer  Baudepothofe  noch 
zwei  Blöcke  dieses  Steines  aus  der 
Zeit  des  Erweiterungsbaues  von  1842, 
die  glücklicherweise  den  Bedarf  gerade 
deckten.  Der  Bruch,  aus  welchem 
der  lichtgraue,  in  gelb,  grün  xxnd 
violett  spielende  Marmor  der  AVand- 
bekleidung  herrührt,  liegt  bei  Hohen- 
zechow  in  der  Nähe  von  Bunzlau.  Auch 
er  ist  seit  langer  Zeit  aufser  Betrieb 
xxnd  verschüttet.  Den  unermüdlichen 
Bemühungen  der  Hofsteinmetzmeister 
P.  Wimmel  u.  Co.,  der  Nachfolger 
des  Meisters,  der  seiner  Zeit  die  Gra¬ 
nitfront  mitei’richtet  hatte,  gelang  es 
jedoch,  ihn  wieder  aufzufinden,  offen¬ 
zulegen  und  so  axxch  für  die  Wand¬ 
täfelung  den  genau  passenden  Stein  zur 
Verwendung  zxx  biüngen.  —  Und  den 
gleichen  Eifer  haben  für  ihren  Theil  alle  anderen  an  den  Tag  gelegt, 
denen  es  vergönnt  wai',  an  dem  bedeutsamen  Werke  mitzuschaffen.  In 
der  bescheiden  entsagenden  Hingabe  an  das  Ueberlieferte  aber,  wie  sie 
axxs  der  ganzen  künstlerischen  Behandlung  des  Erweiterungsbaxxes 
an  leitender  Stelle  spricht,  liegt  eine  schöne  Huldigung,  dargebracht 
nicht  nur  den  xxnvergefslichen  Todten,  denen  die  würdige  Euhestätte 
nunmehr  bereitet  ist,  sondex’n  auch  dem  grofsen  Architekten,  in 
dessen  Geiste  das  Baxxwerk  sowohl  begonnen,  wie  foi-tgeführt  und 
vollendet  wurde.  Hd. 


Abb.  2.  Längenschnitt. 

h)  Sarkophag  der  Königin  Luise- 
t)  Sarkophag  König  Friedrich  Wilhelms  III. 


Abb.  3.  Oberer  Grundrifs. 

a)  Sarg  der  Königin  Luise. 

b)  Sarg  König  Friedrich  Wilhelms  IlL 

c)  Sarg  der  Kaiserin  Augusta. 

d)  Sarg  Kaiser  Wilhelms  I. 


20m 


e)  Sarg  des  Prinzen  Alhrecht. 

f)  Sarg  der  Fürstin  Liegnitz. 

g)  Herz  König  Friedrich  Wilhelms  IV. 

Abb.  4.  Unterer  Grxxndrifs. 

Mausoleum  im  Schlofsgarten  von  Charlottenburg. 


Hülfsmittel  für  die  Annahme  und  Abfertigung  der  Züge  auf  dem  Haupt -Personen 

bahnhofe  in  Frankfurt  a.  M. 


Während  auf  den  Bahnhöfen  gewöhnlichen  Umfanges  der  den 
äufseren  Dienst  leitende  Beamte  mit  den  die  telegraphische  An¬ 
nahme  xxnd  Abmeldung  der  Züge  besorgenden  Bureaubeamten  xxn- 


mittelbar  mündlich  verkehi-t  oder  sich  höchstens  eines  Sprachrohres 
bedient,  machten  die  aufsergewöhnlich  grofsen  Abmessungen  des 
Frankfxxrter  nexien  Personenbahnhofes  andere  Verständigungsmitt 6l 


232  Centralblatt  der 


nöthig.  Es  genügteu  hier  aucli  die  üblichen  Morseschreiber  allein 
ebenso  wenig  wie  der  Fernsprecher;  denn  erstere  waren  für  einen 
Theil  der  Mittheilungen  zu  umständlich  und  zeitraubend,  bei  letz¬ 
terem  aber  fehlt,  da  keine  selbstthätige  schriftliche  Aufzeichnung 
statttindet,  die  genügende  Sicherheit  gegen  wirkliche  oder  angebliche 
Mifsverständnisse. 

Wenn  auch  über  die  allgemeine  Anordnung  des  Frankfurter 
Bahnhofes  bereits  Veröffentlichungen  vorliegen,*)  müssen  wir  dieselbe 
doch  zum  besseren  Verständnifs  des  folgenden  an  der  Hand  der  bei¬ 
gegebenen  Abbildungen  1  u.  2  hier  kurz  beschreiben. 

Der  Frankfurter  Bahnhof  ist  eine  Koi)fstation  mit  vollständig 
getrennten  Theileii  für  den  Personen-,  Post-,  Gepäck-  und  Eilgut¬ 
verkehr  einerseits  und  den  Güterverkehr  anderseits.  Der  Personen¬ 
bahnhof  (I  in  Abb.  1)  ist  ein  gemeinsamer  für  die  Staatsbahnen  und 
die  Hessische  Ludwigsbahn;  dagegen  hat  die  letztgenannte  Privat¬ 
bahn  einen  besonderen  Güterbahnhof  (V)  unmittelbar  nördlich  neben 


Bauverwaltuug.  7.  Juni  1890. 


dieses  Geleis  den  dreimal  täglich  —  morgens,  mittags  und  abends  — 
zwischen  dem  Haupt-Personenbahnhofe  und  der  Hauptwerkstätte  ver¬ 
kehrenden  Arbeiterzug  auf. 

In  den  Geleisen  IV  und  V  verkehren  die  Züge  von  und  nach 
Bebra  und  die  seit  vorigem  Jahre  eingeführten  Anschlufszüge  zwischen 
dem  Haupt-Personenbahnhofe  und  Hanau  zur  Verbindung  mit  den 
vom  Frankfurter  Ostbahnhofe  der  Hessischen  Ludwigsbahn  nach 
Bayern  und  in  umgekehrter  Richtung  gehenden  Zügen.  Vorstatiou 
ist  Sachsenhausen,  und  bei  km  1,6  findet  die  Trennung  der  Personeii- 
und  Güterzüge  statt  —  Läute-  und  Blockstelle  Mainstation.  Seit 
dem  letzten  Herbste  wird  ferner'  der  mittags  von  Bayern  —  Hanau  — 
in  Geleis  IV  eintahrende  Schnellzug  behufs  Kürzung  der  Aufenthalts¬ 
zeit  alsbald  wieder  aus  diesem  Geleise  nach  Wiesbaden  und  Rüdes- 
heim  usw.  abgelassen. 

Die  Geleise  VI  und  VH  dienen  zur  Ein-  und  Ausfahrt  der  Züge 
der  Main -Neckar -Bahn  —  Darmstadt,  Heidelberg  usw.  Da  auch 


Bocken  heim 


\ Kaserne) 


'^Bie^waid 


Fabriken 


Bornheim, 


FlANKFÄt»* 


)RebsIock 


.Garteriy^J 


^Hellerhof 


.Kuern«^ 


{Griesheim 


GutleutR^) 


localhaKnh. 


rtssahai» 


Goldstein 


Oberrad; 


Sandht 

V 


'Riedh^ 


Sachsen  hausen 


■  iii " n  1 ,  ,1^  V  ii  *  W 

v\ 


Offenbaeh 


Fortfallendc  i  ...  _ 

Verbleibende  /  Eisenbahnlinien. 

Neue  Eisenbahnlinien. 

Waldbahn. 

Trambahn  und  Dampfstra.ssenbahn, 
Elektrische  Bahn. 

Hoch-  und  Niederdruck-WasserleLtuu^ 
Station  für  elekiri.sche  Beleuchtung. 

0  fSOO  2000*" 


Jw- -"ai .  .-tu.  <■ 


.Goldstein 


I.  Personenbahnhof  (gemeinschaftlich). 

H.  Werkstättenbahnhof  der  Staatsbahnen. 


HL  Güterbahnhof  f  der  Staats- 

IV.  Verschub-Bahnhof  S  bahnen. 

Abb.  1. 


V.  Güterbahnhof  \  der  Hessischen 

VI.  Verschub-Bahnhof  j  Ludwigsbahn. 


XJebersichtsplan  der  EisenbaRnanlagen  bei  Frankfuxt  a.  M. 


dem  Personenbahnhöfe  errichtet,  während  der  Güterbahnhof  der 
Staatsbahnen  einschliefslich  der  Main-Neckar-Bahn  (III)  etwas  mehr 
nördlich  längs  der  früheren  Taunusbahnlinie  angeordnet  ist. 

Die  Hessische  Ludwigsbahn  nimmt  mit  ihren  Geleisen  und  Bahn¬ 
steigen  die  nördlichste  der  drei  Hallen  ein,  in  welcher  ihre  Züge 
selbständig  abgefertigt  werden.  Da  dies  wegen  des  verhältnifsmäfsig 
geringen  Umfanges  des  Zugverkehrs  ohne  aufsergewöhnliche  Hülfs- 
mittel  geschehen  kann,  sollen  sich  die  nachfolgenden  Betrachtungen 
auf  die  Einrichtungen  der  Staatsbahnen  beschränken. 

Unter  jeder  Halle  liegen  sechs  Geleise,  zwischen  denen  ab¬ 
wechselnd  Haupt-Bahnsteige  für  den  Personenverkehr  und  Neben- 
Bahnsteige  für  den  Post-  und  Gepäckverkehr  angeordnet  sind.  Die 
zwölf  Geleise  der  beiden,  den  Staatsbahnen  einschliefslich  der  Main- 
Neckar-Bahn  dienenden  Hallen  werden  in  folgender  Weise  benutzt: 

Gel  eis  I  (Abb.  2)  nimmt  die  ankommenden  Züge  von  Wiesbaden, 
Soden  a.  Taunus  und  dem  Rheingau  auf.  Vorstation  ist  Höchst  a.  M.; 
zwischen  dieser  und  Bahnhof  Frankfurt  liegen  zwei  Blockstationen 
bei  km  1,97  und  4,2;  an  letzterer — ■  „Rebstock“  —  werden  die  Güter¬ 
züge  nach  dem  Staatsbahngüterbahnhofe  abgelenkt.  Aus  Geleis  II 
fahren  die  Züge  derselben  Linie  aus.  Da  mehrfach  Schnell-  und 
Personenzüge  in  ganz  geringem  Abstande  einander  folgen  müssen, 
auch  bei  starkem  Vei'kehre  die  Zugtheile  von  und  nach  Wiesbaden 
und  dem  Rheingau  getrennt  gefahren  werden,  so  dient  Geleis  III  für 
Ankunft  und  Abfahrt  von  Zügen  dieser  Gruppe.  Aufserdem  nimmt 


*)  Vergl.  die  Mittheilungen  im  Jahrg.  1888,  Seite  357  ff.  und 
Seite  393  d.  Bl. 


hier  mehrfach  Schnell-  und  Personenzüge  einander  in  kurzem  Ab¬ 
stande  folgen,  ist  Geleis  VHI  ebenfalls  zur  Ein-  und  Ausfahrt  von 
Zügen  dieser  Bahn  bestimmt.  Vorstation  ist  Louisa;  die  Trennung 
der  Personen-  und  Güterzüge  findet  an  der  Mainstation  statt. 

Die  Geleise  IX  bis  XII  dienen  für  die  von  Bockenheim  ab  auf 
denselben  beiden  Geleisen  fahrenden  Züge  von  Cassel  einerseits  und 
Homburg-Cronberg  anderseits,  und  zwar  fahren  in  Geleis  IX  die  Hom- 
burger  Züge  aus  und  ein,  in  X  und  XI  verkehren  die  Schnell-  und 
Persouenzüge  der  Main -Weser -Bahn  (Giefsen,  Cassel-),  und  XH 
dient  als  Ein-  und  Ausfahrtgeleis  für  die  zwischen  Frankfurt  und 
Friedberg  (der  Main -Weser -Bahn)  eingerichteten  Omnibuszüge  und 
für  die  Cronberger  Bahn.  Zwischen  Frankfurt  und  Bockenheim  liegt 
die  Blockstation  Hellerhof  bei  km  1,74. 

Neben  den  beiden  Hauptgeleisen  der  Strecke  Frankfurt-Hellerhof 
ist  ein  drittes  hergestellt  zur  Verbindung  des  Personen-  und  Güter¬ 
bahnhofes,  zur  Beförderung  von  Kohlen  und  sonstigen  Betriebs¬ 
materialien,  zum  Zubringen  der  schadhaften  Wagen  nach  der  Haupt¬ 
werkstätte  usw. 

Uebrigens  sind  die  Geleisgruppen  derart  miteinander  verbunden, 
dafs  ein  Zug  der  einen  Gruppe  unmittelbar  auf  die  benachbarte 
Gruppe  übergehen  kann.  Dieser  Uebergang  findet  bei  der  Ausfahrt 
statt,  während  der  Zug  bei  der  Einfahrt  stets  in  das  dafür  bestimmte 
Einfahrtsgeleis  eingeführt  wird. 

Zur  Sicherung  der  im  vorstehenden  beschriebenen  Zugfahrten 
sind  einerseits  etwa  100  m  vor  den  letzten  in  den  Hauptgeleisen 
liegenden  Weichen  Bahnhofs-Abschlufstelegraphen  f  mit  400  m  weit 
vorgeschobenen  Vorsignalen  anderseits  Ausfahrtstelegraphen  i  auf- 


Nr.  23. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


233 


gestellt  worden.  Der  bessern  Uebersichtlichkeit  wegen  ist  bei  den 
Bahnhofs- Abschlufstelegraphen  von  der  Benutzung  mehrflügliger 
Signale  ganz  abgesehen  worden;  jede  Bahnlinie  hat  vielmehr  nur  ein 
einflügliges  Einfahrtssignal  erhalten,  und  es  sind  an  der  westlichen 
Hallenschürze  für  die  einzelnen  Einfahrtsgeleise  Wegesignale  h  an¬ 
gebracht,  deren  Stellhebel  derart  mit  denen  der  Einfahrtssignale  in 
Abhängigkeit  stehen,  dafs  an  einem  Abschlufstelegraphen  erst  dann 
das  Einfahrtssignal  gegeben  werden  kann,  wenn  eins  der  dazu  gehöri¬ 
gen  Wegesignale  gezogen  ist,  während  bei  der  Zurücknahme  die  um¬ 
gekehrte  Reihenfolge  eingehalten  werden  mufs.  Zur  Bedienung  aller 
Signale  und  der  von  den  Zugfahrten  berührten  und  diese  gefährden- 


anderseits  geleitet.  Zu  diesem  Zweck  ist  die  Aufsenstation  C  mit 
einem  besonderen  Läute-Inductor  mit  zwei  Tasten  und  einem  Morse¬ 
schreiber  ausgerüstet.  Ein  zweiter  Morseschreiber  dient  zur  Ver¬ 
bindung  mit  dem  Bureau  A.  Aufserdem  war  eine  Vorrichtung  in  B 
vorzusehen,  um  nach  den  am  Eingänge  bei  EE  liegenden  Fahrkarten¬ 
ausgaben  die  bevorstehende  Abfahrt  eines  jeden  Zuges  behufs 
Schliefsung  der  Schalter  rechtzeitig  mitzutheilen. 

Die  Verbindung  zwischen  diesen  Stellen  B,  C  und  E  mufste 
in  vollkommen  sicherer,  jedes  Mifsverständnifs  ausschliefsender  Weise 
hergestellt  werden,  zugleich  aber  eine  sehr  rasche  Verständigung  ge¬ 
statten;  denn  neben  den  umfangreichen  Zugverschiebungen  und  Leer- 


g  =  6  Vorsignale,  f  =  7  Abschlufssignale.  fs  =  Abschlufssignal  für  das  Verbindungsgeleis.  i  =  11  einflüglige  und  1  zweiflügliges 
Ausfahrts Signal,  h  —  12  Wegesignale.  C  =  Assistentenbude.  D  D  D  =  Stellwerke.  —  (Die  Nebengeleise  sind  weggelassen.) 

Abb.  2. 


den  Weichen  dienen  die  drei  Stellwerke  D  (ein  viertes  gehört  zur 
Ludwigsbahn),  welche  in  etwa  5  m  Höhe  über  Schienenoberkante  an 
einer  über  den  ganzen  Bahnhof  hinwegführenden  „Signalbrücke“, 
die  auch  die  Ausfahrtssignale  trägt,  angeordnet  sind.  An  dieser 
Brücke  liegt  die  Stationsassistentenbude  C,  in  welcher  sich  der  den 
äufseren  Zug-  und  Verschubdienst  überwachende  Stationsbeamte  und 
zu  dessen  Unterstützung  ein  Telegraphist  aufhalten.  In  dieser  Bude  C 
ist  ein  grofses  Blockwerk  aufgestellt,  mittels  dessen  der  Stations¬ 


fahrten  Von  Locomotiven  ist  auf  den  in  Frage  kommenden  Bahnen 
(also  mit  Ausschlufs  der  Hessischen  Ludwigsbahn)  täglich  zwischen 
5  Uhr  früh  und  11  Uhr  abends  ein  Verkehr  von  248  Zügen  zu  be¬ 
wältigen,  welche  nicht  gleichmäfsig  über  diese  Zeit  vertheilt  sind, 
sondern  sich  der  Anschlüsse  wegen  gruppenweise  dicht  zusammen¬ 
drängen. 

Da  die  einzelnen  Läutezeichen  bei  Verwendung  der  gewöhnlichen 
Glockenhäuschen  wegen  der  grofsen  Anzahl  nicht  genügend  unter- 


Klingelwerk  für  die  Fall¬ 
scheibenwerke. 


<- -  26— 

Abb.  4. 


Fallscheibenwerk  für 
Läutesignale. 


Abb.  5. 

Fallscheibenwerk  für 
Bureau  A. 


Fallscheibenwerk  für  die 
Stationsbeamten  bei  B. 


Abb.  7. 


Fallscheibenwerk  für  die 
Fahrkarten- Ausgabe. 


beamte  die  Hebel  der  Wege-  und  Ausfahrtssignale  der  drei  Stell¬ 
werke  verschlossen  hält  und  im  gegebenen  Falle  durch  Drehen  der 
entsprechenden  Kurbel  freigiebt;  an  mitgehenden  Zeigern  erkennt 
er,  ob  der  Weichensteller  die  Signale  zieht  und  demnächst  zurück¬ 
nimmt. 

Auf  den  Haupt-Bahnsteigen  befinden  sich  in  der  Nähe  des  west¬ 
lichen  Hallen-Endes  bei  R  die  die  abgehenden  Züge  abfertigenden 
Stationsbeamten;  jeder  derselben  hat  zwei  Haupt-Bahnsteige  zu  be¬ 
dienen,  sodafs  immer  drei  gleichzeitig  im  Dienste  sind. 

Mit  A  ist  derjenige  Theil  des  Stationsbureaus  der  Staatsbahnen 
bezeichnet,  in  welchem  die  vorschriftsmäfsige  Abmeldung  und  An¬ 
nahme  der  Züge  stattfindet.  Diese  Stelle  allein  verkehrt  mit  den 
Nachbarstationen;  hier  enden  auch  die  Block-  und  Streckenläute- 
Leitungen.  Damit  aber  die  Geleise  zur  Aufnahme  der  Züge  recht¬ 
zeitig  freigemacht  werden,  läutet  es  sowohl  in  den  Stellwerksbuden  D, 
als  auch  in  der  Assistentenbude  C  mit.  Damit  ferner  der  Beamte 
im  Bureau  A,  welcher  von  den  Zügen  selbst  gar  nichts  sieht,  nicht 
vor  der  wirklich  vollendeten  Einfahrt  eines  Zuges  die  hinterliegende 
Blockstrecke  wieder  freigeben  kann,  ist  die  Assistentenbude  C  auch 
in  sämtliche  Blockleitungen  eingeschaltet  und  mit  Blockwerken  ver¬ 
sehen,  mittels  deren  die  Freigabevorrichtungen  im  Bureau  A  unter 
Verschlufs  gehalten  werden.  Ohne  Mitwirkung  der  Station  A  werden 
von  dem  Beamten  in  C  selbständig  aufser  dem  Verschubdienste  nur 
die  Zug-  und  Locomotivfahrten  zwischen  der  Werkstätte  und  dem 
Locomotivschuppen  einerseits  und  dem  Personen-  und  Güterbahnhofe 


schieden  werden  könnten,  sind  überall,  wo  eine  gröfsere  Zahl  ver¬ 
schiedener  Züge  zu  signalisiren  ist,  wie  in  dem  Bureau  A,  der 
Assistentenbude  C,  den  Stellwerksbuden  D,  in  Mainstation,  Hellerhof 
usw.  statt  der  üblichen  Läutewerke  Fallscheibenwerke  (Abb.  3  u.  4) 
verwendet  worden,  bei  welchen  der  durch  Drehen  der  Inductorkurbel 
erregte  elektrische  Strom  eine  in  der  Ruhelage  versteckt  liegende 
Scheibe  s  mit  der  Angabe  der  Zugrichtung  herabfallen  und  ein  da¬ 
mit  verbundenes  Klingelwerk  k  so  lange  anschlagen  läfst,  bis  durch 
Heben  der  Scheibe  mittels  des  Griffes  g  der  elektrische  Contact 
wieder  aufgehoben  wird.  An  Stelle  der  mit  Inschrift  versehenen 
Fallscheibe  tritt  alsdann  ein  rothes  Feld. 

Aehnliche,  aber  durch  eine  elektrische  Batterie  betriebene  Fall¬ 
scheiben-  und  Klingelwerke  dienen  zur  Verbindung  der  Station  A 
mit  den  Stationsbeamten  bei  B  und  dieser  letzteren  mit  den  Fahr¬ 
kartenausgaben  E  —  Abb.  5,  6,  7  — ,  und  zwar  ist  an  diesen  drei 
Stellen  für  jede  Fahrtrichtung  ein  besonderer  Fallscheibenkasten  an¬ 
gebracht.  Die  in  A  und  B  befindlichen  Kästen  enthalten  am  obern 
Rande  unter  jedem  Druckknopf  eine  feststehende  Inschrift,  durch 
welche  die  Bestimmung  der  abzugebenden  Meldung  kurz  angedeutet 
wird.  Ein  Hauptvorzug  dieser  Fallscheibenwerke  besteht  neben  der 
genauen  Unterscheidung  der  einzelnen  zu  signalisirendeh  Richtungen 
darin,  dafs  ein  so  gegebenes  Zeichen  nicht  bei  einer  augenblicklichen 
Abwesenheit  des  Beamten  überhört  werden  kann,  da  das  Klingelwerk 
so  lange  ertönt,  bis  der  Beamte  die  Scheibe  wieder  in  die  Ruhelage 
zurückhebt. 


234 


Oeutralblatt  der  Bauverwaltung. 


7.  Juni  1890. 


Bei  etwaigem  Versagen  der  Fallscheibenwerke  ist  den  Stations- 
beamteu  bei  B  diirdi  Fernsprecher  die  Möglichkeit  gewährt,  an  das 


Bureau  A  und  die  Fahrkartenausgaben  die  nöthigen  Mittheiluugen 
gelangen  zu  lassen.  (Schlufs  folgt.) 


Der  Rliein Strom  und  seine  wichtigsten  Nebenflüsse. 


Die  aufsergewöhnlichen  Hochfluthen  des  Eheins  in  den  Jahren 
1882  und  1883  gaben  dem  Reichstage  im  Mai  1883  Veranlassung  zu 
dem  Ersuchen  an  den  Herrn  Reichskanzler,  durch  eine  Commission 
von  Sachverständigen  die  Stromverhältnisse  des  Rheins  und  seiner 
Nebenflüsse  untersuchen  und  je  nach  dem  Ergebnifs  dieser  Unter¬ 
suchung  Vorschläge  zur  Verbesserung  der  gegenwärtigen  Zustände 
machen  zu  lassen.  Die  unter  dem 
Vorsitze  des  zum  Reichs- Commissar 
ernannten  Unterstaatssecretärs 
V.  Marcard  berufene  Commission  er¬ 
kannte  alsbald  nach  ihrem  Zusam¬ 
mentritt,  dafs  zur  Erledigung  der 
gestellten  Aufgabe  vorab  eine  hydro¬ 
graphische  Beschreibung  des  deu¬ 
tschen  Stromgebiets  erforderlich  sei, 
und  beschlofs  die  Ausarbeitung 
einer  solchen  dem  Centralbureau  für 
Meteorologie  und  Hj^drographie  im 
Grofsherzogthum  Baden ,  welches 
sich  dazu  bereit  erklärt  hatte,  zu 
übertragen. 

Das  jetzt  vorliegende  Werk*) 
ist  das  Ergebnifs  dieses  Beschlusses 
und  weiterer  Verhandlungen,  in 
denen  auch  eine  Darstellung  der 
wasserwirthschaftlichen  und  wasser¬ 
rechtlichen  Verhältnisse  als  wün- 
schenswerth  erkannt  wurde.  Für 
dasselbe  sindzunächstdie  sämtlichen, 
bei  den  verschiedenen  Eheinufer- 
Staaten  vorhandenen  amtlichen  Ma¬ 
terialien  von  den  Mitgliedern  der 
Commission  gesammelt  und  gesichtet, 
sowie  nach  Bedarf  vervollständigt. 

Ferner  wurde  in  sehr  dankens- 
werther  Weise  das  Material  für 
die  in  Oesterreich  und  der  Schweiz 
belegenen  Theile  des  Stromgebiets 
zur  Verfügung  gestellt.  Endlich  ist 
von  dem  Bureau  die  Litteratur  über 
den  Rhein,  soweit  sie  in  die  Grenzen 
der  gestellten  Aufgabe  fällt,  ge¬ 
sammelt  und  benutzt.  Wenn  schon 
hiermit  eine  Fülle  von  Arbeit  ge¬ 
leistet  war,  -welche  allen  Betheiligten 
zur  Ehre  gereicht,  so  war  doch  die 
Verarbeitung  des  sehr  umfangreichen 
und  zum  gröfsten  Theile  recht  spröden 
Stoffes  in  ein  Werk  von  einladender 
Form  und  fesselnder  Darstellung 
eine  Aufgabe,  welche  eine  umfassende 
Sachkenntnifs,  verbunden  mit  einer 
aufserordentlichen  Arbeitskraft  und 
einem  hervorragenden  Geschick  in 
der  Anordnung,  mit  einem  Wort, 
einen  rechten  Meister  erforderte.  Dafs 
dieser  in  dem  Grofsherzoglich  Ba¬ 
dischen  Baudirector  Ho  ns  eil  ge¬ 
funden  ward,  davon  giebt  der  erste 
Theil  „Hydrographie  und  Wasserwirth- 
schaft“  beredtes  Zeugnifs.  Nicht  min¬ 


*)  Der  Rheinstrom  und 
seine  wichtigsten  Nebenflüsse 
von  den  Quellen  bis  zum  Austritt  des  Stromes  aus  dem  deutschen 
Reich.  Eine  hydrographische,  wasserwirthschaftliche  und  wasser¬ 
rechtliche  Darstellung  mit  vorzugsweise  eingehender  Behandlung  des 
deutschen  Stromgebietes.  Im  Auftrag  der  Reichscommission  zur 
Untersuchung  der  Rheinstromverhältnisse  herausgegeben  von  dem 
Centralbureau  für  Meteorologie  und  Hydrographie  im  Grofsherzog¬ 
thum  Baden.  Berlin  1889.  Ernst  u.  Korn.  359  S.  in  Folio.  Mit 
9  Uebersichtskarten  und  Uebersichtsprofilen  nebst  einer  Stromkarte 
des  Rheines  in  16  Blättern.  Preis  45  Mark. 


der  glücklich  hat  sich  der  Bearbeiter  des  zweiten  Theils  „Recht  und 
Verwaltung  des  Wasserwesens“,  der  Grofsherzogliche  Ministerialrath 
Dr.  Schenkel,  der  von  ihm  übernommenen  Aufgabe  entledigt.  Den 
beiden  Verfassern  gebührt  unstreitig  der  gröfste  Theil  des  Ver¬ 
dienstes,  dafs  ein  Werk  über  den  Rhein  geschaffen  worden,  welches 
dieses  stolzen  Stromes  würdig  ist. 

Der  Inhalt  des  ersten  Theiles 
erstreckt  sich  auf  die  geographische 
Lage  und  Gliederung  des  Strom¬ 
gebietes,  den  Gebirgsbau,  die  geo¬ 
logischen  Verhältnisse,  die  Ge¬ 
staltung  der  Strom-  und  Flufsge- 
i'inne  und  ihre  Geschiebeführung, 
die  Bewaldung  des  Stromgebiets, 
die  klimatischen  Verhältnisse,  den 
Wasserhaushalt,  den  Wasserschutz 
und  die  Wasserbenutzung;  der  des 
zweiten  Theils  auf  das  Wasser¬ 
recht  und  seine  geschichtliche  Ent¬ 
wicklung,  den  Wasserlauf  und 
seine  Bestandtheile,  den  Wasser¬ 
schutz,  die  Wasserstrafse  und  ihre 
Zubehörden,  die  Wasserbenutzung, 
die  Wasserverwaltung  und  auf 
Wasser  und  Wald.  Dazu  gehören 
6  Uebersichtskarten  der  politischen 
und  hydrographischen  Theilung,  der 
orographischen  und  geologischen 
Uebersicht,  der  Bewaldungsdichtig¬ 
keit  und  der  Niederschlagsverthei- 
lung,  ferner  geologische  Profile 
durch  das  Rheingebiet,  Längen- 
Profil  des  Rheins  und  seiner  Ne¬ 
benflüsse,  schematische  Grundrifs- 
Darstellung  des  Ueberschwemmungs- 
gebiets  und  eine  Rheinstromkarte 
in  16  Blättern  im  Mafsstab  von 
1  :  100  000 ,  endlich  nicht  weniger 
als  79  tabellarische  Uebersichten 
aller  in  Betracht  kommenden  Ver¬ 
hältnisse. 

Man  ersieht  hieraus,  welch  eine 
Fülle  von  Belehrung  aus  dem  Werk 
geschöpft  werden  kann.  Es  werden 
alle  diejenigen,  welche  nach  den 
Hochfluthen  von  1882  und  1883  sich 
in  herben  Urtheilen  über  die  staat¬ 
liche  Wasserwirthschaft  am  Rhein 
ergingen,  reichliche  Gelegenheit  finden, 
sich  aus  bester  Quelle  über  die  that- 
sächlich  vorliegenden  Verhältnisse 
zu  unterrichten  und  danach  ein  sach- 
gemäfseres  Urtheil  zu  fällen.  Vor 
allem  aber  wird  das  Werk  die  viel¬ 
fältigste  Anregung  denjenigen  geben, 
welche  die  Pflege  und  Verbesserung 
der  wasserwirthschaftlichen  Verhält¬ 
nisse  des  Eheins  und  seiner  Neben¬ 
flüsse  ernstlich  zu  fördern  wünschen, 
und  es  wird  ferner  ein  treffliches 
Vorbild  sein  für  gleiche  Darstel¬ 
lungen  der  anderen  Stromgebiete 
des  Reiches.  Wenn  wir  daher  den 
Wiinsch  aussprechen,  dafs  für  die 
Gebiete  der  Weser,  Elbe,  Oder  und  Weichsel  baldigst  Nachfolge 
in  die  Wege  geleitet  werden  möge,  so  geben  wir  uns  auch  der 
festen  Zuversicht  hin,  dafs  das  Grofsherzoglich  Badische  Central- 
Bureau  nicht  in  unfreiwilliger  Mufse  auf  den  errungenen  Lorbeern 
wird  ausruhen  müssen,  sondern  dafs  man  ihm  den  Vorzug  nicht  mifs- 
gönnen  wird,  auch  mit  den  weiteren  Ermittlungen  über  die  Verbesse¬ 
rung  der  Wasserwirthschaft  des  Rheins  an  der  Spitze  der  gleich¬ 
artigen  Bestrebungen  im  Reiche  voranzugehn.  -  L. — 


Grundrifs. 

Kirche  in  Athensleben. 


Centralblatt  der  Bauver waltung, 


235 


k.  23. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  der  evangelischen  Kirchenbaukunst  in  der  Gegenwart. 


Das  steigende  Interesse  für  die  Pflege  der  evangelischen  Kirchen¬ 
baukunst  veranlafst  mich,  eine  Anzahl  von  ausgeführten  Kirchen, 
welche  theils  nach  eigenen 
Skizzen,  theils  unter  meiner  be¬ 
sonderen  Leitung  im  Ministerium 
der  öffentlichen  Arbeiten  bear¬ 
beitet  worden  sind,  in  lockerer 
Folge  zu  veröffentlichen.  Selbst¬ 
verständlich  kann  das  bei  den 
Baumgrenzen  dieses  Blattes  nur 
in  knappster  Fassung  geschehen, 
doch  sollen  die  wichtigsten  Ge¬ 
sichtspunkte  durch  Zeichnung 
wie  Text  hervorgehoben,  auch 
praktische  Erfahrungen  von  all¬ 
gemeinerer  Bedeutung  mitgetheilt 
werden. 

1.  Die  Kirche  iu  Atheusleben. 

Die  evangelische  Gemeinde 
des  Amtes  Athensleben  (Pro¬ 
vinz  Sachsen)  besafs  bis  vor 
wenigen  Jahren  für  die  Aus¬ 
übung  ihres  Gottesdienstes  auf 
dem  sog.  Schlofshofe  einen  sehr 
beschränkten  Raum  neben  dem 
Pferdestalle.  Dieses  unwürdige 
Verhältnifs  sowie  der  Zwang, 
die  Wirthschaftsgebäude  der 
Königl.  Domäne  zu  erweitern, 
veranlafsten  den  Neubau  einer 
Kirche.  Die  Kosten  übernahm 
der  Staat  als  Rechtsnachfolger 
des  Klosters  Hillersleben,  wel¬ 
chem  Athensleben  früher  ge¬ 
hörte.  Für  die  Gröfse  der 
Kirche  wäre  die  Seelenzahl  — 

517  Erwachsene  —  mafsgebend 
gewesen,  indessen  wurden  mit 
Rücksicht  auf  Bevölkerungs¬ 
zunahme  statt  250  Sitzplätze 
269  beschafft,  davon  35,  und 
zwar  auf  der  Orgelempore,  für 
Kinder. 

Der  wohlberechtigte  Wunsch, 
die  an  sich  kleine  Kirche  — 

15  m  :  24  m  —  auf  ihrem  schön  belegenen  Standplatze  in  der  Land¬ 
schaft  möglichst  grofs  erscheinen  zu  lassen,  führte  zu  der  Wahl 


Kirche  in  Athensleben. 


einer  Kreuzanlage  nebst  Vierungsthurm.  Die  erstere  wurde  mit 
scharfgratigen  Kreuzgewölben  versehen,  der  letztere,  aus  dem  Viei-cck 

ins  Achteck  übergeführt,  erhielt 
eine  Holzdecke.  Der  Grundrifs 
läfst  die  Raumgestaltung  und 
die  Abmessungen,  die  Anordnung 
der  Treppen  und  Thüreu,  des 
Gestühls,  der  Orgelempore  usw. 
mit  hinreichender  Deutlichkeit 
erkennen,  während  die  Wieder¬ 
gabe  der  Südfront  über  die  ge¬ 
wählte,  sehr  einfache  romanische 
Architektur  belehrt. 

Infolge  günstiger  örtlicher 
Verhältnisse  konnte  der  Bau  aus 
gestockten  Sandsteinquadern  her¬ 
gestellt  werden.  Die  Gewölbe 
bestehen  aus  Ziegeln,  alle  Dächer 
erhielten  deutsche  Schieferdeck¬ 
ung;  das  Innere  wurde  geputzt 
und  —  soweit  die  Mittel  es  zu- 
liefsen  —  stilgemäfs  decorativ 
geschmückt.  Der  im  Juli  1887 
begonnene  Bau  wurde  zu  Ende 
October  1888  eingeweiht.  Die 
unmittelbare  Leitung  hatte  der 
Regierungs -Baumeister  M.  Fin¬ 
ke,  die  Oberleitung  der  K.  Bau¬ 
rath  H.  Fiebelkorn  aus  Schöne¬ 
beck.  Die  einzelnen  Arbeiten 
und  Lieferungen  sind  im  öffent¬ 
lichen  Ausschreibungsverfahren 
an  die  Unternehmer  vergeben 
worden.  Die  Kosten  haben 
39  900  Mark  betragen;  das  macht 
für  das  Quadratmeter  167  Jf,  für 
das  Cubikmeter  22,2  J6  und  für  die 
Nutzeinheit  (Sitzplatz)  rund  lUJi. 
Wem  das  viel  erscheint,  der 
möge  nicht  übersehen,  dafs  die 
kleine  Kirche,  abgesehen  von 
ihrem  holzgedeckten  Vierungs- 
thurme,  durchweg  monumental 
behandelt  ist. 

Die  Perspective  giebt  ein 
getreues  Abbild  der  Wirklich¬ 
keit,  denn  der  Holzschnitt  ist  nach  einer  Photographie  angefertigt 
und  in  keinem  Punkte  verschönert  worden.  F.  Adler. 


Holzstich  V.  0.  Ehel. 


Vermischtes. 


In  der  Leipziger  Ratliliaushaufrage  (vgl.  S.  87,  101  u.  144  d.  J.) 
hat  die  Stadtverordnetenversammlung  in  ihrer  Sitzung  vom  4.  d.  M. 
mit  grofser  Mehrheit  beschlossen: 

1.  den  Umbauentwurf  (Erhaltung  des  alten  Rathhauses)  abzu¬ 
lehnen  und  dem  Rathe  zu  erkennen  zu  geben,  dafs  die  Versammlung 
nach  wie  vor  einen  gänzlichen  Neubau  für  richtiger  hält  als  den  ge¬ 
planten  Umbau; 

2.  den  Rath  zu  ersuchen,  zur  Erörterung  obschwebender  Frage 
eine  gemischte  Deputation  aus  beiden  Collegien  einzusetzen,  welche 
zunächst  ein  Programm  zur  Beschaffung  eines  geeigneten  Bauplanes 
festzustellen  hat; 

3.  zum  Zwecke  der  Aufstellung  des  Bauprogramms  ein  Preis¬ 
ausschreiben  unter  den  deutschen  Architekten  zur  Erlangung  von 
Skizzen  zu  beantragen. 

Man  verlangt  also  einen  Wettbewerb,  und  noch  dazu  „zum  Zwecke 
der  Aufstellung  eines  Bauprogrammes“,  nachdem  von  dem  berufenen 
Baubeamten  der  Stadt  zwei  Entwürfe  gefertigt  worden  sind,  die  von 
den  ersten  Fachmännern  Deutschlands  als  ausgezeichnete  Leistungen 
befunden  worden  sind!  Wir  bezweifeln  den  Erfolg  eines  solchen 
Vorgehens  und  glauben,  -  dafs  sich  die  namhaften  deutschen  Archi¬ 
tekten  in  diesem  Falle  an  dem  Wettbewerbe  schwerlich  betheiligen 
werden.  —  d. 

Uiitersuchiiugeii  über  die  sogenannte  Beizbriicliigkeit  des 
Eisens  sind  vor  kurzem  in  der  Königl.  technischen  Versuchsanstalt 
ausgeführt  worden  und  im  Ergänzungsheft  I  der  Mittheilungen  aus 
dieser  Anstalt  eingehend  beschrieben.  Der  Zweck  der  Versuche  war. 


die  mehrfach  beobachtete  Eigenschaft  des  Eisens,  beim  Beizen  mit 
schwachen  Säuren  sowie  beim  Rosten  unter  dem  Einflüsse  von  Wind 
und  Wetter  brüchig  zu  werden,  einer  umfassenden  Prüfung  zu  unter¬ 
ziehen.  Durch  die  Ergebnisse  der  angestellten  Versuche  ist  die 
fragliche  Beobachtung  bestätigt  worden.  Insbesondere  hat  sich  gezeigt, 
dafs  das  Beizen  des  Eisens  mit  Säuren,  wobei  eine  Wasserstoftgas- 
entwicklung  stattfindet,  die  Biegungsfestigkeit  verringern  kann, 
während  die  Zugfestigkeit  keine  mei’kliche  Einbufse  erleidet.  Hieraus 
läfst  sich  schliefsen,  dafs  die  Druckfestigkeit  vermindei-t  worden  ist. 
Die  meisten  Ergebnisse  der  mit  Druck  und  Stauchung  angestellten 
Versuche  deuten  in  der  That  darauf  hin,  dafs  eine  derartige  Ein¬ 
wirkung  stattgefunden  hat.  —  Aehnliche,  aber  weit  schwächere 
Wirkungen  können  durch  Rosten  hervorgerufen  werden.  Bei  ver¬ 
schiedenen  der  angestellten  Versuche  ist  jedoch  ein  Einflufs  des 
Röstens  auf  die  Festigkeitseigenschaften  nicht  nachzuweisen  gewesen. 
Ebensowenig  hat  sich  mit  Deutlichkeit  erkennen  lassen,  ob  durch  Ver¬ 
zinken  des  Eisens  eine  Benachtheiligung  seines  Verhaltens  im  frischen 
oder  gerosteten  Zustande  herbeigeführt  wird.  Als  ein  ferneres,  für  die 
Anwendung  des  Eisens  zu  Bauzwecken  nicht  unwichtiges  Ergebnifs  der 
angestellten  Versuche  ist  schiefslich  die  Beobachtung  zu  erwähnen,  dafs 
die  Beiz-  und  Rostbrüchigkeit  um  so  unmerklicher  auftritt,  je  gröfser  die 
Querschnittsstärken  der  betreffenden Eisentheile  sind,  und  je  schwächere 
Säure  beim  Beizen  zur  Anwendung  kam.  Es  sind  also  vorzugsweise 
Drähte  und  Bleche,  deren  Haltbarkeit  durch  Beizen  und  Rosten 
ernstlich  gefährdet  werden  kann.  Uebrigens  läfst  sich  durch  längeres 
Lagern  der  Gegenstände  an  einem  trockenen  Orte  die  stattgehabte 
Verminderung  der  Festigkeit  zum  gröfsten  Theile  wieder  beseitigen. 


236 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


7.  Juni  1890. 


Flammeiisi^fiiale  sind  auf  der  New-Yorker  Central -Balm  iin  Ge¬ 
brauch,  um  Zusammenstöfse  aufeinanderfolgender  Personenzüge  zu 
verhüten.  Aufser  den  gewöhnlichen  Knallsignalen  und  Signal¬ 
fahnen  sollen  die  Züge  nach  einer  bezüglichen  Vorschrift  noch 
eine  zinnerne  Büchse  mit  verschiedenfarbigen  Zündern  führen,  welche, 
wenn  etwa  ein  Zug  auf  der  Strecke  liegen  bleibt  oder  Verspätung 
erleidet,  von  der  Hinterplattform  des  letzten  Wagens  brennend  auf 
den  Bahnkörper  geworfen  werden,  um  den  Führer  des  folgenden 
Zuges  rechtzeitig  von  dem  Vorfall  in  Kenntnifs  zu  setzen.  Die 
Zünder,  welche  sich  laut  Engineering  News  auch  bei  starkem  Sturm 
gut  bewähren  sollen,  brennen  8,  10  und  12  Minuten  und  zeigen  durch 
verschiedene  Färbung  ihres  Lichtes  die  Art  des  Vorkommnisses  ge¬ 
nauer  an. 

Rudolf  Gottgetreu  f.  Wenige  Tage  sind  verflossen,  seitdem 
sich  das  Grab  über  einem  Manne  schlofs,  dessen  hervorragende  Be¬ 
deutung  in  allen  Fachkreisen  eine  zu  bekannte  ist,  als  dafs  sie  hier 
nochmals  betont  zu  werden  brauchte.  Professor  Rudolf  Gottgetreu 
hat  in  Tutzing  am  Starnberger  See  am  Pfingstsonntage  die  Augen 
zum  ewigen  Schlafe  geschlossen.  Kurze  Zeit  nur  ist  verflossen,  seit¬ 
dem  er  vom  Lehramte  zurüekgetreten  ist.  Die  wohlverdiente  Ruhe, 
die  er  nach  einem  Leben  voll  rastloser  Thätigkeit  am  Abend  seiner 
Tage  zu  geniefsen  gedachte,  war  nur  von  kurzer  Dauer.  Der  durch 
Jahre  anhaltendes  Arbeiten  als  Lehrer  und  als  Schriftsteller  schon 
längere  Zeit  nicht  mehr  voller  Gesundheit  sich  erfreuende,  immer 
aber  mit  trefflichem  Humor  ausgerüstete  Arbeiter  setzte  noch  das 
Punktum  an  die  Vollendung  seines  bedeutendsten  Werkes.  Von  allen 
Seiten  darob  beglückwünscht,  von  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  dafür 
durch  eine  Ordensverleihung  ausgezeichnet,  war  es  ihm  nicht  be- 
schieden,  all  das  weiter  zum  Abschlüsse  zu  bringen,  was  sein  allezeit 
reger  Geist  noch  im  Werden  begriffen  sah.  Wer  dächte  an  den  Tod, 
wenn  der  Blick  noch  klar  und  scharf,  der  Geist  noch  mit  Entwürfen 
aller  Art  beschäftigt  ist,  und  wen  zumal  solche  Lebenslust  beseelt, 
dafs  er  bis  in  die  letzten  Stunden  des  Daseins  darauf  sinnt,  wo  und 
wann  dies  und  jenes  zu  unternehmen  sei. 

Gottgetreu  ist  der  Sohn  des  Hafenbau- Constructeurs  und  nach¬ 
maligen  Landbaumeisters  Gustav  Adolph  Gottgetreu  und  geboren  in 
Swinemünde  am  2.5.  April  1821.  Die  Göttin  des  materiellen  Glückes 
stand  nicht  an  seiner  Wiege.  Was  ihm  das  Schicksal  nach  dieser 
Seite  hin  in  jungen  Jahren  versagt  hat,  das  eroberte  er  sich  als 
Mann,  das  errang  er  sich  selbst;  er  war  ein  „Seif  made  man“  in  des 
Wortes  bester  Bedeutung.  1832  wanderte  er  als  Stipendiat  an  das 
Gymnasium  in  Bromberg,  1838  an  das  höhere  Gewerbeinstitut  in 
Berlin.  Wie  alle  Männer  der  Ingenieur-  und  Bau -Wissenschaft, 
welche  thätig  in  den  mächtigen  Umschwung  eingriffen,  der  seit  fünf 
Jahrzehnten  auf  diesem  Gebiete  sich  vollzog,  so  hat  auch  Gott¬ 
getreu  sein  Fach  nicht  nur  von  der  theoretischen  Seite  kennen 
gelernt,  vielmehr  schulte  ihn  die  Praxis,  in  der  er  sozusagen  von 
der  Pike  an  gedient  hat.  Das  thut  ein  Lehrbrief  als  Mitglied  der 
Posener  Maurerzunft  dar,  der  ihm  nach  dreijähriger  Lernzeit  1841  in 
aller  Form  ausgehändigt  wurde.  Er  blieb  nur  kurze  Zeit  noch  im 
Norden  und  wandte  sich  dann,  wie  gar  viele  aufstrebende  Talente 
jener  Zeit,  der  Stadt  an  der  Isar  zu,  wo  ein  kunstliebender  und  be¬ 
geisterter  Monarch  künstlerisches  Leben  zu  entfalten  gewufst  hatte, 
wie  es  sonst  nirgends  in  den  Landen  deutscher  Zunge  zur  Zeit 
herrschte.  Gottgetreu  trat  1843  in  die  Abtheilung  für  Baukunst  der 
Königlichen  Akademie  in  München  und  begann  dort  alsbald  sieb  den 
Boden  zu  schaffen,  auf  dem  sich  fortan  seine  Thätigkeit  entfaltete. 
Schon  im  gleichen  Jahre  schlofs  er  mit  J.  C.  Hoch  wind  einen  Ver¬ 
trag  wegen  Lieferung  „gravirter  (lithographirter)  Steine“,  die  Entwürfe 
und  Einzelheiten  architektonischer  Natur  enthielten.  Diese  Thätigkeit 
führte  ihn  unmittelbar  über  zum  Stahlstich,  welche  künstlerische 
Nachbildungs weise  ihm  den  Beifall  hervorragender  Fachleute,  so 
z.  B.  Klenzes,  eintrug,  umsomehr  als,  wie  es  in  einem  bezüglichen 
Schreiben  heifst,  „es  selten  Kupferstecher  giebt,  die  imstande  sind, 
Blätter  mit  strengen  Architekturformen  entsprechend  wiederzugeben“. 
Daneben  aber  beschäftigte  ihn  die  constructive  Seite  des  Faches  in 
hohem  Mafse,  und  unterm  20.  November  1845  wird  ihm  von  der 
Königl.  Akademie  das  Zeugnifs  ausgestellt,  dafs  er  durchaus  zum 
Privatunterricht  in  Dingen  der  Bauconstruction  als  befähigt  zu  er¬ 
achten  sei.  Damals  entstand  die  erste  Bahn  in  Bayern.  Gottgetreu 
trat  über  zum  Bahndienste,  machte  aber  immerhin  die  Staatsprüfung 
als  Civilarchitekt  und  kehrte  dann  1848  nach  München  zurück,  wo¬ 
selbst  er  sich  ansäfsig  zu  machen  versuchte.  „Wegen  Mangels  eines 
vollständig  und  nachhaltig  gesicherten  Nahrungszustandes“  ward  er 
abgewiesen,  liefs  sich  indessen  nicht  abschrecken,  sondern  berief  sich 
auf  die  Akademie,  die  ihm  denn  auch  thatkräftig  zur  Seite  stand: 
„da  er  in  allen  Dingen,  die  er  unternommen,  sich  als  voller  Mann 
bewährt  hat,  es  aber  auch  Vorkommen  kann,  dafs  berühmte  Bau¬ 
künstler  einmal  ohne  Einnahmen  sind,  zumal  in  schweren  Zeiten  wie 
die  jetzigen  (1848).“  Das  Wissen  und  Können  Gottgetreus  sichere 


ihm  aber  jederzeit  seine  Existenz  und  deshalb  liege  absolut  kein 
Grund  vor,  „einem  allezeit  tüchtigen  und  bewährten  Manne  die  Ein¬ 
willigung  zur  Verehelichung  vorzuenthalten.“  Das  wirkte,  und 
so  ward  ihm  der  Heirathsconsens  ertheilt,  „unter  der  Bedingung, 
dafs  er  aus  dem  preufsischen  Staatsverband  austrete“.  Seine  Ge¬ 
mahlin  war  Anna  Höhlein,  Sie  ist  ihm  längst  vorausgegangen. 
Offenbar  suchte  Gottgetreu  nach  einem  sicheren  Halt  und  trat  — 
er  hatte  das  Praktische  des  Dienstes  gelernt  und  sich  durch  Prü¬ 
fung  hierüber  ausgewiesen  —  als  Telegraphist  in  den  Staatsdienst, 
und  zwar  stand  er  der  Station  Salzburg  vor,  bis  ihn  das  Jahr  1850 
in  gleicher  Eigenschaft  nach  München  zurückberief.  Gleichzeitig 
wurde  er  —  dessen  Arbeitszeit  doch  hinlänglich  in  Anspruch  ge¬ 
nommen  war  —  als  Assistent  für  das  Fach  des  Ornamentzeichnens  am 
Königlichen  Polytechnicum  ernannt.  Das  Schicksal  wollte  es,  dafs 
er  mehrmals  zum  persönlichen  Dienste  von  König  Maximilian  als 
Telegraphenbeamter  nach  Hohenschwangau  beordert  wurde,  ein  Um¬ 
stand,  der  für  seine  Zukunft  ausschlaggebend  ward.  1852  nahm  er 
neben  der  Stellung  am  Polytechnicum  und  jener  als  Telegraphen¬ 
beamter  eine  dritte  an,  und  zwar  an  der  Baugewerkschule  in  München, 
und  wurde  im  gleichen  Jahre  auf  besonderen  Wunsch  des  Königs 
zum  Eintritt  in  den  „Baukunst- Ausschufs“,  dem  die  Berühmtheiten 
Münchens  angehörten,  aufgefordert,  was  denn  auch  alsbald  seine 
Anstellung  als  aufserordentlichen  Professor  am  Polytechnicum  für 
Architekturzeichneu  und  Baumaterialienlehre  zur  Folge  hatte.  Dafs 
ihm  so  ein  ungemein  weites  Feld  der  Thätigkeit  offen  stand,  ist  klar. 
Die  bayerische  Industrie-Ausstellung  1854  sah  ihn  als  thätigen  Mit¬ 
arbeiter.  Kurze  Zeit  darauf  erschien  seine  „Praktische  Perspective“, 
und  als  nun  die  Neugestaltung  der  Polytechnischen  Schule  eine 
brennende  Frage  wurde,  da  wandte  er  als  Ausschufsmitglied  auch 
diesem  Punkte  seine  Arbeitskraft  zu.  Daneben  beschäftigten  ihn 
auch  stets  Dinge  praktischer  Natur.  So  bekam  er  z.  B.  das  Privileg 
zur  Erbauung  eines  neu  coustruirten  Ziegelofens,  weiter  ein  solches 
für  Herstellung  von  unveränderlichen  Werthpapieren  in  „Krystallo- 
graphie“  usw.  1868  sodann  rückte  er  zum  Ordinarius  auf  und  hat 
auch  seit  dieser  Zeit  unaufhörlich  seine  Kraft  angespannt.  An 
Anerkennung  fehlte  es  ihm  ebensowenig  wie  am  Gegentheil,  aber  er 
war  nicht  irre  zu  machen  auf  dem  eingeschlagenen  Wege.  1888  ver- 
anlafsten  ihn  Gesundheitsrücksichten,  seine  Lehrstelle  aufzugeben. 

Unter  der  grofsen  Reihe  von  Arbeiten,  die  er  im  Verlaufe  der 
Jahre  geschaffen,  ist  unzweifelhaft  sein  „Lehrbuch  der  Hochbau- 
Constructionen“  (5  Bände  mit  reich  ausgestattetem  Atlas)  die  hervor¬ 
ragendste,  welche  ihm  unter  den  Schriftstellern  dieses  Faches  ein 
Denkmal  von  dauernder  Bedeutung  gesichert  hat.  Der  Raum  ist  zu 
beschränkt,  um  weitere  Einzelheiten  aus  dem  reichen  Leben  anzu¬ 
führen.  Er  ist  dahin,  und  die  sein  Sterben  betrauern,  vermissen  in 
ihm  ebenso  den  Mann  von  klarem,  thatkräftigem  Wollen,  als  den  liebe¬ 
vollen  Freund,  der  allezeit  ein  offenes  Herz,  ein  liebes  Wort  zu  bieten 
wufste.  V.  Berlepsch. 


Bücherschau. 

Ueber  Blitzableiter.  Vorschriften  für  deren  Anlage  nebst  einem 
Anhänge  mit  Erläuterungen  zu  denselben.  Von  Dr.  A.  v.  Walten¬ 
hofen,  K.  K.  Regierungsrath  und  Professor  der  Elektrotechnik  in 
Wien.  Braunschweig  1890.  Friedrich  Vieweg  u.  Sohn.  72  S.  in  16® 
mit  5  Abbildungen.  Preis  2,40  J(. 

Ueber  Blitzableiter  ist  in  den  letzten  Jahren  viel  geschrieben 
worden.  Wir  erinnern  nur  an  die  Schriften  von  Urbanitzky  und 
Holtz.  Vielleicht  darf  dieser  Umstand  ebenfalls  als  Beweis  für  die 
unzweifelhaft  festgestellte  Zunahme  der  Blitzgefahr  angeführt  werden. 
Ob  das  vorliegende  Schriftchen  für  die  österreichischen  Verhältnisse 
ein  Bedürfnifs  war,  vermögen  wir  unserseits  nicht  zu  beurtheilen. 
Es  zerfällt  in  drei  Theile:  1)  Vorschriften  für  Blitzableiter- Anlagen, 
2)  Allgemeine  Bemerkungen  und  3)  Besondere  Bemerkungen  und 
Zusätze  zu  1).  Die  Vorschriften  sind  in  42  Paragraphen  unter¬ 
gebracht.  Wesentlich  neues  enthalten  dieselben  nicht.  Bezüglich 
der  Anordnung  des  Büchleins  will  es  uns  logischer  scheinen,  wenn 
die  später  nachfolgenden  „Allgemeinen  Bemerkungen“  in  etwas  aus¬ 
führlicherer  Foi'm  den  Anfang  des  Buches  gebildet  hätten  und  hierauf 
die  Vorschriften  gefolgt  wären.  Die  zu  diesen  dem  Verfasser  er¬ 
forderlich  erscheinenden,  wenig  umfangreichen  Zusätze  wären  wohl 
besser  am  Ende  jedes  Paragraphen  in  kleinerem  Druck  anzuhängen, 
gewesen,  was  um  so  unbedenklicher  erscheint,  als  die  Vorschriften 
ja  nicht  ohne  weiteres  als  solche  von  den  verschiedenen  Behörden 
erlassen  werden  sollen.  Bei  der  gewählten  Anordnung  ist  man  ge¬ 
zwungen,  beim  Lesen  der  Zusätze  erst  wieder  nachzuschlagen,  was 
die  betreffenden  Paragraphen  der  Vorschriften  enthalten. 

Eine  umfassendere  Angabe  der  einschlägigen  Litteratur  würde 
den  Werth  des  Büchleins  erhöhen.  Vielleicht  wird  man  bei  einer 
weiteren  Auflage  die  gegebenen  Anregungen  zu  berücksichtigen  im 
der  Lage  sein.  Pbg. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theilcs  vertintvrortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


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Oentralblatt  der  Bauverwaltimg. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  14.  Juni  1890. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstralse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Allerhöchster  Erlafs  vom  3.  Mai  1890.  —  Circular-Erlafs  vom 

31.  Mai  1890,  betreffend  die  Stellung  der  bisherigen  technischen  Hülfsarbeiter  bei  den 
Königl.  Eegierungen.  —  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Hülfsmittel  für  die 
Annahme  und  Abfertigung  der  Züge  anf  dem  Hanpt- Personenbahnhöfe  in  Frank¬ 
furt  a.  M.  (Schlufs).  —  Vom  Panama- Canal.  —  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  für  die 
Kheinprovinz  (Fortsetzung).  —  Nationaldeukmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  in  Berlin.  — 

Vermischtes:  Stellung  der  bisherigen  technischen  Hülfsarbeiter  bei  den  Königl. 
Eegierungen.  —  Preisbewerbung  für  ein  Kaiser  Wilhelm- Denkmal  in  Köln.  —  Feier 
der  Vollendung  des  Hauptthurmes  vom  Ulmer  Münster.  —  Internationale  Elektrische 
Ausstellung  in  Frankfurt  a.  M.  1891.  —  Bildhauerbewerbung  für  das  Kriegerdenkmal 
in  Indianapolis.  —  Erste  italienische  Ausstellung  für  Architektur.  —  Verschub- Bahn¬ 
hof  in  Chicago.  —  Bücherschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Auf  Ihren  Bericht  vom  26.  April  cl.  J.  genehmige  Ich,  dafs  die 
bei  den  Regierungen  etatsmäfsig  angestellten  Bauinspectoren  (bezw, 
Titular-Bauräthe)  unter  die  Zahl  der  bautechnischen  Mitglieder  der 
Regierungen  (§  48  der  Instruction  zur  Geschäftsführung  der  Regie¬ 
rungen  in  den  Königlich  preufsischen  Staaten  vom  23.  October  1817) 
aufgenommen  werden.  Das  Stimmrecht  derselben  im  Plenum  (D.  V  der 
Cabinets-Ordre  vom  31.  December  1825)  wird,  wie  bei  den  Regierungs- 
Assessoren,  auf  die  von  ihnen  bearbeiteten  Sachen  beschränkt, 
während  den  Regierungs-  und  Bauräthen  das  Stimmrecht  auch  in 
den  den  Bauinspectoren  (bezw.  Titular- Bauräthen)  zu  über¬ 
weisenden  Angelegenheiten  verbleibt. 

Altenburg,  den  3.  Mai  1890. 

Wilhelm  R. 

V.  Maybach.  v,  Scholz.  Herrfurth. 

An  den  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten,  den 
Finanzminister  und  den  Minister  des  Innern. 


Circular -Erlafs,  betreffend  die  Stellung  der  bisherig’en  tech¬ 
nischen  Htüfsarbeiter  bei  den  Königl.  Regierungen. 

Berlin,  den  31.  Mai  1890. 

Nach  der  Instruction  zur  Geschäftsführung  der  Königlichen  Re¬ 
gierungen  vom  23.  October  1817  waren  die  Regierungs-  und  Bauräthe 
die  einzigen  bautechnischen  Mitglieder  dieser  Behörden,  sodafs  die 
bei  denselben  angestellten  Bauinspectoren  lediglich  die  Stellung  von 
Hülfsarbeitern  der  Regierungs-  und  Bauräthe  hatten.  Dieses  Ver- 
hältnifs  hatte  zur  Folge,  dafs  die  letzteren  für  alle  bautechnischen 
Angelegenheiten,  auch  minder  erheblicher  Art,  verantwortlich  waren, 
und  häufig  auf  die  besonders  wichtigen  Aufgaben  der  Vorbereitung 
und  Ueberwachung  der  Staatsbauten  nicht  die  nöthige  Zeit  und 
Sorgfalt  verwenden  konnten.  Es  erschien  deshalb  bei  der  steten 
Zunahme  der  Geschäfte  erforderlich,  eine  Entlastung  der  Regierungs¬ 
und  Bauräthe  von  minder  wichtigen  Dienstgeschäften  herbeizuführen. 
Zu  diesem  Zwecke  war  bereits  durch  unseren  gemeinsamen  Erlafs 
vom  22.  Juni  1886  —  III.  9202  M.  d.  ö.  A.,  I.  8687  F.  M.,  I.  A.  4840 
M.  d.  I.'*-)  —  bestimmt  worden,  dafs  die  bei  den  Königlichen  Regie¬ 
rungen  etatsmäfsig  angestellten  Bauinspectoren  die  ihnen  aus  der 
früheren  Abtheilung  des  Innern  zur  Bearbeitung  übertragenen 
Sachen  selbständig  und  mit  eigener  Verantwortlichkeit  ohne  Mit¬ 
wirkung  der  Regierungs-  und  Bauräthe  zu  bearbeiten  hätten.  Nach¬ 
dem  sich  diese  Mafsregel  als  zweckmäfsig  bewährt  hat,  wird  dieselbe 
nunmehr  hiermit  auf  die  Bearbeitung  der  zum  Geschäftskreise  der 
collegialisch  geordneten  Regierungs -Abtheilungen  gehörigen  tech¬ 
nischen  Angelegenheiten  ausgedehnt.  Zu  diesem  Behufe  ist  durch 
den  in  beglaubigter  Abschrift  beigefügten  Allerhöchsten  Erlafs  vom 
3.  d.  M.  bestimmt  worden,  dafs  die  bisherigen  technischen  Hülfs- 
arbeiter  in  entsprechender  Aenderung  des  §  48  der  erwähnten  In¬ 
struction  unter  die  Zahl  der  bautechnischen  Mitglieder  der  König¬ 
lichen  Regierungen  aufzunehmen  seien.  Das  Stimmrecht  derselben 
im  Plenum  (D.  V  der  Allerhöchsten  Cabinets-Ordre  vom  31,  De¬ 
cember  1825  —  Ges.  S.  1826  S.  8  — )  ist  dabei,  wie  bei  den  Regie¬ 
rungs-Assessoren,  auf  die  von  ihnen  bearbeiteten  Sachen  beschränkt, 
den  Regierungs-  und  Bauräthen  verbleibt  dabei  ihr  bisheriges  Stimm¬ 
recht  in  vollem  Umfange,  also  auch  in  den  demnächst  von  den  Bau¬ 
inspectoren  zu  bearbeitenden  Sachen.  Die  Rechte  und  Pflichten  der 
Bauinspectoren  regeln  sich  nach  den  bestehenden  allgemeinen  Vor¬ 
schriften;  ihre  amtliche  Stellung  innerhalb  des  Regierungs-Collegiums 
entspricht  künftighin  derjenigen  der  Regierungs-Assessoren.  Bei  der 
Verth eilung  der  Geschäfte  unter  die  technischen  Mitglieder  werden 

*)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1886,  Seite  261. 


den  Bauinspectoren  die  minder  wichtigen  Geschäfte  zu  übertragen 
sein;  auch  hat  die  Bearbeitung  der  Personal- Angelegenheiten  überall 
den  Regierungs-  und  Bauräthen  zu  verbleiben.  Selbstverständlich 
ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs  auch  in  den  den  Bauinspectoren  über¬ 
wiesenen  Sachen  die  Regierungs-  und  Bauräthe  als  Correferenten 
thätig  werden,  wie  anderseits  es  in  manchen  Fällen  wünschenswerth 
sein  kann,  dafs  der  Bauinspector  als  Correferent  im  Decernate  des 
Regierungs-  und  Bauraths  fungirt.  Im  übrigen  wird  ergebenst  be¬ 
merkt,  dafs,  soweit  den  Königlichen  Regierungen  usw.  Regierungs- 
Baumeister  zur  Hülfeleistung  überwiesen  sind,  die  Beschäftigung  der 
Bauinspectoren  als  Hülfsarbeiter  alsbald  aufzuhören  hat;  soweit  dies 
aber  nicht  der  Fall  ist,  werden,  soweit  es  das  dienstliche  Interesse 
erfordert,  bis  zur  anderweiten  Regelung  die  letzteren  als  Hülfsarbeiter 
einstweilen  noch  weiter  thätig  bleiben  müssen. 

Bezüglich  der  den  Bauinspectoren  zu  gewährenden  Reisekosten 
und  Tagegelder  verbleibt  es  einstweilen  bei  der  Bestimmung  des  er¬ 
wähnten  Circular-Erlasses  vom  22.  Juni  1886. 

Ueber  die  den  Bauinspectoren  zuertheilten  Decernate  und  die 
Möglichkeit  einer  Verminderung  der  Reisekosten- Aversa  der  Regie¬ 
rungs-  und  Bauräthe  sehe  ich,  der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten, 
bis  zum  15.  April  k.  J.  einem  gefälligen  Berichte  ergebenst  entgegen. 

Der  Minister  Der  Finanz-  Der  Minister 

der  öffentlichen  Arbeiten.  Minister.  des  Innern. 

In  Vertretung. 

An  sämtliche  Herren  Regierungs-Präsidenten,  mit 
Ausnahme  der  in  Stralsund,  Lünebm-g,  Trier 
und  Sigmaringen,  die  Königliche  Ministerial- 
Bau-Commission  hierselbst  und  die  Herren  Ober- 
Präsidenten  in  Danzig,  Breslau,  Magdeburg  und 
Coblenz  (als  Chefs  d.  Strombauverw.). 

Abschrift  erhalten  Ew.  Hochwohlgeboren  zur  gefälligen  Kenntnifs- 
nahme. 

Der  Minister  Der  Finanz-  Der  Minister 

der  öffentlichen  Arbeiten.  Minister.  des  Innern. 

V.  Maybach.  v.  Scholz.  In  Vertretung 

Braunbehrens. 

An  die  Herren  Regierungs -Präsidenten  in  Stral¬ 
sund,  Lüneburg,  Trier  und  Sigmaringen  und 
den  Herrn  Polizei  -  Präsidenten  in  Berlin.  — 

III.  9319.  M.  d.  ö.  A.  —  I.  7373.  Fin.-M.  — 

I.  A.  5425.  M.  d.  I.  _ 

Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Wege- 
Bauinspector  Mathy  in  Halle  a.  S.,  dem  Bauinspector  Wolff  bei 
der  Königlichen  Regierung  in  Marienwerder,  den  Kreis-Bauinspectoren 
Jungfer  in  Hirschberg  i.  Schl.,  Büttner  in  Marienwerder,  Delius 
in  Eisleben,  v.  Niederstetter  in  Perleberg,  Loebell  in  Hofgeismar, 
V.  Lukomski  in  Cassel,  Dittmar  in  Marienburg  und  Koch  in 
Saarbrücken,  dem  Bauinspector  Runge  in  Charlottenburg,  dem  Land- 
Bauinspector  Merzenich  bei  den  Königlichen  Museen  in  Berlin, 
sowie  den  Wasser -Bauinspectoren  Bauer  in  Magdeburg,  Dannen¬ 
berg  in  Emden,  Hoeffgen  in  Danzig  und  dem  der  Kaiserlichen 
Botschaft  in  Wien  attachirten  Wasser -Bauinspector  Rudolf  Roeder 
den  Charakter  als  Baurath  zu  verleihen. 

Der  Königliche  Regierungs -Baumeister  Robert  Schmidt  in 
Stafsfurt  ist  als  Bauinspectqr  im  Bezirk  des  Königlichen  Ober-Berg¬ 
amts  in  Halle  a.  S.  angestellt  worden. 

Der  bisher  bei  der  Königlichen  Regierung  in  Potsdam  angestellte 
Wasser-Bauinspector  Tolkmitt  ist  nach  Cöpenick  versetzt  und 
demselben  die  dort  vom  1.  April  d.  J.  ab  neu  errichtete  Wasser- 
Bauinspector-Stelle  verliehen  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  sind  ernannt;  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Ernst  Zimmer  mann  aus  Braunschweig,  Walther 


238 


14.  Juni  1890. 


Ceutralblatt  der  ß auverwaltiing. 


Kesfler  aus  Dauzig,  Johannes  Lotter  mos  er  aus  Gumbinnen  und 
Robert  Kohlhagen  aus  Köln  a.  Rh.  (Hochbaufach). 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  Friedrich 
Tiburtius  in  Liegnitz  und  Max  Eiselen  in  Paderborn  ist  die  nach¬ 
gesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 


Bayern. 

Seine  Königliche  Hoheit  Prinz  Luitpold,  des  Königreichs  Bayern 
Verweser,  haben  Sich  bewogen  gefunden,  zum  ordentlichen  Professor 
für  Geodäsie  und  Topographie  an  der  Ingenieurabtheilung  der  K. 
technischen  Hochschule  in  München  den  Professor  an  der  K.  sächsi¬ 
schen  Bergakademie  in  Freiberg  Dr.  Max  Schmidt  zu  ernennen. 

Der  Bauaintmann  Johann  Geifsler  in  Weilheim  wurde  wegen 
körperlichen  Leidens  und  hierdurch  hervorgerufener  Dienstesunfähig¬ 
keit  unter  Anerkennung  seiner  treuen  und  eifrigen  Dienstleistung  in 
den  erbetenen  Ruhestand  versetzt,  auf  die  bei  dem  Strafsen-  und 
Flufsbauamte  Weilheim  sich  erledigende  Bauamtmanustelle  der 
Kreisbauassessor  Josef  Schildhauer  in  Landshut  auf  Ansuchen 
versetzt,  auf  die  hierdurch  bei  der  Regierung  von  Niederbayern  K.  d.  J. 
sich  eröffnende  Regierungs-  und  Kreisbauassessorstelle  des  Ingenieur¬ 


faches  der  Bauamtsassessor  Ottmar  Ruttmann  in  Würzburg  be¬ 
fördert,  und  die  hierdurch  bei  dem  Strafsen-  und  Flufsbauamt  Würz¬ 
burg  in  Erledigung  kommende  Assessorstelle  dem  Staatsbauassistenteu 
und  Functionär  Karl  Wolfius  in  Ingolstadt  verliehen. 

Der  Kreisbauassessor,  Baurath  August  Rothgangel  in  Augs¬ 
burg  wurde  wegen  Krankheit  und  hierdurch  hervorgerufener  Dienst¬ 
unfähigkeit  in  den  erbetenen  Ruhestand  auf  die  Dauer  eines  Jahres 
versetzt,  auf  die  bei  der  Regierung  von  Schwaben  und  Neuburg  K.  d.  J. 
in  Erledigung  kommende  Regierungs-  und  Kreisbauassessorstelle  für 
das  Ingenieurfäch  der  Bauamtsassessor  Friedrich  Be rling  in  Regens¬ 
burg  befördert,  auf  die  bei  dem  Königl.  Strafsen-  und  Flufsbauamte 
Regensburg  sich  eröffnende  Bauamtsassessorstelle  der  Bauamts¬ 
assessor  Heinrich  Hohmann  in  Traunstein  auf  Ansuchen  versetzt 
und  die  hierdurch  sich  erledigende  Assessorstelle  bei  dem  Strafsen- 
und  Flufsbauamte  Traunstein  dem  bei  diesem  Amte  verwendeten 
Staatsbauassisteuteir  Max  Mayr  verliehen. 

Scliauinburg-Lippe. 

Der  bisher  am  Stadtbauamte  in  Hannover  angestellt  gewesene 
Bauführer  Wunderlich  ist  zum  Fürstlichen  Baumeister,  zur  Ver¬ 
tretung  des  Fürstlichen  Bauamts,  ernannt  worden. 


[Alle  Reclite  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Kedacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Hülfsmittel  für  die  Annahme  und  Abfertigung  der  Züge  auf  dem  Haupt -Personen 

balinhofe  in  Frankfurt  a.  M. 


(Schlufs.) 


Betrachten  wir  nun  den  Gang  der  Verständigung  an  Beispielen 
(vgl.  hierzu  Abb.  2) ; 

1,  Einfahrt  eines  Zuges. 

Zug  N  der  Main-Weser-Bahn  wird  von  der  Vorstation  Bocken- 
heim  abgeläutet,  es  läutet  auf  der  Strecke  von  Boekenheim  bis 


2.  Ausfahrt  eines  Zuges. 

Zug  M  nach  Hanau-Bebra  ist  im  Geleis  V  aufgestellt.  5  Minuten 
vor  der  Abfahrtszeit  drückt  der  Stationsbeamte  bei  B  auf  den  linken 
1  Knopf  des  in  Abb.  6  dargestellten  Fallscheibenwerkes;  an  dem  eut- 


Fraukfurt  und  es  fallen  die  Scheiben  im  Stellwerke  ZI3,  in  der 
Assistentenbude  C  und  im  Bureau  J.,  der  Assistent  in  C  sorgt  dafür, 
dafs  das  Geleis  X  frei  wird.  Bei  der  Ab-  oder  Durchfahrt  des 
Zuges  N  in  Boekenheim  sagt  diese  Station  an  das  Bureau  A  mittels 
Morseschreibers:  „Zug  N  ab  10 1^“;  Bureau  A  sagt  an  Bude  C  auf 
dieselbe  Weise:  „Zug  N  kommt“;  der  Assistent  in  C  giebt  dem  Stell¬ 
werke  Da  das  Wegesignal  hg  frei.  Bä  stellt  das  Wegesignal  hg  und 
dann  das  Einfahrtssignal  ß,  mit  dem  Vorsignal  ffö-  Wenn  der  Block¬ 
wärter  nach  Durchfahrt  des  Zuges  in  Hellerhof  sich  blockirt  und 
damit  die  hinterliegende  Blockstrecke  freigiebt,  ertönt  ein  kurzes 
Läutezeichen  im  Bureau  A.  Der  Zug  fährt  ein.  Sobald  der  Stell¬ 
werkswärter  die  Schlufsscheibe  des  Zuges  gesehen  hat,  stellt  er  die 
Signale  ß/ffo  und  dann  hg  in  die  Ruhelage;  der  Assistent  in  C  drückt 
auf  die  Taste  des  entsprechenden  Entriegelungsblocks  und  giebt 
durch  Drehen  der  Kurbel  den  Streckenblock  im  Bureau  A  frei 
(Klingelzeichen  und  Weifswerden  des  Blockfensters  im  Bureau  A), 
damit  zugleich  die  vollendete  Einfahrt  meldend.  Das  Bureau  A 
blockirt  sich  selbst  durch  Drehen  der  Kurbel  wieder  und  giebt  da¬ 
mit  den  Vorblock  Hellerhof  frei,  welcher  nun  einem  etwa  nachfolgen¬ 
den  Zuge  Fahrsignal  geben  kann;  gleichzeitig  ist  das  entsprechende 
Fensterchen  im  Blockwerke  bei  C  wieder  weifs  geworden.  Die  tele¬ 
graphischen  Mittheilungen  werden  in  Boekenheim,  im  Bureau  A 
und  in  Bude  C  mit  Angabe  des  Zeitpunktes  in  das  Telegraphen¬ 
dienstbuch  eingetragen,  ebenso  die  Freigaben  in  C,  A  und  Hellerhof. 


sprechenden  Kasten  im  Bureau  A  —  Abb.  5  —  fällt  die  linke  Tafel 
mit  der  Aufschrift  „Fahrbereit“  herab,  wobei  das  Klingelwerk  ertönt. 
Der  Beamte  in  A  läutet,  nachdem  er  sich  überzeugt  hat,  dafs  die 
Strecke  Frankfurt-Mainstatiou  (Sachsenhausen)  frei  ist  (weifses  Feld 


hann  ab  fahren 


Wiesbaden 

GehisE 


fahr- 

Ab- 

bereit 

fahrt 

Abb.  5. 

Fallscheibenwerk  für 
Bureau  A. 


fahrberi 

J^se  WAbWirt 

Wiesbaden 

a 

7 

GeieisE 

L 

kann 

ithihrm 

Abb.  6. 

Fallscheibenwerk  für 
die  Stationsbeamten 
bei  B. 


Abb.  7. 

Fallscheibenwerk  für 
die  Fahrkarten- 
Ausgabe. 


auf  dem  zugehörigen  Streckenblocke)  den  Zug  nach  der  Assistenten¬ 
bude  C,  dem  Stellwerke  Di  und  der  Mainstation  ab,  blockirt  seinen 
Streckenblock,  hebt  die  Fallscheibe  und  drückt  auf  den  Knopf  seines 
Kastens,  wodurch  auf  dem  Bahnsteig  bei  B  die  Glocke  ertönt  und 
die  Scheibe  mit  „kann  abfahren“  herabfällt.  Der  Beamte  bei  B  hebt 


flir.  24. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


239 


die  Scheibe  wieder  und  drückt  3  Minuten  vor  der  Abfahrtszeit  auf 
den  mittleren  Knopf;  in  der  Fahrkartenausgabe  fällt  die  Scheibe  mit 
„Kassenschlufs“  an  dem  für  Bebra 
gültigen  Kasten  herab  und  ertönt 
die  Glocke ,  der  Schalter  wird 
geschlossen.  Inzwischen  hat  der 
Assistent  C  das  Ausfahrtssignal  i\ 
freigegeben  und  der  Stellwerks¬ 
wärter  D\  die  Weichen  und  das 
Ausfahrtssignal  gezogen.  Die 
Abfahrtszeit  ist  herangekommen, 
der  Beamte  bei  B  ertheilt  den 
Auftrag  zum  Abfahren  und 
drückt,  sobald  der  Zug  abge¬ 
fahren  ist,  auf  den  rechtsseitigen 
Knopf  des  Fallscheibenkastens ; 
im  Bureau  A  fällt  die  Scheibe 
mit  „Abfahrt“,  und  der  dortige 
Beamte  sagt  mit  dem  Morse¬ 
schreiber  nach  Mainstation:  „Zug 
M  ab  8^9“.  Nach  der  Durch¬ 
fahrt  des  Zuges  giebt  Mainstation 
den  Streckenblock  des  Bureaus  A 
alsbald  wieder  frei. 

Beiläufig  sei  noch  bemerkt, 
dafs  die  sonst  üblichen  Zeichen 
zum  Einsteigen  und  Abfahren 
mit  der  Stationsglocke  als  zu 
störend  txnd  bei  der  raschen 
Folge  der  Züge  lediglich  verwirrend  bald  nach  der  Eröffnung  des 
neuen  Bahnhofs  aufgehoben  wurden. 


Alle  mittels  der  Fallscheibenwerke  zwischen  dem  Bureau  A  und 
den  Beamten  bei  B  gewechselten  Signale,  welche  im  zweiten  Bei¬ 
spiele  beschrieben  sind,  werden  auf  elektrischem  Wege  auf  einem 
Papierstreifen  aufgezeichnet,  welcher  über  eine  durch  ein  sehr 
genaues  Uhrwerk  bewegte  Walze  läuft  und  so  getheilt  ist,  dafs  er 
in  jeder  Minute  um  einen  Strich  gleich  einem  Millimeter  fortrückt. 
Abb.  8  zeigt  in  halber  Gröfse  ein  Stück  eines  gebrauchten  Streifens 
mit  den  Aufzeichnungen;  jedesmal,  wenn  an  den  Fallscheibenkästen 
—  Abb.  5  —  ein  Täfelchen  fällt  oder  ein  Knopf  herabgedrückt  wird, 
drückt  infolge  des  Stromschlusses  ein  Stift  an  der  entsprechenden 
Stelle  ein  Loch  in  den  Papierstreifen  (hier  durch  Punkte  angedeutet), 
sodafs  man  den  Gang  der  Benachrichtigungen  genau  verfolgen  und 
jeden  Zweifel,  ob  eine  oder  die  andere  Handlung  etwa  versäumt  ist, 
beseitigen  kann. 

Die  vorbeschriebenen  Betriebseinrichtungen  sind  von  dem  Be¬ 
triebs  dir  ector,  Eegierungs-  und  Baurath  Knoche,  getroffen  worden, 
nach  dessen  Angaben  der  Telegraphen -Inspector  Löbbecke  die 
Block-  und  Fallscheibenwerke  ausarbeitete.  Die  Genannten  hatten 
bei  der  praktischen  Ausführung  eine  vortreffliche  Hülfe  an  dem 
Mechaniker  und  Uhrmacher  C.  Theodor  Wagner  in  Wiesbaden.  Die 
ganze  Einrichtung  bewährt  sich  vorzüglich,  die  elektrischen  Werke 
arbeiten  tadellos  und  erfreuen  sich  vor  allem  deshalb  der  überein¬ 
stimmenden  Anerkennung  der  Beamten,  weil  sie  auch  bei  der  schnell¬ 
sten  Folge  der  Züge  die  damit  Arbeitenden  nicht  anstrengen  und 
unruhig  machen. 

Das  lebhafte  Interesse,  welches  diesen  Betriebseinrichtungen  bei 
den  häufigen  Besichtigungen  des  Bahnhofes  von  allen  Besuchern  ent¬ 
gegengebracht  wurde,  hat  zu  den  vorstehenden  Mittheilungen  an¬ 
geregt. 

Frankfurt  a.  M.,  im  April  1890.  Wolff, 

Eis. -Bau-  u.  Betriebsinspector 


Tom  Panama- Canal. 


I.  Die  letzte  Mittheilung  über  das  Panama-Canal-Unternehmen 
im  Jahrgang  1889,  Seite  100  d.  Bl.  betrifft  die  rechtliche  Eigenschaft 
der  Canalgesellschaft  als  Civilgesellschaft,  den  hierin  liegenden  Aus- 
schlufs  des  Concursverfahrens  und  die  dem  Rechtsanwalt  Brun  et 
übertragene  Geschäftsauflösung.  Letzterer  hat  alsbald  zur  Unter¬ 
suchung  der  technischen  Lage  des  Canalbaues  einen  Sachverständigen- 
Ausschufs  eingesetzt.  Der  Ausschufs  besteht  aus  11  Mitgliedern. 
Vorsitzender  ist  der  Generalinspector  Guillemain,  Director  der 
Hochschule  der  Brücken  und  Chausseen  in  Paris.  Zwei  Mitglieder 
sind  Ausländer,  ein  belgischer  Oberingenieur  und  Hochschulprofessor 
und  ein  holländischer  Ingenieur-Oberst.  Die  französischen  Mitglieder 
sind  Staats-  und  Civil-Ingenieure  der  Brücken  und  Chausseen,  der 
Minen  und  der  Marine.  Der  Ausschufs  ist  um  Mitte  October  1889 
zusammengetreten  und  hat  zunächst  Urkunden  gesammelt,  auch  viele 
Personen  gehört,  welche  an  den  Arbeiten  auf  der  Landenge  betheiligt 
waren.  Sodann  wurden  vier  von  den  Mitgliedern,  darunter  der  bel¬ 
gische  Oberingenieur,  nach  der  Landenge  von  Panama  entsandt. 
Diese  Abordnung  ist  am  9.  December  1889  abgereist  und  am  4,  März 
1890  zurückgekehrt.  Am  5.  Mai  1890  hat  der  Ausschufs  seinen  Haupt¬ 
bericht  an  den  Geschäftsauflöser  erstattet  und  noch  sieben  Sonder¬ 
berichte  in  Aussicht  gestellt,  von  denen  fünf  nunmehr  vorliegen. 
Die  hierin  vollständig  niedergelegte  Auffassung  des  Ausschusses  soll 
in  denjenigen  technischen  Punkten,  von  welchen  das  Schicksal  des 
Canals  abhängt,  kurz  zusammengefafst  wieder  gegeben  werden.  Die 
Sache  ist  um  so  interessanter,  als  der  Ausschufs  mit  einem  Grund¬ 
gedanken  der  früheren  Bauleitung,  die  Hochwassermassen  des  Chagres 
um  jeden  Preis  vom  Canal  fernzuhalten,  gänzlich  bricht  und  ent¬ 
schlossen  die  grundsätzliche  Vermischung  des  gefährlichen  Chagres 
mit  dem  Canal  zur  Unterlage  seines  Planes  macht.  Da  der  unlieb¬ 
same  Nachbar  nicht  dauernd  ferngehalten  werden  kann,  so  öffnet 
man  ihm  lieber  gutwillig  das  Haus  und  findet  sich,  so  gut  es  gehen 
will,  mit  ihm  ab.  Vor  Entwicklung  des  neuen  Planes  sei  noch  be¬ 
merkt,  dafs  inzwischen  die  Geschäftsauflösung  von  Herrn  Brunet 
auf  Herrn  Monchicourt  übergegangen  ist. 

II.  Der  Ausschufs  hatte  zwei  Fragen  zu  beantworten:  Was  kann 
der  Canal  noch  kosten  und  was  kann  er  denjenigen,  welche  ihr  Geld 
dazu  hergegeben,  wohl  einbringen? 

Die  erste  Frage  bedingte  eine  technische  Untersuchung  und  die 
Aufstellung  eines  allgemeinen  Planes  für  die  Vollendung.  Die  An¬ 
nahme  eines  schleusenfreien  Canals  ist  ausgeschlossen,  weil  die  con- 
cessionsmäfsig  dazu  noch  verfügbare  Zeit  nicht  ausreicht.  Die 
Vollendungszeit  hängt  lediglich  von  dem  8  Kilometer  langen  Ein¬ 
schnitt  in  den  Cordilleren  ab,  dessen  mittlerer  Theil  als  „Culebra- 
Einschnitt“  bekannt  ist.  Aus  den  bisherigen  Erfahrungen  weifs  man, 
dafs  hier  jährlich  nicht  mehr  als  1200  000  cbm  Erdarbeit  geleistet 
werden  können,  woraus  sich  die  für  einen  solchen  Canal  erforder¬ 
liche  Zeit  berechnen  läfst.  Die  von  der  columbischen  Regierung  er- 


theilte  Canal -Concession  stellt  als  Vollendungszeit  das  Jahr  1893 
fest,  und  für  den  Fall  der  Behinderung  durch  höhere  Gewalt  1899. 
Diese  zweite  Fristgrenze  kann  jetzt  allein  noch  in  Betracht  kommen 
und  drängt  die  Nothwendigkeit  der  Annahme  eines  Schleusencanals 
auf.  In  den  noch  zur  Verfügung  stehenden  neun  Jahren,  oder  eigent¬ 
lich  nur  acht  Arbeitsjahren,  weil  ein  Jahr  auf  die  Vorbereitung  der 
neuen  Unternehmungen  zu  rechnen  ist,  kann  noch  ein  Gebirgs-Ein- 
sehnitt  bis  zu  solcher  Tiefe  gemacht  werden,  dafs  eine  natürliche 
Speisung  des  Canals  durch  Aufstau  des  Chagres  zu  erreichen  ist. 
Die  hierzu  nöthigen  Thalsperren  dürfen  nicht  höher  werden,  als  es 
mit  der  Natur  des  Untergrundes  verträglich  erscheint. 

Ein  Lageplan  des  Panama-Canals  ist  im  Jahrgang  1887,  S.  360 
und  ein  Höhenplan  mit  dem  letzten  Schleusenentwurf  der  alten  Ge¬ 
sellschaft  im  Jahrgang  1888,  S.  346  d.  Bl.  enthalten.  Bei  der  hier 
dargestellten  Höhe  der  Scheitelhaltung  wäre  eine  natürliche  Speisung 
—  ohne  Wasserhebemaschinen  —  nicht  möglich. 

III.  Auf  die  Ausführbarkeit  des  grofsen  Gebirgseinschnitts,  wie 
auf  die  Haltbarkeit  der  einzelnen  Theile  des  Canals  überhaupt,  ist 
die  Frage  der  Erdbeben  von  besonderem  Einflufs.  Der  Ausschufs 
hat  sich  deshalb  auf  der  Landenge  selbst  hierüber  nach  den  Aus¬ 
sagen  der  Einwohner,  dem  Zustande  alter  Bauten  und  den  Beobach¬ 
tungen  an  der  Panama -Bahn  so  gut  es  ging  zu  unterrichten  gesucht 
und  ist  zu  folgenden  Ergebnissen  gelangt. 

Bei  den  gewöhnlichen  Einschnitten  und  den  für  Verlegung  der 
Panama-Bahn  nothwendigen  Bauwerken  erscheinen  besondere  Mafs- 
nahmen  wegen  der  Erdbeben  übeidlüssig.  Die  vom  Ausschufs  ge¬ 
billigten  (Eiffelschen)  Schleusen  dürften  Erschütterungen,  wie  sie 
seit  zwei  Jahrhunderten  auf  der  Landenge  vorgekommen  sind,  ohne 
Schaden  aushalten  können  (vergl.  Jahrg.  1888,  S.  508  unten  und 
S.  509  d.  Bl.). 

Bei  den  Thalsperren  ist  mit  der  unbestimmten  Richtung  der 
möglichen  Schwankungen  zu  rechnen.  Offenbar  sind  letztere  un¬ 
schädlich,  wenn  ihre  Richtung  dem  angestauten  Wasserspiegel 
parallel  ist.  Wenn  aber  jene  Richtung  gegen  die  Senkrechte  zu 
dieser  Wasserspiegel-Ebene  strebt,  so  dürfte  die  Stofswirkung  des 
Wassers,  bei  seiner  grofsen  Masse,  nicht  verschwindend  sein.  Daher 
empfiehlt  der  Ausschufs  dringend  die  Anschüttung  möglichst  breiter 
Erddämme  gegen  die  nicht  benetzte  Wandfläche  der  Thalsperren. 

Beim  Culebra-Einschnitt  würden  selbst  schwache  Erderschütte¬ 
rungen  diejenigen  Erdmassen  in  Bewegung  setzen  können,  welche  auf 
Gleitflächen  ruhen.  Hier  sind  unbedingt  Vorsichtsmafsregeln  zu 
treffen,  und  es  mufs  daher  die  Lage  der  Schichten  zwischen  Ein¬ 
schnittsböschung  und  vulcanischer  Grundmasse  noch  genauer  unter¬ 
sucht  werden. 

IV.  Um  an  Erdarbeiten  möglichst  zu  sparen,  mufs  die  Scheitel¬ 
haltung  des  Canals,  welche  den  grofsen  Gebirgseinschnitt  in  sich 
aufnimmt,  möglichst  hoch  gelegt  werden.  Den  Wasserspiegel  der- 


240 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


14.  Juni  1890 


selben  aber  auf  -j-  49  m  über  dem  mittleren  Meeresspiegel  anzunebmen, 
wie  in  dem  letzten  Entwurf  der  alten  Verwaltung  geschehen,  würde 
die  natürliche  Speisung  unmöglich  machen.  Der  Untergrund  ist 
keineswegs  so  sicher,  dafs  man  an  entsprechend  hohe  Thalsperren 
für  den  Aufstau  des  Chagres  denken  könnte,  von  der  Gefahr  der 
Erdbeben  für  sehr  hohe  Thalsperren  ganz  zu  schweigen.  An  einen 
Speisegraben  aus  dem  obern  Chagres  kann  man  ebensowenig  denken. 
Derselbe  müfste  auf  mehrere  Kilometer  eine  kairm  erforsclite,  von 
tief  eingeschnittenen  tVasserläufeu  durchfurchte  Gegend  durchziehen 
und  würde  auch  ein  Stauwerk  bedingen,  welches  wegen  seiner  Ent¬ 
fernung  von  der  Eisenbahn  sehr  beschwerlich  herzustellen  wäre. 
Eine  künstliche  Speisung  durch  Wasserhebemaschinen  ist  für  die 
Landenge  von  Panama  um  so  mehr  zu  verwerfen,  als  dieses  Aus¬ 
kunftsmittel  schon  in  Frankreich  Schwierigkeiten  genug  mit  sich 
bringt. 

Der  Wasserspiegel  der  Scbeitelhaltung  ist  .auf  -b  34,50  fest¬ 
gesetzt  worden.  Diese  etwa  20  km  lange  Haltung  nimmt  den  .auf- 
gestauten  Chagres,  der  sich  in  einem  See  von  3000  Hektar  Fläche 
ausbreitet,  unmittelbar  auf.  Der  See  besteht  aus  zwei  Theilen, 
welche  durch  den  Gebirgseinschnitt  in  Verbindung  stehen.  Das 
Hochwasser  des  Ch.agres  fliefst  über  die  Tlialsperre  auf  der  Atlan¬ 
tischen  Seite  und  auch  zum  kleinern  Theil,  um  keine  starke  Strömung 
in  dem  Verbinduugscanal  beider  Seetheile  zu  erzeugen,  über  die 
Thalsperre  auf  der  Seite  des  Stillen  Meeres  nach  dem  Thale  des 
Pio  Grande  hin  ab.  Es  wird  darauf  gerechnet,  dafs  der  Scheitelsee 
um  3  m  steigen  kann,  von  -j-  34,50  bis  37,50.  Die  Thalsperren 
erhalten  demgemäfs  ihre  Oberkante  auf  39  und  die  Brustwehr- 
Oberkante  auf  -j-  40.  Damit  scheint  die  äufserste  zulässige  Höhe  für 
diese  Bauwerke  erreicht.  Sie  liegen  bei  San  Pablo  auf  der  Seite  des 
Atlantischen,  bei  Paraise  auf  der  Seite  des  Stillen  Meeres. 

Im  Gebirgseinschnitt  soll  der  Canal  9  m  tief  sein,  seine  Sohle  hier 
also  auf  25,50  liegen.  Die  Sohlenbreite  ist  in  8, .50  m  Tiefe  22  m. 
Der  unterste  h.albe  Meter  der  Can.altiefe  kann  die  auszubaggernden 
Siukstoö’e  aufnehmen. 

Unter  dem  Scheitelsee  wird  auf  der  Atlantischen  Seite  wie  avrf 


der  Seite  des  Stillen  Meeres  ein  tieferer  See  durch  Thalsperreu  bei 
Bohio  Soldado  einerseits  und  bei  Pedro  Miguel  oder  dem  nahen 
Mira  Flores  anderseits  aufgestaut. 

Die  von  den  Thalsperren  bestimmten  Staue  müssen  durch 
Schleusen  überwunden  werden.  Ueberall  sind  zwei  Schleusen  neben¬ 
einander,  weil  sonst  der  Canal  nicht  ordentlich  betriebsfähig  sein 
würde.  Die  Staue  bei  den  beiden  obersten  Thalsperren  von  San  Pablo 
und  Paraise  haben  jeder  eine  Treppe  von  zwei  Schleusen  mit  je 

11  m  Gefälle.  Diese  noch  nicht  dagewesene  Schleusenhöhe  ist  blofs 
zugelassen  worden,  um  die  von  der  Eitfelschen  Unternehmung  schon 
beschafften  Schleirsentheile  zu  verwertheu  (vergl.  Jahrgang  1888, 
S.  508  d.  BL). 

Die  untere  Thalsperre  von  Bohio  Soldado  auf  der  atlantischen 
Seite  bestimmt  die  Wasserspiegelhöhe  des  untern  Sees  auf  -j-  15, 
wobei  ein  Ansteigen  des  aus  dem  Scheitelsee  zuströmenden  Chagres- 
wasser  um  1  m  bis  1,50  möglich  bleiben  soll.  Hier  wird  der  Stau 
durch  eine  Treppe  von  zwei  Schleusen  mit  je  etwa  8  m  Gefälle  über¬ 
wunden.  Unterhalb  derselben  folgt  die  24  km  lange  See-Canalstrecke 
der  Atlantischen  Seite,  welche  nur  ganz  unmerklicher  Ebbe  und  Fluth 
ausgesetzt  ist. 

Auf  der  Seite  des  Stillen  Meeres  ist  keine  untere  Schleusentreppe 
angenommen,  sondern  anstatt  dessen  eine  Schleuse  von  etwa  8  m 
Gefälle  bei  Pedro  Miguel  und  eine  zweite  Schleuse  bei  Mira  Flores, 
die  Fluthschleuse,  deren  Gefälle  bei  Ebbe  im  Stillen  Meere  bis  11  m 
anwachsen  kann.  Unterhalb  derselben  liegt  die  See-Canalstrecke  von 

12  km  Länge. 

Die  aufgestauten  Seeir  bilden  von  selbst  Ausweichstellen  für 
die  Schiffe.  Aufserdem  ist  am  Fufse  jeder  Schleusentreppe  eine 
Ausweichstelle  und  eine' in  der  24  km  langen  See -Canalstrecke  vor¬ 
zusehen. 

Da  der  Canal  in  undurchlässigen  Bodenarten  liegt,  so  glaubt 
mau,  dafs  die  Seen  keinen  Wasserverlusten  nach  unten  ausgesetzt 
sein  werden.  Es  ist  auch  wahrscheinlich,  dafs  der  vertiefte  Canal¬ 
aushub  unterirdische  Wassermengen  sammeln  wird,  welche  jetzt 
andere  Auswege  finden.  (Schlufs  folgt.) 


Die  Preisbewerbiiiig  zur  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm-Denkmals 

für  die  Rheinproviuz. 

(Fortsetzung.) 


Der  Arbeit  des  Architekten  Bruno  Schmitz  in  Berlin  haben 
die  Preisrichter  den  zweiten  Preis  zuerkannt  „wegen  ihrer  wuchtigen 


die  aber  auch  hier  nicht  ganz  gelungen 


künstlerischen  Darstellun,s 
sei,  abgesehen  da¬ 
von,  dafs  der  ge¬ 
wählte  Platz  für 
die  Aufstellung  des 
Denkmals  sich  nicht 
eigne.  Das  Preis¬ 
gericht  spricht  da¬ 
bei  die  Ansicht  aus, 
dafs  ein  Insel- 
denkmal  nur  auf 
der  Nordspitze  der 
Insel  Nonuenwerth 
zu  errichten  sein 
würde.  Ebenso  wie 
bei  der  Beurthei- 
lung  des  Jacobs  u. 

Wehlingschen  Ent¬ 
wurfs  sinddiePreis- 
richter  auch  hier  in 
dem  Wortlaut  ihres 
Gutachtens  nicht 
gerade  glücklich 
gewesen.  Sie  prei¬ 
sen  an  erster  Stelle 
„  die  wuchtige  künst¬ 
lerische  Darstel¬ 
lung“,  also  anschei¬ 
nend  die  Leistung 
des  Zeichners,  wäh¬ 
rend  sie  doch  ohne 
Zweifel  das  dar- 
getellte  wuchtige 
Kunstwerk  meinten. 

Die  Namen  der  Preisrichter  bürgen  wenigstens  dafür,  dafs  sie  sich 
in  ihrem  Urtheile  nicht  durch  eine  schöne  zeichnerische  Darstellung 
beeinflussen  lassen  werden,  wenn  ihnen  nicht  das  dargestellte  Kunst¬ 
werk  an  sich  von  entsprechendem  Werthe  scheint.  Möge  daher  der 


Lageplan. 

Kaiser  "Willielm- Denkmal  der  RheinprovirLZ. 
Entwurf  von  Bruno  Schmitz  in  Berlin.  11.  Preis. 


Preisgekrönte  sich  durch  den  Wortlaut  des  zweifellos  in  diesem 
Sinne  aufzufassenden  Urtheilspruches  nicht  verstimmen  lassen. 

Der  von  dem  Künstler  gewählte  Platz  ist  die  Insel  Grafenwerth. 

Die  Preisrichter  be¬ 
zeichnen  diesen 
Platz  wohl  mit 
Eecht  als  nicht  ge¬ 
eignet,  wenngleich 
er  den  grofsen  Vor¬ 
zug  hat,  dafs  sich 
auf  der  Inselfläche 
in  Verbindung  mit 
der  Denkmal -An¬ 
lage  ein  geräumi¬ 
ger,  vom  Festlaude 
aus  leicht  zugäng¬ 
licher  Festplatz,  ein 
Kaiser  -  Hain,  ein 
rheinischer  Natio¬ 
nal  -  Park  schaffen 
läfst,  dessen  breite, 
ganz  gerade  V order- 
seite  eine  bedeu¬ 
tende  Entwicklung 
der  Anlage  gestat¬ 
tet,  ferner  dafs  das 
Inselgelände  von 
dem  Eigenthümer, 
dem  preufsischen 
Staate,  leichter  zu 
erwerben  sein  wür¬ 
de  als  jeder  andere 
Platz.  Die  Insel 
Grafenwerth  hat 
aber  längst  aufge¬ 
hört,  eigentliche  In¬ 
sel  zu  sein,  da  sie  nach  Schliefsung  des  rechten,  östlichen  Rheinarmes 
als  solche  nur  bei  bohem  Wasserstande  auftritt.  Auch  liegt  diese  Insel 
zu  versteckt  und  zu  abgelegen  von  den  Haupt -Verkehrsstrafsen. 
Für  die  Beschauer  vom  linken  Eheinnfer  her,  gerade  von  der  be- 


aa»'" 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


k.  24. 


jsuchtesten  Stelle,  von  Rolandseck,  würde  sich  das  Denkmal  hinter 
dem  Klosterhain  der  Insel  Nonnenwerth  verstecken;  es  würde  sich 
nur  nach  der  Stromseite  hin  ausreichend  bemerkbar  machen,  aber 
nicht  als  ein  Insel-Denkmal,  sondern  als  stände  es  am  Ufer. 

Der  Architekt  hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  eine  freistehende 
Reitergestalt  in  Verbindung  mit  einer  architektonischen  Masse, 
letztere  im  Mittelpunkt  der  Anlage  als  knorrige  Reichssäule  gedacht, 
in  der  Landschaft  so  zur  Geltung  zu  bringen,  dafs  auf  weite  Ferne 
das  Denkmal  in  seiner  Gesamtheit  wirkt,  für  die  Nähe  aber  das 
Standbild  des  Kaisers  zur  hauptsächlichsten  Geltung  gelangt.  Die 
Anlage  ist  nach  diesen  Gesichtspunkten  klar  und  einfach,  dabei  grofs- 
artig  und  würdig  durchgeführt.  In  der  Mittelachse  des  durch  theil- 
weise  Aufschüttung  ganz  hochwasserfrei  zu  machenden,  sichelförmigen 


241 


lieh  zu  massig  wirken.  Die  Stellung  in  der  Ebene,  wo  die  gewaltigen 
Bergmassen  weit  zurücktreten  und  deshalb  mit  der  Architektur  nicht 
in  Vergleich  kommen,  erfordert  derartige  Abmessungen  nicht.  Für 
die  Säule  wäre  eine  Erhebung  von  höchstens  40  m  ausreichend,  und 
wenn  dementsprechend  auch  die  Mafse  der  andern  Theile  einge¬ 
schränkt  würden,  so  möchte  sich  wohl  die  Denkmalgestalt  besser  in 
den  Rahmen  der  hier  mehr  lieblichen  als  mächtigen  Landschaft  ein- 
fügen.  Auch  wü’’den  dann  die  auf  800  000  Mark  geschätzten  Kosten 
der  Anlage  beträchtlich  niedriger  ausfallen. 

So  sehr  man  der  Zuerkennung  des  1.  und  2.  Preises  an  die 
beiden  besprochenen  Arbeiten  zustimmen  mufs,  um  so  weniger  ver¬ 
ständlich  ist  die  Wahl  des  Entwurfs  „Unserm  Kaiser“  für  den 
3.  Preis,  da  die  Preisrichter  an  diesem  Entwürfe  nichts  anderes  als 


,  .  ,  Holzstich  v.  0.  Ebel. 

Ansicht. 

Kaiser  WilKelni- Denkmal  der  Rheinprovinz, 

Entwurf  von  Bruno  Schmitz  in  Berlin.  II.  Preis. 


Inselgeländes,  hart  an  dem  westlichen,  fast  ganz  geraden  Uferrande 
soll  ein  freier  Festplatz  von  116  m  Breite  und  88  m  Tiefe  gebildet 
werden,  jvelcher  vom  Bahnhof  Honnef  aus  durch  eine  den  ge¬ 
schlossenen  Rheinarm  mit  einer  Brücke  überschreitende  Allee  zu¬ 
gänglich  wird,  während  eine  ähnliche  Allee  an  der  Westseite  der 
Insel  den  Festplatz  durchquert.  Am  Schnittpunkt  dieser  beiden  Alleen 
erhebt  sich  der  in  den  Abbildungen  dargestellte  Denkmalbau  bis  zu 
einer  Höhe  von  60  m  über  der  hochwasserfreien  Umgebung.  Die 
Säule  trägt  als  Abschlufs  eine  Kaiserkrone,  der  Knauf  zeigt  an  der 
Vorderseite  den  aus  derbem  Blattwerk  auf  den  Rhein  hinabschauen¬ 
den  Kopf  Bismarcks.  Vor  dem  Sockel  der  Gedenksäule  ist  auf 
hohem  Postament  das  Reiterstandbild  des  Kaisers  errichtet.  An  der 
Vorderseite  des  Postaments  liegt  „Vater  Rhein“,  zu  beiden  Seiten 
des  Pferdes  sind  allegorische  Figuren  angebracht,  die  eine  mit  einem 
Kranze,  die  andre  mit  Gesetztafeln.  Ringsherum  ist  die  Denkmal- 
Terrasse  durch  eine  6  m  hohe,  jedoch  mit  grofsen,  den  freien  Durch¬ 
blick  gestattenden  Oeffnungen  versehene  Wand  abgeschlossen,  die 
sich  nur  an  der  Vorderseite  ganz  öffnet,  um  den  Zugang  von  dem 
Inselgelände  und  vom  Rheinstrom  her  durch  eine  grofse  Freitreppe, 
auf  deren  Wangen  zwei  gewaltige  Löwen  ruhen,  zu  vermitteln.  Der 
Treppenunterbau  ist  halbkreisförmig  in  den  Rhein  hineingebaut. 
So  glücklich  die  Anlage  in  ihrer  Klarheit  und  Einfachheit  ist,  würde 
der  Aufbau  des  Denkmals  an  dem  gewählten  Platze  doch  wahrschein- 


den  gewählten  Platz  rühmen,  die  Anordnung  aber,  die  architek¬ 
tonische  Gliederung  und  den  bildnerischen  Schmuck  als  zu  wenig 
den  Anforderungen  entsprechend  bezeichnen,  welche’  an  die  vor¬ 
liegende  Aufgabe  gestellt  werden  müfsten.  Sie  haben  der  Arbeit  den 
3.  Preis  zuerkannt  „als  dem  einzigen  Entwürfe  eines  Denkmals  für 
eine  mäfsige  Bergeshöhe“  (den  Hardtberg),  ohne  sich  dabei  bestimmt 
darüber  zu  äufsern,  ob  sie  diesen  Platz  für  ein  Kaiserdenkmal  in 
irgend  welcher  Gestalt  überhaupt  geeignet  halten  oder  nicht.  Der 
Verfasser  des  Entwurfs  ist  der  insbesondere  in  rheinischen  Kreisen 
eines  hervorragenden  Rufes  sich  erfreuende  Bildhauer  Wilh.  Alb  er¬ 
mann  in  Köln.  Seine  Arbeit  ist  eine  wesentlich  bildnerische;  die 
Architektur,  welche  zur  Umrahmung  des  Denkmals  nicht  entbehrt 
werden  konnte,  ist  nebensächlicher  behandelt.  Auf  der  Kuppe  des 
Hardtberges  erhebt  sich  inmitten  einer  Plattform  auf  18  m  hohem, 
von  einer  Pfeiler-Halle  und  im  weiteren  Umkreise  von  halbrunden 
Säulenstellungen  umgebenem  Sockel  das  9  m  hohe  Reiterstandbild 
des  Kaisers.  Vor  der  Halle  stehen  kleinere  Reiterbilder  des  Kron¬ 
prinzen  und  des  Prinzen  Friedrich  Kai'l.  Der  Künstler  hat,  wie  er  an- 
giebt,  den  Hardtberg  als  Standort  gewählt,  weil  dieser  zur  Betrachtung 
und  bequemen  Erreichung  des  Denkmals  vom  Rhein  her  nicht  zu 
hoch  sei,  und  weil  er  bei  seiner  mäfsigen  Höhe  dem  Denkmale  den 
Hintergrund  des  Siebengebirges  erhalte,  ohne  dabei  von  ihm  aus  den 
Ausblick  auf  die  Landschaft  verloren  gehen  zu  lassen.  Sein  Versuch 


242 


Oentralblatt  der  Bauverwaltung. 


14.  Juni  1890. 


jedoch,  die  Aufgabe  hier  durch  Bevorzugung  der  Bildhauerkunst  gegen¬ 
über  der  Architektur  zu  lösen,  mufste  niifsglücken.  Eine  Bergeshöhe 
eignet  sich  nun  einmal  zur  Aufstellung  von  derartig  behandelten 
Bildhauerwerken  nicht.  Alberinann  hat  den  Fehler  des  Niederwald- 
Denkmals  wiederholt,  indem  auf  seinem  Denkmal-Platze  kein  ge¬ 
eigneter  Standpunkt  für  die  Betrachtung  des  Eeiterstandbildes  zu 
finden  ist;  denn  es  würde  ohne  einen  Augen-Aufschlagwinkel  von  45 
bis  60  Grad  nicht  möglich  sein,  die  Keitergestalt  an  den  äufsersten 
Punkten  der  Plattform  in  den  Gesichtskreis  zu  bekommen.  Die 
Kosten  der  Anlage  sind  mit  503  üOO  Mark  wohl  zu  niedrig  veran¬ 
schlagt. 

Bei  der  Empfehlung  von  drei  ferneren  Arbeiten  zum  Ankauf 
haben  die  Preisrichter  ihre  Anschauung  über  die  passende  Gestaltung 
des  Denkmals  und  insbesondere  über  die  Beschaffenheit  des  zu 
wählenden  Platzes  wenigstens  durchschimmern  lassen.  Ein  bestimmtes 
Urtheil  haben  sie  in  der  Platzfrage,  wohl  weil  sie  nicht  darum  er¬ 
sucht  waren,  nicht  ausgesprochen.  Die  Gründe  ihrer  lediglich  nach 
dem  Werthe,  den  die  Entwürfe  an  sich  haben,  erfolgten  Auswahl 
dürften  in  weiteren  Fachkreisen  ebenso  wenig  Beifall  finden  wie  der 
Wortlaut  ihres  Urtheilspruches  über  die  preisgekrönten  Arbeiten. 
Zum  Ankauf  empfehlen  sie  1)  den  Entwurf  „Dem  unvergefslichen 
Kaiser“  (Verfasser  die  Architekten  H.  vom  Endt  u.  Bender  in 


Düsseldorf),  „weil  in  demselben  die  Platzfrage  für  ein  Insel-Denkmal 
—  die  Nordspitze  von  Nonnenwerth  —  treffend  gelöst“  sei,  wogegen 
„die  künstlerische  Gestaltung  für  diese  Stelle  ungeeignet“  sei;  2)  den 
Entwurf  „Grafenwerth“  des  Architekten  Prof.  Stiller  in  Düsseldorf, 
an  welchem  gerühmt  wird,  dafs  bei  dem  gewählten  Platze  der  Ge¬ 
danke  eines  Festplatzes  vor  dem  Denkmale  zu  einer  vornehmen  Ge¬ 
staltung  gebracht  sei,  und  dafs  dieser  Entwurf  werthvolle  Anhalts¬ 
punkte  bei  einer  späteren  Bearbeitung  biete,  umsomehr  als  die  An¬ 
ordnung  eines  Festplatzes  die  unbedingte  Forderung  für  jeden  zur 
Ausführung  bestimmten  Entwurf  sein  müsse;  3)  die  Arbeit  mit  dem 
Kennwort  „Siegfried“  von  dem  Bildhauer  Prof.  K.  Hilgers  in 
Charlottenburg  der  hohen  künstlerischen  Reize  seiner  Hauptgruppe 
wegen,  wobei  aber  der  plastisch  zum  Ausdruck  gebrachte  Gedanke 
für  dieses  Denkmal  nicht  verwendet  werden  könne,  jedoch  wohl, 
mit  Ausschlufs  der  Kaiserfigur,  bei  einem  späteren  Entwürfe  mit 
einer  Wasserfläche  Verwendung  finden  dürfte. 

Die  Mehrzahl  der  nicht  preisgekrönten  Entwürfe,  die  eben¬ 
erwähnten,  zum  Ankauf  empfohlenen  eingeschlossen,  hat  sich  für 
eine  Insel  entschieden.  Es  sind  denn  auch  viele  reizvolle  Lösungen 
für  Inseldenkmäler  versucht,  doch  ist  wohl  keine  einzige  darunter, 
die  sich  unmittelbar  für  die  Ausführung  eignen  würde. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Das  NationaMenkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  in  Berlin. 


Vom  Stellvertreter  des  Reichskanzlers  ist  dem  Reichstage  mit 
Schreiben  vom  9.  Juni  d.  J.  im  Namen  Sr.  Majestät  des  Kaisers 
folgender  „Antrag,  betreffend  die  Errichtung  eines  Nationaldenkmals 
für  Kaiser  Wilhelm  I.“  nebst  Begründung,  wie  solcher  vom  Bundes¬ 
rath  beschlossen  worden,  zur  Beschlufsnahme  vorgelegt; 

„Der  Reichstag  wolle  beschliefseu:  1)  Das  Nationaldenkmal  für 
Seine  Majestät  den  Hochseligen  Kaiser  "Wilhelm  I.  wird  auf  dem 
durch  Niederlegung  der  Gebäude  „an  der  Schlofsfreiheit“  entstehen¬ 
den  Platze  errichtet.  2)  Dasselbe  erhält  die  Gestalt  eines  Reiter¬ 
standbildes.  3)  Der  Reichskanzler  wird  ermächtigt,  über  einen  Ent¬ 
wurf  für  das  Denkmal  einen  engeren  Wettbewerb  auszuschreiben.“ 

Die  beigegebene  Begründung  lautet; 

„Durch  das  Gesetz,  betreffend  die  Vorarbeiten  für  das  National¬ 
denkmal  Kaiser  Wnlhelms  I.,  vom  23.  December  1888  (Reichs- 
Gesetzbl.  S.  299)  ist  zu  einer  Preisbewerbung  behufs  Gewinnung 
eines  geeigneten  Entwurfs  für  das  Denkmal  die  Summe  von 
100  000  Mark  zur  Verfügung  gestellt  worden.  In  Uebereinstimmung 
mit  dem  Bundesrath  und  Reichstag,  welche  bei  der  Bildung  des 
Preisgerichts  durch  die  Beschlüsse  vom  7.  Februar  und  30.  März  1889 
mitgewirkt  haben,  ist  diese  Preisbewerbung  durch  eine  Vorconcurrenz 
eingeleitet  worden,  um  zunächst  über  den  Platz  und  über  die  allge¬ 
meine  Form  und  Art  des  Denkmals  ein  Urtheil  zu  gewinnen.  Dem- 
gemäfs  wurden  von  den  verfügbaren  Mitteln  vorerst  nur  32  000  Mark 
zu  Preisen  verwendet,  der  Rest  dagegen  zur  Gewährung  von  Preisen 
für  die  Hauptbewerbung  zurückgestellt,  bei  welcher  nach  endgültiger 
Entscheidung  über  die  Platzfrage  das  Denkmal  selbst  die  ausschliefs- 
liche  Aufgabe  bilden  sollte. 

In  der  Vorconcurrenz  wurden  sechs  Entwürfen  Preise  zuerkannt, 
nämlich  den  Entwürfen  der  Architekten  Wilhelm  Rettig  und  Paul 
Pfann,  sowie  des  Architekten  Bruno  Schmitz  je  ein  erster  Preis,  den 
Entwürfen  des  Bildhauers  Adolf  Hildebrand,  des  Bildhauers  Karl 
Hilgers,  des  Bildhauers  Professor  Fritz  Schaper  und  des  Bildhauers 
Professor  Dr.  Johannes  Schilling  je  ein  zweiter  Preis. 

Von  den  überhaupt  zur  Bewerbung  zugelassenen  Entwürfen  hatte 
die  Mehrzahl  einen  Platz  vor  dem  Brandenburger  Thor  gewählt; 
unter  den  übrigen  hatte  sich  die  gröfsere  Hälfte  für  den  Pariser 
Platz,  eine  nicht  viel  kleinere  Zahl  für  die  Schlofsfreiheit  entschieden; 
mir  einzelne  hatten  einen  Platz  an  der  Schlofsbrücke  oder  den  Opern¬ 
platz  gewählt.  Was  die  preisgekrönten  Entwürfe  betrifft,  so  ist  der¬ 
jenige  von  Rettig  und  Pfann  auf  die  westliche  Seite  des  Königsplatzes, 
derjenige  von  Schmitz  auf  den  Schnittpunkt  der  Siegesallee  und  der 
Charlottenburger  Chaussee  berechnet,  während  in  dem  Entwurf  von 
Hildebrand  ein  Platz  im  Thiergarten  selbst,  in  den  Entwürfen  von 
Hilgers  und  Schaper  der  Platz  vor  dem  Brandenburger  Thor,  in  dem¬ 
jenigen  von  Schilling  aber  der  Opernplatz  den  Standort  bildet. 

Das  Urtheil  des  Preisgerichts  hatte  lediglich  die  Verdienstlich¬ 
keit  der  künstlerischen  Schöpfungen  im  ganzen  ins  Auge  gefafst, 
ohne  zugleich  über  die  Wahl  des  Platzes  eine  Entscheidung  treffen 
zu  wollen.  In  der  Platzfrage  konnte  auch  nach  Abschlufs  der  Prü¬ 
fung  des  durch  die  Concurrenz  beschafften  Gedankenmaterials  das 
Preisgericht  sich  nicht  einigen.  Eine  nähere  Erörterung,  welche 
diese  Frage  im  Anschlufs  an  das  Preisverfahren  fand,  ergab,  dafs 
neun  Mitglieder  für  einen  Platz  vor  dem  Brandenburger  Thor,  fünf 
Mitglieder  für  einen  Platz  im  Innern  der  Stadt,  und  zwar  zum  Theil 


für  die  Schlofsfreiheit,  zum  Theil  für  den  Pariser  Platz  sich  aus- 
sprachen. 

Bei  der  Entscheidung  der  Platzfrage  wird  als  leitender  Gesichts¬ 
punkt  die  Erwägung  zu  dienen  haben,  dafs  das  Denkmal  in  erster 
Linie  eine  monumentale  Darstellung  der  Gestalt  des  hochseligen 
Kaisers  zu  geben  haben  wird.  Darüber  hinauszugehen  und  ein  Werk 
zu  schaffen,  welches  zugleich  ein  zusammenfassendes  Bild  der  bei 
der  Gründung  des  Reichs  wirksam  gewesenen  Kräfte  und  Personen 
zur  Anschauung  bringt,  würde  die  Gefahr  begründen,  dafs  die  welt¬ 
geschichtliche  Person  des  verewigten  Kaisers  entweder  zu  sehr  in 
den  Hintergrund  gedrängt  werden,  oder  aber  mit  einen  Aufwand  von 
Pathos  zur  Darstellung  gelangen  müfste,  welcher  mit  dem  Charakter 
dieses  Kaisers  durchaus  in  Widerspruch  steht.  In  der  That  hat  die 
hierin  begründete  Besorgnifs  durch  die  architektonischen  Entwürfe, 
welche  in  der  Vorconcurrenz  vornehmlich  die  Aufmerksamkeit  auf 
sich  zogen,  ihre  Bestätigung  gefunden.  So  sehr  der  künstlerische 
Werth  dieser  Entwürfe  auch  anzuerkennen  sein  mag,  so  ist  es  doch 
keinem  derselben  gelungen,  die  Persönlichkeit  des  Monarchen  gleich-  i 
zeitig  in  der  Macht  und  in  der  Schlichtheit  der  Erscheinung  wieder-  | 

zugeben,  wie  das  deutsche  Volk  das  Bild  des  ersten  Kaisers  in  sich  i 

aufgenommen  hat.  | 

Das  Ergebnifs  der  Vorconcurrenz  läfst  erkennen,  dafs,  wenn  die  | 
weitere  Preisbewerbung  zu  einem  veiwerthbaren  Ergebnifs  führen  ! 
soll,  alle  auf  ixmfassende  architektonische  Anlagen  gerichteten  Ideen  I 
von  derselben  auszuschliefsen  sind,  und  dafs  ein  Reiterstandbild  als  i 
diejenige  Form  zu  betrachten  ist,  in  welcher  die  Erscheinung  des 
Kaisers  in  der  sein  Wesen  auszeichnenden  schlichten  Hoheit  am  ] 
besten  verkörpert  werden  kann.  Damit  scheiden  aber  alle  Plätze  ' 
aufserhalb  der  Stadt  aus  dem  Kreise  der  weiteren  Erwägungen  aus. 
Unter  den  Plätzen  im  Innern  der  Stadt  können  sowohl  nach  dem 
Ergebnifs  der  Vorconcurrenz,  als  auch  nach  dem  Gesamturtheil  der  J 

künstlerischen  Kritik,  welche  sich  an  die  Vorconcurrenz  angeschlossen  ,j 

hat,  nur  der  Platz  am  Opernhaus,  der  Pariser  Platz  und  die  Schlofs-  j' 

freiheit  in  Frage  kommen.  Von  diesen  Plätzen  ist  der  erste  vermöge  * 

seiner  seitlichen  Lage  für  ein  Denkmal  von  der  hier  gewollten  histo¬ 
rischen  und  künstlerischen  Bedeutung  kaum  geeignet,  ganz  abgesehen  ; 
davon,  dafs  er  nach  seinen  räumlichen  Verhältnissen  nicht  als  aus¬ 
reichend  erscheinen  kann,  und  dafs  seine  Abschliefsung  gegen  den  j 

ihn  gegenwärtig  kreuzenden  Verkehr  nicht  ohne  Bedenken  ist.  Der  ( 

Mangel  zu  beengter  räumlicher  Verhältnisse  haftet  dem  Pariser  Platz 
gleichfalls  an  und  würde  auf  diesem  Platz  infolge  des  noch  zu  er-  l! 
wartenden  starken  Wachsthums  des  dortigen  Strafsenverkehrs  und  j 
nach  Ausführung  der  auf  die  Dauer  wohl  nicht  zu  umgehenden  Um-  i; 
gestaltung  des  anschliefsenden  Strafsenzuges  „Unter  den  Linden“  i 
immer  empfindlicher  werden.  Die  Aufmerksamkeit  mufs  sich  unter 
solchen  Umständen  unvermeidlich  der  Schlofsfreiheit  zuwenden,  und  | 
zwar  umsomehr,  als  die  Vorgänge  der  letzten  Zeit,  welche  zu  einer 
Freilegung  dieses  Platzes  geführt  haben,  erkennen  lassen,  wie  die 
künstlerische  Bedeutung  des  Platzes  und  sein  Werth  für  eine  monu-  i 
mentale  Gestaltung  in  der  öffentlichen  Meinung  mehr  und  mehr  zur 
Geltung  gelangt. 

Um  an  der  Schlofsfreiheit  einen  für  die  Aufnahme  eines  Reiter¬ 
standbildes  ausreichenden  Raum  zu  gewinnen,  bedarf  es  neben  der 
Beseitigung  der  vorhandenen  Gebäude  einer  theilweisen  Zuschüttimg 
oder  Ueberwölbung  des  angrenzenden  Wasserlaufs.  Die  dadurch  be- 


BIr.  24. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


243 


dingte  Verkleinerung  der  Wasserfläche  ist  nach  dem  Gutachten  der 
t  Königlich  preufsischeu  Bauverwaltung  ohne  Nachtheile  für  Vorfluth 
;  und  Schiffahrt  ausführbar. 

Auf  dem  so  geschaffenen  Platze  läfst  sich  die  Errichtung  des 
I  Standbildes  in  verschiedener  Anordnung  denken;  das  Standbild  kann 
i  entweder  unter  Verlegung  der  an  der  Schlofsfront  hinlaufenden  Strafse 
!  in  enge  Verbindung  mit  dem  Schlofsbau  gebracht  werden,  oder  es 
kann  durch  die  Strafse  von  dem  Schlofs  getrennt,  der  Schlofsfront 
gegenüber  in  passender  architektonischer  Einfriedigung,  an  den 
Wasserlauf  der  Spree  gerückt  werden.  Im  Interesse  der  Schonung 
des  historischen  Charakters  der  Schlofsfront,  insbesondere  des  hier 
belegenen  Hauptportals,  welches  nicht  verbaut  werden  darf,  ferner 
.  zur  Erzielung  einer  gröfseren  malerischen  Wirkung,  endlich  auch,  um 
das  Denkmal  nicht  lediglich  als  einen  Annex  der  Schlofsarchitektur 
:  erscheinen  zu  lassen,  verdient  der  zweite  Weg  den  Vorzug. 

Abgesehen  von  der  Begrenzung  des  Platzes  durch  die  unmittelbar 
anliegenden,  im  Falle  der  Niederlegung  der  Schlofsfreiheit  einer  ander¬ 
weiten  Regulirung  bedürfenden  Strafsenzüge  besteht  die  einzige,  aus 
den  öifllichen  Verhältnissen  sich  ergebende  Beschränkung  darin,  dafs 
I  bei  jeder  monumentalen  Gestaltung  des  Platzes  darauf  Rücksicht  zu 
j  nehmen  ist,  dafs  die  Schütze  des  Mühlgrabens  wegen  der  Vorfluth- 
;  und  Schleusenverhältnisse  des  hier  vorüberführenden  Spreearmes  in 
[  der  jetzigen  Einrichtung  erhalten  bleiben  und  demgemäfs,  sei  es  durch 
!  eine  geringe  terrassenartige  Erhöhung  des  Platzes,  sei  es  in  anderer, 
den  künstlerischen  Anforderungen  entsprechender  Anordnung,  eine 
Deckung  finden  müssen. 

;  In  der  Achse  des  Schlofsportals  würde  die  Tiefe  des  Platzes, 
i  von  der  Schlofsfront  bis  zu  dem  zukünftigen  Spreeufer  gemessen, 
75  Meter  betragen.  Die  Mitte  des  für  die  Aufnahme  des  Denkmals 
verfügbaren  Raumes  würde  vom  Schlosse  50 — 60  Meter  entfernt  sein, 
j  ein  Abstand,  welcher  grofs  genug  ist,  um  dem  Standbild  seine  selb¬ 


ständige  Bedeutung  zu  wahren,  und  doch  auch  nicht  zu  grofs  er¬ 
scheint,  um  das  Denkmal  zu  dem  Schlosse  in  eine  künstlerische 
Beziehung  zu  setzen. 

In  beiliegendem  Lageplau*)  sind  die  örtlichen  Verhältnisse  ver¬ 
anschaulicht;  namentlich  sind  darin  diejenigen  äufsersten  Grenzen 
ersichtlich  gemacht,  bis  zu  welchen  der  Wasserlauf  im  Interesse 
einer  Erweiterung  des  durch  Beseitigung  des  gegenwärtigen  Häuser¬ 
zuges  gewonnenen  Raumes  eingeengt  werden  darf.  Financielle 
Opfer  werden  nach  einer  Erklärung  des  Königlich  preufsischen 
Staatsministeriums  dem  Reich  durch  den  Erwerb  des  Platzes  nicht 
erwachsen.  Eine  weitei'e  Verständigung  mit  der  Königlich  preufsi¬ 
schen  Regierung  und  mit  der  Stadt  Berlin  mufs  bis  dahin  Vorbehalten 
werden,  dafs  Bundesrath  und  Reichstag  der  Wahl  des  Platzes  für 
das  National -Denkmal  ihre  Zustimmung  gegeben  haben. 

In  welchem  Umfange  der  verfügbare  Raum  für  das  Denkmal  in 
Anspruch  genommen  werden  soll,  und  in  welcher  Weise  dem  Platze 
durch  architektonische  und  gärtnerische  Anlagen  ein  angemessener 
Abschlufs  zu  geben  sein  wird,  mufs  der  freien  Würdigung  der  zum 
Wettbewerb  berufenen  Künstler  überlassen  bleiben;  es  ist  zu  hoffen, 
dafs  die  Concurrenz  auch  für  diese  Fragen  eine  befriedigende  Lösung 
ergeben  wird. 

Entsprechend  dem  in  dem  Preisausschreiben  vom  30.  Januar  1889 
gemachten  Vorbehalt,  wird  die  neue  Concurrenz  auf  einen  engeren 
Kreis  von  Künstlern  zu  beschränken  sein.  Die  Berufung  soll  mit 
Genehmigung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  durch  den  Reichskanzler 
erfolgen.  Das  Preisgericht  wird  in  ähnlicher  Weise,  wie  bei  der 
Vorconcurrenz,  aus  Mitgliedern  des  Bundesraths  und  des  Reichstags 
und  aus  einer  entsprechenden  Anzahl  künstlerischer  Sachverständigen 
zu  bilden  sein.“ 


*)  Der  Lageplan  folgt  in  der  nächsten  Nummer  d.  Bl. 


Vermischtes. 


Die  Stellimg  der  bisherigen  teclmisclien  Hüifsarbeiter  bei  den 
Königlichen  Regierungen.  Durch  den  Allerhöchsten  Erlafs  vom 
3.  Mai  d.  J.,  welcher  im  amtlichen  Theile  dieses  Blattes  mit  einer 
begleitenden  Verfügung  der  betheiligten  Minister  veröffentlicht  wird, 
ist  die  Entwicklung,  welche  die  Stellung  der  bisherigen  technischen 
Hüifsarbeiter  bei  den  Königlichen  Regierungen  bereits  in  den 
i  letzten  Jahren  erfahren  hatte,  zu  einem  für  alle  betheiligten  Inter¬ 
essen  hocherfreulichen  Abschlufs  gelangt.  Während  nach  der  Re¬ 
gierungs-Instruction  vom  23.  October  1817  die  Regierungs-  und  Bau- 
räthe  die  einzigen  bautechnischen  Mitglieder  der  Regierungen,  die 
bei  den  letzteren  angestellten  Bauinspectoren  aber  nur  Hüifsarbeiter 
dieser  Beamten  waren,  welche  ihre  Geschäfte  von  diesen  zugewiesen 
erhielten  und  nach  deren  Anweisung  und  unter  ihrer  Verantwort¬ 
lichkeit  zu  bearbeiten  hatten,  war  bereits  durch  Ministerial-Erlafs 
vom  21.  October  1884  (vgl.  Jahrgang  1884,  Seite  435  d.  Bl.)  be¬ 
stimmt  worden,  dafs  die  technischen  Hüifsarbeiter  in  die  Behörden 
förmlich  einzuführen  seien  und  dafs  sie  nicht  mehr  lediglich  als 
Hüifsarbeiter  der  Regierungs-  und  Bauräthe  thätig  sein,  sondern 
nach  der  allgemeinen  Anweisung  oder  besonderen  Zuschreibung  der 
Präsidenten  bezw.  Abtheilungsdirigenten  die  Bausachen  bearbeiten 
sollten.  Der  Circular -Erlafs  vom  22.  Juni  1886  (vgl.  Jahrgang  1886, 
Seite  261  d.  Bl.)  ging  sodann  den  wichtigen  Schritt  weiter  —  was 
ohne  formelle  Abänderung  der  Regierungs  -  Instruction  geschehen 
konnte  — ,  dafs  er  den  technischen  Hülfsarbeitern  die  aus  der 
Präsidial  -  Abtheilung  (frühere  Abtheilung  des  Innern)  ihnen  zur 
Bearbeitung  übertragenen  Geschäfte  zur  selbständigen  Erledigung 
unter  ihrer'eigenen  bautechnischen  Verantwortung  zuwies. 

Durch  den  Allerhöchsten  Erlafs  vom  3.  v.  M.  ist  diese  Anordnung 
eine  allgemeine  geworden.  Die  bei  den  Regierungen  etatsmäfsig  an¬ 
gestellten  Land-  und  Wasser -Bauinspectoren  (Tit.-Bauräthe)  sind, 
j  wie  die  Regierungs -Assessoren,  Mitglieder  dieser  Behörden,  die  ihr 
'  eigenes  Decernat  erhalten,  in  den  Regierungs  -  Abtheilungen  ein 
j  volles  Stimmrecht,  im  Plenum  ein  solches  bei  den  von  ihnen  be¬ 
arbeiteten  Sachen,  wie  die  Regierungs -Assessoren,  führen.  Diese 
Regelung  führt  die  Entlastung  der  Regierungs-  und  Bauräthe  insbe- 
j  sondere  von  den  minder  wichtigen  Geschäften  herbei  und  ermöglicht 
I  dadurch  die  im  Interesse  der  Staatsverwaltung  besonders  erwünschte 
!  eingehendere  Bearbeitung  ihrer  Geschäfte  sowie  die  Vornahme 
häufigerer  Dienstreisen  usw.;  die  getroffene  Aenderung  gewährt 
j  zugleich  den  Bauinspectoren  der  Regierungen  eine  solche  Stellung 
j  bei  der  Behörde,  auf  welche  sie  nach  ihrem  jetzigen  Bildungs- 
;  gange  einen  berechtigten  Anspruch  haben.  Die  Mafsregel  wird 
I  mithin  dazu  beitragen,  auch  bei  diesen  jüngeren  Beamten  den 
Diensteifer  und  die  Schaffensfreudigkeit  zu  heben  und  daneben  der 
Centralverwaltung  diejenigen  Beamten  besonders  kenntlich  zu 
machen,  welche  sich  zur  demnächstigen  Beförderung  zu  Regierungs¬ 
und  Bauräthen  an  erster  Stelle  eignen. 


In  der  Preisbewerbung  für  ein  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  in 
Köln  (S.  7  u.  51  d.  J.)  ist  die  Entscheidung  getroffen  worden.  Den 
ersten  Preis  erhielt  Bildhauer  R.  Anders  in  Berlin,  den  zweiten 
Bildhauer  W.  Albermann  in  Köln;  die  drei  dritten  Preise  wurden 
den  Bildhauern  Bus  eher  -  Düsseldorf,  Kühn  u.  Dallinger- 
München  und  einem  Verfasser  zu  Theil,  der  sich  bis  jetzt  noch  nicht 
genannt  hat. 

Die  Feiet*  der  Yollenduug  des  Hauptthurmes  vom  LTmer 
Münster  wird,  wie  bereits  bei  Gelegenheit  der  Nachricht  von  der 
Schlufssteinlegung  auf  S.  228  mitgetheilt  wurde,  in  den  Tagen  vom 
28.  Juni  bis  1.  Juli  d.  J.  stattfinden.  Während  die  Werkleute  die 
letzte  Hand  an  das  gewaltige  Bauwerk  legen,  ist  die  Stadt  emsig 
beschäftigt,  sich  zum  Empfange  der  Festgäste  bereit  zu  machen. 
Dem  vom  Münsterfest-Ausschusse  veröffentlichten  Programme  der 
Festlichkeiten  entnehmen  wir,  dafs  am  Sonnabend  den  28.  die  Feier 
durch  einen  Umzug  der  Schuljugend,  durch  Läuten  aller  Glocken, 
Musik  und  Gesang  der  Bürgerschaft  auf  dem  Münsterplatze  einge¬ 
leitet  werden  soll.  Daran  wird  sich  eine  Beleuchtung  des 
Münsters  schliefsen.  Der  Sonntag  soll  die  Veranstaltung  eines 
grofsen  Festzuges  bringen,  der  in  farbenprächtigen  Bildern  die 
Geschichte  des  Münsters,  welche  die  der  Stadt  ist,  von  seinem 
ersten  Entstehen  im  vierzehnten  Jahrhundert  an  bis  auf  unsere 
Tage  vor  den  Augen  der  Zuschauer  entrollen  wird.  Abends  findet 
im  Münster  eine  Aufführung  des  Mendelssohnschen  Oratoriums 
„Elias“  statt.  Am  Montag  wird  Festgottesdienst  abgehalten, 
und  diesem  folgt  ein  von  K.  Oesterlen  gedichtetes  geschicht¬ 
liches  Festspiel,  welches  von  Einwohnern  Ulms  in  einem  durch 
den  Münsterbaumeister  Prof.  Beyer  auf  dem  Casernenplatze  für 
den  Zweck  errichteten  Spielhause  zur  Darstellung  gelangt.  Darauf 
Volksfest  in  der  Friedriehsau.  Aus  den  für  Dienstag  geplanten  Ver¬ 
anstaltungen  endlich  sind  ein  Fischerstechen,  das  Festessen  und 
eine  nochmalige  Beleuchtung  des  Münsters  hervorzuheben. 

Während  der  Iiiteruatioiialeu  Elektrischen  Ausstellung  in 
Frankfurt  a.  M.  1891  (vgl.  1889  S.  473  sowie  S.  120  u.  180  d.  J.) 
werden,  wie  man  uns  von  dort  mittheilt,  mehrere  Versammlungen  in 
Frankfurt  tagen.  So  tritt  daselbst  der  Congrefs  der  Elektro¬ 
techniker  zusammen;  der  Magistrat  wird  die  deutschen  Städte¬ 
verwaltungen  im  Hinblick  auf  die  Verwerthung  des  durch  die 
Ausstellung  Gebotenen  für  gemeinnützige  städtische  Zwecke  zu  einer 
Zusammenkunft  einladen,  und  auch  die  Gas-  und  W^asserfach- 
männer  werden  Frankfurt  zu  ihrem  nächstjährigen  Versammlungs¬ 
orte  wählen. 

Tou  den  zur  Bildhauerbewerbung  für  das  Kriegerdenkmal  in 
Indianapolis  (vgl.  S.  511  d.  v.  J.)  eiugelaufenen  20  Entwürfen,  von 
denen  7  aus  Deutschland,  2  aus  Italien,  die  übrigen  aus  America 
stammen,  ertheilte  die  State -Commission  nach  Anhörung  der  Sach- 


244 


14.  Juni  1890, 


Centralblatt  der 


verständigen  einem  Entwurf  von  George  Thomas  Brewster  aus 
Cleveland  (Ohio),  einem  Schüler  der  Academie  des  beanx  arts  in 
Paris,  einstimmig  den  ersten  Preis.  Ein  Entwurf  von  Nicolaus 
Geiger  in  Berlin  stand  mit  zur  engsten  Wahl.  Dem  Sieger  ist  als 
Preis  programmgemäfs  die  Ausfülirung  der  etwa  38  Fufs  (rund  11,6  m) 
hohen  „Liberty'  übertragen  worden. 

Eine  „Erste  italienische  Ausstellung  für  Architektur^^  wird  in 
diesem  Jahre  in  Turin  veranstaltet  und  am  21.  September  eröffnet 
werden.  Während  auf  derselben  im  allgemeinen  nur  italienische 
Arbeiten  (ältere  Pläne  usw.,  Wiederherstellungsarbeiten  und  neuere 
Werke)  zugelassen  werden,  soll  sie  doch  für  architektonische 
Veröffentlichungen  eine  internationale  Abtheilung  erhalten,  zu 
deren  Beschickung  das  Ausland  soeben  vom  Ausstellungscomite  ein¬ 
geladen  wird. 

Anlage  eines  Verschub- Bahnhofs  in  Chicago.  Der  Durch¬ 
gangsverkehr  der  Güterzüge  in  Chicago  hat  wegen  der  zahlreichen 
Schienenkreuzungen  mit  den  städtischen  Strafsen  und  der  hierdurch 
hervorgerufeneu  Belästigung  und  Gefährdung  des  Strafseuverkehrs 
einerseits  ■ —  nacli  den  Engineering  News  werden  im  Laufe  eines 
Jahres  an  175  Personen  auf  den  LTebergängen  getödtet  —  und  wegen 
der  nothwendigen  Ermäfsigung  der  Fahrgeschwindigkeit  anderseits, 
sowie  wegen  der  voll¬ 
kommen  unzuläng¬ 
lichen  Ausdehnung 
und  unzweckmäfsigen 
Anlage  derVerschub- 
geleise  mit  so  bedeu¬ 
tenden  Schwierigkei¬ 
ten  zu  kämpfen,  dafs 
die  Anlage  eines  um¬ 
fangreichen  Ver¬ 
schub -Bahnhofes  in 
Aussicht  genommen 
ist,  in  welchem  Raum 
für  160  000  Güter¬ 
wagen  geschaffen 
werden  soll.  Die  ge¬ 
samte  nutzbare  Ge¬ 
leislänge  ist  hierbei  mit  Rücksicht  auf  den  stetig  zunehmenden  Verkehr 
zu  1600  km  angenommen.  Die  Anlage  wird  im  Anschlufs  au  zwei 
vorhandene  Verbindungsbahnen  so  hergestellt  (vgl.  Abb.  1),  dafs  die 
Zufahrtgeleise  ein  Geviert  von  etwa  5  km  Seitenlänge  umschliefseu. 
Aus  den  Geviertseiten  zweigen  nach  der  Mitte  zu  vier  einzelne  Ver- 
schub-Bahnhöfe  I  bis  IV  ab,  welche  je  aus  fünf  nebeneinander  an¬ 
gelegten  doppelten  Verschubgruppen  bestehen,  die  sämtlich  auf  eine 
kreisförmige  Ringbahn  von  etwa  1,5  km  Durchmesser  ausmünden.  Die 
allgemeine  Anordnung  eines  solchen  Verschub-Bahnhofes  ist  aus  der 
nachstehenden  Abb.  2  ersichtlich,  lieber  den  Betrieb  der  Bahn¬ 
höfe  sind  in  der  genannten  Quelle  genauere  Mittheilungen  nicht  ge¬ 
macht.  Es  ist  nur  angeführt,  dafs  für  jede  der  zwanzig  an  dem 
Unternehmen  betheiligten  Eisenbahngesellschaften  eine  besondere 
Verschubgruppe  vorgesehen  sei,  welche  von  beiden  Seiten  benutzt 


werden  könne.  Hiernach  mufs  angenommen  werden,  dafs  die  Ord¬ 
nung  der  Züge  je  nach  den  Umständen  sowohl  von  dem  Umfang 
nach  der  Mitte  des  Bahnhofs  als  auch  in  umgekehrter  Richtung  er¬ 
folgen  wird.  Weiter  ist  angegeben,  dafs  die  in  den  Ecken  des 
Geviertes  verfügbar  bleibenden  Flächen  zur  Errichtung  von 
Warenhäusern,  Werkstätten  und  sonstigen  Anlagen  benutzt 
werden  sollen.  Km. 


’  Bauverwaltnng. 


Bücherscliaii. 

Rall'aele  Cattaueo,  L’architettiira  in  Italia  dal  secolo  YI  al 
nillle  circa.  Venedig,  Ferd.  Ongania.  1888.  4®. 

Gaetano  Laudriaiii,  La  Basilica  Ainhrosiaiia  fino  alla  sua  tras- 
forinaziouc  in  chiesa  loinl»arda  a  volle.  I  resti  della  Basilica  di 
Fausta.  Mailand,  Ulrich  Hoepli.  1889.  Fol.  Preis  28,80  Jt. 

Die  Frage  nach  der  Kunstthätigkeit  desjenigen  Zeitraums,  wel¬ 
cher  etwa  mit  der  Herrschaft  der  Longobarden  in  Italien  oder  der 
Franken  in  Gallien  beginnt  und  mit  dem  Erlöschen  des  karolingi¬ 
schen  Hauses  abschliefst,  hat  bisher  kein  kunstgeschichtliches  Buch, 
welches  Gebiet  der  Künste  es  auch  behandeln  möge,  erschöpfend 

gelöst.  ^  Diese  mächtige,  vom  6.  bis  zum  11.  Jahrhundert  reichende 
Lücke  ist,  was  die  Baugeschichte  Italiens  angeht,  nunmehr  durch 
das  oben  genannte  Werk  des  leider  inzwischen  verstorbenen,  durch 
seine  Studien  über  die  S.  Marcuskirche  bekannten  R.  Cattaneo 
in  Venedig  geschlossen  worden.  Freilich  hatte  neuerdings  bereits 
F.  de  Darteins  grofses  Werk  über  die  lombardische  Architektur 

manches  Licht  auf  jenen  Zeitraum  geworfen,  doch  mufsten  seine 

Forschungen  gerade  in  sehr  wichtigen  Punkten  Bedenken  erregen; 
die  Arbeit  von  0.  Mothes  über  die  Baukunst  des  Mittelalters  in 

Italien  aber  mufs  wegen  der  beständigen  Unzuverlässigkeit  des 
Textes  wie  der  Zeichnungen,  ganz  besonders  was  den  erwähnten 
Zeitraum  betrifft,  überhaupt  aufser  acht  gelassen  werden. 

Von  Werken  der  ornamentalen  Bildhauerei  ist  zwar  in  allen  Theilen 
des  Landes  eine  keineswegs  geringe  Zahl  von  Altären,  Kanzeln  und 
Schranken  aus  jener  Zeit  auf  uns  gekommen,  und  der  Betrachtung  der¬ 
selben  möchte  Cattaneo  wohl  einen  zu  breiten  Raum  gewidmet  haben; 
vollständige  Gebäude  sind  uns  aber  nur  sehr  selten  erhalten  geblieben. 
Die  Gestalt  der  Kirchen  ist  zumeist  die  dreischiffige,  flach  gedeckte 
Säulenbasilika  ohne  Querhaus,  und  zu  den  bisher  bekannten  Bei¬ 
spielen  dieser  Art,  wie  S.  Maria  in  Cosmedin  in  Rom  oder  dem  Dome 
auf  Torcello  bei  Venedig,  tritt  die  sehr  bemerkenswerthe,  vor  mehreren 
Jahren  wieder  entdeckte  Kirche  S.  Vincenzo  in  Prato  in  Mailand*), 
Sodann  haben  die  gelegentlich  der  Wiederherstellung  ausgeführten 
Untersuchungen  der  S.  Ambrosius-Kirche  in  Mailand  ergeben,  dafs 
auch  dieses  Bauwerk  die  eben  beschriebene  Gestalt  zeigte,  bevor  es 
in  einen  vollständigen  Gewölbebau  umgewandelt  ward.  Wenn  nun 
auch  die  Vorgefundenen  Reste  des  älteren  Langhauses  von  S.  Ambrogio 
noch  in  das  4.  Jahrhundert  zurückreichen  mögen,  so  waren  dieselben 
doch  so  ausgiebig,  dafs  sich  die  ältere  Gestalt  der  Kirche  mit  hin¬ 
reichender  Sicherheit  wieder  ermitteln  läfst.  Es  ist  daher  freudig  zu 
begrüfsen,  dafs  G.  Landriani,  unter  dessen  Leitung  die  Bauarbeiten 
der  Kirche  kürzlich  vollendet  wurden,  über  seine  Untersuchungen  in 
dem  oben  an  zweiter  Stelle  genannten  Werke  berichtet  hat.  Be¬ 
kanntlich  hatte  de  Dartein  —  nach  dem  Vorgänge  Clericettis  in 
Mailand  —  die  Entstehung  des  heutigen  Baues  von  S.  Ambrogio  in 
das  8.  und  9.  Jahrhundert  hinaufgerückt  und  damit  für  die  Erfindung' 
des  Gewölbebaues  auf  gegliederten  Pfeilern  ein  gleich  hohes  Alten 
innerhalb  der  Lombardei  beansprucht.  Der  Bau  des  Vorhofs  sollte! 
auf  Grund  der  in  der  Kirche  noch  befindlichen  Grabschrift  des; 
Bischofs  Anspertus  (869  —  881)  unter  diesem  erfolgt  sein,  nachdeml 
Langhaus  und  Chor,  wie  der  bauliche  Zustand  bekundet,  bereits' 
fertiggestellt  waren.  Die  Ansicht  de  Darteins  hatte  seither  die  ge¬ 
samte  Litteratur  beherrscht;  auch  Landriani  hält  an  ihr  fest,  und, 
de  Dartein  selber  hat  seine  Behauptung  nochmals  gegen  die  Zweifel; 
Ramees  in  einer  besonderen  Schrift  vertheidigt**).  ‘ 

Nichtsdestoweniger  ist  es  fraglich,  ob  sie  der  Wahrheit  entspricht,! 
Die  einzige  urkundliche  Grundlage  für  die  Schlüsse  de  Darteins  liefert 
die  erwähnte  Grabschrift,  welche  aber  des  Nachweises  entbehrt,  dafs 
sie  sich  wirklich  auf  den  bestehenden  Vorhof  bezieht.  Man  mufsl 
vielmehr  Cattaneo  beipflichten,  wenn  er  nur  den  Bau  der  drei  Chör(| 
in  den  von  ihm  betrachteten  Zeitraum  verlegt,  etwa  gleichzeitig  mi1 
der  Stiftung  des  —  im  Oberbau  erneuerten  —  Ciborienaltars  (835) 
im  übrigen  jedoch  für  Langhaus  und  Vorhof  eine  Entstehung  währenc 
des  11.  und  12.  Jahrhunderts  annimmt,  aus  welcher  Zeit  uns  in  dei 
That  gröfsere  bauliche  Arbeiten  an  der  Kirche  überliefert  sind.  Ohntj 
der  Lombardei  den  Vorrang  des  Alters  zu  nehmen,  läfst  sich  nunl 
mehr  die  weitere  Kette  von  Gewölbebauten  sowohl  jenseit  wie  diesj 
seit  der  Alpen  ohne  Mühe  wieder  anreihen.  Hatte  man  somit  den 
Langbauten  ein  zu  hohes  Alter  beigemessen,  so  gilt  auch  ein  gleiche; 
für  die  in  Oberitalien  zahlreich  vorhandenen  Centralbauten.  Jeden! 
falls  kann,  wie  Cattaneo  mittheilt,  der  merkwürdige  Rundbau  iij 
Brescia  nach  einer  Inschrift,  welche  bei  den  kürzlich  stattgehabteiji 
Wiederherstellungsarbeiten  in  einem  der  Kuppelpfeiler  gefunden  wurdfj 
höchstens  bis  in  das  10.  Jahrhundert  zurückverlegt  werden;  wahr 
scheinlich  ist  er  aber  noch  jünger.  Julius  Kohte. 

*)  Vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1887,  S.  104. 

**)  Reponse  aux  observations  presentees  par  M.  A.  Ram4e  su| 
l’Eglise  de  S.  Ambroise  ä  Milan.  Paris  1883.  8  ®. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (tVillielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtliclien  Tlieiles  venantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K e r  s kes ,  Berlin. 


Sr.  24  A. 


245 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

INHALT:  Studium  der  Naturformen.  —  Stalilgeinisclie  durch  Zu.'satz  von  Metallen.  —  V e rm  1  s eilte s:  Erhöhung  der  Gehälter  der  Reichs-Bauheamten.  —  Befestigung  der 
Schienen  auf  eisernen  Brückenträgern. 

[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 

Das  Studium  der  Naturformeii. 


In  einer  Zeit,  wo  es  keine  Akademieen  gab,  wie  während  des 
ganzen  Mittelalters,  wo  man  sich  also  „so  behelfen“  mufste,  sind 
doch,  wie  z.  B.  durch  die  Bauhütten  von  Strafsburg  und  Köln, 
von  Wien  und  Zürich,  auch  Werke  geschaffen  worden,  die  sich  sehen 
lassen  können,  und  Arbeiter  ausgebildet  worden,  die  nach  überallhin, 
weil  als  tüchtig  bekannt,  verlangt  wurden.  Der  angehende  Bau¬ 
meister  von  damals  machte  als  Lehrling  zünftig  seine  Zeit  bis  zum 
Gesellen  durch  und  mufste  sich  in  weiteren  zwei  Jahren  alle  jene 
Kegeln,  Handgriffe  und  Kunstvortheile  aneignen,  die  ihn  befähigen 
konnten,  einen  Bau  selbständig  zu  leiten.  Auf  der  Wanderschaft 
von  Stadt  zu  Stadt  lernte  er  dann  an  den  Bauten  selbst  und  suchte 
sich  unter  der  Leitung  tüchtiger  Meister  weiter  zu  vervollkommnen 
dort,  wo  er  an  gröfseren  Werken  ein  Unterkommen  und  Gefallen 
fand.  Er  lernte  praktisch  und  nicht  auf  dem  heut  gewöhnlich  nur 
allein  eingeschlagenen  akademischen  Studienwege.  Und  wenn  irgendwo 
behauptet  worden  ist,  dafs  mit  dem  Wiederbeginn  der  Wirksamkeit 
der  Akademieen,  deren 
erste  wieder  1660  von 
Colbert  in  Paris  ins  Le¬ 
ben  gerufen  ward,  auch 
gleichzeitig  die  Kunst 
sank,  so  mag  das  wohl 
kühn  aussehen,  aber  ein 
Quentchen  von  Wahr¬ 
heit  steckt  doch  auch  da¬ 
hinter.  Die  Erwerbung 
praktischer  Fähigkeit 
wenigstens  in  einem  der 
mafsgebenden  Hand¬ 
werke  wird  heut  leider 
nicht  mehr  als  nothwen- 
dig  erachtet,  trotzdem 
der  Nutzen  auf  der  Hand 
liegt.  Die  rein  theore¬ 
tische  Ausbildung  hat 
die  Oberhand  gewonnen 
und  das  Bischen  Praxis 
lernt  man  ja  später  auf 
dem  Bau  spielend  von 
selbst.  Auch  so  gründ¬ 
lich  ,  wie  wünschens- 
werth? 

In  Italien  war  da¬ 
mals  das  Arbeiten  bei 
einem  Goldschmied  der 
praktische  Bildungsgang,  den  z.  B.  Künstler  ersten  Ranges,  wie  ein 
Orcagna,  ein  Donatello,  Brunellesco,  Ghiberti,  Pollajuolo,  Verrocchio 
u.  a.  m.  durchmachten.  Und  die  berühmte,  unter  dem  Namen  der 
da  San  Gallo  bekannte  Florentiner  Architektenfamilie  hat  uns,  ob¬ 
gleich  sie  ihre  künstlerische  Erziehung  nur  in  der  Werkstatt  eines 
„legnaiolo“  genossen  und  auf  keiner  Akademie,  in  Rom  und  in  anderen 
italienischen  Städten  doch  auch  Werke  hinterlassen,  die  wir  noch 
immer  als  Vorbilder  studiren. 

Man  lernte  also  da  wie  dort  vom  Handwerk  aus,  und  so  ist 
das  Handwerk  denn  auch  immer,  wie  der  Abgeordnete  v.  Meyer  in 
der  Sitzung  des  preufsischen  Abgeordnetenhauses  vom  24.  März  d.  J., 
auf  die  wir  noch  weiter  zurückkommen,  heranzog,  „der  eigentliche 
Urboden  auch  für  die  Entwicklung  der  höheren  Kunst  gewesen  und 
wird  es  immer  bleiben“.  Schon  unser  Altmeister  Semper  klagte  in 
seinem  Londoner  Vortrage  (1854)  über  das  Verhältnifs  der  decorativen 
Künste  zur  Architektur  darüber,  dafs  letztere  heut  ohne  Originalität 
sei  und  ihren  Vorrang  vor  den  anderen  Künsten  verloren  habe:  „Sie 
wird  nur  dann  wieder  aufleben,  wenn  durch  moderne  Architekten 
dem  gegenwärtigen  Zustand  unserer  Kunstindustrie  mehr  Aufmerk¬ 
samkeit  geschenkt  werden  wird.  Der  Impuls  zu  einer  so  glücklichen 
Aenderung  wird  wiederum  vom  Kunsthandwerk  ausgehen.“  Wir 
hätten  also  auf  unseren  Akademieen  oder  Architekturscbulen,  die  nun 
einmal  heut  den  Bildungsgang  beherrschen,  nach  mancher  Richtung 
hin  in  andere  Bahnen  zu  lenken.  Vielleicht  ist  nach  der  ersten,  der 
Aneignung  mehr  praktischer  Fähigkeit,  hin  schon  der  bessere  Weg 
bei  uns  durch  die  Einführung  von  sog.  Meister -Ateliers  betreten 
worden,  wo  der  Studirende,  durch  den  Lehrer  oder  Meister  auch  zu 
dessen  Arbeiten  für  die  Ausführung  herangezogen,  doch  mehr  als  sonst 
mit  der  Praxis  in  Berührung  kommt  und  Gelegenheit  findet,  sich  darin 
Erfahrungen  zu  sammeln  —  ein  in  Paris  (Ecole  des  Beaux-Arts) 
schon  lange  bevorzugtes  System  des  Unterrichts,  auf  das  Semper  in 
seinem  Unterrichtsplan  (1853)  auch  schon  mit  den  Worten  hin  wies. 


dafs  „Institute,  in  denen  praktische  Kunst  oder  Kunst  überhaupt 
gelehrt  werden  soll,  ihrem  Zwecke  dann  am  besten  entsprechen,  wenn 
sie  mehr  nach  dem  Muster  von  Ateliers  als  von  Schulen  einge¬ 
richtet  sind“. 

Nach  der  andern  Richtung  hin  sollte  der  Unterricht  an  besagten 
Anstalten  an  der  Hand  der  Gesetze  der  Schönheit  und  des  Stils 
danach  ausgehen,  der  Baukunst  in  ihrer  Formensprache,  der  Orna- 
mentation,  mehr  und  mehr  neue  Ivebenselemente  zuzuführen,  die 
durch  das  bis  dahin  geübte  Anlehnen  an  frühere  Stilformen  schwer  zu 
gewinnen  sind,  und  sollte  so  wieder  wohlthätig  befruchtend  und  neu 
belebend  auf  die  Kleinkunst  einzuwirken  suchen.  Und  was  für 
die  Architekturschulen  gilt,  das  werden  nach  dieser  Richtung  hin 
unsere  Kunstgewerbeschulen  und  alle  ähnlichen  Unterrichtsanstalten 
ebenso  nöthig  haben.  Wohl  mufs  zugegeben  werden,  dafs  auch 
darin  seit  Jahren  anerkennenswerthe  Fortschritte  gemacht  worden 
sind,  indem  man,  wie  z.  B.  an  der  technischen  Hochschule  in 

Berlin,  zur  Belebung 
des  Ornamentes  Studien 
an  lebenden  Pflanzen 
machen  läfst;  doch  sind 
dies  „Einzelbestrebun¬ 
gen,  deren  guter  Wille 
nicht  zur  Wirkung  kom¬ 
men  kann,  solange  er 
nicht  durch  unseren  gan¬ 
zen  Unterrichtsgang, 
durch  die  nöthigen  Lehr¬ 
mittel  und  Schuleinrich¬ 
tungen  unterstützt  wird“. 
Eine  Rückkehr  zu 
einem  sachgemäfsen 
Studium  der  Natur 
und  ihrer  formen- 
reichen  Gebilde,  ein  e 
Rückkehr  zu  mehr 
Selbständigkeit  des 
Denkens,  das  ist  der 
Weg,  den  wir  gehen  sol¬ 
len,  und  zugleich  der 
einzige,  der  zum  Ziele 
führt. 

Eine  sehr  bemerkens- 
werthe  Anregung  in  die¬ 
ser  Frage  giebt  die 
vor  kurzem  erschienene 
Schrift  Prof.  M.  Meurers  über  „das  Studium  der  Naturformen 
an  kunstgewerblichen  Schulen“*),  und  wir  freuen  uns,  dafs 
dieselbe  nicht  nur  bereits  im  Abgeordnetenhause  und  seitens  des 
Herrn  Cultusministers  Beachtung  gefunden,  sondern  sich  in  den 
weitesten  Kreisen  schnell  die  ja  nur  zu  selbstverständlichen  An¬ 
hänger  verschafft  hat. 

Nur  zu  wenig  Gefühl  haben  die  schaffenden  Künstler  von  heut, 
seitdem  der  Zopf  inzwischen  wieder  ans  Ruder  gekommen,  für  die 
nothwendlge  organische  Entwicklung  des  Ornaments,  und  unsere 
Kunstgewerbeschulen  betonen  den  Anschauungsunterricht  eben  nur 
zu  wenig.  Da  thut  es  wohl  noth,  diesen  sicheren  Uebelständen  ein¬ 
mal  nachdrücklicher  zu  Leibe  zu  rücken,  sich  auf  eigene  Füfse  zu 
stellen  und  nicht  blofs  die  ausreichende  befruchtende  Einwirkung 
vom  Pflanzenornament  der  Japaner  zu  erwarten,  „einen  Raubbau  auf 
ihrem  Acker“  zu  betreiben.  Sind,  wie  der  Herr  Cultusminister  in 
der  zuvor  angezogenen  Sitzung  des  Hauses  der  Abgeordneten  in  der 
durch  den  Abgeordneten  Goldschmidt  angeregten  Berathung  über 
unsern  Gegenstand  selbst  sagt,  die  Japaner  in  der  Beobachtung  der 
einzelnen  Theile  der  Pflanze  uns  überlegen,  so  ist  es  doch  unsere 
Aufgabe,  diese  Ueberlegenheit  abzuschütteln,  aber  nicht  ewig  nur 
die  Umbildungen  zu  studiren,  sondern  die  die  Kunstform  erst  be¬ 
lebenden  Naturformen  zum  Gegenstände  des  Studiums  zu  machen.  — 
In  klarster  Weise  entwickelt  Meurer  in  seiner  Schrift,  wie  das  blofse 
eklektische  Schaffen  nicht  Vorhalten  kann:  „Einer  blofsen  Nach¬ 
ahmung  folgt  nur  zu  bald  die  Ueb  er  Sättigung,  da  dem  Künstler  dabei 
das  eigentliche  Gefühl  des  rechtmäfsig  durch  eigene  Arbeit  und 
eigenes  Denken  Erworbenen  und  somit  eine  Art  von  sittlichem  Selbst- 
bewufstsein  fehlt,  welches  allein  geeignet  ist,  einen  durch  Mühe  er- 


*)  Das  Studium  der  Naturformen  an  kunstgewerblichen  Schulen. 
Vorschläge  zur  Einführung  eines  vergleichenden  L^^nterrichts  von 
M.  Meurer.  Berlin  1889.  E.  Wasmuth.  44  Seiten  in  8”.  Preis  1  J(. 


Lageplan. 

Nationaldenkmal  für  Kaiser  Willielm  I.  in  Berlin. 
(Zu  der  Mittheilung  auf  S.  242  der  vorigen  Nummer.) 


246 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


18.  Juni  1890. 


worbenen  Besitz  mit  Ueberzeugung  festzubalteii.  Das  Studium  der 
Natur  bedingt  hingegen  eine  beständige  Selbstthiitigkeit  und  die 
Nothwendigkeit  geistigen  Erwerbes,  da  es  nicht  die  unniittelliare 
Verwendung  der  Formen  gestattet,  sondern  zu  Umbildungen  nach 
stilistischen  und  technischen  Bedingungen  des  Kunstwerkes,  also  zu 
selbstschaffender  Arbeit  zwingt.  Ein  so  erreichtes  künstlerisches 
Product  gewährt  dauernde  Zufriedenheit;  die  Selbsttäuschung  eines 
nur  nachempfindenden  Schaffens,  wie  es  unserer  Zeit  nur  zu  sehr 
eigen  ist,  erweist  sich  dem  schlechten  Gewissen  gegenüber  nicht  als 
beständig.“  Meurer  zieht  heran,  wie  das  im  Schmucke  sich  bethäti- 
gende  Kunstgefühl  schon  in  den  ersten  Anfängen  stets  seine  An¬ 
regung  in  dem  unermefslichen  Schatze  der  Naturbildungen  suchte 
und  fand,  und  sagt  nur  zu  richtig,  dafs  es  mit  der  blofsen  Vorlagen- 
Stallfütterung  von  heut  nicht  allein  geht,  es  müfste  auch  die  Brüste¬ 
nahrung  der  Natur  wieder  in  ihr  Recht  treten:  ,Jn  den  Schulen  mufs 
dem  Kunsthandwerker  das  erste  gute  Beispiel  gegeben,  der  Sinn  für 
Naturbetrachtung  geweckt  und  ausgebildet,  und  damit  einem  heran- 
w'aehsenden  Geschlecht  das  Mittel  zur  Formergänzung  in  die  Hand 
gelegt  werden.“  Aber  mit  diesem  reinen  Anschauungsunterricht  und 
dem  Erkennen  der  in  den  ja  tausendfältig  wechselnden  Formen  der 
Natur  liegenden  Gesetzmäfsigkeit  und  Schönheit  sei  es  nicht  ab- 
gethan,  sondern  die  Methode  des  Unterrichts  müsse  sich  von  vorn¬ 
herein  auf  ein  gemeinschaftliches  Studium  und  eine  ver¬ 
gleichende  Betrachtung  von  Kunst-  und  Natur  formen 
gründen.  Die  Schrift  vreist  in  überzeugender  Weise  auf  die  Mittel 
hin,  durch  welche  dies  Ziel  erreichbar  wäre:  unmittelbares  Studium 
der  Naturformen  mit  begleitender  botanischer  und  zoologischer  Unter¬ 
weisung  —  vergleichende  Betrachtung  der  Natur-  und  Kunstformen 


und  damit  verbundene  Stillehrc  —  Anlegung  von  Sammlungen  leben¬ 
der  und  nachgebildeter  Naturformen  sowie  mustergültiger  Kunst¬ 
formen,  welche  aus  Naturformen  abgeleitet  sind  —  Herausgabe 
von  Ijehrwerken,  vergleichenden  Tafeln  und  graphischem  Unterrichts¬ 
material. 

Es  ist  ein  Genufs,  sich  in  die  Lecture  der  überall  geistreichen 
und  durchweg  reiche  Anregung  gebenden  Schrift  weiter  zu  vertiefen 
und  den  Vorschlägen  zu  folgen,  die  hier  in  durchaus  praktischer  Art 
gemacht  werden  und  zugleich  die  Möglichkeit  nachweisen,  wie  die 
Einführung  der  gewollten  Studien  sich  auch  in  den  Rahmen  der 
schon  vorhandenen  Klassen  einpassen  läfst,  ohne  in  den  meisten 
Fällen  den  Stundenplan  erheblich  zu  erweitern.  Wir  empfehlen  das 
Lesen  dieser  gesunden  Vorschläge  zur  Einführung  eines  vergleichen¬ 
den  Unterrichts,  zu  einer  rationellen  Wiederaufnahme  des  Natur¬ 
studiums  zum  Zwecke  der  Erkenntnifs  und  Belebung  der  künst¬ 
lerischen  Formensprache  allen  Berufenen  und  allen,  die  Interesse  für 
die  Heilung  der  beregten  Schäden  und  für  die  Förderung  einer 
wieder  gesunden  und  frischen  Entwicklung  unseres  Kunstgewerbes, 
der  decorativen  Künste,  der  Baukunst  haben,  aufs  wärmste  und 
wünschen  vor  allem,  dafs  sich  diese  Vorschläge  nicht  blofs  die  theo¬ 
retische  Beachtung  und  die  in  der  erwähnten  Sitzung  des  Hauses  der 
Abgeordneten  ausgesprochenen  Hoffnungen  des  Herrn  Cultusministers 
allein  verdient  haben  möchten,  sondern  die  in  allen  der  Frage  näher- 
stehenden  Kreisen  längst  ersehnte  und  nur  zum  Segen  unseres  deut¬ 
schen  Kunstgewerbes  gereichende  praktische  Verwirklichung 
Dann  werden  die  Früchte  dieser  nicht  genug  anzuerkennenden  und 
gerade  zu  rechter  Zeit  kommenden  Anregung  auch  nicht  ausbleiben. 

Rom,  im  .Tiuii  1890.  Friedrich  Otto  Schulze. 


lieber  Stahlgeniisclie  durch  Zusatz  von  Metallen. 

Von  C.  Weyrich,  Baumeister  der  Bau-Deputation  in  Hamburg. 


Festigkeit  und  Zähigkeit  sind  die  Eigenschaften,  welche  die 
Güte  des  Eisens  bedingen.  Ihre  Vermehrung  ist  das  unablässige 
Bemühen  der  Eisenhüttenleute.  Durch  möglichste  Beseitigung  der 
gewöhnlich  mit  dem  Eisen  verbundenen  Metalloide,  Kohlenstoff, 
Phosphor,  Schwefel,  Silicium,  gelingt  es  wohl  die  Zähigkeit  zu  ver- 
gröfsern,  gleichzeitig  schwindet  aber  die  Festigkeit,  sodafs  chemisch 
reines  Eisen  wohl  sehr  zähe  aber  wenig  fest  sein  würde.  Man  hat 
daher  in  neuester  Zeit  versucht,  das  Eisen  durch  Beimengung  von 
anderen  Metallen  zu  verbessern,  in  der  Hoffnung,  gleichzeitig  so¬ 
wohl  eine  gröfsere  Festigkeit  wie  auch  vermehrte  Zähigkeit  zu  er¬ 
langen.  Dies  ist  denn  auch  gelungen,  und  besonders  die  Versuche 
mit  Zumischung  von  Mangan,  Nickel,  Chrom  und  Kupfer  haben  zu 
beachtenswerthen  Ergebnissen  geführt,  über  die  im  nachstehenden 
einige  Mittheilungen  gemacht  werden  mögen.  Es  mufs  jedoch  im 
vorhinein  bemerkt  werden,  dafs  die  bis  jetzt  vorliegenden  Ergebnisse 
noch  sehr  unvollständig  sind,  weil  das  zu  durchforschende  Gebiet 
ein  zu  umfangreiches  ist.  Da  die  gewöhnlichen  Beimengungen  Kohlen¬ 
stoff,  Phosphor,  Silicium,  Schwefel  nicht  gänzlich  aus  den  Metall¬ 
mischungen  zu  entfernen  sind,  so  werden  die  Prüfungen  ziemlich 
v^erwickelt,  denn  man  ['mufs,  um  die  Wirkung  des  fremden  Metalles 
richtig  beurtheilen  zu  können,  die  Untersuchungen  so  durchführen, 
dafs  man  einmal  die  Metalloide  unverändert  hält  und  den  Zusatz  an 
fremdem  jMetall  wechselt,  und  das  andere  Mal  die  metalloidischen 
Beimengungen  ändert  bei  gleichbleibendem  Zusatz  au  Metall. 

Sodanir  ist  die  voraufgegangene  Bearbeitung  des  zu  prüfenden 
Metalls  nicht  nebensächlich.  Dieselbe  sollte  für  die  zu  vergleichen¬ 
den  Versuche  stets  in  derselben  Weise  erfolgen.  Diese  Andeutungen 
dürften  genügen,  den  grofsen  Umfang  der  durchzuführenden  Unter¬ 
suchungen  hervorzuheben,  wobei  zu  bemerken  ist,  dafs  dieselben 
gegenwärtig  noch  nicht  so  weit  gediehen  sind,  um  auch  nur  ein 
einigermafsen  abschliefsendes  Urtheil  abgeben  zu  können.  Immerhin 
dürfte  es  von  Nutzen  sein,  sich  über  die  vorliegenden  Ergebnisse  zu 
unterrichten. 

Ueber  Versuche  mit  Manganstahl  sind  bereits  Mittheilungen 
in  dieser  Zeitschrift,  Jahrgang  1889,  S.  131,  gemacht  worden,  auf  die 
daher  Bezug  genommen  werden  möge.  Ueber  andere  Gemische  ist 
das  folgende  zu  berichten. 

1.  Rer  Niekelstalil. 

Der  Nickelstahl  ist  seit  langer  Zeit  Ijekannt.  Da  jedoch  in  den 
älteren  Mischungen  viel  Kupfer,  Kobalt  und  auch  Schwefel  und 
Arsen  enthalten  waren,  so  konnte  das  Gemisch  kein  brauchbares 
Metall  ergeben.  Erst  in  neuerer  Zeit  hat  mau  jene  schädlichen  Bei¬ 
mengungen  entfernt  und  ist  denn  auch  zu  günstigeren  Ergebnissen 
gelangt. 

Der  Nickelstahl  kann  in  jedem  Mischlings verhältnifs  mit  Sicher¬ 
heit  hergestellt  werden,  es  läfst  sich  daher  stets  ein  Metall  mit  vor¬ 
auszubestimmenden  Eigenschaften  erlangen.  Es  können  hierbei  alle 


Darstelluugsverfahren  angewandt  werden,  welche  zur  Erzeugung  von 
Stahl  dienen,  ebenso  wie  auch  alle  sonstigen  Einrichtungen  und 
Werkzeuge  benutzbar  sind.  Die  Herstellung  des  Metalls  erfordert 
nicht  mehr  als  die  übliche  Sorgfalt.  Wenn  die  Schmelzung  richtig 
behandelt  wird,  geht  von  dem  gesamten  Nickelgehalt  fast  nichts  ver¬ 
loren,  nur  äufserst  geringe  Mengen  treten  in  die  Schlacke  über.  Es 
besteht  in  dieser  Plinsicht  daher  ein  grofser  Unterschied  zu  andern 
Stahlarten,  z.  B.  zum  Chromstahl.  Der  Nickelstahl  ist  dünnflüssiger 
als  Kohlenstahl,  er  verdichtet  sich  schnell  und  wird  vollständig 
gleichmäfsig.  Die  Gufsblöcke  haben  ein  sauberes  Aussehen,  nur  die 
nickelreicheren  sind  rauher  auf  der  Oberfläche  als  gewöhnliche  Stahl¬ 
blöcke.  Die  Nickelblöcke  neigen  wenig  zur  Saigerung,  es  bestehen 
daher  die  hierdurch  bedingten  Gefahren  nur  in  geringem  Mafse. 
Nickelstahlabfälle  können  ohne  Verlust  von  Nickel  wieder  einge¬ 
schmolzen  werden.  Es  ist  dies  ein  Umstand  von  Bedeutung  in  Hin¬ 
blick  auf  den  hohen  Preis  —  etwa  5  .Jf/kg  —  des  Nickels. 

Die  erkalteten  Blöcke  lassen  sich  ohne  Schwierigkeit  wieder  er¬ 
wärmen  für  die  weitere  Bearbeitung,  sie  ertragen  eine  Hitze,  welche 
ihrem  Kohlenstoffzusatz  entspricht.  Eine  Ausnahme  machen  die 
Mischungen,  welche  mehr  als  25  pCt.  Nickel  enthalten.  Ihre  Er¬ 
wärmung  ist  etwas  niedriger  zu  halten  und  die  Bearbeitung  mufs 
mit  mehr  Vorsicht  geschehen.  Wenn  der  Nickelstahl  mit  Sorgfalt 
hergestellt  wird  und  eine  angemessene  Zusammensetzung  hat,  läfst 
er  sich  gut  unter  dem  Hammer  und  in  der  Walze  verarbeiten. 
Namentlich  bezieht  sich  dies  auf  Stahl  mit  nicht  mehr  als  5  pCt. 
Nickelbeimengung.  Ueber  diesen  Gehalt  hinaus  wird  die  Bearbeitung 
etwas  schwieriger.  Die  nickelärmeren  Stahlsorten  lassen  sich  gut 
stanzen,  die  Löcher  können  dicht  neben  einander  durchgedrückt 
werden,  ohne  dafs  die  Lochränder  reifsen.  Der  1  pCt.  Nickelstahl 
schweifst  gut,  die  Beimengung  darf  aber  nicht  wesentlich  höher  sein. 
Alle  Arten  Nickelstahl  bis  zu  50  pCt.  Zusatz  nehmen  gut  Glätte  an 
bei  sauberem  Aussehen.  Die  Farbe  der  nickelärmeren  Mischungen 
ist  dunkel,  sie  wird  heller  mit  wachsendem  Nickelgehalt.  Nickelstahl  ' 
rostet  sehr  wenig  und  bei  höherem  Nickelgehalt  gar  nicht.  Das 
Eigengewicht  des  Nickels  beträgt  8,66.  Nickelstahl  mit  25  pCt.  Bei¬ 
mengung  hat  ein  Eigengewicht  von  8,080,  solcher  mit  10  pCt.  7,866 
und  endlich  solcher  mit  5  pCt.  7,846,  während  gehämmerter  Kohlen¬ 
stahl  durchnittlich  ein  Eigengewicht  von  7,840  hat. 

Die  Güteeigenschaften  des  Nickelstahls  sind  aus  nachstehender 
Zusammenstellung  zu  entnehmen.  In  betreff  der  einzelnen  Ergeb¬ 
nisse  ist  folgendes  zu  bemerken. 

1.  Der  Kohlenstoffgehalt  beim  Versuchsstab  6,  welcher  4,7  pCt. 
Nickelzusatz  enthält,  ist  so  niedrig  —  0,22  pCt.  • —  wie  bei  gewöhn¬ 
lichem  weichen  Stahl,  der  im  ausgeglühten  Zustande  etwa  26  kg 
Elasticitätsgrenze,  48  kg  Bruchfestigkeit,  25  pCt.  Dehnung  auf  200  mm 
Versuchslänge  und  50  pCt.  Einschnürung  hat.  Es  bewirkte  also,  ^ 
wie  ein  Vergleich  mit  der  Zusammenstellung  ergiebt,  der  Zusatz  von  i 
4,7  pCt.  Nickel  eine  Hebung  der  Elasticitätsgrenze  von  26  auf  45  kg 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng. 


Rr.  24  b 


247 


I  und  der  Bruchfestigkeit  von  48  auf  65  kg,  ohne  dafs  die  Dehnung  I 
I  und  Einschnürung  des  Metalls  wesentlich  beeinträchtigt  wurde. 

Durch  Versuch  3  sind  ähnliche  Verhältnisse  fcstgestellt.  Hier  sind 
j  3  pCt.  Nickel  einem  Kohlenstahl  von  0,35  pCt.  Kohlenstoff  bei- 
;  gemengt. 


er  sich  gut  bewährt  hat,  so  ist  er  auch  auf  anderen  Gebieten  der 
Technik  und  mit  Nutzen  eingeführt  worden.  Zur  Zeit  wird  der 
Chromstahl  hauptsächlich  in  den  Vereinigten  Staaten,  Schweden  und 
Frankreich  hergestellt;  in  Schweden  betrug  die  1886  erzeugte  Menge 
32  500  t  Stahlblöcke.  Der  Preis  ist  indessen  immer  noch  ein  der- 


Zusammenstellung  der  Prüfungsergebnisse  mit  Nickelstahl. 


Chem.  Zusammensetzung 

Gewalzt 

Gewalzt  und  ausgeglüht 

Num¬ 

mer 

Ni 

C 

Mn 

Elast. 

Grenze 

Bruch - 
Grenze 

Dehnung  auf 

200  !  100 
mm 

Ein¬ 

schnü¬ 

rung 

Elast. 

Grenze 

Bruch- 

Grenze 

Dehnung  auf 

200  100 

mm 

Ein¬ 

schnü¬ 

rung 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

kg 

kg 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

kg 

kg 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

1 

1,0 

0,42 

0,58  ' 

51,4 

92,2 

11,0 

24,0 

48,2 

88,2 

— 

18,7 

45,0 

2 

2,0 

0,90 

0,50 

Zu  hart,  um  bearbeitet  werden 

zu  können. 

3 

3,0 

0,35 

0,57 

50,2 

81,6 

_ 

20,3 

37,0 

44,8 

77,6 

— 

20,3 

42,0 

4 

3,0 

0,60 

0,26 

47,0 

82,4 

9,0 

10,1 

9,0 

48,5 

68,6 

7,5 

9,0 

12,0 

5 

4,0 

0,85 

0,50 

Zu  hart,  um  bearbeitet  werden 

zu  können. 

6 

4,7 

0,27 

0,23 

40,2 

64,8 

17,7 

23,4 

42,0 

44,8 

65,0 

20,0 

25,0 

44,8 

7 

5.0 

0,30 

0,30 

48,0 

74,2 

10,0 

12,5 

22,5 

1  44,8 

68,2 

15,0 

17,5 

18,5 

8 

5,0 

0,50 

0,34 

49,8 

83,2 

14,0 

15,6 

14,0 

1  52,0 

74,9 

13,5 

14,0 

17,0 

9 

10,0 

0,50 

0,50 

Zu  hart,  um  bearbeitet  werden 

zu  können. 

10 

25,0 

0,27 

0,85 

61,1 

82,2 

10,5 

11,7 

— 

20,3 

i  73,3 

29,0 

30,0 

28,6 

11 

25,0 

0,82 

0,52 

35,2 

76,2 

43,5 

47,6 

60,0 

24,2 

40,0 

45,3 

43,6 

12 

49,4 

0,35 

0,57 

32,8 

59,8 

12,0 

24,0 

33,6 

59,2 

— 

20,0 

29,0 

2.  Das  Metall  der  Prüfungsstäbe  2  und  5  war  von  aufsergewöhn- 
licher  Härte,  theils  infolge  des  hohen  Kohlenstoffgehaltes,  theils  aber 
auch  durch  den  grofsen  Zusatz  an  Nickel.  Im  Stabe  9  ist  der 
Kohlenstoffgehalt  zwar  erheblich  niedriger,  anderseits  aber  der 
Nickelgehalt  bis  auf  10  pCt.  erhöht  und  daher  wieder  eine  grofse 
;  Härte  des  Metalls  vorhanden.  Diese  aufsergewöhnliche  Härte  be- 
i  steht  fort,  solange  der  Nickelgehalt  wächst  und  zwar  bis  etwa 
20  pCt.  Dann  greift  ein  Wechsel  Platz  und  weitere  Vermehrung 
j  des  Nickels  bewirkt,  dafs  der  Stahl  weicher  und  schmiedbarer  wird. 

Es  findet  eine  Aufhebung  des  Einflusses  des  Kohlenstoffs  statt,  wie 
i  aus  Versuch  11  ersichtlich  ist,  zu  welchem  ein  Metall  von  25  pCt. 
Nickel  und  0,82  pCt.  Kohlenstoff-Gehalt  benutzt  wurde.  Hinsichtlich 
der  Härte  ist  der  Nickelstahl  dem  Manganstahl  ähnlich  (siehe  Nr.  14 
I  des  vorigen  Jahrganges.) 

;  3.  Der  Stahl  mit  25  pCt.  Nickel  hat  einige  bemerkenswerthe 

Eigenschaften.  Ungeglüht  hat  das  Metall  eine  hohe  Bruchfestigkeit 
I  und  entsprechende  Elasticitätsgrenze,  dagegen  bleibt  im  ausgeglühten 
Zustande  die  Bruchfestigkeit  zwar  günstig,  die  Elasticitätsgrenze 
sinkt  jedoch  auf  Vs  der  Bruchfestigkeit  herab.  In  beiden  Fällen  ist 
die  Dehnung  aufserordentlich  grofs,  40  pCt.  auf  200  mm  Länge.  So¬ 
dann  ist  zu  erwähnen,  dafs  die  Dehnung  sich  nahezu  gleichförmig 
über  die  ganze  Länge  des  Versuchsstabes  erstreckte,  infolge  dessen 
die  Einschnürung  eine  sehr  geringe  war  (vergleiche  Versuche  10  u.  11). 

Die  Anwendung  des  Stahls  mit  25  pCt.  Nickel  ist  dann  zu  em¬ 
pfehlen,  wenn  das  Metall  dem  Rosten  stark  ausgesetzt  sein  würde, 
da  dasselbe  hierzu  nicht  die  geringste  Neigung  hat.  Besonders  vor- 
theilhaft  stellt  sich  die  Anwendung  dann,  wenn  der  Bedarf  verhältnifs- 
mäfsig  gering  ist,  z.  B.  bei  kleinen  Dampfkesseln,  Schiffshäuten  von 
Torpedobooten  usw.,  für  welche  Zwecke  Leichtigkeit  und  Stärke 
sowie  Sicherheit  gegen  Rostbildung  von  höchster  Bedeutung  sind. 

Aus  der  Betrachtung  der  Zusammenstellung  geht  ganz  allgemein 
hervor,  dafs  die  Güte  des  Nickelstahls  nicht  abhängig  ist  von  der 
Höhe  des  Nickelzusatzes,  denn  Versuchsstab  1  liefert  bei  nur  1  pCt. 
Nickelgehalt  die  besten  Ergebnisse  hinsichtlich  der  Bruchfestigkeit. 

Die  günstigen  Eigenschaften  des  Nickelstahls  lassen  ihn  zu 
mehrfacher  Verwendung  brauchbar  erscheinen.  In  den  Mischungs¬ 
verhältnissen  von  25  und  5  pCt.  Nickelgehalt  eignet  sich  der  Stoff 
vorwiegend  zur  Verarbeitung  zu  Blechen,  deren  Benutzung  sich  be¬ 
sonders  dann  empfiehlt,  wenn  die  erforderlichen  Mengen  nicht  zu 
grofs  sind,  da  die  gröfsere  Beimengung  an  Nickel  das  Metall  erheb¬ 
lich  vertheuert.  Ein  geringerer  Zusatz  als  5  pCt.  macht  den  Stoff 
vorzugsweise  dann  geeignet,  wenn  eine  sehr  hohe  Festigkeit  verlangt 
wird,  z.  B.  für  Feuerwaffen. 

Es  ist  wohl  möglich,  wenn  man  erst  die  beste  Art  der  Her¬ 
stellung  des  Nickelstahls  ausfindig  gemacht  hat  und  Mittel  besitzt, 
die  Härte  des  Metalls  zu  überwinden,  um  die  Bearbeitung  zu  erleich¬ 
tern,  dafs  dann  der  Kreis  von  Gebrauchszwecken  sich  vielleicht 
bedeutend  erweitert,  zumal  wenn  es  noch  gelingt,  die  Eigenschaften 
des  Stoffs  durch  Härten  und  Anlassen  zu  verbessern. 

2.  Der  Chromstahl. 

Der  Chromstahl  dürfte  besonders  durch  seine  Verwendung  zu 
americanischen  Eisenbahnbrücken  bekannter  geworden  sein  und  da 


artiger,  dafs  da,  wo  es  sich  um  grofse  Mengen  handelt,  kaum  eine 
Verwendung  möglich  erscheint.  Man  wird  Chromstahl  daher  zunächst 
wohl  nur  für  besondere  Zwecke,  für  welche  der  Preis  weniger  ins 
Gewicht  fällt,  zur  Anwendung  bringen. 

Der  Chromstahl  läfst  sich  in  allen  Verfahren,  welche  zur  Dar¬ 
stellung  von  Kohlenstahl  dienen,  herstellen.  Bei  Erzeugung  der 
härteren  Sorten  empfiehlt  es  sich,  einen  geringen  Zusatz  von  Silicium 
zu  machen,  um  die  Bildung  von  Blasen  zu  hindern.  Der  Phosphor¬ 
gehalt  mufs  sehr  niedrig  gehalten  werden  und  darf  0,3  pCt.  nicht 
überschreiten.  Da  die  Wärme  des  harten  flüssigen  Chromstahls  eine 
sehr  hohe  sein  mufs,  so  ist  es  erwünscht,  denselben  steigend  zu 
giefsen,  damit  durch  den  Gufsstrahl  nicht  Roheisen  aus  der  Gufs- 
wandung  abgeschmolzen  wird.  Die  Gufsblöcke  sollen  höchstens 
125  mm  Seite  haben,  um  eine  möglichst  gleichmäfsige  Erkaltung  zu 
erzielen.  Der  Kohlenstoffgehalt  darf  gewöhnlich  1  pCt.  nicht  über¬ 
schreiten  und  ist  im  Chromstahl  stets  etwas  geringer  zu  halten  als 
in  dem  entsprechenden  Kohlenstahl. 

Chromstahl  ist  sehr  zähe  und  besitzt  daneben  eine  grofse  Festig¬ 
keit  und  hohe  Elasticitätsgrenze,  sodafs  er  in  sich  die  Haujffeigen- 
schaften  eines  guten  Stahls  vereinigt.  Die  Prüfung  eines  Chrom¬ 
stahls,  welcher  0,75  pCt.  Chrom  und  0,45  pCt.  Kohlenstoff  enthielt, 
ergab,  bei  Oelhärtung,  eine  Festigkeit  von  87,2  kg/qmm,  eine 
Elasticitätsgrenze  von  38,3  kg  und  eine  Dehnung  von  10  pCt.,  also 
ein  sehr  hartes,  verhältnifsmäfsig  zähes  Metall. 

Chromstahl  läfst  sich  kalt  gut  biegen,  wenn  dies  langsam 
erfolgt.  Gegen  Stofs  und  Schlag  ist  er  empfindlicher  als  gegen  eine 
allmählich  in  Wirkung  tretende  Beanspruchung.  Chrom  allein  macht 
Stahl  nicht  härtbar;  in  Verbindung  mit  Kohlenstoff  dem  Eisen  zu¬ 
gesetzt,  ergiebt  derselbe  aber  einen  besonders  gut  härtbaren  Stahl, 
dessen  Härte  bedeutender  ist,  als  die  des  entsprechenden  reinen 
Kohlenstahls.  Chromstahl  zeigt  ungehärtet  gebrochen  einen  sehnigen 
Bruch,  im  übrigen  feines  Korn. 

Chromstahl  von  1,5  pCt.  Chromzusatz  ist  gut  schmiedbar  und 
besitzt  grofse  Festigkeit  und  Härte.  Eine  Beimengung  von  2,5  bis 
4  pCt.  Chrom  macht  ihn  so  hart,  dafs  er  mit  Kohlen- Werkzeugstahl 
nicht  mehr  bearbeitet  werden  kann. 

Man  benutzt  den  Chromstahl  mit  Vortheil  zu  Werkzeugen  aller 
Art,  besonders  in  solchem  Mischungs-Verhältnifs,  welches  1  bis 
Vji  pCt.  Chrom  enthält.  Sodann  wird  derselbe  gegenwärtig  vielfach 
zu  militärischen  Zwecken  in  England  und  Frankreich  verwandt, 
hauptsächlich  zur  Herstellung  von  Geschossen.  Die  Acieries  et  forges 
d'Unieux  in  Frankreich  fertigen  solche  an,  und  auf  der  vorigjährigen 
Pariser  Ausstellung  waren  sie  in  verschiedenen  Gröfsen  ausgestellt. 
Die  Gesellschaft  zeigte  von  jeder  Nummer  zwei  Stücke,  von  denen 
immer  das  eine  unbenutzt,  das  andere  bereits  verwandt  war,  und  zwar 
zur  Durchbohrung  einer  Stahlplatte,  deren  Stärke  etwa  der  Geschofs- 
dicke  gleich  kam.  Trotz  dieser  gewaltigen  Beanspruchung  war  doch 
kaum  ein  Unterschied  zwischen  benutzten  und  unbenutzten  Geschossen 
zu  erkennen.  Z.  B.  hatte  ein  Geschofs,  welches  270  mm  stark  war, 
eine  Stahlplatte  —  geliefert  vom  Creusot  —  von  250  mm  durch¬ 
schlagen  und  dann  noch  eine  Flugbahn  von  750  m  gehabt.  Das 
Geschofs  blieb  vollkommen  unverletzt,  nur  die  Länge  hatte  um  2  mm 


248 


CentraJblatt  der  Bauverwaltaug. 


18.  Juni  18Ü0. 


abgeuonimen  und  die  Dicke  um  0,6  mm  gewonnen,  während  in  der 
Achsenrichtuug  eine  Verdrehung  von  2  mm  entstanden  war!  Gewifs 
ein  schlagender  Beweis  für  die  Güte  des  verwandten  Chromstahls! 

3.  Der  Kiipferstahl. 

Neuerdings  hat  man  auch  durch  Beimengung  von  Kupfer  die 
Eigenschaften  des  Stahls  zu  liehen  versucht. 

Im  allgemeinen  bewirkt  die  Beimischung  des  Kupfers,  dafs  das 
iMetall  bedeutend  an  Härte  gewinnt.  V^enn  der  Kupferzusatz  nicht 
zu  grofs  ist,  läfst  sich  das  Metall  sowohl  kalt  wie  warm  gut  be¬ 
arbeiten.  Bei  vermehrtem  Zusatz  jedoch  —  über  4  pCt.  —  wird  der 
Stotf  im  warmen  Zustande  brüchig.  Annähernd  kohlenstofffreier 
Kupferstahl  mit  etwa  4  pCt.  Kupferzusatz  ist  aufserordentlich  hart, 
sodafs  er  sich  mit  Werkzeugstahl  kaum  bearbeiten  läfst.  Festigkeits¬ 
versuche  haben  sein  günstige  Ergebnisse  geliefert.  Bei  einer  Beihe 
von  Prüfungen,  die  mit  2.5  mm  breiten  und  6  mm  starken  Flachstäben 
stattfanden,  wurden  nachstehende  Festigkeitszahlen  ermittelt: 


N  ummer 

Chem.  Zusammensetzung 
Cu  1  C 

pCt.  j  pCt. 

Zug¬ 

festigkeit 

kg/qmm 

1 

0,847 

0,102 

29,3 

2 

2,124 

0,217 

58,6 

3 

3,630 

0,380 

76,2 

4 

7,171 

0,712 

89,6 

Es  sind  ferner  auch  vergleichende  Versuche  zwischen  Kupfer¬ 
stahl  und  gewöhnlichem  Koh¬ 
lenstahl  ausgeführt  worden. 

Eine  Zusammenstellung  der¬ 
selben  findet  sich  hiernebeu. 

Es  ist  daraus  ersichtlich,  dafs 
Ku]iferzusatz  die  Zugfestigkeit 
des  Kohlenstahls  erheblich 
vermehrt. 

Im  ganzen  sind  die  Eigen¬ 
schaften  des  Kupferstahls  noch 
zu  wenig  erforscht,  um  sich 
auch  nur  ein  einigermafsen 
zutreffendes  Urtheil  bilden  zu 
können. 

4.  Der 

Der  Vollständigkeit  wegen  möge  schliefslich  noch  erwähnt  wer¬ 
den,  dafs  auch  Wolfram  als  Zusatzmetall  zur  Anwendung  gebracht 
ist  und  dafs  besonders  die  Acih’ies  et  forges  d  Unieux  sich  mit  der 
Herstellung  dieses  Metallgemisches  beschäftigt  haben.  Der  Wolfram¬ 
stahl  soll  den  Vorzug  haben,  dafs  daraus  gefertigte  Bleche  ein  Aus¬ 
glühen  nicht  erforderlich  machen. 


Es  läfst  sich  noch  nicht  übersehen,  ob  eines  und  welches  der 
vorstehenden  Metallgemische  in  Zukunft  vielleicht  eine  Bevorzugung 
vor  den  übrigen  verdienen  wird.  Das  mufs  noch  näher  ermittelt 


werden.  Wären  die  physicalischen  Eigenschaften,  Festigkeit  und 
Zähigkeit,  allein  mafsgebend,  so  würde  die  Wahl  vielleicht  zu  Gunsten 
des  Manganstahls  ausfallen,  der  bei  einer  Zumischung  von  etwa 
14  pt’t.  Mangan  und  1  pCt.  Kohlenstoff  sich  in  einer  Festigkeit 
von  etwa  100  kg  bei  50  pCt.  Dehnung  hersteilen  läfst, 
Eigenschaften,  die  durch  die  übrigen  Stahlarten  bislang  nicht  er¬ 
reicht  worden  sind.  Eine  beachtenswei'the  Thatsache  glaubt  man 
indes  durch  die  bisherigen  Versuche  ganz  allgemein  festgestellt  zu 
haben,  nämlich  die,  dafs  bestimmte  Beziehungen  zwischen  den 
physicalischen  Eigenschaften  der  Metalle  und  ihren  Atom- 
gewicliten  vorhanden  sind,  die  sich  auch  dann  äufsern,  wenn 
mehrere  Metalle  zusammengemischt  werden.  So  fand  man  z.  B.  bei 
Versuchen  mit  Gold,  dafs  dessen  Zähigkeit  und  Dehnbarkeit  ver¬ 
mindert  wurde  durch  solche  Metallbeimengungen,  welche  geringe 
Atomgewichte  hatten,  während  diese  Eigenschaften  vermehrt  wurden, 
wenn  die  Atomgewichte  gröfser  waren.  Auch  hinsichtlich  der 
Schmelzbarkeit  der  Metalle  will  man  einen  gewissen  Zusammenhang 
mit  den  physicalischen  Eigenschaften  gefunden  haben,  indem  Metalle 
mit  grofser  Zähigkeit  fast  immer  eine  hohe  Schmelzhitze 
erfordern.  Sodann  sei  noch  eine  neue  Vervollkommnung  in  der 
Herstellung  schmiedbaren  Eisens  erwähnt,  die,  wenn  sie  durchführbar 
I  ist,  von  grofser  Bedeutung  im  Eisenhütteuwesen  werden  dürfte.  Die¬ 
selbe  besteht  in  der  Anwendung  starker  hydraulischer  Pressen  als 
Ersatz  für  Blockwalzen  und  Dampf-Schmiedehämmer.  Es  würde  sich 
durch  diese  Neuerung  ermöglichen  lassen,  solche  Metallgemische 
brauchbar  zu  machen,  welche  ein  Walzen  und  Hämmern  nicht  gut 
ertragen,  z.  B.  Chromstahl,  oder  welche  zu  hart  sind.  Mau  hat  die 
Pressen  bereits  bis  zu  2000  Atm.  Leistungsfähigkeit  hergestellt. 

Gelingt  die  Verbesserung  des  Eisens  in  vorbemerkter  Weise  und 
lassen  sich  dementsprechend  hochwerthige  Metallgemische  mit  100  kg 
Festigkeit  und  40  bis  50  pCt.  Dehnung  praktisch  verwendbar  hersteilen, 
so  werden  sich  Umwälzungen  im  ganzen  Bauwesen  vollziehen,  die  von 
weittragendster  Bedeutung  sind.  Besonders  Schiffbau  und  Brücken¬ 
bau  würden  die  ersichtlichsten  Erfolge  haben.  Es  sei  z.  B.  nur  er¬ 
wähnt,  dafs  dann  die  Spannungen  in  den  Schiff'sdampfkesseln,  welche 
gegenwärtig  das  Schweifseisen  bereits  bis  zur  Grenze  der  Leistungs¬ 
fähigkeit  beanspruchen,  eine  wesentliche  Steigerung  erfahren  können 
und  dafs  sich  dadurch  der  Vortheil  sowohl  einer  grofsen  Gewichts¬ 
erleichterung  der  Schiffsgefäfse  wie  auch  einer  erhöhten  Leistungs¬ 
fähigkeit  hinsichtlich  der  Geschwindigkeit  erlangen  läfst.  Im  Brücken¬ 
bau  würden  Spannweiten  möglich  werden,  an  welche  bislang  die 
kühnsten  Gedanken  sich  nicht  heranwagen  durften.  Wie  manche 
Schwierigkeiten,  welche  sich  beispielsweise  beim  Bau  der  grofsen 
Forthbrücke  oder  dem  Eiff’elthurm  nur  mit  Mühe  überwinden  liefsen, 
würden  dann  ohne  weiteres  durch  Gewichtserleichterung  fortgefallen 
sein.  Auch  das  Aussehen  der  Bauwerke  kann  durch  leichtere  Bauart 
nur  gewinnen. 

Schliefslich  sei  noch  beiläufig  erwähnt,  dafs  in  allerneuester  Zeit 
Versuche  gemacht  worden  sind,  dem  Eisen  unter  Ausscheidung  der 
übrigen  ein  Metalloid,  z.  B.  Silicium,  in  verhältnifsmäfsig  grofser 
Menge  zuzusetzen,  wodurch  sich  ebenfalls  ergeben  hat,  dafs  sich 
auch  auf  diesem  Wege  Festigkeit  und  Zähigkeit  gleichzeitig  steigern 
lassen.  Es  sind  somit  voraussichtlich  grofse  Veränderungen  im  ge¬ 
samten  Eisenhüttenwesen  zu  erwarten. 


0  0,1  0,2  0,3  0,4  0,5  0,5  0,7  0,8  0,9  1,0pCt. 

Kohlenstoff  in  pCt. 
Wolframstalü. 


Vermisclites 


Erhöhung  der  Gehälter  der  Keichs-Baubeainten.  In  dem  Nach¬ 
trags-Etat,  welcher  dem  Reichstage  mit  Schreiben  des  Reichskanzlers 
vom  7.  d.  M.  zugegangen  ist,  ist  für  die  Intendantur-  und  Bauräthe, 
die  Postbauräthe,  die  Garnison-Bauiuspectoren  und  die  Post-Bau- 
inspectoren  eine  Erhöhung  der  Durchschnittsgehälter  um  je  6U0  Mark 
vorgesehen,  und  zwar  sollen  erhalten:  Die  Intendantur-  und  Bau¬ 
räthe  sowie  die  Postbauräthe  (bisher  4200—6000,  durchschnittlich 
5100  Mark)  künftig  4800 — 6600,  durchschn.  5700  Mark;  die  Garnison- 
Bauinspectoren  (bisher  2400—4800,  durchschn.  3600  Mark)  künftig 
3600 — 4800,  durchschn.  4200  Mark;  die  Post-Bauinspectoren  (bisher 
2400 — 4200,  durchschn.  3300  Mark)  künftig  3600 — 4200,  durchschn. 
3900  Mark. 

Die  Befestigung  der  Schienen  auf  eisernen  Brückenträgern 
wird  bei  den  Reichseisenbahnen  ohne  Einfügung  von  Holz  mit  Hülfe 
eiserner  Unterlagsplatten  und  Schrauben  bewirkt.  Diese  Anordnung 
bietet  manche  Vortheile,  namentlich  eine  gröfsere  Dauer  und  eine 
Ersparnifs  an  Constructionshöhe.  Anderseits  ist  diese  Art  der  Be¬ 
festigung  allerdings  auch  mit  einigen  Uebelständen  ver-knüpft.  So 
macht  z.  B.  die  Herstellung  der  richtigen  Ueberhöhung  und  Spur¬ 
erweiterung  in  den  Bahnkrümmungen  einige  Schwierigkeiten.  Es  ist 
vorgekommen,  dafs  man  auf  einer  am  Eingang  eines  Bahnhofes 
liegenden,  mit  13  mm  Spurerweiterung  hergestellteu  Brücke  nach¬ 
träglich  diese  Erweiterung  auf  das  für  die  freie  Strecke  gebräuch¬ 
liche  Mafs  von  21  mm  erhöhen  zu  sollen  geglaubt  und  dies  in  der 


Weise  ausgeführt  hat,  wie  die  nachstehende  Abbildung  zeigt,  nämlich 
durch  Ausklinkung  des  Fufses  der  äufseren  Schiene  auf  jeder  Unter¬ 
lagsplatte  um  8  mm.  Ein  infolge  dessen  eingetretener  Schienenbruch 
lehrte,  dafs  dieses  Verfahren  nicht  unbedenklich  ist  und  dafs  es 

richtiger  gewesen  wäre,  die  Vor¬ 
sprünge  der  Unterlagsplatten 
entsprechend  abzuarbeiten.  — 
Derartige  Erfahrungen,  sowie 
auch  die  Beobachtungen,  welche 
während  eines  längeren  Zeit¬ 
raumes  an  den  eisernen  Brücken 
augestellt  worden  sind  und  ge¬ 
zeigt  haben,  dafs  bei  der  ge¬ 
bräuchlichen  Form  der  Verbin¬ 
dung  zwischen  Schienenträgern 
und  Querträgern  eine  allmäh¬ 
liche  und  nach  ihrer  Beseitigung 
immer  wiederkehrende  Locke¬ 
rung  dieser  Anschlüsse  kaum  zu 
verhüten  ist,  haben  die  Verwaltung  der  Reichseisenbahnen  veranlafst, 
in  allen  geeigneten  Fällen  die  Brückenbahn  so  anzuordnen,  dafs  das 
Kiesbett  und  damit  auch  der  ganze  Oberbau  ununterbrochen  über 
die  Brücke  geführt  werden  kann.  Bei  mäfsigen  Spannweiten  und 
ausreichender  Höhe  ist  dies  jedenfalls  die  zweckmäfsigste  Lösung. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  OVilbelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Kedaction  des  niclrtamtliclien  Tlieiles  veraiitwortlicb:  0.  Sarrazin,  Berlin.  Drucl:  von  J.  Kerslrcs,  Berlin. 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 

!  Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  21. 

Juni  1890.  25. 

Kcdaction:  SW.  Zimmerstiafse  7  (lescliäftsstellc  uud  Annahme  der  Anzeigen; 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vieiteljäürlicb  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark, 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Kirche  von  Eydr- 
hnhneii.  —  Die  deutschen  Stral'senbahnen  von  ISG.'l— 1890  —  Kaiser  Wilhelm-Denkmal 
für  die  Rheinprovinz  (Fortsetzung).  —  Berechnung  des  Zweigelenkbogens.  -  Panama- 
Canal  (Scliliils).  —  Vermischtes:  Ergebnifs  der  Vorpiiifnng,  der  er.sten  Haupt- 

luüfuiig  uud  der  zweiten  Ilauptprüfung  für  den  preufs.  Staatsbaudienst  1889/i:0.  — 
l’reisbewerbung  für  eine  Realschule  in  Ludwigshafeii.  —  Kosten  des  Zellcnbauses 
in  der  Sirafanstalt  von  Rawitsch.  —  Unterstützung  der  Hinterbliebenen  von  Farh- 
genossen.  —  Preiifsischer  Beamien-Verein. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Ge¬ 
heimen  Baurath  Jacobi,  Abtheilungs- Dirigenten  in  der  Geueral- 
Direction  der  Grofsherzoglich  mecklenburgischen  Friedrich -Franz- 
Eisenbahn  in  Schwerin,  den  Rotheu  Adler -Orden  III.  Klasse,  dem 
Kreis-Bauinspector,  Banrath  Siehr  in  Insterburg  deu  Rothen  Adler- 
Orden  IV.  Klasse,  dem  Oberingenieur  Mannlicher  in  Wien  den 
Königlichen  Kronen-Ordeii  III.  Klasse  sowie  dem  Stadt-Baumeister 
Hackländer  in  Osnabrück  den  Charakter  als  Baurath  zu  verleihen. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Georg  Andreae  in  Grofs- 
Strehlitz  O.-S.  ist  zum  Königlichen  Kreis-Bauinspector  ernannt  und 
demselben  die  Kreis-Bauinspector-Stelle  daselbst  verliehen  worden. 

ittheilungen. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Karl  Krüger  ist  mit  der 
coimnissarischen  Verwaltung  der  neu  errichteten  Stelle  eines  zweiten 
Meliorations-Baubeamten  für  die  Provinz  Schlesien,  unter  Anweisung 
seines  Wolinsitzes  in  Oppeln,  beauftragt  worden. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Paul  Peters 
in  Charlottenburg  ist  die  nacbgesuclite  Entlassung  aus  dem  Staats¬ 
dienst  ertlieilt  worden. 

Sachsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  dem  Baurath  und  ordentlichen 
Professor  an  der  technischen  Hochschule  in  Dresden,  Dr.  phil. 
Wilhelm  Fraeiikel,  den  Titel  uud  Rang  als  Geheimer  Hofrath  in 
der  3.  Klasse  der  Hofrangordnung  Allergnädigst  zu  verleihen  geruht. 

[Alle  Eeclite  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  der  evaugelischen  Kirchenbaukunst  in  der  Gegenwart. 


2.  Die  Pfarrkirche  von 
Eydtkuhiien. 

Die  Stadt  Eydtkuhnen  ge¬ 
hört  zu  den  jüngsten  Städten 
des  deutschen  Reiches;  der  Bau 
der  Ostbahn  hat  sie  ins  Leben 
gerufen.  W  ährend  noch  zu  Ende 
der  fünfziger  Jahre  die  Haupt- 
strafse  nach  Petersburg  über 
Tilsit -Tauroggen  ging,  wurde 
durch  die  Eröffnung  der  euro¬ 
päischen  Linie  Berlin -Königs¬ 
berg -Petersburg  im  Jahre  1876 
der  kleine,  von  wenigen  bäuer¬ 
lichen  Grundbesitzern  bewohnte 
Flecken  Eydtkuhnen  Endstation 
für  Preufsen.  Der  gewinnreiche 
Grenzverkehr  mit  Rufsland 
führte  zu  einer  raschen  Be¬ 
völkerungszunahme,  aber  auch 
zu  einem  hastigen  Geschäfts¬ 
treiben,  welches  die  Begrün¬ 
dung  kirchlichen  Lebens  und 
die  Pflege  geistiger  Güter  sehr 
erschwerte.  Erst  im  Jahre  1873 
wurde  dem  Plane,  ein  neues 
Gotteshaus  zu  erbauen,  näher 
getreten ,  hauptsächlich  veran- 
lafst  durch  die  huldvolle  Zu¬ 
sage  Kaiser  Wilhelms  I.  bei 
einer  Durchreise,  jene  Absicht 
durch  ein  namhaftes  Gnaden¬ 
geschenk  fördern  zu  wollen. 

Dennoch  verzögerte  sich  aus 
verschiedenen  Gründen  —  finan- 
cieller  wie  administrativer  Natur 
—  die  Ausführung  bis  zum  Früh¬ 
jahre  1887.  Die  damalige  zum 
Grunde  gelegte  Seelenzahl  be¬ 
trug  rund  5100  Seelen.  Es 
niufste  also  eine  gewölbte  Kirche 
für  1450  Sitzplätze  —  davon 
250  für  Kinder  - —  erbaut  wer¬ 
den,  was  bei  der  strengen  Vorschrift,  die  Baukosten  nicht  viel  über 
200000  Mark  hinauswachsen  zu  lassen,  und  bei  der  Entlegenheit 


des  Ortes  mannigfache  Schwie¬ 
rigkeiten  —  beispielsweise  die 
Ausarbeitung  zweier  Entwürfe 
—  hervorrief. 

Insbesondere  zwang  die 
nothwendige  Rücksicht  auf 
äufserste  Sparsamkeit  zu  dem 
Versuche,  so  cubisch  als  mög¬ 
lich  zu  bauen  und  dabei  mit 
einem  relativen  Kleinstmafse 
der  Kranzgesimshöhe  (15  m  am 
Chore  und  den  Kreuzflügeln) 
durchzukommen.  So  entstand 
der  Grundrifs  in  der  ange¬ 
näherten  Form  eines  griechi¬ 
schen  Kreuzes  mit  polygonem 
Chore  (■^/s)  und  zwei  Quadrat¬ 
thürmen  an  der  Westseite.  Die 
Spannung  beträgt  zwischen  den 
Arcadenwänden  fast  13  m. 
Aufser  der  Orgelbühne  im 
Westen  sind  in  den  Kreuz¬ 
flügeln  noch  grofse  Emporen 
vorhanden,  um  eine  Zusammen- 
drängung  der  Sitzplätze  in  der 
nächsten  Nähe  von  Kanzel  und 
Altar  zu  ermöglichen.  Durch 
vier  Treppen,  zwei  am  Chore, 
zwei  in  den  Frontthürmen,  sind 
die  Emporen  zugänglich;  die 
Sacristei  ist  im  hinteren  Theile 
des  Chorraumes  untergebracht. 

Die  Kirche  wurde  mit  Stern¬ 
gewölben  (die  Kappen  aus  po¬ 
rigen  Ziegeln)  überwölbt  —  nur 
die  schmalen,  gangartigen  Sei¬ 
tenschiffe  im  Westflügel  tragen 
Tonnen  —  und  in  Backsteinen 
auf  bearbeitetem  Granitsockel 
erbaut.  Alle  Treppen  bestehen 
aus  Granit;  die  Thurmdächer 
sind  geschiefert,  die  der  Kirche 
mit  Pfannen  gedeckt.  Con- 
struction  und  Raumgestaltung  läfst  der  Querschnitt  erkennen;  von 
der  Erscheinung  des  Aeufsern  mag  die  streng  gewissenhaft  gezeichnete 


Holzstich  V.  O.  Ebel. 


21.  Juni  1890. 


250 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Perspective  eine  angeuälierte  Vorstellung  geben.  Die  Architektur 
wird  als  romanische  in  frei  behandelter  Fassung  gelten  dürfen.  Sie 
ist  unter  dem  Zwange  entstanden,  von  der  Verwendung  reicherer 
Kunstformen  Abstand  zu  nehmen;  selbst  die  Formsteinsorten  wurden 
auf  ein  Minimum  besehränkt.  Im  Innern  wurden  nur  die  Wände  und 
Kappen  geputzt  und  einfach  bemalt,  Dienste,  Gurte,  Ripf)eu,  Capitelle 
behielten  den  natürlichen  Ziegelton.  Der  Altar  und  der  Taufstein 
bestehen  aus  Sandstein,  die  Kanzel  und  das  Orgelgehäuse  aus  Holz, 
die  Kronleuchter  aus  Schmiedeeisen.  Die  Schiffsfenster  empfingen  Ver¬ 
glasung  aus  Kathedralglas,  während  die  Chorfenster  von  dankbaren 
Wohlthätern  aus  der  Ge¬ 
meinde  mit  figürlichen 
Glasmalereien ,  der  Al¬ 
tar  mit  Leuchtern  und 
Decken,  das  Innere  mit 
Kronen  geschmückt  wur¬ 
den.  Die  Heizung  bewir¬ 
ken  grofse  Mantelöfen. 

Das  Geläut  erhielt  drei 
Glocken  und  die  Orgel 
28  Ilegister;  die  ersteren 
sind  von  Collier  (Zehlen¬ 
dorf),  die  letztere  ist  von 
Saixer  (Frankfurt  a.  0.) 
geliefert.  Eine  Blitzab¬ 
leiter-Anlage  fehlt  nicht. 

Die  Beleuchtung  ist  sehr 
reichlich ,  die  Akustik 
wird  vom  Ortsgeistlichen, 

Pfarrer  Hengks,  als  gut 
bezeichnet. 

Die  Lage  des  Gottes¬ 
hauses  ist  wohlgewählt: 
ziemlich  hoch  in  der 
Mitte  des  Ortes  auf  einem 
freien,  rechteckigen  Platze 
von  rund  130  Ar  Grofse. 

Die  Bodenverhältnisse 
erforderten  sowohl  eine 
Drainirung,  welche  sehr 

gut  wirkt,  als  auch  besondere  Kücksichtuahmen  bei  der  Grün¬ 
dung  der  Thürme  und  der  westlichen  Vieruugspfeiler.  Durch  sorg¬ 
fältige  Eechnung  und  entsprechende  Bankettverbreiteruug  ist  es 


Querschnitt. 

Kirche  in  Eydtkuhnen. 


gelungen,  die  Belastung  des  Bodens  auf  1,85  kg  für  das  Quadrat- 
centimeter  einzuschränken. 

Der  am  1.  Mai  1887  begonnene  und  Ende  October  1889  been¬ 
digte  Bau  wurde  an  Luthers  Geburtstage,  am  10.  November  1889, 
feierlich  eingeweiht.  Die  unmittelbare,  mit  rastlosem  Eifer  und 
bestem  Erfolge  durchgeführtc  Leitung  hatte  der  Regierungs-Baumeister 
l’etersen,  die  Oberleitung  der  K.  Bauinspector  Baumgarth;  eine 
besondere  Fürsorge  widmete  der  Ausführung  der  Regierungs-  und 
B  au  r ath  D  i  1 1  m  a  r . 

Die  Baukosten  erreichten  die  aufserordentlich  mäfsige  Höhe 

von  205  000  Mark,  die 
Gesamtkosten,  Grunder¬ 
werbsausgaben  einge¬ 
schlossen,  eine  solche  von 
210  000  Mark.  Folglich 
beziffert  sich  der  Satz  für 
die  Nutzeinheit  (Sitzplatz) 
auf  nur  141  Mark,  das  ist 
6  Mark  weniger  als  der 
entsprechende  Betrag  für 
die  kleine,  aus  Kalk¬ 
stein*)  gebaute  Kirche 
von  Athensleben,  welche 
in  Nr.  23  dieses  Blattes 
mitgetheilt  wurde ,  und 
es  kostet  das  Quadrat¬ 
meter  241  Jt  und  das 
Cubikmeter  14,8  Jt.  Das 
sind  Ergebnisse,  welche 
für  manches  Opfer,  das 
zu  bringen  war,  entschä¬ 
digen  und  im  Interesse 
einer  möglichst  raschen 
Abhülfe  der  Kirchennoth 
nur  ermuthigen  können, 
auf  der  Bahn  selbst- 
bewufster  Beschränkung 
und  strenger  Sparsamkeit 
fortzuschreiten. 

F.  Adler. 


*)  Diese  Kirche  ist  aus  Kalkstein  und  nicht,  wie  auf  Seite  2.35 
versehentlich  gedruckt,  aus  Sandstein  erbaut. 


Die  Entwicklung  der  dentsclien  Strafsenbalinen  von  1865  i)is  1890 


Die  deutschen  Strafsenbahnen  haben  ihren  Ausgang  in  Berlin 
genommen.  Die  Bestandsdauer  der  Berliner  Pferdebahn  ist  deshalb 
gleichbedeutend  mit  der  der  deutschen  Strafsenbahnen,  der  Tag, 
an  welchem  jene  die  ersten  25  Jahre  ihrer  Wirksamkeit  vollendeten, 
mithin  auch  der  der  25jährigen  Wirksamkeit  der  deutschen  Strafsen¬ 
bahnen.  Beide  treten  also  am  nämlichen  Tage  in  das  zweite  Viertel¬ 
jahrhundert  ihres  Bestandes,  ihrer  Entwicklung  ixnd  ihrer  Thätigkeit 
ein,  sodafs  ein  Rückblick  auf  die  jetzt  abgeschlossene  Vergangenheit 
des  ersten  Vierteljahrhunderts  die  Beachtung  weiterer  Kreise  erregen 
und  finden  wird. 

Am  22.  Juni  1865  wurde  die  7800  m  lange  Strecke  vom  Branden¬ 
burger  Thore  in  Berlin  durch  den  Thiergarten  nach  Charlottenburg 
unter  Betheiligung  der  Staats-  und  Gemeindebehörden  eröffnet.  Sie 
war  ursprünglich  dem  dänischen  Ingenieur  Möller  genehmigt,  indes 
bereits  vor  ihrer  Vollendung  einer  Genossenschaft  übereignet  worden, 
aus  welcher  später  die  Commanditgesellschaft  auf  Actien  „Berliner 
Pferdebahn -Gesellschaft,  J.  Lestmann  u.  Co.“  hervorgegangen  ist, 
welche  noch  heut  besteht.  An  dem  Ausbau  waren  als  Techniker  der 
jetzige  Mitdirector  der  Hamburger  Strafseneisenbahn,  Culin,  und  zwei 
Brüder  Büsiug  betheiligt,  von  denen  der  eine  noch  jetzt  bei  dem  Unter¬ 
nehmen  thätig  ist,  der  andere  in  Breslau  wirkt.  In  den  12  ersten 
Betriebsmonaten  wurden  auf  67  930  Fahrten  zu  529  854  Wagenkilo¬ 
metern  durch  19  Wagen  und  126  Pferde  bereits  964  512  Fahrgäste 
gegen  246  048  Mark  Fahrgeld  befördert.  Mittlerweile  war  für 
Hamburg  die  Genehmigung  zur  Ausführung  von  Strafsenschienen- 
wegen  und  zum  Pferdebahnbetriebe  darauf  erwirkt.  LTnter  Culins 
Betheiligung  kam  es  zur  Ausführung  und  am  16.  August  1866  zur 
Betriebseröffnung  auf  vorläufig  14  345  m  Geleise  mit  24  Wagen  und 
160  Pferden.  Das  erste  Jahresergebnifs  wies  43  935  Fahrten  bei 
598  196  Nutzkilometeru,  sowie  1 887  445  Beförderte  gegen  401  490  Mark 
Fahrgeld  nach.  Mittlerweile  war  auch  im  Süden  Deutschlands  das 
Bedürfnifs  nach  Strafsenbahnen  erwacht  und  am  29.  Juli  1868  in 
Stuttgart  durch  Eröffnung  einer  6742  m  langen  Strecke  mit  20  Wagen 
und  67  Pferden  befriedigt,  auf  welcher  bereits  im  ersten  Betriebs¬ 


jahre  89  211  Fahrten  zu  185  838  Wagenkilometern  für  1655  298  Fahr¬ 
gäste  gegen  147  459  Mark  Fahrgeld  zurückgelegt  wurden. 

Das  damals  bereits  merkbare  drückende  Gefühl  drohender  Kriegs- 
unruhen  war  der  Förderung  von  Friedenswerken  wenig  günstig.  Wie 
auf  anderen  Gebieten  des  Gewerbfleifses  und  des  Unternehmungs¬ 
geistes  damals  ein  Stillstand  bemerkbar  war,  so  trat  solcher  auch  in 
der  Entwicklung  des  Strafsenbahnwesens  ein.  Vielleicht  wirkte  der 
Umstand  mit,  dafs  die  Gesetzgebung  im  Gebiete  des  Actienrechts 
eine  xvesentliche  Aenderung  gebracht,  die  bisher  bestandene  staats¬ 
behördliche  Genehmigung  der  zu  begründenden  Actiengesellschaften, 
welcher  naturgemäfs  eine  Prüfung  der  Gründuugsvorgänge  sowie  der 
Nützlichkeit  und  Ergiebigkeit  der  Unternehmungen  vorausgehen 
mufste,  beseitigt  und  durch  völlige  Gründungsfreiheit  ersetzt  hatte, 
indem  der  plötzliche  Uebergaug  zur  zügellosen  Freiheit  von  ängst¬ 
licher  Bevormundung  den  einen  oder  anderen  beunruhigen  mochte. 
Erst  nach  Beendigung  des  Krieges,  der  Wiedererstehung  deutscher 
Einheit  und  des  deutschen  Reiches,  der  Neubelebung  des  Handels, 
der  Gewerbthätigkeit  und  des  Verkehres  kam  auch  die  Unter¬ 
nehmungslust  für  Strafseubahnanlagen  und  Betriebe  wieder.  Während 
es  für  das  Kriegsjahr  1870  innerhalb  der  drei  bestandenen  Betriebe 
auf  den  damals  beisammen  41 357  m  Geleise  nur  zu  194  912  Fahrten 
mit  1  556  003  Wagenkilometern  für  4  988  951  Fahrgäste  und  hieraus 
zu  917  028  Mark  Fahrgeldeinnahme  gekommen  war,  wurden  am 
18.  Mai  1872  in  Leipzig,  am  19.  Mai  1872  in  Frankfurt  a.  M.,  sowie 
im  Laufe  des  Jahres  noch  in  Dresden  und  Hannover  Pferdebahn¬ 
betriebe  eröffnet.  Ueberdies  kam  es  im  nämlichen  Jahre  zur  Grün¬ 
dung  der  „Grofsen  Berliner  Pferdeeisenbahn  -  Actiengesellschaft“, 
welche  gegenwärtig  die  hervorragendste  Stellung  unter  den  deutschen 
Strafsenbahn-Betriebsuuternehmuugen  einnimmt.  Ihren  Betrieb  begann 
sie  jedoch  erst  am  8.  Juli  1873,  in  welchem  Jahre  aufserdem  noch 
die  Betriebseröffnungen  in  Danzig  am  21.  Juli  und  in  Uetersen  am 
2.  September  erfolgten,  worauf  erst  wieder  im  September  1875  in 
Wiesbaden  ein  neues  Pferdebahn-Betriebsunternehmen  ins  Leben  trat. 
Das  Jahr  1876  brachte  Düsseldorf  am  6.  Februar,  Elberfeld-Barmen 


Nr.  25. 


251 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


'  am  17.  Februai-,  Bremen  am  4.  Juni,  München  am  26.  October  und 
j  Metz  am  1.  December  die  Eröffnung  von  Pferdebahnen.  Fruchtbarer 
war  jedoch  das  Jahr  1877  durch  Eröffnung  der  Betriebe  in  Karls¬ 
ruhe  am  1.  Februar,  Köln  am 
;  20.  Mai,  Breslau  am  1.  Juli, 

Cassel  am  9.  Juli,  Magde- 
■  bürg  am  16.  October  sowie 
:  durch  Gründung  der  dritten 
Berliner  Gesellschaft  „Neue 
‘  Berliner  Pferdebahngesell¬ 
schaft“.  1878  trat  in  Ham¬ 
burg  am  15.  April  die  Ham¬ 
burg  -  Altonaer  Pferdebahn 
in  Mitbewerb,  und  wurden 
die  Betriebe  zwischen  Mann¬ 
heim  und  Ludwigshafen  am 
3.  Juni,  Strafsburg  am  22. 

Juli  und  Ingolstadt  am  9.  No¬ 
vember  eröffnet,  während 
1879  Pyrmont  im  Juni  und 
j  Stettin  am  23.  August  Pferde- 
!  bahnen  erhielten,  sowie  in 
il  Bremen  eine  zweite  Gesell- 
I  Schaft  im  August  zum  Mit- 
j  bewerb  zugelassen  wurde. 

I  1880  begann  eine  englische 
Gesellschaft  ihre  Thätigkeit 
in  Dresden  und  Hannover 
durch  Erweiterung  der  dor¬ 
tigen  bestehenden  Bahn¬ 
netze  und  pachtweise  Be¬ 
triebsübernahme  auf  den  be¬ 
stehenden  Strecken;  aufser- 
dem  kam  es  zu  neuen  Be¬ 
trieben  in  Chemnitz  am 
22.  April,  in  Potsdam  am 
13.  Mai,  in  Posen  am  31.  Juli, 
in  Aachen  am  16.  December. 

Das  folgende  Jahr  1881 
brachte  den  Betrieb  in  Bre¬ 
merhafen  und  Lübeck  am 
1.  Mai,  in  Augsburg  am 
10.  Mai,  in  Königsberg  am 
26.  Mai,  in  Dortmund  am 
1.  Juni,  in  Kiel  am  9.  Juli, 
in  Nürnberg  am  25.  August, 
in  Braunschweig  am  1.  Sep¬ 
tember,  in  Bestock  am  14.  October,  in  M. -Gladbach  am  12.  November, 
in  Duisburg  am  24.  December,  sowie  in  Flensburg  und  Schwerin. 
An  Fruchtbarkeit  stand  1882  wenig  nach,  da  Mülhausen  am  20.  März, 
Halle  am  1.  October,  Köpenick  am  19.  October 
Bahnen,  und  Hamburg -Altona  durch  den  Ein¬ 
tritt  von  „The  Hamburg  -  Altona  and  North 
Western  Tramways  Company“  eine  dritte 
Mitbewerberin  erhielten.  1883  traten  die  Be¬ 
triebe  in  Erfurt  am  13.  Mai,  Crefeld  am  5.  Mai, 

Görlitz  am  1.  Juni,  Mainz  am  23.  September 
hinzu,  denen  1884  solche  in  Mannheim-Feuden¬ 
heim  am  6.  März,  Offenbach  10.  April,  Aachen 
am  13.  November,  sowie  Mitbewerbsunterneh¬ 
mungen  in  Hassel  durch  die  Stadteisenbahn  am 
25.  Mai  und  in  Magdeburg  durch  die  Tram¬ 
bahn  folgten.  Für  die  folgenden  Jahre  blieben 
nur  wenige  Unternehmungen.  In  Heidelberg 
wurde  am  13.  Mai  1885,  in  Spiekeroog  mit  dem 
Beginn  der  dortigen  Badezeit  ein  Pferdebahn¬ 
betrieb  eröffnet;  von  der  Weichbildgrenze  in 
Berlin  kam  es  am  5.  Mai  1886  zur  Eröffnung 
eines  Dampfbetriebes,  welcher  gegenwärtig 
einen  Theil  des  Betriebsfeldes  der  Berliner 
Dampfstrafsenbahn- Gesellschaft  bildet,  sowie 
zur  Eröffnung  von  Pferdebahnbetrieben  am 
28.  Mai  in  Schönebeck  und  25.  Juli  in  Wiesloch, 
sowie  eines  Mitbewerbs  durch  die  Neue  Strafsen- 
bahn  am  25.  August  in  Stuttgart.  1887  wurden 
am  28.  Mai  in  Coblenz  und  am  28.  Juni  in  Hal¬ 
berstadt  Betriebe  eröffnet,  uhd  am  16.  September 
in  Hamburg  ein  vierter  Betriebsunternehmer  zu¬ 
gelassen,  1888  in  Bromberg  am  18.  Mai,  in  Wittenberg  am  26.  Juni, 
sowie  in  Oldenburg,  1889  in  Eiesa  am  19.  November  Betriebe  eröffnet, 
während  gegenwärtig  solche  in  Bonn,  Schleswig,  Thorn,  Trier  und 


Würzbui-g  zum  Theil  schon  in  Ausführung  begriffen  sind.  Aufserdem 
hat  in  Halle  1889  die  Stadt  weitere  Linien  ausgeführt,  welche  pacht¬ 
weise  durch  eine  Gesellschaft  betrieben  werden,  und  ist  in  Dresden 

eine  neue  Actiengesellschaft 
als  Mitbewerberin  zum  Bau 
des  Netzes  zugelassen. 

Auf  diese  Weise  ist  die 
allmähliche  Entwicklung  der 
Strafsenbahnen  Innerhalb  der 
ersten  25  Jahre  seit  ihrem 
Beginn,  wenigstens  im  Haupt¬ 
umrisse,  veranschaulicht  und 
dadurch  gezeigt  worden,  wie 
das  Strafsenbahnnetz  seine 
Fäden  über  immer  weitere 
Kreise  ausgedehnt  und  das 
Verkehrsbedürfnifs  zu  neuen 
Unternehmungen  geführt  hat. 

Danach  bestehen  z.  Z. 
in  64  Orten  73  Strafsenbahn- 
betriebe.  Dieselben  haben  im 
Jahre  1889  auf  1  341  472  m 
Betriebslänge,  ohne  Bahn¬ 
hofs-  und  Zufahrtsgeleise,  die 
Beförderung  von  333  269  504 
Fahrgästen  durch  15  326  517 
Fahrten  zu  80  725  266  Nutz¬ 
kilometern  gegen  40  220  359 
Mark  Fahrgeld  ermöglicht. 
In  Lichterfelde  und  Offenbach 
wird  Elektricität  verwendet, 
währendaufden  dreiBetriebs- 
strecken  der  Berliner  Dampf- 
strafsenbahn-Gesellschaft,  in 
Feudenheim -Mannheim,  bei 
der  Frankfurter  Localbahn, 
der  Casseler  Strafsenbahn  und 
in  Mülhausen  ausschliefs- 
lich  Dampf  verwendet  wird, 
sowie  die  Betriebe  in  Crefeld, 
Dortmund,  Duisburg,  Ham¬ 
burg,  Karlsruhe,  Magdeburg, 
München,  Strafsburg  und 
Wiesbaden  einen  gemischten 
Betrieb  haben,  d.  h.  Pferde- 
und  Dampfkraft  gebrauchen. 
Von  der  Gesamtzahl  der 
Beförderten  entfallen  auf  die  beiden  elektrischen  Betriebe  1 109  902 
Personen,  welche  0,33  pCt.  der  Gesamtsumme  ausmacheu;  auf  den 
Dampfbetrieb  kommen  15  535  960  =  4,65  pCt.,  sodafs  auf  den  Pferde- 
betrieb  316  623  642  Personen  mit  95,02  pCt. 
verbleiben. 

Zur  Bewältigung  des  Verkehrs  verfügbar 
waren  im  elektrischen  und  Dampfbetilebe 
161  Maschinen,  sowie  für  den  Pferdebetrieb 
14493  Pferde,  welche  letztere  sich  auf  die 
verschiedenen  Betriebe  von  2  in  Spiekeroog 
bis  5486  in  Berlin  in  recht  wechselnden  Ab¬ 
stufungen  vertheilen.  Die  Gesamtzahl  der  ver¬ 
fügbaren  Wagen  betrug  3962,  die  Zahl  der 
darin  vorhandenen  Plätze  133  389 ,  sodafs  sie 
zur  Bewältigung  der  Beförderten  täglich  kaum 
7mal  und  jährlich  nur  2370  mal  hätten  benutzt 
zu  werden  brauchen,  während  durchschnittlich 
jeder  Wagen  täglich  28  mal  gelaufen  ist,  sodafs 
er  durchschnittlich  nur  zum  vierten  Theil  be¬ 
setzt  wurde.  An  den  verschiedenen  Orten,  auf 
den  einzelnen  Strecken  des  nämlichen  Betriebes 
und  nach  den  Tagesstunden  liegen  völlig  ver¬ 
schiedene  Verhältnisse  vor,  auf  welche  hier 
näher  einzugehen  indes  weder  Baum  noch 
Zweck  gestatten.  Genaue  Ziffern  für  die  ein¬ 
zelnen  Betriebe  und  Jahre,  welche  theils  den 
Gesellschaftsberichten  entnommen,  theils  un¬ 
mittelbar  gegeben  wurden,  haben  zu  der  Fest¬ 
stellung  geführt,  dafs  während  des  Bestandes 
der  deutschen  Strafsenbahnen  durch  dieselben 
über  3  Milliarden  Personen  befördert  und  da¬ 
raus  rund  400  Millionen  Fahrgeld  vereinnahmt  sind,  welche  sich  auf 
die  einzelnen  Betriebe  höchst  ungleich  vertheilen. 

Gegenwärtig  überwiegen  im  Strafsenbahngewerbe  die  Actieu- 


0  B  TO  20"^ 

u,j  I  1  1  I  T  1  1  1  I  I  1  »  r  T  1  1  t  I  I  I 

Grundrifs 

über  den  Emporen.  unter  den  Emporen. 

Kirche  in  Eydtknhnen. 


21.  .Iiiiii  I8Ü0. 


252 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltiiiig. 


Gesellschafteu,  vou  denen  10  iin  Auslände,  näinlicli  4  (in  llarmcn, 
Düsseldorf,  Frankfurt  und  Köln)  in  Belgien  und  (J  (in  Dresden,  Halle 
[Strafseubalin],  Hamburg  [North  Western  Tramwaj’s  Company],  Han¬ 
nover,  Leipzig  und  Magdeburg  [Trambahn])  in  England  ihren  Sitz 
haben.  Aus  (Temeindemitteln  sind  nur  die  Schienenwege  der  Haller 
Stadtbahn,  in  Köpeinck  und  in  Wiesloch  ansgeführt;  in  Wiosloch  ge¬ 
schieht  der  Betrieb  auf  Gemeinderechnung,  in  den  beiden  anderen 
Orten  ist  er  verpachtet.  Vorübergehend  bestanden  Gemeindeschienen¬ 
wege  in  Kixdorf  und  Mariendorf  bei  Bcrli)i,  welche  indes  sehr  1)ald 
erheblich  unter  dem  Herstellungswerthe  an  die  Grofse  Berliner  Pferdc- 
bahn-Actiengesellschaft  abgetreten  wurden.  Dieselbe  hat  auch  das 
Unternehmen  der  Grofsen  Internationalen  Pferdeeisenbahn -Gesell¬ 
schaft,  welche  die  Linie  Schönebcrg-Potstlamer  l’latz  besafs,  käuflich 
erworben.  Zu  bemerken  bleibt  schliefslich,  dafs  die  ersten  Liiiicn  in 
Dresden  und  Hannover  dirrch  die  in  Berlin  sefshafte  „CJontinental- 
Pferdebahn-Gesellschaft"‘  ausgeführt  sind,  dieser  noch  gehören,  aber 
von  englischen  Gesellschaften  pachtweise  betrieben  werden. 

Keineswegs  haben  sämtliche  errichteten  Unternehmungen  sich 
gehalten,  noch  bietet  jeder  Ort  für  den  Pferdebahnbetrieb  und  dessen 
Bestandtähigkeit  einen  günstigen  Boden.  Vielmehr  haben  in  Deutsch¬ 
land  bereits  zwei  Betriebe,  in  Schwerin  und  Oldenburg,  nach  kurzer 
Bestandsdauer  durch  ihre  Einstellung  und  Herausnahme  der  Geleise 
ein  schnelles  Ende  gefunden,  ohne  dafs  damit  jedoch  gesagt  werden 
soll,  dafs  die  örtlichen  Verhältnisse  allein  zu  dem  ungünstigen  Ergeb¬ 
nisse  geführt  und  nicht  vielmehr  die  Mängel  und  Ungeschicklichkeit 
der  Betriebsführung  den  Hauiiteintlufs  für  die  ausgebliebene  Ergiebig¬ 
keit  geübt  haben.  Denn  je  ungünstiger  die  Voraussetzungen  für  ein 
gedeihliches  Unternehmen  liegen,  mit  je  gröfserem  Widei’stande  man 
zu  kämpfen  hat,  desto  regsamer  müssen  die  Betriebsleiter  und  desto 
besser  die  Betriebseinrichtungen  sein.  Leider  hat  an  beiden  Orten 
ein  Verständnifs  für  die  örtlichen  Verkehrsverhältnisse,  für  das  Be- 
dürfnifs  nach  Ortsveränderung  gefehlt,  hätte  erst  durch  regen  Betrieb 
die  Menge  zur  Benutzung  gebracht  werden  müssen,  besafsen  indes 
die  Betriebsleiter  auch  nicht  das  allergeringste  A'erständnifs  für  ihre 
Aufgabe,  den  A^erkehrsbedarf  zu  erforschen  und  ihre  Einrichtungen 
ihm  anzupassen.  Mifserfolg  ist  insofern  auch  dem  Hagener  Betriebe 
zugestofsen,  als  das  Unternehmen  im  AA^ege  der  Zwangsveräufserung 
seinen  Besitzer  zu  wechseln  hatte,  wodurch  indes  eine  gröfsere  Keg- 
samkeit,  ein  besseres  Eingehen  auf  die  örtlichen  Bedürfnisse  und 
AATinsche  der  Ortsbevölkerung,  ein  Aderlässen  fehlerhafter  Mafsnahrnen 
hervorgerufen  und  damit  für  die  gedeihliche  Entwicklung  förderlich 
gewirkt  ist. 

Gegenüber  diesen  Mifserfolgen  tritt  eine  erfolgreiche  Entwicklung 
zunächst  in  Berlin  hervor.  Hier  theilen  sich  drei  Unternehmer  in 
das  Eigenthum  des  Netzes  und  den  Betrieb,  Obenan  steht  die 
Grofse  Berliner  Pferdeeisenbahn  -  Actiengesellschaft  mit  234  177  m 
Geleise,  3  581G56  Fahrten,  21039  779  AAdagenkilometern,  114  400  000 
Fahrgästen  gegen  13  398  570  Mark  Fahrgeldlosung  mittels  4590 
Pferden  und  959  AVagen.  Es  folgt  die  Neue  Berliner  Pferdebahn 
mit  33  090  m  Geleise,  586  912  Fahrten  zu  3  306  008  Nutzkilometern 
für  13  245  000  Fahrgäste  gegen  1563  826  Alark  Fahi-geldlosung  durch 
592  Pferde  und  127  AVagen.  Die  Berliner  dagegen  hat  es  mit  ihren 
306  Pferden  und  86  AVagen  auf  30  423  m  Geleise  zu  371220  Fahrten 
bei  1  876  729  Nutzkilometern  für  4  905  620  Personen  gegen  688  655  Mark 
Fahrgeld  gebracht.  Mithin  ist  es  in  Berlin  in  den  abgelaufenen 
25  Jahren  von  964  512  Beförderten  des  ersten  Jahres  zu  132  550  620 
Fahrgästen,  auf  4  539  788  Fahrten  zix  27  122  516  Nutzkilometern,  durch 
1072  Wagen  und  5486  Pferde  sowie  zu  15  651051  Alark  Fahrgeld¬ 
losung  gekommen.  Dazu  treten  von  der  AVeichbildgrenze  aus  durch 
die  Dampfstrafsenbahn  gegen  283  500  Alark  Fahrgeld  auf  103  950 
Fahrten  zu  631  500  Nntzkilometeru  beförderte  1  849  811  Fahrgäste, 
sodafs  das  Bedürfnifs  nach  Ortsveränderung  innerhalb  des  AA^eich- 


bildcs  Berlins  oder  bis  in  die  Nach))arweichbilde  hinein  1.34  400  4.31 
Personen  Beförderung  gebracht  hat. 

ln  Hamburg  ist  es  durch  die  vier  Unternehmen  im  Jahre  1889 
zu  1  300  851  Fahrten  zu  11358  051  Nutzkilometern  gegen  5  724  5G7 
Alark  Fahrgeld  von  47  267  066  Falirgästen  auf  407  Wagen  durch 
2356  Pferde  und  19  Dampfmaschinen  bei  152  483  m  Geleise  gekommen. 
Die  Linie  vom  llathhausplatz  nach  AA^andsbeck  wird  nämlich  mit 
Dampf  betrieben,  während  sonst  Pferde  Verwendung  finden.  Amu 
den  Beförderten  entfallen  auf  den  Dampfbetrieb  3  538  891,  sodafs  dem 
Pferdebetrieb  43  728175  Fahrgäste  verbleiben.  Hält  man  diesen 
Ziffern  die  des  ersten  Betriebsjahres  gegenüber,  so  hat  sich  auch 
hier  binnen  24  Jahren  der  ATrkehr  auf  annähernd  das  22fache  ge¬ 
hoben. 

In  Stuttgart  sind  beide  Betriebe  wieder  vereinigt.  Der  A'erkehr 
hat  dort  indes  nur  eine  Steigerung  auf  das  2‘/L<fache  erfahren,  indem 
4189  090  Fahrgäste  gegen  511800  Alark  Fahrgeld  auf  366  290  Fahrten 
bei  1377  644  Nutzkilometern  durch  84  Wagen  und  256  Pferde  be¬ 
fördert  wurden.  Es  liegt  dies  in  den  örtlichen  Verhältnissen  und 
der  anfänglich  bereits  verhältnifsmäfsig  günstigen  Lage  des  ersten 
Bahnnetzes. 

In  gleicher  AVeise  und  A’ollständigkeit  die  Entwicklungsfähigkeit 
für  sämtliche  Betriebe  zu  verfolgen,  würde  zu  weit  führen,  sodafs 
man  es  bei  den  drei  ältesten  Betriebs -Orten  bewenden  lassen  mufs. 
Zeigen  ja  doch  die  gegebenen  Ziffern  die  wirthschaftlichen  Erfolge 
sachgemäfs  eingerichteter  und  geleiteter  Betriebe  für  die  auf  ihre 
Benutzung  angewiesene  Ortsbevölkerung.  Dafs  dabei  der  Betriebs¬ 
unternehmer  gleichfalls  seine  Rechnung  finden  müsse,  wäre  jedoch 
ein  voreiliger  Schlufs.  In  Berlin  hat  das  Betriebsergebnifs  von  1889 
der  Neuen  Berliner  eine  Gewinnvertheilung  nicht  ermöglicht,  wie  sie 
zu  solcher  überhaupt  noch  nicht  gekommen  ist,  während  die  Berliner 
wenigstens  112  pCt-,  die  Grofse  aber  sogar  1272  pCt.  vertheilen 
konnte.  Die  PTrsachen  hierfür  sind  theils  in  den  Gründungsvorgängen, 
theils  in  dem  Alitbewerb  der  Stadteisenbahn  zu  suchen  und  entziehen 
sich  hier  der  weiteren  Darlegung;  auch  aufserhalb  sind  die  Erträge 
nicht  immer  mit  dem  Gewinn  gleich.  Alanche  Betriebe  leiden  an 
stetig  zunehmender  Unterbilanz,  bei  anderen  schwindet  solche  immer¬ 
mehr;  noch  andere  können  wenigstens  sachgemäfse  Abschreibungen 
aus  den  Betriebsüberschüssen  vornehmen,  manche  auch  Gewinn  ver¬ 
theilen,  der  zwischen  10  pCt.  (Alagdeburg)  und  1  pCt.  (Königsberg) 
schwankt. 

Im  Zeitenverlaufe  hat  sich  auch  die  A^erkehrspolitik  der  Ge¬ 
meinden  im  Gebiete  des  Strafsenbahnwesens  geändert.  Ursprünglich 
gab  man  die  Genehmigung  zur  Geleisanlage  im  Strafsenkörper  ab¬ 
gabefrei  und  liefs  sich  an  Uebernahme  einer  beschränkten  Pflaster- 
Unterhaltungs-  und  Reinigungs-A"erbindlichkeit  genügen.  Jetzt  fordert 
man  ziemlich  allgemein  eine  Abgabe  theils  in  Form  eines  Bruchtheils 
der  Einnahme,  theils  für  jedes  Pferd  oder  jeden  Wagen  oder  nach 
Länge  der  Betriebsstrecke.  Vereinzelt  kommt  es  dagegen  noch 
immer  vor,  dafs  Gemeinden  durch  Beiträge  aus  Gemeindemitteln 
oder  durch  eine  Zinsengewähr  das  Zustandekommen  von  Strafsen- 
bahnen  fördern. 

So  zeigt  die  Entwicklung  der  Strafsenbahnen,  dafs  die  A'er- 
wendung  des  Strafsenkörpers  zu  Schienenwegen  und  dem  Beförde¬ 
rungsbetriebe  darauf  eine  glückliche  Alafsnahme  gewesen  ist,  welche 
dem  A^erkehre,  den  Betriebs-Orten,  der  Ortsbevölkerung,  ja  selbst  den 
Gemeindeeinkünften  Voi’theile  zu  bringen  vermocht  hat,  ohne  zu 
namhaften  Unzuträglichkeiten  oder  Gefahren  geführt  zu  haben.  So 
darf  denn  gehofft  werden,  dafs  mit  dem  Abschlüsse  des  ersten 
A^ierteljahrhunderts  ihres  Bestandes  die  deutschen  Strafsenbahnen  in 
ihrer  Entwicklung  nicht  aufhören,  dafs  sie  vielmehr  in  ihrem  zweiten 
ATerteljahrhundert  gleich  zahlreich  und  gewaltig  zunehmen,  sowie 
etwaige  AA^iderwärtigkeiten  ebenso  kräftig  überstehen  werden,  wie 
solches  bisher  geschah.  Dr.  Karl  Hilse. 


Die  PreisbeAverbiiiig  zur  EiTichtuiig  eines  Kaiser  Wilhelm -Deiikiiials 

für  die  HheiiiproTiiiz. 

(Fortsetzung.) 


Der  Entwurf  der  Herren  vom  Endt  u.  Bender  in  Düsseldorf 
zeigt  auf  der  dem  nördlichen  A^erlandungs-Gebiet  der  Insel  Nonnen¬ 
werth  abzugewinnnenden  Fläche  einen  kreisförmigen  Festplatz  von 
70  m  Durchmesser,  aus  dessen  Mitte  sich  ein  offener  Pavillon-Bau 
erhebt,  welcher  das  Kaiserstandbild  aufnimmt  {efg  des  nebenstehen¬ 
den  Lageplanes,  auf  welchem  die  drei  Inselplätze  mit  den  drei  zum 
Ankauf  empfohlenen  Entwürfen  angedeutet  sind).  Von  der  eigent¬ 
lichen  Insel  ist  der  Pestplatz  durch  einen  AA''asserarm  getrennt,  in 
dem  die  Nachen  für  die  Denkmalbesucher  sich  bergen  können. 
Der  Hauptlandeplatz  befindet  sich  an  der  ungefähr  300  m  stromab¬ 
wärts  von  dem  Kaiser-Pavillon  entfernten  Nordspitze  des  A^erlan- 


duugsgebiets,  hier  durch  einen  kräftigen  Obelisken  bezeichnet,  zu 
dessen  Fufs  aus  dem  Strome  beiderseitig  die  Laudungs -Treppen 
hinaufführen.  Zwischen  den  beiden  vom  Obelisken  nach  dem  Fest¬ 
platz  führenden,  sanft  ansteigenden  AA^egen  ist  eine  hier  im  Strome 
wohl  nicht  ganz  glücklich  angebrachte  Cascaden-Anlage  entwickelt, 
deren  AA'^asser  an  dem  Denkmal  entspringt  und  nach  dem  Obelisken 
hin  abstürzt.  So  geschickt  auch  die  Ausnutzung  des  dem  Eheinstrome 
abzugewinnenden  A^erlandungs-Gebiets  hier  durchgeführt  ist,  so  steht 
doch  dieser  Denkmalplatz  besonders  bezüglich  der  Geräumigkeit  und 
der  landschaftlichen  Lage  den  beiden  andern  Inselplätzen  bei  weitem 
nach. 


Nr.  25. 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


253 


Viel  besser  gelungen  in  der  allgemeinen  architektonischen  An- 
I  Ordnung  des  Aufbaues  sowie  besonders  wirkungsvoll  in  der  Gestal- 
•  tung  des  Festplatzes  ist  der  von  den  Preisrichtern  zum  Ankauf 
;  empfohlene  Entwurf  des  Architekten  Professor  Stiller  in  Düssel- 
I  dorf  mit  dem  Kennwort  „Grafenwerth“  des  Lageplanesb  Die 

j  Insel  ist,  wie  in  den  Ei-läuterungen  angegeben  ist,  für  das  Denkmal 
i  gewählt,  weil  sie  leichter  zu  besuchen  ist  als  jede  Höhe,  und  weil 
ferner  die  ganze  Insel  leicht  zur  Verfügung  gestellt  werden  kann. 

(  Der  Künstler  hat  der  Insel  Grafenwerth  vor  Nonnenwerth  den  Vorzug 
!  gegeben,  well  ihm  die  Nähe  des  hier  befindlichen  Klosters  bei  dem 
Festplatze  nicht  angemessen  erschien,  und  weil  dort  der  Platz  be- 
;  schränkter  ist  als  auf  Grafenwerth.  Das  Denkmal  hat  er  sich  als 
„Friedens-  und  Erinnerungs-Denkmal“  mitten  in  einer  neu  zu  schaffen¬ 
den  Parkanlage  gedacht.  Danach  soll  ähnlich  wie  bei  dem  Bruno 
:  Schmitzschen  preisgekrönten  Entwürfe  die  Anlage  in  die  Verlänge- 
i  rung  einer  vom  Bahnhof  Honnef  über  den  östlichen  Rheinarm  auf 
die  Insel  führenden  Brücke  gelegt  werden.  Hier  ist  ein  halbrunder, 
gegen  die  Brücke  hin  durch  einen  gewaltigen  Ruhmeshallenbau  von 
128  m  Länge  und 
50  m  Breite  abge¬ 
schlossener  Fest¬ 
platzgedacht.  Seine 
i  Mitte  nimmt  eine 
[  39  m  breite  und  im 
;  lichten  Bogen  32  m 
hohe,  mit  Fresken 
oder  Mosaikbildern 
zu  schmückende 
Muschel-Apsis  ein, 
auf  deren  Triumph¬ 
bogen  noch  ein  klei¬ 
nerer  Pavillon  auf¬ 
gesetzt  ist,  und  die¬ 
ser  trägt  seinerseits 
eine  auf  der  Kugel 
schwebendeGlücks- 
göttin ,  die ,  von 
Genien  und  Löwen 
umgeben,  den  Fest¬ 
platz  um  80  m  über¬ 
ragt.  Vor  den  Tri¬ 
umphbogen  mehr 
als  40  m  vorgerückt, 
soll  über  niedrigem 
Stufen  -  Unterbau 
auf  einem  16  m  ho¬ 
hen,  an  der  Vor¬ 
derseite  mit  der 
Kaiserkrone  geschmückten  Postament  das  14  m  hohe  Reiter¬ 
standbild  Kaiser  Wilhelms  seinen  Platz  finden.  Die  Fest-  und 
Ruhmeshalle  ist  in  anmuthigen,  edlen  Renaissanceformen  durch¬ 
gebildet.  Die  ganze  Anlage  mit  ihrem  reichen  Schmuck  von  Obe¬ 
lisken,  Statuetten  und  Genien  tragenden  Säulen  usw.  zeigt  ein  fest¬ 
liches  Gepräge  und  ist  dabei  der  Entfaltung  bunten  Volkslebens 
praktisch  angepafst.  Eine  nicht  ganz  glückliche  Lösung  ist  dabei, 
dafs  der  landseitige  Haupt-Zugang  nicht  unmittelbar  auf  den  Fest¬ 
platz  führt,  sondern  dafs  dazu  erst  ein  Umgang  um  die  halbe 
Insel  an  den  Erfrischungs-Localen  vorbei  erforderlich  wird.  Auch 
leidet  diese  sonst  so  schöne  Arbeit  an  einem  übertrieben  grofsen 
Mafsstabe,'  bei  welchem  die  angegebenen  übermäfsigen  Abmessungen 
des  Reiterstandbildes  auf  haushohem  Postament  sowohl  wie  der 
Architektur-Theile  deren  W'irkung  auf  dem  Festplatze  selbst  unmög¬ 
lich  machen. 

Dafs  endlich  die  Preisrichter  den  Entwurf  des  Bildhauers  Karl 
Hilgers  in  Charlottenburg  zum  Ankauf  empfohlen  haben,  wird  wohl 
jedermann  billigen  und  es  nur  bedauern,  wenn  sich  eine  Verwendung 
des  Entwurfes,  der  ja  in  manchen  Punkten  nicht  unerheblich  wird 
verändert  werden  müssen,  vielleicht  noch  lange  hinauszögert.  Die 
Preisrichter  heben  mit  Recht  die  hohen  künstlerischen  Reize  der 
Hauptgruppe  hervor,  empfehlen  aber  deren  unmittelbare  Verwendung 
nicht.  Der  Künstler  hat  die  Südspitze  der  Insel  Nonnenwerth  als 
Denkmalplatz  gewählt  {ab  cd  des  Lageplanes).  Hier  erhebt  sich 
auf  einer  nach  Norden  gegen  den  Klosterpark  durch  eine  elliptische 
Säulenhalle  abgegrenzten  16  m  hohen  Plattform  von  80  m  Länge  und 
ebensoviel  Breite  das  Denkmal  bis  zu  einer  Höhe  von  28,5  m.  Der 
Hauptreiz  des  bildnerischen  Werkes  liegt  in  dem  figürlichen  Unterbau 
des  Kaiserbildes:  Die  Rheinnixen  führen  den  siegreichen  Kaiser  auf 
ihrem  Schiffe  im  Triumphzuge  heimwärts,  die  eine  reicht  ihm  die 
aus  dem  Rheingold  geschmiedete  Kaiserkrone,  die  andere  das 


Wächterhorn,  die  dritte  sitzt  auf  dem  hinteren  Tlieil  des  Schiffes 
und  spendet  aus  ihrem  Füllhorn  Blumen  und  Früchte,  die  Segnungen 
des  Friedens.  Allen  voran  stürmt  wild  eine  Nixe,  welche  zwei  hocli 
aufbäuinende  Flufspferde  mit  sich  fortreifst.  Der  Kaiser  selbst  ist 
in  majestätischer  lüihe  auf  dem  Schiffe  thronend  gedacht,  in  der 
Linken  das  Reichsschild,  uie  Rechte  beschützend  und  zugleich  be¬ 
wundernd  über  sein  schönes  Rheinland  zu  seinen  Füfsen  ausbreitend. 
Leider  ist  die  mit  Lorbeeikranz,  Krönungsmantel  usw.  aus¬ 
gestattete  Kaisergestalt  in  ihrer  anscheinend  in  der  Eile  nicht 
ausreichend  überlegten  Durchbildung  mifsglückt.  Unstreitig  ist  aber 
der  Hilgerssche  Entwurf  doch  unter  allen  Arbeiten  des  Wettbewerbs 
derjenige,  welcher,  und  zwar  nicht  nur  durch  seine  künstlerischen  Reize, 
sondern  auch  wegen  seiner  leichten  Fafsbarkeit,  den  Beschauer  am 
meisten  fesselt,  und  den  wohl  gern  jedermann  ausgeführt  in  geeigneter 
Umgebung  sich  aus  den  Fluthen  des  Rheins  erheben  sehen  möchte. 
Und  in  der  That  scheint  es  wohl  denkbar,  den  bildnerischen  Theil 
der  Hilgersschen  Arbeit  mit  einem  anderen  architektonischen  Auf¬ 
bau,  z.  B.  mit  dem  des  preisgekrönten  Schmitzschen  Entwurfes,  in 

Verbindungzu  brin¬ 
gen.  Das  Reiter¬ 
standbild  Schmitz's 
müfste  dann  durch 
eine  im  Sinne  des 
Hilgersschen  Ge¬ 
dankens  neu  zu  ent¬ 
werfende  bildneri¬ 
sche  Gruppe,  ver¬ 
bunden  etwa  mit 
einer  Brunnenan¬ 
lage,  ersetzt,  und 
diese  vor  die  nach 
der  Ferne  hin  wir¬ 
kende  Schmitzsche 
Kaisersäule  gestellt 
werden.  Vielleicht 
geben  diese  Zeilen 
den  beiden  Künst- 
lei-n  Veranlassung 
zu  einer  entspre¬ 
chenden  Verschmel¬ 
zung  ihrer  Gedan¬ 
ken  in  gemein¬ 
schaftlicher  Arbeit. 

Unter  allen 
übrigen  Insel-Denk¬ 
mälern,  welche  für 
Nonnenwerth  ent¬ 
worfen  sind,  ist  an 
erster  Stelle  der  zweite  Entwurf  von  Bruno  Schmitz  „Grufs 
Dir  Romantik“  zu  nennen,  welcher,  nicht  minder  „wuchtig“  in 
seiner  Gestaltung  als  der  preisgekrönte  Entwurf  desselben  Ver¬ 
fassers,  besonders  durch  seinen  einfachen  und  markigen  Auf¬ 
bau  anzieht,  und  sich  vor  den  meisten  anderen  Insel -Entwürfen 
dadurch  auszeichnet,  dafs  er  in  richtiger  Empfindung  den  Schwer¬ 
punkt  der  Denkmal- Anlage  so  weit  als  thunlich  der  Insel  spitze 
genähert  hat,  sodafs  das  Denkmal  fast  allseitig  vom  Wasser  umspült 
zu  sein  und  vermöge  seines  massigen,  kernigen  Aufbaues  der  Gewalt 
des  Stromes  zu  trotzen  scheint.  Diese  Wirkung  zu  erzielen,  läfst  er 
den  Festplatz  sanft  aus  dem  Inselgelände  emporsteigen,  um  dann 
den  architektonischen  Denkmalaufbau,  einen  auf  mächtiger  Terrasse 
stehenden  baldachinartigen  sechsseitigen  Kuppelbau,  in  welchem  der 
Kaiser  steht,  um  so  kräftiger  und  wirksamer  als  Kernpunkt  der 
Anlage  hervorzuheben.  Die  Abmessungen  des  Baues  gestatten  wohl 
ebenso  wie  die  des  preisgekrönten  Entwurfes  des  Künstlers  noch 
beträchtliche  Einschränkungen.  Die  Architekturformen  des  Kuppel¬ 
baues  sind  ohne  strenge  Anlehnung  an  eine  bestimmte  Stilrichtung 
phantasievoll  geschaffen.  Beim  ersten,  oberflächlichen  Betrachten  des 
Schaubildes  glaubt  man  eine  romanische,  so  recht  an  den  Rhein,  die 
Hcimath  so  vieler  hervorragender  romanischer  Bauwerke,  gehörende 
Architektur  vor  sich  zu  haben,  während  die  Formen  sogar  bis  ins 
Barocke  gehen.  Diese  Unbestimmtheit  in  der  Formgebung,  über  welche 
der  Künstler  bei  weiterer  Durchführung  des  nur  skizzenhaft  be¬ 
handelten  Entwurfes  leicht  hinwegkommen  wird,  beeinträchtigt  jedoch 
die  Wirkung  des  Bauwerks,  welches  mit  seinem  ganzen  Terrassen- 
Unterbau  gewissermafsen  einer  -  antiken  Trireme  gleich  im  Rheine 
zu  schwimmen  scheint,  keineswegs.  Ist  der  Bau  auch  nicht  romanisch, 
so  wirkt  er  doch  der  Landschaft  entsprechend  romantisch.  In  diesem 
Sinne  stimmen  wir  in  das  „Grufs  Dir  Romantik“  von  Herzen  ein. 

(Schlufs  folgt.) 


Honnef 


a b  c  d  Aufgelandeter  Boden  und  Denkmalplatz  von  K.  Hilgers;  —  efg  Denkmalplatz  von 
H.  vom  Endt  u.  A.  Bender;  —  hik  Denkmalplatz  von  H.  Stiller. 

Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der  Rheinprovinz. 


254 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


21.  Juni  1890. 


h 

( 

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1 

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. ■■'iP' 

Abb.  1. 


In  der  im  gegenwärtigen  Jahrgänge  der  Zeitschrift  für  Bauwesen 
abgedruckten  Mittheilung  über  die  neue  Hamburger  Elbbrücke  wurde 
die  auf  Seite  236  angeführte  Formel  für  den  Horizontalschub  (Abb.  1) 

Pa  (I  — «) 

^  ~  TTl  f 

mir  zugeschrieben  und  zwar  ohne  jeden 
weiteren  Zusatz.  Ich  mache  daher  darauf 
aufmerksam  (wie  ich  dies  übrigens  schon 
in  meinen  „Vorlesungen  über  die  Bcrech- 
jiung  der  Bogenbrücken‘‘,  Berlin  1880, 
gethan  habe),  dafs  diese  Formel  erstmals 
von  Herrn  Prof.  Engesser  entwickelt 
worden  ist,  allerdings  auf  eine  weniger 
strenge  Weise,  denn  die  Ableitung  des  Herrn  Engesser  stützt  sich  auf 
die  Annahme,  es  sei  die  Aenderung,  welche  der  von  den  Kämpfer¬ 
tangenten  eingeschlossene  AVinkel  infolge  der  Biegung  des  Bogens 
erfährt,  vernachlässigbar  klein. 

In  meinem  Buche  habe  ich  nun  bei  Untersuchung  des  Horizontal¬ 
schubs  dem  Umstande  Rechnung  getragen,  dafs  der  Eiuflufs  von  II 
auf  das  Biegungsmoment  =  —  ll  {y  J  y)  statt  =  — Hy  ist,  wo  y 
die  elastische  Aenderung  der  Bogenordinate  y  bedeutet,  und  das 
überraschende  Ergebnifs  dieser  schärferen  Rechnung  war  die  oben 
angeführte  einfache  Gleichung  für  //,  welche  somit  den  verwickelteren 
Formeln  von  Sternberg  und  Winkler  an  Genauigkeit  keineswegs 
nachsteht.  Ich  glaiibe,  dafs  die  Hervorhebung  dieser  Tliatsaclie  wohl 
geeignet  sein 
dürfte,  der  An¬ 
wendung  des  ein¬ 
facheren  Ge¬ 
setzes  weiteren 
Vorschub  zu 
leisten. 

Bei  sehr  fla¬ 
chen  Bogen¬ 
brücken  ist  die  Berücksichtigung  der  Verkürzung  der  Bogenachse  un- 
erläfslich;  ich  empfehle  hier  die  (für  den  Fall  aufserhalb  der  Bogen¬ 
mittellinie  angeordneter  Kämpfergelenke  erweiterte)  Formel  (Abb.  2) 

jj  Pa(l  —  a)  *) 

2,  H  = 


Zur  Berechnung  des  Zweigelenkbogens. 

Die  Rechnung  wird  also  durch  Einführung  der  Zift'er  v  nicht  erschwert. 

Ein  zweites,  in  der  Abhandlung  über  die 
neue  Elbbrücke  angeführtes  Gesetz,  wonach 
sich  die  absoluten  Werthe  der  Spannkräfte 


Abb.  2. 


V  = 


f  {Fq  ~f~  F'it)  ~f~  {^I'qFo  • — huFjj 
/  iFo-\-  Fu)  2,;)  {hoFg  — 

Fo  und  Fu  bedeuten  die  mittleren  Querschnitte  der  oberen  bezw. 
unteren  Gurtung;  die  Bezeichnungen  ho^  hu  sind  aus  der  Figur  er¬ 
sichtlich.  Das  Querschnittsverhältnifs  Fo  :  Fu  ist  von  geringem  Ein- 
flufs  auf  V.  Liegen  beispielsweise  die  Kämpfergelenke  in  der  unteren 
Gurtung  (/ia  =  0,  ho  =  h)  und  setzt  man  einmal  Fo  =  Fu,  sodann 
Fo  =  2  Fu,  so  erhält  man,  wenn  y=  4  h  ist,  v  =  0,85  bezw.  v  =  0,81. 
Zum  mindestens  wird  man  daher  bei  der  ersten  Berechnung  Fo  —  Fu 
setzen  und  findet  dann 

2  /’+  (^^0  —  Fi) 


V  = 


15 


2.5  (ho  hu)  -j-  gy.  (Jio^  -f“  hu~) 


Für  den  am  häufigsten  vorkommenden  Fall  ho-hu  - 

1 


1  + 


15 

'32' 


h^ 

-p 


*)  Vergl.  Seite  224  des  binnen  wenigen  Wochen  erscheinenden 
II.  Bandes  meiner  Graphischen  Statik. 


in  den  steifen  Schrägstäben  eines  Feldes 
(Abb.  3)  umgekehrt  wie  die  Quadrate  der 
Stablängen  verhalten,  ist  ebenfalls  von 
Herrn  Engesser  zuerst  abgeleitet  worden, 
mit  besonderer  Empfehlung  für  einfache 
Balkenbrücken.  Bei  Berechnung  von  Bogen¬ 
brücken  ist  die  Anwendung  dieses  Gesetzes 
nur  für  die  erste  Querschnittsabschätzung, 
durch  welche  jede  genauere  Untersuchung 
eines  statisch  unbestimmten  Trägers  ein¬ 
geleitet  werden  mufs,  zulässig.  Genauere 
Formeln  (abgeleitet  in  des  Unterzeichneten  Buch  über  Bogenbrücken, 
Seite  74  und  75)  sind; 


Q 


B  = 


D‘ 


worin  zu  setzen: 


0  = 


Fä 


V  +  (f.  +  jf) 


5-  sin  «' 


Fa‘ 

Fa 


I  (F  ■  , 

Sin  fc  -\ — sin  a 

‘  7i  y 


f  0  ü\  2  ,• 

\  F  7p  J  -5  sm  a 


siu  ß  -G  ^  sin  «' 
■Fd  Fa 


Mu 

h 


+ 


Fu.  h 


(Flo  ^Fji)  -ir  Q 


1  _L  -^2  I  — U 
'  Fo^  Fu 


U  = 


-Ff.  _  ( 1/ 

h  ^  FJi  ^  ° 


Mu)  —CiQ 


^  Fo  ^  Fu 


Q  ist  die  Querkraft  für  das  fragliche  Feld;  Mo  und  31u  sind  die 
Angrifl’smomente  für  die  in  Abb.  3  mit  o  und  u  bezeichneten  Punkte. 
Weiter  bedeuten 

F'o,  Fu  die  Gurtquerschnitte, 

Fd,  F'd'  die  Querschnitte  der  durch  D  bezw.  D'  beanspruchten 
Schrägstäbe. 

d,  d‘  die  Längen  der  Schrägstäbe, 
d  und  C3  Ziffern,  die  nach  den  Formeln 


C^  = 


d^ 

COS  a - COS  Ci 

Fd'  Fa 


d‘^  .  ,  d^ 

FFT 

Fa  Fa. 


sm  a 


s-  sin  (a  -|-  a‘) 


.  (P 


sm  cc 


zu  berechnen  sind.  Die  übrigen  Bezeichnungen  sind  aus  Abb.  3  er¬ 
sichtlich.  Man  wird  zuerst  die  Einflufslinien  für  die  Q,  Jio,  Mu  auf¬ 
tragen,  hieraus  die  O- Linien  und  6"- Linien  berechnen  und  schliefslich 
die  H-  und  D'-Linien. 

Berlin,  im  Juni  1890.  Prof.  Müller-Breslau. 


Yom  Panjima- Canal. 

(Schlufs.j 


V.  Mag  man  für  den  Chagres,  welcher  die  Canallinie  mehrfach 
kreuzt,  ein  neues  Bett  herstellen,  wie  es  früher  beabsichtigt  war,  mag 
man  ihn,  nach  dem  neuesten  Plan,  mit  dem  Canal  vereinen,  immer 
mufs  man  für  die  Abführung  seines  Wassers  sorgen,  welches  bei 
Hochwasser  massenhaft  und  reifsend  auftritt.  Der  letzte  Plan  der 
alten  Gesellschaft  wollte  die  Theile  des  Chagresbettes  beiderseits 
des  Canals  mit  Durchstichen  verbinden,  beiderseits  des  Canals  also, 
mit  Rücksicht  auf  die  von  beiden  Seiten  kommenden  Nebenflüsse, 
ein  Kleinwasserbett  hersteilen  und  den  Canal  selbst  durch  Deiche 
gegen  das  Hochwasser  des  Chagres  schützen.  Solche  Deiche  würden 
den  Hochwasserangriff  schwerlich  aushalten.  Wo  der  Canal  nahe  an 


die  Bergabhänge  tritt,  liegen  die  Durchstiche  am  Fufse  und  die 
Deiche  auf  den  geneigten  Abläufen  der  Abhänge;  auch  würden  die 
Deiche  an  manchen  derartigen  Stellen  das  Hochwasserbett  übermäfsig 
einengen.  Durchstiche  zudem,  in  denen  das  Wasser  höher  ist  als 
im  Canal,  würden  Durchsickerungen  nach  dem  Canale  hin  veranlassen, 
was  die  ganzen  lehmigen  Erdmassen  zwischen  solchem  Durchstich 
und  dem  Canal  in  Bewegung  setzen  könnte.  Die  Vereinigung  des 
Flusses  mit  dem  Canal  drängt  sich  daher  auf  und  führt  zunächst 
zur  Annahme  der  Seen.  Unterhalb  Bohio  sind  die  Durchstiche  be¬ 
reits  ausgeführt. 

Der  Abflufs  aus  dem  Scheitelsee  erfolgt  in  den  Thalsperren  durch 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


255 


air.  25. 

i 

I  Ueberfälle,  deren  Krone  auf  +  35,50,  also  1  m  über  dem  niedrigsten 
j  Wasserstand  liegen  soll,  um  Im  Wasserhöhe  zur  Speisung  in  trocke- 
!  ner  Zeit  bereit  zu  halten.  Die  Länge  der  Ueberfälle  ist,  vorbehalt- 
;  lieh  genauerer  Ermittlung  der  vom  Chagres  zu  befürchtenden  Wasser- 
[  mengen,  so  einzurichten,  dafs  nach  dem  Atlantischen  Meere,  seiner 
'  natürlichen  Mündung,  900  cbm  in  der  Secunde,  nach  dem  Stillen 
;  Meere  aber  nur  300  cbm  in  der  Secunde  abfliefsen  können.  Dann 
wird  die  Strömungsgeschwindigkeit  in  dem  Einschnitt  zwischen 
beiden  Seetheilen  0,80  m  in  der  Secunde  nicht  übersteigen  und  die 
Schiffahrt  an  sich  noch  nicht  hindern,  wenn  letztere  bei  Hochwasser- 
Andrang  nicht  ohnehin  gehindert  sein  sollte,  ein  selten  eintretender 
Nachtheil,  den  man  in  Kauf  nehmen  mufs.  Bei  der  Lage  der  Ueber- 
fall- Krone  bleiben  zum  Auffangen  des  Hochwassers  2  m  Wasserhöhe 
vorhanden,  welche  bei  den  3000  ha  Fläche  des  Scheitelsees  60  Mil¬ 
lionen  cbm  fassen  können.  Da  man  genaue  Zahlen  für  die  möglichen 
Hochwassermengen  des  Chagres  nicht  hat,  so  müssen  die  Ueberfälle 
für  unbestimmt  grofse  Mengen  regulirbar  eingerichtet  werden,  was 
durch  Anordnung  eines  beweglichen  Theils  geschehen  soll,  der  sich 
weiter  nach  unten  hin  öffnen  kann,  seine  Krone  also  auch  auf 
35,50  hat.  Als  bewegliche  Bautheile  werden  Desfontainesche 
Klappen  von  2,80  m  Höhe  über  der  Drehachse  und  von  je  12  m  Breite 
vorgeschlageu. 

Der  See  unterhalb  der  Thalsperre  von  San  Pablo  hat  1000  ha 
Fläche.  Er  empfängt  das  über  diese  Thalsperre  abfliefsende  Chagres- 
wasser  und  das  Wasser  der  Seitenzuflüsse  bis  Bohio  Soldado  hin. 
Hier  hat  der  See,  d.  h.  der  Canal,  Ueberfälle  nach  beiden  Seiten,  mit 
der  Krone  auf  der  Höhe  des  niedrigsten  Wasserstandes  von  -j-  15. 

Unterhalb  Bohio  läuft  das  nunmehr  durch  keine  Gebirgsvor- 
sprünge  mehr  eingeengte  Wasser  im  alten  Chagresbett  und  den  be¬ 
treffenden  Durchstichen  beiderseits  des  Canals,  sowie  durch  den 
Canal  selbst  nach  dem  Atlantischen  Meere  ab.  Man  wird  keine 
Trennung  dieser  drei  Rinnen  versuchen,  sondern  das  Wasser  wird 
sich  ausbreiten,  wie  es  bei  einem  mit  mehreren  Armen  in  das  Meer 
ausmündenden  Strome  geschieht.  Bei  aufsergewöhnlichem  Wachs¬ 
wasser  könnte  dann  wohl  einmal  Schiffahrtsbehinderung  entstehen, 
was  aber  ebenso  als  höhere  Gewalt  zu  betrachten  ist,  wie  ein  Sturm, 
der  die  Schiffe  am  Einlaufen  in  den  Canal  hindert. 

Nach  der  Seite  des  Stillen  Meeres  hin  liegt  alles  viel  einfacher, 
weil  hier  weniger  Wasser  abfliefst,  welches  seinen  Weg  nach  dem 
Meere  durch  den  Rio  Grande  und  den  Canal  in  ähnlicher  Weise 
flndet,  wie  auf  der  Atlantischen  Seite. 

VI.  In  dem  8  km  langen  Gebirgseinschnitt,  welcher  die  beiden 
Theile  des  Scheitelsees  verbindet,  ist  die  gefährlichste  Stelle  der 
1800  m  lange  Einschnitt  von  Culebra.  Derselbe  erreicht  in  der  Canal¬ 
achse  -1-101,5  m  über  dem  Meeresspiegel,  und  hat  daher  101,5  — 25,5 
=  76  m  Höhe.  Die  Böschungen  reichen  seitwärts  noch  viel  höher 
hinauf  in  das  Gebirge.  Ein  Einschnitt  von  solcher  Höhe  ist  noch 
niemals  ausgeführt  worden.  Bei  den  angefangenen  Arbeiten  haben 
sich  Erdstürze  gezeigt,  veranlafst  durch  die  lehmige  Natur  des  Bodens, 
die  Lage  der  Schichten,  durch  unvorsichtigen  Arbeitsangriff,  durch 
Vernachlässigung  der  Wasserableitung  und  auch  dadurch,  dafs  die 
Unternehmer  gar  kein  Interesse  an  der  Vermeidung  der  Erdstürze 
hatten,  die  ihnen  immer  wieder  leichte  Arbeit  zuführten.  Vor  allem 
muf§  für  den  Wasserablauf  hinter  den  Aussatzbodenmassen  besser 
als  bisher  Sorge  getragen  werden.  Die  einsturzdrohenden  Massen 
scheinen  auf  der  Atlantischen  Seite  ICOOOOO  cbm,  auf  der  anderen 
Seite  680  000  cbm  zu  betragen.  Hauptsächlich  sind  die  Erdbewegungen 
in  der  Regenzeit  zu  fürchten  —  und  diese  dauert  7  Monate,  von 
Mitte  Mai  bis  Mitte  December  — ,  weil  dann  der  lockere  Boden 
durchweicht  ist.  Jährliche  Regenhöhe  3  m!  Wo  Gleitflächen  unter 
den  lockeren  Massen  zu  Tage  treten,  sind  Bermen  herzustellen,  auf 
denen  ein  Arbeitszug  zur  Bekämpfung  der  nachfallenden  Massen 
fahren  kann.  Unter  den  beweglichen  Massen  sind  Sedimentschichten, 
welche  sicher  erscheinen  bis  auf  die  Stelle  vor  dem  Culebra-Berge, 
wo  man  nicht  weifs,  welchen  Einflufs  das  Hervorbrechen  der  Basalt¬ 
massen  des  Berges  auf  die  Lage  der  Sedimentschichten  ausgeübt 
hat.  Unter  Vorbehalt  in  dieser  Beziehung  schlägt  der  Ausschufs 
vor:  eine  hochgelegene  Berme  von  11  m  Breite,  wo  sich  die  beweg¬ 
lichen  Massen  von  den  zu  Tage  tretenden  Sedimenten  abheben, 
ungefähr  auf  -|- 80  an  der  Atlantischen,  auf  -f- 60  an  der  andern  Seite; 
darüber,  in  den  lockeren  Massen,  eine  Böschung  von  zweifacher  bis 
anderthalbfacher  Anlage;  darunter,  in  den  Sedimenten,  einfache 
Böschung.  In  letztgenannter  Böschung  würden  sich,  ohne  deren 
Gesamtneigung  zu  ändern,  Zwischen-Bermen  von  2  m  Breite  in  15  m 
Höhenabstand  zur  gelegentlichen  Aufnahme  eines  schmalspurigen 
Arbeitsgeleises  empfehlen;  3  m  über  dem  niedrigsten  Wasserspiegel, 
also  mit  dem  höchsten  Wasserstande  abschneidend,  ist  noch  auf 
jedem  Canalufer  eine  Berme  anzulegen,  links  (Richtung  Colon- 
Panama)  5  m,  rechts  3  m  breit,  und  zwar  links  für  ein  Arbeitsgeleis, 
rechts  blofs  als  Weg. 

Das  von  den  Böschungen  abfliefsende  Wasser  ist  auf  letzt¬ 


genannten  Bermen  am  Böschungsfufs  in  Rinnen  aufzufangen  und 
in  den  Canal  zu  leiten.  Im  benetzten  Canalquerschnitt  sind  die 
Böschungen  auf  1 : 1  angenommen.  Da  sie  in  verschieden  hartem 
Boden  liegen,  so  können  gewisse  Theile  ausgespült  werden  und  die 
härteren  Theile  dann  als  Vorsprünge  stehen  bleiben,  welche  die 
Schiffe  bedrohen.  Wo  dies  zu  befürchten,  sind  die  benetzten 
Böschungen  abzupflastern. 

Nach  diesen  Annahmen  sind  die  Massen  des  Gebirgseinschnitts, 
von  denen  die  Vollendungszeit  des  Canals  abhängt,  auf  8  350  000  cbm 
berechnet  worden.  Bei  Bewältigung  von  1200  000  cbm  höchstens 
jährlich  würden  7  Jahre  Arbeitszeit  mindestens  erforderlich  sein, 
woraus  zu  ersehen,  dafs  keine  Zeit  mehr  zu  verlieren  ist,  wenn  die 
Concession  nicht  verfallen  soll. 

VII.  Die  noch  erforderlichen  Kosten  berechnet  der  Ausschufs, 
auf  Grund  der  erfahruugsmäfsig  auf  der  Landenge  anzunehmenden 
Einheits-Preise,  wie  folgt: 

Zur  Eröffnung  eines  lohnenden  Betriebs  unbedingt  nothwendige, 


übersehbare  Bauarbeiten .  485  800  000  Fr. 

Unvorhergesehene  Arbeiten  etwa  20  pCt.  davon  .  .  94  200  000  „ 


Sämtliche  Bauarbeiten  580  000  000  „ 
Dazu  kommen  Verwaltungskosten  in  Paris  und  auf 
der  Landenge  mit  Rücksicht  auf  das  Klima  der 
letzteren,  welches  häufige  Ablösung  der  Personen 

bedingt,  10  pCt .  58  000  000  „ 

Kosten  der  Capitalbildung,  Bauzinsen  mit  Rücksicht 
auf  nach  und  nach  eingeforderte  Capitalzeichnungen 

und  zur  Abrundung . .  262  000  000  „ 

Gesamtkosten  900  000  000  Fr. 

Nur  mit  einer  solchen  Aufwendung  darf  man  darauf  rechnen, 
den  späterhin  noch  vielfach  zu  verbessernden  Canal  wenigstens  so 
weit  zu  führen,  dafs  bei  nicht  übertriebenem  Zoll  ein  beträchtlicher 
Theil  der  Schiffe  vom  Wege  um  Südamerica  herum  abgelenkt  werden 
kann. 

Bei  der  Zeit-  und  Kosten -Berechnung  ist  auch  angenommen, 
dafs  in  den  acht  Baujahren  kein  Krieg,  keine  Revolution,  keine 
langen  Arbeitsaustände  störend  eingreifen.  Deshalb,  und  weil  die 
Kosten  auch  von  der  ganzen  Art  der  Bauleitung  beeinflufst  werden, 
macht  der  Ausschufs  bei  den  berechneten  900  Millionen  die  aus¬ 
drücklichsten  Vorbehalte.  Warum  da  nicht  lieber  gleich  eine  gute 
runde  Milliarde  annehmen?  Das  sieht  an  sich  schon  viel  weniger 
genau  aus. 

Bei  Festsetzung  der  zu  Grunde  gelegten  Einheitspreise  konnten 
die  letzten  Ausgaben  der  Canalgesellschaft,  weil  unter  den  drückend¬ 
sten  Verhältnissen  geleistet,  nicht  mafsgebend  sein.  Es  mufste  aber 
auf  die  Nothwendigkeit,  in  den  trocknen  Monaten  15 — 20  000  Arbeiter 
vereint  zu  halten,  den  Arbeitern  und  Unternehmern  die  Gelegenheit 
aufsergewöhnlich  grofsen  Verdienstes  in  diesem  Klima  zu  bieten, 
Rücksicht  genommen  werden.  Auch  sind  die  Einheitspreise  in  der 
Voraussetzung  bestimmt  worden,  dafs  alle  Maschinen,  alles  Arbeits- 
geräth  der  alten  Gesellschaft,  welches  150  Millionen  gekostet  hat 
und  sich  in  brauchbarem  Zustande  befindet,  dafs  alle  Bauten,  welche 
52  Millionen  gekostet  haben,  von  der  neu  zu  bildenden  Gesellschaft 
einfach  unentgeltlich  übernommen  werden.  Man  findet  an  Ort  und 
Stelle  Bausteine  und  Sand,  mufs  aber  Kalk,  Cement,  grofse  Bau¬ 
hölzer  usw.  einführen. 

Die  Betriebs-  und  Unterhaltungskosten  berechnet  der  Ausschufs 
auf  jährlich  10  Millionen  Franken. 

VIII.  Bleibt  noch  die  Frage,  was  der  Canal  einbringen  kann. 
Der  Durchschnitt  des  Suezcanal -Verkehrs  betrug  von  1885 — 1888 
jährlich  3325  Schiffe  mit  6  161  817  Registertonnen.  Man  darf  ofienbar 
den  Tages -Verkehr  nicht  nach  dem  Durchschnitt  berechnen,  da 
Zeiten  lebhaften  und  schwachen  Verkehrs  naturgemäfs  miteinander 
abwechseln.  Da  die  Schleusen  und  das  Chagres-Hochwasser  Verkehrs¬ 
unterbrechungen  bedingen  werden,  so  ist  jährlich  nur  auf  etwa 
320  Tage  Betriebszeit  zu  rechnen.  Mit  einem  Verkehr  wie  im  Suez¬ 
canal  würden  es  durchschnittlich  täglich  11  Schiffe  sein.  Man  mufs 
daher  den  Canal  befähigen,  mindestens  die  doppelte  Durchschnitts¬ 
zahl  der  Schiffe  durchlassen  zu  können,  weshalb  an  jeder  Stelle  zwei 
Schleusen  nebeneinander  gleich  für  die  Eröffnung  anzunehmen  waren. 
Dazu  kommt,  dafs  hier  auch,  im  Gegensatz  zum  Suezcanal,  ge¬ 
schleppte  Segelschiffe  werden  fahren  können.  Um  die  Verkehrs¬ 
fähigkeit  des  Canals  zu  steigern,  hätte  der  Ausschufs  Schleusen  von 
weniger  als  11  m  Gefälle  und  in  entsprechend  gröfserer  Anzahl  vor¬ 
gezogen,  denn  die  Verkehrsfähigkeit  eines  Canals  hängt  nicht  von 
der  Anzahl  der  Schleusen,  sondern  von  der  Dauer  einer  einzelnen 
Schleusung  ab.  Je  kürzer  letztere,  um  so  schneller  können  sich  die 
Schiffe  folgen,  wenn  auch  das  ^einzelne  Schiff  bei  weniger  Schleusen 
mit  mehr  Gefälle  wohl  etwas  schneller  durch  den  Canal  kommt.  Die 
Schleusungsdauer  nimmt  mit  dem  Schleusengefälle  ab. 

Ein  Schiff,  welches  den  Canal  benutzt,  kann  nur  die  Ersparnifs 


25G 


21.  Juni  181)0. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


aufweiiclen,  welche  ihm  der  neue  Weg  bietet,  und  diese  ist  für  ver- 
scliiedene  Fahrten  sehr  verschieden.  Da  aber  die  C'oncession  einen 
Einheitstarif  vorschreibt,  so  wird  ein  Mittelwerth  von  12,50  Fr.  für  die 
Kegistertonne,  alles  einbegriffen,  noch  zulässig  sein.  Unter  allem 
Vorbehalt  dürfte  für  die  ersten  4  Betriebsjahre  auf  je  llOOtlOUt  zu 
rechnen  sein,  worauf  denn  eine  jährliche  Steigerung  von  250  000  t 
auzunehmen  wäre,  sodafs  12  Jahre  nach  der  Eröffnung  jährlich 
6  Millionen  Tonnen  durch  den  Canal  gehen  würden.  Das  ergäbe 
für  das  vieile  Betriebsjahr  nach  Abzug  von  5  pCt.  für  die  columbi- 
sche  Kegierung  und  von  10  IMillionen  Betriebs-  und  Unterhaltungs¬ 
kosten  eine  Keineinuahme  von  38  687  500  Fr.  Wenn  keine  Zoll¬ 
herabsetzung  nöthig  wird,  würden  die  Keineinnahmen  im  zwölften 
Betriebsjahre  60  ]\lillionen  Franken  sein  können.  (Dürften  nicht 
auch  die  Schleusen  die  Schilfsversicherung  beeinflussen  und  so  auf 
den  Caualzoll  drücken?) 

Die  Einnahme  wird  nach  einem  abzuschliefsenden  Vertrage 
zwischen  der  neuen  und  der  alten  Gesellschaft  zu  theilen  sein.  Die 
neue  hat  900  Millionen  aufzubringen.  Was  die  alte  Gesellschaft  zu¬ 


bringt,  ist  auf  die  Hälfte,  450  Millionen,  abzuschätzen,  ein  Werth, 
der  aber  nur  vorhanden  ist,  wenn  sich  eine  neue  Gesellschaft  bildet. 
Dazu  wäre  allerdings,  weil  die  nothwendige  Wartezzeit  auf  Ein¬ 
nahmen  das  Mafs  der  Speculationen  privaten  Interesses  zu  über¬ 
steigen  scheint,  eine  Zinsgewähr  bis  zu  der  Zeit  nothwendig,  wo  das 
Unternehmen  auf  eigenen  Füfsen  stehen  könnte.  Für  die  Gesamt¬ 
heit  der  Seemächte  würde  solche  Zinsgewähr  ein  ganz  unerhebliches 
und  vorübergehendes  Opfer  sein. 

In  Bezug  auf  diese  mehr  politische  als  flnancielle  Frage  schliefst 
der  Ilauptbericht  des  Ausschusses  mit  folgendem  Satz:  „Ist  diese 
Auffassung  ein  Traum?  Ernste  Männer  halten  sie  für  durchführbar, 
und  in  Europa  wie  in  America  hat  sie  Anhänger  gefunden.  Sie  giebt 
die  beste  Lösung  der  Schwierigkeiten,  mit  denen  ein  Unternehmen 
ringt,  welches  der  Theilnahme  der  ganzen  Welt  werth  ist,  und  eine 
in  diesem  Sinne  unternommene  Bestrebung  würde  der  Begierung 
welclie  sie  anregen  möchte,  nur  zur  Ehre  gereichen“. 

Pescheck. 


Vermischtes. 


Ergehiiifs  der  Yorpriifiiiig  und  der  ersten  HaiiptprUfiiiig  für  den 
preufsisehen  Staatsdienst  iin  Banfaeli  ini  Keehnnngsjahre  l.S8f>  90. 
Vor  den  Königlichen  technischen  Prüfungsämtern  in  Berlin,  Hannover 
und  Aachen  haben  im  L.aufe  des  Jahres  vom  1.  April  1889  bis  dahin 
1890  im  ganzen  die  Vor-  bezw.  die  erste  Hauptprüfung  für  den  Staats¬ 
dienst  im  Baufache  abgelegt,  und  zwar: 

a.  die  Vorprüfung:  in  Berlin  120, .  in  Hannover  32  und  in 
Aachen  13,  zusammen  165  Candidaten  (im  "tTrjahre  134); 

b.  die  erste  Hauptprüfung:  in  Berlin  85,  in  Hannover  19 
und  in  Aachen  10,  zusammen  114  Candidaten  (im  Vorjahre  93). 

Von  den  165  Candidaten  zu  a  sind  42  für  das  Hochbaufach, 
69  für  das  Ingenieurbaufach  und  .54  für  das  Maschinenbaufach  ge¬ 
prüft  worden  und  haben  116,  also  70,3  pCt.  (im  Vorjahre  von  134  Can¬ 
didaten  98  oder  73,1  pCt.),  die  l’rüfung  bestanden,  darunter  6  .,mit 
Auszeichnung“. 

Von  den  in  die  erste  Hauptprüfung  eingetretenen  114  Candidaten 
sind  31  für  das  Hochbaufach,  44  für  das  Ingenieurbaufach  und  39 
für  das  Maschinenbaufach  geprüft  worden  und  haben  91,  also  79,8  pCt. 
(im  Vorjahre  von  93  Candidaten  73  oder  78,5  pCt.),  die  Prüfung  be¬ 
standen,  darunter  16  „mit  Auszeichnung“. 

Der  ersten  Ilanptprüfung  im  Schiffbau-  und  Schiffs- 
maschinen-Baufache  der  Kaiserlichen  Marine  haben  sich  bei 
dem  Königlichen  technischen  Prüfungsamte  in  Berlin  aufserdem  zwei 
Candidaten  unterzogen,  von  denen  einer  die  Prüfung  bestanden  hat. 

Ergehiiifs  der  zweiten  Hauptpriifang  für  den  prenfsisclien 
Staatsdienst  ini  Eaufaeh  iin  Keehnnngsjahre  1889/90.  Vor  dem 
Königlichen  technischen  Ober-Prüfungsamte  in  Beidin  haben  während 
des  Zeitraums  vom  1.  April  1889  bis  dahin  1890  im  ganzen  187  Can¬ 
didaten  die  zweite  Hauptprüfung  für  den  Staatsdienst  im  Baufache 
abgelegt.  Von  diesen  haben  158  die  Prüfung  bestanden,  und  zwar 
124  als  Baumeister  für  das  Hoch-  und  Ingenieurbaufach  und  34  als 
Baumeister  für  das  Maschinenbaufach;  dieselben  sind  sämtlich  zu 
Königlichen  Begierungs-Baumeistern  ernannt  worden. 

Nach  den  Vorschriften  vom  27.  Juni  1876  sind  46  Candidaten, 
und  zwar  22  für  das  Hochbaufach,  22  für  das  Ingenieurbaufach  und 
2  für  das  Maschinenbaufach,  und  nach  den  Vorschriften  vom  6.  Juli 
1886  141  Candidaten,  und  zwar  50  für  das  Hochbaufach,  53  für  das 
Ingenieurbaufach  und  38  für  das  Maschinenbaufach  geprüft  worden. 

Von  den  158  Candidaten,  welche  die  Prüfung  mit  Erfolg  ab¬ 
gelegt  haben,  haben  vier  das  Zeugnifs  „mit  Auszeichnung“  erhalten. 

Zur  Erlangung  von  Plänen  für  den  Neubau  einer  Realschule 
für  600  Schüler  schreibt  die  Stadt  Ludwigshafen  a.  Eh.  eine 
Preisbewerbung  unter  den  deutschen  Architekten  aus  (vgl.  den 
Anzeigentheil  der  Nr.  24).  Die  Baukosten  betragen  275  000  Mark, 
und  ihre  Einhaltung  gehört  zu  den  wesentlichen  Punkten  des  nach  den 
für  Deutschland  geltenden  Grundsätzen  sehr  gründlich  durchgearbei¬ 
teten  Programmes.  An  Preisen  werden  vertheilt  ein  erster  von 
1500  Mark,  ein  zweiter  von  900  Mark  und  ein  dritter  von  600  Mark. 
Die  von  den  Preisrichtern  überdies  zum  Ankauf  vorgeschlagenen 
Arbeiten  werden  mit  je  500  Mark  honorirt.  Das  Preisrichteramt 
haben  übernommen  die  Herren  Ober-Baudirector  Sichert -München, 
Bezirksingenieur  Jolas  und  Architekt  Haueisen,  beide  in  Ludwigs¬ 
hafen,  und  zwei  Nichttechniker,  der  Director  der  Realschule  und  ein 
Mitglied  des  Stadtrathes. 

Die  Kosten  vom  Neubau  des  Zelleuhauses  iu  der  Strafanstalt 
von  Rawitscli  stellen  sich  nach  der  nunmehr  vollendeten  Abrechnung 
nicht  unwesentlich  anders,  als  in  der  Mittheilung  über  den  Neubau 
auf  Seite  132  d.  J.  angegeben.  Die  Gesamtkosten  belaufen  sich  ein- 
schliefslich  der  Beträge  für  Bauführung  und  Ausstattung  der  Haft¬ 


zellen  (jede  37,4  Mark)  auf  119  875  Mark,  wobei  sich  das  Quadrat¬ 
meter  Grundfläche  auf  rund  145  Mark,  das  Baummeter  auf  9,5  Mark 
stellen,  während  auf  den  Gefangenen  nur  778,4  Mark  kommen.  Die 
Kosten  der  Warmwasserheizung  betragen  16  986  Mark,  d.  i.  417  Mark 
für  100  cbm  Luftraum,  die  der  Luftheizung  2668,8  Mark,  d  i.  87  Mark 
für  100  cbm. 

Mit  ISoziigsiahine  auf  die  Aufrufe  zur  Eluterstutzuug  der  Hiiiter- 
biiebeneii  verstorbener  Facligeiutsseu  erhielten  wir  vor  kurzem 
folgende  Zuschrift:  „Je  häufiger  derartige  betrübende  Fälle  der  Hülf- 
losigkeit  Ilinterlassener  sich  wiederholen,  um  so  befremdlicher  und 
bedauerlicher  mufs  es  erscheinen,  dafs  so  viele  Fachgenossen  vor¬ 
handen  sind,  die  trotz  jahrelanger  Beschäftigung  als  Regierungs-Bau¬ 
meister  keine  Veranlassung  genommen  haben,  die  Zukunft  der  Ihrigen 
einigermafsen  sicherzustellen.  Die  gesetzlichen  Witwen-  und  Waisen¬ 
gelder  sind,  zumal  bei  jüngeren  Beamten,  naturgemäfs  ziemlich 
geringfügig,  und  die  aufserordeutlichen  Unterstützungen,  die  in  Fällen 
trauriger  Nothlageu  seitens  des  Staates  an  die  Hinterbliebenen  von 
Beamten'*')  gewährt  werden,  können  über  die  Abhülfe  eines  gegen¬ 
wärtigen  Nothstandes  nicht  weit  hinausreichen.  Seit  Jahren  schon 
stellt  der  Preufsische  Beamten- Verein  in  Hannover  aufserordentlich 
günstige  Bedingungen  für  Lebens-  und  Rentenversicherung.  Mögen 
diejenigen,  welchen  die  Einrichtungen  dieses  Vereins  bisher  unbe¬ 
kannt  geblieben  sind,  sich  wenigstens  die  Drucksachen  kommen 
lassen  (dieselben  werden  unentgeltlich  versandt),  um  die  Vortheile, 
die  der  Verein  bietet,  kennen  zu  lernen.“ 

Wir  benutzen  die  Gelegenheit,  welche  die  Einsendung  des  nach¬ 
stehend  abgedruckten  Geschäftsberichtes  des  erwähnten  Beamten- 
Vereins  uns  bietet,  um  gleichzeitig  der  obigen  wohlgemeinten  Mah¬ 
nung  Baum  zu  geben,  und  fügen  noch  hinzu,  dafs,  iu  je  jüngeren 
Jahren  die  Versicherung  erfolgt,  um  so  geringer  der  Jahresbeitrag 
und  die  daraus  erwachsende  Belastung  ist. 

Der  Preufsische  Beamte ii-Tereiu  in  Hannover,  Lebens- Versiche¬ 
rungs-Anstalt  für  den  deutschen  Beamtenstand,  hielt  am  11.  d.  M. 
seine  13.  ordentliche  Hauptversammlung  ab.  Aus  dem  Geschäfts¬ 
bericht  ist  hervorzuheben,  dafs  der  Versicherungsbestand  sich  1889 
auf  23  943  Versicherungen  über  68163110  Mark  Capital  und 
98  560  Mark  Jahresrente  belief  und  für  1889  einen  reinen  Zuwachs  um 
2348  Versicherungen  über  7  206  350  Mark  Capital  und  17  040  Mark 
Jahresreute  zeigt.  Die  Sterblichkeit  verlief  günstig.  Es  erloschen 
durch  Tod  103  Lebens -Versicherungs- Policen  über  366  300  Mark, 
während  rechnungsmäfsig  erlöschen  konnten  177,4  Policen  über 
673  057  Mark.  Die  Jahresrechnung  schliefst  in  Soll  und  Haben  mit 
15  381  406  Mark  53  Pf.  ab  und  ergiebt  einen  Gewinn  von  494  338  Mark 
76  Pf.  Die  Hauptversammlung  beschlofs  aus  dem  Gewinn  310  469  Mark 
41  Pf.  zur  Zahlung  von  Gewinnantheilen  an  die  Lebensversicherten 
zu  verwenden,  womit  jeder  derselben  5  pCt.  seines  Prämien-Reserve- 
Guthabens  als  Gewinnantheil  erhält.  Die  Verwaltungskosten  mit 
79  326  Mark  76  Pf.,  oder  1,16  Mark  auf  je  1000  Mark  des  Versiche¬ 
rungsbestandes,  waren  sehr  gering  infolge  des  Umstandes,  dafs  der 
Verein  gar  keine  bezahlten  Agenten  und  sonstige  Aufsenbeamten  hat. 
Die  Sicherheits-  und  aufserordeutlichen  Sicherheits -Rücklagen  er¬ 
reichen  nunmehr  zusammen  die  Höhe  von  1  645  869  Mark  76  Pf.  und 
stellen  den  Theil  des  Vereinsvermögens  dar,  dem  keinerlei  Ver- 
jiflichtungen  gegenüber  stehen. 

*)  Bei  der  letzten  durch  den  Anzeiger  des  Centralblattes  der 
Bauverwaltung  veranstalteten  Sammlung  handelte  es  sich  um  die 
Hinterbliebenen  eines  verstorbenen  Fachgenossen,  der  nicht  Staats¬ 
beamter  gewesen  war,  weshalb  um  so  dringlichere  Veranlassung  zur 
Unterstützung  vorlag. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (tVillielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  niclitamtliclien  Tlieilo.s  verantwortlicü;  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K  e  r s k cs ,  Berlin. 


257 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  28.  Juni  1890.  Nr.  26. 


Rodactiou:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

IKHAL'f:  Amtliches:  Belianntmachiing  vom  19.  Juni  1890.  —  Personal-Nachrichten. 

—  Nichtamtliches:  Westthurm  des  Münsters  in  Ulm.  —  Wiederherstellung  des  Heidel¬ 
berger  Schlosses.  —  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  für  die  Rheiuprovinz  (Schlufs).  —  Hemm¬ 
schuhe  im  Verschubdienst.  —  Ziegelsteiugewölbe  aus  verzahuten  Ringen.  —  Seehäfen 
Rufslands.  —  Vermischtes:  Wettbewerb  um  das  Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I. 

auf  dem  Kyft'häuser.  —  Preisbewerbung  für  ein  Kreishaus  in  Cottbus.  —  Berechnung 
der  Monicr-Bauteu.  —  Pfarrkirche  von  Eydtkuhnen.  —  Reinigung  der  Siehvässer  in 
Frankfurt  a.  M.  —  Besuch  der  technischen  Hochschule  in  Dresden  1888/90.  —  Besuchs- 
zitfer  der  technischen  Hochschule  in  Braunschweig  1889/90.  —  IV.  Internationaler 
Congrefs  für  Gefängnifsw’esen  in  St.  Petersburg. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Bekanntinachnng. 

Der  Lieutenant  a.  D.  Brunkow,  hier  Gneisenaustrafse  Nr.  27 
wohnhaft,  hat  den  Preis  seines  Werks  „Die  Wohnplätze  des  Deutschen 
Eeichs“  auf  40  Mark  herabgesetzt. 

Im  Anschlufs  an  meine  Bekanntmachung  vom  20.  August  v.  J. 
mache  ich  die  betheiligten  Behörden  hierauf  aufmerksam. 

Berlin,  den  19.  Juni  1890. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

Im  Aufträge 
Schultz. 


Prenfseii. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Geheimen 
Ober-Eegierungsrath  und  Vortragenden  technischen  Eath  im  Mini¬ 
sterium  für  Landwirthschaft,  Domänen  und  Forsten,  Kunisch  in 
Berlin,  und  den  Meliorations-Baubeamten  für  die  Eegierungs- Bezirke 
Breslau  und  Liegnitz,  Eegierungs-  und  Baurath  v.  Münster  mann 
in  Breslau,  zu  aufserordentlichen  Mitgliedern  der  Akademie  des  Bau¬ 
wesens  zu  ernennen. 

Der  bisherige  technische  Attachö  bei  der  Kaiserl.  Botschaft  in 
Paris,  Eegierungs-  und  Baurath  Pescheck  ist  der  Königl.  Eegierung 
in  Frankfurt  a.  0.  überwiesen,  und  der  Wasser-Bauinspector  Mathies 
in  Berlin  mit  der  Wahrnehmung  des  Amtes  eines  technischen  Attaches 
bei  der  Kaiserl.  Botschaft  in  Paris  betraut  worden. 

Die  bisherigen  Kreis -Bauinspectoren,  Baurath  Junker  in  Har¬ 
burg  und  Haake  in  Sagan  sind  als  Bauinspectoren  und  technische 
Mitglieder  an  die  Königlichen  Eegierungen  bezw.  in  Plildesheim  und 
Königsberg  O.-Pr.  versetzt  worden. 

Der  Land-Bauinspector  Baurath  Tiede  in  Berlin  tritt  am  1.  Juli 
d.  J.  in  den  Euhestand. 

Zu  Königlichen  Eegierungs -Baumeistern  sind  ernannt;  die  Ee¬ 
gierungs -Bauführer  Moritz  Boelling  aus  Köln  a.  Eh.  und  Gustav 
Böhmer  aus  Telgte,  Kreis  Münster  i.  Westfalen  (Maschinenbaufach). 

Den  bisherigen  Königlichen  Eegierungs -Baumeistern  Theodor 
Starke  in  Eostock,  Eichard  Kampf  in  Eatibor  und  Heinrich  Ein¬ 
tel  en  in  Bromberg  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staats¬ 
dienste  ertheilt  worden. 


Bayern. 

Der  Vorstand  des  Strafsen-  und  Flufsbauamtes  Eosenheim,  Bau¬ 
rath  Adam  Nabinger,  wurde  seiner  Bitte  entsprechend  in  den 
dauernden  Euhestand  versetzt  und  demselben  in  Anerkennung  seiner 
langjährigen  treuen  und  ausgezeichneten  Dienstleistungen  der  Ver¬ 
dienstorden  vom  heil.  Michael  IV.  Klasse  verliehen,  auf  die  sich 
erledigende  Bauamtmannstelle  bei  dem  Strafsen-  und  Flufsbauamte 
Eosenheim  der  Eegierungs-  und  Kreisbauassessor  Alois  WöhiTe  in 
Würzburg  seinem  Gesuche  entsprechend  versetzt,  auf  die  bei  der 
Eegierung,  K.  d.  J.,  von  Unterfranken  und  Aschaff’enburg  sich  er¬ 
öffnende  Stelle  eines  Eegierungs-  und  Kreisbauassessors  für  das 
Ingenieurfach  der  Bauamtsassessor  Eduard  Fleischmann  in 
Aschaffenburg  befördert,  an  das  Strafsen-  und  Flufsbauamt  Aschaft'en- 
burg  der  Bauamtsassessor  Karl  Kurz  in  Neuburg  a.  D.  auf  Ansuchen 
versetzt  und  die  bei  dem  Strafsen-  und  Flufsbauamte  Neuburg  a.  D. 
in  Erledigung  kommende  Assessorstelle  dem  Staatsbauassistenten 
Alfred  Mitte  rmaier  in  Kgmpten  verliehen. 

Sachsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den 
Professor  an  der  technischen  Hochschule  in  Braunschweig  H.  Engels 
vom  1.  October  d.  J.  ab  zum  ordentlichen  Professor  für  Wasserbau 
und  Elemente  der  Ingenieur  -Wissenschaften  an  der  technischen 
Hochschule  in  Dresden  zu  ernennen. 


Der  Finanzrath  Christian  Heinrich  Strick,  Mitglied  der  General- 
direction  der  Staatseisenbahnen,  hat  das  Prädicat  ( tberffnanzrath  und 
die  Bezirksmaschinenmeister  Paul  Emil  Heinrich  Ehrhardt  in  Leip¬ 
zig  II  und  Gustav  Wilhelm  Eschke  in  Leijjzig  I  das  Eitterkreuz 
11.  Klasse  des  Königl.  Sächsischen  Verdienstordens  erhalten. 

Der  Bezirksingenieur  Dr.  Friedrich  Hermann  Fritzscheist  zum 
Betriebs  -  Oberingenieur  befördert,  der  Directionsingenieur  Otto 
Alexander  Schmidt  zum  Bezirksingenieur  in  Dresden-Neustadt  er¬ 
nannt  und  der  Betriebsingenieur  Wolfgang  Ebei-hard  Hermann 
Eachel  zum  Directionsingenieur  befördert  worden. 

Ernannt  sind:  die  Abtheilungsingenieure  Karl  Hugo  Dannen- 
felfser  in  Zwickau  zum  Betriebsinspector  bei  der  Betriebs-Ober- 
inspection  Zwickau  und  Julius  Otto  Spangenberg  in  Dresden- 
Friedrichstadt  zum  Betriebsinspector  bei  der  Betriebs-Oberinspection 
Dresden- Altstadt. 

Versetzt  sind:  die  Abtheilungsingenieure  Friedrich  August 
Alexander  Piltz  in  Döbeln  II  in  gleicher  Eigenschaft  zum  Ab¬ 
theilungsingenieurbureau  Dresden-Neustadt  I  und  Ernst  Paul  Drefs- 
1er  in  Geithain  in  gleicher  Eigenschaft  nach  Dresden-Friedrichstadt, 
sowie  der  Sectionsingenieur  Johannes  Georg  Eichard  Aufschläger 
beim  Sectionsbureau  Buchholz  in  gleicher  Eigenschaft  zum  Sections- 
bureau  Oschatz. 

Der  Betriebsinspector  Otto  Traugott  Katzer  in  Zwickau  ist 
zum  Abtheilungsingenieur  in  Döbeln  II  ernannt  worden. 

Zu  Abtheilungsingenieuren  sind  befördert :  die  Sectionsingenieure 
Alfred  Holekamp  in  Zwickau  I,  Heinrich  Eichard  Kaiser  in  Geit¬ 
hain,  Paul  Mehr  in  Adorf  und  Georg  Edmund  Lucas;  letzterer 
ist  vorläufig  noch  mit  Verwaltung  der  Bausection  Dohna  betraut 
geblieben. 

Zu  Sectionsingenieuren  sind  ernannt:  die  etatsmäfsigen  Eegie¬ 
rungs  -  Baumeister  Wolfgang  Paul  Schenkel  für  die  Bausection 
Kamenz,  Christian  Ulh'ich  Hans  Wolf  für  die  Bausection  Neusalza, 
Arthur  Eobert  Thieme-Garmann  für  die  Bausection  Wolkenstein, 
Volkmar  Julius  Ackermann  für  die  Bausection  Tanna,  Christian 
Heinrich  Menzner  für  die  Bausection  Jöhstadt  und  Karl  Eduard 
Grüner  für  die  Bausection  Hirschberg. 

Zu  etatsmäfsigen  Eegierungs -Baumeistern  sind  befördert:  Die 
präd.  Eegierungs-Baumeister  Max  Oskar  Dietsch  beim  Bau-Sections- 
bureau  Brand,  Heinrich  Ludwig  Schönherr  beim  Bureau  für  den 
Umbau  der  Dresdner  Bahnhöfe,  Ernst  Moritz  Arndt  unter  Verwen¬ 
dung  bei  den  generellen  Vorarbeiten,  Guido  Heinrich  Bley  beim 
Bau  -  Sectionsbureau  Lauenstein,  Georg  Adalbert  Schramm  beim 
Abtheilungsingenieurbureau  Freiberg  sowie  der  Bahnverwalter,  präd. 
Eegierungs-Baumeister  Eichard  Leonhard  Müller;  letzterer  wird  zur 
interimistischen  Verwaltung  des  Abtheilungsingenieurbureaus  Geithain 
verwendet. 

Versetzt  sind:  Die  Eegierungs-Baumeister  Albert  Schneider  I 
beim  Sectionsbureau  Brand  zum  Bezirksingenieurbureau  Chemnitz, 
Ernst  Hugo  Toller  beim  Bauhauptbureau  und  Wilhelm  Gustav 
Georg  Täubert  beim  Sectionsbureau  Kamenz  zum  Ingenieurhaupt¬ 
bureau,  Karl  August  Schneider  II  beim  Sectionsbureau  Bautzen 
zum  Bezirksingenieurbureau  Dresden-Neustadt,  Heinrich  Maximilian 
Lincke  beim  Sectionsbureau  Easchau  zum  Bezirksingenieurbureau 
Leipzig  H,  Otto  Wilhelm  Ferdinand  Eichter  bei  der  Abtheilung  für 
generelle  Vorarbeiten  zum  Bauhauptbureau,  Georg  Adalbert  Sauppe 
bei  der  Betriebstelegraphen  -  Oberinspection  zum  Sectionsbureau 
Oschatz,  Hans  Decker  beim  Bezirksingenieurbureau  Dresden- 
Altstadt  zum  Abtheilungsingenieurbureau  Leipzig  II,  Ernst  Maxi¬ 
milian  Pietsch  bei  der  Abtheilung  für  generelle  Vorarbeiten  zum 
Sectionsbureau  Wolkenstein,  Friedrich  Otto  Häbler  beim  Sections¬ 
bureau  Annaberg  zum  Sectionsbureau  Neusalza,  Friedrich  Eudolf 
Haase  beim  Sectionsbureau  Schwarzenberg  zum  Abtheilungsingenieur- 


258 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


28.  .Juni  1890. 


bureau  Chemnitz  I,  Karl  Heinrich  Kcinhold  beim  Abtheilungs¬ 
ingenieurbureau  Döbeln  II  zum  Abtheiluugsingenieurbureau  Adorf 
für  die  Bauausführung  der  Linie  Falkenstein -Muldenberg,  Ernst 
Eduard  Bahse  beim  Abtheilungsingcnieurbureau  Leipzig  II  zum 
Bureau  für  den  Umbau  der  Dresdner  Bahnhöfe,  Reinhold  Woldemar 
Christoph  beim  Sectiousbureau  Buchholz  zur  Betriebstelegraphen- 
Oberinspectiou,  August  Richard  Volgmann  beim  Abtheilungs¬ 
ingenieurbureau  Dresden -Friedrichstadt  zum  Abtheilungsingenieur¬ 
bureau  Döbeln  II,  Rudolf  Schurig  beim  Abtheilungsingenieurbureau 
Leipzig  II  zur  Abtheilung  für  generelle  Vorarbeiten,  ( Ittomar  Rudolf 
Fromm  hold  beim  Sectiousbureau  Glashütte  zum  Sectiousbureau 
Kamenz,  Friedrich  Otto  Kräh  beim  Abtheilungsingenieurbureau 
Plauen  zum  Sectiousbureau  Hirschberg  und  Emil  Fickert  beim 
Sectiousbureau  Bautzen  nach  Neschwitz. 

Der  Directionsingenieur  Gustav  Friedrich  Eduard  Helmer  ist 
in  den  Ruhestand  getreten. 

Der  präd.  Regierungs-Baumeister  beim  Sectiousbureau  Laueustein 
Karl  Paul  Lehmann  ist  freiwillig  abgegangen. 

Der  Abtheilungsingenieur  Albin  Wilke  in  Adorf  ist  gestorben. 

Württemberg-. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht: 

auf  die  beiden  erledigten  technischen  Expeditorsstelleu  bei  dem 
hydrograjihischen  Bureau  der  Ministerial-Abtheilung  für  den  Strafseu- 
und  Wasserbau  den  für  die  Strafsenbauinspectionen  des  Landes 
bezw.  die  Strafsen-  und  Wasserbauinspection  Stuttgart  bestimmten 


Abtheilungs-Ingenieur  Hochstetter  und  den  Regierungs-Baumeister 
Steudel,  z.  Z.  Amtsverweser  der  Königlichen  Strafsen-  und  Wasser¬ 
bauinspection  Stuttgart,  letzteren  mit  dem  Titel  eines  Abtheilungs¬ 
ingenieurs, 

auf  die  erledigte  technische  Expeditorsstelle  bei  dem  technischen 
Bureau  der  Ministerial-Abtheilung  für  den  Strafsen-  und  Wasserbau 
den  für  die  Strafsenbauinspectionen  des  Landes  bezw.  die  Strafsen- 
und  Wasserbauinspection  Stuttgart  bestimmten  Abtheilungs-Ingenieur 
Fleischhauer  zu  befördern; 

die  bei  der  Locomotivwerkstätte  Efslingen  zu  besetzende  Stelle 
eines  Abtheilungs-Ingenieurs  dem  Maschinenmeister  Heigl  der  Saale- 
Eisenbahngesellschaft  in  Jena  zu  übertragen; 

auf  die  erledigte  Stelle  eines  Abtheilungs-Ingenieurs  bei  dem  Be¬ 
triebsbauamt  Stuttgart  den  Bahnmeister  Staib,  zur  Zeit  provisorischer 
Abtheilungs-Ingenieur  bei  dem  technischen  Bureau  der  General- 
direction  der  Staatseisenbahnen,  und 

auf  die  erledigte  Stelle  eines  Abtheilungs-Ingenieurs  bei  dem 
technischen  Bureau  der  Generaldirection  der  Staatseisenbahnen  den 
Bahnmeister  Mayer,  zur  Zeit  provisorischer  Abtheilungs-Ingenieur 
bei  diesem  Bureau,  zu  befördern;  ferner 

den  Ober-Baurath  v.  Brockmann  bei  der  Generaldirection  der 
Staatseisenbahnen  seinem  Ansuchen  entsprechend  wegen  vorgerückten 
Alters  und  dadurch  gehemmter  Thätigkeit  in  den  Ruhestand  zu  ver¬ 
setzen  und  demselben  in  Anerkennung  seiner  langjährigen  und 
treuen  Dienste  das  Coinmenthurkreuz  II.  Klasse  des  Königlichen 
Friedrichs -Ordens  zu  verleihen. 


[Alle  Eechte  voibelialten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Kedacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Der  Westtliurm  des  Münsters  in  TJlni 


In  Ulm  beginnen  heute  die  Festtage  zur  Feier  der  Vollendung 
des  Hauptthurms  am  dortigen  Münster,  des  gröfsten  und  bedeut¬ 
samsten  unter  den  protestantischen  Gotteshäusern  unseres  Vater¬ 
landes.  Noch  ist  das  Jahrzehnt  nicht  ganz  ver¬ 
flossen,  seitdem  man  den  gewaltigen  Thürmen 
des  Domes  zu  Köln  iinter  den  Augen  des 
unvergefslichen  Kaisers  Wilhelm  I  den 
Schlufsstein  aufgesetzt,  und  schon  steht  ein 
anderes  jener  kühnen  Baudenkmäler,  welche 
von  dem  frommen  Sinne  wie  dem  hohen 
Kunstvermögen  unserer  Voreltern  beredtes 
Zeug-nifs  ablegen,  in  neuem  Schmucke  fertig 
da.  Ein  solcher  Erfolg  ist  wahrhaft  geeignet, 
unser  ganzes  Volk,  dessen  Stämme  sich  nicht 
zu  politischer  Einigung  allein,  sondern  auch 
zu  gemeinsamen  Bestrebungen  auf  den  Ge¬ 
bieten  friedlicher  Kunstbethätigung  zusam¬ 
mengefunden  haben,  hoch  zu  ehren.  Im  be¬ 
sonderen  darf  noch  die  Architektenschaft  in 
Deutschland  sich  jenes  denkwürdigen  Er¬ 
eignisses,  zu  dessen  Feier  die  einst  so  mäch¬ 
tige  freie  Reichsstadt  Ulm  im  Schwaben¬ 
lande  Vertreter  aller  Stände  gastlich  zu  sich 
geladen,  mit  stolzem  Muthe  freuen;  ist  es 
doch  gerade  ihrem  thatkräftigen  Eintreten 
zu  nicht  geringem  Theile  zuzuschreiben, 
wenn  der  Gedanke,  die  Wiederherstellung 
des  Ulmer  Münsters  als  ein  Unternehmen 
von  All-Deutschland  zu  betrachten,  in  allen 
Orten  des  Vaterlandes  einen  fruchtbringenden 
Boden  gefunden  hat. 

Die  Geschichte*)  dieses  bewunderungs¬ 
würdigen  Baudenkmals  späthgothischer 

*)  Ueber  die  Baugeschichte  des  Münsters  zu  Ulm  sind  bereits 
ziemlich  eingehende  Mittheilungen  bekannt  geworden.  Wir  erinnern 
zunächst  an  die  Festschrift  (Ulm  und  sein  Münster  1877)  von 
Friedrich  Pressei,  welche  ihre  Entstehung  der  im  Jahre  1877 
erfolgten  500jährigen  Jubelfeier  der  Grundsteinlegung  der  Kirche 
verdanlH.  Wichtige  Aufschlüsse  haben  auch  die  in  den  Schriften 
des  Württembergischen  Alterthums  -  Vereins  (Vierteljahrschrift  für 
Wüittembergische  Landeskunde  V.  Jahrgang)  niedergelegteu  For¬ 
schungen  des  Diaconus  Alfred  Klemm  geliefert.  Sodann  verdienen 
die  ausführlichen  Mittheilungen  der  Deutschen  Bauzeitung,  welche 
der  Wiederherstellungsfrage  des  Münsters  und  seines  Westthurms 
von  Beginn  an  das  wärmste  Interesse  gewidmet  hat  (man  sehe  die 
Angaben,  Zeichnungen  und  Aufsätze  vornehmlich  in  den  Jahrgängen 
1881,  1882,  1884  usf.)  besondere  Beachtung.  Ferner  enthält  die  Zeit- 


Kunst,  das  s.  Z.  für  die  gesamte  süddeutsche  Kunst  mafsgebend  war, 
ist,  wie  diejenige  jeder  grofsaitigen  Unternehmung,  reich  an  Ereig¬ 
nissen  bald  glücklichen,  bald  unglücklichen  Charakters.  Mit  frohen 
Hoffnungen  im  späteren  Mittelalter  begon¬ 
nen,  ist  seine  Ausführung  viele  Jahre  hin¬ 
durch  mit  Freudigkeit  und  unter  grofsen 
Opfern  seitens  der  städtischen  Bevölkerung 
vorwärts  gebracht  worden,  bis  schlimme  Zu¬ 
stände  baulicher  Art  sich  einstellten,  die  den 
Bestand  des  Werkes  beinahe  in  Frage  stell¬ 
ten.  Darauf  nothdürftig  soweit  ausgebessert, 
dafs  die  Standfähigkeit  gesichert  erschien, 
fiel  es  Jahrhunderte  lang  der  Vernachlässi¬ 
gung  anheim,  weil  die  neue  Zeit  der  Re¬ 
naissance  und  Reformation  andere  Auf¬ 
gaben  zu  verfolgen  fand,  als  den  religiösen 
Empfindungen  des  Mittelalters,  welche  in 
den  herrlichen  Kathedralen  von  Köln,  Strafs¬ 
burg,  Ulm  und  weiter  von  Mainz  und 
Speier  zu  ihrem  vollendetsten  Ausdrucke  ge¬ 
kommen  sind,  weiter  nachzugehen.  Unseren 
Tagen  ist  es  erst  Vorbehalten  geblieben, 
die  allgemeine  Aufmerksamkeit  wieder  auf 
jene  Kleinode  unter  den  alten  vaterländi¬ 
schen  Denkmälern  der  Baukunst  hinzulenken 
und  die  Begeisterung  dafür  zu  wecken,  die¬ 
selben  als  kostbare  Vermächtnisse  der  Vor¬ 
zeit  in  Ehren  zu  halten  und,  im  Sinne  der 
Vergangenheit  vollendet,  den  Enkeln  zu 
überliefern. 

Der  Bau  des  Münsters  zu  Ulm  beginnt 
mit  dem  30.  Juni  1377,  als  um  9  Uhr  morgens, 
„die  Stunde,  da  einst  der  heilige  Geist  den 

Schrift  des  Architekten-  und  Ingenieur- Vereins  in  Hannover  in  Heft  4 
Jahrg.  1888  von  Funk  über  die  „Wiederherstellung  und  Fortführung 
des  Ulmer  Münsters“  die  Wiedergabe  einer  genaueren  Mittheilung, 
die  um  so  schätzenswerther  erscheint,  als  Funk  s.  Z.  dem  Sach¬ 
verständigen- Ausschüsse  mit  angehörte,  welchen  die  Stadt  Ulm  im 
Jahre  1882  berief,  um  sich  über  die  Beyerschen  Vorschläge  zur  Ver¬ 
stärkung  der  Fundamente  und  Mauern  des  Thurms  auszusprechen. 
Schliefslich  verweisen  wir  auf  die  jüngste  Festschrift  „Ulm,  sein 
Münster  und  seine  Umgebung“  des  Dr.  R.  Pfleiderer,  Ulm,  Ebner 
1890.  Von  älteren  Quellen  sind  voran  die  Inschriften,  Steinmetz¬ 
zeichen,  Hausmarken  und  Bildwerke  am  Münster  selbst  zu  nennen, 
und  weiter  das  Geschichtswerk  des  Felix  Fabri  aus  Zürich  (gegen 
Ende  des  15.  Jahrhunderts),  die  sorgfältige  und  mehrfach  aufgelegte 
Beschreibung  von  Elias  Frick  (1731)  u.  a. 


no  S  0  lu  20  30"^ 

I  .  ■  ■  •  I  -  ■  ■  ....I - 1 - ^ - 1 


Abb.  1.  Grundrifs  des  westlichen  Theils  vom 
Münster  in  Ulm. 


Nr.  26. 


259 


Centralblatt  der 


I  Jüngern  geschenkt  ward“,  der  Bürgermeister  Ludwig  Kraft  jm  Auf- 
i  trage  des  Käthes  der  Stadt  den  Grundstein  zu  einer  neuen  „Pfarr- 
j  kirche  U.  L.  Frau“  am  Kornmarkte  legte.  Die  ersten  Meister  am 
j  Bau  werden  kurz  mit  den  Namen  Heinrich,  Michael  und  wieder- 
I  um  Heinrich  genannt.  Der  erste  starb  1386;  die  Wirksamkeit  des 
I  dritten  reichte  bis  zum  Jahre  1392.  Wahrscheinlich  waren  schon  sie 
'  Mitglieder  der  aus  Bern  stammenden  berühmten  Familie  der  Ensingen, 
I  aus  welcher  in  der  Folgezeit  noch  viele  Baukünstler  am  Dome  her¬ 
vorgegangen  sind.  Zu  ihr  gehörte  gleich  der  nächste  Meister  Ulrich 
von  Ensingen,  dem  die  Stadt  um  1392  die  Bauleitung  auf  5  Jahre 
j  in  aller  Form  übertrug.  Ulrich  darf  wold  als  derjenige  betrachtet 
werden,  welcher  der  Kirche  die  ihr  in  den  wesentlichen  Punkten  bis 
I  heute  eigenthümlich  verbliebene  Gestaltung  gegeben  hat.  Der  Grund- 
i  rifs-Anordnung  und  ihrem  Aufbau  nach  eine  dreischiffige  Basilika 
!  ohne  Querschiff,  mit  einem  nach  dem  halben  Zehneck  abgeschlossenen 
Chore  in  der  Achse  des  Mittelschiffs,  mit  zwei  Chorthürmen  und  einem 
riesigen,  in  das  Langhaus  hineingezogenen  Westthurme  gewinnt  das 
i  Bauwerk  in  der  ursprünglichen  Erscheinung  seine  hervorragende  Be¬ 
deutung  weniger  durch  die  architektonische  Formengebung,  als  viel¬ 
mehr  durch  die  gewaltigen  Abmessungen  der  einzelnen  Bautheile. 
So  besitzt  das  Mittelschiff  die  bedeutende,  selbst  bei  dem  Kölner 
Dome  nicht  erreichte  lichte  Spannung  von  15  m,  ein  Mafs,  welches 
auch  die  Seitenschiffe  aufwiesen,  bis  sie  später  durch  die  jetzt  vor- 
I  handenen  Säulenreihen  eine  Theilung  in  ihrer  Mittelachse  erfuhren.  Der 
Chorbau  mifst  27  m,  das  Hochschiff  im  lichten  42  m  und  die  Seiten¬ 
schiffe  21  m  in  der  Höhe;  dabei  beträgt  die  Länge  der  Kirche  139  m 
und  die  von  ihr  bedeckte  Grundfläche  5100  qm.  Nur  der  Dom  zu 
Köln  nimmt  einen  noch  ausgedehnteren  Platz,  nämlich  von  6200  qm 
ein;  schon  das  Münster  zu  Strafsburg  steht  mit  seinen  4100  qm  da¬ 
gegen  erheblich  zurück,  und  St.  Stephan  in  Wien  zeigt  nur  3200  qm 
lichten  Flächenraum. 

Läfst  sich  nun  auch  die  Thätigkeit  Ulrichs  von  Ensingen  am 
Dome  zu  Ulm  nicht  völlig  scharf  begrenzen,  so  darf  doch  als  wahr¬ 
scheinlich  angesehen  werden,  dafs  er  sowohl  den  Chor  wie  die  Chor- 
thürme  zum  vorläufigen  Abschlufs  gebracht,  auch  bereits  an  dem 
Langhause  und  dem  Westthurme  mit  der  Vorhalle  des  Eingangs  ge¬ 
arbeitet  hat.  Im  Jahre  1399  siedelte  er  nach  Strafsburg  über,  um 
bis  zu  seinem  1419  erfolgten  Tode  den  dortigen  Münsterbau  fortzu¬ 
führen.  Sein  Name  ist  übrigens  u.  a.  auch  mit  der  Ausführung  der 
anmuthigen  Frauenkirche  von  Efslingen  eng  verknüpft. 

Ulrichs  unmittelbare  Nachfolger  in  Ulm  waren  Hans  und  Kaspar 
Kuhn,  Vater  und  Sohn,  deren  Wirksamkeit  bis  1446  hinreicht.  Nach 
ihnen  wird  Matthaeus  von  Ensingen,  Ulrichs  Sohn,  genannt,  der 
bis  dahin  den  Bau  des  Münsters  in  Bern  geführt  hatte.  Während  der 
Zeit  von  1451 — 1463  zum  wirklichen  Dombaumeister  berufen,  förderte 
er  den  grofsen  Westthurm  bis  zur  Höhe  des  Mittelschiffs,  entwarf 
auch  für  diesen  selbst  einen  eigenen,  in  der  Münsterbauhütte  noch 
jetzt  aufbewahrten  Plan  und  legte  im  2.  Geschosse  des  Thurms  über 
dem  AVestportale  zur  Erhellung  des  Mittelschiffs  der  Kirche  das 
„Martinsfenster“  an,  das  seine  Bezeichnung  nach  einem  auf  ihm  in 
ungewöhnlicher  Gröfse  dargestellten  Bilde  des  heiligen  Martin  erhielt. 

Matthaeus  wurde  durch  seinen  Sohn  Moritz  Ensinger  abgelöst, 
dessen  Thätigkeit  bis  1477  reichte  und  der  urkundlich  1471  das  Hoch¬ 
schiff  vollendete.  Seiner  Zeit  gehört  auch  die  Herstellung  des  kost¬ 
baren  Chorgestühls  durch  Jörg  SyiTin  den  Aelteren,  den  bedeutend¬ 
sten  Holzbildschnitzer  des  Mittelalters,  und  diejenige  des  überaus 
prächtigen  Sacramentshauses  am  nördlichen  Eingang  zum  hohen 
Chore  an. 

So  hatten  Mitglieder  der  Ensinger  Familie  85  Jahre  hindurch  am 
Dome  die  oberste  Bauleitung  ausgeübt,  als  diese  nun  an  Matthaeus 
Böblinger,  einen  Sohn  jenes  Hans  Böblinger,  überging,  welchen 
Matthaeus  Ensinger  ehemals  den  Eathsherren  von  Efslingen  für  die 
Bauausführungen  an  der  dortigen  Frauenkirche  warm  empfohlen  hatte. 
Dieser  Mann  erwies  sich  als  der  hervorragendste  unter  den  alten 
Ulmer  Dombaumeistern,  allerdings  zugleich  auch  als  der  unglück¬ 
lichste  von  ihnen.  Sein  Werk  ist  die  Aufführung  des  dritten  Stocks 
vom  Hauptthurme  mit  einem  Stücke  vom  Achteck  bis  auf  etwa  77  m 
über  der  Fläche  des  Domplatzes,  also  bis  auf  ungefähr  die  Hälfte 
der  damals  beabsichtigten  Gesamt-Erhebung  des  Thurmes  von  151  m. 
Er  ist  denn  auch  der  Verfasser  desjenigen  Planes,  nach  welchem 
380  Jahre  später  die  endliche  Vollendung  des  Hauptthurmes  ein¬ 
geleitet  und  innerhalb  verhältnifsmäfsig  kurzer  Zeit  durch  den  jüngsten 
der  Ulmer  Dombaumeister,  Professor  Beyer,  durchgeführt  werden 
konnte. 

Mancherlei,  sicherlich, weniger  dem  Matthaeus  Böblinger  als 
dessen  Vorgängern  zur  Last  fallende  Fehler  in  der  Gründung  und 
Ausführung  des  Bauwerkes  wurden  die  Ursache,  dafs  dieses  gegen 
Ende  des  15.  Jahrhunderts  seine  Standfähigkeit  zu  verlieren  drohte. 
An  einem  Sonntage  1492  —  so  wird  berichtet  —  fielen  Steine  aus 
dem  Gewölbe  des  grofsen  Thurmes  heraus,  auch  zeigten  sich  bald 
darauf  dort  gefährliche  Risse.  In  ihrer  Noth  sahen  sich  die  Ulmer 


Baiiverwaltung. 


gedrängt,  unter  dem  5.  October  des  folgenden  Jahres  Bürgermeister  und 
Kath  von  Efslingen  um  schleunige  Absendung  von  „fünf  Steinmetzen“ 
anzugehen,  da  man,  „nachdem  dem  Thurme  U.  L.  Frauen  Pfarrkirche 
merkliche  Brüche  zugestanden,  eilend  Hilf  und  guter  Steinmetzen 
noth  dürftig“  sei. 

Der  unglückliche  Böblinger  verschwand  1494  aus  Ulm,  starb  aber 
erst  1505,  seines  Postens  als  Dombaumeister  längst  enthoben;  er 
wurde  in  der  Irauenkirche  in  Efslingen  neben  seinem  Vater  Hans 
ins  Grab  gelegt. 

Von  nun  an  kam  für  die  Stadt  Ulm  beinahe  allein  noch  die  Er¬ 
haltung  des  Münsters  im  baulichen  Bestände  in  Frage,  und  für 
solches  Unternehmen  fand  sie  in  Burkhard  Engelbcrg  von  Horn¬ 
berg  in  Württemberg,  dem  Erbauer  von  St.  Ulrich  in  Augsburg, 
einen  vortreftlichen  Meister.  Dieser  nahm,  da  der  Westthurm  sich 
infolge  von  Setzungen  des  Fundaments  stark  nach  Norden  über¬ 
geneigt  hatte,  vor  allem  Unterfahrungen  der  Mauern  daselbst  vor, 
liefs  darauf  die  Bogenöftnungen  des  Thurmes  gegen  die  Seitenschiffe 
sowie  die  zunächst  anstofsenden  Bogenstellungen  des  Mittelschiffes 
bis  auf  kleinere  Durchgangsöffnungen  fest  mit  Mauerwerk  schliefsen, 
und  sorgte  hierdurch  sowie  durch  Aufführung  entsprechend  starker, 
von  den  östlichen  Thurmpfeilern  quer  durch  die  Seitenschiffe  bis 
nach  den  seitlichen  Fronten  der  Kirche  reichender  Wände  für  kräftige 
Absteifung  des  massigen  Thurmkörpers  gegen  das  Dom-Innere.  Es 
entstanden  dadurch  die  beiden,  in  der  Abb.  1  mit  A  und  B  be- 
zeichneten  Capellen  nördlich  und  südlich  des  Thurmes,  der  nur  noch 
gegen  das  Mittelschiff  hin  die  grofse  Bogenöffnung  behielt,  durch 
welche  das  Martinsfenster  sein  Licht  in  die  Kirche  hineinsenden 
konnte.  In  westlicher  Richtung  fand  sich  der  Thurm  durch  die  da¬ 
selbst  vorhandenen  starken  Pfeilervorlagen,  zwischen  denen  die  mit 
Bildwerken  reich  geschmückte,  schöne  Vorhalle  des  Haupteinganges 
errichtet  steht,  ausreichend  gesichert.  Nicht  minder  wichtig  mag 
sich  dem  Meister  Engelberg  alsbald  der  Schutz  der  Seitenschiffe  des 
Langhauses  gegen  Einsturz  der  durch  viel  zu  schwache  Widerlager 
nur  mangelhaft  gestützten  Deckengewölbe  aufgedrängt  haben.  Hier 
schuf  er  in  der  Zeit  von  1502 — 1507  Abhülfe,  indem  er  die  bisher 
dreischiffige  Basilika  dadurch  in  eine  fünfschiffige  umwandelte,  dafs 
in  der  Mitte  der  Seitenschiffe  je  eine  Reihe  von  9  schlanken  Pfeilern 
aufgerichtet  und  die  Decke  nun  mit  reichen  Sterngewölben  neu  ab¬ 
geschlossen  wurde.  Wenige  Jahre  hernach  (1512)  starb  Engelberg, 
von  den  dankbaren  Ulmern  als  der  Retter  des  kostbarsten  Schatzes 
ihrer  Stadt  hoch  gepriesen. 

Seitdem  hörte  über  300  Jahre  lang  jeder  Baufortschritt  am 
Münster  auf.  Ein  Protokolleintrag  von  1529  besagt  schon:  „die  Bau¬ 
pfleger  sollen  den  Thurm  mit  wenig  Kosten  vor  Schaden  bewahren“ ; 
und  als  am  3.  November  1530  Ulm  zur  Sache  der  Reformation  über¬ 
trat,  da  erlosch  das  werkthätige  Interesse  für  das  Baudenkmal  bei¬ 
nahe  vollständig.  Wohl  wird  um  1518  noch  ein  Kirchenmeister, 
Bernhard  Winkler  mit  Namen,  genannt;  er  scheint  indessen 
nur  kurze  Zeit  und  in  ganz  unbedeutender  Weise  thätig  gewesen 
zu  sein. 

Das  neunzehnte  Jahrhundert  übernahm  das  Münster  als  Torso. 
Der  unfertige  Thurmkolofs  stand  da  nothdürftig  durch  ein  Dach  ab¬ 
gedeckt,  welches  mit  seiner  eigenthümlichen  Spitze  für  Ulm  ein  ähn¬ 
lich  charakteristisches  Wahrzeichen  geworden  war,  wie  ehedem  der 
bekannte  Krahn  auf  dem  Südthurm  der  Domruine  von  Köln  für  diese 
Stadt.  Den  Mauern  des  Hochschiffs  drohte  der  Einsturz;  sie  waren 
nicht  nur  durch  die  Gewölbe,  denen  die  Strebebögen  mit  den  Be¬ 
lastungsfialen  fehlten,  sondern  auch  durch  eine  unglückliche  Sprenge- 
werks-Construction  des  Dachgebälks  aus  der  richtigen  Lage  gedrängt 
worden.  Unvollendet  erblickte  man  ferner  die  Chorthürme;  und  die 
oberen  Mauertheile  der  Kirche  hatten  bei  unzureichendem  Schutze 
gegen  die  Einwirkungen  des  Wetters  arge  Schäden  erlitten.  Als 
aber  in  Köln  die  kühne  Absicht  auf  Wiederherstellung  und  Voll¬ 
endung  der  dortigen  Kathedrale  festere  Gestalt  annahm,  da  gewann 
auch  in  Ulm  der  Gedanke  auf  Verwirklichung  eines  ähnlichen  Vor¬ 
habens  allmählich  immer  breiteren  Boden.  Wichtig  wurde  hier  der 
Umstand,  dafs  der  „Verein  für  Kunst  und  Alterthum  in  Ulm  und 
Oberschwaben“  die  Sache  aufnahm  und  dafs  ihr  in  dem  damaligen 
Kronprinzen,  jetzigen  Könige  Karl  von  Württemberg,  ein  mäch¬ 
tiger  Schutzherr  und  warmer  Förderer  erstand. 

Am  21.  August  1844  begann  Ferdinand  Thrän  als  erster  Dom¬ 
baumeister  der  neuen  Zeit  mit  zwei  Steinmetzen  das  Wiederher¬ 
stellungswerk  am  Münster.  Die  Arbeiten  gingen  jedoch  nur  langsam 
vorwärts.  Es  fehlte  einmal  an  einem  ordentlichen,  planmäfsigen 
Vorgehen  und  sodann  an  hinreichenden  Geldmitteln;  standen  damals 
jährlich  doch  nur  15  000  Gulden  zur  Verfügung,  die  zum  vierten 
Theile  allein  schon  durch  die  Kosten  der  Bauleitung  in  Anspruch 
genommen  wurden.  Thrän  starb  1870,  um  Ludwig  Scheu,  einem 
näheren  Schüler  des  Altmeisters  der  neueren  Baupflege  in  Schwaben 
V.  Egle  Platz  zu  machen.  Jetzt  wurde  die  Aufrichtung  der  18,5  m 
Spannweite  messenden  Strebebögen  für  die  Wölbungen  des  Hoch- 


260 


Ceutralblat.t  der  Bauverwaltung. 


28.  .Juni  1890. 


Schiffs  zu  Ende  geführt,  dann  zur  Ausführung  des  hohen  Chors  mit 
der  ungemein  reizvoll  wirkenden  Galerie,  den  Treppen  und  Laub¬ 
gäugen  geschritten.  Nachdem  auch  hier  die  Beendigung  erreicht 
worden,  kamen  die  Chorthürme  an  die  Leihe,  von  denen  der  nörd¬ 
liche  1877,  an  dem  Tage,  an  welchem  vor  500  Jahren  die  Grundstein¬ 


legung  zum  Münster  stattgefunden,  als  fertig  betrachtet  werden 
konnte.  Der  Südthurm  gelangte  erst  nach  Sehens  Tode  (1880)  zur 
Vollendung;  und  mit  diesem  Ereignisse  schliefst  der  erste  Abschnitt 
der  Wiederherstellungs-Arbeiten  aus  dem  gegenwärtigen  Jahrhundert. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Zur  Wiederherstellung  des  Heidelberger  Schlosses. 


Nach  dem  Schlüsse  der  Vorarbeiten  für  die  Wiederherstellung 
des  Heidelberger  Schlosses  wurden  die  beiden  Vorstände  des 
Baubureaus,  die  Herren  Koch  u.  Seitz,  beauftragt,  getrennte  Gut¬ 
achten  über  den  baulichen  Zustand  und  über  die  zu  treffenden  Mafs- 
uahmen  für  die  Erhaltung  und  Wiederherstellung  des  Schlosses  ab¬ 
zugeben.  Diese  sind  vor  kurzem  dem  Grofsherzogl.  Ministerium  der 
Finanzen  vorgelegt  worden,  welches  ihre  Drucklegung  anordnete. 
Zugleich  wurde  verfügt,  dafs  auch  die  Grofsherzogl.  Baudirection  ein 
Gutachten  ausarbeiteii  solle,  und  es  soll  dieses  mit  den  beiden  er¬ 
wähnten  Berichten  s.  Z.  dem  Sachverständigen- Ausschüsse,  der  über 
das  Schicksal  des  Schlosses  zu  berathen  haben  wird,  mitgetheilt 
werden.  Mau  beabsichtigt,  dieses  Material  und  das  Wichtigste  von 
den  Aufnahmen  den  Mitgliedern  des  Ausschusses  einige  Wochen 
oder  Monate  vor  deren  Zusammentritt  auszuhändigen,  damit  sie  sich 
in  Ruhe  die  vorzunehmende  Arbeit  überlegen  können.  Der  Zu-* 
sammentritt  des  Ausschusses  dürfte  in  Heidelberg  auf  Einladung  des 
Grofsherzogl.  Finanzministeriums  vielleicht  noch  in  diesem  Siiätherbst 
oder  spätestens  im  kommenden  Frühjahr  erfolgen,  während  die  Er¬ 
nennung  der  .Mitglieder  schon  in  wenigen  Wochen  stattfinden  wird. 
Der  Ausschufs  wird  aus  Architekten  und  Kunstverständigen  zusammen¬ 
gesetzt  sein. 

Neben  den  bautechnischen  und  künstlerischen  Gutachten  wurde 
aber  auch  das  eines  Geologen,  des  Professors  an  der  Universität 
Heidelberg,  Dr.  Adolph  Schmidt,  eingeholt,  welches  Aufschlufs 
über  die  Gründung  und  über  die  Gesteinsarten,  auf  denen  das 
Schlofs  ruht,  zu  geben  hatte.  Dieses  geologische  Gutachten  berührt 
auch  die  vielbesungenen  Risse  des  Friedrichsbaues,  und  wir  geben 
unsern  Fachgeuossen  gerne  jetzt  schon  Kenntnifs  von  seinem  dies¬ 
bezüglichen  Theile: 

„Auszug  aus  der  geologischen  Beschreibung  des  Heidelberger  Schlofs- 

geländes  von  Prof.  Dr.  Adolf  Schmidt. 

9.  Friedrichsbau.  (Seite  18  bis  23.) 

Der  Friedrichsbau  steht  auf  Granit.  Einige  Centimeter  Roth- 
liegendes  finden  sich  nur  in  der  Nähe  des  Schlofshofes  über  dem 
Granite  vor,  sind  aber  nur  soweit  abgehoben  worden,  als  nöthig  war, 
um  die  Mauern  auf  Granit  zu  stellen.  Vom  Granite  selbst  wurde 
der  oberste  verwitterte  Theil  mit  entfernt.  Der  Granit  ist  gröfsten- 
theils  der  gewöhnliche  grobkörnige  Krystall-Granit.  Einige  Granit¬ 
gänge  darin  sind  2  bis  15  cm  mächtig,  streichen  meist  NO- — SW 
und  fallen  steil  gegen  SO.  Sie  bestehen  theils  aus  feinkörnigem 
Granitit,  welcher  besonders  im  südöstlichen  Theile  des  Baues  auf- 
tritt,  theils  aus  grofskörnlgem  sprödem  Pegmalit.  Sie  nehmen  gegen 
Westen  hin  au  Zahl  und  Masse  ab.  Die  Granit-Oberfiäche  fällt 
gegen  Norden  und  Westen. 

Der  jetzige  Zxistand  dieses  Plntergrundes  ist  ein  sehr  verschie¬ 
dener,  und  auch  hier,  wie  im  Otto-Heinrichsbau,  steht  der  Grad  der 
Erhaltung  in  nicht  zu  verkennendem  Zusammenhänge  mit  der  vor¬ 
handenen  Feuchtigkeit.  In  der  Mitte  der  Süd-  oder  Hoffacade, 
ferner  an  der  Ostmauer  beim  Durchgang  zum  Altan,  sowie  über 
einem  grofsen  Theil  der  Bodenfläche  des  Kellers  ist  der  Granit 
trocken  und  verhältnifsmäfsig  fest,  immerhin  aber  bis  zu  etwa  1  m 
Tiefe  mit  dem  Pickel  bearbeitbar.  In  der  Südostecke  des  Baues  ist 
er  feucht  und  merklich  weicher,  in  der  Südwestecke  völlig  durch- 
näfst  und  zersetzt,  und  selbst  die  widerstandsfähigeren  Ganggranite 
sind  hier  stark  angegriffen. 

Entlang  der  Nord-Facade  des  Baues  nimmt  der  Grad  der  Ge¬ 
steins-Zersetzung  von  Osten  gegen  Westen  hin  beständig  zu.  Am 


Ost-Ende  der  Faeade  ist  der  Gr.anit  fast  trocken  und  ziemlich  fest; 
zwischen  dem  zweiten  und  dem  dritten  Wandpfeiler  ist  er  sehr 
feucht  und  stark  zersetzt,  westlich  vom  dritten  Pfeiler  ganz  durch- 
uäfst  und  in  solchem  Grade  aufgeweicht,  dafs  er  mit  der  Schaufel 
bearbeitet  werden  kann.  Er  ist  aufserhalb  des  Gebäudes  am  weich¬ 
sten  und  seine  Feuchtigkeit  nimmt  gegen  das  Innere  hin  ab.  Die 
zersetzende  Feuchtigkeit  ist  also  von  aufsen  gekommen. 

Der  grofse  Mauerrifs,  welcher  den  Friedrichsbau  seiner  ganzen 
Länge  nach  durchzieht,  schneidet  auch  in  die  Granitunterlager  ein. 
Seine  Weite  in  der  Gesteinsoberfläche  beträgt  in  der  Mitte  des 
Baues  in  dem  mürben  Krystall-Granit  bis  zu  3  cm,  und  der  Rifs  ist 
hier  meist  mit  thonigen  Zersetzungs-Erzeugnissen  des  Granites  an¬ 
gefüllt.  Unter  der  östlichen  Giebelwand,  wo  er  festere  Gang-Granite 
durchsetzt,  klafft  er  bis  zu  6  cm  und  ist  stellenweise  leer.  Letzteres 
beweist,  dafs  der  Rifs  im  Gi'anit  bei  Errichtung  des  Baues  noch 
nicht  vorhanden  war.  In  dem  mürben  Gi'anit  des  Kellerbodens 
konnte,  wenn  auch  mit  Mühe,  1^/2  bis  13/4  m  tief  mit  dem  Pickel 
niedergearbeitet  werden,  um  das  Verhalten  des  Risses  gegen  die 
Tiefe  zu  untersuchen.  Dabei  zeigte  es  sich  durchgehends,  dafs  der 
Rifs  sich  nach  unten  rasch  verengert  und  in  obiger  Tiefe  an  den 
meisten  Stellen  nur  noch  1/2  cm  weit  ist,  an  andern  schon  gänzlich 
geschlossen.  Seine  Lage  ist  im  ganzen  vertical,  bald  besitzt  sie  ein 
steiles  Einfällen  gegen  die  Süd-  oder  Bergseite,  niemals  gegen  den 
nördlichen  Berghang.  Der  Rifs  im  Granit  bedeutet  also  nicht  etwa 
die  Loslösung  einer  gröfseren  Gesteinsscholle  am  Berghang,  sondern 
er  ist  ein  durch  seitliche  Verschiebung  der  obersten  verwitterten 
Gesteinsmasse  entstandener  oberflächlicher  Klaff-Spalt.  Am  Ost-Ende 
des  Baues  unter  dem  Durchgang  konnte  im  Gang-Granit  auch  eine 
verticale  Verschiebung  der  Granitoberfläche  au  einer  beschränkten 
Stelle  beobachtet  werden,  wobei  das  Gestein  der  Nordseite  des 
Spaltes  sich  gegen  dasjenige  der  Südseite  um  etwa  10  cm  scheint 
gesenkt  zu  haben.  An  andern  Stellen  wurde  dergleichen  nicht  be¬ 
merkt.  Der  allgemeine  Verlauf  des  Risses  bekundet  eine  gewisse 
Abhängigkeit  von  der  Lage  der  oben  beschriebenen  besonders  nassen 
und  weichen  Stellen  des  Untergrundes  der  beiden  Facaden.  Der 
Rifs  im  Granit  wird  von  solchen  Stellen  gleichsam  angezogen,  sendet 
Ausläufer  gegen  dieselben  hin  und  erleidet  da,  wo  er  der  ganz  er¬ 
weichten  Nordwestecke  des  Baues  nahekommt,  eine  starke  Ablenkung 
nach  Norden  mit  gleichzeitiger  Zersplitterung.“ 

Nach  den  Beobachtungen  der  Mitglieder  des  Bauausschusses  sind 
in  den  letzten  sieben  Jahren  keine  Veränderungen  im  Gemäuer  des 
Schlosses  und  besonders  bei  den  angeführten  Rissen  vorgekommen, 
wenn  man  nicht  der  von  den  Wurzeln  und  Aesten  des  Epheus  ge¬ 
sprengten  Mauerquadern  gedenken  will,  welche  beispielsweise  die 
Sprengrisse  am  Brückenthurme  im  verflossenen  Jahre  so  bedenklich 
erweiterten,  dafs  eine  Entfernung  der  Epheuäste  und  dne  Erneuerung 
der  einen  ganz  verschobenen  Quaderecke  des  unteren  Thurmgeschosses 
nöthig  wurde.  Was  dem  Schlosse  noth  thut,  ist  eine  gründliche, 
sachgemäfse  Abführung  der  Tagwasser,  die  bis  jetzt  nur  unvoll¬ 
ständig  und  unvollkommen  durchgeführt  wai-,  sowie  die  Fernhaltung 
der  Vegetation  von  allen  erhaltenen  und  der  Erhaltung  werthen 
architektonischen  Theilen.  Es  bleiben  ja  immer  noch  genug  epheu- 
umrankte  Stücke  übrig,  um  den  romantischen  Zauber  der  Ruine  fest¬ 
zuhalten.  Mit  der  Ausführung  der  Entwässerungsanlagen  soll 
übrigens,  unabhängig  von  den  Arbeiten  des  Ausschusses,  schon  in 
der  allernächsten  Zeit  vorgegangen,  und  somit  die  erste  wirkungs¬ 
volle  Arbeit  für  die  Erhaltung  unseres  Kleinodes  deutscher  Baukunst 
begonnen  werden.  D. 


Die  Preisbewerbiiiig  zur  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm -Denkmals 

für  die  Rlieinprovinz. 

(Schlufs.) 


Obgleich  man  erwarten  durfte,  dafs  für  ein  ausschliefslich  rhei¬ 
nisches  Bauwerk  mehr  Entwürfe  in  Anlehnung  an  mittelalterliche 
Bauweise  entstehen  würden,  ist  doch  nur  ein  einziger  Entwurf  in 
romanischem  Stil  ausgearbeitet  und  drei  in  gothischen  Formen.  Die 
romanisch  durchgebildete  Arbeit  mit  dem  Kennwort  „Nonnenwerth“ 
zeigt  einen  unten  geviertförmigen,  an  allen  vier  Seiten  offenen, 
baldachinartigen,  ins  Achteck  übergehenden,  43,7  m  hoch  sich  er¬ 
hebenden  Kuppelbau,  darunter  auf  5  m  hohem  von  allegorischen 
Figuren  umgebenen  Postament  die  3,5  m  hohe  Gestalt  des  Kaisers 


mit  Krone,  Mantel,  Scepter  und  Reichsapfel.  Die  Architektur  ist  in 
edlen,  mafsvolleu  Verhältnissen  wirkungsvoll  durchgebildet,  doch 
ruft  sie  einen  zu  kirchlichen  Eindruck  hervor. 

Unter  den  drei  gothischen  Wettbewerbern  hat  einer  den  Rhenser 
Kaiserstuhl  in  ungeeigneter  Weise  verarbeitet.  Ein  zweiter,  der 
Verfasser  des  Entwurfs  mit  dem  Kennwort  „Rhein“,  hat  auf  einen 
wunderlichen,  pyramidenartig  über  einer  geviertförmigen  Grundfläche 
von  24  m  Seite,  25  m  hoch  aufsteigenden,  mit  reichem  figürlichen 
Schmuck  ausgestatteten  Terrassenbau  das  5,5  m  hohe  Reiterstandbild 


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Kr.  26. 


261 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


des  Kaisers  gesetzt.  Es  ist  zu  bedauern,  dafs  der  Künstler  sein 
augenscheinlich  hervorragendes  Können  auf  die  Durchführung  eines 
so  unglücklichen  Gedankens  verschwendet  hat. 

Der  dritte  gothische  Entwurf,  die  Arbeit  mit  dem  Kennwort  J  L, 
ist  hinsichtlich  des  Mafshaltens  in  den  Abmessungen  als  eine  der 
gelungensten  zu  bezeichnen,  auch  in  der  sonstigen  Gestaltung  zeigt 
sie  die  Hand  eines  bewährten  Meisters.  Auch  dieser  Entwurf  hat 
die  Südspitze  der  Insel  Nonnenwerth  gewählt.  Hinter  dem  auf  die 
Inselspitze  gelegten  Festplatz  von  180  m  Länge  und  140  bezw.  75  m 
Breite  erhebt  sich  auf  reich  gegliederter  Terrasse  die  Denkmal-An¬ 
lage,  deren  Mittelpunkt  ein  5,2  m  hohes  Keiterstandbild  einnimmt, 
welches  sich  15  m  über  den  Festplatz  erhebt,  auf  einem  mit  figür¬ 
lichen  Gruppen  —  Vater  Ehein  zwischen  Eheinnixen  mit  der  Kaiser¬ 
krone  —  geschmückten  Postament  von  etwa  6  m  Höhe.  Hinter  dem 
Standbild  erhebt  sich  ein  architektonischer  Aufbau,  in  dessen  Mitte 
sich  eine  Nische  innerhalb  eines  aus  einem  rechteckigen  Grundrifs 
oben  ins  Achteck  übergehenden  Thurmes  öffnet,  welche  die  Um¬ 
rahmung  der  Kaiserfigur  bildet.  Zu  beiden  Seiten  des  Thurmbaues 
schliefst  eine  im  Grundrifs  nach  einem  Kreisbogen  geformte  Abschlufs- 
niauer  mit  allerhand  Trophäen-  und  Waftenschrauck  die  Terrasse 
ab.  Die  Nische  hinter  dem  Kaiserstandbild  soll  mit  Teppichmustern 
in  Mosaik  geziert  werden,  während  die  übrigen  Architekturtheile 
reichen  figürlichen  Schmuck  zeigen.  Die,  wie  gesagt,  hinsichtlich 
des  Mafsstabes  vorzüglich  gelungene  Arbeit,  ist  auch  in  ddr  Form¬ 
gebung  vortrefi’lich,  ansprechend  und  ruhig  durchgeführt,  doch  würde 
bei  etwas  weniger  feiner  Durchbildung  mancher  Einzelheiten  eine 
kräftigere  Wirkung  in  der  Landschaft  erzielt  worden  sein.  Die  in 
glücklicher  Weise  zusammengedrängte  Anordnung  der  Terrassen 
sowie  der  Haupt-  und  Nebentheile  der  Denkmal- Anlage  ist  rühmend 
anzuerkennen. 

Ebenso  glücklich  im  Mafsstab  ist  der  in  edlen  italienischen 
Eenaissanceformen  und  in  schönen  Verhältnissen  durchgebildete  Ent¬ 
wurf  mit  dem  Kennwort  „Im  deutschen  Ehein“  ausgefallen,  als  dessen 
Verfasser  sich  Herr  S.  Neckelmann  in  Stuttgart  bekannt  hat.  Der 
Schwerpunkt  des  Denkmalaufbaues  ist  hier  —  ähnlich  wie  bei  dem 
zweiten  Entwurf  von  Bruno  Schmitz  —  möglichst  weit  nach  der 
Spitze  der  Insel  Nonnenwerth  hingerückt.  Der  Künstler  läfst  aus 
einem  sich  in  dem  hochwasserfrei  aufgehöhten  Inselboden  schroff  er¬ 
hebenden  Fels-Unterbau  eine  gleich  einer  „Kaiser-Eheinpfalz“  empor¬ 
ragende  Halle  herauswachsen,  augenscheinlich  eine  Euhmeshalle  zur 
Verherrlichung  der  hervorragenden  rheinischen  Zeitgenossen  des  ver¬ 
ewigten  Kaisers,  seiner  Mitarbeiter  an  dem  grofsen  deutschen  Eini¬ 
gungswerke.  Diese  Halle  erhebt  sich  in  einer  Länge  von  49  m  und 
einer  Tiefe  von  14  m  auf  der  12  m  über  dem  Inselgelände  erhöhten, 
steilen,  aus  dem  Fels  herauswachsenden  Terrasse  15  m  hoch  (vom 
Fufsboden  bis  zur  Attica),  sie  wird  in  dem  erweiterten  quadratischen 
Mittelbau  durch  einen,  das  wasserfreie  Gelände  50  m  überragende, 
in  der  Kaiserkrone  endigenden  Kuppelbau  gekrönt.  Die  Halle  öffnet 
sich  nur  in  dem  quadratischen  Mittelbau  nach  der  Vorderseite  (Süden), 
aufserdem  noch  an  den  beiden  kurzen  Seiten.  Nach  Norden  ist  sie 
ganz  geschlossen  und  in  der  Mittelachse  durch  eine  halbkreisförmige 
Apsis  erweitert.  Die  beiden  Langseiten  haben  bei  einer  Achsweite 
von  7  m  acht  2  m  tiefe  Nischen  erhalten,  in  welchen  Figuren-Grupjpen 
aufgestellt  sind,  welche  die  bedeutenderen  deutschen  Staaten  versinn¬ 
bildlichen.  Auf  den  dicht  vor  die  Südseite  der  Halle  gelegten,  ebenso 
geschickt  und  ansprechend  wie  bei  der  vorbesprochenen  Arbeit  zu¬ 
sammengedrängten  Terrassenbau  soll  das  5,7  m  hohe  Eeiterstandbild 
des  Kaisers  auf  2,6  m  hohem  Sockel  seinen  Platz  erhalten. 

Leider  gestattet  der  beschränkte  Eaum  und  auch  die  ohnehin 
schon  auf  die  Probe  gestellte  Geduld  der  Leser  nicht,  auf  alle 
übrigen,  zum  Theil  noch  als  tüchtige  Leistungen  zu  bezeichnende 
Arbeiten  des  Wettbewerbs  näher  einzugehen.  Es  kann  daher  nach¬ 
stehend  nur  noch  in  Kürze  einiger  Entwürfe  gedacht  werden,  welche 
sich  durch  gewisse  Eigenart  besonders  bemerkbar  machen. 

Der  Entwurf  der  Architekten  Ch.  Weib  u.  Wilh.  Müller  in 
Frankfurt  a.  M.  mit  dem  Kennwort  „Deutschlands  Strom,  nicht 
Deutschlands  Grenze“  zeigt  auf  der  Südspitze  der  Insel  Nonnenwerth 
einen  zwölfsäuligen  Eundtempelbau  von  20  m  Durchmesser,  in  dessen 
nach  aufsen  abgeschlossenem  Innenraum  das  Kaiserstandbild  steht. 
Der  Bau  endigt  in  einer  Kuppel,  ist  in  edlen  Formen  und  schönen, 
mafsvollen  Verhältnissen  durchgebildet,  wirkt  aber  zu  mausoleum¬ 
artig;  auch  erscheint  der  Gedanke,  das  Kaiserbild  im  Innern  des 
Baus  vor  der  Aufsenwelt  zu  bergen,  dem  Charakter  des  Denkmals 
nicht  angemessen. 

In  entgegengesetzter  Art  zu  lustig  und  luftig  wirkt  die  Arbeit 
-Könne  wollen,  wolle  können“,  welche  — •  ebenfalls  auf  der  Südspitze 
von  Nonnenwerth  ein  Eeiterstandbild  unter  einem  vierseitigen  offenen 
Pavillon  aufstellt,  dessen  Architektur  wohl  schöne  Einzelformen 
zeigt,  im  ganzen  aber  einen  etwas  „labilen“  und  deshalb  nicht  aus¬ 
reichend  würdigen  Eindruck  hervorruft. 

Einen  ganz  besonderen  Platz  endlich  unter  den  Insel-Denkmal- 


Entwürfen  nimmt  die  Arbeit  mit  dem  Kennwort  „Eheinlands  Dank“ 
ein.  Sie  legt  das  Hauptgewicht  auf  die  Durchbildung  des  Festplatzes 
und  hat  diesem  eine  eigenartige,  reizvolle,  festliche  Gestaltung  zu 
geben  verstanden,  wenngleich  derselben  das  eigentlich  Weihevolle 
fehlt,  welches  einer  Denkmal-Anlage  der  vorliegenden  Art  eher  durch 
einen  ruhigeren,  ernsten,  architektonischen  Aufbau  gegeben  wird. 
Die  Inselspitze  ist  in  dem  Entwurf  zu  einer  grofsen,  von  Ufermauern 
eingefafsten  Plattform  ausgebildet,  auf  welcher  sich  ein  6  m  hoher, 
60  m  langer,  20  m  breiter,  durch  zwei  seitliche  halbrunde  Ausbauten 
auf  35  m  Breite  erweiterter,  an  den  vier  Ecken  mit  Figuren-Gruppen 
geschmückter  Terrassenbau  mit  dem  7,5  m  hohen  Eeiterstandbild  des 
Kaisers  auf  7,5  m  hohem  Postament  erhebt.  Zu  beiden  Seiten  dieser 
Terrasse  stehen  an  den  Uferrändem  der  Inselplattform  aufsteigend 
zwei  36  m  hohe,  mit  kranzspendenden  Genien  als  Krönung  ge¬ 
schmückte,  zugängliche  Thurmbauten,  welche  dem  Festplatz  in  Ver¬ 
bindung  mit  dem  reichlich  angewendeten  Schmuck  durch  Flaggen¬ 
masten,  Löwen,  Baumpflanzungen,  Treppen- Anlagen  usw.  einen 
fröhlich  festlichen  Charakter  verleihen.  Die  reizvolle  Arbeit  ist  mit 
viel  Geschmack  durchgeführt  und  verräth  die  Hand  eines  wohlge¬ 
schulten  Künstlers. 

Ueber  die  übrigen,  weniger  in  die  Augen  fallenden  Insel-Denk¬ 
male  mufs  des  beschränkten  Eaumes  wegen  hinweggegangen  werden. 
Es  bleibt  nunmehr  noch  übrig,  diejenigen  Arbeiten  zu  erwähnen, 
welche  andere  Plätze  vorschlagen.  Eine  gröfsere  Berghöhe  hat 
allein  die  Arbeit  mit  dem  Kennwort  „Semper  augustus“  berücksich¬ 
tigt,  welche  sich  die  Erpeler  Ley  gegenüber  dem  Städtchen 
Eemagen  als  Denkmalplatz  ausersehen  hat.  Dieser  Platz  wurde 
schon  seiner  Zeit  bei  den  Vorstudien  für  das  jetzt  auf  den  Nieder¬ 
wald  bei  Eüdesheim  aufgestellte  Nationaldenkmal  mehrfach  genannt, 
aber  wohl  mit  Eecht  nicht  gewählt.  Der  vorliegende  Entwurf  legt 
an  dem  152  m  sich  über  den  Ehein  erhebenden  schroffen  Abhang 
der  Erpeler  Ley,  in  dem  alten  Säulen-Basalt-Steinbruch  eine  kunst¬ 
volle  Strafse  nach  der  Höhe  an,  welche  sich  mit  einem  aus  dem 
Basaltfels  auf  mächtigen  Pfeilern  herauswachsenden  Terrassenbau 
verbindet.  Auf  letzterem  ist  ein  viersäuliger  dorischer  Porticus  er¬ 
richtet,  von  Obelisken  flankirt,  mit  dahinter  befindlichem,  zur  ober¬ 
sten  Plattform  führenden  Treppenhaus.  Die  Plattform,  welche  nur 
13  m  im  Geviert  mifst,  nimmt  das  auf  5,5  m  hohem  Postament 
stehende  5  m  hohe  Eeiterstandbild  des  Kaisers  auf.  So  geschickt 
und  anziehend  in  seinen  Formen  auch  der  Aufbau  entwickelt  ist, 
wird  derselbe  doch  weder  nach  der  Ferne  hin  bedeutungsvoll  zur 
Geltung  kommen,  noch  auch  würde  das  kleine  Kaiserstandbild  be¬ 
merkbar  werden,  und  auch  selbst  für  die  Besucher  der  obersten 
Terrasse  würde  zur  günstigen  Betrachtung  des  letztem  sich  kein 
Standpunkt  finden  lassen. 

„Als  König  zur  Abwehr  empörenden  Angriffs  zogest  Du  aus, 

„Als  Kaiser  kehrtest  Du  heim,  mit  ewigem  Lorbeer  bedeckt.“ 

So  lautet  das  ungewöhnlich  lange  Kennwort  der  Arbeit  des  Professors 
Aug.  Eincklake  in  Braunschweig,  welche  einen  schwerlich  zur 
Verfügung  zu  stellenden,  und  auch  wohl  nicht  geeigneten  Platz  in 
dem  nicht  öffentlich  zugänglichen  Garten  des  Königlichen  Schlosses 
in  Coblenz  gewählt  hat.  Der  Künstler  stellt  hier  auf  einer  neu  zu 
errichtenden,  mit  einem  Putten-Friese  reich  geschmückten  Terrasse 
zwischen  Schlofs  und  Ehein  ein  Eeiterstandbild,  links  und  rechts 
davon  stattliche  Obelisken  mit  Inschriften.  Die  Wahl  des  Platzes 
ist  schon  deshalb  keine  glückliche,  weil  der  Terrassenbau  sowohl 
den  Blick  aus  dem  Schlofs  nach  dem  Ehein  wie  umgekehrt  be¬ 
schränken  würde. 

Schliefslich  ist  noch  als  einziger  Vertreter  eines  eigenartigen 
Gedankens  der  Entwurf  mit  dem  Kennwort  „Wer  will  des  Stromes 
Hüter  sein?“  zu  erwähnen,  als  dessen  Verfasser  sich  uns  der 
Architekt  W.  Linse  in  Aachen  genannt  hat.  Dieser  Entwurf  bringt 
den  Bau  einer  festen  Eheinbrücke  in  irgend  einer  nicht  genannten 
Stadt  mit  dem  Kaiser -Denkmal  in  Verbindung,  indem  er  letzteres 
auf  dem  mittelsten,  stark  verbreiterten  Strompfeiler  unter  einer 
mächtigen,  mit  reichem  architektonischen  und  bildnerischen  Schmuck 
ausgestatteten  Kuppel  inmitten  der  Brückenstrafsenzüge  aufstellt 
und  dabei  Gelegenheit  geben  will,  durch  Hinzufügung  zweier  ferneren 
Kaiserfiguren  unter  den  seitlichen  Kuppelbögen  ein  „Drei  Kaiser- 
Denkmal“  daraus  zu  machen.  Die  vier  mit  eisernen  Bögen  ge¬ 
schlossenen  Brückenöffnungen  haben  eine  Lichtweite  von  je  100  m, 
der  Mittelpfeiler  den  ansehnlichen  Querschnitt  von  40  m  im  Geviert. 
Ein  verwandter  Gedanke  ist  im  vorigen  Jahr  mehrfach  in  der  Stadt 
Bonn  zur  Sprache  gekommen,  da  hier  gleichzeitig  mit  der  Anregung 
eines  Kaiser-Denkmals  auch  der  Bau  einer  festen  Brücke  in  Anregung 
gebracht  worden  war.  Die  Kosten  des  Brückendenkmals  ohne  den 
auf  etwa  drei  Millionen  zu  schätzenden  eigentlichen  Brückenbau  hat 
Herr  Linse  auf  1  300  000  Mark  veranschlagt.  Auf  eine  Verwi’-klichung 
dieses  Gedankens  ist  zur  Zeit  in  keiner  Stadt  der  Eheinprovinz  zu 
rechnen.  — 

Wir  haben  am  Anfänge  unserer  Besprechung  das  Ergebnifs  des 


262 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


28.  .Juni  1890. 


Wettbewei'bs  als  ein  erfreuliches  bezeichnet,  ^\ir  sprechen  jetzt 
am  Schlüsse  den  ^Vnnscll  und  die  Hoftnung  aus,  dafs  es  der  rheini¬ 
schen  Provincial- Behörde  gelingen  möge,  auf  Grund  der  Klärung, 
welche  der  Wettbewerb  in  die  bis  dahin  noch  in  mancher  Hinsicht 
dunkle  Frage  gebracht  haben  mufs,  zu  einem  weisen  Beschlufs  und 
dadurch  zu  einem  der  Rheinprovinz  würdigen  Kaiser  Wilhelm- 
Denkmal  zu  gelangen.  Es  wird  zunächst  die  Platzfrage  endgültig 
zu  entscheiden  sein.  Eine  gewisse  Einigkeit  scheint  im  allgemeinen 
wohl  wenigstens  darüber  vorzuherrschen,  dafs  die  Nähe  des  Siebeu- 
gebirges,  als  des  ideellen  Mittelpunktes  der  Rheinprovinz,  die 
empfehlenswertheste  Stelle  für  das  Denkmal  bieten  würde.  In 
einem  Aufsatz  des  Baurath  Maertens  (Bonn)  in  Nr.  164  der  Köl¬ 
nischen  Zeitung  vom  15.  Juni  1890  wird  das  bestätigt.  Die  Aus¬ 
führungen  desselben  werden  unsrerseits  zwar  nicht  durchweg  als 
unserer  Ansicht  entsprechend  anerkannt,  namentlich  hinsichtlich  der 
zum  Theil  nicht  zutreffenden  —  an  anderer  Stelle  zu  widerlegenden 
—  Preisangaben  und  Kostenberechnungen,  aber  doch  als  schätzens- 
werther  Beitrag  dem  Studium  der  Leser  sowie  der  für  die  weitere 
Entwicklung  der  Angelegenheit  berufenen  Behörden  und  Sachver¬ 
ständigen  empfohlen.  Eine  Höhe  am  Rhein,  wie  sie  das  Preisaus¬ 
schreiben  den  Wettbewerbern  freigegeben  hatte,  dürfte  nunmehr 
kaum  noch  in  Betracht  kommen,  nachdem  die  wenigen  für  eine 
solche  eingegangenen  Lösungen  den  Beweis  geliefert  haben,  dafs  auf 
einer  Höhe  ohne  die  Verwendung  unerschwinglicher  —  durch  Samm¬ 
lungen  nach  dem  Beispiel  des  Niederwalddenkmals  erfahrungsgemäfs 
nicht  aufzubringenden  —  Geldmittel  ein  würdiges  Denkmal  nicht  ge¬ 
schaffen  werden  kann.  An  einem  Platz  in  einer  der  hervorragen¬ 
deren  rheinischen  Städte  dürfte  kaum  noch  gedacht  werden,  nachdem 
die  meisten  derselben  schon  für  sich  selbständig  durch  Stiftungen 
oder  Denkmäler  oder  in  anderer  Weise  ihrer  Verehrung  für  den 
verstorbenen  Kaiser  Ausdruck  gegeben  haben.  Es  bleibt  demnach, 
wenn  nicht  noch  andere  wesentlich  neue  Vorschläge  eingehen  sollten, 
nur  die  Wahl  zwischen  einem  Insel-Denkmal  und  dem  von  Jakobs 
u.  Wehling  vorgeschlagenen  Platze  bei  Rhöndorf  an  dem  schroffen 
Abhang  des  Drachenfels  übrig.  Unter  den  in  der  Nähe  des  Sieben¬ 
gebirges  in  Betracht  kommenden  Inselplätzen  hat  die  Mehrzahl  der 
Wettbewerber  die  stromaufwärts  gelegene  Südspitze  von  Nonnen¬ 
werth  gewählt,  zwei  haben  sich  für  die  Insel  Grafeuwerth,  nur  einer 
für  die  Nordspitze  von  Nonnen werth  erklärt,  aufserdem  aber  haben 
die  Preisrichter  die  letztere  als  den  geeignetsten  lusel-Denkmal-Platz 
bezeichnet.  Neuerdings  ist  im  Publicum  mehrfach  die  Nordspitze 
der  Insel  Grafenwerth  genannt  worden.  .ledenfalls  verdient  diese 
wegen  ihrer  hervorragenderen  landschaftlichen  Lage  den  Vorzug  vor 
der  von  B.  Schmitz  und  von  Stiller  gewählten  Inselmitte.  Alle 
Inselplätze  sind  in  gewissen  Kreisen  augefochten,  weil  der  Weg  zu 
einer  Insel  durch  das  Wasser  führt  und  deshalb  von  dem  einen  für 
unbequem,  von  dem  anderen  für  gefährlich  gehalten  wird,  weil  ferner 
der  Nichttechniker  sich  nicht  recht  vorstellen  kann,  dafs  das  Insel¬ 
gelände  mit  verhältnifsmäfsig  geringen  Mitteln  über  das  Hochwasser 
hinaus  erhöht  und  sonach  zu  jeder  Zeit  zugänglich  gemacht  werden 
kann,  auch  dafs  dasselbe  gegen  die  verheerenden  Angriffe  des 
tückischen  nassen  Elementes  ausreichend  durch  die  Mittel  der 
Technik  zu  schützen  ist;  endlich  auch  machen  viele  es  sich  nicht 
klar,  dafs  ohne  allen  Zweifel  sofort  nach  Fertigstellung  eines  Insel- 
Denkmals  neue,  sich  leicht  bezahlt  machende  Verkehrsmittel  über 
das  Wasser  hinweg  entstehen  werden.  Gegen  die  Insel  Nonuenwerth 
insbesondere  wird  mit  Vorliebe  die  Näbe  des  auf  dem  alten  Insel¬ 
theile  befindlichen  „Klosters“  angeführt,  dessen  Ruhe  angeblich 
durch  das  geräuschvolle  Treiben  auf  dem  Denkmalplatze  beein¬ 
trächtigt  werden  würde,  während  doch  das  sogenannte  Kloster  auf 
Nonnenwerth  in  Wirklichkeit  nichts  weiter  ist  als  eine  Privat- 
Mädchenerziehuugsanstalt  unter  Leitung  geistlicher  Ordensschwestern. 
Dieser  Anstalt  würde  weder  ein  Platz  entzogen,  noch  auch  die  fried¬ 
liche  Ruhe  durch  ein  benachbartes  Kaiser-Denkmal  geraubt  werden, 
welches  nichts  weniger  als  störend  wirken  kann,  besonders  wenn 
der  mit  dem  Denkmal  zu  verbindende  Festplatz  sich  ebenso  wie  das 
Denkmal  in  den  durch  die  Verhältnisse  gebotenen  mafs vollen  Ab¬ 
messungen  hält,  welche  dem  Denkmal  mit  seinem  Festplatz  den 
weihevollen,  würdigen  Charakter  wahren  und  besonders  jedes 
lärmende  Wirthshaustreiben  von  letzterem  fernhalten,  während 
dieses  auf  so  grofsen  Plätzen  nicht  zu  vermeiden  ist,  wie  sie  z.  B. 
Maertens  in  dem  angeführten  Aufsatz  in  der  Kölnischen  Zeitung 
zur  Unterbringung  einer  Mensclienmasse  von  200  000  Köpfen  vor¬ 
schreibt.  Die  vielen  hervorragenden  Entwürfe  für  ein  Insel-Denkmal 
zeigen  anderseits,  welche  vielseitigen  eigenartigen  und  dabei  an¬ 


Hemmschuhe  im 

Das  Verschieben  der  Wagen  auf  dem  Bahnhofe  Köln- Gereon 
erfolgt  von  zwei  Ablanfgeleisen  und  nimmt  für  einen  Zug  von  50  bis 
60  Wagen  mit  Einschlufs  der  Auffahrt  auf  die  Ablaufgeleise  höch- 


ziehenden,  der  Umgebung  entsprechenden  Lösungen  sich  für  ein 
Insel-Denkmal  schaffen  lassen.  Und  in  der  That  würde  ein  lediglich 
rheinisches  Kaiser -Denkmal  am  besten  im  Rheinstrome  selbst  seinen 
Platz  finden,  wo  es,  umspült  von  den  Wellen  des  schönsten  deutschen 
Stromes  als  Wahrzeichen  der  Zugehörigkeit  des  Rheinstroms  und 
des  Rheinlandes  zum  gesamten  Vaterland  und  der  Unti-ennbarkeit 
von  diesem,  trotzend  allen  feindlichen  Angriffen  der  Menschen  wie 
der  Elemente,  von  jedem  Rheinlandbewohner  so  recht  als  das  Eigen¬ 
thum  der  engeren  Heimath  empfunden  werden  würde.  Der  Gedanke 
eines  Insel -Denkmals  für  die  Rheinprovinz  ist  ein  so  glücklicher, 
dafs  der  Name  des  bis  jetzt  unbekannt  gebliebenen  Anregers  desselben 
wohl  bekannt  zu  werden  verdient. 

Es  würde  zu  weit  führen,  die  einzelnen  Licht-  und  Schatten¬ 
seiten  der  drei  genannten  Inselplätze  nochmals  vorzuführeu;  der 
Leser  dürfte  in  der  Lage  sein,  sich  dieselben  an  der  Hand  der  vor¬ 
stehenden  Besprechung  selbst  zu  vergegenwärtigen.  Sollten  bei  der 
Entscheidung  über  die  Platz  frage  diese  Inselplätze  wider  Erwarten 
unberücksichtigt  bleiben,  so  wäre  noch  eine  andere  Insel  in  Betracht 
zu  ziehen,  welche  schon  bei  den  Berathungen  des  Ausschusses  in 
Königswinter  am  8.  Juni  1889  genannt  wurde,  nämlich  die  unterhalb 
Andernach  nahe  bei  der  Ruine  Hammerstein  gelegene,  etwa  700  m 
lange  Insel  Hammersteinerwerth,  welche  vollständig  im  Besitze  des 
preufsischen  Staates  ist  und  leicht  erworben  werden  kann.  Einem 
jeden,  der  einmal  den  Rhein  zwischen  Bonn  und  Coblenz  befahren 
hat,  wird  das  anmuthige  Bild  dieser  kleinen  Insel,  welche  zwischen 
den  beiderseitigen  schroffen,  sich  coulissenförmig  hinter  einander 
stellenden  Felsmasseii  im  breiten  Strom  schwimmt,  und  weithin 
stromaufwärts  und  stromabwärts  sichtbar  bleibt,  unvergefslich  sein. 
Landschaftlich  würde  hier  vielleicht  ein  architektonisch  entwickeltes 
Kaiser-Denkmal  noch  günstiger  wirken,  als  an  den  anderen  Stellen. 
Diese  Stätte  liegt  zwar  nicht  in  unmittelbarer  Nähe  des  Sieben¬ 
gebirges,  sie  ist  demselben  aber  noch  nahe  genug  und  von  den  be¬ 
nachbarten  Eisenbahnstationen  in  kurzer  Zeit  zu  erreichen,  und  ein 
hier  leicht  zu  entwickelnder  Local- Dampf boot -Verkehr  wird  sie  um 
so  zugänglicher  machen.  Welcher  Inselplatz  aber  auch  immer  in 
Betracht  kommen  mag:  unter  allen  Umständen  sollte  man  bei  einem 
solchen  die  hier  in  mancher  Beziehung  bedenkliche  Reiteidigur 
fortlassen  und  —  bei  etwaiger  Aufstellung  unter  einer  Bedachung  — 
durch  ein  stehendes  Standbild,  bei  freier  Aufstellung  aber  durch 
eine  Gruppe  im  Sinne  des  Hilgersschen  Entwurfs  ersetzen. 

Sollte  man  sich  an  entscheidender  Stelle  nicht  zur  Wahl  eines 
Inselplatzes  entschliefsen,  so  würde  wohl  nur  der  Drachenfels-Abhang 
bei  Rhöndorf  und  mit  ihm  der  Jakobs  u.  Wehlingsche  Entwurf, 
jedoch  in  nicht  unwesentlich  veränderter  Gestalt,  für  die  Ausführung 
in  Betracht  kommen,  vorausgesetzt,  dafs  die  vorläufig  noch  nicht 
verfügbaren  Mittel  dafür  aufgebracht  werden  können.  Auch  hiermit 
würden  wir  uns  in  Rücksicht  auf  eine  baldige  Verwirklichung  der 
Denkmal- Ausführung  einverstanden  erklären,  obgleich  wir  selbst  in 
erster  Linie  Anhänger  eines  Insel -Denkmals  sind.  Vor  allem  aber 
ist,  welcher  Platz  in  freier  Landschaft  auch  gewählt  werden  möge, 
eine  architektonische  Entwicklung  des  Denkmals  zur  Bedingung  zu 
machen,  weil  ohne  eine  solche  jede  Wirkung  in  der  Landschaft  ver¬ 
loren  gehen  mufs.  Bei  Anlehnung  an  den  Jakobs  u.  Wehlingschen 
Entwurf  wird  die  entscheidende  Behörde,  ehe  sie  einen  bindenden 
Entschlufs  fafst,  im  Anschlufs  an  die  unsrerseits  nach  persönlicher 
Auffassung  in  vorstehender  Besjjrechung  erhobenen  Bedenken  gegen 
die  Lage  und  den  Mafsstab  der  geplanten  Denkmal -Anlage  unter 
Zuziehung  vorurtheilsfreier  Sachverständigen  zunächst  sich  noch  Auf¬ 
klärung  über  den  Mafsstab  und  die  dementsprechende  Formgebung 
der  hier  mit  den  Massen  der  landschaftlichen  Umgebung  stark  in 
Vergleich  tretenden  Anlage  nochmals  Aufklärung  verschaffen  müssen. 
Gb  dann  noch  ein  engerer  Wettbewerb  unter  einzelnen  der  hervor¬ 
ragenderen  Künstler  des  ersten  Wettbewerbs  stattzufinden  haben 
wird,  oder  ob  die  Ausführung  eines  neuen  Entwurfs  unmittelbar  an 
einen  derselben  unter  Zugrundelegung  seines  ersten  Gedankens  er¬ 
folgen  soll,  wird  die  Provincial -Behörde  zu  erwägen  und  zu  ent¬ 
scheiden  haben.  Die  Blicke  nicht  nur  der  Rheinländer,  sondern  des 
ganzen  deutschen  Vaterlandes,  welches  gleich  den  Bewohnern  der 
Rheinprovinz  den  Rhein  als  seinen  Strom  betrachtet,  werden  dabei 
auf  sie  gerichtet  sein.  Möge  sie  bei  ihren  Entschlüssen  glücklich 
sein  und  möge  dadurch  das  deutsche  Rheinland  am  oder  im  deutschen 
Rhein  ein  würdiges  Denkmal  erhalten  für  den  unvergefslichen 
Schirmer  des  deutschen  Rheins! 

Johannes  Lemcke. 

Regierungs-  und  Stadt-Baumeister  in  Bonn. 


Yerschubdieiist. 

stens  20  Minuten  in  Anspruch.  Die  Wagen  werden  nach  Ankunft 
auf  der  oberen  Strecke  den  Ablaufgeleisen  auf  der  der  Rampe  zu¬ 
gekehrten  Kopfwand  mit  der  Nummer  des  Geleises,  in  welches  sie 


Nr.  26. 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung-. 


26.3 


ablaufen  sollen,  beschrieben,  abgehängt,  durch  die  Verschub- 
maschine  auf  die  Ablauframpe  langsam  zurückgedrückt  und  dann 
sich  selbst  überlassen.  Eine  Beeinflussung  des  Laufes  der  einzelnen 
Wagen  oder  Abtheilungen  tritt  insofern  noch  ein,  als  ihre  Abstände 
von  einander  durch  Bremse  oder  Bremsknüppel  geregelt,  und  die 
langsam  und  schwerfällig  laufenden  Wagen  am  Fufse  der  Ablauf¬ 
rampe  durch  bereitstehende  Pferde  in  schnellere  Bewegung  gesetzt 
werden.  An  der  Aufschrift  der  Kopfwand  des  Wagens  erkennen  die 
Weichensteller,  in  welches  Geleis  derselbe  laufen  soll,  und  stellen 
dann  ohne  weiteren  Auftrag  die  in  Frage  kommenden  Weichen.  Bei 
ungünstiger  Witterung,  Nebel  oder  Dunkelheit,  wenn  zu  befürchten 
steht,  dafs  die  Aufschrift  nicht  mit  Sicherheit  gelesen  werden  kann, 
werden  die  Nummern  der  Geleise  den  Weichenstellern  durch  den 
Verschubmeister  zugerufen.  Das  Neigungsverhältnifs  der  Ablauf¬ 
rampe  beträgt  für  die  Sommermonate  bezw.  in  den  günstigen  Jahres¬ 
zeiten  annähernd  1  :  60  und  wird  für  die  Wintermonate  durch  An¬ 


ermöglicht.  Bei  den  Hemmschuhen  mit  fester  Spitze  trat  der  Uebel- 
stand  ein,  dafs  letztere  sich  allmählich  nach  oben  verbog  und  da¬ 
durch  das  Auflaufen  des  Rades  erschwert  wurde.  Auch  ist  es  öfters 
vorgekommen,  dafs  solche  mangelhaften  Hemmschuhe  durch  den  An¬ 
stofs  des  Rades  von  den  Schienen  fielen ,  was  bisweilen  heftige  Zu- 
sammenstöfse  und  Beschädigungen  der  Wagen  im  Gefolge  hatte. 
Durch  Anwendung  der  Hemmschuhe  mit  beweglicher  Spitze  ist  dem 
wirksam  vorgebeugt,  und  wenn  ähnliche  Vorkommnisse  einmal  ein- 
treten,  sind  sie  stets  auf  mangelhafte  Geleislage  oder  breitgefahrene 
Schienenköpfe  zurückzuführen  gewesen.  Namentlich  die  letzteren 
üben  dabei  einen  sehr  ungünstigen  Einflufs  und  müssen  deshalb 
aus  Verschubgeleisen  rechtzeitig  entfernt  werden.  Wo  dies  nicht 
angängig  ist,  sollten  Hemmschuhe  nicht  zur  Verwendung  gelangen. 

Als  Nachtheil  der  Verwendung  von  Hemmschuhen  im  Verschub- 
dienst  ist  die  starke  Beanspruchung  der  Achsgabeln  und  Lagerkasten 
der  Wagen  anzusehen,  welche  eintritt,  wenn  die  ablaufenden  Wagen 


Eiserner  Hemmschuh,  für  Eisenbahnfahrzeuge. 


stopfen  des  Geleises  bis  auf  1  ;  40  verstärkt.  Die  durchschnittliche 
Länge  der  Rampe  beträgt  60  m.  Die  in  den  Verschubgeleisen  an- 
kommenden  Wagen  werden  durch  Hemmschuhe,  die  ein  Arbeiter 
je  nach  der  Geschwindigkeit  der  Wagen  15 — -30  m  vor  der  Stelle, 
wo  sie  zum  Stillstände  kommen  sollen,  auf  den  Schienenkopf  legt, 
aufgehalten  und  zum  Stehen  gebracht.  Diese  Hemmschuhe  haben 
die  in  Abb.  1  u.  2  dargestellte  Form.  Sie  bestehen  aus  einem 
schmiedeeisernen  Kern  mit  gelenkartig  beweglicher  Stahlspitze 
(Patent  Barthelmefs)  und  unterscheiden  sich  im  allgemeinen  von  den 
früher  hier  im  Gebrauch  gewesenen  nur  durch  diese  bewegliche 
Spitze,  welche  den  Vortheil  bietet,  dafs  sie  sich  stets  fest  auf  den 
Schienenkopf  legt,  und  dadurch  ein  sicheres  Auf  laufen  des  Rades 


mit  einigermafsen  erheblicher  Geschwindigkeit  auflaufen.  Es  müssen 
deshalb  gewandte  und  eingeschulte  Verschubarbeiter  stets  zur  Hand 
sein,  welche  mit  den  Bremsknüppeln  sofort  einzugreifen  haben,  wenn 
ein  Wagen  oder  eine  Abtheilung  mit  nicht  bedienter  Bremse  in  zu 
rasche  Bewegung  geräth.  Wo  dies  geschieht  und  es  an  der  er¬ 
forderlichen  Aufsicht  nicht  fehlt,  erscheint  die  Anwendung  der 
Hemmschuhe  nicht  nur  unbedenklich,  sondern  sogar  höchst  empfeh- 
lenswerth. 

Derartige  Hemmschuhe  sind  auf  dem  Bahnhofe  Köln -Gereon 
bereits  seit  IV2  Jahren  in  Gebrauch;  Bechädigungen  derselben  infolge 
der  Benutzung  sind  nur  in  ganz  vereinzelten  Fällen  vorgekommen. 
Bezogen  wurden  sie  von  der  Firma  Joh.  Schumacher  in  Deutz. 


Ziegelsteingewolbe  aus  yerzahnten  Ringen. 


Bei  der  Ausführung  gröfserer  Gewölbe-  und  Bogenconstructionen 
aus  Ziegelsteinen  prismatischen  Formates  verursacht  die  aus  der 
radialen  Anordnung  der  Schichten  sich  ergebende  Stärkezunahme 
der  Lagerfugen  von  innen  nach  aufsen  mehrfache  Schwierigkeiten. 
Es  wird  aufserdem  durch  dieselbe  die  der  statischen  Behandlung  des 
Gewölbes  zu  Grunde  gelegte  Annahme  gleichbleibender  Beschaffenheit 
des  Materials  zum  Theil  hinfällig  gemacht,  und  dies  in  um  so  höherem 
Grade,  je  gröfser  diese  Stärkezunahme  ist.  Nur  durch  die  Anwendung 
keilförmiger  Steine  könnte  man  diesen  Nachtheilen  aus  dem  Wege 
gehen,  doch  wird  man  bei  umfangreicheren  Bauten  der  Kostspieligkeit 
wegen  hiervon  nicht  Gebrauch  machen.  Es  bleibt  also  dem  aus¬ 
führenden  Techniker  nur  die  Wahl,  entweder  alle  Schichten  von 
der  inneren  zur  äufseren  Leibung  durchzuführen,  also  das  Gewölbe¬ 
mauerwerk  im  Verbände  herzustellen  und  das  Uebel  der  Fugen¬ 
erweiterung  nebst  seinen  Folgen  mit  in  den  Kauf  zu  nehmen,  oder 
das  Gewölbe  in  einzelnen  Ringen  herzustellen,  von  denen  ein  jeder 
nur  eine  solche  Stärke  besitzt,  dafs  die  Fugenerweiterung  an  seinem 
Rücken  nicht  zu  erheblich  wird.  Aber  auch  die  Rücksicht  auf  mög¬ 
lichst  geringe  Belastung  des  Lehrgerüstes  kann  unter  Umständen  zu 
der  Wahl  der  Ringanordnung  führen.  Erfolgte  völliger  Schlufs  des 
vorhergegangenen  Ringes,  bevor  der  folgende  begonnen  oder  doch 
wesentlich  gefördert  worden  ist,  so  hat  das  Lehrgerüst  zunächst  nur 
die  Last  des  untersten  Ringes  zu  tragen  und  später  helfen  die  schon 
geschlossenen  Ringe  sowohl  ihre  eigene  Last  als  auch  die  des  in 
Arbeit  begriffenen  Ringes  mit  tragen,  wodurch  eine  wesentliche  Ent¬ 
lastung  des  Lehrgerüstes  bewirkt  v/ird.  Das  Lehrgerüst  mufs,  und 
es  ist  dies  eine  wesentliche  Eigenthümlichkeit  desselben,  aufser 
genügender  Festigkeit  auch  einen  hinreichenden  Grad  von  Starrheit 
besitzen.  Hierdurch  wird  im  allgemeinen  eine  gröfsere  Stärke  der 
Constructionstheile  bedingt,  als  solche  mit  Rücksicht  auf  die  Festig¬ 
keit  allein  sich  ergeben  würde.  Je  geringer  also  im  Verhältnifs  zu 


der  thatsächlich  vorhandenen  Stärke  des  Lehrgerüstes  die  demselben 
aufzubürdende  Last  gemacht  werden  kann,  um  so  günstiger  wird  es 
für  die  Erhaltung  der  Form  des  Lehrgerüstes  und  damit  für  die  gute 
Herstellung  des  Gewölbes  sein.  Infolge  der  geringeren  Inanspruch¬ 
nahme  und  Abnutzung  wird  auch  das  Lehrgerüst  für  etwaige  wieder¬ 
holte  Verwendung  länger  tauglich  bleiben,  was  bei  Gewölbebauten 
mit  zahlreichen  Oeffnungen  von  Bedeutung  sein  kann. 

Bei  der  Gewölbeausführung  in  Ringen  ist  zur  Vermeidung  von 
anderen  Nachtheilen  und  Gefahren  aber  manches  besondere  zu  be¬ 
achten.  Es  wird  beispielsweise  bei  der  Mischung  des  Mörtels  darauf 
ankommen,  diese  so  zu  wählen  und  in  den  einzelnen  Arbeitsstadien 
nöthigenfalls  so  abzuändern,  dafs  nach  Vollendung  des  ganzen  Ge¬ 
wölbes  die  Mörtelmasse  sich  überall  möglichst  in  gleichem  Erhärtungs¬ 
zustande  befindet.  In  constructiver  Beziehung  sind  besondere  Mafs- 
nahmen  erforderlich,  um  es  zu  erreichen,  dafs  die  verschiedenen  Ringe 
wirklich  als  ein  Ganzes  zusammen  wirken.  Das  praktische  Gefühl 
schon  hat  gewisse  Richtungen  angedeutet,  nach  welchen  hin  man 
das  Verhalten  dieser  Constructionen  zu  untersuchen  hat,  ohne  in¬ 
dessen  zu  bestimmten  Forderungen  gelangt  zu  sein.  Die  bequemste 
Art  der  Ausführung  ist  die,  das  Gewölbe  in  concentrischen,  je 
1/2  Stein  starken,  übereinander  gelegten  Ringen  zu  mauern,  von 
einem  Steinverband  überhaupt  abzusehen  und  der  Bindekraft  des 
Mörtels  allein  das  Zusammenhalten  der  verschiedenen  Ringe  zuzu¬ 
weisen.  In  seiner  Bauingenieurkunst  sagt  Rankine  sehr  richtig,  dafs 
dieses  Verfahren  mangelhafte  Festigkeit  gebe,  wenn  man  nicht  in 
Gement  mauere.  Welchen  Kräften  aber  mit  den  besonderen  Eigen¬ 
schaften  des  Cements  begegnet  werden  solle,  begründet  er  nicht 
näher.  Zu  gleichem  Zwecke  giebt  derselbe  Autor  die  Regel  an, 
je  zwei  Stein  starke  Ringe  paarweise  mit  einander  zu  verbinden 
durch  periodisches  Einschalten  einiger  Binderschichten  oder  durch 
Verwendung  von  flacheisernen  Bändern,  welche  rund  um  das  Gewölbe 


2U 


Centralblatt  der  Baiiverwaltnng. 


28.  Juni  1890. 


zwischen  die  Ziegelsteinringe  sowohl  wie  auch  radial  iind  der  Lange 
nach  gelegt  werden  sollen.  Nach  einem  anderen  \  erfahren  wird  das 
Gewölbe  mit  sämtlichen  Eingen,  in  welche  man  es  entsprechend  der 
für  zulässig  erachteten  Fugenerweiterung  getheilt  hat,  gleichzeitig 
begonnen  und  gleichförmig  fortgeführt,  dabei  aber  jedesmal,  sobald 
in  irgend  zwei  benachbarten  Eingen  die  Schichten  Zusammentreffen, 
diese  über  beide  Einge  im  Verbände  durchgeführt,  wonach  wieder 
getrenntes  Weitermauern  stattfindet.  Damit  ist  für  die  Verbindung 
der  Einge  sicher  etwas  gewonnen,  ob  dieses  aber  für  die  Stand- 
fähigkeit  und  Festigkeit  genügend  ist,  pflegt  nicht  untersucht  zu 
werden,  mau  überläfst  offenbar  dabei  zu  viel  dem  Zufall.  Nach¬ 
folgend  soll  versucht  werden,  die  bei  dieser  angestrebten  Vereinigung 
der  Einge  in  Frage  kommenden  Kräfte  und  Beanspruchungen  zu 
ermitteln. 

Aus  der  auf  die  eine  oder  andere  Weise  gewonnenen  Drucklinie 
des  Gewölbes  als  Mittelkraftlinie  der  äufseren  Kräfte  lassen  sich 
die  Beanspruchungen  der  einzelnen  Gewölbecpierschnitte  bezw.  Quer¬ 
scheiben  ableiten.  Wenn  die  Mittelki-aftlinie  aus  den  Zuwachsen 
der  äufseren,  ebenfalls  auf  dünne  Bogenr|uerscheiben  entfallenden 
Kräfte  gezeichnet  worden  ist,  so  entspricht  jedem  Bogeuquerschnitt 
eine  Berührende  an  diese  Linie,  welche  die  Mittelkraft  aller  auf  den 
durch  den  Querschnitt  abgetrennten  Theil  des  Gewölbes  einwirkenden 
äufseren  Kräfte  der  Lage  nach  angiebt.  Für  den  vorliegenden  Zweck 
braucht  bei  diesen  Ermittlungen 
nicht  streng  nach  der  Lehre  vom 
elastischen  Bogen  verfahren  zu 
werden. 

Es  werde  eine  aus  dem  Gewölbe 
von  der  Tiefe  =  1  geschnittene 
dünne,  von  der  prismatischen  Form 
unendlich  wenig  abweichende  Quer¬ 
scheibe  von  der  Dicke  d  L  und  der 
Gesamthöhe  B  der  Betrachtung  unter¬ 
zogen.  Durch  einen  gleichlaufend 
zu  der  Gewölbeachse  und  winkel¬ 
recht  zum  Querschnitt  geführten 

Schnitt  in  der  Entfernung  vom 

Querschnittsmittelpunkt  werde  von 
ihr  ein  Theil  abgetrennt  und  die  Gröfse  der  auf  diesen  wirkenden 
inneren  und  äixfseren  Kräfte  untersucht.  Von  den  ersteren  kommen  zur 
Wirkung  die  Zug-  und  Druckkräfte  der  beiden  einander  gegenüber- 

B  B  B 


stehenden  Seitenflächen  X  ndv  und 


{  ndv  d  (  : 


n  d  V  (wobei 


V  die  Entfernung  eines  schmalen  Flächenstreifens  vom  Querschnitts¬ 
mittelpunkt  und  n  die  Spannung  desselben  bedeutet)  sowie  die  Schub¬ 
kraft  TdL  gleichlaufend  zur  Bogenachse  AA.  Die  Gleichgewichts¬ 
bedingung  dieser  inneren  Kräfte  ist 

B  B  B 


ndv  TdL  — 


ndv 


d  I  ndv  =  0  . 


Hieraus  folgt 


TdL 


n 

=  d  I  n 

J>' 


B 

ndv 


1) 


2) 


Die  Gröfse  der  Zug-  oder  Druckspannung  ergiebt  sich  aus  der 
Gleichgewichtsbedingung  für  die  inneren  und  äirfseren  Kräfte.  Von 
diesen  letzteren  fällt  nur  die  Seitenkraft  von  Li  in  die  Eichtung  der 
Bogenachse.  Wenn  die  Drucklinie  des  Gewölbes  wie  Seite  265 
Abb.  1  ( rechts)  als  Seilpolygon  unter  Beachtung  einer  der  gesicherten 
Standfähigkeit  des  Gewölbes  entsprechenden  Lage  gezeichnet  worden 
ist,  so  ergiebt  sich  die  Gröfse  der  mit  der  Bogenlänge  sich  ändernden 
Mittelkraft  li  aus  dem  Kräftepolygon  in  bekannter  Weise  als  Pol¬ 
strahl,  welcher  durch  die  entsprechend  vorgenommene  Zerlegung, 
wie  gezeichnet,  die  Seitenkräfte  P  und  Q  winkelrecht  und  gleich¬ 
laufend  zum  Quei’schnitt  liefert. 

Die  Spannung  n  auf  ein  in  der  Entfernung  v  vom  Mittelpunkt 
belegenes  Flächenstreifchen  bestimmt  sich  nach  der  Formel  für  zu¬ 
sammengesetzte  Beanspi’uchung  als 

y-*  ,  V2  P  e  V 


-  +  • 


B  '  B^  ■  •  • 

Durch  Einsetzen  in  den  Ausdruck  (2)  wird  dieser  zu 

B 


TdL  =  d 


P  12Pev 

E  +  E3 


)  di 


3) 


4) 


Die  Ausrechnung  des  bestimmten  Integrales  ergiebt 


./( 


P  12  P  e  V 

B  + 


^  dv  = 


2B 


sodafs  man  erhält: 


T  = 


dL 


.  .  5) 


Um  die  Differentiation  ausführen  zu  können,  müfste  die  Abhängigkeit 
der  einzelnen  Gröfsen  von  L  bekannt  sein.  Beschränken  wir  der 
Einfachheit  wegen  die  Betrachtung  auf  ein  Gewölbe  von  gleich¬ 
bleibender  Dicke  inid  in  diesem  auf  eine  in  gleicher  Entfernung 
von  der  Mittellinie  durchlaufende  Fläche,  nehmen  wir  also  B  und 
6  constant,  so  bleibt  als  mit  L  veränderlich  nur  P  und  e,  sodafs  der 
Ausdruck  (5)  die  Gestalt  annimmt: 

■6 


T=^ 


2  B 
B  —  b 
2B 


dP  3(E2_^2) 

2E3 


dP 


+ 


3  {B^  —  b^) 


dPe  


dL  '  2  Bi 

und  nach  weiterer  Zixsammenfassung  unter  Beobachtung,  dafs 


B  —  b 
2B 


+ 


3e  (E2  — 62^ 

2  Bi 


dP  .  3(E2_62) 
¥77  + - 27ß3 - ^ 


6) 


Bezeichnet  man  ~ß 


mit  +  so  vereinfacht  sich  der  Ausdruck  zu 


rp _  1  -f  jW/ 


dP 


(1  +  |U,)  qJ 


dP 


Zur  Bestimmung  von  ,  .  ist  es  nöthig,  dafs  das  Gesetz  der 
(l  Jj 

Abhängigkeit  der  Kraft  P  von  der  Länge  L  bekannt  ist.  Ein  ein¬ 
facher  rechnerischer  Ausdruck  wird  gewöhnlich  nicht  dafür  ent¬ 
wickelbar  sein.  Bei  graphischer  Ermittlung  könnte  P  als  Höhe  zum 
Grundabstand  L  aufgetragen  werden  und  es  wäre  möglich,  aus  der 
Neigung  der  Berührenden  an  die  so  erhaltene  Linie  für  jede  Länge  L 
d  P 

das  zugehörige  zu  entnehmen.  Man  findet  aber  bei  einer  solchen 

(i  Jj 

Darstellung,  dafs  dieser  Werth  sehr  klein  bleibt  gegenüber  dem 
Werthe  von  Q,  sodafs  das  ganze  erste  Glied  der  Klammergröfse 
deren  Werth  kaum  um  etwa  Vioo  erhöht,  mithin  füglich  ganz  weg¬ 
gelassen  werden  kann.  Es  gilt  also  mit  hinreichender  Genauigkeit 
der  Ausdruck 

^  3(l-n.2)Q 


2  B 


8) 


Die  Fähigkeit,  dieser  Schubspannung  Widerstand  leisten  zu 
können,  ist  es,  worauf  es  hauptsächlich  ankommt,  wenn  das  aus 
einzelnen  Eingen  gebildete  Gewölbe  als  ein  Ganzes  wirken  soll. 
An  jeder  Stelle  mufs  die  zwischen  je  zwei  Eingen  sich  entwickelnde 
Schubkraft  aufgehoben  werden,  und  es  kann  dies  nur  geschehen 
entweder  durch  den  Scherwiderstand  von  entsjrrechend  gutem, 
zwischen  die  Einge  gebrachtem  Mörtel  oder  dadurch,  dafs  die  Einge 
nicht  glatt  aufeinander  gelegt,  sondern  in  den  Berührungsflächen 
miteinander  verzahnt  werden.  Die  Zähne  werden  der  Gröfse  der 
aufzunehmenden  Schubkraft  entsprechend  aus  mehreren  Schichten 
zu  bestehen  haben.  Die  besonderen  Formverhältnisse  bringen  es 
mit  sich,  dafs  die  aus  dem  oberen  Eing  in  den  unteren  eingreifenden 
Theile  mindestens  eine  Schicht  mehr  enthalten  müssen  als  diese, 
da  jene  mit  den  engeren,  diese  mit  den  erweiterten  Fugen  Zu¬ 
sammentreffen. 

Nebenstehend  gezeichnetes  Gewölbe  (Abb.  1,  linke  Hälfte)  liefert 
mit  der  folgenden  Behandlung  ein  Beispiel,  wie  im  besonderen  Falle 
zu  verfahren  ist.  Die  Untersuchung  müfste  sich  natürlich  auf  die 
verschiedenen  Belastungsarten  erstrecken,  hier  möge  aber  nur  der¬ 
jenige  Fall  behandelt  werden,  in  welchem  sich  das  Gewölbe  bei  dem 
Ausrüsten  befindet,  bei  welchem  also  nur  das  Eigengewicht  des  noch 
nicht  mit  Hintermauerung  versehenen  Gewölbes  wirksam  ist.  Die 
eingezeichnete  Drucklinie  (rechte  Hälfte  der  Abb.  1),  welche  (da 
wenig  abweichend)  auch  als  Stützlinie  zu  benutzen  ist,  verbleibt 
innerhalb  des  mittleren  Drittels  des  Gewölbes;  dasselbe  ist  also, 
als  ein  Ganzes  betrachtet,  so  standfest  als  man  dies  zu  verlangen 
pflegt.  Würde  es  in  zwei  glatten  Eingen  von  je  2  Stein  Stärke, 
wie  in  Abb.  2  gezeichnet,  ausgeführt  werden,  so  würde  jeder  Eing, 
namentlich  der  untere,  von  sehr  zweifelhafter  Standfähigkeit  sein, 
und  ohne  besondere  Mafsnahmen  zur  Verbindung  der  Einge  würde 


Rr.  26. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


265 


Da 


sich  die  Consti'uction  nach  dem  Ausrüsteu  wohl  sehr  bedenklich 
verhalten;  durch  richtige  Anwendung  der  Verzahnung  wird  sie  völlig 
sichei’. 

Die  Fugenstärke  am  Eücken  eines  Bogens  von  der  Dicke  D 
und  dem  inneren  Halbmesser  R  berechnet  sich  aus  der  Fugenstärke  d 
an  der  inneren  Leibung  unter  Zugrundelegung  der  gewöhnlichen  Ziegel- 

6,5 +  di  R  +  D  „  D  r  B\ 

dicke  aus  — — — =  — - —  oder  aufgelöst  J*  =  6,5  — 1-  (  1  H - 1  d. 

6,5 +  d  R  R  \  RJ 

Wenn  im  vorliegenden  Falle  bei  R  —  800  cm,  D  =  103  cm,  d  =  1  cm 
angenommen  wird,  so  er- 
giebt  sich  d^  =  rd.  2  cm. 

Bei  dieser  erheblichen 
Fugenerweiterung  von 
1  cm  erscheint  die  Zer¬ 
legung  des  Bogens  in 
zwei  Ringe  mit  je 
etwa  0,5  cm  Fugen¬ 
erweiterung  gebo¬ 
ten.  Die  hierbei  an¬ 
zuwendende  Zahn¬ 
länge  ist  zunächst 
so  zu  bemessen, 
dafs  n  1  Schich¬ 
ten  mit  den  uner¬ 
weiterten  Fugen 
des  oberen  Ringes 
11  S  —  n  Schichten  mit 
"i  den  erweiterten  Fu¬ 
ji  gen  des  unteren 
I  Ringes  werden.  Un¬ 
ter  Bezugnahme 
auf  vorstehende  Abbil¬ 
dung  wird  also 
n  (6,5  +  d^)  =  («  4"  1) 

(6,5  -f-  dj)  sein,  woraus 
w  +  1  _  6,5  +  d^ 
n  6,5  4- dl 
6,5  4-  d^  R  +  D 

ergiebt  sich  durch  Ein¬ 
setzen  und  Auflösen  n  — 

_ (6,5  4-  dl)  R 

(d  — di)ü:4-(6,5  +  d)D‘ 

Wenn  ö  ~  so  wird 
R 

n- 

In  der  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  freien 
Wahl  der  beiden  Grö- 
fsen  d  und  di  hat  man 
ein  Mittel,  um  für  n, 
also  auch  für  die  Zahn¬ 
breite,  verschiedene,  dem 
jeweiligen'  Falle  anzu¬ 
passende  Werthe  zu  er¬ 
zielen.  Praktische  Rück¬ 
sichten  setzen  für  d  und  di 
gewisse  Grenzen  fest,  als  welche  man  etwa  1,2  bezw.  0,8  cm  annehmen 
kann.  Im  vorliegenden  Falle  ergiebt  sich  dann  für  n  die  untere  Grenze 

m  — - - (_^ — ^  - - —  1'/^  8  Die  obere  Grenze  für  7i 

(1,2  -  0,8)  800  +  (6,5  -1-  1,2)  50  ~  bnenze 

ist  =  oo,  da  der  Zähler  (d  —  di)  R  -j-  (6,5  -|-  d)  D  =  0  werden  kann 

,  .  (A  4-  D)  d  -4  6,5  D 

und  zwar  für  di  =  - - - -  — - - 

R 

Von  n  =  8  ab  ist  also  eine  jede  Zahnlänge  ohne  Verhauen  der 
Ziegelsteine  nur  durch  Aenderung  der  Fugenstärke  ausführbar. 
Wählt  man  die  Zahnlänge  zu  etwa  1  m,  so  findet  man  durch  einiges 
Probiren  bald,  dafs  man  eine  solche  erreicht  durch  Wahl  von 

50 

d  =  1,1  cm  und  di  —  1  cm.  Es  berechnet  sich  dann  d =  6,5  -|- 

/  50  \  , 

(^1  4"  g^l  1,1  =  1,6  cm.  Die  Zahnlänge  wird  genau 

12  (6,5  -f  1,6)  =  13  (6,5  4- 1,0)  =  rd.  97  cm. 

Die  Schubspannung  zwischen  den  beiden  Ringen  hat  in  dem 
4  Stein  starken  Theil  des  Gewölbes,  wo  6  =  0  und  m-  =  0  ist,  die 

15  0 

’  =  1,46  Q.  In  den  4^/2  Stein  starken  Theilen  ist 


)1G 
=  —  8  cm,  also  6  =  —  16  cm  und  u,  —  —  = 

‘  116 


■  =:  0,98,  mithin  die  Schubspannung 

1,27  Q. 


Gröfse  T  - 


1,03 


—  0,138  sowie  1 

3._0,98Q 
2 . 1,16 

Zur  Gewinnung  der  Werthe  von  Q  an  den  einzelnen  Stellen  ist 
in  der  Abb.  1  die  Zerlegung  der  Polstrahle  nach  Richtung  von 
Tangente  und  Radius  eines  jeden  Bogenpunktes  durchgeführt.  Die 
Zeichnung  liefert  für  Q  in  den  einzelnen  Theilpunkten  die  folgenden 
abgerundeten  Werthe  in  kg  (1  cbm  Gewölbemauerwerk  =  1600  kg  an¬ 
genommen)  Q  =  350;  700; 
950;  1000;  850;  750;  250; 

—  500;  —  1700;  —  3100; 

—  4950. 

Die  Schubspannungen 
erhalten  danach  die  ab¬ 
gerundeten  Werthe  T 
=  510;  1020;  1385;  1460; 
1240;  950;  320;  —  635; 

—  2160;  —  .3940;  -  6280. 
Diese  Werthe  sind 

in  Abb.  1  links  aufge¬ 
tragen  und  zwar  auf  die 
zu  den  Schubrichtungen 
parallel  gezogenen  Ra¬ 
dien,  von  deren  Schnitt¬ 
punkte  mit  einem  Kreise 
aus  dessen  Halbmesser 
gleich  dem  derTrennungs- 
fläche  gewählt  worden  ist. 

Für  die  Beanspruch¬ 
ung  eines  Zahnes  kommt 
die  auf  Zahn-  und  Lücken¬ 
länge  zusammen  entfal¬ 
lende  Schubkraft  in  Be¬ 
tracht,  im  vorliegenden 
Falle  unter  der  Annahme, 
_  dafs  beide  Längen  ein- 
*■*'"  dif  Längen!  ander  gleich  sind,  also 
Schubkraft  5  = 
1,94  T.  Je 
nach  der  Lage  des  Zahnes 
in  der  Nähe  eines  der 
Theilpunkte  berechnet 
sich  danach  die  aufzu¬ 
nehmende  Schubkraft  in 
kg  abgerundet  zu  N  = 
985;  1975;  2680;  2820; 
2400;  1850;  615;  -  1230; 

—  4180;  — 7620;  — 12150. 
Eine  gleichmäfsige 

Vertheilung  auf  die  6 
Binderschichten  eines 
Zahnes,  welche  allein  zur 
Aufnahme  der  Kraft  ge¬ 
eignet  sind,  bringt  also  auf 
eine  solche  eine  Kraft  in 
kg  von  s  =  165;  330;  445; 
470;  400;  305;  100;  — 205; 

—  695;  -  1270;  -  2025. 
Es  mufs  untersucht  werden,  ob  eine  Binderschicht  dieser  Be¬ 
anspruchung  kragsteinartig  widerstehen  kann.  In  den  Lagerfugen, 
welche  den  Stein  einschliefsen,  entwickelt  sich  aus  den  Gegendrücken 
des  Fugenmörtels  ein  Moment,  das  dem  Angrifi’smoment  der  Kraft  s 

gleich  ist.  Letztere  werde  über  die  vor- 


20000*^  Matsstab  für  die  Kräfte, 

2 . 0,9  (  1 


s 

h 

.A  ^ 

o 

o 

v////////Ay////////j 

y  ' 

/ 

/ 

vertheilt  gedacht,  der  Widerstand  des  Mör¬ 
tels  aber  von  0  in  geradem  Verhältnifs  zu 
der  Entfernung  von  der  Vorderkante  zu- 
bezw.  abnehmend  angenommen.  Die  Mo¬ 
menten  -  Gleichung  ist  dann  10  .  «  =  4 . 5i. 
Daraus  s  =  0,4äi.  Bezeichnet  k  die  gröfste 

Beanspruchung  des  Mörtels  in  der  Fuge,  so  ist  ^ ^  ^  ^^>5 . 100  .  X-, 

mithin  s  —  0,4 . 625  k  oder  k  =  kg/qcm. 

In  den  einzelnen  Bogenpunkten  ergiebt  sich  also,  falls  dort  Zähne 
ihren  Platz  finden,  in  kg  4- =  0,66;  1,32;  1,78;  1,88;  1,60;  1,22;  0,40; 
0,82;  2,78;  5,08;  8,10. 

Diese  Werthe  verbleiben  mit  Ausnahme  der  letzten  innerhalb 


2G6 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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die  volle  Gewölbelast  berechnete  Lehrgerüst  Überschiefsende 
Steifigkeit  gehabt,  und  beim  Ueberwölben  des  zweiten  Einges 
trug  der  erste  geschlossene  schon  so  kräftig  mit,  dafs  ein  Nach¬ 
geben  nur  in  erheblich  geringerem  Mafse  als  ohne  diese  Hülfe 
eintreten  konnte. 


zulässiger  Grenzen.  Da  aber  die  letzten  Zähne  nahe  am  'Widerlager 
sich  befinden,  das  den  nothigeu  gröfseren  iderstand  leistet,  so  ist 
auch  dort  keine  Gefahr  vorhanden. 

Der  Verfasser  hat  bei  seinen  Ausführungen  Gelegenheit  gehabt, 
das  vorstehend  geschilderte  Verfahren  zur  Anwendung  zu  bringen, 
namentlich  bei  einigen  11  m  weiten  Bögen  eines  gröfseren  ge¬ 
wölbten  Viaductes  der  IVesterwaldbahn  bei  Sa^Ti.  Die  Aus¬ 
führung  der  Verzahnung  verursachte  nicht  die  geiäugste  Schwierig¬ 
keit.  imd  die  ganze  Anordnung  hatte  sich  insofern  gut  bewährt, 
als  die  sonst  unvermeidlichen  Eisse  und  Sprünge,  welche  infolge 
der  Nachgiebigkeit  des  Lehrgerüstes  vor  dem  Ausrüsten  in  der 
Nähe  der  Kämpfer  zu  entstehen  pflegen,  mit  Ausnahme  von 
^'■anz  unbedeutenden  Haarrissen  ausgeblieben  waren.  Für  die  Last 
des  zuerst  geschlossenen  imteren  Einges  hatte  also  das  für 


Diese  Anordnung  mit  verzahnten  Eingen  schliefst  übrigens  die 
Anwendung  der  verschiedenen  Verfahren  nicht  aus,  nach  welchen, 
um  das  Auftreten  jener  Sprünge  zu  vermeiden  oder  ihren  schädlichen 
"Wirkungen  zu  begegnen,  von  vorläufigen  Aussparungen  oder  theil- 
weiser  Trockenmauerung  Gebrauch  gemacht  wird,  um  erst  nach  er¬ 
folgtem  Setzen  des  Gewölbes  diese  ausgesparten  Theile  zu  ergänzen. 

Dr.  Bräuler, 

Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector. 


Ueber  die  Seehäfen  Enfslands. 


plätzen  des  Schwarzen  Meeres  Hafenarbeiten  ausgeführt:  in  Batum 
(Handels-  und  Kriegshafen),  Noworossijsk,  Jalta  (auf  der  Halbinsel 
Krvm),  und  in  Nikolajew.  An  letzterem  Punkt  bestehen  die  Hafen- 
arbeiteu  in  der  Herstellung  eines  für  Seeschiffe  geeigneten  Landungs¬ 
platzes  am  Ufer  des  Bug.  Im  übrigen  steht  der  Nikolajewer  Handels- 
I  hafen  in  keinerlei  Zusammenhang  mit  dem  ebenfalls  in  Nikolajew 
befindlichen  Hafen  der  russischen  Schwarzmeer-Kriegsflotte;  letzterer 
Hafen  liegt  an  der  Mündung  des  in  den  Bug  entwässernden  Flusses 
i  Ingul.  —  Ferner  hat  das  russische  Verkehrsministerium  Vertiefungs- 
I  arbeiten  ausführen  lassen;  1)  im  Mündungsgebiet  des  Dnjepr-Bug- 
j  Limans,  bis  zu  6  m  Tiefe  (Otschäkowscher  Seecanal,  zwischen 
I  Nikolajew  und  dem  Meere  7,7  km  lang):  2)  in  der  das  Schwarze 
i  Meer  mit  dem  Asowschen  Meere  verbindenden  Durchfahrt  von 
Kertsch,  bis  zur  Tiefe  von  5,7  m,  um  Seeschiffen  mit  gröfserem  Tief- 
I  gang  die  Einfahrt  in  das  Asowsche  Meer  zu  ermöglichen.  Sowohl 
j  beim  Otsehakowschen  als  auch  bei  dem  Kertsch-Jenikaleschen  See- 
j  canal  sind  die  Vertiefungsarbeiten  mit  Hülfe  grofser  Baggermaschinen 
;  ausgeführt  worden.  Die  übrigen  Häfen  des  Schwarzen  Meeres : 
i  Eupatoria  (russisch:  Jewpatoria),  Sudak,  Theodosia  (russisch:  Feo- 
i  dossia),  Anapa,  Gelendshik,  Tuapsse,  Suchum-Kale,  sind  bis  jetzt 
noch  in  ihrem  natürlichen  Zustande  belassen  worden.  In  Poti  da¬ 
gegen  wird  seit  dem  Jahre  1833  seitens  der  Verwaltung  der  Kriegs¬ 
marine  ein  künstlicher  Hafen  gebaut,  der  auch  heute  noch  nicht 
fertiggestellt  ist,  und  der  trotz  der  darauf  verwendeten  erheblichen 
Kosten  als  ein  wenig  gelungenes  F'nternehmen  zu  bezeichnen  ist.  — 

Im  Asowschen  Meer  wurde  der  Anfang  mit  dem  Bau  künstlicher 
j  Häfen  zwar  bereits  von  Peter  dem  Grofsen  gemacht  —  derselbe  liefs 
in  Taganrog  den  nach  ihm  benannten,  gegenwärtig  völlig  verflachten 
und  kaum  noch  zu  erkennenden  Petrowschen  Sicherheitshafen  an- 
legen  — ,  seitdem  aber  hat  man  bis  auf  die  neueste  Zeit  für  die 
Verbesserung  der  Asowschen  Häfen  nichts  weiter  gethan.  Erst  im 
Jahre  1863  wxrrde  zum  Schutz  der  Eeede  von  Berdjansk  ein  unbe¬ 
deutender  Wellenbrecher  hergestellt;  dieses  etwa  530  m  lange  und 
I  gegen  850  m  vom  Ufer  entfernte  Bauwerk  besteht  aus  einer  gewöhn¬ 
lichen  Steinschüttung.  Im  übrigen  will  es  fast  scheinen,  als  habe 
die  Natur  selbst  das  Asowsche  Meer*)  nur  für  die  kleine  Küsten- 
schiff’ahrt  bestimmt;  denn  die  gröfste  Tiefe  dieses  Meeres  beträgt 
selbst  in  dessen  mittlerem  Theil  an  keiner  Stelle  mehr  als  12  m. 
Daher  waren  denn  auch  die  Häfen  von  Eostow,  Taganrog,  Mariupol, 
Berdjansk,  Genitschesk,  Jejsk,  Temrjuk,  welche  sämtlich  nicht  nur 
aufserordentlich  flach  sind,  sondern  auch  völlig  oflfene  und  bei  starken 
Nordostwinden  nicht  ungefährliche  Eeeden  haben,  von  jeher  nur  für 
Küstenfahrzeuge  zugänglich.  Nachdem  sich  aber  in  letzter  Zeit 
die  Kohlen-  und  Eisenindustrie  Südrufslands  in  bemerkenswerther 
"Weise  entwickelt  hat,  ist  bei  der  Eegierung  der  Wunsch  rege  ge. 
worden,  an  einzelnen  Punkten  des  Asowschen  Meeres  Häfen  zu  er¬ 
bauen,  die  zwar  nur  für  Schiffe  von  geringem  oder  mittlerem  Tief¬ 
gang  bestimmt  sein  sollen,  die  aber  diesen  Fahrzeugen  ein  sicheres  ^ 

Ankern  und  Landen  ermöglichen  sollen.  So  wdrd  seit  dem  Jahre  1884  [ ) 

bei  Mariupol  mit  anerkennenswerthem  Eifer  ein  4,2  m  (14  Fufs)  tiefer 
Hafen  erbaut,  welcher  hauptsächlich  für  die  Ausfuhr  der  Steinkohle 
des  Donezbeckens  dienen  würd.  In  Taganrog  dagegen  hat  man  seit 
dem  Jahre  1887  begonnen,  den  alten  Petrowschen  Hafen  wieder  her¬ 
zustellen,  und  zwar  beabsichtigt  man,  denselben  auf  eine  Tiefe  von 
3  m  (10  Fufs)  zu  bringen.  Indessen  wird  hierdurch  der  Schiff’ahrts- 
betrieb  des  Hafens  nicht  völlig  sichergestellt  werden,  da  in  letzterem 
bei  starkem  Nordost  wind  der  Spiegel  des  Meeres  infolge  des  Zurück¬ 
weich  ens  der  Wassermassen  bis  zu  2,4  m  (8  Fufs)  unter  dem  mittleren 
Wasserstand  sinkt,  zufolge  dessen  die  auf  der  Eeede  ankernden 
Schiffe  zuweilen  vollständig  aufs  Trockene  gerathen.  —  Im  Kaspischen 


Entsprechend  der  Verschiedenheit  der  das  russische  Eeich  um¬ 
spülenden  Meere  —  des  Eismeeres,  des  Weifseu  Meeres,  der  (Ostsee, 
des  Schwarzen.  Asowschen  und  Kaspischen  Meeres,  soxvie  des  Stillen 
oder  Oestlichen  Oceans  —  befinden  sieh  die  russischen  Seehäfen 
unter  dem  Einflufs  der  verschiedenartigsten  örtlichen  Bedingungen. 
Dabei  haben  die  Häfen  die  Eigenthümlichkeit,  dafs  in  ihnen  allen, 
mit  Ausschlufs  der  am  Ostufer  des  Schwarzen  Meeres  gelegenen 
Häfen,  mit  dem  Eise  zu  kämpfen  ist.  Die  Fürsorge  der  russischen 
Eegierung  für  den  Ausbau  der  Seehäfen  begann  unter  der  Herrschaft 
Peters  des  Grofsen.  Nachdem  derselbe  durch  Eroberung  der  Newa- 
Mündimgen  dem  russischen  Eeich  das  „Fenster  nach  Europa”  geöffnet 
hatte,  liefs  er  in  Kronstadt  den  ersten  und  zugleich  wichtigsten  See¬ 
hafen  Eufslands  einrichten.  Späterhin,  und  zwar  gegen  Ende  des 
18.  Jahrhunderts,  wurde  durch  den  bekannten  Feldmarsehall  und 
Staatsminister  Münnich*)  an  der  Küste  des  Baltischen  Meeres,  in 
Eeval,  der  zweite  künstliche  Seehafen  Eiü’slands  erbaut.  Demnächst 
entwickelten  sich  allmählich  diejenigen  Hafeuplätze  der  russischen 
Ostseeküste,  welche  als  natüidiche  Häfen  schon  seit  alter  Zeit  für 
Handelszwecke  in  Benutzung  standen,  nämlich  die  Häfen  von  Narwa, 
Pemau,  Windau,  Libau  und  an  mehreren  anderen,  minder  wichtigen 
Küstenpunkten.  Die  Verwaltung  der  zuletzt  gedachten  Häfen,  sowie 
diejenige  des  Hafens  von  Eeval,  der  zur  Zeit  für  Kriegszwecke  nicht 
mehr  benutzt  wird,  befindet  sich  gegenwärtig  in  Händen  des  Ver¬ 
kehrsministeriums.  Es  ist  indessen  hervorzuheben,  dafs  diese  Häfen 
auch  heute  noch  der  Mehrzahl  nach  reine  Naturhäfen  sind,  und  dafs 
nur  in  Eeval,  Eiga  und  Libau  in  neuerer  Zeit  nicht  unbedeutende 
Ingenieurbauten  ausgeführt  worden  sind.  Als  wichtigster  künstlicher 
Hafen  des  Baltischen  Meeres  ist  der  Hafen  von  St.  Petersburg  anzu¬ 
sehen,  und  zwar  hat  dessen  Bedeutung  ganz  erheblich  durch  den 
Bau  des  im  Jahre  1885  vollendeten  Seecanals  (6,6  m  tief)  gewonnen, 
insofern  dank  demselben  gegenwärtig,  ungeachtet  der  im  Gebiete  der 
Newamündungen  vorhandenen  zahlreichen  Verflachungen  xmd  Sand¬ 
bänke,  die  Mehrzahl  der  tiefgehenden  Seeschiffe  den  Kronstadter 
Hafen  zur  Seite  liegen  läfst  und  unmittelbar  entweder  das  Peters¬ 
burger  Gutüjewski-Hafenbecken  oder  die  tieferen  Theile  des  Newa¬ 
stromes  aufsucht. 

Im  Schwarzen  Meer  bestanden  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  — 
wenn  man  vom  Hafen  von  Odessa  absieht  —  ausschliefslich  natür¬ 
liche  Häfen.  Der  Odessaer  Hafen  dagegen  hatte  bereits  zu  Anfang 
des  19.  Jahrhunderts  verschiedene  Kunstbauten  aufzuweisen,  und 
schon  im  Jahre  1850  war  er  mit  zwei  selbständigen  Hafenbecken, 
dem  sogenannten  „Quarantäne-Hafen”  und  dem  „Praktischen  Hafen", 
ausgestattet. 

Die  stetig  fortschreitende  Entwicklimg  des  Handels  sowie  der 
politischen  Bedeutung  Odessas  veranlafste  die  russische  Eegierung, 
im  Jahre  1865  eine  internationale  Wettbewerbung  auszuschreiben,  um 
für  die  Erweiterung  des  Odessaer  Hafens  geeignete  Pläne  zu  erhalten. 
Im  Jahre  1867  wurde  von  den  hierbei  eingegangenen  21  Entwürfen 
auf  Grund  des  Gutachtens  eines  besonderen  Ausschusses  der  Ent¬ 
wurf  des  englischen  Ingenieurs  Hartlej**)  für  die  Ausführung  be¬ 
stimmt.  Nachdem  die  Hartleyschen  Vorschläge  in  einigen  Punkten 
abgeändert  worden  waren,  hat  man  dieselben  seit  dem  Jahre  1868 
aUmählieh  zur  Ausführung  gebracht,  und  wiewohl  die  geplanten 
Arbeiten  auch  heute  noch  nicht  völlig  zum  Abschlufs  gelangt  sind, 
so  ist  dennoch  der  Hafen  von  Odessa  unter  allen  künstlichen  See¬ 
häfen  Eufslands  der  weitaus  beste.  —  Seit  dem  Jahre  1882  werden 
seitens  des  russischen  Verkehrsministeriums  an  folgenden  Küsten- 


*)  Geboren  i.  J.  1683  zu  Neuhxmtorf  in  Oldenburg,  gestorben  im 
J.  1767  in  St.  Petersburg. 

**)  Hartley  hatte  bereits  durch  die  nach  Abschlufs  des  Pariser 
Friedens  (1858)  behufs  Verbesserung  der  Sulina  -  Donaumündung 
ausgeführten  Arbeiten  die  Aufmerksamkeit  der  russischen  Eegierung 
auf  sich  gelenkt. 


*)  Das  Asowsche  Meer  ist  im  allgemeinen  als  ein  Busen  des 
Schwarzen  Meeres  imd  in  seinem  nordöstlichen  Theü  im  besonderen 
als  der  Liman  des  Flusses  Don  anzusehen. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung 


267 


5r.  26 


Meer,  welches  im  Grunde  genommen  nur  einen  mit  Salzwasser  ge¬ 
füllten,  ungeheuren  Binnensee  bildet,  befindet  sich  das  Hafenwesen 
noch  in  seinen  ersten  Anfängen.  Im  übrigen  bestand  in  diesem 
Meer  bei  Astrachan,  also  richtiger  gesagt  an  der  Mündung  der  Wolga, 
von  alters  her  ein  durchaus  natürlicher  Kriegshafen,  welcher  indessen 
gegenwärtig  dieser  Bestimmung  entzogen  ist.  Derselbe  war  zeit¬ 
weilig  vom  Meere  her  aufserordentlich  schwer  zugänglich,  da  bei  ab¬ 
treibenden  Winden  die  Tiefe  des  Wassers  in  der  Mündung  der  Wolga 
nicht  selten  bis  zu  1,2  m  (4  Fufs)  herabgeht.  Gegenwärtig  sind  alle 
für  die  Kaspi-Kriegsflotille  bestimmten  Einrichtungen  und  Vor¬ 
kehrungen  nach  dem  besten,  und  man  kann  zugleich  sagen  nach 
dem  einzigen  Hafen  des  Kaspischen  Meeres,  d.  i.  nach  Baku  über¬ 
geführt.  Von  den  künstlichen  Handelshäfen  des  Kaspimeeres  ver¬ 
dient  nur  der  Hafen  von  Petrowsk,  welcher  am  westlichen  Ufer  des 
Meeres,  südlich  der  Mündung  des  Flusses  Sulak  liegt,  erwähnt  zu 
werden.  Dieser  Hafen,  der  seine  Entstehung  ebenfalls  militärischen 
Erwägungen  verdankt,  befindet  sich  in  sehr  vernachlässigtem  Zustand 
und  bedarf  namentlich  dringend  der  Vertiefung  seiner  Einfahrt.  — 
Endlich  liegt  am  östlichen  Ufer  des  Kaspischen  Meeres,  am  Kopfe 
der  Transkaspischen  Eisenbahn,  in  der  Nähe  der  vortrefflichen  Bucht 
von  Krafsnowodsk,  der  bis  jetzt  noch  in  natürlichem  Zustand  befind¬ 
liche  Hafen  —  besser  gesagt  die  Reede  —  von  Usun-Ada. 

Das  Baltische,  Schwarze,  Asowsche  und  Kaspische  Meer  sind 
Binnen  -  Meere  und  daher  frei  von  den  Ebbe-  und  Flutherschei- 
nungen  der  Weltmeere.  Wenn  nichtsdestoweniger  in  den  genannten 
vier  Meeren  die  Höhenlage  des  Wasserspiegels  zeitweilig  nicht  un¬ 
beträchtlichen  Schwankungen  ausgesetzt  ist,  so  ist  diese  Erscheinung 
lediglich  auf  die  Einwirkung  der  Winde  zurückzuführen.  Bald  jagen 
dieselben  das  Wasser  vom  Meere  nach  den  Ufern  hin,  bald  treiben 
sie  die  Fluthen  vom  Ufer  nach  dem  Meere  zurück,  und  es  entstehen 
infolge  dessen  fluthartige  Schwankungen,  die  sich  namentlich  in  den 
engeren  Ausbuchtungen  der  in  Rede  stehenden  Meere,  vrie  z.  B.  in 
der  Bucht  von  Taganrog  oder  an  der  Spitze  des  Finnischen  Meer¬ 
husens  bei  St.  Petersburg,  stark  bemerkbar  machen.  Infolge  dessen 
ähneln  die  Bedingungen  für  den  Bau  der  Häfen  in  der  russischen 
Ostsee  sowie  im  Schwarzen,  Asowschen  und  Kaspischen  Meer  den¬ 
jenigen  Bedingimgen,  welche  für  den  Bau  der  Häfen  des  Mittel¬ 


ländischen  Meeres  mafsgebend  sind,  jedoch  mit  dem  Unterschied, 
dafs  das  Strandgebiet  der  russischen  Meere  infolge  der  gröfseren 
Rauhigkeit  des  Klimas  bisweilen  zufriert,  sodafs  auf  diesen  Umstand 
bei  den  russischen  Häfen  Rücksicht  genommen  werden  mufs,  während 
derselbe  bei  den  Häfen  des  Mittelmeeres  nicht  in  Betracht  kommt. 

Unter  anderen  Bedingungen,  und  zwar  unter  solchen,  wie  sie  bei 
der  Mehrzahl  der  Häfen  des  westlichen  Europas  vorzukommen  pflegen, 
befinden  sich  die  nördlichen  und  östlichen  oceanischen  Häfen  Rufs- 
lands.  So  sind  z.  B.  am  Gestade  des  Nördlichen  Eismeeres  —  wie 
am  Murmanufer,  in  der  Mündung  der  Petschora  und  im  Weifsen 
Meere  —  zuweilen  sehr  beträchtliche  Ebbe-  und  Fluthströmungen 
wahrzunehmen.  Dieselbe  Erscheinung  zeigt  sich  auch  in  Archangelsk, 
dem  an  der  Mündung  der  Nördlichen  Dwina  gelegenen  einzigen  Hafen 
Nordrufslands  von  gröfserer  Bedeutung.  Der  Hafen  von  Archangelsk 
war  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  der  wichtigste  Handels¬ 
hafen  des  Zarenreiches:  auch  spielte  derselbe  damals  in  Hinsicht  auf 
die  Landesvertheidigung  eine  hervorragende  Rolle.  Späterhin  büfste 
Archangelsk  seine  Bedeutung  als  Handelshafen  nach  und  nach  ein 
und  erst  in  allemeuester  Zeit,  seit  dem  Jahre  1888,  hat  die  russische  Re¬ 
gierung  wieder  umfangreichere  Arbeiten  zur  Verbesserung  des  Hafens 
von  Archangelsk  vornehmen  lassen.  Diese  Arbeiten  bezwecken  vor¬ 
nehmlich  die  V ertiefung  der  zwischen  der  Stadt  Archangelsk  und  dem 
Meere  gelegenen  Strecke  des  Bettes  der  Nördlichen  Dwina.  Endlich 
besteht  an  den  russischen  Ufern  des  Stillen  Oceans,  bezw.  des  Ochotz- 
kischen  und  Japanischen  Meeres,  eine  ganze  Anzahl  vortrefflicher 
Naturhäfen,  die  aber  infolge  der  Unbevölkertheit  des  Landes  bisher 
von  keinerlei  Bedeutung  sind,  mit  Ausschlufs  des  Hafens  von  Wladi- 
wostock,  woselbst  sich  sämtliche,  für  die  russische  Kriegsflotte  des 
Ostens  bestimmte  Einrichtungen  und  Anstalten  befinden,  ein  Um¬ 
stand,  dem  es  zu  verdanken  ist,  dafs  in  Wladiwostock  eine  gewisse 
bauliche  Thätigkeit  herrscht.  — 

Die  vorstehenden  Mittheüungen  beruhen  im  wesentlichen  auf 
einem  von  dem  Director  des  St.  Petersburger  Institutes  der  Verkehrs¬ 
ingenieure,  Geheimrath  M.  N.  Gerssewanow,  vor  kurzem  heraus¬ 
gegebenen  russischen  Lehrbuche,  betitelt:  -Allgemeine  Begriffe  über 
die  Hafenbauten." 

Volkmann. 


Yermischtes, 


In  dem  Wettheiverb  um  das  Denkmal  der  ehemaUgen  deutschen 
Soldaten  für  Kaiser  Wilhelm  I.  auf  dem  Kyffhäuser  (vergl.  Jahrg. 
1889,  S.  425  u.  1890,  S.  84  d.  Bl.)  wurde  unter  24  eingesandten  Ent¬ 
würfen  der  erste  Preis  mit  6000  Mark  dem  Architekten  Bruno 
Schmitz,  der  zweite  mit  4000  Mark  dem  Reg.-Baumeister  Stahn 
und  Bildhauer  Boese  und  der  drifte  mit  3000  Mark  dem  Bildhauer 
Hundrieser  und  Architekten  Doflein  zuerkannt.  Sämtliche 
Preise  blieben  in  Berlin.  Zum  Ankauf  wurden  von  den  Preisrichtern 
empfohlen:  die  Entwürfe  (10),  (12)  und  (21),  von  denen  die  beiden 
ersten  den  Berliner  Bildhauern  Max  Klein,  Prof.  Herter  und  Max 
Baumbach  angehören,  während  (21)  das  Kennwort  „Deutsche  Sol¬ 
daten“  trägt.  Die  Beschlüsse  sind  sämtlich  einstimmig  gefafst.  Der 
geschäftsführende  Ausschufs  hat  sich  für  die  Ausführung  des  Schmitz- 
schen  Entwurfs  unter  Vorbehalt  einiger  Aenderungen  entschieden  und 
beschlossen,  die  drei  letztgenannten  Arbeiten  für  je  2000  Mark  anzu¬ 
kaufen. 

Eine'Preisheiverhung  für  ein  Kreishaus  iu  Cottbus  ist  im  Ber¬ 
liner  Architektenverein  ausgeschrieben  worden  (vgl.  den  Wortlaut  im 
Anzeiger  Nr.  25A.  d.  Bl.).  Für  die  beiden  besten  Entwürfe  sind 
Preise  von  700  und  300  Mark  ausgesetzt.  Ablieferungsfrist  ist  der 
21.  Juli  d.  J. 

Ueber  die  Berechnung  der  Monier -Bauten  sind  neuerdings 
einige  bemerkenswerthe  Abhandlungen  erschienen.  Auf  Seite  209 
der  Wochenschrift  des  Oesterreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
Vereins  erhebt  der  Oberingenieur  P.  Neumann  eine  Reihe  von  Ein¬ 
würfen  gegen  das  von  Koenen  angegebene,  einfache  Verfahren,  bei 
welchem  die  Zugfestigkeit  des  Betons  von  vornherein  vernachlässigt 
und  durch  diejenige  des  Eisengerippes  ersetzt  gedacht  wird,  während 
die  Berechnuug  der  Druckspannung  des  Betons  in  derselben  Weise 
erfolgt,  wie  bei  Betonkörpem  ohne  Einlage.*)  Neumann  will  auch 
die  Zugspannungen  des  Betons  berücksichtigen  und  dem  Eisen  nur 
so  viel  Mitwirkung  zutheüen,  als  dem  Verhältnifs  der  Elasticitäts- 
mafse  beider  Stoffe  entspricht.  Die  nach  diesem  Grundsätze  auf¬ 
gestellten  Formeln  führen  zu  Ergebnissen,  die  mit  denjenigen  der 
zahlreich  angestellten  Versuche  durchaus  nicht  übereinstimmen.  Der 
^  erfasser  folgert  hieraus  mit  Recht,  dafs  in  seiner  Rechnung  minde¬ 
stens  nicht  zutreffende  Zahlenannahmen  enthalten  sein  müssen,  dafs 
aber  vielleicht  auch  noch  Nebenumstände  obwalten,  die  einen  wesent¬ 
lichen  Einflufs  auf  die  Tragfähigkeit  der  Monierplatten  ausüben, 

*)  Vergl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  Jahrg.  1886,  Seite  462. 


in  der  fraglichen  Rechnung  aber  nicht  berücksichtigt  sind;  so  z.  B. 
die  Möglichkeit  einer  durch  geringe  Raumzunahme  des  Betons  bei 
der  Erhärtimg  hervorgerufenen  Anfangsspannung,  oder  einer  Ver¬ 
schiedenheit  des  Elasticitätsmafses  des  Betons  für  Zug  und  Druck. 

Den  letzteren  Umstand  berücksichtigt  die  in  derselben  Wochen¬ 
schrift  (S.  223)  veröffentlichte  Abhandlung  von  Professor  J.  Mel  an, 
deren  Ergebnisse  eine  auffallend  gute  Ueberein Stimmung  zwischen 
Rechnung  und  Versuch  zeigen.  Melan  schliefst  aus  einigen  —  aller¬ 
dings  nach  dieser  Richtung  nur  spärlichen  —  Erfahrungen,  dafs  vor¬ 
läufig  bei  Cementbeton  das  Elasticitätsmafs  für  Druck  sechzehnmal 
so  grofs  als  dasjenige  für  Zug,  und  gleich  dem  zwanzigsten  Theil 
des  Elasticitätsmafses  für  Eisen  angenommen  werden  kann. 

Die  Koenensche  Rechnungsweise  leistet  dafür  Gewähr,  dafs  die 
danach  ausgeführten  Bautheüe  selbst  dann  nicht  zusammenbrechen, 
wenn  bereits  Risse  in  den  auf  der  Zugseite  liegenden  Theüen  des 
Betons  entstanden  sind;  sie  erscheint  daher  für  die  Anwendung,  ins¬ 
besondere  zur  Bestimmung  der  erforderlichen  Mindestmafse,  nach 
wie  vor  ausreichend  und  vermöge  ihrer  Einfachheit  am  meisten  ge¬ 
eignet.  Hiermit  soll  jedoch  den  hier  kurz  besprochenen  eingehen¬ 
deren  L^ntersuehungen  nicht  etwa  aller  Werth  abgestritten  werden: 
aufser  erheblichem  theoretischen  Interesse  bieten  dieselben  ein  lehr¬ 
reiches  Beispiel,  wie  mit  glücklichem  Griffe  wichtige  Erfindungen 
gemacht  werden  und  sich  schon  längst  bewährt  haben  können,  ehe 
es  der  Wissenschaft  gelingt,  ihre  Wirkungsweise  klar  zu  durch¬ 
schauen.  — m — 

In  der  Mittheilimg  über  die  Pfarrkirche  von  Ej-dtkuhneu  an 
der  Spitze  der  vorigen  Nummer  ist  im  Eingang  als  Eröffnungsjahr 
der  Linie  Berlin-Königsberg-Petersburg  infolge  Setzfehlers  1876  an¬ 
gegeben.  Es  mufs,  wie  auch  vom  Herrn  Verfasser  richtig  nieder¬ 
geschrieben  war,  1861  heifsen. 

Reinigung  der  Sielwässer  in  Frankfurt  a.  31.  Der  soeben  er¬ 
schienene  Jahresbericht  des  Frankfurter  Phvsicalischen  Vereins  für 
1888  89  enthält  eine  ausführliche  Zusammenstellung  über  die  chemi¬ 
schen  Untersuchungen  der  verschiedenen  Verfahren  zur  Reinigung 
der  Sielwässer  im  Klärbecken  in  Frankfurt  a.  M.  Bei  der  bedeuten¬ 
den  Gröfse  der  Frankfurter  Anlage  —  das  Klärbecken  nimmt  täglich 
etwa  25  000  Cubikmeter  Sielwasser  auf  und  liefert  127,4  Cnbikmeter 
Schlamm  —  und  bei  der  Gründlichkeit,  mit  welcher  die  Versuche 
gemacht  wurden,  dürften  dieselben  ohne  Zweifel  ein  allgemeines 
Interesse  beanspruchen.  Die  jeweils  wochenlang  fortgesetzten  Ver¬ 
suchsreihen  beziehen  sich  auf  die  rein  mechanische  Klärune.  auf  eine 


268 


Centraiblatt  der  Bauverwaltuug. 


28.  Juni  1890. 


solclie  mit  Ziisatz  von  Kalk  allein,  von  Thouerde  nud  Kalk,  von 
Eisenvitriol  und  Kalk  und  von  Phosphorsäure  und  Kalk.  Die  zu- 
gesetzteu  Mengen  waren  jeweils  reichlich  bemessen  und  betrugen 
z.  B.  in  24:  Stunden  je  6449  kg  Eisenvitriol.  Das  Gesamtergebn  ifs 
der  im  Laufe  der  beiden  letzten  Jahre  vorgenommeneu  Lbiter- 
suchungen  lautet  folgeudermafsen:  «Die  vorliegenden  Untersuchungen 
haben  übereinstimmend  gezeigt,  dafs  die  Anwendung  von  Cheinicalien 
nicht  so  wesentliche  Vorzüge  vor  der  mechanischen  Klärung  besitzt, 
als  dal’s  man  sich  entschliefseu  sollte,  eine  derselben  der  mechani¬ 
schen  Klärung  voranzustellen.  Dies  kann  selbstverständlich  nicht 
allgemein  für  die  Sielwasserklärung  überhaupt  gelten,  sondern  nur 
für  den  vorliegenden  Fall,  in  Beziehung  auf  die  hiesigen  Klärbecken. 
Für  alle  Fälle  ist  aber  damit  der  Beweis  geliefert,  dafs  man  bei 
Anwendung  von  Klärbecken,  welche  sich  den  hier  ausgeführten  in 
Bezug  auf  Anlage  und  Abmessungen,  namentlich  Längenabmessuugeu, 
anschliefsen,  imstande  ist,  auf  rein  mechanischem  Wege  zum 
mindesten  dasselbe  zu  leisten,  was  man  in  Klärbecken  von  ge¬ 
ringeren  Abmessungen  nur  mit  Hülfe  von  Cheinicalien,  also  mit 
grofseu  laufenden  Kosten  erreichen  kann." 

Bei  dem  zuletzt  vorgenommenen  Versuch,  demjenigen  mit  Phos¬ 
phorsäure,  war  mau  insbesondere  auch  von  dem  Gedanken  ausge- 
gangeu,  ein  Klärmittel  zu  verwenden,  welches  den  Dungwerth  des 
sich  ergebenden  Schlammes  erhöhen  sollte,  und  derart  das  Klärbecken 
gleichzeitig  in  eine  Düngerfabrik  umzuwandeln.  Es  stellt  sich  jedoch 
das  nicht  gerade  befremdende  Ergebuifs  heraus,  dafs  man  bezüglich 
des  l)ungwerthes  einen  bessern  Erfolg  erzielen  würde,  wenn  man 
nach  einer  rein  mechanischen  Klärung  den  ganzen  Phosphorsäure¬ 
zusatz  unmittelbar  dem  Schlamm  beifügte. 

Der  Besuch  der  teelmisclieii  Hochschule  in  Dresden  im  Studien¬ 
jahr  October  18S8  89  bezifferte  sich  im  ganzen  auf  453  Hörer  (gegen 
509  im  Vorjahre)*),  unter  denen  329  Studirende  (im  Vorjahre  346;  und 
124  Hospitanten.  Von  den  Studirenden  —  180  Sachsen,  76  andere 
Deutsche  und  73  Ausländer  —  gehörten  116  der  mechanischen  Ab¬ 
theilung,  65  der  Ingenieur- Abtheilung,  54  der  Hochbau- Abtheiluug, 
90  der  chemischen  Abtheilung  und  4  der  Lehrer- Abtheiluug  an.  Im 
Winterhalbjahr  1889  90  belief  sich  die  Besuchsziffer  auf  297  Stu¬ 
dirende  und  99  Hospitanten,  zusammen  396  Hörer.  Von  den  297  Stu¬ 
direnden  stammen  149  aus  Sachsen,  61  aus  dem  übrigen  Deutschland 
und  87  aus  dem  Auslande;  es  gehörten  100  Studirende  der  mecha¬ 
nischen  Abtheilung,  66  der  Ingenieur- Abtheilung,  41  der  Hochbau - 
Abtheilung,  82  der  chemischen  Abtheilung  und  8  der  Lehrer- 
Abtheilung  an. 

Zu  den  Diplom  -  Vorprüfungen  des  Jahres  1888  hatten  sich 
.39  Studirende  gemeldet  und  25  sich  der  Prüfung  unterzogen,  während 
im  Jahre  1889  sich  43  Studirende  meldeten  und  39  sich  der  Prüfung 
unterzogen.  Zu  den  Diplom  -  Schlufsprüfungen  meldeten  sich  im 
Studienjahr  1888  89  35  Studirende.  Von  den  31,  welche  sich  der 
Prüfung  unterzogen,  erhielten  5  das  Diplom  eines  Maschineningenieurs, 
einer  das  Diplom  eines  Fabrik  -  Ingenieurs,  5  dasjenige  eines  Bau¬ 
ingenieurs,  einer  dasjenige  eines  Vermessungs-Ingenieurs,  6  das  eines 
Architekten  und  12  das  Diplom  eines  Chemikers.  Im  Winterhalbjahr 
1889,90  meldeten  sich  zu  den  Diplom-Schlufsprüfuugen  23  Studirende, 
von  denen  22  die  Prüfung  bestanden  und  9  das  Diplom  eines 
Maschineningenieurs,  einer  das  Diplom  eines  Fabrik  -  Ingenieurs, 
4  dasjenige  eines  Bauingenieurs,  2  das  eines  Architekten  und  6  das 
Diplom  eines  Chemikers  erhielten. 

Besuchszitter  der  Herzoglichen  tecliiiisclieu  Hochschule  lii 
Brannschweig  im  Stiulienjahre  1889/90.  Die  Herzogliche  technische 
Hochschule  ist  im  laufenden  Studienjahre  von  311  Personen,  nämlich 
143  eingeschriebenen  Studirenden,  74  nicht  eingeschriebenen  Stu¬ 
direnden  und  94  Zuhörern  besucht.  (Im  gegenwärtigen  Sommer- 
Halbjahr  sind  39  eingeschriebene  und  19  nicht  eingeschriebene 
Studirende  und  12  Zuhörer,  im  ganzen  also  70  Personen  hinzu¬ 
gekommen.) 


Es  gehörten  an: 


Eingeschr. 

Studirende 

Nicht 

eingeschr. 

Studirende 

Zuhörer 

1.  der  Abtheilung  für  Architektur  .  .  . 

8 

9 

- - 

2.  _  _  „  Ingenieurbauwesen 

20 

6 

— 

3.  _  ..  „  Maschinenbau  .  . 

36 

36 

— 

4.  ,.  ..  _  chemische  Technik 

33 

23 

— 

5.  „  ..  „  Pharmacie  .  .  . 

38 

— 

— 

6.  „  ..  _  allgemein  bildende 

Wissenschaften  und  Künste  .... 

8 

94 

143 

74 

94 

Studirende 

Die  in  der  zweiten  Gruppe  aufgeführten  Studirenden  betreiben 


ein  vollständiges  Studium,  können  aber  wegen  der  verschärften  Auf- 
nahmebestimmungeu  nicht  eingeschrieben  werden. 

Von  den  217  Studirenden  stammen  65  aus  der  Stadt  und  27  aus 
dem  Lande  Braunschweig,  83  aus  Preufsen,  6  aus  Eufsland,  je  4  aus  ' 
Hamburg  und  England,  je  3  aus  Mecklenburg-Schwerin  und  Brasilien 
je  2  aus  Bremen  und  Cöthen,  je  1  aus  dem  Königreiche  Sachsen’ 
Oldenburg,  Hessen-Darmstadt,  Sachsen-Weimar,  Altenburg,  Meiningen’ 
Bückeburg,  Waldeck,  den  Eeichslauden,  Oesterreich,  der  Schweiz,  der 
Bukowina,  Holland,  Xord- America,  Mexico,  Java,  Japan  und  den 
Sandwich-Inseln. 

Von  den  94  Zuhörern  gehören  76  der  Stadt  und  7  dem  Lande 
Braunschweig  an,  10  Zuhörer  sind  aus  Preufsen  und  1  aus  Hamburg. 

Der  II.  Internationale  Cong’refs  für  Gefängnifstvesen,  mit 
welchem  eine  Ausstellung  von  Gefangenen-Arbeiten  verbunden  ist 
tagte  soeben  in  St.  Petersburg.  Zu  dem  Congrefs  haben  fast 
alle  Culturstaaten  eine  mehr  oder  minder  grofse  Anzahl  von  Ver¬ 
tretern  entsandt.  Die  Ausstellung,  welche  in  der  St.  Petersburger 
Michael-Manege  (Beitbahn)  untergebracht  ist,  umfafst  drei  Abthei¬ 
lungen,  nämlich:  a)  Arbeiten  von  Gefangenen,  welche  der  Einzelhaft 
unterworfen  sind;  b)  Gegenstände  aller  Art,  welche  auf  die  Besse¬ 
rungsanstalten  für  jugendliche  Gefangene  Bezug  haben;  c)  Gegen¬ 
stände,  welche  nicht  in  den  Eahmen  der  vorgenannten  beiden  Ab¬ 
theilungen  entfallen,  die  indessen  für  die  Mitglieder  des  Congresses 
von  irgend  welchem  Interesse  sein  können.  An  der  Ausstellung 
haben  sich  folgende  Staaten  betheiligt  (für  die  Eeihenfolge  der  Auf¬ 
zählung  ist  die  Folge  innegehalten,  nach  welcher  die  Staaten  im 
Ausstellungsraum,  vom  Eingang  aus  betrachtet,  Unterkunft  gefunden 
haben):  Deutschland,  welches  durch  die  Staaten  Baden,  Bayern, 
Hamburg,  Preufsen  und  Württemberg  vertreten  ist  (wiewohl  das 
Deutsche  Eeich  nicht  als  solches  ausgestellt  hat,  so  sind  dennoch 
die  genannten  Bundesstaaten  zu  einer  gemeinsamen  Gruppe  vereinigt 
worden);  Oesterreich-LMgarn,  England  (^in  sehr  untergeordneter  Weise 
vertreten),  Belgien,  Dänemark,  Frankreich,  Italien,  Japan,  Griechen¬ 
land,  Norwegen,  Schweden,  Schweiz,  Spanien,  Portugal,  Argentinische 
Eepublik.  Es  folgen  dann  die  Gouvernements  des  europäischen 
Eufslands,  ferner  das  Grofsfürstenthum  Finnland,  sowie  in  zwei  be¬ 
sonderen  Gruppen  dargestellt  die  sibirischen  Strafanstalten  des 
Nertschinskschen  Kreises  für  die  zu  Zwangsarbeiten  verurtheilten 
Verbrecher  und  die  Straf-Anstalten  und  -Einrichtungen  der  Insel 
Sachalin.  Neben  letzterer  Abtheilung  ist  dann  noch  eine  Sammlung 
allgemein-wissenschaftlicher  Art  ausgestellt,  welche  den  Zweck  hat, 
über  die  in  geographischer,  naturwissenschaftlicher  und  staatswirth- 
schaftlicher  Hinsicht  der  Allgemeinheit  noch  wenig  bekannte,  wichtige 
Insel  Sachalin  (an  der  Ostisüste  Sibiriens)  einiges  Licht  zu  ver¬ 
breiten.  Diese  hochbedeutsame  und  reichhaltige  Sammlung  ist  von 
dem  bereits  mehrere  Jahrfünfte  auf  der  genannten  Insel  lebenden 
russischen  Arzt,  Dr.  med.  Peter  Iwanowitsch  Suprunenko,  zusammen¬ 
gestellt  worden. 

Die  Gesamtausstellung  ist  mit  grofsem  Geschick  in  höchst  an¬ 
sprechender  Weise  angeordnet.  Beim  Betreten  des  Ausstellungs¬ 
raumes  wird  man  zunächst  an  nichts  weniger  als  an  die  traurige 
letzte  Veranlassung  oder  den  ernsten  Zweck  erinnert,  welchem  diese 
Schaustellung  ihre  Entstehung  verdankt.  Die  Mehrzahl  der  ausge¬ 
stellten  Gegenstände  ist  verkäuflich.  Uebrigens  darf  man,  ohne  der 
Unbescheidenheit  geziehen  zu  werden,  sagen,  dafs  die  Ausstellung  i 
der  deutschen  Staaten  sich  in  vortheilhafter  Weise  durch  strenge  ' 
Sachlichkeit  und  übersichtliche  Anordnung  in  vortheilhafter  Weise  | 
auszeichnet,  ein  L^mstand,  der  nicht  durchweg  in  der  Ausstellung  j 
die  gebührende  Beachtung  gefunden  hat. 

Der  Congrefs  wurde  am  Sonntag  den  15.  (3.)  Juni  d.  J.  mittags  ; 
gegen  2  Uhr  im  grofsen  Saale  der  St.  Petersburger  Adelsversamm-  I 
lung  in  Gegenwart  der  Kaiserlich  Eussischen  Majestäten  und  des  | 
gesamten  Kaiserlichen  Hofes,  ferner  der  Chefs  der  in  Petersburg  be-  | 
glaubigten  Gesandtschaften,  sowie  einer  glänzenden  Versammlung  j 
höchster  und  hoher  Würdenträger  des  In-  und  Auslandes  in  feier- 
lich.ster  Weise  eröffnet.  Am  Abend  des  Eröffnungstages  vereinigten  | 
sich  auf  eine  Einladung  des  Stadthauptes  von  St.  Petersburg  hin  die  j 
Congrefsmitglieder  zu  einem  geselligen  Zusammensein  in  den  Eäumen 
des  Eathhauses.  ! 

Montag  den  16.  (4.)  Juni  morgens  begannen  die  Sitzungen  des  ! 
Congresses.  Letzterer  hat  sich  in  folgende  drei  Unterabtheilungen  ! 
getheilt:  1)  für  Gesetzgebung;  2)  für  Strafvollzug;  3)  für  vor¬ 
beugende  Einrichtungen  (Institutions  preveutives).  Die  Verhand¬ 
lungen  wurden  in  französischer  Sprache  geführt.  Der  Congrefs  | 
ist  in  diesen  Tagen  geschlossen  worden;  an  denselben  sollten  sich 
dann  noch  zwei  gröfsere  wissenschaftliche  Ausflüge  anschliefsen, 
von  denen  der  eine  die  Stadt  Helsingfors ,  der  andere  die  Stadt 
Moskau  zum  Ziele  hat.  Die  Ausstellung  wird  drei  Wochen  währen 
und  dann  voraussichtlich  geschlossen  werden,  keinesfalls  aber  über 


*)  Vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltui^  1888,  S.  340. 

Verlag  von  Ernst  &  Korn  OVillielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Tüeiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K e  rs  kes,  Berlin. 


y 


Älr.26A- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung^. 


INHALT:  Freileguug  und  Wiederherstellung  des  Freiburger  Münsters.  —  Ver¬ 
mischtes:  Grabdenkmal  für  Prof.  Ewerbeck  —  Hadreifenbrüche  auf  den  Eisen- 


baliueii  Deutschlands  im  Jahre  1880.  —  Brücke  über  den  North-Pdrer.  —  Nutzbar¬ 
machung  der  Kräfte  der  Niagara-Fälle.  —  Artesischer  Bezirk  des,  Jamesflufs-Thales. 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 


Die  Freilegung  und  Wiederherstellung  des  Freiburger  Münsters 


Seit  einer  längeren  Eeihe  von  Jahren  bildet  die  Frage  der  Frei¬ 
legung  vom  Chore  der  Freiburger  Münsterkirche  den  Gegenstand 
eingehender  Erörterungen.  Die  mangelhafte  Verbindung  der  Süd- 
und  Nordseite  des  grofsen  Münsterplatzes  in  seinem  östlichen  Theile, 
die  aufserordentlich  grofse  Nähe  der  mehrstöckigen  Gebäude  am 
Münsterchore,  endlich  die  Thatsache,  dafs  sich  nirgendwo  ein  Platz 
linden  läfst,  der  es  ermöglicht,  einen  befriedigenden  lleberblick  über 
die  Chorseite  des  Münsters  zu  gewinnen,  waren  Veranlassung 
der  Frage  näher  zu  treten.  Den  nächsten  Anstofs  hierzu  gab 
der  Umstand,  dafs  ein  dem  Münsterchor  zunächst  liegen¬ 
des  Haus  zum  Abbruch  be¬ 
stimmt  wurde  und  durch  einen 
dreistöckigen  Neubau  ersetzt 
werden  sollte.  Ehe  aber  ein 
entscheidender  Schritt  in  der 
Sache  geschehen  sollte,  ent- 
schlofs  man  sich  in  Freiburg, 
zunächst  einen  Sachverständi¬ 
gen -Ausschufs,  bestehend  aus 
Autoritäten  auf  dem  Gebiete 
der  kirchlichen  Baukunst,  zu 
Rathe  zu  ziehen. 

Mit  der  Frage  der  Frei¬ 
legung  waren  aber  auch  Fra¬ 
gen  über  den  baulichen  Zustand 
des  Münsters,  über  die  Ver¬ 
besserungen  von  schadhaft  ge¬ 
wordenen  Bauth eilen  usw.  auf¬ 
geworfen  und  enge  verbunden, 
und  der  Sachverständigen- Aus¬ 
schufs  wurde  daher  mit  der 
Beantwortung  nicht  nur  der 
ersteren,  sondern  auch  der 
sich  aus  ihr  ergebenden  wei¬ 
teren  Fragen  betraut. 

Es  bildete  sich  nun  in 
Freiburg  in  den  ersten  Tagen 
des  Monat  Juli  1889  ein  „Pro¬ 
visorisches  Comite  zur  Frei¬ 
legung  und  Wiederherstellung 
des  Münsters  in  Freiburg  i.  B.“, 
dem  die  Herren  Domdecan 
Weickum  und  Oberbürger¬ 
meister  Winter  er  vor  stan¬ 
den.  Diese  liefsen  Aufforde¬ 
rungen  an  die  Herren  Schmidt 
in  Wien,  Adler  in  Berlin, 

Denzinger  in  München,  Egle 
in  Stuttgart,  Durm  in  Karls¬ 
ruhe  und  Essenwein  in  N ürn- 
berg  ergehen  zur  Uebernahme 
des  Sachverständigen- Amtes. 

Alle  mit  Ausnahme  Essenweins 
folgten  dem  Rufe  und  am 
10.  September  vorigen  Jahres 
traten  die  Genannten,  denen 
sich  noch  der  erzbischöfliche 
Baumeister  Ba er  in  Freiburg  zugesellte,  in  Freiburg  zu  gemeinsamem 
Augenschein  und  zur  Berathung  zusammen.  Den  Vorsitz  übernahm 
Ober-Baurath  v.  Schmidt,  während  Baudirector  Durm  das  Protokoll 
führte  und  dieses  auch  später  für  die  Veröffentlichung  ausarbeitete. 
Das  von  allen  Sachverständigen  ohne  Vorbehalt  unterschriebene,  redi- 
girte  Protokoll  wurde  in  der  zweiten  Hälfte  des  Monats  November  v.  J. 
an  das  provisorische  Comite  abgegeben  und  von  dem  in  der  jüngsten 
Zeit  ins  Leben  getretenen  „Freiburger  Münsterbauverein“  ver¬ 

öffentlicht.  Das  Protokoll  lautet: 

Griitacliten  der  Sacli verständigen 

über  den 

bauliclien  Zustand,  die '  nothweudigeii  Wiederlierstellimgsarbeiten 
uud  die  Freilegung  des  Münsters  in  Freihurg. 

Von  dem  provisorischen  Comite  für  die  Wiederherstellungs¬ 

arbeiten  und  die  Freilegung  des  Freiburger  Münsters  wurden  die 
nachstehenden  Architekten: 

Geheimrath  Professor  Adler  in  Berlin, 

Ober-Baurath  Denzinger  in  München, 


Baudirector  Professor  Dr.  Durm  in  Karlsruhe, 

Baudirector  Egle  in  Stuttgart, 

Dombaumeister  Freiherr  v.  Schmidt  in  Wien 
berufen,  welche  am  10.  September  1889  zur  gemeinschaftlichen  Be¬ 
rathung  und  zur  Vornahme  eines  Augenscheines  in  Freiburg 
zusammentraten. 

Das  provisorische  Comitö  unter  dem  Vorsitz  des  Herrn  Prälaten 
Weickum  und  des  Herrn  Oberbürgermeisters  Winterer  in  Frei¬ 
burg  eröft’nete  die  Berathungen  mit  einer  eingehenden  Darlegung  der 
Umstände,  welche  ein  technisches  Gutachten  über  den  Zustand  des 

Münsters  und  dessen  Frei¬ 
legung  hervorriefen  und  wün- 
schenswerth  erscheinen  liefsen. 

Das  Comite  legte  sodann 
den  Sachverständigen  —  un¬ 
beschadet  weitergehender  Ur- 
theile  und  Eathschläge —  nach¬ 
stehende  Fragen  zur  Beantwor¬ 
tung  vor,  während  der  erz- 
bischöfliche  Bauinspector  Bär 
die  vorbereitenden  Mafsnahmen 
zur  Ermöglichung  eines  Augen¬ 
scheines  und  eingehender  Prü¬ 
fung  der  einzelnen  Bautheile 
und  der  Sachlage  im  allge¬ 
meinen  in  der  umfassendsten 
Weise  traf,  und  so  die  Arbeiten 
der  Sachverständigen  wesent¬ 
lich  erleicherte  und  in  dankens- 
werther  Weise  förderte. 

Die  zu  beantwortenden 
Fragen  waren  getrennt,  und 
zerfielen  in  solche,  welche  sich 
auf  die  Wiederherstellungs¬ 
arbeiten,  und  in  solche,  die  sich 
auf  die  Freilegung  des  Münsters 
bezogen.  Sie  lauten: 

A.  Hinsichtlich  der  Eestaii- 
riruiig  des  Mimsters. 

1.  In  welchem  baulichen 
Zustande  befindet  sich  zur 
Zeit  der  Westthurm  und  die 
Westfacade  des  Münsters? 

Sind  im  Interesse  des  Be¬ 
standes  desselben  gröfsere  Re¬ 
paraturen  nöthig  und  welche? 

Ist  eine  Zugänglichmach¬ 
ung  der  Pyramide  wünschens- 
werth  oder  nothwendig,  und 
soll  im  bejahenden  Falle  aufsen 
oder  innerhalb  des  Thurm¬ 
helmes  eine  Treppe  angebracht 
werden? 

2.  Bietet  der  alte,  grofse, 
hölzerne  Glockenstuhl  im  W est- 
thurm  im  Falle  eines  Brandes 

für  den  Bestand  des  Thurmes  keine  Gefahr,  und  kann  derselbe  bei 
Einhaltung  der  nöthigen  Vorsichtsmafsregeln  belassen  werden? 

3.  Sind  am  Langhaus  und  Querschilf  gröfsere  Ausbesserungen 
und  Restaurationen  nöthig? 

Können  die  alten  hölzernen  Dachstühle  belassen  oder  sollen  die¬ 
selben  durch  feuersichere  Constructionen  ersetzt  werden? 

Soll  die  alte  Eindeckung  des  Mittelschiffdaches  mit  farbigen 
Ziegeln  wieder  angestrebt  werden,  und  welche  Dachdeckung  wäre 
alsdann  für  die  Seitenschiffe  und  Querschiffe  zu  empfehlen? 

4.  Genügt  bei  den  beiden  Hahnenthürmen  eine  Ausbesserung, 
oder  müssen  die  oberen  Theile  ganz  abgetragen  und  neu  aufgeführt 
werden? 

Wäre  es  nicht  zu  empfehlen,  künftighin  die  Hahnenthürme  im 
Innern  zugänglich  zu  machen,  um  die  Unterhaltung  der  Thürme  zu 
erleichtern  ? 

In  welcher  Weise  hätte  dies  eventuell  zu  geschehen? 

5.  Sind  am  Chorbau  gröfsere  Reparaturen  nöthig,  und  soll 
derselbe  in  seinen  Strebepfeileraufsätzen  ausgebaut  werden? 

Können  die  im  vorigen  Jahrhundert  und  in  den  vierziger  Jahren 


270 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


2.  Juli  181)0, 


dieses  Jahi-hunderts  ausgeführteu  Strebepfeileraufsätze  belassen  | 
werden,  oder  ist  deren  Entfernung  und  der  Ausbau  des  Chores  nach 
einheitlichem  Plane  wiiuschenswerthV 

Soll  der  Chordachstuhl  durch  eine  feuersichere  Construction 
ersetzt  werden,  oder  welche  Bedachung  erscheint  für  das  Chordach 
geeignet? 

0.  'Welche  Kostensumme  wäre  annähernd  erforderlich,  um  die 
von  den  Sachverständigen  vorgeschlagenen  Eestaurationsarbeiten 
zu  bestreiten? 

7.  Welche  Summe  pro  anno  ist  erforderlich,  um  nach  Aus¬ 
führung  der  Kestaürationsarbeiten  das  Münster  in  gutem  baulichen 
Zustande  zu  erhalten? 

B.  Hmsichtlich  der  Freilegung  des  Münsters. 

1.  Ist  eine  gröfsere  Freilegung  des  Münsters  durch  Beseitigung 
einzelner  Häuser  nach  der  Ostseite  hin  in  ästhetischer  Beziehung 
wünschenswerth,  und  wird  die  imponireude  Wirkung  des  Baues  durch 
die  Freilegung  nicht  beeinträchtigt? 

2.  Wenn  eine  Freilegung  für  geeignet  erachtet  wird,  wie  weit  hat 
sich  dieselbe  zu  erstrecken,  und  in  welcher  Weise  soll  die  Neu¬ 
gestaltung  des  Platzes  vorgenommeu  werden? 


Die  Unterzeichneten  nahmen  zu 
wie  folgt: 


A. 


den  angeregten  Fragen  Stellung 


Der  Westthurm  ist  in  seinem  Bestände  als  gesund  anzuerkennen, 
und  es  bestehen  keinerlei  Bedenken  über  dessen  Haltbarkeit,  seine 
Stabilität  ist  nicht  gefährdet  und  im  ganzen  gut.  Schadhaft  ist  nur 
die  Spitze,  welche  in  ihrer  jetzigen  Verfassung  nicht  gehalten  werden 
kann.  Diese  soll  daher  auf  eine  Höhe  von  etwa  1.5  m  abgetragen 
und  neu  aufgeführt  werden.  Die  Kreuzblume  ist  als  die  ursprüngliche 
anzuerkennen,  sie  soll  daher  nach  der  Abnahme  als  geschichtlich 
beachtenswerthes  Denkzeichen  aufbewahrt  und  die  neu  zu  erstellende 
genau  nach  der  alten  geformt  werden,  selbstredend  unter  Ergänzung 
schadhaft  gewordener  oder  herabgefallener  Einzeltheile  derselben.*) 
Die  einzelnen  Zonen  der  durchbrochenen  Platten,  aus  denen  die 
Pyramide  sich  zusammensetzt,  erweisen  sich  als  durch  horizontale, 
im  Querdurchschnitt  quadratische  Eisenstäbe  von  beiläufig  5  cm 
Seitenlänge  verankert.  Die  in  Achtecksform  zusammengefügten  Stäbe 
treten  am  Fufse  der  untersten  Platteni-eihe  sichtbar  zu  Tage,  weiter 
oben  wurden  sie  durch  Anhaueu  der  Steine  früher  schon  festgestellt, 
während  die  beiden  obersten  Ringe  offen  liegen.  Die  Kantenlinien 
der  Pyramide  sind  keine  stetig  emporsteigenden,  sie  sind  verkrümmt 
oder  mehrfach  geknickt  und  zeigen  auch  sonst  verschiedene  Unregel- 
mäfsigkeiten  in  der  Ausführung,  gleichwie  die  der  Hahnenthürme, 
bei  denen  die  dem  Auge  in  der  Ferne  als  regelmäfsige  Curven  er¬ 
scheinenden  Krümmungen  der  Kantenlinien  —  in  Knicken  geführte 
Geraden  sind.  Um  der  Pyramide  beim  Aiistritt  aus  der  Galerie 
mehr  Fleisch  oder  Körper  zu  geben,  ist  der  untere  Theil  derselben 
steiler  emporgeführt  als  die  höher  liegenden,  und  da  die  Höhe  der 
Pyramide  eine  vom  Architekten  zum  voraus  bestimmte  war,  so  ei-gab 
sich  dann  die  Krümmung  der  Kantenlinien  in  der  Ausführung  von 
selbst.  Einzelne  schadhafte  Stellen  der  Pfeiler,  welche  die  Stein¬ 
pyramide  tragen,  sind  gleichwie  kleinere  beschädigte  Stellen  an  der 
Pyramide  selbst  auszuheilen  und  durch  gesunde  Ersatzstücke  zu 
ergänzen. 


■*)  Aus  den  Aufsätzen:  Baugeschichtliche  Betrachtungen 
über  unserer  lieben  Frauen  Münster  zu  Freiburg  i.  B.  von 
Franz  Baer,  Erzbischöfl.  Bauinspector  (Freiburg  i.  B.  Buch¬ 
druckerei  von  C.  H.  Wagner  1889),  entnehmen  wir  von  Seite  23: 
„Diese  schwere  Beschädigung  des  Münsterthurmes  im  16.  Jahrhundert 
wurde  damals  als  eine  förmliche  Landescalamität  angesehen,  und  der 
Rath  der  Stadt  berief  die  ersten  Meister  jener  Zeit  zu  einer  Conferenz 
nach  Freiburg,  um  zu  berathen,  wie  diese  schöne  Pyramide  wieder 
hergestellt  werden  könnte.  Aus  jener  Zeit  stammt  auch  die  etwas 
klein  gerathene  Schlufskreuzblume  des  Thurmes.“ 

Die  Kreuzblume,  welche  Steinmetzzeichen  trägt,  ist  aber  mit 
solcher  Meisterschaft  in  der  Meifselführung  gemacht  und  in  der  Gröfse 
und  den  Ausladungen  so  schön  abgewogen,  dafs  von  ihr  als  einer 
spätem  Zuthat  nicht  die  Rede  sein  kann.  Die  technischen  Sach¬ 
verständigen  hoben  daher  in  ihrem  Gutachten  ausdrücklich  hervor, 
dafs  sie  die  Blume  für  die  ursprüngliche  halten. 

Die  umstehende  Zeichnung  der  Blume  in  ihrem  jetzigen 
Zustand,  nach  einer  auf  den  Untersuch iingsgerüsten  gemachten 
Lichtbild- Aufnahme,  liefert  wohl  den  Beweis,  dafs  ihre  Erneuerung 
kein  Uebei-flufs  ist.  Sie  zeigt  aber  auch,  was  Wetter  und  Wetter¬ 
strahl  aus  dem  Gesteine  mit  der  Zeit  gemacht  haben  und  welche  Mafs- 
nahmen  nöthig  geworden  sind,  um  die  Blume  noch  zu  erhalten. 

Betreffs  der  Curvaturen  des  Helmes  bringen  wir  die  Aufsätze 
Redtenb achers  in  der  deutschen  Bauzeitung  (Jahrgänge  1876,  77 
u.  78),  den  von  Durm,  Lang  und  Warth  in  der  Lützowschen 
Kunstzeitung,  Jahrgang  1877,  sowie  auch  die  Mittheilung  im  Jahrg. 
1881  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung,  S.  57,  in  Erinnerung. 


Mit  einer  Zugänglichmachung  der  Pyramide  durch  besondere 
Treppen  können  sich  die  Unterzeichneten  nicht  befreunden  und 
lehnen  eine  solche  ab.  Eine  Vermehrung  der  vorhandenen  Steigeisen 
bei  sachgemäfser  Anlage  derselben  an  der  Aufsenseite  der  Pyramide, 
soweit  solche  für  die  Begehung  der  Pyramide  durch  Handwerksleute 
nöthig  ist,  wird  für  genügend  erachtet. 

Der  Zustand  der  Bautheile  am  Langhause  und  Querschiff  ver¬ 
langt  keine  gröfseren  Ausbesserungen,  es  sind  keinerlei  Bedenken 
gegen  den  Bestand  derselben  vorhanden,  sowie  auch  keine  bedenk¬ 
lichen  Deformationen  und  Risse  bei  denselben  festzustellen  sind. 

Die  Dachstühle  der  Seitenschifl:’e  sind  aus  Holz  neu  hergestellt, 
während  der  Dachstuhl  über  dem  Mittelschiff,  gleichfalls  aus  Holz 
construirt,  noch  gut  erhalten  ist.  Die  Construction  läfst  den  Dach¬ 
raum  sehr  frei  und  weist  keine  schweren  Hölzer  auf.  Ein  Brand  des 
Mittelschiffdaches  würde  daher  den  Hauptthui’m  in  seinem  Bestände 
nicht  erschüttern  und  wohl  nur  die  Schale,  nicht  aber  den  Kern 
beschädigen. 

Anzustreben  wäre  allerdings  der  Ersatz  aller  und  «jeder  Holz- 
constructiouen  bei  den  Dächern  und  in  den  Thürmen  durch  Eisen- 
constructioneu,  mit  welchen  daun  die  Eindeckung  der  Dachflächen 
mit  Kupfertafelblechen  zu  verbinden  wäre. 

Werden  die  alten  Holzdachstühle  beibehalten,  so  empfiehlt  sich 
die  Neudeckung  der  Dachflächen  mit  farbigen  Ziegeln  unter  Ver¬ 
wendung  deceuter  Farben  bei  passender  Gröfse  der  Legmuster  zu 
den  Bauformeu.  Alle  bunten  Tönungen  sind  daher  auszuschliefsen, 
und  soll  der  Gesamteffect  der  Flächen  mehr  einem  Bronce-Ton 
gleichkommen,  welcher  der  Patina  des  Gesteines  keinen  Eintrag  thut. 
Dabei  wird  das  Mettlacher  Material  aus  dem  Grunde  bevorzugt, 
weil  die  sonstigen  glasirten,  farbigen  Ziegel  nicht  denjenigen  Grad 
von  Haltbarkeit  auf  die  Dauer  versprechen,  welcher  für  einen 
Monumentalbau  von  der  Bedeutung  des  FreiburgerMünsters  wünschens¬ 
werth  erscheint.  Als  nothwendige  Folge  der  farbigen  Dachflächen 
wird  die  Verwendung  von  Firstkämmen  aus  dem  gleichen  Materiale 
wie  die  Ziegel  anerkannt,  denn  wo  die  Farbe  auf  hört,  soll  die 
plastische  Form  anfangen.  Die  gleiche  Deckung  wie  die  Dächer  des 
Mittelschiffes  und  der  Seitenschiffe  soll  auch  das  Chordach  erhalten 
und  in  allen  Fällen  der  Giebel,  welcher  das  Chordach  vom  Mittel¬ 
schiffdach  trennt,  eine  architektonische  Ausbildung  erfahren. 

Die  Dachluken  sind  jetzt  schon  und  besonders  bei  der  Neu¬ 
deckung  der  Dächer  mit  Drahtgitteru  gegen  Flugfeuer  von  aufsen 
zu  schützen  und  die  Zugänge  zu  dem  Dachstuhl  feuersicher  zu 
schliefseu,  und  jeder  Verkehr  zu  den' Dachräumen  ist  zu  beschränken. 
Letztere  sind  von  allem  freizuhalten,  was  die  Feuersgefahr  vermehren 
kann,  so  dürfen  sie  namentlich  nicht  wie  bisher  als  Lagerplätze  für 
Strohmatten,  alte  Kircheustühle,  abgängige  Decorationsstücke  u.  dgl. 
mehr  verwendet  werden. 

Eine  grössere  Gefahr  bei  einem  Brande  liegt  in  dem  hölzernen 
Einbau  des  Westthurmes,  dem  schweren  hölzernen  Glockenstuhl  mit 
der  Thürmerwohnung. 

Können  nun  die  hölzernen  Dachstüble  beibehalten  werden,  ohne 
den  Bestand  des  Bauwerkes  bei  einem  Schadenfeuer  in  denselben  in 
Frage  zu  stellen,  so  ist  dies  nicht  der  Fall  bei  einem  Brande  des 
jetzigen  Glockenstuhles. 

Nach  wiederholter  Besichtigung  dieses  Werkes  und  nach  ein¬ 
gehender  reiflicher  Ueberlegung  und  Besprechung  aller  Für  und 
Wider  kamen  die  tTnterzei ebneten  daher  zu  dem  Entschlüsse,  den 
bestimmten  Antrag  zu  stellen,  es  möge  der  hölzerne  Glockenstuhl 
durch  einen  eisernen  sobald  als  möglich  ersetzt  werden.  Die  Halt¬ 
barkeit  des  jetzigen  Glockenstuhles  auf  längere  Zeit  soll  dabei  nicht 
angezweifelt  und  auch  der  archäologische  Werth  desselben  nicht 
unterschätzt  werden.  Doch  auch  dieser  könnte  wie  die  abgängige 
über  3  m  hohe  Kreuzblume  des  Westthurmes  als  historisches  Denk¬ 
zeichen  in  Freiburg  seine  bleibende  Aufstellung  wieder  finden, 
da  ein  Herausnehmen  desselben  seine  Zertrümmerung  nicht  in  sich 
schliefst. 

Es  unterliegt  für  uns  keinem  Zweifel,  dafs,  wenn  der  Glocken¬ 
stuhl  mit  seinem  mächtigen  Holzwerk  in  Flammen  aufgeht,  der  West¬ 
thurm  in  seinem  Bestände  gefährdet  wird;  denn  die  am  Thurme 
angebrachten  und  im  Thurmgemäuer  liegenden  Eisenanker  und  -reifen, 
welche  bei  der  Construction  des  Thurmes  eine  bedeutende  Rolle 
spielen,  müfsten  bei  einem  Feuer  durch  ihre  gefahrbringende  Aus¬ 
dehnung  zerstörend  auf  das  Thurmgemäuer  wirken,  worin  wir  die 
besondere  Gefahr  für  den  Bestand  desselben  erblicken.  Aufserdem 
würde  die  Hitze  auch  schon  direct  verderbliche  Steinausspringungen 
am  Thurmhelme  verursachen. 

Die  Hahnenthürme,  bei  denen,  wie  oben  schon  bemerkt,  die 
Kantenliuien  der  Pyramiden  zweimal  gebrochen  sind  und  keine 
stetigen  Curven  bilden,  sind  in  den  unteren  Theilen  stellenweise 
schadhaft  geworden  und  bedürfen  dort  der  Ausbesserungen,  während 
das  obere  Drittel  der  Helme  abzutragen  und  neu  zu  fertigen  ist. 
Dabei  sollen  dann  die  Kreuzblumen  ihre  frühere,  stilistisch  richtige 


Är.  26  A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


271 


Form  erhalten  und  die  Wimpergen  bei  den  oberen  Fenstern  wieder 
vollständig  hergestellt  werden. 

Eine  weitere  Zugänglichmachung  dieser  Thürme  durch  besondere 
Treppen  erscheint  ebensowenig  geboten  wie  bei  dem  Westthurm. 

Am  Chorbau  sind  gröfsere  Reparaturen  nicht  nothwendig,  da 
bedenklichere  Schäden  nicht  zu  bemerken  sind.  Bei  denjenigen 
Strebepfeilern,  bei  welchen  die  Aufsätze  fehlen,  sind  die  letzteren  in 
stilgerechter  Form  zu  ergänzen;  dabei  sind  die  kleinen  Aufsätze  aus 
später  Zeit,  bei  welchen,  neben  den  rothen  Sandsteinen,  helle  Kalksteine 
zur  Verwendung  kamen,  sobald  als  möglich  abzutragen  und  durch 
neue,  stilgemäfse  zu  ersetzen,  während  die  ungeschickten  und  stil¬ 
widrigen  Aufbaue  der  Strebepfeiler  aus  den  vierziger  Jahren  dieses 
Jahrhunderts  einstweilen  belassen  werden  können  und  erst  bei  ihrem 
Niedergange  durch  stilgemäfse  zu  ersetzen  wären. 

Wird  von  den  Wiederherstellungsarbeiten  mit  der  Zeit  auch  die 
im  Detail  einfacher  gehaltene  Nordseite  berührt,  so  empfiehlt  sich 
die  Beibehaltung  der  gleich  einfachen  Weise,  überhaupt  sollen  stets  I 
die  ursprünglichen  Formen,  so¬ 
weit  sie  einen  guten  Stil  zeigen, 
beibehalten  werden. 

Werden  alle  die  empfohle¬ 
nen  und  auch  die  als  absolut 
nothwendig  bezeichneten  Wie¬ 
derherstellungen  und  Neuai'bei- 
ten  an  dem  Münster  ausgeführt 
und  die  Kosten  für  Ergänzungen 
der  Glasmalereien  und  für  Bau¬ 
personal  in  Betracht  gezogen, 
so  dürften  Millionen  Mark 
erforderlich  sein.  Der  erzbischöf¬ 
liche  Bauinspector,  Herr  Bär 
in  Freiburg,  welcher  den  Unter¬ 
suchungen  und  Berathungen  der 
Unterzeichneten  beiwohnte,  hat 
auf  Grund  der  letzteren  und 
nach  seinen  seitherigen  Erfah¬ 
rungen  bei  den  Unterhaltungs¬ 
arbeiten  am  Münster  eine  Kosten¬ 
berechnung  aufgestellt,  welche 
die  Unterzeichneten  im  wesent¬ 
lichen  als  eine  richtige  Grundlage  für  spätere  genaue  Aufstellungen 
anzusehen  imstande  sind  und  welche  als  ziemlich  sicherer  Ausgangs¬ 
punkt  für  die  weiteren  einzelnen  Mafsnahmen  dienen  kann. 

Sind  all  die  genannten  Arbeiten  im  Verlaufe  der  Zeit  zur  Aus¬ 
führung  gebracht,  dann  dürfte  für  die  Unterhaltungsarbeiten  immerhin 
ein  Satz  von  jähidich  10  bis  12000  Mark  einzustellen  sein. 

Schliefslich  empfehlen  wir  dem  provisorischen  Comitö  in  Freiburg 
die  sofortige  sorgfältige  Aufnahme  des  Bauwerkes  als  eine  absolute 
Noth Wendigkeit,  weil  diese  als  Grundlage  für  alle  weiteren  Mafs¬ 
nahmen  am  Baue  dient  und  als  solche  ein  unabweisbares  Erforder- 
nifs  ist. 

Mit  der  Herstellung  dieser  Aufnahme  würde  wohl  am  besten  der 
seither  am  Münsterbau  thätige,  erzbischöfliche  Herr  Bauinspector 
Bär  betraut,  der  für  die  Gewissenhaftigkeit,  welche  die  Arbeit  ver¬ 
langt,  in  sich  und  seinen  seitherigen  Leistungen  die  nöthigen 
wünschenswerthen  Garantieen  bietet. 

B. 

Die  eigenthümliche  Gestaltung  des  Münsterplatzes  in  Freiburg 
und  die  Begrenzung  desselben  auf  der  West-,  Süd-  und  Nordseite 
mit  zum  Theil  stattlichen  und  öffentlichen  Gebäuden,  welche  alle  in 
genügender  Weise  von  dem  Gotteshaus  entfernt  sind,  verlangt  nach 
fliesen  Himmelsgegenden  keinerlei  Aenderung  in  der  Stellung  und 
Lage  der  den  Münster  einschliefsenden  Bauten. 

Anders  verhält  es  sich  mit  der  Ostseite  des  Platzes,  an  welcher 
:staffelförmig  vorspringend  eine  Reihe  nicht  gerade  schöner  und  statt¬ 


licher  Bauten  dem  Chore  des  Münsters  zu  nahe  gerückt  sind.*)  Diese 
Bauten  beeinträchtigen  einerseits  den  freien  Blick  auf  die  Chorseite 
des  Münsters  und  können  anderseits  bei  dem  Ausbruch  eines 
Schadenfeuers  dem  Münster  sogar  gefährlich  werden.  Aufserdem 
sollte  der  kirchlich  bedeutsamste  Theil  des  Münsters  von  möglichen 
Störungen  durch  zu  nahe  gerückte  Anwohner  oder  deren  Beschäfti¬ 
gungen  ein  für  allemal  verschont  bleiben. 

Um  den  Betheiligten  nicht  zu  grofse  Opfer  auf  einmal  auf¬ 
zuerlegen,  dürfte  bei  der  Freilegung  des  Münsters  nach  Osten  nach 
drei  Stufen  vorzugehen  sein. 

In  erster  Linie  wären  die  Häuser  Nr.  22,  24,  26  und  28  der 
Herrenstrafse  niederzulegen,  dann  die  Hauptwache  Nr.  38  am  süd¬ 
lichen  Theile  des  Münsterplatzes,  und  schliefslich  das  Haus  Nr.  33 
des  Präsenz -Fonds  bei  der  Nordostecke  des  Münsterplatzes  und  das 
Gebäude  des  Münster-Fabrik-Fonds,  Münsterplatz  Nr.  40  und  42,  mit 
der  Münsterbauhütte,  Haus  Nr.  30  der  Herrenstrafse. 

Das  Münster  wird  durch  diese  Mafsnahme  in  seiner  Wirkung 

nicht  beeinträchtig  werden,  da 
die  Freilegung  sich  so  nur  auf 
ein  bescheidenes  Mafs  und  auf 
das  Nothwendigste  beschränkt 
—  im  Gegentheil  wird  das  Werk 
an  Grofsartigkeit  gewinnen,  und 
seither  verschlossene,  neue  reiz¬ 
volle  Bilder  und  Blicke  von 
Osten  aus  auf  den  ehrwürdig 
schönen  Bau  werden  ermöglicht 
werden. 

F.  Adler,  Geheimer  Ober- 
Baurath. 

F.  J.  Denzinger,  Königl. 

bayr.  Ober-Baurath. 

Dr.  Josef  Durm,  Baudi- 
rector. 

J.  V.  Egle,  Königl.  Hofbau- 
director. 

V.  Schmidt,  Dombaumeister 
zu  St.  Stephan  in  Wien. 


Der  Münsterbauverein  hat  nun  gedruckte  Satzungen  heraus¬ 
gegeben,  nach  welchen  er  den  Zweck  verfolgt,  die  Erhaltung, 
Wiederherstellung  und  Freilegung  sowie  den  Ausbau  der  Freiburger 
Münster-Kathedrale  im  Sinne  des  Gutachtens  der  im  September  1889 
berufenen  Sachverständigen  in  jeder  angemessenen  Weise,  insbesondere 
durch  Sammlung  von  Geldbeiträgen,  nach  Kräften  zu  fördern.  Zur 
Mitgliedschaft  des  Vereins  berechtigt  ein  Jahresbeitrag  von  drei 
Mark.  Der  Vorstand  des  Münsterbauvereins  besteht  zur  Zeit  aus 
folgenden  26  Herren:  Freiherr  Ernst  v.  Böcklin,  Privatier  Brassert, 
Rechtsanwalt  Föhrenbach,  Kaufmann  Fischer,  Freiherr  v.  Gleichen¬ 
stein,  Staatsanwalt  v.  Gulat,  Stadtpfarrer  Hansjacob,  Graf  v.  Helm¬ 
stadt,  Buchhändler  Herder,  Privatmann  Hummel,  Landgerichtsrath 
Dr.  Kern,  Geheimer  Hofrath  Dr.  Kraus,  Stadtrath  Dr.  Krebs,  Rechts- 
anwaltMarbe,  Domcustos  Maier,  Rechtsanwalt  Neumann,  Administrator 
Pfister,  Weinhändler  Pyhrr,  Oberst  a.  D.  Roberts,  Stadtrath W  alterspiel, 
Oberbürgermeister  Winterer,  Domcap itular  Behrle,  Domcapitular 
Rudolf,  Domcapitular  Kiefer  und  Stadtrath  Güss,  sämtlich  in  Frei¬ 
burg,  sowie  aus  einem  Vertreter  der  Grofsherzoglichen  Regierung, 
der  noch  nicht  ernannt  ist.  Der  geschäftsführende  Ausschufs  (§  10 
der  Satzungen)  besteht  zur  Zeit  aus  den  Herren:  Geheimer  Hofrath 
Dr.  Kraus  als  Vorsitzender,  Oberbürgermeister  Winterer  als  Stell¬ 
vertreter,  Stadtrath  Güss,  Domcapitular  Rudolf,  Domcapitular  Kiefer, 
Freiherr  v.  Böcklin  und  Stadtrath  Dr.  Krebs,  ebenfalls  sämtlich 
in  Freiburg. 

*)  Vgl.  den  beigegebenen  Lageplan. 


Vermischtes, 


Grabdenkmal  für  Prof.  Ewerbeck.  Unter  Schülern  und  Freun¬ 
den  des  verstorbenen  Professors  Ewerbeck  ist  der  Wunsch  rege  ge¬ 
worden,  dem  verdienstvollen  Lehrer  und  Künstler  einen  würdigen 
Grabstein  zu  setzen.  Um  diesen  Plan  der  Ausführung  näher  zu 
bringen,  hat  sich  auf  Anregung  des  Akademischen  Architekten-Vereins 
in  Aachen  ein  Ausschufs  gebildet,  bestehend  aus  dem  jeweiligen 
Vorstand  des  genanntem  Vereins  sowie  dessen  A.  H.  A.  H.  Professor 
Mouris  (Brüssel)  und  Reg.-Baumeister  Wickop  (Köln).  Da  das 
Unternehmen  sich  der  bereitwilligstem- Förderung  seitens  der  Ar-chi- 
lektur-Abtheilung  an  der  technischen  Hochschule  erfreut  und  des 
wärmsten  Interesses  in  den  Kreisen  früherer  Schüler  und  Freunde 
des  Verewigten  sicher  ist,  so  steht  zu  hoffen,  dafs  dieses  Werk  der 
Dankbarkeit  und  Pietät  einen  schönen  Erfolg  haben  wird.  —  Geld¬ 


beiträge  wolle  man  an  den  Kassenwart  des  Akad.  Architekten-Vereins 
Herrn  stud.  arch.  Pützer  einschicken.  I.  A.: 

Anton  Hirsch,  stud.  arch. 

Ueber  die  auf  deu  Eiseubahnen  Deutschlands  im  Jahre  1889 
vorgekommeneu  Eadreifenbrüclie  sind  von  dem  Reichs-Eisenbahn- 
Amte  Erhebungen  angestellt  und  deren  Ergebnisse  den  Eisenbahn¬ 
verwaltungen  mitgetheilt  worden,  um  zur  Vornahme  weiterer  Ver¬ 
besserungen  Anregung  zu  geben.  Während  der  letzten  6  Jahre  läfst 
die  Anzahl  der  in  den  Sommermonaten  vorgekommenen  Radreifen¬ 
brüche  eine  stetige  Abnahme  erkennen;  dagegen  zeigt  die  Gesamt¬ 
zahl  der  Brüche  ein  wechselndes  Steigen  und  Sinken,  was  auf  die 
verschiedenen  Temperaturverhältnisse  in  den  Wintermonaten  der 
einzelnen  Jahre,  durch  welche  das  Eintreten  von  Reifenbrüchen  in 


272 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


2.  Juli  1890. 


hohem  Mafse  beeinflufst  wird,  zurückzuführen  ist.  Im  Jahi'e  1889 
sind  auf  41  selbständigen  Bahnuetzen  mit  39  682,89  km  Betriebslänge 
4187  Kadreifenbrüche  vorgekommen;  auf  je  1000  km  einfachen  Ge¬ 
leises  entfielen  72  Eeifenbrüche  gegen  87  im  Vorjahre  und  auf  je 
100  Millionen  der  geförderten  Achskilometer  aller  Art  35  Beifen- 
brüche  gegen  40  im  Vorjahre.  Auf  die  drei  Monate  Januar,  Februar 
und  März  allein  kommen  im  Jahre  1889  63,55  pCt.  aller  überhaupt 
erfolgten  Brüche.  Durch  die  Reifenbrüche  wurden  21  Entgleisungen 
und  171  Zugverspätungen  herbeigeführt.  An  320  Bädern  wurden  die 
Eadreifenbrüche  alsbald  nach  ihrem  Entstehen  bemerkt,  während  die 
Entdeckung  des  Bruches  bei  den  übrigen  erst  erfolgte,  nachdem  die 
gebrochenen  Reifen  noch  kürzere  oder  längere  Strecken  durchlaufen 
hatten. 

lieber  die  Art  des  Bahnoberbaues  an  dem  Oi'te,  wo  der  Bruch 
der  Radreifen  stattfand,  haben  zuverlässige  Feststellungen  nur  in 
2544  Fällen  erfolgen  können.  Danach  ergaben  sich  auf  je  1000  km 
Geleise  beim  Stuhlschienenoberbau  3  Radreifenbrüche,  beim  Quer¬ 
schwellenoberbau  47,  beim  Langschwellenoberbau  sowie  beim  Ober¬ 
bau  mit  Steinwürfeln  oder  sonstigen  Einzelunterlagen  16.  Auf 
Schnellzüge  kamen  167,  auf  Persouenzüge  461,  auf  gemischte  Züge 
229,  auf  Güter-  und  Arbeitszüge  2360,  auf  Rangirzüge  118  und  auf 
Leerzüge  87  Brüche.  In  765  Fällen  konnte  die  Art  des  Zuges  nicht 
mehr  festgestellt  werden. 

Wie  oft  das  mit  dem  gebrochenen  Reifen  versehene  Rad  schon 
vorher  einen  Reifen  getragen  hatte,  war  in  3338  Fällen  =  79,72  pCt. 
nachweisbar  und  zwar  war 


die  Radscheibe 

der  Eadstern 

in  591, 

in  1398  Fällen  zum 

ersten  Male, 

83, 

„  883  .. 

zweiten  „ 

n  9, 

019 

dritten  „ 

..  1, 

96 

vierten  „ 

n  0, 

51  „ 

fünften  „ 

0, 

„  12  „ 

sechsten  „ 

..  0, 

2 

siebenten  „ 

benutzt  worden. 

Auf  je  einen  auf 

einem  Scheibeurade 

gebrochenen  Radreifen 

kamen  Radreifenbrüche  auf  Speichenrädern: 

bei  den  zum  ersten  Male  benutzten  Radsternen  0,59, 

„  ,,  zweiten  „  „  2,66, 

.,  „  dritten  „  .,  „  5,89, 

.,  ..  vierten  „  „  .,  24,00. 

Die  Bruchtläche  zeigte  in  2656  Fällen  =r  63,43  pCt.  gesundes,  in 
1095  Fällen  =  26,16  pCt.  fehlerhaftes  und  in  26  Fällen  =  0,62  pCt. 
mangelhaft  geschweifstes  Material.  In  2636  Fällen  war  der  Bruch 
frisch,  in  1141  Fällen  alt  oder  es  war  wenigstens  ein  alter  Anbruch 
vorhanden  und  in  410  Fällen  nicht  sichtbar. 

Unter  den  für  den  Bruch  der  Reifen  als  entscheidend  anzusehen¬ 
den  Ursachen  kamen  auch  im  vergangenen  Jahre  am  häufigsten 
vor:  fehlerhaftes  (unganzes,  undichtes,  unreines,  poriges  usw.)  Material 
bei  1312  Reifen  =  31,34  pCt. ,  sprödes  Material  bei  796  Reifen 
=  19,01  pCt.  und  Temperatureinwirkung  (niedrige  Temperatur,  Tem¬ 
peraturwechsel)  bei  652  Reifen  =  1.5,57  pCt.,  gegen  32,57  pCt.  bezw. 
16,41  pCt.  bezw.  16,87  pCt.  im  Jahre  1888.  Bei  946  gebrochenen 
Reifen  ist  die  Veranlassung  zum  Bruch  unbekannt  geblieben.  Von 
je  10  000  der  im  ganzen  im  Betriebe  vorhanden  gewesenen  Radreifen 
und  Vollrädern  sind  27  gebrochen. 

Auf  je  10  000  des  für  jede  Fahrzeuggattung  angegebenen  Be¬ 
standes  an  Radreifen  kamen  an  Brüchen  vor: 


bei  Locomotiven  .  .  . 

43, 

„  Tendern . 

51, 

„  Personenwagen  .  . 

35, 

„  Postwagen  .... 

53, 

„  Gepäckwagen  .  .  . 

35  und 

„  Güterwagen  .  .  . 

25. 

Da  durchschnittlich  der  dritte  Theil  der  vorhandenen  Räder  der 
Bremswirkung  unterworfen  ist,  so  ergiebt  sich,  dafs  diese  Räder  an 
den  vorgekommenen  Brüchen  mit  0,29  pCt.  betheiligt  waren,  während 
von  den  der  Einwirkung  einer  Bremse  nicht  ausgesetzt  gewesenen 
Radieifen  0,25  pCt.  gebrochen  sind. 

Bei  der  Unterscheidung  nach  dem  Material  des  Radreifens 
zeigte,  wie  in  früheren  Jahren,  der  Puddel-(Schweifs-)stahl  das  un¬ 
günstigste  Ergebnifs,  indem  auf  je  10  000  Reifen  dieser  Art  68  Brüche 
entfallen.  Demnächst  folgen  die  Eisenreifen  (Feinkorn-  und  Schmiede¬ 
eisen)  mit  47  Brüchen  und  sodann  die  Reifen  aus  den  verschiedenen 
Flufsstahlsorten  (Gufsstahl,  Tiegelstahl,  Martin-,  Mangan-  und 
Bessemerstahl  sowie  Stahl  ohne  nähere  Bezeichnung)  mit  27  Brüchen 
auf  je  10  000  Reifen. 

In  Bezug  auf  die  Befestigungsart  ist  im  Bestände  einer  Ver¬ 
minderung  der  Radreifen  mit  älteren,  dagegen  eine  Vermehrung  der 
Radreifen  mit  neueren  Befestiguugsarten  eingetreten,  wodurch  das 
Bestreben  der  Eisenbahnverwaltungen,  ungenügende  Befestigungsarten 


durch  wirksamere  zu  ersetzen,  wiederum  bestätigt  wird.  Den  gröfsten 
Antheil  an  den  Reifenbrüchen  haben  die  eine  Schwächung  des 
Reifens  bedingenden  älteren  Befestigungsarten.  Auf  je  10  000  Reifen 
dieser  Befestigungs arten  kommen  53  Brüche,  wogegen  auf  eine  gleiche 
Zahl  Reifen  mit  neueren  Befestigungsarten  nur  12  Brüche  entfallen. 

Zieht  man  die  nur  in  geringer  Anzahl  vorhandenen  Radreifen  in 
einer  Stärke  von  20  mm  und  darunter  nicht  in  Betracht,  so  sinkt  die 
Anzahl  der  Brüche  mit  der  Zunahme  der  Eeifenstärke.  Bei  den 
Reifen  mit  einer  Stärke  von  über  20  bis  25  mm  betrug  der  Procent¬ 
satz  au  gebrochenen  Reifen  2,07,  bei  den  über  60  mm  starken  Reifen 
dagegen  nur  0,01. 

Ziuu  Bau  einer  Brücke  über  den  Vorth-River  (Hudson)  zwischen 
den  Städten  Vew-York  und  Vew-Yersey  ist  soeben  einer  dieser- 
halb  zusammengetretenen  Körperschaft  vom  Repräsentantenhaus  in 
Washington  die  Genehmigung  ertheilt  worden.  Die  hierbei  erhobenen 
Anforderungen  sind  folgende:  Die  Brücke  ist  als  vereinigte  Eisen¬ 
bahn-  und  Strafsenb rücke  zur  Ausführung  zu  bringen;  die  Zahl 
der  anzulegenden  Eisenbahngeleise  soll  nicht  unter  sechs  betragen, 
dabei  aber  die  Möglichkeit  einer  späteren  Vermehrung  um  vier 
weitere  Geleise  gewahrt  bleiben.  In  dem  Flusse  dürfen  keinerlei 
bleibende  oder  auch  nur  vorübergehende  Einbauten  errichtet  werden, 
und  es  soll  unter  der  Brücke  die  gleiche  Lichthöhe  für  den  Verkehr 
frei  bleiben,  wie  bei  der  ausgeführten  Brooklyn-Brücke.  Der  Bau 
mufs  innerhalb  dreier  Jahre  begonnen  und  in  zehn  Baujahren  voll¬ 
endet  werden.  Genehmigung  der  Pläne  durch  den  Kriegsminister 
bleibt  Vorbehalten. 

Die  aufgeführten  Anforderungen  werden  erfüllt  durch  den  im 
Jahrgang  1888  auf  Seite  126/127  d.  Bl.  mitgetheilten  Entwurf  einer 
North  River-Brücke,  welcher  vom  Ingenieur  Lindenthal  aufgestellt 
und  befürwortet  ist.  Da  der  Genannte  zu  den  Mitgliedern  der  oben¬ 
genannten  Körperschaft  zählt,  so  dürfte  zu  erwarten  sein,  dafs  jener 
gewaltigste  aller  bisherigen  Brückenentwürfe  ohne  wesentliche  Ab¬ 
änderungen  zur  Ausführung  gelangt.  Bekanntlich  hat  Lindenthal 
die  Anlage  einer  Hängebrücke  mit  einer  Spannweite  von  869  m  vor¬ 
gesehen,  welche  an  den  Ufern  von  152  m  hohen  eisernen  Pfeilern  ge¬ 
tragen  wird,  und  deren  Tragseile  in  zwei  weiter  zurückliegenden 
Verankerungspfeilern  festgehalten  sind,  sodafs  neben  der  Haupt- 
(Flufs-)  Oeffnung  noch  beiderseits  Landöffnungen  von  je  457  m  Weite 
angelegt  werden. 

Vutzhariiiacliung  der  Kräfte  der  Niagara -Fälle.  Verschiedene 
Gesellschaften  haben  sich  bereits  mit  Untersuchungen  darüber  be- 
fafst,  wie  ein  Theil  der  ungeheuren)  in  den  Niagara-Fällen  von  der 
Natur  gewissermafsen  verschwendeten  Kräfte  in  den  Dienst  der 
Menschheit  gestellt  werden  könnte.  (Vgl.  hierüber  auch  Jahr¬ 
gang  1885,  S.  16  d.  Bl.)  Nach  dem  „Techniker“  haben  nun  zwei 
derartige  Gesellschaften,  die  „Niagara  Falls  Power  Company“  und 
die  „Cataract  Construction  Company“  unlängst  einen  Vertrag  ver¬ 
einbart,  nach  welchem  der  letztgenannten  Gesellschaft  obliegt,  unter 
Aufwendung  von  14  Millionen  Mark  bis  zum  1.  Januar  1892  eine 
Anlage  zu  schaffen,  durch  welche  eine  Kraft  von  119 000  Pferde¬ 
kräften  für  gewerbliche  Zwecke  dauernd  zur  Verfügung  gestellt  wird. 
Zu  diesem  Zwecke  ist  nun  auf  einen  früheren  Plan  aus  dem  Jahre  1847 
zurückgegriffen  worden,  in  welchem  die  Anlage  eines  Tunnels  in 
Aussicht  genommen  war,  um  einen  Theil  des  Niagara,  etwa  IV2  km 
oberhalb  der  Fälle,  aufzunehmen  und  nach  einem  geeigneten  Punkte 
in  dem  Gelände  unterhalb  der  Fälle  abzuleiten.  Durch  einen  stark 
fallenden  Canal  soll  eine  Anzahl  Turbinen  getrieben  werden,  deren 
Kraft,  soweit  sie  von  zu  errichtenden  Mühlen-  und  Fabrikanlagen 
nicht  verbraucht  werden  kann,  durch  elektrische  Uebertragung  dem 
benachbarten  Buffalo  zugeleitet  werden  soll. 

Der  artesische  Bezirk  des  Jauiestlufs  -  Thaies  ist  nach  den 
Engineering  News  der  gröfste  unter  artesischer  Wasserversorgung 
stehende  Bering  der  Erde.  Der  Jamesflufs  vereinigt  sich  nach  einem 
fast  genau  nordsüdlichen  Lauf  von  650  km  bei  Yankton  mit  dem 
Missouri,  wo  der  artesische  Bering  seine  gröfste  Ausdehnung,  und 
zwar  eine  Breite  von  etwa  80  km  erreicht.  Der  Umfang  des  ganzen 
Gebietes  wird  zu  rund  2,8  Millionen  ha  (rund  28  000  qkm)  angegeben. 
Im  äufsersten  Süden  des  Staates  Dacota  sind  etwa  50  artesische 
Brunnen  in  Gebrauch,  welche  das  Wasser  verschiedenen  Tiefen  — 
von  180  bis  480  m  —  entnehmen.  Man  zählt  in  Süd-Dacota  im 
ganzen  1000  Laufbrunnen,  zum  Theil  in  Städten  angelegt,  zum 
Theil  für  Ackerbauzwecke  dienend.  Bemerkenswerth  ist  die  reichliche 
Menge,  Kraft  und  Stetigkeit  des  gelieferten  Wassers.  Der  Druck 
beträgt  bei  den  gröfsten  Brunnen  zwischen  1,75  kg/qcm  bei  High¬ 
more  und  12  kg'qcm  bei  Yankton,  wo  fünf  Brunnen  für  Haus-,  Stadt- 
und  Fabrikzwecke  angelegt  sind.  Die  Ergiebigkeit  in  der  Minute 
schwankt  zwischen  18  cbm  bei  Columbia,  16  cbm  bei  Aberdeen,  7  cbm 
bei  Yankton  bis  auf  0,06  cbm  bei  Highmore.  Die  Höhe  über  dem 
Meere  beträgt  zwischen  580  m  bei  Yankton  und  300  m  bei  Grafton. 
Die  Herstellungskosten  eines  Brunnens  belaufen  sich  auf  10  800  bis 
29  200  Mark. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  tV  ilbelm  Ernst).  Berlin.  Für  die  Redactiou  des  nicbtamtliclien  Tbeiles  verantwortlich:  0.  San  azin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  5.  Juli  1890.  Nr.  27. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  GeschäftssteUe  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzhand  oder  durch  Postvertrieh  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal -Nachrichten  —  Nichtamtliches:  Westthurm  des 
Münsters  in  Ulm  (Fortsetzung).  —  Canal  Ulef'os  -  Strengen  in  Norwegen.  —  Bericht 
über  den  Bau  des  Domes  in  Köln.  —  Clyile-Tunnel  in  Glasgow.  —  Geschwindigkeits- 
nhr  für  Locomotiven.  —  Vermischtes:  Eeiseprämien  an  Reg.-Baumeister  und  Reg.- 

Bauführer  in  Preufsen.  —  Nationaldeukmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  in  Berlin.  —  Ehren- 
hezeigungen.  —  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der  Provinz  Westfalen.  —  Abgeordneten- 
Versammluug  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine.  —  Dom- 
hrücke  in  Breslau.  —  Buch  erschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  die  Erlaub- 
nifs  zur  Annahme  und  Anlegung  verliehener  nichtpreufsischer  Orden 
zu  ertheilen,  und  zwar:  des  Ritterkreuzes  I.  Klasse  mit  Eichenlaub  des 
Grofsherzoglich  badischen  Ordens  vom  Zähringer  Löwen  dem  Hof-Bau¬ 
rath  und  Director  der  Schlofsbau-Commission  Tetens,  des  Kaiserlich 
Russischen  St.  Stanislaus -Ordens  III.  Klasse  dem  Regierungs-  und 
Baurath  Müller,  Director  des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts 
in  Kiel,  des  Fürstlich  Waldeckschen  Verdienstordens  II.  Klasse  dem 
Regierungs-  und  Baurath  Delmes,  Mitglied  der  Königlichen  Eisen- 
hahndirection  in  Elberfeld,  der  III.  Klasse  desselben  Ordens  dem 
Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  Mohr  in  Warburg  und  des 
Ritterkreuzes  des  Königlich  dänischen  Danebrog- Ordens  dem  Vor¬ 
steher  der  mit  der  Königlichen  technischen  Hochschule  in  Berlin  ver¬ 
bundenen  Prüfungsstation  für  Baumaterialien,  Professor  Dr.  Böhme 
in  Charlottenburg,  ferner  dem  Regierungs-  und  Baurath  Messow, 
bisher  Mitglied  der  Königl.  Eisenbahndirection  in  Erfurt,  beim  Ueber- 
tritt  in  den  Ruhestand  den  Königl.  Kronen-Orden  III.  Klasse  zu  ver¬ 
leihen  sowie  die  Wahl  des  etatsmäfsigen  Professors,  Geh.  Regierungs¬ 
raths  Reuleaux  zum  Rector  der  Königl.  technischen  Hochschule  in 
Berlin  für  das  Amtsjahr  vom  1.  Juli  1890  bis  dahin  1891  zu  bestätigen. 

Es  ist  verliehen:  dem  Baurath  Lund  in  Glückstadt  bei  Ueber- 
nähme  in  den  unmittelbaren  Staatsdienst  die  Stelle  des  Directors 
des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Glückstadt,  sowie  den 
Regierungs-  und  Bauräthen  Schaper  in  Köln  die  Stelle  eines  Mit¬ 
gliedes  der  Königlichen  Eisenbahndirection  (linksrh.)  in  Köln  und 
Taeglichsbeck  in  Erfurt  die  Stelle  eines  Mitgliedes  der  Königlichen 
Eisenbahndirection  daselbst,  ferner  dem  Eisenbahn  -  Bauinspector 
Herr  in  Magdeburg  die  Stelle  des  Vorstehers  des  maschinentechni¬ 
schen  Neubau-Bureaus  der  Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst. 

Der  Regierungs-  und  Baurath  Schneider  in  Berlin  ist  aus  dem 
Eisenbahndirectionsbezirk  Magdeburg  der  Königlichen  Eisenbahn¬ 
direction  in  Berlin  behufs  Wahrnehmung  der  Geschäfte  eines  Direc- 
tionsmitgliedes  überwiesen  worden. 

Der  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  Brill,  bisher  in 
Meseritz,  ist  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisen- 
bahn-Betriebs-Amt  (Stadt-  und  Ringbahn)  in  Berlin  versetzt  worden. 

Zu  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectoren  sind  ernannt:  die 
Königlichen  Regierungs-Baumeister  Hähner  in  Königsberg  i.  Pr. 
unter  Verleihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem 
Königlichen  Eisenbahn-Betriebs- Amte  daselbst  und  Mühlen  in  Saar¬ 
brücken  unter  Verleihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters 
bei  dem  ^Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  daselbst,  sowie  der 

[Alle  Rechte  vovhehalten.] 


Abtheilungs-Ingenieur  Peter  in  Stendal  unter  gleichzeitiger  Ueber- 
nahme  in  den  unmittelbaren  Staatsdienst;  letzterem  ist  die  Stelle  des 
Vorstehers  der  Eisenb.-Bauinspection  II  in  Stendal  verliehen  worden. 

Der  bisherige  Regierungs-Baumeister  Krey  in  Breslau,  zur  Zeit 
bei  der  Regulirung  des  Loheflusses  beschäftigt,  ist  zum  Königlichen 
Wasser-Bauinspector  ernannt,  ferner  sind  die  bisherigen  Regierungs- 
Baumeister  Herzig  und  Traugott  Unger  als  Königliche  Kreis-Bau- 
inspectoren  bezw.  in  Verden  und  in  Nordhausen  angestellt  worden. 

Der  Wasser-Bauinspector  Heuner  in  Geestemünde  ist  nach 
Hannover  versetzt  und  mit  den  Vorarbeiten  zur  besseren  Schiffbar¬ 
machung  der  Leine  und  Aller  von  Hannover  abwärts  bis  zur  Mün¬ 
dung  in  die  Weser  betraut  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Regie¬ 
rungs-Bauführer  Otto  Windschild  aus  Magdeburg,  Friedrich 
Müller  aus  Emmerich  a.  Rhein  und  Otto  Afsmann  aus  Quedlinburg 
(Ingenieurbaufach). 

Der  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  Roth  in  Frankfurt  a.  0. 
ist  in  den  Ruhestand  getreten. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeister  Friedrich 
Krause  in  Posen  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staats¬ 
dienste  ertheilt  worden. 

Der  Regierungs-  und  Baurath  G.  Dulk,  Director  des  Königl. 
Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Guben  ist  gestorben. 

Deutsches  Reich. 

Der  Marine-Schiffbaumeister  Kasch  ist  zum  Marine-Schiffbau¬ 
inspector  und  der  Marine-Hafenbaumeister  Heeren  zum  aufseretats- 
mäfsigen  Marine-Hafenbauinspector  ernannt. 

Württemberg. 

Zur  Ausführung  der  Arbeiten  für  die  Vergröfserung  der  Wagen¬ 
werkstätte  Cannstatt  wird  auf  den  1.  Juli  d.  J.  ein  Baubureau  da¬ 
selbst  errichtet  werden.  Mit  den  Verrichtungen  des  Vorstandes 
dieses  Bureaus  ist  der  Bahnmeister  Bosch  in  Beimerstetten  beauf¬ 
tragt  worden;  ferner  wird  für  den  Bau  des  zweiten  Geleises  auf  der 
Bahnstrecke  Bietigheim- Jagstfeld  und  die  weiter  damit  verbundenen 
Bauaufgaben  auf  den  1.  August  d.  J.  eine  Bahnbausection  in  Heil¬ 
bronn  errichtet  werden.  Die  Verrichtungen  des  Vorstandes  dieser 
Section  werden  dem  Eisenbahn -Betriebsbauinspector  Veigele,  z.  Z. 
Vorstand  der  Bahnbausection  Leutkirch,  übertragen. 

Elsafs  -  Lothringen. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  den  bis¬ 
herigen  Kreis-Bauinspector  Blumhardt  zum  Kaiserlichen  Regierungs¬ 
und  Baurath  in  der  Verwaltung  von  Elsafs-Lothringen  zu  ernennen. 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Der  Westthurm  des  Münsters  in  Ulm. 


(Fortsetzung.) 

Als  das  mit  Aufbietung  gemeinsamer  Kraft  begonnene  Werk  der 
Wiederherstellung  des  Kölner  Domes  1880  seiner  Vollendung  nahe 
rückte,  da  brach  sich  auch  der  durch  den  damaligen  preufsischen 
Bauinspector  H.  Schuster  in  Zehdenik  angeregte  und  warm  vertretene 
Gedanke,  dafs  es  Pflicht  der  deutschen  Nation  sei,  nun  dieselbe  Kraft 
einem  anderen  Denkmale  ihrer  Vorzeit  zu  widmen,  bald  allgemein 
Bahn.  Anfangs  richteten  sich  die  Blicke  auf  das  Münster  in  Strafs¬ 
burg,  der  Hauptstadt  der  neu  gewonnenen  Reichslande;  später  aber 
infolge  eines  Vorschlages  von  K.  E.  0.  Fritsch,  dem  Redacteur  der 
Deutschen  Bauzeitung,  auf  das  Ulmer  Münster,  für  dessen  Wahl  sich 
auch  der  Verband  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine  ge¬ 
legentlich  seiner  IV.  General-Versammlung  im  Herbste  1880  zu  Wies¬ 
baden  aussprach.  Daselbst  wurde  zugleich  zum  Zwecke  der  Ge¬ 
winnung  der  erforderlichen  Geldmittel  die  Veranstaltung  von  Dombau- 
Lotterieen,  ähnlich  wie  für  den  Dom  zu  Köln,  anempfohlen;  und 


dank  dem  Entgegenkommen  der  Staatsregierungen,  vornehmlich 
derjenigen  von  Preufsen,  durften  solche  Lose  sehr  bald  im  ganzen 
deutschen  Reiche  vertrieben  werden.  Als  nun  vier  Jahre  später  der 
Verband  die  gleiche  Angelegenheit  auf  der  VI.  General-Versammlung 
in  Stuttgart  zur  Berathung  brachte,  konnte  der  Hof  bau  director 
V.  Egle  die  Vollendung  des  Ulmer  Münsterthurms  binnen  etwa  6  Jahren 
in  Aussicht  stellen;  wir  wissen  nun,  dafs  diese  Hoffnung  voll  in 
Erfüllung  gegangen  ist. 

Die  Berufung  des  Professors  Adolf  Beyer  zum  Münsterbau¬ 
meister  von  Ulm  erfolgte  im  Frühjahr  1881.  Seine  nächste  Aufgabe 
war  die  Vornahme  genauer  Untersuchungen  in  betreff  der  am  West- 
thurme  erforderlichen  Verstärkungs arbeiten,  worüber  sich  denn  auch 
bereits  im  März  des  folgenden  Jahres  eine  mit  rechnerischen  Dar¬ 
legungen  und  Zeichnungen  ausführlich  erläuterte  Denkschrift  von 
ihm  aussprach.  In  dieser  wurde  zunächst  als  Hauptgrund  für  die 


274 


Central blatt  der  ßauverwaltüug. 


5.  Juli  1890. 


im  Laufe  der  Zeit  eingetretene  Senkung  des  nordöstlichen  Thurm¬ 
viertels  die  ungenügende  Gründung  der  Mauern  nachgewiesen.  Man 
hatte  letztere  ursprünglich  nur  2,6  m  tief  bis  zu  der  daselbst  vor¬ 
handenen  festen  Lehmschicht  in  die  Erde  geführt,  was  wohl  für  Bau¬ 
lichkeiten  gewöhnlicher  Art,  nicht  aber  für  so  gewaltige  Baumasseu 
wie  die  in  Eede  stehenden  genügen  konnte;  theil weise  standen  die 
Wände  sogar  auf  Resten  alter  Gebäude.  Schon  Meister  Burkhard 
Eugelberg  hatte  sich  mit  Rücksicht  hierauf  veranlafst  gesehen,  ein¬ 
zelne  Abschnitte  des  Thurms  nachträglich  bis  auf  4,5  m,  d.  i.  bis  auf 
eine  Kicsschicht  von  hinreichender  Mächtigkeit  mit  neuem  Mauer¬ 
werk  zu  unterfahren.  Die  Beyerschen  Ermittlungen  ergaben  bei  dem 
nordöstlichen  Thurmtheile  Belastungen  des  Baugrundes  von  9,47  kg 
und  bei  dem  nordwestlichen  solche  von  6,96  kg  auf  das  Quadrat- 
centimeter;  wäre  hier  die  Thurmpyramide  nach  dem  Plane  von  Böb- 
linger  ohne  weiteres  aufgesetzt  wmrden,  so  würden  jene  Mafse  sich 
auf  11,44  bezw.  8,06  kg  erhöht  haben.  Die  ferneren  Untersuchungen 
erstreckten  sich  auf  die  Standsicherheit  gewisser',  besonders  stark  in 
Anspruch  genommener  Theile  des  Thurmbaues;  dahin  gehörten  vor 
allem  die  durch  die  Fensterpfeiler  der  oberen  Geschosse  in  den 
Scheiteln  belasteten  Bögen  über  den  grofsen  Oeffnungen  an  der 
Ost-  und  Westseite.  Gefährdet  erschien  namentlich  der  Bogen  der 


baumeister  beabsichtigten  Mafsnahmen  in  allen  wesentlichen  Punkten 
zustimmend,  gab  nur  hinsichtlich  der  Art  des  Vorgehens  bei  der 
Ausführung  einige  neue  Winke.  Von  hoher  Bedeutung  war  noch 
sein  bei  dieser  Gelegenheit  auf  Anregung  des  Hof-Baudirectors  v.  Egle 
zustande  gekommener  Ausspruch  bezüglich  des  für  die  Architektur 
des  Thurmes  zu  wählenden  Entwurfs.  Der  Ausschufs  erklärte  sieh 
einstimmig  für  Festhaltung  des  alten,  von  Matthäus  Böblinger  auf¬ 
gestellten  Planes,  jedoch  mit  einigen  entsjjrechenden  Umgestaltungen 
in  technischer  und  künstlerischer  Hinsicht;  er  empfahl  jenen  Plan 
in  solchem  Sinne  einer  Ueberarbeitung  zu  unterziehen  und  sodann 
ein  Modell  in  geeigneter  Gröfse  anzufertigen,  um  an  diesem  die 
letzten  endgültigen  Prüfungen  vornehmen  zu  können. 

Die  Verstärkungsarbeiten,  mit  denen  Beyer  im  Juni  1882  begonnen, 
sind  von  ihm  innerhalb  dreier  Jahre  zu  Ende  gebracht  worden.  Sie 
erstrebten,  wie  angedeutet,  in  erster  Linie  eine  Vergröfserung  der 
tragenden  Fundamentsohle  des  nordöstliehen  Thurmviertels,  welche 
durch  einen  in  den  Abb.  2  und  3  näher  dargestellten  Sohlenbogen  aus 
Granitquadern  in  der  grofsen  Oeffnnng  nach  dem  Mittelschiffe  er¬ 
reicht  worden  ist.  In  Vereinigung  hiermit  hat  eine  Verkleinerung 
der  grofsen  östlichen  Oeffnung  von  8,50  m  auf  6  m  dadureh  statt¬ 
gefunden,  dafs  die  Pfeiler  an  jeder  Seite  der  Oeffnung  um  etwa 


Abb.  6 — 9.  Grundrisse  vom  Achteck  und  Helm. 


Ostseite,  welcher  der  Hauptsache  nach  nur  aus  Ziegeln  errichtet  aus¬ 
einander  gewichen  war;  bei  ihm  stellte  die  Rechnung  Pressungen  von 
10,2  kg  auf  1  qcm  fest,  die  sich  späterhin  bis  zu  15  kg  hätten 
steigern  müssen.  Ziemlich  mifslich  lagen  die  Dinge  auch  im  oberen 
Abschnitte  des  Thurms,  woselbst  die  Eckpfeiler  des  Achtecks  sowie 
die  ganze  Construction  des  Uebergangs  vom  Viereck  zum  Achteck 
zumeist  auf  dem  Scheitel  der  nur  0,50  m  starken  Bögen  über  den 
oberen  Thurmfenstern  ruhten.  Dort  zeigten  sich  Pressungen  von 
20,5  kg  auf  das  Quadratcentimenter  Mauerwerk  und  ein  unzureichend 
aufgehobener  Seitenschub  von  106  000  kg. 

Zur  Abhülfe  aller  dieser  und  noch  anderer  minder  bedeutsamer 
Uebelstände  brachte  die  Beyersche  Denkschrift  wohl  begründete 
Vorschläge,  zu  deren  Begutachtung  der  um  die  Förderung  der  Dom¬ 
bausache  des  Münsters  höchst  verdiente  FUmer  Oberbürgermeister 
Karl  V.  Heim  einen  Sachverständigen  -  Ausschufs  zusammenberief, 
welchem  aufser  dem  ständigen  technischen  Bei- 
rathe  v.  Egle  noch  eine  Anzahl  der  angesehen¬ 
sten  Architekten  aus  Deutschland  und  Oester- 


Abb.  2.  Abb.  3. 

Sohlenbogen  zur  Verstärkung  der  Ostseite  des  Hauptthurmes. 


reich  angehörten*).  Der  Ausschufs  äufserte  sich  zu  den  vom  Dom- 


*)  Ueber  die  Zusammensetzung  des  Sachverständigen-Ausschusses 
und  über  das  von  demselben  abgegebene  Gutachten  haben  wir  schon 
früher  (vergl.  Jahrgang  1882,  S.  139  u.  169  d.  Bl.)  ausführliche  Mit¬ 
theilungen  gebracht. 


1,25  m  verstärkt  und  ein  oberes  Quadergewölbe  angeordnet  sind, 
damit  die  Mehrbelastungen  durch  den  Thurmaufbau  nach  unten 
sicher  aufgenommen  und  auf  die  jetzt  von  99  qm  auf  132  qm  ver- 
gröfserte  Fundamentfläche  übertragen  werden.  Diese  Mafsnahmen 
haben  erreicht,  dafs  der  Baugrund  im  höchsten  Falle  mit  9,45  kg  be¬ 
lastet  und  der  aus  festem  Quader-Material  errichtete  neue  Bogen  nicht 
mit  mehr  als  23,7  kg  auf  1  qcm  mit  Druck  in  Anspruch  genommen 
wird.  Besondere  Vorsicht  wurde  dabei  auf  die  Einsetzung  des  grofsen 
Einbaires  an  der  Ostseite  verwendet.  Da  es  darauf  ankam,  einen 
möglichst  dichten  Anschlufs  des  neuen  an  den  alten  Bogen  und 

weiter  eine  sichere 
V  erkeilung  der  Schlufs- 
steine  zu  gewinnen,  so 
stellte  man  von  der 
neuen  Wölbung  vor¬ 
erst  nur  den  unter¬ 
sten  Ring  her,  liefs 
darauf  dem  Mauer¬ 
werk  mehrere  Monate 
Ruhe  zu  Setzungen  in 
den  Fugen  und  ging 
dann  erst  zu  den  Ver- 
vollständigTingsarbei- 
ten  über.  Zur  Ver¬ 
keilung  der  Schlufs- 
stücke  dienten  Keile 
aus  Eisen  mit  geho¬ 
belten  Lagerflächen 
(vergleiche  Abb.  4); 
zwischen  Eisen  und 
Stein  wurden  Blei¬ 
platten  angeordnet. 

Nachdem  die  Ver¬ 
stärkungsarbeiten  am 
oberen  Thurmabschnitt 
und  der  Uebergang  vom  Viereck  zum  Achteck  neu  zu  Ende  geführt 
worden,  liefs  sich  am  30.  Juni  1885  in  Höhe  von  70  m,  dem  Ende 


Abb.  4.  Verstärkungsbogen  an  der  Ost¬ 
seite  des  Hauptthurmes.  Schnitt  durch 
den  Bogen  mit  Angabe  der  Verkeilung  des 
Schlufssteines  des  neuen  Bogens  gegen 
den  alten. 


Rr.  27. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


275 


des  Thurmvierecks,  mit  dem  ferneren,  das  32  m  hohe  Achteck  und 
den  Steinhelm  von  59  m  Höhe  umfassenden  Aufbau  beginnen.  Die 
Arbeiten  erlitten  von  da  ab  keine 
erheblichere  Unterbrechung  mehr  und 
gestatteten,  am  30.  Mai  des  gegen¬ 
wärtigen  Jahres  den  Schlufssteiu 
der  Thurmspitze  in  feierlicher  Weise 
aufzubringen.  Der  Thurm  mifst  nun 
vom  Kirchenboden  aus  genau  161  m 
in  der  Höhe,  überschreitet  also  noch 
um  10  m  das  im  Böblingerschen  Plane 
angenommene  Mafs  und  um  rund  5  m 
die  Domthürme  zu  Köln.  Am  30.  Juni 
d.  J.,  dem  Haupttage  des  soeben 
beendeten  letzten  Münsterfestes,  er¬ 
blickte  man  die  Thurmspitze  bereits 
bis  auf  etwa  25  m  Höhe  vom  Gerüste 
befreit. 

Wie  bereits  erwähnt,  liegt  den 
neuesten,  überaus  gelungenen  Aus¬ 
führungen  ,  welche  die  Geschichte 
der  Architektur  ohne  Zweifel  zu  den 
hervorragendsten  Leistungen  zählen 
wird,  im  wesentlichen  der  im  Münster 
aufbewahrte  alte  Pergamentrifs  des 
Matthäus  Böblinger  vom  Jahre  1494 
zu  Grunde.  Die  wenigen  Aenderungen 
bestehen  der  Hauptsache  nach  in 
einer  geringen  Kürzung  des  Acht¬ 
ecks  mit  gleichzeitiger  Streckung  des 
Helms;  die  Spitze  des  letzteren 
endigt  jetzt  in  einer  Doppel -Kreuz¬ 
blume  von  gewaltigen  Abmessungen, 
während  sie  nach  Böblinger  durch 
ein  Marienbild  gekrönt  werden  sollte. 

Im  übrigen  schliefst  sich  die  mit 
meisterhaftem  Verständnifs  der  spät- 
gothischen  Formenwelt  behandelte  Ar¬ 
chitektur  der  neuen  Theile  in  har¬ 
monischer  Einheitlichkeit  den  reichen 
Formengebungen  des  vierseitigen,  in 
seiner  Gesamt-Erscheinung  breit  und 
massig  wirkenden  Unterbaues  an.  Auf 
diesem  erhebt  sich  in  schlankeren 
Verhältnissen  das  stattliche  Acht¬ 
eck  mit  den  zierlichen  Schnecken¬ 
stiegen,  und  weiter  darauf  frei  und 
leicht  die  reich  durchbrochene  Stein¬ 
pyramide,  in  sanfter  Einziehung  der 
Rippen  sich  langsam  nach  oben  ver¬ 
jüngend  und  so  in  künstlerisch 
vollendeter  Weise  den  nicht  nur 
höchsten,  sondern  auch  prächtigsten, 
vielleicht  selbst  schönsten  Thurm 
aller  christlichen  Gotteshäuser  ab- 
schliefsend.  Die  Schneckenstiegen 
führen  bis  zum  Umgänge  auf  dem 
durch  Sterngewölbe  abgedeckten 
Achtecksbau  (vergl.  die  Abb.  5); 
von  dort  aus  läfst  sich  die  luftige 
Spitze  auf  einer  in  ihrer  Mitte 
sich  erhebenden  Wendeltreppe  aus 
Stein  bis  auf  143  m  Höhe  des  Thurms 
besteigen. 

Einen  ungemein  reizvollen  Schmuck 
hat  der  Helm,  von  welchem  wir  in 
den  Abb.  6 — 9  die  hauptsächlichsten 
Grundrisse  geben,  und  auf  dessen  An¬ 
lage  wir  weiterhin  noch  ausführlicher 
zurückzukommen  gedenken,  durch  die 
vier,  aus  sich  kreuzenden  Kielbögen 
gebildeten  Wimpergskränze  erhalten , 
welche  ihn  im  Verein  mit  der  Umgangs¬ 
galerie  unterhalb  der  Kreuzblume 
wagerecht  in  sechs  Abschnitte  theilen. 

Diese  der  spätesten  Zeit  der  Gothik 
angehörende ,  wirkungsvolle  Archi¬ 
tekturform  tritt  übrigens  schon  an 

einem  Entwürfe  des  Matthäus  Böblinger  vom  Jahre  1474  zum 
Oelberg  am  Münster  auf.  Leider  ist  dieser  zur  Ausführung 


Abb.  5.  Schnitt  durch  das  Achteck  und  den  Helm 


gelangte  Oelberg  1807  abgetragen  worden,  doch  hat  sich,  wie 
uns  Herr  Professor  Beyer  mittheilt,  von  demselben  noch  der 

Originalrifs  erhalten,  welcher  seit 
Jahresfrist  wieder  in  der  Münsterbau¬ 
hütte  aufbewahrt  wird.  Der  Oelberg 
stand  südlich  vom  Münster  und  trug 
eine  Inschrift  von  Böblingers  Hand,  aus 
welcher  dessen  Anstellung  beim  Bau 
des  Domes  genau  zu  berechnen  war. 

Mit  dem  Aufbau  des  West¬ 
thurms  ist  auch  die  Instandsetzung 
der  anderen  Theile  der  Kirche  ge¬ 
fördert  worden.  Das  Kirchendach 
besitzt  neues  Gebälk  aus  Eisen  und 
eine  Eindeckung  aus  glasirten  Biber¬ 
schwänzen  von  rother  Farbe  mit 
grünen  Friesen  und  Musterungen  in 
Grün,  Gelb  und  Schwarz.  Gegen  die 
ursprünglich  beabsichtigte  Kupfer- 
Eindeckung,  auf  welche  der  eiserne 
Dachstuhl  eigentlich  angelegt  war, 
hat  sich  die  öffentliche  Meinung  in 
Ulm  lebhaft  aufgelehnt;  sie  würde 
vermuthlich  auch  recht  unvortheilhaft, 
etwa  wie  ein  riesiger  dunkler  Sarg¬ 
deckel  gewirkt  haben.  Die  prächtige, 
reich  mit  Bildwerken  geschmückte  Halle 
vor  dem  Hauptportale  ist  vollständig 
erneuert;  an  Stelle  des  alten  tunnel¬ 
artigen  Eingangs  im  Thurme  findet 
sich  jetzt  eine  luftige  Vorhalle  von 
stattlicher  Höhenentwicklung;  und 
sowohl  die  Orgelbühne  darüber  wie 
die  Orgel  sind  derartig  umgebaut, 
dafs  das  Martinsfenster  wieder  sein 
Licht  in  das  Kirchen-Innere  hinein¬ 
senden  kann.  Weiter  belebt  die  Wand¬ 
fläche  über  dem  Chorbogen  wie  ehedem 
das  grofsartige  Bild  „Das  jüngste  Ge¬ 
richt“,  welches  um  1470  durch  Jesse 
Herlen  oder  dessen  Vater  Ferdi¬ 
nand  Herlen  gemalt,  später  über¬ 
tüncht  und  im  Jahre  1881  wieder¬ 
aufgefunden  worden  ist.  Im  Triumph¬ 
bogen  erblickt  man  auch  das  grofse, 
schön  geschnitzte  Hängekreuz  mit 
dem  Christusbilde,  eine  Stiftung  der 
Garnisongemeinde  an  das  Münster 
bei  Gelegenheit  der  400jährigen  Ge¬ 
burtsfeier  Luthers ;  es  ist  eine  ge¬ 
treue  Nachbildung  des  Originals  aus 
dem  Anfänge  des  16.  Jahrhunderts, 
das  sich  im  benachbarten  Wiblingen 
befindet  und  dem  Münster  selbst 
bez.  eben  jener  Stelle  des  [Triumph¬ 
bogens  entstammen  soll.  Vor  allem 
sind  auch  der  Chor  mit  seinen  welt¬ 
bekannten  Kunstschätzen  ganz  voll¬ 
endet,  seine  Gewölbe  bemalt  und 
die  Fenster  mit  farbenprächtigen 
Glasmalereien  —  die  neuen  von 
Burckhardt  und  von  Zettler  in 
München  gefertigt  —  bedeckt. 

So  darf  bis  auf  Restarbeiten  von 
allerdings  immer  noch  ziemlich  be¬ 
merken  swerthem  Umfange  die  Wieder¬ 
herstellung  des  Münsters  im  grofsen 
und  ganzen  als  glücklich  erreicht 
angesehen  werden.  Was  dieser  That 
einen  ganz  besonderen  Werth  verleiht, 
ist  die  Wahrnehmung,  dafs  dem  ge¬ 
waltigen  Bauwerke  die  volle  Eigenart, 
aus  der  es  hervorgegangen,  bis  in  die 
letzten  Stücke  gewahrt  geblieben  ist; 
heute  wie  ehedem  äufsert  sich  der 
beste  Theil  seiner  Wirkung  in  der 
Erscheinung  des  Einfach-Grofsartigen, 
das,  ganz  im  Sinne  der  protestantischen 
Geistesrichtung,  in  dem  Beschauer  eine  gesammelte,  weihevolle 
Stimmung  hervorruft.  (Schliffs  folgt.) 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


276 


5.  Juli  1890. 


Canalanlage  von  Ulefos  nach  Strengen  in  Norwegen. 

(Baiidak  -  Nordsjö  -  Canal.) 


Die  drei  gestreckt  hintereinander  liegenden  und  sich  weit  in  das 
Innere  Norwegens  erstreckenden  Seen  —  Flaavand,  Hvitesejdvand 
und  Bandakvaud  —  bilden  gegenwärtig  nicht  blofs  eine  von  Ver¬ 
gnügungsreisenden  viel  benutzte  Schiffahrtsstrafse,  sondern  erschlieisen 
vor  allem  den  Eeichthum  der  Landschaft  Telem.arken  an  Kupfer, 
Eisen,  feinen  Schleifsteinen  und  Holz.  Auch  dienen  sie  bereits  jetzt 
dem  Kleinverkehr  an 
Stückgütern  nach 

dem  Hochlande.  Der 
Ausflufs  der  Seen  bei 
Strengen  ergiefst  sich 
durch  ein  wildes,  tief 
eingeschnittenes  Thal 
bei  Ulefos  in  den 
Nordsjö-See,  der 
durch  den  Canal  von 
Löveid  mit  Skien  und 
so  mit  der  Nordsee 
in  Verbindung  steht. 

Dieses  22  km  lange 
Stromthal  zwischen 
den  Telemarkenschen 
Seen  und  demNordsjö 
soll  nun  eine  neue 
Canalanlage  schiffbar 
machen,  um  so  eine 
Wasserstrafse  von 
Skien  ins  Binnenland 
bis  Dalen  am  Nord- 
westeude  des  Ban- 
dakvand  mit  einer 
Gesamtlänge  von  104 
km  zu  vollenden  (vgl. 

Abb.  1). 

Man  berechnet  den  Umfang  des  zu  erwartenden  Verkehrs  jährlich 


wie  folgt: 

Kupfer,  Roheisen  und  andere  Metalle  ....  4000  Tonnen, 
Kleinverkehr  au  Getreide,  Kartoffeln,  Obst,  Fisch, 

Salz,  Kaffee,  Steinkohlen,  Eisen,  Kalk,  Ziegel, 

Stroh  und  Heu  aufwärts  .  5000  v 

Personenverkehr  .  8000. 


Danach  sind  die  Abgaben  festgesetzt,  ohne  dafs  daraus  der  Staat 
ein  Verdienst  erzielen  soll,  und  zwar  zu  1,50  Kr.  oder  1,69  Mark  für 
die  Tonne  Rohgut 
und  Metalle;  zu  15 
Ore  oder  17  Pf.  für 
den  Ceutner  Colonial- 
sacheu  und  Kleinver¬ 
kehr;  zu  50  Ore  oder 
56  Pf.  die  Person  und 
aufserdem  zu  3  bis 
4  Kr.  oder  3,38  bis 
4,.50  Mark  für  das 
Dampfschiff. 

Das  Stromthal 
von  Strengen  nach 
Ulefos  führt  verschie¬ 
dene  Namen.  Der 
Strom  selbst,  der  oft 
kleine  Seen  und  zahl¬ 
reiche  Wasserfälle  bildet,  hat  ganz  die  Natur  eines  Gebirgsffusses. 
Sein  Bett  ist  felsiges  Gerolle;  seine  Ufer  sind  steile,  oft  sehr  hohe  Fels¬ 
wände,  seine  Wassermenge  stark  veränderlich,  sodafs  zur  Schiffbar¬ 
machung  des  Stromes  nur  die  Canalisirung  in  Frage  kommen  konnte. 
Beiläufig  beträgt  die  Abflufsmenge  bei  Niedrigwasser,  das  in  Nor¬ 
wegen  im  Winter  eintritt,  nur  20  cbm,  bei  Hochwasser  dagegen  800 
bis  900  cbm,  während  bei  mittlerem  Sommerwasserstand  etwa  300  cbm 
abgeführt  werden. 

Der  Höhenunterschied  zwischen  den  Telemarkenschen  Seen  und 
dem  Nordsjö,  der  von  -j-  15,06  bis  72  rund  57  m  beträgt,  soll 
durch  14  Schleusen  überwunden  werden,  deren  Gefälle  von  3  bis 
5,50  m  beträgt.  Möglicherweise  soll  am  oberen  Einlauf  bei  Hoggar 
statt  zweier  Schleusen  von  4  bezw.  3  m  Gefälle  nur  eine  von  7  ni 
Gefälle  ausgeführt  werden.  Die  Länge  der  einzelnen  Haltungen  so¬ 
wie  ihre  Höhenlage  ergiebt  der  vorstehende  Längenschnitt  (Abb.  2). 
Zu  bemerken  ist  noch,  dafs  bei  Vrangfoss  aufserdem  eine  Hoch¬ 
wasserschleuse  von  59  bis  -j-  61,50  ausgeführt  wird,  da  die  Haltung 


Grotevje -Vrangfoss  von  dem  Hochwasser  der  seitlichen  Zuflüsse  ab¬ 
hängig  ist. 

Die  Abmessungen  der  Schleusen  sind  nach  den  ortsüblichen 
Schiffen  von  30,5  m  Länge,  5,5  m  Breite  und  2,51  m  gröfstem  Tief¬ 
gang  bei  127,617  cbm  Wasserverdrängung  wie  folgt  bestimmt:  nutz¬ 
bare  Länge  38  m  (die  alten  Schleusen  des  Löveid-Canals  haben  120' 

nutzbare  Länge), 
Breite  in  den  Thoren 
6,90  m,  Tiefe  des 
Drempels  2,60  m. 

Die  Mindestbreite 
der  Ein-  und  Aus¬ 
fahrten  zu  den 
Schleusen,  die  ent¬ 
weder  durch  stehen¬ 
bleibende  Felswände 
oder  durch  schwim¬ 
mende  Leitwände 
gegen  den  Strom  ab¬ 
geschlossen  sind,  ist 
zu  8  m  in  geraden 
und  zu  9  m  in  ge¬ 
krümmten  Strecken 
festgesetzt.  Bei  lan¬ 
gen  Umfahrten  sind 
Ausweichstellen  an¬ 
geordnet  ,  die  bei 
einer  Länge  von  zwei 
Schiffslängen  16  bis 
20  m  Breite  erhalten. 

Was  die  bauliche 
Ausführung  der 
Schleusen-  und  Wehr¬ 
anlagen  betrifft,  so 
weicht  dieselbe  von  der  sonst  dort  üblichen  wenig  ab.  Die 
Schleusen  sind  entweder  ganz  aus  dem  Fels  herausgesprengt, 
oder  nach  der  Stromseite  hin  durch  eine  starke  Granitmauer  abge¬ 
schlossen.  Die  Schleusenthore  sind  ohne  Wende-  und  Schlagsäule 
aus  wagerecht  übereinander  geschichteten,  nur  wenig  bearbeiteten 
Rundhölzern  gebildet,  deren  Stärke  dem  gröfseren  Wasserdruck  ent¬ 
sprechend  nach  unten  zunimmt.  Zusammengehalten  werden  dieselben 
durch  darüber  senkrecht  verbolzte  Halbhölzer  und  eiserne  Zuganker, 
die  von  unten  nach  oben  bezw.  diagonal  durchgehen.  Die  Wende¬ 
nische  ist  cylindrisch 
und  besteht  aus  Holz, 
ebenso  der  Drem¬ 
pel,  dessen  Neigung 
etwa  1:6  ist  (genau 
1,166  :  6,90). 

Die  Oeffnungen 
in  den  Thoren  zum 
.j.  Füllen  der  Schleuse 
sollen  als  Drossel¬ 
klappen  von  1,726  zu 
0,732  m  Gröfse  ganz 
ähnlich  den  bei  den 
Spreeschleusen  in 
Charlottenburg  aus¬ 
geführt  werden.  Um¬ 
läufe  sind  nirgends 
vorhanden.  Das  Zapfenlager  der  Thore  sowie  das  obere  Hals¬ 
lager  sind  einfacher  Art.  Der  Drehzapfen  soll  aus  sog.  Adouce- 
rings  -  Eisen  hergestellt  werden,  das  der  Beschreibung  nach 
unserem  Flufsstahl  sehr  ähnlich  ist.  Die  Drehung  der  Thore  wird 
voraussichtlich  wie  üblich  mittels  Zahnstangen  erfolgen. 

Eigenartig  ferner  ist  die  Bauweise  der  festen  und  beweglichen 
Wehre.  Auf  dem  felsigen  Grunde  wird  zunächst  ein  festes  Wehr 
und  oben  ein  bewegliches  (Nadel-)  Wehr  ausgeführt;  dazwischen 
jedoch  auf  etwa  1  m  Höhe  ein  Dammbalken-Wehr.  Um  ein  Beispiel 
anzuführen,  hat  das  Wehr  bei  Ulefos  nebenstehenden  Querschnitt 
(Abb.  3).  Das  feste  Wehr  besteht  in  der  Hauptsache  aus  einer 
mächtigen  Steinpackung  zwischen  vier  Wänden  von  übereinander 
gestapelten,  wenig  bearbeiteten  Rundhölzern,  die  durch  Querbalken 
gegen  einander  abgesteift  und  durch  bolzenartige  Nägel,  von  denen 
immer  drei  Hölzer  gefafst  werden,  mit  einander  verbunden  sind.  Drei 
Meter  unter  der  gröfsten  Stauhöhe  hört  das  feste  Wehr  auf  und  hat 
hier  noch  eine  6  m  breite  Krone.  Darauf  setzt  sich  zunächst  ein 


5fr.  27. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


277 


leicht  gebautes  verlorenes  Nadel  wehr,  in  dessen  Schutz  das  bleibende 
Nadelwehr  errichtet  wird.  Hierzu  werden  feste  eiserne  Böcke  ein¬ 
fachster  Art  auf  durchgehende  Querbalken  in  5  m  Entfernung  auf¬ 
gesetzt.  Diese  tragen  in  1  bis  1,1  m  Höhe  eine  durchgehende  starke 
Schwelle,  die  späterhin  den  unteren  Stützpunkt  der  Nadeln  bildet, 
und  sind  oben  durch  dicht  gelegte  Balken  überbrückt,  die  den  10 ;  1 
geneigten  Nadeln  das  obere  Auflager  gewähren.  Zwischen  diesen 
grofsen  Böcken  sind  besondere  kleine  Zwischenböcke,  die  mit  den 
grofsen  Böcken  abwechselnd  den  Dammbalken  zum  Widerlager 


dienen.  Die  gröfste  Nadellänge  beträgt  2,50  m;  die  Nadelwehrkrone 
wird  bei  Hochwasser  noch  um  2,20  m  überfluthet. 

Auf  grofse  Schwierigkeit  ist  man  für  die  Ausführung  des  Wehrs 
bei  Vrangfoss  gestofsen,  das  im  ganzen  32  m  Stauhöhe  erhält.  Gerade 
an  der  für  das  Wehr  bestimmten  Stelle  befindet  sich  ein  mächtiges 
Geröllelager  im  Untergrund,  das  nicht  als  tragfäbig  anzusehen  ist 
(vgl.  Abb.  4  und  5).  Man  hat  sich  daher  entschlossen,  den  untersten 
Thaleinschnitt  zu  überwölben  und  das  unten  bleibende  Loch  durch 
1  eine  10  m  breite  Steinpackung  davor  zu  schliefsen.  Während  der 
Bauausführung  soll  ein  Umlaufcanal  unter  der  Schleusentreppe  von 
4,5:5m  Querschnitt  das  Wasser  abführen,  der  schliefslich  gleichfalls 
geschlossen  werden  soll,  und  zwar  entweder,  indem  man  sein  keil¬ 
förmig  gearbeitetes  Mundstück  nach  Auspumpen  des  Wassers  im 
Schutze  eines  Fangedammes  mit  keilförmiger  Ausfütterung  und  pris¬ 
matischen  Balken  vollsetzt  —  was  sehr  dicht,  aber  langwierig  und 


Amtlicher  Bericht  über  den 

^  Nach  Vollendung  der  Marmormosaikböden  in  den  Chorcapellen 

'  mit  Ausnahme  der  Achscapelle,  in  welcher  das  Mausoleum  der 
’  heiligen  drei  Könige  verblieben  ist,  während  seit  einer  längeren  Reihe 
von  Jahren  der  Schrein  der  heiligen  drei  Könige  in  der  Schatzkammer 
j  aufgestellt  wurde,  ist  nunmehr  der  Abbruch  des  aus  farbigem  Marmor 
;  errichteten  Mausoleumsbaues  angeordnet  und  im  Laufe  des  verflossenen 
Winters  zur  Ausführung  gekommen.  Gleichzeitig  sind  die  unter 
Zerstörung  der  Pfeilerprofilirungen  und  Wandnischen  später  vorge¬ 
blendeten  Marmorbekleidungen  der  Capellenwände  und  des  Altar- 
!  tisches  der  Achscapelle  unter  thunlichster  Schonung  der  dahinter 
hefindlichen  Wandmalereien  abgenommen  und  ist  die  Wiederher¬ 
stellung  des  früheren  Zustandes  der  Achscapelle,  wie  die  Ausführung 
eines  Steinaltars  in  den  Abmessungen  des  im  Mittelalter  daselbst 
befindlichen  Altars  in  Angriff  genommen.  Die  Achscapelle  erhält  dem¬ 
nächst  einen  farbenreichen  Stiftmosaikboden,  und  die  aufgefundenen 
Wandgemälde  sollen,  insoweit  eine  Restauration  thunlich,  erhalten 
^  werden. 

I  Die  zahlreichen  in  den  Chorboden  eingelassenen  und  meist  bis 

zur  Unkenntlichkeit  der  Wappen  und  Inschriften  abgenutzten  grofsen 
Grabplatten,  welche  die  Gräber  der  kölnischen  Erzbischöfe,  Bischöfe 
j  und  kirchlichen  Würdenträger  überdecken,  mufsten  behufs  sorgfältiger 
j  Ueberwölbung  der  Gräber  abgehoben  und  beseitigt  werden.  Bei  Er- 
f  Öffnung  der  Grabstellen  wurden  wenige  Reste  der  Särge  aufgefunden, 
j  vielmehr  ergab  sich,  dafs  die  Gräber  bereits  früher  geöffnet  und 

[  theilweise  mit  Erde  angefüllt  waren.  Nach  Beschlufs  des  Metropo- 

litan-Capitels  sollen  die  gut  erhaltenen  Grabplatten  theils  im  Inneren 
der  Kirche,  theils  an  dem  Sockel  des  Domes  im  Aeufseren  aufge¬ 
stellt  und  vor  weiteren  Beschädigungen  geschützt  werden. 

In  dem  nördlichen  Theile  des  Chorumgangs  sind  die  Solnhofener 
Einfassungs-Friese,  unter  denen  die  Gasleitungsrohre  liegen,  fertig 


theuer  in  der  Ausführung  sein  würde  — ,  oder  indem  man  über  wage¬ 
rechte  I  Eisen  einfach  senkrechte  Balken  verlegt,  die  dann  aber 
keinen  besonders  dichten  Schlufs  ergeben  dürften.  Ueber  das  feste 
Wehr  setzt  sich  ähnlich  wie  bei  dem  Wehr  in  Ulefos  ein  festes 
Nadelwehr,  dessen  Böcke  jedoch  bis  50  cm  über  das  höchste  Hoch¬ 
wasser  geführt  sind  und  hier  eine  2  m  breite  Fufsgängerbrücke  tragen. 
Das  feste  Wehr  soll  durchweg  aus  Granit  hergestellt  werden,  der 
dicht  oberhalb  der  Wehranlage  gebrochen  wird,  und  dem  die  dortigen 
Ingenieure  bei  sauberer  Bearbeitung  und  Versetzen  in  Cementmörtel 
z.  B.  im  Gewölbe  30  kg/qcm  Druck  Zutrauen,  bei  ganz  roher  Be¬ 
arbeitung  noch  14  kg  und  in  Trockenmauerwerk  7  bis  9  kg/qcm. 

Die  ganze  Anlage  bei  Vrangfoss  wird  an  Grofsartigkeit  alle 
übrigen  Wehr-  und  Schleusenanlagen  der  skandinavischen  Halbinsel 


Wehr  bei  Vrangfoss. 

übertreffen,  auch  verspricht  sich  die  Gegend  für  den  grofsartigen 
Wasserfall  eine  erhebliche  Zunahme  des  Fremdenverkehrs. 

Die  Ausführung  der  gesamten  Canalanlage  hat  vor  zwei  Jahren 
begonnen  und  wird  dieser  unerwarteten  Schwierigkeit  bei  Vrangfoss 
wegen  voraussichtlich  noch  ebenso  lange  Zeit  beanspruchen.  Die 
Gesamtanschlagskosten  betragen  1 500  000  Ki\  =  1  687  500  Mark, 
dürften  aber  aus  demselben  Grunde  möglicherweise  überschritten 
werden.  Die  Ausführung  liegt  in  der  Hand  des  Canaldirectors 
Soetren  in  Skien,  dem  der  Canal  auch  in  Zukunft  unterstellt 
bleiben  soll. 

Vorstehende  Angaben  habe  ich  dem  Herrn  Ingenieur  Strom 
in  Ulefos  zu  verdanken. 

Lingen,  im  November  1889.  Bergius. 


Vorstehende  Mittheilung  konnte  Raummangels  wegen  erst  jetzt 
zum  Abdruck  kommen.  Die  Red. 


Forttoau  des  Domes  in  Köln. 

gestellt,  auch  die  Marmormosaiken  der  Querfriese,  welche  die  ein¬ 
zelnen  Stiftmosaikfelder  begrenzen,  verlegt,  sodafs  mit  Ausnahme  der 
in  Mettlach  zu  fertigenden  Stiftmosaiken  die  Beflurung  des  Chorum¬ 
gangs  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  vollendet  ist. 

Nach  Fertigstellung  der  Cartons  in  natürlicher  Gröfse  zu  den 
farbigen  Stiftmosaiken  des  Chorumgangs  und  der  Vierung  durch  den 
Director  v.  Essenwein  in  Nürnberg,  hat  die  mit  der  Ausführung  be¬ 
auftragte  Fabrik  von  Villeroy  u.  Boch  zunächst  ein  Probefeld  an¬ 
gefertigt,  das  im  Laufe  des  Monats  October  1889  an  Ort  und  Stelle 
verlegt  wurde.  Gleichzeitig  sind  die  Vorarbeiten  zu  den  Mosaik¬ 
böden  soweit  gefördert,  dafs  im  Juni  des  Jahres  die  Verlegung  der 
Stiftmosaiken  im  Bereiche  des  Chorumgangs  wie  der  Vierung  ohne 
Unterbrechung  fortgeführt  werden  kann. 

Die  nach  den  Entwürfen  des  Professors  Schneider  in  Cassel  aus¬ 
geführte  Broncethür  des  Westportals  ist  im  Laufe  des  Monats  Sep¬ 
tember  1889  als  Probethür  in  die  Thüröffnung  des  Nordthurms  ein¬ 
gefügt.  Dieselbe  besteht  bei  einer  lichten  Breite  von  1,8  m  und 
5,4  Höhe  aus  einem  feststehenden  Obertheile  und  zwei  aufgehenden 
Thürflügeln  von  3,7  m  Höhe.  Die  etwa  11  qm  messende  Bronce- 
bekleidung  von  durchschnittlich  8  mm  Metalldicke  ist  auf  der  reich 
geschnitzten  Eichenholzthür  mittels  Schrauben  befestigt,  und  der 
Verband  der  einzelnen  Bi’oncetafeln  untereinander  wie  mit  der  Holz¬ 
thür  wui'de  so  angeordnet,  dafs  sich  die  Metallflächen  bei  Einwirkung 
der  Wärme  ausdehnen  können,  ohne  ein  Eindringen  der  Feuchtigkeit 
zu  gestatten. 

In  Ausführung  der  mit  dem  Professor  Schneider  in  Cassel  und 
Bildhauer  Mengelberg  in  Utrecht  abgeschlossenen  Verträge  sind  die 
Werkzeichnungen,  Gipsmodelle  und  die  ciselirten  Broncemodelle,  wie 
die  reich  geschnitzten  Holzthüren  nebst  Eisenbeschlägen  zu  den 
Thüren  des  Süd-  und  Nordportals  gleichmäfsig  in  Angriö’  genommen 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


5.  Juli  1890. 


und  theilweise  vollendet.  Nach  Fertigstellung  der  Probethüren  zum 
Süd-  und  Nordportale  werden  zuerst  die  sämtlichen  Thören  des 
Westportals,  demnächst  die  zum  Südportale  und  zuletzt  die  Nord- 
portalthüren  in  die  Thüröffnungen  eingefügt  werden. 

Auf  Grund  des  festgesetzten  Alignements -Planes  zur  weiteren 
Freilegung  des  Domes  an  der  Südseite  und  nach  Abschlufs  des  Ver¬ 
trages  mit  den  Erben  Metz  über  den  Neubau  des  Domhotels  auf 
dem  Grundstücke  des  Steueramts  am  Hof  Nr.  5  und  des  früheren 
Tilmesschen  Hauses  Domkloster  Nr.  4,  sind  die  genaunteii  Gebäude 
im  Winter  1889  1890  abgetragen  und  ist  der  Neubau  des  Domhotels 
in  diesem  Frühjahre  in  Angriff’  genommen,  nach  dessen  Vollendung 
innerhalb  der  Zeit  von  drei  Jahren  der  Abbruch  des  alten  Domhotels, 
wie  der  sämtlichen  vom  Dombauvereine  erworbenen  Häuser  am  Hof 
und  auf  dem  Domhofe  erfolgt. 

Ferner  ist  an  der  Westseite  des  Domes  das  Haus  Domkloster 
Nr.  9  au  der  Ecke  der  Litsch  niedergelegt,  auch  wird  in  nächster 
Zeit  das  dahinter  belegene  Gartengrundstück,  zu  den  Domcurien 
Domkloster  Nr.  .9  und  7  gehörig,  für  Rechnung  des  Freilegungsfonds 
erworben  und  der  Stadt  Köln  behufs  Erbreiterung  der  Litsch  über¬ 
wiesen  werden. 

Nach  längeren  Verhandlungen  sind  nunmehr  auch  die  Pläne  zu 
den  beiden  auf  dem  v.  Grooteschen  Gartengrundstücke  zu  erbauenden 


neuen  Domcurien  genehmigt  uud  soll  der  Bau  derselben  innerhalb 
der  Zeit  von  zwei  Jahren  beendet  sein,  nach  Ablauf  welcher  Zeit  die 
beiden  Domcurien  Domkloster  Nr.  5  und  7  niederzulegen  sind. 

Die  Freilegung  des  Kölner  Domes  an  der  Südseite  und  Nord- 
Westseite  wird  demnach  im  Jahre  1893  gleichzeitig  mit  der  Umgestal¬ 
tung  der  Umgebungen  des  Kölner  Domes  an  der  Nordseite  infolge 
der  neuen  Bahnhofsanlage  in  der  Trankgasse  zum  Abschlufs  ge¬ 
langen. 

Durch  Allerhöchste  Cabinetsordre  vom  7.  October  1889  ist  dem 
Central-Dombau- Vereine  die  Veranstaltung  von  drei  Dombauprämien- 
collecten  behufs  Erwerbes  der  zur  Freilegung  des  Kölner  Domes  nach 
der  Westseite  anzukaufenden  Grundstücke  genehmigt. 

Durch  Abbruch  der  fünf  Häuser  zwischen  dem  Margarethenkloster 
und  der  Bui-gmauer  sowie  Unter  Fettenhennen  Nr.  6,  8,  13  und  1.5 
wie  Domkloster  3  a  soll  nach  dem  genehmigten  Plane  ein  freier  Platz 
vor  dem  Westportale  geschaffen  werden,  von  dessen  Westseite  aus, 
in  Entfernung  von  140  m  vom  Westportale,  der  Beschauer  die  ganze 
Westfront  des  Domes  und  die  Westthürme  bis  zu  den  Kreuzblumen 
hinauf,  geschützt  vor  dem  Strafseuverkehre,  übersehen  kann. 

Köln,  den  20.  Mai  1890.  Der  Dombaumeister, 

Geheime  Regierungsrath 
V  oigtel. 


Clyde- Tunnel  in  Glasgow 


Bislang  bestehen  in  Glasgow  im  Gebiet  des  zum  Hafen  ausge¬ 
bauten  Clyde -Flusses  keinerlei  feste  Verbindungen  zwischen  den 
beiden  Ufern.  Das  Bedürfnifs  eines  derartigen,  von  dem  Schiff’s- 
verkehr  unabhängigen  Verkehrsweges  ist  mit  der  Zeit  in  immer 
höherem  Mafse  fühlbar  geworden,  und  bereits  seit  geraumer  Zeit 
wurden  die  verschiedenartigsten  Vorschläge  laut,  durch  Herstellung 
beweglicher  Brücken,  Anordnung  fester  Brücken  mit  hochliegender, 
stark  ansteigender  Fahr¬ 
bahn,  Anlage  schrau¬ 
benartiger  Bahnen  usw. 
den  Verkehr  der  nörd¬ 
lichen  und  südlichen 
Stadttheile  unterein¬ 
ander  zu  erleichtern.  In 
allerneuester  Zeit  ist 
nun  endlich  ein  Entwurf 
vom  Parlament  gutge- 
heifsen  worden,  dahin 
gehend,  unter  dem  Clyde 
oberhalb  der  älteren 
Dockanlagen  an  Stelle 
einer  vorhandenen  Fähre 
eine  Tunnelverbindung 
für  Strafsen-  und  Fufs- 
gängerverkehr  anzu¬ 
legen.  Nach  dem  Engi¬ 
neering  wurden  die  Bau¬ 
arbeiten  zur  sofortigen  Inangriffnahme  zu  Anfang 
dieses  Jahres  verdungen. 

Die  bemerkenswerthe  Anlage  (Abb.  1  u.  2) 
wird  in  drei  mit  nur  0,6  m  Abstand  nebeneinander 
angelegten  Tunneln  bestehen,  von  4,9  m  gering¬ 
ster  Lichtweite,  von  welchen  die  beiden  äufsern 
dem  Fuhrverkehr  nach  beiden  Richtungen,  der 
innere  dem  Fufsgängerverkehr  dienen  werden. 

Beiderseits  des  Flusses  münden  die  Tunnel  in 
24,4  m  weiten  und  22  bezw.  23  m  tiefen  Schäch¬ 
ten,  in  welchen  der  Zu-  und  Abgang  der  Strafsen¬ 
fuhrwerke  durch  je  sechs  Aufzüge  vermittelt 
werden  wird,  welche  die  äufsere  Hälfte  der  Schächte  einnehmen. 
Dieselben  werden  je  j)aarweise  für  Lasten  von  5,7  und  10  Tonnen 
berechnet. 

Für  den  Fixfsgängerverkehr  ist  von  Anlage  von  Aufzügen 
abgesehen  worden,  weil  das  Publicum  dieselben  im  allgemeinen 
nicht  liebt.  Der  Verkehr  des  mittleren  Tunnels  wird  vielmehr  mit 
Ansteigungen  1 : 3,  welche  niedrige  Trittstufen  erhalten  sollen,  bis 
zu  einer  die  innere  Hälfte  der  Schächte  einnehmenden  Plattform,  und 
von  da  mittels  Stufen  bis  zur  Strafsenkrone  geführt.  Die  Tunnel 
erhalten  zwischen  den  Schächten  220  m  Länge  und  werden  4,6  m 
unter  der  Flufssohle  und  10,7  bezw.  14  m  unter  dem  Niedrig-  bezw. 
Hochwasserspiegel  des  Clyde  angelegt.  Unter  dem  Flusse  werden 
die  Tunnel  zum  gröfsten  Theil  mittels  gufseiserner  rippenartig  ver¬ 
steifter  Cylinderplatten  nach  Abb.  4  ausgekleidet,  welche  1,22  m 
lang,  0,46  m  breit,  25  mm  stark  und  mit  Flanschen  zum  Verschrauben 


versehen  sind.  Diese  Verkleidung  bildet  einen  Ring  von  4,9  m  Licht¬ 
weite.  Durch  Einlegen  von  9V2  mm  starken  Leisten  aus  weichem  Holz 
wird  wasserdichter  Schlufs  der  Fugen  hergestellt,  eine  Anordnung, 
welche  sich  anderweitig  bei  einem  Druck  von  14  kg/qcm  noch  voll¬ 
kommen  bewährt  hat.  Der  unter  der  Flufssohle  anstehende  stark 
wasserführende  Sand  bedingt  bei  der  Bauausführung  die  Anwendung 
von  Prefsluft,  nach  dem  Vorbilde  der  neuen  Londoner  Tief  bahn, 

welche  als  „City  of 
London  and  Southwark 
Subway“  demnächst  für 
den  Personenverkehr  er¬ 
öffnet  wird.  Unter  dem 
südlichen  Ufer  findet 
sich  undurchlässiger 
Thon,  in  welchem  die 
Abschnitte  der  äufseren 
Tunnel  ohne  Verwen¬ 
dung  von  Prefsluft  aus¬ 
geführt  werden  und  eine 
0,61  m  starke  in  5  Rin¬ 
gen  über  einem  Sohl¬ 
stück  aus  Cement  her¬ 
zustellende  Auskleidung 
in  Ziegeln  erhalten 
(Abb.  3).  Die  Licht¬ 
weite  beträgt  hier  5,5  m. 
Die  Schächte  erhalten, 
soweit  sie  durch  Sand  geteuft  werden,  gufseiserne 
Doppelwandungen  in  1,2  m  Abstand.  Die  zu  ver¬ 
wendenden  C3dinderplatten  erhalten  Abmessungen 
von  1,22  X  0,61  m,  13  mm  Wandstärke  und 
werden  mittels  angegossener  Flansche  miteinander 
verschraubt.  Der  Zwischenraum  wird  sodann  mit 
Concret  gefüllt.  Die  Art  der  Abteufung  ist  im 
übrigen  ganz  ähnlich  dem  Bauvorgang  bei  Brunnen¬ 
senkungen  ixnd  erfolgt  bei  dem  Südschachte  so, 
dafs  ein  vollständig  geschlossener,  mit  unterer 
Schneide  versehener  Doppelring  hergestellt,  mit 
Concret  gefüllt  und  sodann  mit  Hülfe  seines 
eigenen  Gewichtes  unter  beständiger  Abgrabung  des  inneren 
Bodens  niedergebracht  wird.  In  dem  Mafse,  wie  der  Brunnen 
weiter  einsinkt,  werden  neue  Theile  aufgesetzt,  bis  die  Schneide  in 
einer  Tiefe  von  8  m  angelangt  ist.  Der  Bruunenkörper  wird 
sodann  unverändert  noch  weitere  5,5  m  heruntergebracht,  bis  zu 
derjenigen  Tiefe,  wo  nach  Ausweis  vorgenommener  Schürfungen 
Thon  ansteht. 

Hierauf  wird  der  Brunnen  auf  weitere  9,2  m  mit  einem  Kranz 
aus  Ziegelmauerwerk  unterfahren,  während  gleichzeitig  bis  zur 
Bodenhöhe  ein  gleicher  Mauerkranz  aufgesetzt  wird.  Die  Sohle  wird 
mit  Concret  abgekleidet. 

Weitere  Mittheilungen  über  die  Anlage  erscheinen  zur  Zeit  noch 
verfrüht  und  werden  Vorbehalten,  bis  die  Bauarbeiten  zu  einem 
gewissen  Abschlufs  gebracht  sein  werden. 

Km. 


Süden. 


<_  24,4- .Ui 


Abb.  1.  Längenschnitt. 


Abb.  2.  Grundrifs. 


\r.  27. 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


279 


Creschwindigkeitsuhr  für  Locomotiven. 


Aus  den  Antworten,  welche  in  Beantwortung  der  für  die  Be- 
rathung  auf  der  X.  Techniker-Versammlung  der  Techniker  des  Vereins 
deutscher  Eisenbahnverwaltungen  (Berlin  1884)  gestellten  Frage: 
„Welche  Construction  von  Geschwindigkeitsmessern  eignet  sich  nach 
den  an  einer  gröfseren  Anzahl  und  längeren  Zeit  im  Betriebe  befind¬ 
lichen  Vorrichtungen  gemachten  Erfahrungen  am  besten  für  Loco¬ 
motiven?“  seinerzeit  eingegangen  sind,i)  geht  hervor,  dafs  damals 
keine  derartige  Vorrichtung  vorhanden  war,  welche  auf  die  Dauer 
zuverlässig  arbeitete  und  deshalb  zur  allgemeinen  Einführung 
empfohlen  werden  konnte.  In  der  Sachlage  hat  sich  bis  heute 
nichts  geändert:  Alle  bis  jetzt  bekannten,  auf  den  Locomotiven 
selbst  angebrachten  Vorrichtungen  zur  Feststellung  der  Geschwindig¬ 
keit  einer  Locomotive  leiden  an  dem  Fehler,  dafs  sie  nicht  einfach 
genug  sind,  dafs  sie  mit  Federn,  welche  ihre  Spannung  verlieren, 
mit  Flüssigkeiten 
arbeiten ,  welche 
verdunsten,  ver¬ 
schmutzen  und, 
wenn  es  sich  um 
Quecksilber  han¬ 
delt,  auch  durch 
die  Wärme  bedeu¬ 
tend  nachtheilige 
Ausdehnungen  er¬ 
fahren  ,  dafs  der 
Führer  also  nie 
weifs,  ob  die  sei- 
nige  noch  richtig 
geht  oder  nicht. 

Wenn  man  auch  die 
Ansicht  der  König¬ 
lichen  Eisenbahn- 
direction  Berlin^) 
theilt,  dafs  es  nicht 
für  erforderlich  zu 
halten  ist,  die  Zug¬ 
geschwindigkeit  zu 
jeder  beliebigen 
Zeit  und  an  jedem 
beliebigen  Orte  der 
Bahn  feststellen  zu 
können,  und  dafs 
deshalb  die  neben 

den  Geleisen  angebrachten,  elektrisch  mit  den  Stationen  verbundenen 
Taster  zur  Feststellung  der  Zuggeschwindigkeit  sehr  zu  empfehlen  sind, 
so  mufs  man  anderseits  doch  zugeben,  dafs  es  erforderlich  oder  doch 
wenigstens  in  hohem  Grade  erwünscht  ist,  dem  Führer  die  Möglichkeit  zu 
geben,  sich  von  der  Geschwindigkeit  seiner  Locomotive  zu  überzeugen. 
Schreibt  man  ihm  vor,  welche  Fahrzeit  er  von  einem  Taster  bis  zu 
dem  um  1  Kilometer  entfernten  innezuhalten  hat,  dann  mufs  man 
ihm  auch  ein  Mittel  in  die  Hand  geben,  festzustellen,  ob  die  Ge¬ 
schwindigkeit  seiner  Locomotive  dieser  Fahrzeit  entspricht.  Unter 
gewöhnlichen  Verhältnissen,  also  da,  wo  ein  Geschwindigkeitsmesser 
sich  auf  der  Locomotive  nicht  befindet,  ist  der  Führer  auch  ohne 
solchen  die  Geschwindigkeit  festzustellen  in  der  Lage,  so  lange  es 
Tag  ist  und  so  lange  die  Kilometersteine  sichtbar  sind. 
Mit  Hülfe  der  Kilometersteine  kann  er  sich  helfen,  und  wenn  diese 
auch  bei  Nacht  und  bei  schlechtem  Wetter  und  Schnee  sichtbar 
wären,  dann  bedürfte  es  wohl  weiterer  Vorrichtungen  nicht.  Da  dem 
aber  nicht  so  ist,  so  mufs  dem  Locomotivführer,  namentlich  dem 
jungen,  eine  derartige  Vorrichtung  gegeben  werden,  welche  ihn  un¬ 
abhängig  von  der  Dunkelheit  usw.  macht  und  an  welche  die  Be¬ 
dingung  zu  stellen  ist,  dafs  sie  einfach  sei  und  dafs  sie  stets  richtige 
Angaben  mache;  ist  letzteres  nicht  der  Fall,  dann  ist  es  besser, 
ganz  darauf  zu  verzichten. 

Nach  Anweisung  des  Unterzeichneten  hat  nun  die  Firma  Julius 
Blancke  u.  Co.  in  Merseburg  eine  durch  die  Abbildungen  veranschau¬ 
lichte,  „Geschwindigkeitsuhr“  benannte  Vorrichtung  hergestellt, 
welche  den  angegebenen  Bedingungen  entspricht  und  die,  wenn  sie 
auch  nicht  die  Geschwindigkeit  der  Locomotive  in  Kilometern  in 
der  Stunde  fortwährend  angiebt,  doch  hinreicht,  solche,  wenn  ge¬ 
wünscht,  zu  ermitteln.  Bei  Anordnung  derselben  ist  der  Gedanke 
mafsgebend  gewesen,  dafs,  wie  die  Kilometersteine  bei  Tage  einen 


Siehe  9.  Supplementband  zu  dem  Organ  für  die  Fortschritte 
■des  Eisenbahnwesens  Seite  248  u.  f. 

Siehe  a.  a.  O.  S.  248,  1.  Spalte  unten. 


Anhalt  zur  Beurtheilung  der  Fahrgeschwindigkeit  geben,  eine  Vor¬ 
richtung  für  alle  Fälle  genügen  mufs,  welche  dem  Führer  die  Kilo¬ 
metersteine  so  zu  sagen  auf  einem  Zifferblatte  vorführt  und  auch  bei 
Nachtzeit  erkenntlich  macht.  Demzufolge  ist  ein  Zifferblatt  mit  einer 
Haupteintheilung  1  bis  10  gewählt  mit  einem  Zeiger  (K),  der  bei 
einem  Wege  der  Locomotive  von  1  Kilometer  eine  Umdrehung  und 
bei  dem  Wege  von  einem  Kilometersteine  zum  andern  i/io  Umdrehung 
macht.  Die  10  Haupttheilstriche  des  Zifferblattes  entsprechen  daher 
den  Kilometersteinen,  und  eine  Umdrehung  des  Zeigers  dem  Wege 
von  einem  Taster  zum  andern.  Angetrieben  wird  der  Zeiger  mittels 
Kegelräder  und  Schraube  ohne  Ende  von  der  Treib-  oder  von  einer 
Kuppelachse  aus. 

Dieser  Kilometerzeiger,  der  nie  falsch  gehen  kann  und  auch 
keiner  besonderen  Abnutzung  unterworfen  ist,  würde  für  sich 
allein  schon  allenfalls  genügen  können,  doch  ist 
demselben  noch  ein  Uhrwerk  mit  einem  Zeiger  M 
hinzugefügt  und  letzteres  so  eingerichtet,  dafs  die 
Zeigerwelle  durch  die  Welle  des  Kilometerzeigers 
hindurchgeht  und  eine  Umdrehung  in  einer  Minute 
macht. 

Für  den  Führer  ist  es  unerläfslich,  die  Uhr  zu 
Hülfe  zu  nehmen,  um  zu  sehen,  ob  die  Fahrgeschwin¬ 
digkeit  —  die  Fahr¬ 
zeit  von  einem  Kilo¬ 
metersteine  oder 
von  einem  Taster 
zum  andern  —  die 
gewünschte  ist.  Bei 
der  mangelhaften 
Beleuchtung  der 
Führerstände  ist  es 
aber  meist  mit 
Schwierigkeiten 
verbunden,  Minuten 
oder  gar  Bruch- 
theile  von  Minuten 
an  einer  gewöhn¬ 
lichen  Taschenuhr 
abzulesen.  Diesem 
Uebelstande  wird 
durch  den  Minuten¬ 
zeiger  abgeholfen, 
dabei  aber  noch 
der  weitere  Vortheil  erreicht,  dafs,  da  die  „relative“  Bewegung  der 
beiden  Zeiger  ein  Mafs  für  die  Fahrgeschwindigkeit  hergiebt,^)  der 
Führer  schon  nach  einiger  Zeit  mit  ziemlicher  Sicherheit  aus  dem  Ver¬ 
halten  der  beiden  Zeiger  gegen  einander  auf  die  Geschwindigkeit 
seiner  Locomotive  schliefsen  wird.  Jedenfalls  ist  die  Beobachtung 
zugleich  der  Zeit  wie  des  Weges  —  welche  beide  zusammen  die 
Geschwindigkeit  bestimmen  —  durch  die  Uhr  sehr  ei-leichtert,  und 
ein  Falschgehen  derselben  ist  ausgeschlossen,  da  sie  entweder  gar 
nicht  oder  doch  nie  so  falsch  gehen  kann,  dafs  Abweichungen  gegen 
eine  richtig  gehende  Uhr  innerhalb  einer  Minute  merkbar  wären. 
Aufserdem  kann  der  Führer  jederzeit  die  Eichtigkeit  der  Uhr  an 
seiner  eigenen  Uhr,  wie  die  Eichtigkeit  des  Kilometerzeigers  nach 
den  Kilometersteinen  prüfen. 

Die  gewöhnliche  Art,  die  Geschwindigkeit  einer  Locomotive  nach 
Kilometern  in  der  Stunde  zu  bezeichnen,  ist  dem  Führer  im  all¬ 
gemeinen  nicht  recht  fafslich;  viel  besser  versteht  er,  wenn  man  ihm 
sagt:  „Du  hast  in  einer  Minute  einen  so  und  so  grofsen  Weg  zu 
machen“,  oder:  „Du  hast  1  Kilometer  in  der  und  der  Zeit  zurück¬ 
zulegen“.  Letztere  Ausdrucksweise  läfst  sich  namentlich  bei  Fahrten 
zwischen  den  Tastern  anwenden.  Mit  Hülfe  der  Geschwindigkeitsuhr 
kann  man  sowohl  das  eine  wie  das  andere  leicht  feststellen. 

Das  Antriebwerk  ist,  um  es  vor  Beschädigungen  und  möglichst 
vor  Abnutzungen  zu  schützen,  ganz  in  ein  gufseisernes  Gehäuse  ge¬ 
legt,  in  welchem  die  Wellen  usw.  ganz  in  Oel  laufen  können.  Er¬ 
setzt  man  das  Gehäuse,  was  thunlich,  durch  einen  einfachen  schmiede¬ 
eisernen  Bock,  dann  wird  sich  der  Preis  der  Vorrichtung  etwas 
niedrieger  als  sonst  stellen. 

Schliefslich  werde  noch  darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  sich  der 
obere  Theil,  der  Kilometerzeiger  nebst  Uhr,  ähnlich  den  Manometern, 
leicht  von  einer  Locomotive  auf  eine  andere  mit  gleich  grofsen  Trieb¬ 
rädern  versetzen  läfst.  Brettmann. 


3)  Bei  60  Kilometer  Geschwindigkeit  z.  B.  laufen  die  Zeiger 
gleich  rasch. 


280 


Centralblatt  der  B auverwaltiing. 


5.  Juli  1890. 


Yermischtes. 


Ertheiluiig-  von  Reisei)rainien  an  Regienings-Baumoister  und 
Resrierungs-Baufiilirer  in  Preufsen.  In  Anerkennung  der  im  Prü¬ 
fungsjahre  vom  1.  April  1889  90  bei  Ablegung  der  zweiten  Haupt- 
(Baumeister-)  Prüfung  für  den  Staatsdienst  im  Baufache  dargelegten 
tüchtigen  Kenntnisse  und  Leistungen  sind  von  dem  Herrn  Minister 
der  öffentlichen  Arbeiten  auf  unseren  Vorschlag  den  fünf  Königlichen 
Regierungs -Baumeistern:  Otto  Rupreeht  aus  Aurich,  Johannes 
Baltzer  aus  Bielefeld,  Ernst  Sam  wer  aus  Gotha,  August  Busse 
aus  Potsdam  und  Adolf  Lerche  aus  Bonese,  Kreis  Salzwedel, 
Prämien  von  je  1800  Mark  zur  Ausführung  gröfserer  Studieni-eisen 
behufs  Förderung  ihrer  weiteren  Ausbildung  für  ihren  Beruf  bewilligt 
worden. 

Ferner  wurden  den  fünf  Königlichen  Regierungs -Bauführern: 
Bernhard  Rofs  aus  Hannover,  Philipp  Pforr  aus  Hersfeld,  Karl 
Petzei  aus  Jerichow  a.  d.  Elbe,  Fritz  Peters  aus  Ludwigslust  und 
Alfons  Götte  aus  Eupen,  welche  sich  bei  der  ersten  Haupt-  (Bau¬ 
führer-)  Prüfung  für  den  Staatsdienst  im  Baufache  im  Prüfungsjahre 
vom  1.  April  1889  90  durch  besonders  tüchtige  Leistungen  ausge¬ 
zeichnet  haben,  Prämien  von  je  900  Mark  zur  Ausführung  einer 
Studienreise  zuerkannt. 

Berlin,  den  28.  Juni  1890. 

Königliches  technisches  Ober-Prüfungsamt. 

Das  yatioiialdeiikinal  für  Kaiser  JVillielm  I.  in  Berlin.  Die 

auf  Seite  213  d.  J.  mitgetheilte  Vorlage  der  verbündeten  Regierungen, 
betreffend  die  Errichtung  des  Nationaldenkmals  für  Kaiser  Wilhelm  I. 
auf  der  „Schlofsfreiheit"  ist  in  einem  hierzu  gewählten  Ausschüsse 
des  Reichstags  berathen  worden,  welcher  nach  längeren  Verhand¬ 
lungen  folgenden  Antrag  gestellt  hat: 

„Die  Entscheidung  1)  über  den  Platz,  auf  welchem  das  National- 
denkmal  für  Seine  IMajestät  den  Hochseligen  Kaiser  Wilhelm  I.  er¬ 
richtet  werden  soll,  2)  über  die  Gestaltung  des  Standbildes  und 
3)  über  die  Art,  in  welcher  ein  engerer  Wettbewerb  über  einen  Ent¬ 
wurf  für  das  Denkmal  vom  Reichskanzler  auszuschreiben  ist,  wird 
der  Entschliefsung  Sr.  ^lajestät  des  Kaisers  anheimgegeben.“ 

Dieser  Antrag  ist  in  der  Sitzung  des  Reichstags  vom  2.  Juli  d.  J. 
nach  Befürwortung  durch  den  Berichterstatter,  Abg.  Frhr.  v.  Unruhe- 
Bomst,  ohne  weitere  Erörterung  zum  Beschlufs  erhoben  worden.  Der 
Berichterstatter  führte  u.  a.  aus,  dafs  ein  Urtheil  über  die  Eignung 
des  in  Aussicht  genommenen  Platzes  für  die  Aufstellung  des  Denk¬ 
mals  sich  vor  dessen  wenigstens  theilweiser  Freilegung  nicht  ge¬ 
winnen  lasse,  und  dafs  der  Reichstag  eine  Verantwortung  in  der 
Richtung  der  Vorlage  der  verbündeten  Regierungen  daher  gegen¬ 
wärtig  zu  übernehmen  nicht  wohl  in  der  Lage  sei. 

Ehreuhezeiguugeu.  Dem  Münster-Baumeister  Prof.  Beyer  in 
Ulm  ist  anläfslich  der  soeben  stattgehabten  Festfeier  zur  Vollendung 
des  Ulmer  Münsterthurmes  von  Sr.  Majestät  dem  König  von  Preufsen 
der  Kronen-Orden  III.  Klasse,  von  Sr.  Majestät  dem  König  von 
Württemberg  das  Ehrenritterkreuz  vom  Kronenorden  und  vom  Prinz¬ 
regenten  von  Bayern  der  Michael-Orden  HI.  Klasse  verliehen  worden. 
Die  philosophische  Faeultät  derUniversität  Tübingen  hat  Herrn  Beyer 
zum  Ehrendoctor  ernannt. 

In  der  Preisbewerbuiig  für  ein  Kaiser  Wilhelni-Deiiknial  der 
Provinz  Westfalen  auf  dem  Wittekindsberge  der  Porta  Westfalica 
bei  Minden  (vgl.  S.  56  d.  J.)  sind  bis  zum  Ablauf  der  Einlieferungs¬ 
frist  am  30.  V.  M.  im  ganzen  56  Entwürfe  eingegangen. 

Die  diesjährige  (XIX.)  Abgeordneten -Versaminlnng  des  Ver¬ 
bandes  dentsclier  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine  findet  in  Ver¬ 
bindung  mit  der  anschliefsenden  Wanderversammlung  am  23.  August 
in  Hamburg  statt.  Auf  der  Tagesordnung  steht  zunächst  eine 
Reihe  geschäftlicher  Angelegenheiten :  Aufnahme  der  Vereinigung 
Mecklenburgischer  Architekten  und  Ingenieure,  Vorlage  der  Ab¬ 
rechnung  für  1889  und  des  Voranschlags  für  1891,  Antrag  des  Ver¬ 
bands-Vorstandes  auf  Regelung  der  Zahlung  der  Verbandsbeiträge, 
einheitlicher  Druck  der  Mitglieder-Verzeichnisse  der  Einzelvereine, 
Wahl  des  Vororts  für  1891/92,  Wahl  des  Ortes  für  die  nächste 
Wanderversammlung  und  die  Abgeordneten-Versammlung  1891,  Er¬ 
richtung  des  Semper-Denkmals  in  Dresden,  Verbreitung  der  Verbands- 
Mittheilungen,  Anstellung  eines  ständigen  besoldeten  Secretärs.  Der 
technisch-wissenschaftliche  Theil  der  Tagesordnung  enthält:  Auf¬ 
stellung  neuer  Berathungs-Gegenstände  für  das  Jahr  1890,91,  An¬ 
fragen  an  die  physicalisch-technische  Reichsanstalt,  Anschlufs  der 
Gebäude-Blitzableiter  an  die  Gas-  und  Wasserröhren,  Beseitigung 
der  Rauch-  und  Rufsbelästigung  in  grofsen  Städten,  Prüfung  und 
Berichterstattung  über  die  im  Entwürfe  eines  bürgerlichen  Gesetz¬ 
buchs  enthaltenen  baurechtlichen  Bestimmungen,  Anfertigung  einer 
tabellarischen  Zusammenstellung  der  in  Deutschland  gebräuchlichen 
Hausteine,  Einführung  einer  Einheitszeit  für  Deutschland. 


Die  neu  erbaute  Doinbrücke  in  Breslau,  welche  die  Oder 
zwischen  Sand-  und  Dom -Insel  überschreitet,  wurde  am  24.  v.  M. 
dem  Verkehr  übergeben.  Die  Brücke  hat  zwei  Oeff’nungen  von  je 
25  m  "Weite  mit  eisernem  Ueberbau  und  bietet  insofern  Interesse, 
als  dabei  die  von  Director  Gerber  für  die  Mannheimer  Rheinbrücke 
1887  in  Vorschlag  gebrachte  Trägerform,*)  für  zwei  Oeffnungen  ent¬ 
sprechend  abgeändert,  hier  zum  ersten  Male  ausgeführt  worden  ist. 
Die  Dombrücke  sieht  in  ihren  Umrissen  einer  Kettenbrücke  ähnlich, 
deren  Ketten  von  der  Brückenmitte  nach  den  Enden  abfallen.  Ueber 
dem  Mittelpfeiler  ist  ein  verziertes  schmiedeeisernes  Portal  angeordnet, 
das  auf  beiden  Seiten  reich  ausgebildete  Fahnenstangen  trägt.  Zur 
Einweihung  war  die  Brücke  festlich  mit  Laubgewinden  und  Kränzen 
geschmückt.  Die  Eröffnung  vollzog  der  Oberbürgermeister  der  Stadt 
in  Gegenwart  von  Vertretern  des  Magistrats,  der  Stadt-Baudeputation, 
des  Stadtbauamts,  der  Provincial-  und  Polizeibehörde  und  der  bei 
dem  Bau  betheiligten  FTnternehmerfirmen.  —  s. 


Büclierscliau. 

ie  fertigt  mau  techuische  Zeichmingeul  Leitfaden  für  Her¬ 
stellung  von  technischen  Zeichnungen  jeder  Art  von  A.  zur  Megede 
Königl.  Regierungs -Baumeister.  3.  vei-m.  Auflage.  Berlin  1890. 
Polytechnische  Buchhandlung  A.  Seydel.  VHI  u.  112  S.  in  8®.  Preis 
1,60  Jf. 

Nachdem  der  auf  S.  39  Jahrg.  1888  d.  Bl.  angezeigten  ersten 
Auflage  des  empfehleuswerthen  W^erkchens  binnen  Jahresfrist  eine 
zweite  gefolgt  ist,  hat  es  jetzt  bereits  zum  dritten  Male  gedruckt 
werden  müssen.  Wurde  in  der  zweiten  Auflage  unter  Berücksichti¬ 
gung  inzwischen  erschienener  Neuerungen  und  Verwerthung  mit- 
getheilter  Erfahrungen  der  Stoff  durch  acht  neue  Unterabschnitte 
erweitert,  das  Firmenverzeichnifs  vervollständigt  und  ein  Anhang 
über  die  Behandlung  von  Baupolizei-  und  Patent-Zeichnungen  bei¬ 
gefügt,  so  haben  in  der  vorliegenden  dritten,  wieder  um  einige  Unter¬ 
abschnitte  vermehi'ten  Auflage  insbesondere  die  Fortschritte  des 
vaterländischen  Gewerbtleifses  auf  den  einschlägigen  Gebieten  Be¬ 
achtung  gefunden. 

Der  Werth  des  kleinen  Buches  hat  durch  diese  Vervollständi¬ 
gungen  seines  Inhaltes  erheblich  gewonnen,  insbesondere  für  den 
Ingenieur,  für  den  es  ein  ausgezeichneter  Rathgeber  ist.  Der 
Architekt  wird  es  mit  einer  gewissen  Wahl  zu  benutzen  haben,  denn 
für  ihn  wird  sich,  wie  wir  schon  bei  Besprechung  der  ersten  Auflage**) 
hervorhoben,  immer  gröfstmögliche  Einfachheit  und  Knappheit  der 
Hülfsmittel  empfehlen.  Es  ist  ein  Verdienst  des  Verfassers,  dafs  er 
—  selost  Ingenieur  —  hierauf  wiederholt  hinweist.  Wir  hätten 
diesen  Hinweisen  nur  hier  und  da  noch  etwas  Verschärfung  ge¬ 
wünscht.  So  z.  B.  da,  wo  vom  Reifszeuge  und  seiner  Benutzung 
die  Rede  ist  (S.  23  u.  65).  Der  angehende  Architekt  wird  vor  dem 
Gebrauche  der  runden  Rieflerschen  Reifszeuge  und  der  Zirkel  mit 
sogenanntem  ..Vaseukopf“,  die  für  flottes  Zeichnen  nur  hinderlich 
sind,  geradezu  zu  warnen  und  dahin  zu  berathen  sein,  dafs  er  sich 
nur  der  alten  schönen  und  bewährten  einfachen  Zirkelform  bedient. 
Aehnliches  gilt  von  den  Schienen  und  Dreiecken:  Bewaffnet  mit  einer 
unhandlichen  und  theuren  Stellschiene  und  mit  riesengrofsem 
60° -Dreieck  pflegen  die  Besucher  der  jüngeren  Hochschul -Semester 
sich  in  den  ersten  LTebungsstunden  einzufinden,  um  bald  zu  erkennen, 
dafs  sie  die  Ausgabe  für  diese  nebensächlichen  Geräthe  nahezu  um¬ 
sonst  gemacht  haben  und  dafs  eine  leichte  imd  nicht  zu  lange  ein¬ 
fache  Schiene  und  ein  mittelgrofses  45° -Dreieck  das  Werkzeug 
sind,  mit  dem  der  Architekt  fast  überall  auskommt  und  mit  dem 
allein  er  sich  die  erforderliche  Handfertigkeit  schnell  anzueignen 
vermag.  —  Den  Abschnitt,  in  welchem  (S.  5)  gesagt  wird,  dafs  der 
Hochbauer  zum  bequemen  Zeichnen  der  häufig  vorkommenden  Acht¬ 
ecke  Dreiecke  mit  einem  rechten  Winkel,  einein  solchen  von  22'/'2°  und 
einem  von  67V2°  verwende  ebenso  wie  Dreiecke,  „welche  den  Giebel¬ 
winkel  der  Antike  enthalten“  (?),  rathen  wir  zu  streichen,  dagegen  die 
„Punktirnadel“,  welche  auf  S.  23  mit  Recht  als  unbedingt  noth- 
wendiges  Zeichengeräth  mitaufgeführt  ist,  als  eine  einfache,  für  das 
Schaubild-Zeichnen  wie  für  das  so  häufig  vorkommende  Ziehen  von 
Strahlen  nach  einem  Mittelpunkte  unerläfsliche  Nähnadel  mit  Siegel¬ 
lackkuppe  zu  erläutern. 

So  geringfügig  die  erwähnten  Einzelheiten  erscheinen,  es  ist  auf 
sie  das  gröfste  Gewicht  zu  legen,  und  wenn  wir  sie  hier  erwähnen, 
so  möchten  wir  damit  nur  dem  auf  die  Beibringung  von  Ergänzungen 
gerichteten  Wunsche  des  Herrn  Verfassers  entsprechen,  entfernt  da¬ 
von,  den  Werth  seiner  vortrefflichen  Arbeit,  die  jedem  Zeichner  nur 
Vortheil  bringen  wird,  schmälern  zu  wollen.  — d. 

*)  Vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung,  1887,  Seite  430  u.  f. 

**)  Jahrg.  1888,  S.  39  d.  Bl. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K  e  r  sk  es,  Berlin. 


281 


CentraMatt  der  Baiiverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  12.  Juli  1890. 


Redaction;  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT;  Amtliches:  Personal -Nachrichten  —  Nichtamtliches:  Bauten  auf  dem 
FestpLatze  des  X.  Deutschen  Bundesschiefsens  bei  Berlin.  —  Staatliche  Hochbauten 

Im  Grofslierzogthnm  Baden.  —  Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  aut  dem  Kyflfhäuser.  — 
Ufersebutzbauten  vor  dem  Wesselburener  Koog  iu  Schleswig-Holstein.  —  Westthurm 

des  Münsters  in  Ulm  (Schlafs).  —  HI.  Nachtrag  znm  Reich.shaushalts-Etat  für  1890/91. 
—  Frostbeständigkeit  von  Bausteinen.  —  Vermischtes:  Ehrenbezeigungen.  —  Tech¬ 
nische  Hochschule  in  Berlin.  —  Verkehr  auf  dem  Main.  —  Feuerlöschgranaten.  — 
Weiche  mit  feststehender  Zunge  und  beweglichen  Backenschienen.  —  Bücli erschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preiifsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Geheimen 
Baurath  Adolf  Keller  in  Berlin  zum  vertragenden  Rath  im  Mini¬ 
sterium  der  öffentlichen  Arbeiten,  ferner  den  Baurath  Lund,  Director 
des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amts  in  Gliiekstadt,  und  die 
Eisenbahn-Maschineninspectoren  Mohn,  Mitglied  der  Königlichen 
Eisenbahn-Direction  in  Bromberg,  Brünjes,  Mitglied  der  Königlichen 
Eisenbahn-Direction  in  Magdeburg  und  Wittmann,  Erster  Vorstand 
der  Eisenbahn-Hauptwerkstätte  in  Witten,  zu  Eisenbahn-Directoren 
mit  dem  Range  der  Räthe  vierter  Klasse  zu  ernennen,  sowie  dem 
Königlich  sächsischen  Eisenbahn-Betriebs-Director  Kr  auf  s  e  in  Leipzig 
den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse,  dem  Hofbaurath  Kluge  und 
dem  Stadtbaumeister  Elberling  in  Altenburg  den  Königlichen 
Kronen-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Der  bisherige  Regierungs -Baumeister  Friedrich  Hoffmann  in 
Potsdam  ist  als  Königlicher  Wasser-Bauinspector  bei  der  Königlichen 
Regierung  daselbst  angestellt  worden. 

Der  Kreis-Bauinspector  Baurath  Brunner  in  Neu-Ruppin  tritt 
zum  1.  August  d.  J.  in  den  Ruhestand.  Ueber  die  Wiederbesetzung 
der  erledigten  Stelle  ist  bereits  verfügt. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Regie¬ 
rungs-Bauführer  Richard  Wentzel  aus  Krotoschin  (Ingenieurbau¬ 
fach);  —  Otto  Wortmann  aus  Barmen,  Heinrich  Brohl  aus  Cleve, 
Emst  Bräuel  aus  Pieckei  W.-Pr.,  Egon  Rosenbaum  aus  Allen- 
burg  O.-Pr.  und  Bernhard  Schwarz  aus  Naugard  (Hochbaufach) ;  — 
Edmund  Grosse  aus  Berlin  und  Heinrich  Collins  aus  Annaberg, 
Kreis  Orteisburg  (Maschinenbaufach). 


Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Alfred  R  ö  s  e 
in  Cassel  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst 
ertheilt  worden. 

Der  Eisenbahn -Maschineninspector  Geitel,  ständiger  Hülfs- 
arbeiter  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Erfurt,  der 
Wasserbauinspector  Burczek  in  Stendal  und  der  Königl.  Regierungs- 
Baumeister  Erwin  Schultz  sind  gestorben. 


Württemberg. 

Seine  Königliche  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Münsterbaumeister  Professor  a.  D.  Dr.  Beyer  in  Ulm  das  Ehren- 
Ritterkreuz  des  Ordens  der  Württembergischen  Krone  und  dem 
Regierungs-Baumeister  Borkhard  in  Stuttgart  den  Titel  eines  Pro¬ 
fessors  mit  dem  Rang  auf  der  VIII.  Stufe  der  Rangordnung  zu  ver¬ 
leihen,  sowie  die  Stelle  eines  Bauraths  bei  der  Königlichen  Ministerial- 
abtheilung  für  das  Hochbauwesen  dem  Verweser  derselben,  Strafsen- 
und  Wasserbauinspector  Leibbrand  in  Stuttgart  zu  übertragen. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  ordentlichen  Professor  Dr.  Karl  Bücher  an  der  Universität 
Basel  zum  ordentlichen  Professor  der  Volks wirthschaftslehre  an  der 
technischen  Hochschule  in  Karlsruhe  zu  ernennen. 

Sachsen  -  Koburg  -  Gotha. 

Seine  Hoheit  der  Herzog  haben  dem  Bezirksbauinspector  Richard 
Melot  de  Beauregard  in  Gotha  das  Dienstprädicat  Baurath  zu 
verleihen  geruht. 


[Alle  Eechte  vorlbelialten.] 


Mchtamtlicher  Theil. 


Redactenre:  Otto  Sarrazin  nnd  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Bauteil  auf  dem  Festplatze  des  X. 

In  dieser  Woche  (6.  bis  13.  Juli)  findet  in  Pankow  bei  Berlin 
die  Feier  des  X.  Deutschen  Bundesschiefsens  statt.  Wenn  eine  solche 
in  unserem  Vaterlande  seit  jeher  so  volksthümliche  Feier  überall  als 
ein  aufsergewöhnliches,  umfangreiche  Veranstaltungen  erheischendes 
Ereignifs  betrachtet  wird,  so  gewinnt  das  diesjährige  Schützenfest 
durch  die  Wahl  Berlins  zum  Festort  noch  eine  besondere  Bedeutung, 
einmal  wegen  der  Stellung,  die  Berlin  anderen  Festorten  gegenüber 
einnimmt,  dann  aber  auch  wegen  der  aufsergewöhnlichen  Betheiligung, 
die  dem  X.  Bundesschiefsen  den  Anmeldungen  nach  schon  Monate 
im  voraus  gesichert  war.  Darf  doch  kaum  bezweifelt  werden,  dafs 
der  erfreuliche  Zustrom  von  ausländischen  Gästen  aus  Oesterreich- 
Ungarn,  Italien  und  America,  aller  anderen  nicht  zu  gedenken,  nicht 
allein  dem  festlichen  Zwecke,  sondern  auch  der  in  jüngster  Zeit  so 
schnell  emporgeblühten  Hauptstadt  des  neuen  deutschen  Reiches  ge¬ 
golten  hat.  Sowohl  die  Leiter  des  Festes  und  die  städtischen  Be¬ 
hörden,  denen  hauptsächlich  die  Pflicht  der  Bewillkommnung  und 
Aufnahme  der  fremden  Gäste  oblag,  als  auch  die  Berliner  Bürger¬ 
schaft  sind  sich  dessen  wohl  bewufst  gewesen,  das  zeigt  die  bei  allen 
Veranstaltungen  hervorgetretene  rege  Betheiligung  und  die  Bereit¬ 
willigkeit,  zum  Schmucke  der  Strafsen,  welche  die  Schützenzüge 
durchschreiten  sollten,  nach  Kräften  beizutragen.  Ueber  den  Empfang 
der  Schützen,  die  verschiedenen  Vorfeiern,  insbesondere  über  den 
durch  seine  künstlerische  Ausstattung  wie  gewaltige  Theilnehmerzahl 
überraschenden  Festzug  haben  die  Tagesblätter  ausführlich  berichtet. 

Keine  geringe  Schwierigkeit  bot  die  für  Berlin  bekanntlich  immer 
sehr  heikle  Frage  nach  einem  passenden  Festplatze,  vollends  nach 
einem  solchen,  der,  wie  in  diesem  Falle,  eine  bedeutende  Ausdehnung 


Deutschen  Bundesschiefsens  hei  Berlin. 

sowie  mit  Rücksicht  auf  die  mit  dem  Schiefsen  verbundenen  Gefahren 
auch  eine  möglichst  abgesonderte,  freie  Lage  haben  mufste.  Das 
anfangs  wegen  seiner  guten  Verbindungen  mit  der  Stadt  in  Aussicht 
genommene  Tempelhofer  Feld  konnte  von  den  Militärbehörden  nicht 
zur  Verfügung  gestellt  werden,  sodafs  sich  schliefslich  kein  ge¬ 
eigneterer  Platz  als  ein  vor  dem  Schönhauser  Thore  auf  halbem 
Wege  nach  Pankow  belegenes  Grundstück  gefunden  hat.  Bei  dieser 
Lage  des  Platzes  mufsten  freilich  die  aufserordentlichen  Schwierig¬ 
keiten,  welche  die  Bewältigung  des  Massenverkehrs  an  so  welt¬ 
entrückter  Stelle  mit  sich  bringt,  in  den  Kauf  genommen  werden; 
abgesehen  aber  davon  ist  die  Wahl  als  glücklich  und  passend  zu 
bezeichnen,  vor  allem  wegen  der  Gröfse  des  Platzes,  der  sowohl  für 
die  umfänglichen  Vorkehrungen  für  das  Schiefsen  selbst,  als  auch 
für  bauliche  Anlagen  anderer  Art,  dem  Vergnügen  und  der  Erfrischung 
gewidmet,  reichlich  Raum  bietet.  In  der  That  tritt  allein  schon  in 
den  Bauten  des  Festplatzes,  die  sich,  von  weitem  gesehen,  wie  eine 
kleine  Stadt  ausnehmen,  der  Charakter,  den  das  Bundesschiefsen 
nach  aller  Hoffen  und  Wünschen  haben  soll,  der  eines  wirklichen 
Volksfestes,  klar  und  deutlich  zu  Tage. 

Die  Bauanlagen  zerfallen  in  drei  räumlich  sowie  ihrer  Bestim¬ 
mung  nach  streng  geschiedene  Gruppen.  Zunächst  im  Hintergründe 
des  Platzes  die  Gruppe  der  Schiefsstände  mit  der  Schiefshalle  und 
den  anschliefsenden  Nebenbauten,  davor  liegt  der  eigentliche,  noch 
eingehender  zu  besprechende  Festplatz  mit  seinen  Baulichkeiten, 
während  sich  seitwärts,  durch  einen  schützenden  Bretterzaun  ge¬ 
schieden,  ein  reichlich  ebenso  grofser,  lediglich  für  Volksbelustigungen 
aller  Art  bestimmter  Raum  befindet.  Schaubuden  in  dieser  Zahl 


282 


Ceutralblatt  der  Bau verwaltuug. 


12.  Juli  1890. 


und  von  dieser  Vielseitigkeit  des  Inhalts  haben  sich  hier  am  Ort 
vielleicht  noch  niemals  au  einer  Stelle  zusammengefuiiden;  sie  be¬ 
seitigen,  wie  der  Massenbesuch  bereits  vor  den  Festtagen  gezeigt 
hat,  die  hier  und  da  geäufserten  Zweifel,  ob  ein  derartiges  Jahrmarkts¬ 
treiben  nicht  vielleicht 
doch  schon  als  ver¬ 
altet  zu  bezeichnen 
wäre  und  bei  der  durch 
Schaustellungen  der 
verschiedensten  Gat¬ 
tungen  fortwährend  in 
Anspruch  genommenen 
Berliner  Bevölkerung 
noch  auf  Beifall  zu 
rechnen  hätte.  Einen 
breiten  Baum  nehmen 
wie  billig  die  der  Er¬ 
frischung  gewidmeten 
Anlagen  ein.  Bereit¬ 
willigst  haben  sieh 
mehrere  Berliner  und 
auswärtige  Brauereien 
in  den  Dienst  der  gu¬ 
ten  Sache  gestellt,  ihre 
weiträumigen ,  einla¬ 
denden  Hallen  verlei¬ 
hen  die  ermuthigende 
Gewifsheit,  dafs  für 
das  leibliche  Wohl 
aller  in  entgegenkom¬ 
mendster  Weise  ge¬ 
sorgt  ist.  In  vortheil- 
haftester  Lage,  gerade 
auf  der  Grenze  zwi¬ 
schen  dem  sogenannten 
Budeuplatz  und  dem 
eigentlichen  Festplatz 
befindlich,  sind  sie  von 
beiden  Seiten  gleich 
bequem  zugänglich. 

Beachtung  durch  ge¬ 
schickte  Anordnung 
und  heitere  Bemalung 
verdienen  die  von  dem 
Architekten  Laas  er- 


fAbb.  2.  Querschnitt. 


richteten  Ausschankräume  der  Gräflich  Eeischachschen  und  der 
Brauerei  Königsstadt,  zwischen  beiden  liegt  die  einfache  Hallen¬ 
anlage  der  Spandauer  Bergbrauerei.  Im  Bewufstsein  ihrer  Volks- 


Gabriel  Seidl  entworfene  und  von  dem  Zimmermeister  Görisch  aus¬ 
geführte  Ausschank  der  Münchener  Kindl-Brauerei  hervor.  Die  Mitte 
dieses  Bauwerks  nimmt  ein  thurmartiger  Aufbau  mit  hohem  Walm¬ 
dach  ein,  an  den  sich  seitwärts  in  der  Diagonale  hinausspringende 

Flügelbauten  mit  Hal¬ 
len  anschliefsen ,  wel¬ 
che  einen  offenen  Vor¬ 
platz  umgrenzen.  Mit 
seinen  mit  Strohge¬ 
winden  belegten  Dä¬ 
chern,  den  frischen 
'  Farben  des  weifs 

und  grün  gestrichenen 
Holzwerks ,  den  bunt¬ 
bemalten  Scheiben  und 
Wappen  trägt  dieser 
Bau  ein  heiteres  und 
ländliches,  sehr  ge¬ 
schickt  seiner  Bestim¬ 
mung  angepafstes  Ge¬ 
präge. 

Wir  kommen  nun 
zu  den  Bauwerken, 
welche  zum  Schmucke 
des  eigentlichen  Fest¬ 
platzes  dienen.  Ver¬ 
ständigerweise  hat  sich 
die  hiesige  Schützen- 
genosseuschaft  für 
diese  Ausführungen, 
bei  welcher  es  sich  mit 
in  erster  Linie  um 
künstlerische  Gestal¬ 
tung  handelt,  an  ge¬ 
eignete  Kräfte  aus  dem 
Berliner  Architekten¬ 
kreise  gewendet.  Die 
Herren  Crem  er  u. 
Wolffenstein  und 
B.  Sehring  theilten 
sich  in  die  dankbare 
Aufgabe,  indem  jene 
die  Herstellung  der 
grofsen  Festhalle,  die¬ 
ser  das  Festthor  sowie 
den  zur  Aufbewahrung  und  Ausstellung  der  zahlreichen  Festpreise 
bestimmten  „GabentempeF'  entwarfen. 

In  der  Achse  der  Westseite  des  Festplatzes,  an  der  Pankower 


Abb.  1.  Grundrifs. 


thümlichkeit  begnügt  sich  die  Weifsbierwirthschaft  der  Willnerschen 
Brauerei  mit  einem  Ausschank  im  Freien,  während  eine  Theebude 
mit  dem  bunten  chinesischen  Kleinkram  der  Firma  Taen  Arr  Hee 
sich  an  nicht  leicht  zu  übersehender  Stelle  ziemlich  in  der  Mitte  des 
Festplatzes  aufgethan  hat.  Als  künstlerische  Leistung  ragt  gleich 
rechts  vom  Haupteingange  der  von  dem  Münchner  Architekten 


Chaussee,  erhebt  sich  das  stattliche  Eingangsthor.  Im  Halbkreise 
herumgeführte,  zinnenbekrönte  Mauern  mit  Thürmen  an  den  Enden 
—  natürlich  aus  Holz  und  Leinewand  mit  Zuhülfenahme  von  Farben 
hergestellt  —  rahmen  einen  breiten  Vorplatz  ein  und  führen  auf  das 
wie  der  Eingang  zu  einer  mittelalterlichen  Burg  ernst  und  trotzig 
sich  ausnehmende  Thorgebäude  hin.  Der  breite  spitzbogige  Eingang 


Nr.  28. 


283 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


öffnet  sich  zwischen  zwei  Eckthiirinen ,  welche  durch  einen  oberen 
Laufgang  in  Form  einer  bedeckten  Holzgalerie  verbunden  sind.  Beim 
Durchschreiten  des  Eingangs  übersieht  man  den  ganzen  Platz  mit 
seinem  fröhlichen  Getümmel,  doch  ist  der  Blick  zunächst  vorwärts 
durch  die  von  Flaggen -Masten  begrenzte  Feststi-afse  auf  den  in  der 
Mitte  des  Platzes  befindlichen  Gabentempel  gerichtet.  Auf  einer 
durch  Freitreppen  zugänglichen  Terrasse,  die  ebenfalls  durch  Be¬ 
malung  das  Aussehen  massiven  Mauerwerks  erhalten  hat,  erhebt 
sich  der  von  Glaswänden  umschlossene  Rundbau  mit  hohem, 
baldachinartig  nach  aufsen  vorspringendem  Dache.  Seine  Spitze 
bekrönt  eine  Fortuna- Figur,  gewifs  ein  passendes  Sinnbild  für  das 
bei  Preisvertheilungen  zumeist  ja  so  unsichere  Geschick.  Zur  linken 
uns  wendend  treten  wir  nunmehr  vor  die  ihrer  Gröfse  nach  alle 
übrigen  Baulichkeiten  weit  überragende  Festhalle,  unseres  Erachtens 
zugleich  der  gelungenste  Theil  der  gesamten  Anlage.  Ein  Vorzug 
derselben  springt  wenigstens  sofort  in  die  Augen:  der  Bau,  als  eine 
Augenblicksanlage,  will  nichts  weiter  scheinen  als  er  ist.  Wie  alle 
übrigen  ist  er  nur  aus  Holz  und  Leinwand  errichtet  und  zeigt  dies 


wie  am  Gabentempel  der  Hoftapezierer  Fischer  übernommen.  Im 
Aeufsern  der  Festhalle  fällt  zunächst  der  stattliche  Vorbau  mit  dem 
Haupteingange  in  die  Augen.  Ueber  demselben  erhebt  sich  bis  zur 
Höhe  von  29  m  ein  Thurmbau  mit  oberer  Galerie  und  steilem  Walm- 
dache,  zwei  angrenzende  Ausbauten  mit  Verkaufshallen  zu  ebener 
Erde  leiten  zu  den  niedrigeren  Theilen  über,  welche  die  Kleider¬ 
gelasse  enthalten.  Zierliche  Giebel  umrahmen  die  der  Strebecon- 
struction  entsprechend  dreieckig  geschlossenen  Fensteröffnungen. 
Den  Abschlufs  bilden  auch  hier  Thurmbauten  mit  Galerieen  und  ge¬ 
brochenen  Walmdächern.  Zwei  riesige,  von  Röchling  gemalte 
Schützenfiguren  zieren  die  Vorderseite.  Von  gefälliger  Wirkung  ist 
ferner  die  farbige  Behandlung  des  Ganzen.  Das  Holzwerk  hat  einen 
warmen  gelblichen,  die  Constructionstheile  und  Gliederungen  einen 
braunrothen  Ton  erhalten,  die  Dächer  der  Thürme  dagegen  ein 
leuchtendes,  merklich  von  der  Luft  sich  abhebendes  Grün.  Das 
mittlere  Thurmdach  zeigt  einen  mächtigen  schwarzen  Reichsadler 
lind  einen  Kranz  bunt  bemalter  Wappentafeln.  Zu  allem  tritt  noch 
der  Schmuck  farbiger  Banner  und  Flaggen,  sowie  die  Gewinde  und 


Abb.  3.  Ansicht. 

Festhalle  des  X.  Deutschen  Bundesschiefsens  in  Berlin. 


auch,  ohne  sich  dessen  zu  schämen.  Abb.  1  bringt  den  Grundrifs, 
Abb.  2  den  Querschnitt,  Abb.  3  endlich  ein  Bild  der  Gesamtanlage 
von  einem  entfernteren  Standpunkte  aus  gesehen.  Der  Bau  von 
rund  150  m  Länge  und  36  m  Breite  bildet  eine  dreischiffige,  basilikal 
abgestufte  Halle  von  17  m  Höhe  im  Mittelschiffe.  Nordwärts 
schliefsen  sich  durch  einen  schmalen  Hofraum  geschieden  die  aus¬ 
gedehnten  Küchen-  und  Wirthschafts  -  Räume  an.  Die  Dachcon- 
struction  zeigt  ein  Sprengewerk  mit  seitwärts  zur  Erde  geführten 
Streben. 

An  den  Ecken  des  Mittelschiffs  erheben  sich  Thürme  als  feste 
Widerlagspunkte,  das  Dach  selbst  ist  mit  Leinwand  eingedeckt. 
Die  Beleuchtung  bewirken  an  den  Schmalseiten  mächtige  Bogen¬ 
fenster,  im  übrigen  ist  für  Einführung  von  seitlichem  Oberlicht  der 
ganze  freie  Raum  zwischen  den  Constructionstheilen  verfügbar  ge¬ 
blieben.  Die  Oeffnungen  sind  mit  in  Oel  getränkter  Leinwand  über¬ 
spannt,  welche  das  Licht  durchläfst  und  mit  Ornamenten  und 
Wappencartuschen  bemalt,  von  innen  den  Anschein  farbiger  Glas¬ 
fenster  erweckt.  Den  sonstigen  Innenschmuck  bilden  die  Laub¬ 
gewinde,  die  an  den  Knotenpunkten  der  Construction  aufgehängten 
zahlreichen  Banner  und  Wimpel,  die  Menge  der  von  Fahnen  um¬ 
kränzten  Wappenschilder.  In  die  Ausführung  des  Hallenbaues, 
in  der  am  Eröffnungstage  5500  Personen  gespeist  haben,  theilten  sich 
die  Zimmermeister  Hesse,  Krause  und  Küster.  Die  Malerarbeiten 
hat  der  Maler  Senft  der  Firma  Bodenstein,  die  Tapezier  arbeiten  hier 


Kränze  von  Laub  und  Tannenreis,  um  den  Einklang  mit  dem  bunten 
Gewimmel  der  zahllosen  auf  dem  Festplatze  verstreuten  Fahnen  und 
Wimpel  herzustellen. 

Am  östlichen  Ende  des  Platzes  liegen,  wie  schon  erwähnt,  die 
von  dem  Zimmermeister  Görisch  ausgeführten,  sehr  ausgedehnten 
Schiefsstände  —  die  gröfste  Standlänge  beträgt  300  m  —  mit  den 
umständlichen,  zur  Sicherung  gegen  abirrende  Kugeln,  zum  Schutze 
der  Anzeiger  sowie  zur  Anbringung  der  Scheiben  erforderlichen 
Zimmer-  und  Erdarbeiten.  Die  Stände,  etwa  120  an  der  Zahl, 
schliefsen  an  eine  langgestreckte  Halle  an,  zu  welcher  noch  Ge¬ 
schäftsräume  zur  Leitung  und  Ueberwachung  des  Schiefsens,  ferner 
Aufbewahrungsräume  für  die  Waffen  und  Kleider,  Post-  und  Tele- 
graphen-Aemter,  endlich  auch  Erfrischungs-Anstalten  hinzutreten. 

Mit  diesen  Andeutungen  dürfen  wir  uns  hier  begnügen.  Wenn, 
was  nicht  zu  bezweifeln  sein  wird,  die  geschilderten  baulichen  An¬ 
lagen  wesentlich  zum  glücklichen  Gelingen  des  Festes,  das  am  mor¬ 
gigen  Tage  seinen  Abschlufs  finden  soll,  beigetragen  haben,  so  ver¬ 
dienen  die  Künstler  und  Techniker,  die  sie  entworfen  und  ausgeführt 
haben,  den  Dank  aller,  seien  es  nun  Festgenossen  oder  blofse  Be¬ 
sucher  der  Feier.  Die  Berichterstattung  glaubt  auch  ihrerseits  dieser 
Dankespfiicht  nachgekommen  zu  sein,  indem  sie  das  nach  ihrem 
Ermessen  Bemerkenswerthe,  soweit  es  der  Raum  an  dieser  Stelle 
gestattete,  durch  Wort  und  Bild  hervorzuheben  und  zur  Kenntnifs 
ihrer  Leser  zu  bringen  bemüht  gewesen  ist.  R.  B. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


12.  Juli  1890 


284 


Die  Bauthätigkeit  auf  dem  Gebiete  des 

Nachdem  in  dem  verflossenen  Rechnungsjahre  von  gi'öfseren 
Staats  -  Neubauten  das  Landesbad  in  Baden  (Architekt:  Durm, 
398  000  Mark),  das  Amtsgerichtsgebäude  in  Baden  (Durm-Kredell, 
148  500  Mark),  das  hygienische  Institut  in  Heidelberg  (Durm-Koch, 
82  000  Mark),  das  physicalische  und  f)hysiologische  Institut  in  Frei¬ 
burg  (Durm,  380  000  Mark),  die  Grofsherzogliche  Kunstgewerbe¬ 
schule  in  Karlsruhe  (Durm,  304000  Mark)  und  die  evangelische 
Kirche  in  Schopfheim  (Durm,  302  000  Mark)  ganz  oder  zum  Theil 
vollendet  wurden,  sind  für  das  Rechnungsjahr  1890/91  zur  Ausfüh¬ 
rung  weiter  genehmigt  worden; 


Nr. 

1  Gegenstand. 

Ort. 

Bau¬ 

summe 

Mark. 

Arcliitekt. 

1. 

Palais  für  S.K.H.den 
Erbgrofsh.  von  Baden 

Karlsruhe 

1  455  000 

Baudir.  Dr.Durm. 

2. 

Evangelische  Kirche 

Badenweiler 

346  000 

derselbe. 

3. 

Frauenbad 

Baden 

757  000 

derselbe. 

4. 

Gymnasium 

Heidelberg 

479  000 

derselbe. 

5. 

Amthausneubau 

Constanz 

140  000 

Bauinspect. Braun 
unter  Mitwirk,  der 
Grofsh.  Baudirect. 

6. 

Hauptsteueramtsgeb. 

Constanz 

250000 

derselbe. 

7. 

Nebenzollamtsgebde. 

Unter¬ 

uhldingen 

15  200 

derselbe. 

8. 

Amtsgefängnifs 

Bonndorf 

65000 

Bauinsp.Nebenius 

9. 

Obereinnehmereigeb. 

Donau- 

eschingen 

67  600 

derselbe. 

10. 

Hauptsteueramts-  u. 
Amtsgerichtsgebde. 

Saeckingen 

123  000 

Nach  Skizzen  der 
Baudirection,Bau- 
meisterForschner. 

11. 

Amthaus 

Lörrach 

112  000 

Bauinsp. Schöpfer. 

12. 

N  ebenzollamtsgebde. 

Leopoldshöhe 

10  325 

derselbe. 

13. 

Hörsaalbau  des 
patholog.  Instituts 

Freiburg 

15  000 

Bauinspector 

V.  Stengel. 

14. 

Vergröfserung  der 
medicin.  Klinik 

Freiburg 

13  000 

derselbe. 

15. 

Aufseherwohnungen 

Freiburg 

19  000 

derselbe. 

16. 

Obereinnehmereigeb. 

Achern 

64  500 

Bauinspect.  Ebert. 

17. 

Krankenbaracken 

Illenau 

43  000 

derselbe. 

18. 

Forsthaus 

Ettlingen 

60  000 

Bauinsp.  Kredell. 

19. 

Hauptsteueramtsgeb. 

Karlsruhe 

255  000 

Baurath  Dycker¬ 
hoff. 

20. 

Erweiterung  des 
Finanzministerialgb. 

Karlsruhe 

59  000 

derselbe. 

21. 

Dienstgebäude  der 
Steuerverwaltung 

Karlsruhe 

130  000 

derselbe. 

22. 

Amtsgefängnifs- 

vergröfserung 

Karlsruhe 

30  000 

derselbe. 

23. 

Turnhalle  beim 
Seminar  II. 

Karlsruhe 

20  000 

Ober-Baurath 

Lang 

24. 

Kirche  im  l./andes- 
gefängnifs 

Bruchsal 

15  000 

Bauinspect.  Beck. 

25. 

Obereinnehmerei-  u. 
Forsteigebäude 

Sinslieim 

85  500 

Bauinspect.  Koch. 

26. 

Erweiterung  des 
ehern.  Laboratoriums 

Heidelberg 

285  000 

derselbe. 

Hochbaues  im  Grofsherzogthum  Baden. 


Nr. 

Gegenstand. 

Ort. 

Bau¬ 

summe 

Mark. 

Architekt. 

27. 

Hörsaalneubau  der 
medicin.  Klinik 

Heidelberg 

82  000 

Nach  Plänen  der 
Baudirection  von 
Bauinspect.  Koch. 

28. 

Amthaus 

Weinheim 

80  000 

Bauinsp. Hendrich 

29. 

Wohngebäude  für 
Zollbedienstete 

Mannheim 

180  000 

derselbe. 

30. 

Magazingebäude 
beim  Landesgefängn. 

Mannheim 

38  000 

derselbe. 

31. 

Heil-  u.  Pflegeanstalt, 
Weiterbau 

Emmendingen 

372  000 

Bauinsp.  Schäfer. 

32. 

Chirurg.  Klinik, 
Ausbau 

Freiburg 

95  000 

Ober-Baurath 

Lang 

33. 

Baugewerkschule 

Karlsruhe 

280  000 

Director  Kircher. 

Dazu  kommen  für  Bauunterhaltungen  noch  gegen  1  000  000  Mark. 


Für  Wiederherstellungen  von  alten  Baudenkmälern  sind 
reichlichere  Mittel  bewilligt  worden,  und  zwar  für  die  Schlofscapelle 
in  Krautheim  (Uebergangsstil),  für  die  Abteikirche  in  Schwarzach 
(Romanisch),  für  das  Amtsgebäude,  früher  Basler  Hof,  in  Freiburg 
(Renaissance). 

Von  gröfsern  Bauausführungen  sind  noch  in  Aussicht  ge¬ 
nommen  eine  katholische  Kirche  in  der  Wiehre-Freiburg  mit  1500 
Sitz-  und  1000  Stehplätzen  und  der  Ausbau  des  Galeriegebäudes  in 
Karlsruhe. 

Die  Grofsherzogliche  Eisenbahnverwaltung  bringt  zur 
Ausführung  im  kommenden  Rechnungsjahre: 


Nr. 

Gegenstand. 

Ort. 

Bau¬ 

summe 

Mark. 

Bemerkungen. 

1. 

Kleinkinderschuie  b. 
den  Dienstwohngn. 

Mannheim 

33  000 

Arch:  Ober -Bau¬ 
rath  Heinrich 

2. 

Beamten-  u.  Arbeiter¬ 
wohnungen 

Mannheim 

77  000 

und 

Bauinsp.  Ziegler. 

3. 

Umbau  d.  Bahnhofes 

Pforzheim 

462  000 

betr.  grofsentheils 
Schienenverleg,  u. 
Grunderwerb. 

4. 

Telegraphenwerkst. 

Karlsruhe 

188  000 

— 

5. 

Bahnhof-Neubau 

Baden-Baden 

1  289  000 

einschl.  Geleise¬ 
anlagen  und 
Grunderwerb. 

6. 

Dienst-  u.  Wohngeb. 

Freiburg 

54000 

— 

7. 

Neuherstellung,  Erweiterungen  und 
Veränderungen 

366  740 

Dazu  rechnen  sich  noch  verschiedene  Ausführungen  der  katho¬ 
lischen  und  evangelischen  Kirchenbauinspectionen,  welche  der  Bau- 
direction  nicht  unterstellt  sind,  und  die  Ausführungen  der  Militär¬ 
verwaltung,  welche  z.  Z.  in  Karlsruhe  eine  gröfsere  Cadettenanstalt 
und  Cavalleriecaserue  mit  Verwaltungsgebäuden  ausführt. 

Die  Staatsbauthätigkeit  im  Grofsherzogthum  Baden  ist  daher  zur 
Zeit  eine  recht  erhebliche. 


Das  Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  auf  dem  Kyffliäuser 


Die  Hoffnung 
unserer  Väter  auf 
das  Kommen  einer 
Zeit  der  Wieder¬ 
vereinigung  aller 
deutschen  Stämme 
zu  einem  einzigen, 
grofsen  Volke  hat 
in  der  Kyffhäuser- 
Sage  ihren  leben¬ 
digen  Ausdruck  ge¬ 
funden.  Darum 
steht  unter  den 
Plätzen ,  die  zur 
Aufnahme  eines 
Denkmals  für  unseren  unvergefslichen  Heldenkaiser  Wilhelm  I. 
würdig  und  geeignet  sind,  der  Gipfel  jenes  Berges  obenan,  in  dessen 
verborgenem  Schlosse  dem  Volksglauben  nach  der  stolzeste  der 
Hohenstaufischen  Kaiser,  Friedrich  Barbarossa,  zu  langem  Schlafe 
sich  niedergesetzt,  um  erst  bei  der  Wiederkehr  eines  anderen  deut¬ 
schen  Reiches  von  neuer  Kraft  und  Herrlichkeit  eine  glänzende  Auf¬ 
erstehung  zu  feiern.  Als  die  Krieger  Kaiser  Wilhelms  I.  den  Gedanken 
erfafsten ,  ihrem  gewaltigen  kaiserlichen  Heerführer,  unter  dessen 


Fahnen  ihnen  so  oft  Sieg  auf  Sieg  geworden,  ein  Ehrendenkmal 
zu  errichten,  da  haben  sie  mit  der  Bestimmung  des  Kyffhäuser- 
Berges  als  Standort  für  dasselbe  wahrlich  einen  vortrefflichen  Griff 
gethan.  Dort,  im  Herzen  deutschen  Landes  aufgerichtet,  wird  der 
Bau  dastehen  als  die  greifbare  Versinnbildlichung  dafür,  dafs  alle 
die  hehren  und  frommen  Wünsche,  welche  in  dem  Herzen  unserer 
Voreltern  trotz  aller  seit  dem  Tode  Kaiser  Rothbarts  über  das  Vater¬ 
land  dahingezogenen  schlimmen  Zeiten  wach  geblieben  sind,  endlich 
doch  eine  frohe  Erfüllung  gefunden  haben. 

Dem  von  seiten  des  geschäftsführenden  Ausschusses  der  Vereine 
ehemaliger  Soldaten  gegen  Ende  vorigen  Jahres  an  die  deutschen 
Architekten  und  Bildhauer  ergangenen  Aufrufe  um  Einsendung  von 
Plänen  für  ein  solches  Denkmal  sind  zwar  verhältnifsmäfsig  nur 
wenige  Künstler*)  gefolgt.  Trotzdem  darf  der  Ausschufs  mit  Be¬ 
friedigung  auf  das  erzielte  Ergebnifs  hinblicken,  denn  der  Wett¬ 
bewerb  hat  ihm  unter  den  eingegangenen  Entwürfen  einen  Vorschlag 
von  so  glücklicher  Eigenart  geliefert,  dafs  mit  diesem  die  Frage 
über  die  dem  beabsichtigten  Denkmale  zu  gebende  Gestaltung  einer 


*)  Wir  führen  hier  in  Ergänzung  unserer  Mittheilung  auf  S.  267 
d.  ,1.  noch  an,  dafs  uns  als  Verfasser  des  Entwurfs  Nr.  21  „Deutsche 
Soldaten“  der  Königliche  Regierungs-Baumeister  F.  v.  Mauikowsky 
in  Berlin  genannt  worden  ist. 


Abb.  1.  Ansicht  des  Berges  von  Sittendorf  aus. 


Sr.  28. 


Oentralblatt  der  Bauverwaltung. 


285 


ungewöhnlich  günstigen  Lösung  nahe  geführt  erscheint.  Wohl  selten 
hat,  wie  in  dem  vorliegenden  Falle,  der  Spruch  eines  Preisgerichts 
so  allgemeinen  Beifall  gefunden.  Schon  die  flüchtige  Durchmusterung 
der  eingelieferten  Pläne  und  Modelle,  welche  gegenwärtig  iin  Landes- 
Ausstellungsgebäude  der  öffentlichen  Besichtigung  zugänglich  ge¬ 
macht  sind,  läfst  erkennen,  wie  weit  der  mit  dem  ersten  Preise  aus¬ 
gezeichnete  Entwurf 
von  Bruno  Schmitz 
die  Arbeiten  aller  an¬ 
deren  Wettbewerber 
überragt;  und  der  von 
demselben  sogleich 
gewonnene  fesselnde 
Eindruck  wird  ver¬ 
stärkt,  je  mehr  man 
in  eine  nähere  Prü¬ 
fung  dieser  ausge¬ 
zeichneten  Kunstlei¬ 
stung  eintritt. 

Wie  die  Abb.  3 
ersichtlich  macht,  er¬ 
strebt  Schmitz  in  der 
Gesamtanordnung  sei¬ 
nes  Planes  einen  mög¬ 
lichst  engen  Anschlufs 
an  die  alte  Burgan¬ 
lage  auf  dem  Gipfel 
des  Berges,  wobei  er 
davon  ausgeht,  den 
Zugang  zu  letzterer 
von  dem  Platze  her  zu 
nehmen,  auf  welchem 
sich  der  alte  vorhan¬ 
dene  Thurm  erhebt, 
dessen  Erhaltung  das 
Programm  der  Preis- 
Ausschreibung  aus¬ 
drücklich  forderte. 

Von  dort  soll  der 
Weg  über  eine  den 
ehemaligen  Burggra- 
hen  überspannende 
Brücke  nach  dem  durch  die  neu  aufzurichtenden  alten  Burgmauern 
eingesehlossenen  und  prächtig  auszubildenden  Schlofsgarten  oder 
Festplatz  hinführen,  um  alsdann  den  Zugang  zu  dem  als  unter¬ 
irdisches  Schlofs  Barbarossas  gekennzeichneten  Unterbau  des  neuen, 
in  seinem  Mittelpunkte  das  Standbild  Kaiser  Wilhelms  T.  tragenden 
„Eeichsthurmes“  zu 
gewinnen.  Wir  kön¬ 
nen  uns  in  der  Be¬ 
schreibung  der  Ein¬ 
zelheiten  des  geni¬ 
alen  Entwurfs  mit 
Rücksicht  auf  die  hier 
heigefügten  Abbil¬ 
dungen  dieser 

Stelle  kurz  fassen. 

Von  dem  Vorplatze 
des  Denkmals  betritt 
der  Wanderer  zu¬ 
nächst  einen  Ter¬ 
rassenbau,  in  dessen 
Mitte  ein  aus  dem 
Gestein  des  Berges 
herausgesprengter 
Schlofshof  von  vier¬ 
eckiger  Gestalt  ange¬ 
ordnet  liegt.  Die  hier 
gewonnenen  Steine 
sollen  zum  Bau  des 
Denkmals  Verwendung  finden.  In  dem  Hofe  fällt  das  Auge  des  Be¬ 
schauers  sogleich  auf  eine  das  unterirdische  Euhegemach  Friedrich 
Barbarossas  andeutende  Eundbogennische,  in  welcher  die  mächtige 
Gestalt  des  alten,  Reichsapfel  und  Scepter  in  den  Händen  haltenden 
Kaisers  sitzt.  Auf  breiten  Treppenanlagen  gelangt  man  sodann  zu  der 
Hoch- Terrasse  mit  dem  neuen  Thurmbau  von  wuchtiger  Erscheinung, 
der,  fast  noch  einmal  so  hoch  wie  der  alte  Thurm,  einfach  und  grofs,  in 
derben  Formen  der  romanischen  Bauweise  behandelt  ist  und  als  eine  ge¬ 
waltige,  über  den  Zinnen  mit  der  Eichenlaubumwundenen  Kaiserkrone 
geschmückte  Warte  weit  in  das  deutsche  Land  hinausschäut.  Dem 


Thurine  ist  in  der  Mitte  der  Hauptfront  gegen  eine  halbrunde  Aus- 
nischung  ein  nach  vorn  halbkreisförmig  endigender  Sockel  für  das 
Standbild  des  hoch  zu  Rosse  haltenden  Kaisers  Wilhelm  vorgebaut. 
Zu  beiden  Seiten  der  in  der  militärischen  Tracht  unserer  Tage  dar¬ 
gestellten  Reiterstatue  lagern  die  Idealgestalten  der  die  Thaten  des 
gefeierten  Herrschers  verzeichnenden  Geschichte  und  des  mit  Schild 

und  Schwert  ausge¬ 
rüsteten  Kriegsgottes. 
Den  Fufs  des  Denk¬ 
mals  schmücken  ma¬ 
lerisch  gruppirte  Waf¬ 
fen-  und  Kriegszei¬ 
chen.  Der  in  stolzer 
Ruhe  zu  Pferde 
sitzende  Kaiser  senkt 
mit  der  Rechten,  wie 
nach  vollbrachter 
That ,  das  Schwert 
nach  unten,  während 
er  mit  der  Linken  das 
Rofs  zügelt. 

In  einem  zweiten 
Vorschläge  (vgl.  das 
Schaubild,  Abb.  2)  will 
Schmitz  das  Denkmal 
so  aufgestellt  wissen, 
dafs  dessen  Haupt¬ 
front  gegen  Osten 
sieht,  von  woher  als¬ 
dann  auch  der  vor¬ 
nehmste  Zugang  zu 
demselben  erfolgen 
müfste. 

Dem  Verfasser  des 
Entwurfs  hat,  wie  er 
seihst  bezeugt ,  als 
Ziel  vorgeschwebt, 
ein  Erinnerungs-  und 
Sieges -Denkmal  der 
Nation  zu  erdenken, 
das  die  Bethätigung 
des  Dankes  für  den 
Gründer  der  deutschen  Einheit  und  zugleich  die  Wehrhaftigkeit  und 
Gröfse  des  neuen  Kaiserreichs  zum  treffenden  Ausdruck  bringt.  Diese 
Absicht  hat  er  unzweifelhaft  mit  seltenem  Geschick  erreicht  und  wir 
können  nur  die  Hoffnung  ausspreclien,  dafs  es  gelingen  möge,  die 
Ausführung  des  Entwurfes  bald  verwirklicht  zu  sehen.  Freilich  wäre 

hierbei  in  erster  Reihe 
nöthig,  als  Standort 
des  Denkmals  die 
Kyft’häuser-Burg  un¬ 
ter  allen  Umständen 
festzuhalten,  und  nicht 
etwa  nach  einem  an¬ 
deren  Platze  —  es 
wurde  letzthin  in 
manchen  Kreisen  die 
Ansicht  laut,  es  sei 
besser,  die  Sitten- 
dorfer  Höhen,  eine 
mittlere  Erhebung 
des  Gebirgszuges  zu 
wählen  —  auszu¬ 
schauen.  Bei  solcher 
Veränderung  würde 
nicht  nur  der  schöne 
Schmitzsche  Entwurf, 
der  seinem  ganzen 
Wesen  nach  in  der 
Eigenthümlichkeit  je¬ 
ner  sagenumwobenen  Kyffhäus er- Stätte  wurzelt,  zum  besten  Theile  hin¬ 
fällig  werden;  es  verschwände  für  das  Denkmal  auch  der  poesievolle 
Reiz,  welcher  ihm  nach  den  bisher  bekannt  gewordenen  Absichten 
der  Betheiligten  durch  die  Vereinigung  mit  dem  von  unserem  Volke 
treu  gepflegten  Glauben  verliehen  werden  soll,  als  sei  der  Einiger 
des  neuen  deutschen  Reiches  eben  jener  Held  und  Herrscher,  auf 
dessen  Erscheinen  der  edle,  im  Schlummer  von  seiner  mühevollen  Ar¬ 
beit  ausruhende  Hohenstaufen-Kaiser  viele  Jahrhunderte  hindurch  ge¬ 
duldig  geharrt  hat.  P.  K. 


Nachdruck  der  drei  Abb.  verboten.  Photogr.  Aufnahme  v.  6.  J.  Junk,  Berlin. 

Abb.  2.  Schaubild. 

Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  auf  dem  Kyfihäuser. 


Abb.  3.  Lageplan. 


286 


12.  Juli  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Uferschutzbauten  vor  dem  Wesselburener  Koog  in  Schleswig -Holstein, 


lu  deu  Jahren  1886 — 1889  wurde  das  durch  die  Eider  stark  an¬ 
gegriffene  Vorlandufer  des  Wesselburener  Koogs  (Provinz  Schleswig- 
Holstein)  mit  Erfolg  durch  eine  Deckungsart  geschützt,  welche  wegen 
der  Einfachheit  ihrer  Herstellung  sowohl  als  auch  wegen  ihrer 
Billigkeit  der  Mittheiluug  werth  erscheint.  Iin  wesentlichen  bestand 
diese  vom  Herrn  Geheimen  Baurath  Fülscher  angegebene  Ufer¬ 
deckung  aus  einer  Reihe  durch  Schüttung  von  Ziegelbrocken  her¬ 
gestellter  Buhnen  (Steiurippen),  welche  sämtlich  an  einem  über  dem 
gewöhnlichen  Niedrigwasser  liegenden,  gleichfalls  aus  Ziegelbi'ocken 
angelegten  Parallelwerke  deu  laudseitigen  Anschliffs  fanden.  Ein 
solcher  \Tferschutz  war  bereits  an  der  Stör,  einem  in  der  Nähe  von 
Glückstadt  mündenden  Nebenflüsse  der  Elbe,  mehrfach  zur  Ausfüh¬ 
rung  gekommen  und  hatte  sich  dort  gut  bewährt.  Doch  waren  an 
der  vorliegenden,  nahe  der  Seeküste  belegenen  Baustelle  ungleich 
stärkere  Angriffe  zu  erwarten.  Zur  Erläuterung  der  für  diese  Ufer¬ 
strecke  weiterhin  in  Frage  kommenden  Verhältnisse  mögen  unter 
Hinweis  auf  deu  beigefügien  Uebersichtsplan,  Abb.  1,  nachstehende 
Angaben  vorausgeschickt  werden. 

Das  Vorland  des  Wesselburener  Koogs  bildet  das  holsteinsche 
U^fer  der  Aufseneider,  welche  abwärts  von  dem  genannten  Vorlaude 
als  Watteustrom  auftritt  und  etwa  20  km  von  dieser  Stelle  in  die 
Nordsee  mündet.  Das  einbuehtende  Ufer  des  Stromes  an  der  vor¬ 
springenden  Ecke  des  Wesselburener  Koogs  hatte  sich  in  den 
letzten  Jahren  stetig  schärfer  ausgebildet.  Seit  1876  war  die  Eider 
hier  um  225  m  in  der  Richtung  auf  deu  Deichfiffs  vorgerückt.  Mithin 
betrug  der  jährliche  Abbruch  des  hohen,  etwa  0,5  m  über  gewöhn¬ 
lichem  Hochwasser  sich  erhebenden  Vorlandes  durchschnittlich  25  ni. 
Noch  während  des  Beginns  der  Bauausführungen  im  Frühjahr  1886 
wmrde  festgestellt,  dafs  in  einem  Zeiträume  von  vier  Wochen  die 
grüne  Kante  des  im  Abbruch  befindlichen  Ufers  um  6,5  m  zurück- 
gewicheu  war.  An  der  gefährdetsten  Stelle  hatte  sich  die  Vorland¬ 
breite  bereits  bis  auf  100  m  vermindert.  Es  war  hiernach  dringend 
geboten,  dem  bedrohenden  Vorgänge  entgegenzutreten. 

Gegen  die  Angriffe 
des  an  der  Küste  bei 
westlichen  Winden  auf¬ 
tretenden  kräftigen  Wel¬ 
lenschlages  lag  die  Bau¬ 
strecke,  wie  ausderUeber- 
sichtskarte  erhellt,  nicht 
sehr  ungünstig.  Zudem 
wirkte  der  Wellenschlag 
höherer,  über  das  Vorland 
steigenden  Fluthen  nur 
kurze  Zeit  zerstörend  auf 
die  Uferböschung.  Der 
bei  jeder  Tide  sich  hart 
an  dem  Klaiufer  bewe¬ 
gende  kräftige  Strom  voll¬ 
führte  in  erster  Linie  den 
Abbruch  des  Ufers,  indem 
er,  fortwährend  den  Fufs 
der  Böschung  angreifend 
und  unterspülend,  nach 
und  nach  das  Einstürzen 
der  oberen  Theile  des 
Uferrandes  verursachte. 

Die  Stromgeschwindigkeit 
wurde  an  dieser  Stelle  bei 
mittlerer  Tide  zu  1,37  m 
in  der  Secunde  ermittelt. 

Abb.  3  giebt  einen  Quer¬ 
schnitt  einer  im  starken 
Abbruch  befindlichen 
Uferstelle.  In  einem  Ab¬ 
stande  von  35  m  von  der 
Niedrigwasserlinie  waren 
meistens  schon  die  gröfsten 
Tiefen  7  bis  8  m  bei 
Niedrigwasser  vorhanden, 
welche  von  hier  aus  nach 
dem  gegenüberliegenden, 
etwa  300  m  entfernten 
Niedrigwasserufer  in  sanf¬ 
ter  Ansteigung  auf  die  Watthöhe  ausiiefen. 

Für  das  erste  Baujahr  war  die  Deckung  einer  600  m  langen 
Uferstrecke  an  der  bedrohten  Stelle  vorgesehen.  Die  Arbeiten  be¬ 
gannen  im  April  1886.  Mittels  der  vorerwähnten  Schüttungen  von 


! 

Ziegelbrocken  wurden  zunächst  die  buhnenartigen  Rippen,  4  m  breit  i 
und  0,5  m  stark,  in  einer  Länge  von  35  m  von  Niedrigwasser  bis  zur  1 
Stromtiefe  reichend,  rechtwinklig  zu  der  jeweiligen  Uferstrecke,  und  j 
zwar  in  Abständen  von  30  m  von  Mitte  zu  Mitte  eingebracht.  Nach-  j 
dem  ein  Theil  der  Steinrippen  fertiggestellt  war,  wurde  gleichzeitig  j 
die  Ausführung  des  Parallelwerks  betrieben.  Dasselbe  i’eichte  im  | 
Anschliffs  an  die  Rijipen  von  der  Niedrigwasserlinie  bis  auf  1,8  m  j 
über  Niedrigwasser.  Die  Ziegelbrocken  wurden  auf  der  1 :  3  geneigten  j 
Uferböschung  in  einer  Stärke  von  0,4  m  bis  0,6  m  fest  verpackt.  Den  , 
oberen  Abschlufs  des  Parallelwerks  bildete  eine  Faschinenwurst  von 
0,6  m  Durchmesser;  1,7  m  lange,  in  Abständen  von  0,4  m  einge¬ 
rammte  Stakpfähle  sicherten  die  feste  Lage  der  Wurst.  Zur  ' 
Verhinderung  der  Unterspülung  der  letzteren  durch  Wellenschlag 
und  das  zurückfliefsende  Wasser  wurde  ein  Steinzwickel  derselben  i 
vorgeschüttet.  Ferner  erschien  es  zur  Sicherung  des  Werkes  ge¬ 
boten,  das  Parallel  werk  an  einzelnen  Stellen  durch  Steinschüttungen 
von  4  m  Breite  und  0,4  m  Stärke  mit  der  grünen  Uferkante  in  Ver¬ 
bindung  zu  bringen,  um  den  zur  Hochwasserzeit  oberhalb  des 
Parallelwerks  gehenden  Strom  zur  Verhütung  von  Abspülungen  an 
dieser  Stelle  zu  unterbrechen.  Es  wurden  im  ganzen  fünf  solcher 
oberen  Uferanschlüsse  in  Aussicht  genommen. 

Ueber  die  Ausführung  der  A.rbeiten  sei  folgendes  bemerkt: 

Die  Verschüttung  der  Steine  für  die  unter  Niedrigwasser  liegenden 
Rippen  geschah  unmittelbar  aus  den  Schiffen,  welche  die  Ziegel¬ 
brocken  theils  von  benachbarten  Ziegeleien,  theils  von  den  in  Ham¬ 
burg  gelegentlich  der  Zollanschlufsbauten  niedergelegten  Gebäuden 
der  Baustelle  zuführten.  Die  Ausschüttung  jeder  Rippe  begann  von 
der  Niedrigwasserlinie  und  schritt  allmählich  nach  dem  Kopfe  vor. 

Das  Fahrzeug  war  aufser  der  Schiffskette  durch  ein  Vordertau  sowie 
durch  ein  Hintertau  und  durch  vier  Seitentaue  festgelegt.  Die  seit¬ 
lichen  Landtaue  wurden  in  der  Regel  an  besonderen,  am  Lande  ein¬ 
geschlagenen  Pfählen  befestigt,  die  übrigen  Ketten  und  Taue  im 
Strome  verankert.  Das  parallel  zum  Strome  und  über  der  durch 

Baken  am  Lande  bezeich- 
neten  Rippe  solcher  Art 
festgelegte  Schiff  wurde, 
nachdem  eineRippenläuge 
von  0,5  m  fertig  geschüttet 
war  durch  Einholen  bezw. 
Losgeben  der  betreffenden 
Seiteutaue  um  0,5  m  in  der 
Längenrichtung  der  Rippe 
weiter  seitlich  bewegt. 

Die  4  m  breiten  und  0,5  m 
starken  Rippen  erforder¬ 
ten  auf  0,5  m  Länge  1  cbm 
Ziegelbrocken,  welche  in 
14  Körben  verpackt  an  der 
Langseite  des  Schiffes 
nach  der  bestimmten  Stelle 
versenkt  wurden.  Der  zu 
versenkende  Korb  wurde 
von  zwei  Arbeitern  erfafst, 
lothrecht  ins  Wasser  ge¬ 
lassen  und  am  Grunde  an¬ 
gelangt  von  einem  dritten 
Arbeiter  durch  eine  Leine, 
welche  unter  dem  Boden 
des  Korbes  befestigt  war, 
gekippt.  Während  man 
die  Körbe  bei  Stauwasser 
senkrecht  über  der  Stelle, 
an  welcher  die  Steine  zu 
lagern  waren,  hinabliefs, 
betrug  die  Abtrift  der 
Körbe  bei  gröfster  Tiefe 
(bis  7  m  unter  Niedrig¬ 
wasser)  und  stärkster 
Strömung  etwa  5  m.  Das 
V  erbleiben  der  ausge¬ 
schütteten  Steine  wurde 
durch  fortwährende  Pei¬ 
lungen  festgestellt  und 
hiernach  für  jeden  Fall  an 
der  Schiffsreling  der  Punkt  durch  einen  Kreidestrich  bezeichnet,  an  i 
welchem  der  Korb  zu  versenken  war.  Bei  der  erwähnten  Wassertiefe 
wurde  zeitweise  ein  Verholen  des  Schiffes  in  der  Stromrichtung  nöthig. 

Die  Ausführung  des  Parallelwerks  bot  keine  Schwierigkeiten. 


Die 


Eider 


Ebbe 


Abb.  2.  Lageplan  der  Uferschutzwerke  vor  dem  Wesselburener  Kooge. 


Abb.  3.  Querschnitt  des  Strombettes  an  der  Abbruchstelle. 


I 


Mr.  28. 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung, 


287 


Die  Faschinenwurst  wurde  in  Längen  von  12  bis  15  m  auf  dem 
Lande  fertig  gebunden,  zur  Ebbezeit  verlegt  und  gegen  den  Auftrieb 
der  nächsten  Fluth  durch  eine  ausreichende  Anzahl  eingeschlagener 
Stakpfähle  sogleich  gesichert.  An  den  Stöfsen  der  Wurst  wurde  das 
keilförmige  Stamm-Ende  des  letzten  Stückes  in  das  Wipfel-Ende  des 
vorhergehenden  eingeschoben. 

Nachdem  nach  Verlauf  von  zwei  Monaten  15  Steinrippen  vollendet 
waren,  zeigten  sich  die  ersten  Veränderungen  im  Strombette. 
Zwischen  den  unteren  fünf  Kippen  hatten  sich  erhebliche  Ver¬ 
tiefungen  ausgebildet,  die  auch  ein  Abbrechen  der  über  dem  Ebbe¬ 
spiegel  befindlichen  Uferböschung  zur  Folge  hatten.  Obgleich  die 
entstandenen  Austiefungen  gegen  die  benachbarten  Steinrippen  eine 
steile  Böschung  annahmen,  wurde  an  den  letzteren  selbst  keine  Ver¬ 
änderung  wahrgenommen.  Diese  Tiefenzunahme  am  Fufse  der 

Böschung  war  indessen 
nicht  nur  auf  der  Bau¬ 
strecke,  sondern  in  glei¬ 
chem  Mafse  auch  unter¬ 
halb  derselben  beobachtet 
worden.  Es  war  die  ge¬ 
wohnte  Angriffswirkung 
des  Stromes,  welche  bei 
dem  angenommenen  Ab¬ 
stande  der  Rippen  von 
30  m  sich  noch  geltend 
machte.  Die  Vertiefungen 
zwischen  den  Rippen 
erstreckten  sich  bis  auf 
20  m  vom  Ufer  aus.  Sie 
waren  am  stärksten  in 
nächster  Nähe  der  Ufer¬ 
böschung  und  liefen  all¬ 
mählich  in  der  Richtung 
nach  dem  Strome  auf  die 
frühere  Flufssohle  aus. 

Auf  die  genannte  Länge 
wurde  das  Strombett  in 
ganzer  Fläche  mit  einer 
0,4  m  starken  Ziegel¬ 
brockenschicht  bedeckt, 
wodurch  weitere  Auskol¬ 
kungen  für  die  Folge  ver¬ 
hütet  sind.  Im  Laufe 
der  Arbeiten  begann  auch 
zwischen  den  nächsten, 
ob  erhalb  liegenden  Ripp  en 
eine  Zunahme  der  Tiefen, 
jedoch  in  geringerem 
Grade,  aufzutreten.  Hier 
hat  man  durch  Einlegung  je  einer  Zwischenrippe  das  weitere  Vor¬ 
dringen  der  Stromtiefen  aufgehalten.  Diese  Erfahrungen  haben  dazu  ge¬ 
führt,  für  die  Fortsetzung  der  Uferschutzwerke  die  Abstände  der  Stein¬ 
rippen  auf  15  m  von  Mitte  zu  Mitte  zu  ermäfsigen.  Die  in  solchen  Ab¬ 
ständen  angelegten  Steinrippen  haben  sich  auch  nach  den  Erfahrungen 
der  nächsten  Baujahre  als  eine  genügende  Abwehr  gegen  das  Vorrücken 
des  kräftigen  Stromes  erwiesen.  Ihre  Haltbarkeit  ist  einmal  bedingt 
durch  die  geringe  Höhe  der  Werke  von  0,50  m.  Hierdurch  bieten 
sie  dem  Strome  nur  eine  geringe  Angriffsfläche  und  vermindern  den 
Ueberfall,  welcher  bei  dem  leicht  beweglichen  Flufsboden  im  Laufe 
der  Zeit  den  Einsturz  höherer  Werke  zur  Folge  haben  würde.  In 
zweiter  Linie  trägt  der  zwischen  den  Fugen  der  Steinschüttung  sich 
lagernde  Schlick  dazu  bei,  den  Rippen  einen  festen  Halt  zu  geben. 
Die  Schlicklagerung  verkittet  die  einzelnen  Steine  der  Schüttung  und 
gestaltet  das  Werk  zu  einem  festen  Körper.  In  gleicher  Weise  gilt 
dies  für  das  Parallelwerk.  Nur  an  der  Oberfläche  verhindert  der 
tägliche  Strom  und  der  Wellenschlag  eine  Ablagerung  der  Sinkstoffe. 

Die  Endpunkte  der  Baustrecken  haben  einen  zwickelartigen  bis 
auf  die  halbe  Rippenlänge  hinabreichenden  Steinbewurf  erhalten, 
um  den  Sti'om  möglichst  sanft  nach  der  gedeckten  Uferstrecke  hin¬ 
zuleiten. 

Im  Jahre  1886  wurde  infolge  der  Verwendung  des  verfügbaren 
Materials  zu  den  eingelegten  Zwischenrippen  sowie  zu  den  sonst  be¬ 


sprochenen  Sicherungsarbeiten  statt  der  geplanten  Deckungslänge 
von  600  m  nur  eine  Länge  von  450  m  ausgebaut.  In  den  beiden 
folgenden  Jahren  ist  die  Verlängerung  des  Schutzwerkes  noch  ober¬ 
halb  und  unterhalb  zur  Ausführung  gebracht,  wodurch  im  ganzen 
eine  Uferlänge  von  1140  m  befestigt  worden  ist.  Während  des 
Sommers  1889  wurden  einzelne  zwischen  den  oberen  Rippen  einge¬ 
tretene  Vertiefungen  durch  Steinschüttungen  gesichert. 

Die  Anschlufsstellen  der  in  den  Jahren  1887  und  1888  ausge¬ 
führten  Werke,  welche  gegen  die  Fluchtlinie  des  Werkes  vom  Jahre 
1886  zurückspringen,  zeigen,  in  welchem  Mafse  die  nicht  geschützte 
Uferstrecke  in  der  zwischenliegenden  Zeit  noch  dem  Abbruch  aus¬ 
gesetzt  gewesen  ist.  Aus  dem  Lageplane  ist  fernerhin  ein  Zurück¬ 
gehen  der  oberen  Uferkante  ersichtlich.  Die  im  Jahre  1886  nach 
der  Vorlandhöhe  geführten  Verbindungsrippen  haben  den  Anschlufs 

mit  derselben  verloren. 
Indessen  vermindert  sich 
mit  fortschreitendem  Ab¬ 
bruch  die  Höhe  der  obe¬ 
ren  Uferkante.  Da  ferner 
die  Uferböschung  ober¬ 
halb  der  Faschinenwurst 
eine  feste,  gleichmäfsige 
Sandablagerung  aufweist, 
so  steht  zu  erwarten,  dafs 
im  Laufe  der  Zeit  hier 
eine  flache  Böschung  ge¬ 
schaffen  wird,  welche  be¬ 
fähigt  ist,  den  bestehen¬ 
den  Angriffen  gegenüber 
sich  zu  halten. 

Die  Kosten  der  1140  m 
langenUferdeckung  haben 
in  den  drei  Baujahren 
einschliefslich  der  in  die¬ 
sen  Jahren  aufgewendeten 
Beträge  für  die  Unter¬ 
haltung  der  Werke 
111 000  Mark  betragen. 
Dieser  Kostenbetrag  mufs 
nach  Lage  der  Verhält¬ 
nisse  als  sehr  gering  be¬ 
zeichnet  werden,  wie  sich 
am  besten  daraus  ergiebt, 
dafs  die  zur  Deckung  der 
betreffenden  Uferstrecke 
früher  aufgestellten,  aber 
nicht  verwirklichten  Pläne 
einen  Kostenaufwand  von 
weit  über  eine  Million 
Mark  beanspruchten.  Die  Ausgaben  für  die  Unterhaltung  waren 
bisher  nicht  unbedeutend.  Es  sind  jährlich  Nachschüttungen  für  das 
Parallel  werk  erforderlich  gewesen,  da  im  Winter  das  Eis,  welches 
bei  der  Ebbe  sich  dort  ablagert,  mit  der  Fluth  wieder  forttreibt  und 
dabei  einige  Ziegelbrocken  mit  fortzuführen  pflegte. 

Auch  haben  einzelne  Stellen  des  Uferabhanges  zwischen  den 
Rippen  der  nachträglichen  Sicherung  durch  Steinschüttungen  bedurft. 
Dies  gilt  namentlich  für  den  im  Jahre  1888  ausgeführten  Theil  der 
Schutzstrecke.  Die  in  den  früheren  Jahren  eingebrachten  Steinrippen 
sind  indessen  schon  mit  einer  Schlicklage  bedeckt,  wie  durch  Pei¬ 
lungen  vom  Frühjahr  1889  festgestellt  und  bei  tief  abfallender  Ebbe 
an  den  Anschlüssen  wahrzunehmen  ist.  Hier  werden  Unterhaltungs¬ 
arbeiten  voraussichtlich  nicht  mehr  erforderlich  sein. 

Die  Uferdeckung  hat  demnach  ihren  Zweck  vollkommen  erfüllt 
und  es  kann  damit  die  Gefahr,  welche  dem  erst  vor  etwa  zwanzig 
Jahren  eingedeichten  Wesselburener  Koog  sehr  nahe  drohte,  als  be¬ 
seitigt  angesehen  werden. 

Die  Kosten  zum  Bau  und  zur  Unterhaltung  dieser  Werke  hat, 
abgesehen  von  einem  Beitrage,  welchen  der  zunächst  betheiligte 
Wesselburener  Koog  hergegeben  hat,  die  Landschaft  Norder-Dith¬ 
marschen  getragen. 

Grünthal  i.  Holstein.  Kohlenberg, 

Königl.  Reg.-Baumeister. 


Der  Westthurm  des  Münsters  in  Ulm. 


(Schlafs.' 


Ein  Hauptinteresse  in  bautechnischer  Hinsicht  nimmt  die  Aus¬ 
führungsweise  der  Thurmpyramide  in  Anspruch.  Wir  haben  schon 
angedeutet,  dafs  die  Rippen  derselben  nicht  in  geraden  Linien,  son¬ 
dern  mit  sanfter  Schweifung  nach  innen  aufsteigen.  Es  ist  dies 
eine  schon  von  Böblinger  geplante  Anordnung,  die  jetzt  aber  eine 


dahingehende  Aenderung  erfahren  hat,  dafs  die  Einziehung  nicht  haupt¬ 
sächlich  in  die  unteren  Abschnitte  des  Helmes,  sondern  nach  der  Spitze 
hin  verlegt  ist.  Denkt  man  in  der  Richtung  der  Rippen  vom  Fufse 
der  Pyramide  gerade  Linien  einmal  nach  der  Galerie  des  Helmkranzes 
und  ein  zweites  Mal  nach  dem  höchsten  Punkte  des  Thurmes  ge- 


288 


12.  .Iiili  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


zogen,  so  ermitteln  sich  die  gröfsten  Einziehungen  der  Rippen  gegen 
jene  Linien  auf  etwa  15—20  cm  im  ersteren,  und  auf  80  cm  im  andern 
Falle.  Diese  der  spätgothischen  Bauweise  eigenthümlichen  Einwärts¬ 
krümmungen  wirken  ungemein  günstig  und  tragen  wesentlich  mit  zu 
dem  ruhigen  und  befriedigenden  Eindruck  bei,  welchen  die  Gesamt¬ 
erscheinung  des  Thurmes  hervorruft  —  vorläufig  allerdings  nur 
erst  in  dem  Modelle,  da  der  Bau  von  dem  Gerüste  noch  zumeist 
bedeckt  wird.  Eine  andere  Abweichung  von  dem  Böblingerschen 
Entwürfe  besteht  darin,  dafs  die  ehemals  achteckigen  und  nur  in 
den  oberen  Theilen  durchbroclien  gedachten  Schneckenstiegen  neben 
dem  Achtecksbau  jetzt  im  Grundrifs  sechseckig  geformt  und  von 
unten  bis  oben  durchbrochen  gearbeitet  sind.  Böblinger  wollte  sie 
in  Höhe  des  Beginns  der  Helmpyramide  in  Plattformen  geendigt 
wissen,  um,  ganz  im  Sinne  der  Kunst-  und  Denkweise  seiner  Zeit, 
bestimmt  ausgesprochene  Absätze  in  der  Umrifslinie  seines  Thurmes 
zu  erzielen,  ähnlich  wie  bei  dem  Uebergange  des  massigen  Unter¬ 
baues  von  viereckiger  Gestalt  zum  Achtecksbau;  in  dem  alten 
Originalrifs  von  ihm  findet  sich  an  diesen  Stellen  je  eine  Trompeter¬ 
gestalt  gezeichnet.  Dergleichen  Lösungen  entsprechen  jedoch  nicht 
dem  ästhetischen  Empfinden  der  Neuzeit,  die  darin  unzulässige 
Härten  erblickt  und  überall  auf  sanft  vermittelte  Uebergäuge  hin¬ 
drängt.  Und  doch  ist  es  oftmals  schwierig  genug,  die  Gefahr 
zu  vermeiden,  dafs  mit  der  fliefsenden  Linienführung  nicht  flaue 
und  weichliche  Formen-Gestaltungen  zu  Tage  kommen,  wie  der¬ 
gleichen  selbst  die  Thürme  des  Kölner  Domes  aufweisen.  Beyer 
hat  offenbar  dieser  Gefühlsrichtung  unserer  Zeit  Rechnung  tragen 
wollen,  als  er  die  Schneckenstiegen  des  Achtecksbaues  oben  durch 
Baldachine  mit  stumpfen  Spitzhelmen  krönte.  Wie  wir  hören,  soll  dem¬ 
nächst  auch  die  von  Böblinger  unzweifelhaft  mit  voller  Absichtlichkeit 
erstrebte  scharfe  Scheidung  des  Unterbaues  vom  achtseitigen  Aufbau 
in  ähnlicher  Art  durch  Fialen-  oder  Baldachin-Aufsätze  „vermittelt'‘ 
werden;  vielleicht  jedoch  erfährt  der  wichtige  Umstand,  dafs  mit 
dem  Verschwinden  des  Böblingerschen  Gedankens  das  Bauwerk  zu¬ 
gleich  eine  w’erthvolle,  aus  seiner  Baugeschichte  erwachsene  Eigen¬ 
artigkeit  auf  immer  verlieren  würde,  an  mafsgebender  Stelle  noch 
einmal  nähere  Erwägung. 

Für  die  Erscheinung  der  Wimpei’gskränze  des  Helmes  ist  be- 
merkenswerth,  dafs  die  Kielbögen  nicht,  wie  man  glauben  sollte,  aus 
der  senkrechten  Ebene  nach  aufseu  hinausgebogen  sind.  Eine  solche 
Anordnung  würde  die  Arbeit  des  Steinschnitts  aufserordentlich  er¬ 
schwert  haben.  Sie  liegen  vielmehr  in  diesen  Ebenen  selbst  und 
stellen  sich  im  Grundrisse  durch  gerade  Linien  dar.  Nur  der  Gegen¬ 
satz,  welcher  zwischen  einer  derartigen  Ausbildung  der  innerhalb 
lothrechter  Flächen  ausgeschweiften  Bögen  einerseits  und  dem  schräg 
aufsteigenden  Körper  der  Thurmpyramide  mit  ihren  nach  innen  ein- 
gezogenen  Rippen  anderseits  zum  Ausdruck  kommt,  erweckt  in 
dem  Auge  den  Eindruck,  als  wären  die  Wimperge  aus  dem  Helme 
nach  Bogenformen  hervorgekragt.  Nicht  minder  mit  Rücksicht  auf 
möglichst  bequeme  Ausführung  hat  Beyer  bei  dem  Helm -Aufbau 
grundsätzlich  durchweg  wagerechte  Fugenrichtungen  für  die  Lage¬ 
rung  der  Steine  angewendet,  auch  an  denjenigen  Stellen,  wo  sich 
verhältnifsmäfsig  spitze  Winkel  ergaben  und  die  Gefahr  leichten 
Ausspringens  des  Materials  an  den  Kanten  nahegerückt  erschien. 
Die  Verklammerung  der  Werkstücke  untereinander  ist  bei  allen  be¬ 
sonders  gefährdeten  Bautheilen  durch  Dübel  aus  Bronce,  im  übrigen 
drrrch  solche  aus  verzinktem  Eisen  bewirkt.  Die  mächtigen  Stein¬ 
blöcke  des  obersten,  undurchbrochen  belassenen  Abschnittes  der 
Thurmspitze  sind,  wie  auch  in  unserer  Abbildung  5  zur  Darstellung 
gebracht,  mittels  einer  lothrechten,  nach  unten  durch  ein  schweres 
Gewicht  belasteten  Ankerstange  verbunden.  Die  Pyramide  trägt  die 
Hauptverankerung  an  ihrem  Fufs-Ende,  woselbst  das  kräftige  Rippen- 
gewölbe  ansetzt,  auf  dem  die  Wendeltreppe  im  Innern  des  Helms 
sich  erhebt.  Dort  ist  ein  geschlossener  Ring  aus  10  cm  starken 
Rundeisenstangen  mit  Kniestücken  in  dem  Rippen-Mauerwerk  und  mit 
Muffen-Verschraubungen  verlegt,  um  angezeigtenfalls  die  Spannung 
des  Ankers  vermehren  zu  können.  Die  Muffen  sind  indessen  nicht 
unmittelbar  zugänglich  gemacht,  da  bei  der  gewählten  Ausführungs¬ 
weise  und  bei  der  geschützten  Lage  des  Eisens  eine  irgend  erheb¬ 
liche  Bewegung  desselben  als  ixnwahrscheinlich  betrachtet  wird. 
Man  hat  sich  damit  begnügt,  Bogenstücke  und  Muffen  in  Asphalt 
so  zu  verlegen,  dafs  auf  alle  Fälle  einiger  Spielraum  für  die  Aus¬ 
dehnungen  und  Zusammenziehungen  des  Spannrings  gewahrt  bleibt. 
Im  übrigen  hat  der  Helm  genau  wie  der  Achtecksbau  in  mehreren 


Höhenlagen  Verankerungen  erhalten,  bei  denen  die  Ankereisen  immer 
von  einem  Sjxarrensteine  der  Rippen  zum  andern  bezw.  von  einem 
Eckpfeiler  des  Achtecks  zum  nächstfolgenden  hinüberreichen,  ohne 
aber  zu  festen  Ringen  mit  einander  verbunden  zu  sein. 

Was  das  Baumaterial  der  neuen  Ausführungen  betrifft,  so  hat 
für  die  feineren  und  der  Witterung  stark  ausgesetzten  Stücke  bester 
Obernkirchener  Sandstein  von  im  allgemeinen  hellgrauer,  hin  und 
wieder  leicht  gelblicher  Farbe,  für  die  anderen  Theile  dagegen 
grauer,  grobkörniger  Keupersandstein  vom  Neckar  (aus  den  Brüchen 
von  Schlaitdorf  bei  Herreudort)  Verwendung  gefunden;  von  dem  erst¬ 
genannten  Stein  bezahlt  man  in  Ulm  auf  dem  Bauplatze  das  Cubik- 
meter  mit  etwa  105  Mark,  von  dem  andern  mit  75  Mark.  Der  Neckar¬ 
stein  ist  übrigens  neben  dunkelgelbem  Lias -Sandstein  vom  Nord- 
abhange  der  Alpen  schon  bei  den  unteren  Thurmabschnitten  benutzt 
worden.  Vorläufig  heben  sich  die  hellen  Flächen  der  neuen  Bau- 
theile  von  der  dunklen  Tönung  der  alten  noch  ziemlich  auffallend 
ab,  einigermafsen  zum  Nachtheile  der  erstrebten  Einheitlichkeit  in 
der  Gesamtwirkung  des  Bauwerks;  indessen  lehrt  ja  die  Erfahrung, 
wie  bald  die  Natur  es  versteht,  den  erwünschten  Ausgleich  herbei- 
zuführeu. 

Das  Material  wird  mit  Hülfe  einer  Gaskraftmaschine  gehoben, 
wobei  die  Einrichtung  in  der  Weise  getroffen  ist,  dafs,  sobald 
oben  ein  in  die  Höhe  geschafftes  Werkstück  zur  Abgabe  gelangt, 
unten  ein  anderes  zur  Hebung  bereit  gestellt  werden  mufs.  So  er- 
giebt  sich  gewissermafsen  ein  Betrieb  ohne  Ende,  der  die  Arbeiter 
zu  reger  Thätigkeit  anhält;  gewöhnlich  gelingt  es,  innerhalb  zweier 
Stunden  so  viel  an  Steinen  zu  fördern,  als  während  eines  Tages 
oben  verarbeitet  werden  kann.  Dabei  ist  die  Rüstung  ungemein 
einfach  und  zweckmäfsig  eingerichtet.  In  dem  Dache  über  der  nörd¬ 
lich  an  den  Thurm  grenzenden  Capelle  findet  sich  eine  Klappen¬ 
vorrichtung,  durch  welche  die  Werkstücke  bis  auf  die  Plattform  am 
Fufse  des  Achteckbaues  hindurchgeschafft  werden;  hier  gelangen  sie 
auf  eine  Rüstung,  die  sich  im  Achteck  kreuzförmig  hochbaut  und  in 
den  einzelnen  Stockwerken  Geleisanlagen,  Drehscheiben  usw.  besitzt, 
um  das  Material  nach  den  rüstungsfreien  Hohlräumen  zu  schaffen, 
in  denen  die  Weiterförderung  sich  ohne  Schwierigkeiten  bewerk¬ 
stelligen  läfst. 

Auch  am  Thurme  ist  noch  ein  ziemlich  bedeutendes  Stück  zu 
bewältigender  Arbeiten  übrig  geblieben;  dahin  gehört  vornehmlich 
das  Versetzen  von  allerhand  krönendem  Spitzenwerk,  ferner  das 
Einziehen  der  Thurmgewölbe  und  ähnliche  Ausführungen,  die  ein 
nur  ganz  allmähliches  Niederlegen  der  Gerüste  erlauben.  So  mag 
immerhin  noch  eine  geraume  Zeit  verstreichen,  bevor  sich  der  ge¬ 
waltige  Thurm  völlig  von  den  Gerüsten  befreit  den  Blicken  wird 
darbieten  können.  Allein  schon  heute  tritt  seine  in  hohem  Mafse 
gelungene  Gestaltung  unverkennbar  in  die  Erscheinung,  lautes 
Zeugnifs  ablegend  von  der  seltenen  Schaffenskraft  des  hochbegabten 
Künstlers,  der  mit  kühnem  Muthe  das  dem  Untergange  nahe  Münster 
zu  Ulm  in  seinem  schönsten  Schmucke,  dem  Westthurme  wieder  her¬ 
gestellt  hat  und  der  es  dann  verstanden,  mit  edler  Selbstverleugnung 
jenes  ehrwürdige  Baudenkmal  der  Vergangenheit  ganz  im  Sinne  der 
Väter  glücklich  zu  vollenden.  Dafs  dieses  aufserordentliche  Unter¬ 
nehmen  so  herrlich  gelungen,  mufs  aber  nächst  der  Thatkraft  des 
genialen  Beyer  noch  der  Wirksamkeit  des  Hofbaudirectors  v.  Egle 
zugeschrieben  werden,  jenes  unermüdlichen,  allzeit  bereiten  Rath¬ 
gebers  der  Ulmer  Dombauhütte,  zu  welchem  so  viele  Jünger  der 
Baukunst  in  Schwaben,  und  unter  diesen,  wahrlich  nicht  in  letzter 
Reihe,  die  Dombaumeister  von  Ulm  aus  neuerer  Zeit  als  zu  ihrem 
Lehrer  und  Meister  in  warmer  Verehrung  auf  blicken. 

Man  liebt  es,  unsere  Zeit  als  eine  allzu  materielle  zu  bezeichnen, 
die  für  Ideale  auf  den  Gebieten  der  Kunst  kein  volles  Verständnifs 
mehr  besitzt.  Das  Münster  zu  Ulm  in  seiner  heutigen  Gestalt  legt 
erneut  Zeugnifs  davon  ab,  wie  auch  unserem  Geschlechte  hehre  Be¬ 
geisterung  und  Hingabe  nicht  mangeln,  sobald  nur  Aufgaben  von 
wahrhafter  Kunstbedeutung  sich  einstellen,  die  Herz  und  Geist  ge¬ 
fangen  zu  nehmen  wissen.  Alsdann  fehlen  auch  die  berufenen 
Meister  nicht,  solche  Aufgaben  der  rechten  Lösung  zuzuführen. 
Möge  die  heilige  Flamme  der  Begeisterung  für  die  Wiederherstellung 
und  Vollendung  der  herrlichen  Baudenkmäler  unserer  Altvordern 
mit  der  Beendigung  der  Arbeiten  am  Dome  der  alten  Donaustadt 
Ulm  nicht  erlöschen,  sondern  an  den  dort  erreichten,  bewunderungs¬ 
würdigen  Erfolgen  vielmehr  neue  Nahrung  schöpfen,  immer  weiteren 
Zielen  nachzustreben.  Küster. 


Aus  dem  III.  Nachtrag  zum  Reichsliaushalts-Etat  für  1890/91, 


welcher  dem  deutschen  Reichstage  unter  dem  26.  v.  M.  zugegangen 
ist,  theilen  wir  nachträglich  diejenigen  Beträge  mit,  welche  in  dem¬ 
selben  für  bauliche  Zwecke,  und  zwar  im  aufserordentlicben  Etat 
für  Bauausführungen  der  Verwaltung  des  Reichsheeres,  sowie  zur 


Vervollständigung  des  deutschen  Eisenbahnnetzes  vorgesehen  sind. 
Die  eingeklammerten  Zahlen  bezeichnen  die  anschlagmäfsigen  Ge¬ 
samtbaukosten;  die  zum  ersten  Male  auftretenden  Posten  sind  durch 
ein  Sternchen  *  hervorgehoben. 


Jfr.  28. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


289 


Einmalige  Ausgaben  für  die  Bauausführungen  der  Verwaltung 
des  Reichsheeres. 

Aufserordentlicher  Etat.  l8iW/9l  Gesamt- 

treten  Qiuzu  kosten. 

a.  Preufsen.  ji  jn 

=*=1.  Zur  Herstellung  der  dringendsten  Magazin¬ 
anlagen  für  den  erhöhten  Brod-  und  Fou- 
ragehedarf  in  Düsseldorf,  Dt.  Eylau,  so¬ 
wie  zur  Errichtung  von  Garnison-Bäcke¬ 
reien  in  Lissa  und  Dt.  Eylau,  1.  Rate  (für 

Entwurf) .  14  000  (280  000) 

*2.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Beklei¬ 
dungsamts  für  das  17.  Armeecorps  in 
Danzig,  1.  Rate  (für  Grunderwerb  und 

Entwurf) .  50  000  (475  000) 

*3.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
eine  reitende  Abtheilung  Feld-Artillerie 

in  Potsdam,  1.  Rate  (für  Entwurf)  ...  6  000  (925  000) 

*4.  Desgl.  in  Gumbinnen .  6  000  (820  000) 

*5.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  eine  fahrende  Abthei¬ 
lung  Feld-Artillerie  in  Bromberg,  1.  Rate 

(für  Entwurf) .  10  000  (824000) 

6.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
ein  Pionier -Bataillon  —  früher  für  zwei 
Pionier-Compagnieen  —  in  Stettin,  einschl. 
der  Ausstattung  für  den  Bataillonsstab 
und  zwei  Compagnieen  bezw.  der  Aus¬ 
stattungsergänzung  für  zwei  Compagnieen, 

2.  Rate  (noch  für  Entwurf  und  zum  Bau¬ 
beginn)  .  84000  (1071000) 

*7.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
den  Stab  einer  Abtheilung,  die  Mann¬ 
schaften  von  zwei  fahrenden  Batterieen  und 
die  Pferde  von  einer  fahrenden  Batterie 
Feld- Artillerie  in  Schweidnitz,  einschl.  der 


Ausstattung  bezw.  Ausstattungsergänzung 
für  je  eine  Batterie,  1.  Rate  (für  Entwurf) 

5  000 

(406  000) 

*8.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  einer 
Caserne  nebst  Zubehör  für  eine  reitende 
Abtheilung  Feld-Artillerie  in  Düsseldorf, 

1.  Rate  (für  Entwurf) . 

6  000 

(789  000) 

*9.  Desgl.  für  eine  fahrende  Abtheilung  Feld- 
Artillerie  u.  den  Regimentsstab  in  Itzehoe, 

1.  Rate  (für  Entwurf) . 

10000 

(965  000) 

*10.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
eine  fahrende  Abtheilung  Feld -Artillerie 
in  Celle,  einschliefslich  der  Ausstattung 
für  eine  fahrende  Batterie,  1.  Rate  (für 
Entwurf) . 

10  000 

(809  000) 

*11.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  den  Stab  eines  Train- 
Bataillons  und  eine  Train -Compagnie  in 
Darmstadt,  1.  Rate  (für  Entwurf)  .  .  . 

5  000 

(372  000) 

*12.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
eine  reitende  Abtheilung  (3  Batterieen) 
Feld- Artillerie  in  Hanau,  einschliefslich 
der  Gerätheausstattung  für  eine  Batterie, 

1.  Rate  (für  Entwurf) . 

10  000 

(1 127  000) 

*13.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  eine  fahrende  Abthei¬ 
lung  Feld -Artillerie  in  Danzig,  1.  Rate 
(für  Entwurf) . 

6  000 

(664  000) 

14.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
ein  Train-Bataillon  zu  drei  Compagnieen 
—  früher  Neubau  von  Stallungen  nebst 
Zubehör  für  die  Pferde  von  zwei  Train- 
Compagnieen  —  in  Danzig,  einschliefslich 
der  Ausstattung  für  den  Bataillonsstab 
und  eine  Compagnie  bezw.  der  Aus¬ 
stattungsergänzung  für  zwei  Compagnieen, 

2.  Rate  (für  Grunderwerb) . 

50  000 

(974000) 

*15.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
eine  reitende  Abtheilung  Feld- Artillerie 
in  Dt.  Eylau,  1.  Rate  (für  Entwurf)  .  . 

6  000 

(808  000) 

*16.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  eine  fahrende  Abthei¬ 
lung  Feld  -  Artillerie  in  Marienwerder, 

1.  Rate  (für  Entwurf) . 

10  000 

(937  000) 

*17.  Zur  Errichtung  von  Mannschafts-  und 
Stallbaracken  auf  vorhandenen  fiscalischen 
bezw.  zu  erpachtenden  Grundstücken  .  . 

480  000 

(480  000) 

*18.  Neubau,  bauliche  Herstellungen  und  Aus¬ 
stattung  von  Stallungen  für  die  bei  der 
Cavallerie  und  Feld-Artillerie  eintretende 
Etatsverstärkung  an  Pferden,  1.  Rate  .  . 

100000 

(300  000) 

*19.  Zum  Neubau  bezw.  zu  baulichen  Her¬ 
stellungen  von  Reitbahnen  und  Mon- 
Zu  übertragen 

868  000 

Füi-  1890/91  Gesamt¬ 
treten  hinzu  kosten. 

Ueb  ertrag  868  000 

tirungskammern ,  sowie  von  Menage -An¬ 
stalten  in  solchen  Orten,  in  denen  Natural¬ 
quartier  für  die  Truppen  nicht  in  An¬ 


spruch  genommen  wird .  830  000  (830  000) 

*20.  Zum  Bau  eines  Wagenhauses  bezw.  zur 
Vergröfserung  der  vorhandenen  Wagen¬ 
häuser  in  Königsberg  i.  Pr .  41  400  (41  400) 

*21.  Desgl.  in  Alt-Damm .  125100  (125  100) 

22.  Zum  Bau  eines  Wagenhauses  in  Danzig 
bezw.  zur  Vergröfserung  des  daselbst  in 

Aussicht  genommenen  Baues .  83  700  (83  700) 

*23.  Zur  Herstellung  der  dringendsten  Magazin¬ 
anlagen  für  den  erhöhten  Brod-  und 
Fouragebedarf  in  Colmar,  Bisch  weil  er, 

Hagenau  u.  Dieuze,  1.  Rate  (für  Entwurf)  17  000  (570  000) 

*24.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Beklei¬ 
dungsamts  für  das  16.  Armeecorps  in  Metz, 

1.  Rate  (für  Grunderwerb  und  Entwurf)  .  50  000  (475  000) 

*25.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
ein  Cavallerie-Regiment  in  Dieuze,  1.  Rate 

(für  Entwurf) .  15  000  (2  540  000) 

*26.  Desgl.  für  eine  reitende  Abtheilung  Feld- 

Artillerie  in  Saarburg,  1.  Rate  (f.  Entwurf)  6  000  (950  000) 

*27.  Neubau' und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  eine  fahrende  Abthei¬ 
lung  Feld -Artillerie  in  Hagenau,  1.  Rate 

(für  Entwurf) .  10  000  (935  000) 

*28.  Desgl.  für  ein  Train-Bataillon  zu  2  Com¬ 
pagnieen  —  früher  für  eine  Train -Com¬ 
pagnie  —  in  Forbach,  2.  Rate  (noch  für 

Grunderwerb  und  Entwurf) .  25  000  (672  000) 

*29.  Desgl.  für  eine  fahrende  Abtheilung  und 
für  die  Verstärkung  zweier  vorhandenen 
fahrenden  Batterieen  Feld  -  Artillerie  in 

Metz,  1.  Rate  (für  Entwurf) .  10  000  (751 000) 

*30.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
eine  fahrende  Abtheilung  Feld-Artillerie 

in  Mörchingen,  1.  Rate  (für  Entwurf)  .  .  10  009  (1  096  000) 

*31.  Desgl.  für  ein  Regiment  Infanterie  in  Metz, 

1.  Rate  (für  Entwurf) .  15  000  (3172  000) 

*32.  Zur  Errichtung  von  Mannschafts-  und 
Stallbaracken  auf  vorhandenen  fiscalischen 

bezw.  zu  erpachtenden  Grundstücken  .  .  1944  000  (1944000) 


*33.  Neubauten,  bauliche  Herstellungen  und 
Ausstattung  zur  Unterbringung  der  bei  den 
Cavallerie-Regimentern  und  einer  Anzahl 
Batterieen  eintretenden  Etatsverstärkung 
an  Mannschaften  und  Pferden,  1.  Rate  (für 

Grunderwerb,  Entwürfe  und  Baubeginn)  300  000  (800  000) 

*34  Zum  Neubau  bezw.  zu  baulichen  Herstel¬ 
lungen  von  Reitbahnen  und  Montirungs- 
kammern  sowie  von  Menageanstalten  in 
solchen  Orten,  in  denen  Naturalquartier 


nommen  wird .  570  000  (570  000) 

b.  Sachsen. 

*35.  Zum  Neubau  von  Geschütz-  und  Kammer¬ 
schuppen  für  Artillerie- Abtheilungen,  ein- 

schliefslich  Grunderwerb  und  Ausstattung  150  0(X)  (150  000) 

*36.  Zum  Neubau  von  Gebäuden  zur  Unter¬ 
bringung  des  ruhenden  Artilleriematerials 

für  2  Artillerie-Abtheilungen,  1.  Rate  .  .  50  000  (100  000) 

c.  Württemberg. 

*37.  Zur  Errichtung  von  Magazingebäuden  für 
den  vermehrten  Brod-  und  Fouragebedarf 
in  Ludwigsburg .  36  000 


*38.  Zum  Neubau  und  zur  Ausstattung  eines 
Casernements  nebst  Zubehör  für  eine  Feld- 
Artillerie- Abtheilung  mit  drei  Batterieen 
auf  hohem  Etat  in  Ludwigsburg,  1.  Rate 
(zum  Grunderwerb,  zur  Entwurfsbearbei¬ 
tung  und  zum  Beginn  der  Bauarbeiten)  .  200  000  (1 125  000) 

*39.  Zum  Neubau  von  Stallungen  sowie  zur 
baulichen  Instandsetzung  und  Ausstattung 
vorhandener  Gebäude  für  die  Casernirung 
der  hinzutretenden  Mannschaften  u.  Pferde  225  000 

Summe  5  581 200 


Vervollständigung  des  deutschen  Eisenbahnnetzes. 

Für  die  Vervollständigung  des  deutschen  Eisenbahnnetzes  im 
Interesse  der  Landesvertheidigung  trägt  das  Reich  vorbehaltlich  der 
noch  ausstehenden  endgültigen  Feststellung  der  Bausummen  an  Her¬ 
stellungskosten: 


290 


12.  Juli  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


*1)  Herstellung  zweiter  Geleise 

Lissa-Posen .  1722  000  Jtt  (  2  870  000) 

Neiinkirchen-Schleifmühle-Saardamm 


(Forbach) .  2  010000  (  3  350  000) 

Rubnow-Neustettin-Konitz  ....  6136000  (  767000{)) 

*2)  Besondere  örtliche  Ergänzungsanlagen 
(Ladevorrichtungen ,  Kreuzungsge¬ 
leise  usw.) . .  1  5l4  000  (  1  902  740) 

Zu  übertragen  11  382  000 


Ueb  ertrag  11382  000  J( 

*3)  Projectbearbeitung  für  den  Umbau  der 
schiefen  Ebene  bei  Neuenmarkt- 
Marktschorgast  .........  20000  Jl 

*4)  Bau  einer  festen  Weichselbrücke  bei 

Fordon . .  6  300  000  Jl  (10  500  000) 


Summe  17  702  000 

Das  Erfordernifs  für  das  erste  Jahr  ist  auf  10  305  000  JC  be¬ 
messen  worden. 


Yersiiclie  über  die  Frostbeständigkeit  natürlicher  und  künstlicher  Bausteine. 


Unter  obigem  Titel  veröffentlicht  Herr  Professor  Bauschinger 
in  München  vier  Reihen  von  Versuchs-Ergebnissen'),  vvelche  hier  kurz 
besprochen  sein  mögen.  Die  erste  Versuchsreihe  lehnt  sich  an  bereits 
früher  von  Herrn  Dr.  Blüincke  angestellte  Versuche,  deinen  Ergebnisse 
in  die  Tabelle  mit  aufgenommen  sind,  an  und  umfafst  39  natürliche 
Bausteine,  von  welchen  je  einige  rauh  bearbeiteten  Würfel  von 
8  cm  Seitenlange  auf  specifisches  Gewicht  (durch  Eintauchen  in 
Wasser  und  durch  Ausmessen  bestimmt),  auf  Wasseraufnahme  in 
Volumen-Procenten,  auf  Gewichtsverlust  durch  Gefrierenlassen,  Aus¬ 
sehen  der  Probestücke  nach  dem  Gefrieren  und  Druckfestigkeit 
parallel  zur  Lagerrichtung  im  lufttrockenen  und  mehrfach  ausge¬ 
frorenen  Zustande  geprüft  wurden.  Da  alle  diese  Versuche  nur  an 
einzelnen,  unter  der  Luftpumpe  oder  durch  Berieseln  mit  Wasser 
getränkten  Versuchsstücken  ausgeführt  wurden,  so  ist  den  Ergeb¬ 
nissen  derselben  eine  hohe  Bedeutung  nicht  beizumessen,  wie  auch 
Professor  Bauschinger  selber  in  der  einleitenden  Beschreibung  der 
Versuche  ausspricht.  Immerhin  haben  aber  diese  Versuche  aufs 
neue  bewiesen,  d.afs  die  blofse  Beobachtung  der  Aufsenseite  der  ge¬ 
frorenen  Proben  luid  die  Feststellung  des  Gewichtsverlustes  ebenso¬ 
wenig  zur  Beurtheilung  der  Frostbeständigkeit  der  Bausteine  aus¬ 
reicht,  wie  der  Vergleich  der  Festigkeiten  lufttrocken  und  wassersatt 
und  der  aus  ihnen  hervorgegangene  Tetmajersche  sog.  Beständigkeits- 
coefficient.2) 

Auch  das  Gefrieren  der  Probestücke  im  Freien,  wie  es  früher 
von  Professor  Bauscliinger  geübt  wurde,  führt  zu  unzuverlässigen 
Ergebnissen,  weil  die  Temperatur  im  Winter  selten  sehr  schnell 
einen  niedrigen  Stand  erreicht,  stark  schwankt  und  deshalb  leicht 
bald  eine  gröfsere,  bald  eine  geringere  als  die  beabsichtigte  Wirkung 
äufsert.  Bei  späteren  Gefrierversuchen  hat  deshalb  Prof.  Bauschinger 
sich  des  von  Dr.  Blümcke  construirteu  Eiskastens  3),  sowie  eines 
weiteren  von  einfacherer  Bauart  bedient,  welcher  dem  in  der  Kgl. 
preufs.  Prüflings  -  Station  für  Baumaterialien  von  Prof.  Dr.  Böhme 
eingeführten,  von  mir  a.  a.  0.“')  beschriebenen  ähnelt. 

Aus  den  Blümckeschen  Versuchen,  über  welche  Prof.  Bauschinger 
berichtet,  geht  hervor,  dafs  1)  die  Frostwirkung  abhängig  ist  von  der 
Art  und  Weise,  wie  der  Stein  mit  Wasser  getränkt  wurde,  denn  es 
leuchtet  ein,  dafs  Steine,  die  nur  einige  Stunden  ins  Wasser  gelegt 
und  dabei  sogleich  ganz  untergetaucht  werden,  erheblich  weniger 
Wasser  aufnehmen,  als  wenn  sie  Gelegenheit  erhalten,  dasselbe  län¬ 
gere  Zeit  hindurch  capillar  aufzusaugen,  oder  als  wenn  sie  gar  unter  der 
Luftpumpe  mit  Wasser  gesättigt  werden;  2)  dafs  die  Frostwirkung 
um  so  gröfser  wird,  je  öfter  man  das  Gefrierenlassen  wiederholt. 
Den  letzteren  FTmstand  versucht  Herr  Bauschinger  damit  zu  erklären, 
dafs  nicht  mit  Nothwendigkeit  ein  Stein  bereits  nach  der  ersten  Frost¬ 
einwirkung  eine  wesentliche  Lockerung  seines  Gefüges  erleiden 
müsse,  dafs  aber  eine  solche  Lockerung  auch  äufserlich  erkennbar 
unzweifelhaft  bei  fortgesetzter  Frosteinwirkung  (bis  zu  100  und  mehr 
Gefrierungen)  endlich  eintreten  müsse.  Da  eine  Grenze  in  der  An¬ 
zahl  der  Gefrierungen  bei  der  grofsen  Verschiedenheit  unserer  Bau¬ 
steine  unmöglich  zu  bestimmen  ist,  nimmt  Herr  Bauschinger  ein  für 
alle  mal  25  Gefrierungen  als  Normalmafs  an.  Berücksichtigt  man, 
dafs  jeder  Würfel  nach  jedesmaligem  Gefrierenlassen  wieder  auf- 
gethaut  und  demnächst  in  eine  neue  Kältemischung  gebracht  werden 
mufs,  so  ist  leicht  ersichtlich,  welche  grofsen  Opfer  an  Zeit  und  Geld 
derartige  Versuche  erfordern  würden,  namentlich  wenn  man  die  Ver¬ 
suche,  was  für  die  Gewinnung  zuverlässiger  Ergebnisse  von  hohem 
Werthe  ist,  auf  eine  gröfsere  Anzahl,  etwa  10  Versuchskörper  jeder 
Reihe  ausdehnt.  In  der  preufsischen  Prüfungs-Station  sind  seit  vielen 
Jahren  Prostversuche  an  Bausteinen  angestellt  worden,  welche  nur 
einmal  dem  Frost  ausgesetzt  wurden,  und  es  hat  sich  gezeigt,  dafs 
jeder,  auch  der  festeste  Stein,  schon  bei  einmaligem  Gefrieren  einen 
Festigkeitsverlust  erleidet,  der  im  Vergleich  zu  dem  Festigkeits- 

1)  Vergl.  Mittheilungen  aus  dem  mech.-techn.  Laboratorium  der 
Kgl.  techn.  Hochschule  in  München.  19.  Heft  1889.  Theod.  Acker¬ 
mann,  München. 

2)  Vergl.  Mittheilungen  der  Anstalt  zur  Prüfung  von  Bau¬ 
materialien  im  eidgenöss.  Polytechnicum  in  Zürich.  1884.  1.  Heft, 
S.  31  ff. 

3)  Vergl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1885,  S.  379. 

^)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1887,  S.  372. 


vertust  anderer  Steine  sehr  wohl  einen  Schlufs  auf  die  gröfsere- 
oder  geringere  Frostbestäudigkeit  zuläfst,^)  auch  wenn  die  Frost¬ 
einwirkung  äufserlich  an  dem  Stein  selbst  nicht  erkennbar  ist.  Für 
Versuche,  welche  der  Praxis  dienen  sollen,  wird  es  sich  kaum  ermög¬ 
lichen  lassen,  mit  der  Feststellung  der  Ergebnisse  bis  zum  Abschlufs 
von  25  Gefrierungen  zu  warten. 

Herr  Bauschinger  kommt  in  seiner  weiteren  Abhandlung  zu  dem 
Ergebnifs,  dafs  die  Steine,  unter  dem  Recipienten  der  Luftpumpe 
mit  Wasser  getränkt,  nur  selten  dem  Froste  widerstehen,  dafs  daher 
diese  Behandlung  eine  zu  strenge  ist  und  dafs  als  das  beste  und 
natürlichste  Verfahren  das  langsame  Eintauchen  der  Steine  in  Wasser 
zu  empfehlen  ist.  Die  Richtigkeit  dieser  Schlüsse  geht  aus  einer  be¬ 
sonderen  Versuchsreiche  hervor,  die  sich  über  je  einen  Granit,  Jura¬ 
kalk,  Buntsandstein,  Schilfsandstein,  Grünsandstein  und  drei  Ziegel¬ 
steingattungen  erstreckt.  Von  diesen  sind  nur  Granit  und  Buntsand¬ 
stein  nach  Wassersättigung  unter  der  Luftpumpe  und  25maligem 
Gefrieren  äufserlich  unversehrt  geblieben,  die  übrigen  Würfel  sind! 
bereits  nach  mehrmaligem  Gefrieren  zersprengt  worden. 

In  einer  weiteren  umfangreichen  Tabelle  hat  Herr  Professor 
Bauschinger  die  Ergebnisse  der  Versuche  mit  21  Sorten  natürlicher 
Bausteine  zusammengestellt,  die  unter  grofsem  Aufwand  von  Zeit 
und  Sorgfalt  unter  genauer  Beobachtung  der  Vorschriften  der  Mün¬ 
chener  Conferenzen''),  welche  bekanntlich  das  25malige  Gefrieren¬ 
lassen  und  die  Anstellung  der  Druckversuche  in  der  Lagerrichtung 
und  senkrecht  zum  Lager  vorschreiben,  ausgeführt  wurden.  Die- 
Wassersättigung  der  Steine  erfolgte  durch  langsames  Eintauchen. 
Die  Versuche  erstreckten  sich  auf:  Material  und  Fundort,  speci¬ 
fisches  Gewicht,  Druckfestigkeit  trocken,  Wasseraufnahme  in  Vo¬ 
lumen-Procenten,  Druckfestigkeit  nafs,  Verhalten  und  Aussehen  der 
Probekörper  während  und  nach  25maligem  Gefrieren,  Verlust  an  im 
Wasser  löslichen  und  unlöslichen  Bestandtheilen,  Volumenänderung 
und  Druckfestigkeit  nach  dem  Frost. 

Diesen  Versuchen  wurden  je  3  bis  6  Würfel  der  folgenden  Ge¬ 
steinsarten  unterworfen ; 

1)  1  niederbayei’ischer  Granit, 

2)  1  Dolorit, 

3)  1  Diorit, 

4)  1  Kalkstein  (weifser  Jura), 

5)  7  bayerische  und  1  badischer  Buutsandstein, 

6)  3  bayerische  Sandsteine, 

7)  3  .,  Keupersandsteine, 

8)  3  Molassensandsteine  (Echelsbach  b.  Weilheim). 

Den  natürlichen  Gesteinen  schliefst  sich  noch  eine  ganze  Reihe- 
künstlicher  Steine  an.  Interessant  ist,  dafs  Herr  Professor  Bauschinger 
bei  jeder  Steinsorte  sein  Urtheil  über  deren  Frostbeständigkeit  hinzu¬ 
gefügt  hat,  welches  natürlich  zunächst  nur  ein  persönliches  sein  kann, 
da  bestimmte  Zahlen  und  Merkmale  für  Frostbeständigkeit  oder 
Frostunbeständigkeit  noch  nicht  bekannt  sind.  Wir  erfahren  aus- 
den  Bauschingerschen  Versuchen,  dafs  sich  von  den  oben  angeführten 
21  Steinsorten  mehr  oder  minder,  d.  h.  nach  allen  Merkmalen  oder 
nur  nach  den  meisten,  sechs  als  frostbeständig  erwiesen  haben,  näm¬ 
lich  die  oben  unter  2)  und  3)  angeführten  Gesteine,  ferner  der  badische 
und  zwei  bayerische  Buntsandsteine  und  1  Sandstein  von  Burg- 
preppach.  Bedingungsweise  noch  als  frostbeständig  wurden  be¬ 
funden:  der  schwarzweifse  Granit  von  Egg  bei  Deggendorf,  die  Bunt¬ 
sandsteine  von  Mömlingen  und  von  Hain,  der  Keupersandstein  von 
Ebelsbaeh,  also  vier  Gesteine,  während  nicht  ganz  frostbeständig 
ebenfalls  vier,  der  Buntsandstein  von  Grofsheubach,  der  Keupersand¬ 
stein  aus  dem  Sassendorfer  Bruch  und  zwei  Molassen-Sandsteine  be¬ 
zeichnet  werden.  Nicht  frostbeständig  waren:  Kalkstein  vom  Biesen- 
bachthale,  Buntsandstein  von  Iphofen  und  Kleinwallstadt,  Sandstein 
von  Wehrhof  und  Behrbach,  brauner  Keupersandstein  von  Wasser- 
tründingen  und  der  dritte  Molassen-Sandstein,  also  sieben  Gesteine. 

^)  Vgl.  Mittheilungen  aus  den  Kgl.  techn.  Versuchs -Anstalten. 
1889.  2.  Ergänzungsheft.  Verlag  von  Jul.  Springer,  Berlin. 

Gary:  Zur  Frage  der  Frostbeständigkeit  der  Bausteine.  Central¬ 
blatt  der  Bauverwaltung  1887,  S.  371. 

Beschlüsse  der  Conferenzen  in  München  und  Dresden  über 
einheitliche  Untersuchungs-Methoden  bei  der  Prüfung  von  Bau-  und. 
Constructions-Materialien.  München  1887.  Theod.  Ackermann.. 


h\  28. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


291 


Der  hohe  Procentsatz  der  nur  bedingungsweise  oder  nicht  frost¬ 
beständigen  Steine  kann  nicht  übeiTaschen,  wenn  man  die  überaus 
scharfe  Inangriffnahme  durch  25  Gefrierungen  bei  einer  jedesmaligen 
Temperatur  von  — 10  bis  — 15°  C.  berücksichtigt.  Von  41  Ma¬ 
schinen-  und  Handstrichsteinsorten  haben  diese  harte  Probe  nur 
drei  Sorten  bedingungslos  und  acht  Sorten  theilweise  bestanden. 

Was  die  Festigkeit  im  lufttrockenen  Zustande  der  von  Bau- 
schiuger  untersuchten  natürlichen  Gesteine  anbelangt,  so  berechnet 
rsich  im  Mittel,  und  senkrecht  zur  Lagerrichtung  beansprucht: 


Granit  (6  Versuche) 
Dolerit  (.3  Versuche) 
Diorit  (3  Versuche)  .  . 
Kalkstein  (6  Versuche)  . 
Sandstein  (51  Versuche) 


auf  1601  at. 
1877 
2337 
1073 
744 


Diese  Ergebnisse  stimmen  mit  den  von  mir  aus  den  Versuchen 
der  preufsischen  Prüfungs  -  Station  ermittelten  Näherungswerthen 
überein.'^) 

Schliefslich  umfafst  das  19.  Heft  der  Bauschingerscheu  Mittheilungen 
noch  eine  Eeihe  von  Versuchen,  angestellt  mit  Probestücken  von 
Mauerwerkskörpern,  die  Herr  Baumeister  Büchner  in  Würzburg  vor 
strenger  Kälte  anfertigen  liefs,  um  den  Einflufs  wiederholter  Fröste 
auf  dieselben  zu  erfahren.  Die  Probekörper  zeigten  beim  Zerdrücken 
keine  wesentlichen  Unterschiede  in  der  Festigkeit  gegen  die  dem 
Frost  nicht  ausgesetzt  gewesenen  gleichartigen  Proben,  nur  war  bei 
allen  dem  Frost  ausgesetzt  gewesenen  Probestücken  das  Innere 
merklich  nässer  als  bei  den  anderen.  Max  Gary. 


')  Vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1890,  S.  53  f. 


Vermischtes 


Ehrenbezeigungen.  Der  unsern  Lesern  aus  zahlreichen  Beiträgen 
im  Centralblatt  der  Bauverwaltung,  namentlich  aber  durch  die  aus¬ 
gezeichnete  Veröffentlichung  des  Mainzer  Domes  in  der  Zeitschrift 
für  Bauwesen  (Jahrg.  1884)  sowie  durch  seine  sonstigen  archäologi¬ 
schen  Forschungen  bekannte  Geistliche  Eath  Dr.  Friedr.  Schneider 
ln  Mainz  ist  von  dem  Bischof  von  Mainz  zum  Ehrendomherrn  er¬ 
nannt  worden.  In  dem  betreffenden  Erlasse  wird  betont,  dafs  durch 
•diese  seltene  Auszeichnung  der  Anerkennung  Ausdruck  verliehen 
werden  solle,  welche  der  Ernannte  namentlich  wegen  seiner  beson¬ 
deren  Verdienste  um  die  Baugeschichte  und  Wiederherstellung  des 
Mainzer  Domes  durch  seine  Schriften  wie  durch  seine  thätige  Mit¬ 
hülfe  sich  erworben  habe. 

Der  Geh.  Eegierungsrath  Prof.  Johannes  Otzen  in  Berlin  ist 
vom  „Eoyal  Institute  of  British  Architects“  in  London  zum  Ehren- 
mitgliede  ernannt  worden. 

An  der  technischen  Hochschule  in  Beriin  sind  seitens  der  Ab- 
thellungs-Collegien  bezw.  der  Section  für  Schiffbau  zu  Abtheilungs- 
bezw.  Sections- Vorstehern  für  das  Amtsjahr  vom  1.  Juli  1890  bis 
30.  Juni  1891  gewählt  und  durch  Erlafs  des  Herrn  Cultusministers 
vom  14.  Juni  d.  J.  bestätigt  worden:  1)  Professor  Schäfer  für  die 
Abtheilung  für  Architektur,  2)  Professor  Dietrich  für  die  Abthei¬ 
lung  für  Bauingenieurwesen,  3)  Professor  Ludewig  für  die  Abthei¬ 
lung  für  Maschinen-Ingenieurwesen,  4)  Professor  Dr.  Liebermann 
für  die  Abtheilung  für  Chemie  und  Hüttenkunde,  5)  Professor  Dr. 
Lampe  für  die  Abtheilung  für  allgemeine  Wissenschaften  und  6)  der 
Wirkl.  Admiral.-Eath  a.  D.  Görris  für  die  Section  für  Schiffbau. 

Der  Verkehr  auf  dem  Main.  Durch  die  Canalisirung  des  Mains 
Ton  Mainz  bis  Frankfurt  und  infolge  der  Anlage  der  städtischen 
Hafen-  und  Lagerhaus-Einrichtungen  hat  sich  der  Verkehr  dauernd 
günstiger  entwickelt.  Derselbe  ist  ohne  den  Flofsverkehr 
von  311586  Tonnenkilometern  im  Jahre  1880,82 

auf  15  352452  Tonnenkilometer  „  „  1887 

„  20  551 352  „  „  „  1888 

„  29 159  283  „  „  „  1889 

;gestiegen.  Es  hat  sich  somit  die  Verkehrsleistung  der  canalisirten 
Mainstrecke  gegen  das  Jahr  1882  im  Jahre  1887  auf  das  49fache, 
1888  auf  das  66fache  und  1889  auf  das  93fache  erhöht. 

Der  höchste  kilometrische  Verkehr  belief  sich  auf  der  33  km 
ilangen  canalisirten  Mainstrecke  auf 

9  442  Tonnen  im  Jahre  1880/82 

494193  „  „  „  1887 

696  759  „  „  „  1888 

939  446  „  „  „  1889. 

Hierzu  tritt  der  Flofsverkehr  mit  155  442,5  Tonnen  im  Jahre  1889. 

Der  Schiffsverkehr  durch  die  Schleuse  bei  Frankfurt  a.  M.  hat 
betragen  im  Jahre  1889 


im  ganzen 

Schitfszahl 
zu  Berg 

ZU  Tlial 

Ladung 

zu  Berg  zu  Thal 

8093 

4051 

4042 

417  946 

141 327 

Dg. 


Zur  Frage  der  Feuerlöschgranateii.  Unter  Bezugnahme  auf 
die  Mittheilungen  des  Herrn  Branddirector  Stolz  auf  Seite  207  d.  J. 
über  die  Imperial -Feuerlöschgranaten  (vergl.  auch  Jahrgang  1889, 
Seite  425  d.  Bl.)  geht  uns  seitens  des  Herrn  Paul  Kröhmer  in  Magde¬ 
burg-Neustadt,  welcher  dieses  Löschmittel  vertreibt,  mit  der  Bitte 
um  Veröffentlichung  ein  Zeitungsausschnitt  aus  dem  „Kleinen  Journal“ 
vom  7.  September  1889  zu.  Danach  soll  der  internationale  Congrefs 
von  Branddirectoren  und  Feuerwehrleuten,  welcher  zu  jener  Zeit  in 
Paris  im  Trocadero- Palast  unter  dem  Vorsitz  des  Ministers  des 
Innern,  Herrn  Constans,  und  unter  der  Präsidentschaft  des  Herrn 
Eaincourt,  des  Pariser  Branddirectors,  getagt,  sich  über  die  Imperial- 
Feuerlösch-Granaten  infolge  angestellter  Versuche  sehr  anerkennend 


ausgesprochen  haben;  auch  sei  der  Gesellschaft  durch  Herrn  Constans 
das  Ehrendiplom  und  die  silberne  Medaille  zuertheilt  worden. 

Gleichzeitig  erhielten  wir  von  Herrn  Branddirector  Stolz  in 
Magdeburg  nachstehenden  Bericht  über  weitere  Löschproben,  welche 
mit  Feuerlöschgranaten  angestellt  sind: 

„Am  28.  Mai  d.  J.  fand  auf  der  Lackfabrik  des  Herrn  Blume  in 
Magdeburg  eine  Löschprobe  mit  Löschgranaten  statt,  welche  von 
dem  Verkäufer  derselben  selbst  geleitet  wurde.  In  der  Lackkocherei 
wurde  ein  Kessel  mit  12  bis  15  kg  Leinöl  bis  zum  Selbst-Entzünden 
erhitzt.  Als  das  Feuer  seinen  Höhepunkt  erreicht  hatte,  warf  der 
Verkäufer  eine  Granate  an  den  inneren  Kesselrand,  sodafs  dieselbe 
zerschellte;  in  demselben  Augenblicke  schlug  die  Flamme  hoch  auf, 
das  brennende  Oel  spritzte  umher  und  alle  Anwesenden  flohen  er¬ 
schreckt  aus  dem  Baume.  Nur  einem  glücklichen  Zufall  war  es  zu 
verdanken,  dafs  eine  Verletzung  der  Anwesenden  durch  das  umher¬ 
spritzende  Oel  nicht  stattgefunden  hatte.  Nachdem  einige  in  den 
Eaum  zurückgekehrt  waren,  wurde  noch  eine  Löschgranate  in  den 
Eauchfang  des  Schornsteins,  in  welchem  sich  gleichfalls  die  an¬ 
haftenden  Harztheile  entzündet  hatten,  geworfen,  aber  ohne  jeden 
Erfolg.  Da  mit  den  Löschgranaten  das  Feuer  nicht  zu  bewältigen 
war,  wurde  dasselbe  schliefslich  mit  einer  kleinen  Eimerspritze, 
welche  etwa  einen  halben  Eimer  Wasser  enthielt,  ohne  Schwierig¬ 
keiten  gelöscht.  Im  Anschlufs  hieran  wurde  im  Freien  ein  Haufen 
von  Brennstoffen  aus  kleinen  Harzkisten,  Körben,  Lackfiltern  usw. 
auf  dem  Hofe  zusammengetragen,  das  Ganze  mit  Oel  übergossen 
und  dann  angezündet.  Das  Feuer  entwickelte  sich  infolge  der  guten 
Nahrung  alsbald  mit  sehr  grofser  Flamme,  und  als  dieselbe  ihren 
Höhepunkt  erreicht  hatte,  wurde  das  Feuer  von  dem  Verkäufer 
gleichfalls  mit  Granaten  bekämpft.  Auch  bei  diesem  zweiten  Ver¬ 
suche  blieben  dieselben  ohne  jegliche  Wirkung  und  das  Feuer 
brannte  ruhig  weiter;  eine  von  den  fünf  geworfenen  Granaten,  die 
auf  weiches  Filterzeug  gefallen  war,  platzte  erst  nachträglich,  ohne 
irgend  welche  Wirkung  zu  zeigen.  Schliefslich  wurde  das  Feuer 
auch  hier  in  einigen  Augenblicken  mit  der  kleinen  Eimerspritze 
gelöscht. 

Am  10.  Juni  wurde  von  dem  Verkäufer  der  Löschgranaten  eine 
dritte  Löschprobe,  ähnlich  wie  die  vorhin  erwähnten,  auf  demselben 
Grundstück  vorgenommen.  Diesmal  wurde  jedoch  der  Kessel  mit 
dem  brennenden  Leinöl  aus  dem  Herd  abgehoben  und  dicht  an  die 
massive  Wand  gestellt.  Nachdem  derselbe  eine  für  das  Werfen  der 
Granaten  günstige  Stelle  erhalten  hatte,  warf  der  Verkäufer  fünf 
bis  sechs  Granaten  an  die  Wand  unmittelbar  über  den  Kessel.  Die 
Wirkung  war  auch  hier  wieder  gleich  Null,  das  Feuer  brannte  unge¬ 
stört  weiter,  und  der  Verkäufer  erklärte  nach  all  diesen  Mifserfolgen, 
mit  Granaten  dieser  Art  Feuer  überhaupt  nicht  löschen  zu  können. 
Ein  Arbeiter  der  Fabrik  erstickte  alsdann  das  nicht  ganz  unbedeutende 
Feuer  durch  Auflegen  des  Deckels  auf  den  Kessel.  Hieran  schlofs 
sich,  wie  am  28.  Mai,  ein  vierter  Versuch  im  Freien  mit  ähnlichem 
Material  wie  früher,  nur  wurden  hierbei  hinter  das  Feuer  Kisten, 
welche  gegen  die  Mauer  abgesteift  wurden,  aufgestellt,  um  eine  feste 
Wand  zum  Zerschellen  der  Granaten  zu  haben.  Die  in  das  Feuer 
hineingeworfenen  etwa  15  Stück  zerschellten  wohl  an  der  Holzwand, 
löschten  auch  das  Feuer,  welches  sich  derselben  mitgetheilt  hatte, 
auf  den  Herd  des  Feuers  jedoch  blieben  sie  ohne  W^irkung.  Zuweilen 
war  nach  der  einen  oder  anderen  Granate  je  nach  der  Menge  des 
einströmenden  Wassers  das  Feuer  stellenweise  gelöscht,  jedoch  nur 
für  Augenblicke ;  es  brannte  dann  ruhig  weiter,  sodafs  es  schliefslich 
mit  der  kleinen  Eimerspritze  und  einem  halben  Eimer  Wasser  ge¬ 
löscht  werden  mufste. 

Da  das  bei  all  diesen  Proben  zum  Löschen  benutzte  Wasser  mit 
sogenannter  Löschmasse  versetzt  worden  war,  so  handelte  es  sich 
für  den  Besitzer  der  Fabrik  darum,  zu  wissen,  welchen  Erfolg  reines 
Wasser  dem  sogenannten  Löschwasser  gegenüber  habe.  Zu  diesem 
Zwecke  fand  eine  fünfte  Löschprobe  auf  genanntem  Fabrikgrund- 


292 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


12.  Juli  1890. 


stück  am  21.  Juni  statt,  welcher  auch  der  Unterzeichnete  beiwohnte. 
Es  wurden  zwei  Haufen  leicht  entzündbarer  Brennstoffe,  wie  bei 
den  früheren  Proben  iin  Freien  hergestellt,  mit  Oel  begossen  und 
angezündet.  Nachdem  die  Feuer  ihren  Höhepunkt  erreicht  hatten, 
wurden  dieselben  von  zwei  Arbeitern  der  Fabrik  mit  zwei  kleinen 
Eimerspritzen  bekämpft,  das  eine  Feuer  mit  chemisch  zubereitetem 
Löschwasser,  das  andere  mit  reinem  Wasser.  Beide  Wassermassen 
waren  gleich  grofs.  Die  verbrauchten  Wassermasseu  und 
die  Wirkung  bei  beiden  Feuern  waren  vollständig  gleich, 
jedes  derselben  wurde  mit  kairm  einem  halben  Eimer  Wasser  ohne 
Schwierigkeiten  gelöscht.  Ein  sechster  gleicher  Versuch  wurde  noch 
mit  reinem  Wasser  und  mit  solchem,  welches  mit  Kochsalzlösung 
gesättigt  war,  vorgenommeu;  auch  hier  wurden  die  Feuer  gleich- 
mäfsig  durch  die  gleichen  Wassermassen  bewältigt. 

Diese  Versuche  haben  wiederholt  unwiderleglich  bewiesen,  dafs 
alle  chemischen  Zusätze  zum  Wasser  auf  die  Löschfähigkeit  des¬ 
selben  nicht  den  mindesten  Einflufs  haben,  denn  die  dünne  Salz¬ 
kruste,  welche  sich  auf  einzelnen  Holztheilen  bildet,  ist  vollständig 
bedeutungslos,  und  von  sog.  feuererstickenden  Gasen  ist  überhaupt 
nichts  zu  merken;  reines  unver  mischt  es  Wasser  ist  somit 
zum  Feuer  löschen  genau  von  derselben  Wirkung,  wie 
chemisch  zubereitetes.  Sie  haben  ferner  gezeigt,  dafs  die  Be¬ 
nutzung  des  Wassers  in  Flaschen  (wie  bei  den  Granaten)  zu  Lösch¬ 
zwecken  eine  sehr  fragliche  und  sehr  beschränkte  ist,  und  dafs  das 
beste  und  billigste  Löschmittel  trotz  aller  marktschreierischen  An¬ 
preisungen  und  Löschversuche  der  Strahl  des  natürlichen  Wassers 
ist  und  bleibt.  Eegierungs -Baumeister  Stolz,  Branddirector.“ 

Eine  Weiche  mit  feststehenden  Zungen  und  hewegliehen  JJacken- 
schienen  ist  in  America  versuchsweise  und,  wie  die  Engineeriny 
Eews  mittheilen,  mit  günstigem  Erfolg  angewendet  worden.  Die 
nachstehenden  Abb.  1,  2  und  3  zeigen  die  allgemeine  Anordnung 
derartiger  Weichen.  Behufs  Umstellung  derselben  werden  von  dem 
Stellbock  Ä  aus  mittels  der  Zugstange  A  ß  die  Schieneupaare  C  D 
und  CE  in  dem  einen,  FG  und  FH  in  dem  andern  durchlaufen¬ 
den  Geleis  bei  den  Punkten  C  und  F  in  der  einen  oder  andern 
Kichtung  seitwärts  bewegt,  sodafs  um  die  Punkte  B,  E,  G  und  H 
geringe  Drehungen  stattfinden.  Der  seitliche  Ausschlag  ist  so  be¬ 
messen,  dafs  in  den  Endstellungen  der  Weiche  an  der  Zungenspitze 
64  mm  Spielraum  vorhanden  ist.  Die  Zugstange  A  B  ist  bei  Jund  K 
mittels  Pendelstützen,  wie  in  Abb.  2  gezeigt,  drehbar  gelagert  und 
wird  infolge  dessen  samt  den  Schienen  während  des  Umlegens  von 
ihren  Auflagern  bei  C  und  F  etwas  abgehoben,  und  zwar  um  das 
Mafs  von  13  mm  bei  Halbstelluug  der  Weiche.  Hierdurch  wird  der 


A 

o 


ß 


Abb.  1.  Anordnung  der  Weiche.' 


Zugstange 


Abb.  2. 

Pendelstütze  bei 
J  und  K. 


Abb.  3. 


Aufhängung  einer 
Druckschiene. 


Vortheil  erreicht,  dafs  die  über  die  Weiche  fahrenden  Züge  die  etwa 
nicht  genau  anliegenden  Backenschienen  zum  festen  Schlufs  bringen. 
Im  übrigen  wird  in  der  obigen  Quelle  darauf  hingewiesen,  dafs  nicht 
unterlassen  werden  dürfe,  Vorkehrung  zn  treffen,  dafs  die  Weichen 
bei  der  Halbstellung  sich  nicht  im  Zustande  unsicheren  Gleichgewichts 
befinden,  sondern,  sich  selbst  überlassen,  sofort  in  die  eine  End¬ 
stellung  zurückkehren.  Die  Zugstange  ist  mit  zwei  seitlich  des  Ge¬ 
leises  drehbar  aufgehängten  Druckschienen  L  M  und  N  O  (Abb.  1 
und  3)  in  solcher  Weise  verbunden,  dafs  die  Druckschienen  und 
somit  auch  die  Weiche  von  den  Flanschen  der  darüber  fahrenden 
Räder  in  ihrer  Lage  festgehalten  werden  und  so  ein  Umstellen  der 
Weiche  unter  den  Zügen  mit  Sicherheit  vermieden  wird.  Die  Druck¬ 
schienen  haben  ferner  die  Wirkung,  dafs  die  mit  der  Weichenspitze 
fahrenden  Züge  bereits  vor  Erreichung  der  beweglichen  Backen¬ 
schienen  festen  Schlufs  der  Weiche  sichern.  Als  Vorzug  der  Weiche 
wird  ferner  hervorgehoben ,  dafs  die  gegen  die  Spitzen  fahrenden 
Züge  bereits  in  angemessener  Entfernung  vor  diesen  allmählich  nach 
der  Seite  gelenkt  werden. 

Nach  der  obengenannten  Zeitschrift  sollen  in  der  Nähe  von 
Boston  mehrfache  Versuche  mit  Weichen  der  beschriebenen  Art  an¬ 
gestellt  sein.  Dieselben  sollen  sich  gut  bewährt  haben,  namentlich 
auch  was  sanftes  Fahren  und  Haltbarkeit  betrifft.  Eine  dieser  Weichen 
soll  sich  seit  mehr  als  sechs  Jahren  im  Betriebe  befinden,  ohne  dafs 
bisher  Ausbesserungen  erforderlich  geworden  wären.  Ungangbar¬ 


werden  der  Weichen  durch  Schnee  soll  nicht  zu  befürchten  sein, 
weil  nur  die  äul'sersten  Zungen-Enden  mit  der  Backenschiene  in  Be¬ 
rührung  kommen.  Km. 

Bnclierscliaii. 

Bauuiiterhaltiiug  in  Haus  und  Hof  von  E.  Hilgers.  Handbuch 
zum  Beurth eilen  von  Neu-  und  Ausbesserungs- Arbeiten  an  Wohn-  und 
Wii’thschaftsgebäuden.  5.  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.  Wies¬ 
baden  1890.  Rud.  Bechtold  u.  Co.  378  S.  in  8“  mit  zahlreichen 
Holzschnitten.  Preis  geh.  5  J(,  geb.  6  Jl. 

Die  verdienstliche  Arbeit  des  leider  früh  verschiedenen  Verfassers 
hat  eine  fünfte  Auflage  erfahren.  Die  bewährte  Eintheilung  des 
Buches  ist  beibehalten,  Ei’gänzungen  und  Nachträge  sind  im  ein¬ 
zelnen  hinzugefügt.  So  werden  in  der  Einleitung  übersichtliche  An¬ 
gaben  über  die  Form  der  Baugesuche,  das  Wesen  der  Bauerlaubnifs, 
Verdingung  einzelner  Arbeiten,  Stempelpflicht,  Bauausführungen, 
Abnahme,  Abrechnung,  Schlufszahlung  u.  a.  gebracht.  Capitel  1  ist 
durch  Mittheiluug  von  Geschäftsadressen  und  Gewichtstabellen  ver¬ 
mehrt,  ferner  durch  Angaben  zur  Beurtheilung  der  Güte  des  Bau¬ 
holzes  sowie  durch  Tabellen  über  Rauminhalt  und  Widerstands¬ 
moment  der  Rundhölzer.  Die  Bemerkungen  über  Auftreten  und  Be¬ 
seitigung  des  Hausschwammes  sind  in  Capitel  5  verwiesen.  Die 
Preistabellen  über  geschnittene  Hölzer  verschiedener  Stärke  werden 
manchem  willkommen  sein.  Capitel  2  (Mörtelmaterialien)  ist  ganz 
umgearbeitet  und  hat  wesentlich  gewonnen.  Kalk-,  Cement-,  Trafs-, 
Gipsmörtel  und  Beton  sind  ausführlich  unter  Angabe  guter  Bezugs¬ 
quellen  besprochen  und  für  die  Zusammensetzung  von  Kalk-  und 
Cementmörtel  ausführliche  Tabellen  beigefügt.  Das  folgende,  dritte 
Capitel  ist  aus  der  Dienstanweisung  der  Bauinspectoren  der  Hochbau- 
Verwaltung  neu  hinzugekommen  und  mit  einfachen,  klaren  Zeichnungen 
versehen.  Vielleicht  geht  das  Buch  hierin  für  den  Nichttechniker 
etwas  zu  weit,  doch  ist  die  Art  der  Zusammenstellung  übersichtlich. 
Vielfach  sind  die  Preise  der  einzelnen  Bauarbeiten  und  Lieferungen 
gegen  früher  geändert;  eine  Spalte  ist  zum  Einträgen  ortsüblicher 
Preise  offen  gehalten.  Capitel  9  ist  wesentlich  erweitert.  Hölzerne 
Fufsböden,  Plattenfufsböden,  Pflaster  und  Estrich  sind  getrennt  be¬ 
schrieben  und  ihre  Herstellungskosten  unter  Beifügung  von  Skizzen 
angegeben.  Einen  wesentlichen  Vorzug  bietet  die  neue  Auflage  vor 
früheren  darin,  dafs  in  den  Capiteln  10  und  11  mehr  Gewicht  auf 
die  Beschlagtheile  gelegt  wird;  besonders  im  11.  Capitel  sind  die 
Zeichnungen  durch  Andeutung  der  Beschläge  wesentlich  verbessert 
und  für  den  Nichtfachmann  anschaulicher  gemacht.  Skizzen  zur 
Herstellung  einfacher  eiserner  Thore,  Thüren  und  Fenster  sind  eine 
weitere  zweckraäfsige  Zugabe,  ebenso  Zeichnungen  für  Fensterläden. 
Das  CajDitel  13,  eiserne  Säulen  und  Träger  umfassend,  ist  wesentlich 
erweitert;  ebenso  das  folgende.  Genietete  Träger  haben  eine  gröfsere 
Berücksichtigung  gefunden;  die  Angaben  zur  Berechnung  der  tragen¬ 
den  Constructionen  sind  erheblich  vermehrt.  Es  dürfte  Sorge  zu 
tragen  sein,  in  dieser  Beziehung  das  rechte  Mafs  zu  halten.  Der 
Techniker  findet  in  zahlreichen  Handbüchern,  Kalendern  usw.  die 
nöthigen  Angaben,  und  der  Nichttechniker  wird  um  so  weniger  ge¬ 
neigt  sein,  sich  auf  derartige  Berechnungen  einzulassen,  als  für  jede 
einigermafsen  zusammengesetzte  Construction  die  Baujjolizei  be¬ 
stimmte  Anforderungen  stellt,  die  er  doch  nicht  ohne  Schwierigkeiten 
erfüllen  kann. 

Vor  dem  „Zuviel“  dürfte  umsomehr  zu  warnen  sein,  als  die 
handliche,  ansprechende  Form  den  Leser  verleitet,  über  alles  mög¬ 
liche  in  dem  Buche  Auskunft  zu  suchen,  und  den  Bearbeiter  veran- 
lafst,  über  alles  mögliche  Auskunft  geben  zu  wollen.  Es  wird  den 
weiteren  Auflagen  am  besten  gedient  sein,  wenn  dieselben,  unter 
Berücksichtigung  neuer  Erfahrungen,  für  das  bereits  Gebotene  die 
kürzeste  und  klarste  Ausdrucksweise  suchen.  Zum  Beispiel  werden 
Angaben  wie  auf  S.  225  pos.  22  usw.  über  eiserne  Dachstühle  kaum 
besonderen  Werth  haben.  Sehr  brauchbar  sind  dagegen  praktische 
Bemerkungen,  wie  solche  in  das  Capitel  16  vielfach  eingeflochten 
sind:  Angaben  über  Schornsteinanlagen,  Oefen,  Brennstoffe  sowie 
die  Mittelwerthe  ihrer  Heizkraft.  Zweckmäfsig  sind  ferner  die  Aus¬ 
führungen  über  Fernsprech -Anlagen  sowie  das  viele  praktische  Winke 
enthaltende  Capitel  über  Beleuchtungswesen,  welches  sich  auf  Pe¬ 
troleum-,  Gas-  und  elektrische  Beleuchtung  ausdehnt  und  bezügliche 
Preisangaben  enthält. 

In  den  Capiteln  über  Wasser-  und  Canal-Anlagen,  Brunnen  usw., 
Wegeunterhaltung  sind  mehrfach  kleine  Kostenanschläge  von  ab¬ 
geschlossenen  Ausführungen  nicht  unzweckmäfsig  eingeschaltet. 

Es  würde  zu  weit  führen,  auf  alle  Aenderungen  aufmerksam  zu 
machen,  welche  das  Werkchen  in  seiner  jetzigen  Gestalt  vor  den 
früheren  Ausgaben  zeigt.  Es  mufs  zusammenfassend  als  ein  gutes, 
brauchbares  Nachschlagebuch  bezeichnet  werden,  welches  für  den 
Nichtfachmann  verständlich  und  für  den  Techniker  bequem  und 
handlich  ist.  L.  B. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Williclin  Ernst),  Berlin.  Für  die  Hedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


293 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  19. 

Juli  1890.  Nr.  29. 

Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Circnlar-Erlafs  vom  28.  Juni  1890,  betr.  die  Revision  der  zu 
Justizzwecken  dienenden  Miethsgebäude  usw.  —  Circular- Erlafs  vom  4.  Juli  1890, 
betr.  die  Ueberweisung  der  Regierungs  -  Baumeister  an  die  Bezirks-Regierungen.  — 
Personal  Nachricbten  —  Nichtamtliches:  Berechnung  des  Zweigelenkbogens.  — Grab- 

denkmal  des  Kaisers  Hadrian.  —  Neuere  Arten  zerlegbarer  eiserner  Brücken.  — 
Vermischtes:  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  der  Provinz  Westfalen.  —  Technische 
Hochschule  in  Dariustadt.  —  Höherlegung  eines  Häuserblocks  in  Boston.  —  Büclier- 
schau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Circular-Erlafs,  betreffend  die  Revision  der  zu  Justizzwecken 
dienenden  Mietlisgebäude  usw. 

Berlin,  den  28.  Juni  1890. 

Inhaltlich  eines  von  dem  Herrn  Justizminister  mir  mitgetheilten 
Berichts  der  Vorstandsbeamten  des  Königlichen  Oberlandesgerichts 
in  Breslau  haben  Ew.  Hochwohlgeboren  es  abgelehnt,  die  Revision 
der  gerichtlichen  Geschäfts-  und  Gefängnifsgebäude  durch  die  König¬ 
lichen  Kreis-Bauinspectoren  auch  auf  die  für  Rechnung  der  Staats¬ 
kasse  zu  unterhaltenden,  zu  Justizzwecken  dienenden  Miethslocalien 
erstrecken  zu  lassen.  Hiermit  vermag  ich  mich  nicht  völlig  einver¬ 
standen  zu  erklären,  erachte  es  vielmehr  im  Einverständnifs  mit  dem 
Herrn  Justizminister  für  zweckmäfsig,  dafs  die  Baubeamten  ver¬ 
pflichtet  werden,  jährliche  Revisionen  nach  §  110  der  Dienstanweisung 
für  die  Bauinspectoren  der  Hochbauverwaltung  vom  1.  October  1888, 
abgesehen  von  den  eigentlichen  Staatsgebäuden,  auch  bei  solchen 
Gebäuden  vorzunehmen,  welche  von  Gemeinden  oder  Privaten  allein 
für  die  Zwecke  der  Justizverwaltung  erbaut  und  von  letzterer  auf 
die  Dauer  des  Bestehens  des  Amtsgerichts  an  dem  betreffenden  Ort 
angemiethet  werden,  an  deren  sachgemäfser  Unterhaltung  der  Fiscus 
daher  dasselbe  Interesse  hat,  als  wenn  es  sich  um  eigentliche  Staats¬ 
bauten  handelt.  Selbst  wenn  die  Unterhaltung  der  Substanz  der¬ 
artiger  Gebäude,  wie  es  öfter  der  Fall  ist,  vertraglich  den  Gemeinden 
usw.  obliegt,  ist  eine  regelmäfsige  Besichtigung  dieser  Gebäude  durch 
den  Baubeamten  nicht  zu  entbehren,  da  ihm  dann  obliegen  wird,  darauf 
zu  achten,  dafs  die  Gemeinden  usw.  ihren  Verpflichtungen  ordnungs- 
mäfsig  nachkommen. 

Die  Bestimmungen  des  §  110  der  gedachten  Dienstanweisung 
auch  auf  die  übrigen  angemietheten  Räume  auszudehnen,  welche  in 
mehr  oder  minder  kurzer  Zeit  dem  Fiscus  gekündigt  oder  von  ihm 
aus  anderen  Gründen  aufgegeben  werden  können,  erscheint  nicht 
nothwendig,  zumal  es  sich  dabei  meist  um  ganz  unerhebliche 
Reparaturen  handeln  wird.  Nur  für  den  Fall  etwa,  dafs  letztere 
bei  derartigen  Localen  für  ein  Jahr  nach  Meinung  der  betreffenden 
Gerichtsbehörde  den  Betrag  von  500  Mark  überschreiten,  würde  auf 
besonderen  Antrag  der  Baubeamte  seitens  Ew.  Hochwohlgeboren  mit 
der  Besichtigung  der  fraglichen  Baulichkeiten  und  Behandlung  der 
Sache  nach  §  110  der  erwähnten  Dienstanweisung  zu  beauftragen  sein. 

Ew.  Hochwohlgeboren  ersuche  ich  ergebenst,  die  Baubeamten 
Ihres  Verwaltungsbereichs  gefälligst  mit  entsprechender  Weisung  zu 
versehen,. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

An  den  Königlichen  Regierungs-Präsidenten  Herrn 
Dr.  V.  Bitter,  Hochwohlgeboren  in  Oppeln. 

Abschrift  erhalten  Ew.  .  .  zur  Kenntnifsnahme  und  gleichmäfsigen 
Beachtung. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

V.  Maybach. 

An  die  übrigen  Königlichen  Regierungs-Präsidenten 
und  die  Königliche  Ministerial-Bau-Commission. 

III  12135. 


Circillar-Erlafs,  betreffend  die  Ueberweisung  der  Regierungs- 
Baumeister  an  die  Bezirks -Regierungen. 

Berlin,  den  4.  Juli  1890. 

Unter  Aufhebung  des  Rund -Erlasses  vom  16.  März  1883  — 
IH.  4251*)  —  bestimme  ich  folgendes: 

Für  Hochbauten,  deren  Kosten  aus  dem  Extraordinarium  des 
Staatshaushalts -Etats  bestritten  werden,  bedarf  es  von  jetzt  ab  be¬ 
sonderer  Anträge  auf  Ueberweisung  von  Regierungs-Baumeistern  nicht. 

Solche  Anträge  sind  nur  erforderlich  für  Wasserbauten  der  vor¬ 
gedachten  Art  sowie  für  Hoch-  und  Wasserbauten,  deren  Mittel  aus 


anderen  Staatsfonds  bezw.  theilweise  von  Gemeinden  usw.  bestritten 
werden,  oder  sofern  es  sich  um  Ueberweisung  von  Hülfsarbeitern  für 
die  Regierungs-  und  Bauräthe  bezw.  die  Kreisbauinspectoren  handelt. 

Diese  Anträge  sind  je  nach  Bedürfnifs,  für  die  fraglichen  Bauten 
aber  erst  dann  zu  stellen,  wenn  die  Genehmigung  zur  Ausführung 
derselben  von  dem  betreffenden  Herrn  Ressortminister  ertheilt  ist. 

In  den  bezüglichen  Berichten  ist  jedesmal  unter  entsprechender 
Begründung  anzugeben,  auf  wie  lange  Zeit  voraussichtlich  ein  Re¬ 
gierungs-Baumeister  zu  überweisen  sein  wird. 

Im  übrigen  ist  von  jetzt  ab  spätestens  bis  zum  31.  December 
jeden  Jahres  anzuzeigen,  welche  von  den  in  dem  Bezirk  der  König¬ 
lichen  Regierung  usw.  beschäftigten  Regierungs  -  Baumeistern  zum 
nächsten  1.  April  oder  später  im  Laufe  des  folgenden  Jahres  zur 
anderweitigen  Verwendung  verfügbar  werden. 

Bei  der  Berichterstattung  hierüber  mufs,  sofern  der  betreffende 
Baumeister  bei  einer  Bauausführung  thätig  ist,  abgesehen  von  beson¬ 
deren  Verhältnissen,  davon  ausgegangen  werden,  dafs  der  bezügliche 
Bau  vollendet  ist,  und  auch  die  Abrechnungsarbeiten,  einschliefslich 
der  etwa  zu  fertigenden  Revisions-Kosten-Nachweisung,  sowie  die 
Inventarien- Zeichnungen  im  wesentlichen  fertig  gestellt  sind,  die 
etwa  verbleibenden,  nicht  erheblichen  Restarbeiten  aber  mit  Sicher¬ 
heit  von  dem  zuständigen  Localbaubeamten  allein  binnen  kurzem 
zum  Absehlufs  gebracht  werden  können. 

Hinsichtlich  der  den  Königlichen  Regierungen  usw.  bezw.  den 
Localbaubeamten  als  Hülfsarbeiter  überwiesenen  Regierungs -Bau¬ 
meister  ist,  wenn  die  fernere  Beschäftigung  über  den  1.  April  hinaus 
gewünscht  wird,  dies  unter  Angabe  des  in  Aussicht  zu  nehmenden 
Endtermins  kurz  zu  begründen. 

Die  Berichte  sind  für  die  einzelnen  R  egierungs  -  Bau¬ 
meister  gesondert  zu  erstatten. 

Stellt  sich  nachträglich  die  Nothwendigkeit  heraus,  einen  Re¬ 
gierungs-Baumeister  über  den  angegebenen  Zeitpunkt  hinaus  weiter 
zu  beschäftigen,  so  ist  hiervon  thunlichst  zeitig,  mindestens  aber 
6  Wochen  vor  Ablauf  des  früher  angegebenen  Termins  Anzeige  zu 
erstatten.  Ebenso  ist  im  umgekehrten  Falle  die  Abkömmlichkeit 
eines  Regierungs-Baumeisters,  welche  früher,  als  ursprünglich  ange¬ 
nommen  war,  eintritt,  mindestens  6  Wochen  vorher  zu  melden. 

Endlich  bedarf  es  weiterer  besonderer  Anzeige  mindestens 
6  Wochen  vor  Beendigung  der  einem  Regierungs -Baumeister  zuge¬ 
wiesenen  Beschäftigung  auch  in  den  Fällen,  wo  im  Decemberbericht 
die  Zeit  der  Abkömmlichkeit  nicht  bestimmt,  bezw.  nur  annähernd 
angegeben  werden  konnte. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

V.  Maybach. 

An  die  Herren  Regierungs-Präsidenten,  die  Herren 
Chefs  der  Strombauverwaltungen,  das  Königliche 
Polizei-Präsidium  und  die  Königliche  Ministerial- 
Bau-Commission  hierselbst.  —  III.  10871. 


Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  im  Mini¬ 
sterium  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medicinal- Angelegenheiten 
angestellten  Land -Bauinspector  Bürckner  in  Berlin  den  Rothen 
Adler-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Der  bisherige  König!.  Regierungs-Baumeister  Heimsoeth  ist  als 
Königl.  Kreis-Bauinspector  in  Wiesbaden  angestellt  und  der  Königl. 
Regierungs-Baumeister  Dietrich  in  Marienburg  zum  Eisenbahn-Bau- 
und  Betriebsinspector  unter  Verleihung  der  Stelle  eines  solchen  im 
Bezirk  der  Königlichen  Eisenbahndirection  Bromberg  ernannt  worden. 
Der  Letztere  verbleibt  in  seiner  Beschäftigung  beim  Brückenbau  in 
Marienburg. 

Der  Königl.  Regierungs-Baumeister  Paul  Döbbel  ist  gestorben. 


*)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1883,  S.  101. 


294 


19.  .Juli  1890. 


Centralblatt  der  Bauvervvaltüug’. 


Bayern. 

Zu  Ober-Iiigenieureu  bei  der  General -Direction  sind  ernannt: 
die  Bezirks  -  Ingenieure  bei  der  General -Direction  Michael  Es  dien - 
beck,  Franz  Weikard  und  Albert  Jiiger. 

Zu  Bezirks -Ingenieuren  sind  ernannt:  die  Betriebs -Ingenieure 
Adolph  Grau  und  Karl  Straub  bei  der  General-Direction,  Kasimir 
Ost  er  ehr  ist  in  Eisenstein,  Eudolph  Klingsohr  in  Rosenheini, 
Joseph  Weil  in  Mühldorf,  Cornel  v.  Moro  in  Lindau,  Lorenz 
Demeter  in  Memmingen,  Emil  Knorr  in  Würzburg,  August  Eoos 
in  Eosenheim,  Heinrich  Zelt  bei  der  General-Direction,  Karl  Frhr. 
V.  Lerchenfeld-Aham  in  Donauwörth,  Ludwig  Längenfelder  bei 
der  General-Direction  und  Eduard  Pendele  bei  dem  Ober-Bahnamte 
München.  Der  Abtheilungs-Ingenieur  bei  dem  Ober-Bahnamte  Bamberg, 
Eugen  Frhr.  v.  Schacky,  ist  zum  Secretär  (zum  Verwaltungsdienst 
gehörig)  bei  dem  Ober-Bahnamte  Bamberg  ermannt. 

Zu  Betriebs-Ingenieuren  sind  ernannt:  die  Abtheilungs-Ingenieure 
Oskar  Zahn  in  Nürnberg,  Heinricli  Endres  in  München  (Vorstand 
der  Eisenbahn-Bausection),  Ferdinand  Wagner  in  Kirchseeon  (Vor¬ 
stand  der  Imprägniranstait),  Eduard  Schöutag  in  Kempten,  August 
Koscher  in  Landshut,  Max  Thenn  in  Regensburg,  Alexander 
Panzer  in  Ansbach,  Gottfried  Wagner  in  Eger,  Johann  Perzl  in 
Landshut,  Nikolaus  Körper  in  Nürnberg,  Heinrich  Schon-  in 
Würzburg,  Thomas  Baumgärtel  in  Treuchtlingen,  Johannes 
Schrenk  in  Bamberg,  Karl  Theuerner  in  Eosenheim,  Franz  Xaver 
Schmid  bei  der  General-Direction,  Karl  Schilcher  in  Aschaffen¬ 
burg,  Emanuel  Lutz  in  Freyung  (Sectionsvorstand),  Christian 
Giegler  in  Augsburg,  Ludwig  Sperr  in  Kempten  und  Heinrich 
Zeulmann  bei  der  General-Direction. 

Zu  Abtheilungs  -  Ingenieuren  sind  ernannt :  die  Ingenieur- 
Assistenten  Karl  Loy  in  Donauwörth,  Paul  Stein  in  Eger,  Albert 
Frank  bei  der  Eisenb.-Bausection  in  München,  Friedrich  Dercum  bei 


dem  Ober-Bahnamte  in  Bamberg,  Johann  Eofskopf  b.  d.  General-  i 
Direction  in  München,  August  Mangold  b.  d.  Eisenb.-Bausection  in 
Bamberg,  Friedrich  Reinsch  b.  d.  Ober-Bahnamte  in  Eosenheim, 
Otto  Engel  b.  d.  Eisenb.-Bausect.  in  Hof,  Kasimir  Frhr.  v.  Pech-  i 
mann  b.  d.  Ober-Bahnamte  in  München,  Albrecht  v.  Bezold  b.  d. 
Ober-Bahnamte  in  Augsburg,  Friedrich  Fahr  b.  d.  Ober-Bahnamte 
in  Würzburg,  Gottlieb  Gumprich  b.  d.  General-Direction  in  München, 
August  Eexroth  b.  d.  Ober-Bahnamte  in  Würzburg,  Karl  Maistre 
b.  d.  Ober-Bahnamte  in  Ingolstadt,  Friedrich  Köfsler  und  Ludwig 
Frhr.  v.  Neubeck  b.  d.  Ober  -  Bahnamte  in  München,  Theobald 
Ritter  im  Stande  der  Eisenb.-Bausect.  Bamberg  in  Lichtenfels, 
Eligius  IMarggraff  b.  d.  Ober-Bahnamte  in  München,  Karl  West¬ 
hoven  b.  d.  Eisenb.-Bausect.  in  Passau,  Matthäus  Steinhäuser  b. 
d.  Eisenb.-Bausect.  in  Günzburg,  Friedrich  Kieffer  im  Stande  der 
Eisenb.-Bausect.  Hof  in  Cham,  Johann  Hafner  b.  d.  Eisenb.-Bausect. 
in  Passau,  Wilhelm  Weifs  b.  d.  Eisenb.-Bausect.  in  München  und 
August  Keif  b.  d.  Ober-Bahnamte  in  Augsburg. 

Versetzt  sind:  der  Bezirks -Ingenieur  Alois  Reinhard  von  Ingol¬ 
stadt  nach  Salzburg,  der  Bezirks -Ingenieur  August  Roos  von  Eger 
nach  Rosenheim,  der  Betriebs -Ingenieur  Oskar  Zahn  von  Nürnberg 
nach  Ingolstadt,  der  Abtheilungs-Ingenieur  Adam  E  ding  er  von  Lichten¬ 
fels  nach  Memmingen  und  der  Abtheilungs-Ingenieur  Joseph  Dorner 
von  Mühldorf  zum  Ober-Bahnamte  Nürnberg. 

Der  Betriebs-Ingenieur  Heinrich  Haas e  in  Salzburg  tritt  auf  ein 
Jahr  in  den  Ruhestand.  Der  Bezirks -Ingenieur  Heinrich  Pfälzer 
in  Eosenheim  tritt  für  immer  in  den  Ruhestand. 

Sachsen. 

Der  Regierungs  -  Bauführer,  geprüfte  Civil  -  Ingenieur  August 
Hermann  Franze  ist  zum  Kegierungs- Baumeister  hei  der  Königl. 
Strafsen-  und  Wasserbau -Verwaltung  ernannt  worden. 


[Alle  Eeclite  vorbelialten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Zur  Berechnung  des  Zweigelenkbogens. 


Den  in  Nr.  25  (Seite  254)  des  gegenwärtigen  Jahrgangs  d.  Bl. 
gegebenen  Mittheilungen  des  Herrn  Professor  Müller-Breslau, 
welchem  die  mathematisch  strenge  Begründung  der  einfachen  Formel 
für  den  Horizontalschub 

?,Pa(l  —  a) 

zu  verdanken  ist,  gestatte  ich  mir  kurz  noch  einige  auf  die  Berech¬ 
nung  der  Zweigelenkbogeir  bezügliche  Bemerkiurgen  beizufügen.*) 
Bei  Entwicklung  fraglicher  Formel  wurde  eine  parabolische 
Bogenachse  vorausgesetzt  und  von  dem  Einflufs  der  Verkürzung  der 
Bogenachse  durch  die  Normalkräfte  abgesehen;  der  Horizontalschub 
wird  hierdurch  etwas  zu  grofs  erhalten  (bei  der  Cobleuzer  Ehein¬ 
brücke  um  rund  5  pCt.).  Diese  Abweichung  ist  überall  dort  ohne 
Ijraktische  Bedeutung,  wo  nur  die  absolute  Gröfse  von  H  in  Betracht 
kommt,  wie  z.  B.  bei  Berechnung  der  Auflagergelenke  und  der 
Pfeiler;  auch  zur  Ermittlung  der  Belastungsscheiden  kann  Formel  1), 

4 

bezw.  die  derselben  entsprechende  Kämpferdrucklinie  — -a  ./ (hori- 

o 

zontale  Gerade)  unbedenklich  benutzt  werden.  Ganz  anders  liegt 
jedoch  die  Sache  bei  Bestimmung  der  inneren  Spannungen,  welche 
als  Unterschied  zwischen  den  Spannungen  des  frei  aufliegenden 
Trägers  und  den  von  H  hervorgerufenen  Spannungen  erscheinen. 
Hier  kann  schon  eine  geringe  Aenderung  von  H  eine  bedeutende 
Erhöhung  von  G  veranlassen,  sodafs  hier  ein  genaueres  Verfahren  am 
Platze  ist. 

Die  Berücksichtigung  des  Einflusses  der  Bogenverkürzung  kann 
nun  auf  doppelte  Weise  erfolgen.  Einmal  nach  dem  üblichen  Ver¬ 
fahren,  indem  man  obigen  Airsdruck  von  H  noch  mit  einem  gewissen 
Bruche  v  multiplicirt,  d.  h. 

3  P  a  {I  —  a) 


2) 


H  = 


Afl 


.  V  setzt. 


Für  sehr  flache  Bogen  erhält  v  den  bekannten  Werth 
_  1 

3)  ^ 


1  + 


8  p 


*)  In  Gleichung  1)  und  2)  des  oben  erwähnten  Aufsatzes  ist 
irrthümlich  der  Factor  3  im  Zähler  fortgelassen. 


wo  —  Trägheitsradius  des  Querschnitts  in  Bogenmitte.  Ist  der 
Bogen  als  Fachwerk  angeordnet,  wobei  h  =  Abstand  der  Gurtungen, 
Fg  und  =  Querschnitt  der  obern  bezw.  untern  Gurtung,  so  wird 
=  h‘^  F^P^^  :  {F^  F^y-,  Für  F^  —  F^  ergiebt  sich  hieraus 

1 

und  V—  — 15”^”  Uebereinstimmung  mit  dem  von 
^  32  75 

Müller-Breslau  auf  anderem  Wege  hergeleiteten  Ausdrucke.  Es 
wurde  hierbei  vorausgesetzt,  dafs  die  Kämpfergelenke,  wie  üblich,  in 
der  Bogenachse  angeorduet  seien,  eine  Voraussetzung,  welche  auch 
der  Gleichung  1)  zu  Grunde  liegt.  Bei  gröfseren  Pfeilverhältnissen 
/:  l  nimmt  der  Werth  von  v  zu;  man  kann  hierfür  den  Ausdruck 
setzen 

15  5  cos  1“  15^■2  1*) 


4)  =  1  :  [1  4 

wo  5  =  Bogenlänge, 


8/-- 

Ho 


1 

1 

\c 

D 

//i 

I  L  '  8  /■“  tg 

Winkel  der  Kämpfertangente  mit  der 

-S  cos  Cf'g 


Horizontalen.  Das  Verhältnifs 


l 


wird  in  nebenstehender  Abbildung  durch 
AD  :  AC  dargestellt.  Mit  wachsendem 
Pfeilverhältnifs  nähert  sich  dieser  Bruch 
dem  Werthe  0  und  somit  v  dem  Wer- 
-  e  - »  the  1.  Für  abnehmendes  Pfeilverhält¬ 
nifs  ist  der  Grenzwerth  des  Bruchs  gleich  1;  Gleichung  4)  geht 
dann  in  die  frühere  Gleichung  3  über. 

Das  zweite  Verfahren,  auf  welches  ich  in  der  Deutschen  Bau¬ 
zeitung  1881  S.  231  hingewiesen  habe,  besteht  darin,  dafs  man  zur 
Bestimmung  von  Fl  die  einfachere  Formel  1)  benutzt  und  sodann  nach¬ 
träglich  den  Einflufs  der  Bogenverkürzung  gleichzeitig  mit  den 
übrigen  Einflüssen,  welche  eine  Spannweitenänderung  darstellen 
(Ausweichen  der  Widerlager,  unrichtige  Länge  des  Eisenwerks,  Tem¬ 
peratureinflüsse),  berücksichtigt.  Für  Parabelbogen  ist  der  einer 
Spannweitenvergröfserung  z/Z  entsprechende  Horizontalschub 


5) 


H,  =  - 


15 

SfH 


V  = 


15  EFmiPJl 

SfH 


V  ) 


*)  Vgl.  Gl.  205  in  „Der  Brückenbau;  Eiserne  Bogenbrücken  von 
Schäft’er  und  Melan“. 


Nr.  29. 


Centralblatt  der  Bauverwaltun«:. 


295 


wobei  V  für  unsern  Zweck  genau  genug  gleich  1  gesetzt  werden 
kann.  ^  und  beziehen  sich  auf  den  Bogenquerschnitt  in 
Trägermitte. 

Es  ist  nun  =  z//i  + 

/I  l\  =  Spannweitenvergröfserung,  welche  der  Bogenverkürzung 
durch  die  Normalkräfte, 

Jh  —  Spannweitenvergröfserung,  welche  den  übrigen  Einflüssen 
entspricht. 

Die  Gröfse  J  l\  ist  naturgemäfs  für  die  verschiedenen  mafs- 
gebenden  Belastungsfälle  etwas  verschieden,  jedoch  um  so  weniger, 
je  mehr  die  ruhende  Belastung  überwiegt.  Es  genügt  für  die  Zwecke 
der  Anwendung,  unveränderlich  einzuführen,  und  zwar  in  der 

Regel  gleich  seinem  *Gröfstwerth ,  Dies  kann  um  so 

unbedenklicher  geschehen,  als  man  bezüglich  der  Gröfse  Jk,  welche 
in  der  Regel  ziffermäfsig  weit  stärker  ins  Gewicht  fällt  als  doch 
nur  auf  mehr  oder  minder  zutreffende  Schätzungswerthe  ange¬ 
wiesen  ist. 

Für  die  Querschnittsbestimmung  bei  Vollträgern  empfiehlt  sich 
folgendes  Verfahren.  Man  ermit¬ 
telt  zuerst  die  Spannung  (Tj  im 
Querschnitt  x,  welche  einer  Spann¬ 
weitenänderung  ^l,  bezw.  einem 
Horizontalschub  entspricht. 

N  ,  Me 
J 


cos 


F  J  Fm  ^  '  Im 

wenn  man  hier  näherungsweise  F  =  F^  :  cos  J  —  J^  \  cos 
setzt.  Nach  Einführung  des  Werths  von  IF  für  v  =  1  aus  Gl.  5) 
erhält  man 

IbEJl 


6) 


öl  = 


(- 


cos  ff  -|-  ye)  cos  cp, 


ein  Ausdruck,  welcher  den  beim  Entwerfen  vorerst  noch  unbekannten 
Querschnitt  F^  nicht  mehr  enthält.  Für  das  verhältnifsmäfsig 
geringen  Einflufs  übt,  kann  bei  gegebener  Bogenhöhe  h  leicht  ein 
zutreffender  Schätzungswerth  eingeführt  werden.  Ist  nun  die  zu¬ 
lässige  Spannung  ==  /c,  so  bleibt  für  die  Beanspruchung  durch  Eigen¬ 
gewicht  und  Verkehrsiast  noch  der  Betrag  k — öi  zur  Verfügung. 
Es  mufs  daher  sein 

,  JSr.  Me  1 

und  Querschnitt 

7)  F  ^ 


-  —  :  F 
e  '  e' 


Je  —  öl 

Hierbei  wurde  gesetzt  w=  W :  F  ■ 

Für  N  (Normalkraft)  und  M  (Moment)  führt  man  zweckmäfsig 
die  „Ersatzwerthe“  ein  (siehe  Zeitschr.  deutscher  Ing.  1889  S.  324), 
d.  h.  die  einer  gedachten  ruhenden  Belastung  entsprechenden 
Werthe,  welche  den  gleichen  Querschnitt  verlangen,  wie  die  wirk¬ 


liche,  z.  Th.  in  Bewegung  befindliche  Belastung.  Der  Werth  von  k 
ist  hierbei  unveränderlich,  gleich  der  Spannungszahl  für  ruhende 
Last,  anzunehmen. 

Die  Ersatzwerthe  werden  nach  der  genannten  Quelle  gleich  dem 
Gröfstwerth,  vermehrt  um  den  halben  Unterschied  zwischen  dem 
gröfsten  und  kleinsten  Werthe  der  betreffenden  Gröfsen  gesetzt, 
z.  B.  {M)  =  max  M  -|-  0,.ö  (max  M  —  min  M). 

Will  man  die  Querschnittsbestimmung  unter  Benutzung  der  Gl.  2) 
für  den  Horizontalschub  durchführen,  so  ist  hierbei  ö",  nach  folgender 
Gleichung  zu  berechnen 

\bEJl2  ■  V  f  ■  2  1  ^ 

=  - §7^^ —  (—  CO.S  (f  -i-  ye)  cos  ff,. 

Handelt  es  sich  um  einen  steifen  Fach  werkbogen,  so  können  die 
Gurtungsquerschnitte  desselben  mit  Hülfe  der  vorstehenden  Formeln 

bestimmt  wei'den.  Gewöhnlich  ist  zu  setzen  F^  =  F^  =  ^  U;  dann 

wird  i  —  e  =  w  =  ^  (halbe  Bogenhöhe) 

1.5  EJl 


6b) 


7a) 


ö,  = 


F  =  F  =  —  — 


1 


Je 


N 

■2 


M. 

Ji  J- 


Sind  hrernach  die  Gurtquer  schnitte  und  somit  auch  das  Trägheits- 

moment  =  F^  ermittelt,  so  ergiebt  sich  nach  Gl.  5)  der  Werth 

von  Hi.  Die  Querschnitte  der  Wandstäbe  können  sodann  leicht  nach 
einem  der  üblichen  Verfahren  bestimmt  werden. 

Aus  den  Gl.  6)  geht  hervor,  dafs  öj,  abgesehen  von  den  den 
Kämpfern  benachbarten  Querschnitten,  mit  der  Bogenhöhe  h  zunimmt; 
aus  den  Gl.  7),  dafs  die  Querschnitte  des  Bogens  mit  wachsendem  Ji 
anfänglich  abnehmen  und  dann  wieder  zunehmen.  Die  theoretisch 
günstigste  Bogenhöhe  kann  gefunden  werden,  indem  man  nach  Art 
des  in  der  Zeitschrift  für  Bauwesen  1877  entwickelten  Verfahrens 
das  Gesamtgewicht  als  Function  von  k  aufstellt  und  sodann  deren 
Kleinstwerth  bestimmt.  Ohne  näher  hierauf  einzugehen  ist  ersicht¬ 
lich,  dafs  Ä  um  so  gröfser  ausfallen  wird,  je  gröfser  k  und  je 
kleiner  H  l\  ferner  je  stärker  M  gegenüber  W,  d.  h.  je  mehr  die  Ver¬ 
kehrslast  überwiegt.  Eisenbahnbrücken  verlangen  daher  eine  gröfsere 
Bogenhöhe  als  Strafsenbrücken  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen; 
mit  wachsender  Spannweite  nimmt  das  günstigste  Höhenverhältnifs 
ab.  Anderseits  gestattet  ein  höherer  Pfeil  f  auch  eine  gröfsere 
Bogenhöhe  h  anzuwenden. 

Für  sehr  gröfse  Werthe  von  h  kann  ö^  ^  k  und  somit  F  — 
werden. 

Der  Einflufs  von  öj  bezw.  von  Hl  wird  unter  sonst  gleichen  Ver¬ 
hältnissen  um  so  geringer,  je  gröfser  A:,  d.  h.  je  besseres  Material 
für  den  Bogen  verwendet  wird.  Es  spricht  dies  neben  andern  Grün¬ 
den  dafür,  dafs  bei  Bogenbrücken  Stahl  von  gröfserer  Festigkeit  in 
Anwendung  gebracht  werde. 

Karlsruhe,  im  Juni  1890.  Fr.  Engefser. 


Das  Grabdenkmal  des  Kaisers  Hadrian. 


Von  wenigen  Denkmälern  des  klassischen  Rom  besitzen  wir  ansehn¬ 
lichere  Reste,  als  von  dem  Grabmal  Hadrians,  der  „Moles  Hadriani“, 
seit  dem  11.  Jahrhundert  Engelsburg  genannt.  Aber  die  kaum 
zu  irgend  einer  Zeit  des  Mittelalters  unterbrochene  Weiter-  und 
Umbildung  desselben,  dazu  die  Dürftigkeit  und  Oberflächlichkeit  der 
antiken  Beschreibungen,  von  denen  die  wichtigste  die  des  Procop, 
Gothenkrieg  I,  22,  ist,  gestatten  der  Phantasie  einen  derartigen  Spiel¬ 
raum,  dafs  die  in  Menge  angestellten  Wiederherstellungsversuche 
weit  auseinandergehen.  Am  bekanntesten,  weil  in  Ermangelung 
einer  besseren  unzählige  Male  (neuerdings  auch  auf  dem  jetzt  in 
Berlin  ausgestellten  Panorama  von  Bühlmann  und  Wagner)  wieder¬ 
holt,  ist  die  in  den  Hauptpunkten  willkürliche  Wiederherstellung 
Caninas.  Charakteristisch  an  derselben  ist  die  Annahme,  der  auf 
dem  quadratischen  Unterbau  sich  erhebende  runde  Kern  sei  mit 
einer  Säulenhalle  umgeben  gewesen,  über  diesem  runden  Kern  habe 
sich  ein  zweiter,  ebenfalls  mit  einer  Säulenhalle  geschmückter  Rund¬ 
bau  erhoben,  als  Bedeckung  habe  eine  mit  dem  bekannten  vatica- 
nischen  Pinienapfel  gekrönte  Kuppel  gedient  (Abb.  1).*)  Nicht  ge- 


*)  Es  ist  übrigens  zu  bemerken,  dafs  Canina  keineswegs  der 
erste  Erfinder  dieser  Darstellung  ist.  In  einer  von  Domenico  Pronti 
um  die  Wende  des  18.  und  19.  Jahrhunderts  herausgegebenen  Römi¬ 
schen  Vedutensammlung  findet  sich  eine  namenlose,  von  der  Canina- 
schen  sich  mxr  in  Einzelheiten,  und  zwar  zu  ihrem  Vortheil  unter¬ 
scheidende  Wiederherstellung. 


ringere  Willkür  beherrschte  die  Vorstellungen  von  der  inneren  Anlage 
des  Baues. 

Es  wurde  daher  allseitig  mit  Freude  begrüfst,  als  im  Jahre  1888  die 
italienischen  Ministerien  des  Cultus  und  des  Krieges  sich  vereinigten, 
um  Ausgrabungen  und  Erneuerungs  arbeiten  an  der  Engelsburg  zu  ver¬ 
anstalten.  Unter  der  umsichtigen  und  sachverständigen  Leitung  des 
Ingenieur  -  Hauptmanns  M.  Borgatti  sind  denn  auch  eine  ganze 
Reihe  von  Entdeckungen  gemacht  worden,  die  in  erster  Linie  über 
die  ursprüngliche  Gestalt  des  Denkmals,  dann  aber  auch  über  die 
Baugeschichte  des  Mittelalters  neues  Licht  verbreiten.  Borgatti  hat 
die  Ergebnisse  seiner  Untersuchungen  in  einem  Buche  veröffentlicht, 
das  den  Titel  führt:  Castel  Sant'  Angela  in  Roma,  storia  e  descrizione.*) 
Es  zerfällt  in  zwei  Hauptabschnitte:  1.  Geschichte  des  Castells 
von  seiner  Gründung  bis  heute  (S.  7 — 173);  2.  Beschreibung  des 
heutigen  Zustandes  des  Castells  (S.  173  — 196).  Beide  Theile  sind 
mit  einem  aufserordentlichen  Reichthum  an  Plänen,  Ansichten,  Hand¬ 
zeichnungen  usw.  (35  Tafeln)  ausgestattet. 

Unter  dem  vielen  Trefflichen,  was  das  Buch  bietet,  ist  für  unsere 
Leser  das  Interessanteste  der  Borgattische  Wiederherstellungsversuch 
(Cap.  1,  S.  7 — 28).  In  der  Darlegung  desselben  wendet  sich  der  Ver- 

*)  Castel  Sant’  Angelo  in  Roma;  storia  e  descrizione.  Bor¬ 
gatti  Mariano,  capitano  del  Genio.  Roma  1890.  Voghera  Carlo, 
tipografo  delle  LL.  MM.  il  Re  e  la  Regina.  215  Seiten  in  8®  mit 
vielen  Abbildungen.  Preis  8  Mark. 


296 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


19.  Juli  1890. 


fasser  zuerst  gegeu  Caniua  luui  macht  gegen  ilm  folgende  Punkte 
geltend  : 

1.  Die  Annahme,  dafs  der  runde  Kern  des  Denkmals  von  einem 
Säulengange,  in  den 
Intercolumnien  Stand¬ 
bilder,  umgeben  ge¬ 
wesen  sei  (Abb.  1),  ent¬ 
behrt  der  Begründung 
und  der  Wahrschein¬ 
lichkeit.  Das  hatte 
schon  Nibby  erkannt, 
der  auf  den  Mangel  jeg¬ 
licher  Andeutung  davon 
in  den  Beschreibungen 
des  heiligen  Leo  aus 
dem  5. Jahrhundert  und 
Procops  aus  dem  G. 

Jahrhundert  aufmerk¬ 
sam  machte,  aufserdem 
darauf,  dafs  der  Raum 
zwischen  der  Kante  des 
quadratischen  Unter¬ 
baues  und  der  Wand 
des  runden  Kernes  viel 
zu  schmal  ist,  als  dafs 
man  einen  Säulengang 
in  der  erforderlichen 
Breite  annehmen  dürfe. 

Dies  ist  freilich  aus 
dem  phantastischen 
Aufrifs  Caninas  nicht 
ersichtlich,  wohl  aber 
aus  der  gewissenhaften 
Wiederherstellung  des 
Architekten  M  o  n  an  n  i, 
die  nach  Borgattis  An¬ 
gaben  gemacht  ist. 

Caniua  selbst  wagte 
die  Autorität  Leos  und 
Procops  nicht  anzu¬ 
zweifeln  ,  aber  er 
meinte,  entweder  habe 
schon  Constantiu  die 
Säulen  entfernt  und 
zur  Ausschmückung 
der  Basilika  S.  Paolo 
fuori  le  uiura  verwendet,  oder 
Theodosius  zur  Errichtung  der 
vom  Pons  Aelius  zur  Basilika 
Vaticana  laufenden  Säulenhalle. 

Borgatti  wendet  mit  Recht  da¬ 
gegen  ein,  es  sei  ganz  un¬ 
denkbar,  dafs  man  damals  schon 
daran  gedacht  haben  sollte,  ein 
solches  Monument  zu  zerstören. 

Auch  würde  eine  etwaige  Zer¬ 
störung  sich  doch  zuerst  an 
den  Standbildern  vergriffen  ha¬ 
ben,  die  aber  nach  Procop  beim 
Sturme  der  Gothen  noch  unver¬ 
letzt  an  ihren  Plätzen  standen. 

Rechnet  man  dazu,  dafs  Canina 
diese  Standbilder  zwischen  die 
Säulen  stellt,  so  müfste  man 
mit  ihm  annehmen,  dafs  die 
Säulen  fortgenommen  wurden, 
während  die  Standbilder  stehen 
blieben,  und  das  wird  doch  wohl 
niemand  für  möglich  halten. 

2.  Die  Annahme  Caninas, 
dafs  über  dem  jetzt  noch  vor¬ 
handenen  runden  Kern  ein  zwei¬ 
ter  mit  einem  etwas  geringeren 
Durchmesser ,  aber  gleicher 
Höhe  gesessen  habe,  ist  ebenso  willkürlich.  Welche  Zeit  nach 
den  Gothenkriegen  sollte  wohl  auf  den  unerhörten  Gedanken 
gekommen  sein,  diesen  Theil  des  Baues  spurlos  abzutragen? 
Wir  haben  vom  4.  Jahrhundert  an  eine  fortlaufende  Reihe  von 
Erwähnungen  des  Grabmals;  bald  hinterher  wird  es  in  eine  Festung 
verwandelt,  am  Anfang  des  7.  Jahrhunderts  wird  auf  der  Plattform 
eine  Capelle  errichtet,  aus  allen  Zeiten  finden  wir  Notizen  über  Ein¬ 


Caninasche  Wiederherstellung. 


richtung  des  Denkmals  zu  neuen  Zwecken,  aber  nirgends  die  Spur 
einer  Zerstörung,  sodafs  wir  als  sicher  annehmen  'können,  dafs  dieser 
Bau  seiner  Lage  und  Bedeutung  wegen  vor  dem  traurigen  Schicksal 

behütet  wurde,  dem 
das  Colosseum,  die 
Tliermen ,  die  Kaiser¬ 
paläste  usw.  zum  Opfer 
fielen :  ein  Steinbruch 
zu  werden. 

3.  Caninas  An¬ 
nahme  endlich,  dafs 
der  obere  Abschlufs 
des  Denkmals  durch 
eine  pyramidenförmige 
Kuppel  gebildet  wor¬ 
den  sei,  ist,  abgesehen 
von  dem  gewisser- 
mafsen  geschichtlichen, 
aberganz  willkürlichen 
Hinweis  auf  ältere 
Maussoleen — mitRecht 
macht  Borgatti  darauf 
aufmerksam,  dafs  das 
Grabmal  nie  Mausso¬ 
leum,  stets  nur  Sepul- 
crum  oder  Moles  Ha- 
driani  genannt  werde  — , 
lediglich  durch  die  Ver- 
muthung  hervorgeru¬ 
fen  und  begründet,  dafs 
dervaticanischePinien- 
apfel  von  dem  Denk¬ 
mal  stamme.  Borgatti 
stellt  die  bekannten 
Zeugnisse  über  seine 
Herkunft  zusammen; 
es  ergiebt  sich  daraus 
so  viel,  dafs  er  jeden¬ 
falls  nicht  von  dem 
Grabmal  stammt. 
LTebrigens  widerspricht 
die  Annahme  einer 
Kuppelbedeckung 
gradezu  den  Angaben 
Procops  über  die  von 
der  Höhe  des  Denkmals 
geleitete  Vertheidigung 


Abb.  2. 


gegen  die  anrückenden  Gothen. 
Gegen  die  ungeheure  Höhe,  die 
nach  der  Caninaschen  Wieder¬ 
herstellung  das  Grabmal  erhält, 
wendet  Borgatti  sehr  hübsch  die 
Worte  Procops  an,  das  Denkmal 
habe  die  Stadtmauern  an  Höhe 
überragt.  So  spreche  man  nur 
von  einem  Bauwerke ,  das  die 
jMauern  um  etwas  überrage,  aber 
nicht  von  einem  dreimal  so 
hohen,  das  keinen  Vergleich 
mit  den  Stadtmauern  mehr  zu¬ 
lasse. 

Im  Gegensatz  zu  Canina 
nun  hält  sich  Borgattis  Wieder¬ 
herstellung  genau  an  den  noch  vorhandenen  Kern.  Er  gliedert 
den  runden  Mittelbau  durch  flache  Wandpfeiler  (Abb.  3);  die 
von  Procoi:»  erwähnten  Standbilder  nimmt  er  auf  der  Plattform 
an.  Von  hier  wurden  sie  von  den  Belagerten  auf  die  Köpfe 
der  Gothen  geworfen,  die  sich  anschickten,  den  quadratischen  Unter¬ 
bau  auf  Leitern  zu  ersteigen.  In  Bezug  auf  die  Krönung  des 
Baues  schliefst  sich  Borgatti  der  durch  Canina  und  seinen  Vor¬ 
gänger  verdrängten  Ansicht  an,  dafs  ihn  eine  colossale  Quadriga, 
sei  es  nun  mit  einem  Helios,  wde  Gamucci  meinte,  oder  mit  dem 
Kaiser  selbst,  wie  Nibby  wollte,  auf  einem  thurmartigen  Posta¬ 
ment,  entsprechend  dem  noch  heut  die  Mitte  des  Bauwerkes  ein¬ 
nehmenden  Thurme,  gebildet  habe. 

Können  wir  demnach  lobend  anerkennen,  dafs  Borgatti  zu  ge¬ 
sunden  Grundsätzen  in  der  Wiederherstellung  des  Denkmals  zurück¬ 
gekehrt  ist,  so  verdanken  wir  anderseits  seiner  unermüdlichen  Arbeit 
mehrere  werthvolle  Entdeckungen  im  einzelnen.  Die  wichtigste  ist, 
dafs  es  ihm  gelungen  ist,  3  m  unter  dem  heutigen  Boden  den  ganz 
vergessenen  antiken  Eingang  zu  dem  runden  Mittelbau  zu  entdecken. 


Nr.  29. 


297 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


Zu  letzterem  gelangte  man  bisher  nur  auf  einer  in  der  Mitte  des 
Kernes  angebrachten,  in  einen  mittelalterlichen  Gang  führenden  Zug¬ 
brücke.  Der  antike  Eingang  führte  vermittelst  eines  Ganges  c  (Abb.2) 
in  die  Vorhalle  welche  dem  Eingang  gegenüber  mit  einer  halbrunden 
Nische  abgeschlossen  ist,  in  der  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ein 
Standbild  Hadrians  stand.  In  dem  Gange  c  sind  bisher  unbekannte 
Architekturbruchstücke  von  dem  Gesims  des  runden  Kernes  gefunden 
worden  (vgl.  die  Wiederherstellung).  Von  der  Vorhalle  d  führt  eine 
spiralförmige,  genau  einen  Kreis  beschreibende  ßamjDe  e . .  ,e  zu  dem 
12  m  über  d  liegenden  Vorraum  /,  und  von  diesem  ein  wagerechter 
Gang  g  zu  der  gerade  im  Mittelpunkte  des  Eundbaues  liegenden 
Grabkammer  h ,  die 
durch  drei  Schachte 
(rri)  Licht  empfängt.  In 
derselben  befand  sich 
der  Porphyrsarg  mit 
Hadrians  Leiche.  Im 
12.  Jahrhundert  kam 
er  in  den  Lateran  und 
ist  jetzt  verschwunden; 
dagegen  ist  der  Deckel 
noch  als  Taufbecken 
in  Sanct  Peter  vor¬ 
handen. 

Infolge  der  fal- 
s  chen  V  orstellungen 
über  den  Bau  war 
man  bisher  der  An¬ 
sicht  ,  die  spiralför¬ 
mige  Eampe  sei  über 
d  hinausgegangen  und 
habe  in  mehreren 
Windungen  die  Höhe 
des  Bauwerkes  er¬ 
reicht.  Borgattis  Un¬ 
tersuchungen  haben 
ergeben ,  dafs  die 
Kampe  bei  d  endigt 
und  keinen  anderen 
Zweck  hatte,  als  zur 
Grabkammer  Hadrians 
zu  führen.  Es  ergiebt 
sich  hieraus  ein  neuer 
Beweisgrund  gegen 
die  von  Canina  ange¬ 
nommene  Höhe  des  Denkmals.  Bei  den  Ausgrabungen 
im  Innern  des  Kernes  wurde  auch  ein  wahrscheinlich 
zur  Ausbildung  eines  der  genannten  Räume  gehöriges 
Capitell  gefunden. 

Auch  für  die  Gestaltung  des  quadratischen 
Unterbaues,  in  welchem  sich  alle  übrigen  Grab¬ 
kammern  (Tav.  6A.  6)  befanden,  hat  Borgatti  neue 
Belege  in  zwei  Zeichnungen  des  Sangallo  und  Sanso- 
vino  beigebracht.  Dieselben  stellen  einen  Eckpilaster 
des  quadratischen  Unterbaues  sowie  Theile  der  oberen 
Bekleidung  desselben  dar.  Reste  von  beiden  sind 
vorhanden,  sodafs  die  Wiederherstellung  dieses  Theiles  des  Denk¬ 
mals  in  'allen  Punkten  gesichert  ist.  Die  hier  angebrachten  In¬ 


schriften  haben  sich,  freilich  in  immer  mehr  sich  vermindernder 
Anzahl,  durch  das  ganze  Mittelalter  erhalten,  selbst  Alexander  VI. 
schonte  die  noch  vorhandenen  und  noch  Andrea  Fulvio  (1543)  hat 
einige  an  ihrer  Stelle  gesehen. 

Von  nicht  geringerem  Erfolge  als  die  auf  Wiederherstellung  des 
Grabmals  abzielenden  Studien  sind  Borgattis  technische  Unter¬ 
suchungen  der  mittelalterlichen  Theile  des  Castells  begleitet.  Er  hat 
an  der  Hand  derselben  in  Cap.  2 — 13  eine  sehr  fleifsig  gearbeitete 
Geschichte  des  Denkmals  gegeben,  aus  der  namentlich  Cap.  10  her¬ 
vorzuheben  ist,  welches  die  Bauthätigkeit  Alexanders  VI.  und  Pauls  HI. 
behandelt.  Daran  schliefst  sich  in  Cap.  14  eine  kurze  Uebersicht  der 

Haupt  -  Zeitabschnitte 
und  der  Hauptverän¬ 
derungen  an  (S.  168 
bis  172),  die  ein  schnel¬ 
les  Zurechtfinden  in 
dieser  Fülle  von  Daten 
ermöglicht.  Erwäh- 
nenswerth  sind  auch 
die  unter  Leitung 
Borgattis  begonnenen 
Aufräumungsarbeiten. 
Namentlich  hat  er 
den  Cortile  Leos  X., 
der  völlig  verwahrlost 
und  zum  Theil  ver¬ 
schüttet  war,  frei¬ 
gelegt  und  die  auf 
der  südöstlichen  Seite 
des  Eundbaues  be¬ 
findlichen  ehemaligen 
Staatsgetängnisse,  in 
denen  unter  andern 
Benvenuto  Cellini  und 
Beatrice  Cenci  ge¬ 
sessen  haben,  aufge¬ 
deckt.  Es  steht  zu 
erwarten,  dafs  wei¬ 
tere  Herstellungs- 
Arbeiten  folgen.  Die 
Engelsburg  ist  nach 
Errichtung  der  Aufsen- 
werke,  welche  Rom 
jetzt  in  weitem  Kreise 
umgeben,  als  Festung 
nicht  mehr  zu  brauchen  und  zur  Caserne  oder  als  Ge- 
fängnifs  nicht  eben  sehr  geeignet,  und  wird  daher  hoffent¬ 
lich  über  kurz  oder  lang  wirklich  das  werden,  wozu 
es  schon  erklärt  ist,  ein  „Monumento  nazionale“.  Wer 
sich  den  Genufs  gönnt,  an  der  Hand  der  Borgatti¬ 
schen  Schrift  einmal  den  Verlauf  der  Geschichte 
vom  Standpunkt  der  Moles  Hadriani  aus  zu  be¬ 
trachten,  wird  erkennen,  dafs  es  keinen  Bau  in 
Rom,  ja  in  der  ganzen  Welt  giebt,  der  auch  nur 
entfernt  ähnliche  Geschicke  durchgemacht  hat ,  keinen, 
der  es  mehr  verdient,  von  den  Römern  als  National¬ 
denkmal  hergestellt  und  erhalten  zu  werden. 

Berlin.  Otto  Richter. 


Grabdenkmal  des  Kaisers  Hadrian. 
Wiederherstellung  Borgattis. 


Neuere  Arten  zerlegbarer  eiserner  Brücken. 


Bei  der  hohen  Bedeutung,  welche  den  Eisenbahnen  als  Beförde¬ 
rungsmittel  in  Kriegsfällen  beigemessen  werden  mufs,  ist  es  nur  natür¬ 
lich,  dafs  man  es  sich  in  neuerer  Zeit  mit  besonderem  Eifer  angelegen 
sein  läfst,  Mittel  und  Wege  zu  finden,  um  Eisenbahn-  und  Strafsen- 
brücken  auch  von  erheblicher  Spannweite  in  kürzester  Zeit  wieder  auf¬ 
zurichten.  Aber  auch  unter  anderen  Verhältnissen,  wie  bei  der  Her¬ 
stellung  von  Zuwegungen  in  unwegsamen  Colonialgebieten  können 
ähnliche  Gesichtspunkte  für  die  besondere  Anordnung  der  Verkehrs¬ 
brücken  mafsgebend  sein,  wie  in  einem  Aufsatz  über  zerlegbare 
Brücken  Eiffelscher  Bauart  im  vorigen  Jahrgange  d.  Bl.  S.  470  näher 
erläutert  wurde.  Auf  thunlichst  leichte  Beförderungsfähigkeit  der 
einzelnen  Theile  solcher  Brücken  mufs  naturgemäfs  in  jedem  Falle 
besondere  Rücksicht  genpmmen  werden. 

In  Frankreich  ist  in  neuerer  Zeit  eine  Reihe  von  Brücken¬ 
systemen,  welche  nach  den  angedeuteten  Gesichtspunkten  entworfen 
wurden,  weiteren  Kreisen  bekannt  geworden.  Dahin  gehören,  aufser 
den  bereits  erwähnten  Eiffelschen  Brücken  unter  anderen  diejenigen 
des  Systems  Henry  und  die  engverwandten  Brücken  des  Hüttenwerkes 
Fives-Lille,  welche  auf  der  im  vorigen  Jahre  veranstalteten  Pariser 


Weltausstellung  in  mehreren  Mustern  vertreten  waren.  Ferner  ist 
hinzuweisen  auf  eine  vom  französischen  Obersten  Marcille  ange¬ 
gebene  Brückenart,  welche  für  Kriegszwecke  als  besonders  geeignet 
bezeichnet  wird.  Die  Brücken  von  Henry  und  Marcille  sind  in 
der  französischen  Zeitschrift  La  Nature  behandelt.  Die  sämtlichen 
vorgenannten  Systeme  sind  ferner  auch  von  dem  früheren  Attache  in 
Paris,  Regierungs-  und  Baurath  Pesch  eck,  in  mehreren  dem  preufsi- 
schen  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten  erstatteten  Berichten  genauer 
beschrieben.  Man  kann  die  genannten  Brücken,  einschliefslich  der 
von  Eiffel  angegebenen,  nach  einheitlichen  Gesichtspunkten  be¬ 
trachten.  Sie  bestehen  sämtlich  aus  leicht  auszuwechselnden  Einzel¬ 
gebilden  von  Flufsstahl  (acier  doux),  deren  Verschiedenartigkeit  für 
jedes  System  nach  Möglichkeit  eingeschränkt  ist.  Diese  ein  für  alle¬ 
mal  feststehenden,  in  grofser  Zahl  vorräthig  gehaltenen  Einzelgebilde 
sind  für  die  Hauptträger  bei  Eiffel  dreieckförmig,  bei  Henry  und 
Fives-Lille  geradlinig,  bei  Marcille  flächenförmig  gestaltet.  In  den 
beiden  ersten  Fällen  ist  es  auf  die  Anordnung  gegliederter  Träger, 
im  letzteren  Falle  auf  die  Herstellung  von  Blechträgern  abgesehen. 
Ein  gemeinsames  Kennzeichen  der  Anordnungen  ist  ferner  die  Art 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


19.  Juli  1890. 


der  Zusammeafiiguug  der  Einzelglieder,  welche  mittels  Schrauben¬ 
bolzen  von  der  in  Abb.  2  Seite  470  des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bl. 
dargestellten  und  erläuterten  Gestaltung  bewerkstelligt  wird.  Die 
Spannweite  geht  bei  den  genannten  Systemen,  aufser  bei  Henry,  bis 
auf  45  m.  Die  Aufstellung  der  Ueberbauten  erfolgt  durchweg  durch 
Ueberschiebeu  von  dem  einen  Ende  aus. 

Nachdem  von  Eiffels  zerlegbaren  Brücken  bereits  früher  an  dieser 
Stelle  die  Kede  gewesen  ist,  dürften  einige  Mittheilungen  auch  über 
die  übrigen  vorgenannten  Brückensysteme  den  Lesern  nicht  unwill¬ 
kommen  sein.  Wir  lassen  daher  den  wesentlichsten  Inhalt  der  diese 
Brücken  betreffenden  Attacheberichte  hier  kurz  folgen. 

I.  Systeme  Henry  und  Fives-Lille. 

Im  Juli  vorigen  Jahres  wurde  eine  Colonnenbrücke  Henry  sehen 
Systems  über  den  Var  bei  Gattieres  in  einer  Gesamtlänge  von  357  m 
durch  eine  120  Mann  starke  Eisenbahn-Compagnie  und  120  Mann 
Infanterie  in  77  Stunden  aufgestellt,  30  Stunden  Kuhepausen  einge¬ 
rechnet.  Die  Brücke  ruhte  in  17  Spannweiten  von  je  ,  *  , 

21  m  auf  verstrebten  Pfahljocheu  von  der  in  Abb.  1  ,  , 

gezeigten  Grundrifsform,  welche  in  4  Tagen  einge-  •  ,  • 

rammt  wurden.  Die  Brückenbreite  betrug  3,6  m  zwi-  j^bb  1 

sehen  den  Trägern.  Die  Fahrbahntafel  hatte  Bohlen¬ 
belag,  auf  welchem  in  1,75  m  Abstand  Uingslaufende  Schrammbalken 
für  Lastfuhrwerk  befestigt  waren.  Die  wesentlichsten  Einzeltheile  der 
Brücke  waren:  die 


Tir 


waren : 

Gurtungstheile  in 
der  Mitte  und  an 
den  Enden ,  die 
Stofslaschen ,  die 
Diagonalen,  3,35  m 
lang,  die  Verticalen, 

2,07  m  lang,  die 
Querträger ,  Fahr¬ 
bahnträger  und  die 
wagerechten  Wind¬ 
bänder.  Die  gröfste 
Länge  von  6,28  m 
hatten  die  mittleren 

Gurtungstheile.  Die  einzelnen  Ueberbauten  wurden  durch  Ueber- 
schieben  auf  Walzen  unter  Benutzung  von  Flaschenzügen,  welche  an 


werk  Fives-Lille  hergestellt,  war  auf  der  Pariser  Ausstellung  1889  zu 
sehen,  mit  dem  einzigen  wesentlichen  Unterschiede,  dafs  innerhalb 
der  um  3  m  abstehenden  Hauptträger  auf  der  Brückenbahn  noch 
eine  0,6  m  weite  Spurbahn  vorgesehen  war,  deren  Wagen  an  jeder 
Seite  noch  Raum  für  einen  Fufsgänger  liefsen.  Die  Brücke  war  hier- 
.„oe--.  nach  gleichzeitig  Eisenbahn-  und  Strafsen- 

I  W  .  ^  ^  .-ja  — ^  brücke  (vgl.  Abb.  5).  Die  Brückentheile 

5  waren  im  übrigen  so  eingerichtet,  dafs  von 

3  zu  3  m  fortschreitend  alle  Spannweiten 
bis  zu  24  m  hergestellt  werden  konnten.  Bei  21  m  ist  es  möglich, 
Züge  von  1,6  t  Gewicht  auf  1  Längenmeter  mit  6  t  schweren  vier¬ 
rädrigen  Locomotiven  auf  der  Brücke  zu  befördern. 

Nacli  ganz  ähnlichen  Gesichtspunkten  war  eine  auf  der  genannten 
Ausstellung  im  Pavillon  des  Ki’iegsministeriums  gezeigte  Eisenbahn¬ 
brücke  des  Werkes  Fives-Lille  erbaut,  wie  sie  für  Spannweiten  bis 
45  m  anwendbar  ist.  Einige  Einzelheiten  dieser  Brücke  sind  in  den 
Abb.  6  bis  8  wiedergegeben,  welche  jedoch  nicht  mafsstäblich  aufzu¬ 
fassen  sind.  Zunächst  ist  aus  Abb.  6  ersichtlich,  dafs  die  Haupt¬ 
träger,  wie  beim  System  Eiffel,  mit  gekreuzten  Diagonalen  herge¬ 
stellt  sind.  Die  Anordnung  der  Stabquerschnitte  ist  in  der  Abbildung 
angegeben.  Die  gedrückten  Theile  sind  durch  seitliches  Gitterwerk 
kastenförmig  geschlossen.  Die  Vereinigung  der  Theile  wird  durch 
Schraubenbolzen  von  3,  4,5  und  6,5  cm  Stärke  bewirkt.  Auch  die 
Diagonalen,  deren  Querschnitte  so  angeordnet  sind,  dafs  die  Druck¬ 
streben  zwischen 
den  Zugbändern 
bequem  durchge¬ 
führt  werden  kön¬ 
nen,  werden  an  den 
Kreuzungs  stellen 
durch  Verbolzung 
gesichert  (Abb.  7). 
Die  gegliederten 
Querträger  sind 
nach  Abb.  8  an 
den  Verticalen  der 
Hauptträger  ge¬ 
lenkartig  zu  beiden 

Seiten  derselben  befestigt.  Durch  Bolzen  a  sind  auch  die  Untergurte 
der  Querträger  mit  am  Hauptträger  befindlichen  Hülsen  verbunden. 
Die  Querträger  haben  nach  dem  Gesagten  doppelte  Gurtungen,  ebenso 
doppelte,  um  die  Stärke  der  Hauptträgerverticalen  entfernt  liegende 
Diagonalen,  doch  nur  einfache  (J-förmige  Verticalen  ( f7,  U,  Abb.  8). 
Da,  wo  die  Schwellenträger  T  angeordnet  sind,  sind  zwei  Verti¬ 
calen  zur  bequemeren  Befestigung  dieser  Träger  neben  einander 
gestellt.  Letztere  sind  mittels  seitlich  aufgelegter  Laschen  an 
den  Enden  so  verstärkt,  dafs  sie  in  gabelartigen  Eingriff  gebracht 

< _ 0,42. 


System  der  Hauptträger. 


Einzelheiten  der  Hauptträger. 
Abb.  6. 


Abb.  7. 
Kreuzung 
zweier 
Diagonalen. 


Abb.  8.  Verbindung  der  Querträger  mit  den  Verticalen. 


den  Jochpfählen  befestigt  wurden,  aufgestellt,  itnter  Anbringung  von 
eisernen  Verstärkungen,  welche  die  Ueberbauten  mit  18  kg  auf 
1  Längenmeter  belasteten.  Die  Fahrbahn  konnte  eine  Nutzlast  von 
300  bis  400  kg/qm  mit  Sicherheit  aufnehmen  und  gestattete  den 
Verkehr  von  aufeinanderfolgenden  vierrädrigen  Wagen  mit  2  t  Achs- 
druck,  bespannt  mit  6  Pferden.  Das  Gewicht  des  Ueberbaues 
betrug  0,5  t/m,  uneingerechnet  die  vorbezeichneten  Verstärkungen 
und  den  Holzbelag.  In  den  hier  beigefügten  Abb.  2  bis  4  sind 
einige  Einzelheiten  der  in  Rede  stehenden  Brücke  wiedergegeben. 
Abb.  2  zeigt  die  Seitenansicht  des  Ueberbaues  über  den  Jochen, 
Abb.  3  den  Brückenquerschnitt,  Abb.  4  in  Ansicht  und  Grundrifs 
einen  Knotenpunkt  des  Untergurtes,  mit  Andeutung  der  Befestigung 
der  Fahrbahntafel.  Die  Formen  der  Stabquerschnitte  sind  in  Abb.  2 
angedeutet.  Ein  Muster  dieser  Brückengattung,  von  dem  Hütten- 


und  mit  einem  gemeinschaftlichen  Bolzen  von  6,5  cm  Stärke  befestigt 
werden  können. 

Für  eine  Spannweite  von  45  m  beträgt  die  Trägerhöhe  3,6  m, 
also  nur  der  Spannweite.  Die  Gurtungsquerschnitte  sind  dem¬ 
entsprechend  reichlich  stark  gemacht.  —  Es  wird  berichtet,  dafs  die 
Aufstellung  einer  derartigen  Brücke  von  28,8  m  Spannweite  in 
32  Stunden  bewirkt  werden  konnte. 

II.  System  3Iarcille. 

Die  zerlegbaren  Blechbrücken  Marcillescher  Bauart  werden  unter¬ 
schieden  in : 

1)  „kleine  Brücken“,  und  zwar  a)  von  10  m  Spannweite  und 
darunter,  und  b)  von  10  bis  20  m  Spannweite; 


h\  29. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


299 


2)  „grofse  Brücken“,  und  zwar  a)  von  20  bis  30  m  Spannweite 
und  b)  von  30  bis  45  m  Spannweite. 

Die  Trägerhöhen  betragen  für 

10  m  Spannweite  0,6  m  (“iß2/’  )’ 


20 


1,2 


16'^/3  ' 


30  m  Spannweite  1,5  m  ^  )i 
'  •'  ”  (2o!4s)- 


Abb. 


Die  Trägerhöhen  sind  also  verhältnifsmäfsig  niedrig  gewählt;  es 
wird  angegeben, 
dafs  „die  gröfsten 
Brückentheile  so 
bemessen  sind, 
dafs  sie  auf  den 
höchsten  Wagen 
der  französischen 
Bahngesellschaft¬ 
en  aufgestapelt 
überall  ungehin¬ 
dert  durch  die  Um¬ 
grenzung  des 
freien  Raumes  be¬ 
fördert  werden 
können“.  Diese 
Rücksicht  dürfte 
auf  die  Wahl  der 
Trägerhöhen 
nicht  ohn  e  Einflufs 
gewesen  sein.  Die 
Theilstücke  der 
kleinen  Brücken 
haben  Längen 

von  1,25,  2,5,  5  und  10  m.  Sie  können  so  gruppirt  werden,  dafs 
man  eine  von  1,25  zu  1,25  m  fortschreitende  Stufenfolge  der  Spann¬ 
weiten  erhält.  Auch  schiefe  Brücken  mit  1,25  m  Ueberstand  des 
einen  Trägers  lassen  sich  damit  in  einfacher  Weise  hersteilen.  Die 
Schienen  der  kleinen  Eisenbahnbrücken  liegen  oben  auf  den  l'rägern. 

Die  Theilstücke  der  grofsen  Brücken  sind  7,5  und  10  m  lang; 
man  hat  ferner  besondere  Endstücke  von  2,5  und  I2/3  m  Länge. 
Diese  Theile  können  so  zusammengestellt  werden,  dafs  man  eine  von 
0,83  zu  0,83  m  fort¬ 
schreitende  Reihe 
für  die  Brücken¬ 
längen  erhält  (2,5 
_  12/3  ^  0,83). 

Man  kann  damit 
ferner  schiefe 
Br  ücken  mit  0,83  m 
Ueberstand  des 
einen  Trägers  her¬ 
steilen.  Die  Eisen¬ 
bahn  schienen  lie¬ 
gen  entweder  auf 
den  Hauptträgern 
oder  aber  auf  be¬ 
sonderen  Quer¬ 
trägern  zwischen 
denselben. -Bei  der 
geringen  Träger¬ 
höhe  sind  die  Gur¬ 
tungen  aus  meh¬ 
reren  breiten  Blechstreifen  (bei  30  m  Spannweite  sind  dieselben  50  cm 
breit)  gebildet.  Die  Blechwände  der  Hauptträger  sind  gegen  Ver¬ 
biegungen  durch  aufgenietete  senkrechte  Versteifungsplatten  gesichert. 

Das  zu  den  Marcilleschen  Brücken  verwendete  Flufseisen  hat 
eine  Bruchfestigkeit  gegen  Zerreifsen  von  4500  kg/qcm;  es  verträgt 
eine  Dehnung  von  20  pCt.  und  nimmt  erst  bei  2200  kg/qcm  bleibende 
Formänderung  an.  Bei  Berechnung  der  Brücken  wurden  als  zulässige 
Inanspruchnahme  1000,  auch  1200  kg/qcm  zu  Grunde  gelegt,  daher  sind 
die  Theilstücke  verhältnifsmäfsig  leicht.  Brücken  von  10,  20,  30  und 
45  m  Spannweite  wiegen  bezw.  550,  785,  1500  und  2200  kg  'm. 

Besonders  beachtenswerth  ist  der  bei  der  Aufstellung  Marcille- 
scher  Brücken  befolgte  Arbeitsvorgang.  Die  beiden  Abb.  9  und  10 
veranschaulichen  die  Art  und  Weise  der  Beförderung  der  Brücken¬ 
theile  und  der  Aufstellung  der  Brücke  selbst.  In  Abb.  9  ist  an 
einem  bestimmten  Beispiel  gezeigt,  wie  eine  fertig  zusammengestellte 
Brücke  von  45  m  Spannweite  von  der  einen  Seite  her  über  die 
Widerlager  geschoben  wird.  Zu  dem  Ende  wird  der  eigentliche 
Ueberbau  mit  besonderem  Vorstück  (avant-bec)  und  Hintergewicht 
(contrepoids)  versehen.  Die  Zusammensetzung  der  Theile  geht  zu¬ 
nächst  auf  dem  festen  Ufer  in  der  Verlängerung  der  Brückenöffnung 


so  vor  sich,  dafs  zuerst  das  Vorstück,  sodann  die  dahinter  folgenden 
Theilstücke  und  das  Hintergewicht  auf  Rollen  gesetzt  werden.  Die 
Theile  werden  sodann  fest  an  einander  geschoben  und  an  den  Stöfsen 
mit  Deckplatten  und  Schraubenbolzen  verbunden.  Das  Ganze  be¬ 
wegt  man  hiernach  auf  die  zum  Ueberschieben  der  Brücke  dienenden, 
mit  Sperrrädern  versehenen  Walzen,  welche  durch  Hebebäume  ge¬ 
dreht  werden.  Ist  die  Brücke  über  den  Auflagern  angelangt,  so 
werden  Vorstück  und  Hintergewicht  entfernt  und  die  Brücke  durch 

vier  unter  den 
Enden  befindliche 
Wasserpressen 
unter  Fortnahrne 
der  zur  vorläufigen 
Unterstützung  un¬ 
tergelegten 
Schwellen  allmäh¬ 
lich  auf  die  Auf¬ 
lager  niederge¬ 
lassen.  Liegt  die 
Fahrbahn  nicht 
über ,  sondern 
zwischen  den  Trä¬ 
gern,  so  wird  die 
Arbeit  infolge  der 
anzuordnenden 
Querconstructio- 
nen  umständli¬ 
cher.  Man  bedient 
sich  in  diesem 
Falle ,  nachdem 
die  Träger  etwas 

gesenkt  sind,  eines  auf  denselben  laufenden  Fahrkrahnes,  mit 
welchem  die  vorläufigen  Querversteifungen  herausgenommen  werden. 
Die  Träger  werden  hierauf  auf  4,2  m  Abstand  von  Achse  zu  Achse 
gebracht,  und  nun  mit  Hülfe  eines  breiteren  Fahrkrahnes  die  Quer- 
und  Zwischenträger  eingefügt.  Nachdem  diese  Theile  mit  den  Haupt¬ 
trägern  und  untereinander  fest  verschraubt  sind,  wird  die  Brücke 
vollends  auf  ihre  Lager  niedergelassen. 

Hinsichtlich  der  Beförderung  der  Brückentheile  an  die  Baustelle 

ist  zu  bemerken, 
dafs  die  Stücke 
in  derjenigen  Rei¬ 
henfolge  herange¬ 
schafft  werden, 
wie  sie  gebraucht 
werden,  und  zwar 
zunächst  die  Hebe¬ 
zeuge,  Böcke,  Win¬ 
den  und  Flaschen¬ 
züge,  sodann  das 
Vorstück,  hierauf 
die  Theilstücke 
der  Brücke,  end¬ 
lich  die  Theile  des 
Hintergewichtes. 
Zur  Beförderung 
der  Theilstücke 
werden  besondere 

Abb.  10.  Eisenbahnwagen 

von  der  in  Abb.  10 

dargestellten  Einrichtung  benutzt,  welche  die  Stücke,  wie  in  der  Ab¬ 
bildung  gezeigt,  zwischen  sich  nehmen  und  mittels  auslegerartig 
eingerichteten  Ueberbauten  schwebend  erhalten. 

Brücken  der  beschriebenen  Art  sind  versuchsweise  bei  einigen 
im  Betriebe  befindlichen  Bahnen  aufgestellt  worden,  und  zwar  dem 
Vernehmen  nach  mit  durchaus  befriedigendem  Erfolg.  Eine  solche 
Brücke  wurde  bei  Argenteuil  in  der  Nähe  von  Paris  erbaut,  in  drei 
Spannweiten  von  20,  27  und  20  m,  und  einer  Gesamtlänge  der  Träger 
von  70  m,  einschliefslich  der  Auflager.  Von  Versailles  mit  Sonder¬ 
zug  abgesendet,  kam  alles  Material  am  18.  August  1889  abends  an 
der  Baustelle  an.  Die  am  19.  früh  begonnene  Aufstellung,  bei  welcher 
ein  Hauptmann,  ein  Leutnant  und  52  Mann  Eisenbahntruppen,  ein¬ 
schliefslich  der  Unterofficiere,  beschäftigt  waren,  wurde  so  rüstig 
gefördert,  dafs  die  Brücke  in  24  Stunden  zum  Ueberschieben  fertig 
aufgestellt  war.  Das  Ueberschieben  erforderte  3,  das  Niederlassen 
auf  die  Auflager  18  Stunden.  Die  ganze  Arbeit,  um  eine  Bahn¬ 
unterbrechung  von  70  m  Länge  betriebsfähig  zu  überbrücken,  er¬ 
forderte  noch  nicht  60  Stunden.  Die  eigentliche  Bauzeit  beträgt  für 
Brücken  mit  oben  liegender  Fahrbahn  bei  30  m  Spannweite  46,  bei 
45  m  Spannweite  80  Stunden. 


300 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


19.  Juli  1890. 


Yermischtes. 


Im  tVettbewerlje  um  das  Kaiser  IVilhelm-Denkmal  der  Provinz 
Westfalen  sind  nicht,  wie  auf  S.  280  gesagt  wurde,  56  Entwürfe, 
sondern  58  Entwürfe  von  56  Bewerbern  eingegangen.  Eine  öffent¬ 
liche  Besichtigung  der  bereits  vollendeten  Ausstellung  der  Entwürfe 
im  Ständehause  in  Münster  rindet  erst  nach  dem  Zusammentritt  des 
Preisgerichtes  statt.  Der  Berufung  des  letzteren  würde  schon  jetzt 
nichts  entgegenstehen,  wenn  nicht  mehrere  seiner  Mitglieder  durch 
Erholungsreisen  usw.  zunächst  behindert  wären.  Unter  diesen  Um¬ 
ständen  sind  für  die  Arbeiten  des  Preisgerichtes  der  19.  August  d.  J. 
und  folgende  Tage  in  Aussicht  genommen.  i 

All  ?  der  tecliuischeu  Hoehsclmlc  in  Barmstadt  ist  für  das 
Studienjahr  1890/91  von  Seiner  Königlichen  Hoheit  dem  Grofsherzoge 
Herr  Professor  Th.  Landsberg  gemäfs  der  Wahl  des  Professoren- 
Collegiums  zum  Director  ernannt  worden.  Vorstände  der  Fach¬ 
abtheilungen  sind  für  dieses  Studienjahr  die  Herren;  Prof.  E.  Marx 
für  die  Bauschule,  Geh.  Baurath  Prof.  Dr.  Schmitt  für  die  Tn- 
genieurschule,  Prof.  E.  Brauer  für  die  Maschinenbauschule,  Prof. 
Dr.  Staedel  für  die  chemisch-technische  Schule,  Prof.  Dr.  Henne¬ 
berg  für  die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Schule  und  Geh. 
Hofrath  Prof.  Dr.  Kittier  für  die  elektrotechnische  Schule. 

Höherlegiiiig  eines  Häiiserbloeks  in  Boston.  Anläfslich  der 
Höherlegung  der  Boylston-Strafse  in  Boston  wurde  unlängst  eine 
zusammenhängende  Eeihe  von  17  aus  Ziegeln  errichteten  Wohn¬ 
häusern  an  dem  einen  Ende  um  0,9,  an  dem  andern  um  1,8  m  ge¬ 
hoben.  Die  Häuser  waren  sämtlich  nach  demselben  Plane  in  6,7  m 
Breite  und  1.3,7  m  Tiefe  erbaut  und  zeigten  nach  der  Strafse  eine 
Höhe  von  di-ei,  nach  der  tiefer  liegenden  Rückseite  eine  solche  von 
fünf  Stockwerken.  Der  bei  der  Hebung  beobachtete  Arbeitsvorgang 
ist  im  Engineering  and  Building  Record  näher  erläutert.  Hiernach 
wurde  der  Häuserblock  an  zwei  Stellen,  unmittelbar  neben  zwei 
Scheidewänden  nach  der  Tiefe  durchschnitten  und  die  so  von  ein¬ 
ander  vollkommen  losgelösten  drei  Abtheilungen  nacheinander  ge¬ 
hoben.  In  den  nebenstehenden  Abbildungen  ist  die  Hebung  der 
ersten  Reihe  von  sechs  Häusern  veranschaulicht.  Vorder-  und 
Hinterwaud,  Dachgeschofs  und  Fufsböden  des  Hauses  6  wurden  zu¬ 
nächst  bei  AA  (Abb.  1)  von  Haus  7  abgetrennt,  die  Fufsbodenlager 
auf  eisernen  Unterzügen  B,  vorläufig  abgefangen  und  über  den 
noch  in  der  Wand  des  Hauses  7  steckenden  Kopf-Enden  der  Lager¬ 
hölzer  soviel  Mauerwerk  ausge¬ 
brochen,  dafs  sich  die  Hölzer  beim 
Anheben  der  ersten  Häuserreihe 
frei  aufwärts  bewegen  konnten. 
Nach  der  Tiefe  des  Hauses  6  wur¬ 
den  die  Zwischenräume  der  Fufs¬ 
bodenlager  mit  Holzklötzen  dicht 
Abb.  2.  ausgepackt  und  nun  in  den  oberen 

drei  Stockwerken  Vor-  und  Rück¬ 
wand  dieses  Hauses  durch  Ketten  E 
(Abb.  2)  miteinander  fest  verbun¬ 
den.  Hierdurch  wurde  ein  Aus- 


0) 

10 

CO 

ej 

C. 

-i-» 

CO 

c 

o 

-2 

o 

CQ 


Abb.  1.  Abb.  3. 

weichen  der  abgetrennten  Wände  wirksam  verhindert.  Die  Spannung 
der  Ketten  E  wurde  zunächst  durch  Zugbänder  FF  aufgenommen, 
von  diesen  auf  wagerechte  Schienen  D  D  und  mittels  senkrechter 
Träger  C  C  auf  das  Mäuerwerk  übertragen.  Nachdem  hierauf  die 
Umfassungswände  vollständig  blofsgelegt  waren,  wurde  die  eigentliche 
Hebung  so  ausgeführt,  dafs  durch  Fenster,  Thüren  und  besondere 
im  Mauerwerk  hergestellte  Oeffnungen  30  X  30  cm  starke  Unter¬ 
züge  G  G  .  .  hindurchgesteckt,  diese  von  Langhölzern  gleicher 
Stärke  H  H  unterfangen  und  letztere  auf  Schraubenspindeln  J  ge¬ 
setzt  wurden,  durch  deren  Drehung  die  Hebung  bewirkt  wurde.  Den 
Spindeln  diente  eine  zu  beiden  Seiten  der  Wände  augeordnete  Holz¬ 
stapelung  als  Auflager;  die  in  Abb.  3  im  Querschnitt  gezeichneten 


Haus  7. 


Stapelhölzer,  die  obern  in  25  X  25,  die  untern  in  25  X  30  cm  Stärke, 
waren  lang  durchlaufend  angeordnet. 

Für  jedes  Haus  wurden  100  Schraubenspindeln  nöthig,  welche 
von  27  Arbeitern  gleichzeitig  bedient  wurden.  In  der  oben  genannten 
Quelle  werden  das  Gewicht  eines  Hauses  zu  400  t,  die  Hebungs¬ 
kosten  hierfür  zu  2200  Mark  angegeben.  Die  Höherlegung  eines 
Abschnittes  von  sechs  Häusern  nahm  einen  Monat  in  Anspruch, 
ausschliefslich  der  sonstigen  Wiederherstellungsarbeiten.  Km. 


Bücherscliau. 

Die  Architektur  der  Hannoverschen  Schule.  Moderne  Werke 
der  Baukunst  und  des  Kunstgewerbes  im  mittelalterlichen  Stil.  Her¬ 
ausgegeben  im  Aufträge  der  Bauhütte  zum  weifsen  Blatt  von  Gustav 
Schönermark.  Jahrgang  1,  1889  und  Jahrgang  II,  1890,  Heft  1 — 1. 
Hannover- Linden,  Karl  Manz.  Jährlich  10  Hefte  mit  je  8  Tafeln  in 
gr.  8".  Preis  f.  d.  Jahrgang  in  Mappe  15  Mark. 

„Die  Architektur  der  Hannoverschen  Schule  ist  so  bedeutend  für 
die  moderne  Baukunst  ganz  Deutschlands  geworden,  dafs  es  Wunder 
nimmt,  nicht  schon  längst  eine  umfassende  und  fortlaufende  Ver¬ 
öffentlichung  ihrer  Werke  veranstaltet  zu  sehen.  Wohl  hat  es  nicht 
an  dahin  gehenden  Versuchen  gefehlt,  aber  man  kam  über  die  An¬ 
fänge  nicht  hinaus,  weil  solche  Arbeit  die  Kräfte  einzelner  überstieg. 
Der  Bauhütte  zum  weifsen  Blatt  gehört  ein  grofser  Theil  der  Meister 
mittelalterlicher  Kunst  an  oder  ist  ihr  doch  befreundet;  auf  diese 
Weise  steht  ihr  das  beste  Material  sehr  reichlich  zur  Verfügung, 
und  deshalb  glaubt  sie  auch,  dasselbe  veröffentlichen  zu  sollen,  damit 
es  denen  nützlich  werde,  welche  die  Baukunst  im  Geiste  des  Mittel¬ 
alters  pflegen.“  —  So  lautet  die  Vorrede  eines  Bilderwerkes,  welches 
seit  dem  2.  October  1888,  dem  siebenzigsten  Geburtstage  Conrad 
Wilhelm  Hases  im  Aufträge  der  Bauhütte  zum  weifsen  Blatt,  einer 
Gesellschaft  von  Schülern  und  Freunden,  die  sich  um  den  Altmeister 
schaart,  in  jährlich  10  Heften  zu  je  8  Blättern  erscheint.  Das  erste 
Heft  schmückt  sich  denn  auch  mit  dem  nach  Schapers  Gemälde  in 
Lichtdruck  hergestellten  Bildnifs  Hases.  Die  Darstellungen  sind 
Zink-  und  Steindruck  kleineren  Formats  von  grofser  Deutlichkeit, 
und  zeigen  kirchliche  und  profane  Bauwerke,  Einzelheiten  und  Aus¬ 
stattungsgegenstände  verschiedener  Art,  meist  nach  Federzeichnungen 
in  geometrischer,  wenige  in  schaubildlicher  Auftragung.  Viele  der 
vorgeführten  Bauwerke  weisen  jene  Art  des  Backsteinbaues  auf, 
welche,  als  besonders  bezeichnend  für  die  Hannoversche  Bauweise 
angesehen,  namentlich  nach  dem  Vorgänge  Hases  geübt  wird  und 
sich  vornehmlich  nach  dem  (Isten  hin  weit  über  die  in  der  vor¬ 
liegenden  Veröffentlichung  innegehaltenen  Grenzen  erstreckt  hat, 
nämlich  die  Verwendung  des  Thonbrands  in  nicht  gröfseren  Ab¬ 
messungen  als  denen  des  gewöhnlichen  Hand-  oder  Maschinenziegels. 
Es  fehlt  jedoch  auch  nicht  an  Beispielen  des  gemischten  Ziegel-  und 
Werksteinbaues  wie  der  Ausführung  in  reinem  Haustein.  Der 
ganzen  Richtung  eigenthümlich  ist  die  angestrebte  Kraft  der  Farben¬ 
wirkung,  welche  durch  die  wechselvolle  Verwendung  vieltönigen 
Materials  an  Ziegeln,  Glasuren  und  natürlichem  Stein  erzielt  wird. 
Von  diesem  Vorzüge  kann  freilich  die  in  Rede  stehende  Veröffent¬ 
lichung,  die  nichts  als  ein  durch  billigen  Preis  allgemeiner  zugäng¬ 
liches  Sammelwerk  sein  will,  nur  einen  geahnten  Begriff  geben.  Ein 
Bauwerk,  wie  die  bekannte  Glitzerburg  in  Cassel  kommt  in  Feder¬ 
zeichnung  jedenfalls  nicht  zu  seinem  durch  jene  volksthümliche  Be¬ 
zeichnung  gewährleisteten  Rechte. 

Von  den  Meistern  der  Hannoverschen  Schule  ist  Hase  bisher 
mit  der  gröfsten  Anzahl  von  Blättern  vertreten.  Es  folgen  -der  ver¬ 
storbene  Liier,  Hebl,  die  in  Hamburg  wirkenden  Andreas  Meyer  und 
Hauers,  ferner  Möckel,  der  kürzlich  in  Cassel  verstorbene  Eeben- 
tisch,  W.  Schulz,  Winkler,  Börgemann,  Grelle  und  Bollweg,  Mialaret 
und  der  Bildhauer  Gundelach.  Altona,  Doberan,  Cassel,  Noordwyk 
aan  Zee  in  Holland  bilden  die  Grenzpunkte  des  Gebietes,  über 
welches  die  vorgeführten  Baulichkeiten  zerstreut  sind.  Als  einen 
Mangel  des  Werks,  der  aber  in  dem  nächsten  besten  Hefte  nach¬ 
geholt  werden  kann,  müssen  wir  es  vorläufig  bezeichnen,  dafs  ein  vor¬ 
bildlicher  Bau,  wie  die  Hasesche  Wiederherstellung  des  alten  Rath- 
hauses  in  Hannover,  noch  fehlt,  dafs  ferner  Namen  vermifst  werden, 
welche  zweifellos  vertreten  sein  müssen,  wenn  das  Werk  seinen  Titel: 
„Die  Architektur  der  Hannoverschen  Schule“,  mit  Recht  führen  soll, 
wie  Oppler,  Wilsdorf  und  Hillebraud.  Auch  Stier  und  Unger  dürften, 
wenngleich  sie  weniger  strenge  Bahnen  wandeln,  unseres  Erachtens 
nicht  fern  bleiben.  Immerhin  wird  schon  jetzt  eine  wohlgewählte 
Sammlung  von  Bauwerken  geboten,  die  in  weiteren  Kreisen  anregend 
und  fruchtbringend  wirken  kann,  namentlich  wenn,  unter  Vermei¬ 
dung  der  Modeströmungen,  aber  doch  mit  Aufnahme  frischer  Motive, 
eine  Weiterentwicklung  nach  der  freien,  heiteren  Seite  hin  erstrebt 
wird.  Eo. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (WiLhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  niclitamtlichen  Tüeiles  verantwortlich  i.  V.:  O.  Hofsfeld,  Berlin.  Druck  von  J.  Eerskes,  Berlin. 


301 

Centralblatt  der  Bauverwalturig. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  26. 

Juli  1890.  30. 

Bedaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  "•  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  ia  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHAIiT:  Amtliches:  Personal-Nachiicbten  —  Nichtamtliches:  Bauten  der  Nord- 
westdeutschen  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in  Bremen.  —  Wiederaufnahme 
der  Bauarbeiten  beim  Hudsontunnel.  —  lieber  zweckmiifsige  Einrichtungen  von  Kliniken 
(Fortsetzung  aus  Nr.  4).  —  Architektur  auf  der  diesjährigen  Berliner  Kunstausstellung. 

—  Verm  iscbte.s:  Verbessertes  Ijäutewerk für  Urahtzngsebranken.  —  Grofsberzoglicbc 
technisebe  Hochschule  in  Darmstadt.  —  Ausbau  des  Münsters  iu  Ueberliugeii.  — 
Aquarelle  des  verstorbenen  Prof.  F.  Ewerbeck  in  Aachen,  —  Schifl'ahrtsverkebr  auf 
dem  Rhein.  —  Inhalt  der  Zeitschrift  für  Bauwesen. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Ee- 
gierungs-  und  Baurath  Abraham,  Director  des  Eisenbahn-Betrieb s- 
Amts  in  Nordhausen  die  Erlaubnifs  zur  Anlegung  des  ihm  verliehenen 
Fürstlich  schwarzburgischen  Ehrenkreuzes  II.  Klasse  zu  ertheilen. 

Der  bisherige  Eegierungs-Baumeister  Hensch  ist  als  Königlicher 
Wasser-Bauinspector  in  Frankfurt  a.  Main  angestellt  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  die  er¬ 
ledigte  Stelle  eines  Bauinspectors  bei  dem  technischen  Bureau  der 
Generaldirection  der  Staatseisenbahnen  dem  Maschineningenieur  K  o  c  h 
in  Salzburg  unter  Verleihung  des  Titels  Oberinspector  zu  übertragen. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  Vorstand  der  Wasser-  und  Strafsenbauinspection  Heidelberg, 
Oberingenieur  Eduard  Helbing,  auf  sein  Ansuchen  unter  An¬ 
erkennung  seiner  langjährigen,  treu  geleisteten  Dienste  auf  den 

1.  October  d.  J.  in  den  Euhestand  und  den  Vorstand  der  Wasser- 

ittheilungen. 

und  Strafsenbauinspection  Achern,  Oberingenieur  Max  Wipper¬ 
mann,  in  gleicher  Eigenschaft  auf  den  gedachten  Zeitpunkt  zur 
Wasser-  und  Strafsenbauinspection  Heidelberg  zu  versetzen. 

Hessen. 

Der  Grofsherzogliche  Kreisbaumeister  des  Kreishauamts  Dieburg 
Freiherr  Wilhelm  v.  Eiefel  wurde  von  der  commissarischen  Leitung 
der  Grofsherzoglichen  Baubehörde  für  die  Zellenstrafanstalt  Butzbach 
enthoben  und  nach  Dieburg  zurückversetzt,  und  dem  Grofsherzog¬ 
lichen  Kreis-Bauassessor  Hermann  Dan  dt  die  Leitung  der  vorge¬ 
nannten  Behörde  conimissarisch  übertragen. 

Elsafs  -  Lotlu'ingeii. 

Der  bisherige  Kreis-Bauinspector  Blum  har  dt  in  Mülhausen  ist 
zum  Kaiserlichen  Eegierungs-  und  Baurath  in  der  Verwaltung  von 
Elsafs-Lothringen  ernannt  und  demselben  die  Stelle  des  Eegierungs- 
und  Bauraths  bei  dem  Bezirkspräsidium  in  Metz  übertragen  worden. 

Der  Kreis-Bauinspector  Kitter  ist  von  Altkirch  nach  Mülhausen 
versetzt  und  der  Eegierungs-Baumeister  Hub  er  in  Molsheim  zum 
Kreis-Bauinspector  in  Altkirch  ernannt  worden. 

[Alle  Rechte  vovhehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Bauten  der  Ifordwestdeutschen  Gewerbe-  und  Industrie -Ausstellung  in  Bremen. 


Abh.  1. 


Holzstich  V.  O.  Ebel. 

EingangstUor  zur  Bremer  Ausstellung. 


Es  war  für  die  Bewohner  Bremens  kein  geringes  Wagnifs,  un¬ 
mittelbar  nach  dem  Vorgang  der  gröfseren  und  berühmteren  Schwester¬ 
stadt  Hamburg  mit  dem  gleichen  Gedanken  einer  Gewerbeausstellung 
hervorzutreten.  Doch  wiesen  die  herrschenden  Verhältnisse  in 
zwingender  Weise  darauf  hin,  dafs  auch  von  Seiten  Bremens  das 
Möglichste  geschehen  müsse,  den  Vaterlandsgenossen  im  Inlande 
im  Verein  mit  Hannover  und  Oldenburg  die  Ergebnisse  seiner  eigenen 
Leistungsfähigkeit  sowie  der  der  beiden  Nachbargebiete  vorzuführen. 
Mancherlei  charakteristische  Züge  unterscheiden  ja  die  gegenwärtige 


Nordwestdeutsche  von  der  vorjährigen  Hamburger  Ausstel¬ 
lung,  welche  sich  bekanntlich  auf  die  Vorführung  der  örtlichen 
Productionsfähigkeit  beschränkte,  während  die  Bremer  Aus¬ 
stellung  eben  auch  die  erzeugende  Kraft  der  Nachbarstaaten 
einschliefst.  Fand  die  Hamburger  Ausstellung  auf  einem 
reizend  gelegenen,  stark  bewegten  Gelände  statt,  auf  dem 
eine  Anzahl  Architekten  ihre  Kunst  zwanglos  in  mannig¬ 
faltiger  Weise  bethäfigen  konnte,  so  mufste  sich  Bremen 
vielmehr  dazu  entschliefsen,  den  besten  Theil  seiner  mit 
Kecht  hochgeschätzten  Lieblingsanlage,  des  Bürgerparks, 
herzugeben,  um  hier,  und  zwar  im  Gegensatz  zu  der  Ham¬ 
burger  Anlage  auf  völlig  ebenem  Platze,  für  die  erforder¬ 
lichen  Baulichkeiten  Kaum  und  Eath  zu  schaffen.  Zugleich 
sollte  statt  des  bisherigen  provisorischen  und  in  seinem 
Aeufseren  ziemlich  dürftig  gehaltenen  Parkhauses  ein  der 
veränderten  Umgebung  sich  würdig  anschliefsendes  neues 
Gebäude  errichtet  werden,  praktisch  betrachtet  wohl  die 
schwierigste  Aufgabe ,  da  der  Bau  erst  im  October  des 
vorigen  Jahres  in  Angriff  genommen  werden  konnte  und 
mit  den  übrigen  Bauten  zusammen  bis  zum  1.  Juni  dieses 
Jahres  fertigzustellen  war.  Der  Architektur  war,  wie  schon 
aus  diesen  Andeutungen  erhellt,  bei  den  Vorbereitungen 
der  über  Erwartung  bedeutenden  Ausstellung  ein  umfang¬ 
reiches  Arbeitsfeld  zugewiesen,  und  sie  hat  ihrer  nicht 
leichten  Aufgabe  in  jeder  Beziehung  entsprochen.  Mit 
der  Ausarbeitung  des  Gesamtentwurfs  wurde  infolge  ver¬ 
dienstvoller  Vorarbeiten  und  eines  ohne  entscheidendes 
Ergebnifs  verlaufenen  Wettbewerbes  der  Architekt  Joh. 
G.  Poppe  beauftragt. 

Nicht  geringe  Schwierigkeit  bot  dem  künstlerischen  Schaffen 
des  Baumeisters  die  Anforderung,  bei  einer  möglichst  einheitlichen 
und  eindrucksvollen  Gesamtanlage  den  vorhandenen  Baumwuchs  nicht 
nur  mit  peinlichster  Kücksicht  zu  schonen,  sondern  ihn  auch  geschickt 
für  die  Ausstellungszwecke  zu  benutzen.  Wurde  die  Erfüllung  dieser 
Bedingung  auch  erleichtert  durch  das  Vorhandensein  einer  ziemlich 
grofsen  und  verhältnifsmäfsig  baumfreien,  hinter  dem  Parkhause  be- 
legenen  Wiese,  so  ist  gleichwohl  das  Geschick  zu  bewundern,  mit 


Centralblatt  der  Bauverwaltüug. 


26.  Juli  1890. 


Abb.  2.  Lageplau. 
Bezeichnungen: 


302 


welcbem  der  Architekt  die 
gegebenen  Verhältnisse  in 
meisterhafter  Weise  zur  Schaf¬ 
fung  des  grofsartig  wirkenden 
Bildes  einer  symmetrischen 
Eococo- Anlage  ausnutzte. 

Tritt  man  in  den  Aus¬ 
stellungsplatz  durch  das  in 
unserer  Abb.  1  dargestellte, 
in  malerisch  reizvoller  Ge¬ 
staltung  theilweis  einer  alten 
Bremer  Stadtpforte  nachge¬ 
bildete  Thorgebäude  ein,  wel¬ 
ches  einem  im  Gegensatz  zu 
dem  bekannten  altbremischen 
Thorspruch  „Bremen  wäs’  be¬ 
dächtig,  lat  nich  mehr  in 
denn  du  bist  ehrer  mächtig‘‘, 
vielmehr  ein  „Tretet  ein,  auch 
hier  sind  die  Götter“  zuzu¬ 
rufen  scheint,  so  bietet  sich 
zuerst  die  Fläche  des  grofsen, 
von  geometrischen  Linien  be¬ 
grenzten  Wasserbeckens  dar 
(vgl.  den  Lageplan  Abb.  2). 
In  seiner  Mitte  erhebt  sich 
auf  quadratischem  Flofs  eine 
phantastische  japanische  Pa¬ 
gode,  die  nur  in  Boten  zu 
erreichen  und  lediglich  dem 
Vergnügen  der  Wasserfahrten 
gewidmet  ist.  Die  Seiten 
des  Beckens  sind  durch 
Lindenalleen  eingefafst,  wäh¬ 
rend  im  Hintergründe  die 
mächtigen  Formen  des  neuen 
Parkhauses  das  Bild  prächtig 
abschliefsen.  In  diesem  Ge¬ 
bäude  ,  welches  zugleich 
dem  bleibenden  Zwecke  eines 
Gesellschafts-  und  Wirth- 
schaftshauses  für  den  Bür¬ 
gerpark  dienen  soll,  hat 
der  Architekt  offenbar  den 
Glanzpunkt  des  Ganzen 
schaffen  wollen,  und  es  ist 
ihm  dies  durch  eine  über¬ 
aus  wirkungsvolle  Gruppirung 
des  Aeufsereu  auch  aufs 
beste  gelungen.  Den  Kern 
des  Gebäudes  bildet  ein  ge¬ 
viertförmiger  ,  zweigeschossi¬ 
ger  Mittelbau,  überragt  von 
hoher ,  mit  reicher  Laterne 
gekrönter  Walmkuppel  und 
an  den  Ecken  von  vier 
Thürmen,  welche  zwiebel- 


1.  Parkhaus,  Hauptrestauratiou. 

2.  Bootshaus. 

3.  Fessel-Ballon  (Ballon  captif). 

4.  Architektenhaus  (Restauration). 

.5.  Bergbahn. 

G.  Ausschank  der  vereinigten  Brauer 
(Dr.  W.  Baydt,  Hannover). 

7.  Taucherpavillou. 

8  Fischräucherei. 

9.  Brücke,  Act.-Ges.  f.Monierbauten,  Berlin. 

10.  Seefahrtshier  -  Pavillon  (Wilh.  Eemmer, 
Bremen). 


11.  Bibelgesellschaft. 

12.  Theater. 

13.  Westälisches  Bauernhaus  (Restau¬ 

ration). 

14.  Meierei. 

15.  Maschiuenhaus  (Carl  Ilgner  u.  Co., 

Minden). 

10.  Carroussele. 

17.  Schiefshalle. 

18.  Lachcabinet. 

19.  Metalhvareu  (A.  Mehliug,  Wien). 


20.  Conditorei. 

20a.  Kaiserpauorauia. 

21.  Alt-Bremen- Strafse. 

22.  Hesse  u.  Haars,  Weinbaus. 

23.  Bureau  der  elektrischen  Fabrik,  Bam¬ 

berg. 

24.  Castans  Spiegel-Irrgarten. 

25.  Actien-Gesellschaft  für  automatischen 

Verkauf. 

26.  Jul.  Linstedt,  Weinausschank. 

27.  Forsthaus  (Restauration). 


förmige,  ebenfalls  in  schlan¬ 
ken,  hier  einfacher  ge¬ 
bildeten  Laternen  endigende 
Dächer  tragen.  In  der  Mittel¬ 
achse  sind  vorn  und  hinten 
in  Höhe  des  Untergeschosses 
halbkreisförmige  Ausbauten 
angefügt,  an  der  Rückfront 
sind  dem  Mitteltheil  vorge¬ 
lagerte  Säulengänge  ange¬ 
ordnet,  vermittelst  deren  Altan- 
Plattform  der  Reichthum  der 
baulichen  Entwicklung  hier 
noch  gesteigert  ist.  Die  Säu- 
lengäuge  legen  sich  links  und 
rechts  auch  noch  den  beiden 
symmetrischen  Bautheilen  vor, 
welche  zwischen  Mittelbau 
und  Gebäudeflügeln  vermitteln 
und  auch  ihrerseits  wieder 
mit  je  zwei  thurmartigen, 
in  leichten  Spitzen  barocker 
Bildung  endigenden  Eck- 
Viauten  abschliefsen.  Die  Ge¬ 
bäudeflügel  sind  luftig  lauben¬ 
artig  behandelt  und  durch 
kuppelbedeckte  Pavillons  be¬ 
grenzt,  sie  vollenden  har¬ 
monisch  die  Wirkung  des 
trefflich  gegliederten  und 
in  seinen  Massen  reif  ab¬ 
gewogenen  Bauwerkes.  In 
seinem  Inneren  birgt  dieses 
im  wesentlichen  einen  grofsen 
Concertsaal,  dem  sich  aller¬ 
hand  Nebenräume  an- 
schliefsen  und  dessen  Aus¬ 
gestaltung  durch  säulen¬ 
getragene  Galerieen  zweck¬ 
dienliche  Bereicherung  er¬ 
fahren  hat.  Leider  nur  ist 
es  nicht  gelungen,  dieses 
Gebäude  noch  vor  der  Er¬ 
öffnung  der  Ausstellung  in 
seiner  äufseren  und  inneren 
Gestaltung  und  farbigen 
Ausstattung  zur  beabsich¬ 
tigten  Wirkung  zu  bringen. 
Es  hat  unvollendet  dem  vor¬ 
läufigen  Gebrauch  übergeben 
werden  müssen,  was  umsomehr 
zu  bedauern  ist,  als  der  Bau 
augenscheinlich  der  Gesamt¬ 
heit  der  Ausstellungsbauten  als 
besondere,  krönende  Zierde 
dienen  sollte. 

(Schlufs  folgt.) 


28.  Camera  okscura. 

29.  Musikpavillon. 

30.  Photographie-Salou. 

31.  Willmaim  &  Duuker,  Restauration. 

32.  Champaguer-Pavillon. 

33.  W.  H.  Wietiug,  Restauration. 

34.  Erven  Lucas  Bois,  Likör-Pavillon. 

35.  Max  Rieck,  Chocoladen-Pavillon. 

36.  A.  Werner,  Verkaufs-Pavillon. 

37.  Bombayhütte. 

38.  J.  R  Krouel,  Bremen,  Blumenverkauf. 


Wiederaufnahme  der  Bauarbeiten  beim  Hudsontunnel. 


Der  gegenseitige,  rastlose  Verkehr  zwischen  den  drei  Städten 
Brooklyn  und  New-York  einerseits,  New-York  und  Jersey-City  ander¬ 
seits  läfst  dieselben,  obwohl  die  beiden  ersteren  durch  den  East  River, 
die  letzteren  durch  die  breite  Wasserfläche  des  Hudsons  geschieden 
sind,  doch  als  ein  einziges  grofses  Stadtgebiet  erscheinen,  welches  in 
seiner  Gesamtheit  ein  grofses  Eingangsthor  für  die  Vereinigten 
Staaten  darstellt.  Jersey-City  findet  in  dem  ihr  unmittelbar  ange¬ 
schlossenen  Hoboken  ihre  Ergänzung;  in  beiden  haben  16  Bahnen 
ihre  Endigung,  welche  strahlenförmig  mit  dem  Inneren  des  Landes 


verkehren.  Die  Beziehungen  dieser  Bahnen  mit  den  Geleisen  jenseit 
des  Hudsons  werden  durch  Eisenbahnfähren  vermittelt,  eine  Art  des 
Verkehres,  welche  naturgemäfs  mit  wesentlichen  Mängeln  behaftet 
ist,  die  in  erster  Linie  von  den  zahlreichen  Eisenbahnreisenden  leb¬ 
haft  empfunden  werden. 

Um  nun  die  Züge  in  ununterbrochenem  Laufe  von  New-Jersey, 
welches  am  westlichen  Ufer  des  Hudsons  liegt,  auf  die  östliche  Seite, 
nach  einem  der  in  New-York  belegenen  Endbahnhöfe  leiten  zu 
können,  wurde  auf  Anregung  von  D.  C.  Haskins  im  Jahre  1881  der 


Nr.  30. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung 


303 


Bau  eines  zweigeleisigen,  in  zwei  getrennten  Röhren  herzustellenden 
Tunnels  in  Angriff  genommen,*)  welcher  in  seinem  Bau  indessen  nur 
langsam  fortschritt,  und  bereits  im  Jahre  1882,  nachdem  4  200000 
Mark  verausgabt  waren,  infolge  financieller  Schwierigkeiten  wieder 
eingestellt  wurde.  Auch  die  Bauleitung  hatte,  wie  bereits  auf  S.  158 
Jahrg.  1883  dieses  Blattes  ausgeführt  ist,  eine  grofse  Sachkenntnifs 
nicht  an  den  Tag  gelegt.  Die  Länge  der  beiden  Tunnel  war  zu 
1646  m  vorgesehen,  die  lichte  Höhe  der  Röhren  zu  5,5  m,  die  Weite 
zu  4,9  m  angenommen.  Die  Ausmauerung  wurde  als  0,6  m  starke 
Wölbung  mittels  Hartbrandsteinen  innerhalb  einer  ringförmigen  Aus¬ 
kleidung  von  Stahlplatten  vorgesehen.  Der  Bau  wurde  von  zwei  an 
beiden  Enden  geteuften,  etwa  18  m  tiefen  und  9  m  weiten  Schächten 
aus  unternommen,  welche  je  die  beiden  Tunnelmündungen  an  jeder 
Seite  aufnahmen,  und  an  welche  später  die  auf  eine  beträchtliche 
Länge  in  Tunneln  anzulegenden  Zufahrtsrampen  angeschlossen  werden 
sollten.  Auf  der  New-Jersey- Seite  wurden  die  Tunnelröhren  in 
Schlammboden  vorgetrieben,  während  man  auf  der  anderen  Seite  auf 
feinen  Triebsand  stiefs.  Ueber  die  Art  der  Bauausführung,  welche 
mit  Hülfe  von  Prefsluft  gefördert  wurde,  und  die  mit  der  Ausführung 
verbundenen  grofsen  Schwierigkeiten  sind  genauere  Mittheilungen  auf 
S.  158  Jahrg.  1883  dieses  Blattes  enthalten,  in  welchen  insbesondere 
auch  der  Bauvorgang  auf  der  Seite  der  Stadt  New-York  eingehender 


erläutert  ist.  Von  der  dort  beschriebenen,  hier  daher  nicht  weiter  zu 
erörternden  Art  der  Ausführung  war  diejenige  auf  der  Seite  von  New- 
Jersey  wesentlich  verschieden.  Dort  hatte  man  den  Vortrieb  mit 
Hülfe  eines  centralen  Richtstollens  bewerkstelligt,  wie  in  Abb.  1  an¬ 
gedeutet,  indem  man  eine  1,83  m  weite  Röhre  aus  gebogenen  und  mit 
Planschen  verbundenen  Platten  in  dem  schwimmenden  Gebirge  voran¬ 
führte.  Diese  Röhre  ragte  nach  rückwärts  in  den  freien  Tunnel¬ 
raum  hinein;  gegen  diese  Verlängerung  wurden  beim  fortschreitenden 
Vollausbruch  die  Ringplatten,  welche  das  Vollprofil  des  Tunnels  aus¬ 
kleideten,  nach  dem  Mittelpunkte  zu  abgestützt,  bis  das  Mauerwerk 
innerhalb  der  Auskleidung  fertiggestellt  war.  Die  Verlängerung  der 
Richtstollenröhre  geschah  in  der  Weise,  dafs  die  am  hinteren  Ende 
überflüssig  gewordenen  Platten  vor  Ort  wieder  angefügt  wurden. 
Diese  Röhre  gewährte  ein  treffliches  Mittel,  die  Art  des  Gebirges  im 
voraus  festzustellen;  Einbrüche  vor  Ort  waren  aber  infolge  des  ge¬ 
ringen  Röhrenquerschnitts  so  gut  wie  ausgeschlossen.  Der  Ausbruch 
wurde  auf  Karrbahnen  abgefahren,  wie  aus  der  Abbildung  1  ersicht¬ 
lich  ist.  Der  äufsere  Wasserdruck  mufste  nothwendigerweise  in  ver¬ 
schiedener  Höhe  der  Tunnelleibung  in  ungleicher  Stärke  auftreten, 
am  geringsten  in  den  oberen  Theilen,  am  stärksten  in  der  Sohle. 
Demgegenüber  war  man  nur  in  der  Lage,  überall  gleichbleibenden 
Luftdruck  im  Innern  herzustellen.  Die  Luft  entwich  stark  im  Scheitel, 
welcher  hierdurch  im  allgemeinen  trocken  gehalten  wurde,  während 
von  unten  her  flüssiger  Schlamm  zudrang,  sich  bis  zu  einer  gewissen 
Höhe  in  den  Tunnel  ergofs,  —  wie  auch  in  Abb.  1  und  2  angedeutet 
ist,  —  und  die  Ausführung  wesentlich  erschwerte. 

Als  1882  die  Arbeit  eingestellt  wurde,  war  der  südliche  Tunnel 
auf  der  Seite  von  New-York  kaum  begonnen,  während  der  nördliche 
Tunnel  bereits  in  einer  Länge  von  150  m  vorgetrieben  war.  Auf  der 
Seite  von  New-Jersey  war  der  südliche  Tunnel  180  m,  der  nördliche 
sogar  schon  560  m  weit  vollendet. 

Nach  langer  Unterbrechung  sind  nun  unlängst  die  Arbeiten 
durch  eine  englische  Gesellschaft  wieder  aufgenommen  worden;  die 
Oberaufsicht  ist  in  die  Hände  der  bewährten  englischen  Ingenieure 
Sir  John  Fowler  und  Benjamin  Baker  gelegt  worden  und  somit  wohl 
auch  eine  bessere  Gewähr  dafür  gegeben,  dafs  die  Arbeiten  nunmehr 
ohne  weitere  Unterbrechung  zu  glücklichem  Ende  geführt  werden. 
Die  unmittelbare  Leitung  ist  dem  bei  der  Forthbrücke  thätig  ge¬ 
wesenen  Ingenieur  E.  IV.  Moir  anvertraut.  Die  Bauweise  ist  gegen 
früher  so  verändert  worden,  dafs  nicht  die  begonnene  Wölbung 
weitergeführt,  sondern  eine  Auskleidung  der  Tunnelleibung  mittels 


*)  Vergl.  den  Lageplan  im  Jahrg.  1884  d.  Bl.  S.  113. 


Eisenplatten  vorgenommen  und  der  Vortrieb  vor  Ort  nach  Vor¬ 
schlag  von  Sir  Benjamin  Baker  mittels  grofser  Schilde  bewerk¬ 
stelligt  wird. 

Zunächst  wurde  die  Arbeit  an  dem  nördlichen  Tunnel  auf  der 
Seite  von  New-Jersey,  später  auch  auf  der  New-Yorker  Seite  wieder 
begonnen.  Das  in  nur  46  m  Länge  fertiggestellte  Ende  des  auf 
letzterer  Seite  angefangenen  südlichen  Tunnels  ist  in  beistehender 
Abbildung  2  zur  Zeit  der  Wiederaufnahme  der  Arbeiten  dargestellt. 


Der  Arbeitsschacht,  welcher  6,7  X  11,0  m  Querschnitt  zeigt,  besteht 
in  seinem  untern  Theile  aus  einem  hölzernen  Senkkasten,  welcher 
wie  bei  Brückengründungen  unter  Anwendung  von  Prefsluft  versenkt 
worden  ist.  Die  Wände  bestehen  aus  mehrfachen,  einander  kreuzförmig 
und  schräg  überdeckenden  Lagen  kräftiger  Balken,  welche  sorgfältig 
bearbeitet  und  miteinander  verbolzt  sind.  Aehnlich  ist  die  Decke 
gebildet.  In  der  letzteren  ist  eine  Luftschleuse  G  für  die  Arbeiter,  eine 
von  früher  stammende,  neuerdings  nicht  weiter  erforderliche  und 
daher  bis  auf  ein  kurzes  Stück  abgebrochene  Schleuse  F,  durch 
welche  früher  die  Zimmerungshölzer  des  Tunnels  eingebracht  wurden, 
und  endlich  eine  dritte  Schleuse  Z)  zum  Ausschleusen  des  Tunnel¬ 
ausbruches  angebracht.  Letztere  hat  die  Gestalt  eines  umgekehrten  T, 
der  wagerechte  Schenkel  öffnet  sich  nach  beiden  Tunnelmündungen 
hin.  Bei  C  war  in  einer  auf  einem  Betonkörper  errichteten 
Zwischenmauer  eine  weitere  Luftschleuse  angeordnet,  um  dem  Bau¬ 
fortschritte  entsprechend  den  mit  Prefsluft  zu  füllenden  Raum  einzu¬ 
schränken.  Da  bei  Wiederaufnahme  der  Arbeiten  die  Stärke  dieser 
Mauer  nicht  für  ausreichend  erachtet  wurde,  um  dem  anzuwendenden 
starken  Luftdruck  zu  widerstehen,  wurde  eine  fernere  Schleuse  B  in 
zwei  kräftigen  Quermauern  angeordnet,  und  hierdurch,  neben  weiterer 
Verringerung  des  Arbeitsraumes  der  Vortheil  erreicht,  dafs  bei  einem 
etwaigen  Tunneleinbruch  die  Prefsluft  in  dem  kleineren  Raume 
schnellere  Verdichtung  erfahren  und  so  den  einbrechenden  Massen 
kräftigeren  Widerstand  entgegensetzen  mufste.  Derartige  Befürch¬ 
tungen  waren  insofern  gerechtfertigt,  als  zunächst  eine  Tunnel¬ 
erweiterung  bei  A  hergestellt  werden  mufste,  welche  den  nöthigen 
Raum  zum  Bau  des  vorerwähnten,  in  der  Gröfse  der  äufseren  Leibung 
zusammenzusetzenden  Schildes  gewähren  sollte.  Zur  Trockenhaltung 


des  zurückliegenden  Tunnelabschnittes  sollte  auch  in  diesen  ver¬ 
dichtete  Luft  eingeführt,  im  übrigen  aber  der  Wasserzudrang  hier 
nur  soweit  durch  Luftdruck  vermindert  werden,  wie  es  der  Bauvorgang 
unbedingt  erforderlich  machte. 

Der  neuerdings  zum  Vortrieb  in  Aussicht  genommene  Arbeitsschild 
ist  in  den  Abb.  3  bis  5  (Seite  304)  dargestellt.  Beim  Vorschieben  dieses 


304 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


26.  .luli  1890. 


Schildes  wird  der  Ausbruch  durch  eiuc  ringförmige  Stahlschneide  ab  ab 
(Abb.  4)  gewissermafsen  herausgeschält  und  in  neun  Abtheilungen  auf- 
genominen,  welche  durch  je  zwei  wagerechte  und  senkrechte  Scheide¬ 
wände  cc.dd,ee  und  //'(Abb.  5)  gebildet  werden.  Durch  zwei  kreis¬ 
förmige  Blechtafeln  (j  g  und  h  h  (Abb.  4)  sind  ferner  neun  Arbeits¬ 
kammern  zwischen  den  Scheidewänden  gebildet,  deren  jede  mit  einer 
Oeffnung  an  der  Ortseite  für  den  Eintritt  des  Bodens  (mit  den  arabi¬ 
schen  Ziffern  1  bis  3  bezeichnet)  und  einer  Oeffnung  an  der  Stollen¬ 
seite  (mit  entsprechenden  römischen  Ziffern  bezeichnet)  versehen 
sind.  Durch  letztere  wird  der  Ausbruch  auf  die  Tunnelsohle  ge¬ 
bracht,  um  von  hier  abgekarrt  zu  werden.  Je  nach  der  angetroff’enen 
Bodenai't  können  einzelne  Kammern  geschlossen  und  so  vom  Betriebe 
ausgeschaltet  werden.  Bei  besonders  schlammiger  Bodenbeschaffen¬ 
heit  sollen  sämtliche  Kammern  mit  Blechthüreu  fest  verschlossen 
werden,  um  zur  Anwendung  von  Sandpiumpen  oder  anderer  geeigneter 
jMittel  zur  Entfernung  des  Ausbruches  überzugehen. 

Das  Yorschiebeu  des  Schildes  geschieht  durch  Wasserdruck¬ 
stempel,  welche  an  den  in  Abb.  3  durch  Kreise  angedeuteten  Stellen 
angreifen  und  sich  mit  dem  anderen  Ende  gegen  die  Auskleidung 
des  Tunnels  stützen.  Man  hat  es  durch  Veränderlichkeit  der  Hub¬ 
höhe  der  einzelnen  Stempel  in  der  Hand,  den  etwa  aus  der  Eich¬ 
tling  gekommenen 
Schild  wieder  genau 
in  die  Tunnelachse  zu 
bringen.  Für  den  F’all, 
dafs  Fels  angetroften 
werden  sollte ,  sind 
rings  am  Umfange  des 
Schildes  und  in  Reihen 
unterhalb  der  wage¬ 
rechten  Scheidewände 
.36  Röhren  zur  Durch¬ 
führung  von  Bohrern 
eingesetzt,  welche  in 
den  beistehenden  Abb. 
indes  nicht  weiter  er¬ 
sichtlich  gemacht  sind- 
Während  die  Aus¬ 
brucharbeiten  vor  f)rt 
ihren  Fortgangnehmen, 
wird  die  Auskleidung 
der  Tunnelleibung  aus 


richtung. 


Längenschnitt. 


gufseisernen  Ringtheilen  zusammengefügt  und  stets  soweit  vorgeführt, 
dafs  sie  futteralartig  den  hinteren  Rand  des  Schildes  untergreift.  Der 
äufsere  Durchmesser  dieser  Auskleidung  beträgt  5,95  m.  Wie  in  den 
Abb.  6  bis  8  (Seite  .303)  gezeigt  ist,  wird  dieselbe  in  einzelnen  geschlos¬ 
senen  Ringen  von  0,5  m  Breite  hergestellt,  welche  untereinander  durch 
angegossene  Flansche  und  32  mm  starke  Schraubenbolzen  verbunden 
werden.  Jeder  Ring  besteht  aus  10  Bogenplatten,  welche  ebenfalls  mit 
Flanschen  aneinandergefügt  werden.  An  den  (wagerechten)  Stöfsen 
der  Bogenplatten  werden  Futterstücke  aus  hartem,  getränktem  Holz 
eingelegt,  während  die  kreisförmigen  Trennungsfugen  der  einzelnen 
Ringe  nur  einen  Eingufs  von  Portland-C'ement  erhalten.  Die  ein¬ 
zelnen  Eingplatten  sind  nach  dem  äufseren  Drucke  in  Stärke  und 
Gewicht  veränderlich.  Das  kurze  Scheitelstück  wiegt  102  kg,  die 
anstofsenden  beiden  Theile  je  380  kg,  die  nächstfolgenden  je  407  kg, 
alle  übrigen  je  534  kg.  Das  Scheitelstück  ist  im  übrigen  keilförmig 
nach  oben  verjüngt,  um  es  bequem  am  Schlüsse  eiubringen  zu 
können.  Mit  Rücksicht  auf  diese  Verjüngung  ist  dieses  Schlufsstück 
auch  besonders  kräftig  gehalten.  In  der  Mitte  der  Platten  sind  Oesen 
zum  besseren  Handhaben  angegossen.  Während  beim  Bau  des  ähnlich 


hergestcllten  Themsetunnels  Löcher  in  den  Platten  gelassen  waren, 
zum  Durchtritt  etwa  innerhalb  der  genauen  Kreisform  noch  stehen¬ 
gebliebenen  Materials,  ist  diese  Rücksichtnahme  beim  Bau  des 
Hudsontunnels  nicht  erforderlich,  da  hier  das  Gebirge  dem  Druck 
der  Platten  genügend  nachgiebt. 

Nicht  lange  nach  Wiederaufnahme  der  Arbeiten  ereignete  sich 
der  Fall,  dafs  durch  Unvorsichtigkeit  bei  dem  Bemühen  eines  Ar¬ 
beiters,  mit  einem  brennenden  Lichte  einige  undichte  Stellen  in  der 
Zwischendecke  H  (Abb.  2)  ausfindig  zu  machen,  diese  letztere  an 
der  mit  E  bezeichueten  Stelle  Feuer  fing.  Die  Prefsluft  drängte  das 
Feuer  begreiflicherweise  sofort  nach  aufsen,  ohne  dafs  der  Arbeiter 
dasselbe  wahrgenommen  hätte.  Der  aufsen  durchtretende  Rauch 
wurde  aber  glücklicherweise  sofort  bemerkt,  sodafs  rechtzeitig  sämt¬ 
liche  Arbeiter  aus  dem  Tunnel  entfernt,  der  Luftzutritt  abgesperrt 
und  durch  das  nachdrängende  Wasser  das  fortglimmende  Feuer  ge¬ 
löscht  werden  konnten.  Alle  späteren  Versuche  aber,  das  Wasser  durch 
Prefsluft  wieder  zurückzutreiben,  erwiesen  sich  als  fruchtlos,  da  die 
Luft  durch  das  eingebrannte  Leck  sofort  wieder  einen  Ausweg  fand.  Da 
Taucher  das  Leck  nicht  aufzufinden  vermochten,  wurde  der  Versuch 
gemacht,  durch  eingeworfenen  Stalldünger,  Holzfaser  und  aufge¬ 
drehte  Hanfseile  eine  Dichtung  herzustellen,  doch  auch  nur  mit 

geringem  Erfolge.  So 
entschlofs  man  sich 
denn  zu  dem  letzten 
Auswege,  das  Wasser 
auszupumpen.  Zu¬ 
nächst  wurden  die  von 
Arbeitern  offen  ge¬ 
lassenen  Thüren  der 
Luftschleuse  B  durch 
Taucher  geschlossen, 
um  denWasserzudrang 
so  weit  als  thunlich 
einzuschränken.  Doch 
auch  dann  gelang  es 
erst,  des  Wassers  Herr 
zu  werden,  nachdem 
man  aufser  den  vor¬ 
handenen  Pumpen, 
deren  Stundenleistung 
nicht  über  140  cbm  hin¬ 
ausging,  noch  einige 


Pfeilrichtung  gesehen. 


weitere  aufgestellt  hatte,  welche  die  Beseitigung  von  450  cbm  Wasser 
in  der  Stunde  ermöglichten.  Nachdem  kürzlich  dieser  Zwischenfall 
glücklich  überwunden  worden  ist,  zeigte  es  sich,  dafs  sich  bei  den 
Wasserhaltungsarbeiten  die  Schachtwände  in  ihrem  Gefüge  vollständig 
gelockert  hatten,  sodafs  fernere  Trockenhaltung  des  zurückliegenden 
Tunnelabschnittes  mittels  Druckluft,  selbst  wenn  man  die  Decke  aus¬ 
gebessert  haben  würde,  nicht  mehr  möglich  war.  Die  Entwässerung 
wird  daher  soweit  nöthig  fortan  durch  Pumpen  bewerkstelligt. 

Eine  der  jüngsten  Neuerungen  ist  die  von  Moir  angeordnete 
Bereithaltung  eines  an  den  Enden  und  in  der  Mitte  verschliefsbaren 
liegenden  Luftcylinders  von  1,8  m  Durchmesser  und  4,9  m  Länge, 
in  dem  diejenigen  bei  Schichtwechsel  den  Tunnel  verlassenden  Berg¬ 
leute  und  Arbeiter,  welche  unter  der  zu  schnellen  Luftdruckverminde¬ 
rung  beim  Austritt  aus  den  Luftschleusen  besonders  stark  zu  leiden 
haben,  sich  erholen  können.  Die  betreffenden  Arbeiter  werden  in  die 
eine  Abtheilung  des  Cylinders  verbracht,  in  welcher  sodann  ein  an¬ 
gemessener  Luftdruck  angelassen  und  ganz  allmählich  vermindert 
wird.  Die  andere  Abtheilung  ist  Einsteigekammer  für  den  behan¬ 
delnden  Arzt.  Kemmann. 


lieber  zweckmäfsige  Einrichtungeii  von  Kliniken 

(Fortsetzung  aus  Nr.  4.) 


9.  Die  Badeeiurichtiuigen. 

Die  zum  Baden  dienenden  Einrichtungen  sind  entweder  trans¬ 
portabel,  für  den  Gebrauch  in  den  Krankensälen,  oder  sie  befinden 
sich  in  unveränderlicher  Stellung  in  kleinen  Badezimmern,  welche 
meist  in  der  Nähe  der  Krankensäle  angeordnet,  von  diesen  indessen 
nicht  unmittelbar  zugänglich  gemacht  zu  werden  pflegen.  Besondere 
Bäder  für  die  Aerzte  und  das  Wärterpersonal  sind  erwünscht.  In 
neueren  Kliniken  sind  aufserdem  noch  Baderäume  im  Untergeschofs 
eingerichtet  für  neu  eingelieferte  Kranke,  welche  vor  der  Unter¬ 
bringung  in  bestimmte  Stationen  einer  gründlichen  Reinigung  unter¬ 
worfen  werden. 

Für  etwa  10  Kranke  ist  ein  Baderaum  erforderlich,  dessen 
Gröfse  ausreichend  zu  bemessen  ist,  damit  die  ungezwungene  Be¬ 
wegung  der  oft  von  allen  Seiten  zu  unterstützenden  Kranken  nicht 
behindert  wird.  Bei  Einzelbädern  ist  den  betreffenden  Räumen  eine 


Breite  von  etwa  2,5  m  und  eine  Länge  von  etwa  5  m  zu  geben. 
Räume  mit  Einzelbädern  werden  im  allgemeinen  bevorzugt,  doch 
kommen  auch  solche  mit  zwei  und  mehr  Wannen  vor.  Die  Bade¬ 
räume  dienen  nicht  nur  zur  Aufstellung  der  festen,  sondern  auch  zur 
Aufbewahrung,  Füllung  und  Entleerung  der  transportabeln,  in  den 
Krankensälen  zur  Verwendung  kommenden  Wannen.  Die  Bade¬ 
zimmer  müssen  durch  Fenster  gut  erleuchtet  werden,  welche  zweck- 
mäfsig  mit  geriefeltem  Glase  zu  versehen  sind.  Den  Thüren  ist  eine 
lichte  Weite  von  mindestens  1,20  m  zu  geben,  damit  erforderlichen¬ 
falls  Krankenwagen  oder  Betten  ohne  Hindernifs  hindurchgebracht 
werden  können. 

Der  Fufsboden  ist  wasserundurchlässig  herzustellen  und  mit 
allseitigem  Gefälle  nach  einem  in  der  Nähe  der  Badewanne  anzu¬ 
ordnenden  Abflüsse  zu  versehen.  Die  mit  einem  Wasserverschlufs 
auszustattende  Abflufsleitung  mufs  wegen  öfterer  Reinigung  bequem 


Nr.  30. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


305 


zugänglich  gemacht  und  deshalb  nicht  versteckt  unter  der  Bade¬ 
wanne  angeordnet  werden.  Sehr  geeignet  sind  Terrazzo-  oder  Fliesen- 
Fufsböden  auf  einer  Unterwölbung,  mit  dazwischengelegter  Asphalt¬ 
schicht..  Für  die  Decken  verdient  eine  Ueberwölbung  vor  allen 
anderen  Constructionen  den  Vorzug.  Die  Wandflächen  sind  mit 
Oelfarbe  zu  streichen.  In  Schwefelbädern,  welche  bisweilen  Verwen¬ 
dung  finden,  hat  sich  Oelfarbenanstrich  nicht  bewährt;  hier  ist  eine 
Bekleidung  der  Wände  mit  Kacheln  oder  Fliesen  zu  empfehlen.  Die 
Baderäume  sind  stets  mit  Heiz-  und  mit  reichlichen  Lüftungsvorrich¬ 
tungen  (Abzugscanäle  in  den  Mauern  mit  Gasflammen,  Glasjalou- 
sieen  in  den  Fenstern  u.  dgl.)  zu  versehen.  In  der  Nähe  des  Bade¬ 
zimmers  ist  ein  Abort  und  ein  kleiner,  nach  dem  Kellergeschofs 
führender  Abwurfschacht  für  schmutzige,  inficirte  Wäsche  anzuordnen. 
Eine  zweckmäfsige  Lage  des  Bade¬ 
zimmers  neben  dem  Krankensaale, 
in  Verbindung  mit  Abort  und 
Kaum  für  schmutzige  Wäsche 
nebst  Abwurfschacht,  ist  in  Abb.  17 
dargestellt;  aus  dieser  Abbildung 
ist  auch  die  gebräuchliche  Anord¬ 
nung  der  Theeküchen  (vgl.  Nr.  12) 
und  der  Wärterzimmer  in  der 
Nähe  der  Krankensäle  zu  ersehen. 

Die  Ausstattung  der  Bade¬ 
zimmer  besteht  in  der  Kegel  aus 
einem  Heizapparat  zur  Erwärmung 
des  Kaumes,  einer  Wanne  für  den 
stationären  Betrieb  mit  den  erfor¬ 
derlichen  Hähnen  und  Brausevor¬ 
richtungen,  aus  mehreren  trans- 
portabeln,  in  einander  gestellten 
Wannen  verschiedener  Gröfse  auf 
Gummirädern  für  die  Verab¬ 
reichung  von  Voll-,  Sitz-,  Arm- 


a  Badezimmer,  b  Abort. 

Für  schmutzige  Wäsche,  d  Ab¬ 
wurfschacht. 

Abb.  17. 


und  Fufsbädern  in  den  Kranken¬ 
sälen,  ferner  aus  einer  gepolsterten  Ruhebank,  einem  kleinen  Tisch, 
einem  Stuhl  und  einem  Handtuchhalter,  welcher  zweckmäfsig  (wie  in 
Halle)  oberhalb  des  Heizapparates  anzubringen  ist  (Abb.  16).  Bis¬ 
weilen  befinden  sich  in  diesen  Räumen  auch 
Waschvorrichtungen  und  Klingeln  nach  den  Kran¬ 
kensälen. 

Als  Material  für  die  Badewannen  ist  Kupfer¬ 
blech  bezw.  starkes  Zinkblech  zu  empfehlen.  Die 
an  einzelnen  Orten  verwendeten  Wannen  aus  Kunst¬ 
stein  oder  emaillirtem  Gufseisen  haben  sich  im  all¬ 
gemeinen  nicht  bewährt,  da  erstere  zu  schwerfällig 
sind  und  bei  letzteren  die  Emaille  nvtr  von  geringer 
Dauer  ist.  Für  Medicinal-  und  Schwefelbäder  sind 
gemauerte  Wannen  mit  innerer  Kachelbekleidung 
zu  empfehlen.  Die  Wannen  zu  Vollbädern  für  Er¬ 
wachsene  werden  in  der  Regel  m  lang,  m 


0,55 


Abb.  16. 

H  andtuchh  alter 
über  der  Heiz¬ 
vorrichtung. 


breit  und  m  hoch  gemacht,  doch  kommen  auch 

andere  Mafse  vor;  die  Wannen  für  Kinder  erhalten 
entsprechend  -geringere  Abmessungen.  Da  sich  bei 
der  allgemein  üblichen  Aufstellung  der  Badegefäfse 
zwischen  diesen  und  der  Wand  Unreinigkeiten  anzusammeln  pflegen, 
und  Kranke  beim  Gebrauch  der  Bäder  oft  von  allen  Seiten  unterstützt 
werden  müssen,  empfiehlt  es  sich,  die  Wannen  frei  im  Raume  anzu¬ 
ordnen.  Das  Besteigen 
der  Wannen  wird 
ferner  wesentlich  er¬ 
leichtert,  wenn  die¬ 
selben  etwa  20  bis 
-30  cm  in  denFufsboden 
eingelassen  werden, 
welche  Anordnung  in 

■einzelnen  Kliniken  mit  auu  -<q  r-.  j.  j  j 

T,  f  .  Abb.  18.  V  ertieft  stehende  Badewanne  mit 

^1  og  gewa  IS  .  geschweifter  bezw.  gerader  Rückwand. 
Bisweilen  sind  auch 

Wannen,  bei  denen  die  Rückwand  nicht  geradlinig,  sondern  mit  einer 
den  Körperformen  angepafsten  Schweifung  versehen  ist,  angewendet 
worden  (Abb.  18).  Namentlich  in  chirurgischen  Kliniken  sind  aufser 
den  vorbeschriebenen  Badegefäfsen  noch  solche  für  sogenannte 
.„Permanentbäder“  gebräuchlich,  welche  nach  Abb.  19  mit  einem  im 
Wasser  frei  schwebenden,  eingesp annten  Betttuch  construirt  werden. 
Die  Erwärmung  des  Wassers  erfolgt  hier  entweder  in  derselben  Art 
wie  bei  den  gewöhnlichen  Badeeinrichtungen,  oder  durch  Dampf- 
TÖhren,  die  über  dem  Fufsboden  der  Wanne  angeordnet  sind.  Die 
aus  Metall  herzustellende  Wanne  des  Permanentbades  ist  mit  einer 
Holzbekleidung  gegen  Abkühlung  zu  versehen. 


Zur  Bereitung  warmen  Wassers  für  die  Bäder  sind  verschieden¬ 
artige  Einrichtungen  getroffen.  Am  gebräuchlichsten  sind  schmiede¬ 
eiserne  Wasserbehälter  von  2  und  mehr  cbm  Inhalt  mit  eingelegten 
Dampfröhren  innerhalb  des  Dachbodens  oder  an  einem  anderen  hoch 
gelegenen  Orte.  Diese  Behälter  müssen  mit  guter  Isolirung  gegen 
Wärmeverluste  versehen  und  so  hergerichtet  werden,  dafs  der 
Wasserzuflufs  und  die  Regelung  der  Wärme  selbstthätig  erfolgt;  sie 
sind  deshalb  mit  Schwimmerventilen,  Ueberlaufrohren  und  anderen 
Apparaten  auszustatten.  An  einzelnen  Orten  sind  zur  Erzeugung 
und  Vertheilung  des  warmen  Wassers  innerhalb  des  Kellergeschosses 
Kessel  mit  directer  Feuerung  im  Gebrauch,  welche  durch  Umlauf¬ 
leitungen  mit  Expansionsgefäfsen  innerhalb  des  Dachbodens  in  Ver¬ 
bindung  stehen;  an  diese  Umlauflei¬ 
tungen  sind  die  Zuleitungen  nach  den 
Badewannen  augeschlossen.  Ob  aufser 
diesen  Einrichtungen  zur  Bereitung  war¬ 
men  Wassers  in  den  Baderäumen  selbst 
noch  besondere  Oefen  aufzustellen  sind, 
hängt  von  der  Art  des  Betriebes  ab. 
Selbst  da,  wo  centraler  Betrieb  bei 
Tage  vorhanden  ist,  werden  bisweilen 
besondereBadeöfen  mit  örtlicher  Heizung 
(Gasroste  usw.)  für  Nachtbäder  erforder¬ 
lich,  namentlich  in  Frauenkliniken  neben 
den  Krankensälen  der  Wöchnerinnen. 

In  einzelnen  Kliniken  sind  römisch¬ 
irische  Bäder  als  nothwendig  erachtet 
worden,  für  welche  sich  die  in  Abb.  20 
dargestellte  Einrichtung  bewährt  hat. 
Die  drei  Baderäume  sind  mit  Dampf¬ 
röhren  ausgestattet,  die  innerhalb  des 
Fufsbodens  unter  hölzernen  Lattenrosten 
liegen.  Im  sog.  Lavarium  befindet  sich 
eine  Badewanne,  sowie  eine  Sitz-,  Kopf- 
und  Dampfdouche.  Die  Mauern  des 
römisch-irischen  Bades  sind  überall  durch  innere  Luftisolirschichten 
gegen  Abkühlung  zu  schützen. 


\  / 

Ult 

-r~*v  .  ■ 

-Io  O  Ol 

Abb.  19.  Wanne  für 
manentbäder“. 


„Per- 


Abb.  20. 

Römisch -irisches  Bad. 


10.  I)ie  Kocliküelieu. 

Die  Kücheneinrichtungen  in  Kliniken  weichen  nicht  wesentlich 
von  denen  in  anderen  Anstalten  ab,  und  es  soll  deshalb  hier  nur 
dasjenige,  was  besonders  für  jene  Krankenhäuser  von  Wichtigkeit 
ist,  hervor  gehoben  werden.  Es  empfiehlt  sich  im  allgemeinen  nicht, 
die  Kochküchen,  welche  meist  mit  den  Waschküchen  vereinigt  zu 
werden  pflegen,  innerhalb  der  Kliniken  einzurichten,  was  bisweilen 
geschehen  ist,  da  trotz  aller  Schutzvorkehrungen  Belästigungen  durch 
Dünste,  üblen  Geruch  usw.  nicht  ganz  zu  vermeiden  sind.  Wenn 
irgend  thunlich,  werden  daher  für  die  Küchen  besondere  Wirthschafts- 
gebäude  in  angemessener  Entfernung  von  den  klinischen  Gebäuden 
herzustellen  sein. 

Die  Gröfse  der  Küchenräume  ist  von  der  Zahl  der  zu  ver¬ 
pflegenden  Kranken  abhängig.  Sind  mehrere  Kliniken  auf  einem 
Grundstück  vereinigt,  so  ist  die  Anordnung  gemeinsamer  Küchen  für 
sämtliche  Institute  gebräuchlich.  Hinsichtlich  der  Bauart  ist  zu  be¬ 
merken,  dafs  die  Küchenräume  nicht  zu  hoch  sein  dürfen,  da  sonst 
die  Beseitigung  des  Wrasens  Schwierigkeiten  bietet;  bei  kleinen 
Küchen  wird  in  der  Regel  eine  Höhe  von  4  m,  bei  gröfseren  eine 
solche  von  5,5  m  genügen.  Die  Räume  sind  wegen  der  nachtheiligen 
Einwirkungen  des  unvermeidlichen  Wrasens  wenn  thunlich  zu  über¬ 
wölben  und  mit  Steinfufsboden  (Fliesen  oder  Terrazzo)  zu  versehen. 
Asphaltbeläge  haben  sich  nicht  bewährt,  da  sie  allmählich  Ein¬ 
drücke  von  den  warmen  Efsgeschirren  usw.  aufnehmen  und  infolge 
dessen  bald  sehr  unansehnlich  werden.  Wände  und  Decken  sind 
zweckmäfsig  mit  verlängertem  Cementmörtel  zu  putzen  und  mit  Oel¬ 
farbenanstrich  zu  versehen;  da  der  untere  Theil  der  Wände  stärker 
abgenutzt  wird  und  deshalb  häufiger  im  Anstrich  erneuert  werden 
mufs,  empfiehlt  es  sich,  denselben  in  anderem  Tone  wie  die  oberen 
Wandtheile  zu  färben.  Die  Penster  sind  wegen  der  in  deu  Küchen¬ 
räumen  herrschenden  Feuchtigkeit  aus  Eisen  herzustellen,  in  aus¬ 
reichender  Zahl  und  Gröfse  (wenn  thunlich  auf  zwei  Seiten)  anzuordnen 
und  mit  reichlichen,  leicht  zu  handhabenden  Lüftungseinrichtungen 
(Kipp-  und  andern  Luftflügeln)  zu  versehen.  Für  zweckmäfsige 
Heizung  und  Lüftung  der  Küchenräume  ist  jedenfalls  Sorge  zu  tragen. 
Damit  so  wenig  wie  möglich  Wrasen  in  den  Küchenraum  dringt, 
sind  die  Kochapparate  mit  besonderen  Dunstabzügen  auszustatten. 
Aehnliche  Abzugs-Einrichtungen  sind  in  der  Nähe  der  Decke  für  den 
Raum  selbst  vorzusehen  und  wenn  thunlich  mit  den  warmen  Schorn¬ 
steinen  in  passende  Verbindung  zu  bringen.  Zur  wirksamen  LTnter- 
stützung  der  Lüftung  ist  den  Küchen  im  Winter  frische,  an  Heiz¬ 
apparaten  erwärmte  Luft  zuzuführen.  Die  Entfernung  der  Dämpfe 
wird  wesentlich  erleichtert,  wenn  die  Decken  der  Küchen  durch 


306 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


26.  Jnli  1890. 


darüber  liegende  Geschosse  gegen  Abkühlung  geschützt  werden;  es 
ist  deshalb  wo  möglich  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Decken  nicht 
gleichzeitig  das  Dach  bilden. 

Bei  Kliniken  von  mäfsigem  Umfange,  in  denen  Dampf  zu  anderen 
Zwecken  nicht  gebraucht  wird,  erfolgt  die  Zubereitung  der  Speisen 
auf  Herden  üblicher 
Bauart  mit  directer 
Feuerung,  bei  gröfse- 
ren  Anstalten  dagegen 
in  metallenen  Gefäfsen 
mit  Dampfbetrieb  und 
Maschinenkraft.  Als 
zweckmäfsighaben  sich 
Kocheinrichtungen  er¬ 
wiesen,  welche  sowohl 
mit  Dampf-  wie  mit 
örtlicher  Feuerung  be¬ 
trieben  werden  können. 

Als  Beispiel  einer 
neueren ,  zweckmäfsi- 
gen  Kochküchen -Ein¬ 
richtung  in  gröfserem 
Mafsstabe  kann  die 
im  Wirthschaftsge- 
bäude  der  vereinigten 
klinischen  Anstalten 
in  Breslau  ausgeführte 
Anlage  dienen,  welche 
in  Abb.  21  dargestellt 
ist.  Die  mit  centralem 
Dampfbetriebe  ver¬ 
sehenen  Einrichtungen 
reichen  zur  Verpfle¬ 
gung  von  etwa  500  Per¬ 
sonen  aus.  Sämtliche 
für  die  Kochküche  be¬ 
stimmten  Räume  sind, 
ebenso  wie  die  in  dem¬ 
selben  Gebäude  be- 
flndlichen  Räume  für 
die  Wäscherei,  um 
einen  grofsen  Dampf¬ 
schornstein  von  40  m 
Höhe  gruppirt,  welcher 
die  Rauchgase  aus 
den  Dampfkesselfeue¬ 
rungen  und  gleichzeitig 
den  Wrasen  aus  den 
Küchen  abführt.  Aus 
Abb.  21  dürfte  die  Be¬ 
stimmung  der  einzel¬ 
nen  Räume  und  Ap¬ 
parate  ohne  weitere 
Erklärung  verständ¬ 
lich  sein.  Besonders 
zu  erwähnen  ist,  dafs 
zur  Bereitung  der  Spei¬ 
sen  Hennebergsche,  so¬ 
genannte  Wasserbad- 
Koehapparate  Verwen¬ 
dung  gefunden  haben, 
bestehend  aus  kupfer¬ 
nen  ,  innen  verzinnten 
Kesseln  mit  hermetisch 
schliefsenden  Deckeln. 

Sämtliche  Apparate 
sind  mit  Zuleitungen  für  kaltes  und  warmes  Wasser  versehen.  Zur 
Aufstellung  sind  gekommen:  1  Kessel  mit  300  Liter  und  ein  solcher 
mit  200  Liter  Inhalt,  2  Kessel  mit  je  130  Liter,  1  desgleichen  mit 
60  Liter  und  ein  Kartotfelsieder  mit  200  Liter  Inhalt,  ferner 


ein  gröfserer  Bratherd,  ein  Dampf  katfeekocher  mit  200  Liter 
Inhalt,  eine  Kaffeebrennmaschine  und  ein  Wasserbad  -  Koch¬ 
apparat  mit  Oeffnungen  zum  Einsetzen  von  4  kleinen  schmiede¬ 
eisernen,  verzinnten  Kesseln  von  15  bis  35  Liter  Inhalt.  —  In 
anderen  Kliniken  sind  doppelwandige  Kochapparate  nach  dem  be¬ 
währten  System  Sen- 
king  mit  Erwärmung 
der  Speisen  durch 
heifses  Wasser  oder 
solche  mit  Erwärmung 
der  Speisen  durch 
Dampf,  der  in  die 
Hohlräume  einströmt, 
ausgeführt  worden. 

Als  Muster  für 
kleinere  Kochküchen 
mit  directer  Feuerung 
können  die  für  die 
medicinische  Klinik 
der  Universität  Mar¬ 
burg  (etwa  100  Betten) 
von  Liebau  in  Mag¬ 
deburg  getroffenen 
Einrichtungen  dienen 
(Abb.  22).  Der  mit 
einem  grofsen  Bratofen 
verbundene  Kochherd 
ist  dort  mit  Schütt¬ 
feuerung  versehen  und 
dient  neben  der  Be¬ 
reitung  von  Speisen 
gleichzeitig  zur  Be¬ 
reitung  des  in  den 
Theeküchen ,  Bädern 
usw.  erforderlichen 
warmen  Wassers,  wel¬ 
ches  vom  Herde  nach 
einem  im  Dachboden 
aufgestellten  Behälter 
aufsteigt  und  von  dort 
nach  den  einzelnen  Ge¬ 
brauchstellen  fliefst. 

In  allen  Koch¬ 
küchen  sind  Wärm¬ 
spinden  nothwendig, 
um  die  Speisen  bis 
zum  Abtragen  warm 
halten  zu  können.  Bei 
gröfseren  Anlagen  (wie 
in  Breslau,  Göttingen 
usw.)  mit  centralem 
Betriebe  in  beson¬ 
derem  Wirthschafts- 
gebäude  sind  in  den 
einzelnen  Kliniken 
bezw.  Krankenblocks 
besondere  kleine  An¬ 
richteküchen  vorge¬ 
sehen,  in  welchen  die 
fertigen ,  nach  dem 
Gebäude  gebrachten 
Speisen  vertheilt  wer¬ 
den  und  gleichzeitig 
das  auf  den  einzel¬ 
nen  Stationen  benutzte 
Efsgeschirr  gereinigt 
und  aufbewahrt  wird.  Dieselben  sind  dementsprechend  mit 
Schränken,  Wandgestellen,  Anrichtetischen,  Spültischen,  einem  Wärme¬ 
schrank  und  einem  Kochherd  für  kleine  Küchenbedürfnisse  ausge¬ 
stattet.  (Fortsetzung  folgt.) 


Längenschnitt. 

|< - - - 25,68 - - 


Kellergeschofs. 


Abb.  21.  Wirthschaftsgebäude  der  klinischen  Anstalten  in  Breslau. 


Die  Architektur  auf  der  diesjährigen  Berliner  Kunstausstellung. 


Die  Betheiligung  der  Architektur  an  der  Berliner  Kunstaus¬ 
stellung  ist  in  diesem  Jahre  eine  etwas  regere  als  in  den  beiden 
Vorjahren.  Insbesondere  ist  die  Zahl  der  ausgestellten  Entwürfe 
gestiegen,  nicht  so  die  der  ausstellenden  Architekten,  deren  es  sogar 
zwei  weniger  sind  als  1888.  Während  in  letzterem  Jahre  12  Aus¬ 
steller  (darunter  8  einheimische)  mit  13  Arbeiten  und  im  Vorjahre 
7  Architekten  (unter  ihnen  1  auswärtiger)  mit  12  Entwürfen  vertreten 


waren,  sind  diesmal  24  Arbeiten  von  10  Verfassern  ^darunter  auch 
nur  ein  auswärtiger)  zur  Ausstellung  gelangt.  Ein  wesentlicher 
Fortschritt  gegen  früher  ist  also  nicht  zu  verzeichnen.  Es  wäre 
müfsig,  ein  Klagelied  darüber  anzustimmen  oder  nach  Gründen  für 
diese  Erscheinung  zu  forschen.  Die  Architektur  ist  nun  einmal, 
wenn  man  von  einem  gewissen,  mehr  dem  Decorationsfache  ange- 
hörigen  Theile  ihres  Gesamtgebietes  absieht,  ihrem  innersten  Wesen 


Nr.  30. 


Gentralblatt  der  Bauverwaltung. 


307 


nach  nicht  dazu  angethan,  auf  einundderselben  Ausstellung  mit  den 
beiden  Schwesterkünsten  diesen  ebenbürtig  aufzutreten.  Die  Malerei 
und  Bildhauerkunsl,  insbesondere  die  erstere,  werden  ihr  naturgemäfs 
stets  weitaus  den  Rang  ablaufen.  ,Es  sei  dahingestellt,  in  welchem 
Verhältnisse  überhaupt  das  Publicum,  selbst  das  gebildete,  den  ein¬ 
zelnen  Künsten  Theilnahme  entgegenbringt;  jedenfalls  erfordern  die 
eingehendere  Betrachtung  und  Würdigung  der  Architekturdarstellun¬ 
gen  eine  angestrengtere  Geistesthätigkeit,  als  das  Beschauen  eines 
Gemäldes  oder  Bildwerkes,  sie  erheischen  eine  Arbeitsleistung,  wenn 
man  so  sagen  darf,  deren  sich  der  Beschauer,  der  in  der  Kunstaus¬ 
stellung  ohne  viel  Mühe  geniefsen  will,  nur  ungern  unterzieht.  Man 
hat  diesem  Uebelstande  dadurch  begegnen  wollen,  dafs  man  den 
Ausstellern  gerathen  hat,  nur  mit  Schaubildern,  mit  Aquarellen  und 
Modellen  vor  das  Publicum  zu  treten,  Grundrisse,  Aufrisse  und 
Schnitte  aber  zu  Hause  in  der  Mappe  zu  behalten.  Das  führt  jedoch 
zur  Bildermacherei;  und 
diese  kann  der  Baukunst, 
kann  Publicum  wie  Ar¬ 
chitekten  wenig  nützen. 

Welcher  Baukünstler 
übrigens,  insbesondere 
welcher  von  den  viel¬ 
beschäftigten  ersten  Mei¬ 
stern  ,  kommt  heutzu¬ 
tage  zur  ausstellungsge¬ 
rechten  bildlichen  Dar¬ 
stellung  eines  für  die 
Ausführung  bestimmten 
Werkes!  Es  sind  ihrer 
sehr  wenige.  Die  Zeit 
lebt  zu  schnell,  die  Dar¬ 
stellung  eines  Archi¬ 
tekturwerkes  ist  eben 
nur  Mittel  zum  Zweck 
und  nicht  Selbstzweck, 
ihre  Vollendung  zum  aus¬ 
stellbaren  Bilde  wird  in 
den  wenigsten  Fällen  er¬ 
folgen.  Am  vollkommen¬ 
sten  noch  und  am  meisten 
im  Hinblick  auf  die 


Wantilocli 


>  Zapfhähne 


0. 

Deuekh. 


Bratofen 


fl 


1 

t 

1 

i  -gl 

A-e. 


R.3 


Venfil  E. 


m 


^Zapfhähne 


Abb.  22.  Kochherd  mit  directer  Feuerung  in  der  Marburger  medicinischen  Klinik.' 


Schaustellung  wird  ja 
bekanntlich  gearbeitet 
bei  den  Preisbewer¬ 
bungen,  und  diese  sind 
es  denn  auch,  die  in  der 
Regel  die  besten  Aus¬ 
stellungsstücke  liefern. 

Auch  diesmal  ist  es  der 
Fall.  Wir  begegnen  einer 
ganzen  Anzahl  guter  Be¬ 
kannten  aus  den  Wett¬ 
bewerben  der  letzten 
Jahre.  Nicht  £twa,  dafs 
ihr  Erscheinen  zu  tadeln 
wäre ;  im  Gegentheile, 
für  die  grofse  Menge  der 
Ausstellungsbesucher, 

wenn  dieselbe  nicht  überhaupt  die  Cabinette,  in  denen  die  archi¬ 
tektonischen  Stiefkinder  eingesargt  sind,  eilig  durchhuscht,  um 
sich  in  den  nächstgröfseren  farbenglänzenden  Saal  zu  flüchten,  sind 
gerade  diese  Schaustücke  besonders  am  Platze,  und  auch  den 
meisten  Fachmännern  werden  sie  neu  und  besonders  willkommen 
sein.  Aber  ihr  Werth  ist  nun  einmal  ein  akademischer  geworden, 
und  der  Genufs  wird  gerade  den  schönsten  Leistungen  gegenüber 
durch  eine  Art  schmerzlichen  Gefühls  getrübt,  dafs  so  viel  köstliche 
Arbeit  nach  dieser  kurzen  Auferstehung  vielleicht  für  immer  in  der 
Mappe  begraben  bleiben,  jedenfalls  nicht  zu  lebendiger  Verkörpe¬ 
rung  gelangen  soll.  Dieses  Gefühl  hat  uns  besonders  gegenüber 
dem  Werke  beschlichen,  das  wir  rückhaltlos  als  die  Perle  der  dies¬ 
maligen  Architekturausstellung  bezeichnen,  gegenüber  dem  Entwürfe 
von  Schäfer  u.  Hartung  für  die  Frankfurter  Römerfront.  Die  Vor¬ 
gänge  seiner  Entstehung  sind  den  Lesern  bekannt,  wir  dürfen  in  dieser 
Beziehung  auf  S.  20  und  384  des  vor.  Jahrganges  dies.  Bl.  verweisen. 
Der  Schäfer-Hartungsche  Entwurf  gehört  zu  denjenigen  des  Wettbe¬ 
werbs,  welche  sich,  unter  Verzicht  auf  die  vergängliche  Frontmalerei, 
zu  einer  lediglich  architektonischen  Behandlung  der  „Dreigiebelfront 
des  Römers“  in  spätgothischer  Steinarchitektur  entschieden  hatten.  Das 
alte  geschichtliche  Gepräge  der  dreigiebeligen  Front  am  Römerberg  ist 
in  seinen  Hauptzügen  erhalten.  Eine  wesentliche  Bereicherung  hat  nur 
der  Mitteltheil,  die  ursprüngliche  Rathhausfront,  erfahren.  Die  Staffeln 


^  A.^- 

Ventil 


Aufrifs. 


seines  mit  einem  vorgekragten  Thürmchen  gekrönten  Treppengiebels 
sind  durch  Mafswerk-  und  Fialenaufsätze  und  durch  Wappenzier  auf 
den  Flächen  hervorgehoben.  Der  Bedeutung  des  Kaisersaales  haben 
die  Künstler  entsprochen  durch  stattliche  Behandlung  seiner  Fenster¬ 
gruppe,  welche  spitzbogige  Felderkrönungen,  reich  ornamentirte 
Leibungen  und  Standbilderschmuck  an  den  Zwischenpfosten  erhalten 
hat.  Vor  die  Eingänge  legt  sich,  dem  Ganzen  Kraft  und  Relief  ver¬ 
leihend,  eine  vierachsige,  von  reichen  Rippengewölben  überspannte 
Laube  mit  schön  geschwungenen  Kielbögen  über  den  Spitzbogen¬ 
öffnungen,  Mafswerkbrüstung  und  Standbildern  von  Kaisern  und 
Kirchenfürsten  über  den  Kämpfern.  Ein  grofses  Reichswappen  nimmt 
die  Mitte  des  Giebels  ein.  Die  Giebelfronten  der  Häuser  Limpurg 
und  Löwenstein  links  und  rechts  sind  erheblich  einfacher  gehalten. 
Ihre  Wiederherstellung  beschränkt  sich  im  wesentlichen  auf  ange¬ 
messene  Durchbildung  der  Gruppenfenster  und  Thoröffnungen,  bei 

deren  Behandlung,  so¬ 
weit  dies  ohne  Gewalt¬ 
samkeit  angängig  war, 
auf  Symmetrie  oder 
doch  Gleichwerthigkeit 
beider  Fronten  und  auf 
einen  wirkungsvollen  Ge¬ 
gensatz  zum  Mittelbau 
hingearbeitet  wurde.  Der 
Entwurf  ist  auf  drei 
Blättern,  in  einer  Ge¬ 
samtansicht  der  ganzen 
Römergruppe,  in  einem 
Längenschnitte  durch 
die  Laube  und  in  einer 
geometrischen  Ansicht 
der  Dreigiebelfront  mei¬ 
sterhaft  in  Federzeich¬ 
nung  dargestellt.  Be¬ 
sonders  das  letztge¬ 
nannte  grofse  Blatt  offen¬ 
bart  die  ganze  Schön¬ 
heit  der  Erfindung  und 
die  vollendete  Beherr¬ 
schung  des  Gegenstan¬ 
des.  Zu  beklagen  ist 
nur,  dafs  man  es  ver¬ 
standen  hat ,  gerade 
diesem  Entwürfe  den 
schlechtesten  Platz  an 
der  lichtlosen  Fenster¬ 
wand  eines  ohnehin  küm¬ 
merlichen  Raumes  an¬ 
zuweisen. 

Schäfer  und  Hartung 
haben  aufserdem  noch 
zwei  Arbeiten  ausge¬ 
stellt:  die  Ausführungs¬ 
zeichnungen  und  ver¬ 
schiedene  Photogra- 
phieen  des  anmuthig 
traulichen  Heims  des 
einen  der  beiden  Künst¬ 
ler,  von  dessen  fröhlicher,  in  den  Darstellungen  nicht  zur  Anschauung 
gebrachter  farbiger  Wirkung  man  sich  durch  einen  Spaziergang  nach 
der  Knesebeckstrafse  in  Charlottenburg  überzeugen  kann*),  und 
ferner  den  in  seiner  Einfachheit  und  Ursprünglichkeit  wahrhaft  er¬ 
frischenden  Entwurf  zu  einer  zweiten  evangelischen  Kirche  in  Moabit 
(Berlin).  Der  Grundrifs  ist  ein  den  Anforderungen  des  protestantischen 
Gottesdienstes  angepafstes  einfaches  Kreuz  mit  flachen,  rechteckigen 
Querarmen  und  gerade  geschlossenem  Chor.  Die  Sacristei  mit  ihrem 
Zubehör  ist  malerisch  zwanglos  an  der  Südostseite  —  Orientirung 
vorausgesetzt  —  angebaut.  Ueberaus  reizvoll  ist  dem  Chore  mittels 
Auflösung  seiner  Wände  in  Säulenstellungen  seitliches  Gestühl  ange¬ 
fügt.  Wie  dieses  Motiv  dem  Inneren  ein  besonderes,  aus  dem  Be¬ 
dürfnisse  abgeleitetes  Gepräge  giebt,  so  besteht  die  Eigenart  des  in 
einer  gesunden  Zusammenstellung  von  Backstein  und  Haustein  durch¬ 
geführten  Aeufseren  in  der  Gestaltung  der  Westseite.  Diese  ist  dem 
Langschiffe  querhausartig  vorgelagert  und  nach  oben  mit  den  ein¬ 
fachsten  Mitteln  in  eine  sehr  ansprechende  dreitheilige  Thurmgruppe 
aufgelöst.  Bei  der  ersten  Betrachtung  erschien  uns  diese  etwas  zu 
gedrückt  und  eingesunken,  bei  näherer  Vertiefung  wird  man  sich  aber 
bewufst,  wie  gerade  in  dieser  Gedrungenheit  das  Kraftvolle,  gewisser- 


-R.4 


*)  Das  Haus  ist  im  Jahrgange  1889  der 
wesen“.  Bl.  41,  S.  315  veröffentlicht. 


-Zeitschrift  für  Bau- 


308 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


26.  Juli  1860. 


mafseu  Trotzig-Protestantische  der  Erscheinung  des  Bauwerks  wesent¬ 
lich  mit  begründet  liegt.  Die  Entstehungsgeschichte  des  En  twurfes  ist 
uns  unbekannt;  sehr  zu  wünschen  wäre,  dafs  dieses  Gotteshaus  unter 


der  beträchtlichen  Zahl  von  Kirchen,  deren  Errichtung  jetzt  für  Berlin 
geplant  wird,  mit  in  erster  Linie  seinen  Platz  fände. 

(Schlufs  folgt.) 


Vermischtes 


Yerbessertcs  Läutewerk  für  Drahtzugscliraiikeii.  Bahnschranken, 
welche  vom  Wärter  aus  gröfserer  Entfernung  bedient  werden  sollen, 
müssen  nach  polizeilicher  Voi-schrift  mit  einer  Glocke  ausgerüstet  sein, 
deren  Läuten  als  Warnungszeichen  dem  Schliefsen  der  Schranke  vor¬ 
herzugehen  hat.  Das  Publicum  wird  über  die  Bedeutung  des  Er¬ 
tönens  der  Schrankenglocke  durch  Tafeln  mit  entsprechender  Auf¬ 
schrift  unterrichtet. 

Bei  den  Drahtzugs chrankeu  neuerer  Bauart  erfolgt  das  Läuten 
selbstthätig  und  beginnt  das  Schliefsen  der  Schranken  erst,  nachdem 
die  Glocke  schon  eine  angemessene  Zeit  geläutet  liat,  in  welcher  sich 


verschiedene  Abhandlungen  über  das  Ueberlinger  Münster  geschrie¬ 
ben  hat.  D. 

Die  Aquarelle  des  verstorbenen  Prof.  F.  Ewerbeck  in  Aachen 
(vgl.  S.  188  u.  222  d.  J.)  sind  zur  Versteigerung  gebracht  worden 
und  haben  einen  Erlös  im  Betrage  von  rund  5700  Mark  ergeben. 

Scliilfahrtsverkelir  auf  dem  Ithein.  Wie  sich  der  Schiffahrts¬ 
verkehr  airf  dem  Rhein,  soweit  derselbe  deutsches  Gebiet  durch¬ 
strömt,  im  Laufe  der  letzten  Jahrzehnte  entwickelt  hat,  zeigen  die 
folgenden  Zahlenangaben,  welche  den  Jahresberichten  der  Central¬ 
commission  für  die  Rheinschiffahrt  entnommen  sind. 


die  des  Weges  Kommen¬ 
den  ohne  Ucbereilung  aus 
der  gefährlichen  Nähe 
der  Schranken  entfernen 
können.  Da  das  etwaige 
Versagen  eines  Schran¬ 
kenläutewerks  zur  Folge 
haben  kann,  dafs  Per¬ 
sonen,  Fuhrwerke  u.  a.  m. 
beschädigt  oder  zwischen 
den  Schraidcenbäurnen 
eingesperrt  werden,  so 
ist  man  schon  seit  langer 
Zeit  bestrebt,  die  Läute- 
111,^?°,.,,  werke  für  Drahtzug¬ 

schranken  in  Bauart  und 
Ausführung  nach  Möglichkeit  zu  vervollkommnen. 

Ein  Schrankenläutewerk,  welches  an  Einfachheit  wohl  kaum 
etwas  zu  wünschen  übrig  läfst,  und  bei  dem  ein  Versagen  fast  aus¬ 
geschlossen  erscheint,  ist  in  vorstehender  Zeichnung  dargestellt. 
Bei  demselben  sind  die  vielfach  gebräuchlichen,  nicht  stets  zuver¬ 
lässigen  Federn,  deren  die  meisten  Läutewerke  zwei  Stück  enthalten 
(eine  für  das  Vorschnellen  des  Hammers,  die  andere  für  die  Riick- 
bewegung  der  Zunge),  gänzlich  vermieden  und  durch  den  Gewichts¬ 
hebel  G  ersetzt,  an  dem  der  Hammer  H  angebracht  ist.  Dafs  so¬ 
wohl  bei  der  Vorwärts-  als  bei  der  Rückwärtsdrehung  des  Ketten¬ 
rades  die  Glocke  ertönt,  dürfte  als  nicht  unerwünscht  anzu  sehen  sein. 

In  Bezug  auf  die  Einzelheiten  der  Anordnung  sei  nur  noch  be¬ 
merkt,  dafs  der  angegossene  Stift  A  den  Zweck  hat,  einen  zu  grofsen 
Ausschlag  der  Zunge  Z  nach  beiden  Richtungen  zu  verhindern ,  und 
dafs  es  sich  zur  Kostenersparnifs  empfiehlt,  alle  Theile  des  Läute¬ 
werks  mit  Ausnahme  der  wenigen  Bolzen  und  des  Hammerstiels 
durch  Gufs  herzustellen,  und  zwar  den  Glockenhalter,  das  Ketten¬ 
rädchen,'  den  Hebel  G  und  den  Hammer  II  aus  Gufseisen,  die 
Zunge  Z  aus  Rothgufs  und  die  Glocke  aus  Glockenmetall. 

Gegen  Vereisen  läfst  sich  das  Läutewerk  zweckmäfsig  durch 
einen  die  Glocke  und  das  Gewicht  des  Hebels  G  freilassenden  Kasten 
schützen. 

Guben,  im  Juli  1890.  Haas, 

König!.  Eisenbahn-Bauinspector. 

An  der  Grofslierzoglicheu  technischen  Hochschule  in  Darinstadt 
ist  dem  Herrn  Dr.  Otto  Dieffenbach  die  Genehmigung  über  Chemie 
zu  lesen  ertheilt  worden. 

Für  den  Aushau  des  Münsters  in  Ueberlingen  am  Bodensee  ist 
ein  Münsterbauverein  gegründet  worden,  der  sich  bei  den  gleichen 
Satzungen  und  unter  den  gleichen  Bedingungen  wie  in  Freiburg  i.  B. 
die  vollständige  Wiederherstellung  und  Ausschmückung  des  Münsters 
und  den  Ausbau  seiner  Thürme  zur  Aufgabe  gemacht  hat.  An  der 
Spitze  des  Vereins  stehen  der  Münstergeistliche  Dr.  v.  Rüppelin, 
Bürgermeister  Betz  und  Privatmann  Allgeyer,  welch  letzterer  schon 


Jahr. 

Grenzverkehr  in 
Emmerich  (zu  Berg 
und  zu  Thal) 

Tonnen. 

Kohlenausfuhr 
aus  Ruhrort  und 
aus  Duisburg 

Tonnen. 

Verkehr  in  den 
wichtigsten  deut¬ 
schen  Rheinhäfen 

Tonnen. 

1865 

1  430  885 

1  867  3-i2 

3  843  965 

1870 

1  815  690 

1  869  399 

4  053 162 

1875 

2  486  233 

1  760  837 

4  455 150 

1880 

3  683  838 

2  225  533 

5  637  513 

1885 

4  529  028 

2  954  999 

8  075  626 

1886 

4  544  328 

2  951  779 

9  747  260 

1887 

4  988  791 

2  909  964 

9  972  819 

1888 

5  524  785 

3  542 150 

12183  813 

Die  Anzahl  der  Fahrzeuge,  welche  diesen  Verkehr  bewältigen,, 
hat  im  Jahre  1888/89  betragen:  5623  Segelschiffe  und  Schlepp¬ 
kähne  mit  einer  Tragfähigkeit  von  zusammen  1 166  425  Tonnen,  und 
615  Dampfer  mit  zusammen  31  857  effectiven  Pferdekräften.  Die  Be¬ 
mannung  dieser  Fahrzeuge  beträgt  nahezu  20  000  Mann.  Was  die 
Gröfse  der  Schleppkähne  anlangt,  so  glaubte  man  eine  Zeit  lang 
eine  Tragfähigkeit  von  20  000  Ctr.  nicht  überschreiten  zu  sollen;, 
diese  Abmessungen  sind  seiner  Zeit  auch  den  Schleusen  der  Mäin- 
canalisirung  zu  Grunde  gelegt.  Neuerdings  ist  man  indessen  über 
dieses  Mafs  weit  hinausgegangen  und  baut  jetzt  Schleppkähne  mit 
26  000  und  28  000  Centner  Tragfähigkeit.  Der  Rhein -See -Verkehr 
wird  mit  zwei  Dampfschiffen,  „Industrie“  und  „Energie“,  zwischen  Köln 
und  London  betrieben,  welche  im  Jahre  1889  insgesamt  41  288  Tonnen 
Güter  befördert  haben.  Indessen  findet  dieser  Rhein -See -Verkehr 
ein  Haupthindernifs  in  der  noch  immer  ungenügenden,  den  Verein¬ 
barungen  nicht  entsprechenden  Fahrwassertiefe  auf  der  holländischen 
Stromstrecke.  Dg. 

Die  Zeitschrift  für  Bauwesen  enthält  in  Heft  VII  bis  IX  des 
Jahrgangs  1890  folgende  Mittheilungen; 

Neubau  des  physiologischen  Instituts  der  Universität  Marburg,  mit 
Zeichnungen  auf  Blatt  19  bis  23  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs- 
Baumeister  Zölffel  in  Marburg.  (Schlufs.) 

Die  Kirche  San  Lorenzo  in  Mailand,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  29' 
bis  35  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-Baumeister  Julius  Ko hte- 
in  Berlin.  (Schlufs.) 

Das  Post-  und  Telegraphengebäude  in  Hamburg,  mit  Zeichnungen, 
auf  Blatt  50  bis  54  im  Atlas. 

Vergleich  des  Betriebes  einer  Seilbahn  und  eines  Bremsberges,  von 
Herrn  Ingenieur  Müller,  Lehrer  an  der  Baugewerkschule  in 
Höxter. 

Die  Stiafsenbrücke  über  die  Norder-Elbe  bei  Hamburg,  mit  Zeich¬ 
nungen  auf  Blatt  36  bis  44  im  Atlas.  (Schlufs.) 

Der  Oder-Spree-Canal  und  seine  Bauten,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  57 
bis  65  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-  und  Baurath  Mohr  in 
Fürstenwalde  a.  d.  Spree. 

Die  auf  der  Chaussee  von  Garnsee  nach  Lessen  angelegte  vollspurige 
Eisenbahn,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  55  im  Atlas,  von  Herrn 
Regierungs-  und  Baurath  Bach  mann  in  Bromberg. 
Auflagerdrucklinien  und  deren  Eigenschaften,  mit  Abbildungen  auf 
Blatt  56  im  Atlas,  von  Herrn  H.  T.  Eddy,  Ph.  D.,  Professor 
der  Mathematik  und  des  Ingenieurfaches  an  der  Universität  in 
Cincinnati. 

Statistische  Nachweisungen,  betreffend  die  in  den  Jahren  1881  bis- 
einschliefslich  1885  vollendeten  und  abgerechneten  preufsischeii 
Staatsbauten  aus  dem  Gebiete  des  Hochbaues.  (Fortsetzung.) 
Schlufs  der  Tabelle  XH.  Tabelle  XIH:  Gefängnisse  und  Straf¬ 
anstalten.  Im  Aufträge  des  Herrn  Ministers  der  öffentlichem 
Arbeiten  zusammengestellt  von  Herrn  Land-Bauinspector  Wi  et - 
hoff  in  Berlin. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich  i.  V.:  0.  Hofsfeld,  Berlin.  Djuck  von  J.  Kerskes.  Berlin. 


309 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  2.  August  1890. 


Redactiou:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Gutachten  und  Berichte. 
Bauentwurf  zur  Wiederherstellung  der  St.  Pantaleouskirche  in  Köln  am  Rhein.  — 
Entwurfsskizze  zum  Neubau  der  evangelischen  Kirche  in  Marggrabowa.  —  Nicht¬ 
amtliches:  Bauten  der  Nordwestdeutschen  Gewerbe-  und  Industrie-Ausstellung  in 
Bremen  (Schlufs).  —  Festigkeitsverhältnisse  einiger  neuerer  Eisenbahn  -  Oberbau¬ 
systeme.  —  Ueber  zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken  (Fortsetzung).  —  Kühl¬ 
schacht  der  neuen  Wasserleitung  in  Iglau  i.  Mähren.  —  Architektur  auf  der  dies- 

jährigen  Berliner  Kunstausstellung  (Schlufs).  —  Durchbiegungsmessungen  und 
Einflufs  der  Fahrgeschwindigkeit  auf  die  Beanspruchung  eiserner  Brücken.  — 
Vermischtes:  Denkmal  für  Kai.ser  Wilhelm  I.  auf  dem  Kyfl'häuser.  —  31.  Haupt¬ 
versammlung  des  Vereins  deutscher  Ingenieure.  —  Technische  Hochschule  in  Berlin. 
—  Frostbeständigkeit  natürlicher  und  künstlicher  Bausteine.  —  Ersatz  einer 
hölzernen  Eisenbahnbrücke  durch  eine  eiserne  während  des  Betriebes.  —  Büche r- 
schau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufseu. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Gräflich  Stolbergschen  Kammer-  und  Baurath  Messow  in  Wernige¬ 
rode  den  Königlichen  Kronen-Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Es  ist  verliehen:  dem  ßegierungs-  und  Baurath  van  denBergh 
in  Harburg  die  Stelle  des  Directors  des  Königlichen  Eisenbahn-Be- 
triebs-Amts  daselbst,  dem  Eisenbahn-Maschineninspector  Farwick 
in  Magdeburg  die  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem 
Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  (Wittenberge-Leipzig)  daselbst, 
dem  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  Mohr  in  Warburg  die 
Stelle  des  Vorstehers  der  Eisenbahn-Bauinspection  daselbst  und  dem 
Eisenbahn-Bauinspector  Heer  in  Erfurt  die  Stelle  des  Vorstehers 
des  Materialien -Bureaus  der  Königlichen  Eisenbahn -Direction  da¬ 
selbst.  Der  bisher  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte 
(Directionsbezirk  Bromberg)  in  Berlin  beschäftigte  Eisenbahn-Ma- 
schineninspector  Müller  ist  der  Königlichen  Eisenbahn-Direction  in 
Berlin  behufs  Wahrnehmung  der  Geschäfte  eines  Directionsmitgliedes 
überwiesen  worden. 

Zu  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectoren  sind  ernannt:  die 
Königlichen  Regierungs -Baumeister  Sigle  in  Düsseldorf  unter  Ver¬ 
leihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  König¬ 
lichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  (rechtsrh.)  daselbst,  Seyberth  in 
Salzwedel  unter  Verleihung  der  Stelle  eines  Eisenbahn-Bau-  und 
Betriebsinspectors  im  Bezirke  der  Königlichen  Eisenbahndirection 
Magdeburg  und  unter  fernerer  Belassung  in  der  bisherigen  Beschäfti¬ 
gung  beim  Bahnbau  Oebisfelde-Salzwedel  bezw.  Salzwedel-Lüchow, 
sowie  Herr  in  Köln  unter  Verleihung  der  Stelle  eines  Eisenbahn- 
Bau-  und  Betriebsinspectors  im  betriebstechnischen  Bureau  der 
Königlichen  Eisenbahndirection  (linksrh.)  daselbst. 

Die  Regierungs  -  Baumeister  Schreiber  in  Berent,  W.-Pr., 
Nolte  in  Labiau,  O.-Pr.,  Jablonowski  in  Hadersleben  und  Rühl- 
mann  in  Zellerfeld  a.  Harz  sind  als  Königliche  Kreis-Bauinspectoren 
ebendaselbst  angestellt  worden. 

Versetzt  sind:  der  bisherige  Kreis -Bauinspector  de  Groote  in 
Wollstein  als  Bauinspector  und  Hülfsarbeiter  an  die  Königliche  Re¬ 
gierung  in  Posen,  der  bisher  bei  der  Königlichen  Regierung  in 
Danzig  angestellte  Bauinspector  Habermann  als  Kreis-Bauinspector 
nach  Wollstein,  der  Kreis -Bauinspector,  Baurath  Otto  von  Elbing 
nach  Könitz,  W.-Pr.,  der  Kreis -Bauinspector  Johl  von  Naugard 
nach  Neu-Ruppin,  der  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Stoll  in  Aachen 
als  Bauinspector  an  die  Polizei -Direction  in  Köln,  der  Kreis -Bau¬ 
inspector,  Baurath  Holtzhausen  von  Leobschütz  nach  Sagan,  der 
Bauinspector  Blankenburg  von  Köln  nach  Swinemünde  (letzterem 
ist  die  Verwaltung  der  dortigen  Kreis-Bauinspector-Stclle  übertragen 
worden)  sowie  ferner  der  Eisenbahn-Maschineninspector  Meyer,  bisher 
in  Berlin,  als  Vorsteher  des  Materialien-Bureaus  der  Königlichen 


Eisenbahndirection  nach  Magdeburg  und  die  Eisenbahn -Bauinspec¬ 
toren  Wilhelm,  bisher  in  Magdeburg,  als  ständiger  Hülfsarbeiter 
an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  (Berlin-Magdeburg)  in 
Berlin,  Mayr,  bisher  in  Elberfeld,  an  die  Hauptwerkstätte  in  Köln 
(Nippes),  Becker,  bisher  in  Köln  (Nippes),  als  ständiger  Hülfs¬ 
arbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Crefeld  und 
Cordes,  bisher  in  Elberfeld,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das 
Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  (Directionsbezirk  Bromberg)  in 
Berlin. 

Der  Regierungs-  und  Baurath  Reimann,  der  Baurath  Hofsfel  d 
und  der  Kaiserl.  Marine-Maschinenbau-Directoi’,  Baurath  Afsmann, 
sämtlich  in  Berlin,  sind  zu  Mitgliedern  des  Königl.  technischen 
Prüfungs-Amts  hierselbst,  sowie  die  Professoren  an  der  Königl.  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Aachen  Dr.  Jürgens  und  Schupmann  zu 
Mitgliedern  des  Königl.  technischen  Prüfungs-Amts  in  Aachen  und 
der  Eisenbahn -Bauinspector  v.  Bor  ries  in  Hannover  zum  Mitgliede 
des  Königl.  technischen  Prüfungs-Amts  dortselbst  ernannt  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Jakob  Harr  aus  Siegen,  Ludwig  Witthöft  aus 
Frankfurt  a.  M.  und  August  Schräder  aus  Wulferstedt,  Kreis 
•  Oschersleben  (Maschinenbaufach). 

Der  Regierungs-  und  Baurath  Melchiors  in  Harburg  ist  in  den 
Ruhestand  getreten. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  Blümner  in 
Breslau,  Dr.  Ferdinand  Krieger  in  Königsberg  i.  Pr.  und  Bernhard 
Vaal  in  Salzwedel  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staats¬ 
dienste  ertheilt  worden. 

Der  Königliche  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Reinhard  Wurff- 
bain  in  Hersfeld  und  der  Eisenbahn-Maschineninspector  Olfenius, 
Vorsteher  der  Hauptwerkstätte  in  Halle  a.  S.,  sind  gestorben. 


Beiitsclies  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Marine-Maschinenbaumeister  Veith  und  dem  Marine-Schiffbaumeister 
Graeber  den  Königlichen  Kronen-Orden  IV.  Klasse,  sowie  ferner  im 
Namen  des  Deutschen  Reichs  den  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspec¬ 
toren  V.  Kietzeil  in  Hagenau,  Dietrich  in  Saarburg,  Lachner  in 
Saargemünd,  Strauch  in  Mülhausen,  Franken  in  Metz  und  den 
Maschineninspectoren  Möllmann  in  Bischheim  und  Wolff  in 
Montigny  bei  der  Verwaltung  der  Reichseisenbahnen  in  Elsafs-Loth- 
ringen  den  Charakter  als  Baurath  zu  verleihen. 

Württemberg. 

Der  Strafsenbauinspector  Nast  in  Reutlingen  ist  vermöge  Aller¬ 
höchster  Entschliefsung  seinem  Ansuchen  gemäfs  auf  die  erledigte 
Strafsen-  und  Wasserbauinspection  Stuttgart  in  Gnaden  versetzt 
worden. 


Gutachten  und  Berichte. 


Bauentwurf  zur  Wiederherstellung  der  St.  Pantaleonskirche  in  Köln  am  Bhein. 


Gutachten  der  Königlichen 
Berlin,  den  13.  März  1890. 

Im  Aufträge  des  Herrn  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  hat 
die  Hochbau-Äbtheilung  der  Akademie  des  Bauwesens  den  von  der 
Bauabtheilung  des  Kriegsministeriums  eingereichten  Entwurf  zur 
IViederherstellung  der  St.  Pantaleons-Kirche  in  Köln  in  ihren  Sitzungen 
vom  4.  Februar  und  11.  März  d.  J.  einer  eingehenden  Prüfung  unter- 


Akademie  des  Bauwesens. 

worfen.  Die  Akademie  des  Bauwesens  war  mit  der  Frage  der  bau¬ 
lichen  Wiederherstellung  von  St.  Pantaleon  schon  einmal,  und  zwar 
in  der  Sitzung  vom  24.  April  1888,  befafst.*)  Damals  erklärte  sich 
dieselbe  für  einen  Vierungsthurm,  auch  selbst  wenn  die  Arcaden  in 


*)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1888,  S.  321. 


310 


Centralblatt  der  ßauverwaltaug-. 


2.  Anglist  1890. 


demselben  niclit  geöffnet  werden  könnten.  Die  Ausführung  des 
westlichen  Vorbaues  wurde  abgelehnt,  anderseits  die  Beibehaltung 
des  Lettners  an  jetziger  Stelle  beschlossen,  die  Zulässigkeit  der 
früheren  Zwiebelhaube  des  Thurmes  abgelehnt,  dagegen  der  Au- 
schlufs  an  die  vorliandene  Darstellung  des  Aut.  v.  Worms  empfohlen. 

Die  unter  Berücksichtigung  dieser  Beschlüsse  in  der  Bauabthei¬ 
lung  des  Kriegsministeriunis  entstandenen  Skizzen  Bl.  16a  und  17 
wurden  dem  vorliegenden  Bauentwürfe  vom  29.  Juli  1889  zu  Grunde 
gelegt.  Infolge  sehr  eingehender  Studien  und  Untersuchungen  be¬ 
züglich  der  alten  Fundamente  der  AVestvorhalle,  der  Anschlüsse 
dieser  Vorhalle  an  die  westlichen  Treppenthürme,  endlich  der  bau¬ 
künstlerischen  und  baucoustructiven  Einzelheiten  au  dem  Kirchen¬ 
gebäude,  besonders  am  nordwestlichen  Kreuzflügel,  zeigt  der  Entwurf 
manche  neue  Gesichtspunkte,  in  deren  Würdigung  die  Akademie  zu 
theilweise  verändertem  Beschlüsse  gelangen  mufste. 

So  ist  nunmehr  im  Hinblick  auf  die  alte  Darstellung  des 
Steugelius  sowie  auf  die  in  Münstereifel  vorhandene,  sehr  verwandte 
Anlage  die  Akademie  des  Bauwesens  mit  der  Wiederherstellung  der 
westlichen  Vorhalle  einverstanden  und  spricht  sich  dafür  aus,  dafs 
dieselbe  in  der  durch  die  alten  Fundameutreste  erkennbaren  Aus¬ 
dehnung  wieder  aufgeführt  wird.  Der  über  der  Halle  sich  erhebende 
Vierungsthurm  findet  in  seinem  äufseren  Aufbau  und  in  der  Be¬ 
handlung  der  stumpfen  Dachpyramide  Beifall;  es  wird  indes  zur 
Erwägung  gegeben,  ob  nicht  die  Grujipenfenster  der  Glockenstube 
gröfser  auzunehmeu  seien,  etwa  unter  Anlehnung  au  die  Formen¬ 
behandlung  der  Gruppenfenster  im  Erdgeschofs  des  Capitelhauses. 
Sodann  wurde  die  Form  des  Thurmkreuzes  bemängelt  und  bemerkt, 
es  sei  einem  kräftigen,  indes  einfachen  Thurmknopf  der  Vorzug  zu 


geben.  Die  flankirenden  Treppenthürme  sind  in  den  unteren  Ge¬ 
schossen,  sowohl  in  den  viereckigen,  als  auch  in  den  achteckigen, 
richtig  entwickelt,  das  Abschlufsgesims  der  Achteckgeschosse  er¬ 
scheint  aber  zu  schwer  und  ist  feiner  zu  zeichnen.  Die  darüber  sich 
erhebenden  Kundgeschosse  sind  im  Hinweis  auf  die  alten  Dar¬ 
stellungen  von  A.  V.  Worms  und  Stengelius  und  auf  Münstereifel 
niedriger  zu  halten.  Das  oberste  Eundstockwerk  zeigt  im  Entwurf 
Bl.  7  und  7a  verschiedene  Formenbehandlung.  Es  wird  der  auf  Bl.  7 
dargestellte  Entwurf  mit  den  flachen  Blend-Arcaden  zur  Ausführung 
empfohlen,  jedoch  mit  der  Mafsgabe,  dafs  an  Stelle  der  beiden,  einen 
modernen  Eindruck  machenden  Spitzbogenkuppeln  Kegeldächer  an¬ 
geordnet  werden. 

Was  nun  die  Ausgestaltung  des  Inneren,  namentlich  im  west¬ 
lichen  Kreuzflügel,  betrifft,  so  ist  die  Akademie  mit  dem  Entwürfe 
einverstanden,  insofern  das  Zwischengewölbe  über  dem  Erdgeschofs 
beseitigt  werden  soll,  ebenso  dafs  die  Bogenblenden  daselbst  ge¬ 
schlossen,  diejenigen  im  ersten  Stockwerk  geöffnet  werden  sollen,  und 
dafs  die  Decke  über  dem  ersten  Stockwerk  dieses  Kreuzflügels  als 
sehr  kräftige  Holzbalkendecke  construirt  werde.  Dagegen  soll  der 
Triumphbogen  über  der  Orgel  freigelegt  werden.  Der  in  der  Vor¬ 
halle  projectirte  Vorbau  für  die  Emporentreppen  und  die  Bälge¬ 
kammer  fludet  keinen  Beifall,  daher  wird  eine  andere  Lösung  der 
Emporentreppen  zur  Erwägung  gegeben,  unter  Berücksichtigung  der 
vorhandenen  Treppenthürme.  Die  Akademie  beharrt  auf  ihrem 
früheren  Beschlüsse  bezüglich  der  unveränderten  Beibehaltung  des 
Lettners  an  jetziger  Stelle. 

Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 

Schneider. 


Eiitwurfsskizze  zum  Neubau  der  evangelischen  Kirche  in  Marggrahowa. 

(lutachteii  «ler  Königlichen  Akademie  des  Bauwesens. 


Berlin,  den  17.  März  1890. 

Zum  Bau  einer  neuen  Kirche  in  Marggrahowa  ist  bereits  im 
Jahre  1869  ein  Entwurf  gefertigt  worden,  welcher  nicht  genehmigt 
wurde.  Im  Jahre  1878  wurde  ein  zweites  Project  ausgearbeitet, 
nach  welchem  der  Bau  der  Kirche  mit  einer  sichtbaren  Holzdecke 
geplant  war.  Mit  Rücksicht  auf  die  bezüglich  der  Feuersicherheit 
gröfserer  Kirchen  erheblich  gesteigerten  Anforderungen  wurde  die 
Aufstellung  eines  den  Bestimmungen  der  Circular- Verfügung  vom 
27.  October  1884,  betreffend  Vorkehrungen  zur  Sicherstellung  der 
Gebäude  gegen  Feuersgefahr  entsprechenden  Entwurfes  gefordert. 
Hinsichtlich  der  Gi'öfse  der  Kirche  war  der  Beschlufs  des  Gemeiude- 
Kirchenrathes  in  Marggrahowa  vom  16.  September  1887  mafsgebend, 
nach  welchem  die  Kirche  1550  Sitzplätze  und  290  Stehplätze  er¬ 
halten  sollte. 

Diesem  Aufträge  wui-de  durch  Vorlage  des  Entwurfes  vom 
5.  Juli  1888  entsprochen,  welcher  den  Bau  einer  gewölbten  Kirche 
mit  1483  Sitzplätzen  und  316  Stehplätzen  in  Aussicht  nimmt.  Die 
Gemeindevertretung  hat  in  der  Verhandlung  vom  9.  Mai  1889  nach 
dem  Vorschläge  des  Gemeindekirchenrathes,  sich  mit  Einstimmigkeit 
hinsichtlich  der  Zahl  der  Plätze  mit  diesem  Entwürfe  einverstanden 
erklärt,  ferner  die  Anlage  einer  Sacristei  in  Gröfse  von  50  qm  als 
ihren  Bedürfnissen  entsprechend  bezeichnet,  da  dieselbe  sowohl  als 
Sacristei,  wie  auch  als  Local  zu  Versammlungen  der  Gemeinde¬ 
vertretung,  zu  Bibelstunden  und  dergl.  benutzt  werden  soll.  Das 
Königliche  Consistorium  der  Provinz  Ostpreufsen  hat  in  dem  Schrei¬ 
ben  d.  d.  Königsberg  31.  Mai  1889  diesen  Wünschen  der  Gemeinde 
zugestimmt. 

Die  in  der  Abtheilung  für  das  Bauwesen  im  Ministerium  der 
öffentlichen  Arbeiten  vorgenommene  Prüfung  des  Entwurfes  vom 
5.  Juli  1888  hatte  das  Ergebnifs,  dafs  wegen  mancherlei  Mängeln 
des  Projeetes  die  auf  drei  Blatt  Zeichnungen  vom  7.  December  1889 
dargestellte  Projectskizze  und  ein  dazu  gehöriges  „technisches  Gut¬ 
achten“  vom  19.  December  1889  aufgestellt  wurden.  Diese  Aus¬ 
arbeitungen  sind  durch  den  Erlafs  des  Herrn  Ministers  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten  vom  6.  Februar  1890  —  III  2108  —  der  Akademie 
des  Bauwesens  zur  Prüfung  und  Begutachtung  zugefertigt  worden. 

Die  Berathung  dieser  Angelegenheit  fand  in  der  Sitzung  der 
Abtheilung  für  den  Hochbau  am  11.  d.  M.  statt  und  ergab  das 
Folgende  : 

Der  Grundrifs  zeigt  eine  dreischiffige  Anlage  mit  einem  Chor- 
abschlufs  am  Mittelschiff  und  einem  den  Haupteingang  enthaltenden, 
vorgelegten  breiten  Glockenthurm  an  der  Westfront.  Die  Sacristei 
ist  in  den  hinteren  Theil  des  Chores  eingebaut,  dessen  vorderer 
Theil  durch  den  Altar  eingenommen  wird.  Die  Zahl,  Lage  und  Ab¬ 
messungen  der  Kebeneingänge  und  Treppen  entsprechen  den  be¬ 


treffenden  Vorschriften.  Die  Decke  der  Kirche  wird  durch  Kreuz¬ 
gewölbe  gebildet.  Die  Kaumausuutzuug  ist  durch  die  Anordnung 
von  nur  drei  Pfeilerpaaren  bei  einer  möglichst  ausgiebigen  Breiten¬ 
entwicklung  der  Schifte  eine  sehr  günstige. 

Die  Zahl  der  Sitzplätze  beträgt; 

a.  Im  unteren  Theile . 962 

b.  Auf  den  Seiteuemporeu . 450 

zusammen  1412 

c.  Auf  der  Orgelempore . 108 

Sitzplätze  für  Kinder 

zusammen  1520  Sitzplätze; 

d.  in  den  Gängen .  380  Stehplätze, 

sodafs  im  ganzen  1900  Plätze 

vorhanden  sein  würden,  wodurch  den  Anforderungen  vollkommen  ge¬ 
nügt  wird. 

Bezüglich  der  Sacristei,  welche  bei  3,60  m  Länge  und  2,70  m 
Breite  eine  Grundfläche  von  nur  9,72  qm  hat,  wird  bemerkt,  dafs 
dieselbe  zwar  für  den  Prediger  genügenden  Raum  gewährt,  für  die 
von  dem  Gemeinde -Kirchenrath  nach  Ausweis  der  Verhandlung  vom 
9.  Mai  1889  beabsichtigte  Benutzung  als  Versammlungslocal  der 
Gemeindevertretung  usw.,  wofür  eine  Grundfläche  von  50  qm  bean- 
sj^rucht  ist,  aber  unzureichend  erscheint.  Es  wird  zur  Erwägung 
gestellt,  ob  nicht  dem  auf  Beschaffung  einer  gröfseren  Sacristei  ge¬ 
richteten  Wunsche  der  Gemeinde  in  geeigneter  Weise  Rechnung  zu 
tragen  sei. 

Die  architektonische  Gestaltung  der  Kirche,  welche  im  Aeufseren 
den  Ziegelfugenbau  zeigt,  ist  bei  aller  Einfachheit  der  Formengebung 
durchaus  wirkungsvoll  und  ansprechend.  Die  auf  dem  freien,  10  ha 
grofsen  Marktplatze  gelegene,  gegen  die  FTmgebung  mehrere  Meter 
hervorragende  Baustelle  ist  für  die  Erscheinung  des  Bauwerks  sehr 
günstig.  Mit  Rücksicht  auf  diese  Höhenlage  wird  eine  geringe 
Höherführung  des  unteren,  rechteckigen  Thurmtheiles,  und  eine  Ver¬ 
stärkung  des  achtseitigen  Dachreiters  empfohlen. 

Die  vor  den  Eingängen  zu  den  Seitenschiffen  zu  beiden  Seiten 
des  Thurmes  gelegenen  Vorhallen  haben  eine  Breite  von  1,5  m.  Es 
wäre  erwünscht,  dieses  Mafs  zu  erhöhen,  wodurch  auch  die  Entfer¬ 
nung  zwischen  den  davorliegenden,  sehr  nahe  aneinander  stehenden 
Pfeilervorlagen  angemessen  vermehrt  werden  würde.  Die  einsprin¬ 
genden  Winkel  zwischen  den  (östlichen)  Seitenwänden  der  Emporen¬ 
treppen  und  dem  ersten  Strebepfeilerpaare  am  Chor  werden  zu  be¬ 
seitigen  sein. 

Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 

Schneider. 


Kr.  31. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


.311 


[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Bauten  der  Nordwestdeiitschen  Oewerbe-  und  Industrie -Ausstellung  in  Bremen, 

(Schlufs.) 


Im  Rücken  des  mit  Baumpflanzungen  umgebenen  Parkliauses 
haben  wir  das  zweite  Hauptbild,  den  eigentlichen  Ausstellungs¬ 
platz,  vor  uns,  welcher  im  Geiste  des  vorigen  Jahrhunderts  er¬ 
sonnen  und  durchgeführt  ist.  War  der  Architekt  hier  auch 
gezwungen,  wegen  der  notwendigen  Einfügung  der  Anlage  in 
den  vorhandenen  Baumbestand  die  Achse  zu  brechen,  so  ist  diese 
Abweichung  von  der  geraden  Richtung  mit  so  viel  künstlerischem 
Geschick  durchgeführt,  dafs  der  Erfolg  Bewunderung  erregt.  Die 
Mitte  wird  wieder  von  einer  stattlichen  Wasseranlage  eingenommen; 
die  durch  mehrere  grofse  Springbrunnen  und  zahlreiche,  von  Tritonen 
emporgeschleuderte  Einzelstrahlen  reich  belebt  wird.  Zur  Rechten 


der  mächtigen  niederländischen  und  nordischen  Handelsgebäude  aus 
der  Zeit  der  alten  Hansa  durchgeführt  ist.  Ein  schön  ausgebildeter 
Renaissance-Giebel  krönt  den  durch  eine  Bogenvorhalle  zugänglichen 
und  mit  achteckigen  Seitenthürmen  abgeschlossenen  Mittelbau.  Diesem 
sind  basilikal  behandelte  Flügel  angefügt,  bei  denen  das  dem  Mittel- 
alter  entlehnte,  in  der  Renaissancezeit  jedoch  consolenartig  behandelte 
Motiv  der  das  Mittelschiff  stützenden  Streben  besonders  eigenartig 
und  belebend  wirkt.  Den  Eintretenden  nimmt  eine  prächtig  durch¬ 
gebildete  Flurhalle  auf,  an  die  sich  die  weiteren  Innenräume  mit  ihren 
Quergalerieen  und  stattlichen  Treppenanlagen  gut  und  wirkungsvoll 
anschliefsen.  Am  Ende  dieses  reich  mit  Pavillons  und  Erholungs- 


Ansicht.  Holzstich  y.  O.  Ebel. 

Hauptgebäude  der  Bremer  Ausstellung. 


erhebt  sich,  ihrem  Inhalt  entsprechend  in  würdigen  Verhältnissen 
und  edlen  Formen,  die  Kunsthalle.  Offne  Säulenhallen  mit  Nach¬ 
bildungen  antiker  Statuen  vor  warm  abgetöntem  Hintergründe,  der 
nach  oben  durch  einen  Fries  tüchtig  gemalter  Landschaften  abge¬ 
schlossen  wird,  fügen  sich  zu  beiden  Seiten  an  das  Eingangsportal. 
Durch  dieses  tritt  man  in  einen  Vorraum  von  so  prächtiger  Wirkung 
in  Form  und  Farbe,  dafs  man  nur  bedauern  kann,  dafs  die  technische 
Ausführung,  dem  vorübergehenden  Zweck  entsprechend,  etwas  derb 
und  flüchtig  ausgefallen  ist.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  der  gegen¬ 
überliegenden  Marinehalle.  Sie  zeigt  mit  ihrer  elliptischen,  säulen¬ 
getragenen  Vorhalle  die  Formen  eines  freien  Rococo.  Schiffsschnäbel 
geben  das  vorherrschende  Decorationsmotiv  ab,  den  Kuppelabschlufs 
bildet  das  phantastische  Modell  eines  alten  Orlogschifies.  Den 
Hintergrund  dieses  reichen  Bildes  schliefst  das  prächtige,  kuppel¬ 
gekrönte  Haupt-Ausstellungsgebäude  ab,  und  es  bietet  sich  durch 
diese  Gruppirung  auch  hier  wieder  ein  einheitliches,  architektonisch 
reiches  und  durch  kleinere  zierliche  Pavillons,  Musikbühnen  usw.  ver¬ 
vollständigtes  Ganzes  dar.  Wir  dürfen  bezüglich  des  Hauptgebäudes 
auf  unsere  Abbildung  verweisen  und  müssen  aus  Mangel  an  Raum 
auf  seine  Beschreibung  verzichten.  Mag  man  über  das  Zurückgreifen 
unsrer  Zeit  auf  das  Rococo  verschiedener  Meinung  sein,  es  drängt  sich 
hier  dem  Beschauer  die  Ueberzeugung  auf,  dafs  sich  dem  vorliegenden 
Zwecke  kaum  eine  andere  Bauweise  besser  angepafst  haben  würde. 

Zwischen  Kunsthalle  und  Haupt -Ausstellungsgebäude  hindurch 
gelangt  man  zu  einer  dritten  Gruppe  von  Baulichkeiten,  mit  welcher 
die  symmetrische  Anordnung  verlassen  ist,  und  die  im  Gegensätze 
dazu  durch  freie  malerische  Wirkung  anspricht.  Ins  Auge  fällt  hier 
insbesondere  gegenüber  der  Seitenfront  des  Hauptausstellungsgebäudes 
der  stattliche  Bau  der  Handelsausstellung,  welcher  in  der  Weise 


localen  besetzten  Platzes  trifft  man  auf  die  trefflich  gelungene 
Nachbildung  eines  altbremischen  Kaufmannshauses  mit  der  ihm  eigen- 
thümlichen  hohen,  von  reich  geschnitzten  Galerieen  umgebenen  Diele 
und  den  daranstofsenden  Zimmern,  deren  Ausstattung  zum  grofsen 
Theil  aus  echten  alten  Sachen  zusammengestellt  |ist,  ähnlich  der 
reizvollen  Nachbildung  einer  alten  Hamburger  Diele,  deren  wir  uns 
noch  von  der  vorigjährigen  Ausstellung  erinnern.  Dem  Bremer 
Hause  gegenüber  befindet  sich  die  treue  Nachbildung  eines  hier 
kürzlich  abgebrochenen  malerischen  Treppenthurms,  und  an  diese 
beiden,  eine  Strafsenmündung  darstellenden  Bauten  schliefsen  sich  die 
Fronten  einer  alten  Bremer  Strafse  an,  die  leider  etwas  coulissenartig 
wirkt.  Es  gilt  dies  umsomehr,  als  bekanntlich  jede  gemalte  Plastik 
im  Freien  den  gröfsten  Theil  ihrer  Wirkung  verliert,  und  man  mufs 
hier  schon  ziemlich  viel  Phantasie  zu  Hülfe  nehmen,  um  sich  wirk¬ 
lich  im  Geiste  in  eine  alte  Bremer  Strafse  zu  versetzen. 

Um  unsern  Gegenstand  einigermafsen  zu  erschöpfen,  sei  die  Auf¬ 
merksamkeit  auf  einige  kleinere,  hier  umherstehende  Baulichkeiten 
gelenkt.  Neben  dem  altbremischen  Hause  ist  Castans  Irrgarten,  ein 
kleiner  Bau  in  orientalischen  Formen,  errichtet.  Weiterhin  eine  sehr 
zierliche  Forsthausanlage,  und  in  der  Nähe  leider  die  sich  in  den 
Weg  schiebenden,  plumpen  und  ungefügen  Gegenstände  einer 
Stampfmörtelfabrik,  die  die  Gruppe  in  störender  Weise  beeinträch¬ 
tigen  und  überdies  auch  technisch  kaum  etwas  bemerkenswerthes 
bieten.  Den  am  Ausgang  der  Bremer  Strafse  liegenden  Mefsbuden- 
platz  zur  Seite  lassend,  wenden  wir  uns  nunmehr  der  links  von  dem 
Hauptgebäude  liegenden  Hälfte  des  Ausstelhingsgeländes  zu.  Dort 
treffen  wir  zuerst  auf  die  hübsche  Nachbildung  eines  strohgedeckten 
westfälischen  Bauernhauses,  welches  sich  mit  allen  seinen  bekannten 
Hauptzügen:  der  von  Stallungen  eingefafsten  Tenne,  dem  Herde  im 


312 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


2.  August  1890, 


Hintergründe,  dem  Quergang,  den  Zimmern  dahinter  usw.  darstellt, 
und  bei  dem  auch  das  Storchnest  auf  dem  Giebel,  die  Scheunen  und 
sonstigen  Aufsengebäude  nicht  vergessen  sind.  Die  übrigen  Bauten 
der  Ausstellung,  die  sich  an  dieser  Seite  des  Hauptplatzes  betindeu, 
wie  Theater,  Fischkosthalle,  Monier-Baiiten,  eine  im  japanischen  Stile 
durchgeführte  offene  Blumenhalle  usw.,  seien  nur  einfach  erwähnt. 
Auch  das  Maschinenausstellungsgebäude  bietet,  abgesehen  von  seiner 
Gröfse,  baulich  wenig  bemerkenswerthes.  Besonders  gedacht  mufs  nur 
noch  des  von  dem  Architekten  Eauschenberg  entworfenen  Archi¬ 
tektenhauses  werden,  schon  weil  es  in  seinem  Innern  aufser  den  Ent¬ 
würfen  und  Modellen  verschiedener  hannoverscher,  Oldenburger  und 
Bremer  Architekten  die  vortrefflich  gearbeiteten  Modelle  der  Behörde 
für  öffentliche  Arbeiten  zur  Freihafenanlage  und  Wesercorrection  ent¬ 
hält.  Dem  diese  Ausstellung  enthaltenden  Theile  des  Architekten¬ 
hauses  ist  ein  in  schweren,  altromanischeu  Bauformen  gehaltener  Kreuz¬ 
gang  augefügt,  der  den  mit  reichem  Baumwuchs  besetzten  Kloster¬ 
hof,  einen  schattigen  und  zu  behaglichem  Genufs  einladenden  Garten, 
umzieht.  Die  sich  hieran  anschliefsende  Bierstube  ist  durch  die 
Hand  des  hierfür  noch  im  letzten  Augenblick  gewonnenen  Berliner 


Malers  Karl  Becker  mit  leicht  hingeworfenen,  aber  aufserordentlich 
wirkungsvollen  Darstellungen  voll  köstlichen  Humors  belebt,  während 
eine  benachbarte  Weinstube  als  sogenannte  Hundingshalle  im  Sinne 
Kichard  Wagners  herausgeputzt  ist. 

Nach  der  Betrachtung  dieser  Erzeugnisse  lustiger  Laune  über¬ 
blicken  wir  noch  einmal  die  Gesamtheit  der  Ausstellungsbauten. 
Das  Innere  aller  Hallen  zeichnet  sich  durch  schöne,  hohe  Ver¬ 
hältnisse  und  lichte,  luftige  Bauweise  aus.  Der  einheitliche  künst¬ 
lerische  Zug,  welcher  durch  alle  Hauptgebäude  der  Anlage  geht, 
wirkt  äufserst  wohlthuend.  Die  äufseren  und  inneren  Vorhallen 
sind  zum  Theil  in  reichster  Anordnung,  mit  feinem  Formen-  und 
Farbensinn  erdacht  und  durchgeführt.  Die  reiche  Anordnung  des 
Haupt- Ausstellungsplatzes  mit  seinen  Wasserkünsten  ist,  namentlich 
unter  dem  Zauber  elektrischer  Beleuchtung,  von  geradezu  märchenhafter 
Wirkung,  und  man  würde  in  Bezug  auf  den  Architekten  unwillkürlich 
an  den  Spruch  am  Gewölbe  der  Londoner  Paulskirche  „Si  monumen- 
tum  quaeres  circumspice“  erinnert,  wenn  das  vorliegende  „Monument“ 
nicht  leider  ein  so  vergängliches  wäre.  G.  R. 


Ueber  die  Festigkeitsverhältnisse  einiger  neueren  Eisenbahn -Oberbausystenie. 

Die  entsprechende  gröfste  Spannung  im  Schienenfufs  ist 


In  den  letzten  Jahren  hat  man,  dem  Vorbilde  Englands  folgend, 
auch  auf  dem  Continente  damit  begonnen,  einen  stärkeren  und 
schwereren  Oberbau  auf  verkehrsreichen  Hauptlinien  in  Anwendung 
zu  bringen.  So  wurden  beispielsweise  auf  der  Belgischen  Staatsbahn 
die  auf  das  Meter  52  kg  schwere  Goliathschiene,  auf  einzelnen  fran¬ 
zösischen  Bahnen  Schienen  von  47  kg  Einheits- Gewicht  eiugeführt, 
und  nevrerdings  für  die  Berliner  Stadtbahn  eine  Schiene  von  41  kg 
auf  das  Meter  (Centralblatt  der  Bauverw.  1889,  S.  182)  in  Aussicht 
genommen. 

Im  folgenden  soll  nun  auf  theoretischem  Wege  ein  Vergleich 
zwischen  dem  normalen  Querschwellen -Oberbau  der  preufsischeu 
Staatsbahueu  und  einigen  der  verstärkten  Anordnungen  angestellt 
und  hierfür  als  Mafsstab  die  Gröfse  der  in  den  Schienen  unter  be¬ 
stimmten,  einfachen  Voraussetzungen  auftreteuden  Spannungen  be¬ 
nutzt  werden. 

1.  Her  iiorinale  Oberbau  der  preufsiselieii  Staatsbahiieii. 

Zur  Berechnung  des  mafsgebeuden  Moments  der  Schiene  bezügl. 
der  senkrechten  Lasten  wird  folgende,  am  Schliffs  dieses  Aufsatzes 
näher  begründete  Gleichung  benutzt 

0,171 

■i 

1  4,5  Yyj 

Hierin  bedeutet 

F  den  gröfsten  Raddruck  im  Ruhezustand  =  7000  kg, 
l  den  mittleren  Achsabstand  der  Querschwellen  =  93  cm  (unter 
Nichtberücksichtigung  des  Stofsschwellenabstands), 

ip  den  Ausdruck  -  —  ^ 

E  den  Elasticitätsmodul  =  2  000  000  kg/cm, 

J  das  Trägheitsmoment  der  Schiene  =  1037  cm^ 

C'  die  Bettungsziffer  für  die  halbe  Querschwelle. 

Sieht  man  von  dem  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  geringen 
Einflufs  der  Querschwellenbiegung  auf  die  Druckvertheilung  ab,*)  so 


M^=Fl  l  0,226  Vyj  + 


(neu). 


kann  man  setzen 


C  -  8G00  =  -g— 


b  —  Schwellenbreite  =  25  cm, 

u  —  Länge  der  Unterstopfung  (mit  Rücksicht  auf  die  schwächere 
Unterstopfung  in  Schwellenmitte  sei  u  =  250  —  20  = 
230  cm  gesetzt), 

y  —  Bettun gszift’er  f.  d.  qcm.  Entsprechend  den  Versuchen  der 
Reichseisenbahnen  (Org.  1889,  Heft  4),  welche  für  Holz- 
und  Eisenschwellen  annähernd  die  gleichen  Werthe  er¬ 
geben,  setzen  wir  für  den  ungünstigsten  Fall  (Kies  auf 
Lehmboden)  y  =  2). 


Hiermit  ergiebt  sich  C,  zu 


25 . 230 . 


-  —  rund  8600. 


Mit  Hülfe  vorstehender  Zahlenwerthe  erhält  man 
6  .  2  000  000 . 1037 

■ip  =  - 


8600 . 93^ 


=  7000 . 93  (^0,226  .  1,16 


1,8;  V^p 

0,171 


=  188 


1  -j-  4,5  .  1, 
790  kgyem 


16 


=  1/1,8  =  1,16 

-A  =:  651000 . 0.29 
IV 


*)  Der  Einflufs  der  Schwellendurchbiegung  kann  nach  Gl.  35b 
der  Abhandlung  „Zur  Berechnung  des  Eisenbahn -Oberbaues“,  Org. 
f.  d.  Fortschr.  d.  Eisenbahnw.  1888,  Heft  3,  berücksichtigt  werden. 


1226  kgyqcm. 


(j.,  = 


3838  /ikgyqcm. 


_  il/j  _  188  790 

“  k?i  “~154  “ 

Als  wagerechte  Belastung  der  Schiene  werde  ein  Seitenstofs 
=  ßP  in  der  Mitte  zwischen  zwei  Schwellen  angenommen,  welcher 
bei  unverrückbaren  Schwellen  ein  Moment  an  der  Angriffstelle  von 
M.2  =  0,171  ßFl  =  0,171  ß  .  7000 . 93  =  111  321  /J  kg'/cni 
erzeugt. 

Die  zugehörige  gröfste  Spannung  im  Schienenfufs  ist 
M2  111  321 /i 
~W.2  ~~  2  9  ~ 

Der  Beiwerth  ß  ist  derart  zu  wählen,  dafs  sich  für  02 
ein  der  Wirklichkeit  entsprechendes  Verhältnifs  ergiebt.  Ebenso¬ 
wenig  wie  oben  zur  Berechnung  von  qj  die  allerungünstigsten  Vor¬ 
aussetzungen  gemacht  wurden,  die  Gröfse  von  qj  vielmehr  in  Wirk¬ 
lichkeit  den  berechneten  Werth  von  1226  kg  infolge  von  senkrechten 
Stöfsen,  Schwankungen  in  den  Achsbelastungen,  mangelhafter  Unter¬ 
stopfung  einzelner  Schwellen  usw.  beträchtlich  übersteigen  kann, 
ebensowenig  darf  hier  zur  Berechnung  von  G2  der  gröfstmögliche 
Werth  von  ß  gewählt  werden.  Als  passender  Werth  von  ß  dürfte 
bei  gut  unterhaltenen  Geleisen  und  bei  Geschwindigkeiten  von 
60 — 100  km  die  Stunde  (i  =  0,2  bis  0,3  anzunehmen  sein. 

Man  erhält  hiermit  für 

ß  =  0.2.  02  —  "^68  kgyqcm 
ß  =  0,3.  02  =  1152  ko’/qcin. 

Die  für  den  theoretischen  Vergleich  in  Betracht  zu  ziehende 
Gesamtspannung  ergibt  sich  für 

ß  =  0,2  zu  q  =  1226  -j-  768  =  1994  kg/qcm 
ß  =  0.3 


P  = 


y;  =  - 


7000  kg; 


zu  q=  1226  -[-  1152  =  2378  kg/qcm. 

Der  neue  Oberbau  der  Berliner  Stadtbaliu. 

26  (270- 


h- 


90  cni;  J  =  1352  cm^ 
=  rund  9700 
2  000  000 . 1352 


c  = 


20) .  3 


9700 . 90=5 
il/j  =  7000.90  (^0,226 


—  0 


,29;  Vip  =  1,23 


0,171 

+  4,5.1,23 
=  191  520  kg/cm 


U23  +  j 


)  = 


630000.0,304 


191  520 


193 

=  0,171  . 

ß. 

21  546 

39 

 32  319 

rooo 


90  =  107  730  (Skg/cm 

=  21  546  kg/cni  für  ß  =  0,2 
=  32  319  kg/cm  für  /S  =  0,3 


— =  552  kg  für  ß  =  0,2 


=  828  kg  für  ß  =  0,3. 


39 

Gesamtspannung: 

q  =  992  +  552  =  1544  kg’ 
=  992  4-  828  =  1820  kg 


für 

für 


ß  =  0,2 
ß  =  0,3. 


ür.  31. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


313 


S.  Der  Oltjerbau  der  englischen  Midlandbahn. 
(Stuhlschienen;  siehe  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1890,  S.  137), 

7000  kg;  I  =  8b  cm;  J  —  rd.  1320  cm^;  Wi  —  rd.  170; 

6-=2!1=^?)1M^  =  9600 

Ji 

6  .  2  000  000 . 1320  ^  ‘  — 

- =  2,71;  1,28 


950 . 85® 

Ml  =  7000.85  fo,226 . 1,28  +  ,  i  oq)  = 

V  i  ‘“I“  .  XjÄOy 

=  186  830  kg/cm 

186  830  ,  , 

ö"!  ^  — jyq—  =  1 100  kg/qcm 

1/2  =  0,171  ^  7000 . 85  =  101750/?  =  20  350  kg/cm  für  /?  =  0,2 

=  30  520  kg/cm.  für  /S  =  0,3 

20  350  ,  , 

ö'2  =  — ~ —  =  433  kg/qcm  für  ß  —  0,2 
30  520  ,  , 

=  — —  =  650  kg/qcm  für  ß  —  0,3. 


Bei  Bildung  der  gröfsten  Gesamtspannung  G  ist  zu  berücksich¬ 
tigen,  dafs  wegen  der  besonderen  Form  des  unteren  Schienenkopfs 
Cj  und  0*2  nicht  in  dem  gleichen  Punkte  auftreten  und  daher  nicht 
einfach  addirt  werden  dürfen.  Die  gröfste  Spannung  G  tritt  in  einem 
zwischen  den  zu  üj  und  Ö2  gehörigen  Punkten  gelegenen  Punkte 
auf  und  ergiebt  sich  annähernd  zu 

(r=  0,93 o'i,  + 0,95 Ö-2  =  0,93. 1100  +  0,95 .433  =  1434  für /?=0, 2 
=  0,93 . 1100 4-0, 95 . 650  =  1640  für  /?=0,3. 

Streng  genommen  treten  auch  bei  den  früher  betrachteten  breit- 
füfsigen  Schienen,  mit  Rücksicht  auf  die  kleine  Eckabrundung  des 
Fufses,  ähnliche  Verhältnisse  ein.  Von  einer  zahlenmäfsigen  Be¬ 
rücksichtigung  dieses  günstigen  Umstandes  konnte  jedoch  bei  seiner 
Geringfügigkeit  um  so  eher  abgesehen  werden,  als  anderseits  auch 
bei  der  StnhlscHene  der  günstige  Einflufs  der  theilweisen  Schienen- 
einspannung  durch  den  Keil  aufser  Betracht  blieb. 


4.  Der  Oherhau  der  belgischen  Staatsbahn  (Goliathschienen). 
P=  7000  kg;  I  =  80  cm;  J  ~  1890  cm^;  Wi  =  262  (Fufs); 
25  .  (260  20)  .  3 


G  = 


9000; 


6.2  000  000.1890  .  i,— 

f- - onAa--«-n-3 - =  4,93;  =  1,49 


9000 . 80® 

lfj=^ 7000 . 80  fo,226 . 1,49  +  —,  VJV.nl  =560000.0,359 
V  1 -j-4,5. 1,497 

=  201  040  kg/cm 
201040  ,  , 

2Q2--  =  ^67  kg/qcm 

M2  =  0,niß  .  7000 . 80  =  95  760  /S  =  19  150 kg/cm  für  ^  =  0,2 

=  28  730 kg/cm  für  ß~0,3 

1 9  1 50 

0-2  =  ^+^  =  295  für  ß  =  0,2 


65 
28  730 


442  für  ^  =  0,3. 


65 

Gesamtspannung : 

0'  =  767  +  295  =  1062  kg/qcm  für  ß  =  0,2 
=  767  -4  442  =  1209  kg/qcm  für  ß  =  0,3. 


Zusammenstellung  der 

Werthe 

von  G. 

^  =  0,2 

,5  =  0,3 

1. 

Preufsische  Staatsbahn  G  ■ 

=  1994 

2378 

2. 

Berliner  Stadtbahn 

1544 

1820 

3. 

Englische '  Midlandbahn 

1434 

1640 

4. 

Belgische  Staatsbahn 

1062 

1209. 

Die  vorstehenden  Gröfstwerthe  von  G  beziehen  sich  auf  das  Neu¬ 
profil  der  Schienen,  und  zwar  auf  den  Sehienenfufs.  Bei  abgefahrenen 
Schienen  sind  diese  Spannungen  naturgemäfs  gröfser,  jedoch  nicht 
in  dem  Mafse,  wie  es  die  Abnahme  des  Trägheitsmoments  erwarten 
liefse,  weil  durch  die  Abnutzung  hauptsächlich  das  Widerstands¬ 
moment  des  Kopfes,  weit  weniger  aber  das  hier  in  Betracht 
kommende  Widerstandsmoment  des  Fufses  geschwächt  wird.  Aufser- 
dem  nimmt  auch  das  äufsere  Kraftmoment  Mi  mit  kleiner  werdendem 
Trägheitsmoment  ab,  wie  der  Ausdruck  für  Mi  unmittelbar  er¬ 
kennen  läfst. 


Beispielsweise  ergiebt  sich  für  die  Schiene  der  preufsischen 
Staatsbahn  bei  einer  Abnutzung  von  10  mm  Höhe,  /=  796  =  0,77 
des  bisherigen  Werths,  120  (Kopf)  =  0,77  des  bisherigen  Werths, 
W=1S1  (Fufs)  =  0,89  des  bisherigen  Werths,  fFb  =  25,6  =  0,89  des 
bisherigen  Werths. 

Ml  =  651  000 . 0,273  =  177  723;  Gi  =  177  723  :  137  ==  1297 
Ö-2  =  768  ;  0,89  =  863  für  ß  =  0,2 

=  863  .  1,5  =  1294  für  ß  =  0,3 

G=  1297  4"  863  =  2160  kg/qcm  für  ß  =  0,2 

=  1297  +  1294  =  2591  kg/qcm  für  ß  —  0,3. 

Im  Mittel  nimmt  hiernach  die  gröfste  Spannung  infolge  der 
Abnutzung  von  10  mm  Höhe  um  rund  9  pCt.  und  einschliefslich  der 
Schwächung  durch  seitliche  Abnutzung  um  rund  10  pCt.  zu. 

Soll  nun  die  Spannung  G  der  abgenutzten  Schiene  den  Betrag 
von  1800  bis  höchstens  2000  kg/qcm  nicht  überschreiten,  so  mufs  der 
Oberbau,  namentlich  für  schnellfahrende  Züge  (ß  =  0,S),  verstärkt 
werden.  Diese  Verstärkung  kann  durch  Vermehrung  der  Schwellen¬ 
zahl  oder  durch  Vergröfserung  des  Schienenquerschnitts  erfolgen. 

Legt  man  auf  eine  Schienenlänge  von  9  m  zwei  weitere  Quer¬ 
schwellen  ein,  so  wird  1=16  cm,  d.  h.  =  0,817  des  bisherigen  Werths 
von  93  cm. 


ip  “  3,3;  y ip  =  1,35 

Ml  —  7000 . 76  .  0,33  =  175  560;  Gi  =  1140  =  0,93  des  bis¬ 
herigen  Werths 

G.^  =  0,817  des  bisherigen  Werths  ~  627  für  ß  —  0,2 

=  940  für  ß  =  0,3 
ö''.=3»o'^  +  qg  =:  1767  für  ß  —  0,2 
“  2080  für  ß  =  0,3. 

Bei  abgenutzter  Schiene  steigen  die  Spanungen  um  rund  10  pCt., 
d.  h.  auf  1940  bezw.  2290  kg/qcm. 

Will  man  für  die  Schienenverstärkung  den  gleichen  Geldbetrag 
aufwenden  wie  für  die  Schwellenvermehrung,  und  rechnet  man 
1  Querschwelle  =  40  kg  Schienengewicht,  so  trifft  auf  1  m  Schiene 
40  :  9  =  4,4  kg  Mehrgewicht  und  5,6  qcm  Querschnittsvergröfserung. 
Gegenüber  dem  bisherigen  Querschnitt  von  42,5  qcm  bedeutet  dies 
eine  Verstärkung  von  1  auf  1,1318.  Unter  der  Annahme,  dafs  der 
neue  Querschnitt  dem  alten  ähnlich  sei,  findet  eine  Vergröfserung 
der  linearen  Abmessungen  von  1  auf  j/  1,1318  d.  h.  1  auf  1,063,  des 
Trägheitsmoments  von  1  auf  1,063“^  =  1,28,  des  Widerstandsmoments 


von  1  auf  1,2  statt.  Vip  vergröfsert  sich  im  Verhältnifs  1  zu  1,063 
und  erhält  den  Werth  1,063 . 1,16  =  1,23.  Ferner  wird 
Ml  =  651  000 . 0,304  =  197  904 
Gl  =  1070  =  0,87  des  bisherigen  Werths 


des  bisherigen  Werths  =  640  für  ß  =  0,2 
=  960  für  ß  =  0,3 


G  Gl G2  —  1710  für  ß  =  0,2 
2030  für  ß  =  0,3. 

Für  den  abgenutzten  Zustand  erhält  man  Spannungen  von  1880 
bezw.  2230  kg/qcm. 

Auf  beiden  Wegen  wird  hiernach  die  Spannung  in  annähernd 
gleicher  Weise  herabgemindert ;  doch  bleibt  sie  immer  noch  auf 
solcher  Höhe,  dafs  für  Hauptlinien  mit  grofsen  Zuggeschwindigkeiten 
eine  noch  weiter  gehende  Verstärkung  des  Oberbaues,  etwa  nach 
Art  von  0.  Z.  2  oder  3,  angezeigt  erscheint. 

Der  Oberbau  der  belgischen  Staatsbahn  bietet  gegenüber  den 
anderen  Anordnungen  eine  ganz  hervorragende  Stärke,  welche  durch 
die  Forderungen  der  Betriebssicherheit  allein  wohl  kaum  vollständig 
begründet  sein  dürfte.  Inwieweit  die  sonstigen,  hiermit  verknüpften 
Vorzüge  (geringer  Unterhaltungsaufwand,  ruhiges  Fahren  usw.)  die 
gröfseren  Herstellungskosten  rechtfertigen,  darüber  kann  allein  die 
Erfahrung  die  Entscheidung  bringen. 

Anmerkung.  Die  Ableitung  der  Formel 

Mi=Pl  f 0,226  K+H - 

V  1  +  4,5  Vip 

ist  kurz  folgende: 

Denkt  man  sich  die  Querschwellen  durch  zwei  Langschwellen 
von  der  gleichen  wirksamen  Bodenfläche  ersetzt,  so  ist  die  Bettungs- 

Q 

Ziffer  f.  d.  cm  bei  den  Langschwellen  offenbar  c  =  -j--  Das  gröfste 

Moment,  welches  in  dem  Langschwellenstrang  unter  einer  ruhenden 
Einzellast  entsteht,  ist  bekanntlich,*)  wenn  man  von  dem  unter 


*)  Siehe  die  Abhandlungen  von  Zimmermann  und  von 
Schw edler  in  der  Ztschr.  für  Bauwesen  1887  u.  1889. 


314 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


2.  August  1890. 


normalen  Verhältnissen  geringfügigen  Eiuflufs  des  Abliebens  der 
Langschwelle  vom  Boden  absiebt, 

L  i/:^  =  0,2.  P  1/^  -fL'  =  0,25  Fl  j/  ^ 

4  1  C  '  ' 


p 

J/.  =  f  f 


CI' 


oder  =  0,’226 


PI  =  0,22(3  PlVilu 


wenn  zum  besseren  Vergleich  mit  den  Formeln  des  Trägers  auf 
melu'eren  nachgiebigen  Stützen  die  Ziffer  4  unter  dem  Wurzelzeichen 
durch  die  Ziffer  6  ersetzt  wird. 

J  bezeichnet  hierbei  das  Trägheitsmoment  der  Schiene. 

’N'orstehende  Foimiel  gilt  annähernd  auch  für  die  Belastung  durch 
eine  unendliche  Reihe  gleich  grofser,  in  gleichen  Abständen  a  be¬ 
findlicher  Lasten  P  wenn  a  und  c  grofs  gegenüber  J  (Winklers 
Gleichung). 

Das  Moment  ilii  der  Schiene,  welches  durch  eine  in  der  Mitte 
zwischen  zwei  Schwellen  aufgebrachte  Eiiizellast  P  hervorgeruten 
wird,  ist  nun  jedenfalls  gröfser  als  Mo,  und  zwar  ist  der  Unterschied 
am  gröfsten  für  ^i  =  0  (feste  Stützen). 


Hierfür  ist  Mo  —  O,  Mi  =  0,171  Pf,  somit  Unterschied  U=0,171  Pf. 
Mit  wachsendem  ip  nimmt  U  ab  und  kann  für  ip^oo  gleich 
Null  gesetzt  werden. 

Diesen  Bedingungen  genügt  die  Function 


U  =  0,171  PI  :  (1 
Wählt  man  «  =  4,5,  setzt  also 

il/i  =  ("o,22(‘.  + 


a  y xp). 


0,171 


PI, 

1  -[-  4,5  y  ^p/ 

so  stimmen  die  hiermit  berechneten  Werthe  von  Mi  sehr  gut  mit 
anderweitig  bestimmten  Zwischenwerthen  von  Mi  überein,  wie  aus 
folgender  Zusammenstellung  ersichtlich  ist,  in  welcher  die  von 
Schwedler  für  einen  Balken  auf  acht  nachgiebigen  Stützen  berech¬ 
neten  Werthe  angeführt  sind  (siehe  Ztschr.  f.  Bauwesen  1889). 

<//  =  4  2  1  0,5  0 

Formel  Mi  =  0,342  0,296  0,257  0,225  0,171  7^/ 

Schwedler  Ml  =0,337  0,294  0,255  0,226  0,173  Pt. 

Karlsruhe,  im  .Juni  1890.  Fr.  Engefser. 


lieber  zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken 

(Fortsetzung.) 


11.  Die  Waschküchen. 

Auch  die  4Vaschkücheueinrichtungeu  weichen  nicht  wesentlich 
von  denen  in  anderen  Anst.alten  ab,  und  es  bleibt  deshalb  hier  ebenfalls 
nur  das  weniger  Bekannte  bezw.  besonders  für  Kliniken  Wichtige 
hervorzuheben.  Hinsichtlich  der  Lage,  Gröfse,  Bauart,  Heizung  und 
Lüftung  gilt  das  bei  den  Kochküchen  (Nr.  10  auf  S.  305)  in  dieser 
Beziehung  Gesagte.  Bei  Kliniken  von  geringem  Umfange,  in  welchen 
Dampf  zu  anderen  Zwecken  nicht  Verwendung  findet,  erfolgt  die 
Reinigung  der  Wäsche  in  der  Regel  mit  Handbetrieb,  bei  gröfseren 
Kliniken  dagegen  mit  Dampfbetrieb  und  Maschinenkraft. 

Als  Beispiel  einer  zweckmäfsigen  Waschküchen-Einrichtuug  in 
gröfserem  Mafsstabe  kann 
auch  hier  die  im  Wirth- 
schaftsgebäude  der  neuen 
klinischen  Institute  in 
Breslau  ausgeführte  die¬ 
nen  (Abb.  21  S.  306).  Zu 
der  aus  dieser  Abbildung 
ohne  weiteres  verständ¬ 
lichen  allgemeinen  Anord¬ 
nung  ist  im  besonderen 
folgendes  zu  bemerken. 

Neben  der  grofseu  Wasch¬ 
küche  befindet  sich  ein 
kleiner  Raum  zur  Reini¬ 
gung  inficirter  Wäsche, 
und  im  Kellergeschofs 
aufserdem  ein  gröfserer 
Raum  für  die  Desinfection 
von  Wäsche,  Kleidungs¬ 
stücken,  Betten,  Matratzen 
usw.  mit  dem  hierzu  er¬ 
forderlichen,  eigenartig 
construirten  Apparate. 

Die  Desinfection  hat  den 
Zweck,  die  in  den  be- 
zeichneteii  Gegenständen 
enthaltenen  Ansteckungs- 
stotfe,  Ungeziefer  usw. 
zu  vernichten,  ohne  die 
Stücke  stark  anzugreifen 
oder  für  eine  fernere  Verwendung  unbrauchbar  zu  machen.  Nach 
neueren  Erfahrungen  geschieht  dies  am  besten  durch  eine  combinirte 
Behandlung  der  Gegenstände  mit  trockener  und  feuchter  Hitze  (heifse 
Luft  und  strömende  Wasserdämpfe)  in  Verbindung  mit  kräftiger  Lüf¬ 
tung.  Der  Desinfectionsapparat  ist,  wenn  thunlich,  so  grofs  herzustellen, 
dafs  erforderlichenfalls  ein  ganzes  Bett  eingebracht  werden  kann.  Es 
ist  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  der  Weg,  auf  welchem  die  inficirten 
Stücke  in  den  Apparat  gebracht  werden,  von  demjenigen  gänzlich  ge¬ 
trenntist,  auf  welchem  die  desinficirten  Gegenstände  fortgeschafft  werden. 

Ein  zweckrnäfsig  eingerichteter  Desinfectionsapparat  (System 
Schimmel)  mit  combinirter  Behandlung  der  zu  reinigenden  Gegen¬ 
stände,  in  der  vorangegebenen  Gröfse  und  Construction,  ist  in 
Abb.  23  dargestellt.  Er  hat  eine  Länge  von  2  m  bei  1  m  Breite  und 
1,2  m  Höhe,  ist  von  Blech  in  elliptischer  Form  hergestellt,  mit 
schlechten  Wärmeleitern  umhüllt  und  mit  einem  zur  Aufnahme  der 
zu  desinficirenden  Gegenstände  bestimmten  ausfahrbaren  Wagen  ver¬ 


sehen.  Im  unteren  Theile  liegt  ein  System  von  geschlossenen  Dampf¬ 
röhren  zur  Erzeugung  der  trocknen  Kitze,  und  darüber  ein  mit  kleinen 
Löchern  versehenes  Rohr,  durch  welches  freier  Dampf  in  den  Apparat 
eingelassen  werden  kann. 

Hinsichtlich  des  Ganges  des  Reinigungsverfahrens  der  Wäsche 
in  den  Küchenräumen  mit  Dampfbetrieb  und  Maschinenkraft  ist 
folgendes  zu  bemerken.  Die  in  den  einzelnen  Stationen  gesammelte 
unreine  Wäsche  wird  in  Drillichbeuteln  nach  einem  neben  der  Wasch¬ 
küche  belegenen  Raum  geschafft  und  hier  sortirt.  Von  dort  gelaugt 
die  Wäsche  in  die  Einweichbottiche  und  von  diesen  in  die  Wasch¬ 
maschinen,  oder  bei  stark  verunreinigtem  Zustande  in  besondere 

Kochfässer.  Nach  Ent¬ 
nahme  der  Wäsche  aus 
diesen  Apparaten  wird 
dieselbe  in  die  Spül¬ 
maschinen  und  von  dort 
in  die  Ausschleuder¬ 
maschinen  (Centrifugen) 
geschafft,  sodann  im  Win¬ 
ter  in  sogenannten  Schnell¬ 
trockenapparaten  ,  im 
Sommer  auf  Trockenböden 
vom  Wasser  gänzlich  be¬ 
freit,  hierauf  gerollt  bezw. 
geplättet  und  alsdann  in 
die  Wäschekammern  ge¬ 
bracht.  Diesem  Gange 
des  Reinigungsverfahrens 
entsprechend  sind  die 
einzelnen  Apparate  so  auf¬ 
zustellen,  dafs  der  Betrieb 
in  ununterbrochener  Rei¬ 
henfolge  stattfinden  kann. 

Von  den  zahlreichen 
Wäsche-  Reinigungsappa¬ 
raten  für  gröfsere  Be¬ 
triebe  verdienen  die  in 
letzter  Zeit  vervollkomm- 
neten  Waschmaschinen 
und  Schnelltrockenappa¬ 
rate  Erwähnung.  Unter  den 
Waschmaschinen  haben  sich  besonders  die  Hammermaschinen  (System 
Schimmel)  und  neuerdings  die  Trommelmaschinen  (System  ter  Welp) 
gut  bewährt.  In  ersteren  (vergl.  Abb.  24)  erfolgt  die  Reinigung 
durch  die  Bewegung  messingener  Walkhämmer,  welche  entsprechend 
ihrer  Befestigung  an  einer  doppelt  gekrümmten  Welle  nach  ver¬ 
schiedenen  Seiten  ausschlagen.  Auf  jeder  Seite  der  Hämmer  bilden 
sich  in  besonderen  Ausbuchtungen  des  Apparates  zwei  Wäscheknäuel, 
welche  beim  jedesmaligen  Vorwärtsgange  der  Hämmer  gegen  die 

Wände  des  Troges  gejirefst  werden,  beim  Rückwärtsgange  der 

Hämmer  aber  zurückfallen  und  sich  wenden.  Durch  das  dabei  statt¬ 
findende  .abwechselnde  Auspressen  und  Aufsaugen  der  Waschlauge 
wird  der  Schmutz  in  den  Stücken  gründlich  gelöst. 

In  den  Trommelmaschinen  (Abb.  25)  erfolgt  die  Reinigung  der 
Wäsche  durch  die  Bewegung  einer  um  etwa  20  Grad  geneigten 
Trommel  von  gewelltem  Blech  um  eine  wagerechte  Achse.  Die  mit 
Lauge  zur  Hälfte  gefüllte  Trommel  macht  mit  Hülfe  eines  Wende- 


Nr.  31. 


Centralblatt  der  Bauverwaltuncr. 


315 


getriebes  15  Drehungen  nach  rechts  und  15  nach  links.  Durch  diese 
Bearbeitung  der  Wäsche  geht  die  Lösung  des  Schmutzes  gut  vor 
sich,  was  noch  dadurch  befördert  werden  kann,  dafs  die  Waschlauge 
durch  Zuleitung  von  Dampf  zum  Kochen  gebracht  wird.  Diese  Ma¬ 
schinen  gewähren  den  Vortheil,  dafs  die  Wäsche  darin  auch  gespült 
werden  kann,  was  in  den  beiden  zur  Hälfte  durchlochten  Böden  er¬ 
reicht  wird.  Durch  die  gelochte  Hälfte  wird  bei  tiefer  Stellung  das 
Wasser  abgefangen,  während  es  aus  der  geschlossenen  Hälfte  in 
hoher  Stellung  nach  dem  hohlen  Drehzapfen  abfliefst,  wodurch  die 
Wäsche  während  des  Ganges  der  Maschine  von  der  Schmutzlauge 
befreit  und  in  der  Hauptsache  rein  gespült  wird.  Den  Trommel¬ 
maschinen  wird  von  den  klinischen  Verwaltungen  im 
allgemeinen  der  Vorzug  gegeben,  weil  die  Wäsche  in 
denselben  mehr  geschont  wird  als  in  den  Hammer¬ 
maschinen. 

Unter  den  Trockenapparaten  verschiedener  Con- 
struction  sind  für  kleinere  Betriebe  solche  mit  Auszieh¬ 
schiebern  (Coulissen)  ohne  Maschinenkraft  (Abb.  26), 
und  für  gröfsere  Betriebe  die  eigenartigen  Schim- 


12.  Die  Theekiicheii. 

Die  allgemein  mit  dem  Namen  „Theeküchen“  bezeichneten  Räume 
dienen  nicht  nur  zur  Bereitung  von  Thee,  sondern  auch  zum  Kochen 
von  Milch,  Hafergrütze  usw.,  desgleichen  für  die  Zubereitung  der 
während  der  Nacht  etwa  erforderlichen  warmen  Getränke  und 
Speisen;  aufserdem  finden  dieselben  zur  Reinigung  und  Aufbewah¬ 
rung  der  für  die  einzelnen  Krankenabtheilungen  bestimmten  Efs-  und 
Trinkgeschirre  Verwendung.  In  den  neueren  Kliniken  in  Göttingen 
und  Breslau  sind  besondere  Theeküchen  nicht  eingerichtet  worden; 
an  deren  Stelle  treten  dort  Räume  zum  Anrichten  und  Vertheilen 
der  aus  dem  Wirthschaftsgebäude  eingelieferten  Sjjeisen  und  Ge- 


Abb.  24.  Schimmels  Hammer-Waschmaschine. 


Abb.  26.  Wäschetrockenapparat  mit  Ausziehschiebern  (Coulissen). 


Abb.  25.  Schimmels  Trommel -Waschmaschine 
(System  ter  Welp). 

melschen  Maschinen  (Abb.  27)  bemerkenswerth. 

Während  die  ersteren  einer  Erläuterung  nicht  weiter 
bedürfen,  ist  hinsichtlich  der  letzteren  zu  erwähnen, 
dafs  in  ihnen  das  Trocknen  der  Wäsche  in  grofsen 
(7  bis  12  m  langen,  2  bis  3  m  breiten)  Gehäusen  aus 
Eisenblech  erfolgt,  in  welchen  auf  beiden  Seiten 
mit  Ausschnitten  versehene  Ketten  ohne  Ende  laufen.  Die  Wäsche, 
auf  Holzstäben  in  den  Ausschnitten  der  Ketten  liegend,  wird 
langsam  durch  die  Maschine  geführt  und  fällt  am  Ende  derselben 
in  dort  aufgestellte  Kästen.  Die  Erwärmung  des  Inneren  erfolgt 
durch  ein  System  von  geschlossenen  Dampfröhren,  unter  welche 
von  aufsen  frische  Luft  tritt,  während  die  mit  Wasserdunst  ge¬ 
sättigte  Luft  an  der  Decke  entweicht.  An  den  Langseiten  des 
Apparates  sind  verglaste  Oefifnungen  angebracht,  welche  die  noth- 
wendige  Zuführung  des  Tageslichts  während  des  Trockenvorganges 
ermöglichen. 

Die  Trockenböden,  welche  für  den  Sommerbetrieb  zur  Verwen¬ 
dung  kommen,  sind  durch  Oeffnungen  in  den  Wänden  und  im  First, 
die  mit  Jalousieen  versehen  werden,  gut  zu  lüften,  auch  gegen  Rufs 
lind  Staub  thunlichst  zu  schützen. 

Die  auf  dem  Gebiete  der  Wäscherei-Einrichtungen  besonders  be¬ 
kannte  Firma  0.  Schimmel  u.  Co.  in  Chemnitz  liefert  nicht  nur 
Apparate  der  in  den  Abb.  23  bis  27*)  dargestellten  Constructionen 
mit  Maschinenbetrieb,  sondern  für  kleinere  Anstalten,  in  denen  ein 
Motor  zum  Betriebe  fehlt,  jedoch  Dampf  und  billige  Arbeitskräfte  zur 
Verfügung  stehen,  auch  ähnlich  construirte  Apparate  für  Handbetrieb. 
Die  Wascheinrichtungen  in  kleinen  Kliniken  ohne  Dampfbetrieb  und 
Maschinenkraft  weichen  von  den  sonst  üblichen  wenig  ab,  und  es 
kann  deshalb  von  einer  Beschreibung  derselben  abgesehen  werden. 


Ounstabzug. 


*)  Diese  Abbildungen  sind  der  von  der  genannten  Maschinen¬ 
fabrik  veröffentlichten  Broschüre  entnommen. 


Abb.  27.  Schimmels  Wäschetrockenmaschine  (Patent). 

tränke,  welche  mit  der  im  Untergeschofs  belegenen  Anrichte-  bezw. 
Spülküche  durch  kleine  Aufzüge  in  Verbindung  stehen. 

Für  die  Theeküchen  genügen  Räume  mit  bescheidenen  Ab¬ 
messungen,  welche  am  zweckmäfsig- 
sten  in  unmittelbarer  Nähe  der 
Krankensäle  anzuordnen  sind.  In 
der  Regel  genügt  eine  Theeküche 
für  je  10  bis  15  Kranke.  Die  häufig 
mit  indirecter  Beleuchtung  vom  Flur¬ 
gange  oder  einem  anderen  Raume  aus 
(vgl.  Abb.l5,S.40)  hergestellten  Thee¬ 
küchen  sind  nicht  zu  empfehlen ; 
zweckmäfsiger  ist  eine  Anordnung 
wie  in  Abb.  17  (S.  305)  dargestellt, 
mit  unmittelbarer  Beleuchtung  von 
aufsen,  wegen  der  wünschenswerthen 
Lüftung  dieser  Räume  und  des  be¬ 
quemeren  Gebrauchs  bei  Tage.  Die 
Theeküchen  sind  sehr  sauber  zu 
halten  und  dementsprechend  mit 
einem  Steinfufsboden  (Terrazzo  oder 
Fliesen)  auszustatten,  auch  mit  Oel- 
farbenanstrich  auf  den  Wänden  zu 
versehen;  für  ausreichende  Heizung  und  Lüftung  ist  gleichfalls 
zu  sorgen.  Ihrer  Bestimmung  entsprechend  sind  diese  Räume 
mit  folgenden  Gegenständen  auszustatten:  a)  mit  einem.  Spül- 


Abb.  28.  Wärmeschrank 
mit  Gaskocher. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


2.  August  1890. 


tisch,  welcher  Zuleitungen  für  kaltes  und  warmes  Wasser  erhält; 
b)  mit  einem  kleinen  Wärmeschrank;  c)  mit  einem  Gaskochapparat; 
d)  mit  einem  Geschirrschrank;  e)  einem  Wandschränkchen  für  Ihee- 
büchsen  und  Arzneien;  f)  bisweilen  auch  mit  einem  kleinen  Eis¬ 
schrank.  Eine  zweckmäfsige  Verbindung  des  Wärmeschrankes  mit 


dem  Gaskocher  zeigt  die  im  Kinderhospital  in  Berlin  getroffene  An¬ 
ordnung  (Abb.  28);  dort  befindet  sich  der  bezei ebnete  Apparat  im 
Zimmer  der  Wärterin,  da  eine  Theeküche  fehlt.  Für  eine  voll¬ 
kommene  Abführung  der  Verbrennungsproducte  und  Dünste  aus 
dem  Gaskochapparate  ist  jedenfalls  Sorge  zu  tragen. 

_  (Schlufs  folgt.) 


Der  Külilschacht  der  neuen  Wasserleitung  in  Iglau  (Mähren) 


Die  etwa  23  000  Einwohner  zählende  Stadt  Iglau  in  Mähren 
besafs  seit  längerer  Zeit  eine  alte  Wasserleitung,  welche  das  Trink-  und 
Gebrauchswasser  aus  mehreren  Teichen  aufserhalb  der  Stadt  entnahm 
und  in  hölzernen  Röhren  den  Verbrauchstellen  zuführte.  Die  Be¬ 
schaffenheit  dieses  Wassers  liefs  sowohl  hinsichtlich  der  chemischen 
Zusammensetzung,  wie  bezüglich  der  Wärme,  welche  letztere 
zwischen  mehr  als  20°  C.  im  Sommer  und  1 — 3°  0.  im  Winter 
schwankte,  sehr  viel  zu  wünschen  übrig. 

Man  entschlofs  sich  zur  Anlage  einer  neuen  Wasserleitung, 
welche  man  aus  den  Quellen  des  die  Stadt  umgebenden  Waldgebietes 
zu  speisen  beabsichtigte.  Untersuchungen  ergaben  zwar  die  vorzüg¬ 
liche  Beschaffenheit  des  Quellwassers,  indessen  auch  die  unzu¬ 
reichende  Menge  desselben  während  der  trockenen  Jahreszeit.  Man 
mufste  sich  schliefslich  überzeugen,  dafs  die  einzige,  jederzeit  für  die 
Versorgung  der  Stadt  genügende  Wassermenge  nur  in  eben  jenen 
Teichen  zu  finden  war,  welche  schon  die  alte  Wasserleitung  gespeist 
hatten.  Bei  näherer  Prüfung  fand  man,  dafs  das  den  Teichen  zu- 
fliefsende  Wasser  in  seiner  chemischen  Zusammensetzung  durchaus 
den  Anforderungen  entspricht,  welche  an  ein  gutes  Trinkwasser  ge¬ 
stellt  werden,  und  dafs  die  Verschlechterung  des  Wassers  somit  erst 
in  den  Teichen  und  in  der  Rohrleitung  eingetreten  war,  weil  man 


von  10  500  cbm  erhalten,  gleich  dem  ITfachen  gegenwärtigen  Tages¬ 
bedarf,  welcher  etwa  GOO  cbm  beträgt,  sodafs  der  Wasserwechsel  ziem¬ 
lich  langsam  sich  vollzieht.  Mit  Hülfe  zweier  Rohre  wird  das  Wasser 
aus  den  tiefsten  Schichten  des  Schachtes  entnommen  und  auf  die 
Filter  geleitet.  Es  sei  bemerkt,  dafs  die  örtlichen  Verhältnisse  der 
Anlage  des  unter  der  Teichsohle  11,4  m  tiefen  Schachtes  insofern 
aufserordeiitlich  günstig  waren,  als  gröfstentheils  fester  Gneis  ge¬ 
brochen  wurde,  welcher  sogleich  zur  Mauerung  der  Filterkammern  usw. 
verwendet  werden  konnte. 

Um  die  Wirkung  des  am  20.  Juni  1887  in  Thätigkeit  gesetzten 
Kühlschachtes  festzustellen,  wurden  seit  dem  1.  Mai  1887  regelmäfsige 
Beobachtungen  angestellt  über; 

a)  die  mittlere  Luftwärme  von  7  Uhr  früh  bis  7  Uhr  abends, 

b)  die  Wärme  des  Wassers  in  den  Teichen  1  m  unter  dem  Wasser¬ 
spiegel, 

c)  die  Wärme  des  Wassers  in  den  Reinwasserkammern,  nachdem 
dasselbe  die  Filter  durchlaufen  hatte. 

Diese  für  das  Jahr  1887  mitgetheilten  Beobachtungen  lassen  die 
vortheilhafte  Wirkung  des  Kühlschachtes  im  grofsen  und  ganzen  er¬ 
kennen,  wenn  wegen  einiger  in  der  ersten  Zeit  des  Betriebes  ein¬ 


Schnitt  durch  den  Kühlschacht. 


die  ersteren  seit  undenklichen  Zeiten  nicht  gereinigt  hatte,  und  das 
Holz  der  letzteren  grofsentheils  in  Fäulnifs  übergegangen  war. 

In  der  Erwägung,  dafs  der  schlimmste  Uebelstand  durch  gründ¬ 
liche  Ausräumung  und  zukünftige  Reinhaltung  der  Teiche  sowie  durch 
zweckentsprechende  Erneuerung  der  Rohrleitung  sich  beseitigen  liefs, 
entschlofs  man  sich  daher,  die  alte  Wasser -Entnahmestelle  beizube¬ 
halten.  Es  verblieb  freilich  noch  der  oben  erwähnte,  auch  ander¬ 
wärts  so  oft  empfundene  Uebelstand,  dafs  die  Wärme  des  Wassers 
grofsen  Schwankungen  ausgesetzt  war,  sich  zu  allen  Jahreszeiten  der 
Luftwärme  näherte.  Auf  Anregung  des  Entwurfs- Verfassers,  Oberbau¬ 
inspectors  Oelwein  der  K.  K.  Generaldirection  der  österreichischen 
Staatseisenbahnen,  ist  zur  Behebung  bezw.  Milderung  dieses  Uebel- 
standes  eine  von  demselben  „Kühlschacht“  genannte  Anlage  aus¬ 
geführt  worden,  unseres  Wissens  zum  ersten  Male. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dafs  in  stehenden  Gewässern  die 
Wasserwärme  in  der  Tiefe  weit  beständiger  ist,  als  an  der  Oberfläche. 
Besondere  Beobachtungen  in  dieser  Hinsicht  lagen  von  einigen  öster¬ 
reichischen  Alpenseen  vor,  von  welchen  der  Atter-  und  Mondsee  nur 
geringe,  der  Gmundener  und  Hallstädter  See  dagegen  starke  Zuflüsse 
besitzen.  Nach  diesen  Beobachtungen  fand  sich  im  Atter-  und 
Mondsee  (geringer  Zuflufs)  bei  14 — 19°  C.  Wasserwärme  in  der  Ober¬ 
fläche  bis  10  m  Tiefe  nur  eine  geringe  Abnahme  derselben;  in  15  m 
Tiefe  sinkt  die  Wasserwärme  aber  auf  8 — 9°  und  in  20  m  Tiefe  auf 
5,3 — 7°.  In  gröfserer  Tiefe  vermindert  sich  die  Wasserwärme  dann 
wieder  nur  sehr  unbedeutend  und  beträgt  bei  189,6  m  noch  4,25°  C. 
Wesentlich  anders  ergeben  sich  die  Verhältnisse  bei  dem  Gmundener 
und  Hallstädter  See,  welche  starke  Zuflüsse  besitzen.  Bei  11,5 — 16° 
Wasserwärme  in  der  Oberfläche  konnte  eine  Abnahme  derselben  auf 
etwa  5°  erst  in  60  m  Tiefe  festgestellt  werden. 

Aus  diesen  Wahrnehmungen,  welche  der  Entwurfs  -  Verfasser 
durch  anderweitige  Beobachtungen  in  Schächten,  Cisternen,  Thal¬ 
sperren  und  Teichen  bestätigt  gefunden  hatte,  zog  man  den  Schlufs, 
dafs  in  stehenden  Gewässern  mit  geringen  Zuflüssen  bezw.  langsamem 
Wasserwechsel  in  einer  Tiefe  von  15 — 20  m  sich  eine  ziemlich  gleich- 
mäfsige  Wasserwärme  von  5 — 6,5°  C.  erhalten  müsse,  unabhängig  von 
der  Wärme  an  der  Oberfläche.  Auf  diese  Erwägungen  gestützt  wurde 
in  dem  untersten  der  Teiche,  aus  welchem  das  Wasser  entnommen 
wird,  eine  mit  dem  Namen  „Kühlschacht“  belegte  Vertiefung  ausgeführt, 
deren  Sohle  17,3  m  unter  dem  normalen  Teichwasserspiegel  liegt  (vgl. 
vorstehende  Abbildung).  Dieser  Kühlschacht  hat  einen  Fassungsraum 


getretenen  Unregelmäfsigkeiten  ein  ganz  zutreffendes  Bild  auch  noch 
nicht  gewonnen  werden  kann. 

Am  20.  Juni  1887,  dem  Tage  der  Ingebrauchnahme  des  Kühl¬ 
schachtes,  zeigte  das  Wasser  im  Teiche  und  in  den  Reinwasser- 
kammern  die  gleiche  Wärme  von  13,5°  C.  Von  hier  ab  folgt  die 
Temperatur  des  Teichwassers  im  allgemeinen  der  Luftwärme  und  ist 
am  3. — 5.  Juli  schon  bis  auf  22°  C.  gestiegen.  In  den  Reinwasser¬ 
kammern  war  dagegen  unter  dem  Einflüsse  des  Kühlschachtes  die 
Temperatur  innerhalb  sechs  Tagen  auf  9,6°  C.  gefallen;  sie  hob  sich 
in  den  nächsten  Tagen  zwar  wieder  bis  auf  12°  C.,  blieb  aber  immer 
wesentlich  hinter  der  Wasserwärme  im  Teiche  zurück.  Der  gröfste 
Unterschied  wurde  am  3.  Juli  1887  mit  10,5°  C.  beobachtet.  In  der 
ganzen  Zeit  bis  Ende  September,  in  welcher  die  Wärme  des  Teich¬ 
wassers  bis  zu  23°  betrug  und  beträchtlichen  Schwankungen  unterlagt 
zeigte  das  der  Leitung  zufliefsende  Wasser  stets  eine  gleichmäfsige,. 
bedeutend  niedrigere  Temperatur.  Ein  auffallendes  Ansteigen  der 
letzteren  trat  nur  in  der  Zeit  vom  4. — 24.  August  ein,  während 
welcher  das  Teichwasser  gerade  verhältnifsmäfsig  kühl  war.  Diese 
Erscheinung  wird  durch  eine  Unregelmäfsigkeit  in  der  Zuleitung  des 
Wassers  erklärt,  ein  Fall,  der  nicht  mehr  eintreten  kann,  nachdem 
alle  Teiche  vorschriftsmäfsig  gefüllt  sind  und  bei  aufmerksamer  Be¬ 
dienung  dauernd  in  diesem  Zustande  erhalten  werden  können.  In 
der  kälteren  Jahreszeit  bis  Ende  des  Monats  December,  in  welcher 
die  Wärme  des  Teichwassers  bis  unter  2°  C.  sinkt,  ist  die  vortheil¬ 
hafte  Wirkung  des  Kühlschachtes  zwar  auch  noch  erkennbar,  indessen 
bewirkt  derselbe  doch  nur  eine  Erhöhung  der  Wasserwärme  um 
1 — 2°  C.  Immerhin  erscheint  der  wichtigste  Zweck,  die  Ermäfsigung 
der  Wasserwärme  während  der  heifsen  Sommermonate,  in  beachtens- 
werther  Weise  erreicht.  Diese  günstige  Wirkung  ist  nach  der  er- 
theilten  Auskunft  während  des  weiteren  Betriebes  in  den  Jahren  1888 
und  1889  in  gleicher  Weise  hervorgetreten.  Die  höchste  Tempei’atur 
des  Leitungswassers  blieb  um  6,8  bis  9,5°  C.  hinter  der  gröfsten 
Wasserwärme  in  den  Teichen  zurück.  Oö’enbar  würde  der  Einflufs 
des  Kühlschachtes  sich  in  noch  höherem  Mafse  geltend  machen, 
wenn  die  Tiefe  bis  auf  etwa  20  m  vergröfsert  würde  und  auch  der 
Fassungsraum  noch  erweitert  worden  wäre,  sodafs  der  Wasserwechsel 
sich  möglichst  langsam  vollzieht. 

Nähere  Mittheilungen  über  die  besprochene  Anlage  finden  sich 
im  Jahrgang  1888,  Heft  III,  der  Zeitschrift  des  österreichischen 
Ingenieur-  und  Architektenvereins. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


317 


Nr.  31. 


Die  Architektur  auf  der  diesjährigen  Berliner  Kunstausstellung 

(Schlufs). 


Mit  der  allenthalben  und  besonders  auch  in  Berlin  neuerdings 
bervorgetretenen  Regsamkeit  auf  dem  Gebiete  des  Kircbenbaues 
bängt  es  wohl  zusammen,  dafs  nicht  weniger  als  13  der  ausgestellten 
24  Arbeiten  Kirchenentwürfe  sind.  Auch  von  ihnen  sind  uns  ver¬ 
schiedene  bereits  aus  Preisbewerbungen  wohlbekannt;  so  die  drei 
Pläne,  mit  denen  C.  Doflein  vertreten  ist:  eine  Kaiserin  Augusta- 
Gedäcbtnifskirche  für  Berlin,  eine  preisgekrönte  Garnisonkircbe  für 
Strafsburg  und  eine  katholische  Pfarrkirche  für  das  Gartenfeld  in 
Mainz,  durchweg  sehr  verdienstliche  Arbeiten,  auf  die  näher  einzu¬ 
gehen  wir  hier  aber  unterlassen  dürfen,  da  sie  ihrer  Zeit  in  diesen 
Blättern  Erwähnung  oder  Besprechung  bereits  gefunden  haben.*) 

Einen  Wettbewerbs- Entwurf  zur  Berliner  Kaiserin  Augusta-Ge- 
dächtnifskirche  hat  auch  Joh.  Otzen  ausgestellt.  Im  übrigen  sind 
die  Kirchenpläne  dieses  Meisters  —  er  führt  deren  nicht  weniger  als 
acht  im  Bilde,  meist  in  farbigen  Gesamtansichten,  vor  —  wohl 
durchweg  für  die  Ausführung  bestimmt  und  sprechen  beredt  von 
dem  ausgedehnten  Wirken  Otzens  auf  dem  Gebiete  der  neueren 
kirchlichen  Baukunst.  Im  Vordergründe  steht  seine  Lutherkirche, 
die  er  auf  dem  Dennewitzplatze  in  Berlin  errichten  wird,  und  deren 
Grundsteinlegung  in  nächster  Zeit  bevorsteht.**)  Ihr  schliefsen  sich 
an  die  Kirchen  für  Ludwigshafen,  Dessau  und  AjDolda,  ferner  eine 
neue  Kirche  für  Altona,  eine  solche  für  Bernburg -Waldau 
und  die  Wiederherstellung  der  Peter  und  Paulskirche  in  Lieg¬ 
nitz.***)  Otzens  Verdienste  um  das  evangelische  Kirchenbau¬ 
wesen  sind  bekannt.  Er  hat  wesentlich  an  der  Entwicklung 
desjenigen  Kirchengrundrisses  mitgewirkt,  der,  ohne  die  Vorzüge 
der  aus  katholischer  Zeit  überlieferten  Vorbilder  allesamt  über 
Bord  zu  werfen,  den  Programmbedingungen  des  protestantischen 
Kirchenbrauches  gerecht  wird  und  dabei  zu  ebenso  zweckmäfsigen 
wie  schönen  Raumbildungen  geführt  hat.  Die  ausgestellten  Pläne 
geben  weitere  Beiträge  zur  Lösung  dieses  Vorwurfes.  Die  Kirchen 
sind  zum  Theil  zweischiffig,  d.  h.  es  ist  unsymmetrisch  neben  das 
Haupthaus  ein  mit  Emporen  versehenes  Seitenschiff  gelegt,  meist 
jedoch  ist  jene  Grundrifsanordnung  gewählt,  bei  der  eine  dreischiffige 
Anlage  zu  Grunde  liegt,  die  Seitenschiffe  aber  zu  Gängen,  in  denen 
höchstens  einige  Bänke  der  Länge  nach  Aufstellung  finden,  zusammen¬ 
gedrückt  sind.  In  einem  solchen  Falle,  bei  der  Gedächtnifskirche, 
sind  die  Gänge  im  Obergeschosse  zu  stark  vorgekragten  Emporen 
erweitert.  Die  Thürme,  die  gewöhnlich  über  dem  Haupteingange 
stehen,  sind  zumeist  neben  der  Westfront,  aber  auch  mitten  vor 
dieser  oder  zur  Seite  des  Langhauses  angeordnet.  Die  Nebenräume, 
Sacristei  usw.,  legt  Otzen  gern  in  niedrigen  Anbauten  um  den  Chor, 
dessen  Aufsenerscheinung  darunter  freilich  oft  leidet;  doch  begegnen 
wir  in  der  auf  eingebautem  Grundstück  errichteten  Ludwigshafener 
Kirche  auch  einer  Lösung,  wo  die  Nebenräume  —  hier  allerdings  in 
unmittelbarer  Verbindung  mit  dem  Pfarrhause  —  der  Kirche  male¬ 
risch  und  in  losem  Zusammenhänge  auf  der  Nordostseite  ange¬ 
schlossen  sind.  Im  Aufbau  zeigen  die  ausgestellten  Entwürfe,  bei 
denen  sich  ein  zielbewufstes  Hinarbeiten  auf  Einfachheit  erkennen 
läfst,  fast  durchweg  die  Otzen  eigenthümliche  Behandlungsweise  des 
Backsteinbaues.  In  einem  Falle,  bei  der  Bernburg-Waldauer  Kirche, 
ist  der  Künstler  von  dem  gewohnten  Wege  abgegangen  und  hat  sich, 
augenscheinlich  mit  Rücksicht  auf  den  Baustein  und  die  Stilüber¬ 
lieferung  der  Gegend,  zu  einer  Hausteinkirche  romanischer  Bauweise 
entschlossen.  Ein  gleicher  Entschlufs  hätte,  wenigstens  was  das 
Material  betrifft,  wohl  auch  bei  der  Ludwigshafener  Kirche  mehr 
den  örtlichen  Verhältnissen  entsprochen.  —  Mit  einem  Plane  von 
Löffler-Berlin  zu  einem  evangelischen  Gotteshause  von  1642  Sitz¬ 
plätzen  für  eine  Berliner  Gemeinde  schliefst  die  Reihe  der  Kirchen¬ 
entwürfe.  Der  Bestimmungsplatz  wird  nicht  angegeben.  Ist  der  Auf¬ 
bau  auch  nicht  durchweg  glücklich  in  seinen  Verhältnissen  und  im 
Mafsstabe  seiner  Einzelheiten,  so  ist  der  eingeschlagene  Weg,  die 
Wahl  des  alten  nordischen  Backsteinbaues  zur  Richtschnur,  als  der 
zweifellos  richtige  zu  begrüfsen. 

Der  Rest  sind  Profanbauten.  Mit  Wohnhäusern  sind  0.  March- 
Charlottenburg  und  Felix  Wolf f-Berlin  vertreten.  Ein  „Landhaus 
Linderode“  des  letzteren,  welches  im  unklaren  darüber  läfst,  ob  es 

*)  Vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1890,  S.  144,  bezw. 
1889,  S.  505  und  109. 

**)  Der  Plan  dieser  Kirche  wird  binnen  kurzem  im  Centralblatt 
der  Bauverwaltung  zur  Veröffentlichung  gelangen. 

***)  Vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1889,  S.  107. 


in  Haustein  oder  Putz  ausgeführt  gedacht  ist,  bietet  nichts  bemerkens- 
werthes.  Die  Marchschen  Häuser,  eine  „Villa  Grünberg“  am  Sachsen¬ 
ring  in  Köln  und  ein  rHerrenhaus  Murkwitz“  im  Posenschen,  geben 
den  Verhältnissen  von  Stadt  bezw.  Land  gut  angepafste  Beispiele 
für  zweckmäfsig  wohnliches  Zusammenfassen  der  Hauptwohnräume 
und  derjenigen  Wirthschaftsräume,  die  der  Hausfrau  bequem  gelegt 
werden  müssen,  in  einem  Geschosse.  Die  Architektur  beider  Gebäude 
ist  in  gesunder  Schlichtheit  entworfen,  das  Herrenhaus  in  Backstein¬ 
bau  mit  überhängendein  Ziegeldache  und  geputzten,  mit  etwas  farbigem 
Schmucke  versehenen  Nischen  am  Hauptgiebel,  das  städtische  Haus 
in  barocken  Formen,  die  sich  aber  für  die  gewälilte  mehr  malerische 
Gesamtanordnung  des  Aufbaues  als  nicht  geeignet  erweisen. 

Jeder  der  letztgenannten  beiden  Architekten  bietet  auch  den  Plan 
zu  einem  grofsen  Kauf  hause,  der  jetzt  der  Privatarchitektur  in  der 
Grofsstadt  so  häufig  gestellten,  nicht  ganz  leichten  Aufgabe.  AVolff 
giebt  den  Entwurf  zu  einer  ausgedehnten  Bazaranlage,  die  nahezu 
das  ganze  Strafsenviertel  zwischen  Werderschem  Markt  und  Oberwall- 
strafse,  Werder-  und  Jägerstrafse  in  Berlin  bedeckt.  Die  ziemlich 
ungeschlachten,  bis  auf  einzelne  Portalachsen  und  Rundbauten  an 
den  Strafsenecken  ganz  in  Oeffnungen  aufgelösten  Gebäudefronten 
ziehen  wenig  an,  und  auch  im  Grundrisse  vermögen  wir  keine  muster¬ 
gültige  Lösung  zu  erkennen  für  ein  derartigs  Geschäftshaus,  bei  dem 
es  Aufgabe  ist,  das  ganze  Innere  so  frei  zu  gestalten,  dafs  es  für  die 
jederzeit  leichte  und  bequeme  Unterbringung  der  häufig  wechselnden, 
mit  den  verschiedensten  Ansprüchen  auftretenden  einzelnen  Geschäfts¬ 
zweige  geeignet  ist.  Weit  glücklicher  erscheint  sowohl  in  dieser  Be¬ 
ziehung  als  auch  was  die  Architektur  anlangt,  der  Marchsche,  bereits  in 
Ausführung  begriffene  Entwurf  für  das  Berliner  Kaufhaus  „Zum  Haus¬ 
voigt“  an  der  Ecke  der  Mohrenstrafse  und  des  Platzes,  von  welchem  das 
Haus  seinen  Namen  entlehnt  und  gegen  den  es  seine  hohe  Giebel-Haupt¬ 
front  kehrt.  Das  Wesen  des  Kaufhauses  ist  in  der  Aufsenerscheinung 
gut  zum  Ausdruck  gebracht,  ohne  dafs,  wie  man  dies  an  -so  vielen 
neueren  Ausführungen  der  gleichen  Gattung  beobachtet,  das  für  eine 
befriedigende  ästhetische  Wirkung  unentbehrliche  steinerne  Gerüst 
des  Architektursystems  der  übertriebenen  Sucht  nach  Schaufenster¬ 
fläche  geopfert  und  durch  eine  für  die  Massenwirkung  verlorene 
Eisenconstruction  ersetzt  ist.  Besondere  Schwierigkeiten  er¬ 
wuchsen  dem  Architekten  daraus,  dafs  er  sich  mit  den  „Mohren- 
colonnaden“,  hinter  deren  nördliche  sich  das  zu  bebauende  Grund¬ 
stück  schiebt,  abzufinden  hatte.  Doch  auch  für  diese  heikle  Aufgabe 
ist  ihm  eine  Lösung  gelungen,  die  dem  geschichtlichen  Bauwerke 
sein  Recht  läfst,  ohne  einen  Mifsklang  in  die  Gesamterscheinung 
des  Neubaues  und  des  Strafsenbildes  zu  bringen. 

Nach  kurzem  Blick  auf  einen  Wettbewerbentwurf  von  Finger¬ 
ling-Berlin  zu  einem  Rathhause  für  Wilhelmshaven,  auf  eine 
hübsche  Wohnhausfront  von  0.  Sommer  in  Frankfurt  a.  M.  und 
auf  G.  Ebes  Modell  für  die  eigenartig  gestaltete,  doch  was  die 
Bühnenwand  betrifft  noch  nicht  recht  gelöste  Prosceniumsecke  des 
unter  seiner  Leitung  umgebauten  Goncordia  -  Saaltheaters  in  der 
Friedrichstrafse  wenden  wir  uns  zur  letzten  der  ausgestellten 
Arbeiten,  die  übrigens  der  Architektur  nur  lose  angehört,  zu 
der  trefflichen  Darstellung  des  monumentalen  Brunnens,  den 
H.  Stöckhardt  im  engeren  Wettbewerbe  für  Erfurt  entworfen  hat 
und  in  Gemeinschaft  mit  dem  Bildhauer  H.  Hoffmeister  jetzt  dort 
zur  Ausführung  bringt.  Die  Stadt  Erfurt  ist  zu  diesem  Brunnen 
der  am  Schlüsse  des  „Angers“  Aufstellung  findet,  und  den  sie  der 
Beihülfe  des  preufsischen  Cultusministeriums  verdankt,  zu  beglück¬ 
wünschen.  In  edlen  Verhältnissen  und  wohlabgewogener  Umrifs¬ 
linie  erhebt  sich  über  sandsteinernem  Doppelbecken  ein  12  m  hoher, 
schlanker  Obelisk  in  schwedischem  Granit.  Zu  Seiten  seines  schön 
profilirten  Sockels  ruhen  „Gartenbau“  und  „Gewerbe“,  verkörpert  in 
den  Gestalten  eines  anmuthigen  Weibes  und  eines  kraftvollen,  an  einen 
Hejphäst  erinnernden  Mannes.  Putten  sind  schwebend  am  Sockel 
befestigt,  an  dessen  Vorderseite  ein  Delphin  und  eine  Maske  breite 
Wasserstrahlen  in  die  abgestuften  Becken  speien.  An  der  Aus¬ 
führung  ist  bemerkenswerth,  dafs  die  Metalltheile  soweit  als  möglich, 
insbesondere  auch  die  grofsen  Figuren,  in  Kupfer  getrieben  sind,*) 
eine  Bedingung,  welche  in  dankenswerther  Weise  die  Kunstcommission 
des  Cultusministeriums  stellte,  um  dieser  leider  in  unserer  Zeit  so 
wenig  angewandten  Technik  bei  dieser  Gelegenheit  einmal  eine  loh¬ 
nende  Aufgabe  zu  schaffen.  Hd. 

*)  Durch  den  Erzgiefser  H.  Howaldt  in  Braunschweig. 


Zur  Frage  der  Durchbiegungsmessungen  und  des  Einflusses  der  Fahrgeschwindigkeit 

auf  die  Beanspruchung  eiserner  Brücken 

liefern  die  in  Nr.  12  und  15  des  15.  Bandes  der  Schweizerischen  ;  Probebelastung  der  im  ganzen  1455  m  langen  Eisenbahnbrücke  über 
Bauzeitung  veröffentlichten  Mittheilungen  über  die  Ergebnisse  der  1  die  Dordogne  bei  Cubzac  einen  sehr  bemei-kenswerthen  Beitrag. 


318 


Centralblatt  der  Bauverwaltung’. 


2.  August  1890. 


Die  Belastung  sowolil  als  auch  die  Messung  und  die  Bestinnnung  der 
rechuungsmäfsigen  Durchbiegungen  wurden  nämlich  mit  Sorgfalt  durch- 
geführt,  wobei  sich  gute  Uebereinstimmuug  zwischen  den  Rechnungs- 
werthen  und  den  Yersuchszahlen  ergab.  Es  wird  aber  in  dem  Be¬ 
richt  offen  gesagt,  dafs  diese  Uebereinstimmung  nur  einer  unrichtigen 
Annahme  hinsichtlich  des  Elasticitätsmafses  zuzuschreiben  sei.  Dieses 
wurde  zu  IGOO  t  in  die  Rechnung  eingeführt,  während  es  bis  2200  t 
betragen  kann.  „Auf  diese  ^Yeise  wurde  also  eine  von  den  Eüllungs- 
gliedern  herrühreude  (in  der  Rechnung  anscheinend  vernachlässigte) 
Einsenkung  von  möglicherweise  bis  etwa  27  pCt.  des  Ganzen  durch 
eine  unrichtige  Annahme  des  Elasticitätsmoduls  gedeckt.  Dafs  bei 
diesem  allgemein  üblichen  Yerfahren  doch  noch  ordentliche 
Uebereinstimmung  zwischen  Rechnimg  und  Beobachtung  gefunden 
wird,  beweist  nur,  dafs  das  Yerhältnifs,  in  welchem  die  den  beiden 
verschiedenen  Ursachen  zukommenden  Einsenkungen  zu  einander 
stehen,  für  das  nämliche  Trägersystem  ein  ziemlich  gleichbleibendes 
ist,  während  man  sich  freilich  beim  Uebergang  zu  anderen  Systemen 
wieder  durch  eine  andere  Y^ahl  des  Elasticitätsmoduls  helfen  mufs“, 
um  —  so  ergänzen  wir  den  Wortlaut  des  Berichtes  • —  die  gewünschte 
Uebereinstimmung  zwischen  Beobachtung  und  Reclinung  künstlich 
herbeizuführen.  Weiter:  „Einen  wirklichen  Werth  für  die  Beurthei- 
lung  des  Zustandes  einer  Brücke  kann  die  Beobachtung  ihrer  Ein¬ 
senkung  nur  dann  haben  —  in  diesem  Falle  ist  ihr  derselbe  aber 
auch  durchaus  nicht  abzustreiten  —  wenn  1)  die  Berechnung  der 
Einsenkung  mit  aller  erreichbaren  Schärfe  geschieht,  also  jedenfalls 
mit  Berücksichtigung  der  Yeränderlichkeit  des  Trägheitsmomentes 
und  der  scherenden  Kräfte,  bezw.  der  Formänderung  der  Füllungs¬ 
glieder,  und  w'enn  2)  für  den  Elasticitätsmodul  ein  aus  den  Material¬ 
proben,  wie  sie  ja  für  jedes  bedeutendere  Bauwerk  ausgeführt  werden, 
abgeleiteter  Werth  eingeführt  wird’b  Die  vorstehenden  wörtlichen 
Anführungen  zeigen,  mit  welchem  Grade  von  Selbsttäuschung  —  um 
nicht  eine  schärfere  Bezeichnung  zu  brauchen  —  man  die  Durch¬ 
biegungsmessungen  gewöhnlich  handhabt.  Hierin  würde  durch  Ein¬ 
haltung  der  beiden  im  Berichte  aufgestellten  Bedingungen  wohl  ein 
gewisser  Fortschritt  zum  Besseren  herbeigeführt  werden.  Dafs  die 
Beobachtung  der  Einsenkungen  dann  allgemein  von  grofsem  Werthe 
sei,  müssen  wir  aber  dem  Yerfasser  dennoch  bestreiten.  Die  Gründe, 
auf  die  wir  uns  hierbei  stützen,  sind  schon  im  Jahre  1883  auf  S.  417 
und  418  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung  eingehend  erörtert 
und  bisher  nicht  widerlegt  w'orden. 

Hinsichtlich  des  Einflusses  der  Fahrgeschwindigkeit  auf  die 
Beanspruchung,  bezw.  die  Durchbiegung  eiserner  Brücken  besteht 
zur  Zeit  noch  keine  Uebereinstimmung  der  Ansichten.  Während 
Einzelne  auf  diesen  Fall  die  Gesetze  des  gewichtlosen,  unter  dem 
Einflüsse  einer  plötzlichen  Belastung  schwingenden  Stabes  anwenden 
wollen  und  derngemäfs  den  doppelten  Betrag  der  Durchbiegung  für 
ruhende  Last  als  den  oberen  Grenzwerth  ausehen,  welchem  sich  die 
Durchbiegung  um  so  mehr  nähern  müsse,  je  gröfser  die  Fahr¬ 
geschwindigkeit  wird,  halten  Andere  den  Einflufs  derselben  für  viel 
geringer.  Die  Mehrzahl  neigt  wohl  dazu,  die  rechnungsmäfsig  zu¬ 
gelassenen  Spannungen  für  höhere  Fahrgeschwindigkeiten  etwas  zu 
vermindern,  womit  aber  mehr  dem  bei  zunehmender  Geschwindigkeit 
wachsenden  Einflufs  der  Unregelmäfsigkeiten  des  Geleises  und  der 
durch  sie  verursachten  Stöfse,  als  der  schnellen  Belastuugszunahme 
Rechnung  getragen  werden  soll.  Demgegenüber  ist  es  nun  sehr 


beachtenswert!!,  dafs  die  an  der  Dordognebrücke  ausgeführten 
Messungen  bei  25  und  35  km  Fahrgeschwindigkeit  wesentlich  kleinere 
und  mit  wachsender  Geschwindigkeit  abnehmende  Durch¬ 
biegungen  ergeben  haben,  als  für  ruhende  Belastung,  und  dafs  einer 
Zunahme  der  Fahrgeschwindigkeit  um  40  pCt.  eine  Yerminderung 
der  Durchbiegung  um  53  pCt.  entsprach.  Der  Bericht  meint,  dafs 
diese  Erscheinung  auf  zweierlei  Weise  erklärt  werden  könne: 
„Erstens  nimmt  der  Druck  eines  horizontal  bewegten  Körpers  auf 
seine  Unterlage  mit  zunehmender  Geschwindigkeit  ab;  für  unendlich 
grofse  Geschwindigkeit  ist  er  offenbar  gleich  Null.  Dieser  Umstand 
kann  aber  liier  nicht  in  Betracht  kommen,  da  die  fraglichen  Ge¬ 
schwindigkeiten,  7  und  10  rn  in  der  Secunde,  noch  viel  zu  unbedeu¬ 
tend  sind,  um  eine  merkbare  Gewichtsabnahme  des  Zuges  zu  be¬ 
wirken.  Zweitens  aber  bedürfen  die  elastischen  Deformationen  zu 
ihrer  vollen  Ausbildung  offenbar  einer  gewissen  endlichen  Spanne 
Zeit,  und  wenn  mau  bedenkt,  durch  wie  viele  Glieder  sich  diese 
Formänderungen  fortzupflanzen  haben,  so  erscheint  es  in  der  That 
begreiflich,  dafs  ein  Zeitunterschied  von  40  pCt.  von  Einflufs  auf  die 
mehr  oder  weniger  vollständige  Ausbildung  der  Einsenkung  sein 
kann.“  Dafs  die  erstere  Erklärung  nicht  weiter  in  Betracht  gezogen 
zu  werden  braucht,  der  Meinung  sind  wir  auch,  da  uns  scheint,  dafs 
dieselbe  mit  dem  Satze  vom  Parallelogramm  der  Kräfte  unvereinbar, 
also  überhaupt  unrichtig  ist.  Die  Brauchbarkeit  der  zweiten  Erklä¬ 
rung  wird  in  der  Schweizerischen  Bauzeitung  selbst  (Bd.  15,  Nr.  26) 
unter  Hinweis  auf  die  von  Professor  Ritter  in  Nr.  9  der  Zeitschrift 
des  Yereins  deutscher  Ingenieure  (1890)  veröffentlichten  Abhandlung 
bestritten,  laut  welcher  sich  die  Spannungen  in  elastischen  Körpern 
nach  den  für  die  Schallgeschwindigkeit  gültigen  Gesetzen,  also  aufser- 
ordentlich  schnell  (im  Eisen  z.  B.  auf  5000  m  in  der  Secunde)  fort¬ 
pflanzen.  Hiernach  müssen,  so  wird  in  der  bezeichneten  Quelle  ge¬ 
schlossen,  die  an  der  Dordognebrücke  gemachten  und  ähnliche,  etwa 
weiter  noch  zu  machende  Beobachtungen  entweder  als  „falsch“  be¬ 
trachtet,  oder  es  mufs  eine  andere  Erklärung  für  die  auffällige  Er¬ 
scheinung  gesucht  werden;  und  diese  Erklärung  dürfte  gefunden 
werden  „in  den  dynamischen  Wirkungen  der  bewegten  Lasten  auf 
die  Brücke“.  —  Es  ist  nicht  recht  klar,  was  der  letzte  Satz  besagen 
soll;  denn  die  beiden  obigen  Erklärungen  des  in  Rede  stehenden 
Yorganges  stützen  sich  ja  auch  auf  Erwägungen  dynamischer  Art. 
Um  das  „Wie“  handelt  es  sich;  und  diese  Frage  mufs  einstweilen 
als  eine  offene  bezeichnet  werden.  Dafs  eine  Yermehrung  der  Fahr¬ 
geschwindigkeit  auf  den  eisernen  Brücken  jedenfalls  keine  wesent¬ 
liche  Yergröfserung  der  Durchbiegung,  also  auch  keine  bedeutende 
Erhöhung  der  Beanspruchung  zur  Folge  hat,  ist  übrigens  durch  zahl¬ 
reiche  Beobachtungen  erwiesen.  Dagegen  sind  Wahrnehmungen, 
welche  für  eine  entschiedene  Abnahme  der  Durchbiegung  mit 
wachsender  Fahrgeschwindigkeit  sprechen,  bisher  nicht  bekannt  ge¬ 
worden.*)  Es  ist  daher  wichtiger,  dafs  weitere  Yersuche  in  dieser 
Richtung  angestellt  werden,  als  dafs  nach  einer  Erklärung  für  die 
an  der  Dordognebrücke  zum  ersten  Male  beobachtete  Abweichung 
geforscht  wird.  — -Z.— 


*)  Nur  die  von  der  Yerwaltung  der  Reichseisenbahnen  an 
Schienensträngen  angestellten  Messungen  haben  Ergebnisse  geliefert, 
welche  auf  eine  geringe  Abnahme  der  Durchbiegung  bei  wachsender 
Falirgeschwindigkeit  hindeuten. 


Vermischtes. 


Das  Denkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I.  auf  dem  Kyffhäuser  wird, 
entgegen  den  in  letzter  Zeit  in  der  Tagespresse  wiederholt  aufge¬ 
tauchten  Gerüchten,  auf  dem  ursprünglich  dafür  in  Aussicht  ge¬ 
nommenen  Platze,  und  zwar  nach  dem  mit  dem  ersten  Preise  ge¬ 
krönten  Entwürfe  des  Architekten  Bruno  Schmitz,  zur  Ausführung 
gelangen.  Für  das  Reiterstandbild  des  Kaisers  wird  noch  im  Laufe 
dieses  Herbstes  eine  allgemeine  Wettbewerbung  unter  den  deutschen 
Bildhauern  erlassen  werden.  Die  Preisbewerbung  nimmt  danach  den 
erfreulichsten  Yerlauf,  und  es  steht  nur  zu  hoffen,  dafs  die  zur  Yoll- 
endung  des  Werkes  berufene  deutsche  Bildhauerkunst  sich  mit  ihrer 
Leistung  der  ausgezeichneten  und  dem  Yaterlande  zum  Stolze  ge¬ 
reichenden  Schöpfung  B.  Schmitz’s  ebenbürtig  an  die  Seite  stellt. 

Die  31.  Hauptversammlung  des  Yereins  deutscher  Ingenieure 
findet  in  diesem  Jahre  vom  18.  bis  20.  August  in  Halle  a.  S.  statt. 

Yon  den  Angelegenheiten,  welche  den  Yerein  im  letzten  Jahre 
beschäftigt  haben  und  auf  dieser  Hauptversammlung  verhandelt 
werden,  sind  die  folgenden  von  allgemeinem  Interesse: 

Aenderung  der  Yereinssatzungeu  zum  Zwecke  der  Erwerbung 
von  Körperschaftsrechten;  Herausgabe  einer  Litteratur-Uebersicht, 
d.  h.  einer  monatlich  erscheinenden,  gedrängten  Inhaltsangabe  aus 
etwa  90  technischen  Zeitschriften  des  In-  und  Auslandes ;  Bewilligung 
eines  Geldzuschusses  zu  den  Kosten  der  Umwandlung  der  Maschinen¬ 
fachschule  der  Stadt  Köln  a.  Eh.  in  eine  technische  Mittelschule 


nach  den  Yorschlägen  des  Yereins  deutscher  Ingenieure;  die  Be-  ’> 

lästigung  grofser  Städte  durch  Rauch  und  Rufs;  Grundsätze  und  : 

Normen  für  Anfrage  und  Angebot  auf  Lieferung  von  Dampfkesseln  | 

und  Dampfmaschinen;  die  Novelle  zum  Patentgesetz  vom  25.  Mai  1877 ;  | 

Entwurf  eines  bürgerlichen  Gesetzbuches.  Yorträge  sind  bis  jetzt  | 

angemeldet  über  die  Ausnutzung  der  Brennstoffe,  über  die  Bitter-  1 

felder  Thonwaren-Industrie,  über  die  Braunkohlen-Industrie  und  über  | 

die  Maschinen  im  Bergwerks-  und  Hüttenbetrieb  der  Mansfelder  j 

Kupferschiefer  bauenden  Gewerkschaft.  1 

Die  Yormittage  werden  den  Yorträgen  und  Yerhandlungen  ge-  j 

widmet  sein,  die  Nachmittage  der  Besichtigung  von  industriellen  | 

Anlagen  in  und  bei  Halle.  Den  21.  August  beabsichtigt  der  Yerein  ! 

in  Alexisbad  zu  verleben,  der  Stätte,  wo  vor  34  Jahren  eine  kleine  I 

Zahl  begeisterter  Jünger  der  Technik  den  Yerein  begründete,  der  | 

jetzt  mit  fast  7000  Mitgliedern  die  gröfste  derartige  Yereinigung  ! 

Isildet.  ! 

Techiiisclie  Hochschule  in  Berlin.  Besnchsziffer  für  das  Sommer- 
Halbjahr  1890.  An  der  technischen  Hochschule  bestehen  folgende 
Abtheilungen  : 

Abtheilung  I  für  Architektur,  H  für  Bau-Ingenieurwesen,  IH  für 
Maschinen-Ingenieufwesen  mit  Einschlufs  des  Schiffbaues,  lY  für 
Chemie  und  Hüftenkunde,  Y  für  allgemeine  W^issenschaften,  ins¬ 
besondere  für  Mathematik  und  Naturwissenschaften. 


I 


Centralblatt  der  Bauverwaltiinjy. 


319 


Sr.  31. 


Abtheilung 

0) 

B 

I.  Lehrkörper.*) 

I. 

11.  i 

IH. 

IV. 

V. 

B 

1.  Etatsmäfsig  angestellte 

Professoren  bezw.  selb¬ 
ständige,  aus  Staatsmitteln 
besoldete  Docenten  .... 

20 

9 

Mascli. 

Ing. 

9 

SchitY- 

bau 

4 

9 

12 

63 

2.  Privatdocenten  bezw.  zur 
Abhaltung  von  Sprach- 
stunden  berechtigte  Lehrer 

6 

4 

1 

4 

3 

3 

13 

30 

3.  Zur  Unterstützung  der 
Docenten  bestellte  Hülfs- 
docenten  bezw.  Assistenten 

34 

4 

16 

1 

15 

10 

80 

II.  Studirende. 

Im  1.  Semester . 

32 

39 

33 

19 

123 

„2.  „  . 

20 

31 

93 

12 

25 

— 

181 

r  n  . 

36 

22 

28 

9 

17 

— 

112 

4. 

28 

21 

70 

13 

24 

— 

156 

„5.  „  . 

17 

19 

17 

4 

9 

— 

66 

„6.  „  . 

18 

20 

45 

15 

20 

— 

118 

r  7.  „  . 

12 

16 

10 

3 

7 

— 

48 

«8.  „  . 

21 

24 

34 

7 

9 

— 

95 

In  höheren  Semestern  .... 

29 

30 

31 

7 

12 

— 

109 

Summe  .  .  . 

213 

222 

861 

4? 

70 

H 

142 

_ 

1008 

Für  das  Sommer -Halbjahr 
1890  wurden: 

a.  Neu  eingeschrieben  .... 

29 

43 

36 

25 

133 

b.  Von  früher  ausgeschiede¬ 
nen  Studirenden  wieder 
eingeschrieben . 

2 

4 

1 

,  7 

Von  den  133  neu  eingeschrie¬ 
benen  Studirenden  sind  auf¬ 
genommen  auf  Grund  der 
Eeifezeugnisse: 
a.  von  Gymnasien . 

13 

22 

14 

6 

55 

b.  „  Eealgymnasieu  .... 

9 

17 

9 

— 

6 

— 

41 

c.  „  Oberrealschulen .... 

1 

— 

2 

— 

2 

— 

5 

d.  auf  Grund  der  Keifezeug¬ 
nisse  bezw.  Zeugnisse  von 
aufserdeutschen  Schulen  . 

3 

3 

8 

9 

23 

€.  auf  Grund  des  §  41  des 
Verfassungs-Statuts  .... 

3 

1 

3 

_ 

2 

_ 

9 

Summe  .  .  . 

29 

43 

36 

~ 

25 

- 

133 

Von  den  Studirenden  sind  aus: 
England . 

1 

2 

2 

5 

Griechenland . 

2 

- - 

— 

— 

— 

2 

Holland . 

1 

— 

1 

— 

1 

3 

Italien . 

— 

1 

— 

— 

_ 

— 

1 

Luxemburg . 

— 

1 

3 

— 

4 

Norwegen . 

4 

6 

7 

— 

3 

— 

20 

Oesterreich-Ungarn  .  .  . 

2 

1 

7 

— 

1 

— 

11 

Eumänien . 

1 

— 

3 

— 

2 

— 

6 

Eufsland . 

2 

1 

29 

2 

26 

— 

60 

Schweden . 

2 

— 

— 

1 

— 

3 

Schweiz . 

— 

1 

— 

— 

1 

— 

2 

Serbien . 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Spanien . 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

Türkei . 

— 

- - 

— 

- - 

1 

— 

1 

Nord- America . 

4 

1 

1 

- - 

1 

— 

7 

Süd- America . 

— 

2 

— 

— 

1 

— 

3 

Asien  (Japan) . 

2 

3 

1 

— 

i  2 

— 

8 

Summe  .  .  . 

20 

19 

!  52 

1  5 

2 

4 

i 

i  45 

_ 

138 

III.  Hospitanten  und  Personen,  welche  auf  Grund  der  §§  35 
und  36  des  Verfassungs-Statuts  zur  Annahme  von  Unterricht  be¬ 
rechtigt  bezw.  zugelassen  sind: 

a.  Hospitanten,  zugelassen  nach  §34  des  Verfassungs-Statuts;  259. 
Von  diesen  hospitiren  im  Fachgebiet  der  Abtheilung  I.  =  96,  II.  =  6, 
III.  =  126  (einschl.  7  Schiffbauer),  IV.  =  29,  V.  =  2.  Ausländer  be¬ 
finden  sich  unter  denselben  9  (1  aus  Holland,  2  aus  Oesterreich, 
1  aus  Eumänien,  2  aus  Eufsland,  2  aus  Nord-,  1  aus  Süd-America). 

b.  Personen,  berechtigt  nach  §  35  des  Verfassungs  -  Statuts  zur 
Annahme  von  Unterricht:  68,  und  zwar:  Königliche  Eegierungs-Bau- 
meister ;  1 ,  Königliche  Kegierungs  -  Bauführer :  2 ,  Studirende  der 


*)  Mehrfach  aufgeführt  sind;  a)  bei  Abth.  I  ein  Docent  als 
Assistent;  b)  bei  Abth.  H  ein  Privatdocent  als  Assistent;  c)  bei  Abth. 
HI  ein  Docent  als  Privatdocent  und  Assistent,  zwei  P rivatdocenten 
als  Assistenten;  d)  bei  Abth.  IV  ein  Privatdocent  als  Assistent;  e)  bei 
Abth.  V  ein  Docent  als  Privatdocent,  ein  Docent  als  Privatdocent 
und  Assistent,  ein  Privatdocent  als  Assistent,  ein  Privatdocent  der 
Abth.  II  als  Assistent. 


Königlichen  Friedrich-Wilhelms-Universität  in  Berlin;  64,  Studirende 
der  Königlichen  Bergakademie  in  Berlin:  1. 

c.  Personen,  denen  nach  §  36  des  Verfassungs-Statuts  gestattet 
ist,  dem  Unterricht  beizuwohnen  (darunter  4  commandirte  Officiere 
und  2  Maschinen-Ingeuieure  der  Kaiserlichen  Marine):  28. 

Summe;  .355.  Hierzu  Studirende:  1008.  Gesamtsumme:  1363. 

Charlottenburg,  den  2.  Juli  1890. 

Der  Kector;  Keule aux. 

Zu  der  Mittheilung  „Versuche  Uber  die  Frostbestäiidigkeit 
natürlicher  und  künstlicher  Bausteine ‘‘  auf  S.  290  d.  J.  erhalten 
wir,  mit  dem  Ersuchen  um  Veröffentlichung,  folgende  Zuschrift. 
„In  Nr.  28  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung  vom  12.  .luli  d.  ,1. 
unterzieht  Herr  Gary  meine  „Versuche  über  die  Frostbeständigkeit 
natürlicher  und  künstlicher  Bausteine“  einer  Besprechung,  in  welcher 
er,  meinem  Verfahren  gegenüber,  das  in  der  preufsischen  Prüfungs¬ 
station  seit  vielen  Jahren  gebräuchliche  hervorhebt,  bei  welchem  die 
Versuchsstücke  nur  einmal  dem  Froste  ausgesetzt  werden  und  bei 
welchem  es  sich  gezeigt  habe,  dafs  jeder,  auch  der  festeste  Stein,  schon 
bei  einmaligem  Gefrieren  einen  Festigkeitsverlust  erleide,  der  im  Ver¬ 
gleich  zu  dem  Festigkeitsverlust  anderer  Steine  sehr  wohl  einen 
Schlufs  auf  die  gröfsere  oder  geringere  Frostbeständigkeit  zuläfst, 
auch  wenn  die  Frosteinwirkung  äufserlich  an  dem  Stein  selbst  nicht 
erkennbar  ist. 

Wie  es  scheint,  werden  an  der  preufsischen  Prüfungsstation 
die  Druckversuche  nach  dem  Gefrieren  an  den  noch  nassen 
Steinen  gemacht  (ganz  klar  geht  das  auch  nicht  aus  dem  Bericht 
über  diese  Versuche  im  II.  Ergänzungsheft  der  „Mittheilungen“ 
von  1889  bervor).  Wenn  dem  aber  so  ist,  so  liegt  die  Ursache  des 
Festigkeitsverlustes  zunächst  am  Wasser,  und  in  der  That  erleiden 
fast  alle  (wenn  auch  nicht  alle)  Steine,  selbst  die  festesten,  durch 
blofse  Wasseraufnahme  mehr  oder  weniger  beträchtliche  Verminde¬ 
rungen  ihrer  Druckfestigkeit;  deswegen  aber  können  sie  doch  recht 
wohl  frostbeständig  sein,  wie  verschiedene  Beispiele  unter  den  von 
mir  veröffentlichten  Versuchen  zeigen.  Durch  diese  Versuche  glaube 
ich  auch  bewiesen  zu  haben,  dafs  einmaliges  oder  nur  einigemale 
wiederholtes  Gefrieren  nicht  ausreicht,  um  die  Frostbeständigkeit 
eines  Steines  zu  constatiren.  Es  kommen  unter  jenen  Versuchen 
Beispiele  vor,  wo  Frostwirkungen  erst  nach  10-,  ja  20maligem  Ge¬ 
frieren  auftreten. 

Allerdings  ist  mein  Verfahren  mühevoller  und  kostspieliger  als 
das  in  der  preufsischen  Prüfungsanstalt  gebräuchliche,  aber  durch¬ 
führbar,  auch  für  Versuche,  welche  der  Praxis  dienen  sollen,  ist  es 
doch.  Es  sind  zum  Trocknen  der  Steine  (bei  30°  C.)  4  Tage,  zum 
Sättigen  derselben  mit  Wasser  auch  4  Tage,  zum  Gefrierverfahren 
höchstens  13  Tage,  zum  Wiedertrocknen  der  gefrorenen  Steine  etwa 
6  Tage,  im  ganzen  also  etwa  4  Wochen  erforderlich.  So  lange  kann 
wohl  doch  und  mufs  eben  gewartet  werden,  wenn  es  sich  um  eine 
so  überaus  wichtige  Eigenschaft  wie  die  Frostbeständigkeit  handelt. 
Auch  mit  der  Kostspieligkeit  ist  es  nicht  so  weit  her,  als  Hei-r  Gary 
glaubt.  Eis  ist  heutzutage  billig  und  bequem  zu  jeder  Jahreszeit  zu 
beschaffen,  Salz  ist  auch  nicht  theuer,  und  die  Mühe  des  Einsetzens 
der  Steine  in  den  Trockenkasten  oder  in  das  Wasser  oder  in  den 
Gefrierkasten  ist  auch  nicht  sehr  grofs.  Nur  das  wiederholte  Wiegen 
der  trockenen  und  nassen  Steine  in  Luft  und  unter  Wasser  und  das 
Bestimmen  der  Verluste  derselben  nach  dem  Gefrieren  erfordert 
ziemlich  viel  Arbeit  bei  grofser  Sorgfalt. 

Dafs  mein  Verfahren,  wie  Herr  Gary  noch  hervorhebt,  ein 
scharfes  ist,  das  nur  verhältnifsmäfsig  wenige  Steinsorten  vollständig 
bestehen,  ist  nicht  zu  bestreiten,  aber  zu  scharf  ist  es  gewifs  nicht. 
Witterungswechsel,  bei  denen  die  zuvor  vom  Eegen  durchnäfsten 
Mauern  usw.  einem  Froste  von  — 10  bis  — 15°  C.  ausgesetzt  werden, 
können  in  jedem  Winter  ein  oder  mehreremale  verkommen.  - — 
Uebrigens  können  Steine,  die  sich  nicht  als  ganz  frostbeständig  bei 
meinem  Verfahren  erweisen,  immerhin  noch  Verwendung  finden.  Es 
kommt  das  eben  auf  den  Fall  an  und  ist  Sache  desjenigen,  der  sie 
verwendet.  Bei  monumentalen  Bauten  werden  sie  sicher  nicht  zu¬ 
gelassen  werden  dürfen.“  Bauschinger. 

Ersatz  einer  hölzernen  Eisenhahnbrüeke  durch  eine  eiserne 
während  des  Betriebes.  Bei  Saundersville  im  nordamericanischen 
Staate  Massachusetts,  im  Zuge  der  New-York,  Providence  und  Boston- 
Bahn  wurde  unlängst  eine  doppelgeleisige  hölzerne  Eisenbahnbrücke 
Howescher  Bauart  durch  eine  neue  eiserne  Brücke  ohne  L^nter- 
brechung  des  Betriebes  ausgewechselt.  Der  hierbei  befolgte  Arbeits¬ 
vorgang  erscheint  bemerkenswerth  genug,  um  hier  (nach  den 
Engineering  News)  kurz  mitgetheilt  zu  werden. 

Die  alte  Holzbrücke  zeigte  drei  Howe-Träger,  von  welchen  der 
mittlere  zwischen  den  beiden  Geleisen  angeordnet  war;  die  Fahrbahn 
lag  in  der  Höhe  der  Untei’gurte.  Die  neue  Brücke  erhielt  vier  Haupt¬ 
träger  von  je  28,7  m  Stützweite,  mit  parallelen  Gurten.  Die  Fahr¬ 
bahn  wurde  über  denselben,  auf  einer  Abdeckung  wellenförmiger 


320 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


2.  Ausust  1890, 


Belageisen  angeordnet.  Auf  letzteren  wurde  zunächst  ein  kräftiger 
Asphaltüberzug  angebracht  und  auf  diesem  die  Schotterbettung  aus- 
gebreitet,  in  welcher  das  Geleis  mit  hölzernen  Querschwellen  —  je 
eine  Querschwelle  über  jeder  Wellenrinne  des  Eisenbelages  —  ver¬ 
legt  wurde.  Die  Bauausführung  selbst  wurde  nun  so  bewirkt,  dafs 
zunächst,  behufs  Ausführung  neuer  Widerlager,  der  Ueberbau  der 
alten  Brücke  an  den  Enden  durch  hölzerne  Jochwände  unterfangen 
und  zwischen  diesen,  nach  vorläutiger  Ueberbrückung  der  von  den 
Widerlagern  eingenommenen  Strecken  durch  eine  einfache  Holz- 
construction,  die  schadhaften  alten  Widerlager  abgebrochen,  und  da¬ 
für  neue  aufgemauert  wurden.  Die  Aufstellung  der  neuen  Brücke 
erfolgte  dann  so,  dafs  zwei  Träger  derselben  mit  allen  wagerechten 


und  Querversteifungen,  aber  ohne  die  Fahrbahn,  neben  den  Geleisen 
am  Ufer  des  zu  überbrückeuden  Flusses  vollständig  zusammen¬ 
genietet,  von  der  Seite  auf  ein  Geleis  gehoben  und  auf  diesem  ent¬ 
lang  in  die  eine  Oefinung  der  Howe-Brücke  hineingeschoben  wurden. 
Hier  wurde  sodann  das  Tragwerk  an  den  Obergurten  der  Holzbrücke 
aufgehängt,  die  Fahrbahn  der  Holzbrücke  unter  demselben  abge¬ 
brochen  und  die  neue  Brücke  zwischen  den  hölzernen  Untergurten 
hindurch  auf  ihre  Lager  herabgesenkt.  In  der  beigefügten  Abbildung 
ist  der  Zeitpunkt  dargestellt,  in  welchem  die  Aufstellung  der  einen 
Hälfte  des  eisernen  Tragwerks  bereits  beendigt  ist,  sodafs  der  Bahn¬ 
verkehr  vorläufig  über  dieses  hinweg  geleitet  ist.  Die  Aufstellung 
des  anderen  Tragwerks  ist  soweit  vorgeschritten,  dafs  hier  mit  dem  Ab¬ 
bruch  der  Fahrbahn  der  hölzernen  Brücke  begonnen  werden  kann.  — 
Während  der  Dauer  der  Arbeiten  wurde  der  Betrieb  eingeleisig 
geführt. 

Biiclierschau. 

?ieu  erschienene,  hei  der  Eedaction  eingegangene  Werke: 

Abel,  Lothar.  Das  elegante  AVohnhaus.  Eine  Anleitung  AVohn- 
häuser  aufsen  und  innen  mit  Geschmack  zu  erbauen  und  auszustatten. 
AAfien,  Pest,  Leipzig.  A.  Hartleben.  327  S.  in  gr.  8“.  mit  226  Abb. 
Preis  geh.  8  Jl^  geb.  10  JC. 

Bebauungsplan  der  LTmgebungen  Berlins.  Eevidirt  im  Jahre  1890. 
Berlin  1890.  Dietrich  Eeimer.  Abth.  XHI,  Sect.  1.  Preis  2  Jt. 

Bömches,  Friedr.  Der  internationale  Congrefs  für  die  Nutzbar¬ 
machung  der  fliefsenden  Gewässer  (Paris  1889)  im  A^ergleich  zu  den 
Binnenschiffahrts-Congressen  von  Brüssel,  AATen  und  Frankfurt  a.  M. 
Heft  XV  der  „Technischen  Vorträge  und  Abhandlungen“.  AA^ien 
1890.  Spielhagen  u.  Schurich.  50  S.  in  8".  Preis  1  Ji. 

Das  imprägnirte  Holzpflaster  nach  dem  Systeme  Guido  Rütgers. 
Beschrieben  von  einem  Fachmanne.  AA^ien  1890.  Selbstverlag  von 
Guido  Rütgers,  AVien,  Schottenring  11.  95  S.  in  8®. 

Becher,  l)r.  0.  Neues  Nivellirinstrument,  ausgeführt  im  mathe¬ 
matisch-mechanischen  Institute  von  Ertel  u.  Sohn  (früher  G.  Reichen¬ 
bach)  in  München,  zum  Messen  von  Neigungen,  Distancen  und 
Höhen.  München  1890.  Theodor  Ackermann.  52  S.  in  gr.  8"  mit 
20  Abb.  Preis  1,80  Jl. 


Gliiizer,  l)r.  E.  Grundrifs  der  Festigkeitslehre.  Dresden  1890. 
Gerhard  Kühtmann.  123  S.  in  8“  mit  91  Abb.  im  Text  und  mehreren 
Tafeln.  Preis  2,80  Jt. 

Hilse,  l)r.  K.  Schutzbedürfnifs  der  Pferdebahnen  im  Straf¬ 
rechtsgebiete.  Berlin  1890.  Karl  Heymann.  159  S.  in  8". 

Hubers  Linien-Kreistafel  für  technische  Bureaus  und  Werkstätten 
zum  raschen  Ablesen  von  Kreisinhalt,  Kreisumfang,  Kreisdurch¬ 
messer,  Quadratinhalt  und  Quadratwurzel.  Köln  a.  Rh.  1890. 
Alexander  Huber.  Preis  (auf  leinwandunterlegtem  Papier)  2  Jl. 

Jahresbericht  des  Centralbureaus  für  Meteorologie  und  Hydro¬ 
graphie  im  Grofsherzogthum  Baden  usw.  für  das  Jahr  1889.  Karls¬ 
ruhe  1890.  G.  Braunsche  Hof  buchhandlung.  72  S.  und  11  Blatt  Zeich¬ 
nungen  in  kl.  4®.  Preis  5,40  Jt. 

Juiighäiulel,  Max.  Die  Baukunst  Spaniens  in  ihren  hervor¬ 
ragendsten  AA'^erken.  Dresden  1890.  Gilberssche  Königl.  Hof- Verlags¬ 
buchhandlung  (J.  Bleyl).  4.  Lief.  2  Bogen  Text,  22  Blatt  Lichtdrucke 
und  2  Blatt  Cliromolithographieen  in  Folio.  Preis  der  Lief.  25  Jl.  — 
(Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  310.) 

Kraus,  Franz  Xaver,  Hiirin,  J.  und  AVaguer,  E.  Die  Kunstdenk¬ 
mäler  im  Grofsherzogthum  Baden.  H.  Band:  Die  Kunstdenkmäler 
des  Kreises  Villingen.  162  S.  in  8®  mit  32  Abb.  im  Text  und  20  Tafeln. 
Preis  5  Jl.  —  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1888,  S.  163.) 

Lambert,  A.  u.  Stahl,  E.  Motive  der  deixtschen  Architektur  des 
XA^I. ,  XVII.  und  XA^HI.  Jahrhunderts  in  historischer  Anordnung. 
Mit  Text  von  H.  E.  v.  Berlep s ch.  Stuttgart  1890.  J.  Engelhoru. 
In  Folio.  I.  Abth.  Früh-  und  Hochrenaissance  1500 — 1650.  Lief.  18 
(Schlufs  der  I.  Abth.)  mit  2  Tafeln  und  Seite  17 — 35  des  Textes, 
Titel  und  Inhalt.  —  H.  Abth.  Barock  und  Rococo  1650 — 1800,  Lief.  1 
mit  6  Tafeln.  Preis  der  Lief.  2,75  Jt.  —  (Centralbl.  d.  Bauverw. 
1888,  S.  548.) 

Land,  Eob.  Ueber  die  Ermittlung  und  die  gegenseitigen  Be¬ 
ziehungen  der  Eiuflufslinien  für  Träger.  Abdruck  aus  der  Zeitschrift 
für  Bauwesen.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn.  36  S.  in  8“  mit  1  Tafel. 
Preis  1,60  Jt. 

Lass,  Ludw.,  Dr.  jur.  Haftpflichtrecht  und  Reichsversicherungs¬ 
gesetzgebung.  Marburg  1890.  Oskar  Ehrhardt.  177  S.  in  8".  Preis  3  .Jf. 

Lehteldt,  I)r.  P.  Bau-  uud  Kunstdenkmäler  Thüringens.  Heft  A^H. 
Herzogthum  Sachsen -Meiningen.  Amtsgerichtsbezirke  Kranichfeld 
und  Camburg.  Jena  1890.  Gustav  Fischer.  206  S.  in  gr.  8®  mit 
7  Lichtdrucken  und  43  Abb.  im  Text.  Preis  3  Jt.  —  (Centralbl.  d. 
Bauverw.  1888,  S.  320  uud  1890,  S.  161.) 

Lohde -Buetticlier,  Clarissa.  Aus  dem  Leben  Karl  Boettichers. 
119  S.  in  8®  mit  einem  Bildnifs  Karl  Boettichers.  Gotha  1890. 
Friedr.  Andreas  Perthes.  Pi-eis  2,40  Jt. 

Lübke,  AVilh.,  Prof.  Dr.  u.  v.  Lützow,  Karl,  Prof.  Dr.  Denk¬ 
mäler  der  Kunst  zur  Uebersicht  ihres  Entwicklungsganges  von  den 
ersten  künstlerischen  Versuchen  bis  zu  den  Standpunkten  der  Ge¬ 
genwart.  6.  Auflage.  Stuttgart  1890.  Paul  Neff.  Classiker- Aus¬ 
gabe.  203  Tafeln  in  Folio  uud  erklärender  Textbaud.  1.  Lieferung. 
36.  Lieferungen  zu  je  1  Jt. 

Müller.  AVasserklärung  durch  Absetzen.  Nach  Beobachtung 
und  Theorie  von  James  A.  Seddon.  Abdruck  aus  Schillings  Journal 
für  Gasbeleuchtung  und  AVasserversorgung.  1890.  9  S.  in  4®. 

Oppermaim,  AA'illi.  Die  Gröfsenbemessung  der  Eisenbahn-AA^erk- 
stätteu.  Erweiterter  Abdruck  aus  „Glasers  Annalen  für  Gewerbe 
und  Bauwesen“.  Berlin  1890.  Dierig  u.  Siemens.  40  S.  in  8®  mit 
Abb.  im  Text.  Preis  1,50  Jt. 

Die  Protokolle  der  internationalen  Arbeiterschutzconferenz.  In 
amtlichem  Auftrag.  Leipzig  1890.  Duncker  u.  Humblot.  227  S.  in  8  ®. 

Röttliiger,  Josef.  Die  Bauführung.  Heft  1.  Anfertigung  von 
generellen  Projecten.  AATen  1890.  Heinrich  Brockhausen.  102  S.  in 
8®  mit  9  Bl.  Steindrucken. 

Scliarowsky,  C.  Säulen  uud  Träger.  Tabellen  über  die  Trag¬ 
fähigkeit  eiserner  Säulen  und  Träger.  Auszug  aus  dem  Musterbuch 
für  Eisenconstructionen.  Berlin  und  Leipzig  1890.  Otto  Spamer. 
46  S.  in  16  ®.  Preis  0,60  Ji. 

Scharowsky,  C.  AA’'iderstandsmomente  und  Gewichte  genieteter 
Träger.  Leipzig  1890.  Otto  Spamer.  VIII  und  83  S.  in  Folio. 
Preis  8  Jt. 

Uebersichtskarte  der  Eisenbahnen  Deutschlands.  Beai-beitet  im 
Reichs-Eisenbahn- Amt.  In  4  Blättern.  Mafsstab  1  ;  1 000  000.  Berlin 
1890.  E.  S.  Mittler  u.  Sohn.  Preis  5  Jt. 

AAJetlioff.  Statistische  Nachweisungen,  betreffend  bemerkens- 
werthe,  in  den  Jahren  1873 — 1887  vollendete  Bauten  der  Garnison- 
Bauverwaltung  des  Deutschen  Reichs  und  in  den  Jahren  1870  bis 
einschl.  1885  ausgeführte  Gemeindebauten  im  Regierungsbezirk  Köln. 
Abdruck  aus  der  Zeitschrift  für  Bauwesen.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn. 
263  S.  in  gr.  4  ®.  Preis  12  Jt. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  niclitanitliclien  Tlieiles  verantwortlicü  i.  V.:  O.  Ho fsf eld,  Berlin.  Druck  von  J.  K e r sk es,  Berlin. 


321 


Oentralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlicben  Arbeiten. 


X>  Jahrgang.  Berlin,  9.  August  1890.  Nr.  32. 


Bcdaction:  SW.  Zimmerstralse  7  “•  Geschäftsstelle  uad  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

IIÜIALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Kestner-Museiira 
in  Hannover.  —  Eembrandt  als  Erzieher.  —  Bauausführung  der  zweiten  Weichsel¬ 
brücke  bei  Dirschau.  —  Mafsnahmen  zur  Erhöhung  der  Sicherheit  des  Eisenbahn¬ 
betriebes.  —  Concret-Dachziegel.  —  Shay-Locomotive.  —  Vermischtes;  Ehren¬ 
bezeigungen.  —  Internationale  Preisbewerbungen  zur  Erlangung  von  Entwurfskizzen 

zu  Gebäuden  für  den  Senat  und  die  Abgeordnetenkammer  in  Bukarest.  —  Preis- 
bcwerbuug  für  ein  Kreishaus  in  Cottbus.  —  Einführung  einer  einheitlichen  Eisen¬ 
bahnzeit.  —  Verband  deutscher  Architekten  und  Ingenieur-Vereine.  —  Verhandlungen 
auf  dem  vierten  Biunenschiffahrtscongrefs  in  Manchester.  —  B  üclierschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufseii. 


Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Staats¬ 
minister  und  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten  v.  Maybach  die 
Erlaubnifs  zur  Anlegung  des  von  des  Grofsherzogs  von  Mecklen¬ 
burg-Schwerin  Königlicher  Hoheit  ihm  verliehenen  Grofskreuzes 
mit  der  Krone  in  Gold  des  Hairs- Ordens  der  Wendischen  Krone  zu 
ertheilen. 

Der  Königliche  Kegierungs- Baumeister  Beilstein  in  Brauns¬ 
berg  O.-Pr.  ist  als  Königlicher  Kreis-Bauinspector  ebendaselbst  an¬ 
gestellt  worden. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Albert  Neu¬ 
meister  in  Karlsruhe  i.  B.  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienst  ei-theilt  worden. 

Der  Eegierungs-  und  Baurath  Albrecht  Sperl,  ständiger  Hlilfs- 


arbeiter  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn -Betriebs -Amte  Königsberg 
ist  gestorben. 

Elsafs  -  Lothringen. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  im  Namen 
des  Deutschen  Reichs  den  nachgenannten  Beamten  der  elsafs-loth- 
ringischen  Bauverwaltung,  nämlich  den  Kreis-Bauinspectoren  Schmidt 
in  Saarunion  und  Heidegger  in  Metz,  dem  Wasser-Bauinspector 
Glükher  in  Strafsburg,  dem  Kreis -Bauinspector  Pfersdorff  in 
Strafsburg,  dem  Bezirks-Bauinspector  Metzenthin  in  Strafsburg, 
dem  Kreis-Bauinspector  Sallmann  in  Weifsenburg,  dem  Wasser- 
Bauinspector  Doell  in  Saarburg,  den  Kreis-Bauinspectoren  Boehm 
in  Diedenhofen  und  Freiherrn  v.  Althaus  in  Colmar  sowie  den 
Wasser-Bauinspectoren  Neumeyer  und  Mangold  in  Colmar  den 
Charakter  als  Baurath  zu  verleihen. 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Das  Kestner- Museum  in  Hannover* 


Das  Museum  verdankt  seine  Entstehung  dem  hochherzigen  Sinne 
des  hannoverschen  Bürgers,  dessen  Namen  es  trägt,  des  Herrn  Rentner 
Herrn.  Kestner,  wel¬ 
cher  seine  sehr  be¬ 
deutende,  von  dem 
früheren  hannover¬ 
schen  Legationsrath 
Kestner  in  Rom  ge¬ 
gründete  Sammlung 
im  Jahre  1884  seiner 
Vaterstadt  schenkte 
und  dieser  aufserdem 
einen  Baarbetrag  von 
100  000  Mark  zur  Er¬ 
richtung  eines  passen¬ 
den  Gebäudes  über¬ 
wies.  Die  Stadt  nahm 
begreiflicherweise  das 
Geschenk  gern  an,  ver¬ 
einbarte  indessen  mit 
dem  Schenker-,  dafs  das 
städtische  Archiv  und 
ein  Theil  der  Biblio¬ 
thek  ebenfalls  in  dem 
Gebäude  Unterkunft 
finden  sollten,  wogegen 
die  Stadt  die  ent¬ 
stehenden  Mehrkosten 
übernahm.  Auf  Grund 
dieser  Abmachungen 
wurde  im  Jahre  1885 
eine  öffentliche  Preis-  ' 
bewerbung  ausge¬ 
schrieben.  Das  Preis-  Ansicht, 

gericht  erkannte  den 

ersten  Preis  Herrn  ProL  Stier  in  Hannover,  den  zweiten  Preis 
Herrn  Reg. -Baumeister  Hartung  in  Berlin  zu.  Heber  den  Entwurf 
des  Unterzeichneten  sprach  es  sich  wie  folgt  aus;  „Die  auf  die 
engste  Wahl  gestellten  Entwürfe  wurden  nun  noch  einmal  der  ein¬ 


gehendsten  Untersuchung  unterworfen,  bei  welcher  in  erster  Linie 
die  Baukosten  mafsgebend  sein  mufsten.  Infolge  dessen  war  es 

leider  nicht  zu  um¬ 
gehen  ,  den  Entwurf 
Nr.  9  mit  dem  Motto 
„Per  aspera“  von  der 
Preisbewerbung  aus- 
zuschliefsen ,  obwohl 
seitens  des  Preisge¬ 
richts  einstimmig  an¬ 
erkannt  wurde ,  dafs 
dieser  Entwurf  im 
übrigen  sich  darstellt 
als  die  beste  sowohl 
künstlerische  wie  prak¬ 
tische  Lösung  der  Auf¬ 
gabe.  Es  wird  des¬ 
halb  den  städtischen 
Collegien  nicht  nur 
der  Ankauf  dieses 
Projectes,  sondern 
auch  die  Erwägung 
empfohlen ,  den  bau¬ 
lichen  Gedanken  die¬ 
ses  Planes  für  die 
Ausführung  des  Mu¬ 
seums  zu  verwenden, 
trotzdem  zu  befürchten 
ist,  dafs  sich  die  Bau¬ 
kosten  etwas  höher 
stellen  werden.“  Im 
weiteren  V erlauf  der 
Dinge  gelang  es  je¬ 
doch,  den  Beweis  zu 
erbringen,  dafs  die 

rechnerische  Vorprüfung  der  Pläne,  auf  welche  sich  das  Ui-theil 
des  Preisgerichts  hinsichtlich  der  Kostenberechnung  stützte,  eine 
durchaus  oberflächliche  war,  und  dafs  sich  der  fragliche  Entwurf 
recht  wohl  für  die  vorgeschriebene  Summe  ausführen  liefs.  Nachdem 


Holzstich  V.  O.  Ebel. 


322 


Centralblatt  der  Bauverwaltung.  9.  August  1890. 


sich  diese  Erkenntnifs  Balm  gebrochen,  wurde  dem  Unterzeichneten 
nacli  harten  Kämpfen  aller  Art  im  Jahre  1886  die  Ausführung  des 
Museums  nach  seinen  Plänen,  und  zwar  in  Generalunternehmung, 
übertragen.  Eine  Aenderung  des  Wettbewerbsplanes  trat  nur  inso¬ 
fern  ein,  als  der  hintere  Bibliothekanbau  um  eine  Achse  verlängert 
wurde,  wodurch  nicht  nur  eine  Vergröfserung  des  Büchermagazins, 
sondern  auch  der  Kaum  gewonnen  wurde,  um  unter  diesem  einen 
kleinen  Saal  zur  Benutzung  für  wissenschaftliche  Vereine  usw.  anzu¬ 
ordnen.  Während  der  Bauzeit  wurde  eine  weitere  Veränderung  in 
der  Eintheilung  des  2.  Obergeschosses  nöthig.  Durch  das  Ableben  des 
Senators  Culemann  in  Hannover  kam  nämlich  dessen  sehr  bedeutende 
mittelalterliche  und  kunstgewerbliche  Sammlung  zum  Verkauf  und 
wurde  mit  Hülfe  der  Staatsregierung,  welche  die  Hälfte  davon  be¬ 
zahlte,  von  der  Stadt  für  600  000  Mark  zur  Vergröfserung  oder,  besser 


den  Grundrissen  ersichtlichen  Anordnung  der  Haupteingang,  die 
Kasse  und  die  Kleiderablagen,  ferner  das  städtische  Archiv,  eine 
Bildhauerwerkstätte  und  die  Hausmannswohnung;  unter  der  Haupt¬ 
treppe  und  hinter  der  östlichen  Kleiderablage  ist  die  Dampfkessel¬ 
anlage  der  Centralheizung  mit  ihrem  Kohlenbedarfe  untergebracht 
(das  Gebäude  ist  wegen  des  hohen  Grundwasserstandes  nicht  unter¬ 
kellert).  Hinten  liegen  der  oben  erwähnte  Versammlungssaal  mit 
seinem  Vorraum,  zwei  Werkstätten  für  Maler,  die  Küche  und  Kammer 
der  Hausmannswohnung  und  die  Aborte.  Der  besondere  Eingang 
für  diese  Räume  der  Gruppe  B  befindet  sich  an  der  Westseite  des 
Hauses.  Das  1.  Obergeschofs  enthält  im  Hauptbau  die  Sammlungen 
egyptischer  und  römischer  Alterthümer,  Münzen  und  geschnittene 
Steine,  ferner  ein  Lesezimmer  nebst  Bücherausgabe,  und  im  süd¬ 
lichen  Mittelbau  das  Büchermagazin.  Im  2.  Obergeschofs  liegt  in 


II.  Obergeschofs. 


gesagt,  zur  Ergänzung  der  Kestnerschen  Sammlung  angekauft.  Trotz 
dieses  erheblichen  Kostenaufwandes  genehmigten  die  städtischen  Be¬ 
hörden  während  der  Ausführung  des  Baues  noch  weitere  Verbesse¬ 
rungen  und  Verschönerungen  in  freigebiger  Weise.  So  wurden  u.  a. 
an  Stelle  des  ursprünglich  hölzernen  Dachstuhls  dessen  Ausführung 
in  Eisen  sowie  die  Anlage  der  sich  um  den  Bibliotbekbau  lagernden 
erhöhten  Terrasse  nachträglich  genehmigt. 

Das  Gebäude  ist  am  Friedrichswall,  auf  der  Masch  gelegen. 
Seine  Räume  lassen  sich,  ihrer  Bestimmung  nach,  in  zwei  scharf  ge¬ 
trennte  Gruppen  theilen,  und  zwar  A.  in  Räume,  welche  zu  Aus¬ 
stellungszwecken  bestimmt  sind,  also  dem  allgemeinen  Besuch  des 
Publicums  geöffnet  werden,  und  B.  in  solche,  die  vorzugsweise 
Arbeits-  und  Wirthschaftszwecken  dienen,  folglich  nur  von  Personen 
benutzt  werden,  mit  denen  das  die  Sammlungen  besuchende  Publicum 
nichts  zu  schaffen  hat.  Es  schien  daher  geboten,  diese  beiden 
Gruppen  A  und  B  für  den  Verkehr  möglichst  zu  trennen.  Da  die 
Räume  der  Gruppe  A  gleichzeitig  in  gewissem  Sinne  die  Repräsen¬ 
tationsräume  sind,  so  wurde  ihnen  der  vordere  Haupttheil  des  Ge¬ 
bäudes  zugewiesen,  der  sich  wegen  seiner  Lage  nach  Norden  auch 
ganz  besonders  für  die  Aufnahme  der  Cabinette  der  Oelgemälde- 
sammlung  eignete.  Die  Gruppe  B  wurde  in  dem  südlichen,  um  ein 
Geschofs  niedrigeren  Gebäudeflügel  uutergebracht. 

Im  Erdgeschofs  des  vorderen  Theils  befinden  sich  in  der  aus 


der  Mitte  über  der  unteren  Vorhalle  ein  grofser  Oberlichtsaal  für 
die  gröfseren  Gemälde  der  Kestnerschen  Sammlung,  davor  —  nach 
Norden  —  drei  Cabinette  für  kleinere  Bilder,  östlich  die  Kupferstich¬ 
sammlung,  westlich  die  Culemannsche  Sammlung  und  das  Director- 
zimmer.  Alle  Räume  werden  durch  eine  Niederdruck-Dampfheizung 
erwärmt. 

Für  die  besondere  Leitung  des  Baues  und  zu  meiner  ständigen 
Vertretung  in  Hannover  hatte  ich  mich  mit  Herrn  Architekt  Gustav 
Heine  daselbst  zu  gleichen  Rechten  und  Pflichten  derart  verbunden, 
dafs  wir  den  Bau  für  gemeinschaftliche  Rechnung  zur  Ausführung 
brachten.  Begonnen  wurde  derselbe  im  Sommer  1886  und  vollendet 
Ende  1888.  Im  Laufe  des  Jahres  1889  kamen  die  Sammlungen  zur 
Aixfstellung  und  am  9.  November  1889  wurde  das  Gebäude  seiner 
Bestimmung  übergeben.  Die  Anlage  der  Heizung  sowie  die  innere 
Einrichtung  mit  Ausstellungsschränken,  Büchergestellen  usw.  ist 
durch  das  städtische  Bauamt  in  Hannover  besorgt  worden.  Die 
Baukosten  einschl.  Heizung,  Terrasse  und  Einebnungen,  jedoch  ohne 
die  Möbeleinrichtung,  beliefen  sich  auf  337  500  Mark.  Bei  einem 
Rauminhalte  von  15  820  cbm  (die  Höhe  hierbei  von  Erdboden  bis 
Oberkante  Hauptgesims  gerechnet)  ergiebt  dies  21,33  Mark  für  das 
Cubikmeter. 

Mannheim,  Januar  1890.  W.  Manchot. 


Rembrandt  als  Erzieher. 


Unter  diesem  Titel  ist  unlängst  ein  Buch  erschienen,  welches  in 
sehr  eindringlicher  Form  Betrachtungen  über  das  heutige  deutsche 
Geistesleben  anstellt.*)  Trotz  seiner  hohen  Ansprüche  an  die  ge¬ 
spannte  Aufmerksamkeit  seiner  Leser  hat  es  in  kurzer  Frist  13  Airf- 


*)  Rembrandt  als  Erzieher.  Von  einem  Deutschen.  Leipzig. 
1890.  C.  L.  Plirschfeld.  329  Seiten  in  8“.  Preis  2  Mark. 


lagen  erlebt  und  mufs  mit  seinem  reichen  Gedankeninhalt  und  viel¬ 
seitigen  Urtheilen  das  Interesse  auch  derjenigen  erregen,  welche  die 
Ansichten  des  Verfassers  nicht  immer  theilen,  da  dieser  sich  an  die 
höchsten  und  besten  Empfindungen  unseres  Volkes  wendet,  dem  er 
einen  erhebenden  Ausblick  auf  seine  zukünftige  Stellung  in  der 
Culturwelt  eröffnet. 

Der  Verfasser  übt  eine  freimüthige  Beurtheilung  der  modernen 


Nr.  32. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


323 


deutschen  Cultur  mit  ihrer  alterthümelnden,  registrirenden  Neigung 
und  mahnt  dazu,  neue  Wege  der  Erziehung  und  Bildung  einzu¬ 
schlagen.  Diese  sieht  er  in  dem  Aufhören,  uns  als  Epigonen  zu 
fühlen,  in  dem  Aufgeben  unserer  einseitigen  Verstandesbildung,  in 
der  gleichmäfsigen  Ausbildung  des  Gefühls  und  des  Verstandes,  in 
dem  Streben,  die  Wissenschaft  zur  Kunst  zu  erheben,  um  daraus  ein 
Drittes  als  neu  zu  gründende  höhere  Einheit  zu  gewinnen.  Das 
Leben  als  Kunst  soll  sich  dem  deutschen  Volke  dadurch  erschliefsen, 
dafs  es  seinem  innersten  Bestreben,  sich  individuell  zu  gestalten, 
freie  Entwicklung  läfst,  ohne  sich  durch  Rückblicke  auf  fremde  und 
entschwundene  Culturen  hemmen  und  ablenken  zu  lassen,  und  der 
Verfasser  wählt  zur  Kennzeichnung  dieses  Planes  seines  Werkes 
den  obengenannten  Titel,  weil  er  in  Rembrandt,  dem  „wahren 
Menschen“,  dem  „deutschesten  der  deutschen  Künstler“,  den  besten 
Vertreter  germanischer  Eigenart  sieht.*)  Dafs  er  vor  dem  erholften 
Wandel  der  deutschen  Kunst  eine  Umkehr  der  Architektur  für 
unerlässig  hält,  wird  den  Architekten  eine  besondere  Theilnahme  an 
seinen  Auslassungen  finden  lassen. 

Um  in  der  gebotenen  Kürze  ein  anschaulicheres  Bild  von  der 
Art  und  dem  Inhalt  des  20  Druckbogen  enthaltenden  Buches  zu 
geben,  ist  nachstehend  eine  Reihe  ihm  entnommener  Sätze  auf¬ 
geführt,  die,  obwohl  aus  dem  engeren  Zusammenhänge  gelöst,  den 
verbindenden  Gedankengang  und  die  gemeinsame  Stimmung  erkennen 
lassen,  wie  sie  auch  die  anregende  Form  der  gewählten  Sprache 
kennzeichnen:  „Die  gesamte  Bildung  der  Gegenwart  ist  eine  histo¬ 
rische,  alexandrinische,  rückwärts  gewandte;  sie  richtet  ihr  Absehen 
weit  weniger  darauf,  neue  Werthe  zu  schaffen,  als  alte  Werthe  zu 
registriren.  —  Die  Wissenschaft  zerstiebt  allseitig  in  Specialismus 
die  bildende  Kunst  entbehrt  der  Monumentalität  und  damit  ihrer 
besten  Wirkung;  die  Architektur  ist  die  Achse  der  bildenden  Kun  st 
wie  die  Philosophie  die  Achse  alles  wissenschaftlichen  Denkens  ist 
augenblicklich  giebt  es  aber  weder  eine  deutsche  Architektur  noch 
eine  deutsche  Philosophie.  —  Jemehr  die- Wissenschaft  sich,  inner¬ 
halb  der  ihr  gezogenen  Grenzen,  nach  einer  künstlerischen  Richtung 
hin  entwickelt,  desto  eher  wird  sie  dem  ihr  jetzt  anhaftenden  Fluche 
des  Specialismus  entgehen.  —  Der  Specialist  kann  nicht  objectiv 
sein.  —  Es  ist  ein  Zeichen  von  sittlicher  wie  geistiger  Unreife,  wenn 
das  Herz  den  Kopf  ignoriren  will;  so  ging  es  theil weise  der  Bildung 
des  vorigen  Jahrhunderts;  aber  es  ist  ein  Zeichen  von  sittlicher  wie 
geistiger  Altersschwäche,  wenn  der  Kopf  das  Herz  ignoriren  will; 
so  geht  es  vielfach  der  Bildung  dieses  Jahrhunderts.  —  Der  Ver¬ 
stand,  das  männliche,  und  das  Gefühl,  das  weibliche  Element,  sollten 
sich  im  Menschen  gegenseitig  durchdringen.  • — •  Wissen  ist  keine 
Weisheit.  —  Die  Tage  der  Objectivität  neigen  sich  wieder  einmal  zu 
Ende  und  die  Subjectivität  klopft  dafür  an  die  Thüre.  Man  wendet 
sich  zur  Kunst.  —  Dasjenige  Volk,  welches  seine  besondere  Eigenart 
am  besten  wahrt,  wird  es  innerhalb  der  Kunst  am  weitesten  bringen. 

—  Die  neueste  deutsche  Bildungsfrage  ist  im  Grunde  nur  eine  Frage 
des  Muthes.  Der  civilisirte  Deutsche  wird  seine  Tapferkeit  darin 
zu  zeigen  haben,  dafs  er  den  Muth  besitzt,  er  selbst  zu  sein  auch 
auf  geistigem  Gebiet.  —  Der  Künstler  hat  seine  Persönlichkeit  zu 
wahren;  durch  sie  wird  er  schöpferisch.  —  Nur  was  natürlich  ist, 
ist  ehrlich;  und  nur  wer  ehrlich  ist,  kann  die  Wahrheit  erkennen.  — 
Diejenigen  Menschen,  welche  natürlich  bleiben,  nennt  man  Genies. 

—  Besonnenheit  ist  weit  mehr  ein  Zeichen  echten  Genies  als  Phan¬ 
tastik.  —  Die  deutsche  Wiedergeburt  mufs  von  der  deutschen  Kinder- 

*)  Eine  interessante  Uebereinstimmung  mit  diesem  Gedanken¬ 
gange  findet  sich  in  „Rembrandt  et  Tindividualisme  dans  hart“  von 
A.  Coquerel  fils  (Pai'is  J.  Cherbuliez.  1869):  „Le  vrai  seul  est 
aimable,  le  vrai  seul  est  vivant  et  fort.  II  n’y  a  de  vrai  que  ce  qui 
est  individuel;  dans  l’art  comme  dans  la  religion,  tout  ce  qui  est 
imposö  d’office,  d^cretö  par  les  puissances,  tout  ce  qui  n’est  que 
collectif,  demeure  entachö  de  mensonge  et  irremediablement  bornö. 
La  r4volte  du  genie  contre  la  tradition  n’a  jamais  eu  dans  les  arts 
de  plus  illustre  Organe,  de  Champion  plus  convaincu  et  plus  intre- 
pide,  plus  victorieux  que  Rembrandt.“ 


natur  ausgehen;  der  echte  und  reine  Deutsche  hat  mehr  als  sonst 
irgend  andere  Völker  etwas  Kindliches  in  seinem  Wesen.  —  Im 
kindlich  Menschlichen  vereinigen  sich  die  beiden  Hauptfactoren  der 
bisherigen  deutschen  Bildung:  Griechenthum  und  Christenthum.“ 

Für  die  Berechtigung  des  Standpunktes,  welchen  der  Verfasser 
in  seinem  Buche  der  Kunst,  im  besonderen  der  Architektur  gegen¬ 
über  einnimmt,  lassen  sich  Beläge  unschwer  beibringen.  Aus  dem 
immer  rascheren  Wechsel  in  der  Anwendung  geschichtlicher  und 
nationaler  Stilformen  ist  eine  Unzufriedenheit  mit  der  Art  des 
eigenen  Schaffens  und  seinem  Mangel  an  Individualität  deutlich  er¬ 
kennbar.  Entgegen  der  häufig  geübten  Befolgung  von  Stilrecepten, 
der  das  Wort  des  Verfassers  gilt,  dafs  Architektur  gedichtet,  nicht 
gereimt  werden  müsse,  will  er  keineswegs  zu  selbstsüchtiger  Origi¬ 
nalität  verleiten,  aber  er  erwartet  von  einem  anderen  Eingehen  auf 
die  Kunstwerke  der  Vergangenheit,  von  dem  vertiefteren  Studium 
der  Gründe,  aus  welchen  die  Alten,  ihrer  Zeit  und  ihrer  künst¬ 
lerischen  Persönlichkeit  Genüge  thuend,  zu  ihrer  Formengebung  ge¬ 
langten,  den  Wunsch  und  das  Vermögen,  die  Persönlichkeit  gleich 
machtvoll  über  alles  seit  den  alten  Meistern  Hinzugelernte  herrschen 
zu  lassen.  „An  Stelle  der  Phrase  mufs  die  Wirklichkeit  treten.“ 
Wenn  der  Streit  der  Pflichten  gegen  die  Kunst  mit  den  Forderungen 
des  Erwerbs  und  Lebensunterhalts  den  Baukünstler  bei  der  Verbindung 
des  Geschäftlichen  mit  dem  Künstlerischen  häufiger  der  Gefahr  aus¬ 
setzt,  sich  selbst  untreu  zu  werden  —  wie  auch  das  Suchen  nach 
Erfolg  um  jeden  Preis  eine  verhängnifsvolle  Seite  der  zur  Zeit  über- 
mäfsig  geschätzten  Wettbewerbe  bildet  — ,  so  führt  dagegen  der 
Verfasser  aus,  dafs  der  Künstler  um  so  schöpferischer  sein  wird,  je 
mehr  er  sich  gegen  alle  äufseren  Ansprüche  an  Ueberlieferung, 
Markt  und  Mode  wehrt  und  je  mehr  er  der  demokratischen  Mode 
gegenüber  den  persönlichen  Stil  der  aristokratischen  Künstlernatur 
einsetzt.  Anknüpfend  an  das  Wort  Lichtenbergs ,  der  Weg  eines 
Volkes,  das  sich  einmal  aus  der  edlen  Einfalt  in  das  mehr  Schimmernde 
verloren  habe,  gehe  nach  der  Einfalt  durch  das  höchst  Affectirte 
zurück,  spricht  er  die  Ueberzeugung  aus,  dafs  eine  Zeit  hoher  Kunst¬ 
entwicklung  im  Sinne  der  Schlichtheit  die  heutige  Zeit  mit  ihren 
durch  die  Künste  beabsichtigten  Reizungen  abzulösen  im  Begriff 
stehe.  „Die  Kunst  soll  erheben  und  nicht  blenden;  künstlerische 
Simplicität,  hoheitsvoll  wie  bei  Leonardo  oder  demüthig  wie  bei 
Rembrandt,  ist  daher  das  beste  Erziehungsmittel  für  den  unruhigen 
und  zerstreuten  grofsen  Haufen“. 

Die  in  dem  Buche  gebotene  grofse  Mannigfaltigkeit  des  Stoffes 
und  die  im  Drange  beabsichtigter  Anregung  häufig  zugespitzte  Rede¬ 
weise  lassen  wohl  manchmal  ausgeglichenere  Harmonie  wünschen 
doch  kann  kein  Leser  das  Werk  aus  der  Hand  legen,  ohne  aus 
seinem  hohen  Gesinnungswerth  und  der  darin  geoffenbarten  Geistes¬ 
bildung  Gewinn  gezogen  zu  haben.  Auch  der  Tadel  der  Anonymität 
—  soweit  nicht  vermeidbare  Angriffe  persönlicherer  Art  das  offene 
Visir  vermissen  lassen  können  —  darf  einer  Schrift  gegenüber  nicht 
erhoben  werden,  deren  Beurtheilung  bei  dem  durch  sie  selbst  be¬ 
kämpften  Autoritätsglauben  der  heutigen  Zeit  durch  Nennung  des 
Verfassers  weniger  unbefangen  bleiben  würde.  Gewifs  sind  bei  nie¬ 
mandem  die  Vorzüge  jener  ausgezeichneten  Schriften  kunstphilo¬ 
sophischen  Inhalts  „Zwölf  Briefe  eines  ästhetischen  Ketzers“*)  und 
„Der  falsche  Baurat“**)  dadurch  beeinträchtigt  worden,  dafs  die 
allseitig  geschätzten  Verfasser  es  für  gut  befanden,  ihre  neuen  alten 
Wahrheiten  ohne  Namennennung  den  Lesern  ans  Herz  zu  legen.  — 
Der  Vorwurf  schliefslich,  dafs  dem  Buche  kein  praktischer  Vorschlag 
zu  entnehmen  sei,  erscheint  der  Gröfse  des  in  ihm  gesteckten  Zieles 
gegenüber  unangebracht.  Als  ob  überhaupt  mit  Worten  auf  dem 
Wege  des  Meinungsaustausches  zu  der  erhofften  nationalen  Raumes- 
und  Formenkunst  verhelfen  werden  könnte.  0.  March. 


*)  Berlin.  R.  Oppenheim.  1874. 

**)  Eine  Novelle  für  Kunst-  und  Alterthumsfreunde  von  Utis. 
I  Frankfurt  a.  M.  Zimmersche  Buchhandlung  1877. 


Die  Bauausführung  der  zweiten  Weichselbrücke  bei  Dirschau. 

Von  A.  Goerinff.*) 


1.  Die  bestehende  Brücke  und  die  Gründe  für  den  Bau 
einer  zweiten. 

Die  im  Bau  begriffene  neue  Weiehselbrücke  bei  Dirschau  liegt 
bekanntlich  sehr  nahe  stromabwärts  der  bestehenden  Brücke,  sodafs 
die  beiderseitigen  Mittellinien  nur  40  m  von  einander  abstehen.  Der 
Neubau  mufste  sich  demnach  mit  Oeffnungszahl  und  Lage  der  Pfeiler¬ 
achsen  ganz  dem  Vorhandenen  anschliefsen.  Es  dürfte  deshalb  er- 

*)  Nach  einem  im  Architektenverein  in  Berlin  am  14.  April  d.  J. 
gehaltenen  Vortrage. 


wünscht  sein,  zunächst  bei  der  bestehenden  Brücke  etwas  zu  ver¬ 
weilen. 

Wie  ein  Blick  auf  die  Karte  (Abb.  1)  zeigt,  bildet  die  Eisen¬ 
bahnstation  Dirschau  gegenwärtig  einen  wichtigen  Knotenpunkt, 
indem  dort  von  Westen  her  drei  Linien  zusammenlaufen,  um  sich 
zur  Ueberschreitung  der  Weichsel  und  Nogat  und  somit  zu  der 
Hauptlinie  nach  Königsberg  und  Petersburg  zu  vereinigen  und  sich 
zugleich  von  dieser  aus  in  die  östlich  der  Weichsel  gelegenen  deut¬ 
schen  Gebiete  wieder  zu  verzweigen.  Diese  Ueberschreitung  der 
beiden  Weichselarme  bei  Dirschau  und  Marienburg  haben  demnach 


324 


9.  August  1890, 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


sowohl  den  Durchgangsverkelu'  zwischen  Berlin  und  Königsberg- 
Petersburg  als  auch  den  Einzelverkehr  zwischen  den  Landestheilen 
west-  und  ostwärts  der  AVeichsel  znm  gröfsten  Theil  zu  vermitteln. 
Lange  Zeit  hindurch  bildeten  sie  die  einzige  Ueberschienung  der 
Weichsel  auf  deutschem  Gebiet,  denn  erst  etwa  15  Jahre  später  kam 
die  Brücke  bei  Thorn  zu  Anfang  der  siebziger  Jahre  und  noch  später 
diejenige  bei  Graudenz  hinzu.  Aber  auf  die  unteren  hundert  Kilo¬ 
meter  des  Stromlaufs  bildet  die  Linie  Dirschau- Marienburg  noch 
heute  den  einzigen 
festen  Uebergaug. 

Die  Oelfnungs- 
weiten  derDirschauer 
Brücke  ■'')  mit  121  m 
(386 ‘)  sind  auch  ge¬ 
genwärtig  noch  die 
gröfsten  in  Deutsch¬ 
land  und  die  Aus¬ 
führung  derselben  in 
den  Jahren  1850 — 57 
war  dazumal  ein  gro- 
fses  und  kühnes  Un¬ 
ternehmen  ,  denn  sie 
bildeten  die  ersten 
grofsen  Stromüber¬ 
gänge  in  Deutschland 
und  auf  dem  euro¬ 
päischen  Festlande 
überhaupt.  Es  fehlte  also  gänzlich  au  entsprechenden  Erfahrungen, 
und  fast  alles  inufste  an  Ort  und  Stelle  hergestellt  werden,  so  u.  a. 
die  Ziegel,  der  Gement  und  alle  Eiseutheile  sowie  die  hierzu  erforder¬ 
lichen  Maschinen  und  Vorrichtungen.  Denn  „Brückenbauanstalten“ 
waren  damals  ein  unbekanntes  Ding.  War  doch  erst  kurz  zixvor,  in 
den  Jahren  1845 -.50  mit  dem  Bau  der  ,, Britanuiabrücke “  durch 
Stephenson  (zwei  Oeffnungen  zu  70,5  und  zwei  zu  139,5  m  Lichtweite) 


der  rechteckige  Röhrenquerschnitt  in  ge¬ 
wisser  Weise  beibehalten,  aber  jede 
Seitenwand  zu  einem  selbständigen  Trä¬ 
ger  mit  eignen,  geraden  Gurtungen  und 
verbindendem  Gitterwerk  ausgebildet. 
Die  gleiche  Grundform  fand  bald  darauf 
bei  den  Rheinbrückeu  von  Köln  (viermal 
98  m)  und  Strafsburg  (dreimal  56  m) 
Anwendung.  Dann  jedoch  ersetzte  die 
fortschreitende  Wissenschaft  ,wie  bekannt, 
diese  Form  durch  weitergehende  Auf¬ 
lösung  der  Wände  in  einzelne,  auf  ihre 
gröfste  und  kleinste  Anstrengung  genau 
zu  untersuchende  Stäbe  sowie  auch 
meistentheils  durch  gekrümmte  Gestalt 
der  Gurtungen,  und  so  blieb  die  Brücke 
bei  Dirschau  die  gröfste  aller  eng¬ 
maschigen  Gitterbrücken  und  aufser  der 
Leckbrücke  bei  Kuilenburg  auch  die 
gröfste  Balkenbrücke  des  europäischen 
Festlandes. 

Sie  erhielt  sechs  gleiche  Oeffnungen 
von  121m  =  386'  (diejenige  bei  Marien¬ 
burg  zwei  Oeffnungen  von  98  m  =  312 ') 
Lichtweite  und  Mittelpfeiler  von  etwa 
10  m  oberer  Stärke,  also  einen  Abstand 
der  Pfeilerachsen  von  131  m  (genau 
130,88).  Die  Träger  sind  über  je  zwei 
Oeffnungen  fortlaufend  angeordnet.  Die 
beiden  westlichen  Oeffnungen  über¬ 
schreiten  schon  nahezu  das  ganze  eigent¬ 
liche  Strombett,  die  übrigen  Spannungen 
liegen  über  dem  auf  der  Ostseite  des 
Flusses  vereinigten  Vorlande.  Auch  über 


ScVlienen -Oberkarrte  Xl^T. 


Thon 


jGrober 

‘Sand 


10  5  0 


Thon 

_ jiV.GJ? 

Marsstab  für  die  Längen. 
50  100 


Marsstab  für  die  Höhen. 
5  10 


Abb.  4.  Länffensclmitt  von  Pfeiler  I  bis  IV. 


die  Bahn  gebrochen  für  derartige  Bauwerke,  gerade  wie  in  unseren 
Tagen  mit  der  Forthbrücke  wieder  ganz  neue  Wege  eröffnet  sind. 

Während  nun  Stephenson  für  die  genannte  Brücke  als  Quer¬ 
schnittsform  bekanntlich  die  rechteckige  Rohre  mit  vollen  Blech¬ 
wänden  und  mit  Zellen  in  der  oberen  und  unteren  Doppeldecke 
Verwendete,  war  inzwischen,  namentlich  in  Preufsen,  durch  Versuche 
und  durch  theoretische  Untersuchungen  das  engmaschige  Gitter 
als  tragfähig  erwiesen,  und  so  wurde  denn  für  beide  Brücken  zwar 


*)  Zeitschrift  für  Bauwesen  1855,  S.  445. 


diesem  sind  die  grofsen  Lichtweiten  bei¬ 
behalten,  weil  auf  gewaltige  Hochwasser¬ 
mengen  und  grofsen  Eisgang  Rücksicht 
zu  nehmen  war,  wie  sie  nicht  selten 
das  Vorland  erheblichen  Veränderungen 
aussetzen. 

Die  Brücke  erhielt  nun  den  damals 
erwarteten  Verkehrs  Verhältnissen  ent¬ 
sprechend  nur  ein  Eisenbahngeleis  und 
beiderseits  unmittelbar  neben  den  Schie- 


Ansicht  der  neuen  Weichselbrücke  von  der  Südseite. 
(6  Oeffnungen  von  je  124,88  m  lichter  Weite.) 


Nr.  32. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


nen  einen  schmalen  einspurigen  Fahrweg,  alles  zwischen  den  nur 
6,6  m  entfernten  Tragwänden,  während  zwei  Fufswege  von  je  1,1  m 
Breite  an  der  äufseren  Seite  der  Träger  äusgekragt  wurden. 

Heute  nun  hat  die  Brücke  aufser  dem  gewaltig  gesteigerten  Verkehr 
der  drei  zusammenlaufenden  Bahnlinien  auch  einen  sehr  lebhaften 
Uebergang  von  Fuhrwerk  und  Eeitern  aller  Art  zu  tragen.  Da  nun 
die  ganze  Länge  der  Brücke  —  nahezu  800  m  und  mit  Einschlufs 
langer  Zufahrtsrampeu  über  1  km  —  für  den  Uebergang  jedes  Eisen- 


wie  oben  gesagt,  auf  40  m  festgesetzt,  obwohl  eine  etwas  grüfsere 
Entfernung  gewisse  unten  zu  berührende  Schwierigkeiten  für  den 
Neubau  hätte  vermeiden  lassen,  weil  alsdann  die  Ablenkung  der 
Bahnhofsgeleise  zur  neuen  Brücke  sich  zu  ungünstig  gestaltet  hätte 
und  auch  durch  bebaute  Fabrikgrundstücke  erschwert  worden  wäre. 
(Bei  der  Nogatbrücke  vor  Marienburg  beträgt  der  Abstand  der 
Mittellinien  70  m.) 

Die  Anzahl  und  Lage  der  Pfeiler  (Abb.  2  bis  4)  mufste  wegen 


Korden. 


Abb.  2.  Lageplan. 


bahnzuges  von  allem  Wagen-  und  Eeiterverkehr  völlig  frei  gehalten, 
demnach  die  Zugänge  zur  Brücke  beiderseits  immer  schon  längere 
Zeit  vor  Eintreten  eines  Zuges  geschlossen  werden  müssen,  so  ergab 
sich  hieraus  eine  immer  zunehmende  Behinderung  des  Strafsenver- 
kehrs,  umsomehr  als  die  Geleise  des  Bahnhofs  erst  unmittelbar  vor 
■der  Brücke  zusammenlaufen,  deshalb  auch  die  Eangirbewegungen 
sich  oft  bis  auf  die  Brücke 
ausdehnen.  Auch  genügt  das 
eine  Geleis  durchaus  nicht 
mehr  den  gesteigerten  An¬ 
forderungen  des  Eisenbahn¬ 
betriebes.  Eine  Trennung  - 
des  Strafsen-  und  Bahn-  i 
Verkehrs  sowie  eine  Ver-  ! 
doppelung  des  Eisenbahn¬ 
geleises  wurde  sonach  immer 
dringlicher  und  führte  end¬ 
lich  im  Jahre  1887  zu  dem  * 

Beschlufs,  sowohl  bei  Dir- 
schau  als  auch  bei  Ma¬ 
rienburg,  wo  die  Verhält¬ 
nisse  ähnlich  liegen,  nahe 
unterhalb  der  bestehenden 
eine  neue  ganz  selbständige, 
zweigeleisige  Eisen¬ 
bahnbrücke  zu  erbauen, 
um  alsdann  die  alten  Brücken 
ausschliefslich  dem  Strafsenverkehr  freizugeben.  Die  Landpfeiler 
der  neuen  Brücke  werden  durch  eine  Ufermauer  mit  denen  der  alten 
verbunden,  die  fünf  Zwischenpfeiler  bleiben  dagegen  ohne  Zusam¬ 
menhang  mit  denen  der  bestehenden  Brücke. 

2.  Allgemeine  Anordnung  der  neuen  Brücke  (Abb.  2,  3,  4). 

Der  Abstand  der  Achsen  beider  Bauwerke  bei  Dirschau  wurde. 


Schiffahrt  und  Eisgang,  wie  bemerkt,  genau  der  bisherigen  ent¬ 
sprechen,  die  Achsweite  der  Oeft'nungen  zwischen  den  Pfeilermitten 
mithin  die  gleiche  (130,88  m)  bleiben.  Die  Pfeilerstärke  konnte  da¬ 
gegen  von  10  auf  6  m  ermäfsigt  werden,  sodafs  die  Lichtweiten  sich 
auf  124,88,  die  Stützweiten  auf  129  m  vergröfserten.  Die  Breite  der 
neuen  Pfeiler  in  Eichtung  des  Stromes  beträgt  18  m  (die  Mafse 

unter  dem  Gesims  genom¬ 
men),  und  läfst  sonach  neben 
den  Stützpfeilern  der  Eisen¬ 
träger  noch  Platz  für  die 
aufsen  herumgeleiteten  Fufs¬ 
wege. 

Zur  Sicherung  einer 
regelmäfsigen  Abführung  des 
Hochwassers  soll  eine  Be¬ 
richtigung  des  Vorlandes 
bis  etwa  2,3  km  oberhalb 
und  2,8  km  unterhalb  der 
Brücke  stattfinden.  Die 
dem  Flusse  zunächst  ge¬ 
legenen  höheren  Theile  des 
Vorlandes  werden  bis  auf 
eine  mittlere,  etwa  mit  1 :  7000 
bis  1 : 8000  fallende  Höhe  ab¬ 
getragen,  und  zugleich  wer¬ 
den  in  Abständen  von  350 
bis  400  m  „Traversen“  ange¬ 
legt,  welche  von  dieser  berichtigten  Uferhöhe  (mit  1 :  230  bis  1  :  280) 
bis  zum  Deich  auf  etwa  2,75  m  unter  H.  W.  oder  etwa  6  m  unter 
Deichkrone  ansteigen.  Dadurch  soll  also  das  Vorland  nach  dem 
Deich  zu  allmählich  aufgehöht  und  einer  weiteren  Auskolkung 
desselben  vorgebeugt  worden. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Mafsnahmen  zur  Erhöhung  der  Sicherheit  des  Eisenhahnhetriehes. 


Auf  Anordnung  des  Herrn  Ministers  v.  Maybach  finden  in  Berlin 
schon  seit  einer  Eeihe  von  Jahren  in  gewissen  Zeitabschnitten  Be¬ 
rathungen  statt,  welche  die  zur  weiteren  Erhöhung  der  Betriebs¬ 
sicherheit  auf  Eisenbahnen  erforderlichen  Mafsnahmen  zum  Gegen¬ 
stände  haben.  Ueber  die  am  22.  November  1888  abgehaltene  der¬ 
artige  Berathung  ist  im  Jahrgang  1889  dieses  Blattes  Seite  11  u.  12 
kurz  berichtet  worden.  Am  8.  Mai  d.  J.  war  nun  wieder  unter  dem 
Vorsitz  des  Ministerial-Directors,  Wirkl.  Geh.  Eaths  Herrn  Schneider 
eine  gröfsere  Anzahl  von  sachverständigen  Mitgliedern  der  Königl. 
Directionen  der-  preufsischen  Staatsbahnen,  der  General- Direction 
der  Eeichseisenbahnen  in '  Strafsburg,  des  Königl.  Eisenbahn-Com- 
missariats  in  Berlin  und  der  Königl.  Direction  der  Militär-Eisen¬ 
bahn  zu  gleichem  Zwecke  versammelt.  Wie  das  vorige  Mal  nahmen 
an  den  Berathungen  auch  Vertreter  des  Eeichs-Eisenbahn-Amts  und  der 
General-Directionen  der  Königl.  bayerischen  und  der  Königl.  württem- 
bergischen  Staatsbahnen  theil.  Aufserdem  waren  zum  ersten  Mal 
Abgeordnete  der  General -Direction  der  Grofsherzogl.  badischen 
Staatsbahnen  auf  Wunsch  der  Grofsherzogl.  Eegierung  dazu  ein¬ 


geladen  und  erschienen.  Endlich  wohnten  der  Berathung  die  meisten 
technischen  Eäthe  der  Eisenbahn-Abtheilungen  des  Ministeriums  der 
öffentlichen  Arbeiten  bei. 

Von  den  erörterten  Fragen  beziehen  sich  viele  auf  technische 
Einzelheiten,  welche  zwar  für  die  Sicherheit  des  Eisenbahnbetriebes 
von  grofser  Bedeutung,  aber  für  eine  Besprechung  an  dieser  Stelle 
weniger  geeignet  sind.  Dagegen  dürften  nachstehende  Mittheilungen 
allgemeinere  Beachtung  verdienen,  welche  die  auf  Grund  früherer 
Beschlüsse  für  die  preufsischen  Staatsbahnen  eingeführten  Sicher¬ 
heitsanordnungen  betreffen  und  in  üblicher  Weise  vor  Eintritt  in 
die  Berathung  der  neu  aufgestellten  Fragen  zur  Kenntnifs  der  Ver¬ 
sammlung  gebracht  wurden. 

Die  Weichen-  und  Signal-Stellwerke,  welche  den  Zweck 
haben,  eine  unrichtige  oder  nicht  völlig  genaue  Stellung  der  für  den 
Zugverkehr  wichtigen  Weichen  unmöglich  zu  machen,  solange  das 
für  einen  ein-  oder  ausfahrenden  Zug  gültige  Fahrsignal  gegeben 
ist,  sind  seit  Ende  des  Jahres  1888  erheblich  vermehrt  worden. 
Während  damals  etwa  1400  Stellwerke  auf  700  Stationen  der  preufsi-- 


326 


9.  August  1890, 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


sehen  Staatsbahnen  vorhanden  waren,  belief  sich  die  Zahl  der  im 
Betriebe  befindlichen  oder  noch  in  der  Ausführung  begriffenen  Stell¬ 
werke  im  Mai  d.  J.  auf  2030,  welche  auf  970  Stationen  vertheilt  sind. 
Die  seit  dem  Jahre  1878  für  diesen  Zweck  aufgewendeten  Summen 
betragen,  abgesehen  von  den  beim  Neubau  von  Bahnen  oder  beim 
Umbau  gröfserer  Bahnhöfe  dafür  ausgeworfenen  Mitteln,  5  900  000 
Mark,  und  im  Staatshaushalts-Entwurf  für  1890/91  ist  ein  weiterer 
Betrag  von  800  000  Mark  unter  den  einmaligen  und  aufserordent- 
lichen  Ausgaben  dafür  vorgesehen. 

Die  zur  Ueberwachung  der  Fahrgeschwindigkeit  der  Züge 
dienenden  elektrischen  Eadtaster,  deren  Wirkungsart  in  unserer 
oben  erwähnten  Mittheilung  aus  dem  Jahre  1889  näher  beschrieben 
ist,  befinden  sich  gegenwärtig  auf  4380  km  Bahnlänge  gegenüber 
4170  km  am  Schlüsse  des  Rechnungsjahres  1888/89.  Zur  Her¬ 
stellung  solcher  Radtaster  sind  bisher  unter  den  einmaligen  und 
aufserordentlichen  Ausgaben  des  Staatshaushalts  850  000  Mark  ver¬ 
wendet  worden. 

Mit  der  Einführung  der  durchgehenden  Bremsen  ist  weiter 
kräftig  vorgegangen.  Die  Zahl  der  damit  ausgerüsteten  Locomotiven 
ist  seit  Ende  1888  von  2265  auf  2992,  die  der  Personenwagen  von 
6194  auf  9990  und  die  der  Gepäck-  und  Güterwagen  von  1612  auf  3314 


gestiegen.  Die  verschiedenen  Gattungen  von  Bremsen  vertheilen 
sich  folgendermafsen  auf  die  genannten  Betriebsmittel: 


Locomo¬ 

tiven 

Personen¬ 

wagen 

Gepäck-  und 
Güterwagen 

Luftdruckbremse . 

2213 

7865 

2795 

Luftsaugbremse . 

179 

625 

123 

Gewichtsbremse . 

600 

1500 

396 

zusammen 

2992 

9990 

3314 

Für  die  Ausrüstung  der  Betriebsmittel  mit  durchgehenden 
Bremsen  sind  bisher  unter  den  einmaligen  und  aufserordentlichen 
Ausgaben  der  Rechnungsjahre  von  1884,85  bis  1889/90  zusammen 
4  500  000  Mark  bewilligt  worden.  Für  1890/91  ist  ein  weiterer  Betrag 
von  1100000  Mark  zu  dem  gleichen  Zwecke  vorgesehen. 

Auch  die  Aufstellung  von  Vorsignalen  vor  den  Abschlufs- 
telegraphen  der  Stationen  ist  in  gröfserem  Umfange  in  Angriff  ge¬ 
nommen.  In  den  Rechnungsjahren  1889/90  und  1890/91  ist  dafür 
jedesmal  eine  Summe  von  600000  Mark  ausgeworfen.  Die  Bedeu¬ 
tung  der  Vorsignale  für  die  Sicherheit  des  Betriebes  ist  bereits  in 
unsern  früheren  Mittheilungen  ausführlicher  dargelegt. 


Concret- Dachziegel 


„Kunstsandstein“  wird,  wie  an  vielen  Orten  so  auch  in  Berlin 
aus  Cementmörtel  bereitet  und,  was  seine  Wetterbeständigkeit  anbe¬ 
langt,  z.  Th.  auch  mit  recht  gutem  Erfolge.  So  sind  z.  B.  an  dem 
Delbrück-Leoschen  Hause  an  der  Ecke  der  Kaiserhofstrafse,  welches 
seit  etwa  1873  steht,  bis  heute  noch  keine  Verwitterungsstellen 
wahrnehmbar,  während  allerdings  andere  Bauten,  deren  Material 
jedenfalls  weniger  sorgfältig  und  sachgemäfs  hergestellt  war,  solche 
schon  nach  kurzer  Zeit  recht  zahlreich  aufweisen.  Nicht  dieselbe 
Verbreitung  haben  aus  Cementmörtel  bereitete  Dachziegel  gefunden, 
obgleich  auch  über  deren  Wetterbeständigkeit  sehr  gute  Erfahrungen 
vorliegen.  Dachplatten  aus  Cement  sind  wohl  zuerst  anfangs  der 


Abb.  2.  Längenschnitt. 


vierziger  Jahre  in  Staudach  in  Ober-Bayern,  in  der  Nähe  des  Chiem¬ 
sees,  aus  den  dort  vorhandenen  Naturcementen  angefertigt  worden. 
Die  aus  dem  Jahre  1846  stammenden  Probedächer  haben  sich  trotz 
des  rauhen  Gebirgsklimas  vollkommen  gut  erhalten.  Bei  Gelegenheit 
des  mit  der  Niederländischen  Gewerbeausstellung  in  Arnheim  1879 
verbundenen  internationalen  Wettstreites  für  Kunststeine  und  einige 
andere  Artikel  war  durch  Herrn  Kroher  in  Staudach  eine  Cement- 
pfanne  ausgestellt,  die  laut  amtlicher  Bescheinigung  ununterbrochen 
35  Jahre  (also  seit  1844)  als  Dachpfanne  gedient  hatte  und  nicht  nur 
keine  Spur  von  Verwitterung  zeigte,  sondern  sich  sogar  weit  fester 
als  das  neue  Material  jenes  Ausstellers  erwies.  Später  wurde  die 
Herstellung  solcher  Dachpfannen  von  der  Jansenschen  Kunststein¬ 
fabrik  in  Elbing  und  einer  Fabrik  in  Ober-Cassel  aufgenommen.  Alle 
diese  Fabrikate  sind  aber  mehr  oder  weniger  Nachahmungen  vor¬ 
handener  Dachsteine,  die  bereits  früher  in  gebranntem  Thone  aus¬ 
geführt  waren. 

Etwas  ganz  Neues  bietet  jedoch  die  Kunststein  -  Fabrik  von 
Jörgensen  u.  Kahland  in  Wedel  (Holstein),  deutsches  Reichspatent 


Nr.  31529,  in  ihren  Concret-Dachziegeln,  welche  in  dem  engeren 
Bezirke  von  Schleswig-Holstein  bereits  vielfach  Anwendung  gefunden 
haben,  und  deren  Brauchbarkeit  und  Haltbarkeit  die  Herren  Regie¬ 
rungs-  und  Baurath  Germer  in  Schleswig  und  Baurath  Greve  in 
Altona  das  beste  Zeugnifs  ausstellen.  Derartig  eingedeckte  Dächer 
zeigen  eine  fast  ebene  Fläche,  wodurch  sie  ein  dem  Schieferdache 
ähnliches  Aussehen  bekommen. 

Die  Construction  machen  Abb.  1 — 3  im  Grundrifs,  Längen-  und 
Querschnitt  klar.  Die  Ziegel  haben  einen  ebenen,  nur  durch  die 
Leitungsrippeu  r  unterbrochenen  Wasserlauf  und  werden  mit  ver¬ 
setzten  Fugen  verlegt.  Ihre  Grundform  ist  ein  Rechteck  mit  einer 
an  der  Ablaufkante  winklig  ausgeschnittenen  Seite,  die  bei  den  ge¬ 
deckten  Ziegeln  als  Zickzacklinie  erscheint.  Der  Ablaufkante  ent¬ 
sprechend  haben  die  Dachziegel  oben  einen  vertieften  Ansatz  f  mit 
den  Ausschnitten  a  in  welche  die  Rinnen  b  münden,  um  das  in 
den  Fugen  aufgenommene  Wasser  auf  die  Mitte  des  unteren  Dach¬ 
ziegels  zu  leiten.  Den  gleichen  Zweck  haben  die  spitzwinklig  zu 
einander  angeordneten  Rippen  r  sowie  die  winklig  ausge¬ 
schnittenen  Ablaufkanten  der  Ziegel.  Dadurch,  dafs  der  Ansatz  f 


tiefer  gelegt  ist,  als  der  übrige,  freiliegende  Theil  des  Ziegels,  er 
reicht  man  eine  vollständig  ebene  Bedachung,  weil  die  vorderen 
Enden  der  Ziegel  der  oberen  Reihe  in  diesen  Vertiefungen  der 
unteren  Reihe  sich  lagern.  An  der  unteren  Fläche  sind  die  Dach¬ 
ziegel  mit  Rippen  r- versehen,  über  welche  die  Wasserrinnen  b  greifen 
und  so  einen  Doppelfalz  herstellen,  welcher  das  Durchdringen  des 
Wassers  verhindert.  Die  Nasen  n  n  und  der  Ablauf  m  dienen  zum 
Anhängen  und  als  Auflager  für  die  Steine;  die  Nasen  n  greifen  dabei 
über  Nägel,  die  in  die  Dachlatten  so  weit  eingetrieben  sind,  dafs  zwischen 
den  Nasen  und  der  Dachlatte  ein  Raum  entsteht,  durch  welchen  sich 
etwa  bildende  Schwitzwassertropfen  hindurchziehen  und  an  der  unteren 
Fläche  der  Ziegel  bis  in  den  Wasserlauf  derselben  gelangen  können,, 
ohne  von  den  Dachlatten  abzuträufeln,  was  besonders  für  Futter¬ 
böden  wichtig  ist.  Die  Oese  o  dient  zur  Aufnahme  eines  die  Dach¬ 
ziegel  von  oben  bis  unten  verbindenden  Drahtes  d,  durch  welche 
Befestigung  das  Abheben  derselben  durch  den  Wind  verhindert  wird. 
Die  Dächer  haben  sich  auch  im  Winter  gegen  starkes  Schneegestöber 
dicht  bewährt. 

Kehlen  werden  wie  beim  englischen  Schieferdach  mit  Zinkblech 
ausgelegt,  die  anstofsenden  Steine  mit  einem  scharfen  Mauerhammer 
passend  zurechtgehauen,  Grate  und  Firste  mit  besonderen  First¬ 
ziegeln  überdeckt,  welche  in  einen  mageren  Cementmörtel  einzu¬ 
drücken  sind.  Die  Lattungsweite  beträgt  34,5  cm.  Die  Dachneigung 
kann  zwischen  25  und  75  Grad  wechseln,  also  ist  das  Neigungs- 
verhältnifs  etwa  1  :  2  bis  1  :  4  bei  einem  Satteldache.  Da  die  Cement- 
ziegel  in  verschiedenen  Farben  geliefert  werden,  zumeist  hell  oder 
dunkelgrau,  aber  auf  Bestellung  auch  roth,  gelb,  weifs,  grün. 


Nr.  32. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


.327 


blau  usw.,  so  lassen  sich  die  verschiedenartigsten  architektonischen 
Muster  in  den  Dachflächen  ohne  besondere  Kosten  herstellen.  Die 
Färbung  erfolgt  durch  einen  Anstrich. 

Die  Preise  stellen  sich  nach  Angabe  der  Fabrik  folgendermafsen : 
1000  Stück  Ziegel  =  125,00  Mark. 

1000  Stück  Zinkrinnen  =  30,00  „ 

Nägel  und  verzinkter  Draht  hierzu  =  5,50  „  ' 

Eindeckungskosten  =  18,00  „ 

Reisekosten  für  den  Dachdecker  usw.  =  5,10  „ 

Summe  =  183,60  Mark. 


142/3  Ziegel  decken  1  qm  Dachfläche,  daher  1000  Stück  68  qm, 
und  es  kostet  demnach  1  qm  fertiggestellten  Daches  ohne  Latten 
2,70  Mark,  mit  Latten  3,20  Mark.  1  Stück  Firststein  kostet  0,25 
Mark;  10  Stücken  decken  ungefähr  3  Längenmeter  First.  Das  Ge¬ 
wicht  eines  Quadratmeters  dieser  Dachdeckung  einschl.  der  Lattung 
beträgt  42  kg.  Ein  Modell  in  natürlichem  Mafsstabe  ist  in  der  Bau- 
Modellsammlung  der  technischen  Hochschule  in  Charlottenburg  aus¬ 
gestellt.  Die  Vertretung  der  Fabrik  für  Berlin  und  für  die  Provinz 
Brandenburg  hat  Herr  Stahlberg,  Ritterstr.  Nr.  40,  übernommen. 

Koch. 


Die  Shay- 

In  America  kommt  neuerdings  eine  von  Shay  angegebene  be¬ 
sondere  Art  von  Locomotiven  für  Schleppbahnen  in  landwirthschaft- 
lichen,  forstwirthschaftlichen  und  Bergwerks-Betrieben  in  Aufnahme, 
deren  Eigenthümlichkeit  darin  besteht,  dafs  sie  durch  Kegelrad¬ 
getriebe  fortbewegt,  die  Zugkraft  im  übrigen  aber,  wie  bei  unseren 
gewöhnlichen  Locomotiven,  lediglich  durch  die  Reibung  zwischen  den 
Rädern  und  den  Schienen  auf  den  Lastenzug  übertragen  wird.  Das 
nebenstehende  Bild  läfst  die  allgemeine  Anordnung  der  Locomotive 
erkennen.  Die  hier  dargestellte  Maschine  ist  von  zwei  kleinen,  ver- 
hältnifsmäfsig  weit  auseinander  gelegten  Drehgestellen  getragen,  deren 
vorderes  den  Vorder- 
theil  des  Kessels,  und 
deren  hinteres  den  Ten¬ 
der  trägt,  während  der 
zwischen  Kessel  und 
Tender  eingeschaltete 
Führerstand  gleichsam 
schwebend  zwischen  bei¬ 
den  Gestellen  angeord¬ 
net  ist.  An  der  rechten 
Seite  der  Locomotive 
liegt  in  Höhe  der  Rad¬ 
achsen  durchlaufend 
eine  aus  mehreren  ge¬ 
lenkartig  verbundenen 
Theilen  zusammenge¬ 
setzte  Treibachse,  wel¬ 
che  von  zwei  hinter  dem 
Führerstande  rechts¬ 
seitig  angeordneten  senkrechten  Dampfcylindern  aus  in  Um¬ 
drehung  versetzt  wird  und  daher  mehrfach  gekröpft  ist.  Auf  die 
der  Welle  zugekehrten  Radflächen  sind  Kegelräder  centrisch  auf¬ 
gelegt  und  in  Eingriff  mit  vier  auf  der  Triebwelle  aufgekeilten  Zahn- 
Triebrädern  gebracht.  Im  übrigen  stellt  die  Maschine  gewissermafsen 
eine  Vereinigung  der  Fairlieschen  Bauart  mit  der  von  Forney  dar. 

Die  vorstehende  Abbildung  ist  von  den  Engineering  News  mit- 
getheilt.  Im  Railway  Engineer  Jahrg.  1890,  S.  146  ist  eine  der  in 
neuester  Zeit  gebauten  gröfseren  Maschinen  für  Vollspur  abgebildet, 
welche  von  der  vorstehenden  darin  abweicht,  dafs  der  Tender  in 
nachgiebiger  statt  starrer  Weise  mit  der  eigentlichen  Locomotive 
verbunden  ist.  Dies  hat  die  Anordnung  eines  dritten  Drehschemels 
kurz  vor  dem  zweiten  erforderlich  gemacht,  welcher  zugleich  das 
Hinter-Ende  der  Locomotive  und  das  Vorder-Ende  des  Tenders  zu 
tragen  hat.  Sonach  hat  die  Maschine  nicht  weniger  als  12  mitein¬ 
ander  verbundene  Triebräder.  Von  den  im  Railway  Engineer  mit- 
getheilten  Abmessungen  dieser  Locomotive  mögen  die  folgenden  Platz 
finden:  Die  Triebräder  haben  0,91  m  Durchmesser;  jeder  der  Cylinder, 
von  welchen  hier  drei  vorhanden  sind,  hat  41  cm  Bohrung  und  38  cm 
Hub.  In  dem  Kessel,  dessen  kleinster  Durchmesser  1,32  m  beträgt, 
und  welcher  des  besseren  Gleichgewichts  halber  ein  wenig  nach 
links  aus  der  Geleisachse  liegt,  befinden  sich  180  Stück  3,05  m 


Locomotive. 

lange  Röhren  von  50  mm  äufserem  Durchmesser.  Die  Drehschemel 
haben  1,42  m  Radstand.  Die  Drehachsen  der  Gestelle  liegen  unter 
der  eigentlichen  Locomotive  7,63  m,  unter  dem  Tender  3,66  m  weit 
auseinander.  Die  ganze  Länge  der  Maschine  beträgt  16,37  m,  das 
gesamte  Dienstgewicht  80 1.  Dabei  ist  der  Tender  mit  1,13  cbm 
Wasser  und  3,6  t  Kohlen  gefüllt  angenommen. 

Die  Geschwindigkeit  und  Zugkraft  der  Locomotiven  hängen  von 
dem  Uebersetzungsverhältnifs  der  Kegelräder  ab.  Dasselbe  beträgt 
nach  den  Engineering  News  für  die  gewöhnlich  angewendete  Ge¬ 
schwindigkeit  von  24  bis  26  Stundenkilometern,  welche  eine  bedeu¬ 
tende  Zugkraft  ermög¬ 
licht,  1:3;  für  gröfsere 
Geschwindigkeiten,  wel¬ 
che  indes  nur  geringere 
Zugkraft  zulassen,  wird 
das  Verhältnifs  1  :  2 
und  selbst  1  : 1  ange¬ 
wendet.  (Nach  dem 
Railway  Engineer  ist 
die  Geschwindigkeit  be¬ 
trächtlich  geringer  als 
angegeben  und  beträgt 
zwischen  14,5  und  22,5 
km.) 

Die  Locomotiven  wer¬ 
den  für  Bahnen  ver¬ 
schiedenartigster  Spur¬ 
weite  bis  zur  Vollspur 
und  demnach  auch  in 

mannigfach  wechselnden  Gröfsen  hergestellt;  ihr  Gewicht  schwankt 
zwischen  10  und  80 1.  Selbst  für  den  Personenverkehr  auf  der  Vorstadt¬ 
bahn  von  Chattanooga  nach  Mission  Ridge  ist  eine  Shay-Maschine  von 
28  t  Gewicht  auf  vollspurigem  Geleise  verwendet  worden;  dieselbe  war 
imstande,  zwei  beladene  Personenwagen  auf  einer  1400  m  langen  Stei¬ 
gung  1  :  12,5  zu  befördern.  Doch  bildet  diese  Art  der  Verwendung  die 
Ausnahme;  die  eigentliche  Bedeutung  der  Maschinen  liegt  in  ihrer 
trefflichen  Verwendbarkeit  zum  Schleppen  von  Lasten  auf  Bahnen, 
welche  in  der  Regel  schmalspurig,  mit  wenig  Kostenaufwand,  unter 
Anwendung  besonders  starker  Steigungen  und  Krümmungen  herge¬ 
stellt  zu  werden  pflegen.  Die  Maschinen  überwinden  je  nach  ihrer 
Bauart  Steigungen  bis  1  : 10  und  selbst  darüber  sowie  Krümmungen 
bis  15  m  Halbmesser.  Die  im  Railway  Engineer  veröffentlichte  Ma¬ 
schine  wird  auf  der  Sinnemahoning-Thal-Eisenbahn  in  Pennsylvanien 
für  Zwecke  des  Güterverkehrs  verwendet.  Sie  schleppt  Lasten  von 
100  t  in  einer  Neigung  von  1  :  10. 

Nach  den  genannten  Quellen  sind  bis  jetzt  über  300  Shay-Loco- 
motiven  in  Dienst  gestellt  worden  und  sollen  sich  dieselben  trotz  ver¬ 
schiedener,  einzelnen  Maschinen  noch  anhaftender  Mängel  zufrieden¬ 
stellend  bewähren.  In  diesem  Sinne  könnte  auch  der  Umstand  gedeutet 
werden,  dafs  die  „Lima  Maschinenbauanstalt“  in  Ohio  im  laufenden 
Jahr  75  weitere  Maschinen  zu  bauen  beabsichtigt.  Km. 


Vermischtes, 


Ehrenbezeigungen.  In  der  Architektur- Abtheilung  der  diesjährigen 
Münchener  Jahresausstellung  ist  mit  einer  ersten  Medaille 
der  englische  Architekt  Alfred  Waterhouse  für  sein  „Kensington 
Museum“  ausgezeichnet  worden.  Zweite  Medaillen  wurden  ver¬ 
liehen  dem  Architekten  R.  Roward  Anderson  in  Edinburgh  für  seine 
„Schottische  National-Portrait-Galerie“,  dem  Baudirector  Hugo  Licht 
in  Leipzig  für  seinen  Entwurf  zum  dortigen  Rathhause*)  und  den 
Architekten  Rettig  u.  Pfann  in  Berlin  für  ihren  Plan  zum  Natipnal- 
denkmal  für  Kaiser  Wilhelm**). 

Zur  Erlangung  von  Entwurfshizzen  zu  Gebäuden  für  den 
Senat  und  die  Abgeordnetenkammer  in  Bukarest  hat  die  rumänische 


*)  vgl.  Centralblatt  d.  Bauverwaltung  1890,  S.  87  u.  101. 

**)  ebendaselbst  1889,  S.  376  u.  383. 


Regierung  vor  kurzem  internationale  Preisbewerbungen  aus¬ 
geschrieben.  Die  allgemeinen  Bedingungen  sind  für  beide  Wett¬ 
bewerbe  fast  genau  dieselben.  Die  Preisgerichte  bestehen  aus  dem 
Präsidenten  des  betreffenden  Hauses,  dem  Ministerpräsidenten,  je 
einem  Abgeordneten  des  Wettbewerbsausschusses,  zwei  rumänischen 
und  zwei  auswärtigen  Architekten,  deren  Namen  noch  nicht  genannt 
werden.  Auch  die  Preissummen  sind  gleich;  je  25  000  Franken 
werden  in  Preisen  von  15  000,  7000  und  3000  Franken  ausgesetzt, 
von  denen  die  ersten  unter  allen  Umständen  ertheilt  werden  sollen. 
Dabei  beträgt  die  Bausumme  für  das  Abgeordnetenhaus  2  500000, 
diejenige  für  das  Senatsgebäude  nur  1500  000  Franken.  Bezüglich 
der  endgültigen  Entwurffeststellung  und  der  Ausführung  behält  sich 
die  Regierung  volle  Freiheit  vor.  Der  Tag  der  Ablieferung  der  Ent¬ 
würfe,  die  acht  Tage  vor  und  acht  Tage  nach  der  Entscheidung  des 


328 


Centralblatt  de^  Baliver Saitling. 


9.  August  1890, 


Preisgerichtes  öffentlich  ausgestellt  werden  sollen,  ist  der  15.  No- 
Tember  dieses  Jahres.  Neben  Zeichnungen  iin  Mafsstabe  1  :  100, 
1:200  und  1:400  werden  Kostenüberschläge  verlangt,  bei  denen 
25  Franken  für  das  Cubikmeter  umbauten  Eaumes  zu  Grunde  zu 
legen  sind.  Die  eingehend  und  dabei  klar  abgefafsten  Programme 
nebst  Lag-eplänen  sind  von  den  betreffenden  rumänischen  Gesandt¬ 
schaften  (für  Deutschland  Berlin  Vofsstrafse  26)  zu  beziehen. 

Die  Preisbevverbuug  für  ein  Kreishaus  in  Cottbus  (vgl.  S.  267 
d.  J.),  über  deren  Beurtheilung  in  der  Hauptversammlung  des  Ber¬ 
liner  Architektenvereins  vom  4.  d.  H.  durch  Herrn  Landbauinspector 
Thür  Bericht  erstattet  wurde,  hat  insofern  zu  einem  abschliefsenden 
Ergebnisse  nicht  geführt,  als  ein  erster  Preis  nicht  verliehen  worden 
ist.  Nach  der  Ansicht  des  Beurtheilungsausschusses  eignet  sich 
keiner  der  eingelaufenen  12  Entwürfe  für  die  Ausführung,  und  es 
ist  deshalb  die  zur  Verfügung  gestellte  Preissumme  zu  gleichen 
Theilen  an  die  drei  besten  Arbeiten  vertheilt  worden.  Als  Verfasser 
derselben  wurden  die  Herren  Kegierungs- Baumeister  G.  Diestel, 
Architekt  W.  Mössinger  und  Architekt  B.  Schaede  ermittelt. 
Einem  vierten  Entwürfe,  als  dessen  Verfasser  sich  Architekt  P.  Pfann 
ergab,  wurde  ein  Vereinsandenken  zuerkannt.  Bei  Berücksichti¬ 
gung  der  durch  das  Gutachten  des  Preisgerichtes  gegebenen  Finger¬ 
zeige  ■würde  eine  engere  Preisbewerbung  unter  den  genannten 
Herren  gewifs  zum  erwünschten  Ziele  führen. 

Bezüglich  der  Einführung  einer  einiieitlichen  Eisenbahiizeit, 
welcher  in  diesem  Blatte  wiederholt  das  Wort  geredet  worden  ist 
(vgl.  die  Jahrgänge  1884,  87,  88  und  89),  ist  für  den  Bereich  des 
Vereins  deutscher  Eisenbahn-Verwaltungen  in  der  im  Juli 
d.  J.  in  Dresden  abgehaltenen  Generalversammlung  des  Vereins 
beschlossen  worden  : 

L  die  (von  der  Ungarischen  Staatseisenbahn)  vorgeschlagene 
Zonenzeit  im  innern  Eisenbahndienst,  und  zwar  mit  Beginn  der 
nächstjährigen  Sommerfahrplanperiode,  zur  Einführung  zu 
bringen, 

2.  die  allgemeine  Einführung  gedachter  Zonenzeit  auch  im  bürger¬ 
lichen  Leben  als  empfehlenswerth  zu  bezeichnen, 

3.  die  Abgabe  einer  gleichen  Erklärung  auch  in  Beziehung  auf 
die  Zeitangaben  in  den  für  das  Publicum  bestimmten  Fahr¬ 
plänen  solange  auszusetzen,  als  die  empfohlene  Zeitrechnung 
nicht  auch  im  bürgerlichen  Leben  zur  allgemeinen  Einführung 
gelangt. 

Verband  deutscher  Architekten  und  Ingenieure.  Vom  Ver- 
bands-Vorstande  wird  darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs,  da  die  Be¬ 
theiligung  an  der  diesjährigen  Wander-Versammlung  in  Hamburg 
eine  sehr  lebhafte  zu  werden  verspreche,  es  dringend  erwünscht  sei, 
recht  bald  einen  Anhalt  zu  gewinnen,  wie  grofs  die  Zahl  der  Theil- 
nehmer  sich  etwa  stellen  wird,  damit  alle  Vorbereitungen  in  aus¬ 
reichendem  Mafse  getroffen  werden  können.  Die  Fachgenossen  wer¬ 
den  daher  gebeten,  eine  voidäufige  Mittheilung  darüber,  ob  sie  allein 
oder  mit  Damen  zur  Versammlung  zu  kommen  gedenken,  an  den 
Vorsitzenden  des  Empfangsausschusses:  Herrn  Ingenieur  Himmel¬ 
heber,  Hamburg,  Ferdinandstrafse  39,  baldmöglichst  einzusenden. 
Gäste  können  nur  durch  den  Verbands-Vorstand,  die  Vor¬ 
stände  der  Einzelvereine  oder  von  dem  Ortsausschüsse 
Hamburg  eingeführt  werden.  Pbg. 

Die  A’^erhaiidlungen  auf  dem  vierten  Biiiuenschiffahrtscougrefs, 
welcher  Ende  Juli  in  Manchester  tagte,  sollten  nach  den  Fest¬ 
setzungen  des  geschäftsführenden  Ausschusses  zwar  auch  in 
deutscher  Sprache  veröffentlicht  werden,  doch  sollte  man  sich  in 
den  Sitzungen  nur  der  englischen  oder  französischen  Sprache  be¬ 
dienen  (vgl.  S.  227  d.  J.).  Erfreulich  ist,  dafs  es  den  vereinten 
Bemühungen  der  deutschen  Vertreter  beim  Congresse  trotz  hart¬ 
näckigen  Sträubens  des  Congrefsausschusses  gelungen  ist,  die  volle 
Gleichberechtigung  der  deutschen  Sprache,  also  auch  ihre  un¬ 
beschränkte  Zulassung  in  den  Verhandlungen,  zu  erwirken.  Die 
Forderung  der  Deutschen  hat  sich  bei  den  verschiedenen  Sitzungen 
auch  in  praktischer  Beziehung  als  durchaus  berechtigt  erwiesen. 


Biicherschaii. 

Das  Schreinerbuch.  Von  Theod.  Krauth  u.  Franz  Sales  Meyer. 
I.  Band:  Die  gesamte  Bauschreinerei.  Von  Theodor  Krauth.  Leipzig 
1890.  E.  A.  Seemann.  308  S.  in  kl.  4“  mit  238  Abi!  düngen  im  Text 
und  64  Tafeln.  Preis  geh.  12  geb.  14  M. 

Das  Schreinerbuch  von  Th.  Krauth  und  F.  S.  Meyer  ist  eine 
der  erfreulichen  neueren  Erscheinungen  auf  dem  architektonischen 
Büchermärkte.  Herr  Professor  Sales  Meyer,  bereits  seit  längerer 
Zeit  als  Verfasser  hervorragender  Werke  auf  dem  Gebiete  der 
ornamentalen  Kunst  bekannt,  ist  bei  der  Bearbeitung  dieses  ersten 


Theiles  des  Sohreinerbuches  nicht  betheiligt,  sodafs  das  Verdienst 
allein  Herrn  Th.  Krauth,  Professor  an  der  Grofsherzogl.  Baugewerk¬ 
schule  in  Karlsruhe,  zuzuschreiben  ist. 

Bis  jetzt  waren  wir  in  Bezug  auf  Ausführung  von  Tischler¬ 
arbeiten  ziemlich  allein  auf  das  seiner  Zeit  sehr  verdienstvolle  Werk 
von  Strack  u.  Hitzig  „Der  innere  Ausbau“  beschränkt.  Alles,  was 
später  noch  erschienen  war,  lehnte  sich  mehr  oder  weniger  an  dieses 
an,  ohne  seinen  Werth,  welcher  hauptsächlich  in  den  im  natürlichen 
Mafsstabe  ausgeführten  Einzelheiten  bestand,  zu  erreichen.  Seine 
Schwäche  liegt  allein  in  der  Uebertragung  der  Steinarchitektur  auf 
das  Holzmaterial,  und  diese  machte  immermehr  das  Bedürfnifs  nach 
einer  neuen,  sachgemäfsen  Bearbeitung  desselben  Gegenstandes 
fühlbar.  Krauth  hat  sich  von  jenen  Ueberlieferungen  gänzlich  los¬ 
gesagt.  Bei  seinen  äufserst  zahlreichen  Beispielen  aus  dem  Gebiete 
der  Bauschreinerei  tritt  allenthalben  das  Bestreben  hervor,  ihre  Aus¬ 
bildung  dem  Wesen  des  Holzes  anzupassen,  und  fast  durchweg  ist 
dasselbe  als  gelungen  zu  bezeichnen.  Nebenbei  zeigt  sich  sowohl  in 
der  Beschreibung  als  auch  in  der  Darstellung  des  Stoffes  eine  so 
hervorragende  Kenntnifs  der  praktischen  Ausführung,  dafs  man  wohl 
nicht  fehlgeht  in  der  Annahme,  der  Herr  Verfasser  habe  sich  die¬ 
selbe  durch  eigene  Thätigkeit  in  der  Werkstatt  angeeignet.  Aus 
diesem  Grunde  ist,  seinem  Wunsche  gemäfs,  das  Werk  um  so  mehr 
nicht  nur  dem  entwerfenden  Architekten,  sondern  auch  dem  aus¬ 
führenden  Meister  zu  empfehlen. 

Nachdem  im  ersten  Capitel  des  Buches  die  für  Tischlerarbeiten 
geeigneten  Hölzer,  ihre  Eigenschaften,  Krankheiten  und  ihre  Be¬ 
handlung  in  möglichster  Kürze  besprochen  sind,  wird  weiterhin  eine 
Aufzählung  und  Beschreibung  der  dem  Bauschreiner  nöthigen  Werk¬ 
zeuge  und  Hülfsvorrichtungen  mit  zahlreichen  und  klaren  Abbil¬ 
dungen  gegeben,  um,  wie  der  Herr  Verfasser  selbst  sagt,  „jenem 
(dem  Schreiner)  vielleicht  durch  Vorführung  neuerer,  bewährter 
Werkzeuge  manches  zu  zeigen,  was  ihm  von  Nutzen  sein  kann,  dem 
Techniker  aber  einen  allgemeinen  Begriff'  beizubringen,  wie  und 
womit  gearbeitet  wird“.  In  dem  folgenden  Capitel  behandelt  Krauth 
die  Vei'bindungen  der  Hölzer  und  die  hierzu  unentbehrlichen  Hülfs- 
mittel,  um  dann  auf  die  einzelnen  Tischlerarbeiten  selbst,  und  zwar 
zunächst  auf  die  verschiedenen  Arten  von  Fufsböden,  dann  auf  die; 
Wandbekleidungen  einzugehen,  von  der  einfachsten  Fufs-  und  Wand¬ 
leiste  bis  zur  reichsten  Täfelung. 

Der  Schwerpunkt  des  ganzen  Werkes  liegt  naturgemäfs  im  nächsten 
und  umfangreichsten  Abschnitt,  welcher  sich  mit  der  Anfertigung  der 
Thüren  und  jThore  beschäftigt.  Wenn  auch  hier  die  Einzelheiten  nicht 
im  natürlichen  Mafsstabe,  wie  in  dem  erwähnten  Strack -Hitzigschen 
„Inneren  Ausbau“  aufgetragen  sind,  so  lassen  sie  doch  an  Deutlichkeit, 
nichts  zu  wünschen  übrig,  zumal  ihnen  noch  der  auf  die  Herstellungs¬ 
weise  sehr  genau  eingehende  Text  erklärend  zur  Seite  steht.  Man  erhält 
Auskunft  über  alle  Thürarten,  von  der  einfachsten  Lattenthür  und  dem 
Scheunenthore  bis  zur  reichsten,  gestemmten  inneren  Thür  und 
Hausthür.  Dafs  der  Herr  Verfasser  über  die  fournirten  Thüren  kein 
Wort  gesprochen  hat,  liegt  wohl  daran,  dafs  diese  Herstellungs weise- 
in  Süd -Deutschland  nicht  üblich  ist,  während  bei  uns  in  Nord- 
Deutschland  schon  alle  reicheren  Eichenholzthüren,  ja  selbt  Haus- 
thüren  nur  selten  aus  vollem  Holze  gearbeitet  werden. 

Die  nächsten  zwei  Capitel  enthalten  die  Beschreibung  der  Fenster 
und  Fensterläden,  wobei  ein  besonderer  Abschnitt  dem  Glase  und 
der  Verglasung  gewidmet  ist.  Nur  auf  einer  Seite  sind  die  Schau¬ 
fenster  kurz  erwähnt,  deren  Construction  zwischen  Mauerpfeilern- 
in  Süd -Deutschland  allerdings  auch  eine  wesentlich  einfachere  ist,, 
als  bei  uns,  wo  gewöhnlich  eiserne  Stützen  und  Träger  durch  das 
Holzwerk  des  Schaufensters  verkleidet  werden  müssen.  Ganz  ähnlich 
verhält  es  sich  mit  den  Holzdecken.  Auch  hier  begegnen  wir  einer 
reichen  Auswahl  von  hübschen  Motiven,  doch  ist  die  so  häufig  noth- 
wendige  Verkleidung  gröfserer  eiserner  Deckenträger  dabei  nicht 
berücksichtigt  worden. 

Nachdem  ferner  der  Herr  A^erfasser  nicht  mit  Unrecht  auch  die 
Abortsitze  einer  näheren  Beschreibung  gewürdigt,  wendet  er  sich 
den  Thür-  und  Fensterbeschlägen  und  zum  Schlufs  den  Holztreppen 
zu.  Während  bei  letzteren  noch  die  darauf  bezüglichen  Arbeiten  in. 
eingehender  AVeise  behandelt  werden,  ist  das  weniger  bei  den  Be¬ 
schlägen  der  Fall,  bei  welchen  selbst  ziemlich  gebräuchliche  Con- 
structionen  vermifst  werden,  andere  von  zweifelhaftem  AA’erthe  jedochi 
aufgeführt  sind.  Besonders  tritt  das  bei  den  Pendelthürbeschlägen 
hervor.  Sollte  der  Herr  Verfasser  einmal  in  die  Lage  kommen,  von 
einzelnen  seiner  hier  aufgeführten  Vorrichtungen  Gebrauch  zu  machen, 
so  würden  für  ihn  unangenehme  Erfahrungen  jedenfalls  nicht  aus- 
bleiben.  Unter  allen  Umständen  ist  das  vorliegende  Werk  das 
beste,  welches  über  Schreinerarbeiten  in  den  letzten  25  Jahren  er¬ 
schienen  ist,  und  deshalb  allen  Architekten  und  Gewerbtreibenden. 
bestens  zur  Anschaffung  zu  empfehlen.  K. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWiliielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Bedaction  des  nichtamtliclien  Täeiles  verantwortlich  i.V.:  O.Hofsfeid,  Berlin.  Druck  von  J.  K  e  r  sk  es,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltiing. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  16.  August  1890.  Nr.  33. 


Rcdaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark 

INHALT:  Amtliches:  Zusammensetzung  der  technischen  Prüfungs- Aemter  iii 
Preufsen  für  die  Jahre  1890  bis  1893.  —  Personal- Nachrichten.  —  Nichtamtliches: 
Makedonische  Köuigssarkophage.  —  Bauten  der  nationalen  Ausstellung  von  1891 
in  Palermo.  —  Bauausführung  der  zweiten  Weichselbrücke  bei  Dirschau  (Fortsetzung). 

—  Statistik  der  Eisenbahnen  Deutschland.s  im  Betriebsjahre  1888/89.  —  Preisaus- 

schreiben  der  Londoner  Thurm  -  Gesellschaft.  —  Vermischtes:  Preisausschreiben 
zur  Erlangung  von  Plänen  für  ein  Museum  in  Rostock.  —  Ausführung  eines  Kaiser 
Wilhelm-Denkmals  in  Karlsruhe.  —  Versuche  über  die  Frostbeständigkeit  natürlicher 
und  künstlicher  Bausteine.  —  Belastungsversuche  mit  einem  Monier  -  Gewölbe.  — 
Besuch  der  eidgenössischen  polytechnischen  Schule  in  Zürich. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Zusammensetzung-  der  technischen  Prüflings- Aemter  in  Preufsen 
für  die  Jahre  1890  Ins  1893. 

Die  Königlichen  technischen  Prüfungs- Aemter  in  Berlin,  Han¬ 
nover  und  Aachen  sind  für  den  Zeitraum  vom  1.  August  d.  J.  bis 
dahin  1893  wie  folgt  zusammengesetzt: 

a.  technisches  Prüfungs-Amt  in  Berlin. 

Greheimer  Ober-Baurath  Oberbeck,  Vorsitzender, 

Geheimer  Baurath  Jungnickel,  Vorsteher  der  Abtheilung  I, 
Professoren  Consentius  und  Dr.  Doergens,  Landesver¬ 
messungsrath  Erfurth,  Geheimer  Regierungsrath  Professor  Dr. 
Hauck,  Königlicher  Eegierungs -  Baumeister  Hoech,  Professoren 
Koch,  Dr.  Kossak,  Dr.  Lampe,  Ludewig  und  Dr.  Paalzow, 
Dr.  Pietsch,  Professoren  Dr.  Rüdorff  und  Strack; 

Geheimer  Ober-Baurath  Stambke,  Vorsteher  der  Abtheilung  II, 
Bauinspector  P.  Boettger,  Professor  Brandt,  Regierungs-Bau¬ 
meister  Donath,  Regierungs-  und  Baurath  Ehlert,  Geheimer  Berg¬ 
rath  Gebauer,  Professor  Hörmann,  Eegierungs-  und  Baurath 
Housselle,  Baurath  Professor  Kühn,  Professoren  Meyer,  Müller- 
Breslau,  Ri  edler  und  Dr.  Slaby,  Geheimer  Bergrath  Dr.  Wedding, 
Eegierungs-  und  Baurath  Werner,  Geheimer  Baurath  Wiehert, 
Professor  Wolff,  Regierungs-  und  Baurath  Reimann,  Baurath 
Hofsfeld,  Marine -Bauräthe  van  Hüllen,  Jäger  und  Afsmann, 
Marine-Maschinenbau-Ingenieur  S tr a ngm ej' e r. 

b.  technisches  Prüfungs-Amt  in  Hannover. 
Eisenbahn-Directions-Präsident  Thielen,  Vorsitzender, 
Ober-Bau-  und  Geheimer  Regierungsrath  Durlach,  Vorsteher 
beider  Abtheilungen, 

Geheimer  Baurath  Buhse,  Geheime  Regieruugsräthe  Professoren 
Dr.  Rühlmann  und  Hase,  Professoren  Keck,  Ulrich  und  Eiehn, 
Baurath  Professor  Köhler,  Professoren  Dr.  Kiepert,  Dr.  Jordan, 
Dr.  Rodenberg,  Arnold,  Dr.  Kayser,  Hermann  Fischer  und 
Frank,  Baurath  Professor  Debo,  Professor  Frese,  Eegierungs- 


und  Baurath  v.  Rutkowski,  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector 
Schwering,  Eisenbahn-Bauinspector  v.  Borries. 

c.  technisches  Prüfungs-Amt  in  Aachen. 

Eegierungs -Präsident  v.  Hoffmann,  Vorsitzender, 

Geheimer  Baurath  Kruse,  Vorsteher  beider  Abtheilungeu, 
Professoren  Herrmann  und  Dr.  Holzapfel,  Geheimer  Regie¬ 
rungsrath  Professor  Dr.  Ritter,  Professoren  Dr.  W.  Stahl  und 
Werner,  Geheimer  Eegierungsrath  Professor  Dr.  Wüllner,  Pro¬ 
fessoren  Dr.  Jürgens  und  v.  Gizycki,  Baurath  Professor  Dr. 
Heinzerling,  Professor  Schupmann. 


Personal  -  N achrichten. 

Preufsen. 

Versetzt  sind:  die  Eisenbahn -Maschineninspectoren  Brosius, 
bisher  in  Kattowitz,  als  erster  Vorstand  der  Hauptwerkstätte  O./S. 
nach  Breslau,  Klopsch,  bisher  in  Glogau,  als  ständiger  Hülfsarbeiter 
an  das  Königliche  Eisenbahn -Betriebs -Amt  in  Kattowitz  und 
Schiwon,  bisher  in  Breslau,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das 
Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Glogau. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister  Ernst  Bräue  1 
in  Berlin  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  er- 
theilt  worden. 


Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  Maschineningenieur  1.  Klasse  Jakob  Mertz  bei  der  General- 
direction  der  Grofsherzoglichen  Staatseisenbahnen  zum  Maschinen¬ 
inspector  daselbst,  den  Hochbau- Assistenten  Felizian  Frombold  von 
Krautheim  zum  Bahnarchitekten  I.  Klasse  und  den  technischen 
Assistenten  Josef  Ignaz  Klute  von  Wewer  bei  Paderborn  zum 
Maschineningenieur  I.  Klasse  zu  ernennen. 


[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Kedacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  makedonischen 

Verschiedene  politische  Zeitungen  brachten  im  April  1887*)  zuerst 
die  Nachricht  von  einer  in  Sai'da  —  auf  dem  Boden  der  alten 
Phönikerstadt  Sidon  (letztere  lag  1/2  Stunde  östlich  vom  heutigen 
Sai'da)  —  gemachten,  hochwichtigen  archäologischen  Entdeckung 
von  ungeheuerem  Werthe.  Der  Zufall  führte  sie  herbei.  Ein  Mann, 
Hadji  Scherifif  Effendi,  liefs  auf  seinem  Grundstück  für  ein  Bauwerk 
Steine  aus  der  Tiefe  brechen,  und  da  er  weit  hinab  mufste,  so  hatte 
er  den  Gedanken,  diesen  Umstand  für  sich  weiter  auszunutzen  und 
an  der  Stelle  einen  Brunnen  zu  graben.  Dabei  stiefs  er  auf  einen 
quadratischen,  offenen  Raum  von  3,80  m  Seitenlänge  und  etwa  12  m 
Tiefe,  dessen  vier  Wände  mit  Zugangsöffnungen  versehen  waren, 
welche  zu  mehreren,  künstlich  aus  dem  weichen  Kalksteinfelsen 
herausgearbeiteten  Grabkammern  führten.  Die  vier  Wände  sind 
genau  nach  Süd-Norden' und  nach  Ost-Westen  gezogen.  Im  Verlaufe 


*)  Eine  Mittheilung  über  die  Funde  im  allgemeinen,  wobei  auch 
auf  die  ans  Tageslicht  geförderten  phönikischen  Sarkophage  hinge¬ 
wiesen  ist,  und  die  einige  interessante  Angaben  über  das  Museum 
in  Constantinopel  enthält,  brachte  der  f  Baudirector  H.  Sarrazin  in 
Constantinopel  im  Jahrgang  1887  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung, 
Seite  299. 


Königssarkophage. 

der  von  dem  Director  des  kaiserlichen  Museums  in  Constantinopel 
Hamdi  Bey,  systematisch  betriebenen  Untersuchungen  wurde  fest¬ 
gestellt,  dafs  man  es  mit  einer  Gräberstätte  zu  thun  habe,  welche  in 
sieben  Kammern  17  Sarkophage  barg  (vgl.  Revue  arch4ologique 
Tome  X,  Serie  III  und  Tome  XI,  Troisi4me  Serie.  1888  und  auch 
The  american  Journal  of  archaeology.  Baltimore  1887.  Seite  97. 
Letter  from  Sidon,  Phönicia).  Die  Gräber  lagen  am  Pufse  eines 
Hügels,  und  da  die  Sarkophage  zu  schwer  zu  einer  Beförderung  in 
die  Höhe  waren,  so  liefs  Hamdi  einen  15  m  langen  Tunnel  nach  der 
Sohle  der  Grabkammern  führen  und  förderte  so  den  Inhalt  der 
Gräber  ans  Tageslicht.  Von  den  17  Sarkophagen  waren  zwei  der 
menschlichen  Gestalt  nachgebildet  und  aus  weifsem  Marmor  gehauen, 
während  die  anderen,  mit  Ausnahme  eines  einzigen,  der  aus  schwärz¬ 
lichem  Marmor  gemeifselt  war,  gleichfalls  aus  weifsem  Marmor,  Er¬ 
zeugnisse  griechischer  Kunst  waren.  Phöniker  und  Griechen  waren 
hier  nebeneinander  gebettet  und,  der  Kostbarkeit  des  Materials  und 
der  Art  der  Arbeit  nach  zu  urtheilen,  Träger  der  höchsten  Staats¬ 
würden.**)  Durch  eine  kaiserliche  Irade  wurde  der  Eigenthümer  des 

**)  Z.  B.  gehörte  ein  Sarkophag  nach  der  Inschrift  dem  phöni¬ 
kischen  Könige  Tabnid  (siebentes  Jahrhundert  vor  Chr.)  an. 


IG.  August  18G0. 


330  Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Grundstückes,  der  genannte  Hadji  Scheriff  Effendi,  für  sein  Gelände 
und  die  Funde  mit  1500  türkischen  Pfunden  und  mit  dem  Medjidie- 
Orden  TV.  Klasse  entschädigt.  Zugleich  aber  wurden  weitere 
2500  türk.  Pfund  bewilligt,  um  in  Constautinopel  an  das  Museum 
von  Tschinly  Kiosk  einen  Saal  anzubauen,  in  welchem  die  Sarkophage 
ihre  Aufstellung  finden  sollten.  Der  Saal  ist  zur  Zeit  unter  Dach, 
und  ein  Theil  der  Sarkophage  darin  aufgestellt,  von  Infanteriedoppel¬ 
posten  sorgfältig  bewacht,  die  jedem  den  Zutritt  wehren,  bis  der 
Bau  in  allen  seinen  Theilen  vollendet,  bis  die  Ausbesseruugsarbeiten 
au  den  Fundgegenständen  fertig  und  die  Stoff-  und  Bretterhülle  von 
den  sorgfältig  verwahrten  Sarkophagen  gefallen  sein  wird.  Im  näch¬ 
sten  Jahre  ist  dies  vielleicht  der  Fall.  Aber  auch  heute  schon  ist 
es  dem  einen  oder  andern  möglich,  auf  Grund  guter  Empfehlungen 
und  der  freundlichen  Gewährung  Hamdi  Beys  die  Schätze  zu  sehen 
und  zu  bewundern,  und  auch  dem  Verfasser  dieser  Zeilen  war  dies 
durch  die  Liebenswürdigkeit  der  Herren  Dr.  Humann  und  Prof.  Dr. 
V.  Duhu  sowie  durch  die  Begleitung  der  Herrn  Georges  Perrot  und 
Ferry  gestattet. 

Nach  den  augezogenen  Fundberichten  bestanden  die  Sarkophage 
je  aus  einem  einzigen,  ausgehöhlten  Marmorblocke,  der  den  Leichnam 
umschlofs,  und  aus  einem  gleichfalls  aus  einem  Stücke  gearbeiteten 
Deckel.  Einzelne  waren  an  den  Aufsenflächen  mit  Bildwerken  be¬ 
deckt,  andere  zeigten  glatte  Umwandungen.  Hervorgehoben  werden 
besonders  vier  Stücke  von  unvergleichlicher  Schönheit,  welche  aus 
der  hellenistischen  Kunstepoche,  stammen. 

1.  Einer  derselben,  nur  auf  einer  der  vordem  Langseiten  mit 
Bildwerk  bedeckt,  zeigt  auf  einem  Thronsessel  sitzend  einen  grofs- 
bärtigcn  Mann  mit  hohem  Kopfputz  und  einem  Scepter  in  der  Hand. 
Eine  Frau,  der  zwei  Männer  mit  zwei  Pferden  folgen,  streckt  beide 
Arme  nach  ihm  aus. 

2.  Ein  zweiter  (2,30  m  lang,  1,20  m  breit  und  l,.30m  hoch)  hat 
auf  einer  Langseite  fünf  galoppirende  Reiter,  die  einen  Eber  verfolgen, 
auf  der  anderen  zweimal  zwei  Frauen,  die  hinter  je  vier  Pferden 
laufen,  während  auf  den  Schmalseiten  Centauren  mit  einem  Wind¬ 
spiel  und  einem  nackten,  beschildeten  Mann  dargestellt  sind.  Der 
1,40  m  hohe  Deckel,  nach  Art  der  lykischen  Sarkophage  spitzbogen¬ 
förmig  gestaltet,  weist  im  Giebelfelde  Sphinxe  auf. 

3.  Ein  dritter  (2,60  m  lang,  1,31  m  breit  und  1,28  m  hoch)  zeigt 
zwischen  jonischen  Säulen  und  Anten  18  klagende  Frauengestalten, 
die  6  cm  vom  Grunde  erhaben  gearbeitet  sind.  Auf  den  senkrechten 
Flächen  der  Langseiten  des  0,45  m  hohen  Deckels  ist  ein  Leichenzug: 
von  Männern  geführte  Pferde,  ein  von  vier  Pferden  gezogener  Karren 
mit  massiven  Rädern,  der  einen  Sarkophag  trägt,  aufs  feinste  aus- 
gemeifselt,  während  die  gieb eiförmigen  Schmalseiten  mit  sieben 
Figürchen  ausgefüllt  sind.  Die  Oberfläche  des  Deckels  ahmt  die 
antike  Dachdeckung  in  schönster  Weise  nach. 

4.  Ein  vierter,  3,20  m  lang,  1,70  m  breit  und  1,30  m  hoch,  mit 
0,70  m  hohem  Deckel,  dessen  eine  Laugseite  gelitten  hat,  aber  gut 
wiederhergestellt  ist,  weist  auf  dieser  die  Darstellung  eines  Kampfes 
auf,  an  dem  sechs  Männer  zu  Pferd  und  fünf  zu  Fufs  betheiligtjsind 
während  das  Schlachtfeld  fünf  Todte  bedecken.  Die  Schlacht  löst 
sich,  wie  bei  dem  hellenistischen  Amazonensarkophag  in  Wien,  in 
Zweikämpfen  auf;  ein  Theil  der  Kämpfenden  ist  ganz  nackt,  bartlos 
mit  gescheiteltem  Haar  dargestellt,  Helme,  Lanzen  und  Schilde  tra¬ 
gend,  der  andere  Theil,  ganz  bekleidet,  ist  in  eine  Art  von  Blousen 
gehüllt.  Die  eine  Schmalseite  zeigt  die  Fortsetzung  des  Kampfes 
mit  fünf  Fufsgängern  und  einem  Reiter.  Die  zweite  Langseite  be¬ 
deckt  eine  Jagdscene,  bei  der  drei  Reiter  und  fünf  Fufsgänger  mit 
drei  Hunden  auf  einen  Löwen  und  einen  Hirsch  jagen.  Die  zweite 
Schmalseite  zeigt  die  Fortsetzung  der  Jagd  mit  einem  Reiter,  vier 
Fufsgängern.  einer  Hyäne  und  einem  Jagdhund.  Die  Jäger  sind 
bewaffnet  mit  Lanzen,  Beilen  und  Pfeilen.  Auf  der  einen  Giebelseite 
des  Deckels  ist  durch  kleine  Figürchen  ein  Kampf  zwichen  sechs 
Fufsgängern  und  auf  der  andern  von  fünf  Fufsgängern  und  einem 
Reiter  dargestellt.  Auf  den  vier  Giebelecken  sitzen  ebensoviel 
Löwen.  Eine  Arabeske  von  Weinranken  umgiebt  den  Deckel.  An 
den  figürlichen  Darstellungen  befinden  sich  einige  Zeichnungen  in 
verschiedenen  matten  Farben.  Beinahe  alle  Sarkophage  sind  in  alter 
Zeit  schon  ausgeraubt  worden. 

Soviel  giebt  ungefähr  der  angezogene  Bericht  der  Revue  archeolog. 
über  die  hervorragendsten  griechischen  Arbeiten,  und  nur  diese 
wollen  wir  einer  näheren  Betrachtung  unterziehen,  während  für  die 
anderen  auf  den  französischen  Bericht  verwiesen  wird.  Zu  2.  mufs 
ich  auf  Grund  des  erwähnten  Augenscheines  ergänzend  bemerken, 
dafs  die  Bogendreiecksfelder  an  den  Stirnseiten  des  lykischen 
Sarkophagdeckels  durch  eine  Scheitellinie  in  zwei  Felder  getheilt 
sind,  die  einerseits  mit  Greifen,  anderseits  mit  Sphinxen  mit  aufge¬ 
schlagenen  Flügeln,  in  nicht  zu  hohem  Relief,  eng  in  den  Rahmen 
gezwängt,  ausgefüllt  sind.  Die  Bildhauerarbeit  ist  eine  vollendete, 
der  Grund,  von  dem  sich  die  genannten  Gestalten  abheben,  ist  azur¬ 
blau  mit  deckender  Farbe  gefärbt,  und  diese  vollkommen  gut  er¬ 


halten.  Bei  genauer  Durchforschung  dürften  sich  wohl  weitere 
Farb-Spuren  oder  -Reste  feststellen  lassen.  Von  geradezu  ergreifen¬ 
der  Schönheit,  von  hohem  Ernst  bei  wunderbarer  Erfindung  und 
Ausführung  ist  der  Sarkophag  mit  den  klagenden  Frauen,  der 
übrigens  keine  Spur  von  Farbe  trägt.  Die  Ecken,  in  denen  die  vier 
Wandungen  des  Untertheils  zusammenlaufen,  sind  durch  jonische 
Anten  ausgezeichnet,  zwischen  welchen  auf  den  Langseiten  fünf,  auf 
den  Schmalseiten  zwei  jonische  Ilalbsäulen  stehen,  von  der  sorg¬ 
fältigsten  Ausführung.  Trotz  des  verhältnifsmäfsig  kleinen  Mafs- 
stabes  ist  keine  Perle,  kein  Echinoslaub,  kein  Volutenrand,  keine 
Cannelirung  vergessen  und  alles  so  geschickt,  leicht  und  flüssig  ge¬ 
arbeitet,  bei  so  vornehmen,  edlen  Verhältnissen  der  Säulen,  dafs 
nichts  kleinlich  oder  mühevoll  hergestellt  erscheint.  Zwischen  die 
Säulen  stellen  sich,  wenig  über  den  Grund  der  Wände  vortretend, 
bis  zu  einem  Drittel  der  Säulenhöhe  geführte,  glatte  Schranken,  vor 
denen  die  (,2x6)-)-  (2  X  3)  =  18  weibliche  Gewandfiguren  zwischen 
den  Säulen  aufgestellt  sind.  Keine  Stellung,  keine  Gebärde  wieder¬ 
holt  sich,  in  jeder  Figur  ein  anderes,  interessantes  Motiv.  Mit 
herab  wallendem  Schleier,  gesenktem  Haupte,  mit  verschlungenen 
Händen,  den  tiefsten  Ausdruck  der  Wehmuth  und  des  Schmerzes  im 
Antlitz  steht  eine  Figur  da,  —  das  Vorbild  einer  Mater  dolorosa 
der  Renaissancekunst.  iVIan  glaubt  vor  einem  Werke  der  italieni¬ 
schen  Frührenaissance  zu  stehen,  so  streng,  so  keusch  und  religiös 
ist  das  Figürchen  empfunden.  Bei  zwei  anderen  weifsen  Marmor- 
sarkophagen,  die  kein  Bildwerk  auf  den  Wandflächen  zeigen,  ist  die 
antike  Dachdeckung  mit  bewunderungswürdiger  Richtigkeit  nach¬ 
geahmt.  Hier  fehlt  keine  Giebelblume,  kein  Stirnziegel,  keine  Ueber- 
fälzung  der  Ziegel  ist  ausgelassen,  die  Firstziegel  tragen  Palmetten, 
die  Wasserspeier  an  der  Sima  sind  durchbohrt;  die  Deckel  sind  die 
kostbarsten  Modelle  des  griechischen  Marmordaches.  Bei  andern 
ist  im  Giebelfeld  des  Daches  ein  Reiter  mit  steigendem  Pferde,  oder 
es  sind  Blätter-  und  Blüthenverzierungen  mit  runden,  gewundenen, 
geriefelten  Ranken,  wie  an  der  Sima  des  Leonidaeon  in  Olymj^ia 
oder  an  der  Sima  der  Tholos  in  Epidauros,  angebracht.  Ueberall 
die  Anmuth  und  Schönheit  der  griechischen  Formen  bei  hoher  Voll¬ 
endung  der  Ausführung.  Der  reichste  unter  den  Sarkophagen  gehört 
der  Gattung  an,  die  in  Griechenland  erst  gegen  das  Ende  des  4.  vor¬ 
christlichen  .lahrhunderts  aufkommt,  bei  der  die  äufseren  Wandungen 
mit  Figurenreliefs  —  Kampfes-  oder  Jagdscenen  —  geschmückt  sind, 
wie  dies  der  als  ältestes  Beispiel  dieser  Art  genannte  Amazonen¬ 
sarkophag  in  Wien  aufweist. 

Was  uns  aber  den  Sidonischen  besonders  hoch  über  alle  be¬ 
kannten  stellt,  das  ist  sein  architektonischer  Aufbau,  der  edler  und 
charakteristischer  nicht  gedacht  werden  kann.  Den  Sockel  bildet 
eine  glatte  Plinthe,  über  der  sich  ähnlich  wie  bei  den  Wänden  des 
Erechtheions  eine  Gliederung  herumzieht,  bestehend  aus  Rundstab, 
Einziehung  zwischen  zwei  Plättchen,  kleinerem  Rundstab  und  darüber 
verkehrtem  lesbischen  Kyma  mit  Perlstab,  Plättchen  und  Ablauf. 
Die  Gliederungen  sind  mit  Flechtwerk,  Herzlaub  und  Perlen  aufs 
reichste  geziert  und  bilden  eine  prächtige  Basis  für  die  mit  Figuren 
geschmückten  Wände.  Die  52  cm  hohen  Figuren  sind  hoch  erhaben 
gearbeitet,  sodafs  Füfse  und  Arme  bei  einzelnen  vollständig  tVei  aus 
dem  Grunde  herausragen.  Die  Composition  der  Vorderwand  erinnert 
in  vielem  an  das  berühmte  Mosaikbild  der  Alexanderschlacht  in 
Neapel.  Links  vom  Beschauer  stürmt,  hoch  zu  Rofs,  Alexander  mit 
fliegendem  Mantel  und  eingelegter  Lanze  auf  die  in  Verwirrung  ge- 
ratheneu  Perser  ein,  während  auf  der  rechten  Seite  ein  makedoni¬ 
scher  General  (Perdikkas?)  mit  Sturmhaube  auf  dem  Haupte  und 
fliegendem  Mantel,  aber  in  weniger  bewegter  Haltung  in  das  Kampf¬ 
gewühl  sprengt.  Alexander,  mit  der  Kopfbedeckung,  wie  sie  auf 
seinen  Münzen  zu  sehen  ist,  angethan,  blickt  muthig  und  kampflustig, 
während  die  Gesichtszüge  des  Perdikkas  ernst  und  finster  —  an  die 
des  Coleonlstandbildes  in  Venedig  erinnernd  —  dreinschauen.  Wunder¬ 
bar  bewegt  ist  der  Entwurf,  wunderbar  das  Einzelne  ausgeführt: 
Schmerz,  Zorn,  Todeszucken  ist  merkwürdig  in  den  Gesichtern  aus¬ 
gesprochen,  die  Körper  der  Fufskämpfer,  von  denen  einer  dem 
Niedergeworfeuen  das  Messer  in  den  Hals  stöfst,  sind  vortrefflich 
modellirt.  Die  hoch  sich  auf  bäumenden  Rosse  sind  von  einer  Wahr¬ 
heit  und  Lebendigkeit,  die  an  einen  Meister  wie  Lionardo  erinnern. 
Der  Kampf  setzt  sich  auf  der  einen  Schmalseite  in  der  gleichen, 
packenden  Weise  fort;  die  andere  Lang-  und  Schmalseite  sind  mit 
ebenso  schönen  als  lebendig  geordneten  Jagdscenen  in  gleich 
vollendeter  Ausführung  geschmückt. 

Den  Figurenfries  schliefst  ein  Gesims  ab,  das  aus  einer  stärkern 
Hängeplatte,  deren  Vorderfläche  mit  erhaben  ausgeführtem  Mäander¬ 
schema  geschmückt  ist,  und  aus  einem  mit  Blättern  gezierten  Echiuos 
mit  Perlstab  besteht.  Diese  einfachen,  edlen  architektonischen  Glie¬ 
derungen,  welche  das  wilde  Gewoge  des  Kampfes  und  der  Jagd 
umrahmen,  tragen  in  ihrer  Geschlossenheit  und  Ruhe  nicht  wenig 
dazu  bei,  die  Figurencompositiou  noch  bewegter  erscheinen  zu  lassen. 
Auf  diesem  Unterbau  erhebt  sich  der  mächtige  Deckel,  dessen  senk- 


Nr.  33. 


Centralblatt  der  Bauverwaltun<r. 


.331 


rechte  Gliederungen  sich  genau  an  die  des  Abschlufsgesimses  des 
Sarges  anschliefsen  und  aus  einem  niedrigen  Architrav  mit  Karnies 
und  gezogener  Hohlkehle,  einem  mit  Weinranken  (Trauben  und 
Rebblättern)  gezierten  Friese  darüber  und  einem  jonischen  Zahn- 
schnittgeisson  mit  Sima  bestehen.  Die  letztere  ist  abwechselnd 
mit  Widderköpfchen  und  weiblichen  Köpfchen  mit  strahlenartig  ge¬ 
ordnetem  Haar  besetzt.  Auf  den  Giebelecken  sind  vier  liegende 
Löwen  angebracht,  während  die  Giebelfelder  kämpfende  Figürchen 
schmücken,  die  wohl  etwas  klein  im  Mafsstabe  ausgefallen  sind.  Bei 
dem  vorderen  erscheint 
ein  vornehmer  Mann 
von  Soldaten  zu  Boden 
geworfen ,  welche  auf 
ihn  eindringen. 

Zieht  schon  diese 
Arbeit  allein,  in  dem 
herrlichsten,  feinkörni¬ 
gen  weifsen  Marmor 
ausgeführt ,  mächtig 
an ,  so  fesselt  uns 
weiter  noch  die  Farbe, 
welche,  zum  grofsen 
Theil  recht  wohl  erhal¬ 
ten  ,  die  Bildwerke 
deckt.  Helme  und 
Waffen  der  Krieger 
sind  zum  Theil  ver¬ 
goldet,  die  Mäntel  des 
Alexander  und  Per- 
dikkas  violett-purpur¬ 
farben,  die  Haare 
blond,  die  Augen  und 
Lippen  aufs  sorgfäl¬ 
tigste  und  wundervoll 
gemalt,  die  Zügel  und 
Gebisse  der  Pferde, 

Pfeile,  die  im  Fleische 
der  Thiere  stecken, 
waren  nach  den  Spuren 
und  Kesten  in  Bronce 
gearbeitet  und  aufge¬ 
heftet,  die  Weinranken 
des  Frieses  heben  sich 
golden  auf  violett-pur¬ 
purnem  Grunde  ab, 
die  kleinen  Figürchen 
des  Giebels  entbehren 
gleichfalls  der  Farbe 
nicht.  Beim  Nackten 
—  den  Körpern  und 
Gesichtern  —  der  Fi¬ 
guren  ist  der  Marmor 
aufs  feinste  geglättet 
und  aufserdem  mit 
einer  farblosen  Wachs¬ 
politur  versehen  wor¬ 
den.  Das  Nackte  wirkt 
so  im  Schimmer  der 
übrigen  Farben  in  '  ■ 

einem  milden ,  nicht 
mehr  weifs  wirkenden 
Glanze,  wie  ihn  die 
menschliche  Haut  in 
Wirklichkeit  zeigt. 

Ich  möchte  daher  den 

von  Treu  neulich  in  den  Jahrbüchern  des  deutschen  archäolog.  In¬ 
stitutes  (Band  IV.  1889)  ausgesprochenen  Satz:  „Eine  Tönung  des 
Nackten  durch  blofses  Wachs  aber  halte  ich  für  ausgeschlossen“  nicht 
unterschreiben,  abgesehen  davon,  dafs  ich  den  süfsen  oder  zu  stark 
rosa  gefärbten  Fleischton,  der  so  vielen  antiken  Bildwerken  angedichtet 
wird,  nicht  gerade  für  eine  glückliche  Beigabe  erachte,  und  dafs  ver¬ 
schiedene  Künstler  ihre  Werke  in  Bezug  auf  die  Polychromie  ver¬ 
schieden  behandelt  haben  können  und  manches  eine  spätere  Zuthat 
sein  kann.  Die  farbigen  Figuren  heben  sich  vom  weifsen  Grunde 
ab  und  treten  so  in  ihrer  feinen  Färbung  vornehm  und  nicht  bunt 
in  die  Erscheinung.  Ein  gutes  und  zugleich  prächtig  wirkendes 
Gegengewicht  erhalten  die  Farben  der  Figuren  durch  das  gold¬ 
violette,  breite  Friesband  des  Deckels  und  durch  die  Licht-  und 
Schattenwirkungen  des  reich  skulptirten  Sockels,  der  wie  ein  Grau 
in  Grau  gemaltes  Ornament  wirkt. 

Wir  alle  waren  von  der  eigenthümlichen  Schönheit  und  Erhaben¬ 


heit  und  dieser  völlig  neuen  Leistung  griechischer  Kunst  wie  gebannt, 
und  der  Zauber  wird  auch  andere  umfangen,  denen  es  mit  der  Zeit 
vergönnt  sein  wird,  diese  Herrlichkeiten  zu  sehen  und  zu  prüfen,  und 
denen  mehr  als  nur  eine  kurze  Stunde  zugewiesen  ist,  um  sich  in 
diese  Gebilde  antiker  Kunst  mit  Mufse  vertiefen  zu  können. 

Als  die  Sarkophage  in  Constantinopel  eintrafen,  wurden  sie 
von  dem  deutschen  Botschafter  Herrn  von  Radowitz,  den  Herren 
Dr.  Mordtmann  und  Carabella  besichtigt  und  geprüft  (vgl.  lieoue 
archeolog.  Tome  XI  1888).  Anfänglich  glaubten  diese  Herren,  man 

habe  es  mit  dem  Sar¬ 
kophage  eines  der 
Generale  Alexanders, 
vielleicht  desPerdikkas, 
zu  thun,  da  das  eine 
Giebelfeld  die  Ermor¬ 
dung  eines  Feldherrn 
durch  seine  Soldaten 
als  Deutung  zuläfst, 
und  weil  man  sich  er¬ 
innerte,  dafs  Alexander 
in  Alexandrien  beige¬ 
setzt  worden  sei.  Cara¬ 
bella  aber  machte  da¬ 
gegen  geltend,  dafs  der 
Charakter  der  Arbeit, 
deren  ausgezeichnete 
Schönheit  und  der  Um¬ 
stand,  dafs  der  Sar¬ 
kophag  an  der  Seite 
desjenigen  eines  phö- 
nikischen  Königs  auf¬ 
gestellt  war,  der  ein 
Freund  Alexanders 
gewesen,  nur  auf  den 
Sarkophag  Alexanders 
schliefsen  lasse.  Er 
erblickt  in  den  Reliefs 
die  Eroberung  und 
Pacificirung  Asiens, 
die  Verschmelzung 
von  Griechen  und  Per¬ 
sern.  Eine  von  ihm 
angeführte  Inschrift 
auf  dem  Sarge  wird 
von  Hamdi-Bey  als 
unerwiesen  bezeichnet. 
Der  französische  Cor- 
y  respondent  der  Revue 
'  —  findet  die  Erklärung 

Carabellas  wenig 
glaubwürdig,  und  auch 
von  anderer  Seite  ist 
sie  schon  bestritten 
worden.  Ich  möchte 
hier  auf  ein  Zeugnifs 
Strabos  aufmerksam 
machen,  welches  lautet 
(Seite  794):  „Ein  an¬ 
derer  Theil  der  Königs¬ 
gebäude  ist  das  sog. 
Soma,  eine  Umfassung, 
.  ,  .  ■  innerhalb  welcher  die 

Grabgrüfte  der  Könige 
^  und  des  Alexandros  sind 
.  .  .  Alexandros  Leich¬ 
nam  aber  brachte  Ptolemaios  nach  Alexandreia  und  bestattete  ihn  da,  wo 
er  noch  jetzt  liegt,  jedoch  nicht  in  demselben  Sarge;  denn  der 
jetzige  ist  gläsern,  jener  aber  legte  ihn  in  einen  goldenen.  Diesen 
raubte  Ptolemaios  (mit  dem  Beinamen  Kokkes  und  Pareisaktos), 
welcher  aus  Syrien  hinkam,  aber  bald  vertrieben  wurde,  sodafs 
der  Raub  ihm  nutzlos  blieb.“  —  Das  Verschleppen  der  Originalhülle 
nach  Syrien  ist  also  wahrscheinlich,  wahrscheinlich  ist  auch,  dafs 
der  Goldsarg  nicht  die  äufserste  Hülle  bildete,  sondern  dafs  dieser 
nochmals  von  einer  im  Materiale  minder  kostbaren  verdeckt  wurde. 

Dafs  die  Ptolemaeer  den  Körper  haben  wollten  und  zu  haben 
glaubten,  weifs  man.  In  ihrer  Familiengruft  wurde  er  gezeigt,  z.  B. 
dem  Augustus  und  anderen  Kaisern.  Anfangs  war  der  Körper  mit 
allen  Ehren  zu  Memphis  beigesetzt  und  ist  von  Ptolemaios  Phila- 
delphus  nach  Alexandrien  erst  verbracht  worden.  Man  wird  also  die 
Eiferer  für  den  Sarg  Alexanders  nicht  so  hart  verurtheilen  dürfen, 
wie  es  vielfach,  oft  in  wenig  höflicher  Form,  geschehen  ist,  und  mau 


Oentralblatt  der  Bauverw'altiing-, 


16.  August  18D0. 


wird  wohl  daran  thun,  bei  Untersuchungen  über  den  Gegenstand  die 
Leiche  und  deren  verschiedene  Hüllen  auseinander  zu  halten.  Im 
grofsen  und  ganzen  kann  es  für  den  Künstler  gleichgiltig  sein,  ob 
Alexander  in  dieser  wunderbaren  Marinorhülle  wirklich  gelegen  hat 
oder  nicht  —  seiner  würdig  war  sie  sicher. 

Schliefslich  sei  noch  erwähnt,  dafs  auch  den  geübten  griechischen 
Künstlern  etwas  Menschliches  passiren  konnte,  indem  z.  B.  der 
Vorderfufs  des  Pferdes  Alexanders  mittels  eines  Eisenstiftes  (nicht 
Bronce)  angestückelt  war. 

Eine  Zeichnung  nach  der  Aufnahme  IIamdi-Be3’s  über  die  Nekro¬ 


pole  in  Sidon,  welche  die  Einrichtung  derselben  in  einem  Grund- 
plane  und  einem  senkrechten  Schnitte  zeigt,  ist  in  der  Abbildung 
dargestellt.  Bemerkenswerth  auf  dieser  ist  der  Grabverschlufs  einer 
Kammer  der  später  aufgedeckten  Gräber  mit  einem  einzigen  Quader¬ 
steine  von  3,42  m  Länge,  1,70  m  Breite  und  1,60  m  Höhe  (9,3  cbmj, 
dessen  hufeisenförmige  Aufzugs-  und  Ablafsvorrichtungen  an  die¬ 
jenigen  der  Werkstücke  des  Riesentempels  in  Girgenti  erinnern. 
Auch  dieser  91/2  cbm  messende  Stein  genügte  nicht,  um  dem  Todten 
seine  Ruhe  zu  sichern. 

Karlsruhe,  den  23.  Juli  1890.  Dr.  Josef  Durin. 


Die  Bauten  der  nationalen  Ausstellung  von  1891  in  Palermo 


Ueber  die  für  das  kommende  Jahr  in  Palermo  geplante  Ver¬ 
sammlung  der  italienischen  Architekten  und  Ingenieure,  zu  der  auch 
fremde  Techniker  eiugeladen  sind,  ist  in  Nr.  1  dieses  Jahrganges 
von  anderer  Seite  schon  berichtet  worden.  Auch  die  dort  für  den 
November  1891  vorberei¬ 
tete  nationale  Aus¬ 
stellung  wurde  in  jener 
Mittheilung  bereits  ei-- 
wähnt. 

Wir  lassen  hier  an 
der  Hand  des  uns  vom 
leitenden  Architekten  der 
Ausstellungsbauten,  Pro¬ 
fessors  Ernesto  Basile, 
gütigst  zur  Verfügung  ge¬ 
stellten  Materials  einige 
Angaben  über  die  be¬ 
reits  begonnenen  Baulich¬ 
keiten  folgen,  die  gewifs 
auch  für  den  deutschen 
Leserkreis  von  Interesse 
sein  werden. 

Der  an  130  OOO  qin 
fassende  Bauplatz ,  er¬ 
weiterungsfähig  bis  auf 
160  000  qm,  liegt  an  der 
porta  Macqueda,  zur 
Linken  der  via  della  Li- 
bertä.  Die  zuerst  in  An¬ 
griff  genommenen,  an  der 
Ecke  zwischen  via  della 
Libertä  und  der  piazza 
Gastelnuovo  befindlichen 
Hauptbauten  schlie- 
fsen  den  grofsen  Fest- 
saal  mit  Zubehör,  den 
Thurm  und  die  Gale- 
rieen  für  die  Maschi¬ 
nenindustrie  und  Ma- 
nufacturarb  eit  (Ge¬ 
webe,  Möbel  und  Geräthe 
usw.),  im  Plan  mit  III, 

IV,  V  und  VI  bezeichnet, 
in  sich,  in  zwei  Armen  im 
rechten  Winkel  ausein¬ 
andergehend  und  bei  einer 
Breitenausdehnung  von 
80,5  m  (ohne  Vorsprünge 
gemessen)  und  einer 
Länge  von  über  258  m 
nach  der  via  Libertä  zu 
einen  Flächenraum  von 
26  297  qm  bedeckend.  Sie 
reden  die  Pormensprache 
normannisch  -  sicilischer 
Architektur  (vgl.  Ab-b.  1). 

Der  zwischen  Thürme  und 
Halbkreisgalerieen  einge¬ 
schlossene  Haupteingang 
führt  auf  das  Vestibüle  und  durch  einen  weiteren  Vorraum  auf 
den  quadratischen  (24  m),  zur  Abhaltung  von  Festen  bestimmten 
Kuppelsaal,  der  sich  durch  drei  ausgebaute,  ihrerseits  durch  Halb¬ 
kuppeln  geschlossene  Nischen  bei  einer  Gröfstbreite  von  über  44  m 
und  einer  Gesamtlängenausdehnung  von  über  45  m  zu  einem  Flächen¬ 
raum  von  1165  qm  erweitert.  In  einer  Höhe  von  4,75  m  über  Fufs- 
boden  laufen  Galerieen  um  den  Saal,  durch  Treppen  zu  Seiten  des 
Vestibules  und  im  Rücken  zugänglich.  Hinter  dem  Saale  baut  sich 
der  in  der  Form  achteckige  Thurm  (12  m  Durchmesser)  bis  zu  einer 


Höhe  von  50  m  auf.  Die  Seitenarme  des  Baues  fassen  in  sich  nach 
der  Längsrichtung  je  acht  Galerieen  von  abwechselnd  13  und  7  m 
Breite  und  quer  hindiu'chgehend  und  in  Uebereinstimmung  mit  den 
die  Front  gliedernden  Vorbauten  solche  dreifache  Galerieen  mit  einer 

Mittelschift’breite  von  13m 
und  einer  Seitenschiff¬ 
breite  von  7  m. 

Zur  Construction 
werden  fast  ausschliefs- 
lich  Holz  und  Eisen  ver¬ 
wandt,  als  Deckmaterial 
Dachpappe  und  flache 
Dachziegel;  die  Wände 
werden  innen  und  aufsen 
(hier  doppelt)  mit  Rohr¬ 
geflecht  oder  Matten 
(stuoje)  bekleidet,  die 
einen  Bewurf  erhalten, 
um  den  Eindruck  des 
Massiven,  Gemauerten  zu 
erzielen.  Im  Innern  wer 
den  die  Wände  bemalt, 
die  Decken  der  Galerieen 
usw.  mit  bemalter  Leine¬ 
wand  bespannt.  Die 
Fufsböden  werden  in  Ge¬ 
ment  oder  in  Holztafeln 
hergestellt. 

Die  Kosten  sind  für 
diesen,  mit  III,  IV,  V  und 
VI  bezeichneten  Hauptbau 
mit  rund  521 000  Lire 
angenommen,  wobei  auf 
den  Bau  des  Festsaales 
mit  den  Trej^pen  und  den 
in  zwei  Stockwerken  um¬ 
laufenden  Galerieen,  dem 
Vestibüle,  den  Vorhallen 
und  Vorbauten  171 080 
Lire,  für  den  Thurm  30  000 
Lire  und  für  die  Galerieen 
(Industrie  meccaniche  e 
manifatturiere)  313 170 
Lire,  für  die  Wasserab¬ 
leitung  6700 Lire  entfallen, 
was  bei  dem  Festsaal 
einem  Satz  von  40  Lire, 
bei  den  Galeriebauten 
einem  solchen  von  nicht 
ganz  14  V2  Lire  für  das 
Quadratmeter  gleich¬ 
kommt.  Als  Lohnsätze 
gelten  für  den  Erdarbeiter 
auf  den  Arbeitstag  2,60 
Lire,  für  den  Maurer 
3  Lire,  dasselbe  für  den 
Tischler,  3,50  für  den 
Zimmermann ,  3  Lire 

für  den  Schmied,  3,20 
für  den  Anstreicher,  2  Lire  für  den  Handlanger  und  1,20  Lire 
für  den  Burschen,  4  Lire  für  den  Oberaufseher  und  5  Lire  für  den 
Karren  (Vs  cbm)  zu  einem  Pferd  mit  Führer.  Kiessand  aus  dem 
Flufs  oder  der  Grube  wird  für  das  Cubikmeter  mit  4,50  Lire  bezahlt, 
Mörtel  von  Kalk,  Sand  und  Pozzolane  im  Verhältnifs  von  40  zu  20 
zu  40  das  Cubikmeter  mit  14  Lire,  Gips  in  Pulver  für  das  MAuäa- 
gramm  32  ceutesimi.  Gement  desgleichen  60  cent.,  Holztafeln  (von  Triest) 
für  das  Cubikmeter  60  Lire,  Balkenholz  von  ebendort  (pino  abete) 
das  Cubikmeter  mit  50  Lire  und  Lärchenholz  mit  65  Lire.  Die 


Abb.  1.  Hauptbau  an  der  Ecke  (Festsaal). 


Abb.  2. 

I  Mascliiiieugalerie.  II  Treppeuaufgiiiige.  III  Mascliiiieubau.  IV  Festsaal.  V  Tcxtilkuust  VI  Möbel 
und  Gcrätlie.  VII  Graph.  Künste.  VII!  Keramik  (Glas).  IX  Präsidentschaft.  X  Erziehung  und  Unter¬ 
richt.  XI  Schöne  Künste.  XII  Freie  Künste.  XIII  Bergwerk-  und  Eiseuindustrie.  XIV  Chemische  Er¬ 
zeugnisse.  XV  Nahrungsmittel.  XVI  Transportmittel.  XVII  Elektricität.  XVIII  Königs -Pavillon. 
XIX  Pavillon  der  Stadt  Palermo.  XX  Heer  und  Marine. 


Kr.  33. 


Oentralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


333 


Arbeiten  müssen  im  grofsen  und  ganzen  bis  spätestens  den  30.  Juni 
1891  vollendet  sein,  und  der  Unternehmer  hat  zwei  Monate  nacli  dem 
Schlufs  der  Ausstellung  mit  dem  Wiederabbruch  zu  beginnen. 

Von  den  sonstigen  zur  Ausführung  gelangenden  Bauten,  deren 
Anordnung  aus  dem  Plan 
ersichtlich  ist,  zeichnet  sich 
der  in  Eenaissanceformen 
gehaltene,  den  schönen 
Künsten  geweihte  und 
gleich  den  übrigen  vom 
Ausstellungsarchitekten 
Basile  entworfene  Palast 
aus  (Abb.  3).  Wir  bemer¬ 
ken  zu  dieser  gewifs  haupt¬ 
sächlich  interessirenden 
Abtheilung,  dafs  hier  auch 
fremde,  in  Italien  dauernd 
oder  auch  nur  vorüber¬ 
gehend  sefshafte  Künstler 
ausstellen  können.  Die 
Abtheilung  umfafst  d  i  e 
alte  Kunst  (Malerei, 

Bildhauerei,  Architektur, 

Kunstkeramik ,  Möbel, 

Juwelierwaren,  Medaillen 
und  Münzen ,  gewirkte 
Teppiche  und  Spitzen, 

Waffen  und  Niello  und 
Arbeiten  in  Wachs),  die 
zeitgenössische  Kunst  (jede  Art  Malerei,  Stiche,  Lithogra- 
phieen  und  Künstlerhandzeichnungen,  figürliche  und  ornamentale 
Bildhauerei  in  Marmor,  Holz,  Gips,  Terracotta,  Metall  und  in  dritter 


Klasse  die  Architektur  in  Entwürfen)  und  die  Musik  (Unterrichts¬ 
material,  Litteratur  darüber,  Veröffentlichungen  und  musicalische 
Instrumente).  —  Hauptzweck  der  „Retrospectiv-Ausstellung“  der  alten 
Kunst  ist,  die  reichen  Kunstschätze  Siciliens  vorzuführen,  die  sich  in 

den  einzelnen  Gemeinden, 
Genossenschaften, Kirchen 
und  bei  Privaten  befinden, 
und  man  giebt  sich  der 
Hoffnung  einer  grofsen  Be- 
theiligungund  eines  beson¬ 
deren  Anziehungspunktes 
für  gerade  diese  Abthei¬ 
lung  hin. 

Wie  die  Eröffnung 
der  Ausstellung  auf  den 
1.  November  1891,  so  ist 
der  Schlufs  vorläufig  auf 
den  31.  Mai  1892  festge¬ 
setzt,  doch  hat  sich  der 
Ausstellungsausschufs  das 
Recht  einer  Verlängerung 
Vorbehalten.  Wir  er¬ 
innern  auch  nochmals 
daran,  dafs  für  den 
Architektentag,  für  den 
ein  sicherer  Zeitpunkt  bis 
jetzt  noch  nicht  fest¬ 
gesetzt  ist,  auch  ein 
Ausflug  zu  den  bedeut¬ 
samsten  Punkten  und  antiken  Denkmälern  der  Insel  geplant  ist,  und 
dafs  man  sich  die  Theilnahme  am  Architektentage  durch  eine  einmalige 
Beitragsleistung  von  12  Mark  sichert.  Friedrich  Otto  Schulze. 


0  S  10  20  30'" 

! . . . . ! 

Abb.  3.  Palast  der  schönen  Künste. 


Die  Bauausführung  der  zweiten  Weichselbrücke  bei  Dirschau. 

(Fortsetzung.) 


3.  Der  eiserne  Ueberbau  (Abb.  5—7). 

Die  Träger  sind  für  jede  Oeffnung  getrennt  und  in  Fisch¬ 
bauchform  mit  symmetrischer  Krümmung  der  oberen  und  unteren 
Gurtung  angeordnet.  Die  tragenden  Querträger  für  die  Fahrbahn  sind 
mit  senkrechten  Hängestäben  (4  Winkeleisen)  an  den  18  freien  Knoten¬ 
punkten  des  Untergurts  aufgehängt,  und  zwar  in  gleichen,  wagerechten 
Abständen  von  7  m.  Die  Achse  der  unteren  Gurtung  liegt  in  der 
Mitte  etwa  1,3  m,  am  Auflager  etwa  8,6  m  über  der  Fahrbahn.  Die 
Höhe  der  Träger  beträgt  in  der  Mitte  18,  am  Auflager  3,36  m 
zwischen  den  Gurtungs-Achsen. 

Beide  Gurtungen  haben  den  Querschnitt  zweier  nebeneinander 
liegenden  Kreuze  von  je  0,5  m  Breite  und  0,9  m  Höhe  und  gestatten 
somit  die  Anbringung  der 
Diagonalstäbe  und  Hänge¬ 
stangen  in  zweckmäfsiger 
und  einfacher  Weise  unter 
Vermeidung  aller  Kröpfun¬ 
gen.  Jedes  der  beiden 
Kreuze  besteht  aus  4  Win¬ 
keleisen  und  mehrfach  zu¬ 
sammengelegten  Platten.  Die 
Tragwände  zwischen  den 
Gurtungen  sind  —  wie  u.  a. 
bei  der  Riesaer  und  Tilsiter 
Brücke  —  ohne  alle  senk¬ 
rechten  Glieder  lediglich 
durch  Schrägstäbe  hergestellt,  welche  demnach  auf  Zug  und 
Druck  beansprucht  werden.  Dieselben  bilden  ein  zweifaches  System, 
schneiden  sich  also  in  der  wagerechten  Mittellinie  des  ganzen  Trägers 
und  sind  daselbst  durch  ein  wagerechtes  Band  verbunden,  sodafs 
diese  Mittellinie  der  Gesamtform  auch  äufserlich  zur  Erscheinung 
kommt.  Die  gröfste  Länge  der  Diagonalen  beträgt  9,66  m. 

Die  Unterkante  der  Eisentheile  liegt  auf  15,6,  die  Fahrbahn 
(S.  0.)  in  gleicher  Höhe  mit  der  bestehenden  Brücke  auf  17,12  m  über 
N.  N.,  mithin  6,26  m  über  dem  höchsten,  13,8  m  über  dem  niedrigsten 
Wasserstande  sowie  im  Mittel  10  m  über  dem  Vorlande  (s.  Abb.  3  u.  4 
auf  S.  324  u.  325).  Die  obere  Gurtung  ragt  in  der  Mitte  der  Oeffnung 
(mit  rund  37  m  über  N.  N.)  etwa  um  9  m  über  diejenige  der  alten 
Brücke  empor.  Diese  Verschiedenheit  in  der  Höhe  und  der  Gesamt¬ 
form  der  Träger  beider  Brücken  ist  selbstverständlich  für  die  An¬ 
sicht  der  Bauwerke  von  ober-  oder  unterhalb  recht  ungünstig.  Das 
konnte  jedoch  in  diesem  Falle  kaum  in  Betracht  kommen  und  jeden¬ 
falls  keinen  Grund  abgeben,  die  nach  dem  gegenwärtigen  Stand  der 


Wissenschaft  als  zweckmäfsiger  erkannte  Form  durch  eine  weniger 
geeignete  zu  ersetzen,  denn  zur  Betrachtung  beider  Bauwerke  ist 
kaum  Gelegenheit  geboten.  Der  Schiffsverkehr  auf  der  Weichsel  be¬ 
schränkt  sich  in  jener  Gegend  ausschliefslich  auf  Frachtgut  und  ist 
auch  in  dieser  Beschränkung  recht  ger>ng,  und  die  schwach  be¬ 
völkerten  Ufer  des  Stromes  sind  zum  Begehen,  zumal  der  Westseite, 
wenig  einladend.  Selbst  die  Einwohner  des  einzigen  benachbarten 
Ortes,  der  Landstadt  Dirschau,  dürften  die  Ufer  der  Weichsel  wohl  nur 
wenig  betreten. 

Der  Abstand  der  Mittelebenen  der  eisernen  Tragwände  (vergl. 
Abb.  6a)  mifst  9,5m,  die  Gurtungsbreite  Im,  demnach  die  Gesamt¬ 
breite  des  Eisen-Ueberbaues  10,5  und  der  freie  Raum  zwischen  den 

Gurtungen  8,5  m,  sodafs 
bei  3,5  m  Geleisabstand 
beiderseits  der  Geleis-Achsen 
noch  2,5  m  völlig  freier  Platz 
bleibt,  d.  h.  0,5  m  mehr  als 
das  Normalprofil  verlangt. 
Diese  Zugabe  erscheint  mit 
Rücksicht  auf  den  Verkehr 
der  Beamten  und  Arbeiter, 
sowie  auf  die  erforderlichen 
Reinigungs-,  Anstrich-  und 
sonstigen  Unterhaltungsar¬ 
beiten  jedenfalls  sehr  er¬ 
wünscht.  Unterhalb  des  Un¬ 
tergurts  verbreitert  sich  der  freie  Raum  bis  zu  den  Hängstangen, 
welche  die  Fahrbahn  tragen,  um  0,5  und  zwischen  letzteren  bis  zu 
den  Geländern  noch  weiter  auf  im  ganzen  10,1  m.  Zwischen  den 
Obergurten  der  beiden  Hauptträger,  also  oberhalb  des  freien  Profils, 
befinden  sich  Versteifungen  als  oberer  Windverband. 

Die  an  den  Hauptträgern,  wie  oben  bemerkt,  aufgehängteu  und 
in  7  m  Abstand  befindlichen  Querträger  (Abb.  6a)  sind  9,9  m  lang, 
an  den  Enden  0,724,  in  der  Mitte  1,269  m  hoch,  aus  vollem,  13  mm 
starkem  Blech  gebildet  und  mit  Gurtungen  von  je  zwei  Winkeleisen 
und  zwei  Platten  gesäumt.  Die  untere  Begrenzung  ist  bis  nahe  den 
Enden  nach  einem  Kreisbogen  von  14  m  Halbmesser  durchweg  ge¬ 
krümmt.  Vor  die  Enden  dieser  Querträger  legt  sich  jederseits  ein 
„Randträger“  von  0,724  m  Höhe,  gleichfalls  aus  vollem  Blech  mit 
Winkeleisen  gebildet,  welcher  durch  die  ganze  Oeffnung  in  gleichen 
Abmessungen  und  ohne  Unterbrechung  durchgeht,  an  seinen  Enden 
auf  den  Pfeilern  aufliegt  und  im  übrigen  an  allen  18  Querträgern 
befestigt  ist.  Gleich  hohe  Längsträger  liegen  dann  noch  zwischen  den 


334 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


16.  August  1890. 


Randträgern  unter  jeder  der  vier  Fabrschienen.  Ueber  diese  sechs 
Längs-  oder  „Schwellenträger"  hinweg  sind  in  Entfernungen  von 
0,7  m  eiserne  Quer  schwellen  gestreckt  von  10,3  m  Länge  und 

85  mm  hohem,  300  mm  breitem  Vautherin- 
Profil  mit  breiten,  zur  Befestigung  auf 
den  Schwellenträgern  geeigneten  Fufs- 
flanschen  (Abb.  6b).  Auf  den  Quer¬ 
schwellen  sind  die  Schienen  mittels 
keiliger  (Haarmanuscher)  Hakenplatten 
befestigt,  sodafs  die  Schwellen  ihre 
gerade  Gestalt  unversehrt  behalten.  Der 
übrige  Flächeu’;aum  ist  mit  10  cm  star¬ 
kem  Bohlenbeleg  bedeckt. 

Ein  oberer  AVindverband  liegt, 
wie  erwähnt,  zwischen  den  oberen  Gur¬ 
tungen  der  Hauptträger,  ein  zweiter  in 


3.  der  durch  Biegung  eintretenden  Neigung  der  Schwellenträger- 
Enden  folgen  und  endlich 

4.  den  Winddruck  durch  ein  wagerechtes  Anlager  auf  den 
Pfeiler  übertragen  können.*) 

Um  die  Wirksamkeit  der  beiden  unteren  Platten  der  Schwellen¬ 
träger  Ni  und  S-i  (die  beiden  inneren  haben  deren  nur  eine)  zugleich 
als  Gurtungen  des  Windverbandes  zu  sichern,  sind  dieselben 
durch  entsprechende  Ausschnitte  der  Querträgerwände  hindurch¬ 
geführt.  Diese  Ausschnitte  haben  250  mm  wagerechte  Breite  und 
26  mm  Höhe,  genau  die  Mafse  der  beiden  Platten,  und  sind  durch 
beiderseits  aufgelegte,  ebenso  ausgeschnittene  Platten  umsäumt. 

Bemerkenswerth  ist  auch  die  Anordnung  des  Kreuzungspunktes 
der  beiden  Diagonalen  zweiter  Ordnung  mit  dem  Querträger,  wie  sie 
aus  den  Zeichnungen  hervorgeht.  Hier  ist  der  Querträger  nicht 
durchbrochen,  vielmehr  sind  die  Verbindungen  durch  kurze,  ungleich¬ 
schenklige  Winkeleisen  vermittelt. 


Abb.  6a.  Halber  Querschnitt. 

der  Ebene  der  Uuterkante  der  Schwellenträger  (Abb.  7).  Der  letztere 
bietet  einige  besonders  anerkennenswerthe  Eigentbümlichkeiten  dar. 
Als  Gurtungen  dieses  wagerechten  Windverbandes  dienen  nämlich  die 


Abb.  6  b. 

Ansicht  des  Schwellenträgers. 

Von  besonderer  Bedeutung  ist  die  Anordnung  der  Auflager 
der  Hauptträger.  Hier  ist  wohl  zum  ersten  Mal  neben  der  Be¬ 
weglichkeit  in  der  Längeurichtung  auch  derjenigen  in  derQuer- 


Abb.  7. 


Abb.  8  a. 


Abb.  8  b. 


Grundrifs  des  Windverbandes. 


Ansicht  eines  Strompfeilers. 


unteren  Gurtungen  der  äufseren  Eand-Schwellenträger,  aufserdem  aber 
auch  diejenigen  der  beiden  in  5  m  Abstand  unter  den  äufseren  Schienen 
liegenden  Schwellenträger.  So  entsteht  ein  System  erster  und  ein 
solches  zweiter  Ordnung,  welche  innerhalb  der  beiden  letztgenannten 
Schwellenträger  mit  einander  verbunden  erscheinen,  daselbst  aber 
durch  zwischengelegte  kürzere  Diogonalen  kenntlich  werden. 

Als  Auflagerpunkte  (in  wagerechtem  Sinne)  dienen  für  beide 
Systeme  die  Endpunkte  jener  beiden  unter  den  äufseren  Schienen 
gelegenen  Schwellenträger  {Si  und  S2),  wie  dies  aus  der  Zusammeu- 
tührung  der  Diagonalen  nach  diesen  Punkten  im  Grundrifs  hervor¬ 
geht.  Die  Hauptdiagonalen  erhalten  innerhalb  jener  beiden  Träger 
(Si  und  Si)  vereinigte  Beanspruchung.  Die  A^ertheilung  der  Span¬ 
nungen  auf  die  beiden  Gurtungssysteme  ist  nach  dem  Verhältnifs 
der  bei  der  Durchbiegung  eintretenden  Längenänderungen  vorge¬ 
nommen. 

Die  Auflager  der  bezeichueten  beiden  Schwellenträger 
{Si  und  Si)  sind  so  angeordnet,  dafs  sie 

1.  der  Wärmeausdehnung  in  der  Längenrichtung  der  Brücke, 

2.  derselben  in  der  Querrichtung  der  Brücke, 


richtung  der  Brücke  in  ausgiebigster  Weise  Rechnung  getragen  auf 
Grund  der  Erwägung,  dafs  ohne  solche  Querbeweglichkeit  bei  einem 
Trägerabstand  von  9,5  m  doch  recht  erhebliche  Neben  Spannungen 
und  Verbiegungen  an  den  Enden  der  Brückenkörper  durch  Wärme¬ 
ausdehnung  hervorgerufen  werden  können.  Es  ergiebt  sich  sonach 
für  jede  Oeffnung: 

1.  ein  festes  Auflager, 

2.  ein  Auflager  nur  mit  Querbeweglichkeit  (neben  1), 

3.  ein  solches  nur  mit  Längsbeweglichkeit, 

4.  ein  solches  mit  Längs-  und  Querbeweglichkeit  (neben  3). 

Bei  dem  letzteren  liegen  thatsächlich  unter  dem  Kipplager  zwei 
in  ihren  Richtungen  sich  rechtwinklig  kreuzende  Gruppen  von  Rollen¬ 
ausschnitten  („Stelzen“)  von  je  300mm  Höhe  übereinander. 

Die  Auflager  sind  mit  grofser  Sorgfalt  entworfen  und  hergestellt. 
Die  Stelzen  sowie  die  eingelegten  Bolzen  der  Kipplager  von  120  mm 
Durchmesser  und  die  Keile  darunter  sind  aus  Kruppschem  Tiegel- 
gufsstahl,  alle  übrigen  Haupttheile  der  Auflager,  so  auch  die 

*)  Vgl.  Centralbl.  d.  B.-V.  1889  S.  339. 


h\  33. 


m 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


1,5  auf  1,3  m  grofsen  und  50  mm  starken  Grundplatten  aus  Martinform¬ 
stahl  gebildet.  Das  Material  der  sechs  Brückenkörj^er  ist  Schwcifs- 
•eisen,  nur  zu  einigen  Theilen,  welche  erheblichen  Formänderungen 
vorzugsweise  ausgesetzt  sind  (wie  z.  B.  die  Trageisen  der  Fahrbahn) 
ist  Martinflufseisen  verwendet. 

Das  Gesamtgewicht  der  Eisentheile  beträgt  mit  Einschlufs 
der  Auflager  rund  6600  Tonnen,  darunter  etwa  300  t  Flufseisen  und 
100  t  Martin-  und  Tiegelformstahl,  das  giebt  etwa  8,5  t  auf  das  Meter 
Stützweite.  Das  Gewicht  der  alten  Brücke  bei  6,6  m  Breite  und 
einem  Geleise  beträgt  (nach  einer  Angabe  in  R^ihas  Ober-  u.  Unter¬ 
bau,  S.  383)  11,716  t  auf  das  Meter. 

4.  Die  Pfeiler  (Abb.  8  und  9). 

Die  fünf  Mittelpfeiler  (Abb.  8)  zeigen  in  ihrem  sichtbaren 
Theil  zunächst  einen  mit  hellem  schwedischen  Granit  verkleideten. 


durch  statische  Gründe  geboten  war.  Weil  nämlich  bei  der  Quer¬ 
beweglichkeit  eines  Auflagers  der  gesamte  Winddruck  (soweit  er 
aus  dem  oberen  Windverbande  herstammtj  für  die  Hälfte  der  Oeff- 
nung  ausschliefslich  an  dem  einen  Auflagerpunkt  in  den  Pfeiler 
übergeht,  so  könnte  die  Mittelkraft  aus  senkrechtem  und  wage¬ 
rechtem  Druck,  sobald  sie  nach  der  Innenseite  gerichtet  ist,  in  den 
freien  Zwischenraum  fallen  oder  doch  diesem  zu  nahe  kommen.  Um 
das  zu  verhüten,  mufste  eine  Versteifung  zwischen  beiden  Stütz¬ 
pfeilern  geschaffen  werden,  sodafs  eine  theilweise  Uebertragung  des 
Winddruckes  auf  den  andern  Stützpfeiler  ermöglicht  wird.  Auf  der 
äufseren  Seite,  wo  genügender  Platz  vorhanden  ist,  sind  diese  Stütz¬ 
pfeiler  erheblich  verstärkt,  um  der  auch  dorthin  möglichen  Ab¬ 
weichung  des  Auflagerdrucks  gerecht  zu  werden. 

Die  beiden  Landpfeiler  (Abb.  9)  umfassen  die  auch  hier  8  m 
breite  und  mit  Flachbogen  überspannte  Durchfahrt  mittels  eines  im 


Abb.  9a.  Ansicht  eines  Landpfeilers. 


Abb.  9b.  Schnitt  durch  einen  Landpfeiler. 


im  Innern  aus  Ziegelmauerwerk  be¬ 
stehenden  Hauptkörper,  welcher  von 
den  Sockelabsätzen  an  mit  Vis  geböscht 
ist  und  in  einer  Höhe  von  12  m  über 
Eliedrigwasser  6  m  stark  und  18  m  breit 
ist,  sich  dann  durch  ein  1,8  m  hohes 
ausgekragtes  Gesims  auf  7,4  bezw. 

19,8  m  vergröfsert  und  in  dieser  Höhe 
Ton  13,7  über  Niedrigwasser  (Ord.  16,94 
+  N.  N.)  eine  Plattform  bildet.  Auf 
dieser  erheben  sich  in  8  m  Abstand  die 
Leiden  Stützpfeiler,  welche  mit  starken 
Granitquadern  (auf  Ord.  23,97)  die  vier 
Auflager  des  eisernen  Unterbaues  tragen. 

Damit  schliefst  die  Mauerung  ab,  so¬ 
dafs  die  (3,36  m  hohen)  Enden  der 
Hauptträger  auf  den  Mittelpfeilern  frei 
sichtbar  bleiben. 

Der  Zwischenraum  von  8  m  Breite 
läfst  freien  Durchgang  für  die  beiden 
Geleise,  während  für  die  auf  der 
Brücke  verkehrenden  Beamten  und 
Arbeiter  beiderseits  Fufswege  um  die 
Stützpfeiler  herumleiten.  Diese  letzte¬ 
ren  sind  über  dem  zur  Durchfahrt  freien 
Raume  durch  einen  Flachbogen  (von  1,5  m  Pfeilhöhe)  verbunden, 
Twas  nicht  allein  aus  Schönheitsrücksichten  erwünscht,  sondern  auch 


ganzen  22  m  breiten  Thorbaues,  welcher 
im  Anschlufs  an  die  gothischen  Formen 
der  alten  Brückenpfeiler  wahrschein¬ 
lich  auch  mit  Zinnen  bekrönt  und  in 
seinem  mittleren  Theile  sich  bis  43  m 
über  N.  N.  (etwa  40  m  über  Niedrig¬ 
wasser)  erheben  wird.  Derselbe  ent¬ 
hält  nach  den  vorliegenden  Zeich¬ 
nungen  einen  8  m  weiten,  9  m  hohen 
Spitzbogen  über  dem  bezeichneten 
Flachbogen.  Die  architektonische  Aus¬ 
gestaltung  der  Brückeneingänge  ist 
übrigens  noch  nicht  endgültig  festge¬ 
stellt.  —  Die  verbindende  Ufermauer 
zwischen  dem  alten  und  neuen  Land¬ 
pfeiler  ist  schon  oben  erwähnt.  Bei 
dem  östlichen  Landpfeiler  wird  jedoch 
der  Kern  so  hergestellt,  dafs  nach 
Abbruch  der  Anschlufsmauern  die  Umge¬ 
staltung  des  Landpfeilers  zu  einem  Mit¬ 
telpfeiler  unschwer  ausführbar  bleibt. 
Diese  Möglichkeit  ist  vorgesehen  wor¬ 
den  für  den  Fall,  dafs  später  be¬ 
schlossen  werden  sollte,  das  Hcchwasser 
der  Nogat  ganz  oder  theilweise  mit 
durch  die  Weichsel  abzuführen  und  zu  diesem  Zweck  die  Weichsel¬ 
brücke  zu  erweitern.  (Fortsetzung  folgt.) 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


10.  Au“iist  1890, 


O  O 
000 


Statistik  der  Eisenbahnen  Deutschlands  iin  Betriebsjahre  1888  89. 


Aus  dem  IX.  Bande  der  „Statistik  der  im  Betriebe  befindlichen 
Eisenbahnen  Deutschlands  für  das  Betriebsjahr  1888  89‘‘  und  dem 
VIII.  Bande  der  „Uebersichtlichen  Zusammenstellung  der  wichtigsten 
Angaben  der  deutschen  Eisenbahnstatistik  für  die  Betriebsjahre  1887  88 
und  1888  89",  welche  im  Laufe  des  Monats  März  d.  J.  vom  Keichs- 
Eisenbahnamt  der  Oeffentlichkeit  übergeben  worden  sind  und  eben¬ 
sowohl  bezüglich  der  reichen  Fülle  des  Inlialts  als  auch  bezüglich 
der  Anordnung  des  Stoffes  mit  den  vorangegangenen  Ausgaben  über¬ 
einstimmen,  entuehmen  wir  im  Anschlufs  an  unsere  früheren  Mit¬ 
theilungen  —  vergl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1889,  Seite  110  — 
nachstehende  auszügliche  Angaben  über  das  Gesamtergebnifs  ein¬ 
zelner  Xachweisungen. 

I.  Eiseiihaliiieu  für  den  ölfentlicdieu  Verkehr  mit  Vollspur  (IjBI.j  m). 

Die  Länge*)  der  in  obigen  Werken  vorzugsweise  in  Betracht 
gezogenen  vollspurigen  Bahnen  für  den  öffentlichen  Verkehr  hat  im 
Laufe  des  Berichtsjahres  um  92(3  km  (1110  km)  zugenommen  und 
betrug  am  Schlüsse  desselben  40  083  km.  Eine  wesentliche  Ver¬ 
schiebung  im  Verhältnisse  der  Staats-  und  Privatbahnen  ist  gegen¬ 
über  dem  Vorjahre  nicht  eingetreten.  Es  entfallen  nämlich  von  der 
Gesamtlänge  35230  km  oder  87,89  (87,83)  pCt.  auf  die  Staats¬ 
bahnen  und  auf  Eechnung  des  Staates  verwalteten  Privat- 
bahnen,  104  km  oder  0,26  (0,24)  pCt.  auf  die  Privatbahnen 
unter  Staatsverwaltung  und  4749  km  oder  11,85  (11,93)  pCt.  auf 
die  l’rivatb ahnen  unter  eigener  Verwaltung.  Im  Eigenthum 
des  preufsischen  Staates  finden  wir  23  246  km  oder,  ebenso  wie  im 
Vorjahre,  nahezu  58  pCt.  aller  deutschen  Bahnen,  wärend  von  der 
gesamten  Länge  der  letzteren  auf  Preufsen  23  976  km ,  darunter 
21  903  km  Staatsbahnen,  58  km  Privatbahnen  unter  Staatsverwaltung 
und  2015  km  Privatbahnen  unter  eigener  Verwaltung,  entfallen. 
Preufsische  Staatsbahnen  liegen  in  allen  deutschen  Staatsgebieten 
mit  Ausnahme  von  Elsafs-Lothringen,  Bayern,  Württemberg,  Baden, 
Eeufs  ältere  Linie  und  Lübeck. 

Nach  der  Art  des  Betriebs  sind  unterschieden  30  973  km  oder 
77,2  pCt.  Hauptbahnen  und  9110  km  oder  22,7  pCt.  Neben¬ 
bahnen  (Bahnen  untergeordneter  Bedeutung).  Während  die  Haupt¬ 
bahnen  im  Laufe  des  Jahres  nur  einen  geringen  Zuwachs  —  derselbe 
betrug  54  km  =  0,17  pCt.  —  erfahren  haben,  zeigen  die  Nebenbahnen 
eine  Vermehrung  um  872  km  =  9,57  pCt.  ihrer  Länge. 

Die  Dichtigkeit  des  Bahnnetzes,  auf  je  100  qkm  Grund¬ 
fläche  berechnet,  ist  im  Durchschnitt  für  das  ganze  Eeich  von  7,23  km 
auf  7,40  km  und  für  Preufsen  von  6,72  km  auf  6,90  km  angewachsen. 
Am  dichtesten  zeigt  sich,  wenn  die  einzelnen  Bundesstaaten  in  ihrer 
Gesamtheit  betrachtet  werden,  das  Schienennetz  im  Königreich  Sachsen 
mit  14,24  km,  sodann  in  dem  Gebiet  der  drei  fi’eien  und  Hansestädte 
mit  13,48  km;  am  weitesten  dagegen  in  den  7  Fürstenthümern  mit 
4,71  km  auf  je  100  qkm.  Auf  je  10  000  Einwohner  kommen  im  Durch¬ 
schnitt  für  das  ganze  Eeich  8,33  (8,22)  km,  für  Preufsen  8,27  (8,14)  km, 
dagegen  für  Sachsen  6,45  (6,54)  km,  für  die  freien  Städte,  trotz  der 
Dichtigkeit  des  Bahnnetzes  in  bezug  auf  die  Grundfläche,  aber  nur 
1,65  km,  für  Hamburg  allein  sogar  nur  0,69  km  Eisenbahnen.  Die 
höchste  Ziffer  erreichen  in  dieser  Beziehung  Mecklenburg -Strelitz 
mit  18,35  (18,44)  km  und  Mecklenburg-Schwerin  mit  15,28  (14,90)  km 
Bahnen  auf  je  10  000  Einwohner. 

Der  Unterbau  der  Bahnen  ist,  abgesehen  von  den  sich  über 
eine  Länge  von  4569  km  erstreckenden  Stationen,  auf  17  377  km  für 
ein  Geleise,  18  041  km  für  zwei  Geleise  und  auf  83  km  für  drei  und 
mehr  Geleise  ausgeführt,  während  von  sämtlichen  Bahnen  28  216  km 
eingeleisig,  11805  km  zweigeleisig,  44  km  dreigeleisig  und  18  km 
viergeleisig  betrieben  werden. 

Neben  576  Bahn-Ueberführungen  und  Bahn-Unterführungen  sind 
133  Bahnkreuzungen  in  Schienenhöhe  (4  mehr  als  im  Vorjahre)  und 
869  (853)  Geleisanschlüsse  auf  freier  Strecke  vorhanden  gewesen. 
Die  Zahl  der  Wegübergänge  in  Schienenhöhe  hat  um  2508  zuge¬ 
nommen  und  bezifferte  sich  am  Ende  des  Jahres  auf  61  710  Stück. 
Die  schon  im  Vorjahre  festgestellte  Verminderung  der  Uebei'gänge 
mit  Handschranken  hat  weitere  Fortschritte  gemacht,  indem  ihre 


*)  In  der  Statistik  sind  für  die  einzelnen  Bahngebiete  meist  zwei 
verschiedene  Längen  in  Vergleich  gezogen  und  zwar:  die  Eigen - 
thumslänge,  d.  i.  die  Länge  der  im  eigen thümlichen  Besitz  der 
Verwaltungen  befindlichen  Strecken,  und  die  Betriebslänge,  welche 
von  ersterer  sich  durch  den  Abgang  der  verpachteten  eigenen  und 
den  Hinzutritt  der  gepachteten  und  mit  anderen  Verwaltungen  ge¬ 
meinschaftlich  betriebenen,  fremden  Strecken  unterscheidet. 

Wo  anderes  nicht  ausdrücklich  bemerkt  ist,  beziehen  sich  die  in 
diesem  Auszug  enthaltenen  Angaben  stets  auf  die  Eigenthumslänge, 
sowie  ferner  auf  den  Stand  am  Schlüsse  des  Berichtsjahres.  Die 
einzelnen  Angaben  in  Klammern  (.  .  .)  beigefügten  Zahlen  bedeuten 
den  Stand  am  Ende  des  vorhergegangenen  Betriebsjahres. 


Anzahl  um  230  Stück  zurückgegangen  ist.  Es  gehören  zu  dieser 
Gruppe  aber  immerhin  noch  nahezu  40  pCt.  aller  Uebergänge.  Bei 
den  Uebergängen  mit  Zugscliranken  zählen  wir  277  Stück  und  bei 
denjenigen  ohne  Schranken  2306  Stück  mehr  als  im  Vorjahre.  Die 
verhältnifsmäfsig  starke  Zunahme  der  Uebergänge  ohne  Schranken 
hat  ihren  Grund  darin,  dafs  im  Laufe  des  Jahres  vorwiegend  nur 
Nebenbahnen  neu  eröffnet  sind. 

Nach  den  Angaben  über  den  Oberbau  sind  im  Laufe  des  Jahres 
1898  (1694)  km  Geleise  neu  hinzugekommeu  und' waren  schliefslich 
52  012  km  Hauptgeleise  sowie  16  484  km  Nebengeleise,  zusammen 
68  496  km  Geleise  vorhanden.  Obgleich  im  Berichtsjahr  etwa  184  km 
neue  Bahnstrecken  weniger  in  Betrieb  gekommen  sind  als  im  Vor¬ 
jahre,  übersteigt  die  Vermehrung  der  Geleise  diejenige  des  Vorjahres 
noch  um  204  km,  es  haben  also  die  Bahnhofsgeleise  im  Vergleich  zu 
den  durchgehenden  Geleisen  an  Ausdehnung  gewonnen.  In  fast  allen 
Geleisen  lagern  breitfüfsige  Schienen  und  zwar:  auf  Querschwellen, 
Steinwürfeln  und  sonstigen  Einzelunterlagen  61  738  km  (1877  km  mehr 
als  im  Vorjahre),  auf  Langschwellen  5853  km  (83  km  mehr  als  im 
Vorjahre)  und  unmittelbar  auf  der  Unterbettung  72  km  (1,6  km  weniger 
als  im  Vorjahre).  Aus  Stuhlschienen  finden  wir  noch  832  (889)  km 
und  aus  Schienen  nach  di’eitheilig  er  Form  sogar  nur  noch  1,6.5 
(3,80)  km  Geleise  hergestellt.  Hiernach  haben  lediglich  die  Geleise 
aus  breitfüfsigen  Schienen  auf  Querschwellen  und  auf  Langschwellen 
Zunahmen  erfahren,  doch  hat  hierbei  der  Langschwellen-Oberbau  im 
Verhältnifs  zu  seiner  bisherigen  Länge  nicht  gleichen  Schritt  mit  der 
Gesamtvermehrung  der  Geleise  gehalten,  sondern  ist  gegenüber  dem 
Querschwellen-Oberbau  erheblich  zurückgeblieben. 

Das  Schienenmaterial  bestand  bei  38  979  km  =  57  (53,8)  pCL 
aller  Geleise  aus  Stahl,  bei  den  übrigen  29  517  km  =  43  (46,2)  pCt. 
aus  Eisen  oder  aus  Eisen  mit  Stahlkopf.  Trotz  der  hiernach  sich 
ergebenden  Vermehrung  der  Stahlschienengeleise  um  3111  km,  hat 
sich  doch,  im  Gegensatz  zu  dem  Ergebnifs  in  früheren  Jahren,  das 
Durchschnittsgewicht  der  Schienen  ganz  unerheblich  vermindert,  das¬ 
jenige  des  Kleineisenzeuges  sogar  vermehrt.  Es  berechnet  sich  für 
1  km  Geleis  im  Durchschnitt  das  Gewicht  der  breitfüfsigen  Schienen 
bei  Anwendung  von  Querschwellen  auf  69,6  (69,8)  Tonnen  und  bei 
Anwendung  von  Langschwellen  auf  53,92  (54,06)  Tonnen,  ferner  des 
Kleineisenzeuges  im  ersten  Falle  auf  7,35  (7,05)  Tonnen,  im  zweiten 
Falle  auf  12,02  (11,97)  Tonnen. 

Von  den  auf  Quersch well  en  oder  Einzelunterlagen  ruhen¬ 
den  Geleisen  hatten  52  364  km  (513  km  mehr  als  im  Vorjahre)  hölzerne 
Querschwelleu,  9707  km  (1281  km  mehr  als  im  Vorjahre)  eiserne 
Querschwellen  und  459  km  (12  km  weniger  als  im  Voijahre)  Stein¬ 
würfel  usw.  Auf  1  km  Geleis  waren  im  Durchschnitt  1097  hölzerne, 
bez.  1095  eiserne  Querschwellcn  oder  1676  Steinwürfel  verlegt. 

Bei  der  Unterhaltung  und  Erneuerung  des  Oberbaues 
sind  in  zusammenhängenden  Strecken  1717  (1540)  km  Geleise  umge¬ 
baut  worden,  davon  enthielten  vor  dem  Umbaue  1357  km  Eisenschienen 
oder  Eisenschienen  mit  Stahlkopf,  der  Best  —  360  km  —  Stahlschienen, 
für  welche  1643  km  Stahlschienen  und  nur  74  km  Eisenschienen  vor¬ 
wiegend  mit  Stahlkopf  wieder  verlegt  wurden.  Bei  diesen  Umbauten, 
sowie  bei  den  einzelnen  Auswechselungen  in  den  Geleisen  sind  770 197 
hölzerne  Querschwellen,  40  677  eiserne  Langschwelleu  und  12  623 
Steinwürfel  weniger,  dagegen  828  336  eiserne  Querschwellen  mehr 
wieder  verwendet  als  aufgenommen.  Wenn  trotzdem  die  Länge  der 
Geleise  auf  hölzernen  Querschwelleu  um  513  km  zugenommen  hat, 
so  findet  dies  seine  Erklärung  darin,  dafs  bei  den  neu  eröffneten,  ^ 
Strecken,  insbesondere  bei  den  Nebenbahnen,  solche  Geleise  in 
gröfserem  Umfange  hergestellt  wurden.  Der  anscheinend  bestehende 
Widerspruch  zwischen  der  beträchtlichen  Verminderung  der  eisernen 
Langschwellen  und  der  gleichzeitigen  Vermehrung  der  Geleise  auf  | 
dieser  Unterlage  um  14  km  —  es  sind  nämlich  beim  Umbau  in  zu-  j 
sammenhängenden  Strecken  46  km  aufgenommen  und  60  km  wieder 
verlegt  —  erfährt  in  der  Statistik  eine  Aufklärung  nicht,  doch  dürfte  ■ 

anzunehmen  sein,  dafs  an  Stelle  der  aufgenommeuen  einzelnen  Laug-  ■ 

schwellen  solche  von  entsprechend  gröfsercr  Länge  wieder  zur  Ver-  i 
Wendung  gelangt  sind. 

Die  Kosten  der  Unterhaltung  und  Erneuerung  des- 
Oberbaues  beliefen  sich  insgesamt  auf  über  63,2  Millionen  Mark 
oder  im  Dui-chschnitt  für  1  km  Geleis  auf  938  Mark  (62  Mark  mehr 
als  im  Vorjahre)  bezw.  für  1000  Locomotivkilometer  auf  145  Mark. 

Bei  dem  Umbau  von  Geleisen  in  zusammenhängenden  Strecken  wurden 
durchschnittlich  aufgewendet  für  1  km  Querschwellen-Oberbau  mit 
breitfüfsigen  Schienen  13  519  Mark,  davon  12  433  Mark  für  Material¬ 
beschaffung  und  1086  Mark  für  Arbeitslohn,  und  für  1  km  Lang¬ 
schwellen-Oberbau  16  923  Mark,  darunter  15  977  Mark  für  Material¬ 
beschaffung  und  946  Mark  für  Arbeitslohn.  Der  Durchschnittspreis 
der  neu  beschafften  Oberbaumaterialien  ist  berechnet  für  1  Tonne 
Schienen  auf  126  (130)  Mark,  1  Tonne  Kleineisenzeug  auf  166  (159) 


Nr.  m. 


337 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Mark,  1  Tonne  eiserne  Schwellen  auf  V21  (123)  Mark  und  für  100  Stück 
hölzerne  Querschwellen  auf  393  (409)  Mark. 

Für  die  Unterhaltung  und  Erneuerung  der  gesamten 
Bahnanlagen  einschliefslich  des  Oberbaues  waren  über  114  Millionen 
Mark  erforderlich.  Hiervon  entfallen  im  Durchnitt  auf  1  km  der 
unterhaltenen  Strecken,  welche  am  Schlüsse  des  Jahres  40198  km 
und  im  Jahresdurchschnitt  39  753  km  ausmachten,  2868  (2691)  Mark 
oder  auf  1000  Locomotivkilometer  262  (255)  Mark,  hezw.  auf  100  ge¬ 
förderte  Wagenachskilometer  10  (10)  Mark. 

An  Betriebsmitteln  hatten  die  Bahnen  einen  Bestand  von 
13  107  Locomotiven,  darunter  2839  Tenderlocomotiven,  10 183  Tendern, 
24  386  Personenwagen  mit  53  843  Achsen  und  durchschnittlich  19,34 
(19,36)  Sitz-  und  Stehplätzen  auf  jede  Achse,  262  250  Gepäck-  und 
Güterwagen  mit  534  241  Achsen  und  durchschnittlich  4,81  (4,80)  Tonnen 
Tragfähigkeit  auf  1  Achse.  Auf  je  10  km  Betriebslänge  waren  im 
Durchschnitt  für  alle  Bahnen  3,25  (3,25)  Locomotiven,  13,59  (13,56) 
Personenwagenachsen  mit  262,8  (262,5)  Sitz-  und  Stehplätzen  und 
132,89  (131,98)  Gepäck-  und  Güterwagenachsen  mit  639  (638)  Tonnen 
Tragfähigkeit,  ferner  für  die  preufsischen  Staatsbahnen  3,78  Loco¬ 
motiven,  13,99  Personenwagenachsen  mit  275,2  Sitz-  und  Stehplätzen, 
157,06  Gepäck-  und  Güterwagenachsen  mit  einer  Tragfähigkeit  von 
zusammen  763  Tonnen  vorhanden.  Es  übersteigt  sonach  die  Aus¬ 
rüstung  der  preufsischen  Staatsbahnen  mit  Betriebsmitteln  den  Ge¬ 
samtdurchschnitt  für  alle  Bahnen  nicht  unerheblich. 

Locomotiven  sind  im  Laufe  des  Jahres  in  Abgang  222  (201)  Stück 
und  in  Zugang  530  (370)  Stück  gekommen;  der  Ausbesserungsstand 
der  Locomotiven  betrug  im  Durchschnitt  18,26  (18,34)  pCt. 

Mit  Ausrüstung  für  durchgehende  Bremsen  waren  ver¬ 
sehen  3436  (2739)  Locomotiven,  davon  aufserdem  624  mit  Triebrad¬ 
bremsen,  2579  (2018)  Tender,  7323  (5735)  Personenwagen,  2305  (1678) 
Gepäck-  und  Güterwagen  und  908  (750)  Postwagen.  Leitungen  für 
durchgehende  Bremsen  waren  aufserdem  noch  an  4145  (3445)  Personen¬ 
wagen,  1130  (758)  Gepäck-  und  Güterwagen  und  192  (162)  Postwagen 
angebracht. 

Ueber  die  Leistungen  der  Locomotiven  ergiebt  die  Statistik, 
dafs  im  ganzen  über  435  (407)  Millionen  Locomotivkilometer  (Nutz-, 
Leerfahrt-  und  Verschiebkilometer)  zurückgelegt  sind.  Hierbei  wurden 
gefördert  11515,3  (10  713,9)  Millionen  Wagenachskilometer  oder 
74  820,2  (69  997,3)  Millionen  Tonnenkilometer  —  Rohgewicht,  d.  h. 
einschliefslich  der  auf  die  Betriebsmittel  selbst  entfallenden  Tonnen¬ 
kilometer  — ;  sonach  sind  im  Durchschnitt  auf  1  Nutzkilometer  der 
Locomotiven  258  (253)  Tonnenkilometer  geleistet. 

Im  Personenverkehr  beläuft  sieh  die  Anzahl  der  beförderten 
Reisenden  auf  rund  339,9  (316)  Millionen,  von  denen  jeder  durch¬ 
schnittlich  27,10  (27,56)  km  weit  gefahren  ist.  Von  den  in  den  Per¬ 
sonenwagen  vorhandenen  Plätzen  waren  im  Durchschnitt  24,31 
(24,28)  pCt.  ausgenutzt  und  jede  Personenwagenachse  eines  Zuges 
mit  4,56  (4,53)  Personen  besetzt.  Auf  1  km  der  Betriebslänge  der 
Strecken  für  den  Personenverkehr  entfallen  im  Durchschnitt  235  750 
(229  570)  Personenkilometer;  es  hat  gegen  das  Vorjahr  danach  eine 
Zunahme  des  Verkehrs  um  2,6  (1,85)  pCt.  stattgefunden. 

Im  Güterverkehr  sind  an  Gütern  aller  Art  im  ganzen  rund 
20  386,4  (18  648,6)  Millionen  Tonnenkilometer  oder  auf  1  km  der  Be¬ 
triebslänge  für  den  Güterverkehr  durchschnittlich  514  399  (484  614) 
Tonnenkilometer  befördert  worden,  und  betrug  die  Zunahme  dieses 
Verkehrs  gegen  das  Vorjahr  5,8  (6,54)  pCt.  Im  Durchschnitt  ergeben 
sich  für  die  Beförderungslänge  jeder  Tonne  102,18  (104,29)  km  und 
für  die  Belastung  jeder  Güterwagenachse  in  beladenem  Zustande 
3,68  (3,64)  Tonnen. 

Die  Betriebs-Einnahmen  beliefen  sich  für  sämtliche  Bahnen 
auf  rund  1166,6  Millionen  Mark  und  im  Durchschnitt  für  1  km  Be¬ 
triebslänge  auf  29  368  (28  267)  Mark,  bezw.  für  1000  Wagenachskilo¬ 
meter  auf  101  (102)  Mark.  An  Betriebs-Ausgaben  für  sämtliche 
Verkehrszweige  waren  erforderlich  619,5  Millionen  Mark  =  53,11 
(52,69)  pCt.  der  Betriebs-Einnahmen,  und  im  Durchschnitt  auf  1  km 
Betriebslänge  15  596  (14  893)  Mark,  bezw.  auf  1000  Wagenachskilo¬ 
meter  54  (54)  Mark.  Es  bezifferte  sich  sonach  der  Betriebsüber- 
schufs  auf  547,1  Millionen  Mark  oder  im  Durchschnitt  für  1  km  Be¬ 
triebslänge  auf  13  772  (13  373)  Mark.  Dieser  Ueberschufs  entspricht 
einer  durchschnittlichen  Verzinsung  der  Baukosten  mit  5,73  (5,50)  pCt. 
und  des  von  den  gegenwärtigen  Besitzern  auf  den  Erwerb  der  Bahnen 
verwendeten  Anlagecap itals  mit  5,44  (5,21)  pCt. 

Beamte  und  Arbeiter  waren  durchschnittlich  täglich  in  der 


gesamten  Betriebsverwaltung  301 8.55,  oder  auf  1  km  Betriebslänge 
7,60  (7,57),  und  in  den  Werkstätten  insgesamt  .53  535,  bezw.  auf  1  km 
Betriebslänge  1,.38  (1,37)  thätig.  Für  dieselben  wurden  389,4  Millionen 
Mark  Besoldung  gezahlt. 

II.  Schiiialspiirhahiieii  für  den  öttentlieheu  Verkehr. 

Die  Schmalspurbahnen  hatten  am  Schlüsse  des  Berichtsjahres 
einen  Umfang  von  819  (703)  km;  die  Länge  der  sämtlichen  Geleise 
betrug  936  km.  An  Betiüebsmitteln  waren  daselbst  vorhanden:  165 
Locomotiven,  363  Personenwagen,  .55  Gepäckwagen  und  .3929  Güter¬ 
wagen,  welche  über  2,6  Millionen  Locomotiv-Nutzkilometer  und  nahezu 
41,6  Millionen  Wagenachskilometer  leisteten.  Dabei  wurden  gefördert 
rund  42,3  Millionen  Personenkilometer  und  60,9  Tonnenkilometer  der 
Güter-.  Im  Durchschnitt  bezifferten  sich  auf  1  km  Bahnlänge  die 
Einnahmen  zu  4481  (4.32.3)  Mark,  die  Ausgaben  zu  2793  (2637)  Mark 
oder  62,33  (61,00)  pCt.  der  Roheinnahmen.  Der  Betriebsüberschufs 
ist  berechnet  auf  2,98  (2,85)  pCt.  des  verwendeten  Anlagecapitals 
von  über  40,8  Millionen  Mark.  Beamte  und  Arbeiter  waren  1230 
(1020)  durchschnittlich  im  Tage  beschäftigt. 

III.  Aiischliifsstreckeu  für  den  nicht  öffentlichen  Verkehr. 

Die  nicht  dem  öffentlichen  Verkehr  dienenden  3662  (.3484)  An- 
schlufsbahnen  für  Bergbau-,  Industrie-  sowie  land-  und  forstwirth- 
schaftliche  Zwecke  hatten  eine  Länge  von  zusammen  2206  (2094)  km. 
Davon  sind  1698  km  vollspurig  und  508  km  schmalspurig.  Mit  Dampf¬ 
kraft  wurden  1467  km  und  mit  Pferdekraft  usw.  739  km  betrieben. 

IV.  Radreifenbrüche. 

Nach  der  der  Statistik  am  Schlüsse  beigefügten  Nachweisung  sind 
im  Jahre  1888  auf  den  Eisenbahnen  Deutschlands,  einschliefslich  der 
Schmalspurbahnen,  4577  Radreifenbrüche  an  eigenen  und  fremden 
Rädern  vorgekommen,  und  entfallen  auf  je  .  eine  Million  der  in  allen 
Zugarten  geförderten  Achskilometer  0,40  (0,34)  Brüche.  Soweit  eine 
zuverlässige  Ermittlung  des  Ortes,  wo  der  Bruch  erfolgt  ist,  stattfinden 
konnte,  treffen  auf  je  100  km  der  Strecken  mit  Langschwellen-Oberbau 
2,04  (2,64)  und  der  Strecken  mit  Querschwellen-Oberbau  5,.59  (4,25) 
Brüche. 

Während  im  vorhergegangenen  Jahre  im  Verhältnifs  zu  der  Zahl 
der  im  Betrieb  vorhandenen  Arten  von  Rädern  die  meisten  Brüche 
den  Holzscheibenrädern  zur  Last  gefallen  sind,  werden  im  Berichts¬ 
jahr  verhältnifsmäfsig  die  gröfste  Zahl  von  Brüchen  an  Reifen  auf 
Scheibenrädern  aus  Stahl  oder  Eisen  und  an  Reifen  auf  Speichen¬ 
rädern  und  zwar  je  an  0,,34  (0,26  bezw.  0,27)  pCt.  aller  Räder  dieser 
Arten  nachgewiesen;  demnächst  folgen  die  Holzseheibenräder  mit 
0,25  (0,76)  pCt.  und  sodann,  abgesehen  von  den  nur  in  geringer  Anzahl 
vorhandenen  Papierscheibenrädem,  an  welchen  ebenso  wie  im  vorher¬ 
gegangenen  Jahre  auch  im  Jahre  1888  keine  Brüche  vorgekommen 
sind,  die  Vollräder  mit  nur  0,10  (0,06)  pCt. 

Bei  der  Unterscheidung  nach  dem  Materiale  der  Reifen  ent¬ 
fallen  an  Brüchen  auf  Puddelstahl  0,71  pCt.  des  Bestandes  an  Reifen 
dieser  Art,  auf  Eisen  (Feinkorneisen,  Flufseisen  und  Schmiedeeisen) 
0,45  pCt.  und  auf  Flufsstahl  (Gufsstahl,  Martinstahl,  Bessemerstahl 
usw.)  0,33  pCt.,  wobei  jedoch  zu  berücksichtigen  ist,  dafs  Neu¬ 
beschaffungen  an  Reifen  aus  Puddelstahl  seit  längerer  Zeit  nicht  mehr 
stattgefunden  haben  und  demnach  zum  grofsen  Theil  abgenutztes 
Material  sich  im  Betriebe  befindet. 

Die  Befestigung  der  Reifen  durch  Bolzen,  Niete  oder 
Schrauben  ist  nicht  mehr  wie  in  den  früheren  Jahren  die  vor¬ 
herrschende,  dieselbe  findet  sich  nur  noch  bei  579  872  Reifen 
=  41,08  j)Ct.  sämtlicher  im  Betriebe  vorhandenen  Reifen  (ausschl. 
der  Vollräder).  An  neueren,  in  gröfserem  Umfange  zur  Einführung 
gekommenen  Befestigungsarten  sind  hervorzuheben;  Sprengring  und 
Ansatz  am  Felgenkranz  bei  429  516  Stück,  dann  Sprengring,  Kopf¬ 
schrauben  und  Ansatz  am  Felgenkranz  bei  44  266  Stück,  sowie 
doppelte  Sicherheitsringe  bei  27  574  Stück.  Den  höchsten  Procentsatz 
an  Brüchen  lieferten  die  Kopfschrauben  und  Ansatz  am  Felgenkranze, 
und  zwar  1,05  pCt.  aller  Reifen  mit  dieser  Befestigung;  das  günstigste 
Ergebnifs  zeigen  dagegen  die  Sprengringe,  Kopfschrauben  und  Ansatz 
am  Felgenkranz  mit  0,13  pCt. ,  die  doppelten  Sicherheitsringe  mit 
0,11  pCt.  und  die  Sprengringe  und  Ansatz  am  Felgenkranz  mit  nur 
0,10  pCt.  gebrochener  Reifen  mit  den  betreffenden  Befestigungsarten. 
Bei  den  übrigen  Befestigungen  schwankt  der  Procentsatz  zwischen 
0,65  und  0,24.  Tr. 


Preisausschreiben  der  Londoner  Thurm -Gesellschaft. 


Die  Anlage  von  Riesenthürmen  nach  Eiffels  Vorbild  ist  nach 
den  über  alles  Erwarten  günstigen  Erfolgen  des  Pariser  Thurmes 
schnell  in  Aufnahme  gekommen.  Verlockend  sind  für  den  Capi- 
lalisten  die  in  der  That  beispiellosen  financiellen  Erfolge  des  fran¬ 


zösischen  Unternehmens,  anderseits  findet  der  Künstler,  dafs  es  Eiffel 
trefflich  verstanden  hat,  die  grofsen  Eisenmassen  seines  Thurmes  in 
gefälliger  und  wirkungsvoller  Weise  zu  gliedern.  Es  kann  nicht 
Wunder  nehmen,  dafs  zunächst  England  und  America  Miene  machen. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


10.  August  189(1, 


der  französischen  Nation  nachzueifern,  denn  es  sind  hier  gröfseres 
Selbstgefühl,  höherer  Unternehmungsgeist  und  bedeutendes  tech¬ 
nisches  Können  ein  kräftiger  Sporn  zur  Bethätigung  grofser 
Ideen,  anderseits  der  voraussichtliche  bedeutende  Gewinn  eine 
besondere  Triebfeder  zur  zinsbringenden  Anlage  leicht  verfüg¬ 
barer  Capitalien.  Es  ist  bekannt,  dafs  die  Americaner  mit  dem 
Gedanken  umgehen,  in  Chicago  einen  Biesenthurm  zu  errichten, 
welcher  bei  Gelegenheit  der  bevorstehenden  Weltausstellung  daselbst 
einen  besonderen  Anziehungspunkt  für  die  Volksmassen  bilden  soll. 

In  England  plant  der  bekannte  Eiseubahnkönig  Sir  Edward  Watkin 
ein  gleichartiges  Untei nehmen.  Beide  Thürme  sollen  natürlich  höher 
werden  als  der  300  m  hohe  Pariser  Thurm. 

Im  November  v.  J.  wurde  von  der  auf  Sir  Edward  Watkins 
Anregung  zusammengetretenen  Londoner  Thurm  -  Gesellscliaft  (Lon¬ 
don  Tower  Company)  ein  Preisausschreiben  erlassen,  welches  die 
Ingenieure  aller  Länder  zur  Einreichung  von  Entwürfen  für  den 
in  Aussicht  genommenen  Bau  einlud.  In  dem  Programm  waren 
Preise  von  10  000  Mark  für  den  besten,  die  Hälfte  dieser  Summe  für 
den  zweitbesten  Entwurf  ausgesetzt.  Die  Höhe  des  Thurmes  war 
ursprünglich  zu  305  m  (1000  Fufs  engl.)  angenommen,  wurde  jedoch 
später  anderweit  auf  36G  m  (1200  Fufs)  festgesetzt.  In  den  Be¬ 
stimmungen  war  verlangt,  dafs  der  Bau  stark  genug  sein  müsse, 
um  auch  heftigen  Stürmen  zu  widerstehen.  Ferner  sollte  auf  Blitz¬ 
schläge  gebührend  Kücksicht  genommen  werden.  Die  Wahl  des 
Baustoffes  war  freigestellt,  indes  dem  Stahl  der  Vorzug  gegeben. 
Gefordert  war  ferner  die  Anlage  von  Aussichts- Plattformen  in  ver¬ 
schiedener  Höhe,  auf  welchen  auch  Erfrischungshallen  und  Dienst¬ 
räume  aufgestellt  werden  sollten.  Diese  Plattformen  sollten  durch 
Aufzüge  in  Verbindung  gesetzt  werden. 

Im  ganzen  sind  68  Bewerber  dem  Ausschreiben  gefolgt.  Die 
eingegangenen  Arbeiten  sind  in  der  Halle  der  Tuchmacher -Innung 
der  City  von  London  in  der  Throgmorton-Strafse  öffentlich  aus¬ 
gestellt  woi’den.  Trotz  der  grofsen  Zahl  der  Entwürfe  wurde  das 
Preisrichteramt  nicht  in  gar  zu  hohem  Mafse  erschwert.  Die 
Sammlung  bot,  abgesehen  von  einer  geringeren  Zahl  trefflich  ausge¬ 
arbeiteter  Pläne,  merkwürdige  Beispiele  von  Geschmacksverirrung  und 
hochgradiger  Ueberspauntheit.  So  empfiehlt  ein  Entwurfaufsteller 
den  Bau  eines  fahrbaren  Thurmes,  welclier  in  regelmäfsigem  Verkehr 
zwischen  Frankreich  und  England  von  einem  Dampfer  über  den 
Grund  des  Canals  fortgeschleppt  werden  soll.  Der  Zweck  dieses 
Thurmes  ist  die  Personenbeförderung;  die  Eeisenden  sollen  nämlich 
vor  den  Gefahren  der  Seekrankheit  behütet  werden,  und  werden  zu 
dem  Zwecke  auf  der  über  Wasser  ragenden  Thurmspitze,  wo  Salons 
und  Promenaden  vorgesehen  sind ,  über  das  tückische  Element 
geführt. 

Von  derartigen  Ausgeburten  wilder  Phantasie  abgesehen,  befinden 
sich  auch  unter  den  auf  festem  Boden  geplanten  Entwürfen  zahl¬ 
reiche,  deren  Aufbau  keineswegs  anmuthet.  Fernrohrartig  aus¬ 
einandergezogene  Böhren,  aufrecht  gestellte  riesige  Schrauben-  j 
spindein,  nach  oben  sich  verjüngende  Drahtgewebe  u.  a.  gehören  j 
dieser  Gattung  an.  Von  der  geringen  Zahl  trefflicherer  Entwürfe 
zeigen  mehrere  architektonische  Schönheit,  doch  übertrifft  keiner 
den  Pariser  Thurm  au  Anmuth  und  geschicktem  Aufbau.  Am 
meisten  Glück  haben  im  allgemeinen  diejenigen  Bearbeiter  gezeigt, 
welche  sich  an  das  berühmte  Pariser  Vorbild  anlehnten,  und  wie 
dort  durch  geschickte  Anwendung  der  einfachen,  von  statischen  Ge¬ 
setzen  vorgeschriebenen  Form  die  Masse  in  klarer  Weise  zu  gliedern 
suchten.  Bei  mehreren  Entwürfen  dieser  Gattung  beeinträchtigt  ge¬ 
künsteltes  Beiwerk  oder  mehr  oder  minder  willkürliche  Abweichung 
von  der  gesetzmäfsigen  Linie  die  Gesamtwirkuug. 

Die  beiden  von  den  Preisrichtern  gekrönten  Entwürfe,  welche  in 
den  Abb.  1  u.  2  veranschaulicht  sind,  sind  Nachbilder  des  Eiffelthurnis. 
Der  mit  dem  ersten  Preis  bedachte  Entwurf  von  A.  D.  Stewart, 

J.  M.  Mac  Laren  und  W.  Dünn  in  London  (Abb.  1)  stellt  einen  auf 
achteckiger  Grundfläche  von  91,5  m  Durchmesser  sich  erhebenden 
schlanken  achtseitigen  Stahlbau  von  366  m  Höhe  dar.  Die  Verfasser 
haben  bei  der  Ausgestaltung  des  Thurmes  und  seiner  Nebenanlagen 
Anschlufs  an  Formen  morgenländischer  Architektur  gesucht.  Der 
Bau  ruht  auf  acht  vierseitigen,  mit  seitlichem  Gitterwerk  ge¬ 
schlossenen,  6  m  breiten  Füfsen,  welche  sich  verjüngend  als  Grate 
bis  zur  Thurmspitze  fortsetzen.  In  diesen  Füfsen  sind  4  Aufzüge 
und  2  Treppen  angebracht,  mittels  welcher  man  die  in  61  m  Höhe 
angeordnete  Hauptplattform  erreicht.  Auf  dieser  soll  eine  grofse 
achteckige  Mittelhalle  von  18  m  Höhe  errichtet  werden ,  zu  deren 
Dach  die  unteren  Aufzüge  emporgeführt  sind.  Im  unteren  Theil 
wird  die  Halle  von  Erfrischungs  -  und  Diensträumen  umgeben, 
während  über  letzteren  in  nach  und  nach  zurücktretenden  Ober¬ 
geschossen  Hotelräume  vorgesehen  sind  für  Besucher,  „denen  daran 
liegen  möchte,  in  der  Nähe  der  Geschäftsgegend  zu  wohnen,  ohne 
dabei  dem  Nebel  und  den  atmosphärischen  Dünsten  ausgesetzt  zu 


sein.“  Die  Aussicht  von  sämtlichen  Schlafzimmern  ist  ins  Freie  ge¬ 
richtet.  Vom  Dach  der  Mittelhalle  bis  zur  Spitze  des  Thurmes 
durchlaufend  sind  besondere  senkrechte  Aufzüge  angelegt,  welche 
auch  den  Zu-  und  Abgang  zu  den  in  170  bezw.  260  m  Höhe  befind¬ 
lichen  zweiten  und  dritten  Plattformen  vermitteln.  Letztere  sollen  eben¬ 
falls  mit  Hallen  und  sonstigen  Räumlichkeiten  ausgestattet  werden. 
Die  oberste  (vierte)  in  etwa  250  m  Höhe  angelegte  Plattform  ist  zwei¬ 
geschossig;  über  derselben  erhebt  sich  ein  Observatorium.  Jeder 
der  untern  wie  der  obern  Aufzüge  fafst  48  Personen.  Die  Kosten 
des  Thurmes  sind  zu  etwa  7  Millionen  Mark  veranschlagt. 

Kräftiger  und  gedrungener  als  der  vorbeschiiebene  thürmt  sich  bis 
zu  396  m  Höhe  der  von  John  Webster  und  T.  W.  Haigh  in  Liverpool 
entworfene  Bau,  welchem  der  zweite  Preis  zuerkannt  worden  ist 
(Abb.  2).  Der  eigentliche  Thurm,  welcher  gleichfalls  achteckig  ist, 
scheint  aus  einem  mächtigen  pagodenartigen  Sockelbau  gleichsam 
herauszuwachsen.  Von  Kuppeln  gekrönte  achteckige  Thurmbauten 
erheben  sich  vor  jedem  der  acht  eisernen  Grate;  sie  sind  gestützt  von 
strebepfeilerartigen  Vorgebäuden.  Von  gegliederten  eisernen  Bogen 
getragene  Galerieen  stellen  unterhalb  der  ersten  Thurmplattform  die 
Verbindung  zwischen  den  Eckthürmen  her.  Hinter  letzteren  steigen 
die  achteckigen  Thurmgrate  zur  Spitze  empor.  Inmitten  der  ersten 
61  m  über  dem  Boden  liegenden  Hauptplattform  ist  ein  ringförmiger 
Kuppelbau  errichtet,  umgeben  von  Galerieen  und  Promenaden, 
welche  in  verschiedenen  Höhen  angelegt  und  durch  Treppen  mit¬ 
einander  verbunden  sind.  Auf  der  oberen  Promenade  sind  Kauf¬ 
und  Erfrischungshallen  geplant.  In  dem  Kuppelbau  können  bequem 
3000  Personen  Platz  finden.  Eine  zweite,  dritte  und  vierte  Aussichts¬ 
bühne  sind  in  Höhen  von  152,5,  228,8  und  370  m  angelegt.  Die 
Stockwerke  des  Sockelbaues  sowohl,  wie  die  verschiedenen  Platt¬ 
formen  sind  durch  Treppen  miteinander  verbunden.  Die  bis  zur 
vierten  Plattform  reichenden  Thurmtreppen,  eine  für  aufsteigende, 
die  andere  für  absteigende  Besucher,  sind  in  zwei  Gratsäulen  unter¬ 
gebracht.  Vier  Aufzüge  sind  zur  Erreichung  der  ersten  Plattform, 
und  von  hier  aus  vier  neue  für  die  zweite  Plattform  angelegt.  Die 
dritte  und  vierte  Plattform  sind  durch  zwei  weitere  Aufzüge  zugäng¬ 
lich  gemacht.  Endlich  sind  in  den  vorgelagerten  Eckthürmen  noch 
vier  Aufzüge  vorhanden,  welche  sowohl  die  unteren  Plattform- Auf¬ 
züge  entlasten,  als  auch  die  Verbindung  zwischen  den  in  den  Eck¬ 
thürmen  und  Galerieen  einzurichtenden  Miethwohnungen  hersteilen 
sollen.  Die  nach  der  ersten  wie  zweiten  Plattform  führenden  Thurm¬ 
aufzüge  fassen  je  40,  die  darüber  befindlichen  je  50  Personen.  Die 
Kosten  dieses  Thurmes  sind  zu  8  Millionen  Mark  veranschlagt. 

Ein  Thurm  gothischer  Bauart,  welcher  in  Abb.  3  dargestellt  ist, 
hat  viel  von  sich  reden  gemacht  und  wird  von  vielen  Seiten  als  einer 
der  schönsten  unter  allen  betrachtet.  Er  ist  der  einzige,  welchem  neben 
den  preisgekrönten  Entwürfen  eine  ehrenvolle  Erwähnung  zu  Theil 
geworden  ist.  Man  ist  indes  wohl  zu  der  Frage  geneigt,  ob  denn 
die  Anwendung  von  Formen  kirchlicher  Gothik  zur  Bildung  eines 
Eahmwerks  für  Aufzüge  und  Aussichtsplattformen  als  eine  ganz 
glückliche  bezeichnet  w'erden  kann.  Der  Entwurf  zu  diesem  473  m 
hohen  Thurm  rührt  von  Max  am  Ende  in  London  her.  Der  Bau 
trägt  Plattformen  in  Höhen  von  122,  240,  305  und  366  m,  sowie  ein 
Observatorium  in  403  m  Höhe.  Die  Hauptplattform  in  Höhe  von 
305  m  trägt  aufsen  eine  offene  Galerie.  Von  dieser  Höhe  führt  ein 
centraler  Aufzug  zur  letzten  Plattform  und  weiter  eine  Treppe 
zum  Observatorium  empor.  Im  übrigen  sind  in  allen  vier  Thurm¬ 
ecken  besondere  Aufzüge  eingerichtet,  welche  die  unmittelbare 
Verbindung  zwischen  dem  Boden  und  der  ersten,  zweiten,  dritten 
und  vierten  Plattform  herstellen.  Von  besonderem  Interesse  ist  die 
Einrichtung  dieser  Aufzüge.  Dieselben  sind  so  geplant,  dafs  ganze 
Wagenzüge,  welche  durch  Führungen  zu  senkrechter  Aufwärts¬ 
bewegung  gezwungen  sind,  in  jedem  der  vier  Aufzugschächte  durch 
aufrecht  gestellte,  mit  schraubenartigen  Gängen  versehene  Spindeln  ge- 
wissermafsen  hochgeschraubt  werden.  Diese  Anordnung  ist  gleichsam 
die  kinematische  Umkehrung  einer  spiralischen  Kehrtunnelanlage.  Die 
Ansteigung  des  Schraubenaufzuges  beträgt  1 :  5'/?.  Die  senkrechte  Um¬ 
drehungsachse  ist  eine  3,05  m  starke  Hohlsäule  mit  Auslegerarmen, 
welche  1,8  m  weit  vortreten  und  die  schraubenartig  aufsteigenden 
Schienen  tragen.  Die  Zugstärke  ist  je  nach  dem  Verkehrsumfang 
zu  8  bis  40  Wagen  angenommen;  dieselben  enthalten  Abtheilungen 
für  Reisende  erster,  zweiter  und  dritter  Klasse.  Die  Drehachse  soll 
in  der  Minute  8  Umdrehungen  machen,  sodafs  sich  der  Zug  in  dieser 
Zeit  um  30  m  aufwärts  bewegen  würde.  Die  Fahrzeit  bis  zur  obersten 
Plattform  beträgt  hiernach  rund  10  Minuten.  Alle  vier  Aufzüge 
würden  in  einer  Richtung  gleichzeitig  800  Besucher  befördern  können. 
Nach  Bedarf  kann  einer  derselben  für  Schnellzüge  eingerichtet 
werden.  Jeder  Aufzug  ist  im  übrigen  noch  von  einem  Wendelsteg 
von  1  :  9  Ansteigung  und  1,4  m  Breite  umgeben.  —  Abb.  4  stellt  die 
Grundrifsanordnung  einer  der  vier  Ecken  des  Baues  dar. 

Weit  massiger  als  die  beschriebenen  Thürme  wirkt  derjenige 


Nr.  33. 


3.89 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltaug. 


von  J.  Sinclair  Fairfax  in  London,  welclier  aus  der  Reihe  der  nicht 
mit  besonderen  Anerkennungen  bedachten  Entwürfe  noch  angeführt 
werden  möge.  Er  erinnert  unwillkürlich  an  den  Parlamentsthurm 
in  London.  Obwohl  wuchtig  im  Gesamteindruck,  ist  er  im 
Aufbau  doch  natürlich  und  ungezwungen.  Die  Höhe  ist  zu 
395  m  angenommen.  Der  Thurm  hat  wie  der  von  am  Ende 
den  Vortheil  vereinfachter  Bauweise  insofern,  als  sich  die  Ver- 


10  a  so  100  200 


tektonische  Wirkung  zu  vereinigen,  vorgezeichnet  war.“  Im 
übrigen  haben  es  sich  die  Preisrichter,  nach  dem  Wortlaut  des 


300  400"’ 


Abb.  1.  Entwurf  von  Stewart, 

Mac  Laren  und  Dünn.  (Erster  Preis.) 
Thurm  von  366  m  (1200  Fufs)  Höhe. 


Abb.  2.  Entwurf  von  Webster  Abb.  3.  Entwurf  von  Max  Abb.  5. 

und  Haigh.  (Zweiter  Preis.)  am  Ende.  (Ehrenvolle  Erwähnung.)  Entwurf  von  Sinclair  Fairfax. 
Thurm  von  396  m  (1300  Fufs)  Höhe.  Thurm  von  473  m  (1550  Fufs)  Höhe.  Thurm  von  395  m  (1296  Fufs)  Höhe. 


schiedenartigkeit  der  Bauglieder  infolge  der  mehr  senkrechten 
Umgrenzungslinien  einschränken  und  eine  bequemere  Art  der  Ver¬ 
bindung  erzielen  läfst.  Doch  läfst  sich  nicht  verkennen,  dafs  die  Bau¬ 
kosten  zu  dem  beabsichtigten  Zweck  des  Thurmes  in  keinem  Verhältnifs 
stehen.  Es  sind  vier  Eckaufzüge  und  ein  oberer  Mittelaufzug  geplant. 
Die  ersteren  sollen  jeder  50,  der  letztere  20  Personen  zu  gleicher  Zeit 
befördern.  In  Abständen  von  je  44  m  sind  übereinander  sechs  Platt¬ 
formen  angeordnet,  zwei  weitere  befinden  sich  oben  im  Mittelthurm. 

Von  einer  Beschreibung  weiterer  Entwürfe  soll  hier  abgesehen 
werden.  Wie  bekannt  wird,  sollen  die  hervorragenderen  Arbeiten  in 
einem  besonderen  Werke  veröffentlicht  iverden. 

Das  allgemeine  Urtheil  der  Preisrichter  ist  keinem  der  Entwürfe 
bedingungslos  günstig.  In  dem  Gutachten  ist  gesagt,  dafs  im  Hin¬ 
blick  auf  das  Ergebnifs  des  Wettbewerbes  ein  Gefühl  der  Enttäuschung 
obwalte,  da  nicht  ein  einziger  Entwurf  für  die  Ausführung  empfohlen 
werden  könne.  Um  den  Bewerbern  indes  Gerechtigkeit  widerfahren 
zu  lassen,  habe  man  sich  zu  vergegenwärtigen,  „dafs  das  Bestehen 
des  Eiffeltburmes  und  das  Bestreben,  Nachahmungen  zu  vermeiden, 
die  Schwierigkeit  der  zu  lösenden  Aufgabe  naturgemäfs  erheb¬ 
lich  vermehrt  hätten,  da  im  Eiffelthurm  bereits  der  natürlichste 
und  klarste  Weg,  sparsame  Construction  und  angemessene  archi- 


_ lyiittellinie _ 


Urtheilsspruchs,  ange¬ 
legen  sein  lassen,  die 
Entwürfe  nach  den  von 
den  Verfassern  selbst 
beobachteten  Gesichts¬ 
punkten  zu  beurtheilen 
und  dabei  den  Auf¬ 
wand  an  Zeit  und 
Mühe  in  Rücksicht  zu 
ziehen,  welcher  bei  der 
Bearbeitung  und  Be¬ 
rechnung  der  Entwürfe 
und  Aufstellung  der 
Anschläge  eingesetzt 
worden  ist. 

Mittlerweile  ver¬ 
lautet,  dafs  der  In¬ 
genieur  der  Londoner 
Thurm  -  Gesellschaft 
mit  der  Ausarbeitung 
eines  neuen  unabhängigen  Entwurfes  beauftragt  worden  ist. 

-  Kein  mann. 


Vermischtes. 


Ein  Preisausschreiben  zur  Eidangimg  von  Plänen  für  ein 
Museum  in  Rostock  enthielt  der  Anzeigentheil  der  Nr.  32  d.  Bl.  Dort 
wurde  angekündigt,  dafs  bei  einer  Bausumme  von  200  000  M  zwei 
Preise  von  1400  und  800  Jt  ausgesetzt  sind.  Einlieferungstag  ist  der 
1.  Januar  1891;  das  Preisrichteramt  haben  neben  drei  Vertretern  des 
Rostocker  Kuustvereins,  der  das  Ausschreiben  erläfst,  übernommen 
die  Herren  Geh.  Regierungsrath  Prof.  Ende -Berlin,  Ober-Baurath 
Daniel-Schwerin  und  Stadt -Baudirector  Studemund-Rostock. 
Nach  Einsicht  in  das  Progamm  theilen  wir  noch  mit,  dafs  das  Ge¬ 
bäude  in  einem  Untergeschofs  und  zwei  Stockwerken  auf  einem  sehr 
unregelmäfsigen,  der  Lösung  der  Aufgabe  recht  ungünstigen  Bauplatze 


zwischen  Kaiser  Wilhelmstrafse,  St.  Georgstrafse  und  zwei  neu  an¬ 
zulegenden  kurzen  Strafsenzügen  errichtet  wei’den  und  zur  Aufnahme 
einer  Gemälde-  und  Kupferstichsammlung,  sowie  eines  Alterthums¬ 
museums  und  einer  Sammlung  von  Gipsabgüssen  dienen  soll.  Für 
die  in  norddeutscher  Gothik  oder  deutscher  Renaissance  zu  ent¬ 
werfenden  Fronten  ist  Backstein  mit  mäfsiger  Anwendung  von  Hau¬ 
steinen  oder  Terracotten  anzunehmen.  Die  Zeichnungen  sind  im 
wesentlichen  im  Mafsstabe  1 : 150  darzustellen,  zwei  Schaubilder 
werden  als  erwünscht  bezeichnet,  aber  nicht  gefordert,  auf  die  durch 
einen  Kostenüberschlag  nach  Cubikmetern  umbauten  Raumes  nach¬ 
zuweisende  Einhaltung  der  Bausumme  wird  besonderer  Werth  gelegt. 


340 


16.  August  1860. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Nicht  recht  klar  erscheint  der  Wortlaut  der  Programmbestimmung 
„das  Gebäude  darf  unter  keiner  Bedingung  über  die  im  Plane  roth 
umränderte  Baufluchtlinie  hinaustreten,  jedoch  kann  die  östliche  Bau¬ 
fluchtlinie  um  1— 2  m  nach  Osten  hinausgerückt  werden“.  Vielleicht 
giebt  die  ausschreibende  Stelle  eine  Aufklärung  zu  diesem  Wider¬ 
spruche.  ebenso  wie  es  sich  empfehlen  möchte,  die  im  Lageplane 
nicht  aufzurindenden  Buchstaben  A  und  auf  die  der  Programm¬ 
text  Bezug  nimmt,  nachträglich  bekannt  zu  geben. 

Die  Ausfiihrmig  eines  Kaiser  AVilhelin  ■  Denkmals  in  Karlsruhe 
ist  dem  dortigen  Bildhauer  Prof.  Volz,  dem  ersten  Sieger  in  einem 
kürzlich  um  die  Aufgabe  veranstalteten  Wettbewerbe,  übertragen 
worden.  Der  architektonische  Theil  des  jjreisgekrönten,  im  wesent¬ 
lichen  bildhauerischen  Entwurfes  rührt  von  dem  Stadt-Baumeister 
W.  Eettig  in  Dresden  her. 

Zur  Frage  der  ,, Versuche  über  die  Frostbeständigkeit  natür¬ 
licher  und  künstlicher  Bausteine“  werden  wir  vom  Verfasser  der 
iViittheilung  auf  S.  290  d.  J.  um  den  Abdruck  der  nachfolgenden  Ent¬ 
gegnung  auf  die  Erklärungen  des  klerrn  Prof.  Bauschinger  in  Nr.  31 
d.  J.  ersucht. 

..In  Nr.  31,  S.  319,  d.  J.  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung 
wendet  sich  Herr  Prof.  Bauschinger  gegen  meine  Besprechung  seiner 
„Versuche  über  die  Frostbeständigkeit  natürlicher  und  künstlicher 
Bausteine“  in  Nr.  28  d.  Bl.  mit  der  Behauptung,  dafs  die  Ursache 
des  Festigkeits Verlustes  der  in  der  König!,  preufsischen  Prüfungs- 
Station  für  Baumaterialien  in  Berlin  auf  Festigkeit  nach  einmaliger 
Frosteinwirkung  geprüften  Baiisteine  zunächst  am  Wasser  liege,  weil 
die  Druckversuche  nach  dem  Gefrieren  scheinbar  an  den  noch  nassen 
•Steinen  ausgeführt  wurden,  und  dafs  eine  Frosteinwirkung  bei  nur 
einmaligem  Gefrieren  nicht  in  allen  Fällen  eine  Herabminderung  der 
Festigkeit  des  Steines  bewirke.  Dem  rnufs  ich  im  Interesse  einer  ge¬ 
rechten  Beurtheilung  derVersuche  der  genannten  Anstalt  entgegentreten. 

In  meinem  Aufsätze:  ..Zur  Frage  der  Frostbeständigkeit  der  Bau¬ 
steine“  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1887  Nr.  39,  S.  371  ff.)  habe  ich  .auf 
Grund  von  umfangreichen  Versuchen,  die  in  der  preufsischen  Prü¬ 
fungs-Station  von  Herrn  Prof.  Dr.  Böhme  angestellt  wurden,  aus¬ 
geführt  und  an  einer  Reihe  von  Beispielen  erhärtet,  dafs  die  Wasser¬ 
aufnahme,  wie  bekannt,  die  Festigkeit  eines  Steines  vermindert,  dafs 
aber  diese  Herabminderung  noch  gröfser  wird,  wenn  ein  mit  Wasser 
getränkter  Stein  nach  oberflächlicher  Trocknung  einer  Frostein¬ 
wirkung  ausgesetzt  wird,  iind  dafs  diese  Herabminderung  in  der 
Regel  gröfser  ist,  wenn  der  Stein  in  kalter  Luft  gefriert,  als  wenn 
er  unter  Wasser  mit  demselben  zusammen  friert. 

Die  Thatsache,  welche  inzwischen  durch  viele  hunderte  von  wei¬ 
teren  Versuchen  auch  mit  den  härtesten  Steinen,  wie  Basalten  und 
Augitporphyren  sich  bestätigt  hat,  die  Thatsache,  dafs  die  ein¬ 
malige  Einwirkung  von  Frost  auf  einen  Stein  eine  gröfsere  Festig¬ 
keitsverminderung  hervorruft  als  die  blofse  Einwirkung  des  Wassers, 
beweist  wohl  zur  Genüge,  dafs  die  Ursache  der  Festigkeitsverminde- 
rung  nicht  an  dem  Wasser  an  sich,  sondern  an  dem  gefrierenden 
Wasser  liegt.  Jeder  natürliche  Baustein  besitzt  eine  gewisse  Berg¬ 
feuchtigkeit,  die  häufig,  besonders  bei  sehr  h.arten  und  dichten  Ge¬ 
steinen,  gröfser  ist  oder  gleich  der  Wassermenge,  die  der  Stein 
capillar  aufzusaugen  vermag.  Der  Frage,  ob  die  Probewürfel  vor 
Anstellung  des  Druckversuches  nur  oberflächlich  oder  völlig  ge¬ 
trocknet  wurden,  vermag  ich  nur  insofern  eine  Bedeutung  beizu¬ 
messen,  als  in  der  Praxis  unzweifelhaft  alle  Bausteine,  zumindest  an 
der  Oberfläche  und  in  den  der  Luft  preisgegebenen  Theilen,  im  Winter 
eine  gewisse  Feuchtigkeit  besitzen.  Sehr  wichtig  erscheint  es  mir,  auf 
einem  möglichst  kurzen  Wege  einen  Mafsstab  für  die  gröfsere  oder 
geringere  Frost-  bezw.  Wetterbeständigkeit  eines  Steines  zu  gewinnen. 

Absolut  wetterbeständige  Materialien  finden  wir  auf  der  Erde 
nicht,  es  kann  sich  also  bei  Versuchen  auf  Feststellung  der  Frost¬ 
beständigkeit  nur  darum  handeln,  die  Frage  der  gröfseren  oder  ge¬ 
ringeren  Frost-Unbeständigkeit  zu  lösen,  und  diese  Frage  wird  durch 
die  Ausführung  der  Frostversuche,  wie  sie  in  der  preufsischen  Prü¬ 
fungs-Station  in  Charlottenburg  üblich  sind,  völlig  genügend  beant¬ 
wortet,  da  durch  die  nebeneinandergestellten  Festigkeitsergebnisse 
verschiedener  Steinarten  ohne  weiteres  die  für  bestimmte  Zwecke 
geeigneten,  die  den  Witterungseinflüssen  stark  oder  weniger  stark 
unterworfenen  Steine  sich  herausfinden  lassen,  auch  wenn  die  Frost- 
beanspruchuDg  nur  ein  Mal  stattgefunden  hat. 

Auf  die  Frage  der  Billigkeit  des  Bauschingerschen  Gefrier- Ver¬ 
fahrens  nochmals  einzugehen,  erscheint  überflüssig,  da  dieselbe  von 
Herrn  Bauschinger  selbst  genügend  erörtert  ist,  gegenüber  aber  dem 
Satz  „es  können  Steine,  die  (durch  die  Bauschingerschen  Versuche) 
sich  als  nicht  ganz  frostbeständig  erweisen,  immerhin  noch  Verwen¬ 
dung  finden,  bei  monumentalen  Bauten  werden  sie  indessen  sicher 
nicht  zugelassen  werden  dürfen“  kann  ich,  ohne  den  Werth 
der  Versuche  des  Hern  Prof.  Bauschinger  zu  verkennen,  die  Be¬ 
fürchtung  nicht  unterdrücken,  dafs  die  Auswahl  zwischen  den  in 
Deutschland  zu  Monumentalbauten  zur  Verfügung  stehenden  natür¬ 


lichen  Bausteinen  allzuklein  werden  würde,  wollte  man  die  harte 
Probe  des  25 maligen  Gefrierens  als  entscheidend  ansehen.  Unsere 
ältesten  Bauwerke  in  Deutschland  sind  z.  Th.  aus  Materialien  her¬ 
gestellt,  welche  diese  Frostprobe  ohne  Zweifel  nicht  einmal  tlieil- 
weise  bestehen  würden.“  Gary. 

IRdiistiiugsversuclie  mit  einem  Monier-Gewölhe.  Das  auf  S.  15 
dieses  Jahrgangs  kurz  beschriebene  Monier-Gewölbe  auf  dem  Malz- 
leinsdorfer  Güterbahnhofe  der  K.  K.  priv.  Südbahngesellschaft  in  Wien 
wurde  am  16.  und  17.  Mai  d.  J.  den  von  vornherein  in  Aussicht  ge¬ 
nommenen  weiteren  Belastungsversuchen  unterworfen.  Das  Gewölbe 
hatte  am  16.  Mai  ein  Alter  von  210  Tagen  erreicht;  es  war  den 
ganzen  Winter  hindurch,  welcher  reichlich  Frost  und  Schnee  ge¬ 
bracht  hatte,  vollständig  den  Witterungseinflüssen  ausgesetzt  ge¬ 
wesen  und  zeigte  sich,  obgleich  die  Aufsenflächen  grofsentheils  ziem¬ 
lich  rauh  waren,  auch  die  Entwässerung  keineswegs  strengen  An¬ 
forderungen  entsprach,  durchaus  gut  erhalten.  Die  Beobachtung 
der  durch  die  Belastung  hervorgerufenen  Formveränderungen  wurde 
noch  sorgfältiger  ausgeführt  als  am  10.  December  v.  J.,  indem  sie  sich 
auf  die  schon  früher  beobachteten  neun  Punkte  des  Gewölbes  und  auf 
die  vier  Kämpferpunkte  in  den  Stirnen  erstreckte  und  überdies  auch 
auf  die  wagerechten  Bewegungen  aller  Punkte  ausgedehnt  wurde. 

Am  16.  Mai  wurden  zunächst  eine  dreiachsige  Locomotive  von  je 
10  30O  kg  Achsdruck,  demnächst  eine  vierachsige  Locomotive  von 
bezw.  11  600,  11  600,  12  700  und  12  700  kg  Achsdruck  einseitig  auf 
das  Gewölbe  gestellt.  Die  gröfste  Durchbiegung,  und  zwar  in  der 
Mitte  der  belasteten  Gewölbehälfte,  betrug  hierbei  4  bis  5  mm,  die 
bleibende  Durchbiegung  an  denselben  Punkten  2  bis  2,5  mm.  An 
allen  übrigen  Punkten  waren  die  Senkungen  unerheblich  und  ver¬ 
schwanden  nach  der  Entlastung  fast  vollständig.  Ebenso  waren 
merkliche  Verschiebungen  in  wagerechter  Richtung  nach  Beseitigung 
der  Last  nicht  wahrnehmbar.  Nach  dem  Abfahren  der  Locomotiven 
wurde  die  andere  Gewölbehälfte  ruhender  Belastung  durch  Eisen¬ 
bahnschienen  unterworfen.  Dieselbe  betrug  zunächst  52  700  kg  =  rd. 
2600  kg  auf  1  qm  und  wurde  in  4  Absätzen  allmählich  bis  auf 
100  000  kg,  =  5000  kg  auf  1  qm,  gesteigert.  Die  gröfsten  Senkungen 
wurden  im  Scheitel  beobachtet  und  betrugen  unmittelbar  nach  Auf¬ 
bringung  der  ganzen  Last  12,7  bis  13,7  mm;  nachdem  dieselbe  Last 
3 ','2  Stunden  lang  auf  das  Gewölbe  gewirkt  hatte,  waren  die 
Senkungen  auf  14,1  bis  15,4  mm  gestiegen.  Schon  bei  der  Belastung 
von  90  000  kg  hatten  sich  in  den  Stirnmauern ,  nahe  der  Mitte  der 
unbelasteten  Gewölbehälfte,  kleine  Risse  gezeigt,  welche  sich  an  einer 
Stelle  auch  in  das  Gewölbe  bis  zu  etwa  2^3  seiner  Stärke  hinein  fort¬ 
setzten.  Trotzdem  gingen  die  angeführten  Senkungen  während  der 
Beseitigung  der  Last  merklich  wieder  zurück;  nach  vollständiger 
Entlastung  des  Gewölbes  am  Moi-gen  des  17.  Mai  betrugen  die 
bleibenden  Durchbiegungen  im  Scheitel  nur  3,5  bis  4  mm,  in  der 
Mitte  der  belasteteten  Gewölbehälfte  4  bis  4,3  mm.  Die  wagerechten 
Verschiebungen,  welche  2,2  bis  4  mm  betragen  hatten,  waren  bis  auf 
1,5  bezw.  2  mm  zurückgegangen. 

Am  17.  Mai  wurde  zunächst  die  ruhende  einseitige  Belastung  von 
90  000  kg  wieder  aufgebracht,  welche  man  in  5  Absätzen  bis  auf 
170  000  kg  vermehrte.  Die  gröfsten  Senkungen,  welche  wieder  im 
Scheitel  eintraten,  betrugen  31,6  bis  33,8  mm,  die  stärksten  Verschie¬ 
bungen  in  wagerechter  Richtung  am  Kämpfer  4,2  mm,  im  Gewölbe 
7,4  mm.  Bei  Vermehrung  der  Belastung  auf  180  000  kg  traten  erheb¬ 
liche  Risse  in  einem  Widerlager  ein,  infolge  deren  das  Gewölbe  sich 
in  einzelnen  Punkten  auf  das  Unterfangungsgerüst  auflegte.  Nach¬ 
dem  diese  Stützpunkte  beseitigt  waren,  steigerte  man  die  Belastung 
bis  auf  196  200  =  9810  kg  auf  1  qm.  Hierbei  wichen  die  Widerlager 
stark  aus,  und  das  Gewölbe  erhielt  in  der  Nähe  des  Scheitels  einen 
in  der  ganzen  Breite  durchgehenden  Rifs.  Man  erachtete  damit  die 
Zerstörung  des  Gewölbes  als  eingetreten  und  schlofs  die  Belastungs- 
versuche  ab.  Anscheinend  war  übrigens  die  Widerstandskraft  des 
Bogens  selbst  nicht  vollständig  erschöfpt,  vielmehr  dürfte  seine  Zer¬ 
störung  durch  das  Ausweichen  der  Widerlager  etwas  beschleunigt 
worden  sein.  R- 

Der  Besuch  der  eidgenössischen  polytechnischen  Schule  in 
Zürich  im  Schuljahre  1889/90  beziffert  sich  auf  622  (633)  regelmäfsige 
Schüler  und  339  (359)  Hörer,  im  ganzen  961  Besucher  (gegen  992  im 
Vorjahre).  Von  den  622  Schülern  entfallen  auf  die  Bauschule  34, 
Ingenieurschule  163,  mechanisch -technische  Schule  180,  chemisch¬ 
technische  Schule  147,  Forstschule  19,  Landwirthschaftliche  Schule  41, 
Culturingenieurschule  4  und  auf  die  Schule  für  Fachlehrer  34.  Der 
Landesangehörigkeit  nach  sind  unter  den  Schülern  279  Schweizer 
und  343  Ausländer.  Die  letzteren  vertheilen  sich  auf  die  verschie¬ 
denen  Staaten  wie  folgt;  Russische  Staaten  95,  Oesterreich-Ungarn  50, 
Deutschland  43,  Italien  40,  Rumänien  39,  Griechenland  14,  Nord- 
und  Süd-America  und  Bulgarien  je  10,  Frankreich  und  Grofs- 
britannien  je  8,  Dänemark,  Holland,  Schweden,  Türkei  je  5,  Asien  2, 
Serbien,  Luxemburg,  Norwegen,  Spanien  je  1.  hinter  den  339  Hörern 
befanden  sich  118  Studirende  der  Hochschule  Zürich. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (tVillielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlicli :  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


341 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  23.  August  1890.  Nr.  34. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHAIiT:  Amtliches:  Personal- Nachrichten  —  Nichtamtliches:  Neue  evangelische 
Garnisonhirche  in  Spandau.  —  Bohrmaschinen  im  Maasfelder  Kupferschiefer-ßerghaue. 

—  Bauausführung  der  zweiten  Weichselbrücke  bei  Dirschau  (Fortsetzung).  —  Ver¬ 
mischtes:  Preisbewerbung  um  ein  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  der  Provinz  Westfalen. 

—  Preisbewerbung  um  ein  „Strandschlofs“  in  Colberg.  —  Hauseinsturz  in  Crefeld.  — 
Vereinbarung  einheitlicher  Prüfungsarten  für  Bau-  und  Constructionsmaterialien.  — 
Herzogliche  technische  Hochschule  in  Braunschweig.  —  Joseph  Bär  t-  —  Heinrich 
Otte  t- 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Geheimen 
Admiralitäts-Rath  Dietrich,  vertragenden  Rath  im  Reichs-Marine- 
Amt,  den  Rothen  Adler-Orden  III.  Klasse  mit  der  Schleife  und  dem 
Kreis- Bauinspector  Baurath  Julius  Koppen  in  Schmalkalden  den 
Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse  mit  der  Zahl  50  zu  verleihen. 

Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Ge¬ 


heimen  Baurath  und  Marine -Schiffbaudirector  Guyot  in  Wilhelms¬ 
haven  den  Rang  der  Räthe  III.  Klasse  zu  verleihen. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  auf  die 
erledigte  Stelle  eines  Bahnmeisters  in  Horb  den  Bahnmeister  Ernst 
in  Königsbronn  auf  sein  Ansuchen  zu  versetzen  und  die  erledigte 
Stelle  eines  Bahnmeisters  in  Dornstetten  dem  stellvertretenden  Bahn¬ 
meister  Schopf  daselbst  zu  übertragen. 


[Alle  EecMe  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  neue  eyangelische  Garnisonkirche  in  Spandau 


Die  Erhebung  der  früher  nicht  bedeutenden  Festung  Spandau  zu 
einem  Waflfenplatze  ersten  Ranges  hat  daselbst  in  den  letzten  Jahr¬ 
zehnten  zur  Ansammlung  einer  immer  zahlreicheren  Besatzung  ge¬ 
führt.  Neben  Artillerie,  Train  und  all  den  zum  Z.vecke  der  Walfen- 
fabrication  in  Spandau  vereinigten  Militärkörpern  sind  allein  drei 
Infanteiieregimenter  dorthin  gelegt  worden.  Die  Bauthätigkeit  hat 
infolge  dessen  eine  ungemein  rege  sein  müssen.  Wie  man  aber  auf 
die  Errichtung  von  Casernen,  Lazarethen  und  Gefängnissen,  auf  die 
Erbauung  immer  neuer  grofsartiger  Werkstätten  und  Vorrathsräume 
zur  Herstellung  und  Aufbewahrung  von  Kriegsmaterial  aller  Art 
bedacht  gewesen  ist,  so  hat  man 
auch  das  kirchliche  Bedürfnifs  der 
Garnison  nicht  aufser  Acht  ge¬ 
lassen  und  ist  im  Frühjahr  1887 
zur  Errichtung  des  stattlichen 
Gotteshauses  geschritten,  dem  die 
nachfolgenden  Zeilen  gelten 
sollen  und  welches  die  neben¬ 
stehenden  Abbildungen  veran¬ 
schaulichen. 

Die  Kirche,  in  der  bisher  der 
Gottesdienst  für  die  vorwiegend 
evangelische  Garnison  abgehalten 
wurde  —  für  den  katholischen 
Theil  derselben  ist  auskömmlich 
gesorgt  —  war  die  verhältnifs- 
mäfsig  kleine  Johauniskirche, 
gleichzeitig  zweite  protestantische 
Gemeindekirche  der  Stadt.  Sie  ver¬ 
mochte  nur  Abordnungen  von  zu¬ 
sammen  500  Mann  zu  fassen,  während  das  Bedürfnifs  vorlag,  Platz  für 
etwa  die  doppelte  Anzahl  Kirchgänger  zu  schaffen.  Diesen  Raum 
bietet  das  neue  Gotteshaus,  welches  lediglich  als  Militärkirche  dienen 
soll  und  eine  Civilgemeinde  nicht  besitzt. 

Die  Baustelle  ist  in  der  Oranienburger  Vorstadt  unmittelbar 
an  der  Neuendorfer  Strafse  günstig  gewählt.  Um  letzterer  die 
Hauptseite  der  Kirche  zuzukehren  und  diese  in  ihrer  Um¬ 
gebung,  besonders  im  Strafsenbilde ,  gut  und  wirkungsvoll  zur 
Erscheinung  zu  bringen,  ist  von  der  Örientirung  abgesehen  und 
die  Längsachse  des  Bauwerks  umgekehrt,  in  die  Richtung  West- 
Ost,  Thurm  und  Haupteingang  also  nach  letzterer  Himmelsgegend, 
gelegt  worden.  Der  Grundrifs  der  in  märkisch -gothischer  Back- 
steinbauweise  durch  den  Garnisonbauinspector  A.  Rossteuscher 
errichteten  Kirche  bildet  ein  lateinisches  Kreuz  mit  einschiffigem 
Lang-  und  Querhause  von  12  bezw.  11  m  Lichtweite.  Drei  Kreuz¬ 
gewölbejoche  von  etwa  halber  Schiflfbreite  überdecken  das  erstere. 


je  ein  gleiches  Joch  die  Querarme.  Ueber  die  Vierung  spannt  sich 
ein  weites  Sterngewölbe;  an  den  schmalen  Vorchor  von  der  Breite 
des  Langhauses,  der  auf  der  einen  Seite  zur  Verbindung  von 
Sacristei  und  Kanzel,  gegenüber  für  einen  bevorzugten  Kirchenstuhl 
ausgenutzt  ist,  schliefst  sich  im  halben  Sechseck  die  Apsis.  Zu 
Seiten  des  Vorchores  liegen  Sacristei  und  Confirmandenzimmer  mit 
kleinen  Vorräumen.  In  der  Langhausachse  steht  der  stattliche 
Thurm  mit  Eingangshalle,  Orgelbühne,  Glockenhaus  und  Uhrstube 
übereinander.  Emporen  sind  aufser  der  Orgelbühne  nur  in  die  Quer¬ 
arme  eingebaut;  sie  werden  von  je  6  Kreuzgewölben  auf  Sandstein¬ 
säulen  getragen,  haben  massive, 
durch  Zwerggaleriebrüstungen  ab¬ 
geschlossene  Stirnen  und  sind 
durch  je  zwei  Wendeltreppen, 
deren  eine  bis  zum  Dachboden 
reicht,  zugänglich.  Ebenfalls  eine 
Wendeltreppe  führt  seitlich  vom 
Hauptthurme  bis  in  dessen 
Glockengeschofs  und  in  diesem 
weiter  empor  bis  zum  Thurm¬ 
helme. 

Das  Kircheninnere  wirkt 
weit  und  frei  und  erfüllt  vortreff¬ 
lich  den  Zweck  der  Predigtkirche. 
Die  Akustik  wird  als  ausgezeichnet 
gerühmt  und  hat  sich  auch  bei 
bereits  mehrfach  veranstalteten 
Kirchenconcerten  vor  einem  die 
Kirche  bei  weitem  nicht  ausfüllen¬ 
den  Zuhörerkreise  in  jeder  Be¬ 
ziehung  bewährt.  Von  den  Sitzplätzen  befinden  sich  rund  300 
auf  den  Emporen,  etwa  700  in  den  Schiffen;  von  allen  ist  der 
Prediger  gut  zu  sehen  und  zu  hören.  Das  System  des  Aufbaues 
veranschaulicht  der  Längenschnitt  Abb.  2.  Die  zum  Theil  ins 
Innere  gezogenen  Strebepfeiler  des  Langhauses  bilden  unten  einfache 
rechteckige  Vorsprünge,  welche  die  Breite  der  Seitengänge  nur  wenig 
verengen.  Die  Gewölbedienste  und  Pfeilervorlagen  für  die  Gurt¬ 
bögen  sind  erst  in  etwa  3  m  Höhe  über  Fufsboden  entwickelt.  Bei 
den  Querschiflfen  wurden  die  Strebepfeiler  durch  die  achteckigen 
Wendeltreppenthürme  zu  Seiten  der  Schiffgiebel  ersetzt.  Die 
Kreuzgewölbe  sind  aus  Halbkreisbögen  über  den  Diagonalen  con- 
struirt,  und  ihre  Scheitel  liegen  nur  wenig  imter  dem  des  Stern¬ 
gewölbes  der  Vierung.  Die  Orgelbühne  ist  in  den  Thurm  hinein¬ 
gezogen,  ihre  auf  kräftig  vorkragender  Flachbogenstellung  ruhende 
Brüstung  hat  die  gleiche  Ausbildung  wie  die  der  Querschiflfemporen 
erfahren. 


342 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


23.  August  1890. 


You  aufsergewöhnlicliem  Interesse  ist  die  wolilgelungene  Färbung 
des  Kircbeninnereu.  Sie  ist  wie  die  gesamte  Formengebung  des 
Bauwerks  nach  erprobten  mittelalterlichen  Grundsätzen  erfolgt.  Der- 
Architekt  hat  bei  der  Durchführung  seines  Farbengedankens  auf  die 
stoft'liche  Besonderheit  der  zu  färbenden  Theile  keine  Kücksicht  ge¬ 
nommen.  Er  hat  den  Sandstein  der  Capitelle,  Dienstringe  und  Schlufs- 
steine,  der  Emporeusäulen,  des  Altars  und  der  Kanzel  ebenso  ledig¬ 
lich  mit  Eücksicht  auf  die  erstrebte  Farbenharmonie  bemalt,  wie  die 
Putzflächen  und  das  Backsteingerüst,  in  welchem,  von  den  wenigen 
genannten  Hausteintheilen  abgesehen,  das  ganze  Innere  in  Ueberein- 
stimmung  mit  der  Aufsenarchitektur  aufgeführt  ist.  Der  Grund¬ 
satz,  von  dem  hierbei  ausgegangen  wurde,  ist  angefochten  worden, 
und  zwar  gerade  vom  Standpunkte  des  Gothikers  aus,  der  sich  an¬ 
geblich  nie  zu  einer  Verleugnung  des  Stofflichen  und  dessen  Eigenart 
verleiten  lassen  dürfe,  da  er  sonst  gegen  die  Wahrheit,  das  höchste 
Kunstgesetz,  sündige.  Wir  glauben,  dafs  das  der  Strenge  zu  viel 
ist.  Wenn  Semper,  indem  er  sich  gegen  die  übertriebene  Betonung 
des  Constructiven,  Stofflichen  in  der  Gothik  wendet,  sagt,  dafs  die 
Form,  die  zur  Erscheinung  gewordene  Idee,  dem  Stoffe,  aus  dem  sie 
gemacht  ist,  zwmr  nicht  widersprechen  dürfe,  dafs  es  jedoch  nicht 
durchaus  nothwendig  sei,  dafs  der  Stoff’  als  solcher  zu  der  Kunst- 
erscheiuung  als  Factor  hinzutrete,  so  möchten  wir  diesen  Satz  auch 
auf  den  vorliegenden  Fall  anwenden,  obwohl  es  sich  bei  diesem  um 
Farbe,  nicht  um  Form  handelt.  Geschichtlich  genommen  hat  übrigens 
die  Gothik  eine  frische,  fröhliche  Bemalung  gewifs  immer  gestattet, 
nicht  etwa  um  zu  täuschen,  um  einem  geringeren  Baustoffe  das  Aus¬ 
sehen  eines  edleren,  theureren  zu  geben,  wohl  aber,  um  über  die 
Unvollkommenheiten  und  Eauhheiten  eines  Baustoff'es  hiuwegzuhelfeu, 
um  dem  Bedürfnisse  nach  farbigem  Schmucke  zu  entsprechen  und 
um  die  Einheitlichkeit  und  gewollte  Wirkung  der  Farbe  zu  erzielen. 
So  betrachtet  kann  es  nicht  befremden,  wenn  wir  bei  unserer  Kirche 
die  Backsteintheile,  verputzte  wie  unverputzte,  mit  einem  kräftig- 
fleischrothen  Tone  überstrichen  ffuden,  wenn  theils  breite  braune 
Streifen,  theils  weifse,  quaderartige  Fügung  angewandt  sind,  um  Pfeiler, 
Gurte  und  einzelne  Flächen  wirkungsvoll  zu  beleben  und  in  den 
erwünschten  Mafsstab  zu  bringen.  Den  Gegensatz  zu  dieser 
führenden  Farbe  bilden  ein  stumpfes  Grünlichgrau  der  glatt- 
geputzten  oberen  Wandflächeii  und  das  gelbliche  Weifs  der  mit 
Stippputz  versehenen  Gewölbkappen,  welches  im  Sterngewölbe  mit 
lichtem  Blau  und  Gelb  abwechselt  und  in  der  Chornische  zu  gold¬ 
besterntem  Blau  gesteigert  ist.  Die  Kajjpen  sind  mit  Blätterborten 
umsäumt,  die  Knäufe,  Kragsteine,  Eippenanfänger  und  Schlufssteine 
dureh  bunte  Bemalung  in  leuchtenden,  ungebrochenen  Farben  her¬ 
vorgehoben.  Am  Triumphbogen  und  im  Chore  ist  dieser  Schmuck 
unter  mafsvoller  Anwendung  von  Vergoldung  auf  die  ganzen  Eippen 
und  Gurte  ausgedehnt,  wie  überhaupt  der  Eeichthum  der  gesamten 
Innenausstattung  nach  dem  Chore  hin  zunimmt.  Eine  vielfarbige 
Behandlung  haben  auch  die  Emporen,  der  Altar  und  die  Kanzel  er¬ 
fahren,  ebenso  wie  das  kieferne  Orgelgehäuse  und  Kirchengestühl 
und  die  schmiedeeisernen  Be¬ 
leuchtungskörper  in  bunten 
Tönen  abgesetzt  sind.  Zu 
diesem  ganzen  Farbenbilde 
treten  schliefslich  noch  die 
wie  alle  Einzelheiten  des  Bau¬ 
werkes  vom  Architekten  selbst 
entworfenen  Glasfenster  hinzu, 
die  bis  jetzt  zwar  nur  erst  im 
Chore  im  vollen  farbigen 
Schmuck  erscheinen  —  selbst 
hier  hat  eine  Mandorla  im 
Mittelfenster  vorläufig  durch 
ein  Papiertransparent  ersetzt 
werden  müssen  — ,  die  aber 
die  volle  Farbenharmonie,  wel¬ 
che  sie  dem  Kirchenraume  ver¬ 
leihen  werden,  schon  an  die¬ 
sem  Bautheile  erkennen  lassen. 

Im  Aeufseren  tritt  die 
geschilderte  Plananordnung 
gut  und  klar  in  die  Erschei¬ 
nung.  Ueber  die  Hauptein¬ 
gangsfront,  insbesondere  den 
Aufbau  des  Thurmes,  belehrt 
unsere  Abbildung  3.  Das 
Langhaus  wird  durch  schlichte 
Strebepfeiler  gegliedert,  die, 
oben  in  Wandstreifen  um¬ 
setzend,  durch  Bogenfriese  ver¬ 
bunden  werden,  welche  dem  knappen  Hauptgesims  die  der  Backstein¬ 
bauweise  eigenthümliche  Bereicherung  geben.  Die  Spitzbogen- 


feuster  sind  dreigetheilt  und  im  Bogenfelde  mit  je  einer  grofsen 
und  zwei  kleinen  Eosen  versehen.  Ein  ähnliches  Motiv,  doch  mit 
drei  gleichwerthigen  Eosen,  zeigen  die  breiteren  Fenster  des  Quer¬ 
hauses,  dessen  Eck-Treppenthürme  schlank  und  schön  gezeichnet 
emporwachsen.  Nicht  ganz  so  einverstanden  erklären  können  wir 
uns  mit  der  Durchbildung  der  Querschiff’giebel,  deren  Motiv,  eine 
dreitheilige  Bleudeugrujjpe  zwischen  gemusterten  Wandstreifen,  zwar 
geschickt  gewählt,  aber  in  seinem  oberen  wagerechten  Abschlüsse 
nicht  ganz  glücklich  zur  Entwicklung  gebracht  erscheint.  Besser 
wirkt  die  ähnliche  Lösung  am  Chorgiebel,  bei  welchem  der  Mittel¬ 
theil  aus  der  Wagerechten  heraus  nach  oben  gestreckt  ist.  Ueber- 
haujff  baut  sich  die  Choransicht  mit  ihrer  fest  mit  der  Vorchorfront 
verwachsenen  Apsis,  mit  den  zur  Seite  liegenden,  klar  ausgesprochenen 
Nebenräumen  und  den  auch  für  diese  Front  gut  abgewogenen  Quer¬ 
schiffthürmen  sehr  gut  zusammen. 

Die  Planfeststellung  und  Ausführung  des  Baues  ist  unter  Mit¬ 
wirkung  der  Vorgesetzten  Baubeamten,  der  Herren  Geh.  Ober-Baurath 
Voigtei  und  Intendantur-  und  Baurath  Boethke,  erfolgt;  für  die 
besondere  Bauleitung  standen  dem  Architekten  nacheinander  die 
Eegierungs-Baumeister  Voelcker,  .Jansen  und  Afinger  zur  Seite. 
Die  Ausführung  der  Arbeiten  begann  im  Frühjahr  1887  mit  schwie¬ 
riger  Kastengründung  auf  ungünstigem  Boden.  Am  18.  October  des¬ 
selben  Jahres,  dem  Geburtstage  des  hochseligen  Kaisers  Friedrich, 
damaligen  Kronprinzen,  wurde  der  Grundstein  gelegt,  1888  das  Ge¬ 
bäude  unter  Dach  gebracht, 
im  folgenden  Jahre  ausgebaut 
und  am  16.  März  d.  J.  im 
Beisein  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  feierlich  eingeweiht. 

Die  in  Eathenower  Hand¬ 
strichsteinen  im  Blockverband 
aufgemauerten  Fronten,  welche 
trotz  der  tiefrothen  Steinfarbe 
vorläufig  infolge  der  ziemlich 
breiten  vollen  weifsen  Fuge 
noch  einen  etwas  blassen  Ge¬ 
samtton  zeigen,  sind,  wie  die 
ganzen  Maurerarbeiten  über 
Erdboden,  durch  den  Maurer¬ 
meister  E.  Müller  in  Spandau 
zur  Ausführung  gebracht  wor¬ 
den.  Die  Zimmerarbeiten,  ins¬ 
besondere  die  Errichtung  der 
ohne  Kreuz  rund  38  m  hohen, 
in  Mollerscher  Art  con- 
struirten  Thurmpyramide, 
waren  in  die  bewährten  Hände 
der  Zimmermeister  W.  Sittel 
u.  Sohn  in  Nauen  gelegt,  das 
deutsche  Schieferdach  deckte 
W.  N eumeister  in  Berlin  ein. 
Besondere  Sorgfalt  ist  auf  die 
Schmiede-  und  Schlosserarbei¬ 
ten,  Thürbeschläge,  Thurm- 
kreuz,Beleuchtungskörper  usw. 
verwendet  worden.  Sie  sind 
nach  Zeichnung  des  Archi¬ 
tekten  theils  durch  den  Schlos¬ 
sermeister  See  hinge  r  in  Mar¬ 
burg,  theils,  und  zwar  die 
Beleuchtungskörper,  durch  den 
Hofkunstschmied  Marcus  in 
Berlin  gefertigt.  L.  Je s sei 
in  Berlin  führte  die  Glas¬ 
malereien  ,  Steinmetzmeister 
Schöneseifer  in  Marburg 
die  Werksteinarbeiten  aus, 
Schlag  u.  Söhne  in  Schweid¬ 
nitz  erbauten  die  mit  25  Ee- 
gistern  ausgestattete  Orgel 
nebst  Gehäuse,  der  Gufs  und 
die  Modellirung  der  gufs- 
stählernen  Glocken  aber  er¬ 
folgten  in  derKönigl.Geschütz- 
giefserei  in  Spandau  durch  den 
Giefsermeister  Kirsch,  wel¬ 
cher  sich  durch  diese  Leistung 
ein  besonderes  Verdienst  um 
den'  Bau  erworben  hat. 

Die  Kosten  des  Bauwerkes  betragen  nur  rund  270  000  Mark,  das 
sind  etwa  30  Mark  für  das  Cubikmeter  des  eigentlichen  Kirchen- 


Kr.  34. 


Centralblatt  der  Bauverwaltiin^. 

 O 


343 


hauses,  eine  Suinme,  die  besonders  gering  erscheint,  wenn  inan  in 
Betracht  zieht,  dafs  die  Gründungsarbeiten  allein  über  30  000  Mark 
gekostet  haben.  Anderseits  haben  allerdings  mancherlei  Stiftungen 
zur  Verminderung  der  Bausumme  beigetragen.  So  haben  die  hoch¬ 
selige  Kaiserin  Augusta  die  Altarausstattung,  die  Kaiserin  Friedrich 
einen  Kronleuchter  in  den  Chor  gestiftet.  Die  Damen  der  Gemeinde 
schenkten  den  Altarteppich,  die  Militärgemeinde,  d.  h.  die  Familien 
der  Officiere  und  Beamten  der  Garnison,  die  farbigen  Fensteif, 
eine  Tochter  des  Commandanten  von  Spandau,  Fräulein  Francisca 
V.  Knobelsdorff,  malte  das  schöne  Altarbild,  eine  Copie  der  Rubens- 
schen  „Auferwecküng  des  Lazarus“.  Aber  auch  die  Regimenter  selbst 


steuerten  zur  Ausstattung  ihres  Gotteshauses  bei,  indem  sie  iliren  in 
den  letzten  grofsen  Kriegen  gefallenen  Kameraden  Gedenktafeln 
widmeten. 

Bei  dieser  Opferfreudigkeit  der  Gemeinde,  der  die  Kirche  schon 
während  der  Bauausführung  ans  Herz  gewachsen  ist,  wird  die 
gänzliche  Vollendung  der  Ausstattung,  zu  der  vornehmlich  die  farbige 
Verglasung  auch  der  Schiffsfenster  gehört,  niclit  lange  auf  sich  warten 
lassen.  Der  in  echt  märkisclier  Sinnes-  und  Kunstweise  durchgeführte 
Bau  aber  wird  für  alle  Zeit  als  ein  Denkmal  gelten  würdig  des  Vor¬ 
ortes  protestantischer  Lehre  in  der  Mark,  in  dessen  welirhaften  Mauern 
er  errichtet  ist. 


Die  Bohrmaschine  im  Mansfelder  Kupferschiefer -Berghaue. 


lieber  den  Mansfelder  Kupferschiefer -Bergbau  hielt  Professor 
J.  R.  V.  Rziha  im  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten -Ver¬ 
eine  am  9.  November 
V.  J.  einen  in  hohem 
Grade  bemerkens- 
werthen  Vortrag,  in 
Velchem  unter  ande¬ 
rem  der  Stand  des 
Bohrmaschinenwesens 
in  Mansfeld  ausführ¬ 
lich  behandelt  wurde. 

Der  Mansfelder 
Bergbau  ist  aus  vie¬ 
len  Gründen  in  be¬ 
sonderer  Weise  ge¬ 
eignet,  die  Aufmerk¬ 
samkeit  sowohl  des 
Bergmannes  als  des 
Tunnelbau-Ingenieurs 
auf  sich  zu  lenken. 

Es  wird  jährlich  bei 
einer  Flötzstärke  von 
nur  33  bis  55  cm 
eine  Fläche  von  bei¬ 
läufig  1,6  Quadratkilo¬ 
meter  abgebaut;  der 
Schwerpunkt  der  Ar¬ 
beit  liegt  dadurch 
naturgemäfs  in  der 
Vorrichtung  des 
Baues,  d.  i.  in  der 
Anlage  der  Quer¬ 
schläge  und  Strecken, 
die  gegenwärtig  im 
Jahre  eine  Länge  von 
32  km  ausmachen. 

Die  Einführung  der 
Bohrmaschine  war  da¬ 
rum  dringend  geboten 
und  wurde  im  Jahre 
1880  beschlossen;  bis 
zum  Jahre  1888  ge¬ 
langten  auf  diesem  ' 

Wege  16  km  Stollen 
zur  Ausführung.  Die  ' 

Anwendung  der  Ma-  ^ 
schinenarbeit  wird 
sich  hier  für  die  Zu¬ 
kunft  noch  steigern 
und  ist  schon  durch 
ihren  Umfang  für  die 
Beurtheilung  der 
Bohrmaschine  über¬ 
haupt  sehr  mafsge- 
bend.  Dazu  kommt 
der  Umstand  ,  dafs 
die  verschiedenen 
Bohrarten  —  Dreh-, 

Stofs-  und  Handboh¬ 
ren  —  unter  gleichen 
Orts-  und  Gesteins¬ 
verhältnissen  durch 


J ahre  verglichen  wer- 


Abb.  3.  Ansicht  von  Osten. 

Neue  evangelische  Garnisonkirche  in  Spandau 

den  konnten,  was  im 

Tunnelbau  nie  vollkommen  der  Fall  ist.  Endlich  sind  die  Anlage- 
und  Betriebskosten  der  verschiedenen  Bohrverfahren  genau  bekannt 


und  mitgetheilt,  sodafs  auch  hierüber  sichere  Aufschlüsse  gefunden 
werden. 

Die  bisherige  Ar¬ 
beit  mit  Bohrma¬ 
schine  vertheilt  sich 
folgendermafsen : 

1.  Drehbohrung, 
ausgeführt  durch  die 
UnternehmungBrandt 
u.  Brandau  mittels 
Br  an  dt  scher  Bohr¬ 
maschinen  im  Ernst¬ 
schächter  Gebiete  des 
Kuxberger  Bezirkes 
in  der  Zeit  vom  Fe¬ 
bruar  1884  bis  März 
1889.  Die  durch¬ 
fahrene  Länge  betrug 
6609  m ;  es  war  hier¬ 
für  nur  eine  Anlage 
erforderlich. 

II.  Stofsboh¬ 

rung,  ausgeführt 
durch  die  Unterneh¬ 
mung  Fröhlich  u. 
Klüpfel  mittels 

Fröhlich  scher  Bohr¬ 
maschinen  im  Freies¬ 
iebener  Schachtge¬ 
biete  des  Schafbreiter 
Bezirkes  in  ■  der  Zeit 
vom  September  1883 
bis  Januar  1889.  Die 
durchfahrene  Länge 
betrug  6808,3  m  und 
es  waren  hier  drei 
getrennte  Anlagen  er¬ 
forderlich. 

III.  Stofsboh¬ 
rung,  ausgeführt 
durch  die  Bergbau- 
Verwaltung  im  Ei¬ 
genbetriebe  mittels 
Jäger  scher  Bohrma¬ 
schinen  im  Schaf¬ 
breiter  und  Hirsch¬ 
winkeier  Bezirke.  Der 
Uebergang  auf  den 
Eigenbetrieb  erfolgte 
im  Juli  1888,  und  der 
Unternehmerbetrieb 
wurde  im  Jahre  1889 
gänzlich  aufgegeben. 
Bis  Mai  1889  ge¬ 
langten  2138  m  unter 
theilweiser  Benutzung 
alter  Anlagen  zur 
Auffahrung. 

Ferner  wurde  im 
Jahre  1888  das  Boh¬ 
ren  im  Strebbau 
aufgenommen,  und  es 
waren  damit  bis  Mai 
1889  1089  Tonnen 

gültiger  Schiefer  gehoben.  In  die  letzte  Zeit  fallen  endlich  Versuche 
von  Schrämarbeit  mit  Frankeschen  Maschinen. 


Holzstich  v.  O.  Ebel. 


344 


23.  August  1890. 


Ceutralblatt  der  ßauverwaltung’. 


Die  Ausmafse  der  Querschläge  und  Strecken  sind  im  weiteren 
mit  2,5 . 2,20  =  5,50  qm  eingesetzt,  was  einem  mittleren  Wertlie  ent¬ 
spricht. 

A.  Anlagen  und  Arbeitsvorgang. 

I.  Drehbohrung,  Unternehmung  Brandt  u.  Brandau.  Der 
Wasserdruck  scliwankte  zwischen  57  und  87  Atmosphären,  die  Rohr¬ 
weite  betrug  70  mm  im  lichten,  die  Rohrwandstärke  0  mm.  Zu 
diesem  Wasserdrücke  lieferte  natürliches  Gefälle  37  Atmosphären,  die 
zugehörige  Leitung  hatte  157  mm  Weite  im  lichten  und  3  bis  5  mm 
Wandstärke.  Es  arbeiteten  vor  Ort  im  Querschlage  —  Conglomerate 
—  drei,  im  Flötze  zwei  Maschinen.  Auf  den  Arbeitstag  — 

24  Stunden  —  entfielen  3,8  Angriffe  mit  je  3  Stunden  für  die 
Bohrung,  2,1  Stunden  für  die  Schutterung  und  1,2  Stunden  für  Laden, 
Sprengen  und  Lüften.  Letzteres  wurde  durch  Wasserstäubeii  unter¬ 
stützt;  die  Maschine  brachte  in  der  Minute  mit  2000  Umdrehungen 

25  cbm  Luft  vor  Ort.  Auf  den  Angriff  kamen  im  Conglomerate 
15  bis  16,  im  thonigen  Rothliegenden  und  Sandsteine  10  bis  12,  im 
Flötze  9  bis  10  Bohrlöcher  von  70  mm  Durchmesser  und  1,2  bis 
1,6  m  Tiefe.  Für  das  laufende  Meter  stellte  sich : 

der  Verbrauch  au  Dynamit,  im  Querschlage  auf  23,0  bis  24,0  kg 

„  Flötze  „  16,0  .,  19,9  .. 

„  ,.  ,.  abgestumpften  Bohrern, 

im  Querschlage  ,.  2,3  „  3,2  Stück 

„  Flötze  ..  1,9  „  2,4  „ 

II.  Stofsbohrung,  Unteimehmung  Fröhlich  u.  Klüpfel.  Der 
Luftdruck  vor  Ort  schwankte  zwischen  4  und  5  Atmosphären, 
die  Rohrweite  betrug  70,  in  den  längsten  Leitungen  108  mm.  Es 
arbeiteten  vier  Maschinen  auf  zwei  Spannsäuleu,  oder  sechs  Maschinen 
auf  drei  Spannsäulen.  Auf  den  Arbeitstag  entfielen  4,3  Angriffe  mit 
je  3,6  Stunden  für  die  Bohrung,  2,2  Stunden  für  die  Schutterung;  auf 
den  Angriff  kamen  im  Conglomerate  18  bis  20,  im  Gipse  und  Stein¬ 
salze  19  bis  22,  im  thonigen  Rothliegenden  15  bis  18  und  im  Flötze 
9  bis  14  Bohrlöcher  von  30  bis  36  mm  Durchmesser  und  1,10  bis 
1,15  m  Tiefe.  Für  das  laufende  Meter  stellte  sich: 

der  Verbrauch  au  Dynamit,  im  Querschlage  auf  12,5  bis  15,6  kg 

„  Flötze  ,.  21,9  kg 

.  ,,  ,,  abgestumpften  Bohrern, 

im  Querschlage  ,,  9  bis  13  Stück 

„  sehr  festen  Gesteine  aber 

auf  32  bis  43  Stück 

III.  Stofsbohrung.  Eigenbetrieb  der  Verwaltung. 

a.  Stollenbohrung  im  angestrengten  Betriebe.  Im  Schachtgebiete 
Otto  III.  und  Clotilde  des  Schafbreiter  Bezirkes  wurden  in  der 
Zeit  vom  Juli  1888  bis  Juli  1889  1073  m  Länge  theils  im  Con¬ 
glomerate,  theils  im  Flötze  durchfahren.  Es  arbeiteten  vor  Ort  vier 
Maschinen;  auf  den  Tag  entfielen  4,3  Angriffe  mit  je  2,69  Stunden 
für  die  Bohrung,  2,46  Stunden  für  die  Schutterung.  Auf  den  Angriff 
kamen  durchschnittlich  16,3  Bohrlöcher  von  1,22  m  mittlerer  Tiefe. 
Für  das  laufende  Meter  stellte  sich: 

die  Zahl  der  achtstündigen  Häuerschichten  auf  5,6 

„  „  „  „  Schlepperschichteu  ,,  4,1 

der  Verbrauch  an  Dynamit  im  Jahre  1888  „  19,7  kg 

,.  „  1889  ,.  13,1  „ 

„  „  „  abgestumpften  Bohrern  „  16  Stück. 

Im  Hirschwinkeier  Bezirke  wurden  in  der  Zeit  vom  Januar  bis 
Mai  1889  417  m  Länge  in  sehr  festem  Conglomerate  durchfahren. 
Auf  den  Arbeitstag  entfielen  3,6  Angriffe  mit  je  3^4  Stunden  für  die 
Bohrung,  2  Stunden  für  die  Schutterung  und  1  Stunde  für  das 
Schiefsen;  auf  den  Angriff  kamen  16  Bohrlöcher  von  1,38  m  mittlerer 
Tiefe.  Für  das  laufende  Meter  stellte  sich: 

die  Zahl  der  achtstündigen  Häuerschichten  auf  6,8 

„  B  „  „  Schlepperschichteu  „  7,4 

der  Verbrauch  au  Dynamit  auf  22,66  kg 
Zündschnur  ,.  4  Ringe 
Zündhütchen  ,.  22  Stück 
Bohrstahl  „  2,25  kg. 

b.  Stollenbohrung  im  gemäfsigten  Betriebe.  Im  Schachtgebiete 
Otto  HI  wurden  binnen  253  Tagen  im  Flötze  558,1  m  Hauptstrecken 
durchfahren.  Auf  den  Arbeitstag  entfielen  2,4  Angriffe,  auf  den  An¬ 
griff  14  Bohrlöcher  von  1,25  m  mittlerer  Tiefe.  Für  das  laufende 
Meter  stellte  sich: 

die  Zahl  der  achtstündigen  Arbeitsschichten  auf  4,1 
»  «  «  n  Schlepperschichten  ,,  2,7 

der  Verbrauch  an  Dynamit  „  12,7  kg 

„  „  „  abgestumpften  Bohrern  „  10  Stück. 

c.  Bohrungen  im  Strebbaue  mittels  Jägerscher  Bohrmaschinen, 
welche  anfänglich  im  Gewichte  von  90  kg,  später  von  85  kg  mit 
t)5  mm  Durchmesser  und  schliefslich  von  nur  55  kg  angeweudet 
wurden.  Im  Jahre  1888  wurde  mit  drei  Maschinen,  im  Jahre  1889 


wegen  anderweitiger  Abgabe  der  Betriebsluft  bei  einer  Strebstofslänge 
von  60  m  mit  nur  einer  Maschine  gearbeitet.  Die  Bohrlöcher  hatten 
33  bis  36  mm  Durchmesser  und  1,2  bis  1,5  m  Tiefe. 

d.  Schrämen  mittels  Bohrmaschinen  von  Franke,  welche  ein  Ge¬ 
wicht  von  nur  6  kg  haben  und  1500  bis  1700  Stöfse  in  der  Minute 
machen.  Sie  können  sehr  leicht  von  einem  Manne,  stehend  oder 
liegend,  frei  oder  auf  einem  kleinen  Rollgestelle,  gehandhabt  werden. 
Die  bisherigen  Ergebnisse  versprechen  einen  günstigen  Erfolg. 

e.  Anlage  eines  unterirdischen  Luftbehälters  im  Gesteine.  Solche 
wurden  schon  am  Harze  ausgeführt  und  sind  auch  für  die 
Prefsluftanlage  in  Paris  in  Aussicht  genommen.  Sie  haben  neben 
anderen  Vortheilen  auch  den  der  geringeren  Gefahr,  und  ihre  dichte 
Erstellung  ist  hier  vollkommen  gelungen. 


R.  Erzielte  Arbeitsfortschritte. 


Betrieb. 

Tages¬ 
fortschritt 
in  Meter. 

Vergleich 

gegen 

Handarbeit. 

I.  Drehbohrung,  Unternehmung  Brandt 

1 3,22  bis  5,74, 

3,54  : 1  bis 

u.  Brandau,  je  nach  abnehmender 

höchstens 

4,19  :  1 

Gesteinsfestigkeit. 

7,02 

II.  Stofsbohrung,  Unternehmung  Fröh- 

3,11  bis  4,76, 

4,06  :  1  bis 

lieh  u.  Klüpfel,  je  nach  abnehmender 

höchstens 

3,23  :  1 

Gesteinsfestigkeit. 

1  6,17 

HI.  Stofsbohrung,  Eigenbetrieb  der  Ver¬ 
waltung. 

a.  Stollenbohrung  im  angestrengten 
Betriebe. 

Im  Schafbreiter  Bezirke .  .  . 

4,36 

4,36  :  1 

Im  Hirschwinkeier  Bezirke  .  . 

3,11  bis  3,89 

3,90  :  1 

b.  Stollenbohrung  im  gemäfsigten 

Betriebe . 

!  2,2 

2,2  :  1 

c.  Bohrung  im  Strebbaue. 

1  in  Tonnen 
:  gült.  Schiefer 

Tagesleistung  eines  Häuers 

0,30  bis  0,45 

1,80  :  1  bis 

2,80  :  1 

C.  Kosten  der  Anlagen. 

Die  Anlagen  bestehen  in  Luftprefsmaschinen,  Luftbehältern, 
Kessel,  Maschinenhaus  und  Werkstätten,  Bohrmaschinen,  Spann¬ 
säulen,  Luftschläuchen,  Hähnen,  Rohren  usw. 


Betrieb. 

Mit  der 
Anlage 
erbohrte 
Länge 
Meter. 

Be¬ 

triebs¬ 

zeit 

Jahre. 

Kosten  der  An¬ 
lage,  vertheilt 
auf  das  laufende 
Meter  erhohrter 
Länge 

Mark. 

I.  Unternehmung  Brandt  u.  Brandau, 
eine  Gesamtanlage . 

6609,0 

5 

22,28 

11.  Unternehmung  Fröhlich  u.  Klüpfel, 
drei  getrennte  Anlagen: 
a.  Freiesiebener  Schacht  .  .  . 

1496,5 

2 

38,30 

b.  Schaf  breiter  Bezirk,  Schacht 
Otto  IH . 

3400,0 

3 

26,52 

c.  Hirschwinkeier  Bezirk  (theil- 
weise  Benutzung  einer  älteren 
Anlage) . 

2138,1 

2V2 

19,77 

Um  vergleichen  zu  können,  wurden  die  Anlagen  für  die  Stofs¬ 
bohrung  gleichfalls  auf  fünfjährige  Verwendung,  bei  15  pCt.  jähr¬ 
licher  Abschreibung  umgerechnet  und  man  erhielt  dann  die  Werthe: 


a.  Freiesiebener  Schachtgebiet  .  .  .  11,50  Mark 

b.  Schafbreiter  Bezirk . 11,93  „ 

c.  Hirschwinkeier  Bezirk . 7,42  „ 

also  weitaus  zu  gunsten  des  Stofsbohrens. 


I).  Kosten  des  Betriebes. 


I.  und  II.  Augestrengter  Unternehmerbetrieb.  Dreh-  und  Stofsbohren. 
Die  Kosten  für  das  Cubikmeter  ausgehöhlten  Raumes  betrugen: 


Drehbohren 

Stofsbohren 

Stollen. 

Maschinen¬ 

betrieb 

Hand¬ 

betrieb 

Maschinen¬ 

betrieb 

Hand¬ 

betrieb 

Mark. 

Querschlag  im  Rothliegenden 

32,9 

22,1 

,  36,3 

22,9 

Strecken  im  Flötze  .... 

25,8 

14,7 

30,8 

17,1 

Als  Durchschnittswerthe  in 
Rücksicht  auf  die  Längen 
ergeben  sich . 

30,5 

19,7 

32,5 

18,1 

Nr.  84. 


Centralblatt  der  Bauverwaltüng. 


345 


Zu  diesen  Werthen  ist  zu  bemerken: 

1.  Die  Kosten  der  Handarbeit  wurden  mit  den  wirklichen,  an  den 
betreffenden  Arbeitsstellen  gezahlten  Werthen  eingesetzt. 

2.  In  den  Förderquerschiägen  sind  die  Kosten  des  jeweiligen 
Ausbaues  und  der  Fördergeleise  zugeschlagen  und  zwar  beim  Dreh¬ 
bohren  2,61  Mark,  beim  Stofsbohren  1,91  Mark. 

3.  Beim  Drehbohren  sind  ferner  die  Kosten  der  Hebung  des 
Betriebswassers  zugefügt;  sie  betrugen  durchschnittlich  1,20  Mark. 

4.  Der  Umstand,  dafs  beim  Drehbohren  46  pCt.  des  Wasser¬ 
druckes  durch  natürliches  Gefälle  erreicht  wurden,  erscheint  hier 
nicht  berücksichtigt. 

Es  ist  also  der  Maschinenbetrieb  um  50  bis  80  pCt.  theurer  als 
der  Handbetrieb  und  das  Drehbohren  etwas  theurer  als  das  Stofs¬ 
bohren. 

Die  Kosten  selbst  vertheilen  sich  in  Procenten  wie  folgt: 


Dreh- 

Stofs- 

Nr. 

Gegenstand. 

bohren 

bohren 

Procent. 

1. 

Gedinge  an  Unternehmer . 

70,00 

79,62 

2. 

Luftprefs- Arbeiten  . . 

■ — 

14,10 

3. 

Wetterlutten,  Lüftung . 

2,51 

4. 

Kohlen  (Prefspumpe  und  Werkstätte)  .  . 

8,50 

__ 

5. 

Sonstige  Materialien . 

4,22 

6. 

Verbrauchte  Bohrer  .  .  . 

1,20 

___ 

7. 

Ausbesserungen  und  Ergänzungen  der  An- 

läge  ^  . 

4,83 

— 

8. 

Verbrauchte  Schienen  und  Schwellen  .  . 

6,40 

4,38 

9. 

Materialien  zum  Ausbaue . .  . 

2,34 

1,90 

Zusammen  .  . 

100,00 

100,00 

III.  Eigenbetrieb  der  Verwaltung.  Stofsbohren.  | 

a.  Stollenbohrung  im  angestrengten  Betriebe. 

Im  Schachtgebiete  Otto  III. 

Die  Kosten  für  das  Cubikmeter  ausgehöhlten  Baumes  betrugen  ! 
21,01  Mark  und  vertheilen  sich  in  Procenten  wie  folgt: 


Post- 

Nr. 

Gegenstand. 

Procent. 

1. 

Arbeitslöhne . . . . 

25,41 

2. 

Sprengmaterialien  ............. 

27,13 

3. 

Förderung  . . 

11,44 

4. 

Luftprefsmaschine . . 

0,15 

5. 

Ausbesserungen  und  Ergänzungen  der  Anlage  .  . 

7,80 

6. 

Verbrauchte  Schienen  und  Schwellen  ..... 

15,34 

,  7. 

Materialien  zum  Ausbaue  . . 

12,73 

Zusammen 

100,00 

Im  Handbetriebe  kam  das  Cubikmeter  auf  16,1  Mark. 

Es  ist  demnach  der  Maschinenbetrieb  der  Verwaltung  um  31  pCt. 
theurer  als  der  Handbetrieb,  und  um  31  pCt.  billiger  als  der  Unter¬ 
nehmerbetrieb. 


Im  Hirschwinkeier  Bezirke. 

Ein  Cubikmeter  kam  im  Maschinenbetriebe  auf  24,25  Mark, 
davon  entfielen  in  Procenten: 

auf  Löhne  ....  78,27 
auf  Materialien  .  .  21,73 
Zusammen  100,00 

In  der  Handarbeit  hat  das  Cubikmeter  22,3  Mark  Kosten  ver¬ 
ursacht. 

Es  stellt  sich  demnach  der  Maschinenbetrieb  um  10  pCt.  theurer. 

b.  Stollenbohren  im  gemäfsigten  Betriebe. 

Im  Schachtgebiete  Otto  III. 

Ein  Cubikmeter  kam 

im  Maschinenbetriebe  auf  9,8  bis  11,6  Mark 
im  Handbetriebe  „  8,4  „  10,6  „ 

Es  ist  daher  ersterer  um  9—15  pCt.  theurer,  war  aber  in  einem 
Falle  sogar  noch  um  5  pCt.  billiger  als  der  Handbetrieb. 

c.  Bohrungen  im  Strebbaue. 

Die  Kosten  des  Cuhikmeters  betrugen 

im  Maschinenbetriebe  .  .  .  5,65  Mark 

im  Handbetriebe . 7,27  Mark 

Der  Maschinenbetrieb  ist  also  hier  nicht  nur  weit  rascher, 
sondern  noch  um  22  pCt.  billiger  als  der  Handbetrieb. 

Die  Kosten  verth eilen  sich  in  nachstehender  Weise: 


Post- 

Nr. 

Gegenstand. 

Maschinen¬ 

arbeit 

Proce 

Hand¬ 

arbeit 

nt. 

1. 

Häuer  ............. 

46,02 

73,18 

2. 

Förderer . . . 

8,85 

8,94 

3. 

Sprengmaterialien . 

17,88 

15,54 

4. 

Luftprefsmaschine . 

17,69 

— 

5. 

Ausbesserungen  und  Ergänzungen  der 
Anlage  . . 

9,56 

2,34 

Zusammen  .  . 

100,00 

100,00 

Es  ergeben  sich  bei  dem  Mansfelder  Bergbaue  rücksichtlich 
der  Bohrmaschinen  folgende  Schlüsse: 

Die  Arbeitsfortschritte  sind  im  milden  Gesteine  beim  Drehbohren, 
im  festen  Gesteine  beim  Stofsbohren  günstiger,  sonst  aber  wenig 
verschieden.  Anlage  und  Betriebskosten  sind  beim  Drehbohren 
höher  als  beim  Stofsbohren,  umsomehr  dann,  wenn  kein  natürlicher 
Wasserdruck  zur  Verfügung  steht. 

Der  Betrieb  mit  Prefsluft  ist  einfacher  als  jener  mit  Druck¬ 
wasser,  weil  das  Heben  des  Betriebswassers  entfällt,  und  er  ist 
auch  in  Bücksieht  auf  den  Zustand  der  Förderbahn  geeigneter,  weil 
reinlicher  als  der  letztere.  Endlich  haben  auch  die  Spannsäulen  der 
Stofsbohrer  ein  kleineres  Gewicht  als  jene  des  Drehbohrers  und 
sind  darum  leichter  zu  handhaben. 

Der  Werth  der  Bohrmaschinen  überhaupt  ergiebt  sich  aus  den 
übersichtlich  zusammengestellten  Fortschritten  und  Kosten  von 
selbst,  und  es  verdient  dieser  Bergbau  auch  weiter  die  Aufmerk¬ 
samkeit  aller  Ingenieure,  die  sich  mit  Gesteinsbohrungen  beschäftigen. 

Wien,  im  Mai  1890.  E.  Ein  dl. 


Die  Bauausfülirung  der  zweiten  Weichsellbrucke  bei  Dirschau. 

Von  A.  Goering. 

(Fortsetzung.) 


5.  Die  Gründung  der  Pfeiler  (Abb.  10a,  10b). 

Für  die  Gründung  der  beiden  Strompfeiler  (Abb.  10)  und  der 
beiderseitigen  Landpfeiler  —  da  auch  am  östlichen  Landpfeiler 
eine  tiefe  Fluthrinne  vorbeigeht  ■—  wurde  die  bei  der  alten  Brücke 
bewährte  Anordnung  eines  Betonbetts  auf  Grundpfählen  zwischen 
Pfahlwänden  mit  umgebendem  sehr  breiten  und  kräftigen  Stein- 
wurf  gewählt.  Die  Sohle  des  Betons  liegt  bei  den  Strompfeilern 
(ähnlich  auch  bei  den  Landpfeilern)  auf  —  0,53  d.  i.  etwa  (vgl.  auch 
Abb.  3  auf  Seite  325): 

1,5  m  unter  der  Pufssohle, 

3,9  m  unter  Niedrigwasser, 

4,8  m  unter  Mittelwasser, 

11,4  m  unter  Hochwasser. 

Um  die  bezeichnete  Tiefe  der  Betonsohle  zu  erreichen,  wurde 
die  Flufssohle,  weiche  zwar  inmitten  der  ersten  Stromöffnung  sich 
sehr  tief  senkt,  in  der  Gegend  der  Pfeiler  aber  etwa  auf  1,0 
liegt:,  vor  Einrammen  der  Pfähle  um  1,5  m  ausgebaggert,  und 
zwar  auf  etwa  18  m  Breite,  und  30  m  Länge,  dann  mit  flachen 
Böschungen  (1  :  2)  ansteigend  (Abb.  10b). 

Das  Betonbett  innerhalb  der  Pfahlwand  hat  3,8  m  Stärke,  steigt 
also  bis  -j-  3,25,  d.  i.  fast  zur  Höhe  des  Niedrigwassers  (+  3,32 
über  N.  N.)  und  hat  eine  Grundfläche  von  18,82  m  Breite  und  23,7  m 


I  Länge,  mithin  nach  Berücksichtigung  der  Zuspitzungen  etwa  223  qm 
Gröfse,  enthält  demnach  rund  845  chm  Beton.  Auf  die  Oberfläche 
des  letzteren  setzt  sich  der  Mauerkörper  in  einer  Breite  von  8,34  m 
und  zieht  sich  mit  vier  kleinen  abgeschrägten  Sockelabsätzen  auf 
7,14  m  zusammen,  um  dann  mit  einer  Anlage  von  1  : 18,  wie  oben 
bemerkt,  weiter  aufzusteigen. 

Die  Steinschüttung  aus  grofsen  Granitfindlingen,  welche 
hauptsächlich  der  Ostsee  entnommen  werden,  ist  bis  zur  Höhe  der 
Beton- Oberfläche  (+3,25)  in  einer  Breite  von  8  m  nach  allen  Seiten 
um  die  Pfahlwand  vorgesehen,  unter  Sfüfsiger  Böschung  zur  Flufs¬ 
sohle. 

Die  Pfähle  der  Wand  sowie  die  Grundpfähle  reichen  bis  —  5,53 
unter  N.  N.,  also  8,78  m  unter  die  Oberkante  des  Betons. 

Die  drei  auf  dem  Vorlande  stehenden  Mittelpfeiler  sind 
auf  je  zwei  Brunnen  gegründet,  welche  kreisrunde  Form  haben  bei 
einem  Achsenabstand  von  10,8  m.  Die  Brunnen  zeigen  in  dem  oberen 
5,20  m  hohen  cylindrischen  Theile  10  m  äufseren  Durchmesser  und 
1,16  m  Wandstärke,  darunter  noch  1,8  m  Höhe  mit  einer  Vergröfse- 
rung  auf  10,3  m  am  unteren  Bande.  Dieser  untere  Theil  setzt  auf 
dem  Eisenringe  (Blechkranz  mit  1  Winkeleisen)  mit  ein  Stein  Stärke 
an  und  ist  dann  nach  innen  auf  seine  Höhe  von  1,8  m  bis  zu  der 
Stärke  von  1,16  m  übergekragt.  Die  Brunnen  sind  mit  dem  unteren 


34G 


23.  August  1830, 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Eiinde  bis  anf  — 2,70  unter  N.  N.  hinabgesenkt,  d.  i.  rund  10  m  unter 
die  Vorlandhöhe  von  G,75  m.  Die  Betonfüllung  reiclit  bei  etwa  2,4  m 
Stärke  bis  — 0,36;  dann  folgt  die  Ausmauerung.  Die  Oberkante  der 
Brunnen  liegt  auf -t- 4,25  (in  Höhe  des  Mittelwassers),  also  noch 
2,0  m  unter  der  Vorlandhöhe.  Darüber  steigt  —  nacli  Ueber- 
wölbung  des  kleinen  Zwischenraums  —  der  Mauerkörper  wie  bei 
den  Strompfeilern  auf.  Nur  kommen  hier  die  Soclcelabsätze  in 
Wegfall,  da  sie  noch  unter 
die  Erdoberdäche  fallen 
würden. 

6.  Der  BaupLaii. 

Die  Bauzeit  wurde  auf 
vier  Jalire  festgesetzt  und 
der  Bau  im  Frühjahr  1888 
begonnen.  Zu  beachten  ist 
hierbei,  dafs  zwischen  dem 
Verschwinden  des  Hoch¬ 
wassers  und  dem  in  jener 
Gegend  ziemlich  frühen  Ein¬ 
tritt  des  Frostes  nur  die 
Sommer-  und  Herbstmonate 
als  Bauzeit  zu  benutzen  sind, 
und  dafs  alle  über  das  Vor¬ 
land  emporragenden  Gegen¬ 
stände,  als  Bauhütten,  Schup¬ 
pen,  Gerüste  us^v.,  vor  Ein¬ 
tritt  des  Hochwassers  voll¬ 
ständig  beseitigt  werden 
müssen,  um  hinter  den 
Deichen  Schutz  zu  finden 
und  dem  Hochwasser  keiner¬ 
lei  Hindernifs  zu  bieten. 

Der  Bauplan  ist,  in 
kurzen  Zügen  angegeben, 
folgendermafsen  entworfen, 
wobei  vorausbemerkt  sei, 
dafs  die  Pfeiler  von  Westen 
nach  Osten  zählen,  der  west¬ 
liche  Landpfeiler  demnach 
mit  I,  der  östliche  mit  VII 
bezeichnet  wird. 

Erstes  Bauj ahr  1888. 

Vorbereitungen.  Her¬ 
stellung  der  Zukömmlichkeit. 

Lagerplätze.  Einrichtung  des 
Bauplatzes. 

Strompfeiler  III: 

Gründung  und  Aufmauerung 
bis  über  Mittelwasser. 

Vorlandpfeiler  IV,  V, 

VI  desgl.  bis  unter  Ab¬ 
deckung.  Unterbau  der  zu 
verlegenden  unteren  Masten¬ 
krahne. 

Im  einzelnen: 

Strompfeiler  III; 

105  1.  m.  Schirm  wände, 

3  Wochen,  bis  Ende  April. 

Baggerung,  etwa  2000 
cbm;  meist  Steine,  6  Wo¬ 
chen,  bis  Mitte  Juni. 

Kammarbeiten: 

64  1.  ra.  Pfahlwände,  bis  10. 

Juli,  31'2  Wochen. 

152  Grundpfähle,  3  Wochen, 
bis  Anfang  August. 

Pfähle  der  Rüstung  und  der 
Transportbrücke  (70 
Stück)  und  Herstellung 
der  Rüstungen,  4  Wochen,  bis  Anfang  September. 

Betonschüttung  und  Fangedamm  zusammen  etwa  1000  |cbm, 

4  Wochen,  bis  Anfang  October. 

Aufmauern  des  Sockels  (61  ebm  Quader,  250  cbm  Ziegel), 
3  Wochen,  bis  Ende  October. 

Vorlandpfeiler  IV,  V,  VI. 

Ausheben  der  Baugrube  bis  Grundwasser,  3500  cbm  und  Auf¬ 
mauern  der  Brunnen  (1270  cbm)  in  6  Wochen,  bisPIitte  Mai. 

Ausbaggern  und  Senken  mit  zwei  Kreisbaggern  und  zwei 
indischen  Schaufeln,  2860  ebm,  8  Wochen,  bis  Mitte  Juli. 


Ausmauern  der  Brunnen,  1380  cbm,  6  Wochen,  Anfang  Juli 
bis  Mitte  August. 

Aufmauern  der  Pfeiler  bis  Abdeckung  (372  cbm  Quader, 
3900  cbm  Ziegel),  12  Wochen,  Anfang  August  bis  Ende  October. 
Zweites  Baujahr  1889. 

Stromp feiler  III:  Fertigstellung  von  Oberkante  Sockel  an 
nebst  Aufmauerung  der  Stützpfeiler. 

Vorlandpfeiler  IV, 
V,  VI  Fertigstellung:  Auf¬ 
bringen  der  Deckquader, 
Aufmauern  der  Stützpfeiler. 

Strompfeiler  II  Ver¬ 
längerung  der  Transport¬ 
brücke.  Gründung  und  Auf¬ 
mauerung  bis  über  Mittel¬ 
wasser. 

Landpfeiler  VII. 
Gründung  und  Herstellung 
bis  zur  Abdeckung. 

Verlegung  des  unteren 
Mastenkrahns. 

Aufstellung  des  Ei¬ 
sen  -  Ueberbaues  in  der 
fünften  und  vierten  Oetf- 
nung. 

Herstellung  des  neuen 
Planums  der  Bahn  am  öst¬ 
lichen  Ufer  und  des  verän¬ 
derten  Deiches  daselbst. 

Drittes  Baujahr  1890. 
Strompfeiler  II.  Voll¬ 
endung  von  Oberkante  Sockel 
oder  Mittelwasser  an. 

LandpfeilerVII.  Voll¬ 
endung:  Auf  bringen  der 

Deckquader,  Aufmauern  der 
.Stützpfeiler. 

Landpfeiler  1.  Grün¬ 
dung  und  Aufmauerung  bis 
zur  Abdeckung. 

Aufstellen  des  Eisen- 
Ueberbaues  in  der  dritten 
und  sechsten  Oeftnung.  Pla¬ 
num  auf  dem  westlichen  Ufeiv 

Viertes  Baujahr  1891. 

Fertigstellung  von  Land- 
pfeiler  I. 

Eisenüberbau  der 
zweiten  und  ersten  Oeffnung. 
Fertigstellung  der  Portale, 
des  Oberbaues  und  alles  son¬ 
stigen. 

Das  aufserordentlichhohe 
und  lange  anhaltende  Hoch¬ 
wasser  der  Jahre  1888  und 
89  bewirkte  zunächst,  dafs 
die  Arbeiten  im  ersten  Bau¬ 
jahr  erst  am  10.,  im  zweiten 
erst  am  20.  Mai  begonnen 
werden  konnten,  während 
auf  Anfang  April  gerechnet 
war.  Trotzdem  ist  es  dank 
der  sehr  umsichtigen  und  er¬ 
fahrenen  örtlichen  Bauleitung 
der  Arbeiten  unschwer  mög¬ 
lich  geworden,  die  Ziele  des 
Bauplans  nicht  nur  einzu¬ 
halten,  sondern  sie  erheb¬ 
lich  zu  überholen. 
Bemerkenswerthe  Abweichungen  während  dieser  ersten  zwei  Bau¬ 
jahre  ergaben  sich  nur  in  folgenden  Punkten:  Der  Vorlandpfeiler  VI 
blieb  im  ersten  Jahre  etwas  weiter  zurück,  als  beabsichtigt,  wurde 
dann  aber  im  zweiten  Jahre  ungehindert  hochgeführt.  Infolge 
dessen  wurde  der  Eisen-Ueberbau  nicht  mit  der  vierten  und  fünften,, 
sondern  mit  der  vierten  und  (gleich  darauf)  dritten  Oeffnung  be¬ 
gonnen.  Dagegen  sind  aufser  den  Vorland-  auch  beide  Strompfeiler, 
also  alle  Mittelpfeiler  überhaupt,  bereits  im  zweiten  Baujahre  (1889) 
vollständig  fertiggestellt.  Ferner  wurde  die  Gründung  der  beiden 
Landpfeiler  ebenfalls  schon  im  zweiten  Baujahre  begonnen  und 


Abb.  9  b.  Schnitt. 


0  5  10  20  30  40" 

LiJ - - ! - . - ! - . - 1 - . - . - ! - 1 _ I _ 1 


Abb.  10  a.  Grundrifs. 

Gründung  eines  Strompfeilers  (Pfeiler  III). 


nir.  34. 


.347 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


vollendet,  sodaft  der  Pfeiler  VII  bereits  im  Jahre  1889  bis,  über  Hoch¬ 
wasser,  der  Pfeiler  I  bis  über  Mittelwasser  gefördert  werden  konnte. 

Gleichzeitig  wurden  die  umfangreichen  Erdarbeiten  zur  Berichti¬ 
gung  des  Vorlandes  und  der  Deiche  begonnen,  welche  zu  etwa 
2  Millionen  Mark  veranschlagt  sind. 

Die  Fertigstellung  des  ganzen  Baues  im  Laufe  des  vierten 
Baujahrs  steht  demnach  —  sofern  nicht  ganz  aufserordentliche  Er¬ 
eignisse  eintreten  —  aufser  allem  Zweifel. 

7.  Die  Eiiiriclitung  des  Bauplatzes. 

Für  die  Einrichtung  des  Bauplatzes  bot  das  westliche  Ufer 
einen  mäfsigen,  dagegen  das  Vorland  auf  dem  östlichen  Ufer  einen 
unbeschränkten  Baum  unter-  und  oberhalb  der  Brückenachse.  Auf 
der  Ostseite  liegt  nahe  hinter  dem  Deich  die  Bahnstation  Bissau. 
Von  dieser  aus  wurde  ein  Anschi ufsgeleis  mit  Gefälle  von  25  o/oo 
(1  ;  40)  und  Krümmungen  von  180  m  Halbmesser  zum  Vorlande  ge¬ 
führt,  was  dadurch  ohne  noch  ungünstigere  Steigungen  zu  ermög¬ 
lichen  war,  dafs  etwa  150  m  unterhalb  der  bestehenden  Brücke  ein 
schmaler  Einschnitt  durch  den  Deich  gestattet  wurde,  sodafs 
das  Geleis  daselbst  unter  der  Deichstrafse  hindurchgeführt 
werden  konnte.  Selbstverständlich  raufs  diese  Durchbrechung  all¬ 
jährlich  nach  Abschlufs  der  Bauzeit  sorgfältig  geschlossen  und  im 
Frühjahr  nach  Verlaufen  des  Hochwassers  wieder  geöfFnet  werden. 
Dieses  Anschlufsgeleis  ist  sodann  nebst  mehreren  Abzweigungen 
an  der  stromabwärtigen  Nordseite  parallel  der  Brückenachse  in  etwa 
30  m  Abstand  davon  auf  dem  Vorlande  bis  zum  Strome  geführt  und 
bildet  somit  die  beste  Zukömmlichkeit  zu  den  einzelnen  Lagerplätzen 
sowie  zu  der  Mörtel-  und  Betonmühle  mit  Cementschuppen,  welche 
etwa  gegenüber  dem  Pfeiler  IV  angelegt  sind.  Ein  anderer,  rück¬ 
wärtig  gerichteter  Strang  hat  u.  a.  für  die  Heranführung  des  grofsen 
(auf  dem  Geleise  laufenden)  Greifbaggers  (s.  später)  zum  Land¬ 
pfeiler  VII  gedient  und  wird  namentlich  zum  Abladen  der  Eisen- 
theile  zunächst  auf  kleine  Schmalspurwagen  benutzt,  welche  dieselben 
alsdann  zu  den  für  die  einzelnen  Theile  bestimmten  Plätzen  fördern. 
Diese  Schmalspurgeleise  von  60  cm  Spur  sind  deshalb  ziemlich 
zahlreich  über  den  Bauplatz  ausgedehnt,  für  die  Eisentheile  nament¬ 
lich  südwärts  auch  unter  und  jenseit  der  alten  Brücke,  für  die 
Mauer-  und  sonstigen  Arbeiten  nordwärts  zur  Mörtelmühle  und  zu  den 
Lagerplätzen  am  Stromufer.  Die  Verbindung  von  hier  zu  den  Bau¬ 
stellen  der  beiden  Strompfeiler  wurde  sodann  durch  eine  Trans¬ 


portbrücke  -auf  Pfahljochen  im  ersten  Baujahr  bis  Pfeiler  HI,  im 
zweiten  bis  Pfeiler  II  hergestellt  (s.  Abb.  10).  Die  erste  Strom¬ 
öffnung  mufste  dagegen  wegen  Schifffahrt  und  Flöfserei  ganz  frei 
bleiben.  Daraus  ergab  sich  die  Nothwendigkeit,  am  westlichen  Ufer 
für  den  Landpfeiler  I  einen  besonderen  Bauplatz  einzurichten  und 
auch  dergestalt  mit  Schuppen  zu  versehen,  dafs  demnächst  nach 
Ausführung  der  Gründungs-  und  Hauptmaurerarbeiten  der  anderen 
fünf  Pfeiler  auch  die  Beton-  und  Mörtelmühle  nebst  Dampfmaschine 
nach  der  Westseite  rasch  versetzt  werden  konnte.  (Daher  im  Bau¬ 
plan  der  späte  Zeitpunkt  für  den  Beginn  des  Pfeilers  I  zu  Ende  des 
dritten  Baujahrs). 

Der  Verkehr  zwischen  dem  Westufer  und.  der  bis  Pfeiler  III 
reichenden  Transportbrücke,  also  dadurch  auch  mit  dem  östlichen 
Vorlande  wurde  für  die  Beamten  durch  kleine  Fährbote  vermittelt. 
Für  die  Arbeiter  ist  vom  Vorlande  aus  durch  einen  hölzernen 
Trepjoenbau  von  etwa  11  m  Höhe  ein  Zugang  zu  dem  Pfeiler  IV  der 
alten  Brücke  und  somit  durch  den  nördlichen  Fufsweg  derselben 
auch  eine  Verbindung  mit  dem  Westufer,  also  mit  dem  OrteDirschau 
geschaffen. 

Das  Baugerüst  für  die  Gründung  der  Strompfeiler  III  und  II 
besteht  aus  einer  die  Baugrube  rechteckig  umgebenden,  etwa  4,5  m 
breiten  Plattform,  deren  eine  Schmalseite  von  der  oben  erwähnten, 
etwa  ebenso  breiten  Transportbrücke  gebildet  wird  und  welche  bei 
dem  Pfeiler  II  mit  diesem  Gerüst  endigt.  Dasselbe  stützt  sich  in 
den  beiden  Langseiten  innerseits  auf  die  Pfahlwand  des  Pfeilers, 
aufsen  auf  eine  besonders  dazu  eingerammte  Pfahlreihe.  Der  lichte 
Baum  zwischen  den  Pfahlwänden  (gleich  der  Breite  des  Betonbettes) 
ist  10,8  m  breit  und  im  rechteckigen  Theile  17,5,  zwischen  den 
Dreieckspitzen  23,8  m  lang.  Die  Plattform  des  Gerüstes  liegt  in 
gleicher  Höhe  mit  der  Transportbrücke  auf  -f-  7,8  und  ist  überall  an 
der  Aufsenseite  mit  Geländer  versehen.  Auf  der  Transportbrücke 
liegen  in  Abweichung  von  dem  Entwurf  zwei  Schmalspurgeleise 
(zu  60  cm  Spur),  welche  in  gerader  Linie  auf  dem  Vorlande  bis  zur 
Mörtelmühle  und  an  derselben  vorbeilaufen,  dergestalt,  dafs  von  da 
die  beladenen  Wagen  auf  dem  einen  Geleise  hin,  und  die  entleerten 
auf  dem  andern  zurücklaufen.  Beide  Geleise  schwenken  nach  dem 
Baugerüst  hin  unter  rechtem  Winkel  um  mit  Halbmessern  von  4,9 
und  4,2  m,  also  ohne  Drehscheibe,  und  zwar  so,  dafs  an  jeder  Lang¬ 
seite  des  Pfeilers  ein  Geleis  entlang  läuft  und  stumpf  endigt. 

(Schlufs  folgt.) 


Yermischtes. 


Die  Preisbewerbimg  um  ein  Kaiser  Wilhelm  -  Denkmal  der 
Provinz  Westfalen  (vgl.  S.  56,  280  und  300  d.  J.)  hat  einen  nicht 
minder  erfreulichen  Ausgang  genommen,  als  diejenige  für  das  Kyff- 
häuser- Denkmal,  über  deren  Ergebnifs  auf  S.  267  u.  284  d.  J.  be¬ 
richtet  wurde.  Auch  in  dem  Wettbewerbe  für  die  Porta  W''estfalica  wird 
der  mit  einem  ersten  Preise  gekrönte  Entwurf,  der  wie  der  Plan  für 
den  Kyffhäuser  den  Architekten  Bruno  Schmitz  in  Berlin  zum  Ver¬ 
fasser  hat,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach,  und  zwar  mit  nur  gering¬ 
fügigen  Abänderungen,  zur  Ausführung  gelangen.  Den  anderen  ersten 
Preis  haben  die  Architekten  Beuter  u.  Fischer  in  Dresden  ge¬ 
wonnen,  die  zweiten  Preise  fielen  auf  die  Architekten  Neckel- 
mann  in  Stuttgart  und  Prof.  H.  Stier  in  Hannover. 

In  der  Preisbewerbung  um  ein  ,,Strandsclilofs‘‘  iu  Colberg 

(S.  446  d.  V.  J.)  ist  der  erste  Preis  dem  Begierungs  -  Baumeister 
Pogge  in  Colberg  in  Gemeinschaft  mit  den  Architekten  Spalding 
u.  Gr en ander  in  Berlin  zuerkannt  worden.  Den  zweiten  Preis 
erhielten  die  Architekten  Höniger  und  Jacob  Sedelmayr  in 
Berlin,  den  dritten  die  Architekten  Puttfarken  und  Jan  da  in 
Hamburg.  An  Stelle  des  Bauraths  Schmieden  war  Herr  Beg.-  und 
Baurath  Eggert-Berlin  in  das  Preisgericht  eingetreten. 

Hauseinsturz  in  Crefeld.  Während  eines  am  10.  d.  M.  am 
Niederrhein  und  besonders  heftig  in  Crefeld  aufgetretenen  Unwetters 
ist  in  dieser  Stadt  das  Haus  Gerberstr.  Nr.  34,  in  welchem  sich 
während  des  Gewitters  48  Personen  auf  hielten,  plötzlich  eingestürzt, 
wobei  26  Menschen  unter  den  Trümmern  ihren  Tod  fanden.  Das 
eingestürzte  Haus,  welches  über  30  Jahre  alt  war  und  verschiedene 
Umbauten  erfahren  hatte,  bestand  aus  einem  zu  ebener  Erde  liegenden 
Erdgeschofs  und  zwei  Stockwerken ,  sowie  aus  einem  etwa  2,50  m 
tiefen  Keller.  Dieser  war  durch  ein  unter  dem  ganzen  eingestürzten 
Theile  sich  hinziehendes  Tonnengewölbe  von  etwa  4  m  Spannweite 
überwölbt.  Die  Frontmauer  war,  soweit  an  den  Trümmern  noch  fest¬ 
gestellt  werden  konnte,  im  Keller  45  bis  55  cm  stark.  Im  Erdgeschofs 
betrug  die  Stärke  50  bis  60  cm,  und  in  den  beiden  oberen  Stock¬ 
werken  war  die  Mauer  IV2  Stein  stark.  Der  Einsturz  erfolgte  durch 
den  Zusammenbruch  dieser  Frontmauer,  welche,  durch  die  Balken¬ 
anker  beim  Sinken  festgehalten,  nach  innen  stürzte  und  alles  unter 


sich  begrub.  Dies  geschah  gegen  7  Uhr  abends,  nachdem  bereits 
mehrere  Stunden  lang  ein  mitunter  bis  zu  wolkenbruchartiger  Stärke 
anwachsender  Gewitterregen  niedergegangen  war.  Die  Eegenhöhe 
wird  auf  50  mm  angegeben.  Der  fragliche  Theil  der  Gerberstrafse 
liegt  tief,  und  der  Strafsencanal  vermochte  die  Wassermassen  nicht 
rasch  genug  abzuführen.  Infolge  dessen  entstand  eine  starke  Ueber- 
fluthung,  welche  die  dicht  über  dem  Strafsenpflaster  liegenden  Keller¬ 
fenster  erreichte,  sich  zunächst  über  die  niedrigsten  Fensterbrüstungen 
hinweg  in  die  Keller  stürzte  und  dieselben  binnen  kurzem  bis  zum 
Gewölbe  mit  Wasser  füllte.  Hierdurch  bildete  sich  ein  einseitiger 
Ueberdruck  des  Wassers  gegen  die  benachbarten  Keller,  deren 
Fenster  höhere  Brüstungen  oder  einen  besseren  Verschlufs  hatten, 
und  die  also  vom  Wasser  nicht  erreicht  wurden.  Da  die  Keller  der 
Nachbarschaft  gröfstentheils  mit  Tonnengewölben  überspannt  sind,  in 
welche  auf  der  Grundstücksgrenze  1  bis  I1/2  Stein  starke  Scheidemauern 
eingesetzt  sind,  so  durchbrach  das  Wasser  diese  schwachen  Mauern 
und  stürzte  mit  grofser  Gewalt  in  den  folgenden  Keller,  bis  in  diesem 
der  gleiche  Vorgang  sich  wiederholte.  Das  Wasser  bahnte  sich  auf 
diese  Weise  einen  Weg  durch  eine  ganze  Eeihe  von  Kellern. 

In  dem  Keller  des  Unglückshauses  hatten  bei  heftigem  Gewitter¬ 
regen  schon  wiederholt  starke  Wasserergiefsungen  stattgefunden. 
Am  10.  d.  M.  erreichten  dieselben  die  Decke  des  Gewölbes,  diese 
völlig  durchnässend;  sodann  brach  das  Wasser  nach  einem  nördlich 
gelegenen  Nachbarkeller  durch.  Die  hierbei  stattgehabte  gewaltige 
Strömung  soll  angeblich  die  Frontmauer  des  Hauses  selbst  unterspült 
und  sie  zum  Einsturz  gebracht  haben.  Diese  Annahme  scheint  jedoch 
unrichtig  zu  sein;  denn  gerade  an  der  Durchbruchstelle,  wo  die 
Strömung  am  stärksten  war,  und  wo  also  die  Unterwaschung  hätte 
stattfinden  müssen,  ist  die  Frontmauer  unversehrt  stehen  geblieben, 
und  im  übrigen  Keller  ist  die  Pflastersohle,  soweit  dieselbe  sichtbar 
war,  trotz  der  durch  die  Fenster  hereinstürzenden  Wassermassen 
unverletzt  geblieben.  In  den  benachbarten  Kellern  liefsen  sich  aller¬ 
dings  auch  im  Pflaster  die  Wirkungen  des  überstürzenden  Wassers 
erkennen,  aber  auch  hier  war  eine  Unterwaschung  einer  Frontmauer 
nicht  zu  finden.  Die  Ursache  des  Zusammenbruchs  mufs  daher  eine 
andere  gewesen  sein.  In  der  Frontmauer  des  Kellers,  welche  bei 
gleichmäfsiger  Druckvertheilung  höchstens  3  bis  4  kg  auf  das  Quadrat- 


348 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


23.  August  1890. 


centimeter  auszuhalten  hatte,  war  der  Druck  theils  infolge  des  Schubes 
der  fast  4  m  weit  gespannten  Tonne,  theils  durch  den  Druck  des 
etwa  2,20  m  hoch  stehenden  Wassers  und  endlich  infolge  des  auf  die 
entgegengesetzte  Gebäudeseite  drückenden  Sturmwindes  ganz  erheb¬ 
lich  verschoben  worden,  sodafs  sich  auf  der  an  dem  gewachsenen 
Boden  anliegenden  Seite  der  Mauer  eine  starke  Pressung  geltend 
machte.  Ferner  wurde  durch  das  Wasser,  welches  zur  Zeit  des  Ein¬ 
sturzes  vielleicht  dreiviertel  Stunden  auf  das  ohnehin  feuchte  Mauer¬ 
werk  eingewirkt  haben  mochte,  der  Mörtel  dergestalt  aufgeweicht, 
dafs  er  breiig  wurde,  wie  eine  nachträglich  entnommene  Probe  ergab, 
die  sich  wie  magerer  frischer  Mörtel  anfühlte.  Auch  die  Ziegelsteine, 
welche  anscheinend  von  vornherein  nur  eine  geringe  Festigkeit  be¬ 
sessen  hatten,  litten  durch  die  Nässe  so  sehr,  dafs  die  nachträglich 
ausgebrochenen  Proben  leicht  mit  blofser  Hand  zerbrochen  und  zum 
Theil  sogar  bei  einiger  Anstrengung  durch  den  Druck  zwischen  den 
Fingern  zermalmt  werden  konnten.  An  der  einzigen  näher  unter¬ 
suchten  Stelle  erwies  sich  das  hinter  der  äufserlich  sichtbaren  Ver¬ 
blendschicht  betindliche  Mauerwerk  als  ein  ziemlich  regelloses  Ge¬ 
menge  von  Ziegelstücken  und  Mörtel.  Dieses  an  sich  schwache  Mauer¬ 
werk,  welches  in  seinem  schwächsten  Theile  wegen  der  eingetretenen 
Druckverschiebung  überdies  noch  die  gröfste  Pressung  auszuhalten 
hatte,  vermochte  in  durchnäfstem  Zustande  die  auf  ihm  ruhende 
Mauerlast  nicht  mehr  zu  tragen.  Es  wurde  völlig  zerdrückt,  sodafs 
es  in  dem  sich  bildenden  Schlamme  grofsentheils  verschwunden  ist. 
Es  entstand  dabei  eine  deutlich  sichtbare  Abscherungsfläche  in  der 
Kellermauer,  längs  welcher  die  obere  trockene  Mauer  in  den  Keller 
gerutscht  ist. 

Von  einer  gewaltsamen  Wirkung  des  Wassers  rührt  demnach 
der  Zusammenbruch  nicht  her,  sondern  hauptsächlich  von  der  starken 
Verminderung  der  Druckfestigkeit  des  wenig  festen  Mauerwerks 
einmal  durch  das  Aufsaugen  von  Wasser  in  die  Poren  der  Ziegel 
und  dann  durch  die  Auflösung  des  im  Mörtel  enthaltenen  Kalkes, 
wodurch  an  der  Stelle  des  gröfsten  Druckes  eine  Zusammenpressung 
irnd  schliefslich  eine  fortschreitende  Zermalmung  des  Mauerwerks 
hervorgerufen  wurde.  M. 

Zur  Vereinbarung  elnlieitlielier  Prüfuugsarteu  für  Bau-  und 
Construetionsmaterialieu  wird  am  19.  und  20.  September  d.  J. 
in  Berlin  eine  Versammlung  stattfinden,  zu  welcher  Prof.  Bau¬ 
schi  nger  eine  Einladung  versendet.  Von  den  daselbst  zu  behan¬ 
delnden  18  Aufgaben  mögen  hier  nur  folgende  hervorgehoben  werden : 
Nr.  3  Construction  von  Fallwerken  zur  Ausführung  von  Schlagproben. 
Nr.  6  Vorrichtung  zur  Ausführung  von  Biegeproben.  Nr.  7  Prüfuugs- 
methoden  für  Kupfer,  Bronce  und  andere  Metalle.  Nr.  10  Bestimmung 
des  Volumgewichtes  von  Gement  und  Sand.  Nr.  12  Abgekürzte  Me¬ 
thoden  zur  Ermittlung  der  Volumbeständigkeit  des  Portlandcementes 
in  Luft.  Nr.  16  Controlproben  der  hydraulischen  Bindemittel  in 
kürzerer  Zeit  (3  Tagen).  Nr.  18  Vergleichung  der  Normalformen  der 
Probestäbe  für  Zerreifsversuche.  Uebrigens  ist  ein  Eingehen  auf 
schon  früher  behandelte  Fragen  nicht  ausgeschlossen.  Aufserdem 
werden  Vorträge  und  Berichte  allgemeinen  Inhalts  gehalten  bezw. 
erstattet  werden  von  den  Herrn  Belelubsky  -  St.  Petersburg  über 
die  Entwicklung  einheitlicher  Prüfung  in  Kufsland  und  über  die 
Entwicklung  der  Formeln  von  Barba;  von  Herrn  Martens-Berlin 
über  die  Vergleichung  der  bisher  von  den  Conferenzen  gefafsten  Be¬ 
schlüsse  mit  den  Vorschriften  für  die  Lieferung  von  Eisen  und  Stahl, 
aufgestellt  vom  Vereine  deutscher  Eisenhüttenleute,  von  verschiedenen 
Eisenbahnverwaltungen  und  dgl.;  von  Herrn  Dr.  B öhm  e  -  Berlin  über 
die  Normen  deutscher  Portland  -  Cementfabricanten;  von  Herrn 
Gärtner -Wien  über  die  österreichischen,  von  Herrn  Tetmajer- 
Zürich  über  die  schweizerischen  und  von  Herrn  Be  lei  u  bsky-St.Peters- 
burg  über  die  russischen  Normen  für  Cementprüfung  im  Vergleich 
mit  den  Beschlüssen  der  Conferenzen.  Endlich  wird  noch  als  ein 
sehr  wichtiger  Gegenstand  die  Gründung  eines  Organs  der  Conferenzen 
in  Anregung  gebracht  werden.  Als  Theilnehmer  an  der  Berliner 
Conferenz  ist  jeder,  der  sich  für  die  Prüfung  von  Bau-  und  Con- 
structionsmaterialien  interessii’t,  willkommen.  Anmeldungen  sind 
nicht  nothwendig.  Wer  theilnehmen  will,  möge  sich  am  Freitag  den 
19.  September  1.  J.  morgens  9  Uhr  im  kleinen  Saale  des  Archi¬ 
tektenhauses  in  Berlin  einfinden. 

Die  Herzogliche  technische  Hochschule  in  Brannschweig  hat 
nach  dem  eben  erschienenen  Programme  für  das  Studienjahr  1890/91 
bemerkenswerthe  Aenderungen  und  Erweiterungen  erfahren.  Auf 
Höchsten  Befehl  Seiner  Königl.  Hoheit  des  Regenten,  Prinz  Albrecht 
von  Preufsen,  wurde  entsprechend  den  akademischen  Einrichtungen 
der  Hochschule  der  Titel  Rector  bezw.  Rectorat  statt  Director  bezw. 
Direction  eingeführt.  —  Die  Studienpläne  der  Abtheilungen  für 
Maschinenbau  und  für  technische  Chemie  zeigen  wesentliche 
Ergänzungen  und  Erweiterungen.  Zur  ersteren  Abtheilung  trat  die 
Elektrotechnik  als  selbständiges  Lehrgebiet  sowie  die  Textil¬ 


industrie  hinzu,  letztere  wurde  durch  besondere  Unterrichtscurse 
für  Chemiker,  welche  sich  der  Untersuchung  von  Nahrungs-  und 
Genufsmitteln  widmen  wollen,  sowie  für  Zuckertechniker  entsprechend 
erweitert,  um  der  Bedeutung,  welche  namentlich  die  Zuckei-industrie 
für  das  Herzogthum  Bi-aunschweig  und  seine  weitere  Umgebung  hat, 
Rechnung  zu  tragen. 

In  den  Lehrkörper  der  Hochschule  wurden  neu  berufen  der  In¬ 
genieur  W.  Peukert,  Constructeur  am  elektrotechnischen  Institute 
in  Wien  und  Leiter  der  elektrischen  Beleuchtungsanlagen  in  den 
K.  K.  Hoftheatern  daselbst,  als  ordentlicher  Professor  der  Elektro¬ 
technik,  sowie  der  aufserordentliche  Professor  M.  Möller  in  Karls¬ 
ruhe  als  ordentlicher  Professor  für  Wasserbau. 

Josef  Bär  'j*.  Am  17.  d.  M.  entschlief  in  Karlsruhe  im  Alter  von 
81  Jahren  einer  der  kenntnifsvollsten  und  arbeitsfreudigsten  Beamten, 
welche  Baden  seit  vielen  Jahren  besessen  hat,  der  Grofsherzogliche 
Geheime  Rath  und  Director  des  Grofsherzoglichen  Wasser-  und 
Strafsenbaues  a.  D.  Josef  Bär.  Unter  seiner  langjährigen  Leitung, 
die  er  mit  einer  bis  in  jede  Einzelheit  gehenden  Sachkenntnifs  Jahr¬ 
zehnte  hindurch  führte,  hat  sich,  wie  der  Schwäbische  Merkur  in 
einem  Nachrufe  hervorhebt,  das  Strafsennetz  des  Grofsherzogthums 
in  einer  so  vorzüglichen  Weise  entwickelt,  dafs  es  zu  einem  Gegen¬ 
stände  des  Studiums  und  der  Nachahmung  für  eine  Reihe  anderer 
deutscher  und  aufserdeutscher  Staaten  geworden  ist.  Geheimrath 
Bär  bewahrte  sich  seine  Arbeitskräfte  bis  in  das  hohe  Greisenalter 
und  genofs  nur  wenige  Jahre  eines  wohlverdienten  Ruhestandes. 

Heinrich  Otte  'j*.  Am  12.  dieses  Monats  ist  in  Merseburg  der 
bekannte  Forscher  auf  dem  Gebiete  deutscher  christlicher  Kunst¬ 
archäologie,  Pastor  emer.  Dr.  Heinrich  Otte,  im  83.  Lebensjahre  ge¬ 
storben.  Der  schlichte  äufsere  Lebensgang  des  am  24.  März  1808  in 
Berlin  geborenen  Entschlafenen  bietet  wenig  Bemerkenswerthes. 
44  Jahre  lang  ist  er  nach  Beendigung  seiner  Studien  in  Berlin  und 
Halle  in  dem  Dorfe  Fröhden  bei  Jüterbog  Pfarrer  gewesen.  Seit  1878 
lebte  er  in  den  bescheidensten  Verhältnissen  bei  seiner  in  Merseburg 
verheiratheten  Tochter.  Um  so  mehr  ist  zu  rühmen  von  seinem  Thun 
insbesondere  auf  dem  kunstarchäologischen  Arbeitsfelde,  welchem  er 
neben  dem  geistlichen  Amte  seine  ganze  Seele  zugewandt  hatte.  Seine 
ersten  Forschungen  galten  dem  Merseburger  Dome.  Puttrichs  mit 
Merseburg  beginnendes  Werk  über  die  sächsischen  Kunstdenkmäler 
veranlafste  ihn  zu  einer  „Nachlese“,  in  der  er  vielfache  Fehler  in  Text 
und  Zeichnungen  der  Veröffentlichung  ans  Licht  zog.  Er  wurde  da¬ 
rauf  selbst  Mitarbeiter  an  Puttrichs  Unternehmen,  schrieb  im  Anschlufs 
hieran  zunächst  den  „Kurzen  Abrifs  einer  kirchlichen  Kunstarchäologie 
für  die  Provinz  Sachsen“  und  entfaltete  weiterhin  mehr  und  mehr 
seine  unermüdliche  kunstschriftstellerische  Thätigkeit.  1853  erschien 
sein  später  in  5  Auflagen  gedrucktes  „Handbuch  der  kirchlichen 
Kunstarchäologie  des  deutschen  Mittelalters“,  welches  ihn  mit 
einem  Schlage  unter  die  Zahl  der  namhaften  Kunstarchäologen 
stellte  und  in  persönliche  Beziehungen  zu  vielen  derselben  brachte. 
So  gab  er  mit  F.  v.  Quast  von  1856  bis  1860  die  „Zeitschrift 
für  christliche  Archäologie  und  Kunst“  heraus.  Gleichzeitig  ver¬ 
öffentlichte  er  1855  die  „Grundzüge  der  kirchlichen  Kunst¬ 
archäologie  des  deutschen  Mittelalters“,  1857  das  „Archäologische 
Wörterbuch“,  1858  die  „Glockenkunde“,  im  folgenden  Jahre  den 
„Archäologischen  Katechismus“  und  in  den  Jahren  1861—74  die  leider 
unvollendete  „Geschichte  der  deutschen  Baukunst  von  der  Römerzeit 
bis  zur  Gegenwart“.  Unvollendet  blieb  dieses  breit  angelegte  Werk 
wohl  vornehmlich  infolge  des  schweren  Schlages,  der  den  Verstorbenem 
damit  traf,  dafs  1877  seine  ganze  Bibliothek  und  seine  unersetzliche 
Handschriftensammlung  ein  Raub  der  Flammen  wurden.  Otte 
schränkte  nach  diesem  Unglücksfalle  seine  schriftstellerische  Thätig¬ 
keit  zwar  ein,  gab  sie  aber  keineswegs  ganz  auf;  er  betheiligte  sich 
an  mancherlei  litterarischen  Unternehmungen  jüngerer  Genossen  und 
bearbeitete  insbesondere  in  Gemeinschaft  mit  dem  Oberpfarrer 
Wernicke  in  Loburg  eine  neue  Ausgabe  seines  Handbuches.  Noch 
vor  wenigen  Wochen  traf  dieser  treue  Mitarbeiter  den  Verewigten 
bei  einem  Besuche  in  Merseburg  in  einer  für  sein  hohes  Alter  er¬ 
staunlichen  körperlichen  und  geistigen  Frische  an  und  beschäftigt 
mit  einer  Arbeit,  in  der  er  die  Ergebnisse  seiner  neuesten  Glocken¬ 
studien  vor  der  Oeffentlichkeit  niederzulegen  gedachte.  Die  Erfüllung 
dieses  Wunsches  sollte  ihm  nicht  mehr  beschieden  sein.  —  Otte  hat 
in  seinem  langen  schaft’ensreichen  Leben  zahlreiche  Ehrenbezeigungen 
erfahren.  So  gehörte  er  dem  Gelehrten-Ausschusse  des  Germanischen 
Museums  in  Nürnberg  an,  zahlreiche  Vereine  haben  ihn  zum  Ehren- 
mitgliede  ernannt,  und  die  Universitäten  Berlin  und  Halle  machten 
ihn  zum  Ehrendoctor  der  Theologie  bezw.  Philosophie.  Sein  Wirken 
aber  sichert  ihm  dauernden  Ruhm  sowohl  wie  den  Dank  aller  derer,, 
die  Sinn  und  Herz  haben  für  die  christliche  Kunst  vergangener  Jahr¬ 
hunderte,  und  ein  ehrendes  und  treues  Andenken  insbesondere  bei 
allen  deutschen  Architekten.  — d. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWilhehn  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich :  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


Nr.  34  A. 


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Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 

INHA.I1T:  XIX.  Abgeofüneten-Versammlung  lies  Verbandes  deutscher  Architekten-  bei  Dirschau  (Sclilufs).  —  XXXI.  llauiitversammlung  des  Vereins  deutscher  Tn- 
uiid  Ingenieur- Vereine  in  Hamburg.  —  Bauausführung  der  zweiten  Wcichselbriicke  geuieure. 

[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 


XIX.  Abgeordneten -Yersammlung-  des  Yerbandes  deutscher  Architekten- 

und  Ingenieur -Yer eine  in  Hamburg. 


Der  Vorsitzende  des  Verbandes,  Herr  Ober-Bau director  Wiebe, 
eröft’net  am  23.  August  vorm.  9  Uhr  in  den  wohlbekannten  Räumen 
des  „Patriotischen  Hauses“  die  Versammlung  mit  herzlichen  Worten 
der  Begrüfsitng  und  giebt  seiner  Genugthuung  darüber  Ausdruck, 
dafs  die  Vereine  so  zahlreich  vertreten  seien.  Herr  Wiebe  theilt 
ferner  mit,  dafs  für  das  am  Erscheinen  verhinderte  Vorstandsmitglied 
Eisenbahn-Bauinspector  Gustav  Meyer  Herr  Geheimer  Ober-Baurath 
L.  Hagen  aus  Berlin  in  den  Vorstand  eingetreten  sei.  Der  Namens¬ 
aufruf  ergiebt,  dafs  vom  Verbands-Vorstande  die  Herren  Wiebe  und 
F.  Andreas  Meyer  anwesend  sind;  Verbandssecretär  ist  Herr 
Pinkenburg. 

Die  Vereine  sind  wie  folgt  vertreten:  Architekten -Verein  in 
Berlin;  Geheimer  Ober- Baurath  L.  Hagen,  Regierungs -Baumeister 
Contag,  Regierungs-  und  Baurath  Professor  Garbe,  Geheimer  Baurath 
Keller,  Baumeister  Knoblauch,  Regierungs-  und  Baurath  Sarrazin, 
Landbauinspector  L.  Böttger.  Württembergischer  Verein  für  Bau¬ 
kunde:  Ober  -  Baurath  v.  Hänel,  Regierungs -Baumeister  Weigelin. 
Sächsischer  Ingenieur-  und  Architekten- Verein:  Abtheilungs-Ingenieur 
Klette,  Betriebs-Telegraphen-Oberinspector  Dr.  Ulbricht,  Abtheilungs- 
Ingenieur  V.  Lilienstern.  Architekten-  und  Ingenieur -Verein  in  Han¬ 
nover:  Landesbaurath  Franck,  Professor  Keck,  Baurath  Professor 
Köhler,  Intendantur-  und  Baurath  Schuster,  Regierungs -Baumeister 
Taaks.  Techniker  -  Verein  in  Osnabrück:  Bauinspector  Beckmann. 
Architekten-  und  Ingenieur -Verein  in  Hamburg;  Director  Kümmel, 
Bauinspector  Bubendey.  Technischer  Verein  in  Lübeck:  Baudirector 
Schwiening.  Schleswig -Holsteinischer  Ingenieur-  und  Architekten- 
Verein;  Collegial-  und  Baurath  Koch.  Bayerischer  Architekten-  und 
Ingenieur  -  Verein :  Kgl.  Ober  -  Regierungsrath  Ebermayer,  Kgl.  Pro¬ 
fessor  der  technischen  Hochschule  Freiherr  v.  Schmidt,  Kgl.  Bauamts- 
Assessor  Böcking.  Architekten-  und  Ingenieur -Verein  in  Breslau: 
Regierungs-  und  Baurath  v.  Münstermann.  Badischer  Techniker- 
Verein:  Ober-Baurath  Professor  Baumeister.  Technischer  Verein 
in  Oldenburg:  Eisenbahn- Ober -Betriebsinspector  Böhlk.  Ostpreufsi- 
scher  Architekten-  und  Ingenieur -Verein:  Kgl.  Meliorations  -  Bau- 
inspector  Danckwerts.  Architekten-  und  Ingenieur -Verein  in  Frank¬ 
furt  a.  M. :  Bauinspector  Wolff.  Westpreufsischer  Architekten-  und 
Ingenieur -Verein:  Wasser-Bauinspector  Müller.  Architekten-  und 
Ingenieur -Verein  für  Elsafs  -  Lothringen :  Regierungsrath  Hering. 
Mittelrheinischer  Architekten-  und  Ingenieur -Verein:  Ober -Baurath 
Rohns.  Architekten-  und  Ingenieur -Verein  für  Niederrhein  und 
Westfalen:  Baumeister  Director  Schulze,  Stadtbauinspector  Genzmer. 
Verein  Leipziger  Architekten :  Architekt  Arwed  Rofsbach.  Architekten- 
und  Ingenieur -Verein  für  das  Herzogthum  Braunschweig;  Herzogi. 
Regierungs  -  Baumeister  Körner.  Architekten  und  Ingenieur -Verein 
in  Magdeburg:  Regierungs -Baumeister  Haarmann.  Architekten-  und 
Ingenieur -Verein  in  Bremen;  Bauinspector  Bücking.  Architekten- 
und  Ingenieur -Verein  in  Aachen:  Stadtbaumeister  Heuser.  Archi- 
tekten- Verein  in  Mannheim;  Architekt  Hanser.  Vereinigung  mecklen¬ 
burgischer  Architekten  und  Ingenieure:  Stadtbaudirector  Hübbe.  Im 
ganzen  sind  mithin  25  Vereine  mit  75  Stimmen  vertreten.  Die  Ver¬ 
eine  in  Cassel,  Görlitz,  Metz  sowie  der  Dresdener  Architekten- Verein 
haben  keinen  Vertreter  geschickt.  Als  Schriftführer  hat  der  Ham¬ 
burger  Verein  die  Herren  Abtheilungs-Baumeister  Christensen  und 
Architekt  Löwengard  zu  entsenden  die  Freundlichkeit  gehabt.  Vor 
Eintritt  in  die  eigentliche  Tagesordnung  theilt  Herr  F.  Andreas  Meyer 
mit,  dafs  für  Sonntag  den  24.  August  ein  Ausflug  nach  Friedrichs¬ 
ruh  geplant  sei,  an  welchem  auch  Damen  theilnehmen  können,  und 
ladet  zu  zahlreicher  Betheiligung  ein.  Der  Vorsitzende  gedenkt  als¬ 
dann  des  im  letzten  Jahre  verstorbenen  Geheimen  Ober -Bauraths 
Grüttefien  und  seiner  Verdienste  um  den  Verband.  Die  Versammlung 
ehrt  das  Andenken  des  Verstorbenen  durch  Erheben  von  den  Sitzen. 

Bei  Punkt  1  der  Tagesordnung:  Aufnahme  der  Vereinigung 
mecklenburgischer  Architekten  und  Ingenieure  nimmt  Herr 
Wiebe  Gelegenheit,  den  Vertreter  dieses  Vereins,  Herrn  Hübbe, 
namens  des  Verbandes  zu  begrüfsen.  Ueber  den  Mitgliederstand 
berichtet  alsdann  Herr  Pinkenburg.  Die  Zahl  der  Verbandsmit¬ 
glieder  hat  sich  um  rund  110  Personen  vermindert.  Eine  Prüfung 
des  Vorstandes,  wieviel  Mitglieder  des  Verbandes  mehreren  Vereinen 
zugleich  angehören,  hat  ergeben,  dafs  etwa  1200  Personen  mindestens 
zwei  Vereinen  beigetreteh  sind. 

Es  folgt  die  Vorlage  der  Abrechnung  für  1889.  Der  Voran¬ 
schlag  war  auf  4550  Mark  festgestellt;  die  Istausgabe  hat  3876  Mark 
betragen,  sodafs  ein  Ueberschufs  von  rund  986  Mark  erzielt  worden 
ist.  Zu  Rechnungsprüfern  werden  die  Herren  v.  Münstermann 
und  Arwed  Rofsbach  ernannt.  Die  Prüfung  ergiebt  keine  Aus¬ 
stellungen,  und  es  wird  hierauf  die  Entlastung  des  Verbands-Vor¬ 


standes  ausgesjjrochen.  Der  Voranschlag  für  1891  ist  vom  Ver¬ 
bands-Vorstande  auf  .5000  Mark  bemessen,  was  einer  Belastung  von 
30  Mark  für  je  50  IMitglieder  der  Einzelvereine  entspricht.  Derselbe 
wird  ohne  weitere  Berathung  angenommen.  Dem  Anträge  des  Ver¬ 
bandsvorstandes,  die  Fassung  des  §  6  der  Verbandssatzungen,  welcher 
von  der  Zahlung  der  Verbandsbeiträge  handelt,  zu  verbessern,  wird 
nach  kurzer  Berathung  ebenfalls  mit  überwiegender  Mehrheit  zu¬ 
gestimmt. 

Der  im  vorigen  Jahre  beschlossene  Druck  eines  einheitlichen 
Mitgliederverzeichnisses  ist  inzwischen  ins  Werk  gesetzt  worden 
und  hat  sich  als  sehr  zeitgemäfs  und  nützlich  erwiesen.  Die  Ser- 
besche  Verlagsbuchhandlung  in  Leipzig  hat  dem  Verbandsvorstande 
den  Vorschlag  gemacht,  sie  wolle  ihrerseits  den  Druck  der  Mit¬ 
gliederverzeichnisse  übernehmen  und  für  das  Stück  25  Pf.  berechnen, 
falls  ihr  gestattet  würde,  dem  Verzeichnisse  Anzeigen  beizu¬ 
drucken.  Da  die  Durchführung  dieses  Unternehmens  die  Ver¬ 
bandskasse  mit  rund  2000  Mark  belasten  würde,  wird  der  Antrag 
nach  kurzer  Berathung  abgelehnt. 

Zum  Vororte  für  die  Jahre  1891  und  92  wird  der  Berliner 
Architekten-Verein  einstimmig  wiedergewählt.  Als  Ort  für  die 
1892  abzuhaltende  Wanderversammlung  wird  in  Rücksicht  darauf, 
dafs  1842  —  also  vor  50  Jahren  —  die  erste  Wanderversammlung 
in  Leipzig  getagt  hat  —  auf  Vorschlag  des  Herrn  Bubendey 
Leipzig  gewählt.  Der  Zweigverein  des  sächsischen  Ingenieur-  und 
Architekten -Vereins  in  Leipzig  sowie  der  Leipziger  Architekten- 
Verein  erklären,  dafs  sie  alles  auf  bieten  würden,  den  Verband  würdig 
zu  empfangen.  Die  Wahl  des  Ortes  für  die  Abgeordneten-Ver- 
sammlung  1891  wird  auf  Antrag  von  Herrn  Pinkenburg  dem 
bayerischen  Vereine  überlassen.  Herr  v.  Schmidt  erklärt,  dafs, 
wenn  1891  in  Bayreuth  Wagner -Festspiele  stattfinden  würden, 
diese  Stadt  zum  Versammlungsort  sehr  geeignet  sei. 

In  der  Angelegenheit  der  Errichtung  des  Semper-Denkmals 
ergiebt  der  Geschäftsbericht,  dafs,  nachdem  im  Frühjahre  vom  Ver¬ 
bandsvorstande  ein  erneuter  Aufruf  zur  Einsendung  von  Beiträgen 
erlassen  ist,  die  vorhandenen  Mittel  nunmehr  etwa  20  000  Mark  be¬ 
tragen.  Im  übrigen  gelangt  der  Antrag  des  Vorstandes,  die  Denk¬ 
malkasse,  welche  sich  zur  Zeit  in  Dresden  befindet,  vom  1.  Januar 
1891  ab  mit  dem  Verbandsvorstande  zu  vereinigen,  zur  Annahme. 

Erfreulich  ist  die  Zunahme  im  Bezüge  der  Verbandsmitthei¬ 
lungen.  Es  gelangen  zur  Zeit  1745  Exemplare  zur  Vertheilung  an 
die  Mitglieder  der  Einzelvereine,  welches  einer  Zunahme  von  786  Stück 
gegenüber  dem  Vorjahre  entspricht.  Es  darf  gehofft  werden,  dafs  in 
dieser  Beziehung  auch  weiterhin  auf  Zunahme  zu  rechnen  ist. 

Eine  längere  Berathung  knüpft  sich  an  die  für  die  weitere  Ent¬ 
wicklung  des  Verbandslebens  so  wichtige  Frage  der  Anstellung 
eines  ständigen  besoldeten  Secretärs.  Nachdem  entsprechend 
den  Beschlüssen  der  vorjährigen  Abgeordneten  -  Versammlung  die 
Herren  Meyer  und  Bubendey  ihre  Vorschläge  begründet,  sind  die¬ 
selben  gedruckt  und  den  Einzelvereinen  zur  Aeufserung  zugesandt 
worden.  Nach  Eingang  sämtlicher  Gutachten  hat  der  mit  der 
Sache  betraute  Ausschufs  am  21.  Juni  in  Berlin  getagt  und  ist  nach  ein¬ 
gehender  Bei-athung  zu  dem  Beschlüsse  gekommen,  der  Abgeordneten- 
Versammlung  zu  empfehlen,  die  eingesandten  Gutachten  zunächst 
allen  Vereinen  in  Form  eines  Heftes  der  Mittheilungen  zugänglich 
zu  machen  und  die  Vereine  alsdann  zu  nochmaliger  Aeufserung  auf¬ 
zufordern,  die  endgültige  Beschlufsfassung  mithin  auf  das  nächste 
Jahr  zu  verschieben.  Der  Verbandsvorstand  schlägt  aufserdem  vor, 
in  Rücksicht  auf  die  Wichtigkeit  der  Frage  den  Ausschufs  ent¬ 
sprechend  zu  verstärken.  In  materieller  Beziehung  werden  die  vor¬ 
stehenden  Anträge  angenommen.  Dagegen  giebt  die  Zusammen¬ 
setzung  des  Ausschusses  Veranlassung  zu  längerer  Besprechung. 
Zuletzt  wird  beschlossen,  dafs  in  dem  aus  13  Personen  bestehenden 
Ausschüsse  vertreten  sein  sollen:  der  Vorsitzende  des  Verbandes  Herr 
Wiebe,  der  frühere  Vorsitzende  Herr  Meyer,  der  Verbands¬ 
secretär  Herr  Pinkenburg  und  je  ein  Mitglied  der  Vereine  in 
Berlin,  Hamburg,  Karlsruhe,  München,  Frankfurt,  Bremen, 
Köln,  Stuttgart  und  Dresden. 

Hiermit  ist  der  geschäftliche  Theil  der  Tagesordnung  er¬ 
schöpft,  und  nach  einer  Frühstückspause  wird  zu  dem  technisch¬ 
wissenschaftlichen  Theile  übergegangen. 

Vorschläge  zu  neuen  Berathungsgegenständen  sind  nur 
vom  Berliner  und  Hamburger  Vereine  gestellt.  Dieselben  gehen 
darauf  hinaus,  das  Verhalten  des  Flufseisens  bei  Baucon- 
structionen  im  Vergleich  zum  Schweifseisen  zu  prüfen,  sowie 
Normalbedingungen  für  Flufseisen  aufzustellen  und  endlich  die  Er¬ 
fahrungen  zu  sammeln,  welche  in  Bezug  auf  die  Feuersicherheit 


350 


Centi’alblatt  der  Bauverwaltuug, 


27.  August  18t)0. 


verscbiedener  Baucoustructionen  gemacht  worcleu  sind.  In 
letzterem  Punkte  hat  Herr  Garbe  eine  eingehende  Begründung  ein- 
gesaudt.  Sämtliche  Vorschläge  werden  zur  Bearbeitung  durch  den 
Verband  von  der  Versammlung  angenommen.  Zu  Bericliterstattern 
werden  ernannt  die  Vereine  in  Berlin,  Hamburg,  Köln,  München 
und  Braunschweig. 

Vom  Verbände  waren  der  physicalisch-technischen  Eeichsanstalt 
mehrere  Fragen  zur  gefälligen  Berücksichtigung  bei  ihrem  Arbeits¬ 
pläne  vor  Jahresfrist  übermittelt  worden.  Da  die  Reichsanstalt 
indessen  erklärt  hat,  dafs  die  Fragen  nicht  in  ilir  Arbeitsfeld  pafsten, 
wird  von  einer  weiteren  Verfolgung  der  Angelegenheit  auf  Antrag 
des  Vorstandes  abgesehen. 

Heber  die  Frage:  Anschlufs  der  Gebäude-Blitzableiter  an 
die  Gas-  und  Wasserrohren  berichtet  Herr  Kümmel.  Da.  ein 
weiteres  Zusammenarbeiten  des  Verbandes  mit  dem  elektrotechnischen 
Vereine  in  dieser  Frage  aussichtslos  erscheint,  ist  von  dem  Verbauds- 
aussehusse  beantragt  worden,  selbständig  vorzugehen  und  eine  Denk¬ 
schrift  auszuarbeiten,  welche  den  betreffenden  Behörden  übermittelt 
werden  soll.  Nach  den  Vorschlägen  des  Vorstandes  werden  mit  der 
Ausarbeitung  der  Schrift  die  Herren  Kümmel,  Dr.  Ulbricht,  Pro¬ 
fessor  Kohl  rausch  und  Pinkenburg  beauftragt.  Der  buchhänd¬ 
lerische  Vertrieb  wird  der  Firma  Ernst  u.  Korn  in  Berlin  übertragen. 

Herr  Taaks  bespricht  alsdann  den  Bericht  des  hannoverschen 
Vereins  über  die  Rauch-  und  Rufsbelästigung  in  grofsen 
Städten.  Auch  hier  wird  nach  längerer  Berathung  entsprechend 
den  Anträgen  des  hannoverschen  Vereins  die  Ausarbeitung  einer 
Denkschrift  beschlossen  und  werden  mit  der  Abfassung  die  Herren 
Taaks,  Garbe  und  Kümmel  betraut. 


Sehr  eingehend  gestaltet  sich  die  Berathung  über  die  im  Ent¬ 
würfe  eines  bürgerlichen  Gesetzbuches  enthaltenen  baurecht¬ 
lichen  Bestimmungen.  An  der  Hand  seines  Gutachtens  macht  Herr 
Keller  Mittheilungen  über  die  von  den  Einzel  vereinen  eingesandten 
Berichte.  Die  Anträge  der  Berliner  Abgeordneten,  dem  Herrn  Reichs¬ 
kanzler  nunmehr  die  Anschauung  des  Verbandes  in  dieser  Sache  zu 
unterbreiten  und  denselben  zu  ersuchen,  die  Aufnahme  des  Wasser¬ 
rechtes  in  das  bürgerliche  Gesetzbuch  herbeizuführen,  gelangen  zur 
Annahme.  Der  Vorstand  hat  das  weitere  zu  veranlassen. 

Herr  Pinkenburg  bespricht  nunmehr  den  Stand  der  Bearbeitung 
der  Zusammenstellung  der  in  Deutschland  zu  Bauten  ge¬ 
bräuchlichen  Hausteine.  Von  den  Fragebögen  sind  über 
1400  Stück  an  die  Einzelvereine  auf  deren  Bestellung  versendet 
worden;  der  bayerische  Verein  hat  für  sich  allein  aufserdem  noch 
700  Stück  drucken  lassen.  Inzwischen  sind  zahlreiche  Bearbeitungen 
bereits  eingegaugen.  Die  weitere  Sichtung  des  Materials  und  die 
daran  schliefsende  Verarbeitung  kann  indessen  erst  nach  Eingang 
des  gesamten  Materials  vorgenommen  werden.  Hierüber  dürfte  der 
künftige  Winter  noch  vergehen. 

Auch  bei  dem  letzten  Punkte  der  Tagesordnung,  Einführung 
einer  Einheitszeit  in  Deutschland,  wird  beschlossen,  bei  dem 
Herrn  Reichskanzler  entsprechend  vorstellig  zu  werden. 

Der  Schliffs  der  Sitzung  erfolgte  gegen  5  Uhr  nachmittags,  nach¬ 
dem  Herr  Wiebe  den  Herren  für  ihr  Erscheinen  und  ihre  Ausdauer, 
den  Schriftführern  für  ihre  Mühewaltung  gedankt.  Herr  Kümmel 
spricht  seinerseits  dem  Vorsitzenden  den  Dank  der  Versammlung  für 
die  umsichtige  Leitung  der  Geschäfte  aus.  Am  Abend  vereinigten  sich 
die  Abgeordneten  mit  ihren  Damen  im  zoologischen  Garten.  Pbg. 


Die  Bauausführung  der  zweiten  Weichselbrücke  bei  Dirschau 

(Schliffs.) 


S.  Die  GriiiulungSiU’beiten  (Abb.  11a,  11b). 

Bei  den  Griindungsarbeiten  ergab  sich  aus  der  Nähe  der  be¬ 
stehenden  Brücke  eine  recht  unwillkommene  Schwierigkeit,  indem 
die  weit  ausgedehnte  Steinpackung  der  alten  Pfeiler  in  den  Be¬ 
reich  der  für  die  neuen  erforderlichen  Ramm-  und  Baggerarbeiten 
hineinreichten.  Am  hinderlichsten  zeigte  sich  dieser  Umstand  au  den 
beiden  Landpfeilern,  wo  wegen  der  zwischen  diesen  und  der  alten 
Brücke  herzustellenden  Ufermaueni  die  Pfahlwände  bis  unmittelbar 
an  die  letzteren  herauzuführen  waren.  Hierbei  mufsten  bedeutende 
Mengen  von  grofsen  Granitfindlingen  (die  später  wieder  zu  verwenden) 
aus  dem  Wasser  gehoben  und  beseitigt  werden,  welche  nur  zum  Theil 
von  einem  grofsen  schwimmenden  Eimerbagger  mit  gefördert  werden 
konnten.  Zu  diesem  Zweck  wurde  am  Laudpfeiler  VII  ein  grofser 
Greifbagger  mit  Bewegung  auf  fester  Rüstung  unter  bestem  Erfolge 
angewendet.  Ein  Theil  der  zu  hebenden  Massen  —  alte  Betonkörper 
—  mufste  jedoch  zuvor  unter  Wasser  mit  Dynamit  zersprengt  werden. 

Am  Laudpfeiler  I  war  aufser  dem  Eimerbagger  ein  Prahm  mit 
Hebezangen  in  Arbeit,  welche  von  einem  Taucher  unter  Wasser 
um  die  einzelnen  Steinblöcke  gelegt  und  dann  mit  Hülfe  der  auf 
dem  Prahm  befindlichen  Handwinden  gehoben  wurden.  Auch  diese 
Arbeit  erwies  sich  nach  einiger  Hebung  des  Tauchers  als  sehr  förder¬ 
lich,  während  die  an  der  Nogatbrücke  arbeitenden,  von  der  Ostsee 
herangezogenen  Steinfischer  (welche  über  Wasser  mit  langen  Zangen 
die  Steine  aufsuchen  und  fassen)  nur  mäfsigen  Erfolg  erzielten. 

Der  Beginn  der  Gründungsarbeiten  im  Strome  —  also  bei 
Pfeiler  I,  II  und  III  ■ —  bestand  in  der  Schaffung  von  Räumen  mit 
möglichst  ruhigem,  der  Strömung  entrücktem  Wasser  durch  Errich¬ 
tung  von  „Schirmwänden.“  Soweit  es  möglich  war,  wurden  die¬ 
selben  —  bei  den  Stromjifeilern  II  und  III  in  etwa  20  m  Abstand 
von  der  Pfeilerachse  beiderseits  und  stromabwärts  bis  14  m  unterhalb 
der  Brückenachse  (Abb.  10,  Seite  346)  —  durch  in  2,75  m  Abstand  ein¬ 
gerammte  Pfahlpaare  und  zwischengelegte  lange  Faschinen  gebildet. 
Der  obere,  zuerst  erforderliche  Abschlufs  in  Anlehnung  an  die  alten 
Pfeiler  konnte  jedoch  wegen  der  Steinpackuug  der  letzteren  in  dieser 
Weise  nicht  gebildet  werden.  Hier  mufsten  vielmehr  vom  Pfeiler 
aus  in  schräger  Linie  (etwa  unter  GO  °  zum  Stromstrich)  Bohl¬ 
wände  von  3,5  m  Höhe  hergestellt  werden,  indem  zunächst  Ständer 
mit  vorher  (etwas  drehbar)  in  zwei  Höhen  angebrachten  Doppel- 
Zangen  auf  der  Steinpackung  aufgestellt  und  auch  in  zwei  Höhen 
mittels  langer  Drahtseile  an  vorher  weit  oberhalb  im  Strome  ein¬ 
geschlagenen  Dalben  verankert  wurden.  Zwischen  den  Zangen 
wurden  sodann  senkrechte  Bohlen  hinunter  getrieben  bis  zur  Stein¬ 
packung.  Somit  war  um  den  Strompfeiler  von  drei  Seiten  ein  Schutz 
gebildet,  sodafs  in  dem  von  unterhalb  offenen  Zwischenraum  nun¬ 
mehr  die  schwimmenden  Bagger  und  die  Rammen  mit  der  nöthigen 
Sicherheit  arbeiten  konnten,  um  den  Grund  bis  auf  die  spätere 
Betonsohle  ( —  0,53)  auszutiefen  und  die  Grundpfähle  und  Pfahl¬ 
wände  sowie  die  Rüstungspfähle  einzutreiben.  Die  Rammarbeiten 
geschahen  also  zunächst  von  schwimmenden  Rammen,  später  dann 
zum  Theil  auch  von  den  inzwischen  hergestellten  festen  Rüstungen  aus. 


Die  Betonfüllung  der  Strompfeiler  ist  mit  vortrefflichem  Er¬ 
folge  durch  einen  bis  zu  8  m  hinabreichenden  eisernen  Trichter 
von  0,7  m  Durchmesser  bewirkt  worden.  Derselbe  war  so  ange¬ 
bracht,  dafs  er  auf  dem  Gerüst  wagen  quer  zur  Baugrube,  also  um 
etwa  10  m  und  mit  dem  Wagen  in  der  andern  Richtung  (parallel 
dem  Stromstrich)  um  23  m  bewegt  werden  konnte.  Der  Gerüstwagen 
lief  mit  11  m  Spurweite  und  mittels  vier  (mit  Doppelspurkranz  ver¬ 
sehenen)  Rädern  auf  zwei  Eisenbahnschienen,  welche  auf  den  Pfahl- 
wändeu  (in  Höhe  von  -\-  6,5)  ruhten,  somit  sicher  unterstützt  waren. 
Die  zur  allmählichen  Verkürzung  des  Trichters  von  oben  abnehm¬ 
baren  fünf  Sätze  hatten  0,63  m  Höhe,  ebensoviel  also  auch  die  auf¬ 
einander  folgenden  Betonschichten.  Unten  war  der  Trichter  mit  zwei 
Holzwalzen  von  30  cm  Durchmesser  versehen.  Um  der  Luft  im 
Augenblicke  des  Einsturzes  neuer  Betoumasse  einen  Ausweg  aus 
dem  Rohre  zu  verschaffen,  war  der  eigentliche  Eingufs-Trichter  ab¬ 
weichend  von  der  Zeichnung  von  dem  Rohre  getrennt  und  griff  mit 
einem  etwas  engeren  Ansatz  in  dieses  hinein,  sodafs  zwischen  ihm 
und  der  Rohrwand  freier  Raum  zum  Entweichen  der  sonst  gefangenen 
Luft  verblieb.  Diese  Mafsregel  hatte  sich  als  nöthig  erwiesen,  um 
eine  dichte  Betonmasse  ohne  Luftblasen  zu  erhalten  und  das  sonst 
leicht  eintretende  starke  Aufwühlen  des  hinabsinkenden  Betons 
durch  die  aufwallenden  Luftmassen  zu  verhindern.  Die  Bewegung 
des  Trichters  erfolgte  derart,  dafs  die  einzelnen  Betonstreifen  parallel 
zur  laugen  Achse  des  Pfeilers  liegen. 

Die  Bereitung,  Heranschaffung  und  Einfüllung  des 
Betons  war  in  musterhafter  Weise  geordnet.  Auf  den  beiden  oben 
erwähnten  Schmalspurgeleisen  verkehrten  die  leicht  beweglichen 
Muldeukipp wagen  zu  je  0,68  cbm  ohne  jede  Begegnung  zwischen 
der  Mörtelmühle  und  dem  Trichter,  jeder  von  zwei  Mann  geschoben. 
Zur  Ueberleitung  von  den  Schmalspurgeleisen  über  den  (den  Beton¬ 
trichter  enthaltenden)  Gerüstwagen  dienten  in  sehr  zweckmäfsiger 
Weise  zwei  kleine  Drehscheiben  von  etwa  Im  Durchmesser, 
welche  —  an  dem  Wagen  fest  und  über  dem  Geleise  erhöht  —  auf 
diesem  schleifend  der  Bewegung  des  Wagens  folgten.  Der  geringe 
Höhenunterschied  wurde  durch  je  ein  kurzes,  geneigtes,  mit  den  zu¬ 
gespitzten  Enden  unmittelbar  auf  dem  Geleise  schleifendes  Schienen¬ 
paar  unschwer  überwunden,  indem  die  vollen  Wagen  durch  Anlaut 
oder  unter  Mitzugreifeu  von  zwei  weiteren  Leuten  leicht  zur  Dreh¬ 
scheibe  hinaufgeschoben  wurden. 

Bei  dem  Strompfeiler  II,  dessen  Betonfüllung  der  Verfasser  Ge¬ 
legenheit  hatte  von  Anfang  bis  zu  Ende  zu  beobachten,  wurden  in  dieser 
Weise  die  845  Cubikmeter  in  fünf  Tagen  versenkt  (5. — 9.  August), 
gewifs  eine  aufserordentliche  Leistung,  wenn  auch  mit  voller  Aus¬ 
nutzung  des  Tageslichtes  bei  Accordarbeit.  In  den  ersten  Tagen 
wurden  150—170,  daun  aber  bis  über  200  cbm  (306  Wagen)  in 
einem  Tage  geschüttet.*) 


*)  Bei  der  Gründung  des  Landpfeilers  I  ist  diese  Tagesleistung 
später  noch  erheblich  übertroffen  worden. 


351 


Mr.  34^-  Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Die  Dichtung  der  Pfahlwände,  welche  übrigens  bei  vorwiegendem 
feinem  Sande  des  Baugrundes  sehr  gut  gerathen  waren,  geschah  vor 
Beginn  der  Betonirung  durch  Einhäugen  von  Segeltuch  an  der 
inneren  Seite,  welches  die  ganze  Baugrube  umschliefst,  und  zwar  mit 
ausgezeichnetem  Erfolge. 

Drei  Tage  nach  Vollendung  des  Betonbettes  begann  die  Her¬ 
stellung  des  Fangedamms  oberhalb  des  Betons.  Etwa  1  m  inner¬ 
halb  der  (mit  Segeltuch  bekleideten)  Pfahlwand,  deren  Oberkante  auf 
4-  6,47  =  3,22  m  über  Beton  liegt,  wurden  in  Abständen  von  3 — 4  m 
Pfähle  mit  vorher  in  zwei  Höhen  etwas  drehbar  angebrachten  Dopjjel- 
zangen  auf  den  noch  einigermafsen  weichen  Beton  gesetzt  und  einige 
Centimeter  tief  mit  Handrammen  in  denselben  eingetrieben.  Da¬ 
zwischen  wurden  sodann  vorher  genau  eingepafste  und  zugelegte 
Bohlen  senkrecht  eingesetzt  und  ebenfalls  leicht  in  den  Beton  ein¬ 
getrieben.  Die  oberen  Zangen  wurden  sodann  über  Wasser  durch 
Eisenstangen  mit  Schraub -Enden  mit  der  Pfahlwand  verankert  und 
die  ganze  Bohlwand  an  der  der  Pfahlwand  zugekehrten  Seite  — 
jedoch  nur  mit  billigerem  Sackleinen  — 
bekleidet.  Nun  wurde  der  1  m  breite  Zwi¬ 
schenraum  nicht  etwa  mit  Beton,  sondern  mit 
feinem  Sande  ausgefüllt  und  somit  ein 
Sand-Fangedamm  gebildet,  welcher  bekannt¬ 
lich  gegenüber  den  früher  üblichen  Beton- 
fangedämmen  neben  dem  Vorzüge  erheb¬ 
licher  Kostenersparnifs  noch  denjenigen 
leichterer  und  sicherer  Dichtung  sowie 
den  Wegfall  des  schwierigen  späteren  Ab¬ 
brechens  des  Betons  voraus  hat.  (Der  Beton 
bildet  nicht  selten  kleine  Hohlräume,  welche 
nach  Erhärtung  nicht  mehr  zu  beseitigen 
und  schwer  zu  dichten  sind).  Die  geringen 
Kosten  der  Leinwandbekleidung  kommen 
gegen  diese  Vortheile  gar  nicht  in  Frage. 

Am  siebenten  Tage  nach  Vollendung  des 
Betonbettes,  wo  dessen  völlige  Erhärtung 
sicher,  wurde  sodann  die  Baugrube  ausge¬ 
pumpt  durch  eine  Schleuderpumpe  und 
einen  kleinen  Pulsometer,  welcher  später 
allein  zur  Wasserhaltung  genügte.  Nach 
wenigen  Stunden  war  die  Baugrube  bereits 
wasserfrei  und  nach  Kalfaterung  einiger  sehr 
kleinen  Spritzrinnen  so  sauber  wie  nur  irgend 
zu  wünschen.  Als  besonders  zweckmäfsig 
mag  dabei  erwähnt  werden,  dafs  das  Beton¬ 
bett  mit  etwa  0,6  m  Eücksprung  für  den 
ersten  Quader-Eing  um  dessen  Schichthöhe 
von  0,47  m  erhöht  worden  war.  Dadurch 
bildete  sich  sofort  für  die  Maurer  ein  völlig 
trockener  Boden,  während  das  in  der  rings¬ 
umlaufenden  Vertiefung  nach  dem  Pumpen¬ 
rohr  abziehende  Sammelwasser  das  Ver¬ 
setzen  der  Quader  nicht  im  mindesten  hin¬ 
derte.  Der  Anschlufs  an  den  Beton  wurde  durch  Hintermauerung 
mit  Ziegeln  leicht  hergestellt.  Zur  Sicherung  des  „Pumpen- 
gesümpfes“  in  tiefer  Lage  war  beim  Betonfüllen  ein  leerer  Holz¬ 
kasten  eingesenkt,  welcher  nachher  geöffnet  wurde,  um  den  Saugkorb 
des  Pumpenrohrs  aufzunehmen. 

Sonach  begann  die  Mauerung  am  16.  August,  am  elften  Tage 
nach  Beginn,  am  7.  Tage  nach  Vollendung  der  Betonschüttung  und 
erreichte  nun  bald  als  Tagesleistung  die  Herstellung  einer  vollen 
Quaderschicht  mit  Hintermauerung,  d.  i.  bei  rund  130  qm  Grund¬ 
fläche  etwa  60  cbm  Mauerwerk.  Für  die  Herstellung  des  Betonbettes 
und  des  Fangedammes  waren  sonach  mit  Einschlufs  der  Vorberei¬ 
tungen  nur  etwa  zwei  Wochen  gebraucht,  während  im  Bauplan 
(s.  oben  bei  Pfeiler  III,  ebenso  bei  II,  Seite  346)  dafür  vier  Wochen 
vorgesehen  sind. 

Bei  Gründung  der  Vorlandpfeiler  IV,  V,  VI  wurden  nach 
Aushebung  der  Baugrube  bis  Grundwasserhöhe  die  Brunnen  zu¬ 
nächst  in  ganzer  Höhe  von  7  m  aufgemauert,  und  erst  dann  gesenkt, 
um  ein  mehrmaliges  Aufstellen  und  Abnehmen  der  Baggerrüstung 
(namentlich  für  die  Kreisbagger)  zu  vermeiden.  Die  Ausbagge¬ 
rung  geschah  sodann  theils  durch  „Kreisbagger“  mit  senkrechter 
Baggerkette,  theils  durch  „indische  Schaufeln,“  deren  zwei  bis  drei 
(möglich  auch  vier)  gleichzeitig  an  einem  Brunnen  von  10  m  Durch¬ 
messer  in  Thätigkeit  waren.  Zur  leichten  Handhabung  der  Schaufeln 
war  jede  derselben  mit  drei  Seilen  versehen,  welche  an  einem  ein¬ 
fachen,  den  Brunnen  galgenförmig  überspannenden  Gerüst  über  ver¬ 
schiebbare  Eollen  geleitet,  und  wovon  zwei  mit  Winden  in  Ver¬ 
bindung  gesetzt  waren.  Das  eine  der  letzteren  diente  zum  Auf¬ 
kanten  der  Schaufel  nach  Einsenkung  derselben,  das  zweite  zur 
Hebung  der  gefüllten  Schaufel  in  senkrechter  Eichtung;  das  dritte, 
freihändig  bewegte  Seil  ermöglichte  in  Verbindung  mit  einem 


I  nach  der  anderen  Seite  angezogenen  Handseil  in  einfacher  Weise 
die  zum  Auskippen  der  Schaufel  erforderliche  Pendel bewegung 
der  letzteren  über  den  Eand  des  Brunnens  nach  aufsen.  So  wurden 
mit  jeder  Schaufel,  deren  sechs  Füllungen  auf  1  cbm  gingen,  als 
Tagesleistung  bis  1.5  cbm  gefördert.  Die  Senkung  der  Brunnen  ging 
in  dieser  Weise  ohne  besondere  Schwierigkeiten  von  statten,  obwohl 
u.  a.  zwei  mächtige,  uralte  Eiclienstämme  mit  Verzweigung  aus  der 
Erde  zu  'J'age  gefördert  werden  mufsten,  um  die  weitere  Absenkung 
zu  ermöglichen. 

Zur  Bewegung  des  Trichters  bei  der  Betonfüllung  des  unteren 
Brunnentheils  wurde  ein  höchst  einfaches  und  ebenso  zweckmäfsiges 
Drehgerüst  hergestellt  (Abb.  11).  Dasselbe  lief  mit  vier  (un¬ 
symmetrisch  angeordneten)  Spurrollen  von  0,65  m  auf  einer  kreis¬ 
förmig  mit  8,48  m  Durchmesser  gebogenen  Seidene,  welche  auf  dem 
Brunnenringe  ruhte.  Innerhalb  des  Gerüstes  bedurfte  es  sonach  einer 
Verschiebbarkeit  des  Trichters  nur  um  den  inneren  Brunnen-Halb¬ 
messer  von  3,84  m  oder  wenig  mehr,  um  bei  Drehung  des  Gerüstes 
jeden  Punkt  der  Brunnengrundfläche  bestrei¬ 
chen  zu  können. 

Bei  allen  diesen  Arbeiten  war,  was  wohl 
zu  beachten,  die  erhebliche  Gröfse  der 
Brunnen  —  10  m  äufserer,  7,68  m  innerer 
Durchmesser  und  die  kreisförmige  Ge¬ 
stalt  derselben  von  besonderem  Vortheil-, 
durch  erstere  wurde  die  gleichzeitige  Arbeit 
mehrerer  Schaufeln  sowie  die  leichtere  Be¬ 
seitigung  von  Hindernissen,  durch  letztere 
die  bequeme  Art  der  Betonfüllung  ermöglicht. 

9.  Aufstellung  des  eisernen  Ueberhaues. 
Die  Aufstellung  des  eisernen 
Ueberbaues,  welche  im  August  1889  wäh¬ 
rend  der  Anwesenheit  des  Verfassers  bei  der 
vierten  Oeffnung  in  der  Ausführung,  bei  der 
dritten  in  Vorbereitung  war,  liefs  u.  a.  in  be¬ 
sonders  erfreulicher  Weise  die  sorgfältige 
Durcharbeitung  des  Entwurfs  zur 
grofsen  Holzrüstuug  erkennen,  die  bis 
in  alle  Einzelheiten  von  dem  technischen 
Bureau  der  Neubau- Abtheilung  in  Brömberg 
und  demjenigen  der  ausführenden  Gesell¬ 
schaft  Harkort  bei  Duisburg  vorgenommen 
war  und  nicht  minder  auch  die  Genauigkeit 
und  Sauberkeit  in  der  Herstellung  der 
Eisentheile  und  ihrer  Verbindungen  sei¬ 
tens  der  genannten  Anstalt. 

Wenig  tiefer  als  die  Unterkante  des 
eisernen  Ueberbaues,  in  Höhe  von  +  15,3 
also  etwa  9  m  über  der  Vorlandhöhe,  war 
ein  voller,  sicherer  Boden  aus  Bohlen  ge¬ 
bildet,  und  nach  Verlegung  der  Querträger 
nahe  über  deren  Oberkante  ein  Laufsteg  mit 
Schmalspurgeleis  in  der  Mitte  des  Ueberbaues  über  dessen  ganze  Länge 
hergestellt.  In  gleicher  Höhe  war  schon  vorher  am  Pfeiler  V  eine 
gröfsere  Plattform,  und  an  deren  nördlicher  Kante  —  also  aufserhalb 
des  für  die  Aufstellung  der  fünften  Oeffnung  erforderlichen  Baumes 
—  ein  fester  Drehkrahn  mit  Dampfbetrieb  angeordnet.  Die 
Eisentheile  wurden  nun  von  ihren  Lagerplätzen  auf  dem  Vorlande 
mittels  kleiner  Schmalspurwagen  (meist  zwei  solche  unter  einem 
Stück)  herangeführt,  durch  den  Drehkrahn  gehoben,  oben  auf  der 
Plattform  auf  andere  Schmalspurwagen  niedergelassen  und  mittels 
dieser  auf  dem  Gerüst  nach  ihren  Verwendungsplätzen  gebracht. 
Ganz  oben  auf  dem  Gerüst  war  ein  fahrbarer,  die  ganze  Breite 
des  Baues  frei  überspannender  Krahn  mit  querlanfender  Winde  an¬ 
gebracht,  sodafs  die  letztere  jeden  Punkt  des  ganzen  Ueberbaues  be¬ 
streichen  konnte.  Die  beiden  Fahrschienen  dieses  Krahns  lagen  in 
etwa  12  m  Abstand  auf  -\-  35,6  über  N.  N.,  also  rund  30  m  über  dem 
Vorland  (bei  den  Stromöffnungen  demnächst  etwa  32  m  über  Mittel¬ 
wasser). 

Die  Längsbewegung  des  Krahns  sowie  die  Querbewegung 
der  Winde  auf  demselben  und  die  Hebung  der  Eisentheile  mit 
letzterer  geschieht  durch  eine  unter  Dach  am  Krahn  angebrachte 
Elektro-Dj’namomaschine,  welche  durch  zwei  am  ganzen  Gerüst 
entlang  laufende,  nah  bei  einanderliegende,  dünne  Kupferdrahtseile 
mit  Strom  gespeist  wird  und  zwar  mittels  zweier  Berührungsrollen. 
Die  Erzeugung  des  Stroms  geschieht  unten  durch  die  auch  zur 
Mörtelbereitung  dienende  Dampfmaschine  mit  Hülfe  einer  zweiten 
Elektro-Dynamomaschine.  Der  Krahn  hat  somit  den  Vortheil  einer 
gewichtlosen  Kraftübertragung  von  der  unten  befindlichen 
Kraftquelle  auf  die  etwa  30  m  höhere  Fahrbahn  und  zwar  nach 
jedem  Punkte'  derselben.  Der  Krahn  ist  daher  infolge  seiner  leichten 
Bauart  sehr  gut  beweglich. 


Abb.  11b.  Ansicht  von  oben. 
Betonirungsgerüst. 


352 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


27.  August  1890. 


Die  Gesamtkosten  der  AVeichsel-  und  Xogat-Ueberbrückung  mit 
Zubehör  —  wobei  der  gänzliche  Umbau  des  Bahnhofs  Dirschau 
sowie  die  grofsen  Erdarbeiten  zur  Verbesserung  des  Fluthlaufs  der 
Weichsel  einen  wesentlichen  Antheil  haben  —  sind  auf  15  Millionen 
Mark  veranschlagt,  wovon  9  Millionen  auf  das  lleich,  G  Millionen 
auf  Preufsen  entfallen  (vgl.  Jahrg.  1888.  S.  87  d.  Bl.). 

Die  Aufstellung  der  grundlegenden  Entwürfe '  zu  diesen  grofs- 
artigen  Bauwerken  ist  von  dem  Herrn  Geheimen  Ober-Baurath 
Schw edler  2Dersönlich  geleitet  worden.  Die  weitere  Ausarbeitung 
derselben  in  allen  Einzelheiten  sowie  die  Leitung  des  Bureaus  für 
die  Angelegenheiten  der  Erbauung  der  Dirschauer  und  Marienburger 
Brücken  bei  der  Kgl.  Eisenbahndirection  in  Bromberg  wurde  dem 
Eisenbahu-Baxi-  und  Betriebsinsixector  Herrn  Mehrtens  übertragen 
unter  Obeideitung  des  Herrn  Geheimen  Regierungsraths  Suche  als 
Dirigenten  der  Neubau- Abtheilung  genannter  Direction.  Die  Aus¬ 
arbeitung  des  Bauplans  sowie  die  örtliche  Leitung  der  Ausführung 


ruht  bei  der  Weichselbrücke  in  der  Hand  des  Eisenbahn-Bau-  und 
Betriebsinspectors  Herrn  E.  Mackensen,  bei  der  Nogatbrücke  in 
derjenigen  des  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectors  Herrn  Matthes. 


Inzwischen  ist  bis  Anfang  Juli  d.  J.  bei  der  Weichselbrücke  der 
östliche  Landpfeiler  (VII)  bis  zur  Schienenhöhe,  der  westliche  (I)  bis 
etwa  2  m  darunter  aufgeführt.  Der  Eisenbau  ist  in  der  dritten  und 
vierten  Oeffnung  fertig,  in  der  zweiten  begonnen  (voraussichtlich  bis 
Mitte  August  vollendet)  und  in  der  fünften  Oetfnung  ist  das  Aufstel¬ 
lungsgerüst  errichtet,  sodafs  auch  dieser  Theil  bis  Ende  September  voll¬ 
endet  sein  dürfte  und  für  das  nächste  (letzte)  Baujahr  im  wesentlichen 
nur  der  Eisenbau  für  die  erste  und  sechste  Spannung  übrig  bleibt. 

In  den  beiden  grofsen  Oeffnungen  der  Nogatbrücke  ist  der 
Eisenbau  der  östlichen  bereits  ziemlich  weit  vorgeschritten,  derjenige 
der  westlichen  in  Arbeit,  die  Fertigstellung  beider  im  Laufe  dieses 
Baujahres  also  gesichert.  A.  Goering. 


Die  XXXI.  Hauptversammlung 

fand  dieses  Jahr  in  Halle  (Saale)  in  der  Zeit  vom  17.  bis  20.  August 
statt.  Nach  einer  dreitägigen  Vorberathung  der  auf  der  Tagesordnung 
der  Hauptversammlung  stehenden  Gegenstände  durch  den  engeren 
Vorstand  und  die  Abgeordneten  der  Bezirksvereine  wurde  die  erste 
Vereinssitzung  am  18.  August  durch  den  Vorsitzenden,  Maschinen- 
fabricant  Blecher  -  Barmen,  mit  einer  an  die  zahlreich  erschienenen 
Theilnehmer  und  insbesondere  an  den  Vertreter  der  Königlichen 
Staatsregierung  Berghauptmann  v.  d.  Heyden  -  Eynsch ,  den  Rector 
der  Universität  Halle -Wittenberg  Professor  Dr.  Bernstein  sowie 
an  den  Oberbürgermeister  Staude -Halle  gerichteten  Begrüfsung 
erötfnet.  Der  Vorsitzende  gab  alsdann  einen  kurzen  Rückblick  über 
das  abgelaufene  Vereinsjahr,  aus  welchem  hier  inxr  ein  Punkt  mit- 
getheilt  werden  möge.  Die  dem  Vereine  eigene  Vertrauensstellung 
eines  Directors  ist  34  Jahre  hindurch  in  höchst  ers^n’iefslicher  und 
ehrenvoller  Weise  vom  Geheimen  Hofrath  Professor  Dr.  Grashof 
bekleidet  worden.  Der  Genannte  hat  sich  nunmehr  entschlossen,  aus 
Gesundheitsrücksichten  und  im  Hinblick  auf  die  sich  steigernde  Arbeits¬ 
last  sein  Ehrenamt  niederzulegen.  Der  Vorsitzende  gab  mit  bewegten 
Worten  dem  Danke  Ausdruck,  zu  dem  der  Verein  seinem  bisherigen 
Director  vei’jxflichtet  sei.  —  Nachdem  die  zuvorgenannten  Herren  die 
Begrüfsung  des  Vorsitzenden  im  Namen  ihrer  Auftraggeber  erwidert 
hatten,  nahm  Generalsecretär  Th.  Peters  das  Wort  zur  Erstattung 
des  Geschäftsberichtes,  aus  welchem  hervorgeht,  dafs  sich  die  Mit¬ 
gliederzahl  im  letzten  Jahre  um  345  vermehrt  hat  und  auf  rund 
6900  gestiegen  ist,  die  sich  auf  31  Bezirksvereine  vertheilt.  Von 
bemerkenswerthen  Ereignissen  und  Arbeiten  des  Vereins  erwähnte 
der  Berichterstatter  u.  a.  die  Enthüllung  des  Robert  Mayer-Denkmales 
in  Stuttgart,*)  den  Bericht  über  die  Organisation  der  technischen 
Mittelschulen  und  die  Herausgabe  einer  Litteraturübersicht.  Die 
financielle  Lage  des  Vereins  wurde  als  eine  sehr  erfreuliche  bezeichnet. 
Nunmehr  wurde  die  Reihe  der  Vorträge  durch  einen  solchen  von 
Georg  Schimming-  Charlottenburg  über  die  Ausnutzung  der 
Brennstoffe  eröffnet.  Der  Vortragende  besprach  die  im  allgemeinen 
bekannte  Thatsache,  dafs  in  unseren  derzeitigen  Feuerungsanlagen 
eine  nur  sehr  unvollkommene  Ausnutzung  der  Brennstoffe  stattfiudet, 
und  suchte  die  Höhe  der  hierbei  eiutretendeu  Verluste  an  einem 
Beispiele  zahlenmäfsig  nachzuweisen,  indem  er  den  bei  unvollständiger 
Verbrennung  von  ^,4  Millionen  Tonnen  Brennstoff  in  Berlin  durch  das 
Entweichen  von  Theer  und  Ammoniak  als  Rauch  entstehenden  Ver¬ 
lust  auf  1/4  Millionen  Mark,  den  Geldwerth  der  wegen  mangelhafter 
Wirkungsweise  der  Feuerungen  verloren  gehenden  Wärmemengen 
aber  allein  bei  den  etwa  C-'  Millionen  Tonnen,  welche  in  den  Berliner 
Dampfkesselfeuerungen  verbrannt  werden,  auf  1^/4  Millionen  Mark 
jährlich  beziffert.  Der  Vortragende  glaubt,  dafs  diesem  Verluste 
sowohl,  als  auch  den  durch  Rauch,  Rufs  und  Asche  hervorgerufenen 
Belästigungen  gröfstentheils  durch  Vergasinig  der  Brennstoffe  in 
besonderen  grofsen  Fabilkanlagen  abzuhelfen  sein  wird,  von  denen 
zugleich  geprefste  Luft,  Druckwasser  und  Elektricität  erzeugt  und 
den  Stadtbewohnern  durch  Leitung  zugeführt  werden  könnte. 

Nach  einer  kurzen  Pause  erhielt  Director  Kurt  das  Wort  zu 
einem  Vortrage  über  die  Bitter  fei  der  Thonindustrie.  Die  Ent¬ 
wicklung  der  Industrie  jener  Gegend  beginnt  mit  der  Eröffnung  der 
Berlin-Anhalter  Eisenbahn  im  Jahre  1857.  Infolge  der  Zunahme  der 
Bauthätigkeit  und  der  günstigen  Verbindungen  mit  grofsen  Städten 
steigerte  sich  das  Ausbringen  der  mit  den  Braunkohlenwerken  ver¬ 
bundenen  Ziegeleien  und  Verblendsteinfabriken  (Greppiner  Werke) 
ganz  bedeutend,  sodafs  jetzt  jährlich  etwa  55  Millionen  Klinkei’, 
porige  Steine,  Verblender,  Terracotten  usw.  hergestellt  werden. 
Einen  beachtenswerthen  Theil  der  Bitterfelder  Industrie  bildet  die 


*)  S.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1889,  Seite  460. 


des  Yereiiis  Deutscher  lugenieure 

Herstellung  von  Thonröhren.  Im  Jahre  1863  erbaute  der  damalige 
Abtheilungs-Baiimeister  Polko  das  erste  Thonröhrenwerk;  heute 
fertigen  sieben  solcher  Werke  jährlich  gegen  55  000  t  Thonwaren. 
An  diese  Mittheilungen  reihte  der  Vortragende  ausführliche  Angaben 
über  den  Gang  der  Herstellung,  über  die  Leistungsfähigkeit  der 
Maschinenanlagen  und  über  das  Trockenverfahren. 

Den  dritten  Vortrag  hielt  Thede  über  die  Paraffin-  und 
Mineralöl-Industrie  der  Provinz  Sachsen.  Die  Anfänge 
dieser  Industrie  zeigten  sich  in  den  fünfziger  Jahren;  doch  war  zu¬ 
nächst  der  Erfolg  wegen  mangelhafter  Erzeugnisse  und  unrichtiger 
Ertragsberechuungen  nur  gering.  Jetzt  sind  die  Einrichtungen  und 
Verfahren  in  hohem  Grade  vervollkommnet.  Den  Rohstoff  bildet 
die  erdige  Braunkohle  (Schweelkohle),  von  welcher  gegenwärtig 
12  Millionen  Hektoliter  verschweelt  werden,  wozu  etwa  7  Millionen 
Hektoliter  Feuerkohle  erforderlich  sind.  Die  Erzeugnisse  (Paraffin 
und  Gele)  sind  zur  Zeit  alle  sehr  begehrt;  so  insbesondere  auch  die 
vor  einigen  Jahren  noch  wenig  benutzten  schweren  Paraffinöle,  welche 
jetzt  zu  Schmier-  und  Vergasungszwecken  viel  gebraucht  werden. 

An  die  durchweg  mit  lebhaftem  Beifall  aufgenommenen  Vorträge 
reihte  sich  das  mit  zahlreichen  Trinksprüchen  gewürzte  Festmahl, 
an  welchem  etwa  500  Festgenossen,  darunter  zahlreiche  Damen, 
theilnahmen.  Hierauf  wurde  eine  Wasserfahrt  auf  der  Saale  bis 
Cröllwitz  und  zurück  nach  der  Saale-Insel  Peifsnitz  unternommen,  wo 
die  Stadt  Halle  dem  Verein  ein  Gartenfest  bereitete,  das  mit  einer 
Beleuchtung  der  Saale-Ufer  und  einem  Feuerwerk  schlofs. 

In  der  Sitzung  vom  19.  August  wurde  der  Antrag  des  Gesamt¬ 
vorstandes  auf  Anuahme  der  von  ihm  vorgelegten  Vereinssatzungeu 
sowie  der  damit  zusammenhängenden  Anträge,  betreffend  die  Nach- 
suchung  von  Corijorationsrechten,  einmüthig  genehmigt  und  nach  Er¬ 
nennung  zweier  Ehrenmitglieder  (Maschinenfabrikant  Eduard  Becker- 
Berlin  und  Director  Simon  Sc  hi  eie -Frankfurt  a.  M.)  die  Neuwahl  der 
Vorsitzenden  und  Beisitzer  vorgenommen.  Hieran  reihten  sich  die 
Berichte  von  Th.  Peters  über  die  Herausgabe  eines  Litteratur- 
verzeichnisses  und  über  die  technischen  Mittelschulen.  Professor 
Bach -Stuttgart  berichtete  über  die  Frage  der  Rauchbelästigung  in 
grofsen  Städten  und  emjxfahl  den  Antrag  des  Gesamtvorstandes,  nach 
welchem  zwei  Preisausschreiben  —  das  eine  bezüglich  der  Dampf- 
kesselfeueruugen,  das  andere  bezüglich  der  Haushaltsfeuerungen  — 
erlassen  werden  sollen.  Der  Antrag  wurde  unter  Bewilligung  eines 
Preises  von  3000  Mark  für  jede  Aufgabe  und  eines  Zuschlages  bis 
zu  je  1000  Mark  für  die  Zeichnungen  angenommen.  Ferner  be¬ 
willigte  die  Versammlung  jährlich  3000  Mark  auf  die  Dauer  von 
6  Jahren  als  Zuschufs  zu  den  Kosten  der  Umwandlung  der  Kölner 
Maschinenbauschule  in  eine  technische  Mittelschule.  Schliefslich 
wurden  Düsseldorf  und  Duisburg  als  Versammlungsorte  für  die 
nächste  Hauptversammlung  gewählt. 

Die  Sitzung  vom  20.  August  war  vorzugsweise  der  Erledigung 
geschäftlicher  Vereinsangelegenheiten  gewidmet.  Denselben  folgte 
ein  Vortrag  von  P.  Nösselt  über  die  Maschinen  im  Bergwerks¬ 
und  Hüttenbetrieb  der  Mansfelder  Gewerkschaft.  Der  Vor¬ 
tragende  schilderte  die  infolge  des  grofsartigen  Aufschwunges  der 
Gewerkschaft  in  den  Jahren  1876 — 1884  nothwendig  gewordene  Auf¬ 
stellung  vieler  neuer  Maschinen  und  Dampfkessel,  die  beweglichen 
Anlagen  zum  Abteufen  neuer  Schächte  (Luftpumjxen,  Wasserhaltungs¬ 
einrichtungen  usw.),  die  Seil-,  Ketten-  und  Locomotiv- Förderungs¬ 
anlagen  und  die  28  km  lange  Bergwerksbahn. 

Den  Schlufs  der  Hauptversammlung  bildeten  Ausfahrten  einzelner 
Abtheilungen  nach  Thüringen,  dem  Mansfelder  und  dem  Weifsenfels- 
Zeitzer  Bergwerksgebiet,  sowie  nach  dem  Bitterfelder  Industriebezirk. 
Am  21.  August  fand  noch  ein  Ausflug  nach  dem  Harz  statt,  wobei 
der  sächsisch-anhaltische  Bezirksverein  die  Führung  übernommen  hatte. 


Verlag  von  Ernst&Korn  UVilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redact, Ion  des  nichtamtliclien  Theiles  verantwortlich  i.  V.:  O.HoTsfeld,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltimg. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  30.  August  1890.  Nr.  35. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal- Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Unterbringung  der 
Versorgungsnetze  im  grofsstädtischen  Strafsenbau.  —  „Hamburg  und  seine  Bauten.“  — 
Weitgespannte  Strom-  und  Thaibrücken  der  Neuzeit.  —  Ewerbecks  „Renaissance  in 
Belgien  und  Holland“.  —  Versammlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und 
Ingenieur-Vereine.  —  Ausrüstung  der  Bahnwärter.  —  V ermischtes  :  Kaiser  Wilhelm- 

Denkmal  der  Provinz  Westfalen.  —  Preisbewevbnng  für  eine  evang.  Kirche  in  Heil¬ 
bronn.  —  Preisausschreiben  für  einen  Saalban  in  Remscheid.  —  Ehrenbezeigung.  — 
Deutscher  Verein  für  öffentliche  Gesundheitspflege.  —  Münsterbauverein  in  Villingen. 
—  Frostbeständigkeit  der  Bausteine.  —  Techn.  Hochschule  Darmstadt.  —  Anwendung 
des  Leuchtgases  zur  Bekämpfung  der  Rauchplage.  —  Bücherschau. 

Amtliche  M 

Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Kreis- 
Bauinspector  Baurath  Brunner  in  Neu-Ruppin  den  Rothen  Adler- 
Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen. 

Der  Königliche  Wasser-Bauinspector  Baurath  Schwartz  in  Cassel 
ist  von  seinen  bisherigen  Dienstgeschäften  entbunden  und  mit  der 
Leitung  der  Arbeiten  zur  Canalisirung  der  Fulda  von  Münden  bis 
Cassel  betraut  worden. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  August 
Hirsch  in  Duisburg  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staats¬ 
dienst  ertheilt  worden. 

Deutsches  Reich. 

Garnison-Bauverwaltung.  Versetzt  sind:  die  Garnison-Bau- 

ittheilungen. 

inspectoren  Neumann  in  Potsdam  nach  Gleiwitz,  Ahrendts  in 
Breslau  I.  nach  Potsdam,  Baurath  Veltman  in  Gleiwitz  nach 
Breslau  I.,  Baurath  Rettig  in  Münster  nach  Posen  I.,  und  Schnei¬ 
der  II.  in  Posen  I.  nach  Münster. 

Wiu'ttemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Ober- 
Baurath  V.  Dimler  bei  der  General direction  der  Staatseisenbahnen 
seinem  Ansuchen  entsprechend  in  den  Ruhestand  zu  versetzen  und 
demselben  in  Anerkennung  seiner  langjährigen  treuen  Dienste  die 
Krone  zum  Ehrenritterkreuz  des  Ordens  der  Württembergischen 
Krone  zu  verleihen. 

Der  erste  Werkführer  Deifs  bei  der  Eisenbahnwerkstätte  Aalen 
wurde  auf  die  erledigte  Stelle  eines  Werkführers  und  gleichzeitigen 
Vorstands  der  Nebenwerkstätte  Ulm  versetzt. 

[Alle  Eechte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  TheO. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  modernen  Aufgaben  des  grofsstädtischen  Strafsenbaues  mit  Rücksicht  auf  die 

Unterbringung  der  Versorgungsnetze. 

(Vortrag,  gehalten  auf  der  IX.  Wanderversammlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- Vereine  in  Hamburg 

von  Baurath  Dr.  James  Hobrecht,  Stadtbaurath  in  Berlin.) 


'  Meine  Herren! 

Das  Thema,  welches  mir  für  einen  Vortrag  seitens  des  Verbands- 
Vorstandes  der  deutschen  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine  gestellt 
wurde,  lautet: 

„Die  modernen  Aufgaben  des  grofsstädtischen  Strafsen¬ 
baues  mit  Eücksicht  auf  die  Unterbringung  der  Versorgungs¬ 
netze“. 

Ich  mufs  vorab  bemerken,  dafs  dieses  Thema,  so  verlockend  es 
auf  den  ersten  Anblick  zu  sein  scheint,  und  so  sehr  es  einen  Gegen¬ 
stand  berührt,  der  die  Verwaltungen  aller  grofsen  Städte  gewisser- 
mafsen  in  Athem  erhält,  doch  recht  wenig  geeignet  ist,  die  Hörer, 
und  damit  den  Vortragenden  selbst,  befriedigen  zu  können;  denn 
wenn  es  allgemein  wohl  als  erwünscht  bezeichnet  werden  darf,  dafs 
aus  der  Besprechung  eines  so  ungewöhnlich  wichtigen  Gegenstandes, 
von  einer  so  hervorragenden  Tribüne  herab  wie  diejenige,  auf  welcher 
ich  mich  zur  Zeit  befinde,  auch  die  Namhaftmachung  eines  Abhülfs- 
mittels  gegen  die  allseits  empfundenen  Schwierigkeiten  —  gewisser- 
mafsen  eines  Specificums  gegen  dieKrankheit,  an  welcher  grofsstädtische 
Strafsen  durch  die  Versorgungsnetze  leiden  —  sich  ergebe,  so  ist 
auf  ein  solches  Ergebnifs  im  vorliegenden  Falle  nicht  zu  rechnen. 
Zunächst  weil  niemand  imstande  ist.  Umfang  und  Mafs  aller  Ver¬ 
sorgungsnetze,  welche  beanspruchen  möchten,  sich  in  die  Strafsen- 
körper  einzubauen,  zu  bestimmen.  Zahl  und  Art  derselben  wächst  von 
Jahr  zu  Jahr;  nur  wer  sich  der  irrthümlichen  Auffassung  hingiebt, 
die  Ansprüche  grofsstädtischer  Bevölkerungen  könnten  überhaupt 
gesättigt  werden,  die  Erfindung  werde  aufhören  thätig  zu  sein,  oder 
das  Capital  möchte  erlahmen,  nützlichen  Erfindungen  die  Wege  zur 
Ausführung  zu  bahnen,  wird  darüber  anders  zu  denken  vermögen. 

Hatte  man  früher  sich  meistens  nur  mit  der  Sorge  zu  beschäf¬ 
tigen,  Gas-  und  Wasserleitungen  in  den  Strafsen  unterzubringen,  so 
gilt  es  jetzt  schon,  sich  um  einen  angemessenen  Platz  für  die  Ent¬ 
wässerungsleitungen,  die  elektrischen  Beleuchtungskabel,  die 
verschiedensten  Arten  won  Telegraphenkabeln,  Telephonleitungen, 
Druckluft-  oder  Druckwasserleitungen  usw.  zu  mühen;  ein  Ende  ist 
in  dieser  Beziehung  kaum  abzusehen. 

Ferner  sind  die  Verhältnisse  in  Bezug  auf  Lage,  Breite,  Gefälle, 
Grundwasserstand,  Bodenbeschaffenheit  in  den  verschiedenen  Städten 
so  aufserordentlich  verschieden,  dafs  auch  hieran  die  Verkündigung 
eines  allgemein  gültigen  Recepts  gegen  die  erwähnten  Erscheinungen 
scheitern  mufs.  Schon  die  Verschiedenheit  in  der  Vermögenslage 


der  Städte  hat  nothwendigerweise  zur  Folge,  dafs  Stadt-Umgestal¬ 
tungen,  namentlich  Strafsendurchbrüche  und  Strafsenverbreiterungen, 
welche  sonst  ein  wirksamstes  Heilmittel  wären,  hier  thunlich,  dort 
aber  ganz  unmöglich  erscheinen.  Die  Aufstellung  eines  Normal- 
Querschnitts  für  Strafsen,  der  uns  eine  wohlabgemessene  Anordnung 
der  Leitungen  nach  ihrer  Höhen-  und  Breitenlage  zeigte,  wäre  in 
der  That  kaum  mehr  als  ein  Hirngespinnst,  —  etwa  ebenso  werthlos 
wie  ein  Normal-Grundrifs  für  alle  Hochbauten. 

Um  der  Frage  nun  aber  doch  näher  zu  treten,  wird  es  nützlich 
sein,  zunächst  die  Versorgungs-Netze,  welche  jetzt  schon  Strafsen- 
raum  beanspruchen,  zusammenzustellen.  Als  solche  wären  zu  nennen: 

1.  Die  Wasserleitung  zur  Versorgung  der  Wohnungen  mit 
Wasser  für  alle  Arten  des  häuslichen  Bedarfs; 

2.  Druckwasserleitungen  zur  Verrichtung  von  Arbeiten; 

3.  Gasleitungen  zur  Beleuchtung  der  Strafsen  und  Häuser  und 
zum  Betrieb  von  Maschinen; 

4.  Entwässerungsleitungen  zur  Fortführung  von  Regen  und  Ab¬ 
wässern  aus  Strafsen  und  Häusern ; 

5.  gesonderte  Entwässerungs- Leitungen  für  gebrauchte  Wässer, 
welche  nicht  verunreinigt  sind,  wie  Kühlwässer,  und  für  solche, 
welche,  wie  Condensationswässer,  zu  hoch  temperirt  sind,  oder  welche 
chemische  Beimischungen  haben,  die,  weil  sie  zerstörend  auf  Back¬ 
stein  und  Mörtel  wirken,  von  der  Aufnahme  in  die  gewöhnlichen 
Entwässerungsleitungen  ausgeschlossen  werden  müssen; 

6.  elektrische  Beleuchtungsleituugen  und  zwar: 

a)  entweder  Kabel,  oder 

b)  Schienen,  welche  in  Kästen  (Monier -Kästen)  oder  Röhren 
untergebracht  werden; 

7.  Telegraphenleitungen  für  verschiedene  Zwecke,  und  danach 
gesonderte  Systeme  bildend,  wie: 

a)  für  das  Reich  (auswärtiges  Amt,  Militär), 

b)  für  polizeiliche  Zwecke, 

c)  für  Feuerlösch-Zwecke, 

d)  für  Zwecke  der  Post; 

8.  pneumatische  Leitungen  für  Depeschen-Beförderung; 

9.  Telephonleitungen.  Nachdem  die  weitere  Ausbildung  ober¬ 
irdischer  Telephon-Netze  vieler  Orten  sich  als  unmöglich  heraus¬ 
gestellt  hat,  werden  jetzt  die  Leitungen  unterirdisch  verlegt.  Bei¬ 
spielsweise  beansprucht  die  Telephon-Verwaltung  in  Berlin  mehrfach 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


30.  August  1890. 


Raum  für  zwei  eiserne  Parallelleitungeu  nebeneinander  von  je  40  cm 
Durchmesser; 

10.  elektrische  oder  pneumatische  Leituugen  zum  Betrieb  öftent- 
licher  Uhren: 

11.  Druckluft-Leitungen  zum  Betrieb  von  Maschinen  für  Klein¬ 
gewerbe,  zum  Betrieb  von  Maschinen  für  elektrische  Beleuchtungen, 
zur  Ventilation  oder  Kühlung  vou  Räumen  verschiedener  Art; 

12.  Betriehskabelleitungen,  meist  in  gemauerten  Canälen  für 
Kabelbahnen  und  elektrische  Bahnen  und  unterhalb  derselben 
usw.  usw. 

Dabei  ist  im  einzelnen  zu  beachten, 

1.  dafs  vielfach  vorgenannte  Versorgungen,  wie  namentlich  die¬ 
jenigen  mit  Gas  und  Wasser,  nicht  einheitliche  sind,  sondern 
theils  durch  die  Gemeinden,  theils  durch  Actien- Gesellschaften, 
welche  auf  Grund  von  Concessionen  oft  ausgedehnte  und  lange 
dauernde  Berechtigungen  erworben  haben,  bewirkt  -werden,  sodafs 
dann  oft  mehrere  sonst  gleichwerthige  Gas-,  mehrere  Wasser-Rohre 
in  einer  Strafse  nebeiieinanderliegen; 

2.  dafs  infolge  der  zunehmenden  Bevölkerung  und  des  gesteigerten 
Vei-kehrs  fast  alle  vorgenannten  Leitungen  in  kürzerer  oder  längerer 
Frist  eine  Vermehrung  oder  Vergröfserung  erfahren,  d.  h.  also  ver¬ 
mehrten  Strafsenrauin  beanspruchen,  während  anderseits 

3.  der  verfügbare  Raum  in  den  Strafsen,  namentlich  den  Ilaupt- 
strafsen,  durch  Anlage  von  Strafsenbahnen  aller  Art  an  sich  be¬ 
schränkt  wird,  und  endlich  in  dem  Verlangen,  ein  gutes,  ja  ein 
bestes  Pflaster  zu  haben,  der  Strafsendamm  seiner  ganzen  Breite 
nach  eine  feste  Unterlage  erhält;  es  ergiebt  sich  daun  hieraus,  dafs, 
theils  absichtlich,  theils  gezwungen,  nur  die  Bürgersteige  zur 
Unterbringung  der  Versorgungs-Netze  verfügbar  bleiben; 

4.  dafs,  da  aus  allen  den  vorgenannten  Versorgungs-Netzen  Haus- 
anschlufsleitungen  in  verschiedenster  Höhenlage  die  Bürgersteige 
queren,  der  dort  etwa  noch  für  Längsleituugen  verfügbare  Raum, 
wenn  nicht  vernichtet,  so  doch  auf  ein  Minimum  eingeschränkt  wird; 

5.  dafs  die  oben  erwähnte  Verlegenheit  sich  an  den  Strafsen¬ 
kreuzungen  und  Strafseuecken  bis  zur  gröfstmöglichen  Höhe 
steigert,  da  dort  noch  ein  besonderer  Raum  für  Wasser-  oder  Gas- 
Schieber,  für  Revisionsbrunnen  der  Canalisation,  der  Beleuchtungs-, 
Telephon-  und  Telegraphen-Kabel  usw.  vorhanden  sein  mufs. 

M.  H.  Nothstände  aus  vorgenannten  Ursachen  hat  inan  wohl 
zuerst  in  der  gröfsten  der  Grofsstädte,  in  London  empfunden;  dort 
begann  man  am  frühesten  mit  der  Ausführung  der  Versorgungs- 
Netze;  dort  hat  man  —  wie  es  scheint,  ohne  Ahnung  der  späteren 
Entwicklung  der  Versorgungsleitungen  und  der  Stadt  —  ziemlich 
unbeschränkt  Concessionen  an  Actien  -  Unternehmungen  zur  Aus¬ 
führung  der  Versorgungs-Netze  und  zum  Betriebe  derselben  ertheilt. 
Zudem  sind  die  Strafsen  dort  meist  eng  und  unregelmäfsig.  So  liefs 
denn  schon  eine  Zeichnung  in  einem  Blaubuch  des  englischen  Par¬ 
laments  aus  den  fünfziger  Jahren,  welche  das  Bild  einer  abgedeckten 
Strafse  gab,  erkennen,  dafs  dieselbe  ihrer  ganzen  Breite  nach  mit 
eisernen  Röhren,  ein  Rohr  unmittelbar  neben  dem  anderen,  belegt 
war.  Die  Röhren  waren  von  sehr  verschiedenem  Durchmesser  und 
gehörten  verschiedenen  Versorgungs- Gesellschaften  an.  So  war  es 
denn  auch  oft  vorgekoinmen,  dafs  theils  aus  Unkenntnifs,  theils  viel¬ 
leicht  in  schlimmerer  Absicht  die  eine  Gesellschaft  die  Röhren  einer 
anderen  Gesellschaft  zur  Versorgung  anliegender  Grundstücke  ange¬ 
bohrt  hatte  und  fortgesetzt  fremden,  ihr  nicht  gehörigen  Stoff, 
Wasser  oder  Gas,  verkaufte.  Aufs  störendste  wurden  ferner  die  un¬ 
unterbrochenen  Aufgrabungen  und  l^flasteraufbrüche  bei  Rohrver¬ 
legungen,  Rohrveränderungen  und  Rohr- Ausbesserungen  empfunden. 
Wie  heute  überall,  erregten  sie  dort  schon  vor  fast  einem  halben 
Jahrhundert  das  allgemeinste  Aergeruifs.  So  lange  sie  unvermeidlich 
blieben,  so  lange  war  an  eine  Erfüllung  der  Hoffnung,  eine  definitive 
Strafsendecke  herzustellen  und  sie  zu  erhalten,  nicht  zu  denken;  sie 
sind  es,  welche  denn  auch  bald  das  Bestreben  anfachten,  Abhülfe- 
mafsregeln  zu  ergreifen. 

Es  liegt  nahe,  und  es  lag  auch  vor  Jahrzehnten  in  London  schon 
nahe,  diese  Abhülfemafsregel  darin  zu  suchen,  dafs  genügend  ge¬ 
räumige  Tunnel  in  den  Strafsen  unter  dem  Pflaster  erbaut  werden, 
in  welchen  sämtliche  Leitungen  ihren  Platz  finden.  Wie  man  damals 
diese  Tunnel,  welche  den  Namen  „Subways“  führen,  in  England 
als  das  Heilmittel  ansah,  welches  alle  Schmerzen  stillen  würde, 
so  ist  diese  Ansicht  auch  bei  uns  heute  -vielfach  vertreten,  und  der 
deutsche  Techniker  mufs  es  sich  gefallen  lassen,  oft  die  vorwurfs¬ 
volle  Frage  zu  hören:  warum  wird  denn  nicht  endlich,  wie  in  London 
oder  Paris,  mit  der  Untertunnelung  aller  Strafsen  angefangen,  um 
der  nimmer  endenden  Buddelei  —  wie  man  in  Berlin  zu  sagen  be¬ 
liebt  —  einen  Riegel  vorzuschieben?  Da  also  in  der  Subway -Anlage 
in  Wirklichkeit  oder  in  Einbildung  die  Lösung  der  Frage  liegen 
soll,  sehe  ich  mich  genöthigt,  gerade  hierauf  etwas  näher  einzugehen, 
und  nachzuforschen,  wieweit  obige  Behauptung  für  London  und 
Paris  zutrifft. 


Im  Jahre  1864  wurde  in  London  eine  Gesetzvorlage  unter  dem 
Namen  „Metropolitan  Subways’  Bill“  vor  das  Parlament  gebracht. 
Zwei  höchst  umfangreiche  Blaubücher,  das  eine  aus  dem  Jahre  1864, 
das  andere  aus  dem  Jahre  1867,  theilen  uns  in  der  bekannten  Form 
von  Fragen  und  Antworten  auf  658  Folioseiten  die  endlosen  Ver¬ 
handlungen  mit,  welche  die  von  dem  Parlament  zur  Voruntersuchung 
eingesetzten  Commissionen  mit  den  namhaftesten  englischen  In¬ 
genieuren  und  den  Vertretern  der  betheiligten  Gesellschaften  auf- 
nahmeii.  Folgendes  aus  diesen  Verhandlungen  dürfte  mittheilungs- 
werth  sein.  Zunächst  wurde  die  Zahl  der  stattgehabten  Strafsenauf- 
brüche  festgestellt.  Es  ergab  sich  beispielsweise,  dafs  —  abgesehen 
von  anderen  Stadttheilen  —  in  dem  Kirchspiel  St.  Martin  in  the 
fields  das  Strafsenpfiaster  im  Jahre  1856  1256  mal,  in  den  7  Jahren 
von  1856  bis  1863  10  377  mal  von  den  verschiedenen  Gas-  und 
Wassergesellschaften  aufgebrochen  wurde;  in  dem  Kirchspiel  Mary- 
lebone  haben  in  den  Jahren  1859  bis  1863,  also  in  5  Jahren  44  932 
Aufgrabungen  stattgefunden  usw.  Die  Zahl  der  damals  von  dem 
Metropolitan  Board  of  Works  schon  ausgeführten  Subways  war  eine 
geringe,  die  Länge  derselben  eine  unbedeutende.  Zu  verzeichnen 
sind  in  London  nur  ein  Subway  in  Coventgarden,  450  Fufs  lang 
(Halbkreis,  6'/2'Rad.)  und  ein  solcher  in  Southwark  (6'  Rad.)  in  Länge 
von  3400  Fufs. 

In  Nottingham  waren  aufserdem  einzelne  Subways  durch  den 
Ingenieur  Tarbotton  ausgeführt, 

so  in  der  Victoria  Street  in  Länge  von  430'  (10'  breit) 
in  der  Queen  Street  „  „  „  100'  (  8'  breit) 

und  in  der  Lister  Street  „  „  „  450'  (10'  breit). 

Diese  Subways  hatten  zum  Theil  einen  befestigten  Boden,  zum 
Theil  nicht,  wie  denn  auch  Röhren  in  die  Fufsböden  der  Subways 
gebettet  wurden.  Sie  sind  mit  Seitengalerieen  in  etwa  3'  Breite  für 
je  zwei  Häuser  versehen.  Diese  Galerieen  reichen  bis  zu  den  unter 
den  Bürgersteigen  belegenen  Kellern.  Die  Subways  sind  mit  Venti¬ 
lationsschächten  in  Entfernungen  von  je  25'  bis  100'  versehen.  In 
diesen  wenigen  Subways  lagerten  Gas-  und  Wasserrohren  von  sehr 
geringem  Durchmesser  (6"),  desgleichen  Telegraphenleitungen. 

Die  Frage,  welche  nun  bei  den  erwähnten  Verhandlungen  im 
Vordergi'und  steht,  ist  diejenige,  ob  die  Gefahr  der  Gasexplosionen 
die  Aufnahme  von  Gasröhren  in  die  Subways  gestatte  oder  nicht. 

Namhafteste  Ingenieure,  wie  Bazzalgette,  Marrable,  Carpmeal 
Isaacs,  Hemans,  Tarbotton  aus  Nottingham,  R.  Jones  —  welcher 
jedoch  die  Ventilationsschächte  nicht  weiter  als  20'  von  einander 
stellen  will  — ,  Bramwell,  Easton  und  andere  leugnen  jede  Gefahr, 
Avährend  Ingenieure,  deren  Ruf  ebenfalls  ein  bedeutender  ist,  wie 
Simpson,  Bateman,  der  Erbauer  der  Glasgower  Wasserwerke,  Hay- 
wood,  Hawksley  und  eine  grofse  Zahl  von  den  bei  den  Gaswerken 
beschäftigten  Ingenieuren  eine  ernstliche  Gefahr  als  mehr  oder 
minder  vorhanden  behaupten.  Dr.  Letheby  hält  die  Gefahr  für  vor¬ 
handen,  Dr.  Frankland  bestreitet  sie.  Was  die  bei  den  Gaswerken 
und  zum  Theil  auch  bei  den  Wasserwerken  beschäftigten  Ingenieure 
anbetrifl’t,  so  ist  zu  bemerken,  dafs  diese  überhaupt  den  Anlagen  von 
Subways  feindlich  entgegenstehen,  dafs  aber  hierbei,  wie  auch  zu¬ 
gestanden  wird,  die  Besorgnifs,  dafs  die  Kosten  für  die  Gesellschaften 
gewaltig  anwachsen  würden,  mitbestimmend  war. 

Im  einzelnen  geht  aus  diesen  Verhandlungen  folgendes  hervor. 

Gasexplosionen  sind,  -wenn  auch  nicht  gerade  in  den  wenigen 
Subways,  in  erschreckend  grofser  Zahl  vorgekommen.  Nur  der  Gas¬ 
ingenieur  Innes  erwähnt  einer  Explosion  in  einem  kleinen  Subway, 
eigentlich  nur  einer  Unterführung,  unter  dem  Ship-Hotel  in  Greenwich, 
welche  der  Gesellschaft  500  £  kostete;  dabei  wurde  ein  Mann  ge- 
tödtet,  ein  anderer  schwer,  ein  dritter  leichter  durch  Brandwunden 
verletzt;  er  theilt  mit,  dafs  das  Gasrohr  dann  aus  diesem  Subway, 
der  8 '  hoch,  7 '  breit  war,  entfernt  wurde. 

Der  französische  Ingenieur  Beigrand,  der  wie  fast  alle  französi¬ 
schen  Ingenieure  sich  gegen  die  Aufnahme  der  Gasröhren  in  die 
Subways  ausspricht,  erwähnt,  dafs  in  der  Galerie  des  Martyrs,  einer 
alten  Anlage,  ein  Gasrohr  vorhanden  gewesen  sei,  dafs  dieses  aber 
später  aus  Besorgnifs  vor  Explosionen  fortgenommen  sei;  er  erwähnt 
ferner  der  bekannten  schweren  Explosion  an  dem  Pont  d’ Austerlitz. 
Doch  mufs  ich  hierbei  bemerken,  dafs  die  englischen  Ingenieure  nach 
eigenen  FTntersuchungeu  das  Zutreffende  dieses  Falls  als  eines  Be¬ 
weises  gegen  die  Subways  entschieden  bestreiten.  Aber  die  Ab¬ 
neigung  Belgrauds  gegen  Gasleitungen  in  den  Subways  ist  so  grofs, 
dafs  er  sich  die  Worte  eines  seiner  untergebenen  Ingenieure  aneignet: 
„the  day,  upon  which  these  pipes  are  placed  in  sewers,  I  shall  not 
go  into  them,  without  having  made  my  will  previously“. 

Die  explosible  Mischung  des  Gases  wird,  auch  wohl  nach  der 
Beschaffenheit  des  Gases,  verschieden  angegeben 

gleich  1  Theil  Gas  zu  6  bis  8  Theilen  Luft 
1  „  „  „  8  bis  9 

1  „  „  „  ^6  bis  15  „  „  ^ 

wobei  die  Mischung  1  :  12  die  gefährlichste  sein  soll.  Von  anderen 


Kr.  35. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


355 


werden  die  Mischungen  von  1  :  10  und'  1  :  8  bis  9  als  die  gefährlichsten 
bezeichnet.  Die  Mischung  ist  eine  mechanische  und  entsprechend 
dem  Mindergewicht  des  Gases  auch  eine  leichtere  als  diejenige  der 
atmosphärischen  Luft.  Eine  Erstickungsgefahr  liegt  nach  Frankland 
bei  einer  Mischung  von  1  :  14  bis  16,  ja  bei  1  :  20  vor. 

Die  Volumen-Veränderung  bei  der  Explosion  von  Gas  ist  eine 
erheblich  geringere  als  bei  Schiefspulver,  nämlich  1 : 5  gegen  1 : 480 
(nach  Dr.  Frankland). 

Der  wie  es  scheint  unvermeidliche  Gasverlust  (leakage)  in  den 
Röhrennetzen  der  Gasanstalten  wird  allseitig  zugegeben  und  auf  10 
bis  25  pCt.,  dann  auch  auf  12V2  pCt.  angegeben.  Das  Gas  entweicht 
vorzugsweise  durch  die  Muffenverbindungen,  aber  —  nach  Simpson 
and  Brothers  —  auch  „trough  the  substance  of  the  iron“ ! 

Es  sind  vorzugsweise  die  Temperatur-Unterschiede,  welche  bei 
eintretender  Kälte  die  Röhren  aus  den  Muffen  ziehen  und  Gasverluste 
erzeugen.  Nach  Messungen  von  Walker  sei  aber  der  Temperatur- 
Unterschied  in  einem  Subway  erheblich  geringer  als  aufserhalb;  bei 
50°  F.  äufserem  Tem¬ 
peratur-Unterschied  sei 
in  einem  Subway  nur 
ein  solcher  von  17°  fest¬ 
gestellt  worden,  während 
Hawksley  behauptet, 
dafs  die  Temperatur  in 
den  Subways  um  30° 
schwanke. 

Boulnois  theilt  mit, 
dafs  auf  eine  Rohrlänge 
von  9'  bei  einem  Tem¬ 
peratur-Unterschied  von 
30°  ein  Längenunter¬ 
schied  von  Vso"  eintrete, 
während  Barlow  bei  10° 

Temperatur  -  Aenderung 
einen  Längenunterschied 
von  4“  auf  die  englische 
Meile  angiebt. 

Von  den  Gegnern 
der  Subways  wird  nun 
in  Beziehung  auf  diese 
überhaupt,  und  nicht 
nur  in  Rücksicht  auf 
Gasleitungen,  besonders 
hervorgehoben : 

dafs  keine  natür¬ 
liche,  allenfalls  nur  eine 
künstliche  Ventilation 
imstande  sei,  die  Ge¬ 
fahr  der  Explosion  aus- 
zuschliefsen ,  dafs  die 
Ventilationsschächte  durch  Strafsenschmutz  in  den  Gittern  sich  ver¬ 
stopfen  würden ; 

dafs  Erstickungsgefahr  vorliege,  und  dafs  es  nicht  möglich  sein 
würde,  die  Arbeiter  in  die  Subways  hineinzubringen,  jedenfalls  nur 
gegen  erheblich  erhöhte  Löhne ; 

dafs  im  Falle  von  Ohnmächten  niemand  wagen  würde  hinein¬ 
zugehen,  um  die  Betroffenen  zu  retten,  und  dafs  Erstickung  und  Tod 
die  Folge  sein  würde; 

dafs  die  städtische  Verwaltung  ersatzpflichtig  gemacht  werden 
müfste,  wenn  sie  die  Gesellschaften  zwänge,  die  Röhren  in  die  Sub¬ 
ways  zu  legen;  Mr.  Innes  sagt:  „if  they  are  compelled  to  go  into  a 
dangerous  position,  they  ought  to  be  protected  from  the  consequences 
of  the  Position“; 

dafs  nur  bei  künstlichem  Licht  gearbeitet  werden  könne; 

dafs  baldigst  kein  Platz  mehr  in  den  Subways  sein  würde  für 
weitere  Versorgungsleitungen; 

dafs  man  keinen  Platz  habe  für  einen  Arbeitsweg  im  Innern  zum 
Transport  der  Röhren; 

dafs  es  schwer  halten  und  störend  sein  würde,  die  Röhren  durch 
Oeffnungen  in  den  Gewölben  in  die  Subways  zu  bringen; 

dafs  bei  einer  Explosion  auch  andere  Röhren  in  den  Subways 
(Wasserleitung  usw.)  zerstört  werden  und  dadurch  neue  Gefahren 
entstehen  würden; 

dafs  die  Muffen -Verbindungen  durch  die  Erschütterungen  der 
darübergehenden  Wagen  gelockert  werden  würden; 

dafs  die  Luft  der  Sewers  und  Gas  durch  die  Seiten- Gal erieen 
in  die  Kohlenkeller  und  durch  diese  in  die  Häuser  dringen  würde; 

dafs  die  Bleiröhren  im  Innern  der  Subways  durch  die  Arbeiter 
anderer  Gesellschaften  gestohlen  werden  würden; 

dafs  die  Sewers  Ueberschwemmungen  der  Subways  herbeiführen 
würden ; 


dafs  im  Falle  eines  Aufruhrs  in  den  Subways  Gasröhren  vom 
Pöbel  zerschlagen  werden  könnten,  und  dafs  dann  unabsehbare  Ge¬ 
fahren  eintreten  würden; 

dafs  bei  Tage  und  bei  Nacht  in  den  Subways  eine  stete  Aufsicht 
und  Ueberwachung  statthaben  müfste; 

dafs  endlich  aus  allen  diesen  Gründen  die  Anlage  von  Subways 
eine  überaus  theure  werden  würde,  und  dafs  das  Publicum  die  Kosten 
tragen  müfste. 

Hawksley  sagt;  „we  should  only  be  too  glad,  to  avail  ourselves 
of  these  advantages,  if  the  disadvantages  were  not  ten  times  greater 
than  the  advantages;  I  mean  ten  times  greater,  not  as  regards  simply 
the  Company,  but  as  regards  the  public“. 

Wenn  ich  von  allen  diesen  Behauptungen  das  Gegentheil  sagen 
wollte,  so  würde  das  etwa  der  Inhalt  von  dem  sein,  was  die  Freunde 
der  Subways  meinen.  Sie  betonen  besonders,  dafs  die  Rohre  in  den 
Subways  in  gutem  Anstrich  und  guter  Pflege  gehalten  werden  können, 
und  dafs  demgemäfs  das  Verrosten  derselben  thunlichst  verhütet  wird. 

Von  besonderem  In¬ 
teresse  möchten  noch 
einige  Versuche  sein,  die 
Dr.  Frankland  bei  dieser 
Gelegenheit  über  die  Ge¬ 
fährlichkeit  von  Gas¬ 
leitungen  in  Subways 
angestellt  hat.  ImSouth- 
wark  -  Street  -  Subway 
bohrte  er  in  das  Gasrohr, 
etwa  in  der  Mitte  zwi¬ 
schen  zwei  Ventilations¬ 
schächten,  ein  Loch  von 
5/8 "  Durchmesser.  Das 
Gas  entwich  während 
15  Minuten;  nach  je 
5  Minuten  wurde  der 
Procentsatz  des  Gases 
unter  dem  Gewölbe  und 
an  den  nächstgelegenen 
Ventilationsschächten 
gemessen;  derselbe 
schwankte  zwischen  1 
und  höchstenfalls  2'/2. 
Der  Gasdruck  im  Rohr 
war  ä/io".  Des  weiteren 
wurde  ein  Loch  von 
11/2  Zoll  Durchmesser  in 
das  Gasrohr  gebohrt. 
Das  Gas  strömte  15  Mi¬ 
nuten  lang  aus.  In¬ 
folge  stärkerer  Venti¬ 
lation  wurde  nur  1,9  pCt. 
Gas  in  der  Luftmischung  gemessen;  dann  wurde  das  Gas  ange¬ 
steckt,  welches  mit  einer  4 — 5  Fufs  langen  Flamme  brannte. 
Endlich  wurden  zwei  Oeffnungen  von  je  IV2''  Durchmesser  ge¬ 
macht  und  blieben  16  Minuten  offen.  Es  wurde  eine  3  procentige 
Mischung  beobachtet;  zu  einer  Explosion  würde  eine  mindestens 
6  procentige  gehören.  Frankland  schliefst  daraus,  dafs  die  Ventilation 
eine  vollkommene  sei,  dafs  in  dem  Mafse,  in  welchem  die  Gasaus¬ 
strömung  stattfinde,  der  Zug  sich  vermehre,  und  dafs  somit  eine  Ge¬ 
fahr  als  ausgeschlossen  zu  betrachten  sei. 

Nach  einigen  zunächst  vergeblichen  Anläufen  kam  nun  ein  Gesetz, 
the  Metropolitan-Subways  Act,  1868,  zu  Stande. 

Das  Gesetz  beschränkt  sich  auf  als  solche  bereits  genehmigte 
Subways,  welche  der  Board  of  Works  ausführt.  Nach  diesem  Gesetz 
werden  die  Gas-,  Wasser-  und  Telegraphen-Gesellschaften  gezwungen, 
die  Rohre  in  diese  Subways  zu  legen.  20  £  Strafe  werden  für  jeden 
Fall,  dafs  das  Pflaster  später  dort  aufgebrochen  wird,  festgesetzt;  wenn 
schon  in  die  Strafsendämme  verlegt  gewesene  Rohre  in  den  Sub¬ 
ways  placirt  werden,  so  geschieht  dies  auf  Kosten  des  Board,  der 
letztere  in  Ventilation  und  baulichen  Würden  zu  erhalten  hat.  Die 
einzelnen  Leitungen  in  den  Subways  haben  die  betreffenden  Gesell¬ 
schaften  zu  unterhalten  unter  Aufsicht  eines  Beamten  des  Board. 

Ein  späteres  Gesetz,  die  London  Subways  Act  1869,  sprach  den 
Zwang  zur  Einlegung  von  Leitungen  unter  fast  gleichen  Bedingungen 
für  einzelne  weiter  benannte  Strafsen  —  Holborn  Viaduct  —  und 
namentlich  einzelne  neue  Strafsen  aus. 

Zur  Zeit  liegt  dem  Parlament  zur  Berathung  ein  Gesetz,  The 
London  Subways  und  Overhead  wires  Act  1890,  vor.  Danach  soll 
der  London -County- Council  (eine  neue  Art  Provincialbehörde  an 
Stelle  des  Metropolitan  Board  of  Works)  berechtigt  sein,  nach  eigenem 
Ermessen  wo  und  wie  er  will  fortan  Subways  zu  bauen  und  zu  unter¬ 
halten.  Er  erhält  die  Enteignungsbefugnifs ;  die  Gesellschaften  haben 


Volks -Kaffee-  und  Speisehalle  am  America -Kai. 
Aus  „Hamburg  und  seine  Bauten“. 


356 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltimg. 


80.  Aiioiist  1800. 


auf  Erforderu  Auskunft  zu  geben  und  Zeichnung  ihrer  bestehenden 
Anlagen  einzureiclieu ;  die  Gesellschaften  müssen  mindestens  1  Monat 
vor  Beginn  von  neuen  Arbeiten 
in  den  Strafsen  den  Consens 
des  Council  eiuholen.  Wenn 
in  der  Strafse,  in  welcher  eine 
Leitung  gelegt  werden  soll,  ein 
Subway  ist,  hat  der  Couucil  das 
Eecht,  zu  verlangen,  dafs  die¬ 
selbe  in  den  Subway  gelegt 
werde;  dasselbe  gilt,  wenn  auch 
noch  kein  Subway  vorhanden, 
einen  solchen  aber  dort  in 
angemessener  Zeit  zu  bauen  be¬ 
schlossen  ist.  Der  Council  hat 
das  Recht,  zu  verlangen,  dafs, 
wenn  er  einen  Subway  baut,  die 
Gesellschaften  ihre  Leitungen 
aus  den  Strafsen  fortuehmen  und 
in  denselben  legen ;  der  Council 
hat  das  Recht,  eine  angemessene 
Abgabe  für  Benutzung  des  Sub¬ 
ways  von  den  Gesellschaften  zu 
verlangen;  der  Council  kann  ver¬ 
langen,  dafs,  wenn  er  einen 
neuen  Subway  baut,  die  Gesell¬ 
schaften  gegen  Entschädigung 
den  Bau  hindernde  Leitungen 
fortnehmen  müssen.  Nach  Er- 
lafs  dieses  Gesetzes  ist  es  ver¬ 
boten,  eine  oberirdische  Draht¬ 
leitung  ohne  besondere  Geneh¬ 
migung  des  Councils  auszuführen. 

Mir  scheint  der  wesentliche 
Inhalt  dieser  Gesetzvorlage  — 
abgesehen  von  polizeilichen  Ein¬ 
schränkungen  bei  oberirdischen 
Drahtleitungen,  die  sich  bei  uns 
von  selbst  verstehen  —  der  zu 
sein,  dafs  der  County  Council 
fortan  berechtigt  sein  soll,  Sub¬ 
ways  da  zu  bauen,  wo  er  es  für 
gut  hält,  und  ohne  dafs  jedes¬ 
mal  eine  besondere  Parlaments¬ 
acte  hierfür  erlassen  wird. 

Ich  möchte  nun  noch  in 
Bezug  auf  Paris  hinzufügeu,  dafs 


Alte  Speicher  am  Mattentwietejifleth. 
Aus  „Hambru’g  und  seine  Bauten“. 


planmäfsige  Subway-Anlage,  oder  dafs  die  Versorgungsrohre  in  die 
,.Egouts“  aufgenommen  wären.  Zunächst  steht  dem  doch  entgegen, 

dafs ,  wenn  die  Egouts  auch 
in  einzelnen  Strecken  ausreichend 
grofs  sind,  um  manche  Rohre 
aufnehmen  zu  können,  dies  doch 
bei  der  weitaus  gröfsten  Zahl 
von  Canälen  nicht  der  Fall  ist. 
Gasleitungen  in  die  Egouts  auf¬ 
zunehmen,  ist  aus  Besorgnifs 
vor  Erstickungen  und  Explosionen 
verboten.  Die  Poppsche  Druck- 
luttleituug  ist  in  Egouts  gelegt, 
—  wie  mau  mir  sagte,  zur 
Fnzufriedenheit  beider  Theile. 
Wasserleitungsröhren  liegen  zum 
Theil  in  Egouts,  zum  gröfseren 
Theile  im  Erdreich.  Die  elektri¬ 
schen  Beleuchtungskabel  liegen 
unter  dem  Bürgersteig.  M.  E. 
sind,  wenn  Subwa3"s  überhaupt 
erbaut  werden ,  Seitengalerieen, 
welche  die  Ilausleitungen  auf¬ 
nehmen,  eine  nothwendige  Folge, 
da  sonst  die  Wandungen  der 
.Subwa^'s  stets  durchbrochen  wer¬ 
den  und  die  Strafsen  dann  für 
diese  Querleitungen  doch  auf- 
gebrochen  werden  müfsten;  die 
Egouts  in  Paris  haben  nun  aber 
solche  Seitengalerieen  nicht  oder 
nur  zum  kleinsten  Theil.  Dafs  in 
den  Egouts  doch  eigentlich  nur  der 
Raum,  -welcher  bei  Regenflutheu 
wasserfrei  bleibt,  zur  Aufnahme 
von  Leitungsröhren  gebraucht  wer¬ 
den  kann  und  darf,  mufs  als  selbst¬ 
verständlich  vorausgesetzt  werden. 

Was  in  London  und  anderen 
englischen  Städten  mehr  als  in 
andern  Ländern  zur  Erbauung 
von  Subways,  wo  solche  ausführ¬ 
bar  wären,  drängt,  ist  der  Um¬ 
stand,  dafs  der  Raum  unter  den 
Bürgersteigen  zur  Unterbringung 
von  Versorgungsnetzen  nicht  zur 
Vei'fügung  steht,  da  hier  zu  den 


dort  nichts  weniger  vorhanden  ist  als,  wie  man  vielfach  glaubt,  eine 


einzelnen  Gebäuden  gehörige  Kohlenkeller  liegen. 

-  (Fortsetzung  folgt.) 


Hamburg  und 

Die  Hamburger  Festwoche  ist  vorüber,  und  die  deutschen  Bau¬ 
meister  kehren  heim  voll  Rühmens  über  die  glänzende  und  herz¬ 
liche  Aufnahme,  die  ihnen  an  den  Ufern  der  Binnenalster  wiederum 
geworden  ist.  Wiederum,  denn  noch  lebendig  in  aller  Gedächtnifs 
ist  jener  nicht  minder  gastliche  und  kameradschaftliche  Empfang, 
den  die  Hamburger  Fachgenossen  im  September  1868  der  15.  Ver¬ 
sammlung  deutscher  Architekten  und  Ingenieure  bereiteten.  Heut 
wie  damals  sind  es  aber  nicht  allein  die  in  froher  Geselligkeit  und 
unter  trefflicher  Führung  angenehm  verlebten  Stunden,  deren  Erinne¬ 
rung  die  Heimkehrendeu  erfüllt,  es  ist  ihnen  auch  wieder  ein  Zeichen 
der  Gastfreundschaft  geworden,  in  dessen  Besitz  sie  das  Erschaute 
und  Erlebte  schwarz  auf  weifs  nach  Hause  tragen  können.  Der 
Hamburger  Architekten-  und  Ingenieur -Verein  hat  es  sich  nicht 
nehmen  lassen,  im  Anschlufs  an  die  Festschrift  von  1868  «Hamburg, 
historisch -topographische  und  baugeschichtliche  Mittheiluugen“  und 
in  Fortführung  eines  schönen,  schon  seit  .Jahrzehnten  und  jüngst 
erst  in  Frankfurt  und  Köln  geübten  Brauches  den  diesmal  Ver¬ 
sammelten  ein  „Hamburg  und  seine  Bauten“  darzubieten,  welches 
nicht  nur  dem  Feste  besonderen  Gehalt  verliehen  hat,  sondern  auch, 
jedem  Besucher  Hamburgs  ein  sorgfältiger  Führer,  als  fachwissen- 
schaftliches  Sammelwerk  von  grofsem  und  dauerndem  Werthe  ist. 

Der  stattliche  Band*)  giebt  auf  730  Seiten  und  in  nicht  weniger 

■'■)  Hamburg  und  seine  Bauten,  unter  Berücksichtigung  der 
Nachbarstädte  Altona  und  Wandsbeck  zur  IX.  Wanderversammlung 
des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- Vereine  in 
Hamburg  vom  24.  bis  29.  August  1890  herausgegeben  vom  Architekten- 
und  Ingenieur-Verein  in  Hamburg.  Hamburg  1890.  Selbstverlag  des 
Vereins,  Commissionsverlag  von  Otto  Meifsner,  XXHI  u.  730  Seiten 
in  grofs  8“  mit  1377  Abbildungen. 


seine  Bauten. 

als  1377  Abbildungen,  von  denen  wir  einige  Proben  hier  beigeben, 
ein  umfassendes  Bild  des  gesamten  Hamburger  Bauwesens  von  einst 
und  jetzt.  Die  Unterzeichner  seines  Vorwortes,  die  Mitglieder  vom 
Buchausschusse  des  Hamburger  Vereins,  bedauern  zwar  launig  die 
Wohlbeleibtheit  ihres  Neugeborenen  im  Interesse  der  schaulustigen 
Wanderversammelteu;  aber  diese  können  sich  das  stattliche  Körper¬ 
gewicht  des  kleinen  Hamburgers  schon  gefallen  lassen,  denn  zu 
Führern  und  zu  Befriedigern  ihrer  Schaulust  und  ihres  Wissens¬ 
durstes  hatten  sie  die  wackeren  Erzeuger  selbst,  und  daheim  werden 
sie  und  alle  zu  Hause  Gebliebenen  bei  dem  Gewichte  des  Inhaltes 
das  Pfundgewicht  der  Festgabe  gern  in  Kauf  nehmen. 

Dieser  werthvolle  Inhalt  ist  in  drei  Hauptabschnitte  gegliedert. 
Der  erste  behandelt  als  Einleitung  die  Entstehung  Hamburgs  und 
seiner  Nachbarstadt  Altona  sowie  beider  bauliche  Entwicklung  von 
ihren  ersten  Anfängen  in  karolingischer  Zeit  bis  auf  unsere  Tage,  und 
giebt  weiter  eine  Reihe  statistischer  Uebersichten  über  Bevölkerungs¬ 
und  Wohnungsverhältnisse,  Warenverkehr  usw.  in  graphischen  Zu¬ 
sammenstellungen.  Sein  Verfasser  ist  Baupolizeiinspector  Bargum, 
eines  der  rührigsten  Mitglieder  des  Buchausschusses. 

Im  zweiten  Theil  werden  die  Bauten  für  öffentliche  Zwecke  be¬ 
sprochen.  Er  hat  34  LTnterabschnitte,  welche  theils  dem  Hochbau, 
theils  dem  Bauingenieurwesen  der  Schwesterstädte  gewidmet  sind. 
Nächst  den  Cultusanlagen  und  Gebäuden  für  Rechtspflege  werden 
Gesellschaftshäuser  und  Theater,  Militär-,  Stifts-  und  Verwaltungs¬ 
gebäude  aller  Art  vollständig  und  ausführlich  mitgetheilt.  Ein  be¬ 
sonderer  Abschnitt  handelt  von  dem  im  Bau  begriffenen,  bekannt¬ 
lich  von  neun  Hamburger  Architekten  gemeinsam  entworfenen 
Rathhause,  welches  allein  in  9  Abbildungen  dargestellt  ist.  Es 
folgen  Bade-  und  Waschanstalten,  Krankenhäuser  und  die  Ham- 


Elf.  85. 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


.357 


bürg  besonders  eigenthümlichen  Volks  -  Kaffee-  und  Speisehallen, 
deren  eine,  die  am  America-Kai,  wir  im  Bilde  geben;  dann  Sclilacht- 
und  Viehhöfe,  Feuerlöschwesen  sowie  öffentliche  Platz-  und  Garten¬ 
anlagen  mit  Denkmälern,  Brunnen  usw.  Hieran  schliefsen  sich  das 
Tiefbauwesen  der  Städte ,  die 
Strafsen-  und  Eisenbahnen,  der 
Wasserbau.  Einen  besonders  be- 
merkenswerthen  und  umfangreichen 
Abschnitt  bilden  naturgemäfs  die 
neuen  Zollanschlufsbauten,  denen 
sich  der  Seebau  und  die  Anlagen 
für  Wasserversorgung,  Entwässe¬ 
rung  und  Beleuchtung  der  Nach¬ 
barstädte  anreihen.  lieber  die 
Verfasser  dieses  bedeutendsten 
Theiles  erfahren  wir  wenig.  Die 
einzelnen  Abschnitte  sind  be¬ 
scheiden  tlich  nicht  unterzeichnet. 

Das  Vorwort  sagt,  dafs  die 
meisten  Capitel  des  zweiten 
Hauptabschnittes  „Bauten  für 
öffentliche  Zwecke“  von  einer 
grofsen  Anzahl  Vereinsmitglieder, 

Baubeamten  der  drei  techni¬ 
schen  Abtheilungen  des  öffent¬ 
lichen  Bauwesens  (der  Bau -De¬ 
putation)  —  Hochbau  unter  dem 
Baudirector  Zi mm  ermann,  In¬ 
genieurwesen  unter  dem  Ober¬ 
ingenieur  F.  Andreas  Meyer, 

Strom-  und  Hafenbau  unter  dem 
Wasserbaudirector  Nehls  —  ge¬ 
liefert  worden  seien.  Die  übri¬ 
gen  Capitel  seien  von  Mitgliedern 
des  Buchausschusses  mit  Hülfe 
solcher  Vereinsmitglieder  ver- 
fafst,  welche  in  den  betreffen¬ 
den  Zweigen  des  Bauwesens  be¬ 
sonders  gut  zu  Hause  sind.  Dies 
scheint  auch  von  dem  dritten 
Hauptabschnitte ,  den  „Privat¬ 
bauten“  zu  gelten,  unter  welcher 
Gesamtüberschrift  Stadt-  und  Land¬ 
häuser,  Wohn-  und  Geschäfts¬ 
gebäude  in  reicher  Zahl,  Ar¬ 


beiterwohnungen,  Versammlungs-  und  Wirthschaftsgebäude ,  Gast¬ 
höfe  und  gewerbliche  Anlagen  verschiedenster  Art  zusammenge- 
fafst  werden.  Die  Redaction  ist  durch  die  Vereinsmitglieder  Bargum, 
Kümmel,  F.  Andreas  Meyer  und  Vermehren  besorgt  worden, 

gewifs  eine  mühevolle,  mit  Schwie¬ 
rigkeiten  aller  erdenklichen  Art 
verknüpfte  Arbeit,  die  ihren 
Lohn  aber  in  dem  vorzüglichen 
Gelingen  des  Werkes  reichlich 
gefunden  hat.  Mit  derselben 
liebenswürdigen  Laune,  die  wir 
schon  oben  in  den  einleitenden 
Worten  fanden,  erklären  die 
Mitglieder  des  Buchausschusses, 
dafs  dem  Textsatze  das  Salz 
der  Fremdwörter  nicht  fehle, 
obwohl  es  augenblicklich  im 
Vaterlande  hoch  besteuert  werde; 
denn  als  alte  Hanseaten  hegten 
sie  den  Reichthum,  welchen 
fremde  Völker  ihrem  Hause 
zubringen,  und  tränken  selbst 
den  Wein  des  Franzmanns  gern. 
So  hübsch  das  klingt,  ganz 
vermögen  wir  uns  als  unver¬ 
besserliche  Anhänger  besagter 
Steuer  von  der  Beweiskraft  dieses 
Vergleiches  nicht  zu  überzeugen. 
Zu  unserem  Tröste  aber  ent¬ 
decken  wir ,  dafs  den  Herren 
Verfassern  doch  schon  so  man¬ 
cher  gute  deutsche  Ausdruck  da 
untergelaufen  ist,  wo  ihnen  sonst 
wohl  das  Fremdwort  geläufig  war. 
Wir  erblicken  darin  erfreut  ein 
wenn  auch  unscheinbares,  so  äufser- 
lich  sichtliches  Zeichen,  dafs  die 
Gesinnung,  in  der  das  Buch  ge¬ 
schrieben  und  gezeichnet  ist,  den 
Worten  entspricht,  die  die  Ein¬ 
leitung  braucht:  „von  Deutschen 
für  Deutsche“,  von  deutschen  Tech¬ 
nikern  für  alle  Fachgenossen  des 
weiten  deutschen  Vaterlandes. 

— d. 


Block  E  und  Zollcanal  bei  der  Brooksbrücke. 
Aus  „Hamburg  und  seine  Bauten“. 


Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Keuzeit. 

Vortrag,  gehalten  auf  der  IX.  Wanderversammlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- Vereine  in  Hamburg 

von  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  G.  Melirteiis.') 


Meine  Herren! 

W-enn  die  Bedeutung  einer  Brücke  allein  von  ihrer  Länge 
abhinge,  so  wäre  die  vor  etwa  100  Jahren  erbaute  steinerne 
Löwenbrücke  in  China,  die  eine  Bucht  des  gelben  Meeres  bei  der 
Stadt  Sangang  in  einer  Länge  von  7  km  überspannt,  und  die  von 
den  Chinesen  „ein  Wunder  der  Welt“  genannt  wird,  das  bedeutendste 
Brückenbauwerk  der  Jetztzeit.  Die  Bedeutung  einer  Brücke  wächst 
aber  nicht  mit  ihrer  Länge,  sondern  im  allgemeinen  mit  der  Weite 
der  Oeffnungen,  welche  sie  zwischen  zwei  von  ihren  Pfeilern  frei 
überspannt.  Aus  diesem  Grunde  war  von  jeher  das  Wachsen  der 
gebräuchlichen  Spannweite  ein  Zeichen  für  das  Fortschreiten  der 
Brückenbaukunst,  wie  das  auch  ganz  natürlich  ist.  Denn  in  dem 
Mafse,  wie  ira  Laufe  der  Jahrhunderte  durch  die  Ausbreitung  des 
Wissens  und  unter  der  Einwirkung  segensreicher  Erfindungen  der 
Techniker  die  Natur  und  ihre  Kräfte  bewältigen  und  beherrschen  ge¬ 
lernt  hat,  ist  ihm  'auch  der  Muth  und  das  Selbstgefühl  gewachsen, 
und  im  Bewufstsein  vermehrten  Könnens  hat  er  allmählich  an  immer 
gröfsere  und  schwierigere  Aufgaben  sich  herangewagt. 

Während  die  Spannweiten  der  steinernen  Brücken  zu  römi¬ 
schen  Zeiten  in  der  Regel  25  m  nicht  übersteigen,  erreichen  sie  im 
Mittelalter  etwa  50  m,  ein  Mafs,  das  in  der  Neuzeit  —  aber  nur  in 
seltenen  Fällen  —  bis  60  m  und  etwas  darüber  erhöht  worden  ist.^) 

1)  Mit  dem  Vortrage  verband  Herr  Mehrtens  eine  sehenswerthe 

Ausstellung  von  Lichtbildern  und  Sonderzeichnungen  der  bedeutend¬ 
sten  weitgespannten  eisernen  Brücken  der  Welt,  darunter  auch 
Lichtbilder  von  solchen  Brücken  geringerer  Weite,  welche  von  her¬ 
vorragender  geschichtlicher  Bedeutung  sind.  Die  Ausstellung  bildete 
eine  werthvolle  Ergänzung  des  Vortrags.  D.  Red. 

2)  Der  bekannte  Entwurf  des  französischen  Bauunternehmers 
Belin  (vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1885,  S.  519)  zur  Ueber- 


Eine  weitere  Steigerung  brachte  der  Bau  der  hölzernen  und 
gufseisernen  Brücken  gegen  Ende  des  vorigen  und  zu  Anfang 
des  gegenwärtigen  Jahrhunderts.  lieber  75  m  Weite  kam  man  aber 
dabei  in  der  Regel  nicht  hinaus,  obwohl  zu  damaliger  Zeit  ausnahms¬ 
weise  ein  paar  hölzerne  Brücken  mit  Weiten  von  über  100  m^)  ge¬ 
baut  worden  sind,  und  ferner  auch  die  Ausführung  mehrerer  gufs- 
eiserner  Bogenbrücken  mit  Spannweiten  von  120  bis  152  m,  nach  den 
Entwürfen  von  Thomas  Paine,  Telford,  Douglas  und  Rennie  in  ernst¬ 
licher  Erwägung  gestanden  hat. 

Die  Natur  hat  den  älteren  Baustoffen  eben  eine  Grenze  der 
Spannweite  gesetzt,  über  welche  hinaus  sie  im  Wettbewerb  mit  den 
Baustoffen  der  Neuzeit,  das  sind  Schweifseisen  und  Flufseisen, 
nicht  mehr  bestehen. 

Seit  der  Einführung  der  im  Puddelofen  bewirkten  Massen¬ 
darstellung  des  Schweifseisens  wurden  mit  diesem  ausgezeichneten 
Baustoffe  auf  allen  Gebieten  der  Technik  grofsartige  Erfolge  erzielt, 
denen  das  gegenwärtige  Jahrhundert  den  Beinamen  des  „eisernen“ 
verdankt.  Die  werdenden  Eisenbahnen  verschlangen  das  Puddeleisen 
in  riesigen  Mengen  für  Schienen,  Fahrmittel  und  Unterbau,  und 

brückung  des  Saone-Thales  durch  einen  riesigen  Steinbogen  von  über 
131  m  M^eite  dürfte  seine  Verwirklichung,  wenn  überhaupt,  so  doch 
erst  in  ferner  Zukunft  zu  suchen  haben. 

3)  Das  sind:  Eine  von  Grofs  in  Galizien  erbaute  Holzbrücke  von 
101  m  Spannweite;  die  im  Jahre  1778  von  Johann  Grubemann  er¬ 
richtete  Holzbrücke  über  die  Limmat  bei  Wettingen  in  der  Schweiz 
mit  einer  Spannweite  von  nahezu  119  m  (1799  durch  die  Franzosen 
verbrannt)  und  die  1812  von  Lewin  Wernwag  in  Holz  erbaute  sog. 
„Kolossusbrücke“  über  den  Schuylkill  in  Fairmount  bei  Philadelphia, 
welche  eine  lichte  Weite  von  104  m  besafs.  Die  letztgenannte  Brücke 
wurde  im  Jahre  1838  durch  Feuer  zerstört. 


358 


Centralblatt  der  Bauverwaltuiig. 


30.  August  1800. 


von  den  Bauwerken  des  Unterbaues  waren  es  vornehmlich  die  eisernen  fast  alle  aber  im  Laufe  der  Zeit  mindestens  namhafte  Verstärkungen 
Brücken ,  welche  die  vielseitige  Ausbildung  seiner  Formen  durch  den  erfahren  habend) 

I. 

Liste  der  weitgespannten  Brücken.  I.  (Jriippe.  1850 — 1800. 


Zeit 

der 

Erbauer 

Abmessungen 

Nr. 

Name  und  Lage  der  Brücke 

oder 

Entwurf- 

Verfasser 

Oeffnungen 

Lange 

m 

Erbauung 

Anzahl 

Weite 

m 

1. 

1846—50 

Britannia-  und  Conway-Brücken  der  Linie  Chester-Holyhead  .... 

E.  Stephenson  ' 

/  4 

1  1 

140 

122 

464 

129 

2. 

1851—55 

Draht-Eisenbahnbrücke  über  den  Niagara,  stromabwärts  belegen  .  .  . 

Eöbling 

1 

250 

— ■ 

3. 

1850-57 

Eisenbahnbrücke  über  die  Weichsel  bei  Dirschau . 

Lentze 

6 

121 

1  — 

4. 

1855-57 

Chelsea-Kettenbrücke  über  die  Themse  in  London.  1882  verstärkt  .  . 

Page 

1 

106 

1  — 

5. 

1854-59 

Saltash-Brücke  über  den  Tamar  bei  Plymouth,  Cornish-Eisenbahn  .  . 

Brunei 

2 

139 

667 

6. 

1854—59 

Victoria-Eisenbahnbrücke  über  den  St.  Lorenzstrom,  Montreal,  Canada 

Eofs  u.  a. 

1 

101 

2790 

7. 

1856-67 

Draht-Kabelbrücke  zwischen  Cincinnati  und  Covington  über  den  Ohio 

Eöbling 

1 

322 

'  — 

8. 

1858-60 

Draht-Kabelbrücke  über  den  Alleghany  bei  Pittsburgh . 

Derselbe 

2 

105 

— 

Walzvorgang  beförderten.  In  der  steten  Wechselwirkung  zwischen 
den  rasch  steigenden  Anforderungen  der  Eisenbahnen  an  die  Hütten¬ 
werke  und  den  infolge  dessen  herbeigeführten  Neuerungen  im  Eisen- 
hüttenweseu,  namentlich  bei  der  Darstellung  des  Flufsmetalls,  sind 
in  erster  Eeihe  die  Ursachen  jener  gewaltigen  Fortschritte  zu  suchen, 
in  welchen  der  Bau  in  Eisen,  und  besonders  der  vornehmste  Zweig 
desselben,  der  Brückenbau  in  Eisen,  in  der  Gegenwart  gipfelt. 

Als  zuverlässiger  Mafsstab  für  einen  Vergleich  der  Leistungen 
der  Gegenwart  mit  denjenigen  früherer  Jahrhunderte  kann  wiederum 
das  Wachsen  der  Spannweite  gelten.  Von  25  m  im  Alterthum,  50  m 
im  Mittelalter  und  75  m  zu  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts,  hat  es 
die  Brückentechnik  in  der  ersten  Hälfte  des  eisernen  Jahrhunderts 
auf  etwa  150  bis  200  m  freie  Weite  gebracht  und  in  den  40  Jahren, 
die  seitdem  verflossen  sind,  ist  es  ihr  —  zumeist  unter  der  Mithülfe 
des  Brücken-Baustoffs  der  nächsten  Zukunft,  des  Flufsmetalls  —  ge¬ 
lungen,  sogar  Weiten  von  über  200  m,  ausnahmsweise  sogar  von  über 
400  und  500  m,  in  einer  Oefthung  frei  zu  überspannen.  Wer  weifs, 
was  uns  danach  das  letzte  Jahrzehnt  unseres  Jahrhunderts  an  über¬ 
raschenden  weiteren  Steigerungen  der  Spannweite  noch  aufspart? 

Kein  Land  der  Erde  besitzt  mehr  weitgespannte  Brücken  als 
Nord-America.  Nach  einem  Vortrage  des  Ingenieurs  Cooper  in  einer 
vorjährigen  Versammlung  des  Vereins  americanischer  Ingenieure^) 
zählt  man  in  America  —  in  Längen  von  Kilometern  ausgedrückt, 
wobei  zweigeleisige  Ueberbauten  doppelt  gerechnet  sind  —  im  ganzen 
etwa  18  km  eingeleisige,  weitgespannte  Eisenbahnbrücken  mit  Weiten 
von  90  m  bis  über  150  m.  Darunter  sind  etwa  6  km  Brücken,  die 
Spannweiten  von  120  bis  150  m  aufzuweisen  haben,  und  4  km  mit 
Spannweiten  über  150  m.  Kechnet  man  dazu  die  weitgespannten 
Brücken  Europas  und  sonstiger  Länder,  so  ergiebt  das  eine  stattliche, 
für  den  Einzelnen  kaum  noch  übersehbare  Eeihe.  Es  wird  daher  für 
den  heutigen  Vortrag,  der  eine  Uebersicht  des  Gesamtgebietes  zu 
geben  bezweckt,  unter  hauptsächlicher  Berücksichtigung  der  eisernen 
Ueberbauten  —  dieser  dem  Sinne  und  dem  Wortlaute  nach  schwer¬ 
wiegendsten  Theile  einer  weitgespannten  eisernen  Brücke  —  eine 
strenge  Musterung  in  dieser  langen  Eeihe  vorzunehmen  sein,  um  alles 
auszuscheiden,  was  gegenwärtig  eine  eingehende  Beachtung  nicht 
mehr  verdient.  Bei  einer  derartigen  Sichtung  gelangt  man  wegen 
der  labyrinthischen  Vielheit  der  Systeme  und  Einzelformen  am  besten 
an  der  Hand  des  geschichtlichen  Fadens  zum  Ziel.  Auf  solchem 
Wege  ist  eine  Liste  entstanden,  welche  sich  jetzt  in  Ihren  Händen 
befindet.  Sie  ist  nach  der  Zeitfolge  der  Erbauung  der  Brücken  ge¬ 
ordnet,  und  es  sind  darin,  weil  doch  einmal  eine  bestimmte  Grenze 
gezogen  werden  mufste,  nur  solche  Brücken  als  „weitgespannt“  auf¬ 
genommen  worden,  welche  wenigstens  eine  Oefthung  von  mehr  als  100  m 
Lichtweite  überspannen.  Die  Liste  enthält  die  Namen  aller  be- 
merkenswerthen  weitgespannten  Strom-  und  Thalbrücken  der  Welt, 
die  in  den  letzten  4  Jahrzehnten,  von  1850 — 1890,  erbaut  worden 
sind,  in  4  Gruppen  geordnet,  von  denen  jede  den  Zeitraum  eines 
Jahrzehnts  umfafst,  und  die  hervorragendsten  Bauwerke  sind  darin 
durch  einfache  Abbildungen  in  ihren  Grundlinien  dargestellt. Die  in 
der  ersten  Hälfte  unseres  Jahrhunderts  entstandenen,  weitgespannten 
Brücken  wurden  ausgeschieden,  weil  es  ausnahmslos  Hängebrücken  ver¬ 
alteten  Systems  sind,  von  denen  manche  ihrer  unzureichenden  Ver¬ 
kehrssicherheit  wegen  inzwischen  bereits  abgetragen  werden  mufsten,*^) 


_  Transactions  of  the  American  Society  of  Civil  Engineers,  1889, 
Juliheft  S.  46. 

Eine  Wiedergabe  aller  Abbildungen  der  Liste  ist  Eaummangels 
halber  nicht  möglich.  D.  Eed. 


Die  Bauwerke  der  ersten  Gruppe  des  5.  Jahrzehnts  haben  fast  alle 
Namen  von  bedeutsamem  geschichtlichen  Klange.  An  der  Spitze  steht 
die  Britannia- Brücke.  Sie  und  die  gleichzeitig  errichtete  Conway- 
Brücke  sind  die  ersten  weitgespannten  Balkenbrücken  der 
Welt.  Ihre  Erbauung  bedeutete  einen  Wendepunkt  der  Brücken¬ 
baukunst  in  Eisen,  welcher  der  Technik  neue  Wege  gewiesen  hat. 
Er  verkündete  den  Anfang  der  Mitherrschaft  der  Balkenbrücken  auf 
einem  Felde,  wo  vordem  unbeschränkt  die  Hängebrücken  herrschten 
und  stellte  aufserdem  die  grofsen  Vorzüge  des  Schweifseisens  gegen¬ 
über  dem  damals  noch  sehr  beliebten  Gufseisen  als  Baustoff 
für  weitgespannte  Tragwerke  in  das  hellste  Licht.  Die  Bauart  des 
eisernen  Tragwerks  der  beiden  Brücken,  dessen  Gestalt,  als  ge¬ 
schlossene  Kastenträger,  ihnen  den  Namen  Eöhren-  oder  Tunnel¬ 
brücken  eingetragen  hat,  ist  in  gröfserem  Mafsstab  nur  noch 
einmal,  bei  der  Victoria -Brücke  in  Canada  (Zeitschr.  f.  Bauwesen 
1858,  S.  489)  wiederholt  worden.  Inzwischen  hatte  das  Beispiel 
des  Baues  der  Dirschauer  Weichsel  -  Brücke  und  der  Saltash- 
Brücke  mit  ihren  Vorläufern  die  Kunst  des  Eisenbaues  bereits 
wieder  in  neue,  verheifsungsvolle  Bahnen  gelenkt.  Dieser  Umstand 
nimmt  aber  den  eigenartigen  Schöpfungen  Stephensons  nichts 
von  ihrem  grofsen  Werthe.  Sie  bleiben  für  immer  weithin  leuch¬ 
tende  Marksteine  in  der  Geschichte  des  Brückenbaues,  an  wel¬ 
chen  ich  ohne  Hinweis  auf  ihre  Bedeutung  auch  bei  der  heutigen 
Gelegenheit  nicht  vorüber  gehen  mochte. 

Der  Bau  der  Eisenbahnbrücken  über  die  Weichsel  bei  Dirschau 
und  über  den  Tamar  bei  Saltash  waren  die  nächsten  Aufsehen  er¬ 
regenden  Ereignisse  in  der  Eisenbahn-  und  Brückenbauwelt.  Beide 
Brücken  hatten  bekanntlich  ihre  Vorläufer  kleinerer  Spannweite,  von 
denen  diejenigen  der  Weichsel-Brücke  eine  Nachbildung  der  ameri- 
canischen  Lattenbrücken  von  Town  sind  und  diejenigen  der  Saltash- 
Brücke  die  Grundanordnung  der  Lavesschen  verstärkten  Balken 
nachahmen.  Die  Parallelträger  der  AVeichsel- Brücke  (Zeitschrift 
für  Bauwesen  1855,  Seite  445)  zeigen  in  der  Gliederung  ihrer 
Tragwände  bemerkenswerthe  Fortschritte  gegenüber  den  damaligen 
Gitterbrücken  mit  unversteifter  Wand  und  durchweg  gleich  starken 
Gurtungen  und  Gitterstäben.  Die  Stärke  ihrer  offenen  zellenartigen 
Gurte,  sowie  auch  die  Abmessungen  der  Gitterstäbe  sind  den  be¬ 
treffenden  Spannungen  angepafst  worden.  Auch  wurde  die  Gitter¬ 
wand  durch  Winkeleisen-Ständer  versteift,  und  zwar,  im  Hinblick 
auf  die  Veränderlichkeit  der  Querkraft,  derart,  dafs  die  Ständer  in 
der  Nähe  der  Lager  dichter  stehen  als  in  der  Trägermitte. 

Bei  der  Saltash-Brücke  kamen  zum  ersten  Male  Träger  mit  ge¬ 
krümmtem  Obergurt  und  Untergurt  zur  Anwendung,  während  bei 
ihren  Vorläufern,  unter  denen  die  Brücke  über  den  Weye  bei 
Chepstow  (Zeitschr.  f.  Bauwesen  1852,  S.  143  und  1861,  S.  111)  als  die 
bedeutendste  hervorgehoben  zu  werden  verdient,  der  Untergurt  noch 
gerade  geblieben  war.  Die  Gestalt  der  Saltash-Brücke  (Zeitschr.  f.  Bau- 


Darunter  die  älteste  Kettenbrüeke  Londons,  die  1823 — 27  von 
Clark  erbaute  Hammersmith -Brücke  über  die  Themse  (Zeitsch.  f. 
Bauwesen  1856,  S.  167  u  1859,  S.  406;  Centralbl.  d.  Bauverw.  1882, 
S.  312)  und  auch  die  erste  Drahtbrücke  John  Eöblings,  die  1845 
eröffnete  Strafsenbrücke  über  den  Monongahela  bei  Pittsburgh 
(Zeitsch.  f.  Bauwesen  1862,  S.  373;  Centralbl.  d.  Bauverw.  1885, 
S.  394). 

’*)  Unter  andern  hat  dies  geschehen  müssen  bei  der  Verankerung 
und  dem  Tragwerk  der  in  den  Jahren  1833 — 35  von  Chaley  erbauten 
Drahtbrücke  über  die  Saane  bei  Freiburg  in  der  Schweiz,  wegen 
ihrer  265  m  weitgespannten  Mittelöffnung  als  gröfste  Drahtkabel¬ 
brücke  Europas  bekannt  und  berühmt 


air.  35. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung^. 


359 


I 


I 

I 

I 


1 

i 

1 


I 


I 


i 

I 


wesen  1861,  S.  111)  ist  grundverschieden  von  derjenigen  der  Weichsel- 
Brücke.  Weitmaschiges  Felderwerk  aus  steifen  Gufseisenständern 
und  dazwischen  sich  kreuzenden  Flacheisenbändern  spannt  sich  in 
kühner  Weise  zwischen  dem  röhrenförmigen,  gufseisernen  Obergurt 
elliptischen  Querschnitts  und  den  beiden  unteren  Ketten,  welche  die 
Fahrbahn  tragen  und  dazu  dienen,  den  Schub  des  Obergurtbogens 
aufzuheben. 

Wie  die  Britannia-Brücke,  so  stehen  auch  die  Weichsel-  und  Saltash- 
Brücke  einzig  in  ihrer  Art  als  denkwürdige  Wahrzeichen  auf  der 
Wende  der  älteren  und  neueren  Zeit.  Rechnet  man  zu  den  durch  sie 
und  ihre  Vorläufer  verkörperten  Brückensystemen  noch  das  von  Neville 
im  Jahre  1846  eingeführte  und  1849  von  Warren  verbesserte  System 
des  einmaschigen,  statisch  bestimmten  Netzwerks,  so  hat 
man  damit  alle  Grundformen  der  Brückenträger  zusammen,  aus 
denen  in  den  letzten  Jahrzehnten  Erfahrung  und  Wissenschaft 
das  heutige  theoretisch  -  praktische  Gebäude  der  Brückenbaukunst 
in  Eisen  errichtet 
haben.  In  Eng¬ 
land,  dem  Geburts¬ 
lande  der  eisernen 
Brücken,  waren  da¬ 
zu  vor  Zeiten  von 
praktischen  Män¬ 
nern  die  ersten 
Grundsteine  gelegt 
worden.  Aber  deut¬ 
schen  Männern  vor 
allen  —  wie  Henz, 

Mohnie,  Harcwich,  Culmann,  Schwedler,  Winkler  u.  a.  —  ge¬ 
bührt  in  erster  Linie  das  Verdienst,  durch  Erweiterung  und  Ver¬ 
tiefung  der  theoretischen  Grundlagen  das  Gebäude  gesichert  und  an 
seinem  Aufbau  in  thatkräftiger,  zielbewufster  Weise  mitgewirkt  zu 
haben. 

Das  5.  Jahrzehnt,  so  fruchtbringend  und  bahnbrechend  es  dem¬ 
nach  für  den  Brückenbau  gewesen  war,  sollte  nicht  zu  Ende  gehen, 
ohne  auch  auf  dem  verwandten  Gebiete  des  Eisenhüttenwesens 
Neuerungen  zu  bringen,  und  zwar  Neuerungen  so  überraschender 
Art  und  von  so  weittragender  Bedeutung,  dafs  selbst  die  namhaften 
Erfolge  im  Brückenbau  dadurch  in  den  Schatten  gestellt  wurden. 
Das  vollbrachte  die  weltbewegende  Erfindung  Bessemers.  Bereits 
im  Beginn  des  6.  Jahrzehnts  machte  sie  ihren  Siegeslauf  durch  alle 
eisenerzeugenden  Länder  der  Erde,  und  mit  ihr  bahnte  sich  die 
Massendarstellung  des  Flufsmetalls  an,  das  man  bis  dahin  nur  im 
Tiegel  erhielt. 

Es  war  natürlich,  dafs  auch  die  Brückentechnik  das  neue  Flufs- 
metall  bald  zu  verwerthen  suchte.  Dies  geschah,  soweit  bekannt,  zum 
ersten  Male  im  Jahre  1866  durch  Harkort  beim  Bau  der  weit¬ 
gespannten  Brücken  der  holländischen  Staatsbahnen,  von  denen 
die  beiden  bedeutendsten  —  die  Brücke  bei  Kuilenburg,  seinerzeit 
die  weitgespannteste  Balkenbrücke  der  Welt,  und  die  Waal-Brücke 
bei  Nymwegen  —  in  der  Liste  verzeichnet  stehen. 


folgenreich  gewesen,  als  sie,  namentlich  auf  dem  europäischen  Fest¬ 
lande,  gegen  das  Flufsmetall  auf  längere  Zeit  hinaus  ein  Mifstrauen 
erweckt  haben,  welches  ungerechtfertigterweise  auch  noch  andauerte, 
als  neuere  und  besser  geeignete  Flufsmetall-Sorten  auf  den  Markt 
gelangten. 

Die  holländischen  Brücken  sind  auch  deshalb  noch  bemerkenswerth, 
weil  die  Umrisse  ihrer  Träger  zum  ersten  Male  die  Halbparabel- 
Gestalt  in  gröfserem  Mafsstabe  zum  Ausdruck  bringen.  Aufser  dieser 
späterhin  sehr  in  Aufnahme  gekommenen  Form  erscheinen  unter  den 
Balkenbrücken  des  6.  Jahrzehnts  noch  3  andere  bekannte  Träger¬ 
formen:  Pauliträger  (Rheinbrücke  bei  Mainz),  Parallelträger  (Rhein¬ 
brücke  bei  Griethausen)  und  Warren -Träger  (Ohio -Fall -Brücke). 
Das  System  Pauli  ist  für  weitgespannte  Brücken  in  neuster  Zeit 
beim  Bau  der  Strafsenbrücke  über  den  Monongahela  bei  Pittsburg 
noch  einmal  in  Anwendung  gekommen.  Die  Parallelträger  der  Eisen¬ 
bahnbrücke  über  den  alten  Rhein  bei  Griethausen  zeigen  zum  ersten 

Male  eine  auf  die 
Mohniösche  Trä¬ 
geranordnung  vom 
J  ahre  1858  fufsende 
wesentliche  Ver¬ 
besserung  des  Sy¬ 
stems  der  eng¬ 
maschigen  Gitter¬ 
brücken.  Die  Git¬ 
terstäbeliegen  näm¬ 
lich  (Abb.  1)  nur 
noch  im  mittleren 
Theile  der  Trägerwand,  wo  Wechsel  von  Zug-  und  Druck¬ 
spannungen  herrscht,  kreuzweise  übereinander;  in  den  übrigen 
Wan dth eilen  fallen  sie  nur  nach  einer  Richtung  und  haben  nur 
Zugspannungen  zu  erleiden.  Aufserdem  bilden  Ständer  und  Schräg¬ 
streben  zusammen  ein  sogenanntes  dreifaches  weitmaschiges 
System  in  einer  Gruppirung,  wie  es  ähnlich  auch  bei  den  vor¬ 
genannten  holländischen  Brücken  und  auch  bei  der  König-Wilhelm- 
Rheinbrücke  (Zeitschr.  f.  Bauwesen  1872,  S.  238)  verwendet  worden 
ist,  jedoch  —  um  Unklarheiten  in  der  Beanspruchung  der  Stäbe 
zu  umgehen  —  unter  Weglassung  der  Vernietung  der  Stäbe  unter 
sich.  —  Die  Warren-Träger  der  Finkschen  sogenannten  „Ohio- 
Fall-Brücke“  bei  Louisville,  der  ersten  weitgespannten  americanischen 
Balkenbrücke,  zeigen  zusammengesetztes  System  mit  Gelenk-Knoten¬ 
punkten.  Ferner  besitzen  sie  durchgehenden  gufseisernen  Röhren- 
Obergurt,  schmiedeeisernen  Streifen  -  Untergurt,  an  welchem  die 
Fahrbahn  hängt,  und  schmiedeeiserne  Zug-  und  Druckglieder 
der  Wand,  letztere  als  sogenannte  Phönix- Säulen  aus  Segmenteisen 
genietet. 

Zwischen  den  vorgenannten  weitgespannten  Balkenbrücken  des 
5.  und  6.  Jahrzehnts  hat  man  natürlich  noch  eine  grofse  Zahl  von 
Brücken  geringerer  Weite  einzuschalten,  um  die  Kette  der  geschicht¬ 
lichen  Entwicklungsstufen  geschlossen  zu  erhalten.  Sie  alle  hier 
gebührend  zu  verzeichnen,  ist  unmöglich;*)  die  weit  verbreiteten,  be. 


Liste  der  weitgespaimten  Brücken.  II.  Gruppe.  1860 — 1870. 


Zeit 

der 

Erbauer 

Abmessungen 

Nr. 

Name  und  Lage  der  Brücke 

odei- 

P.rttwnrf- 

Oeffnungen 

Länge 

Erbauung 

Anzahl 

Verfasser 

Weite 

m 

m 

9. 

1860—62 

Eisenbahnbrücke  der  Hessischen  Ludwigsbahn  über  den  Rhein  bei  Mainz^ 
Clifton-Kettenbrücke  bei  Bristol  über  den  Avon^®’) . 

1 

Gerber,  Pauli, 
Werder 

1  ^ 

105 

'  — 

10. 

1862-64 

Brunei 

1 

214 

. — 

11. 

1863-64 

Eisenbahnbrücke  über  den  alten  Rhein  bei  Griethausen,  Linie  Cleve- 

Zevenaar  . 

i  Hartwich 

1 

100 

— 

12. 

1867—68 

Eisenbahnbrücke  über  den  Leck  bei  Kuilenburg,  LinieUtrecht-Kuilenburg 

jvanDiesen, Harkort 

1 

150 

704 

13. 

1867—68 

Franz-Josephs-Kettenbrücke  über  die  Moldau  in  Prag . 

Ordish-Lefeuvre 

1 

147 

— 

14. 

1865-69 

Waal-Brücke  bei  Nymwegen  der  Holländischen  Staatsbahn . 

i  van  Diesen,  Union 

3 

120 

615 

15. 

1867—69 

Draht-Kabelbrücke  über  den  Niagara  bei  Cliftonhouse . 

Keefer 

1 

387 

— 

16. 

1868-70 

Eisenbahnbrücke  über  den  Ohio  bei  Louisville,  genannt  „Ohio  Falls-\ 
Bridge“ . f 

Pettit,  Pink 

/  1 
\  1 

122 

113 

}  1615 

17. 

1868—70 

König-Wilhelms-Eisenbahnbrücke  über  den  Rhein  bei  Hamm  .... 

Pichier,  Harkort 

4 

104 

— 

Die  holländischen  Versuche  beschränkten  sich  darauf,  das 
Bessemermetall,  welches  anfangs  von  England  und  später  vom 
Hörder-Werk  bezogen  wurde,  zu  den  Fahrbahnträgern  zu  verwenden 
und  mifslangen  bekanntlich  deshalb,  weil  das  harte  Bessemermetall, 
seiner  Ungleichmäfsigkeit  und  Sprödigkeit  wegen,  überhaupt  ein 
wenig  geeigneter  Brückenbaustoff  ist.  Die  Versuche  sind  nur  insofern 

'‘^)  1840  nach  Bruneis  Entwurf  angefangen.  1862 — 64  mit  den 
Ketten  der  abgetragenen  Hungerford-  (Charing- Cross-)  Brücke  in 
London  durch  Hawkshaw  vollendet. 


rühmten  Constructionen  Schwedlers  und  die  bekannten  Schwedler- 
Träger  —  1863  mit  dem  Bau  der  Weser-Brücke  bei  Corvey  (Zeitschr. 


*)  Es  sind  zu  nennen  im  5.  Jahrzehnt:  Die  Trent-Brücke  bei 
Newark  (1851  —  Zeitschr.  f.  Bauwesen  1857,  S.  220)  und  die  Crumlin- 
Thalbrücke  (1853),  beide  nach  dem  System  Neville -Warren  erbaut, 
von  denen  die  erstgenannte  in  letzter  Zeit  durch  eine  neue  Brücke  er¬ 
setzt  wurde ;  ferner  Rupperts  Gitterbrücken  über  die  Kinzig  (1853)  und 
über  die  Gran  und  Eipel  (1858  —  Zeitschr.  f.  Bauwesen  1858,  S.  630); 
die  von  Lohse  erbaute  Gitterbrücke  über  den  Rhein  bei  Köln 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


m.  August  1890. 


f.  Bauwesen  1867,  S.  181)  beginnend  —  nehmen  darunter  den  ersten 
Bang  ein. 

W enn  man  die  ergänzte  und  geschlossene  Reilie  der  eisernen 
Balkenbrücken  rückblickend  nochmals  überschaut,  so  erkennt 
man,  wie  die  älteren  Blech-  und  Kastenträger  Schritt  für  Schritt 
in  den  heutigen  Träger  mit  regelrecht  gegliederter  Wand  umge¬ 
wandelt  wurden,  in  welchem  jedes  Glied  der  Gröfse  und  Eich- 
tung  seiner  Beanspruchung  gemäfs  ausgebildet  und  angeschlossen 
ist.  Die  Umwandlung  erfolgte  bei  wachsender  theoretischer  Er- 
kenntnifs  und  durch. das  Hand  in  Hand  damit  gehende  Streben,  die 
Trägergestalt  in  ihren  Grundlinien  und  durch  klare  Anordnung 
aller  Theile  den  theoretischen  Bedingungen  unter  sparsamer  Ver¬ 
wendung  des  Eisens  anzupassen.  Während  .auf  solchem  Wege 
aus  den  Formen  der  geschlossenen  Kasten-,  Eöhren-  und  Zellen¬ 
gurte  der  älteren  Brücken  .allmählich  die  neueren  Gurtquerschnitte 
in  Gestalt  eines  Kreuzes,  eines  einfachen  und  doppelten  Tj  eines  H 


(1859  —  Zeitschr.  f.  Bauwesen  1863,  S.  176)  und  die  Flackensee- 
Brücke  bei  Erkner  (1857  —  Zeitschr.  f.  Bsiuwesen  18.59,  S.  37).  Aus 
dem  6.  Jahrzehnt:  die  Saane- Thalbrücke  (1857  bis  1862  —  Zeitschr.  f. 
Baixwesen  1863,  S.  169),  die  Blackfriars  -  Brücke  in  London,  die 
Donau-Brücke  bei  Stadlau  in  Wien  (1870).  Auch  die  bekannten 
Entwürfe  Eupperts  für  eine  weitgespannte  Brücke  über  den  Bosporus 
(gröfste  Spannweite  205  m),  sowie  zu  einer  Schluchtbrücke  von  253  m 
Weite,  mit  denen  er  im  Jahre  1864  an  die  Oeft’entlichkeit  trat,  sind 
an  dieser  Stelle  einzureihen. 


usw.  sich  entwickelten,  kam  das  Gufseisen,  beschleunigt  durch  die 
Schreckenseindrücke  zahlreicher,  infolge  der  Schäden  von  Gufseisen- 
theilen  herbeigeführten  Brückeneinstürzej  auf  dem  Gebiete  des  euro¬ 
päischen  Brückenbaues  gänzlich  in  Verruf.  Nebenher  wurden  auch 
die  Formen  der  älteren  Ketten-,  Band-  und  Streifen-Gurte  mehr  und 
mehr  verlassen  und  die  Querschnitte  im  Ober-  und  Untergurt  gleich¬ 
artig  angeordnet. 

Alle  diese  Fortschritte,  zu  denen  noch  die  bessere  knickfeste 
Ausbildung  der  Querschnitte  der  Wandglieder,  sowie  die  sachgemäfsere 
Anordnung  der  Fahrbahnen  und  Querverbände  sich  gesellten,  ver¬ 
mehrten  das  Ansehen  und  die  Zahl  der  Balkenbrücken  zusehends, 
und  infolge  dessen  trat  die  neue  Brückenart  mit  den  damaligen 
Hängebrücken  sofort  in  erfolgreichen  Wettbewerb.  Das  erkennt  man 
aus  der  Zusammensetzung  der  Liste,  in  welcher  schon  vom  6.  Jahr¬ 
zehnt  ab  das  Verhältnifs  der  Zahl  der  Balkenbrücken  zu  den 
Hängebrücken  so  stark  wächst,  dafs  im  8.  Jahrzehnt  neben  etwa 
30  Balken-  und  Bogenbrücken  nur  zwei  weitgespannte  Hängebrücken 
zu  verzeichnen  bleiben.  Dabei  fällt  gegen  die  Hängebrücken  noch 
ins  Gewicht,  dafs  die  18.55  von  Eöbling  erbaute  Drahtbrücke  über 
den  Niagara  zur  Zeit  noch  die  einzige  Hängebrücke  ist,  welche 
auch  dem  Eisenbahnverkehr  dient.  Eine  zweite  Brücke  dieser  Art, 
die  im  Jahre  1860  nach  dem  Entwürfe  von  Schnirch  enlchtete  Ketten¬ 
brücke  der  Wiener  Verbindungsbahn  über  den  Donau-Canal  (Central¬ 
blatt  d.  Bauverw.  1884,  S.  103),  hat  bekanntlich  wegen  unzureichender 
Tragfähigkeit  inzwischen  abgetragen  werden  müssen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Die  Renaissance  in  Belgien  und  Holland. 


Franz  Ewerbecks  grofses  Werk  „die  Eenaissance  in  Belgien 
und  Holland"*) **)  ist  in  den  letzten  Monaten  des  vorigen  Jahres,  kurz 
nach  dem  Tode  des  verdienstvollen  Verfassers,  zum  Abschlufs  ge¬ 
langt.  Bei  der  gesamten  Fachwelt  hat  es  vom  Beginn  seines  Er¬ 
scheinens  an  eine  überaus  warme  Aufnahme  gefunden  xmd  alsbald 
für  Forscher  und  Künstler  eine  ganz  hervorragende  Bedeutung  ge¬ 
wonnen.  Die  Ursachen  dieses  ungewöhnlichen  Erfolges  sind  ver¬ 
schiedener  Art.  Zunächst  war  der  Zeitpunkt  für  das  Erscheinen 
eines  solchen  Werkes  ein  sehr  günstiger.  In  Belgien  war,  getragen 
durch  mehrere  namhafte  Architekten,  unter  denen  der  Name 
J.  J.  Winders  in  Antwerpen  an  erster  Stelle  zu  nennen  ist,  seit 
etwa  zwölf  Jahren  ein  kräftiges  Streben  aufgekommen,  sich  vom 
modernen  fr.anzösischen  Einflüsse  frei  zu  machen  und  zur  alten 
vlämischen  Kunstweise  zurückzukehren;  ungefähr  seit  derselben  Zeit 
sehen  wir  auch  in  Holl.and  Architekten  und  Kunstfreunde  für  die 
Wiederbelebung  der  nationalen  Bauweise  thätig.  Auch  in  Deutsch¬ 
land,  wo  mit  der  gesteigerten  Pflege  der  alten,  einheimischen  Kunst 
die  Entstehung  einer  umfassenden  Litteratur  über  die  Denkmäler 
des  engeren  deutschen  Gebietes  Hand  in  Hand  gegangen  war,  er¬ 
freute  sich  die  niederländische  Kunst,  welche  dereinst  auf  die  Bauart 
der  norddeutschen  Tiefebene  einen  so  befruchtenden  Einflufs  geübt 
hatte,  eines  wachsenden  Interesses.  Diesen  Bestrebungen  hatten  die 
bisherigen  Werke  über  die  Baudenkmäler  der  Niederlande  nur  theil- 
weise  genügende  Nahrung  geboten.  Selbst  das  grofs  angelegte 
Sammelwerk  von  van  Ysendyck,  welches  allerdings  eine  Fülle  von 
Belehrung  und  Anregung  bietet,  kommt  dem  Bedürfnifs  des  schaffen¬ 
den  Künstlers  nicht  in  genügendem  Mafse  entgegen,  da  es  zu  wenig 
Einzelheiten  und  keine  genauen  Aufmessungen  enthält.  Andere  minder 
umfassende  Arbeiten,  wie  die  „Versameling  van  Oudheiden  der 
nationaalen  Kunst“  von  Colinet  ixnd  Lorang  oder  das  Buch  des 
Franzosen  Havard  sind  noch  weit  weniger  zur  praktischen  Ver- 
werthung  geeignet,  da  sie  theils  mangelhaft  in  der  zeichnerischen 
Darstellung  sind,  theils  überwiegend  geschichtliches  Gepräge  tragen. 
Diese  Lücke  wurde  durch  das  Ewerbecksche  Werk  in  der  denkbar 
glücklichsten  Weise  ausgefüllt.  Mit  klarem  Blick  verfolgte  der  Ver¬ 
fasser,  welcher  schon  seit  mehr  als  zwanzig  Jahren  für  die  Denk¬ 
mäler  der  vlämischen  Kunst  eine  warme  Vorliebe  gefafst  hatte,  und 
sich  besonders  seit  einer  Studienreise  nach  Danzig  und  Lübeck  mit 
der  Absicht  trug,  dieselben  an  der  Quelle  gründlich  zu  erforschen, 
den  Plan,  in  seinem  Werk  eine  Uebersicht  über  die  hervorragendsten 
Schöpfungen  der  niederländischen  Kunst  vom  Verfall  der  Gothik  bis 
zum  Uebergang  in  den  Barockstil  zu  geben  und  hierbei  vor  allen 
Dingen  durch  genaue  Aufnahmen  ausgewählter  Denkmäler  der 
Architektur  und  des  Kunstgewerbes  den  ganzen  Eeichthum  ihrer 
Formensprache  mit  ihren  Wandlungen  während  der  verschiedenen 
Epochen  der  Eenaissance  in  klaren  und  für  die  praktische  Verwen- 


*)  Ewerbeck,  Franz.  Die  Eenaissance  in  Belgien  und 

Holland.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  von  Albert  Neumeister, 
Henri  Leeuw  und  Emile  Mouris.  4  Bände  mit  384  Tafeln  grofs  Folio. 
Leipzig.  E.  A.  Seemann.  Preis  geb.  144  Mark. 


düng  tauglichen  Darstellungen  zur  Anschauung  zu  bringen.  Mit  der 
ihm  eigenen  Unermüdlichkeit  hat  Ewerbeck  mehr  als  sechs  Jahre  an 
der  Bewältigung  des  ungeheuren  Stoffes  gearbeitet,  ganz  Belgien  und 
Holland  bereist,  alle  Sammlungen,  öffentliche  und  private  Bauwerke 
durchforscht  und  keine  Mühe  gescheut,  sich  der  Unterstützung  von 
Behörden  und  Privatpersonen  zu  versichern,  wo  dieselbe  irgendwie 
seinem  Unternehmen  förderlich  sein  konnte.  Die  ausgesprochene 
Absicht,  für  den  Künstler  und  Praktiker  zu  arbeiten,  gab  ihm  hier¬ 
bei  die  Möglichkeit,  alle  jene  für  den  Kunstgeschichtsforseher  frei¬ 
lich  oft  sehr  werthvollen  Denkmäler,  in  welchen  die  Stilrichtung 
noch  nicht  zum  charakteristischen  Ausdruck  gelangt  ist,  von  der 
Verwendung  auszuschliefsen  und  sich  nur  auf  die  hervorragendsten 
Beispiele  zu  beschränken.  Hierbei  erleichterte  die  zwanglose  Form 
des  Werkes  ein  gleichzeitiges  Eingehen  auf  alle  Zweige  monumen¬ 
taler  und  decorativer  Kunst. 

Der  Absicht  des  Werkes  entsprechend  nimmt  die  eigentliche 
Monumentalarchitektur  in  demselben  einen  verhältnifsmäfsig  be¬ 
scheidenen  Platz  ein.  Denn  gerade  bei  den  ohnehin  seltenen  gröfseren 
öffentlichen  Bauten  jener  durch  Krieg  und  Wirren  beständig  be¬ 
unruhigten  Zeiten  finden  wir  am  wenigsten  das  Gepräge  eines  reinen 
Stiles.  Fremde  Einflüsse  aller  Art  üben  unausgesetzt  ihre  Herrschaft 
und  hemmen  eine  ruhige  nationale  Entwicklung.  Dazu  kommt  die 
bis  zur  Mitte  des  sechzehnten  Jahrhunderts  (vergl.  Eathhaus  in 
Audenarde  u.  a.)  mit  merkwürdiger  Zähigkeit  behauptete  Herrschaft 
einer  späten,  phantastischen  Gothik.  Zwar  wird  dieselbe  stellenweise, 
wie  schon  1517  im  Tribunal  von  Mecheln  und  20  Jahre  später  an 
der  Südfront  des  ehemaligen  Eathhauses  in  Utrecht,  durch  französi¬ 
schen  und  italienischen  Einflufs  zurückgedrängt,  aber  erst  in  den 
sechziger  Jahren  entsteht  der  erste  selbständige  grofse  Bau  der 
holländischen  Frührenaissance,  das  Stadthaus  im  Haag,  und  gleich¬ 
zeitig,  ein  Compromifs  zwischen  vlämischer  und  italienischer  Stilrich¬ 
tung,  der  bedeutende  Eathhausbau  in  Antwerpen.  Noch  am  Eingang 
des  siebzehnten  Jahrhunderts  zeigen  dagegen  wieder  die  Eathhäuser 
in  Ypern  und  Furnes  gothische  Anklänge,  während  kaum  zehn  Jahre 
später  das  Tribunal  in  Furnes  streng  klassische  Formen  aufweist, 
und  das  gleichzeitige  Eathhaus  in  Delft  unter  französischem  Einflufs 
schon  den  Beginn  des  Barockgeschmackes  verkündet.  Alle  diese 
Werke  haben  jedoch,  wenn  auch  die  Ausbeute  an  Details  eine  geringe 
ist,  in  der  Sammlung  schon  der  geschichtlichen  Uebersicht  wegen  Auf¬ 
nahme  gefunden.  Mit  besonderem  Interesse  geht  der  Verfasser  haupt¬ 
sächlich  auf  vier  derWende  des  Jahrhunderts  ungehörige  Bauwerke  ein, 
die  allerdings  als  besonders  beachtenswerthe  Vertreter  rein  national er 
Stilrichtung  anzusehen  sind.  Das  hochbedeutende,  freilich  unter  deut¬ 
scher  Einwirkung  entstandene  Eathhaus  in  Leyden,  das  berühmte 
Schlachthaus  von  Haarlem,  dessen  wuchtige,  derbplastische  Aus¬ 
bildung  ein  höchst  kennzeichnendes  Beispiel  für  die  niederländische 
Bauweise  bildet,  das  sogenannte  Weinhaus  in  Zutphen  mit  seinem 
gewaltigen,  ernsten  Thurme  und  schönen  Portalen,  und  das  Eathhaus 
in  Boisward,  welches  trotz  roher  Einzelheiten  eines  der  originellsten 
und  wirkungsvollsten  Bauwerke  der  Niederlande  genannt  zu  werden 
verdient. 


Nr.  35. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


361 


Weit  ungestörter  und  selbständiger  konnte  sich  die  Entwick¬ 
lung  der  Architektur  in  kleineren  privaten  Bauwerken  vollziehen. 
Hier  liefert  uns  Ewerbeck  eine  Fülle  höchst  anziehender  Beispiele. 
In  reichem  Wechsel  finden  wir  neben  den  anspruchslosen,  aber 
malerischen  Ziegelbauten  mit  spärlichen  Hausteingliederungen,  welche 
für  die  norddeutsche  Tiefebene  von 
so  hervorragendem  Einflufs  ge¬ 
worden  sind ,  wahre  Schmuck¬ 
kästchen  einer  hochentwickelten 
Steinmetztechnik,  wie  das  Salm¬ 
haus  in  Mecheln,  oder  den  Steen¬ 
rots  in  Middelburg.  Ein  sehr  inter¬ 
essantes  Beispiel  für  die  Entwick¬ 
lung  der  Bauformen  giebt  die  neben¬ 
stehende  Abbildung  vom  sogenann¬ 
ten  Kirchbogen  in  Nymwegen, 
dessen  untere  Bogen  aus  dem 
Jahre  1542  spätgothische  Gliede¬ 
rung  mit  Eenaissance-Verzierungen 
zeigen,  während  der  obere  Theil 
aus  dem  Jahre  1605  lebhaft  an  die 
Architektur  des  Danziger  Zeug¬ 
hauses  erinnert.  Neben  diesen 
Bauten  ziehen  in  den  Niederlanden 
vor  allem  die  malerischen  Schlofs- 
und  Burgenanlagen,  die  reizenden 
Thorbauten  und  endlich  die  zahl¬ 
reichen,  eigenartigen  Thurmausbil¬ 
dungen  und  Dachreiter  die  Auf¬ 
merksamkeit  des  Architekten  auf 
sich.  Diese  Seite  der  Kunst  hat 
Ewerbeck,  seiner  Neigung  zum 
Malerischen  folgend,  mit  ganz  be¬ 
sonderer  Liebe  berücksichtigt  und 
mit  wohlberechtigter  Absicht  jenen 
oft  anspruchslosen  Anlagen,  die 
einen  so  erfrischenden  Gegensatz 
zu  manchen  modernen,  bei  aller 
Künstlichkeit  so  unmalerisch  wir¬ 
kenden  Bauten  bilden,  einen  her¬ 
vorragenden  Platz  in  seinem  Buche 
-eingeräumt. 

Unstreitig  den  Glanzpunkt  des 
Werkes  bilden  aber  die  Auf¬ 
nahmen  der  kleineren  decorativen 
und  kunstgewerblichen  Schöpfun¬ 
gen  ,  die  auch  in  der  That  am 
meisten  in  jenen  unruhigen  Zeiten 
berufen  waren,  der  Kunst  ein  un¬ 
gestörtes  Wirkungsfeld  zu  bieten. 

Nirgendwo  zeigt  sich  die  eigen¬ 
artige  Tiefe  und  die  Vielseitigkeit 
der  niederländischen  Kunst  so  ein¬ 
dringlich,  wie  in  jenen  herrlichen 
Chorgestühlen,  Tabernakeln,  Kan¬ 
zeln,  Altären,  Wandbekleidungen 
und  Möbeln  aller  Art.  Nirgendwo 
auch  findet  man  die  geschicht¬ 
liche  Entwicklung  der  bildne¬ 
rischen  Kunst  so  anschaulich 
ausgeprägt.:  wie  die  gothischen 
Formen  allmählich  schwinden  oder 
umgebildet  werden,  wie  sich  der 
heimische  Künstler  der  italieni¬ 
schen  Ornamentik  mit  ihrem  edlen 
Pflanzen-  und  Figurenwerk  be- 
meistert  und  sie  kraftvoll  und 


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Der  „Kirchbogen“  in  Nymwegen. 


eigenartig  in  seiner  Weise  verarbeitet,  wie  dann,  um  die  Mitte 
des  sechzehnten  Jahrhunderts,  aus  gothischen  Formen  selbständig 
fortentwickelt,  die  ganze  nordisch -naturalistische  Formenwelt  mit 


ihrem  phantastischen  Keichthum  an  Kartuschen  und  Bandver¬ 
zierungen,  mit  ihren  grotesken  Fabelwesen  und  Masken  der  edlen 
aber  gemesseneren  Frührenaissance  ein  Ende  bereitet  und  ihre  fröh¬ 
liche  Herrschaft  über  das  ganze  Land  ausbreitet;  wie  dieser  köst¬ 
liche  Formenreichthum  dann  allmählich  verwildert  und  veiflacht  und 

endlich,  nach  1620,  der  Nüchtern¬ 
heit  und  dem  Bombast  zum  Opfer 
fällt.  Und  hier  tritt  die  meister¬ 
hafte  Darstellungsweise  des  Werkes 
leuchtend  hervor.  Aufnahmen  wie 
die  der  herrlichen  Chorgestühle  von 
Dordrecht  und  Ypern,  der  Grab- 
mäler  von  Breda  und  der  Schöffen¬ 
sitze  in  Kämpen  und  Nymwegen 
sind  nicht  nur  Perlen  an  ge¬ 
schmackvoller  Darstellung,  sondern 
auch  infolge  ihrer  Schärfe  und 
Sorgfalt  als  Vorlagen  von  gröfstem 
praktischen  W erth.  Anspruchsloser, 
aber  nicht  minder  werthvoll,  sind 
die  vielen  trefflich  gezeichneten 
Möbel  und  Geräthe,  die  köstlichen 
Metallarbeiten  usw. 

So  ist  das  Werk  Ewerbecks 
vermöge  der  feinfühligen  Auswahl 
und  der  ebenso  künstlerischen  wie 
gewissenhaften  und  praktischen  Be¬ 
handlung  seines  vielseitigen  Stoffes 
die  beste  Grundlage  für  das  Studium 
der  niederländischen  Eenaissance 
geworden.  Forscher,  Künstler  und 
Handwerker  schöpfen  aus  dem  mit 
solch  begeisterter  Hingebung  und 
gründlicher  Fachkenntnifs  gesam¬ 
melten  Schatze  eine  reiche  An¬ 
regung  und  Belehrung.  Als  werth¬ 
voller  Bestandtheil  des  Werkes 
erscheint  auch  der  knapp  gehaltene 
erklärende  Text,  welcher  in  treff¬ 
licher  Weise  den  kunstgeschicht¬ 
lichen  Zusammenhang  zwischen  den 
lose  gereihten  Bildern  herstellt. 
Mit  vielem  Geschick  und  warmem 
Interesse  wurde  Ewerbeck  bei 
seinem  grofsen  Unternehmen  von 
den  Herren  N eumeister,  Mouris 
und  Leeuw  unterstützt,  welche  mit 
dem  Meister  in  der  würdigen  Aus¬ 
stattung  des  Werkes  mit  schönstem 
Erfolge  wetteiferten. 

Mit  Wehmuth  sahen  wir,  wie 
ein  unerbittliches  Geschick  dem 
rastlosen  Wirken  des  Künstlers 
ein  Ziel  setzte.  Es  war  ihm  nicht 
vei’gönnt,  seine  weitgehenden  Pläne, 
die  niederländische  Kunst  auch  in 
den  wallonischen  Provinzen  und 
im  nördlichen  Frankreich  zu  er¬ 
forschen,  noch  zur  Ausführung  zu 
bringen.  Wenige  Tage,  nachdem 
die  letzten,  mit  erstarrender  Hand 
gefertigten  Zeichnungen  der  vor¬ 
liegenden  Sammlung  auf  den  Stein 
gebracht  waren,  raffte  der  Tod 
ihn  dahin.  Sein  Werk  aber  wird, 
wie  es  für  die  Baukunst  der 
Gegenwart  von  hervorragender 
Bedeutung  geworden,  sich  dauernd  einen  Ehrenplatz  unter  den 
Schöpfungen  deutscher  Kunsterforschung  bewahren. 

Wickop. 


Holzstich  V.  O.  Ehel. 


IX,  Wanderversammlung  des  Yerbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur -Yereine 

in  Hamburg  vom  24. — 28.  August  1890. 


Hamburg!  Welche  Erinnerungen  knüpfen  sich  doch  an  diesen 
Namen!  Von  den  Tagen  der  Hansa  an  bis  zum  jüngsten  Zollanschlufs 
-eine  fortlaufende  Eeihe  von  äufseren  und  inneren  Erfolgen,  ein  seltenes 
Beispiel,  was  Bürger-Muth  und  -Ausdauer  zu  stände  bringen  kann.  — 
Es  war  ein  glücklicher  Beschlufs  der  17.  Abgeordneten-Versammlung 
in  Köln  im  Jahre  1888,  Hamburg  als  Ort  der  Wanderversammlung 


für  1890  zu  bestimmen.  Zwei  mächtige  Anziehungspunkte  hatte 
Hamburg  zur  Verfügung  wie  keine  zweite  Stadt  in  deutschen  Landen. 
Einmal  —  nichts  neues,  aber  immer  wieder  in  höchstem  Grade 
fesselndes  —  den  Seeverkehr  mit  seinem  internationalen  Charakter 
tind  dann  den  vor  kurzem  vollzogenen  Zollanschlufs,  durch  den  in 
unverhältnifsmäfsig  wenig  Zeit  auf  allen  Gebieten  des  Ingenieur- 


362 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


30.  August  1890. 


Wesens  Bauten  entstanden  sind,  welche  sowohl  ihrer  Gröfse  wie  aucli 
ihrer  Eigenartigkeit  nach  die  Bewunderung  aller  der  Fachgenossen, 
die  sie  vordem  gesehen,  im  höchsten  Mafse  erregt  liatten.  So  ging 
der  aus  dem  Hamburger  Architekten-  und  Ingenieur- Verein  gebildete 
Ortsausschufs,  an  dessen  Spitze  der  verdienstvolle  frühere  Vorsitzende 
des  Verbandes,  Herr  F.  Andreas  Meyer  trat,  rüstig  ans  Werk  und 
stellte  sein  wundervolles  Programm  zusammen,  welches  im  Laufe 
des  Sommers  vom  Verbands -Vorstande  veröffentlicht  und  überdies 
jedem  einzelnen  Mitgliede  des  Verbandes  zugesandt  worden  ist. 
Mit  letzterer  Einrichtung  ist  unbedingt  ein  sehr  glücklicher  Gedanke 
verwirklicht  worden,  dem  auch  weiter  Folge  zu  geben  sein  wird. 

Der  Erfolg  dieser  Mafsnahme  ist  denn  auch  ein  über  alle  Er¬ 
wartungen  grofser  gewesen.  Nicht  vereinzelt  wie  leider  vor  zwei 
Jahren  in  Köln,  wo  die  geringe  Zahl  der  Theilnehmer  in  gar  keinem 
Verhältnifs  zu  den  grofsen  Bemühungen  des  Festausschusses  stand, 
sind  hier  nach  Hamburg  die  Fachgenossen  gekommen,  nein,  in  hellen 
Haufen  sind  sie  herbeigeeilt,  und  wahrlich,  jeder  andere  Verein  hätte 
wohl  muthlos  die  Arme  sinken  lassen,  wenn  er  gesehen,  wie  seine 
Berechnungen  der  Theilnehmerzahl  sich  als  gänzlich  unzureichend  er¬ 
wiesen  und  statt  der  angenommenen  700  etwa  1200  und  mehr  Festgäste 
erschienen.  Aber  die  Hamburger  haben  sich  dadurch  nicht  im  min¬ 
desten  anfechten  lassen.  Die  Fähigkeit,  grofsen  Ansprüchen  gerecht 
zu  werden,  wird  nur  in  grofsen  Lebensverhältnissen  gewonnen,  und 
die  internationalen  Beziehungen,  das  stete  Schaffen  aus  dem  Vollen 
heraus,  befähigen  dazu,  auch  den  schwierigsten  Lagen  gegenüber 
kaltblütig  zu  bleiben.  Flugs  wird  ein  zweiter  transatlantischer 
Dampfer  für  die  Fahrt  nach  Helgoland  gemiethet,  und  anstatt  in 
einem  Hause  wird  in  deren  dreien  das  Festmahl  für  die  Gäste 
bereitet. 

Für  die  Abgeordneten  fand  am  Sonnabend  Nachmittag  das  Essen 
im  Zoologischen  Garten  statt,  zu  welchem  auch  eine  gröfsere  Zahl 


Die  Ausrüstung  der  Bahnwärter 

Die  Ausrüstung  des  Bahnwärters  rnufs  derart  beschaffen  sein, 
dafs  derselbe  in  bequemer  Weise  sämtliche  Gegenstände  bei  sich 
führen  kann,  welche  zum  Unterhalten  des  Geleises  und  zum  Geben 
der  Signale  gebraucht  werden. 

Hierzu  gehören  auf  Hauptbahnen: 

a)  ein  Nagelhammer,  (zweckmäfsig  gleich  als  Beilhammer  ge¬ 
staltet,  um  auch  als  Eisaxt  dienen  zu  können), 

b)  ein  Laschenschraubenschlüssel, 

c)  ein  Paar  Hakennägel, 

d)  eine  Signalfahne, 

e)  mehrere  Knallkapseln, 
aufserdem  für  den  Winter 

f)  eine  Eisaxt  und 

g)  eine  Salztasche. 

Auf  Nebenbahnen  sind  statt  einer 

Signalfahne  deren  zwei  nothwendig 
damit  der  die  Strecke  begehende 
Wärter  in  der  Lage  ist,  eine  un¬ 
fahrbare  Stelle  gleich  nach  beiden 
Eichtungen  abzuschliefsen. 

Bei  der  jetzt  gebräuchlichen 
Anordnung  trägt  der  Bahnwärter  in 
der  Regel  einen  Ledergurt  mit  Tasche 
für  die  Knallkapseln  um  den  Leib 
geschnallt,  während  er  die  übrigen 
Gegenstände,  je  nachdem  dieselben 
auf  der  Strecke  gebraucht  werden,  lose 
bei  sich  führt. 

Diese  Ausrüstung  hat  den  Nach¬ 
theil,  dafs  sie  besonders  für  ältere 
Leute  mit  gröfserem  Körperumfange 
recht  lästig,  auch  bei  der  Ausführung 
von  Arbeiten  hinderlich  ist;  ferner 
dafs  der  Bahnwärter,  da  er  nicht  sämt¬ 
liche  Geräthe  zur  Unterhaltung  des 
Geleises  aufser  den  Signalen  stets  bei 
sich  zu  führen  vermag,  häufiger  in  die 

Lage  kommt,  kleine  Wiederherstellungsarbeiten  von  einem  Gang  auf 
den  andern  zu  verschieben.  Diese  Nachtheile  treten  auf  Hauptbahnen 
besonders  bei  denjenigen  Bahnwärterstrecken  hervor,  welche  infolge 
der  Heranziehung  von  Frauen  zur  Bedienung  der  Wegeschranken 
eine  verhältnifsmäfsig  grofse  Länge  erhalten  haben. 

Abhülfe  läfst  sich  durch  eine  zweckmäfsige  Gestaltung  der 
ganzen  Ausrüstung  sowohl  als  auch  der  einzelnen  Gegenstände  er¬ 
reichen.  Nachstehend  ist  die  Beschreibung  einer  Ausrüstung  mit- 
getheilt,  wie  sich  dieselbe  nach  mehrjährigen  Versuchen  in  den  Be- 


Damen  erschienen  war,  deren  Anwesenheit  durch  einen  Trink- 
sj)ruch  des  Herrn  Baurath  Prof.  Köhl  er- Hannover  gefeiert  wurde. 
Der  Sonntag  Vormittag  galt  einem  Ausfluge  der  Abgeordneten 
mit  ihren  Damen  nach  Friedrichsruh  zur  Besichtigung  des  Schlosses 
des  Fürsten  Bismarck,  welcher  auf  die  Bitte  des  Herrn  F.  Andreas  Meyer 
hin  dies  freundlichst  gestattet  und  nur  bedauert  hatte,  die  Führung 
nicht  selbst  übernehmen  zu  können.  Selbstverständlich  wurde  die 
Stätte,  wo  der  grofse  Staatsmann  von  seinen  unvergleichlichen  Thaten 
ausruht,  allseitig  mit  dem  lebhaftesten  Interesse  betreten  und  all 
die  Einzelheiten,  welche  das  Schlofs  birgt,  gebührend  in  Augenschein 
genommen.  Eine  besonders  hübsche  Färbung  erhielt  der  Besuch  von 
Friedrichsruh  für  den  Verband  noch  dadurch,  dafs  das  Protokoll  der 
Abgeordneten -Versammlung  auf  der  Terrasse  des  Schlosses  verlesen 
und  angenommen  wurde.  Beim  Frühstück  brachte  Herr  Wiebe  das 
Wohl  des  Fürsten  aus,  an  welchen  ein  Dank -Telegramm  gesandt 
wurde.  Der  Abend  dieses  Tages  war  der  Einleitung  der  Wander¬ 
versammlung  durch  ein  geselliges  Zusammensein  der  Theil¬ 
nehmer  in  dem  vom  Architekten  Thielen  erbauten  Gertigschen 
Vereinshause  gewidmet.  Leider  erwies  sich  der  Raum  gegenüber 
der  so  ungemein  angewachsenen  Theilnehmerzahl  als  zu  klein,  sodafs 
nicht  alle  in  den  vollen  Genufs  dieses  ersten,  durch  die  Gastfreund¬ 
schaft  des  Senates  und  der  Bürgerschaft  verschönten  Zusammenseins 
gelangen  konnten.  Doch  wurde  dadurch  der  allgemeine  Frohsinn 
nicht  getrübt,  und  die  Freude  des  Wiedersehens  alter  Freunde  und 
Bekannten  half  schnell  über  das  kleine  Ungemach  des  Platzmangels 
hinweg.  Herr  Oberingenieur  Meyer  begrüfste  mit  warmen  Worten 
die  Gäste,  denen  ein  besonders  liebenswürdiger  AVillkommen  geboten 
wurde  durch  duftige  Blumenspenden,  welche  die  Hamburger  Vereins- 
Damen  in  der  anmuthig  malerischen  Tracht  von  Vierländerinnen 
darboten.  (Fortsetzung  folgt.) 


auf  Haupt-  und  Nebenbahnen. 

triebsamtsbezirken  Allenstein  und  Stettin  als  zweckmäfsig  heraus¬ 
gestellt  hat. 

Die  Ausrüstung  für  Hauptbahnen  besteht  aus  einem  um  die 
Schulter  gehängten  breiten  Hanfgurt  (Abb.  1).  Auf  der  Vorder¬ 
seite  desselben  befinden  sich  vier  kleine,  mit  Patentverschlufs- 
haken  versehene  Ledertaschen  «,  a,  a,  o,  mit  je  zwei  Knallkapseln 
in  einem  Blecheinsatz,  sowie  2  Schlaufen  für  je  einen  Hakennagel  (6). 
Auf  dem  Rücken  ist  der  Gurt  je  für  die  verschiedenen  Körper- 
gröfsen  durch  einen  Riemen  mit  Schnalle  verstellbar.  Unten  endigt 
derselbe  in  einem  Schutzleder  (e).  An  diesem  befindet  sich  ein 
Karabinerhaken,  an  welchem  der  Beilhammer  mit  Schrauben¬ 
schlüssel  {(l)  aufgehangen  werden  kann,  und  zwei  Ringe,  um  im 
Winter  mittels  zweier  Karabinerhaken  die  aus  wasserdichter  Lein- 
w'and  hergestellte  Tasche  (e)  mit  Viehsalz  zu  befestigen.  Auf  dem 
Rücken  wird  an  dem  Gurt,  welcher  zu  diesem  Zweck  mit  vier  Ringen 
entsprechend  den  verschiedenen  Körpergröfsen  versehen  ist,  mittels 
zweier  kleiner  Riemen  mit  Karabinei’haken  die  Signalfahne  im  wasser¬ 
dichten  Leinwandbezug  geti'agen.  Die  Zugschnur  des  Fahnenbezuges 
wird  kreuzweise  durch  ein  Loch  des  Fahnenstockes  gezogen  und  zu 
einer  Schleife  gebunden,  damit  im  Gebrauchsfalle  ohne  Zeitverlust 
die  Fahne  aus  dem  Bezug  herausgenommen  werden  kann. 

Der  Beilhammer  mit  Schraubenschlüssel  dient  zum  Nachziehen 
und  Einschlagen  von  Hakennägeln,  zum  Anziehen  der  Schrauben- 
muttei-n  und  im  Winter  als  Eisaxt.  Der  Schraubenschlüssel  endigt 
in  zwei  Federn,  welche  zugleich  zum  Befestigen  des  Hammers  dienen. 
Die  Federn  werden  durch  zwei  Ringe  gegen  den  Hammerstiel  fest 
angeprefst  und  diese  Ringe  mit  Federn  und  Hammerstiel  mittels 
durchgehender  Niete  befestigt.  Die  Gestalt  des  Beilbammers  ist 
handlich  und  ermöglicht  dem  Wärter,  die  gewöhnlichen  kleinen 
Unterhaltungsarbeiten  am  Geleise  bei  seinen  Streckengängen  sofort 
auszuführen.  Hammer  und  Schraubenschlüssel  sind  aus  Gufsstahl 
angefertigt. 

Befinden  sich  auf  einer  Wärterstrecke  Schraubenmuttern  von  ver¬ 
schiedener  Gröfse,  so  wird  das  Schlüsselmaul  nach  der  gröfsten 
Mutter  angefertigt;  die  kleineren  Muttern  können  dann  mit  dem¬ 
selben  Schlüssel  unter  Zuhülfenahme  eines  Hakennagels,  welcher  mit 
dem  zugeschärften  Ende  zwischen  Schlüsselmaul  und  Mutter  geklemmt 
wird,  ebenfalls  angezogen  werden. 

Die  Schneide  des  Beils  wird  während  der  Zeit  des  Nicht¬ 
gebrauchs  durch  eine  lederne  Hülle  geschützt. 

Für  Nebenbahnen  werden,  wie  oben  erwähnt,  zwei  Signal¬ 
fahnen  gebraucht  (Abb.  2,  4  und  5).  Dieselben  befinden  sich  in 
einem  gemeinsamen  Bezug  aus  wasserdichter  Leinwand,  welcher,  wie 
bei  der  einfachen  Fahne,  mit  zwei  Lederriemen  und  Karabinerhaken 
auf  dem  Rücken  an  den  Gurt  angehakt  wird.  Die  Fahnentücher 


Nr.  35. 


.863 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Abb.  5. 


sind  an  hölzernen  Stielen  befestigt,  welche  an  beiden  Enden  mit 
eisernen  Kapseln  beschlagen  sind. 

Diese  Kapseln  sind  oben  durchlocht,  um  hier  leicht  zu  ent¬ 
fernende  Krampen  ein¬ 
zustecken,  mittels  wel¬ 
cher  die  Fahnen  im 
Bezug  zusammen  ge¬ 
halten  werden.  Beim 
Gebrauch  entfernt  man 
die  Krampen  aus  den 
Fahnenstöcken  und 
befestigt  jede  Fahne 
mit  dem  Stock  mittels 
einer  Krampe  unter 
Zuhülfenahme  des  Beil¬ 
hammers  in  einer  Tele¬ 
graphenstange. 

Für  die  Bahn¬ 
wärter  ist  aufserdem  und  ins¬ 
besondere  auf  Nebenbahnen 
noch  die  Ausrüstung  mit  einem 
Ueberwegsstock  (Abb.  3)  sehr 
vortheilhaft.  Derselbe  hat  unten 
einen  aus  Gufsstahl  herge¬ 
stellten  Fufs,  welcher  dem  Quer¬ 
schnitt  des  Radflansches  an¬ 
nähernd  entspricht  und  dem 

Wärter  zur  Reinigung  der  Spurrinne,  aufserdem  auch  als  Stütze 
dient. 


Das  Gewicht  eines  Gurtes  mit  2  Hakennägeln,  8  Knallkapseln 


und  einfacher  Fahne  beträgt  für  Hauptbahnen  ....  1,98  kg 

mit  Doppelfahnen  für  Nebenbahnen . 2,30  „ 

der  Beilhammer  mit  Schraubenschlüssel  wiegt . 2,75  „ 

der  Ueberwegsstock . 0,50  „ 


Im  Winter  tritt  hierzu  die  Salztasche  mit  0,70  kg. 

Das  Gesamtgewicht  einer  Ausrüstung  mit  Beilhammer  beträgt 
daher  für  Hauptbahnen 

a)  im  Sommer  4,73  kg,  b)  im  Winter  5,43  kg  und 


für  Nebenbahnen  (mit  Ueberwegsstock) 

a)  im  Sommer  5,55  kg,  b)  im  Winter  6,25  kg. 

Die  Kosten  einer  derartigen  Ausrüstung  stellen  sich  in  Stargard 


in  Pommern  wie  folgt: 

1.  Beilhammer  mit  Schraubenschlüssel  .  .  14,00  Mark 

2.  Gurt  mit  Salztasche . 8,00  „ 

3.  Signalfahne  für  Hauptbahnen  mit  Bezug  2,00  „ 

4.  Doppelfahne  mit  Bezug . 3,40  „ 

5.  Ueberwegsstock . 1,20  „ 


Zum  Schlufs  seien  die  Erfahrungen  mitgetheilt,  welche  ich  mit 
der  Verwendung  von  Viehsalz  zum  Beseitigen  von  Eisbildungen  ge¬ 
macht  habe.  Das  Viehsalz  ist  von  mir  schon  seit  mehreren  Jahren 
mit  grofsem  Vortheil  beim  Aufthauen  von  Spurrinnen,  angefrorenen 
Drahtzugleitungen  und  Eisbildungen  auf  den  Weichen-Gleitstühlen 
verwendet  worden. 

Die  Spurrinnen  werden  in  einer  Breite  von  etwa  8  cm  dick  mit 
Viehsalz  bestreut,  desgleichen  auch  der  Schienenkopf,  sofern  auf 
demselben  Eisbildungen  vorhanden  sind.  Nach  Verlauf  von  etwa 
einer  Stunde  ist  das  Eis  aueh  bei  strengem  Frost  derartig  abgethaut, 
oder  mürbe  geworden,  dafs  die  Spurrinne  mit  der  Wegekratze  oder 
dem  Besen  ausgefegt  werden  kann.  Hierauf  erfolgt  noch  eine  Nach¬ 
streuung,  welche  die  Bildung  festen  Eises  auf  18  bis  24  Stunden,  je 
nach  dem  Kältegrad,  verhindert.  Empfehlenswerth  ist  es,  vor  dem 
Bestreuen  mit  Viehsalz  mit  der  Eisaxt  (Beilhammer)  eine  kleine  Rille 
in  das  Eis  der  Spurrinne  zu  hauen,  damit  durch  Fuhrwerke  das 
Viehsalz  möglichst  wenig  verschleppt  wird. 

Zum  Bestreuen  eines  Ueberweges  bei  einem  Geleise  braucht  man 
bei  diesem  Verfahren  etwa  0,20 — 0,40  kg,  sodafs  sich  die  Kosten  für 
eine  Streuung  bei  dem  Preise  von  1,50  Mark  für  50  kg  Stafsfurter 
Abfallsalz  auf  etwa  0,01  Mark  stellen.  Diese  Kosten  sind  gegenüber 
dem  Arbeitsaufwand  beim  Aufhacken  von  Spurrinnen  sehr  niedrig  zu 
nennen,  besonders  wenn  man  in  Berücksichtigung  zieht,  dafs  in  der 
Regel  durch  das  häufige  Aufhacken  der  Spurrinnen  die  Steinbahn  des 
Weges  beschädigt  wird. 

Dieselben  günstigen  Dienste  wie  bei  Wegeübergängen  leistet  das 
Viehsalz  auch  beim  Aufthauen  von  Drahtzugleitungen  und  Eis¬ 
bildungen  bei  den  Weichen. 

Stargard  i.  P.  im  Februar  1890.  Fuchs, 

Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector. 


Vermischtes. 


Zur  Preisbewerhung  um  eiu  Kaiser  Wilhelm-Deiikinal  der  Pro¬ 
vinz  Westfalen  theilen  wir  in  Ergänzung  der  Nachricht  auf  S.  347  d. 
V.  Nr.  noch  mit,  dafs  aufser  den  dort  genannten  preisgekrönten  Ent¬ 
würfen  in  die  engere  Wahl  gelangten  die  Arbeiten  „Heil  Dir  im 
Siegerkranz“,  „Hof  und  Heiligthum  soll  ich  dir  geben  usw.“,  „Sali 
et  glücken“  und  „Im  Grünen“.  Der  Schmitzsche  Entwurf  ist  seitens 
des  Preisgerichts  zur  Ausführung  empfohlen  worden.  Alle  Pläne  sind 
bis  zum  6.  September  im  Provineial -Verwaltungsgebäude  in  Münster 
öflentlich  ausgestellt. 

Für  den  Ban  einer  evangelischen  Kirche  von  1400  Sitzplätzen 
in  Heilbronn  wird  durch  den  dortigen  Gemeindekirchenrath  eine 
Preisbewerbung  ausgeschrieben.  Die  Arbeiten  sind  bis  zum 
1.  März  1891  einzureichen,  Bedingungen  und  Programm  vom  städti¬ 
schen  Hochbauamte  in  Heilbronn  zu  beziehen.  An  Preisen  sind 
2500,  1500  und  1000  Mark  ausgesetzt.  Weitere  Entwürfe  sollen  unter 
Umständen  für  je  600  Mark  angekauft  werden. 

Ein  Preisausschreiben  für  die  Erweiterung  ihres  Gesellschafts¬ 
gebäudes  durch  Anbau  eines  Fest-  und  Concertsaales  nebst  Zubehör 
erläfst  die  Gesellschaft  Concordia  in  Remscheid.  Es  sind  Pläne 
in  1 : 100  und  ein  genauer  Kostenanschlag  bis  zum  1.  December  d.  J. 
einzureichen;  die  beiden  Preise  betragen  600  und  300  Mark.  Die 
Zusammensetzung  des  Preisgerichtes,  welches  aus  dem  Vorstande  und 
unter  Umständen  noch  mehreren  Mitgliedern  der  Gesellschaft  und 
aus  nur  zwei  noch  nicht  genannten  auswärtigen  technischen  Sach¬ 
verständigen  bestehen  soll,  läfst  den  Erfolg  einer  Betheiligung  ebenso 
zweifelhaft  erscheinen,  wie  die  Forderung  eines  genauen  Anschlages 
.und  die  Bestimmung,  dafs  eine  Ueberschreitung  der  Bausumme 
(60  000  Jl)  von  der  Preisertheilung  ausschliefst.  Das  Programm, 
welchem  3  Blatt  Aufnahmezeichnungen  des  alten  Hauses  beiliegen, 
ist  von  dem  Vorsitzenden  der  Gesellschaft,  Herrn  D.  Hasenclever  in 
Remscheid,  Lindenstrafse  Ic,  zu  beziehen. 

Ehrenbezeigung.  In  der  Architekturabtheilung  der  diesjährigen 
Berliner  Kunstausstellung  hat  der  Senat  der  Königl.  Akademie 
der  Künste  den  Architekten  Karl  Do  fl  ein  in  Berlin  für  die  von  ihm 
■eingesandten  Kirchenentwürfe*)  durch  die  Form  der  „ehrenvollen 
Erwähnung“  ausgezeichnet. 

Der  Deutsche  Verein  für  öffentliche  Gesundheitspflege  wird 

*)  Vergl.  S.  317  dieses  Jahrganges. 


seine  diesjährige  Jahresversammlung  in  den  Tagen  vom  11.  bis 
14.  September  in  Braunschweig  abhalten.  Zur  Verhandlung  ge¬ 
langt  zunächst  die  Frage  der  Krankenhäuser  für  kleinere 
Städte  und  ländliche  Kreise,  über  die  Geheimrath  Dr.  v.  Ker¬ 
schensteine  r  in  München  Bericht  erstatten  wird.  Hieran  schliefsen 
sich  Erörterungen  über  Filteranlagen  für  städtische  Wasser¬ 
leitungen,  welche  durch  die  Herren  Prof.  Dr.  K.  Fränkel-Königs- 
berg  und  Betriebsingenieur  K.  Piefke-Berlin  eingeleitet  werden. 
Am  zweiten  Tage  werden  die  Herren  Ober-Medicinalrath  Prof.  Dr. 
Bollinger-München  über  die  Verwendbarkeit  des  an  Infec- 
tionskrankheiten  leidenden  i  Schlachtviehs  und  Prof.  Dr. 
Gaffky-Giefsen  über  Desinfection  von  Wohnungen  sprechen. 
Die  Verhandlungen  des  dritten  Tages  wird  Herr  Fr.  Kalle  in  Wies¬ 
baden  eröffnen  mit  seinem  Bericht  über  das  Wohnhaus  der 
Arbeiter,  während  eine  Mittheilung  des  Herrn  Oberingenieur  F. 
Andreas  Meyer-Hamburg  über  Baumpflanzungen  und  Garten¬ 
anlagen  in  Städten  den  Schlufs  der  Vorträge  bilden  wird.  Zur 
Theilnahme  an  den  Versammlungen  des  Vereins  berechtigt  ein 
Jahresbeitrag  von  6  Mark,  wofür  man  auch  in  den  Besitz  des  Be¬ 
richtes  über  die  Versammlung  gelangt. 

Münsterbauverein  in  Yilliugeu.  Auch  in  Villingen  (vgl.  dessen 
Bau-  und  Kunstdenkmäler  im  badischen  Inventarisationswerke  II.  Band, 
Seite  92  ff.  Freiburg  1890,  herausgegeben  unter  Mitwirkung  von 
Baudirector  Dr.  Durm  und  Hofrath  Wagner,  durch  Geh.  Hofrath  Dr. 
F.  X.  Kraus)  hat  sich  ein  Verein  gebildet  zum  Zwecke  der  Wiederher¬ 
stellung  des  dortigen  Münsters.  Es  giebt  demnach  zur  Zeit  im  Grofs- 
herzogthum  Baden  vier  Münsterbauvereine:  in  Freiburg,  in  Constanz, 
in  Ueberlingen  und  in  Villingen,  welche  sich  die  gleiche  Aufgabe  ge¬ 
stellt  haben  und  Beiträge  für  ihre  Kirchenbauten  annehmen.  D. 

Zur  Frage  der  Versuche  über  die  Frostbeständigkeit  natür¬ 
licher  und  künstlicher  Bausteine  geht  uns  noch  die  nachstehende 
Eückentgegnung  des  Herrn  Prof.  Bauschinger  zu.  „Zur  Frage  der 
, Versuche  über  die  Frostbeständigkeit  natürlicher  und  künstlicher 
Bausteine‘  mögen  mir  in  Entgegnung  auf  die  Ausführungen  des 
Herrn  Gary  in  Nr.  33  d.  Bl.  noch  ein  paar  Worte  gestattet  sein. 
Ein  mit  Wasser  vollgesaugter  und  gefrorener  Stein  hat  natürlich 
eine  andere  innere  Beschaffenheit  als  der  ursprünglich  trockene  und 
daher  auch  in  der  Regel  eine  andere  Druckfestigkeit  als  dieser,  und 
zwar,  wie  die  Erfahrung  zeigt,  eine  kleinere.  Wenn  er,  wie  das 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


30.  August  1800, 


hiiufig  vorkommt,  getrocknet  dieselbe  Druckfestigkeit  wieder  zeigt, 
wie  ursprünglich,  so  wird  man  ihn  trotzdem  für  frostbeständig  er¬ 
klären  müssen,  d.  h.  für  widerstandsfähig  gegen  einmalige  Ein¬ 
wirkung  des  Frostes.  Eine  Vergleichung  der  Festigkeit  im  ge¬ 
frorenen  Zustande  mit  der  ursprünglichen  Trockenfestigkeit  kann 
also  an  sich  keinen  Aufschlufs  über  die  Frostbeständigkeit 
geben.  Hierzu  ist  nothwendig,  dafs  der  ursprüngliche  und  der  dem 
Froste  ausgesetzt  gewesene  Stein  unter  gleichen  Umständen,  d.  h. 
hier  in  demselben  Trockenzustande,  geprüft  werden.  Nur  so  kann 
eine  etwaige  Lockerung  des  Zusammenhangs  der  Bestandtheile  des 
Steines  erkannt  werden.  Dafs  eine  solche  Lockerung  nach  ein¬ 
maligem  Gefrieren  so  gering  sein  kann,  dafs  sie  sich  der  Beobachtung 
entzieht,  aber  durch  öftere  Wiederholung  gröfser  und  gröfser  werden 
kann,  liegt  auf  der  Hand,  und  deshalb  mufs  das  Gefrieren  wieder¬ 
holt  werden.  Aber  auch  noch  aus  einem  anderen  Grunde:  Die  Herab¬ 
minderung  der  Festigkeit  im  Innern  des  Steines  ist  nicht  die  einzige, 
nicht  einmal  die  wichtigere  Frostwirkung  bei  nicht  frostbeständigen 
Steinen.  Sie  kann,  wie  Beispiele  und  meine  Untersuchungen  zeigen, 
sogar  sehr  gering,  und  der  Stein  doch  sehr  wenig  widerstandsfähig 
gegen  Frost  sein,  wenn  er  nämlich  durch  Absanden  oder  Ablösen 
von  kleineren  oder  gröfseren  Stückchen,  durch  Entstehen  feiner 
Kantenrifschen  und  dgl.  äufs erlich  durch  den  Frost  beschädigt 
wird.  Gerade  solche,  durch  blofse  Besichtigung  der  Steine  nach  dem 
Gefrieren  erkennbare  Beschädigungen  sind  es,  die  auch  an  Bauwerken 
am  meisten  in  die  Augen  fallen,  die  aber,  wie  alle  meine  Versuche 
und  die  tägliche  Erfahrung  zeigen,  nach  den  ersten  Gefrierungeu 
noch  gar  nicht  oder  nur  schwach  auftreteu  und  sich  erst  in  der  Folge, 
nach  10-,  15-,  20maligem  Gefrieren  oder  noch  später  zeigen.  Ein 
solcher  Stein  könnte  bei  der  grofsen  Sicherheit,  mit  welcher  wir  Bau¬ 
werke  aus  Stein  ausführen,  die  ihm  auferlegte  Belastung  selbst  dann 
noch  ganz  gut  tragen,  wenn  seine  Festigkeit  im  nassen  oder  ge¬ 
frorenen  Zustande  nur  50  oder  noch  weniger  Procente  der  ursprüng¬ 
lichen  Trockenfestigkeit  betragen  würde,  aber  das  äufsere  Ansehen 
des  Gebäudes  würde,  wie  hundertfältige  Beispiele  der  Praxis  zeigen, 
bald  sehr  leiden,  und  nach  längerer  Zeit  natürlich  auch  sein  Bestand. 

Wenn  ich  übrigens  in  meiner  vorigen  Entgegnung  (in  Nr.  31  des 
Centralblattes)  von  meinem  Verfahren  sprach,  so  geschah  das  nur 
der  Kürze  halber,  es  sollte  heifsen:  das  von  mir  eingeschlagene  Ver¬ 
fahren.  Dasselbe  wurde  bekanntlich  von  der  Conferenz  zur  Verein¬ 
barung  einheitlicher  Prüfuugsmethoden  für  Bau-  und  Constructions- 
materialien  aufgestellt  (s.  die  Broschüre:  „Beschlüsse  der  Conferenzeu 
zu  München  und  Dresden“  S.  29  und  31),  und  zwar  in  Gegenwart 
des  Herrn  Professor  Di-.  Böhme,  Vorstandes  der  Prüfungsanstalt  für 
Baumaterialien  in  Charlottenburg,  und  ohne  Einspruch  von  Seite  des¬ 
selben.  Wenn  Herr  Dr.  Böhme  seitdem  ein  anderes  Verfahren  an¬ 
wendet  oder  ein  früheres  festzuhalten  für  gut  findet,  so  wird  er  gewifs 
die  Güte  haben,  seine  Gründe  dafür  der  demnächst  stattfindenden 
III.  Conferenz  in  Berlin  mitzutheilen,  wo  die  vorliegende  Frage  von 
neuem  aufgenommen  und  erörtert  werden  kann. 

Baus  chinger. 

Wir  haben  dieser  Zuschrift  Aufnahme  gewährt  in  der  Annahme, 
dafs,  dem  vom  Einsender  gemachten  Vorschläge  gemäfs,  die  gegen¬ 
sätzlichen  Anschauungen  über  die  streitigen,  gewifs  wichtigen  Fragen 
nunmehr  in  der  demnächst  in  Berlin  stattfindenden  3.  Versammlung 
zur  Vereinbarung  einheitlicher  Prüfungsarten  für  Bau-  und  Con- 
structionsmaterialien*)  vor  den  an  der  Sache  meistbetheiligten  Kreisen 
zum  Austrag  gelangen  werden,  und  dürfen  somit  ihre  Erörterung  als 
für  dieses  Blatt  abgeschlossen  betrachten. 

Besuch  der  technischen  Hochschule  in  Bavmstadt.  Die  Ge¬ 
samtzahl  der  Studirenden  und  Hospitanten  beträgt  am  Ende  des 
gegenwärtigen  Sommerhalbjahres  339  (gegen  275  im  Winterhalbjahr 
1889/90).  Davon  gehören  178  dem  Grofsherzogthum  Hessen,  98  dem 
Königreich  Preufsen,  42  anderen  deutschen  Staaten,  21  dem  Auslande 
an.  Die  Besucher  vertheilen  sich  auf  die  einzelnen  Abtheilungen 
folgendermafsen : 

Summe 

Studirende  Hospitanten  Sommer-  Winter- 


1)  Bauschule . 

33 

15 

Laibjahr 

1890 

48 

halhjahr 

1889/90 

(38) 

2)  Ingenieurschule . 

41 

5 

46 

(36) 

3)  Maschinenbauschule  .  .  . 

62 

5 

67 

(56) 

4)  Chemisch- technische  Schule: 
Chemiker . 

25 

9 

34  \  .. 

Pharmaceuten  .  .  . 

14 

6 

20  f 

(43) 

5)  Mathematisch  -  naturwissen¬ 
schaftliche  Schule  .... 

16 

11 

27 

(20) 

6)  Elektrotechnische  Schule  . 

90 

7 

97 

(82) 

Zusammen  .  . 

281 

58 

339 

(275) 

*)  S.  348  der  vorigen  Nummer. 


Die  Anweudung  des  Leuchtgases  zur  Bekäinpfiiiig  der  Kauch- 
plage  behandelt  ein  Aufsatz  von  M.  Niemann  in  Nr.  10  des  „Ge¬ 
sundheits-Ingenieurs“.  Es  wird  dort  darauf  hiugewiesen,  dafs  zu¬ 
nächst  die  Gasanstalten  sich  (mit  Hülfe  von  Gas-  oder  auch  Schütt¬ 
rostfeuerungen,  sowie  durch  Verfeueruug  von  Cokes)  sehr  wohl  ohne 
Eauchentwicklung  betreiben  lassen.  Sie  können  also  ihr  Erzeugnifs, 
das  Leuchtgas,  sowohl  als  „Heizgas“  wie  als  „Kraftgas“  zum  Be¬ 
triebe  rauchloser  Feuerungen  darbieten,  ohne  selbst  das  Uebel  der 
Rauchplage  zu  betördern.  Dafs  man  von  diesem  rauchlosen  Brenn¬ 
stoffe  trotz  der  mannigfachen  Vortheile,  welche  er  bietet,  noch  so 
wenig  Gebrauch  macht,  erklärt  der  Verfasser  im  wesentlichen  durch 
eine  gewisse  Schwerfälligkeit  der  grofsen  Menge.  Immerhin  ist  aber 
doch  ein  Fortschritt  in  der  bezeichneteu  Richtung  bemerkbar.  Die 
Gasgesellschaften  und  Stadtgemeinden  suchen  ihrerseits  den  Ver¬ 
brauch  des  Gases  zu  Heizzwecken  und  für  Kraftmaschinen  dadurch 
zu  heben,  dafs  sie  hierfür  bedeutende  Preisermäfsigungen  zugestehen. 
Da  die  einer  derartigen  Verwendung  dienenden  Heiz-  und  Kochvor¬ 
richtungen,  wie  auch  die  Gaskraftmaschinen,  in  den  letzten  Jahren 
aufserordentlich  vervollkommnet  worden  sind,  so  darf  mit  Recht  er- 
wai-tet  werden,  dafs  die  Rauchplage  in  absehbarer  Zeit  infolge  der 
zunehmenden  Anwendung  gasförmigen  Brennstoffes  eine  erhebliche 
Einschränkung  erfahren  wird. 

Büclierscliau. 

Neue  Theorie  der  Bodeuentwässeruiig  von  F.  Merl,  Kreis- 
Cultur-Ingenieur  in  Speier.  Ansbach  (Bayern)  1890.  Max  Eichinger. 
70  S.  in  gr.  8^  mit  16  Abbildungen  und  2  Tafeln. 

Die  Schrift  enthält  einen  scharfen  Angriff  gegen  den  von  Vincent 
in  Deutschland  eingeführten  und  noch  jetzt  fast  allgemein  fest  ge¬ 
haltenen  Grundsatz,  die  Saugedrains  in  der  Richtung  des  stärksten 
Gefälles  zu  verlegen.  Der  Herr  Verfasser  führt  aus  Litteratur  und 
Praxis  Belege  für  seine  entgegenstehende  Ansicht:  „die  Saugedrains 
sind  besser  schräg  gegen  die  stärkste  Neigung  anzuordnen“  an. 
Wir  möchten  denselben  noch  hinzufügen,  dafs  die  Drainagen  in  der 
Eifel  stets  mit  geneigten  Saugern  verlegt  werden  und  sehr  gut 
wirken,  dafs  ferner  der  Draintechniker  Heinze  in  Kletzko  (Prov. 
Posen)  seit  1873  in  dieser  Weise  Drainagen  auf  wenig  geneigtem 
Gelände  ausführt  und  u.  W.  mit  gutem  Erfolg,  sowie  dafs  schon  der 
Rittergutsbesitzer  v.  Küster  auf  Lomnitz  bei  Hirschberg  in  der  Zeit¬ 
schrift  für  deutsche  Drainirung  1856  ausführlich  beschreibt,  wie  er 
einen  besseren  Erfolg  mit  schräg  gerichteten  als  mit  lothrecht  ange¬ 
ordneten  Saugern  gewonnen  habe.  Diese  Bauweise,  bei  welcher  die 
Sammler  in  die  Richtung  des  stärksten  Gefälles,  die  Sauger  schräg 
gegen  dasselbe  entworfen  werden,  pflegt  man  nach  Toussaint  das 
Lord  Bernerssche  Verfahren  zu  nennen,  und  ihre  gröfsere  Wirksam¬ 
keit  dem  Umstande  zuzuschreiben,  dafs  die  wasserführenden  Schichten 
hierbei  sicherer  getroffen,  sie  als  natürliche  Drainagen  ausgenutzt 
werden.  Der  Herr  Verfasser  erörtert  theoretisch,  dafs  auch  ohne 
diesen  Umstand  bei  vollkommen  gleichgearteter  Bodenbeschafl’enheit 
die  schräg  gerichteten  Drains  besser  wirken  als  Drains  nach  dem 
stärksten  Gefälle.  Er  kommt,  indem  er  die  Bewegung  des  in  den 
Drain  gelangenden  Wassertropfens  verfolgt,  zu  dem  Schlüsse,  dafs 
jede  Drainfuge  die  Fläche  einer  Ellipse  entwässert,  deren  grofse 
Achse  in  der  Richtung  des  stärksten  Gefälles  liegt,  deren  unterer 
Brennpunkt  die  Fuge  darstellt ,  und  deren  Excentricität  um  so 
gröfser  wird,  je  stärker  die  Neigung  des  Geländes  ist.  Auf  voll¬ 
kommen  wagerechtem  Gelände  geht  die  Ellipse  in  einen  Kreis  über,, 
auf  einem  Gelände,  dessen  Neigung  dem  Neigungswinkel  des  Grund¬ 
wasserspiegels  entspricht,  in  eine  Parabel,  und  endlich  auf  solchem^ 
dessen  Neigung  gröfser  ist  als  die  Neigung  des  Grundwassers,  in 
eine  Hyperbel.  Der  gewöhnliche  Fall  ist  die  Ellipse.  Da  die  grofse 
Achse  derselben  in  der  Richtung  des  stärksten  Gefälles  liegt,  so 
folgt,  dafs  die  Drainfugen  in  wagerechter  und  nicht  in  lothrechter 
Folge  anzuordnen  sind,  um  für  den  Drain  die  gröfste  Wirkungsfläche 
zu  erreichen.  Die  Ausführungen  sind  sehr  beachtenswerth.  Sie 
dürften,  im  Verein  mit  den  oben  angeführten  praktischen  Belägen,, 
geeignet  sein,  das  Entwerfen  der  Drainpläne  von  dem  bisher  üblichen 
Verfahren  abzirlenken  —  wie  wir  glauben,  zum  Besten  der  Sache.  Das 
Lesen  des  Buches  ist  daher  allen  Draintechnikern  warm  zu  empfehlen.. 

Zu  bedauern  ist,  dafs  der  Herr  Verfasser  seinem  Werke  nicht 
zwei  Drainpläne  beigefügt  hat,  welche  die  beiden  verschiedenen  Bau¬ 
weisen  für  dasselbe  Gelände  zur  Anschauung  bringen.  Er  würde 
damit  die  praktische  Nutzanwendung  des  empfohlenen  Grundsatzes 
wesentlich  gefördei't  haben.  Auch  die  von  ihm  gewählte  Bezeich¬ 
nung  „Kopfdrainage  und  Paralleldrainage“  erscheint  nicht  glücklich.. 
Denn  die  schräg  gerichteten  Drains  sind  nicht  mehr  Kopfdrains 
nach  gewöhnlichem  Sprachgebrauch  und  untereinander  ebenso 
parallel,  wie  die  Drains  nach  dem  stärksten  Gefälle.  In  Ermangelung 
guter  deutscher  Bezeichnungen  —  vielleicht  Querdrainage  und  Längs¬ 
drainage?  —  würden  die  Namen  Johnstone  oder  Berners  bezw.  Ledere 
oder  Vincent  die  Sache  zutreffender  bezeichnen.  Gerhardt. 


Verlag  von  Ernst&Korn  (AVilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  niclitamtliclien  Tlieiles  verantwortlich  i.  V.:  O. Hofsfeld,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


Nr.  35A- 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


365 


INHALT:  Stil-Bctrachtangcn. —  Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neu¬ 
zeit  (Kortsetzung).  —  Verbesserungen  am  Wellblechdache.  —  Vermischtes:  Preis¬ 
bewerbung  um  das  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  der  Provinz  Westfalen.  —  Preisbewerbung 


um  eine  neue  evangelische  Kirche  in  Heilbronn.  —  Brandmauerthüren  bei  einer  Feuers¬ 
brunst.  —  Elektrische  Läutepfosten  neben  Wegeübergängen  in  Scbienenhöhe.  —  Ge¬ 
setzesvorlage  betreffend  den  Bau  der  Central-London-Bahn.  —  Bücherschau. 


[Alle  Hechte  Vorbehalten.] 

Stil  -  Betrachtungen.  * 


Die  „Stilfrage“  bildet  den  Gegenstand  des  ersten  Hochbau-Vor¬ 
trages,  den  auf  der  diesjährigen  Hamburger  Verbands  Versammlung  Herr 
Architekt  Fr its  ch  aus  Berlin  hielt.  Der  Eedner  verhehlt  sich  nicht, 
dafs  der  Stoff  seines  Vortrages  manchem  vielleicht  wenig  willkommen 
sein  werde,  denn  Männern  der  künstlerischen  That  pflege  Neigung 
zu  ästhetischen  Erörterungen  akademischer  Art  zu  fehlen.  Doch 
solle  niemand  vor  einem  Sturzbad  kühner  ästhetischer  Theorieen  be¬ 
sorgt  sein,  vielmehr  beabsichtige  Vortragender  nur,  sich  der  Erörte¬ 
rung  dreier  Fragen  zuzuwenden: 

1.  Wie  stellt  sich  im  Vergleich  mit  den  vorangegangenen  Zeit¬ 
abschnitten  die  Gegenwart  zur  sogenannten  „Stilfrage“? 

2.  Wie  wird  sich  in  Bezug  hierauf  voraussichtlich  die  Entwick¬ 
lung  der  nächsten  Zukunft  gestalten? 

3.  Was  kann  unsererseits  gethan  werden,  um  diese  Entwicklung 
in  möglichst  gesunde  und  natürliche  Bahnen  zu  leiten? 

Eedner  geht,  um  diese  Fragen  zu  lösen,  zunächst  kurz  auf  die 
stilistischen  Wandlungen  der  letzten  hundert  Jahre  ein,  beginnend 
etwa  mit  dem  Zeitpunkt,  von  welchem  an  wir  keinen  einzig  und  all¬ 
gemein  gültigen  Baustil  mehr  besitzen.  Ehedem  habe  man  noch 
nicht  gewufst,  dafs  die  Baustile  vergangener  Zeiten  erlernt  werden 
könnten  wie  eine  todte  Sprache,  sondern  habe  mit  lebendiger  künst¬ 
lerischer  Kraft  gebaut  bis  im  Zusammenhang  mit  den  Aufklärungs¬ 
bestrebungen  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  der  Eklektizismus 
geboren  wurde.  Aber  erst  in  den  ersten  Jahrzehnten  unseres  Jahr¬ 
hunderts  habe  sich  in  Deutschland  der  Bruch  mit  den  Ueberlieferungen 
der  Spätrenaissance  vollzogen.  Eedner  gedenkt  hier  der  Thätigkeit 
Schinkels,  Klenzes  und  Theophil  v,  Hansens,  führt  dann  aber  aus, 
wie  im  übrigen  die  Alleinherrschaft  des  neubelebten  Griechenthums 
nur  eine  kurze  gewesen  sei,  und  wie  gleichzeitig  durch  die  idealen 
Anschauungen  des  Gothikers  Heideloff  und  des  Eomantikers  Gärtner 
ein  neuer  Anschlpfs  an  die  mittelalterliche  Bauweise  angestrebt 
worden  sei.  Doch  habe  eine  auf  tieferes  Studium  der  Denkmäler 
gestützte,  umfassende  Kenntnifs  der  mittelalterlichen  Kunstformen 
damals  gefehlt,  und  es  habe  deshalb  ein  Umschwung  eintreten 
müssen,  als  in  dem  Weiterbau  des  Kölner  Doms  endlich  eine  grofse 
monumentale  Aufgabe  vorlag,  und  Zwirner,  gestützt  auf  die  unüber¬ 
trefflichen  Studien  Viollet  le  Ducs  und  die  Thätigkeit  Ungewitters, 
die  Leitung  der  Hütte  übernahm.  In  der  Folge  sei  dann  noch 
weitere  Wiederbelebung  der  mittelalterlichen  Kunst  durch  die  von 
den  Schülern  Gärtners  in  Hannover  begründete  Schule  erfolgt, 
die  erst  .  unter  Hase  ihre  Hauptbedeutung  gewonnen  habe,  als 
sie  im  Eingehen  auf  den  norddeutschen  Backsteinbau  ihre  wich¬ 
tigste  Aufgabe  erkannte.  In  Wien  sei  durch  die  Schule 
F.  V,  Schmidts  ebenfalls  eine  erneute  Pflegestätte  der  Gothik  ge¬ 
schaffen,  und  könne  man  diese  Bestrebungen  auch  von  einer  gewissen 
Einseitigkeit  nicht  frei  sprechen,  so  müsse  doch  freudig  zugegeben 
werden,  dafs  die  Neugothiker  nicht  nur  auf  ihrem  eigenen  Gebiet 
bedeutende  Erfolge  erzielt,  sondern  dafs  dieselben  auch  erfrischend 
und  belebend  auf  die  Entwicklung  der  gesamten  deutschen  Baukunst 
gewirkt  haben. 

Als  ganz  abweichend  hiervon  müsse  dagegen  die  Aeufserung  des 
idealen  Zuges  der  Zeit  bei  einzelnen  Vertretern  der  Schinkelschen 
Schule  bezeichnet  werden.  Träger  und  Wortführer  sei  hier  Karl 
Bötticher  gewesen,  welcher  geglaubt  habe,  das  Geheimnifs  der  Stil¬ 
bildung  finden  zu  können  durch  Vordringen  in  das  Wesen  der 
griechischen  Kunstformen.  Trotz  der  hierbei  unvermeidlichen  Fehler 
müfse  seine  Arbeit  höher  geschätzt  werden,  als  das  Streben  anderer 
Idealisten,  die,  der  natürlichen  Entwicklung  der  Dinge  voraneilend, 
geglaubt  hätten,  sofort  den  Versuch  zu  einer  neuen  Stilbildung  unter¬ 
nehmen  zu  müssen,  Eedner  betonte,  dafs  es  ihm  fern  läge,  über 
diese  Bestrebungen  spotten  zu  wollen,  da  doch  auch  ihnen  die  Ueber- 
zeugung  von  der  Nothwendigkeit  stilistischer  Weiterentwicklung  zu 
Grunde  gelegen  habe.  Aber  die  Art,  wie  sie  aufgetreten  seien,  be¬ 
zeichne  auch  ihr  Verkennen  der  Grundbedingungen.  Nicht  weniger 
traurige  Mifserfolge  habe  Maximilian  von  Bayern  erlebt,  als  er  in  wohl¬ 
meinender  Absicht  eine  Anzahl  Bau-Entwürfe  in  die  Wirklichkeit  zu 
übersetzen  unternahm,  und  in  Preufsen,  dem  gröfsten  deutschen  Staate, 
habe  der  hochbegabte  und  begeisterte,  aber  schwankende  Monarch 
Friedrich  Wilhelm  IV.  grofse  Mittel  zersplittert,  indem  trotz  dieses 
Aufwandes  nach  wie  vor  doch  nur  mit  Surrogat- Stoffen  gebaut  sei, 
weil  man  die  bedeutenden  Kräfte  allzu  zahlreichen  Unternehmungen 

*)  Nach  einem  Vortrage  des  Architekten  K.  E.  0.  Fritsch  in 
Berlin,  gehalten  auf  der  IX.  Wanderversammlung  des  Verbandes 
deutscher  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine  in  Hamburg. 


zuwandte.  Immerhin  sei  eine  gesteigerte  Bauthätigkeit  eingetreten,  zu¬ 
folge  welcher  auch  eine  Eückwirkung  auf  den  Privatbau  anerkannt 
werden  müsse,  die  stilistisch  nicht  ohneFolgen  geblieben  sei.  An  anderen 
Orten  habe  man  sich  vornehmlich  unter  der  Führerschaft  Gottfried 
Sempers  der  italienischen  und  französischen  Eenaissance  angeschlossen. 
Kein  anderer  Meister  habe  für  die  Erkenntnifs  stilistischer  Entwick¬ 
lung  so  viel  geleistet,  als  dieser.  In  seine  Spuren  sei  Nicolai  in 
Dresden  getreten,  während  durch  Semper  selbst  in  Zürich  eine  neue 
Pflanzstätte  der  Kunst  der  Eenaissance  begründet  wurde.  Auch  die 
Stuttgarter  Schule  unter  v.  Leins  und  v.  Egle  sowie  die  Münchener 
unter  Neureuther  haben  Einflufs  gewonnen,  und  insbesondere  die 
italienische  Eenaissance  sei  zu  glänzendster  Entwicklung  in  Wien 
gelangt,  seitdem  dort  mit  der  .Stadterweiterung  eine  gewaltige  Bau¬ 
thätigkeit  begonnen  habe,  wie  Deutschland  solche  sonst  noch  nie 
erlebt. 

Von  allen,  sowohl  von  den  Hellenisten  wie  von  den  Vertretern  der 
italienischen  Eenaissance  und  von  den  Jüngern  der  Kölner  Dombauhütte, 
wurden  gegenseitig  die  Bestrebungen  nicht  ohne  Antheil  und  nicht  ohne 
Nutzen  verfolgt,  doch  sei  es  verkehrt,  dafs  nur  die  Kirchen  und  allenfalls 
auch  die  Eathhäuser  den  Gothikern,  Theater  und  Museen  den  Helle¬ 
nisten,  Paläste  und  vornehme  Verwaltungs- Gebäude  den  Vertretern 
der  Eenaissance  zugewiesen  wurden  und  nur  im  Privatbau  alle  drei 
Gruppen,  ein  Mittel  zu  lebhaftem  Ausdruck  ihres  Wollens  gefunden 
hätten.  Hierdurch  sei  eine  Zeit  stiller  Gährung  in  der  deutschen 
Baukunst  entstanden,  die  auch  jetzt  noch  nicht  ganz  überwunden 
sei,  obieich  seit  der  inneren  Krisis  von  1866  und  den  darauf  folgenden 
siegreichen  Kämpfen  von  1870/71  bezw.  seit  der  Wiederaufrichtung 
des  deutschen  Eeiches  ein  grofsartiger  Aufschwung  in  der  Baukunst 
stattgefunden  habe,  sowohl  was  die  Zahl  der  Bauten  wie  auch  was 
die  erstaunlich  gesteigerten  Summen  betreffe,  welche  dafür  auf¬ 
gewendet  Würden.  Hieraus  habe  zunächst  die  Gothik  den  gröfsten 
Vortheil  gezogen  durch  die  Aufgaben,  die  ihr  im  Kirchenbau  zu¬ 
fielen,  und  die.  nur  vereinzelt  im  romanischen,  ganz  selten  aber 
im  Eenaissancestil  zu  lösen  versucht  worden  seien.  Die  schwerste 
Einbufse  dagegen  habe  die  Berliner  Schule  erlitten,  von  der  sich 
zuerst  der  Privatbau,  dann  aber  auch  die  Staatsverwaltung,  an¬ 
gespornt  vielleicht  durch  das  Beispiel  der  baufreudigen  Eeichspost, 
abgewandt  haben. 

Seitdem  sei  der  Verlauf  der  Dinge  unaufhaltsam  vorwärts 
gegangen,  und,  begünstigt,  durch  gründlichere  Beherrschung  der 
Kunstgeschichte,  habe  man  zunächst  das  Wesen  der  solange  ver¬ 
nachlässigten  deutschen  Eenaissance,  dann  aber  auch  dasjenige  des 
Barocks  zu  erfassen  angestrebt,  und  an  die  Stelle  der  früheren 
Aermlichkeit  sei  Uebefladung  und  wüste  Anhäufung  von  Formen 
getreten.  Nachdem  man  aber  neuerdings  gelernt  habe,  nicht  nur 
einander  Gerechtigkeit  widerfahren  zu  lassen,  sondern  sich  auch  fast 
durchweg  der  Thatsache  bewufst  geworden  sei,  dafs  der  Stil,  in 
welchem  man  baue,  keineswegs  die  Bedeutung  eines  religiösen 
Dogmas  habe,  sondern  dafs  er  nichts  weiter  sei,  als  ein  Ausdrucks¬ 
mittel  für  künstlerische  Gedanken,  verringern  sich  diese  Uebelstände 
zusehends,  und  man  achtet  seitdem  weniger  auf  den  Stil  an  und  für 
sich,  als  vielmehr  darauf,  wie  er  zum  Ausdruck  gebracht  sei.  Es 
sei  also  zur  Hauptsache  geworden,  dafs  der  ausführende  Architekt 
den  Stil,  in  dem  er  baut,  voll  beherrsche,  und  hieraus  folge  in  Zu¬ 
sammenhang  mit  der  gesteigerten  schöpferischen  Thätigkeit  an  und 
für  sich,  sowie  mit  der  gröfseren  persönlichen  Annäherung  der  Ver¬ 
treter  der  deutschen  Baukunst  der  gewaltige  Umschwung. 

Nachdem  Eedner  so  den  äufseren  Verlauf  dieser  hundertjährigen 
Stilbewegung  dargelegt  hatte,  wandte  er  sich  zu  den  inneren  Gründen, 
aus  denen  diese  Wandlungen  hervorgegangen  seien,  um  zu  unter¬ 
suchen,  ob  in  dem  Wechsel  der  letzteren  sich  neben  Zufall  und 
Willkür  auch  ein  bestimmtes  Gesetz  erkennen  lasse.  Er  glaubt  der 
Lösung  dieser  Frage  leichter  nahe  kommen  zu  können,  wenn  zunächst 
der  Haupteintheilung  der  verschiedenen  Stilarten  ein  anderes  Moment 
zu  Grunde  gelegt  werde,  als  üblich.  Denn  zu  der  Unterscheidung 
derselben  nach  gewissen  formalen,  ja  ornamentalen  Aeufserlichkeiten 
kämen  grundsätzliche,  technische  Verschiedenheiten  hinzu,  auf  die 
die  Entstehung  der  ersteren  überhaupt  zurückgeführt  werden  müsse. 
Diese  Unterschiede  wurzeln  nicht,  wie  man  gewöhnlich  glaube,  in 
der  Art  und  Form  der  Ueberdeckung  der  Eäume,  sondern  weit 
ursprünglicher  in  der  Construction  der  raumumschliefs enden  Wände 
selbst.  Eedner  glaube  deshalb  vorschlagen  zu  sollen,  dafs  man  die 
Baustile  nicht  in  die  Hauptgruppen:  Balkenstile  und  Bogenstile, 
sondern,  je  nach  der  Art  der  Wände,  in  Massenstile  und  Gerüst¬ 
stile  eintheilen  solle.  Die  ältesten  Völker,  Aegypter,  Mesopotamier 
usw.,  haben  durchweg  in  ersterem  gebaut,  wogegen  uns  bei  den 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Gr'üjchen  ein  ausgereiftes  Beispiel  künstlerischen  Gerüstbaues  ent- 
j^egentrete.  Die  Eömer  in  ihren  ■w  irklich  eigenen  Leistungen  haben 
dann  wieder  die  r'  herlicl'erungen  des  Massenstils  fortgesetzt  und 
denselben  in  ihren  ■  or.ariigen  Xutzl->nuten  zu  bis  dahin  unerreichter 
künstlerischer  -  'le  entwickelt.  1200  ü'.nhre  habe  diese  Bauweise  mit 
ihren  AusHinfem,  dem  bj’zantinischen  und  romanischen  Stil,  die  alte 
Welt  bei  t  rrse.i.l.  Gehe  man  weiter,  so  könne  in  der  Kunst  der 
Eei.ulssanee  kein  originaler  Stil  erkannt  werden,  und  diese  trage 
ilLshalb  bezüglich  der  in  Eede  stehenden  Unterscheidungsmomente 
kein  einheitliches  Gepräge.  Dennoch  dürfe  es  nicht  auifallen,  dafs 
die  Stilexperimente  der  letzten  100  Jahre  sich  vorzugsweise  nur  dem 
Gerüststil  zugewandt  hätten.  Der  Grund  hierfür  liege  darin,  dafs  letz¬ 
terer  einen  Kanon  besitze,  w'ogegen  der  Massenstil  der  individuellen 
Empfindung  des  Künstlers  erheblich  mehr  Freiheit  gestatte.  Für 
schwache,  eines  Anhalts  bedürftige  Kräfte  sei  ersterer  infolge  dessen 
stets  bequemer  und  sicherer.  Ihnsomehr  glaubt  Eeduer  aber,  dafs  in 
Zukunft  wieder  der  Massenstil  gröfsere  Aufnahme  finden  werde,  und 
stellt  es  entschieden  in  Abrede,  dafs  wir  in  dem  sog.  Eisenstil  nach 
und  nach  völlig  dem  Gerüstbau  verfallen  müfsten.  Denn  wenn  auch 
die  Zunahme  in  der  Verwendung  des  Eisens  eine  gewisse  Ver¬ 
schiebung  der  Bauconstructionen  unabweislich  nach  sich  ziehe,  so 
könne  darum  doch  von  Stilbildung  im  vorliegenden  Sinne  durchaus 
nicht  die  Eede  sein,  denn  an  und  für  sich  käme  hierbei  das  Material 
gar  nicht  in  Betracht,  und  es  sei  gleichgültig,  ob  eine  hölzerne  Decke 
leichter  zerstörbar  sei,  als  eine  eiserne.  Vielmehr  komme  es  bei  Be- 
urtheilung  des  Stils  lediglich  auf  die  Durchbildung  des  Baugegen¬ 
standes  an,  und  diese  könne  unter  Umständen  mit  voller  Berechtigung 
auch  in  den  vergänglichsten  Materialien  eine  vollendet  künst¬ 
lerische  sein. 

Eedner  versucht  nun,  unter  gänzlichem  Absehen  von  dem  Material 
unter  den  gegenwärtig  im  Gebrauch  befindlichen  geschichtlichen  Stil¬ 
arten  denjenigen  auszufinden,  der  die  meiste  Aussicht  habe,  die 
anderen  zurückzudrängen.  Hier  finde  man  gröfstentheils  die  Meinung 
verbreitet,  dafs  gegenwärtig  ein  Fastnachts  -  Stiltaumel  herrsche,  und 
dafs  nach  der  deutschen  Eenaissance,  dem  Barock,  indisch,  japanisch 
usw.,  zum  Schlufs  Empire  . —  dann  aber  wir,  d.  h.  ein  neuer  Zukuufts- 
stil  käme.  So  wenig  aber  ein  schon  einmal  dagewesener  Stil  jemals 
wieder  zur  Alleinherrschaft  werde  gelangen  können,  ebenso  wenig 
werde  sich  auch  ein  unmittelbar  neuer  Stil  erfinden  lassen,  denn  alle 
Formen  würden  sich  stets  immer  wieder  an  die  schon  dageweseuen 
anschliefsen.  Was  aber  die  scheinbare  Zerfahrenheit  im  Stil  betreffe, 
so  werde  dieselbe  weit  übertrieben.  Nicht  machtlos  ständen  wir  hier 
einer  Naturkraft  gegenüber,  sondern  hätten  vielmelu-  die  Pflicht,  den 
bereits  gewonnenen  Boden  zu  behaupten,  und  würden  dann  sicher 
bald  empfinden,  wie  alles  klarer  werde.  Die  Vorurtheile  seien  auf¬ 
zugeben  und  die  Gothik  ebensowenig  vom  Theaterbau,  wie  die 
Eenaissance  vom  Kirchenbau  auszuschliefsen.  Gerade  die  zu  monumen¬ 
taler  Einfachheit  herausfordernden  letzteren  Aufgaben  würden  den  Stil 
vor  bedenklichen  Verirrungen  und  vor  dem  dilettantistischen  Spielen 
mit  Formen  bewahrt  haben  können,  denn  nicht  die  Unsicherheit 
bezüglich  des  Stils  habe  die  Zerfahrenheit  herbeigeführt,  sondern 
die  theatralische  Ausübung  der  Kunst.  Das  Verdienst,  hierin  Wandel 
geschaffen  zu  haben,  gebühre  den  Neugothikern,  die  zuerst  wieder 
gesunde  monumentale  Constructionen  in  Zusammenhang  mit  der 
Formgebung  durchgeführt  hätten.  Man  brauche  zwar  nicht  überall 
von  der  Construction  auszugehen,  aber  man  solle  auch  nie  eine 
Kunstform  an  wenden,  die  sich  nicht  in  constructiv  gesunder  Art 
hersteilen  lasse.  Und  was  insbesondere  die  Gothik  betreffe,  so  habe 


dieselbe  augenblicklich  bereits  den  Höhepunkt  ihrer  im  gegenwärtigen 
Zeitalter  erlangten  neuen  Blüthe  überschritten,  ohne  dafs  es  ihr 
möglich  geworden  sei,  die  ihr  gegenüber  bestehende  Sprödigkeit  des 
Privatbaues  zu  überwinden.  Eedner  glaubt,  dafs,  wenn  irgend  eine 
in  der  neueren  Kunst  noch  nicht  gepflegte  Stilweise  Aussicht  habe, 
demnächst  einen  neuen  Aufschwung  zu  erleben,  so  sei  dies  der 
romanische  Stil.  Einerseits,  weil  der  Zug  unserer  Zeit  ersichtlich 
zu  der  ruhigen  Monumentalität  der  Massenstile  zurückstrebe,  dann 
aber  auch,  weil  derselbe  jenes  Moment  enthalte,  welches  die  deutsche 
Eenaissance  so  interessant  mache,  nämlich  die  Verschmelzung  des 
eigenartigen  germanischen  Empfindens  mit  den  Ueberlieferungen  der 
antiken  Welt.  Eedner  führte  eine  Anzahl  von  neueren  wohlgelungenen 
Ausführungen  in  diesem  Stile  auf  und  verbreitete  sich  dann  über  die 
neuere  Bauweise  Nord- Americas,  wo  derselbe  bereits  zu  sehr  be¬ 
deutender  Entwicklung  gelangt  sei  und  sich  immer  weiter  Bahn 
breche. 

-  Man  solle  daher  diese  ganze  Bewegung  getrost  sich  selbst 
überlassen  und  nur  auf  den  Schulen  durch  gründliches  Studium  der 
alten  Baudenkmäler  und  Durchbildung  vorwiegend  kleiner  Ent¬ 
würfe  bis  in  die  geringsten  Einzelheiten  eine  gute  Grundlage  für  das 
Können  des  zukünftigen  Architektengeschlechtes  legen,  nicht  aber 
zur  Stilbildung  unmittelbar  beitragen  wollen.  Denn,  werde  den 
Jüngeren  nur  der  rechte  Weg  gewiesen,  so  würden  sie  es  später 
auch  vermögen,  selbständig  vorzugehen,  und  unfehlbar  werde  all¬ 
mählich  ein  neuer  Stil  entstehen,  nicht  durch  willkürliche  Ver¬ 
mischung,  sondern  durch  unbewufste  Verschmelzung  und  Neubildung 
der  alten  Formen  und  Motive. 

Das  Wehegeschrei  über  die  angebliche  Stillosigkeit  unserer  Zeit 
sei  nach  alle  diesem  also  entschieden  ungerechtfertigt,  und  es  sei 
nicht  ein  Verfall  der  Baukunst,  dem  die  Gegenwart  Ausdruck  gebe, 
sondern  es  müsse  vielmehr  die  überschäumende  Kraft  als  ein  jugend¬ 
licher  Zug  bezeichnet  werden.  Auch  seien  die  zur  Anwendung  kom¬ 
menden  Formen  schon  viel  selbständiger  und  weniger  entlehnt,  als 
gemeinhin  angenommen  werde.  Dafs  dieselben  stets  eine  gewisse 
Nachahmung  in  sich  schliefsen,  sei  natürlich,  und  läge  der  Trieb  zu 
solcher  nicht  im  Menschen,  so  würde  es  um  den  Unterricht  in  der 
Architektur  sehr  schlimm  ausseheu.  Die  Hauptsache  sei,  dafs  wir 
das  hierin  liegende  Erbe  unserer  Väter  uns  geistig  zu  eigen  zu 
machen  lernen  müfsten,  und  eben  dies  sei  heute  im  Zeitalter  der 
Eisenbahnen  und  der  Photographie  nicht  so  leicht  wie  ehedem. 
Vielmehr  könne  man  ruhig  behaupten,  dafs  wdr  uns  im  Verhältnifs 
zu  dem  ins  Ungemessene  angewachsenen  Umfang  des  Erbes  ganz 
gut  mit  unserer  Aufgabe  abfändeu,  und  vergleiche  man  die  Erfolge, 
die  in  dieser  Beziehung  die  Baukunst  aufzuweisen  habe,  mit  den¬ 
jenigen  Erfolgen,  die  die  Eeligion,  Staats-  und  Socialpolitik,  das 
Verwaltungs-  und  Unterrichtswesen  oder  die  Kunst  im  allgemeinen 
äufweisen,  so  sei  keinerlei  Grund  für  erstere  vorhanden,  irgendwie 
zurückzustehen  gegen  die  übrige  Culturarbeit  des  Jahrhunderts.  Nicht 
steuerlos  treiben  wir  umher,  mit  Gefahr,  auf  eine  Sandbank  zu  ge- 
rathen  —  so  schlofs  Eedner  seine  Ausführungen  — ,  sondern  voll- 
bewufst  durchschneiden  wir  den  Ocean,  einem  wenn  auch  un¬ 
bekannten  Ziel  sicher  entgegeufahrend  und  überall  da  anlegend,  wo 
Auskunft  über  unseren  Weg  zu  erhoffen  ist.  Mögen  daher  wir  selbst 
oder  unsere  Nachkommen  dieses  Ziel  erreichen,  wir  werden  in  der 
Erkämpfung  desselben  stets  mit  Ehren  bestehen,  solange  wir  uns 
nur  nicht  durch  die  Beschwerden  der  Fahrt  zurückschrecken  lassen, 
sondern  unentwegt  dem  Ziel  entgegenstrebeu,  allezeit  unermüdet, 
allezeit  unverzagt,  allezeit  vorwärts!  Jul.  Faulwasser. 


Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neuzpit. 

(Fortsetzung.) 


II. 

Wie  ein  Blick  in  die  Liste  weiter  erkennen  läfst,  tritt  England 
nach  seinem  grofsartigen  Anlaufe  im  5.  Jahrzehnt  in  den  folgenden 
Jahrzehnten  vom  Schauplatze  des  Baues  weitgespannter  Brücken 
fast  gänzlich  zurück.  Es  ist  im  6.  und  7.  Jahrzehnt  allein  durch 
wenige  Hängebrücken  vertreten,  von  denen  eine,  die  Albert-Brücke 
über  die  Themse  in  Chelsea  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1882,  S.  100), 
noch  dazu  eine  von  vielen  Seiten  mit  Eecht  angegriffene  Bauart 
nach  dem  System  Ordish  -  Lefeiivre  zeigt.  Zumeist  liegt  diese 
Erscheinung  in  der  geographischen  Bodengestalt  Englands  be¬ 
gründet,  in  welcher  schwierig  zu  überbrückende  Meeresbuchten 
forherrschen  und  grofse  breite  Ströme  fehlen.  .  Auch  Frankreich  hat 
auf  dem  Gebiete  der  weitgespannten  Brücken  bedeutende  Leistun¬ 
gen  nicht  aufzuweisen.  Es  glänzt  allein  im  7.  und  8.  Jahrzehnt  durch 
zwei  von  Eifi’el  herrührende  sehr  kühne  Bogenbrücken,  die  Douro- 
Brücke  bei  Porto  und  die  Garabit-Thalbrücke,  sowie  auch  durch 
seine  neueren  Drahtkabelbrücken.  Dagegen  hat  Nord-America,  das 
erst  gegen  Ende  des  6.  Jahrzehnts,  nach  Beendigung  des  americani¬ 


schen  Bürgerkrieges,  also  zu  einer  Zeit,  als  die  mitteleuropäischen 
Staaten  im  Brückenbau  tonangebend  waren,  hervortrat,  was  die  Menge 
und  Grofsartigkeit  seiner  Leistungen  anlangt,  alle  Länder  Europas 
weit  übei-flügelt. 

Der  Bau  americanischer  Balkenbrücken  in  Eisen  hat  heute  etwa 
50  Lebensjahre  hinter  sich.  Davon  gehören  die  ersten  3  Jahrzehnte 
von  1840 — 1870  insofern  bereits  dör  Geschichte  an,  als  alle  in  diesem 
Zeiträume  entstandenen  Brücken  heute  als  veraltet  gelten,  und  zwar 
auch  in  America,  obvrohl  man  dort  in  Brückenbau-Dingen  von  jeher 
etwas  weniger  bedenklich  gewesen  ist,  als  in  Europa.  Die  grofsen 
Schwächen  der  alten  Balkenbrücken  —  nach  den  Systemen  von 
Whipple,  Eider,  Bollmann,  Fink,  Lowthrow,  Post  u.  a.  —  beruhten 
vorwiegend  in  der  übertriebenen  Verwendung  von  Gufseisen,  in  der 
Mangelhaftigkeit  der  Knotenverbindungen  und  in  der  unzureichenden 
Widerstandsfähigkeit  der  Wind-  und  Querverbände.  Die  bis  zur 
Mitte  des  7.  ,  Jahrzehnts  im  americanischeu  Brückenbau  ziemlich 
allein  herrschenden  Brückenbau-Gesellschaften,  von  denen  eine  jede 
ein  eigenes.  Geschäftsfeld  besafs  und  ungestört  aberntete,  wollten 


Nr.  35 '■ 


Centralblatt  der  ßauverwaltang. 


3G7 


Liste  der  M'eitgespaiiuten  Brücken.  III.  Bnnipe.  1870  — 1880. 


Nr. 

Zeit 

der 

Erbauung 

18. 

1870 

19. 

,  1871-72 

20. 

:  1870-73 

21. 

'  1868-74 

22. 

f 

1870-76 

23. 

1876—77 

24. 

1875—77 

25. 

1876-77 

26. 

1875—77 

27. 

■  1876—77 

28. 

1876-79 

29. 

1878—79 

30. 

1878—80 

31. 

1879-80 

32. 

1880  . 

Name  und  Lage  der  Brücke 


Erbauer 

oder 

Entwurf- 

Verfasser 


Abmessungen 


(Jeifnungen 


Anzahl 


Weite 

m 


Länge 


Eisenbahnbriicke  über  den  Ohio  bei  Parkersbürg  und  Bellaire .  .  .  _ 

Newport-  und  Cincinnati-Brücke . 

Albert-Hängebrücke  in  Chelsea  über  die  Themse . 

Bogenbrücke  über  den  Mississippi  bei  St.  Louis.  Bogen  von  Chromstahl 

Draht-Kabelbrücke  über  den  East-River  zwischen  New-York  u.  Brooklyn 

Ohio-Brücke  der  Cincinnati-Süd-Eisenbahn.  Seinerzeit  weitgespannteste 

Brücke  der  Welt . 

Point-Hängebrücke  über  den  Monongahela  bei  Pittsburgh . 

Kentucky -Thalbrücke  der  vorgenannten  Bahn.  Erste  americanische 

Auslegerbrücke  . . 

Draht-Kabelbrücke  über  den  Mississippi  bei  Minneapolis . 

Maria-Pia-Bogenbrücke  der  Portugiesischen  Staatsbahn  über  den  Douro, 
Porto . 

Bogenbrücke  der  Moselbahn  über  den  Rhein  bei  Coblenz . { 


Thalbrücke  über  den  Grand-River  der  Credit-Thalbahn.  1873 — 75  an¬ 
gefangen  . . . . 

Wolga-Brücke  der  Orenburger  Bahn  bei  Sysran,  Rufsland . 

Plattmouth  -  Brücke  über  den  Missouri,  Chicago  -  Burlington  -  Quincy- 
Eisenbahn . . 

Strafsenbrücke  über  die  Saale  bei  Calbe . . . | 


Linville 
Derselbe 
Ordish 

Eads 
Rohling 

Linville 

Hemberle 

Shaler  Smith 
Griffith 

Eiffel 

Hilf,  Altenloh, 
Dörenberger 

Toronto-Br.-G. 

Belelubsky 

Keystone-Br.-G.  j 
Gutehoffnungs-  V 
hütte  /; 


1 

1 

1 

1 

2 

1 

2 

1 

1 

3 

1 

1 

2 

5 

13 

2 

1 


104 

128 

122 

1.58 

152 

486 

283 

158 

244 

114 

205 

160 

106 

168 

107 

123 

104 


J  772 
j  1825 

770 


354 


1438 


den  ihnen  bequemen  Gebrauch  des  Gufseisens  auch  dann  noch  nicht 
fahren  lassen,  als  Europa  über  die  Verwendung  desselben  längst 
den  Stab  gebrochen  hatte. 

Die  erste  americanische  Balkenbrücke,  in  welcher  sowohl  Zug¬ 
ais  Druckglieder  aus  Schweifseisen  geformt  waren  —  jedoch  immer 
noch  unter  Einschiebung  von  kurzen  gufseisernen  Stofsblöcken  (sog. 
joint  blocks)  an  den  Knoten  —  stammt  wahrscheinlich  erst  aus  dem 
Jahre  1863®).  Die  gufseisernen  Stofsblöcke  sind  aber  bis  in  die 
neueste  Zeit  hinein  von  einigen  Brückenbau-Gesellschaften  mit  Vor¬ 
liebe  noch  beibehalten  worden.  Erst  eine  lange,  unablässige  Reihe 
von  traurigen  Unglücksfällen,  beginnend  1850  mit  dem  Einsturz  einer 
Riderschen  Brücke  auf  der  Eriebahn  und  bis  in  die  Gegenwart  sich 
fortsetzend,  dergestalt,  dafs  man  in  jedem  der  drei  letzten  Jahrzehnte 
durchschnittlich  25 — 30  Brückeneinstürze  zählen  konnte,  hat  endlich 
auch  der  öffentlichen  Meinung  Americas  über  den  wahren  Werth  der 
älteren  Brückenbauten  die  Augen  geöffnet.  Besonders  das  mit  dem 
Fall  der  Astabula-Brücke  im  Jahre  1876  verknüpfte  schreckliche 
Menschenopfer  hat  in  dieser  Richtung  nach  Art  eines  schweren  Ge- 


Brücken  im  Dienste  der  Verwaltungen  übernehmen  oder  letztem  be- 
rathend  zur  Seite  stehen.  Auf  solchem  Wege  ist  denn  das  gesunkene 
americanische  Brnckenbauwesen  allmählich  in  die  Pfade  zum  besseren 
gelenkt  und  überraschend  schnell  hat  es  in  den  letzten  Jahrzehnten 
zu  erstaunlichen  Leistungen  sich  aufgeschwungen,  die  mit  Recht  die 
Bewunderung  der  Welt  erregt  haben. 

Gleich  an  der  Spitze  des  7.  Jahrzehnts  erscheinen  die  Vereinigten 
Staaten  mit  mehreren  Glanzleistungen  ersten  Ranges,  unter  denen 
sowohl  Balken-  als  auch  Bogen-  und  Hängebrücken  verkommen. 
Das  sind,  neben  den  ersten  bemerkenswerthen  weitgespannten  Balken¬ 
brücken  nach  dem  System  Linville  (Abb.  2),  besonders  5  Bauwerke 
von  aufserordentlicher  Bedeutung:  Die  St.  Louis-Bogenbrücke,  die 
East-River-  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1883,  S.  105  u.  205)  und  die 
Mouongahela-Hängebrücken,  die  Ohio-Brücke  der  Cincinnati-Südbahn 
—  seinerzeit  die  weitgespannteste  Balkenbrücke  der  Welt  —  und  die 
Kentucky-Thalbrücke  der  nämlichen  Bahn,  die  erste  americanische 
und  zugleich  die  erste  weitgespannte,  nach  dem  Ausleger-  (Canti¬ 
lever-)  System  erbaute  Balkenbrücke  der  Welt.  Diese  Bauwerke 


witters  luftreinigend  gewirkt.  Seit  jener  Zeit  macht  der  america¬ 
nische  Brückenbau  den  Dichtersprueh  zur  Wahrheit:  rDas  Alte 
stürzt,  es  ändert  sich  die  Zeit  und  neues  Leben  blüht  aus  den  Ruinen“. 
Eisenbahn-  lind  Staatsbehörden  —  aus  ihrem  unthätigen,  fahrlässigen 
Sicherheitswahne  aufgeschreckt  —  ordneten  eine  umfassende  Unter¬ 
suchung  bestehender  Brücken  an,  und  eine  Folge  davon  war  ein  ge¬ 
waltiges  Aufräumen  unter  alten  Systemen,  Die  Eisenbahn-Gesell¬ 
schaften  stellten  damals  zum  ersten  Male  besondere  Lieferungs-  und 
Vertrags  -  Bedingungen  auf,  welche  ausreichende  Vorschriften  über 
die  beim  Entwürfe  zu  Grunde  zu  legenden  Annahmen  für  Belastungen 
und  zulässige  Beanspruchung  enthielten  und  auch  sonst  geeignet  waren, 
der  Willkür  von  Unternehmern  feste  Schranken  zu  setzen.  Von  da  ab 
hat  sich  auch  ein  Stamm  von  tüchtigen  Ingenieuren  gebildet,  welche  die 
Ausarbeitung  von  Entwürfen  und  Ueberwachung  der  Ausführung  von 


®)  Es  war  eine  von  John  W.  Murphy  erbaute  Brücke  über  den 
Lehigh-Flufs  bei  Manch- Chünk  in  der  Lehigh- Thalbahn  (Zeitsch.  f. 
Bauwesen  1862,  S.  207). 


standen  damals,  jedes  in  seiner  Art,  unübertroffen  und  auf  der  Höhe 
der  Zeit,  sodafs  sie  für  weitere  Betrachtungen  auf  dem  Gebiete  der 
neuesten  Balken-,  Bogen-  und  Hängebrücken  als  vortreffliche  Aus¬ 
gangspunkte  erscheinen. 

Die  Eigenart  der  americanischen  Balkenbrücken  der  Neuzeit, 
denen  wir  uns  zunächst  zuwenden,  beruht  neben  einer  etwas  scha¬ 
blonenhaften  Nüchternheit  in  der  ausschliefslichen  Verwendung  der 
Bolzenverbindungen  für  die  Hauptknoten.  Diese  Bauart  hat 
sich  nach  manchen  Richtungen  sehr  vortheilhaft  entwickelt.  Man 
legt  z.  B.  in  America  neuerdings  viel  Werth  darauf,  das  System  der 
Brückenträger  möglichst  statisch  bestimmt  und  dabei,  ohne  Verwen¬ 
dung  von  Gufseisen,  einfach  in  der  Herstellung  zu  erhalten.  Des¬ 
halb  bevorzugt  man  die  nach  dem  einfachen  Dreiecks-System  zu¬ 
sammengesetzte  Trägerwand  mit  geneigt  stehenden  Endpfosten  und 
meist  parallelen  Ober-  und  Untergurten,  deren  Grundform  aus  dem 
System  des  Whipple  -  Trägers  vom  Jahre  1852—53  hergeleitet  ist. 
(Abb.  3).  Man  wählt  grofse  Felderweiten,  um  die  Kräfte  in  mög¬ 
lichst  wenige,  starke  Wandglieder  überführen  zu  können,  und  dabei 


368 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  September  1880. 


I 

/ 

\ 

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/  i 
/  i 

schaltet  man  häufig,  um  die  Anwendung  mehrfacher  Systeme  der 
Wandglieder  zu  vermeiden,  Zwischen -Querträger  ein,  die  von  den 
Wandglieder-Kreuzungen  getragen  werden  (Abb.  4).  Obergurt  und 
Endpfosten  erhalten  ge¬ 
wöhnlich  gleiche  Quer¬ 
schnittsform,  gebildet  aus 
starken,  senkrechten  Plat¬ 
ten,  die  oben  durch  eiue 
Deckplatte  und  unten  durch 
Gitterwerk  verbunden  sind. 

Das  Eisen  wird  möglichst 
in  den  senkrechten  Platten 
aiigehäuft,  sodafs  die  Deck¬ 
platte  hauptsächlich  nur 
zur  Versteifung  des  Gurts 
für  den  Transport  und  die 
Aufstellung  dient.  Die  mit 
den  gebohrten  Bolzen¬ 
löchern  versehenen  Knoten¬ 
platten  werden  durch  Auf- 
uieten  von  Blechstücken  so¬ 
weit  wie  nöthig  verstärkt, 
aus  zwei  auf 


i'  4TPPM 


Abb. 


Americanische  Brückensysteme. 


Die  Mittelpfosten  der  Tragwand  bestehen 
beiden  Hochkanten  durch  Gitterwerk  gegen  einander 
abgesteiften  Platten,  die  nöthigenfalls  noch  durch  Winkel  usw.  ver¬ 
stärkt  werden  (Abb.  5).  Die  mit  Bolzenlöchern  versehenen,  ver¬ 
stärkten  Enden  der  Pfosten  stehen  gabelförmig  offen,  um  in  der 
Oeftnung  die  Zugbänder  aufzunehmen.  Der  Untergurt  und  meistens 
auch  die  Zugstäbe  werden  durch  Flacheisen-Glieder  gebildet,  welche 
an  beiden  Enden 
in  Sondermaschi¬ 
nen  sorgsam  ge¬ 
schmiedete  Bol¬ 
zenaugen  tragen. 

Im  Falle  diese 
Schmiedestücke 
aus  Stahl  gefertigt 

sind,  werden  sie  nach  dem  Ausschmiedeu  ausgeglüht.  lO) 

Die  Fahrbahn,  welche  bei  den  alten  Brücken  zum  Theil  oder 
ganz  aus  Holz  bestand  und  in  mangelhafter  Weise  mit  den  Haupt¬ 
trägern  verbunden  war,  wird  jetzt  fast  ganz  nach  europäischer  Art 
in  allen  Theilen  vernietet,  aus  Quer-  und  Zwischenträgern  (floor 
beams  und  stringers)  eiuge- 


Abb.  4. 


Einschaltung  von  Querti'ägern  bei 
americanischen  Brücken. 


baut,  ebenso  hat  man  nach 
europäischem  Vorgänge  an 
Stelle  der  ältern,  aus  Rund¬ 
oder  Flacheisen  bestehenden 
schwachen  Windverbände,  jetzt 
ziemlich  allgemein  solche  mit 
starken,  gegen  Zug  und  Druck 
gehörigen  Widerstand  leisten¬ 
den  Querschnitten  eingeführt. 

Man  sieht,  die  Americaner  haben 
bei  ihren  neuen  Brückensyste¬ 
men  manches  von  Europa  hin¬ 
übergeholt,  das  ihnen  früher 
für  dortige  Verhältnisse  nicht 
geeignet  erschien.  Aber  nicht 
allein,  dafs  die  genieteten  Theile  der 
Bolzenbrücken  überhand  genommen 
haben,  auch  die  ganz  nach  europäischer 
Art  vernieteten  Brücken  gewinnen  in 
America  mehr  und  mehr  an  Boden.  Bei 
kleinen  Spannweiten,  bis  etwa  30  m, 
verwenden  viele  dortige  Eisenbahn- 


Abb.  6.  Gurte  und  Glieder  americanischer  Brücken. 


Gesellschaften  nur  vernietete  Blech-  oder  Gitterbrücken,  andere  Ge¬ 
sellschaften  bauen  grundsätzlich  nur  genietete  Brücken.  Das  gröfste 


10)  Die  schmiedeeisernen  oder  stählernen  Bolzen  werden  bei  einer 
Stärke  derselben  bis  etwa  114  mm  und  darüber  mit  einem  Spiel  von 
0,5  mm  bezw.  0,8  mm  eingesetzt. 


americanische  ganz  vernietete  Tragwerk  besitzt  wohl  die  kürzlich 
vollendete  1190  m  lauge  Brücke  der  Canadisch-Atlantischen  Eisenbahn 
über  den  St.  Lorenz-Strom  bei  Coteau  (Centralbl.  d.  Bauverw.  188G, 
S.  313)  mit  18  Oeifuuugeu,  darunter  eine  Drehöffnung  von  108  m 
Weite.  11 ) 

Die  Ursachen  für  das  Ueberhandnehmen  der  genieteten  Trag¬ 
werke  auf  den  americanischen  Eisenbahnen  sind  auf  die  Bedenken 
zurückzuführeu,  welche  bezüglich  der  Betriebssicherheit  der  Bolzen¬ 
brücken  angesichts  so  vieler  durch’Zugentgleisungen  herbeigeführten 
Einstürze  von  Brücken  älteren,  neueren  und  neuesten  Systems  auch 
americanischerseits  endlich  wach  geworden  sind.  Ueber  die  Frage 
der  Betriebssicherheit  der  Bolzenbrücken  sind  im  vorigen  Jahre, 
bei  Gelegenheit  der  Besprechung  des  erwähnten  Vertrages  von 
Cooper,  im  Verein  der  americanischen  Civil  -  Ingenieure  schroffe 
Meinungsverschiedenheiten  zu  Tage  getreten,  und  dabei  hat  es  sich 
gezeigt,  dafs  das  europäische  Brückensystem,  lediglich  infolge  seiner 
gröfseren  Betriebssicherheit,  in  America  viele  Anhänger  zählt.  Dafs 
in  Wirklichkeit  Bolzenbrücken  neueren  Systems  bei  vor  oder  auf  der 
Brücke  eintretenden  Zugentgleisungen  infolge  ihrer  geringen  Seiten- 
steitigkeit  häufig  zu  Falle  gebracht  worden  sind,  während  ein  der¬ 
artiger  Zusammenbruch  auf  dem  Gesamtgebiete  der  europäischen  und 
americanischen  ganz  vernieteten  Brücken,  soweit  bekannt,  noch  nicht 
vorgekoinmen  ist,  wurde  in  der  Versammlung  nicht  widerlegt.  Ander¬ 
seits  sind  aber  in  America  und  Europa  Fälle  bekannt,  wo  eine  Zug¬ 
entgleisung  auf  einer  genieteten  Brücke  stattfand  und  diese  trotz¬ 
dem  nicht  einstürzte.  Ein  höchst  bemerkenswerthes  Vorkommnifs 
solcher  Ai-t  ist  u.  a.  der  Unfall  auf  der  Saarbrücke  bei  Völklingen 
im  Jahre  1886.12) 

Die  Anwendung  von  Knotenbolzen  macht  das  americanische 
Brückensystem  dem  europäischen  gegenüber  bekanntlich  nur  in 
zweierlei  Hinsicht  überlegen: 

1.  weil  dadurch  die  genaue  Berechnung  der  Grundspannungen 
und  Nebeuspannungen  der  Hauptträger  erleichtert  und  gleichzeitig 
die  Gröfse  der  Nebenspanuungen  verringert  wird; 

2.  weil  dadurch  die  Dauer  der  Aufstellung  der  Brücken  be¬ 
deutend  verkürzt  werden  kann. 

Die  aus  diesen  Vorzügen  sich  ergebenden  Vortheile  sind  unleugbar 
werthvoll,  es  entsteht  nur  die  Frage,  ob  sie  dem  Nachtheil  der  ge¬ 
ringeren  Betriebssicherheit  gegenüber  zu  Gunsten  der  Bolzenbrücken 
entscheidend  ins  Gewicht  fällen  können.  Nach  diesseitiger  Meinung 
nicht.  Die  vornehmste  Forderung,  die  eine  Eisenbahnbrücke  erfüllen 
mufs,  ist  Betriebssicherheit,  selbst  wenn  solche  nur  unter  ent¬ 
sprechender  Erhöhung  der  Anlagekosten  erreicht  werden  könnte. 
Wie  gering  fällt  aufserdem  ein  etwaiger  Kostenunterschied  zwischen 
einer  Bolzen-  und  genieteten  Brücke  in  die  Wagschale  im  Vergleich 
mit  dem  durch  einen  einzigen  Brückenzusammenbruch  etwa  herbei¬ 
geführten  unersetzlichen  Verlust  an  kostbaren  Menschenleben! 

Die  Anhänger  der  Bolzenbrücken  sind  nun  der  Meinung,  es 
sei  Sache  der  Betriebsleiter,  die  Bolzenbrücken  durch  Anbringung 
von  Vorrichtungen  zur  Verhütung  von  Entgleisungen  vor  und 
auf  der  Brücke,  sowie  auch  —  um  die  Folgen  einer  Entgleisung 

vor  der  Brücke  zu  mildern 

125,0 - - >1  —  durch  Aufstellung  von 

starken  Prellpfeilem  vor  der 
Brücke,  gegen  etwaige  Zer- 

126,0 _ ^  Störung  ausreichend  zu  sichern. 

Ein  bekanntes  americanisches 
Hülfsmittel  solcher  Art  ist  die 
sogenannte  Unfallsteife  (colli- 
•  sion  strut),  welche  von  der  Mitte 

desEndpfostens  nach  der  ersten  Wandglied- Kreuzung  führt  (Abb.  7). 
Sie  soll  dazu  dienen,  bei  etwaigem  Anrennen  von  Fahrzeugen 
gegen  die  Endpfosten  den  Stofs  an  möglichst  widerstands¬ 
fähige  Knoten  abzugeben.  Wenn  derartige  Schutzvorrichtungen 
auch  nicht  imstande  sind,  die  Gefahr  einer  Entgleisung  in  allen 
Fällen  zu  beseitigen,  so  liegt  doch  ihr  grofser  Nutzen  für  americanische 
Vei-hältnisse  auf  der  Hand.  In  Europa  hält  man  sie,  abgesehen  von 
den  Zwangsschienen  auf  sehr  langen  Brücken,  bislang  im  allgemeinen 
nicht  für  nothwendig,  wahrscheinlich  aus  doppeltem  Grunde,  erstens 
weil  sie  nicht  unfehlbar  wirken,  und  zweitens,  weil  selbst  im  Falle 
einer  Entgleisung  vor  oder  auf  der  Brücke  die  Gefahr  eines  Zu¬ 
sammenbruchs  bei  einer  nach  europäischem  Muster  gebauten  eisernen 
Brücke  erfahrungsmäfsig  fast  ganz  ausgeschlossen  ist.  Wir  haben 
besonders  aus  letzterem  Grunde  keine  Veranlassung,  das  america¬ 
nische  System  der  Bolzenbrücken  bei  uns  einzuführen. 

III. 

Unter  der  grofsen  Zahl  von  bedeutenden  americanischen  Balken¬ 
brücken  verschwinden  die  Bogenbrücken  fast  ganz.  Die  Liste  enthält 

11)  Erbaut  von  der  Dominion-Brücken-Bau-Gesellschaft  in  Canada. 

12)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1886,  S.  126. 


Abb.  7.  Unfallsteife. 
Träger  der  Hawkesbury-Brüeke. 


fllrJ5A. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


369 


Liste  der  weitgespannten  Brücken.  IV.  Bruppe.  1880  —  1890. 


Zeit 

der 

Erbauer 

Abmessungen 

Nr. 

Name  und  Lage  der  Brücke 

oder 

Entwurf- 
1  Verfasser 

Oeffnungen 

Länge 

m 

Erbauung 

Anzahl 

Weite 

m 

33. 

1880—82 

Brücke  Don  Pedro  II.  der  Kaiserlichen  Centralbahn  über  den  Paraguassa- 

1 

Flufs,  Brasilien . 

— 

4 

152  i 

— 

34. 

1881—82 

Schwarzwasser-Bogenbrücke  der  Strafse  von  Bern  nach  Schwarzenbui’g 

Probst 

1 

114 

167 

35. 

1882—83 

Monongahela-Brücke  in  Pittsburgh.  Pauliträger . 

Lindenthal 

2 

110 

— 

36. 

1883 

Niagara-Auslegerbrücke  der  Michigan-Centralbahn,  unterhalb  der  Fälle 

Schneider  u.  Hay  es 

1 

141 

273 

37. 

1880—84 

Bogenbrücke  über  das  Garabit-Thal  bei  Saiht-Flour,  Linie  Marvejols- 

Neussarges  . 

Eiffel 

1 

165 

448 

38. 

1882—84 

Trisana-Thalbrücke  der  Arlbergbahn  bei  Innsbruck . 

— 

1 

120 

39. 

1882-84 

Bogenbrücke  über  die  Theifs  bei  Szegedin . 

Feketehdzy 

1 

110 

380 

40. 

1883-84 

Lamothe-Drahtbrücke  über  den  Allier  bei  Brioude,  Frankreich  .... 

Arnodin 

1 

115 

— 

41. 

1883—84 

La  Tardes-Thalbrücke  bei  Evaux,  Linie  Montlucon-Eygurande  .... 

— 

1 

100 

248 

42. 

1883—84 

Bogenbrücke  über  den  Magdalenen  -  Strom  bei  Honda  in  Columbien.! 

Bender,  Gute- 

109 

Fünf-Gelenkträger  . . \ 

hoffnungshütte 

■  i 

43. 

Y881-85 

Bogenbrücke  Luiz  1.  über  den  Douro  bei  Porto,  für  zwei  Strafsen  . 

Gesellschaft  Wille- 
broeck,  Seyrig 

1 

172 

390 

44. 

1881—85 

Kentucky-  und  Indiana- Auslegerbrücke  für  Eisenbahn  und  Strafse  über! 

Macdonald, 

( 

1 

1 

147 

146 

170 

1  748 

den  Ohio  bei  Louisville . \ 

Hemberle 

l 

1 

45. 

1882-85 

Bogenbrücke  der  Strafse  über  den  Rhein  zwischen  Mainz  und  Castel  . 

Lauter,  Thiersch 

1 

102 

500 

46. 

1883—85 

Auslegerbrücke  über  den  St.  Johns-Flufs,  Neu-Braunschweig,  Canada  .| 

Dominion-Br.-G., 

Abbott 

1 

145 

367 

47. 

1883-85 

Brücke  der  Canadischen  Pacific-Bahn  über  den  St.  Lorenz-Strom  bei/ 

Dominion-Br.-G-, 

1 

124 

Lachine,  Canada . A 

Shaler  Smith 

48. 

1883-85 

Ohio-Eisenbahnbrücke  bei  Henderson  . . | 

Keystone-Br.-G., 

Vaughan 

f 

1 

159 

— 

49. 

1884-86 

Brücke  über  den  Susquehanna- Flufs  bei  Havre  de  Grace,  Baltimore-! 

Keystone-Br.-G., 

/ 

1 

A 

157 

145 

114 

Ohio-Eisenbahn . \ 

Douglas 

l 

2 

50. 

1882-87 

Jubilee- Auslegerbrücke  der  Ostindischen  Bahn,  bei  Hooghly . 

Leslie 

2 

160 

366 

51. 

1886—87 

Randolph-Brücke  über  den  Missouri  bei  Kansas-City,  Chicago  .  .  .  _| 

Keystone-Br.-G., 

Strobel 

/ 

h 

3 

122 

— 

52. 

1886—87 

Ausleger* Eisenbahnbrücke  über  den  Hudson  bei  Poughkeepsie.  1873 

2 

152 

j-  2062 

bis  78  angefangen . .  ,. 

Union-Br.-G. 

1 

158 

2 

159 

53. 

1883—88 

Uwod-Belaja-  und  Ufa-Brücken  der  Schnisk -Iwanow-  und  Ufa-Bahn,  : 

3 

1  107 

/ 

146 

Rufsland . . . 

Belelubsky 

6 

3 

__ 

54. 

1886—88 

Auslegerbrücke  der  Ohio-Bahn  über  den  Kanawha-Flufs  ...... 

Union-Br.-G. 

1 

293 

55. 

1886—89 

Auslegerbrücke  der  indischen  Nord-Westbahn  über  den  Rohri-Arm  des 

Indus  bei  Sukkur  . 

Rendel  u.  a. 

1 

241 

390 

56. 

1886—89 

Washington-Bogenbrücke  über  den  Harlem-Flufs  in  New-York .... 

Hutton  u.  a. 

2 

155 

693 

57. 

1886—89 

Hawkesbury -Brücke  in  Neu-Süd-Wales,  Australien . | 

Union-Br.-G., 

Barlow 

( 

i 

5 

2 

127 

124 

l|  883 

58. 

1886—89 

Neue  Hammersmith-Kettenbrücke  über  die  Themse  in  London  .  .  .  • 

Bazalgette 

1 

122 

-  — 

59. 

1887—89 

Ohio-Bcücke  der  Cincinnati-Covington-Eisenbahn . | 

Phönixville-W  erke, 
Bonzano,  Burr 

/ 

i 

2 

1 

168 

149 

— 

60. 

1888—89 

Bogenbrücke  über  das  Addathal  bei  Paderno)  Italien . | 

Savigliano  -Werke, 
Röthlisberger 

\ 

1 

150 

266 

61. 

1888-90 

Brücke  der  Piazza  Pia  über  den  Tiber  in  Rom,  aus  Flufs metall  .  .  ,  . 

Savigliano  -W  erke 

1 

102 

— 

62. 

1883-90 

Ausleger -Eisenbahnbrücke  über  den  Firth  of  Forth  bei  Queensferry, 

Schottland . 

Fowler  u.  Baker 

2 

521 

2394 

63. 

1889—90 

Ausleger -Eisenbahnbrücke  über  den  Colorado -Flufs  zwischen  Arizona 

und  California .  . . 

Phönixville-W erke 

1 

201 

— 

64. 

1889-90 

Merchants-Eisenbahnbrücke  über  den  Mississippi  bei  St.  Louis  ... 

Union-Br.-G. 

3 

158 

— 

aufser  der  St.  Louis-Brücke  nur  noch  eine  weitgespannte  Bogen- 
brücke,  die  im  vorigen  Jahre  vollendete  Manhattan  -  Brücke  — 
oder  Washington  -  Brücke,  wie  sie  jetzt  genannt  wird  —  über 
den  Harlemflufs  in  New -York  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1886,  S.  136). 
Die  St.  Louis  -  Brücke  eröffnet  den  Reigen  der  weitgespannten 
Bogenbrücken  des  7.  und  8.  Jahrzehnts  und  ist  merkwürdig  durch 
die  Anwendung  von  Gufsstahl  für  die  röhrenförmigen  Gurte 
ihres  Gitterbogens,  durch  die  für  damalige  Zeit  unübertroffene, 
unter  Anwendung  von  Prefsluft  bewirkte,  31  m  tiefe  Pfeilergründung, 
sowie  auch  durch  ihre  eigenartige  Aufstellung,  bei  welcher  das  Auf¬ 
hängeverfahren  ohne'  Anwendung  fester  Stromgerüste,  nur  mit 
Hülfe  von  oberhalb  der  Bogen  auf  den  Pfeilern  gestützten  Hülfs- 
vorrichtungen  (Abb.  8,  Seite  370)  zum  ei’sten  Male  in  planvoller 
Weise  zur  Durchführung  kam.  Von  den  älteren  Bogenbrücken 
geringerer  Spannweite  kann  sich  ihr  nur  eine  einzige  würdig 
zur  Seite  stellen,  die  1861 — 1864  von  Hartwich  erbaute  Rheinbrücke 
der  Linie  Coblenz- Lahnstein  (Zeitsch.  f.  Bauw.  1864,  S.  385),  deren 
vollendete  theoretische  und  constructive  Durchbildung  für  die  Ent¬ 


wicklung  des  Baues  eiserner  Bogenbrücken,  besonders  für  die  später 
erbauten  Rhein-Brücken  bei  Rheinhausen  und  oberhalb  Coblenz,  von 
tonangebendem  Einflufs  war,  und  welche  wegen  der  bei  ihrer  An¬ 
ordnung  erzielten  Schönheitswirkung  einen  hohen  Rang  unter  allen 
bestehenden  Bogenbrücken  einnimmt. 

Auf  den  americanischen  Brückenbau  haben  die  Bauvorgänge  bei 
der  Errichtung  der  St.  Louis-Brücke  ungemein  fördernd  eingewirkt. 
Namentlich  haben  die  vor  Augen  liegenden  Vorzüge  des  Aufstellungs¬ 
verfahrens  die  Einführung  der  Balkenbrücken  nach  dem  Ausleger- 
(Cantilever-j  System  beschleunigt,  eine  Bauart,  bei  welcher  die  Auf¬ 
stellung  ohne  Stromgerüste  in  ähnlicher,  aber  noch  vollendeterer 
Weise  bewirkt  werden  kann.  Aufserdem  hat  die  gründliche  Art,  in 
welcher  das  Material  der  St.  Louis-Brücke  durch  viele  Tausende  von 
Proben  bezüglich  seiner  Festigkeits-Eigenschaften  untersucht  worden 
ist,  heilsame  Anregung  auch  auf  dem  Gebiete  des  Prüfungswesens 
gegeben.  Darin  ist  Europa  von  America  in  manchen  Stücken  sogar 
überholt  worden.  Dort  läfst  man  z.  B.  bei  jedem  bedeutenden 
Brückenbau  in  der  Regel  auch  Festigkeits-Versuche  mit  vollquer- 


370 


Centralblatt  der  Bauverwaltiing. 


3.  Sciiteiiiber  ISDO. 


schnittigen  (fall  sized)  Tr ägert heilen  vornehmen,  wozu  die 
dortigen  gröfseren  Brückenbau-Gesellschaften  Einrichtungen  besitzen, 
was  in  Europa  überall  nicht  der  Fall  ist. 

Mit  der  St.  Louis -Brücke  haben  auch  die  Bogenbrücken  das 
Gebiet  der  weitgespannten  Brücken  als  ^litbewerber  betreten.  Trotz 
ihrer  grofsen  Vorzüge  ist  es  ihnen  bis  jetzt  aber  nicht  geglückt,  neben 
den  das  Feld  behauptenden  Balkenbrücken  viel  Boden  zu  gewinnen. 
Im  Vergleich  zu  diesen  befinden  sie  sich  noch  sehr  in  der  Minderzahl. 

Die  Liste  zählt  im  7.  und  8.  Jahrzehnt  aufser  der  St.  Louis- 
Brücke  neben  3G  weitgespannten  Balkenbrücken  blofs  9  Bogen¬ 
brücken,  darunter  befinden  sich  6,  welche  (wie  die  ausgehängten 
Abbildungen  veranschaulichen)  tiefe  und  weite  Thalschluchteu  oder 
Ströme  mit  zu  beiden  Seiten  bergansteigenden  Ufern  überbrücken, 
wie  die  Garabit-  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1881,  S.  120)  und  Schwarz¬ 
wasser-Thalbrücken  (Zeitsch.  f.  Bauw.  1886,  S.  351),  die  beiden  Douro- 
Brücken,  die  Adda-Brücke  bei  Paderno  und  die  Magdalenen-Brücke 
bei  Honda.  Flacher  gestreckte  Strombrücken  sind  4  vorhanden;  die 
Eheinbrücken  oberhalb  Coblenz  (Zeitsch.  f.  Bauw.  1881,  S.  87)  und 
zwischen  Mainz  und  Castel,  ferner  die  Theifs-Brücke  bei  Szegedin  und 
die  Washington-Brücke  über  den  Harlemflufs  in  New-York  (Centralbl. 
d.  Bauverw.  1886,  S.  136).  Ein  erhebliches  Ueberwiegen  der  Thal- 


Bogenbrücken  die  Träger  ohne  Gelenk  und  solche  mit  2  Kämpfer- 
Gelenken  ziemlich  gleichmäfsig  Anwendung  gefunden.  Dreigelenk- 
Träger  werden  meist  nur  für  kleinere  Weiten  gewählt,  denn  die 
Unbequemlichkeiten,  welche  die  Anwendung  eines  Scheitelgelenks 
mit  sich  bringt  ■ —  das  sind  namentlich:  unvollkommene  Steifigkeit 
des  Bogens,  schädlicher  Einflufs  der  Stöfse  der  Verkehrslast,  noth- 
wendige  Beweglichkeit  der  Fahrbahn  über  dem  Scheitel  u.  dergl.,  — 
wachsen  mit  der  Bogenweite.  Auch  sind  die  infolge  von  Aeüde- 
rungen  in  der  Luftwärme,  durch  Ausweichen  der  Widerlager  oder 
durch  die  Verkehrslast  herbeigeführten  elastischen  Bewegungen  beim 
Dreigelenk-Bogen  gröfser,  als  beim  Bogen  ohne  Gelenk  oder  mit 
Kämpfer-Gelenken,  obschon  diese  Bewegungen  allein  beim  Dreigelenk- 
Träger  (wegen  seiner  statischen  Bestimmtheit)  Spannungen  im  Bogen 
nicht  liervorrufen.  Die  statische  Bestimmtheit  des  Dreigelenk-Trägers 
und  die  daraus  erwachsenden  Vortheile  seiner  bequemeren,  sowie 
auch  sichereren  Berechnung  und  Aufstellung  sind  es  allein,  welche 
ihm  viel  Anhänger  verschafl't  haben.  Mehr  als  3  Gelenke  einzulegeu, 
wie  es  z.  B.  bei  dem  Fünfgelenk-Träger  der  Magdalenen-Brücke  in 
Columbien  geschehen  ist,  dürfte  wohl  nicht  zu  rathen  sein. 

In  seinen  äufseren  Begrenzungslinien  erscheint  der  Bogen  in 
dreierlei  Form,  je  nachdem  allein  die  Rücksicht  auf  die  äufsere  Er- 


Abb.  8.  Aufstellung  der  Mississippi -Brücke  bei  St.  Louis. 


und  Schluchtbrücken  gegenüber  den  eigentlichen  Strombrücken 
findet  danach  nicht  statt.  Wenn  man  aber  die  kleineren,  im¬ 
merhin  aber  bemerkenswerthen  neueren  eisernen  Thalbrücken  der 
Alpenländer  13)  mit  in  Betracht  zieht  und  dabei  den  Mangel  an 
geringweitigen,  über  Ströme  führenden  Bogenbrücken  berück¬ 
sichtigt,  so  wird  man  das  Ueberwiegen  der  Thal-  und  Schlucht¬ 
brücken  gegenüber  den  eigentlichen  Strombrücken  zugestehen  müssen. 
In  der  That  eignet  sich  die  Bogenform  am  besten  für  die  Ueber- 
brückung  tiefer  Thäler  und  Schluchten,  die  mit  einem  einzigen  Bogen 
übersetzt  werden  können,  nicht  allein  ihrer  unbestrittenen  Schönheits¬ 
wirkung,  sondern  im  Vergleich  zu  einer  Balkenbrücke  auch  der 
Kostenersparnifs  wegen.  Bei  mangelnder  oder  beschränkter  Con- 
structionshöhe  aber,  ein  Fall,  der  bei  der  Ueberbrückung  von 
Strömen  meistens  vorliegt,  ist  der  Bogen  nicht  so  sehr  an  seinem 
Platze.  Die  Schwierigkeiten  und  Unbequemlichkeiten,  die  in  solchem 
Falle  aus  der  Nothwendigkeit  der  sicheren  Begegnung  des  grofsen 
Schubes  flachgespannter  Bögen,  aus  der  Unbestimmtheit  der  Bogen- 
construction,  sowie  ferner  aus  dem  Mangel  entstehen,  dafs  die  freie 
Durchfahrtshöhe  vom  Bogenscheitel  nach  den  Kämpfern  hin  ab¬ 
nimmt,  beeinträchtigen  ihre  Vorzüge  erheblich.  Wenn  eine  Bogen¬ 
brücke  unter  derartig  ungünstigen  Verhältnissen  beim  Wettbewerb 
mit  einer  Balkenbrücke  dennoch  einmal  den  Sieg  davonträgt,  so  hat 
sie  ihren  Erfolg  allein  der  vortheilhaften  Wirkung  ihrer  äufseren 
Erscheinung  zu  verdanken. 

Wie  ein  näherer  Vergleich  der  ausgehängten  Abbildungen  und 
die  Angaben  der  Liste  erkennen  lassen,  haben  bei  den  weitgespannten 


^^)  Z.  B.  die  60  m  weite  Rohrbach-Brücke  der  Gotthardbahn,  die 
86  m  bezw.  81  m  weite  Javroz- Brücke  und  Kirchenfeld-Brücke  in  der 
Schweiz,  die  Seilbahnbrücke  am  Giefsbach  ebendaselbst,  die  60  m 
weite  Brücke  über  die  Noce-Schlucht  in  Südtirol  (Centralbl.  d. 
Bauverw.  1890,  S.  220),  sowie  auch  die  60  m  weite  Adda-Brücke  bei 
Trezzo  in  Italien  u.  a.  m. 

1^)  An  Durchfahrtshöhe  könnte  man  —  wie  bei  den  älteren 
Rheinbrücken  in  Coblenz  und  Eheinhausen  und  der  Etschbrücke  in 
Verona  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1885,  S.  239)  geschehen  —  dadurch 
gewinnen,  dafs  man  den  Bogenscheitel  über  die  Fahrbahn  legt.  Eine 
solche  Anordnung  wird  aber  nur  ausnahmsweise  beliebt,  in  der  Regel 
liegt  die  Bahn  ganz  oben. 


scheinung  oder  das  Bestreben  vorherrschend  ist,  durch  Erzielung 
möglichst  gleicher  Bogen -Querschnitte  an  Eisen  zu  sparen.  Im 
ersteren  Falle  wählt  man  meist  die  Kreisform  und  parallele  Gurte 
(Rhein-,  Theifs-,  hlississippi-  und  Washington-Brücke),  im  letzteren 
Falle  auch  die  Parabelform.  Die  Bogenhöhe  gestaltet  sich  hierbei 
der  Veränderlichkeit  der  Biegungsmomente  entsprechend  veränderlich. 
Bei  Vorhandensein  von  Kämpfer-Gelenken  ist  die  Höhe  am  gröfsten 
im  Scheitel,  am  kleinsten  in  der  Nähe  der  Gelenke  (Maria-Pia-  und 
Garabit-Brücke),  und  beim  Bogen  ohne  Gelenk  ist  das  LTmgekehrte 
der  Fall  (Schwarzwasser-,  Douro-  und  Adda-Brücke).  Bei  den  Bögen- 
Gitterfüllungen  verwendet  man  gewöhnlich  das  einfache  oder  zwei¬ 
fache  Dreiecks -System  oder  die  bekannte  Anordnung  senki-echter 
Steifen  mit  zwischenliegendem  Schrägstreben -Kreuz.  Vollwandige 
Blechbogen  zeigt  unter  den  weitgespannten  Bogenbrücken  allein  die 
New -Yorker  Washington-Brücke. 

Zum  Tragen  der  Bahn  hat  man  mit  Vorliebe  nur  2  Bogenträger 
verwendet,  welche  bei  zweigeleisigen  Eisenbahnbrücken  —  um  die 
Querschnitts- Verdrückungen  unter  der  Einwirkung  eingeleisiger  Be¬ 
fahrung  möglichst  zu  vermindern  und  gleichzeitig  auch,  um  kurze 
Pfeiler  zu  ei'zielen  —  am  besten  unmittelbar  unter  den  äufseren 
Schienensträngen  liegen.  Die  Abstützung  auf  den  Bogen  erfolgt 
entweder  möglichst  gleichmäfsig  durch  dicht  gestellte  senkrechte 
Gittersteifen,  so  geschehen  bei  den  meisten  Strombrücken,  oder  die 
Uebertragung  erfolgt  mit  Hülfe  von  einzelnen  symmetrisch  zum 
Bogenscheitel  belegenen  eisernen  Gitterpfeilern,  auf  welchen  die  Fahr¬ 
bahnbrücke  in  mehr  oder  minder  grofsen  Spannweiten  lagert  (Douro-, 
Garabit-  und  Adda-Brücken).  Je  einer  dieser  Gitterpfeiler  steht 
senkrecht  über  den  Widerlagern,  wodurch  die  Richtung  des  Bogen¬ 
schubes  günstig  beeinflufst  wird. 

Die  Bogentiefe  nimmt  bei  den  hohen  Thalbrücken  vom  Scheitel 
nach  den  Widerlagern  hin  zu,  wodurch  die  Steifigkeit  der  ganzen 
Brücke  gegen  Seitenkräfte,  namentlich  Wind,  sehr  erhöht  wird.  Bei 
der  portugiesischen  Brücke  Luiz  I,  der  weitgespanntesten  Bogen¬ 
brücke  der  Welt  —  welche  dazu  merkwürdiger  Weise  noch  zwei  in 
50  m  Höhe  über  einander  liegende  Strafsen  überbrückt  —  beträgt 
die  Tiefe  des  Bogens  im  Scheitel  6  und  an  den  Kämpfern,  die  behufs 
Durchführung  der  untern  Brückenbahn  durchbrochen  sind,  16  m. 

(Fortsetzung  folgt.)  ‘ 


Verbesserungen  am  Wellbleclidaclie. 


An  einer  im  Jahre  1879  angefertigten  Zinkbedachung  aus  Well¬ 
blech  von  rund  3000  qm  Fläche  zeigten  sich  häufig  Undichtigkeiten. 


Eine  vor  ungefähr  vier  Jahren  vorgenommeue  genaue  Untersuchung 
und  längere  Zeit  hindurch  fortgesetzte  Beobachtung  des  auf  halber 


371 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


ScliahiBg  (20  cm  Brett  mit  20  cm  Zwiechenraum)  bei  21  Grad 
Neigung  in  der  durch  Abb.  1  erläuterten  Bauart  ausgeführten 
Daches  ergab,  dafs  bei  starkem  Winde  an  mehreren  Stellen  die 
Deckleisten  a  Abb.  1  gehoben,  und  der  Regen  zwischen  den  Deck¬ 
leisten  und  dem  Wellbleche  sowie  zwischen  letzterem  und  den  Dach¬ 
latten  c  hindurch  in  den  Dachraum  getrieben  wurde.  Ferner  stellte 
sich  heraus,  dafs  an  den  nach  dem  Winde  liegenden  Seiten  des 
Daches  das  ;  Wasser  auch  durch  die  7 — 8  cm  breite  wagerecbte 
Ueberdeckung  der  Wellblechtafeln  hindurcbgedrückt  wurde.  Um 
Abhülfe  zu  schaffen,  wurden  zunächst  auf  den  dem  W^etter  am 
meisten  ausgesetzten  Dachflächen  an  den  Deckleisten,  welche  mit 
den  Latten  in  je  2  m  Entfernung  verschraubt  waren,  zwischen  je 
zwei  vorhandenen  noch  drei  weitere  Schrauben  angebracht,  sodafs 
der  Abstand  der  Befestigungspui)k,te  von  einander  nur  je  0,5  m  be¬ 
trug;  es  wurde  indes  hiermit  keine  vollständige  Dichtung  des  Daches 
zu  beiden  Seiten  der  Latten  erzielt. 

Im  Hinblick  darauf,  dafs  wegen  der  ungenügenden  Breite  der 
wagerecbten  Ueberdeckungen  der  Wellblechtafeln  eine  Umlegung 
■derselben  nicht  zu  umgeben  war,  uud  dafs  bei  dieser  Umdeckung 
die  Dichtung  der  Wellbleche'  sowohl  in  wagerechter  als  in  an¬ 
steigender  Richtung  verbessert  werden  konnte,  sowie  in  fernerer  Er¬ 
wägung,  dafs  die  nicht  unerheblichen  Kosten  der  Umdeckung  grofse 


Vorsicht  zur  Pflicht  machten,  wurden  einige  Tafeln  auf  der  Wetter¬ 
seite  probeweise  so  um^elegt,  dafs  sie  sich  12  cm  überdeckten. 
Dabei  wurde  zugleich  die  Dichtung  der  ansteigenden  Stöfse  in  der 
Weise  verändert,  dafs  die  Deckleisten  gänzlich  wegfielen  und  sich  je 
^wei  aneinander  stofeendö  Bleche'  zu  Dreiviertheilen  einer  ganzen 
Welle  überdeckten  (Abb.  4).  Die  am  Ende  der  oberen  Bleche  bei 
(/  sich  bildenden  Fugen  wurden  verl'ötbet_  und  die  Latten  auf  den 
Schalbrettern  mit  Nägeln  e  befestigt.  Auf  eine  Verschraubung  der 
Blechtäfeln  mit  den  Latten  könnte  nach  Wegfall  der  Deckleisten 
verziehlet  werden,  da,  wie  in 'Abb.  2 'und  3  gezeigt  ist,  jede  Tafel 
an  ihrem  untern  Ende  mit  Zuhülfenähme  eines  untergelegten  Holz- 
stücfces  y  zweimal  an  einem  Sehalbrette  durch  je  einen  Schrauben¬ 
bolzen  'befestigt  war  und  .auch-  nacb  der  .Umlegung  in  gleicher 
Weise  befes.tigt  wurde.  Obwohl  die  Latten  c  nicht  mehr  unbedingt 
erforderlich  waren,  so  erschien  es  doch  angezeigt,  sie  wieder  ein- 
zubringenj  um  das  -Niederlegen  der  Wellbleche  bei  A  Abb.  4  zu  ver¬ 
hüten. 

Die  vorbeschriebene  Umänderung  der  Herstellungsart  des  Daches 
bewährte  sich  bis  auf  die  probeweise  angeordnete  Breite  von  12  cm 
der  wagerechten  Ueberdeckung,  Diese  genügte  nicht,  um  bei  sehr 
heftigem  Winde  das  Eindringen,  von  Regenwasser  in  den  Dachraum 
unmöglich  zu.  machen,  und,  es  erhielt  deshalb  bei  einer  zweiten 
versuchsweise  .  vorgenommenen  Umlegung  mehrerer  Tafeln  die. 


Ueberdeckung  eine  Breite  von  14  cm,  womit  nunmehr  der  er¬ 
wünschte  Erfolg  erzielt  wurde. 

Nachdem  durch  längere  Beobachtung  festgestellt  war,  dafs  die 
angeordneten  Verbesserungen  die  vollständige  Diehthaltung  des 
Daches  bewirkten,  sind  die  dem  W’ etter  am  meisten  ausgesetzteu 
Dachseiten  im  vorigen  Jahre  in  der  zuletzt  angegebenen  Weise  um¬ 
gedeckt  worden.  Es  haben  sich  bis  jetzt  keine  weiteren  Undichtig¬ 
keiten  gezeigt,  als  an  der  Verlöthung  derjenigen  Stellen,  an  denen 
hei  der  ursprünglichen  Eindeckung  eiserne  Hafter  gesessen  hatten 
(^  Abb.  3),  welche  infolge  der  nothwendigen  Zusammenschiebung  der 
Blechtafeln  abgenommen  und  an  anderen  Stellen  wieder  aufgelöthet 
waren.  Diese  ehemaligen  Hafterstellen  sind  nach  jedem  Regen  auf- 
gesucht  worden  und  nunmehr  beinahe  sämtlich  wieder  gut  gedichtet. 
Die  Verlöthung  der  ansteigenden  Fugen  (bei  ,<7)  ist  ohne  irgendwelche 
nacbtbeiligen  Folgen  geblieben,  da  die  Tafeln  infolge  ihrer  Wellen¬ 
form  die  Einwirkung  der  Temperaturwechsel  ohne  Schaden  ertragen 
können.  Die  Kosten  der  Umdeckung  betrugen  für  das  Quadratmeter 
Dachfläche  1,8  Mark.  Für  den  durch  die  Vergröfserung  der  wage¬ 
rechten  und  ansteigenden  Ueberdeckungen  entstandenen  Verlust  ist 
ein  Zuschufs  an  neuen  Wellblechen  in  der  Gröfse  von  rund  i/g  der 
umgedeekten  Dachflächen  nöthig  geworden. 

Die  Ursache  der  Undichtigkeit  des  Daches  lag,  wie  aus  vor¬ 


stehender  Beschreibung  hervorgelit,  abgesehen  von  der  an  den 
Wetterseiten  zu  schmalen  wagerechten  Ueberdeckung  der  Bleche, 
hauptsächlich  darin,  dafs  die  Enden  der  Wellbleche  an  den  an¬ 
steigenden  Stöfsen  eine  Form  erhalten  hatten,  welche  nicht  geeignet 
war,  das  durch  die  Kraft  des  Windes  getriebene  Regenwasser  vom 
Eindringen  in  den  Dachraum  zurückzuhalten.  Es  wird  also  in  den 
Fällen,  in  denen  aus  besonderen  Gründen  von  der  vorbeschriebenen 
Befestigungsart  mittels  Verlöthung  abgesehen  wird,  zur  Erzielung  eines 
dichten  Schlusses  der  Bleche  unbedingt  nöthig  sein,  die  Blech-Enden 
nicht  schräg,  sondern  gerade  aufsteigen  zu  lassen  und  sie  in  der  be¬ 
kannten  Weise  von  Abb.  5  mit  einer  Umbiegung  nacb  aufsen  zu 
versehen.  Dafs  die  letztere  nicht  fehlt,  ist  dabei  wesentlich. 

Die  Preise  beider  Herstellungsarten  (Abb.  4  und  5)  für  Neuein¬ 
deckungen  sind  annnähernd  gleich.  Das  Quadratmeter  Wellblech¬ 
dach  von  Zink  No.  14  kostet  (in  der  Rbeinprovinz)  ohne  Schalung, 
im  übrigen  aber  vollständig  fertig,  einschliefslich  aller  Materialien 
nach  Abb.  4  4,5  Mark,  während  der  Preis  für  das  Quadratmeter 
Dachfläche  nacb  der  in  Abb.  5  dargestellten  Deckungsart  5  Mark 
beträgt-  Bei  der  in  neuerer  Zeit  in  starker  Zunahme  begriffenen 
Anwendung  der  Wellblecbdeckungen,  welche  bei  richtiger  Aus¬ 
führung  die  Herstellung  eines  durchaus  dichten  Daches  ermöglichen, 
dürfte  die  Beachtung  der  vorstehend  mitgetheilten  Erfahrungen  von 
Nutzen  sein.  oe. 


Vermischtes. 


'  Preisbewerbnng  nm  das  Kaiser  Wilhelm-Denkmal  der  Provinz 
Westfalen.  Ak  Verfasser  ■  des  in  die  engere  Wahl  gelangten  Ent¬ 
wurfes  „Heil  Dir  im  Siegerkranz“'  (vergl.  S.'363  d.  v.  Nr.)  nennt  sich 
uns  Herr' Architekt  Hakon  Adler  in  Berlin. 

Zur  Preisbewerbung  um  eiue  neue  evangelische  Kirche  in 
Heilferolin  (vgl.  S.  363 'd.  v. "Nr.)  'trägen  wir  nach  Einsichtnahme  'in. 
das  Programm  noch  nach,  dafs  '  die  Kirche  orientirt  auf  dem  etwa 
125  :,115  m  grofseh  Kaiser  Wilhelm  -  Plätze  errichtet  werden  soll. 
Emporen  sind,  gestattet;  mit  Rücksicht  auf  die  mäfsigen  verfügbaren 
Mittel  (400  OÖO  Mark  einschliefslibh  Architekten -Honorar  und  Bau¬ 
leitung,  aber  äüsschliefslich  innerer  Ausstattung)  wird  nur  ein  Thurm 
verlangt.  Für  die  Zeichnungen  ist  bis  auf  die  in  1 : 100  darzustellende 
Westansicht  der  Mafsstab  lr200  vorgesclirieben;  trotz  eingehender 


Mittheilung  der  ortsüblichen  Einheitspreise  wird  nur  eine  Kosten¬ 
abschätzung  nach  Raummetern  verlangt.  Dem  Preisgerichte  gehören 
neben  vier  Nicbttechnikern  an  die  Herren  Ober-Bauratb  Dr.  v.  Leins 
und  Baurath  Berner  in  Stuttgart,  Geh.  Baurath  Prof.  Wagner  in 
Dafmstadt  sowie  Bauinspector  Rümelin  und  Stadtbaumeister  Wenzel 
in  Heilbronn.  Die  Betheiligung  an  der  Preisbewerbung  ist  gewifs 
nur  zu  empfehlen. 

Brandmauerthnren  bei  einer  Feuersbrunst.  In  der  Nacht  vom 
4.  zum  5.  August  d.  J.  wurde  in  Glogau  ein  militärisches  Gebäude, 
das  Ponton -Wagenhaus,  durch  Feuer  theil  weise  zerstört.  Das  Ge¬ 
bäude  hat  die  umstehend  dargestellte  Form.  In  den  Anschlnfspunkten 
der  Querflügel  an  den  Mittelbau  befinden  sich  Brandmauern  mit 
eisernen  Thüren  in  drei  Stockwerken.  Das  Gebäude  enthielt  im 


372 


3.  September  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Erdgeschofs  und  1.  Stock  Pontons,  Brückenbaumaterial  und  Fahr¬ 
zeuge,  im  2.  Stock  wertli volle  Kammerbestäude,  nämlich  Sattel-  und 
Geschirrzeug,  Schanzzeug,  Bekleidungsgegenstände  usw.  Das  Feuer 
entstand  im  Mittelbau  c  und  verbreitete  sich  mit  grofser  Schnellig¬ 
keit  bis  zu  den  Querfliigeln.  Tm  Querflügel  a  waren  die  Brandmauer- 
thüren  geschlossen  oder  wurden  geschlossen,  ehe  das  Feuer  Eingang 
finden  konnte.  Hier  haben  diese  Thüren  einer  ungeheuren  Gluth 
während  drei  Stunden  widerstanden,  ohne  sich  zu  verbiegen.  Die 
Thüren  sind  aus  doppelter  Eisenblech  wand,  je  3  mm  ^ 

stark,  mit  zwischengelegtem  4  cm  starkem  Kiefernholz¬ 
futter  gefertigt.  Während  des  Brandes  war  es  lehrreich 
zu  beobachten,  wie  auf  der  dem  Feuer  abgekehrten  Seite 
der  Thüren  zahlreiche  Flämmchen  erschienen,  trotzdem  ^ 

irgend  eine  Oefinung  im  Eisenblech  nicht  wahrgenommen 
werden  konnte.  Der  Gebäudeflügel  b  ist  leider  ein  Opfer  des  Feuers 
geworden,  weil  eine  der  Brandmauerthüren  —  es  ist  nicht  festgestellt, 
ob  wegen  Mangels  an  der  Zuwerfvorrichtung  oder  aus  anderen  Ur¬ 
sachen  —  nicht  geschlossen  war.  Einige  Tage  nach  dem  Brande 
wurde  eine  der  Brandmauerthüren  untersucht,  die  Eisenblechwand 
wurde  geöfinet,  und  es  zeigte  sich,  dafs  das  innere  Holzfutter  auf 
der  Feuerseite  vollständig  verkohlt  war,  während  auf  der  dem  Feuer 
abgewendeten  Seite  noch  der  helle  Holzspahn  zu  erkennen  war. 

J.  S. 

Elektrische  Läutepfosten  neben  Wegeübergängen  in  Seliienen- 
höhe  sind,  wie  die  Railroad  Gazette  mittheilt,  auf  den  New-York, 
New-Haven  und  Hartford-,  Boston  und  Albany-  und  anderen  america- 
nischen  Eisenbahnen  im  Gebrauch,  um  die  einen  Uebergang  be¬ 
nutzenden  Fuhrwerksführer  und  Fufsgänger  von  dem  Herannahen 
eines  Zuges  zeitig  in  Kenntnifs  zu  setzen.  Diese  von  Hall  ange¬ 
gebenen  Läutewerke  sind  so  eingerichtet,  dafs  der  Zug  durch  Nieder¬ 
drücken  eines  in  angemessener  Entfernung  von  dem  Uebergange 
angeordneten  ßadtasters  einen  elektrischen  Strom  schliefst  und  hier¬ 
durch  ein  Läutewerk  in  Thätigkeit  setzt,  welches  in  einem  neben 
dem  Uebergang  aufgestellten  Läutepfosten  (Abb.  1)  hinter  einem 
Drahtgitter  L  angebracht  ist.  Dasselbe  wird  erst  dann  wieder  zur 
Ruhe  gestellt,  wenn  der  Zug  über  einem  unmittelbar  hinter  dem 
Uebergang  befindlichen  zweiten  Radtaster  angelangt  ist.  Zur  Be¬ 
dienung  des  Läutewerkes  ist  eine  besondere  Ortsbatterie  vorgesehen. 
In  Abb.  2  ist  die  allgemeine  Anordnung  des  Läutewerkes  und  der 
Stromläufe  in  einfachen  Linien  anschaulich  dargestellt.  Durch 
Niederdrücken  des  ersten  Radtasters  T  wird  der  Strom  der  Batterie  B 
bei  den  Contacten  C  geschlossen.  Der  Elektromagnet  ll  zieht  infolge 
dessen  den  Anker  a  an,  welcher  sodann 
durch  den  seiner  eigenen  Schwere  über¬ 
lassenen  Anker  ai  eines  zweiten  Elektro¬ 
magneten  R\  in  seiner  angezogenen  Stel¬ 
lung  dadurch  verriegelt  wird,  dafs  der  am 
Ende  von  «i  angeordnete  Sperrhaken  s 
über  einen  Zahn  ^  des  Ankers  a  hinüber¬ 
greift.  Hierdurch  wird  aber  die  Orts¬ 
batterie  b  in  Thätigkeit  versetzt;  denn  der 
Anker  a  zieht  den  mit  seinem  oberen 
Ende  verbunde¬ 
nen  Gelenkstab  T.  ^ 

g  unter  Ueber-  - 

Windung  der  Fe¬ 
derkraft  bei  f 
nach  links;  der 
Ansatz  k  dieses 
Gelenkstabes 
drückt  hierdurch 

die  bei  F  be-  Abb.  2. 

festigte  Feder  fi 

gegen  den  Contact  Z),  schliefst  so  den  —  ge¬ 
strichelt  angedeuteten  —  Ortsstrom  und  setzt 
hierdurch  das  Läutewerk  L  in  Thätigkeit,  welches  Abb.  1. 
natürlich  andauernd  und  so  lange  ertönt,  bis 
der  Anker  a  wieder  zum  Abfall  gebracht  wird.  Letzteres  ge¬ 
schieht,  wenn  der  Zug  den  zweiten  Taster  Ti  niederdrückt  und 
hierdurch  die  Batterie  B  bei  den  Contacten  Ci  schliefst  (siehe  die 
strichpunktirt  gezeichnete  Leitung).  Infolge  dessen  zieht  der  Elektro¬ 
magnet  Ri  den  Anker  ai  an.  a  wird  hierdurch  freigegeben  und  als¬ 
bald  durch  die  Feder  f  wieder  abgezogen.  Die  Feder  fv  folgt  sofort 
nach  rechts  nach,  wodurch  der  Ortsstrom  wieder  unterbrochen  und 
das  Läutewerk  aufser  Thätigkeit  gesetzt  wird. 

Es  ist  versucht  worden,  die  Läutewerke  sowohl  mit  Ruhe-  als  auch 
mit  Arbeitsstrom  zu  betreiben.  Im  ersteren  Falle  ist  der  Vortheil 
geboten,  dafs  ein  Versagen  leichter  bemerkt  wird,  während  im  an¬ 
deren  Fall  die  ersten  Anlagekosten  und  die  Kosten  der  Unterhaltung 
vermindert  werden.  Das  Endergebnifs  der  Versuche  war,  dafs  die 


letztere  Art  des  Betriebes  für  ebenso  verläfslich  erachtet  wurde,  wie 
die  erstere.  Die  Kosten  der  jährlichen  Unterhaltung  eines  Läute¬ 
werkes  werden  zu  75  Mark  angegeben.  Dabei  wird  gesagt,  dafs 
solche  Signale  bis  zu  einem  Jahr  und  darüber  andauernd  in  Thätig¬ 
keit  gewesen  sind,  ehe  Ausbesserungen  erforderlich  wurden,  und  dies 
auf  einer  Linie  mit  einem  Verkehr  von  mehr  als  100  täglichen  Zügen. 

Km. 

Die  Gesetzesvorlage  hetrelfeiid  den  Bau  der  Central-London- 
Bahii,  einer  mit  elektrischem  Betriebe  —  ähnlich  der  demnächst  zu 
eröfinenden  City  von  London-  und  Southwark-Bahn  (vgl.  S.  269  des 
vor.  Jahrg.  d.  Bl.)  —  geplanten  Anlage  ist  soeben  im  englischen 
Oberhause  abgelehnt  worden,  nachdem  sich  das  Unterhaus  mit  der 
Herstellung  der  Bahn  einverstanden  erklärt  hatte.  Die  Vorlage  hat 
hierdurch  dasselbe  Schicksal  erlitten,  wie  eine  ihre  Vorgängerinnen, 
welche  die  Ausführung  der  sog.  London-Central-Bahnen  zum  Ziele  hatte. 
Der  Zweck  der  beiden  nacheinander  abgelehnten  Bahnentwürfe  ging 
dahin,  der  stetig  zunehmenden  Ueberfüllung  und  Verstopfung  der 
Verkehrsstrafsen  in  der  Londoner  Innenstadt  wirksam  abzuhelfen 
(vgl.  die  Mittheilungen  auf  Seite  199  d.  J.  über  den  Umfang  des 
Strafsenverkehrs  in  London).  Ueber  den  älteren  Entwurf  der  London- 
Central-Bahnen  sind  auf  S.  38  des  vorigen  Jahrganges  nähere  Mit¬ 
theilungen  enthalten.  Die  neuere  Central-London-Bahn  sollte  in 
westöstlicher  Richtung  von  Bayswater  unweit  Paddington  in  der 
Richtung  der  Hauptverkehrsstrafsen  desWestends  in  zwei  getrennten 
Röhren  nach  der  City  geführt  und  hier  an  der  König  Wilhelm- 
Strafse  mit  der  City  von  London-  und  Southwark-Bahn  vereinigt 
werden.  Die  technische  Leitung  sollte  in  die  Hände  des  Ingenieurs 
Greathead,  des  bekannten  Erbauers  der  letztgenannten  Bahn  gelegt 
werden. 


Bücherschau. 

Schutzbediivfiiifs  der  Pferdehahnen  iin  Strafrechtsgebiete  von 
Dr.  jur.  K.  Hilse.  Berlin  1890.  Karl  Hevmann.  159  S.  in  8°.  Preis 
3  Jt. 

Der  verdienstvolle  Verfasser  so  mancher  Werke  aus  dem  Ge¬ 
biete  der  von  Jahr  zu  Jahr  an  Bedeutung  gewinnenden  Strafsen- 
bahnen  hat  in  dem  vorliegenden  Buche  den  Nachweis  zu  führen 
versucht,  dafs  die  Pferdebahnen  gleichwie  die  Eisenbahnen  eines 
strafrechtlichen  Schutzes  gegen  Beschädigung  durch  Dritte  be¬ 
dürfen.  Nachdem  der  Verfasser  sich  einleitend  mit  der  Nothwendig- 
keit  der  Pferdebahnbetriebe  für  unser  heutiges  Verkehrsleben  be¬ 
schäftigt,  geht  er  zu  der  Schilderung  des  strafrechtlichen  Schutzes 
über,  welchen  die  Locomotivbahnen  bei  uns  bereits  seit  ihrer  Ent¬ 
stehung  im  Jahre  1838  besitzen,  um  alsdann  an  der  Hand  der  Ge¬ 
fahren,  welche  dem  Pferdebahnbetriebe  drohen,  das  Schutzbedürfnifs 
dieser  Bahnen  nachzuweisen.  In  einem  letzten  Abschnitt  widmet  sich 
der  Verfasser  alsdann  noch  der  Widerlegung  der  Gründe,  welche  die 
Gegner  dieses  Schutzbedürfnisses  für  ihre  Ansicht  geltend  machen. 
Wer  immer  durch  Beruf  oder  Neigung  sich  mit  den  stets  weitere 
Ausdehnung  gewinnenden  Strafsenbahnen  zu  beschäftigen  hat,  dem 
kann  das  vorliegende  Werk  bestens  empfohlen  werden.  Pbg. 

Läiulwirtlischaftliche  Meliorationen  nml  Wasserwirthschaft, 
Ihre  Erfolge  im  Ausland  und  in  Deutschland  und  die  Organisation 
des  culturtechnischen  Dienstes  im  Königreich  Sachsen.  Von 
E.  Fraissinet,  Cultur  -  Ingenieur.  Dresden  1890.  G.  Schönfeld. 
114  Seiten  in  8“.  Preis  2,40  Mark. 

Der  Herr  Verfasser  giebt  im  ersten  Theile  der  Schrift  einen 
kurzen  LTeberblick  über  den  Stand  der  Culturtechnik  in  verschie¬ 
denen  europäischen  Staaten,  er  erörtert  vornehmlich  die  daselbst  ge¬ 
übte  Handhabung  des  culturtechnischen  Dienstes.  In  dieser  Hinsicht 
stellt  er  als  mustergültig  in  Deutschland  die  culturtechnische  Ver¬ 
waltung  von  Elsafs  -  Lothringen  und  Baden,  im  Auslande  diejenige 
von  Ungarn  dar.  Seine  Ausführungen  gipfeln  nach  dem  Ausspruch 
des  Prof.  Frauenholz  in  München:  „Ueberall,  wo  grofses  im  Melio¬ 
rationswesen  geleistet  wurde,  ging  die  Initiative  hierzu  vom  Staate 
aus“  darin,  dafs  bedeutende  Erfolge  in  der  Culturtechnik  nicht  durch 
die  Selbsthülfe  der  Betheiligten  allein,  sondern  vornehmlich  durch 
die  stete  Fürsorge  und  ausgiebige  Unterstützung  seitens  der  Staats¬ 
regierungen  zu  erwarten  seien.  Hieran  anschliefsend  werden  im 
zweiten,  gröfsereu  Theile  des  Werkes  die  besonderen  Verhältnisse 
des  Königreichs  Sachsen  besprochen,  die  geringen  Fortschritte  des 
Meliorationswesens  daselbst  dargelegt,  und  Vorschläge  für  die  Hand¬ 
habung  des  culturtechnischen  Dienstes,  die  Ausbildung  von  Cultur- 
technikern  und  deren  Hülfskräften  erörtert.  Das  Buch  ist  sonach 
vorwiegend  für  die  Bewohner  des  Königj'eichs  Sachsen  bestimmt;  es 
hat  aber  allgemeinen  Werth  dadurch,  dafs  es  die  wirthschaftliche 
Bedeutung  der  Culturtechnik  Laien  und  Technikern  lebhaft  vor 
Augen  führt.  Gerhardt. 


Verlag  von  Ernst&Korn  CVilbelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  niclitamtliclien  Tlieiles  verantwortlicb :  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


373 


CentraMatt  der  Bauverwaltung. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 

X.  Jahrgang.  Berlin,  6.  September  1890.  Nr.  36. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  WilhelmstraCse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn,  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches;  Personal  -  Nachrichten  —  Nichtamtliches:  Versammlung 
des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine  (Fortsetzung  )  —  Unter- 
bringnng  der  Versorgungsnetze  im  grofsstädtischen  Strafsenbau  (Fortsetzung).  — 

Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neuzeit  (Fortsetzung).  —  Judsons  Treib¬ 
welle.  —  Vermischtes:  Nationaldenkmal  für  Kaiser  Wilhelm  I  in  Berlin.  —  Neue 
Patente. 

Amtliche  IM 

Preufseu. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Bau¬ 
rath  Heyl,  bisher  Vorsteher  der  zu  dem  Königl.  Eisenbahn-Betriebs- 
Amt  Cassel  (Main-Weser-Bahn)  gehörigen  Eisenbahn -Bauinspection 
in  Frankfurt  a.  M.,  bei  dem  Uebertritt  in  den  Ruhestand,  und  dem 
Dom-Baumeister  Professor  Dr.  Beyer  in  Ulm  den  Königlichen 
Kronen-Orden  III.  Klasse  zu  verleihen. 

Die  Königlichen  Regierungs  -  Baumeister  Coqui  in  Prenzlau, 
Plachetka  in  Rastenburg,  Jende  in  Carthaus  und  Maas  in  Gels 
sind  als  Königliche  Kreis-Bauinspectoren  daselbst  angestellt  worden. 

Versetzt  sind:  der  Königliche  Wasser-Bauinspector  Wiesel  von 
Zehdenick  nach  Cassel  und  der  bisher  bei  den  Rheinstrom -Regu- 
lirungsbauten  beschäftigte  Königliche  Wasser -Bauinspector  Hugo 
Schmidt  in  Oberwesel  in  die  Wasser-Bauinspector-Stelle  in  Zehdenick, 
sowie  ferner  der  Eisenbahn -Maschineninspector  Hirsch,  bisher  in 

ittheilungen. 

Saarbrücken,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisen¬ 
bahn-Betriebs- Amt  in  Erfurt  und  der  Eisenbahn -Bau  und  Betriebs - 
inspector  Stimm,  bisher  in  Walsrode,  unter  Belassung  in  der  bis¬ 
herigen  Beschäftigung  beim  Bahnbau  Hannover -Visselhövede  nach 
Hannover. 

Der  ehemalige  Director  der  Unterelbeschen  Eisenbahn -Gesell¬ 
schaft  V.  Finckh  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn -Betriebs -Amte  in 
Cottbus  ist  unter  Ernennung  zum  Eisenbahn  -  Bau-  und  Betriebs¬ 
inspector  in  den  unmittelbaren  Staatsdienst  übernommen  worden. 

Der  Königliche  Regierungs  -  Baumeister  Willert  in  Saarbrücken 
ist  zum  Eisenbahn -Bauinspector  unter  Verleihung  der  Stelle  eines 
solchen  bei  der  Hauptwerkstätte  daselbst  ernannt  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Oskar 
Queisser  in  Lübeck  und  Raphael  Schwöers  in  Essen  ist  die 
nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


IX.  Wanderversammlung  des  Yerbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur -Yereine 

in  Hamburg  vom  24. — 28.  August  1890. 

(Fortsetzung.) 


Bereits  am  frühen  Morgen  herrschte  am  Montag  den  24.  reges 
Leben  im  Empfangsbureau,  welches  seinen  Sitz  vom  Patriotischen 
Gebäude  nach  Ludwigs  Gesellschaftshause  in  St.  Pauli  verlegt  hatte, 
woselbst  die  Versammlung  stattfinden  sollte.  Die  Herren  des  Orts¬ 
ausschusses,  voran  Herr  Himmelheber,  hatten  alle  Hände  voll  zu 
thun,  um  die  gewünschten  Theilnehmerkarten  auszuhändigen  und  den 
zahllos  an  sie  gerichteten  Fragen  gerecht  zu  werden.  Gegen  9  Uhr 
war  der  grofse  Saal,  an  dessen  Hinterwand  sich  über  der  Musikbühne 
die  Büste  des  Kaisers  zwischen  Lorbeerbäumen  erhob,  etwa  zu  zwei 
Dritteln  gefüllt,  ebenso  waren  die  an  den  Längswänden  entlang  ge¬ 
führten  Emporen  dicht  besetzt.  Am  Vorstandstische,  welcher  auf 
der  Musikbühne  errichtet  war  und  zu  dessen  Seite  zwei  Rednerpulte 
aufgestellt  waren,  hatten  sich  inzwischen  die  Herren  A.  Wiebe, 
L.  Hagen,  Fr.  Schwechten,  F.  Andreas  Meyer  vom  Verbands- 
vorstande  und  der  Verbandsschriftführer  Herr  Pinkenburg,  sowie 
die  Herren  Kümmel  und  Bargum  als  Vorstands -Mitglieder  des 
Hamburgischen  Architekten-  und  Ingenieur -Vereines  eingefunden. 
Ebenso  war  der  Herr  Senator  Lehmann,  Vorsitzender  der  Bau- 
deputation  Hamburgs,  als  Vertreter  des  Senats  zur  Bewillkommnung 
der  Versammlung  erschienen. 

Um  91/4  Uhr  eröffnete  der  Vorsitzende  des  Verbandes,  Herr 
Wiebe,  die  erste  allgemeine  Versammlung  und  begrüfste  die  An¬ 
wesenden  unter  dem  Ausdrucke  des  Dankes  an  den  Hamburger 
Architekten-  und  Ingenieur- Verein  für  seine  Verdienste  um  den  Ver¬ 
band  im  allgemeinen,  insbesondere  aber  dafür,  dafs  er  diesen  nach 
der  weltberühmten,  herrlichen  Stadt  Hamburg  geführt  habe,  welche 
nicht  allein  der  Tagung  in  ihrem  wissenschaftlichen  und  künstlerischen 
Theile  eine  besondere  Weihe  verleihe,  sondern  auch  so  eigenartige 
Genüsse  in  Aussicht  stelle,  wie  keine  andere  Stadt  Deutschlands  sie 
zu  bieten  vermöge.  Der  Weltstellung  Hamburgs  habe  das  deutsche 
Baufach  nicht  zum  mindesten  seine  eigene  Weltstellung  zu  danken, 
es  sei  international  und  erhaben  über  alle  politischen  Strömungen 
der  Zeit.  Je  inniger  und  unmittelbarer  aber  die  Beziehungen  dieses 
Faches  zum  Wohlbefinden  des  Einzelnen  und  der  Familie,  zur  ge¬ 
deihlichen  Entwicklung  der  politischen  Gemeinschaften  und  der 
Staaten  seien,  um  so  mehr  sei  das,  was  es  thue  und  leiste,  der  ölfent- 


lichen  Beurtheilung  ausgesetzt,  um  so  geringer  im  grofsen  und  ganzen 
das  Verständnifs  für  seine  Bestrebungen  und  die  Dankbarkeit  für 
seine  Dienste.  Selten  vergegenwärtige  man  sich  während  des  Ge¬ 
nusses  der  Schönheit  oder  Zweckmäfsigkeit  einer  baulichen  Anlage 
den  Namen  des  geistigen  Urhebers  derselben,  noch  gedenke  mau  der 
Fülle  der  Arbeit,  der  Schaffenskraft,  der  persönlichen  Aufopferung 
und  der  Verantwortlichkeit,  welche  aufgewendet  werden  mufsten,  um 
das  hervorzubringen,'  was  man  als  selbstverständlich  hinzunehmen 
gewohnt  sei.  Während  oft  genug  die  Lorbeeren,  welche  die  Ver¬ 
treter  des  Baufachs  errungen,  von  unberufenen  Händen  gepflückt 
würden,  sei  man  nur  zu  sehr  geneigt,  für  bemerkbar  gewordene 
Unvollkommenheiten  den  Architekten  oder  Ingenieur  verantwort¬ 
lich  zu  machen,  ohne  zu  erwägen,  in  welchem  Mafse  deren  Thätig- 
keit  von  äufseren,  aufserhalb  ihres  Einflusses  liegenden  Umständen 
abhängig  sei.  Diese  immerhin  bitteren  Erfahrungen  hätten  zum 
engen  Zusammenschlufs  des  Verbandes  nicht  wenig  beigetragen,  ihre 
Gemeinsamkeit  schliefse  die  mehrfach  versuchte  Theilung  der  Einzel¬ 
vereine  und  des  Verbandes  nach  den  verschiedenen  Fachrichtungen 
auch  für  die  Zukunft  aus.  Allerdings  sei  das  hier  vertretene  Gebiet 
ein  grofses,  stets  noch  im  weiteren  Fortschreiten  begriffen,  und  be¬ 
stimmte  Zweiggebiete  hätten  sich  als  besondere  Fächer  den  Haupt¬ 
fächern  angegliedert;  aber  der  Einzelne  dürfe  den  Blick  für  das 
Ganze  und  Grofse  nicht  verlieren.  Denn  die  Grundlagen,  auf  welchen 
fufsend  man  in  den  verschiedenen  Gebieten  arbeite,  seien  gemein¬ 
same  und  für  alle  Zukunft  unerschütterlich.  Die  „Baukunst“  sei  der 
Stamm,  welcher  seinen  Zweigen  die  Nahrung  zuführe.  Wie  er  vor 
tausenden  von  Jahren  geblüht  habe,  wie  er  heut  so  schön  und  reich 
blühe  wie  jemals,  so  werde  und  müsse  er  blühen,  solange  vernünf¬ 
tige  Wesen  die  Erde  bewohnen  und  der  Begriff  der  Schönheit  und 
Zweckmäfsigkeit  nicht  verloren  gehe.  Den  Vertretern  der  Baukunst 
im  neu  geeinigten  deutschen  Vaterlande  aber  möge  stets  das  Wort 
des  Dichters  gegenwärtig  bleiben  : 

Nur  aus  der  Kräfte  schön  vereintem  Streben 

Erhebt  sich  wirksam  erst  das  wahre  Leben. 

In  diesem  Gedanken  habe  man  für  die  bevorstehenden  Arbeiten 
eine  Trennung  nach  den  verschiedenen  Fachrichtungen  nicht  ein- 


374 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


treten  lassen,  auch  werde  man  der  Genüsse,  welche  gastfrei  dar¬ 
geboten  würden,  sich  gemeinsam  erfreuen.  Neben  der  ernsten  Arbeit 
sei  ein  gegenseitiger  Gedankenaustausch,  die  Erneuerung  oder  An¬ 
knüpfung  freundschaftlicher  Beziehungen  unter  den  Fachgenossen, 
ein  heiterer  geselliger  Verkehr,  auch  mit  den  Damen  des  Baufachs, 
das  Ziel  des  Hamburger  Vei-bandstages. 

Nachdem  Herr  Vvüebe  geendet,  ertheilte  er  Herrn  Senator  Leh¬ 
mann  das  Wort,  welcher  in  längerer  Ansprache  die  Versammlung 
im  Namen  des  Senates  begrüfste.  Es  folgte  die  Berichterstattung 
über  die  Verhandlungen  der  XIX.  Abgeordneten-Versammlung  durch 
den  Schriftführer  des  Verbandes,  Herrn  Pinkenburg.  Nach  Er¬ 
ledigung  dieser  geschäftlichen  Angelegenheiten  erhielt  niunnehr  Herr 
F.  Andreas  Meyer  das  AVort  zu  seinem  einleitenden  Vortrage 
-Ueber  Hamburg“,  in  welchem  er  in  andei-thalbstündiger  Rede 
ein  fesselndes  Bild  von  der  Entwicklung  Hamburgs  gab  und  hieran 
vergleichende  Betrachtungen  zwischen  dieser  Stadt  und  Berlin  und 
Paris  knüpfte.*)  An  diesen  Vortrag  schlofs  sich  derjenige  des  Herrn 
Dr.  Hobrecht:  Die  modernen  Aufgaben  des  grofsstädtischen 
Strafsenbaues  mit  Rücksicht  auf  die  Unterbringung  der 
Versorgungsnetze,  mit  dessen  Wiedergabe  im  Wortlaute  wir  in 
der  vorigen  Nummer  (S.  353)  bereits  begonnen  haben.  Beide  Redner 
lohnte  reicher  Beifall.  Damit  war  der  geschäftliche  Theil  des  ersten 
Sitzungstages  erledigt,  und  die  Versaimnelten  vertheilten  sich  in  den 
weiten  Räumen,  theils  um  das  Frühstück  einzunehmen,  theils  um  die 
in  den  Nebensälen  und  auf  den  Emporen  untergebrachte,  sehr  reich¬ 
haltige  Sammlung  technischer  Entwürfe  zu  besichtigen.  Indessen 
viel  Mufse  war  dem  Einzelnen  nicht  gegönnt.  Bereits  um  l'A  Uhr 
nachmittags  erfolgte  die  Einschiffung  an  den  St.  Pauli -Landungs¬ 
brücken  zur  Besichtigung  der  neuen  Zollanschlufsbauten, 
welche  ja  im  allgemeinen  nach  Anlage  und  Bedeutung  für  die 
politische  wie  technische  AVelt  als  bekannt  vorausgesetzt  werden 
dürfen.  In  fünf  grofsen,  reich  beflaggten  Dampfern  geschah  die 
Abfahrt,  und  hohe  Anerkennung  verdient  die  Kunst  und  Geschick¬ 
lichkeit  der  Ordner,  welche  es  verstanden,  die  einzelnen  Gruppen  bei 
den  nun  folgenden  Besichtigungen  der  Speicherbauten,  der  Kai-  und 
Hafenanlagen,  des  grofsen  Krahnes,  der  neuen  Elbbrücke  usw. 
so  zu  leiten,  dafs  sie  sich  nicht  kreuzten,  zumal  der  Abstand,  in 
welchem  sich  die  Dampfer  folgten,  nur  eine  A^iertelstunde  betrug. 
Gegen  fünf  Uhr  war  die  Besichtigung  allseitig  beendet,  und  hinab 
ging  es  nach  Blankenese,  vorbei  an  jenen  reizvollen  Elbufern, 
welche  stets  aufs  neue  das  Entzücken  des  Beschauers  bilden.  Gegen 
sechs  Uhr  war  die  Landungsbrücke  erreicht.  Die  Absicht,  die  ganze 
Gesellschaft  im  Fährhause  bei  Sagebiel  speisen  zu  lassen,  hatte  mit 
Rücksicht  auf  die  grofse  Zahl  der  Betheiligten  aufgegeben  werden 
müssen.  So  war  denn  bereits  eine  Anzahl  im  Parkhause,  kurz  ober¬ 
halb  gelandet,  um  in  diesem  neuen  und  ansehnlichen  Etablissement 
erquickt  zu  werden.  Ein  weiterer  Theil  mufste  zunächst  den  Süll¬ 
berg,  den  höchsten  Punkt  der  Umgebung,  ersteigen,  wurde  dafür 
aber  durch  eine  wundervolle  Aussicht  auf  die  Elbe  und  auf  Blanke¬ 
nese  entschädigt.  Wie  immer  rechtfertigte  Sagebiel  auch  diesmal 
den  Ruf  einer  vorzüglichen  Küche  und  vortrefflieher  Weine,  sodafs 
die  Stimmung  alsbald  eine  froh  erregte  wurde.  Zu  früh  für 
manchen  schlug  daher  um  8V-2  Uhr  die  Stunde  des  Aufbruchs  und 
der  Rückfahrt.  Die  Dampfer  hatten  inzwischen  ein  neues  Fest¬ 
gewand  in  Form  zahlloser  bunter  Lämpchen  angelegt  und  boten 
den  von  den  Anhöhen  Herabsteigenden  einen  farbenprächtigen 
Anblick.  Sobald  die  Einschiffung  beendet  war  und  die  Rückfahrt  be¬ 
gonnen  hatte,  gaben  Raketenschüsse  das  Zeichen  zu  neuen  Ueber- 
raschungen.  Denn  in  dem  Mafse,  wie  die  Dampfer  vorwärts  steuerten, 
flammten  die  Anhöhen  und  die  Landhäuser  der  Uferbesitzer  in  ben¬ 
galischem  Lichte  auf,  und  Leuchtkugeln  und  Raketen  stiegen  in  den 
Abendhimmel  empor.  Das  Entzücken  über  diesen  prächtigen  An¬ 
blick  war  denn  auch  allgemein,  und  die  Erinnerung  an  diese  Elb¬ 
rückfahrt  dürfte  noch  lange  in  aller  Gedächtnifs  bleiben. 

Am  Dienstag  Morgen  eröffnete  Herr  K.  E.  0.  Fritsch  die  Reihe 
der  Vortragenden.  Er  hatte  seinem  Vortrage  die  Ueberschrift  ,.  Stil¬ 
betrachtungen“  gegeben:  wir  haben  denselben  im  Auszuge  auf 
S.  365  der  vorigen  Nummer  gebracht.  Diesem  Redner  folgte  Herr 
Marine-Ingenieur  Busley  aus  Kiel  als  Gast  des  A^erbandes.  Derselbe 
sprach  über  die  neueren  Schnelldampfer  der  Handels-  und 
Kriegsmarine  nebst  deren  Motoren  und  verstand  es  die  zahl¬ 
reiche  Versammlung  in  überaus  gewandter  Rede  zu  fesseln.  An 
seinen  Vortrag,  der  im  Hinblick  auf  die  für  Mittwoch  in  Aussicht 
stehende  Seefahrt  mit  der  „Columbia“  um  so  zeitgemäfser  war,  schlofs 
sich  nach  kurzer  Pause  derjenige  des  Herrn  Hubert  Stier  über  die 
Ergebnisse  des  architektonischen  Wettbewerbs  in  den 
verflossenen  22  Jahren.  Am  Nachmittag  fanden  Besichtigungen 


*)  Die  in  den  Sitzungen  der  Wanderversammlung  gehaltenen 
Vorträge  werden  an  anderer  Stelle  dieses  Blattes  besonders  ver¬ 
öffentlicht. 


in  der  Stadt  in  fünf  Gruppen  statt,  und  zwar  für  Architekten 
und  Ingenieure  getrennt.  Sämtliche  Gruppen  wurden  so  geführt, 
dafs  sie  gegen  8  Uhr  am  Alsterglacis  eintrafen,  woselbst  die  Ein¬ 
schiffung  für  die  anschliefsende  Älsterfahrt  vor  sich  ging.  In  fünf 
grofsen  Schleppzügen,  deren  einzelne  Schuten  mit  farbigen  Lampen 
behängt  waren,  wurde  die  Fahrt  angetreteu.  Der  Zug  bewegte  sich 
längs  der  Gestade  hinüber  zum  Uhlenhorster  Fährhause,  dann  an  der 
Uhlenhorst  entlang,  vorbei  an  dem  Kaiserbrunnen  nach  Alsterlust. 
Wir  sind  im  Zweifel,  ob  diejenigen,  welche  die  Fahi-t  mitmachten, 
oder  die,  welche  von  letzterem  Punkte  aus  das  farbenprächtige 
Schauspiel  der  langsam  über  das  AVasser  dahingleitenden  Fahrzeuge 
genossen,  das  bessere  Theil  erwählt  hatten.  Mit  der  Abbrennung 
eines  Wasserfeuerwerks  schlofs  dieser  zweite  Tag.  Jeder  fühlte  das 
Bedürfnifs,  frühzeitig  heimzukehren,  da  das  AA^etter  nicht  sehr  ein¬ 
ladend  war,  überdies  die  in  Aussicht  stehende  Nordseefahrt  aller 
Gedanken  bereits  voll  in  Anspruch  nahm. 

Früh  am  Mittwoch  Morgen  herrschte  reges  Leben  an  den 
St.  Pauli  -  Landungsbrücken.  Zu  Fufs  und  zu  Wagen,  aus  allen 
Himmelsrichtungen  kamen  erwartungsvoll  die  Scharen  der  Seefahrt¬ 
lustigen.  Da  die  Zahl  der  Mitfahrenden  weit  über  tausend  betrug, 
hatte  in  den  letzten  Tagen  noch  ein  zweites  grofses  Schiff  der 
Paketfahrt  -  Gesellschaft,  die  „Moravia“,  in  Dienst  gestellt  werden 
müssen.  Während  die  Fahrgäste  der  „Columbia“  um  VsS  Uhr  durch 
die  Elbdampfer  „Blankenese“  und  „Delphin“  an  Bord  des  bei  Bruns¬ 
hausen  ankernden  Seeschiffes  befördert  wurden,  kamen  die  für  die 
„Moravia“  Bestimmten  um  8  Uhr  zur  Einschiffung  auf  der  „Freia“,  dem 
bekannten  und  auf  das  schönste  ausgestatteten  Helgoland -Dampfer 
der  Gesellschaft.  Das  AA^etter  war  verhältnifsmäfsig  günstig  und  die 
Fahrt  bis  Brunshausen  bald  zurückgelegt.  Gegen  11  Uhr  kam  die 
stolze  Columbia  in  Sicht  und  wuchs  mit  jeder  Minute,  bis  sie  bald 
riesengrofs,  in  majestätischer  Ruhe  vor  den  Augen  der  erstaunten 
Binnenländer  lag.  Es  erfolgte  die  Ueberschifl’ung.  Ein  von  der  Ge¬ 
sellschaft  dargebotenes,  ausgezeichnetes  Frühstück  wurde  einge¬ 
nommen,  und  hieran  schlofs  sich  eine  eingehende  Besichtigung  des 
Riesenschiffes.  AA'^ir  nehmen  Abstand  näher  auf  seine  Einrichtung 
und  Construction  einzugehen,  da  hierfür  der  uns  zur  A’^erfügung 
stehende  Raum  nicht  ausreicht.  Der  Eindruck  war  ein  überwäl¬ 
tigender  und  wird  für  alle  Theilnehmer  ein  unauslöschlicher  bleiben. 
Inzwischen  hatte  sich  das  Schiff  in  Bewegung  gesetzt  und  langsam 
seine  Fahrt  begonnen,  die  mit  zunehmender  AA’^assertiefe  und  Breite 
immer  schneller  wurde.  Bald  war  Cuxhafen  erreicht,  es  folgte  die 
Insel  Neuwerk  mit  den  weithin  sichtbaren  Schiffahrtszeichen,  dann 
die  Elbfeuerschiffe,  mit  deren  letztem  die  Nordsee  erreicht  war.  Das 
AVasser  wurde  immer  grüner,  der  AA'’ind  heftiger  und  die  AA'’ogeu 
höher.  Scharf  durchschnitt  der  Kiel  die  AA'^ellen  und  die  Sturzseen 
liefsen  manchen,  der  sich  zu  weit  nach  vorn  gewagt,  unliebsame 
Bekanntschaft  mit  der  salzigen  Meerfluth  machen.  Zwischendurch 
gab  es  einige  heftige  Regenböen,  denen  indessen  bald  wieder  blauer 
Himmel  und  Sonnenschein  folgten.  Kurzum,  das  AV etter  war  derart, 
als  ob  es  eigens  durch  den  allzeit  findigen  Ortsausschufs  so  bestellt 
gewesen  wäre,  um  den  „Landratten“  einen  vollgültigen  Begriff  von 
der  Gröfse  und  Majestät  der  Nordsee  zu  geben.  Und  nun  erschien 
fern  am  Horizonte  zunächst  nur  dem  bewaffneten,  dann  auch  dem 
unbewaffneten  Auge  sichtbar  ein  dunkler  Punkt.  Einer  zeigt  ihn 
dem  andern,  und  der  Name  Helgoland  tönt  von  aller  Munde.  Da 
liegt  es  vor  uns,  das  wiedergewonnene  deutsche  Land,  und  ver- 
gröfsert  sich  zusehends,  sodafs  man  bald  Einzelheiten  auf  dem  roth- 
leuchtenden  Felsen  deutlich  erkennen  kann.  Ein  Commandowort,  eine 
scharfe  Bewegung  des  drehenden  Schiffes,  heftige  Schwankungen, 
hochaufspritzender  Gischt,  und  die  Heimfahrt  ist  bereits  angetreten. 
Mancher  nicht  ganz  seefesten  Reisegefährtin,  die  sich  bis  dahin 
tapfer  gehalten,  wurde  dieses  AA^enden  des  Schiffes  verhängnifsvoll ; 
nicht  wenige  mufsten  von  sorgender  Hand  hinabgeführt  werden,  um 
in  stiller  Cabine  über  die  Tücke  des  jMeeres  beschaulich  nachzu¬ 
denken.  Im  ganzen  aber  hielt  auch  das  schwächere  Geschlecht 
tapfer  aus. 

Ein  neues  Bild!  Die  Moravia  nahte  und  mit  ihr  die  Freia, 
welche  ihre  Fahrt  nach  Helgoland  fortsetzte.  Ein  hundert- 
stimmiges  Hurrah  erscholl,  und  dann  steuerten  beide  grofsen  Schifife 
nach  Cuxhafen  zurück,  welches  gegen  6  Uhr  nachmittags  erreicht 
war,  und  wo  die  Theilnehmer  ein  von  der  Paketfahrt -Gesellschaft 
freundlichst  angebotenes  vorzügliches  Mittagsmahl  erwartete.  Bei 
Tafel  ergriff  der  A^orsitzende  des  Aufsichtsrathes  der  Gesellschaft, 
Herr  AA^oldemar  Nissen,  das  AA^ort,  um  das  begeistert  aufgenommeue 
Hoch  auf  Se.  Majestät  den  Kaiser  auszubriugen.  In  schwungvollen 
AVorten  feierte  alsdann  Herr  Ebermayer  die  Paketfahrt-Gesellschaft, 
ihren  Aufsichtsrath  und  ihre  Direction.  Das  AA^ohl  der  Damen 
brachte  ein  Mitglied  des  Aufsichtsrathes,  Herr  Mestern,  aus.  Herr 
Mirus  gedachte  des  verdienstvollen  Capitäns  der  Columbia,  Herrn 
Vogelgesang,  welcher  seinerseits  mit  einem  Hoch  auf  seine  Direction 
erwiderte.  Endlich  tranken  noch  Herr  Director  Bailien  auf  das 


Xr.  36. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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Blühen  und  Gedeihen  der  Technik  und  Herr  F.  Andreas  Meyer  auf 
die  Wohlfahrt  AJldeutschlands.  Gegen  8  Uhr  wurde  dann  in  drei 
endlosen  Sonderzügen  die  Rückfahrt  nach  Hamburg  angetreten, 
welches  gegen  10  Uhr  bei  strömendem  Regen  erreicht  wurde.  Die 


Gastfreiheit  der  Gesellschaft  aber,  der  der  überaus  genufsreiche  Tag 
zu  danken,  dürfte  ohne  Gleichen  dastehen,  und  es  gebührt  ihr  der 
wärmste  Dank  nicht  nur  der  einzelnen  an  der  Fahrt  Betheiligten, 
sondern  auch  des  gesamten  Verbandes.  (Schlufs  folgt.) 


Die  modernen  Aufgaben  des  grofsstädtischen  Strafsenbaues  mit  Rücksicht  auf  die 

Unterbringung  der  Versorgungsnetze. 

Von  Stadtbaurath  Dr.  J.  Hobrecht  in  Berlin. 

(Fortsetzung). 


M.  H.  Fasse  ich  nun  das  Vorgesagte  zusammen,  so  ist  es  m.  E. 
nicht  angängig,  grundsätzlich  Subways,  so  empfehlenswerth  sie 
unter  besonderen  Umständen  und  namentlich  bei  Neuanlage  ein¬ 
zelner  Strafsen  sein  mögen,  als  das  Mittel  anzusehen,  wodurch 
das  Einlegen  der  Versorgungsnetze  in  die  Strafsendämme  und 
Bürgersteige,  und  damit  weiter  das  häufige  Auf  brechen  des  Pflasters 
vermieden  werden  könnte;  Gasröhren  in  die  Subways  zu  legen  ist, 
man  sage  was  man.  wolle,  nicht  als  vollständig  gefahrlos  zu  be¬ 
zeichnen;  die  Canalisation  wird  nur  unter  seltenen  Umständen  mit 
den  Subways  verbunden  werden  können,  in  den  meisten  Fällen 
nicht,  da  ein  Anschwellen  des  Wassers  in  den  Canälen  bis  zum 
Scheitel,  ja,  bis  zur  Strafsenhöhe,  sodafs  also  die  Canäle  unter  Druck 
stehen,  als  möglich  und  unter  Umständen  als  unvermeidlich  zuzugeben 
ist.  Canäle,  bei  welchen  derartiges  nicht  Vorkommen  kann,  würden 
meist  unrationell  grofs  gemacht  werden  müssen,  und  oft  würde  dann 
für  sie  allein  die  Strafsendammbreite  nicht  ausreichen;  es  ist  kaum 
möglich,  Subways  so  grofs  anzulegen,  dafs  sie  den  zukünftigen,  mög^ 
liehen  Ansprüchen  genügen,  namentlich  dann  nicht,  wenn  wirklich 
genügend  Platz  rund  um  ein  jedes  Rohr  verbleibt,  um  es  auswechseln 
zu  können,  um  die  Muffenverbindungen ,  den  Anstrich,  die  Seiten¬ 
anschlüsse  usw.  bequem  ausführen  zu  können;  man  denke  nur  an 
den  Raum;  den  die  unentbehrlichen  Schieber -in  den  grofsen  Leitungen 
verlangen  müssen.  Die  Kosten  sind  zweifelsohne  gewaltige,  denn, 
wie  die  ausgehängten  Zeichnungen*)  lehren,  ist  fast  das  ganze  Strafsen- 
areal  einer  Stadt  gewissermafsen  mit  einem  Untergeschofs  zu  bebauen, 
stark  genug,  um  jede  Verkehrsbelastung  tragen  zu  können. 

Ob  es  vom  Standpunkt  der  öffentlichen  Gesundheitspflege  aus, 
namentlich  bei  Epidemieen,  als  zulässig  erachtet  werden  kann,  das 
Innere  aller  Häuser  einer  Stadt  und  dessen  Luft  gewissermafsen  durch 
ein  gemeinsames  Kellergeschofs  in  Verbindung  zu  setzen,  lasse  ich  da¬ 
hingestellt;  ich  möchte  eine  solche  Gefahr  nicht  unbedingtableugnen. 

Dafs  endlich  in  vielen  Städten  —  London  kennt  freilich  derartiges 
kaum  —  der  hohe  Grundwasserstand  und  der  Rückstau  hoher  Flufs- 
wasserstände  dem  Bau  ausreichend  grofser  und  damit  tiefer  Subways 
aufs  er  ordentlich  grofse  Schwierigkeiten  bereiten  würde,  ist  leicht 
einzusehen.  Gelingt  es  auch,  diese  Schwierigkeiten  technisch  zu  über¬ 
winden,  namentlich  wenn  keine  Kosten  gespart  werden,  so  werden 
die  Subways,  soweit  sie  im  Grundwasser  stehen,  doch  immer  feucht 
und  dumpfig  sein.  Das  Eisen  der  Leitungen  wird  dann  wiederum  vor¬ 
zugsweise  gern  rosten;  nicht  befestigter  Boden  der  Subways  zur  Auf¬ 
nahme  von  Röhren  ist  natürlich  ganz  ausgeschlossen  und,  wie  gesagt, 
in  gleicher  Weise  die  Hineinlegung  der  Canalisation  in  die  Subways. 

Ich  bin  der  Ansicht, 

1.  dafs  die  Anlage  von  Kohlenkellern  oder  ähnlichen  Bauten 
unter  den  Bürgersteigen,  wie  in  London,  eine  Ungehörigkeit  ist, 

2.  dafs  der  Bürgersteig  zunächst  der  eigentlich  richtige  Platz 
zur  Unterbringung  der  Versorgungsnetze  ist  und  bleibt, 

3.  dafs  es  sich  deshalb  grundsätzlich  empfiehlt,  dort  die  Ver¬ 
sorgungsnetze,  und  zwar  in  das  Erdreich,  einzubetten, 

4.  dafs  definitives  Pflaster  unter  keinen  Umständen  früher  ausge¬ 
führt  werden  sollte,  bevor  nicht  die  Versorgungsleitungen,  und  nament¬ 
lich  die  Canalisation,  sich  dort  an  ihrer  richtigen  Stelle  befinden. 

Es  ist  eine  Frage,  die  sich  aufdrängt  und  auch  als  unberechtigt 
nicht  von  der  Hand  gewiesen  werden  kann,  ob  es  richtig  ist,  die 
Strafsendämme  in  ihrer  ganzen  Breite  mit  definitivem  Pflaster  zu 
versehen.  Ist  schon  sicher  die  Hoffnung,  die  sich  in  der  Bezeichnung 
, definitiv“  ausspricht,  eine  unrichtige  —  was  in  der  Welt  hätte  über¬ 
haupt,  und  was  nun  gar  in  grofsstädtischen  . Anlagen  einen  dauernden 
Bestand?  — ,  so  bedarf  es  wirklich  nur  einiger  Erfahrung,  um  mit 
Bestimmtheit  vorauszusehen,  dafs  nach  längerer  oder  kürzerer  Frist 
die  Ansprüche  der  Versorgungsnetze  an  diesem  Definitivum  wieder 
rütteln  werden. 

Man  könnte  nun  meinen,  dafs  es  richtig  sein  möchte,  das  defini¬ 
tive  Pflaster,  wenn  auch  nicht  ganz  aufzugeben,  so  doch  auf  den  mitt¬ 
leren  Theil  der  Strafsendämme  zu  beschränken,  sodafs  zu  beiden 
Seiten  des  Dammes  ein  nicht  definitiv  befestigter  Streifen  verbliebe, 
der,  als  Reserve  für  die  Versorgungsnetze,  leichter  aufgebrochen  und 
leichter  wiederhergestellt  werden  könnte.  Bei  näherer  Erwägung 

*)  Die  Zeichnungen  folgen  in  der  nächsten  Nummer  d.  Bh 


wird  aber  auch  dieser  Gedanke  aufgegeben  werden  müssen.  Liefse 
er  sich  allenfalls  bei  Steinpflaster  zur  Ausführung  bringen,  so  ist  er 
doch  ganz  undurchführbar  bei  Asphalt,  und  diesem  gehört  mehr 
und  mehr  die  Zukunft:  Hunderten  von  Petitionen  um  Asphaltirung 
einer  Strafse  steht  noch  nicht  eine  einzige  um  Herstellung  eines 
definitiven  Steinpflasters  gegenüber.  Der  wesentlichste  Vortheil  des 
Asphalts  ist,  wie  bekannt,  die  Geräuschlosigkeit;  auf  diesen  Vortheil 
müfste  aber  nicht  allein  Verzicht  geleistet  werden,  wenn  Seitenstreifen 
des  Dammes  mit  Stein  gepflastert  werden,  nein  —  es  würde  ein  für 
die  Gehörnerven  geradezu  unerträglicher  Zustand  geschaffen  werden; 
viel  leichter  ist  es,  ein  gleichmäfsiges  Rollen  der  Wagen  über  Stein¬ 
pflaster  zu  hören,  als  den  steten  Wechsel  von  Stein  auf  Asphalt 
und  umgekehrt.  Wir  mögen  uns  damit  trösten,  dafs  aufser  der 
Strafsenbefestigung  auf  sehr  vielen  anderen  Gebieten  —  ich  nenne 
nur  die  Eisenbahnen  —  das  Definitivum  sich  entsetzlich  schnell 
wieder  als  ein  Provisorium  entpuppt,  aber  ändern  können  wir  diesen 
Zustand  nicht. 

Ich  möchte  hier  nicht  unerwähnt  lassen,  dafs  es  eine  auch  erfüll¬ 
bare  Aufgabe  ist,  die  Bürgersteig-Befestigung  so  einzurichten,  dafs  sie 
für  Luft,  Gas  und  Wasser  eine  nicht  undurchdringliche  Decke  bildet; 
Undichtigkeiten  der  Leitungen  müssen  sich  erkennbar  machen  können; 
dem  aus  den  Röhren  entweichenden  Gas  und  Wasser  darf  nicht  als 
einziger  Weg  der  in  die  Gebäude  belassen  werden,  in  denen  sie  un¬ 
absehbaren  Schaden  anrichten  können. 

M.  H.  Wenn  nun  aber  in  der  Erbauung  von  Subways  nur  ausnahms¬ 
weise  ein  Mittel  erblickt  werden  kann,  den  vorhandenen  und  stetig 
wachsenden  Uebelständen  der  Strafsenaufbrüche  zu  begegnen,  wenn 
ferner  die  Aufnahme  der  Leitungen  in  die  Bürgersteige  ihre  Grenze 
hat,  so  müssen  wir  versuchen,  in  einer  anderen,  wenn  auch  weniger 
entschiedenen,  weniger  imponirenden  Weise  der  Sache  beizukommen; 
auf  den  Glanz  eines  kühnen  chirurgischen  Schnittes  müssen  wir  dann 
freilich  Verzicht  leisten. 

Um  die  grofsen  Städte  herum,  aufserhalb  des  Weichbildes  der¬ 
selben  sehen  wir  fast  ausnahmslos  Vorstädte,  theils  ältere  An¬ 
siedelungen,  die  ursprünglich  weit  von  der  Stadt  entfernt  waren, 
jetzt  in  ihrer  unmittelbaren  Nähe  dank  dem  Vordringen  der 
letzteren  liegen,  theils  neuere,  meist  aus  grofsstädtischer  Initiative 
entstandene  Bildungen.  Unter  den  verschiedenen  und  zahlreichen 
Gründen,  denen  diese  Vorstädte  ihr  Entstehen  oder  ihre  Entwicklung 
verdanken,  steht  obenan,  dafs  eine  Reihe  von  Verordnungen,  nament¬ 
lich  baupolizeilicher  Natur,  welche  die  Grofsstadt  treffen,  dort  kaum 
Gültigkeit  haben,  und  dafs  gewinnbringender  Speculation  dort  die 
Thüren  offen  stehen.  Oft  führen  sich  solche  Unternehmungen  als 
Villen-Colonieen  ein,  die,  je  nachdem,  entweder  dem  Begüterten  den 
Genufs  reiner  Luft  und  nervenstärkender  Ruhe,  oder  dem  Armen 
die  Wohlthat  einer  kleinen  billigen  Wohnung,  auch  wohl  gar  eines 
kleinen  eigenen  Besitzes  gegen  ratenweise  Abzahlung  gewährleisten 
wollen.  Ist  aber  diese  Lockspeise  verzehrt,  so  ändern  sich  die  Ver¬ 
hältnisse:  kann  nur  irgendwie  auf  Miether  gerechnet  werden,  so 
entstehen  auch  dort  die  üblichen  mehrstöckigen  Casernen,  mit  Brand¬ 
mauern  aneinandergelehnt,  mit  den  kleinen  Höfen  und  der  nichts 
weniger  als  nervenstärkenden  Hauspolizei.  Dann  ist  der  Weg 
höchster  Ausnutzung  des  Grund  und  Bodens  als  Baustelle  betreten, 
und  die  Speculation  gelangt  in  ihr  bestimmtes,  wenn  auch  noch  mehr 
oder  minder  günstiges  Fahrwasser. 

Die  Ansprüche  an  Post,  Telegraphie,  Telephonie,  an  Eisenbahnen, 
Pferdebahnen  usw.  für  solche  Vorstädte  wachsen  üppig  empor; 
Entrüstungs -Versammlungen  über  schlechte  Behandlung  mit  dem 
Hinweis  darauf,  dafs  zwar  die  Einwohnerzahl  eine  solche  Anlage 
wohl  noch  nicht  rechtfertige,  aber  die  Anlage  eine  Einwohnerzahl 
schaffen  werde,  welche  dann  die  Anlage  rentabel  mache,  lösen 
sich  mit  Petitionen  dringlichster  Art  ab.  Den  lautesten  Rednern 
winkt  der  Kranz  der  Gemeindevertretung. 

So  entstehen  für  die  Grofsstadt  die  Uebelstände,  dafs  sich  Vor¬ 
städte  um  sie  lagern,  die,  was  Richtung,  Breite  oder  Gefälle  der 
dortigen  Strafsenzüge  anbetrifft,  oft  ohne  jede  Rücksicht  auf  etwaige 
Bedürfnisse  der  ersteren  angelegt  sind,  und  dafs  dabei  in  der  Regel 
die  Gemeindevertretungen  in  diesen  Vorstädten  zu  nichts  weniger 
als  zu  einem  billigen  Entgegenkommen  geneigt  sind.; 

Erwägt  man  nun,  dafs;  es.  gerade  die  vorstädtischen  Gebiete  sind 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


6.  September  1890. 


welche  zumeist  Stämme  von  Versorgungsleitungen  aufzunehmen  haben, 
und  dafs  bei  der  Autonomie  der  Vorstädte  jede  Anlage  einer  Leitung 
dortselbst  eine  Ablehnung  oder  eine  Genehmigung  unter  den  erschwer¬ 
endsten  Bedingungen  zu  erfahren  hat,  so  wird  man  zugeben  müssen, 
dafs  hier  ganz  besonders  eine  Quelle  jener  Beklemmungen  liegt,  unter 
denen  der  vorwärts  drängende  Organismus  der  grofsen  Städte  leidet. 

Ich  habe  gesagt,  dafs  die  Vorstädte  die  Stämme  der  Leitungs¬ 
netze  mehr  und  mehr  aufzunehmen  haben.  Lassen  Sie  mich  dies 
erläutern.  Unter  den  Leitungen  nehmen  den  ersten  Platz  die  Zu¬ 
leitungen  von  Gas  und  Wasser  und  die  Ableitungen  der  Abwässer 
ein.  Die  Gasanstalten  mit  ihren  riesigen  Fabricationsgebäuden  und 
zahlreichen  Gasbehältern,  ihren  Kohlenplätzen,  ihrer  unerläfslichen 
Zugänglichkeit  von  Wasserwegen  oder  Eisenbahnen  finden  innerhalb 
des  Weichbildes  räumlich  den  Platz  nicht  mehr,  um  ein  erweiterungs¬ 
fähiges  WerU  .anlegen  zu  können;  sie  müssen  hinaus  in  die  Vorstädte. 
Von  dort  aus  gehen  daun  1  m  und  über  1  m  grofse  Leitungen  in  reich¬ 
licher  Zahl  in  die  Grofsstadt  hinein.  Aehnlich  ist  es  mit  den  Wasser¬ 
werken,  bei  denen  der  Gesichtspunkt  der  Gewinnung  reinen  Wassers, 
wie  solches  sich  wohl  nie  innerhalb  des  Weichbildes  grofser  Städte 
findet,  zur  Hinausleguug  der  Ceutralstelle  nöthigt;  auch  hier  sind  es 
die  im  Durchmesser  gröfsten  Leitungen,  welche  die  Vorstädte  kreuzen. 

Die  Stammleitungen  der  Canalisation,  die  „Extension  Sewers“, 
wie  sie  die  Engländer  nennen,  nehmen  eine  umgekehrte  Lichtung  au, 
aber  auch  sie  können  vorstädtischem  Gebiet,  vorstädtischen  Strafsen 
nicht  aus  dem  Wege  gehen,  wenn  sie,  wie  üblich  und  meist  noth- 
wendig,  dem  Gefälle  des  Flusses  folgen,  der  die  Grofsstadt  durch- 
fliefst.  Sind  es  Rieselgüter,  welche  die  Abwässer  aufzunehmen  haben, 
so  müssen  auch  hier  die  Stämme  der  Druckrohrleitungen  die  Vorstädte 
auf  ihrem  Wege  nach  den  dahinter  gelegenen  Rieselfeldern  kreuzen. 
Wie  oft  kommt  es  dann  vor,  dafs  bei  der  Wahl  der  Tracen  nicht  die 
im  technischen  Sinne  rationellsten,  sondern  solche  gewählt  werden, 
welche  sich  schliefslich  im  Kampf  mit  den  Vorstädten  und  ihren  Inter¬ 
essen  als  die  allein  durchführbaren  erweisen.  Und  der  daraus  ent¬ 
springende  Nachtheil  schwillt  oft  ins  ungebührliche  an,  wenn  die 
Einmündungspunkte  der  grofsen  Stammleitungen  an  dem  Weichbilde 
nicht  auf  Strafsenzüge  treffen,  die  für  ihre  Aufnahme  geeignet  sind. 

Ich  will  die  Vorstädte  und  ihre  Verwaltungen  nicht  einer  be¬ 
sonderen  Fiscalität  anklagen;  diese  Eigenschaft  ist  so  verbreitet, 
dafs  sich  keine  Verwaltung,  nicht  die  der  grofsen  Städte,  nicht  die 
anderer  Communalverbände,  auch  nicht  diejenige  des  Staates,  davon 
freisprechen  kann.  Genommen  wird  von  andern  überall  das,  was 
genommen  werden  kann,  was  sich  bei  der  Nothlage  des  anderen 
erreichen  läfst.  Die  Eisenbahnen  vor  allem  haben  ihre  financielle 
Prosperität  im  Auge  und  legen  sich  mit  ihren  breiten  und  hohen 
Dämmen  oder  ihren  Einschnitten  unbekümmert  um  zahllose  Interessen, 
namentlich  diejenigen  des  späteren  Verkehrs  —  preufs.  Gesetz  vom 
3.  Nov.  1838  —  und  um  diejenigen  der  Versorgungs- Systeme  durch 
und  um  die  Grofsstädte. 

Alles  dieses  weist  uns  darauf  hin,  dafs  hier  ein  Zustand  vorliegt, 
der  im  Interesse  der  grofsstädtischen  Versorgungsnetze  einer  Abhülfe 
bedarf.  Und  hier  helfend  einzugreifen  ist  Sache  des  Staates,  Sache 
der  Gesetzgebung. 

Nicht  die  Eingemeindung  einzelner  Vorstädte,  die  nach  jahrelangen 
Verhandlungen,  in  denen  die  beiderseitigen  Ansprüche  aus  der  Ver¬ 
gangenheit,  die  für  die  Gegenwart  nur  einen  verschwindenden,  für 
die  Zukunft  gar  keinen  Werth  haben,  aufgerechnet  werden,  zu  Stande 
kommt,  sondern  die  Schaffung  neuer  administrativer  Verbände,  aus¬ 
gedehnt  auf  das  ganze  Gebiet,  soweit  sich  die  vitalen  Interessen  der 
Grofsstädte  erstrecken,  das  ist  der  Weg,  der  zum  Ziele  führen  kann. 
Interessen,  die  wahrhaft  gemeinschaftliche  sind,  dürfen  nicht  in  ihrer 
gegenwärtigen  Trennung  und  getrennten  Vertretung  erhalten  bleiben; 
sie  dürfen  nicht,  wie  in  der  Fabel  der  Magen  und  die  Glieder,  sich 
gegenseitig  bekämpfen  und  hindern,  sondern  müssen  sich  verschmelzen 
und  fördern.  Dazu  bedarf  es  einer  Corporation,  einer  corpo- 
rativen  Einigung,  welche  sich,  wenn  nicht  anders,  so  doch  durch 
eine  Majorität  zu  einer  That  reif  macht. 

Wenn  auch  nicht  in  den  alten  Stadtth eilen  mit  ihren  gegebenen 
und  ohne  gewaltigen  Kostenaufwand  kaum  abänderungsfähigen  Ver¬ 
hältnissen,  so  kann  doch  in  allen  neu  anzulegenden  Strafsen  den 
Gemeinden  durch  Gesetz  die  Befugnifs  verliehen  werden,  der  Stadt¬ 
entwicklung  nur  eine  solche  Bahn  zu  geben,  dafs  die  Interessen  der 
Gemeinde,  soweit  sie  die  Versorgungsnetze  betreffen,  gewahrt  werden. 

Für  das  Königreich  Preufsen  ist  ein  solches  Gesetz  unter  dem 


2.  Juli  187.5  erlassen.  Dasselbe  ermöglicht  den  Gemeinden  die  An¬ 
legung  und  Veränderung  von  Strafsen  und  Plätzen  nach  dem  Bedürf¬ 
nisse  der  näheren  Zukunft  durch  Aufstellung  von  Bebauungs-Plänen. 
Ist  dies  geschehen,  so  tritt  damit  von  selbst  die  Beschränkung  des 
Grund-Eigenthümers,  über  die  Fluchtlinien  hinaus  zu  bauen,  ein;  Orts¬ 
statute  sind  zulässig,  nach  denen  örtlich  bestimmt  werden  kann,  was 
unter  einer  für  den  Anbau  fertig  gestellten  Strafse  zu  verstehen  sei,  und 
nur  an  solchen  Strafsen  dürfen  Wohngebäude  mit  Ausgang  errichtet 
werden;  eine  Entschädigung  kann  für  eine  Beschränkung  der  Baufrei¬ 
heit  dann  nicht  gefordert  werden;  desgleichen  können  die  Kosten  der 
Neuanlegung  einer  Sti’afse  von  den  angrenzenden  Eigenthümern  bei  Er¬ 
richtung  neuer  Gebäude  an  dieser  Strafse  wieder  eingezogen  werden. 

Ich  halte  mich  für  verpflichtet,  auf  dieses  Gesetz  umsomehr  hin¬ 
zuweisen,  als  in  einzelnen  zum  deutschen  Reich  gehörigen  Bundes¬ 
staaten  ein  gleiches  oder  ähnliches  Gesetz  fehlt  und  auch  innerhalb 
Preufsens  vielfach  von  diesem  Gesetz,  damit  also  von  der  Befugnifs,  die 
Herrschaft  bei  Neuanlage  von  Strafsen  auszuüben,  auch  im  Interesse 
der  zweckmäfsigen  Unterbringung  der  Versorgungs-Leitungen  seitens 
der  Gemeinden  nicht  der  Gebrauch  gemacht  wird,  den  es  verdient. 

Es  bedarf  kaum  der  Erwähnung,  dafs  in  der  Aufstellung  von 
Bebauungsplänen  ein  Mittel  gegeben  ist,  wenigstens  die  Nöthe,  welche 
dort  in  der  Zukunft  die  Unterbringung  der  Versorgungsnetze  bereiten 
kann,  zu  beseitigen  oder  zu  mildern.  Je  seltener  bei  Aufstellung 
solcher  Pläne  an  die  Versorgungsnetze  gedacht  worden  ist  und 
meistens  noch  wird,  um  so  nothwendiger  wird  dies  für  die  Zukunft 
sein.  Die  Anordnung  mächtiger  Diagonal-  oder  Radial-Strafsen,  die 
für  alle  Leitungen  von  innen  heraus  oder  von  aufsen  herein  den 
kürzesten  Weg  bieten,  ist  dabei  vor  allem  geboten.  Für  diese  können 
die  Abmessungen  kaum  grofs  genug  genommen  werden,  denn  sie  bieten 
die  passende  Gelegenheit,  um  auch  die  Bauten  zur  Bewältigung  des 
grofsstädtischen  Verkehrs  • —  Hochbahnen,  Stadtbahnen,  Trambahnen 
—  dort  anzulegen. 

Je  mehr —  und  namentlich  in  Grofsstädten —  es  Gebrauch  wird, 
die  Strafsendämme  in  definitiver  Weise  zu  befestigen,  je  mehr  zu 
Unterlagen  der  Befestigungsdecken  starke  Betonschichten  verwendet 
werden,  umsomehr  auch  wird  es  Regel  werden,  die  Leitungen  in  die 
Bürgersteige  zu  verlegen;  auch  die  dadurch  bedingte  Abkürzung  der 
Hausanschlufsleitungen  drängt  darauf  hin. 

Es  ergiebt  sich  hieraus  die  Nothwendigkeit,  in  der  Strafsenein- 
theilung  den  Bürgersteigen  eine  möglichst  grofse  Breite  zu  geben, 
ja,  wenn  die  Strafsenbreite  im  ganzen  nicht  über  ein  gewisses  Mafs 
hinaus  ausgedehnt  werden  kann,  diese  Bürgersteigbreite  auf  Kosten 
der  Strafsendammbreite  zu  ermöglichen.  Sichert  man  sich  hierdurch 
dort  für  die  Ansprüche  der  Zukunft  einen  möglichst  geräumigen 
Platz,  so  v^erleiht  man  auch  den  Strafsen  überhaupt  ein  gefälligeres 
Ansehen.  Endlich  verdient  der  Fufsgängerverkehr  in  Grofsstädten 
eine  Berücksichtigung,  die  oft  nicht  genügend  anerkannt  wird,  während 
umgekehrt  dem  Wagenverkehr  Opfer  gebracht  werden,  die  er  theils 
nicht  braucht,  theils  nicht  verdient.  Auf  eines  freilich  mufs  der 
Wagenverkehr  in  der  Regel  in  grofsen  Städten  verzichten,  nämlich 
auf  schnelles  Fahren  und,  damit  in  Verbindung,  auf  Vorbeifahren. 
Ein  grofser  Theil  der  Wagen,  alle  Lastwagen,  fahren  so  wie  so  nur 
Schritt;  soll  nun  dem  leichteren  Personenfuhrwerk  die  Möglichkeit 
gegeben  werden,  aufser  der  Reihe  sich  zu  bewegen  und  vorbeizueilen, 
so  beansprucht  dies  eine  Verbreiterung  des  Strafsendammes,  deren 
Kosten  und  Schwierigkeiten  ganz  aufser  Verhältnifs  zu  der  dadurch 
erreichten  Annehmlichkeit  stehen.  Es  ist  gewifs  sehr  schön,  dafs  in 
Grofsstädten  dem  eleganteren  Wagenverkehr,  der  ohne  ein  gewisses 
Tempo  nicht  zu  denken  ist,  einzelne  luxuriöser  gestaltete  Wege  ofi’en 
gehalten  und  bereitet  werden,  dafs  aber  die  grofse  Menge  der  Verkehrs- 
strafsen  hierauf  Rücksicht  zu  nehmen  habe,  ist  unrichtig.  Dem  Noth- 
wendigen  mufs  das  Angenehme  nachstehen.  Bewegen  sich  die  Fuhrwerke 
in  gleichmäfsigem  Schritt,  in  gleichmäfsiger  langer  Reihe,  so  ist  es  — 
man  denke  nur  an  den  Strand,  an  die  City-Strafsen  in  London  — 
kaum  glaublich,  welch  eine  Fülle  von  Lasten,  welch  eine  Wagenzahl 
ordnungsmäfsig  und  ununterbrochen  in  Bewegung  erhalten  wird. 
Nicht  unerwähnt  mag  hierbei  auch  bleiben,  dafs  für  den  Fufsgänger¬ 
verkehr,  wenn  er  zur  Benutzung  des  Strafsendammes  genöthigt  ist, 
nichts  so  gefährlich  wird,  als  gerade  ein  breiter  Strafsendamm,  der 
ein  ungeordnetes  Fahren  in  verschiedener  Geschwindigkeit  ermöglicht. 
Die  Sicherung  des  Fufsgäugerverkehrs  ist  es,  welcher  neben  der  leich¬ 
teren  Unterbringung  der  Versorgungsnetze  verhältnifsmäfsig  schmälere 
Fahrdämme  und  breitere  Bürgersteige  dienen.  (Schlufs  folgt.) 


Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neuzeit. 

Von  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  Mehrtens  in  Bromberg. 

(Fortsetzung.) 


IV. 

Beim  Wettbewerbe  mit  den  Hängebrücken  werden  die  weit¬ 
gespannten  Bogenbrücken  überall  da  nicht  bestehen,  wo  man  aus  be- 


sondern  Gründen  oder  nothgedrungen  allein  auf  den  Kostenpunkt 
sieht.  Wegen  ihres  geringen  Gewichts  und  ihrer  einfachen  Auf¬ 
stellung  stellt  sich  eine  Hängebrücke  in  den  meisten  Fällen  am 


Ifr.  U. 


Oentralblatt  der  Bauverwaltang. 


377 


billigsten,’®)  und  in  ihrer  äufsern  Erscheinung  wirken  Bogen-  und 
Hängebrücken  in  den  meisten  Fällen  wohl  ziemlich  gleich  günstig. 
Der  Umstand  aber,  dafs  die  Bahn  einer  Hängebrücke  stets  unten 
liegt,  ermöglicht  ihre  Anwendung  selbst  in  Fällen,  wo  der  Bau  einer 
Bogenbrücke  als  ausgeschlossen  betrachtet  werden  mufs.  Trotz  aller 
besprochenen  Vorzüge,  als  Billigkeit,  angenehme  Erscheinung  und 
ausgedehnte  Verwendbarkeit,  haben  aber  die  Hängebrücken  bislang 
neben  den  Balken-  und  Bogenbrücken  nur  in  America  und  Frank¬ 
reich  gröfsere  Verbreitung  gefunden  und  dabei  dienen  sie  —  wie 
bereits  erwähnt  —  mit  einer  einzigen  Ausnahme,  nur  dem  Strafsen- 
und  nicht  dem  Eisenbahnverkehre.  Diese  Thatsache  erklärt  sich 
aus  den  schwerwiegenden  Bedenken,  die  vieler  Orten  gegen  ihre  Bau¬ 
art  (und  zum  Theil  nicht  mit  Unrecht)  geltend  gemacht  worden  sind. 
Anderseits  ist  nicht  zu  verkennen,  dafs  in  jüngster  Zeit  im  Bau  der 
Hängebrücken  Neuerungen  sich  angebahnt  haben,  welche  im  weiteren 
Verlaufe  ihrer  Entwicklung  und  Vervollkommnung  dieser  Brückenart 
neben  den  Balken-  und  Bogenbrücken  eine  vortheilhaftere  Stellung  | 
verschaffen  könnten. 

Die  ersten  und  bedeutsamsten  Neuerungen  im  Hängebrückenbau 
sind  von  America  ausgegangen  und  knüpfen  sich  in  älterer  Zeit  zu¬ 
meist  an  die  Namen  von  Eöbling,  Vater  und  Sohn.  Das  erste  grofs- 
artige  Werk  Johann  Eöblings  vom  Jahre  1855,  die  Eisenbahn-  und 
Strafsenbrücke  über  den  Niagara  (Zeitschr.  f.  Bauverw.  1862,  S.  373)  — 
deren  hölzerne  Fahrbahn  und  steinerne  Stützpfeiler  in  den  Jahren  1879 
bezw.  1886  durch  eiserne  ersetzt  wurden  —  ist  eine  durch  die  Balken- 
träger  der  Fahrbahn  versteifte  Drahtkabelbrücke.^®)  Bei  den  folgenden 
bedeutenden  Drahtbrücken  Eöblings,  über  den  Alleghany  in  Pittsburgh 
und  den  Ohio  bei  Cincinnati  traten  zum  ersten  Male  die  in  schräger 
Kiehtung  von  den  Stützpfeilern  ausgehenden  graden  Hülfsseile  (stays) 
auf,  welche,  indem  sie  die  von  ihnen  gefafsten  Punkte  der  Fahrbahn 
am  Durchbiegen  verhindern,  eine  ähnliche  versteifende  Wirkung  auf  die 
entsprechenden  Theile  der  Drahtkabel  ausüben,  wie  die  Versteifungs¬ 
balken.  Die  letztem  aber  mit  den  Hülfsseilen  zusammen  wirken  zu 
lassen,  wie  es  Eöbling  bei  der  East-Eiver-Brücke  (Centralbl.  d.  Bauverw. 
1883,  S.  105  u.  205)  gethan  hat,  erscheint  wenig  nachahmungswerth, 
weil  das  System  der  durch  einen  Balken  versteiften  Kette,  dessen  Be¬ 
rechnung  nach  dem  heutigen  Stande  der  Theorie  bequem  und  sicher 
genug  aiisgeführt  werden  kann,  durch  den'  Hinzutritt  der  Hülfsseile 
—•  besonders,  wenn  man  deren  starke  Längenänderungen  infolge  des 
Wechsels  in  der  Luftwärme  mit  in  Anschlag  bringt  —  ein  völlig  un¬ 
bestimmtes  wird.  In  Frankreich  sind  die  Hülfsseile  neuerdings  eben¬ 
falls  in  Anwendung  gekommen.  Dort  benutzt  man  sie  aber  auch 
mit  zum  Tragen  des  Eigengewichts  der  Fahrbahn,  während  sie  bei 
der  East-Eiver-Brücke  nur  für  das  Tragen  der  Verkehrslast  vorge¬ 
sehen  wurden. 

Unter  allen  sonstigen  Neuerungen,  welche  die  Werke  Eöblings 
mit  sich  brachten,  ist  die  erstmalige  Anwendung  von  Gufs stahl¬ 
draht  bei  Herstellung  der  Kabel  der  East-Eiver-Brücke  als  der 
wichtigste  Fortschritt  zu  bezeichnen.  Während  vordem  bei  allen 
Drahtbrücken  ausschliefslich  beste  Schweifseisendrähte  mit  einer 
Zugfestigkeit  von  etwa  70  kg  auf  1  qmm  zur  V erwendung  kamen, 
wurden  die  vier'  je  400  mm  starken  Kabel  der  East-Eiver-Brücke 
aus  parallel  liegenden  4,3  mm  dicken,  verzinkten  Gufsstahldrähten 
gebildet,  welche  eine  Zugfestigkeit  von  etwa  120  kg  auf  1  qmm  he- 
safsen,  also  über  dreimal  so  viel  als  das  beste  gewalzte  Schweifs¬ 
eisen.  Die  Herstellung  des  Gufsstahldrahts  hat  inzwischen  weitere 
erhebliche  Fortschritte  gemacht  und  man  stellt  heute  keine  über- 
mäfsige  Forderung,  wenn  man  für  Brückenbauzwecke  einen  Gufs- 
stahldraht  verlangt,  welcher  (auf  das  qmm  als  Einheit  bezogen)  neben 
13—14  Tonnen  Zugfestigkeit  eine  Streckgrenze  von  6—7  Tonnen  und 
eine  Dehnung  von  etwa  4  pCt.  besitzt.'* *'?) 

Die  amerieanischen  Neuerungen  sind  jüngst  auch  auf  fran¬ 
zösischen  Boden  verpflanzt  und  dort  in  eigenartiger  Weise  weiter 
ausgebildet  worden.  Die  älteren  französischen  Drahtbrücken  haben 
ihrer  ungenügenden  Steifigkeit  und  anderer  Mängel  wegen  keine 


*®)  Eine  Thatsache,  die  neuerdings  beim  Bau  der  Bogenbrücke 
über  den.  Wildbach  Javroz  in  der  Schweiz  wiederum  bestätigt 
worden  ist.  Bei  den  Vorarbeiten  für  diese  Brücke  wurden  11  ver¬ 
schiedene  Entwürfe  mit  einander  verglichen.  Eine  Hänge-Brücke 
von  114  m  Stützweite  stellte  sich  mit  127  000  JC  am  billigsten ;  dann 
kam  eine  84  m  weit  gespannte  eiserne  Balkenbrücke  mit  eisernen 
Pfeilern,  veranschlagt  auf  168  300  J6.  Die  zur  Ausführung  gebrachte 
Bogenbrücke  kostete  206  000  JC  und  ein  Steinbau  mit  15  m  weiten 
Bögen  hätte  277  000  Kosten  verursacht. 

Die  Versteifung  der  Drahtkabel  vollzieht  sich  bekanntlich 
dadurch,  dafs  die  entsprechend  stark  gebauten  Balkenträger  eine  un- 
gleichmäfsig  über  die  Fahrbahn  vertheilte  Last  nahezu  gleichmäfsig 
auf  die  Hängestangen  übertragen.  Infolge  dessen  können  die  Kabel 
ihre  Gleichgewichtslage  immer  nur  unmerklich  ändern. 

*?)  Für  besondere  Zwecke  fertigt  man  heute  sogar  einen  Gufs- 
stahldraht  von  20 — 25  Tonnen  Festigkeit. 


grofse  Lebensdauer  bewiesen  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1881,  S.  346). 
In  der  Zeit  von  1869 — 81  stürzten  fünf  derselben  ein,  und  die 
mittlere  Dauer  der  übrigen  betrug  bis  zu  ihrer  Erneuerung  durch¬ 
schnittlich  nur  etwa  31  Jahre.  Diese  Zustände  und  auch  der  Be¬ 
richt  von  Malezieux  vom  Jahre  1873  über  die  amerieanischen 
Bauten  sind  Veranlassung  gewesen,  dafs  man  in  Frankreich  im 
Bau  der  Draht  -  Hängebrücken,  zum  Theil  nach  americanischem 
Muster  und  unter  besonders  thätiger  Mitwirkung  des  französischen 
Ingenieurs  Arnodin,  in  Chateau  -  neuf  sur  Loire  gründliche  Ver¬ 
besserungen  einführte.  Das  sind  im  wesentlichen  Anbringung  von 
eisernen  oder  stählernen  Fahrbahnen  mit  versteifenden  Trägern  oder 
stark  gebauten  eisernen  Geländern,  Verwendung  des  Gufsstahldrahts 
und  der  geraden  Hülfskabel  sowie  Einrichtung  einer  auswechselbaren 
Verbindung  der  Kabel  mit  den  Hängestangen  und  geeignete  Befesti¬ 
gung  und  Lagerung  derselben  über  den  Stützpfeilern.  Anstatt  der 
älteren  Kabel,  in  welchen  alle  Drähte  parallel  lagen,  wendet  man 
gedrehte  Kabel  (Abb.  9)  an,  welche  aus  lauter  spiralförmig  ineinander 
gewundenen  Drähten  bestehen  und  bekanntlich  bedeutend  gröfsere 
Biegsamkeit  besitzen  als  die  aus  geraden  Drähten  zuzammengelegten 
Kabel.*®)  Dabei  unterscheidet  man  zwei  Sorten,  die  „Cäbles  tordus 
simples“,  in  denen  alle  Drähte  ln  einerlei  Sinn  gewunden  sind  und  die 


10.  Kabel- 

Abb.  9.  aufhängung. 

Französische  Kabel. 

„cables  tordus  alternatifs“,  bei  denen  das  Kabel  aus  abwechselnd  in  ver¬ 
schiedenem  Sinne  gewundenen  Drahtschichten  besteht.*®)  Die  letztere 
Kabelsörte  ist  nicht  so  biegsam,  wie  die  erstgenannte,  weil  die  Eei- 
bung  zwischen  den  Drahtschichten  von  entgegengesetzter  Drehung 
gröfser  ist,  als  zwischen  den  im  gleichen  Sinne  gerichteten  Drähten. 
Deshalb  benutzt  man  sie  bis  jetzt  nur  zur  Herstellung  der  geraden 
Hülfskabel. 

Weil  ein  sehr  starkes  Kabel  nicht  als  Spiralkabel  hergestellt 
werden  kann,  so  verwendet  man  bei  den  neuern  weitgespannten 
französischen  Drahtbrücken  auch  nicht,  wie  bei  den  amerieanischen 
Brücken,  Kabel  von  grofsem  Querschnitte,  sondern  mehrere  dünnere 
Seile.  Auf  jeder  Brüokenseite  liegen  4—5  solcher  Spiralseile  neben 
einander,  wobei  sie  auf  einem  wagerechten  Stege  reiten  (Abb.  10)  in 
der  Weise,  dafs  jedes  Seil  für  sich  fortgenommnn  und  nöthigenfalls 
durch  ein  neues  ersetzt  werden  kann,  ohne  den  Betrieb  der  Brücke 
zu  stören.  Dafs  die  Möglichkeit  einer  derartigen  Auswechslung  einen 
grofsen  Vortheil  mit  sich  bringt,  liegt  auf  der  Hand. 

Die  beschriebenen  Verbesserungen,  welche  zum  ersten  Male  im 
Jahre  1879  beim  Bau  der  71  m  weit  gespannten  Hängebrücke  von 
St.  Ilpize  über  den  Allier  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1887,  S.  171)  erprobt 
wurden,  sind  auf  den  ausgehängten  Lichtbildern  sowie  auch  aus  den 
Abbildungen  in  der  Liste  näher  zu  ersehen.  Man  erkennt  auch  deut¬ 
lich  das  Fehlen  einiger  Hängestangen  in  der  Nähe  der  Stützpfeiler, 
eine  Anordnung,  die  gewählt  wird,  um  die  Wirkung  der  schrägen 
Hülfskabel  bestimmter  zu  machen. 

Die  französischen  Neuerungen  sind  beachtenswerther  Natur. 
Die  Drahtkabelbrücken  für  Strafsenverkehr  sind  dadurch  sowohl  in 
baulicher  Hinsicht  als  auch,  was  die  von  ihnen  zu  erwartende  Un¬ 
wandelbarkeit  anhetrifft,  auf  eine  hohe  Stufe  der  Vollendung  ge¬ 
bracht.  Die  Bewegungen  der  Brücken  (besonders  in  senkrechter 
Richtung)  sollen  nach  Angabe  des  Ingenieurs  Arnodin  so  sehr  gering 
sein,  dafs  man  die  Strafsenbahn  derselben  jetzt  sogar  aus  Asphalt 
herstellt.  Wo  daher  an  Gemeinden,  Kreise  oder  Provinzen  die  Noth- 
wendigkeit  des  Baues  einer  festen  Strafsenbrücke  herantritt,  kann 
unter  Umständen,  namentlich  wenn  die  Kostenfrage  im  Vordergrund 
steht,  die  Wahl  einer  dergestalt  ausgebildeten  Drahtkabel- Hänge¬ 
brücke  als  einzig  mögliche  Lösung  vollständig  gerechtfertigt  er¬ 
scheinen. 

Bereits  viel  früher  ■ —  zum  ersten  Male  im  Jahre  1862  bei  der 
von  Barlow  erbauten  85  m  weit  gespannten  Lambeth-Hängebrücke 

*®)  Weil  ein  Theil  der  Spirale  eines  und  desselben  Drahtes  beim 
Biegen  des  Kabels  verkürzt,  während  ein  anderer,  ebenso  grofser 
Theil  verlängert  wird  derart,  dafs  eine  Ausgleichung  zwischen  den 
aufeinander  folgenden  Verlängerungen  und  Verkürzungen  eintreten 
kann. 

*9)  Centralbl.  d.  Bauverw.  1887,  S.  171. 


378 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


6.  Septeiiibet  18{)0. 


über  die  Themse  in  London  —  hat  man  versucht,  die  Drahtkabel- 
Brücken  auf  andere  Weise,  nämlich  durch  fachwerkartige  Versteifung 
der  Tragwände  zwischen  Seil  und  Fahrbahn,  widerstandsfähiger  zu 
machen  (Centralbl.  d.  Bauverw,  1882,  S.  99).  Mit  einem  Drahtkabel 
läfst  sich  aber  ein  Versteifiingswerk  weniger  gut  verbinden,  als  mit 
einer  Kette,  obwohl  auch  die  versteiften  -Kettenbrücken  nur  in 
wenigen  Fällen  und  auch  nur  für  kleinere  Spannweiten  in  Ausführung 


Lichtraum  über  der  Fahrbahn  dabei  hinderlich  ist.  Wird  ein  solcher 
Anscldufs  aber  nicht  ausgeführt,  so  liegen  Windverband  und  Scheitel¬ 
gelenk  nicht  in  einer  Ebene  und  es  ergiebt  sich  daraus  eine 
Verdrehungs  -  Beanspruchung  zwischen  Gelenk  und  Fahrbahn,  für 
welche  die  daselbst  vorzusehenden  Verbindungstheile  nicht  wider¬ 
standsfähig  genug  liergerichtet  werden  können. 

Köpke  schlägt  vor,  diesen  Uebelstand  dadurch  zu  beseitigen, 


j^\IX!^x5<!Xl7l/ !/  bsg 


2440 


üülllIHL’lsliili 


Point-Hängebrücke  über  den  Monongahela  in  Pittsburgh. 


Abb 


gekommen  sind.  Bemerkenswerthe  versteifte  Kettenbrücken 
sind  aufser  dem  ersten  Bauwerk  dieser  Art,  der  aus  dem 
Jahre  1860  stammenden,  inzwischen  wieder  abgetragenen 
Donau-Canalbrücke  in  Wien  (mit  zwei  übereinander  liegenden 
durch  Gitterstäbe  versteiften  Ketten  —  Centralbl.  d.  Bauverw. 

1884,  S.  104)  besonders  der  1869  vom  Oberingenieur  Schmick 
erbaute,  69  m  weit  gespannte  Kettensteg  über  den  Main 
zwischen  Frankfurt  und  Sachsenhausen,  der  in  verschie¬ 
denen  Aufnahmen  im  Bilde  hier  ausgehängt  ist.  Dieser 
Steg,  bei  welchem  Ständer  und  Schrägstreben  der  Yerstei- 
fungswand  mit  der  Kette  und  dem  wagerechten  steifen  Fahr¬ 
bahn-Untergurt  vernietet  sind,  zeigte  zum  ersten  Male  eine 
versteifte  Hängebrücke  mit  einem  Scheitelgelenk. -O)  Das 
System  ist  aber  zum  Theil  wegen  der  schon  bei  Besprechung 
der  Bogenbrücken  beregten  Nachtheile  eines  Scheitelgelenks 
bis  jetzt  verhältnifsmäfsig  sehr  selten  zur  Ausführung  ge^ 
kommen.  In  Deutschland  wird  es  allein  durch  den  Frank¬ 
furter  Kettensteg  vertreten  und  in  grofsein  Mafsstabe  ist 
es  nur  noch  ein  Mal  bei  der  in  den  Jahren  1875 — 77  erbauten 
Point  -  Hängebrücke  über  den  Monongahela  bei  Pittsburgh 
wiedergekehrt. 

Wie  die  Abbildungen  der  Liste  (Abb,  11)  vei’anschaulichen,  stellt 
sich  das  System  der  Point-Brücke  als  ein  auf  den  Kopf  gestellter 
I)reigelenk-Bogenträger  dar.  Es  besitzt  zwei  schräg  gegeneinander 
gestellte,  auf  den  Stützpfeilern 
drehbar  und  verschiebbar  ge¬ 
lagerte  und  durch  das  Scheitel¬ 
gelenk  mit  einander  verbundene 
sichelförmige,  steifeHän  gewerks- 
Träger,  an  denen  die  Fahr¬ 
bahn  aufgehängt  ist.  Das 
System  ist  daher  statisch  be¬ 
stimmt  und  die  Hängewerks- 
Träger  besitzen  im  Vergleich 
zu  den  Bogenträgern  den  Vor¬ 
zug,  dafs  ihre  Haupttheile  vor¬ 
wiegend  nur  auf  Zug  in  Anspruch  genommen  werden.  Wenn  der 
Untergurt,  wie  auch  Köpke  seinerzeit  schon,  vorgeschlagen  hatte, 
nach  der  Stützlinie  des  Eigengewichts  geformt  wird,  so  werden 
Obergurt  und  Wandglieder  des  Trägers  nur  durch  eine  einseitige 
Verkehrslast  wechselnd  auf  Zug  und  Druck  beansprucht.  Aufserdem 
fällt  der  Schwerpunkt  des  Gesamt-Tragwerks  —  wie  bei  den  Hänge¬ 
brücken  überhaupt  —  günstig  unterhalb  der  Stützpunkte,  während 
er  beim  Bogenträger  oberhalb  derselben  liegt.  Dagegen  bringt 
der  Dreigelenk -Hängeträger  auch  Nachtheile  mit  sich,  die  beim 
Bogenträger  gleicher  Art  wegfallen.  Sie  beruhen  in  der  Schwierig¬ 
keit  eines  vollkommenen  Anschlusses  des  AVindverbandes  der  Fahr¬ 
bahn  an  das  Scheitelgelenk,  weil  der  frei  zu  haltende,  A^erkehrs- 


Abb.  12.  Köpkes  versteifte  Hängebrücke. 


Der  erste  Vorschlag' zu  einer  derartigen  Bauart — und  gleich¬ 
zeitig  auch  zur  Einschaltung  eines  Mittelgelenks  bei  Bogenbrücken 
—  rührt  aus  dem  Jahre  1860'  von  Köpke  her.  Vergl. :  Ueber  die 
Constructionen  einer  steifen  Hängebrücke.-  Zeitschr.  des  Hannover. 
Architekten-  und  Ingenieur-Vereins  1860. 


dafs  man  beide  Gurte,  im  Scheitelgelenk  sich  berührend,  zu¬ 
sammenführt  (Abb.  12),  und  die  dann  noch  mangelnde  Ver¬ 
steifung  des  Gelenkes  durch  Anbringung  eines  A^ersteifungs- 
gurtes  herbeizuführen,  der  über  dem  Hängegurte  nächst  den 
Scheitelpunkten  belegen  ist.^i)  Ganz  neuerdings ^2)  befür¬ 
wortet  Köpke  auch  den  Fortfall  der  BolzenGelenke  und  Er¬ 
satz  derselben  durch  eigenartige  Feder-Gelenke,  welche 
derart  anzuordnen  sind,  dafs  sie  sowohl  die  Spannung  des 
Hängegurts  übertragen,  als  auch  den  durch  die  Brückenlast 
erzeugten  Scherkräften,  sowie  den  seitlichen  Einwirkungen 
des  Windes  u.  dgl.  ausreichend  widerstehen  können  (Abb.  13), 
Dem  Vernehmen  nach  soll  demnächst  in  Sachsen  eine  die 
Köpkeschen  Vorschläge  verwirklichende  150  m  weitgespannte 
Hängebrücke  für  Strafsenverkehr  zur  Ausführung  kommen.  . 

Es  ist  ersichtlich,  dafs  die  Verwendungsfähigkeit  einer 
Hängebrücke  durch  Einführung  der  Köpkeschen  A^erbesse- 
rungen  erhöht  werden  kann,  anderseits  ist  nicht  zu  ver¬ 
kennen,  dafs  eine  derart  versteifte  Hängebrücke  neuester 
Art  in  ihrer  Gestalt  sich  mehr  und  mehr  einer  Balkenbrücke 
nähert.  Dadurch  wird  ihre  Schönheitswirkung  beeinträchtigt 
und  es  bleibt  ihr  eigentlich  nur  noch  ein  A^ortheil:  das 
kleinere  Eigengewicht.  Dieser  Vortheil  entspringt  hauptsächlich 
aus  der  Anwendung  der  künstlichen  Zugsjoannung  in  den  AViderr 
lagspunkten,  deren  Nothwendigkeit  aber  eine  offenbare  Schwäche 

jeder  Hängebrücke  bedeutet, 
weil  diese  dadurch  weniger 
einfach  und  weniger  unwandel¬ 
bar  und  für  den  Eisenbahn¬ 
verkehr  weniger  betriebssicher 
ausfällt,  als  eine  Balken¬ 
brücke.  Darum  ist  es  frag¬ 
lich  ,  ob  die  Hängebrücken 
trotz  der  namhaften  A^erbesse- 
rungen,  die  sie  im  Laufe  der 
Zeit  erfahren  haben,  heute 
schon  ausreichend  gerüstet ,  er¬ 
scheinen,  um  mit  den  Balkenbrücken  einen  erfolgreicheren  AA’^ett- 
kampf  zu  führen,  als  bisher.  Selbst  in  America,  ihrem  A^aterlande, 


Abb.  13.  Köpkes  Federgelenke. 


haben  sie  neben  den  neusten  weitgespannten  Balkenbrücken  nicht 
mehr  recht  auf  kommen  können.  -  -  (Schlufs  folgt.)  ^ 

2')  Ueber  Hängebrücken  mit  3  Gelenken.  Zeitschr.  d.  Hannover; 
Vereins  1888,  S.  29. 

22)  Ueber  Gelenkbildungen  für  Brückenträger.  Ebendaselbst  1889. 
S.  167.  ■■  ^  ■■■  ... 


ir.  86. 


Gentralblatt  der  Bauverwaltung. 


.379 


Judsons  Treibwelle. 


In  Washington  ist  die  probeweise  Einrichtung  eines  vom  In¬ 
genieur  Judson  vorgeschlagenen  neuen  und  eigenartigen  Betriebes 
zum  Fortbewegen  von  Strafsenbahnwagen  in  Aussicht  genommen, 
dessen  Eigenthümlichkeit  darin  besteht,  dafs  mehrere  an  dem  fortzu¬ 
bewegenden  Fahrzeuge  angebrachte  Rollen  in  schräger  Stellung  gegen 
eine  unter  dem  Gel  eis  fortlaufende  Treibwelle  geprefst  werden  und 
dadurch  in  fortschreitende  Bewegung  gerathen.  Die  nachstehenden 
schematischen  Abbildungen  veranschaulichen  die  Wirkungsweise 
dieser  Einrichtung,  welche  in  einem  Berichte  des  technischen  Attaches 
bei  der  deutschen  Gesandtschaft  in  Washington,  Regierungs-Baumeister 
Petri,  behandelt  ist. 

Es  werde  angenommen,  dafs  auf  einer  Welle  W  (Abb.  1)  eine 
drehbare  Rolle  R  so  aufgelagert  sei,  dafs  die  Achse  dieser  Rolle 
schräg  zur  Achse  der  Welle  gerichtet  ist.  Wird  die  Welle  in  Um¬ 
drehung  versetzt,  so  wird  auch  die  Rolle  sich  drehen.  Werden  die 
Enden  der  Achse  a  b  festgehalten,  so  wird  gleichzeitig  die  Rolle  auf 
dem  Wellenumfange  gleiten;  sind  jedoch  a  und  b  auf  zwei  starren 
Linien  L  und  A],  welche  mit  der  Welle  IF  gleichlaufen,  wider¬ 
standslos  geführt,  so  wird  die  Rolle  auf  der  Welle  in  fortschreitender 
Bewegung  entlang  geführt,  gewissermafsen  vorwärts  geschraubt.  Die 


lieber  Ringe  T  ein  Theil  des  Wagengewichtes,  doch  so,  dafs  die 
Scheiben  mittels  besonderer  Gelenkstangen  g  innerhalb  der  Ringe 
nach  beiden  Richtungen  gedreht  werden  können.  Es  bedarf  zu  dem 
Ende  nur  der  Längsbewegung  einer  unter  dem  Strafsenbahnwagen 
durchlaufenden  Stange  c  d  in  der  Pfeilrichtung  nach  c  oder  nach  d 
hin.  Diese  Bewegung  wird  vom  Führerstande  des  Wagens  aus 
mittels  eines  Handrades  und  Zahngetriebes  bewirkt. 

Um  die  Pressung  zwischen  den  Rollen  R  und  der  Welle  jeder¬ 
zeit  ändern  zu  können,  hat  Judson  die  Ringe  T  mit  Excentern  E 
(Abb.  3  und  4)  in  Verbindung  gebracht,  welche  auf  den  Radachsen 
der  Fahrzeuge  angebracht  sind.  Ein  besonderes,  zweites  Handrad 
dient  dem  Führer,  um  diese  Excenter  mittels  einer  weiteren,  unter 
dem  Wagen  durchlaufenden  Stange  e  f  (Abb.  .3)  in  der  einen  oder 
anderen  Richtung  zu  drehen,  und  so  die  Rollen  mit  einem  gröfseren 
oder  geringeren  Theil  des  Wagengewichtes  zu  belasten  und  auf  die 
Welle  zu  pressen.  In  die  Excenterstange  V  Vi  ist  eine  Spiralfeder  F 
eingeschaltet. 

In  einer  von  der  „Judson  Pneumatic  Street  Railway  Co.“  heraus¬ 
gegebenen  Druckschrift,  welche  dem  Attachebericht  beigefügt  ist, 
sind  die  Einzelheiten  der  praktischen  Ausführung  dargelegt.  Dieser 


Rolle  beschreibt  hierbei  auf  dem  Umfange  der  Welle  eine  Spiral¬ 
linie.  Die  fortschreitende  Bewegung  wird  beschleunigt  oder  verlang¬ 
samt,  wenn  man  den  Neigungswinkel  a  ändert.  Die  Rolle  behält 
ihren  Platz  auf  der  Welle  bei,  sobald  «  =  0  oder  auch  =  90°  wird, 
die  Rollenachse  also  parallel  oder  senkrecht  zur  Wellenachse  steht. 
Eine  Umstellung  der  Rolle  in  die  entgegengesetzte  Richtung  ertheilt 
derselben  die  entgegengesetzte  Bewegung.  Setzt  sich  der  Rolle  in 
der  Richtung  der  Linien  L  und  Ai  ein  Widerstand  entgegen,  soll 
dieselbe  mit  anderen  Worten  benutzt  werden,  um  einen  Gegenstand 
in  der  Richtung  der  Welle  fortzuschieben,  so  hat  man  nur  nöthig, 
die  Rolle  mit  einem  solchen  Kraftaufwande  auf  die  Welle  zu  pressen, 
dafs  eine  ausreichende  Reibung  zwischen  beiden  Theilen  hervorgerufen 
wird.  Zur  Herstellung  dieser  Pressung  wird  zweckmäfsig  das  eigene 
Gewicht  des  fortzuschiebenden  Gegenstandes  benutzt.  Die  von  der 
Rolle  ausgehende  Kraftäufserung  ist,  wie  sich  von  selbst  versteht, 
nach  der  Gröfse  des  Druckes  und  der  Neigung  der  Rolle  ver¬ 
schieden. 

Der  Ingenieur  Judson  will  die  Kraft  der  fortschreitenden  Be- 
w'egung  der  Rollen  in  gröfserem  Mafstabe  zum  Betriebe  von  Strafsen- 
bahnen  benutzen.  Die  zu  bewegenden  Strafsenbahnwagen  ruhen 
-aufser  auf  ihren  Rädern,  welche  in  gewöhnlicher  Weise  in  festem 
Ueleise  laufen,  noch  mittels  einer  Anzahl  von  Rollen  der  beschrie¬ 
benen  Art  auf  einer  unter  dem  Geleis  fortlaufenden  Treibwelle,  durch 
•deren  Umdrehung  die  Wagen  fortgeschoben  werden.  Die  Rollen 
sind  paarweise  vereinigt  und  sattelförmig  auf  die  Welle  gelegt,  wie 
in  Abb.  4  und  5  angedeutet. 

Es  mufs  nun  dem  Führer  des  Wagens  möglich  sein,  sowohl  den 
Rollendruck  auf  der  Welle  mit  Rücksicht  auf  die  Veränderlichkeit 
der  Widerstände  jederzeit  nach  Belieben  zu  vergröfsern  oder  zu  ver¬ 
ringern,  als  auch  alle  Rollen  in  jedem  Augenblick  übereinstimmend 
gegen  die  Welle  zu  drehen,  um  die  Bewegung  des  Fahrzeuges  nach 
Erfordern  beschleunigen  oder  verlangsamen,  oder  dasselbe  bremsen 
zu  können.  Den  letzteren  Theil  der  zwiefachen  Aufgabe,  das  Drehen 
der  Rollen,  hat  Judson  wie  folgt  gelöst.  Die  Achsen  der  Rollen  R 
sind  unter  dm-chbrochenen  Kreisscheiben  S  in  der  in  Abb.  2  ge¬ 
zeigten  Weise  gelagert.  Auf  den  Scheiben  S  ruht  mittels  unbeweg- 


Schrift  ist  auch  zu  entnehmen,  dafs  die  Ausführbarkeit  des  Systems 
bereits  früher  durch  Versuche  auf  einer  Geleisstrecke  von  60  m 
Länge  mit  Krümmungen  von  6,1  m  Halbmesser  und  Neigungen  von 
1  :  10  und  1  :  8  erwiesen  ist.  Da  die  Versuche,  obwohl  nur  im  Rohen 
betrieben,  dennoch  recht  günstige  Ergebnisse  geliefert  haben  sollen, 
so  hofft  man,  bei  den  demnächst  in  Washington  vorzunehinenden 
Probefahrten  auf  einer  etwa  2,1  km  langen  eingeleisigen  Strecke  die 
Bewährung  des  Systems  aufser  jeden  Zweifel  zu  stellen.  Man  glaubt 
dort  bei  200  Wellenumdrehungen  in  der  Minute  und  einem  Aus¬ 
schlage  der  Rollen  von  60°  eine  Geschwindigkeit  der  Wagen  von 
19  km  in  der  Stunde  zu  erzielen. 

Hinsichtlich  einiger  Einzelheiten  der  Erfindung  sei  noch  folgen¬ 
des  angeführt.  Die  Treibwelle,  welche  in  einem  Längscanal  unter 
der  Geleisachse  läuft,  wird  hohl  und  mit  23  cm  Durchmesser  aus 
Holzkohleneisen  hergestellt.  Für  gerade  Strecken  werden  Längen 
von  6,1  bis  7,3  m  verwendet;  in  Bahnkrümmungen  ordnet  man 
polygonartig  gekuppelte  kürzere  Wellenstücke  an.  Mit  Benutzung 
von  3,35  m  längen  Rohrstücken  ist  man  noch  imstande,  Krümmungen 
bis  auf  16,8  m  Halbmesser  zu  folgen.  An  den  Lagerstellen  der  ein¬ 
zelnen  Wellentheile  sind  Leitschienen  bündig  mit  der  Welle  ange¬ 
ordnet,  welche  verhindern,  dafs  die  Reibungsrollen  in  die  Zwischen¬ 
räume  fallen. 

Zum  Betriebe  der  Wellen  sind  unter  dem  Strafsenpflaster 
an  geeigneten  Stellen  kleine  liegende  Prefsluftmaschinen  ange¬ 
ordnet,  welchen  die  geprefste  Luft  durch  ein  unter  der  Welle  JV 
gelagertes  Rohr  P  (Abb.  4)  zugeführt  wird.  Die  Reibungsrollen 
werden  aus  Eichenholz  gefertigt  und  erhalten  20  cm  Durchmesser; 
sie  sind  zu  Doppelpaaren  in  besonderen  Gestellen  vereinigt,  wie  in 
Abb.  5  in  der  Ruhe-(Brems-)  Stellung  der  Rollen  angedeutet  ist. 

Die  genannte  Bahngesellschaft  hat  z.  Z.  in  dem  Capitol  in 
Washington  ein  im  Mafsstabe  1:12  ausgeführtes,  betriebsfähiges 
Modell  ausgestellt,  welches  die  Bewegung  des  Wagens  durch  Weichen 
•  und  Geleiskreuzungen  veranschaulicht.  Eine  Kreuzung  wird  z.  B.  in 
der  in  Abb.  6  angedeuteten  Weise  hergestellt.  Die  Enden  der 
Wellen  W  werden  in  Zapfen  gelegt  und  durch  Rädergetriebe  mit¬ 
einander  in  Verbindung  gesetzt.  Eine  um  den  Zapfen  M  drehbare 


380 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


6.  September  1890, 


Führungsschiene  / 1  verhindert  das  Hineinfallen  der  Eeibungsrollen 
in  den  Zwischenraum  und  wird  je  nach  der  Fahrrichtung  in  die  aus- 
gezogene  oder  die  punktirte  Lage  gebracht. 

Die  Baukosten  für  ein  Kilometer  doppelgeleisige  Bahn  ein- 


schliefslich  Betriebsmittel  und  Maschinenanlage  werden  zu  328  000 
Mark  angegeben.  Die  Betriebskosten  sollen  unter  Zurechnung  von 
6  pCt.  für  Verzinsung  der  Anlagekosten  7  Pfennig  für  1  Wagen¬ 
kilometer  betragen. 


Vermischtes. 


Vationaldenkmal  für  Kaiser  M'ilhelm  I  in  Berlin.  Durch  Be- 
schlufs  des  Buudesraths  und  des  Reichstages  ist  bekanntlich  Seiner 
Majestät  dem  Kaiser  die  Entscheidung  über  den  Platz,  auf  welchem 
das  Nationaldenkmal  für  den  Hochseligen  Kaiser  Wilhelm  errichtet 
werden  soll,  über  die  Gestaltung  des  Denkmals  und  über  den  aus¬ 
zuschreibenden  engeren  Wettbewerb  anheimgegeben  worden.*)  Diese 
Allerhöchsten  Entschliefsungen  sind  nunmehr  getroffen  und  ein 
engerer  Wettbewerb  zu  nachstehenden  Bedingungen  veranstaltet 
worden. 

„1.  Das  Denkmal  wird  auf  dem  durch  die  Niederlegung  der 
Schlofsfreiheit  in  A'erbindung  mit  der  Hinzunahme  eines  Tlieiles  der 
anstofsenden  Wasserfläche  entstehenden  Platze  errichtet;  es  wird 
von  dem  Königlichen  Schlosse  durch  die  Strafse  getrennt. 

2.  Das  Denkmal  erhält  die  Gestalt  eines  Reiterstandbildes. 

Aufser  dem  Denkmal  selbst  umfafst  der  Wettbewerb  auch  die 
architektonische  Ausbildung  des  bezeichneten  Platzes,  einschliefslich 
der  ihn  begrenzenden  Ufermauer  von  der  Schleusenbrücke  bis  zur 
Schlofsbrücke. 

Die  örtlichen  Verhältnisse  ergeben  sich  aus  dem  anliegenden 
Lageplane.**)  In  demselben  ist  die  äufserste  Grenze,  bis  zu  welcher 
die  Schiftahrtsstrafse  eingeengt  werden  darf,  eingezeichnet  und  gleich¬ 
zeitig  angedeutet,  wie  weit  die  gegenüberliegende  Uferlinie  zurück¬ 
gelegt  werden  müfste,  falls  die  Anlage  jene  äufserste  Grenze  in  An¬ 
spruch  nehmen  sollte. 

Eine  noch  weitere  Vergröfserung  des  Denkmalplatzes  durch 
völlige  Ueberbauuug  der  Schiftahrtsstrafse  würde  zulässig  sein; 
jedoch  würde  die  lichte  Weite  des  Wasserweges  unter  dem  Ueber- 
bau  nirgends  kleiner  als  18  m  sein  und  der  Ueberbau  an  keiner 
Stelle  tiefer  als  auf  Ordinate  35,60  über  dem  Normal  -  Nullpunkt 
liegen  dürfen. 

Die  Denkmalanlage  darf  an  die  Schlofsfront  nur  bis  auf  einen 
Abstand  von  mindestens  33  m  herantreten  und  die  jetzige  Flucht  der 
Strafse  „An  der  Stechbahn“  nicht  überschreiten. 

Das  seitliche  Wassergerinne,  welches  oberhalb  der  Schleusen¬ 
brücke  abzweigt  und  als  Mühlengraben  unter  dem  „Rothen  Schlofs“ 
und  der  Strafse  „An  der  Stechbahn“  hindurchführt,  mufs  innerhalb 
des  Denkmalplatzes  in  der  Breite  von  11,5  m  fortgeführt  werden. 
Der  Gewölbescheitel  ist  nicht  tiefer  als  auf  Ordinate  34,20  zu  legen. 
Das  so  verlängerte  Gerinne  darf  von  der  graden  Richtung  nach  der 
rechten  Uferseite  hin  abweichen,  und  zwar  darf  seine  Austrittsöftnung 
bis  an  die  bisherige  Ufermauer  herangehen. 

Die  Damm -Krone  der  Strafse  an  der  Schlofsfreiheit  liegt  in  der 
Mittelachse  des  Königlichen  Schlosses  auf  Ordinate  34,85. 

4.  Es  sind  zu  liefern: 

a)  ein  Modell  des  Reiterstandbildes  einschliefslich  des  Sockels 
und  aller  etwaigen  Nebenfiguren  im  Mafsstabe  von  1/5  der 
natürlichen  Gröfse; 

b)  ein  Entwurf  für  die  architektonischen  Anlagen  (Nr.  2  Abs.  2) 
entweder  im  Modell  oder  in  Zeichnungen.  Für  das  Modell 
ist  ein  Mafsstab  von  1/50  der  natürlichen  Gröfse  zu  wählen. 

Die  Zeichnungen  sind  im  Mafsstab  von  1/100  der  natürlichen 
Gröfse  auszuführen  und  zwar  sind  zu  liefern 

ein  Grundrifs, 

ein  Aufrifs  und 

eine  perspectivische  Ansicht,  für  welche  der  Standpunkt  so  zu 
wählen  ist,  dafs  die  Beziehungen  der  Denkmalanlage  zum  König¬ 
lichen  Schlofs  zur  Anschauung  gelangen. 

5.  Die  Einlieferung  der  Entwürfe  mufs  bis  zum  1.  April  1891 
mittags  12  Uhr  erfolgt  sein.  Die  Stelle,  an  welche  die  Einlieferung 
zu  erfolgen  hat,  wird  später  mitgetheilt  werden. 

Verspätet  eingehende  Entwürfe  und  solche  Entwürfe,  welche  den 
Bedingungen  nicht  entsprechen,  sind  von  der  Preisbewerbung  aus¬ 
geschlossen. 

6.  Es  bleibt  Vorbehalten,  die  zur  Bewerbung  zugelassenen  Ent¬ 
würfe  während  eines  Zeitraums  von  mindestens  vierzehn  Tagen 
öffentlich  auszustellen. 

7.  Für  jeden  zur  Bewerbung  zugelassenen  Entwurf  wird  dem 
Verfasser  eine  Entschädigung  von  vier  Tausend  Mark  gewährt. 
Aufserdem  bleibt  Vorbehalten,  einzelne  Entwürfe  durch  besondere 
Preise  bis  zur  Höhe  von  zwölf  Tausend  Mark  auszuzeichnen. 

*)  Vgl.  S.  215,  242,  245  u.  280  dieses  Jahrgangs  d.  Bl. 

**)  Der  Lageplan  ist  noch  nicht  mitgetheilt  und  wird  nachträglich 
gegeben  werden. 


8.  Die  Entwürfe  werden  gegen  Zahlung  der  Entschädigung  (Nr.  7) 
Eigenthum  des  Reichs.“ 

Ueber  Anzahl  und  Namen  der  zum  Wettbewerbe  Eingeladenen 
ist  bis  jetzt  nichts  bekannt  gegeben.  Es  zählen  zu  ihnen,  wie  zu 
erwarten  war,  die  beim  ersten  Wettbewerbe  mit  ersten  Preisen  aus¬ 
gezeichneten  Architekten  Rettig  und  Pfann  und  Bruno  Schmitz, 
und  es  verlautet,  dafs  auch  die  Künstler,  welche  damals  zweite  Preise 
erhielten,  die  Herren  Bildhauer  A.  Hildebrand  in  Florenz,  Bild¬ 
hauer  K.  Hilgers  in  Charlottenburg,  Bildhauer  Prof.  F.  Schaper 
mit  Architekt  Th.  F  erb  er  in  Berlin  und  Bildhauer  Prof.  Dr.  J. 
Schilling  mit  den  Architekten  Schilling  und  Gräbner  in 
Dresden  Aufforderungen  zur  Betheiligung  erhalten  haben.  Ange¬ 
nommen  werden  darf,  dafs  die  Namen  der  Eingeladenen  noch  be¬ 
kannt  gegeben  werden,  ebenso  wie  gewifs  die  Namen  der  Preisrichter 
bald  zur  Veröffentlichung  gelangen  dürften. 


Neue  Patente. 

Fördervorrichtuiig  für  Baumaterialien.  Patent  Nr.  52  209. 
Moritz  Friedmann  in  Berlin.  —  Zwei  endlose  Glieder-Ketten  sind 
unter  sich  durch  Sprossen  d  verbunden  und  laufen  über  die  Räder¬ 
paare  a  a‘  und  b.  Die  Räderpaare  a  a'  sind  auf  einen  Bock  A 
zusammengebaut,  der  auf  der  Balkenlage  des  fertigzustellenden 
Stockwerks  aufgesetzt  wird.  Das  Räderpaar  b  im  Erdgeschofs  liefert 
unmittelbar  oder  von  einem  Vorgelege  K  aus  den  Antrieb.  Die  be¬ 
liebig  durchhängenden 
Ketten  werden  zwischen 
Leitrollen  M  geführt. 

Wenn  der  Arbeiter 
nun  mit  einem  Trag¬ 
korb  C  ankommt,  der 
hochgezogen  werden  soll, 
so  setzt  er  denselben 
mit  dem  Rücken  auf  den 
Tisch  E  nieder.  Der 
Tisch  E  besteht  aus 
einer  wagerechten  Platte 
und  einer  lothrechten 
Wand,  ist  um  die  Achsel 
drehbar  und  steht  durch 
eine  Stange  e  mit  dem 
Antrittsbrett  D  in  Ver¬ 
bindung.  Sobald  also 
der  Arbeiter  das  Brett  D 
verläfst,  erhält  der  ge¬ 
füllte  Korb  C  das  Ueber- 
gewicht  nach  hinten  und 
neigt  sich  so  weit,  dafs 
seine  Haken  c  von  den 
Sprossen  d  der  Leiter¬ 
kette  gefafst  werden 
können.  Die  Einhängung 
ist  also  vollständig  selbst- 
thätig  und  sicher.  Wenn 
der  Tragkorb  C  oben 
angelangt  ist,  so  geht 
er  zwischen  den  Räder¬ 
paaren  a  a'  durch,  rich¬ 
tet  sich  an  dem  loth¬ 
rechten  Blech  N  ge¬ 
rade  und  trifft 
schliefslich  mit  dem 
Boden  auf  die  Platt¬ 
form  des  Wagens  G 
auf,  während  die 
Kette  über  die  Haken 
c  nach  unten  läuft. 
Der  Tragkorb  ist  nun 
vollständig  frei  und  kann  herausgefahren  werden.  Die  leeren  Trag¬ 
körbe  werden  oben  auf  der  entgegengesetzten  Seite  der  nieder¬ 
gehenden  Kette  eingehängt,  treffen  unten  auf  einen  festen  oder  be¬ 
weglichen  Ablenker  O  und  werden  von  Hand  oder  durch  ein  seit¬ 
lich  laufendes  endloses  Lattenband  L  von  der  Kette  abgenommen. 


Verlag  von  Ernst&Koru  ("Wilhelm  Ernst).  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theilcs  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


Nr.  364- 


381 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


INHALT:  Ergebnisse  des  architektonischen  Wettbewerbs  in  den  letztverflossenen 
22  Jahren.  —  Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neuzeit  (Fortsetzung).  — 


Vermischtes:  Wettbcwerbung  um  den  Neubau  eines  Kreisständehauses  in  Kreuz¬ 
nach.  —  Bücherschau. 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.] 

Die  Ergebnisse  des  architektonischen  Wettbewerbs  in  den  letztyerflossenen  22  Jahren.* 


Redner  führt  zunächst  aus,  wie  die  sechziger  Jahre  einen  ge¬ 
waltigen  Aufschwung  in  der  Geschichte  der  Architektur  bezeichnen, 
und  damit  im  Zusammenhänge  auch  die  architektonischen  Wett¬ 
bewerbungen  hervorragenden  Einflufs  auf  die  gesamte  baukünst¬ 
lerische  Thätigkeit  gewonnen  haben.  Vor  dieser  Zeit  sind  Wett¬ 
bewerbe  nur  selten  ausgeschrieben,  und  sowohl  die  Programmfassung 
wie  die  Beurtheilung  sind  damals  oft  von  Gesichtspunkten  erfolgt, 
die  mit  den  heutigen  Anschauungen  wenig  mehr  übereinstimmen. 
Der  eigentliche  Beginn  der  Geschichte  des  architektonischen  Wett¬ 


in  den  folgenden  Jahren  von  13  auf  11,  8,  7  (darunter  nacheinander 
Gerichtsgebäude  in  Dresden,  Rathhaus  in  Grofsenhain,  Stadttheater  in 
Posen,  Rathhaus  in  Essen,  Ständehaus  in  Düsseldorf,  Kirchen  in 
Wiesbaden  und  Bochum,  das  Rathhaus  in  Hamburg,  die  Universität 
in  Strafsburg,  die  Petrikirche  in  Leipzig)  und  endlich  auf  4  im  Jahre 
1878,  welch  letzteres  das  Minimum  sowohl  in  Bezug  auf  die  Anzahl 
wie  auf  die  Bedeutung  der  Wettbewerbe  darstellt.  Dann  steigt  sie 
wieder  von  5  im  Jahre  1879  auf  12, 13, 16  und  19  bis  zum  Jahre  1887. 
Die  Jahre  1882  bis  1885  (Rathhaus  in  Wiesbaden,  das  zweite  deutsche 


Anzahl  der  Aus¬ 
schreibungen 
im  Jahr. 


Durchschnitts¬ 
zahl  der  Be¬ 
theiligung  im 
Jahr. 


Ausschreiben. 


1868. 

Eathhaus  in  Dortmund, 
Museumsgebäude  in  Stutt¬ 
gart. 

1869. 

Kirche  in  Crefeld. 

1870. 

1871. 

Deutsches  Eeichstagsge- 
bäude. 

1872. 

Niederwalddenkmal, 

Börse  in  Frankfurt  a.  M., 
Museum  in  Breslau. 


1873. 

Gerichtsgebäude  in  Dresden, 
Eathhaus  in  Grofsenhain. 

1874. 

Stadttheater  in  Posen, 
Eathhaus  in  Essen, 
Ständehaus  in  Düsseldorf. 

1875. 

Bergkirche  in  Wiesbaden, 
Evangelische  Kirche  in 
Bochum. 

1876. 

Eathhaus  in  Hamburg. 

1877. 

Universität  in  Strafsburg, 
Petrikirche  in  Leipzig. 


1878. 

1879. 

Kirchen  in  Bielefeld  und 
Altona. 

1880. 

Gewandhaus  in  Leipzig, 

Bahnhof  in  Frankfurt  a.  M., 

Ausstellungen  in  Halle  und 
Breslau. 

1881. 

Gertrudiskirche  in  Hamburg 
und  Kirche  in  Eims¬ 
büttel. 

1882. 

Eathhaus  in  Wiesbaden, 


Deutsches  Eeichstagsge- 
bäude, 

Lutherkirche  in  Dresden. 

1883. 

Museen  in  Berlin, 

Theater  in  Halle, 

Eefprmationskirche  in 
Speier. 

1884. 

Naturhistorisches  Museum 
in  Hamburg, 

Herstellung  des  Aachener 
Eathhauses, 

Reichsgerichtsgebäude  in 
Leipzig, 


3  katholische  Kirchen  in 
München. 

1885. 

Kestner- Museum  in  Han¬ 
nover, 

Wohnhäuser  an  der  König 
Johann-StraCse  in  Dres¬ 
den. 

1886. 

Eathhaus  in  Stollberg, 

Landesausschufsgebäude  in 
Strafsburg. 

1887. 

Finanzministerium  in  Dres¬ 
den, 

Trinkhalle  in  Wiesbaden, 

Dom  in  Bremen, 


Landesgewerbemuseum  in 
Stuttgart. 

1888. 

Kirchen  in  Stuttgart,  Dort¬ 
mund  und  Mainz, 
Volkstheater  in  Essen. 

1889. 

Nationaldenkmal  für  Kaiser 
Wilhelm  in  Berlin, 
Kaiser  Wilhelm  -  Denkmal 
für  die  Rheinprovinz, 
desgl.  für  Schlesien, 
desgl.  f.  d.  Kyffhäuser, 
Garnisonkirche  in  Strafs- 
burg, 

Gerichtsgebände  in  Bremen, 
Trinitatiskirche  in  Dresden. 


bewerbs  fällt  zusammen  mit  der  Wanderversammlung  in  Hamburg 
im  Jahre  1868,  denn  dort  sind  aufser  den  Honorarnormen  auch  die 
Normen  für  die  Durchführung  öffentlicher  Wettbewerbe  unter  all¬ 
gemeiner  Zustimmung  zur  Annahme  gelangt,  und  der  gegenwärtige 
Augenblick  scheint  daher  besonders  dafür  geeignet  einen  Ueberblick 
betreffs  der  Ergebnisse  der  letzteren  zu  gewinnen.  Diese  sind  im 
ganzen  nicht  als  ungünstig  zu  bezeichnen  und  die  mannigfachen 
darüber  laut  gewordenen  Klagen  entspringen  nicht  zum  letzten  Theil 
aus  persönlichen,  mehr  augenblicklichen  Verstimmungen.  Redner 
glaubt  dies  an  den  258  Preisbewerbungen,  die  seit  jenem  Zeitpunkt, 
also  innerhalb  21  Jahren,  nach  seinen  Ermittlungen  stattgefunden 
haben,  nachweisen  zu  können  und  hat  eine  höchst  interessante 
Statistik  ausgearbeitet,  durch  welche  es  möglich  ist  die  Ergebnisse 
von  den  verschiedensten  Seiten  zu  beleuchten  (vgl.  die  obige  Darstellung). 

Was  zunächst  die  Zahl  der  Ausschreibungen  und  ihre  Ver- 
theilung  auf  die  einzelnen  Jahre  betrifft,  so  sind  1868  5  (darunter 
Rathhaus  in  Dortmund  und  Museum  in  Stuttgart),  1869  9  (darunter 
Kirche  in  Crefeld),  1870  nur  6,  1871  7  (darunter  das  Reichstagshaus), 
1872  21.  (darunter  das  Niederwald-Denkmal  und  eine  Anzahl  anderer 
Kriegerdenkmäler,  die  Börse  in  Frankfurt  a.  M.  und  das  Provincial- 
Museum  in  Breslau)  zu  verzeichnen.  Nach  dieser  zunächst  erreichten 
höchsten  Ziffer  fällt  die  Anzahl  der  ausgeschriebenen  Wettbewerbe 


*)  Nach  einem  Vortrage  des  Professors  Hubert  Stier  in  Han¬ 
nover,  gehalten  auf  der  IX.  Wanderversammlung  des  Verbandes 
deutscher  Architekten-  und  Ingenieur -Vereine  in  Hamburg. 


Reichstagsgebäude,  die  M.  Lutherkirche  in  Dresden,  die  Museen  in 
Berlin,  das  Theater  in  Halle,  die  Reformationskirche  in  Speier,  das 
Museum  in  Hamburg,  das  Reichsgericht  in  Leipzig)  könne  man  einst¬ 
weilen  wohl  als  die  Blüthezeit  des  Wettbewerbswesens  sowohl  in 
Bezug  auf  die  Bedeutung  der  Aufgaben,  wie  auf  den  Werth  der  ein¬ 
gegangenen  Arbeiten  bezeichnen,  trotzdem  danach  noch  weiter  die 
Zahl  der  Preisbewerbungen  rasch  gestiegen  ist,  und  1889  26  Wett¬ 
bewerbe  stattgefunden  haben  (darunter  allein  vier  grofse  Denkmäler 
für  Kaiser  Wilhelm).  Allerdings  scheint  durch  diese  Fülle  auch  die 
deutsche  Architektenschaft  trotz  ihrer  Leistungsfähigkeit  fast  über 
Gebühr  in  Anspruch  genommen  worden  zu  sein,  wie  dies  gerade 
eine  Anzahl  weniger  gelungener  Wettbewerbe  der  letzten  Zeit  dar- 
thun.  Das  Jahr  1890  verspricht  wieder  eine  geringere  Zahl  von 
Ausschreiben. 

Hierauf  wandte  sich  Redner  den  Ländergebieten  zu,  aus  denen 
die  Ausschreibungen  erfolgen,  und  legte  dar,  wie  in  dieser  Beziehung 
das  Königreich  Sachsen  und  die  Rheinprovinz  mit  je  32  Wettbewer¬ 
bungen  die  erste  Stelle  einnehmen.  Dann  folgen  Westfalen  mit  22 
und  Schlesien  mit  21 ,  es  ergiebt  sich  sonach  eine  besondere  Ent¬ 
wicklung  des  Wettbewerbswesens  in  denjenigen  Gebieten,  welche  ein 
entfaltetes  Industriewesen  und  damit  eine  starke  Entwicklung  com- 
munalen  Lebens  aufzuweisen  haben.  Berlin  als  Stadt  hat  keine  einzige 
Preisbewerbung  veranstaltet;  dagegen  sind  von  Seiten  des  Staates 
und  Reiches  von  dort  aus  13  Wettbewerbe  ausgeschrieben.  Sodann 
folgen  Hannover,  Hessen-Nassau  und  Frankfurt  a.  M.  mit  10,  Ost- 
preufsen,  Schleswig-Holstein,  Hessen-Darmstadt,  Bayern  iind  Württem- 


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10.  September  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


berg  mit  9,  Baden,  Bremen  nnd  Hambui'g  mit  7.  Die  übrigen  deut¬ 
schen  Staaten  und  preufsischen  Provinzen  sind  nur  mit  kleineren 
Zahlen  betheiligt. 

Was  sodann  die  öffentliche  Stellung  der  Ausschreiber  au- 
langt,  so  stehen  die  Verwaltungskörper  der  Städte  und  Gemeinden 
und  die  denselben  angegliederten  Verbände  weitaus  oben  an.  Die 
Magistrate  von  Städten  haben  97  Ausschreibungen  oder  28  pCt.  der 
Gesamtzahl  erlassen.  Kirchen-,  Schul-  und  Synagogen- Vorstände  44, 
Vereine  für  commercielle,  sociale  und  gesellige  Zwecke  56,  dem¬ 
gegenüber  der  Staat  als  solcher  aber  nur  mit  24  Ausschreibungen 
betheiligt  ist,  wovon  7  auf  das  Eeich  entfallen,  das  in  richtiger  Wür¬ 
digung  der  Verhältnisse  seine  bedeutenden  Aufgaben  meist  in  dieser 
Form  zur  Lösung  gestellt  hat.  Ein  stärkeres  Eintreten  des  Staats 
zu  Gunsten  des  Wettbewerbswesens  ist  kaum  zu  erwarten,  da  infolge 
des  immer  festeren  Zusammenschlusses  des  Beamtenstandes,  wie  sich 
derselbe  namentlich  in  Preufsen  geltend  macht,  auch  folgerichtig  die 
dem  Staate  erwachsenden  Aufgaben  zunächst  dem  ersteren  zufallen 
werden.  Der  grofse  Kreis  der  Privatbauthätigkeit  bedient  sich  des 
allgemeinen  Wettbewerbes  gar  nicht.  Die  Zahl  von  nur  drei  Aus¬ 
schreibungen,  die  bekannt  geworden  sind,  bestätigt  dies. 

Was  die  Art  der  gestellten  Aufgaben  betrifft,  so  sind  auch 
hier  diejenigen  überwiegend,  welche  mit  den  städtischen  Verwaltungs¬ 
und  Lebenskreisen  in  enger  Beziehung  stehen.  Im  ganzen  sind  aus¬ 
geschrieben  40  Schulen  und  Gj^mnasien,  35  Kirchen  und  Synagogen, 

37  Casinos  und  Vereinshäuser,  15  Krankenhäuser,  12  Rathhäuser, 

10  Geschäftshäuser,  7  Ausstellungsgebäude,  8  Bebauungspläne, 

6  Theater,  41  Denkmale  und  Brunnen.  Au  öffentlichen  Staats¬ 
gebäuden  sodann  zweimal  das  Reichstagshaus,  6  Museen,  3  Gerichts¬ 
gebäude,  2  Bahnhöfe,  2  Bibliotheken  sowie  5  Verwaltungsgebäude. 
Bedenklich  erscheint  die  Form  des  öffentlichen  Wettbewerbs  für  die 
Wiederherstellung  alter  Baudenkmäler,  welche  meist  ein  so  eingehendes 
Studium  des  betreffenden  Bauwerks  erfordern,  dafs  ein  gutes  Ergeb- 
nifs  stets  nur  besonders  glücklichen  Umständen  zu  verdanken  ist. 

In  Bezug  auf  die  Fassung  des  Programmes  hebt  der  Voi’- 
tragende  hervor,  wie  in  der  genauen  und  klaren  Aufstellung  des¬ 
selben  die  beste  Sicherheit  für  den  guten  Erfolg  eines  Wettbewerbes 
gegeben  ist,  und  wie  es  Sache  der  Preisrichter,  welche  das  Programm 
zu  billigen  haben,  wäre,  hier  vor  der  Ausschreibung  mehr  als  bisher 
berichtigend  einzuwirken.  Fehler,  die  in  dieser  Hinsicht  häufig  vor¬ 
kämen,  lägen  weniger  in  der  bösen  Absicht  der  Ausschreibenden,  als 
in  ihrer  Unkenntnifs  der  Verhältnisse  und  Formen.  Je  einfacher 
übrigens  die  Aufgabe,  desto  sicherer  sei  das  günstige  Ergebnifs. 
Verwickeltere  Aufgaben  erscheinen  für  den  Wettbewerb  weniger 
geeignet  und  ergeben  häufiger  keine  genügende  Lösungen,  da  sie  mehr 
oder  weniger  ein  völliges  Zusammenleben  und  -Arbeiten  des  Archi¬ 
tekten  mit  dem  oder  den  Bauherren  erfordern.  Man  hat  versucht, 
dieser  Schwierigkeit  durch  vorherige  persönliche  Zusammenkunft  der 
Theilnehmer  zu  begegnen,  z.  B.  bei  dem  Wettbewerbe  für  die  Museen 
und  bei  demjenigen  um  die  Bebauung  der  Kaiser  Wilhelm-Strafse  in  I 
Berlin.  Namentlich  im  letzteren  Falle  hat  sich  ein  solches  Verfahren, 
wenn  auch  als  etwas  umständlich,  so  doch  als  wohl  geeignet  erwiesen. 

Die  Anforderungen  an  die  Arbeitsleistung  eines  Wett¬ 
bewerbes  pflegen  im  Mittelgebiete  zwischen  Skizze  und  Entwurf  zu 
liegen.  Früher,  namentlich  vor  1868,  hat  man  geglaubt,  im  Wett¬ 
bewerbungsverfahren  gleich  fertige  Baupläne  gewinnen  zu  können, 
doch  ist  dieser  Standpunkt  glücklich  überwunden,  indem  man  offenbar 
einsehen  gelernt  hat,  dafs  bei  einem  Wettbewerb  ebensowohl  wie  bei 
einem  Privatauftrage  zwischen  Skizze  und  fertigem  Bauentwurf  weitere 
Verhandlungen  liegen  müssen.  Ein  zu  grofser  Mafsstab  der  Dar¬ 
stellung  darf  infolge  dessen  berechtigterweise  nie  beansprucht  werden; 
derselbe  mufs  vielmehr  immer  so  gewählt  sein,  dafs  der  Architekt 
nicht  durch  denselben  unwillkürlich  dazu  gedrängt  werde,  weiter¬ 
gehende  Einzelheiten  zu  lösen  als  nöthig  seien.  Für  Skizzen  genüge 
bei  gröfseren  Gebäuden  stets  1:200,  für  kleinere  1:150;  1:100  da¬ 
gegen  ist  kein  Mafsstab  für  Skizzen.  Um  dem  bei  vielen  Wett¬ 
bewerben  auftretenden  Uebelstande  überflüssiger,  lediglich  auf  Augen¬ 
bestechung  herauslaufender  Zeichnungen  zu  begegnen,  ist  genaue  An¬ 
gabe  der  Zahl  der  Zeichnungen  und  möglichst  auch  der  Art  der  Be¬ 
handlung  wünschenswerth,  ebenso  der  Ausschlufs  zuviel  gelieferter 
Blätter.  Der  sonderbare  Versuch  des  völligen  Ausschlusses  von  Per¬ 
spectiven  ist  dagegen  nicht  zu  billigen,  denn  sie  gehören  zu  den  vor¬ 
züglichsten  Mitteln  der  Gewinnung  rätrmlicher  Vorstellung.  Erwünscht 
ist  es  aber,  dafs  auch  hier  Mafsstab  und  Standpunkt  bestimmt  werden. 

Als  der  wundeste  Punkt  der  Wettbewerbe  hat  sich  die  vorherige 
feste  Bestimmung  der  Bausumme  ergeben.  Es  soll  zwar  nach 
den  „Grundsätzen“  im  Programm  ausgesprochen  werden,  ob  die  Inne¬ 
haltung  derselben  als  wesentlich  gilt,  es  mufs  aber  alsdann  die  Fest¬ 
setzung  einer  solchen  mit  gröfserer  Sorgfalt  erfolgen  als  meist  ge¬ 
schehen;  denn  gar  zu  oft  kommt  es  vor,  dafs  es  von  vornherein  unmög¬ 
lich  ist,  die  Herstellung  dessen,  was  das  Programm  verlangt,  mit  der 
ausgesetzten  Summe  in  Uebereinstimmung  zu  bringen.  Redner  nennt 


einige  Wettbewerbe,  bei  denen  dieser  Uebelstand  besonders  grell  zu 
Tage  getreten  ist.  U.  a.  hat  bei  der  Bergkirche  in  Wiesbaden  eine 
grofse  Anzahl  von  trefflichen  Entwürfen  wegen  Preisüberschreitung 
ausgeschieden  werden  müssen,  und  Otzens  Entwurf  sei  prämiirt  worden, 
weil  es  geschienen  habe,  als  ob  er  sich  unter  allen  am  ehesten  für 
die  ausgesetzte  Summe  von  150  000  Mark  hersteilen  lasse.  Dennoch 
hat  der  Bau  später  215  000  Mark  erfordert.  Für  das  Stadttheater  in 
Halle  seien  425  000  Mark  ausgesetzt  gewesen,  und  der  Bau  habe  nach¬ 
her  1 118  OOO  Mark  gekostet.  In  einer  grofsen  Zahl  von  Fällen  aber 
verwirft  man  dann  das  ganze  Ergebnifs  des  Wettbewerbs  und  be¬ 
auftragt  einen  anderen  Architekten  mit  der  Aufgabe,  der  dann  in  der 
Regel  auch  theurer  bauen  wird,  als  die  von  vornherein  zu  knapp  be¬ 
messene  Bausumme  beträgt  (Trinkhalle  in  Wiesbaden).  Man  darf 
bei  dem  zwischen  Skizze  und  Entwurf  stehenden  Charakter  der  Wett¬ 
bewerbungsarbeiten  hier  keine  zu  engen  Grenzen  ziehen.  Für  die 
Erlangung  eines  durchaus  billigen  Entwurfes  eignet  sich  der  Wett¬ 
bewerb  überhaupt  nicht.  Am  besten  ist,  einen  Einheitspreis  für  das 
cbm  umbauten  Raumes  oder  f.  d.  qm  bebauter  Fläche  nach  örtlichen 
Verhältnissen  festzustellen,  und  diesen  dann  für  eine  allgemeine  Be¬ 
rechnung  zu  Grunde  zu  legen.  Auch  durch  das  zuweilen  angewandte 
Verfahren  weiterer  Bürgschaften,  wie  z.  B.  beim  naturhistorischen 
Museum  in  Hamburg,  erreicht  man  nichts,  wie  denn  auch  dort  nach¬ 
träglich  eine  Fehlsumme  hat  bewilligt  werden  müssen. 

Was  die  Frist  zur  Bearbeitung  der  Aufgabe  betrifft,  so  zeigt  sich 
dieselbe  meist  genügend  bemessen.  Glaubt  man  eine  allgemeine 
Betheiligung  erwarten  zu  dürfen,  so  mufs  die  Frist  länger  sein,  als 
wenn  nur  ortsaugesessene  Kräfte  in  die  Arbeit  eintreten  sollen.  Als 
Härte  erscheint  die  Festsetzung  einer  bestimmten  Stunde  für  die 
Ablieferung,  da  dies  stets  die  Zurückweisung  einiger,  meist  von  aus¬ 
wärts  kommender  Arbeiten  zur  Folge  hat.  Für  solche  ist  die  Fest¬ 
stellung  eines  Tages  als  des  Einlieferungstermins  auf  der  Post 
wünschenswerth.  Das  Preisgericht  hat  fast  ausnahmslos,  den  Be¬ 
stimmungen  von  1868  entsprechend,  vorwiegend  oder  meist  doch  zur 
Hälfte  aus  Technikern  bestanden  und  setzt  sich  im  allgemeinen  zu¬ 
sammen  aus  den  Vertretern  der  bauenden  Behörde,  einigen  Beamten, 
die  das  Vertrauen  des  Ortes  geniefsen,  und  den  eigentlichen  Preis- 
richtei’n,  Persönlichkeiten,  die  allgemein  anerkanntes  künstlerisches 
Ansehen  besitzen.  Die  Anzahl  der  letzteren  ist  nicht  allzu  grofs, 
und  die  Zahl  der  öfters  auftretenden  Namen  beträgt  etwa  32.  Acht 
davon  gehören  jetzt  bereits  Verstorbenen  an,  so  Neureuther,  Strack, 
Nicolai,  Lucae.  Unter  den  24  noch  lebenden  nimmt  die  erste  Stelle 
ein  Hase,  sodann  v.  Leins,  F.  Adler,  Ende,  Pflaume,  Blankenstein, 
Lipsius,  Wagner,  Raschdorff,  Durm  und  Lüdecke.  Da  eine  Anzahl 
der  Preisrichter  ganz  bestimmte,  ein  für  allemal  festgesetzte  Grund¬ 
sätze  vertritt,  und  diese  Grundsätze  bei  den  Entscheidungen  natür¬ 
licherweise  zur  Geltung  gelangen,  so  glaubt  Redner  hierin  die  Er¬ 
klärung  für  eine  gewisse,  manchmal  hervortretende  Einseitigkeit  der 
Ergebnisse  der  Wettbewerbungen  zu  finden. 

Die  früher  wohl  beliebten  internationalen  Preisausschreibungen 
sind  fast  ganz  verschwunden,  gleichfalls  hat  seit  1868  die  Theilnahme 
der  österreichischen  Fachgenossen  an  deutschen  W ettbewerbungen 
aufgebört.  Gegenwärtig  läfst  sich  ganz  deutlich  verfolgen,  wie  nur 
besonders  bedeutsame  Aufgaben,  wie  diejenigen  des  Reichs,  eine 
durch  ganz  Deutschland  reichende  allgemeine  Betheiligung  wach  zu 
rufen  vermögen,  im  übrigen  aber  meist  die  zunächst  wohnenden 
Kräfte,  also  in  Sachsen  vorzugsweise  Sachsen,  in  Berlin  Berliner, 
in  Bayern  sich  Bayern  zu  betheiligen  pflegten. 

Für  die  in  Rechnung  gezogenen  258  Wettbewerbe  sind  im  ganzen 
11256  Entwürfe  eingeliefert,  im  Durchschnitt  für  jeden  derselben 
also  44.  Die  gröfste  Anzahl  hat  das  Reichstagshaus  von  1882  mit  189 
gebracht,  das  Rathhaus  in  Hamburg  139,  das  Reichsgericht  in  Leipzig 
119,  die  Universität  in  Strafsburg  101.  Kleinere  Gegenstände,  ein¬ 
fache  Wohn-  und  Arbeiterhäuser,  kleinere  Schulen  locken  trotz  ge¬ 
ringerer  Preise  die  Betheiligung  stets  besonders  lebhaft  an;  so  sind 
für  das  Wohnhaus  eines  Domänen -Pächters  bei  Frankfurt  a.  0. 
172  Entwürfe  eingegangen,  für  Schulen  selten  unter  100.  Für  die 
übrigen  Aufgaben  pflegt  die  Betheiligung  sich  meist  auf  der  Durch¬ 
schnittszahl  von  40  Arbeiten  zu  halten.  Zu  beklagen  ist  bei  jedem 
öffentlichen  Wettbewerbe  der  Ballast  von  unreifen  Arbeiten.  Soweit  die 
Angaben  darüber  vorhanden  sind,  werden  als  solcher  jedesmal  die  Hälfte 
bis  zu  zwei  Di’ittelu  der  Arbeiten  ausgeschieden,  und  nur  etwa  der  \ierte 
Theil  gelangt  als  bessere  Arbeiten  zur  engeren  Wahl.  Die  Entscheidung 
erfolgt  meistens  mit  anerkennenswerther  Schnelligkeit,  sofern  nicht  etwa 
eine  Körperschaft  zur  Fällung  des  Urtheils  angerufen  wird.  Durch 
letzteren  Umstand  ist  bei  dem  Bahnhofe  für  Köln  freilich  ein  Zeitraum 
von  6  Monaten  verflossen.  Die  Veröffentlichung  und  Begründung  des 
Urtheils  wird  leider  noch  oft  unterlassen.  Dies  ist  verkehrt,  denn 
hierin  kann  gerade  das  belehrende  Moment  der  Wettbewerbungen 
zum  vollen  Ausdruck  gelangen.  Besonders  sind  es  die  Behörden,  die 
fast  ausnahmslos  jede  Auskunft  über  die  Gründe  der  Entscheidung 
verweigern  und  somit  gehässigen  Kritiken  des  Urtheils  Thür  und 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng. 


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Thor  öffnen,  welche  bei  Bekanntwerden  der  Gründe  meist  ver¬ 
stummen  werden;  denn  trotz  mancher  zuweilen  zu  beanstandender 
Urtheile  ist  doch  der  Spruch  der  Richter  meist  als  zutreffend  anzu¬ 
erkennen.  Auch  die  oft  beliebte,  auf  die  gekrönten  Entwürfe  sich 
beschränkende  Angabe  der  Urth eilsgründe  genügt  nicht;  dieselbe 
mufs  vielmehr,  wenn  auch  in  aller  Kürze,  die  sämtlichen  Arbeiten 
•umfassen. 

Zur  Bemessung  des  ersten  Preises  soll  nach  den  Verbands- 
bestimmungen  die  Honorarnorm  für  die  betreffende  Arbeit  mafs- 
•gebend  sein.  Statt  dessen  bemifst  man  aber  gewöhnlich  nur  die 
Gesamtsumme  der  ausgeworfenen  Preise  auf  diese  Höhe,  und  somit 
ist  es  nicht  zu  verwundern,  wenn  die  Gesamtsumme  aller  in  den 
21  Jahren  zur  Vertheilung  gelangten  Preise  nur  die  mäfsig  zu  nen¬ 
nende  Ziffer  von  930  000  Mark  beträgt.  Etwa  angekaufte  Arbeiten 
sind  hier  nicht  mit  eingerechnet.  Stellt  man  der  Zahl  von  11256  ein¬ 
gegangenen  Arbeiten  die  Zahl  der  erfolgten  Preisauszeichnungen  mit 
751  gegenüber,  so  ergiebt  sich  erst  auf  15  Arbeiten  ein  Preis  und 
auf  je  43  Arbeiten  ein  erster  Preis.  Mit  den  Preisen  schliefst  in¬ 
dessen  die  Sache  für  uns  nicht  ab.  Denn  wenn  man  auch  anerkennen 
mufs,  dafs  sich  durch  die  öffentlichen  Wettbewerbe  das  künstlerische 
Können  in  Hinsicht  auf  Pormengebung  wie  auf  Auffassung  der  Auf¬ 
gabe  nach  den  praktischen  Gesichtspunkten  und  nach  der  Weise  der 
Darstellung  sehr  gehoben  hat,  so  ist  die  wirkliche  Ausführung  des 
Bauwerkes  doch  erst  der  eigentliche  Zweck  des  ganzen  Verfahrens. 
In  dieser  Beziehung  mufs  man  von  den  258  Preisbewerbungen  44 
vorläufig  wegen  mangelnder  Angaben  über  die  spätere  Ausführung 
ausscheiden.  Von  den  verbleibenden  216  hat  in  109  Fällen  (oder 
50  pCt.)  der  mit  dem  ersten  Preis  ausgezeichnete  Künstler  auch  die 
Ausführung  erhalten,  und  ist  letztere  nach  seinem  Entwürfe  erfolgt. 
■Mit  dem  zweiten  Preise  oder  unter  Umarbeitung  des  ersten  Preises 
ist  dieselbe  in  31  Fällen  (oder  15  pCt.)  verbunden  gewesen.  Dann 
folgen  die  bedingt  erfolgreichen  Wettbewerbe,  wo  die  Ausführung 


statt  dem  Gewinner  einem  anderen  Architekten  übertragen  ist  oder 
die  Arbeiten  nur  als  Material  für  eine  andere  Bearbeitung  verwendet 
wurden,  mit  gleichfalls  31  (oder  15  pCt.);  ganz  erfolglos  sind20pCt. 
der  Ausschreibungen  verlaufen.  Es  ergaben  sich  hiernach  im  ganzen 
171  Erfolge  gegenüber  10  000  Arbeiten,  sodafs  die  Architektenschaft 
bei  den  allgemeinen  Wettbewerben  mit  einem  Nutzerfolg  von  that- 
sächlich  nur  D/g  pCt.  gearbeitet  hat.  Hierzu  kommt  allerdings  zu¬ 
weilen  auch  ein  negativer  Nutzen,  den  der  Bauherr  zieht  durch  die 
Erkenntnifs  der  Fehler  des  Programms,  wie  der  Wettbewerb  sie  zu 
Tage  brachte,  so  z.  B.  beim  Rathhaus  in  Hamburg  und  bei  der  Be¬ 
bauung  der  Museumsinsel  in  Berlin.  Bei  den  engeren  Preis - 
bewerbungen  sind  genaue  Ermittlungen  mit  weit  gröfseren 
Schwierigkeiten  verknüpft,  da  sie  oftmals  gar  nicht  in  weiteren 
Kreisen  bekannt  wurden.  Soviel  sich  erkennen  läfst,  kommt  bei 
ihnen  vorzugsweise  die  Form  zur  Anwendung,  bei  welcher  man  das 
Ausschreiben  auf  örtliche  Grenzen  beschränkt,  also  dasselbe  nur 
richtet  an  Hamburger,  Leipziger,  Stuttgarter,  Hannoversche  usw 
Architekten.  Die  Form,  bei  welcher  nur  eine  Zahl  besonders  her¬ 
vorragender  Künstler  berufen  werden,  wird  selten  gewählt.  Jenes 
Verfahren  unterscheidet  sich  aber  auch  hinsichtlich  des  Ergebnisses, 
soweit  sich  erkennen  läfst,  nicht  wesentlich  von  dem  der  allgemeinen 
Wettbewerbe. 

Auch  innerhalb  der  einzelnen  gröfseren  Vereine,  des  Berliner, 
des  Hamburger  u.  a.,  sind  Ausschreibungen  üblich,  meist  auf  Grund 
von  Aufforderungen,  welche  Privatleute  oder  kleinere  Behörden  an 
die  Vereine  richten.  Sie  sind  als  eine  sehr  erfreuliche  Erscheinung 
auf  dem  Gebiete  der  Wettbewerbungen  zu  verzeichnen  und  ver¬ 
dienten  bestens  gepflegt  zu  werden.  Der  Redner  schliefst  indem 
er  seinen  Vortrag  als  einen  Baustein  zur  besseren  Erkenntnifs  unserer 
Arbeit  bezeichnet,  von  dem  er  hofft,  ihn  gelegentlich  in  erweiterter 
und  vollständigerer  Form  als  Druckschrift  dem  Fachpublicum  be¬ 
kannt  geben  zu  können.  Fw. 


Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neuzeit. 

(Fortsetzung  statt  Schlufs.) 


V. 

Bei  der  Besprechung  der  neuesten  weitgespannten  Balkenbrücken 
sind  zwei  Dinge  von  Bedeutung  in  den  Vordergrund  zu  stellen:  Die 
•Einführung  des  sogenannten  Cantilever-  oder  Ausleger -Systems 
und  die  allgemeine  Verwendung  des  Flufsmetalls. 

Die  Kentucky-Thalbrücke  der  americanischen  Cincinnati-Südbahn 
^ —  wie  bereits  erwähnt,  die  erste  weitgespannte  Ausleger-Brücke  — 
hat  in  Europa,  was  ihr  System  anbetrifft,  schon  einige  Vorläufer 
gehabt.  Nachdem  das  System  bereits  im  4.  und  5.  Jahrzehnt  für 
eiserne  Brücken  mehrfach  in  Vorschlag  gebracht  worden  war,  und 
Hachdem  im  Anfang  des  6.  Jahrzehnts  Professor  Ritter,  damals  in 
Hannover,  jetzt  in  Aachen,  den  Vorth  eil  der  statischen  Bestimmtheit 
und  der  Material-Ersparnifs,  welchen  die  Anbringung  von  Gelenken 
in  durchgehenden  (continuirlichen)  Trägern  mit  sich  bringen,  über¬ 
zeugend  nachgewiesen  hatte,  wurden  wirkliche  Ausführungen  der¬ 
artiger  Tragwerke  zuerst  bei  Strafsenbrücken  durch  Gerber  bewirkt, 
der  1866  auf  seine  Construetion  ein  Patent  erhielt.^3^  2ur  Zeit  belegt 
man  die  Brückenträger  dieses  Systems  noch  mit  verschiedenen 
Namen.  Bald  nennt  man  sie  durchgehende  (continuirliche)  Gelenk¬ 
träger,  bald  Träger  mit  frei  schwebenden  Stützpunkten  oder  über- 
bängende  Träger,  bald  Krag-  oder  Auslegeträger.  Wünscbenswerth 
■wäre  es  daher,  wenn  demnächst  eine  einheitliche  Bezeichnung  des 
Systems  sich  allgemeine  Geltung  verschaffen  möchte. 

Die  Vortheile  bei  der  Anwendung  der  Ausleger -Brücken  be- 
■ruben,  abgesehen  von  der  statischen  Bestimmtheit  des  Tragwerks, 
einerseits  in  Material-Ersparnifs,  anderseits  in  der  Möglichkeit,  die 
Brücken  von  den  Pfeilern  aus  ohne  Anwendung  von  festen  Gerüsten, 
so  zu  sagen  freischwebend,  vorzustrecken.  Je  nach  dem  Werthe, 
den  man  dem  einen  oder  anderen  der  genannten  Vortheile  beimifst, 
wird  man  bei  gegebener  Spannweite  die  Länge  der  Ausleger 
bezw.  die  Läge  der  Gelenkpunkte  bestimmen.  Bei  weitgespannten 
Brücken  tritt  in  dieser  Beziehung  meistens  die  Rücksicht  auf 
möglichste  Erleichterung  der  Aufstellung  ohne  oder  mit  beschränkter 
Benutzung  von  festen  Gerüsten  in  den  Vordergrund.  Aus  diesem 
Grunde  hat  man  bei  der  grofsartigsten  Ausführung  einer  weitge- 
jäpannten  Ausleger-Brücke,  der  Forth-Brücke  (Centralbl.  d.  Bauverw. 
1883,  S.  401), ,  die  Eisenmasse  des  Ueberbaues  möglichst  in  die 
Nähe  der  Pfeiler  zusammengedrängt.  Man  ging  dabei  von  der 
-Ansicht  aus,  dafs  sich  die  Aufstellung  aller  über  und  in  nicht 


^2)  1873  wurde  von  Reymann  die  erste  Ausleger-Eisenbalinbrücke 
gebaut,  es  war  die  Luhe-JBrücke  der  Strecke  Wittenberge-Buchholz. 
Als  zweite  Eisenbahnbrücke  folgte  1874 — 1875  die  Warthe -Brücke 
bei  Posen  in  der  Posen-Kreuzburger  Bahn.  —  Hannover.  Zeitschr. 
-1875  und  Zeitsehr.  f.  Bauwesen  1877  S.  41. 


zu  grofser  Entfernung  von  den  Pfeilern  befindlichen  Theile 
leichter,  sicherer  und  billiger  bewerkstelligen  lasse,  als  die  Auf¬ 
stellung  der  mehr  über  der  Mitte  der  Fahrrinne  liegenden  Theile, 
wie  z.  B.  der  Mittelträger.  Deshalb  wurde  bei  der  Forth-Brücke 
die  Länge  eines  Mittelträgers  möglichst  beschränkt  und  der  Aus¬ 
leger  lang  gemacht,  und  als  eine  Folge  dieser  Anordnung  ergab 
sich  über  den  Pfeilern  eine  aufsergewöhnlich  grofse  Höhe  der  Aus¬ 
leger.  Es  erscheint  aber  fraglich,  ob  es  nicht  doch  geratbener  ge¬ 
wesen  wäre,  die  Ausleger  kürzer  zu  machen.  Jedenfalls  hätte  man 
dadurch  eine  Verringerung  des  ganzen  Ueberbaugewichts  und  eine 
Ermäfsigung  der  Trägerhöhen  über  den  Pfeilern  erzielen  können. 
Auch  wäre  die  Aufstellung  der  Ausleger  dadurch  erleichtert  worden, 
hingegen  würde  die  Aufstellung  der  Mittelträger  gröfsere  Schwierig¬ 
keiten  bereitet  haben.  Jedoch  wären  auch  diese  Schwierigkeiten 


Abb.  14.  Colorado -Brücke. 

wohl  zu  überwinden  gewesen,  nöthigenfalls  hätte  die  Aufstellung  der 
Mittelträger  mit  Hülfe  von  Wasserdruck-Pressen  in  der  Art  bewerk¬ 
stelligt  werden  können,  wie  es  jüngst  in  dem  Entwürfe  für  die 
Ausleger-Brücke  über  den  Canal  zwischen  England  und  Frankreich 
(Centralbl.  d.  Bauverw.  1889,  S.  458)  geplant  ist. 

Von  den  reinen  Balkenbrücken  unterscheiden  sich  die  Ausleger- 
Balkenbrücken  im  wesentlichen  nur  durch  die  Hinzuthat  der  Ge¬ 
lenke,  welche  zur  Verbindung  der  Mittelträger  mit  den  Auslegern 
dienen.  Eigentliche  Bolzen-Gelenke  sind  zu  diesem  Zwecke  nur  bei 
americanischen  Ausleger- Brücken  in  Anwendung  gekommen.  Bei 
der  Kentucky-Thalbrücke  liegt  das  Bolzen-Gelenk  im  Obergurt,  wäh¬ 
rend  die  Untergurte  der  Mittelträger  und  Ausleger  nur  lose  inein¬ 
ander  greifen.  Bei  den  übrigen  weitgespannten  americanischen  und 
englischen  Ausleger-Brücken  der  Liste,  bezüglich  deren  Einzelheiten 
auf  die  ausgehängten  Abbildungen  und  Sonderzeicbnungen  verwiesen 
werden  mufs  —  das  sind  hauptsächlich:  die  Niagai’a-  (Centralbl.  d. 
Bauverw.  1884,  S.  57),  sowie  auch  die  Kentucky-  und  Indiana-Brücke, 
die  Brücken  über  den  St.  Johns -Flufs  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1886, 
S.  39),  über  den  Hudson  bei  Poughkeepsie  (Centralbl.  d.  Bauverw. 
1887,  S.  271),  über  den  Kanawba  und  über  den  Colorado  (Abb.  14) 
— ,  sind  die  Gelenke  zum  Theil  mit  Hülfe  von  Bolzen  und  zum  Theil 


384 


Centralblatt  der  B auverwaltnng-. 


10.  Septdiiiber  1890. 


als  Pendel-  nnd  Drehlager  ausgebildet.  Bei  der  Forth- Brücke,  und 
ähnlich  auch  bei  der  im  Bau  begriffenen  Donau-Brücke  bei  Czernavvoda 
in  Eumänien  (Centralbl.  d.  Bauverw.  1890,  S.  115),  stehen,  in  den  nach 
der  Seite  der  Mittelträger  hin  offenen  Pfosten  der  Ausleger -Enden 
Pendelsäulen,  welche  an  ihren  beiden  Enden  Kugelschalen -Lager 
tragen,  von  denen  das  obere  am  Obergui-t  des  Mittel trägers,  das 
untere  auf  dem  Untergurt  des  Auslegers  befestigt  ist  (Abb.  15). 
Die  meisten  Ueberbauten  der  erwähnten  weitgespannten  Ausleger- 
Brücken  sind,  um  das  Eigengewicht  möglichst  zu  vermindern,  aus 
zähem,  festem  Flufsmetall  hergestellt,  welches  die  Brückeutechnik 
•  den  neuesten  Errungenschaften  auf  dem  C4ebiete  des  Eisenhütten¬ 
wesens  verdankt. 

Wie  erwähnt,  hatten  die  holländischen  Versuche  zur  Verwendung 
des  Bessemer-Flufsmetalls  im  Brückenbau  einen  wenig  befriedigenden 
Verlauf  genommen;  ebenso  erfolglos  blieben  österreichische  Versuche 
(im  6.  und  7.  Jahrzehnt)  mit  demselben  Metall.  Auch  in  America, 
wo  man  seit  der  erstmaligen  Einführung  des  Gufsstahls  bei  den 
Bauten  der  St.  Louis-  und  East-Kiver-Brücken  auf  die  Ausnutzung 
des  Flufsmetalls  für  Brückenbauzwecke  dauernd  bedacht  war,  kam 
man  auf  diesem  Gebiete  bis  zum  Ende  des  7.  Jahrzehnts  nicht  recht 


vorwärts.  Im  Jahre  1880  gab  es  z.  B.  in  America  nur  zwei  Brücken, 
■welche  ganz  aus  Flufsmetall  erbaut  waren,  das  sind  die  Missouri- 
Brücken  bei  Glasgow  und  Plattmouth. 

Entschiedene  Fortschritte  in  der  Verwendung  des  Flufsmetalls 
im  Brückenbau  sind  erst  im  letzten  Jahrzehnt  zu  verzeichnen,  nach¬ 
dem  die  Erfindungen  von  Martin  (1865)  und  Thomas  (1878)  eine 
glückliche  Umwälzung  in  der  Flufsmetall -Darstellung  zu  Wege  ge¬ 
bracht  haben.  Das  weichere  Martin-  und  Thomasmetall  hat,  nach 
dem  Vorgänge  Frankreichs  und  Englands,  im  Schiffsbau  bereits  im 
7.  Jahrzehnt  eine  ausgedehnte  Verwendung  gefunden.  Im  Brücken¬ 
bau  ging  es  damit  einen  langsameren  Schritt.  Nachdem  aber  in 
neuester  Zeit  einige  der  bedeutendsten  weitgespannten  Brücken  der 
Welt,  darunter  die  Forth-Brücke,  wie  bereits  erwähnt,  aus  dem  neuen 
Flufsmetall  erfolgreich  hergesfeilt  worden  sind,  scheint  auch  auf  dem 
europäischen  Festlande  —  das  in  Brückenbaudingen  von  jeher  etwas 
vorsichtiger  zu  Wege  gegangen  ist,  als  das  Ausland  — •  das  bisherige 
Mifstrauen  gegen  die  Verwendung  desselben  geschwunden  zu  sein. 
Es  kommen  im  Brückenbau  zur  Zeit  zwei  Sorten  von  Flufsmetall  in 
Anwendung:  Martin-Flufseisen  und  Thomas-  oder  basisches  Bessemer- 
Flufseisen,  von  denen  das  erstere,  namentlich  wenn  es  auf  basischem 
Wege  erzeugt  ist,  zur  Zeit  bevorzugt  wird.  Es  stehen  aber  nach  dem 
heutigen  Stande  der  Darstellung  auch  der  ausgedehnteren  Verwendung 


des  Thomas-Flufseisens  bei  genügender  Ueberwachung  der  betreffenden 
Arbeiten  und  Lieferungen  ernstliche  Bedenken  nicht  mehr  im  Wege.-^) 

Die  neuesten  Bestrebungen  zur  vermehrten  Verwendung  des  Flufs¬ 
metalls  nnd  die  Einführung  der  Ausleger-Balkenbrücken  bei  Ueber- 
setzung  grofser  Weiten  kennzeichnen  den  gegenwärtigen  Stand  des 
Eisenbrückenbaues  noch  nicht  vollständig.  Es  gehen  nebenher  — 
abgesehen  von  den  Fortschritten  in  der  Gründung  und  dem  Bau  der 
Brückenpfeiler  —  noch  Bestrebungen  anderer  Art,  die  theils  beim 
Entwurf,  theils  bei  der  Ausführung  sich  Geltung  zu  verschaffen  suchen. 
Die  Bestrebungen  erstgenannter  Art  sind  dahin  gerichtet,  den  Ent¬ 
wurf  mit  den  bei  der  Berechnung  gemachten  theoretischen  Voraus¬ 
setzungen  möglichst  in  Einklang  zu  setzen.  Das  geschieht  im 
wesentlichen  durch  Bevorzugung  einfacher ,  statisch  bestimmter 
Systeme;  ferner  durch  Anbahnung  einer  centrischen  Belastung  der 
Hariijtknoten,  derart,  dafs  der  Anschlufs  der  Wandglieder,  der  Fahr¬ 
bahn-  und  der  Querverbände  die  Gröfse  der  Nebenspannungen  in  den 
Knoten  möglichst  herabmindert;  endlich  durch  klare  Anordnung  der 
Windverbände  unter  Fortlassung  aller  entbehrlichen  Querversteifungen. 
Verwickelte  Knotenanschlüsse,  wie  sie  bei  der  Forth-Brücke  unter 
Verwendung  von  röhrenförmigen  Wandglieder-Querschnitten  zur  Aus¬ 
führung  gekommen  sind,  können  als  ein  Fortschritt  in  bezeichneter 
Richtung  nicht  angesehen  werden.  Ob  die  Anordnung  eines  einzigen 
untern  Windverbandes,  wie  es  nach  dem  Vorgänge  der  Forth-Brücke 
auch  für  die  Czernavoda-Brücke  in  Aussicht  genommen  ist,  bei  hohen 
Trägerwänden  vortheilhafter  ist,  als  die  Anbringung  sowohl  eines 
untern,  als  auch  eines  obern  Windverbandes,  darüber  kann  man  ver¬ 
schiedener  Meinung  sein.  Gegen  die  Anordnung  eines  einzigen 
untern  Windverbandes  spricht  jedenfalls  der  dabei  unvermeidliche 
Uebelstand  des  Auftretens  starker  Nebenspannungen  in  den  Wand¬ 
gliedern  und  Gurten,  namentlich  bei  eingeleisiger  Verkehrsbelastung, 
Die  Bestrebungen  zweitgenannter  Art  gehen  darauf  aus,  durch 
Anstellung  von  Versuchen  und  durch  planmäfsige  Ausbildung  des 
Prüfungswesens  die  technischen  Eigenschaften  des  Eisens  mehr  und 
mehr  zu  ergründen  und  mit  Hülfe  der  hierbei  gewonnenen  Erfah¬ 
rungen  nicht  allein  die  Auswahl  und  Beschaffung  des  Brückenbau- 
stofl'es  zu  erleichtern,  sondern  auch  auf  stetige  Vervollkommnung  des¬ 
selben  hinzuarbeiten.  Wenn  Bau-  und  Hüttentechnik  in  diesem  Sinne, 
wie  bisher,  unverdrossen  weiter  zusammen  gehen,  so  ist  es  durch¬ 
aus  nicht  ausgeschlossen,  dafs  die  Brückentechnik  der  Zukunft  noch 
einmal  über  einen  Baustoff  zu  verfügen  haben  wird,  dessen  Werth¬ 
ziffern  diejenigen  des  heutigen  besten  Flufsmetalls  noch  bedeutend 
übertreft’en. 

Es  würde  einseitig  sein,  die  Erfolge  der  Brückenbaukunst  allein 
den  bei  der  Ausbildung  und  Herstellung  der  eisernen  Ueberbauten 
gemachten  Fortschritten  zuzuschreiben.  Denn  nicht  allein  die  Weite 
der  Ströme  und  Meeresarme,  sondern  auch  die  Wassertiefe  spielt  bei 
der  Frage  ihrer  Ueberbrückung  eine  bedeutende  Rolle.  Darum  haben 
auch  die  Fortschritte  im  Eisenbau  Hand  in  Hand  gehen  müssen  mit 
den  Fortschritten  in  der  Gründung  und  dem  Bau  der  Pfeiler.  Zu 
Ende  des  6.  Jahrzehnts  stand  die  beim  Kehler  Rheinbrückenbau 
(Zeitschr.  f.  Bauwesen  1860,  S.  7)  unter  Anwendung  von  Prefsluft  er¬ 
zielte  Gründungstiefe  von  20  m  unter  Wasser  unübertroffen  da,  und 
zu  Anfang  des  7.  Jahrzehnts  war  man  mit  Hülfe  der  gleichen  Grün¬ 
dungsart  (beim  Bau  der  St.  Louis-Bogenbrücke)  schon  auf  31  m  Tiefe 
gekommen.  Dabei  ist  die  Gründungskunst  aber  noch  lange  nicht 
stehen  geblieben.  Das  beweisen  die  beim  Brückenbau  der  letzten 
beiden  Jahrzehnte,  und  dabei  ohne  Anwendung  von  Prefsluft, 
nur  mit  Hülfe  offener,  nach  der  Versenkung  mit  Beton  ge¬ 
füllter  Holzkästen  erreichten  Tiefen  von  36  m  (bei  der  Pough- 
keepsie- Brücke  —  Centralbl.  d.  Bauverw.  1887,  S.  271  u.  473)  und 
sogar  54  m  (bei  der  australischen  Hawkesbury-Brücke  —  Centralbl.  d. 
Bauverw.  1886,  S.  192).  (Schlufs  folgt.) 

Berichtigung.  In  Nr.  35^,  Seite  368,  2.  Spalte,  Zeile  3  von  oben 
ist  der  Hinweis  „(Centralbl.  d.  Bauverw.  1886,  S.  313)“  zu  streichen. 

si)  Vom  Aachener  Hüttenverein,  Rothe  Erde,  wurden  seit  1887 
über  2000  Tonnen  Thomasmetall  (40 — 45  kg  Festigkeit,  25 — 30  pCt. 
Dehnung)  zum  Bau  der  gi’ofsen  Canadischen  Brücken  (St.  John-Brücke 
und  Brücke  bei  Lachine)  geliefert. 


Vermischtes, 


In  der  Wettbewerhimg  um  den  Neubau  eines  Kreisständehauses 
in  Kreuznach  (S.  215  u.  228  d.  J.)  sind  116  Entwürfe  eingegängen. 
Sie  werden  vom  8.  bis  20.  d.  M.  in  den  Nachmittagsstunden  von 
3  bis  5  Uhr  in  dem  jetzigen  provisorischen  Kreistagssaal  öffentlich 
ausgestellt.  Das  Preisgericht  wird  voraussichtlich  am  Schlüsse  dieses 
oder  anfangs  nächsten  Monats  zusammentreten. 


Bücherschall. 

Säulen  und  Träger.  Tabellen  über  die  Tragfähigkeit  eiserner 


Säulen  und  Träger  von  C.  Scharowsky,  Civilingenieur  in  Berlin. 
Leipzig  und  Berlin  1890.  Otto  Spamer.  Preis  0,60  Jf. 

Das  43  Octavseiten  starke  Heftchen  bildet  einen  Auszug  aus  dem 
vom  Verfasser  im  Aufträge  des  Vereins  deutscher  Eisen-  und  Stahl¬ 
industriellen  herausgegebenen  „Musterbuch  für  Eisenconstructionen“, 
dessen  einzelne  Hefte  bereits  in  diesem  Blatte  besprochen  worden 
sind.*)  Es  möge  daher  hier  ein  Hinweis  auf  den  vorliegenden  hand¬ 
lichen  Auszug  genügen. 

*)  Centralbl.  d.  Bauverw.  1887,  S.  112,  1888,  S.  380,  1889,  S.  330. 


Verlag  von  Ernst&Korn  ("Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


385 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  13.  September  1890.  Nr.  37. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHAIiT:  Amtliches:  Personal  -  Nachrichten.  —  Gutachten  und  Berichte. 
Neubau  der  katholischen  St.  Sebastianskirche  in  Berlin.  —  Nichtamtliches:  Unter¬ 
bringung  der  Versorgungsnetze  im  grofsstädtischen  Strafsenbau  (Schlufs).  —  Preis¬ 
bewerbung  für  das  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der  Provinz  Westfalen.  —  Kuppel¬ 
gebäude  bei  Potsdam  zur  photographischen  Aufnahme  der  Himmelskarte.  — 

Versammlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine  (Schlufs). 
—  Weitgespannte  Strom-  und  Thalbrücken  der  Neuzeit  (Schlufs).  —  Vermischtes: 
Vorrichtung  zur  Entdeckung  von  Blasen  in  Metallen.  —  Einführung  der  Dampf¬ 
heizung  auf  den  nordamericanischen  Bahnen.  —  Stahlgemische  durch  Zusatz  von 
Metallen.  —  Bücherschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Sachsen. 

Bei  der  fiscalischen  Hochbauverwaltung  im  Königreiche  Sachsen 
ist  infolge  des  freiwilligen  Austritts  des  Eegierungs -Baumeisters 


Erdmann  Johannes  Bernhardi  der  technische  Hülfsarbeiter  Re¬ 
gierungs-Baumeister  Bernhard  Geifsler  zum  ständigen  Regierungs- 
Baumeister  ernannt  worden. 


Gutachten  und  Berichte. 


Neubau  der  katholischen  St.  Sebastiauskirche  in  Berlin 

Entwurf  des  Begierungs- Baumeisters  Hasak  in  Berlin. 
Gutachten  der  Königlichen 


Berlin,  den  10.  Juni  1890. 

Durch  Erlafs  des  Herrn  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  vom 
12.  V.  M.  (III.  9635)  ist  der  Königlichen  Akademie  des  Bauwesens 
das  Schreiben  des  Herrn  Ministers  der  geistlichen,  Unterrichts-  und 
Medicinal- Angelegenheiten  vom  10.  v.  M.  G.  II.  1747,  nebst  Anlagen, 
die  in  der  Ueberschrift  bezeichnete  Angelegenheit  betreffend,  mit 
dem  Aufträge  zugegangen,  den  vorgedachten  Entwurf  einer  Begut¬ 
achtung  zu  unterziehen.  In  der  Sitzung  vom  3.  d.  M.  ist  die  Ab¬ 
theilung  für  den  Hochbau  nach  eingehender  Prüfung  der  Vorlagen 
zu  folgendem  Ergebnifs  gekommen. 

Der  Bauplan  ist  von  dem  Kirchenvorstande,  wie  derselbe  in 
seinem  abschriftlich  vorliegendem  Schreiben  an  die  Königliche 
Ministerial-Bau-Commission  vom  31.  März  d.  J.  erklärt,  für  die  Aus¬ 
führung  angenommen  worden.  Unter  diesen  Umständen  wird  über 
den  Mangel  eines  Bauprogramms  hinweggesehen  werden  können. 

Als  Bauplatz  steht  ein  freier,  nordöstlich  vom  Stettiner  Bahnhofe 
belegener  Platz  mit  etwa  150  m  mittlerer  Länge  und  120  m  Breite 
zur  Verfügung.  Derselbe  ist  geräumig  genug,  um  die  Kirche  bei 
den  planmäfsigen  Abmessungen  in  ausreichendem  Abstande  von  den 
benachbarten  Gebäuden  daselbst  zu  errichten,  und  gewährt  die  Mög¬ 
lichkeit,  die  Längsachse  des  Bauwerkes  annähernd  in  die  übliche 
Richtung  von  West  nach  Ost  zu  legen. 

Die  Anordnung  des  Grundrisses,  abgesehen  von  den  Anbauten, 
zeigt  ein  Schiff  von  40,10  m  Länge  und  16,50  m  Breite  mit  zwei 
kurzen  Kreuzflügeln  von  gleicher  Breite  und  einer  im  Achteck  ge¬ 
schlossenen  Apsis  von  8,80  m  Breite.  Die  hierdurch  erzielte  centrale 
Anlage  läfst  eine  günstige  Innenwirkung  und  vortheilhafte  Nutzung 
um  so  mehr  erwarten,  als  der  Verfasser  auf  die  Errichtung  von  seit¬ 
lichen  Emporen  verzichtet  und  Mittelpfeiler  vermieden  hat.  Nach 
den  Eintragungen  im  Grundrifs  sind  in  geschlossenen  Gestühlgruppen 
960  Sitzplätze  mit  je  0,47  qm  Grundfläche  vorgesehen,  zu  denen  nach 
dem  Erläuterungsberichte  75  Sitzplätze  auf  der  Orgel-Empore  hinzu¬ 
treten.  Aufserdem  gewähren,  nach  der  Annahme  des  Verfassers  von 
3  Stehplätzen  auf  1  qm,  die  Gänge  und  die  Oi’gel- Empore  noch 
1300  Stehplätze.  Wenngleich  letztere  Schätzung  die  Grenze  der  zu¬ 
lässigen  Raumausnutzung  überschreitet,  so  erscheint  es  doch  nicht 
ausgeschlossen,  dafs  überhaupt  2000  bis  2100  Kirchgänger  gleich¬ 
zeitig  Platz  finden  können.  Hierbei  ist  hervorzuheben,  dafs  sämt¬ 
liche  Plätze,  mit  wenigen  Ausnahmen,  einen  unbehinderten  Blick  auf 
den  Hochaltar,  auf  die  Kanzel  und  auf  die  Neben-Altäre  gestatten, 
auch  nicht  weiter  als  etwa  30  m  von’  der  Kanzel  entfernt  sind.  Der 
Mittelgang  von  2,80  m  Breite  und  die  Seitengänge  von  je  etwa  2  m 
Breite  bieten  für  Kirchgänger  und  Processionen  genügenden  Raum 
zur  Bewegung,  entsprechen  auch  ihrer  Lage  nach  den  Anforderungen 
für  katholische  Kirchen.  Die  für  die  Kirchenbesucher  nutzbaren 
Ein-  und  Ausgänge  liegen  zweckmäfsig  und  weisen  J  zusammen  etwa 
13  m  lichte  Weite  auf.  Dies  iMafs  unterschreitet  indes  die  in  den 
Vorschriften  für  staatliche  Bauten  getroffenen  Festsetzungen.  Aufser¬ 
dem  kann  die  geplante  Anordnung  der  Vorhallen  und  Thüren  an 
den  Kreuzflügeln  nicht  für  geeignet  erachtet  werden,  um  eine  unbe¬ 
hinderte  und  schnelle  Entleerung  der  Kirche,  namentlich  bei  ein¬ 
tretender  Panik,  zu  gewährleisten.  Der  Zugang  zu  der  Kanzel  von 


Akademie  des  Bauwesens. 

der  Sacristei  aus  bedarf  einer  Abkürzung  und  ist  dem  Anblick  der 
Kirchenbesucher  thunlichst  zu  entziehen. 

Die  Treppen,  einerseits  für  die  obere  Sacristei,  anderseits  für 
den  Gemeindevertretungssaal,  sind  nur  durch  die  untere  Sacristei, 
bezw.  durch  den  Confirmandensaal  erreichbar,  auch  wegen  der 
Wendelstufen  wenig  zweckentsprechend,  aufserdem  aber  wegen 
mangelnder  Höhe  am  Austritt  unausführbar.  Eine  Anordnung  dieser 
Treppen  möglichst  geradläufig  und  für  eine  Herstellung  in  massiver 
Construction  geeignet,  derart,  dafs  ihre  Benutzung  unmittelbar  vom 
Vorraum  aus  möglich  wird,  verdient  den  Vorzug.  Es  ist  ferner  auf 
die  Anlage  von  Treppen  für  die  Besteigung  des  Thurmes,  bezw.  des 
Dachraumes,  deren  Anordnung  im  Projecte  nicht  genau  ersichtlich 
gemacht  ist,  Bedacht  zu  nehmen. 

In  constructiver  Hinsicht  machen  sich  mehrfache  Bedenken 
geltend.  Die  weitgespannten  Gurtbögen  zwischen  der  Vierungs¬ 
kuppel  und  den  Kreuzflügeln  entbehren  eines  ausreichenden  Wider¬ 
lagers;  dasselbe  gilt  zum  Theil  für  den  Bogen  an  der  Apsis.  Nicht 
minder  unzulänglich  für  die  Auflast  erscheinen  die  Eckpfeiler  der 
Vierungskuppel.  In  dieser  Beziehung  werden  eingehende  statische 
Ermittlungen  noch  anzustellen,  und,  dem  Ergebnifs  entsprechend,  die 
für  die  Standsicherheit  der  bezüglichen  Bautheile  erforderlichen  con- 
structiven  Mafsnahmen  zu  treffen  sein.  Die  Gurtbögen  zwischen  den 
gewölbten  Jochen  des  Kirchenschiffes  finden  ihr  —  anscheinend  ge¬ 
nügendes  —  Widerlager  in  den  aufsenseitigen  Strebepfeilern,  stützen 
sich  dagegen  im  Innern  auf  consolartige  Vorkragungen,  deren  über 
das  bei  ähnlichen  Anordnungen  gewöhnliche  Mafs  ziemlich  weit 
hinausgehende  Ausladung  Bedenken  erregt,  sodafs  zur  Erreichung 
einer  befriedigenden  Lösung  die  guten  alten  Beispiele  zum  Vorbild 
empfohlen  werden.  Im  übrigen  ist  das  Bestreben,  auf  diese  Weise 
die  seitlichen  Umgänge  von  beengenden  Einbauten  frei  zu  halten, 
anzuerkennen.  Ueber  die  beabsichtigte  Wölbung  der  Seiten-Capellen 
geben  die  Vorlagen  keinen  sicheren  Aufschlufs;  jedenfalls  wird  auch 
hier  für  ausreichende  Widerlager  zu  sorgen  und  die  Höhenlage  der 
Wölbung  so  zu  wählen  sein,  dafs  über  letzterer  ein  zugänglicher 
Dachraum  verbleibt.  Die  eiserne  Dachconstruction  bedarf  noch  einer 
näheren  Bearbeitung  und  statischen  Berechnung.  In  gleicher  Weise 
läfst  der  projectirte  Thurmaufbau  eine  für  die  Ausführung  geeignete 
Durcharbeitung  vermissen. 

Was  die  Ausbildung  der  äufseren  und  inneren  Architektur  an¬ 
langt,  so  ist  es  dem  Verfasser  noch  nicht  gelungen,  in  seinem  Pro¬ 
jecte  eine  befriedigende  Lösung  zu  bieten.  Bei  der  demnach  vorzu¬ 
nehmenden  Durcharbeitung  des  Entwurfs  wird  besonders  empfohlen, 
auf  eine  stilgerechte  Behandlung,  welche  mit  dem  für  die  Aufsen- 
verblendung  gewählten  Haustein-Material  im  Einklänge  steht,  hervor¬ 
ragenden  Werth  zu  legen. 

Im  allgemeinen  charakterisiren  sich  die  Ausarbeitungen  lediglich 
als  eine  vorbereitende  Entwurfskizze,  deren  Grundgedanke  als  An¬ 
halt  für  die  Ausarbeitung  eines  speciellen  Projectes  gebilligt  werden 
kann.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  ist  die  Akademie  vorläufig 
in  eine  nähere  Prüfung  bezüglich  der  Einzelheiten  nicht  eingetreten. 

Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 

Schneider. 


38C) 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


13.  Septemher  1890. 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  iiioderiieii  Aufgaben  des  grofsstädtischen  Strafsenbaues  mit  Rücksicht  auf  die 

Unterbringung  der  Versorgungsnetze. 

(Sclilufs.)  ,  '  .  I. 


Vor  allem  ist  es  eine  Aufgabe  der  Grofsstäcite,  nicht  länger  zu 
dulden,  dafs  Versorgungsnetze  irgend  welcher  Art,  welche  man  ja 
geradezu  als  Lebensnerven  bezeichnen  kann,  in  Besitz  und  Ver¬ 
waltung  concessionirter  l’rivat-Gesellschaften  bleiben,  oder  dafs  neue 
Concessionen  der  Art  ertheilt  werden.  Eine  Concession,  ein  Vertrag 
gewährt  Rechte.  Nun  ist  nie¬ 
mand,  auch  der  gewandteste 
Eechtsverständige  nicht,  dem 
die  Ausfertigung  der  Concession 
anvertraut  wird,  imstande,  bei 
dem  Wachsthum  der  Grofsstädte, 
dem  Auftreten  neuer  Bedürf¬ 
nisse,  der  regen  Erfindung  be¬ 
züglich  der  technischen  Form, 
in  der  den  Bedürfnissen  ge¬ 
nügt  wird,  anzugebeii,  welche 
tief  einschneidende  Bedeutung 
solche  verliehenen  Rechte  in 
der  Zukunft  haben  können,  wie 
sehr  sie  hindern  uml  hemmen 
können,  welche  Opfer  gebracht 
werden  müssen,  um  sie  ge¬ 
gebenenfalls  abzulösen.  DieVer- 
waltungen  der  Grofsstädte  üben 
Hoheitsrechte  aus, und  sie  dürfen 
auf  Strafsen  und  Plä¬ 
tzen,  also  auf  öffent¬ 
lichem  Grund  und 
Boden,  diese  Rechte 
mit  keinem  Privaten 
theilen.  Dafs  dieser 
im  Streitfälle  nur 
seine  Privatrechte 
wahrnimmt,  ist  na¬ 
türlich  und  von 
seinem  Standpunkt 
auch  gerechtfertigt; 
dafs  aber  dann  die 
öffentlichen  Inter¬ 
essen  darunter  leiden, 
ist  selbstverständlich, 
und  zuerst  diejenigen, 
welche  bei  der  Ver- 
theilung,  Gröfsenbe- 
messung,  Trace,  Hö¬ 
henlage  usw.  der  Ver- 
sorgungs  -  Leitungen 
auftauchen. 

W  enn  es  sich 
darum  handelt,  eine 
Stadt  mit  Leitungen 
zu  versehen,  um  ir¬ 
gend  eine  Art  der 
Versorgung,  z.  B.  mit 
Gas,  Wasser,  Druck¬ 
luft  usw.  eintreten 
zu  lassen,  so  ist  es 
üblich,  den  sogenann¬ 
ten  Maximalconsum 
für  die  ganze  Stadt 
festzustellen. 

Es  wird  die  Einwohnerzahl  und  die  jährliche  p)i’Ocentualische 
Steigerung  derselben  in  der  Vergangenheit  ermittelt;  daraus  wird 
berechnet,  dafs  nach  einer  Reihe  von  Jahren,  für  welche  man  noch, 
weitgegriffen,  die  Leistungsfähigkeit  des  Werkes  ausreichend  haben 
will,  die  Einwohnerzahl  eine  solche  oder  eine  solche  sein  werde. 

Diese  Zahl,  mit  einem  Maximal-Consum  auf  den  Kopf  und  Tag 
multiplicirt,  ergiebt  die  Stoffmenge,  auf  welche  sich  das  Versorgungs¬ 
werk  einzurichten  hat.  Dann  wird  in  ähnlicher  Weise  die  Ausdeh¬ 
nung  des  Leitungsnetzes  bestimmt,  indem  auf  Grund  der  Erfahrungen, 
die  die  Vergangenheit  an  die  Hand  giebt,  die  räumliche  Vergröfse- 


rung  der  Stadt  —  wiederum  weit  gegi'iffen  und  für  eine  längere  Reihe 
von  .Jahren  —  in  Betracht  gezogen  wird. 

Wenn  es  sich  wirklich  um  Grofsstädte  bandelt,  kann  dieses  Ver¬ 
fahren  nicht  als  das  richtige  bezeichnet  werden.  Es  wird  zunächst 
wohl  zugegeben  werden  können,  dafs  es  für  Werke  derart  beziehent¬ 
lich  ihrer  Gröfse  technisch 
eine  Grenze  giebt,  über  die 
hinaus  financiell  ein  Vortheil 
aus  einer  Vergröfserung  nicht 
mehr  erwächst,  insofern  sich 
dabei  die  Kosten  für  eine  ge¬ 
lieferte  Stoff-Einheit  nicht  weiter 
vermindern,  sondern  die  gleichen 
bleiben.  Eine  solche  Grenze 
liegt  in  der  Stärke  der  ein¬ 
zelnen  Maschinen,  die  über  ein 
gewisses  Mafs  hinaus  gehen  zu 
lassen  unwirthschaftlich  sein 
würde,  in  dem  Durchmesser  der 
eisernen  Hauptleitungen,  in  der 
bereits  erreichten  vollkommenen 
Ausnutzung  der  Bedienungs¬ 
und  Aufsichtskräfte,  der  Bau¬ 
lichkeiten  und  der  verfügbaren 
Baustelle. 

Wenn  also,  wie 
es  bei  Grofsstädten 
in  der  Regel  der  Fall 
sein  wird,  der  Ge- 
samtconsum  erheb¬ 
lich  noch  die  Lei¬ 
stungsfähigkeit  einer 
einzelnen  solchen  be¬ 
grenzt  enStation  über¬ 
steigt,  so  wird  es 
schon  zulässig,  ja  in 
vielen  Fällen  auch 
wirthschaftlich  rich¬ 
tig  sein,  die  Versor¬ 
gung  von  einer  Stelle 
aus  aufzugeben  und 
mehrere  einzelne 
Stationen  anzulegeu. 

Aber  es  ist  für 
mich  hier  nicht  Auf¬ 
gabe,  die  Theilung 
aus  wirthschaft¬ 
lich  e  n  Gründen  zu 
empfehlen.  Ich  habe 
hier  nur  nachweisen 
wollen ,  dafs  eine 
Theilung ,  die  aus 
andern  Gründen  ge¬ 
fordert  werden  mufs, 
keinesweges  aus 
wirthschaftlicheu 
Gründen  unausführ¬ 
bar  erscheint.  Diese 
Gründe  bestehen  aber 
darin,  dafs  die  Lei¬ 
stungsfähigkeit  eines 
Werkes,  welches  ein  räumlich  bestimmt  abgegrenztes  Gebiet 
versorgen  soll,  nicht  aus  höchst  unsicheren  Wahrscheinlichkeitszahlen 
ermittelt,  nicht  für  einen  mehr  oder  minder  langen,  schliefslich 
doch  willkürlich  gegriffenen  Zeitraum  festgestellt  zu  werden  braucht, 
sondern  dafs  sie  —  wenigstens  der  Hauptsache  nach  —  aus  einem 
stabilen  Maximalconsum  ermittelt  werden  kann,  und  dafs  die 
Leitungen,  angemessen  in  dem  räumlich  fest  begrenzten  Bezirk  vei’- 
theilt  und  danach  berechnet,  im  wesentlichen  einer  Vermehrung  oder 
Vergröfserung  auch  in  der  Zukunft  nicht  bedürfen  werden. 

Ich  will  hier- Beispiele  anführen:  Es  giebt  wohl  keine  Stadt, 


Querschnitt  A-B.  ,  . 

iDaufluchtlinie 


Baufluchtlinie 

l 

Grundrifs.  ^ 

Strafse  mit  Leitungstunnel  in  London. 

(Vgl.  hierzu  Seite  375  in  Nr.  36  d.  Bl.) 


h\  37. 


Centralblatt  der  Bauverwaltüng. 


m 


welche  nicht  sich  genöthigt  gesehen  hätte,  mindestens  in  den  Boden¬ 
falten,  welche  nach  dem  Flusse  zu  sich  ölfnen,  Entwässei'ungs- 
leitungen  zu  bauen.  Sicher  und  nachweislich  hat  man  dabei  die 
Leitung  nicht  am  letzten  Hause  begonnen,  sondern  in  Erwartung 
weiterer  städtischer  Ausdehnung  der  Leitung  anfänglich  gröfsere 
Mafse  gegeben,  um  sie  nach  oben  hin  fortsetzen  zu  können.  Was 
hat  diese  Aufmerksamkeit  genützt?  Wir  sehen  jetzt,  dafs  auch  die 
weitgehendste  Fürsoi-gCj  in  dieser  Beziehung  längst  durch  die  Ent¬ 
wicklung  überholt  ist.  Nicht  allein,  dafs  die  Verlängerung  der 
Leitungen,  schliefslich  in  kleinster  zulässiger  Abmessung,'  weit  über 
das  rechnerisch  bestimmte  Mafs  hinaus  vor  sich  gegangen,  —  nein, 
man  hat  auf  einmal  wieder  ein  gröfseres  Profil  oberhalb  an  das  kleinere 
unterhalb  angeschlossen  und  sogar  die  Sohle  der  oben  angeflickten 
Leitung,  da  die  alte  mit  Gefälle  sich  der  Oberfläche  zu  sehr  näherte, 
plötzlich  beliebig 
tiefer  gelegt.  Na¬ 
türlich  war  es  nur 
eine  Täuschung, 
davon  einen  Erfolg 
zu  erwarten,  aber 
geschehen  ist  es  im 
Drange  der  Noth  in 
zahlreichen  Fällen. 

Als  im  Jahr  1860 
einepreufsischeTech- 
niker  -  Commission 
die  Entwässerungs¬ 
anlagen  des  Auslan¬ 
des  studirte  und  ihren 
Eeisebericht  nebst 
einem  generellen  Ent¬ 
wässerungsplane  für 
Berlin  veröffentlichte, 
glaubte  sie  das 
äufserste  gethan  zu 
haben,  wenn  sie  für 
Berlin  eine  gröfste 
Einwohnerzahl  von 
775  000  in  Ansatz 
brachte.  Es  heifst 
in  jenem  Bericht: 

„Diese  Zunahme  der 
Bevölkerung  um  bei¬ 
nahe  59  pCt.  dürfte 
so  reichlich  gerechnet 
sein,  dafs  eine  baldige 
Ueberschreitung  der¬ 
selben  nicht  leicht 
anzunehmen  ist.“ 

Wenn  wir  aber  nun 
sehen,  welch  ein  schwerer  Irrthum  in  jener  Annahme  lag,  wenn  wir 
wissen,  dafs  in  noch  nicht  30  Jahren  jene  Annahme  um  weitere  50  pCt. 
hinter  der  Wirklichkeit  zurückgeblieben  ist,  so  mache  ich  doch 
daraus  niemandem  einen  Vorwurf;  ich  müfste  mir  ihn  vor  allem  selbst 
machen,  da  ich  seiner  Zeit  an  jener  Arbeit  betheiligt  war.  Wären 
aber  die  Röhren  und  Canäle  nach  dem  damaligen  Entwurf,  welcher 
die  ganze  Stadt  in  ein  System  zusammenfafste,  gelegt  worden,  sic 
hätten,  zum  gröfseren  Theil  wenigstens,  seitdem  schon  herausge¬ 
nommen  und  durch  gröfsere  ersetzt  werden  müssen. 

Wird  nun  nach  dem  von  mir  empfohlenen  und  bei  der  jetzigen 
Entwässerung  Berlins  zur  Ausführung  gebrachten  Verfahren  die 
ganze  Stadt  räumlich  in  einzelne  Systeme  zerlegt,  so  ist  jede  spätere 
unvorhergesehene  und  nicht  vorherzusehende  peripherische  Ver- 
gröfserung  des  einzelnen  Versorgungsgebiets  ausgeschlossen;  aus¬ 
geschlossen  ist  auch,  wenigstens  im  wesentlichen,  eine  Vermehrung 
oder  Vergröfserung  der  Stoffmenge,  auf  welche  sich  das  einzelne 
Werk  einzurichten  hat.  Wie  schon  gesagt,  ist  diese  Stoffmenge  ein 
Product,  dessen  beide  Factoren  erstens  die  Bevölkerungszahl  und 
zweitens  die  Beanspruchung  auf  den  Kopf  und  Tag  an  das  Werk 
sind.  Ist  das  System  räumlich  begrenzt,  so  fällt  jede  Unsicherheit 
bezüglich  des  ersten  Factors  ganz  und  gar  fort;  man  kann  mit  Be¬ 
stimmtheit  sagen,  dafs  die  Bevölkerungsdichtigkeit  über  ein  gewisses 
Mafs  hinaus,  welches  dann  allerdings  überall  zu  Grunde  zu  legen 
ist,  nicht  steigt.  Ja,  die  Erfahrung  hat  gelehrt,  dafs  die  Dichtigkeit 
der  Bevölkerung  in  einer  Grofsstadt  abzunehmen  pflegt,  sobald  ein 
gewisser,  hoher  Grad  grofsstädtischer  Entwicklung  erreicht  ist  oder 
überschritten  wird. 

Weniger  sicher  ist  freilich  die  Bestimmung  des  zweiten  Factors, 
aber  auch  hier  liegen  Erfahrungen  genug  vor,  wie  diejenige  über  den 
Maximalconsum  an  Wasser  auf  den  Kopf  und  Tag,  über  den  Gas¬ 
verbrauch  auf  den  Kopf  und  Tag,  über  die  abzuleitende  Regenmenge 


für  die  Flächeneinheit  in  der  Secunde  usw.,  welche,  unter  Hinzu¬ 
rechnung  eines  gewissen  Sicherheits-Coefficienten,  es  möglich  machen, 
für  die  Versorgungsnetze  eine  Gröfse  zu  ermitteln,  die  dauernd  ge¬ 
nügt,  und  welche  daher  ein  Herausnehmen  und  Verändern  der 
Leitungen  unnöthig  macht. 

Unerläfslich  erscheint  in  Grolsstädten  endlich,  dafs  die  Venval- 
tung  der  verschiedenen  Versorgungswerke,  wenigstens  so  weit  als  es 
sich  um  die  Versorgungsnetze  handelt,  technisch  in  einer  Hand  ruhe. 

Darf  ich  also  noch  einmal  die  Mafsnahmen  kurz  aufführen,  die 
nach  meinem  Ermessen,  abgesehen  von  dem  oben  über  die  Einbettung 
der  Versorgungsnetze  in  die  Bürgersteige  bereits  Gesagten,  geeignet 
sind  der  Noth  der  Grofsstädte  auf  diesem  Gebiet  zu  steuern,  so  sind 
dies  folgende: 

1.  Subways,  wo  deren  Erbauung  möglich  ist,  und  wo  sie  nach 

den  gegebenen  Ver¬ 
hältnissen  eine  durch¬ 
greifende  Ordnung 
und  Unterbringung 
der  Leitungen  dau¬ 
ernd  in  Aussicht 
stellen. 

2.  Herstellung 
eines  administra¬ 
tiven  A'erbandes 
der  Grofsstädte 
und  ihr  er  Vororte. 

3.  Erlafs  eines 
die  Feststellung 
der  Bebau  ungs- 
pläneunddieAus- 
führung  neuer 
Strafsen  regeln- 
denGesetzesnach 
Art  des  in  Preu- 
fsen  gültigen  Ge¬ 
setzes  vom  2.  Juli 
1875,  wo  solches  noch 
nicht  vorhanden,  und 
Erlafs  der  nach  die¬ 
sem  Gesetz  zulässigen 
Ortsstatute,  wo  dies 
noch  nicht  geschehen. 

4.  Eintheilung 
neuer  Strafsen  der¬ 
art,  dafs  mehr  als 
bisher  den  Bürger¬ 
steigen  eine  gröfsere 
Breite,  nöthigen- 
falls  auf  Kosten  der 
Strafsendämme,  ge¬ 
geben  wird;  auch  selbst  bei  schon  vorhandenen  Strafsen  wird  es  sich 
sehr  empfehlen,  zu  prüfen,  ob  eine  Anordnung  in  dem  angedeuteten 
Sinne  nicht  vom  Verkehrs-Standpunkt  zulässig  und  vom  Standpunkt 
der  Versorgungsnetze  aus  sehr  wünschenswerth  ist. 

5.  Nichtertheilung  weiterer  Concessionen  an  Privat-Unter- 
nehmer  (Actien- Gesellschaften)  zur  Ausführung  und  financiellen 
Ausbeutung  von  Versorgungsnetzen  irgend  w^elcher  Art;  wo  solche 
Concessionen  aber  bestehen,  Ablösung  derselben. 

6.  Theilung  jeder  Versorgungsanlage  einer  Stadt  in  be¬ 
stimmte  räumlich  abgetrennte  Einzelsysteme. 

7.  Stellung  der  verschiedenen  Versorgungswerke  der  Grofsstadt 
unter  eine  und  dieselbe  technische  Leitung. 

Und  nun,  m.  H.,  nur  noch  wenige  Worte.  Es  ist  eine  billige 
Weisheit,  vor  erkannten  Schädlichkeiten  zu  warnen,  aber  in  Vor¬ 
aussicht  die  nachtheiligen  Einflüsse  zu  erkennen,  welche  die  Begleiter 
von  Zuständen  sind,  die  wir  erstreben,  von  Genüssen,  die  wir  begehren, 
ist  verdienstlich.  Der  Geschichtschreiber  weifs  heute  davon  zu  erzählen, 
wie  der  römische  Caesarismus  den  Schwerpunkt  der  Reichsverwaltung 
den  Freigelassenen  und  den  Prätorianern  zuschob  und  damit  den  Zer¬ 
fall  einer  Weltherrschaft  bedingte;  dafs  aber  eine  hochmüthige,  stets 
erobernde  Republik  zu  einem  Caesar  führen  mufste,  sagten  zur  richtigen 
Zeit  nur  wenige,  und  diesen  wenigen  wurde  es  nicht  geglaubt. 

Es  ist  jetzt,  wie  niemand  leugnen  wdrd,  eine  Art  Sport  ge¬ 
worden,  Grofsstädte  mit  einander  in  Vergleich  zu  stellen  und 
derjenigen  den  Preis  zuzuerkennen,  welche  es  im  Wachsthum,  in  der 
Einwohnerzahl,  in  öffentlichen  Einrichtungen  am  weitesten  gebracht 
hat.  Unentgeltliche  Schulen,  Feriencolonieen,  Stadtmissionen,  Fach¬ 
schulen,  Volksbäder,  Asyle,  Bürger-Rettungshäuser  und  ähnliches  in 
hunderterlei  Gestalt  erfüllt  die  Seele  der  dabei  Thätigen  mit  Selbst¬ 
zufriedenheit  und  tugendlichem  Muth;  es  ist  ein  Retten  des  Geistes, 
des  Körpers,  der  unsterblichen  Seele  unserer  armen  oder  verkommenen 


Holzstich  V.  0.  Ehcl. 


Kaiser  Wilhelm-Denkmal  an  der  Porta  Westfalica. 
Entwurf  von  Bruno  Schmitz  in  Berlin.  Ein  erster  Preis. 


388 


13.  September  1890, 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Mitmenschen,  das  unsere  Brust  scliwellt,  das  unsern  philantropischen 
Charakter  stählt. 

„Berlin  wird  Weltstadt“  rief  man  begeistert  vor  Jahren  aus; 
„Berlin  ist  Weltstadt“  flüstern  jetzt  dort  schon  Tausende. 

Ich  meine,  ein  solches  Wachstimm  hat  auch  seine  Kehrseite! 

Ein  geistvoller  Kritiker  der  Nationalzeitung  schliefst  seinen  Be¬ 
richt  über  das  eben  stattgehabte  Schützenfest  in  Berlin  mit  den  Worten: 
„So  bietet  der  Schützenplatz  für  Fremde  wie  für  Einheindsche  unend¬ 
lich  viel  des  Sehenswertheu.  Kurz  zuvor  aber,  ehe  man  dort  ankommt, 
sieht  man  zur  linken  Hand  ein  Kornfeld,  das  recht  schön  steht,  und 
zur  rechten  einen  Acker  mit  Kartoffeln,  die  eben  blühen.  Berliner, 
die  dergleichen  noch  nie  gesehen  haben  —  und  wie  grofs  mag  ihre 
Zahl  sein!  —  seien  darauf  aufmerksam  gemacht;  diese  beiden  Eigen- 
thümlichkeiten  lohnen  allein  schon  eine  Fahrt  nach  Pankow!“ 

Es  wird  leider  ein  solches  Urtheil  nicht  wohl  bestritten  werden 
können.  Einfachheit,  Naturnähe,  ungekünstelte  Verhältnisse  schwinden 
aus  den  Grofsstädteu;  Gemachtheit  in  der  Lebensführung  und  Lebens¬ 
weise  nehmen  zu,  eine  einheitliche  Betriebs-Organisation  im  Wohnen, 
Miethen,  in  der  Bedienung,  im  Bezug  der  Lebensmittel,  in  der  Art 
der  Vei'gnüguugen  und  Genüsse  entwickelt  sich  und  bezwingt 
immer  gebieterischer  alles  individuelle  Leben.  Licht  in  mancherlei 
Gestalt,  Wasser,  Luft,  Unterhaltung,  gleiches  Zeitmafs,  fehlerlos 
bis  auf  den  Bruchtheil  von  Secundeu,  Paket- Vertheilung  und  Arbeits¬ 
kraft  vermitteln  jetzt  schon  Central  -  Versorgungen  in  gröfseren 
Städten  durch  Leitungen.  Die  Versendung  von  Nahrungsmitteln 
aufser  dem  Wasser  scheint  technisch  wenigstens  keine  unüberwind¬ 
lichen  Schwierigkeiten  zu  haben.  Ist  erst  die  Sitte  des  warmen  Bades 
eine  allgemeine  geworden  —  wer  hindert,  das  erwärmte  Badewasser 
jeder  Familie  in  die  Badestube  durch  Druckröhren  zu  fördern?  Ja, 
dafs  die  winterliche  Heizung  einer  ganzen  Stadt  —  wie  jetzt  ganzer 
Häuser  —  mehr  oder  minder  centralisirt  werden  kann,  unterliegt 
keinem  Zweifel  usw.  Solche  Centralversorgungen  liefern  das  Be¬ 
gehrte  unzweifelhaft  billiger  als  es  durch  die  Einzelbereituiig  ge¬ 
schieht,  und  sie  sind  darum,  für  sich  genommen,  nützlich.  Wenn  es 
nun  gar  einmal  dahin  käme,  dafs  das  Dienstbotenverhältnifs  als  eine 


moderne  Sclaverei  angesehen  wird  —  was  gar  nicht  so  fern  liegt  — , 
und  dafs  die  Hausarbeit  der  Dienstboten  als  geradezu  unsittlich  be¬ 
zeichnet  wird,  wie  es  die  Nähmaschinenverkäufer  thun,  wenn  sie  von 
der  Handarbeit  des  Nähens  und  des  Strickens  reden,  so  ist  weiterer 
und  weitester  Entwicklung,  wie  angedeutet,  Thor  und  Thür  geöffnet. 
Man  darf  sich  dann  vielleicht  vorstellen,  dafs  der  wesentlichste 
Bestandtheil  einer  menschlichen  Wohnung  eine  AVand  mit  Hähnen 
ist,  die  geöffnet,  mit  Knöpfen,  die  gedrückt  werden.  Grofses  und 
Gewaltiges  ist  es  zweifelsohne,  was  solchergestalt  geschaffen  werden 
kann  —  aber  ich  meine,  es  kommt  nicht  dai'auf  an  und  ist  nicht 
unser  Lebenszweck,  dafs  wir  Grofses  und  Gewaltiges  schaffen; 
sondern  dafs  wir,  wenn  möglich,  selbst  grofs  und  gewaltig  seien, 
und  dieses  Ziel  erreicht  der  Weg,  der  die  Eigenart  schafft  und 
erhält,  der  davor  bewahrt,  in  heerdenhafte  Allgemeinheit  zu  versinken, 
der  uns  mehr  iinserem  eigenen  geistigen  und  wirthschaftlichen  Ge¬ 
staltungstrieb  überläfst.  Dann  möchten  wir  leichtlich  unsere  Auf¬ 
gabe  als  Mensch  vollkommener  erfüllen  als  die,  denen  der  geistige  und 
physische  Bedarf  durch  centrale  Versorgungsleitungen  zugeführt  wird. 

Und  so  sei  gesagt,  dafs  wir  das  Wachsthum  grofser  Städte  — 
Weltstädte  — ,  wenn  wir  es  auch  nicht  hindern  dürfen  und  ganz 
sicher  auch  nicht  können,  doch  nicht  als  ein  Ziel  ansehen  sollten, 
dem  wir  durchaus  zustreben  müfsten.  Die  wachsende  Schwierigkeit 
bei  Unterbringung  der  Versorgungsnetze  ist  doch  nur  eine  der  vielen 
Sorgen,  welche  das  riesenhafte  Anwachsen  der  Grofsstädte  ehrlichen 
Verwaltungen  bereiten  wird  und  schon  bereitet. 

Nehmen  aber  die  Grofsstädte  auch  ferner  intensiv  und  extensiv 
noch  in  ihrem  Wachsthum  zu,  dann  wird  der  Tag  kommen,  wo  den  ge¬ 
bieterischen  Forderungen  der  Versorgungsnetze  gegenüber  aufser  den 
Bürgersteigen  die  Strafseudämme  für  die  Versorgungsnetze  Preis  ge¬ 
geben  werden  müssen,  und  dann  hat  das  Definitivum  der  Strafsendamm- 
Befestigung  ein  Ende!  Aber  ehe  dieser  Augenblick  eintritt,  wird  sich 
gewifs  schon  herausgestellt  haben,  dafs  Subways,  wo  solche  ausgeführt 
sind,  trotz  weitgegriffenster  Bemessung,  den  wachsenden  Ansprüchen 
nicht  mehr  zu  genügen  vermögen.  Und  dieses  möchte  ich  dann  für 
das  Bedenklichere  halten.  Hob  recht. 


Die  Preisbewerbuiig  für  das  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der  Provinz  Westfalen. 


Entwurf  von  Bruno  Schmitz  in  Berlin.  Ein  erster  Preis. 


Trotz  der  hohen  Anforderungen,  welche  die  in  kurzer  Zeit¬ 
folge  ausgeschriebenen  Preisbewerbungen  für  Entwürfe  zu  Ehi-en- 
denkmälern  Kaiser  Wilhelms  I.  an  die  Schaffenskraft  und  Schaffens¬ 
freudigkeit  der  deutschen  Architekten  und  Bildhauer  gestellt  haben, 
giebt  der  Erfolg  des  Preisausschreibens  für  das  Kaiser  Wilhelm- 
Denkmal  der  Provinz  AVestfalen  von  neuem  Zeugnifs  von  der  aus¬ 
dauernden,  unermüdlichen  Plingabe  der  Künstler  an  diese  vater¬ 
ländische  Aufgabe.  Nachdem  im  Jahre  1889  die  Preisbewerbung 
für  das  National  -  Denkmal  in  Berlin,  für  welches  147  Entwürfe 
geliefert  worden  sind,  die  Künstlerschaft  zu  aufopfernder  Thätig- 
keit  aufgerufen  hatte,  sind  seither  binnen  Jahresfrist,  abgesehen 
von  zahlreichen  beschränkten  Wettbewerbungen,  öffentliche  Preisaus¬ 
schreiben  für  die  Denkmäler  in  Breslau,  Köln,  Frankfurt  a.  M.,  für 
die  Rheinprovinz,  den  Kyffhäuser  und  die  Porta  Westfalica  ergangen. 
Während  der  Termin  zur  Ablieferung  der  Entwürfe  für  das  Denkmal 
in  Frankfurt  a.  M.  noch  aussteht,  sind  bei  der  AVettbewerbung  für 
Breslau  46,  Köln  15,  für  die  Rheinprovinz  24,  den  Kyffhäuser  24  und 
die  Porta  Westfalica  58  Entwürfe  eingereicht  worden,  gewifs  ein 
ehrendes  Zeugnifs  für  die  rührige  Thätigkeit  wie  für  die  patriotische 
Opferwilligkeit  der  deutschen  Architekten  und  Bildhauer. 

Die  lebhafte  Betheiligung,  welche  die  hier  zu  besprechende 
Wettbewerbung  gefunden  hat,  obgleich  die  Bedingungen  des  Preis¬ 
ausschreibens  in  materieller  Beziehung  nichts  weniger  als  verlockend 


waren,  scheint  mitveranlafst  zu  sein  durch  den  Reiz,  welchen  die  für 
das  Denkmal  in  Aussicht  genommene  Lage  ausübte.  Es  ist  bekannt, 
dafs  die  AVahl  des  Platzes  hier  wde  fast  bei  allen  anderen  oben  er¬ 
wähnten  Wettbewerbungen  einen  lebhaften  AViderstreit  der  Meinungen 
hervorgerufen  hat.  Der  Westfälische  Provincial-Landtag  hat  in  der 
Sitzung  am  15.  März  v.  J.  nur  mit  geringer  Mehrheit  sich  dafür  ent¬ 
schieden,  in  dem  Preisausschreiben  die  Porta  AA''estfalica  als  Stand¬ 
ort  zu  bezeichnen.  Es  scheint,  dafs  namentlich  mit  Rücksicht  hierauf 
die  AVettbewerbung  als  eine  lediglich  vorbereitende  angesehen  worden 
ist,  um  festzustellen,  ob  nach  Lage  der  Verhältnisse  an  der  Wahl 
des  Platzes  würde  festgehalten  werden  können.  Um  so  erfreulicher 
ist  es,  dafs  durch  die  über  Erwarten  rege  Tlieilnahme  der  Beweis 
geliefert  ist,  dafs  vom  künstlerischen  Standpunkt  in  weiten  Kreisen 
der  Platz  für  durchaus  geeignet  gehalten  wird.  Es  ist  daher  anzu¬ 
nehmen,  dafs  hierüber  nicht  von  neuem  Zweifel  erhoben  werden,  und 
in  diesem  Sinne  hat  jeder  Theilnehmer  an  der  AVettbewerbung  sich 
ein  besonderes  Verdienst  um  die  Lösung  der  Aufgabe  erworben. 

Wenn  so  der  Ausfall  der  AA^ettbewerbung  im  allgemeinen  einen 
günstigen  Einflufs  auf  die  endgültige  Entscheidung  der  Platzfrage 
ausüben  wird,  so  ist  ferner  für  die  Förderung  des  Unternehmens  der 
Umstand  von  höchstem  Weidh,  dafs  der  mit  einem  der  ersten  Preise 
gekrönte  Entwurf  des  Architekten  Bruno  Schmitz  eine  Lösung  der 
Aufgabe  bietet,  ■welche  unseres  Erachtens  fast  bedingungslos  zur  Aus¬ 
führung  empfohlen  werden  kann,  sodafs  das  Ausschreiben  eines  neuen 
Wettbewerbs  nicht  erforderlich  sein  wird.  „Uebung  macht  den  Meister“ 
und  „in  der  Beschränkung  zeigt  sich  erst  der  Aleister“.  AA^ie  zahlreiche 
Entwürfe  für  Ehrendenkmäler  hat  Schmitz  geliefert,  wie  viel  Siege  hat 
er  errungen!  Dieser  sein  letzter  Entwurf  aber  übertrifft  an  mafsvoller 
Einfachheit  und  überzeugender  Lebensfähigkeit  alle  früheren.  Der 
Grundgedanke  ist  nicht  neu.  Bei  dem  AVettbewerb  für  das  National- 
Denkmal  in  Berlin,  für  das  Denkmal  auf  dem  Kyffhäuser  (Entwurf  von 
Geyer)  wie  bei  der  vorliegenden  Bewerbung  ist  derselbe  Gedanke  in 
verschiedenen  Auffassungen  bearbeitet  worden.  Hier  aber  ist  die  Art 
der  Lösung  eine  in  jeder  Beziehung  so  wohlgelungene  und  eigenartige, 
dafs  der  Arbeit  eine  volle  Selbständigkeit  zugesprochen  werden  mufs. 

Die  hier  beigegebenen  Abbildungen  erläuteim  den  Entwmrf  hin¬ 
reichend.  Zur  Beurtheilung  des  Mafsstabes,  in  welchem  die  Aus¬ 
führung  gedacht  ist,  diene  die  Angabe,  dafs  das  Standbild  des  Kaisers 
ohne  Sockel  eine  Höhe  von  7  m  erhalten  soll.  Die  Stilfrage  kann 
unerörtert  bleiben;  es  genügt  zu  sagen,  dafs  die  Auffassung  im 
ganzen  und  in  den  Einzelheiten  das  AVesen  der  Aufgabe  formvollendet 
darstellt.  Der  Charakter  des  Kaiserdenkmals  ist  unmittelbar  zum 


ifr.  S7. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


389 


Ausdruck  gebracht,  da  das  Standbild  den  Mittelpunkt  des  architek¬ 
tonischen  Aiitbaues  bildet.  Das  Kaiserbild  steht  nicht,  wie  bei  den 
meisten  anderen  Entwürfen,  in  losem  Zusammenhänge  mit  dem  Bau¬ 
werke,  sondern  eines  bedingt  das  andere;  es  gewinnt,  abgesehen  von 
seiner  mächtigen  Gröfse  und  bevorzugten  Stellung,  dadurch  an  Be¬ 
deutung,  dafs  es  das  einzige  Bildwerk  von  selbständig  künstlerischer 
Ausbildung  ist.  Denn  im  übrigen  tritt  Bildhauerarbeit  nur  als 
Belief  und  als  Schmuck  architektonischer  Glieder  auf.  Die  Einzel¬ 
formen  des  Bauwerkes  sind  in  derben,  kräftigen  Formen  gezeichnet, 
sodafs  nach  der  Ausführung  Beschädigungen  durch  Muthwillen  und 
zerstörende  Einflüsse  der  Witterung,  soweit  überhaupt  möglich,  aus¬ 
geschlossen  erscheinen.  Unerörtert  aber  dürfen  die  Bedenken  nicht 
bleiben,  welche  wiederholt  von  Bildhauern  gegen  die  Aufstellung 
von  Bildwerken  dieser  Art  unter  einem  architektonischen  Aufbau 
erhoben  worden  sind.  Der  Verfasser  sagt  in  dieser  Beziehung  in 
den  seinem  Entwürfe  beigegebenen,  gedruckten  Bemerkungen:  „Dem 
einzigen  Einwand,  weicher  gegen  den  Baldachin  erhoben  worden  ist, 


nämlich  die  Verdeckung  der  Figur  von  in  diesem  Falle  sechs  ver¬ 
schiedenen  Standpunkten  durch  die  sechs  Pfeiler  des  Gewölbes,  ist 
dadurch  zu  begegnen,  dafs  man  in  den  Baldachin  hineintreten  kann, 
abgesehen  davon,  dafs  die  Pfeiler,  in  der  Sehlinie  betrachtet,  nur 
äufserst  geringe  Breiten  zeigen,  die  gegen  die  weiten  Oeffnungen  der 
Bögen  und  die  durch  solche  Umrahmung  erreichten  Vorzüge  der 
Aufstellung  gar  nicht  mehr  in  Betracht  kommen.“  Diese  Verthei- 
digung  widerlegt  die  beregten  Bedenken  der  Bildhauer  nicht,  welche 
volles  Tageslicht  ohne  Schatten  und  Eeflexlicht  der  architektonischen 
Umgebungen  für  ihre  Werke  fordern.  Es  ist  aber  hervorzuheben,  dafs 
bei  den  Entscheidungen  der  Preisgerichte  für  die  Kaiser  Wilhelm- 
Denkmäler  in  den  letzten  Jahren  die  Mehrzahl  der  berufenen  Bildhauer 
die  Aufstellung  des  Kaiserbildes  unter  offenem  oder  geschlossenem 
architektonischen  Aufbau  gebilligt  hat.  Besonders  in  diesem  Fall  hat, 
da  dem  Vernehmen  nach  das  Urtheil  des  Preisgerichts  einstimmig 
abgegeben  worden  ist,  das  Mitglied  desselben,  Bildhauer  Professor 
V.  Zumbusch,  ein  Bedenken  nicht  erhoben.  (Schlufs  folgt.) 


Das  Kuppelgebäude  zur  photographischen  Aufnahme  der  Himmelskarte  hei  Potsdam, 


Nachdem  auf  dem  internationalen  Astronomencongrefs  in  Paris 
im  Frühjahr  1887  beschlossen  worden  war,  eine  photographische 
Aufnahme  des  Sternhimmels  anzufertigen,  wurde  von  Seiten  der 
preufsischen  Eegierung  das  astrophysicalische  Observatorium  bei 
Potsdam  beauftragt,  sich  an  diesem  Unternehmen  zu  betheiligen. 
Zur  Unterbringung  des  Eefractors,  mit  welchem  die  photographischen 
Aufnahmen  bewirkt  werden,  mufste  ein  besonderes  Gebäude  errichtet 
werden,  in  welchem  zugleich  auch  die  photographischen  Arbeiten  er¬ 
ledigt  werden  konnten.  Dasselbe  ist 
in  den  beigegebenen  Abbildungen  dar¬ 
gestellt.  Es  besteht  ans  dem  durch  eine 
Aufsentreppe  erreichbaren  Eundbau,  in 
welchem  sich  das  Aufnahme-Instrument 
befindet,  und  einem,  kleinen,  als  photo¬ 
graphische  Kammer  eingerichteten  An¬ 
bau.  Ueber  dem  Eundbau  erhebt  sich 
eine  6  m  im  Durchmesser  haltende 
schmiedeeiserne  Kuppel.  Diese  ist,  um 
den  Eefractor  nach  allen  Himmelsrich¬ 
tungen  hin  gebrauchen  zu  können,  dreh¬ 
bar  eingerichtet  und  mit  einer  verhält- 
nifsmäfsig  sehr  breiten  Schlitzöffnung 
versehen,  welche  durch  einen  schmiede¬ 
eisernen -Blechschieber  geöffnet  und  ge¬ 
schlossen  werden  kann.  Die  Drehung 
der  Kuppel  erfolgt  auf  losen  gufseiser- 
nen  Eollen,  die  zwischen  einem  unteren, 
mit  dem  Mauerwerk  fest  verbundenen 
gufseisernen  Laufkranze  und  einer  am 
untern  Eande  der  Kuppelconstruction 
angebrachten  Laufschiene  sich  bewegen 
(System  Grubb,  Dublin).  Die  Bewegung 
selbst  wird  durch  Drehung  eines  Zahn¬ 
rades  bewirkt,  welches  in  eine  mit  der 
Kuppel  verbundene,  kreisrund  gebo¬ 
gene  Zahnstange  eingreift.  Da  die  Beob¬ 
achtungen  und  photographischen  Aufnahmen 
meist  in  der  Zenithgegend  gemacht  werden, 
ist  der  Schlitzschieber  so  eingerichtet,  dafs  er 
bis  über  den  Zenith  hinaus  geöffnet  werden 
kann.  Der  in  der  Fortsetzung  des  Schlitzes 
liegende  Theil  der  Kuppel  ist  geschlossen. 

Um  die  Bewegung  ■  des  Schiebers  in  der  an¬ 
gegebenen  Weise  möglich  zu  machen,  ist  der 
Kuppel  die  Halbkugelform  gegeben  worden. 

Der  Schieber  schiebt  sieh  daher,  wenn  er 
hochgezogen  wird,  über  die  Kuppel  bequem 
hinweg  und  legt  sich  unter  den  geschlossenen 
Theil  der  Kuppeloberfläche. 

Die  Construction  der  Kuppel  ist  die 
eines  eisernen  Rippensystems  mit  einge¬ 
legtem  Diagonalverband,  welches  nach  aufsen 
mit  Stahlblech,  im  'Innern  mit  einer  Holz- 
deeke  von  schmalen  Brettern  bekleidet  ist. 

Der  zwischen  beiden  Bekleidungen  belassene 
Hohlraum  ist  mit  der  äufseren  Luft  in  Verbindung  gebracht,  sodafs  ein 
Durchstreichen  der  frischen  Luft  stattfinden  kann,  wodurch  eine 
übertriebene  Erwärmung  des  Beobachtungsraumes  durch  Sonnenbe¬ 
strahlung  vermieden  wird.  In  letzterem  Raume  ist  ein  gemauerter  so¬ 
genannter  Festpfeiler  errichtet,  welcher  zur  Aufstellung  des  grofsen 


photographischen  Eefractors  dient.  Seine  Gründung  ist  besonders 
sorgfältig  ausgeführt,  damit  das  Instrument  einen  sicheren  und  er¬ 
schütterungsfreien  Stand  hat.  Der  Fufsboden  im  Beobachtungsraume 
ist  aus  hölzernen  Balken  mit  Holzbelag  als  sogenannter  Schwebe¬ 
boden  hergeriehtet  in  der  Art,  dafs  um  den  gemauerten  Festpfeiler 
herum  ein  offener  Schlitz  geblieben  ist.  Hierdurch  ist  vermieden, 
dafs  eine  Berührung  des  Fufsbodens  mit  dem  Festpfeiler  eintritt  und 
die  beim  Begehen  des  Raumes  unvermeidlichen  Stöfse  und  Erschüt¬ 
terungen  sich  auf  den  Pfeiler  übertragen 
können.  Unter  dem  Beobachtungsraum 
befindet  sich  ein  Gelafs,  welches  zu 
Arbeitszwecken  ausgenutzt  wird.  Der 
Raum  im  Anbau  dient  zur  Entwicklung 
der  photographischen  Platten  und  ist 
als  solcher  mit  Verdunklungs -Vor¬ 
richtungen  und  allem  sonstigen  Zu¬ 
behör  einer  photographischen  Dunkel¬ 
kammer  ausgestattet. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Einheitlich¬ 
keit  des  Verfahrens  bei  der  photo¬ 
graphischen  Aufnahme  des  Himmels 
wurden  von  dem  Pariser  Astronomen¬ 
congrefs  gewisse  Bestimmungen  hin¬ 
sichtlich  der  Gröfse  der  Platten  und 
der  Einrichtupg  der  für  die  Aufnahme 
dienenden  Instrumente  aufgestellt,  wel¬ 
che  für  die  über  den  ganzen  Erdkreis 
verbreiteten  Sternwarten,  die  sich  an 
der  Aufnahme  betheiligen,  mafsgebend 
sein  sollen.  Der  photographische  Re- 
fractor  wurde  zu  diesem  Zwecke  eigens 
gebaut  und  erhielt  eine  Montirung, 
welche ,  von  dem  bisher  üblichen  ab¬ 
weichend,  es  gestattet,  Aufnahmen  im 
Zenith  zu  machen,  ohne  das,  Instrument 
umlegen  zu  müssen  und  unbequeme  Lagen  des 
Beobachtens  hervorzurufen.  Das  nähere  über 
die  Construction  des  Instrumentes  ist  von  dem 
Director  des  Observatoriums,  Herrn  Prof.  Dr. 
H.  C.  Vogel,  in  der  Zeitschrift  für  Instru¬ 
mentenkunde  im  Juni  1889  veröffentlicht  worden. 
Das  Instrument  ist  in  seinem  mechanischen  Theile 
von  Repsold  in  Hamburg,  in  seinem  optischen 
Theile  von  A.  Steinheil  in  München  hergestellt. 

Was  die  bauliche  Anlage  selbst  anbetrifft, 
so  sei  noch  erwähnt,,  dafs  das  Gebäude  in 
Ziegelmauerwerk  mit  ärifserer  Verkleidung  von 
Blendsteinen  ausgeführt  ist.  Der  Anbau  trägt  ein 
Holzcementdach.  Die  Construction  der  eisernen 
Kuppel  ist  durch  die  Firmen  C.  Hoppe  und  Bret- 
schneider  u.  Krügner  in  Berlin  gemeinschaftlich 
ausgeführt  worden.  Der  allgemeine  Entwurf 
wurde  im  Cultus -Ministerium  bearbeitet.  Die 
Gesamtkosten  haben  sich  auf  53  000  Mark  be¬ 
laufen,  wovon  13000  Mark  auf  die  baulichen  Her¬ 
stellungen  und  40000  Mark  auf  die  Beschaffung  des  Refractors  und  der 
Einrichtung  mit  Instrumenten  entfallen.  Die  Ausführung  der  Baulich¬ 
keiten  geschah  in  den  Jahren  1888  und  1889  durch  den  Unterzeichneten. 
.Potsdam,  im  Mai  1890,  Saal, 

Kreis-Bauinspector. 


300 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


13.  September  1890. 


IX.  Waiideryer 


g  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur -Vereine 
in  Hamburg  vom  24. — 28.  August  1890. 


(Schlufs), 


Der  Morgen  des  28.  August  (Donnerstag)  brachte  neue  Besichti¬ 
gungen,  unter  denen  die  des  neuen  Rathiiauses  für  die  Architekten 
als  besonclei’s  anziehend  hervorgehoben  werden  darf.  Um  10  Uhr 
beerann  die  dritte  allgemeine  Versammlung  mit  einem  Vortrage  des 
Herrn  Baensch:  ..Der  Nord-.Ostsee-Canal'‘,  bezüglich  dessen 
auf  die  ausführlichen  Mittheilungen  desselben  Redners  im  vorigen 
Jabi’gange  d.  Bl.  (Seite  73  u.  f.)  verwiesen  werden  mag;  weitere  Er¬ 
gänzungen  sollen  an  dieser  Stelle  demnächst  veröffentlicht  werden. 
Als  zweiter  Redner  folgte  Herr  Mehrtens  mit  dem  Vortrage  „Weit¬ 
gespannte  Strombrücken  der  Neuzeit“,  dessen  Veröffentlichung 
in  der  gegenwärtigen  Nummer  d.  Bl.  zum  Abschlufs  gebracht  wird. 
Beide  Redner  lohnte  reicher  Beifall.  Hierauf  schlofs  Herr  Wiebe 
die  Versammlung  mit  Worten  des  Dankes  an  die  Vortragenden  und 
solchen  der  Anerkennung  für  das  treue  Aushalten  der  Fachgenossen. 
Seine  Schlufsworte  lauteten:  „Auf  fröhliches  Wiedersehen  in  zwei 
Jahren  in  Leipzig!“ 

Nachdem  das  Frühstück  eingenommen,  führten  mehrere  Dampfer 
eine  gröfsere  Zahl  schaulustiger  Theilnehmer  von  den  St.  Pauli- 
Landungsbrücken  nach  den  gegenüberliegenden  Werften  von  Blohm 
u.  Vofs,  woselbst  ihrer  das  seltene  Schauspiel  des  Stapellaufes 
eines  grofsen  Dampfschiffes  wartete.  Um  5  Uhr  fand  alsdann  das 
grofse  Festessen  bei  Ludwig  statt.  Der  gewaltige  Saal  hatte  die 
Zahl  der  Fachgenossen  und  ihrer  Damen  nicht  zu  fassen  vermoclit; 
so  hatte  man  auch  noch  im  Wintergarten  decken  müssen.  Den 
Reigen  der  Trinksprüche  eröft’nete  Herr  Senator  Lehmann  mit  dem 
Hoch  auf  den  Kaiser.  Nachdem  die  Töne  der  Nationalhymne  ver¬ 
klungen  waren,  erhob  sich  Herr  Wiebe,  um  auf  Hamburg  und 
seine  Gastfreiheit  das  Glas  zu  leeren.  Ihm  folgte  Herr  Bürgermeister 
Dr.  Mönckeberg,  welcher  des  Verbandes  mit  warmen  Worten  der 
Anerkennung  gedachte.  Herr  F.  Andreas  Meyer  forderte  die  Ver¬ 
sammlung  auf,  auf  das  Wohl  der  Ehrengäste  und  Gäste  aus  nah  und 
fern  zu  trinken.  Herr  Hagen  sprach  den  Herren  Vortragenden,  dem 
Ortsausschüsse  und  dem  Hamburger  Vereine  für  ihr  mühevolles  und 
segensreiches  Wirken  den  Dank  der  Versammlung  aus.  Herr  Schom- 
burgk  endlich  widmete  sein  Glas  in  launiger  Rede  den  Damen. 

Der  folgende  Tag  gehörte  Kiel.  Ein  Sonderzug  von  nicht 
weniger  als  43  Wagen  war  erforderlich,  um  die  grofse  Gesellschaft 
von  700  bis  800  Theilnehmern  am  Freitag  Morgen  nach  Kiel  zu  be¬ 
fördern,  woselbst  die  Ankunft  gegen  10  Uhr  erfolgte.  Noch  während 
der  Einschiffung  auf  fünf  grofsen  Dampfern  ergofs  sich  ein  wolken¬ 
bruchartiger  Platzregen,  welcher  zunächst  das  Behagen  etwas  störte 
und  die  ganze  Kieler  Bucht  in  einen  undurchdringlichen  Nebel  hüllte. 
Beim  Verlassen  der  Schiffe  zur  Besichtigung  der  Kaiserlichen 
Werft  hatte  das  Unwetter  sich  indessen  bereits  soweit  verzogen, 
dafs  das  Gehen  im  Freien  wieder  möglich  war.  Diese  Besichtigung, 
so  rasch  dieselbe  leider  vor  sich  gehen  mufste,  wird  wohl  jedem, 
der  daran  Theil  genommen,  lange  im  Gedächtnifs  bleiben,  da  der 
Umfang  der  Anlagen  ein  gewaltiger  ist  und  die  Verhältnisse  sämt¬ 
licher  dort  gefertigten  Stücke  fast  über  das  Mafs  des  Menschlichen 
hinausgehen.  Grofses  Interesse  erweckten  die  Torpedos,  die  riesigen 
Schiffsschrauben  wie  nicht  minder  die  starken  Panzerplatten.  Die 
bei  weitem  gröfste  Aufmerksamkeit  nahm  aber  das  österreichische 
Panzerschiff  „Kronprinz  Rudolf“  in  Anspruch,  welches  auf  der 
Fahrt  durch  die  Nordsee  einen  Unfall  an  der  Schraubenwelle  erlitten 
hatte  und  nun  für  jedermann  sichtbar  im  Dock  lag.  An  die  Be¬ 
sichtigung  der  Werft  schlofs  sich  ein  treffliches  Frühstück  auf  der 
Germania-Werft.  Nachdem  dieTheilnehmer  so  auch  für  weitere  geistige 
Genüsse  aufs  neue  gekräftigt  worden  waren,  erfolgte  bei  herrlichstem 
Wetter,  das  den  ganzen  Tag  anhielt,  die  Wiedereinschiffung  und  die 
Ausfahrt  in  die  Ostsee,  vorbei  an  dem  eben  einfahrenden,  Salut¬ 
schüsse  abfeuernden  österreichischen  Geschwader  zu  dem  auf  der 
Aufsenreede  liegenden  deutschen  Geschwader,  16  Torpedo-  und  10 
schweren  Schlachtschiffen,  welche  sich  bei  der  Ankunft  unserer 
Festschiffe  beiderseits  in  Linie  setzten,  um,  von  den  Festtheilnehmern 
mit  lauten  Hurrahrufen  begrüfst,  in  den  Kieler  Hafen  einzulaufen. 
Fürwahr  ein  grofsartiger  und  eigenartiger,  unvergefslicher  Genufs, 
wohl  geeignet,  um  in  unser  aller  Brust  das  frohe  und  stolze  Gefühl 
von  der  Macht  und  Herrlichkeit  des  geeinten  deutschen  Reiches  aufs 
lebhafteste  anzuregen.  Nach  der  Rückkehr  mufste  —  ebenfalls  im 
Hinblick  auf  die  grofse  Zahl  der  Theilnehmer  —  in  mehreren  Gast¬ 
häusern  getäfelt  werden.  Den  Schlufs  des  denkwürdigen,  an  seltenen 
Genüssen  so  reichen  Tages  bildete  am  Abend  eine  gesellige  allge¬ 
meine  Zusammenkunft  im  Seegarten,  welche  indessen  im  Hinblick 
auf  die  noch  in  Aussicht  stehenden  Freuden  des  folgenden  Tages 
sehr  bald  ihr  Ende  erreichte. 

Vom  Wetter  einigermafsen  begünstigt,  erfolgte  Sonnabend  früh 


für  diejenigen,  welche  den  Ausflug 
nach  dem  N  örd-0  st  s  ee- Can  a  1 
mitmachen  wollten,  die  Einschiffung 
auf  vier  Dampfern  der  Kaiser¬ 
lichen  Canal-Commission,  während 
die  Architekten  'mittels  '  Sonder¬ 
zuges  nach  Lübeck  befördert 
wurden.  Die  Dampfer  richteten 
ihren  Lauf  nach  der  Mündung  des 
Eider-Canals  bei  Holtenau,  wo  man 
die  Schiffe  verliefs,  um  die  Bau¬ 
stelle  der  grofsen  Holtenauer  neuen 
Schleuse  zu  besichtigen.  Die  Falirt 
auf  dem  Eider  -  Canal  von  Hol¬ 
tenau  bis  Knoop  und  von  da 
w'eiter  bis  Projensdorf  war  land¬ 
schaftlich  von  hohem  Reize.  Zu 
beiden  Seiten  des  durch  das 
wellige  Gelände  in  vielen  Win¬ 
dungen  sich  hinziehenden  Canals 
lagen  Wiesenflächen,  von  deren 
hellerem  Grün  sich  das  tiefdunkle 
der  Buchenwaldungen  kräftig  ab¬ 
hob.  In  Projensdorf  wurde  ein  von 
der  Canal-Commission  freundlichst 
Frühstück  einge- 


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nommeu,  worauf  der  Weg  über 
die  Baustellen  bei  Levensau  und 
Landwehr  fortgesetzt  wurde.  Nach 
einem  kurzen  Abstecher  in  den 
Flemhuder  See  landeten  die 
Dampfer  abermals  bei  Grofs-Nord- 
see  zur  Besichtigung  der  hier 
eigens  für  die  Canalbauzwecke  an¬ 
gelegten  Dampfziegelei  von  Ph. 

Holzmann  u.  Co.  Hier  erwartete 
die  Canalbefahrer  ein  von  Herrn 
Holzmann  angebotenes  zweites 
Frühstück.  Weiter  ging  die  Fahrt 
durch  den  Eider- Canal  bis  Königs - 
förder  Schleuse  und  von  da  nach 
Kluvensieker  Schleuse.  Hiermit 
war  die  letzte  Schleusenstelle  er¬ 
reicht,  und  die  Dampfer  ver¬ 
folgten  nunmehr  unaufgehalten 
ihren  Weg  durch  die  Obereider- 
Seen  bis  Rendsburg,  wo  die  An¬ 
kunft  gegen  6  Uhr  nachmittags 
erfolgte.  Seinen  Abschlufs  fand 
der  in  jeder  Hinsicht  gelungene 
Ausflug  in  einem  gemeinsamen 
Mittagsessen. 

Auch  die  Besichtigung  der 
Stadt  Lübeck  unter  Leitung  und 
Führung  des  dortigen  technischen  Vereins  ist  dem  ^  ei'uehmen 
nach  zur  gröfsten  Befriedigung  aller  Betheiligten  verlaufen. 


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Entwurf  von  Gustav  Lindcnthal, 


Nr.  37. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaitung. 


.391 


So  liegen  sie  denn  Hinter  uns,  die  Tage  der  IX.  Wariderversamm- 
lung.  Das  Wort  des  Dichters,  dafs  nichts  schwerer  zu  ertragen  sei,  als 
eine  Eeihe  von  guten  Tagen,  scheint  hier  zu  SchandeU  geworden  zu  sein. 

Dafs  es-  möglich  gewesen^  eine  so  grofse  Zahl  von  Festtheil- 
nehmem  während  voller  acht  Tage  zusammenzuhalten, ,  ist  nicht  das 
geringste  Verdienst  des  Hamburger  Vereins,  der  sich  wiederum  den 
-wärmsten  Dank  des  Verbandes  verdient  hat,  :  Was  alles  er  geschafft 


und  aufgeboten  hat,  um  die  IX.  Wanderv'ersammlung  so  bedeutend 
und  so  überaus  glanzvoll  nach  innen  und  aufsen  zu  gestalten,  braucht 
hier  nicht  aufs  neue  aufgezählt  zu  werden;  ist  es  doch  in  aller  Ge- 
dächtnifs.  Gröfster  Dank  gebührt  aber  auch  allen  den  Behörden, 
Vereinen  und  Gesellschaften,  die  miteinander  gewetteifert  haben, 
dem  Verbände  die  Tage  des  Aufenthalts  in  Hamburg,  Kiel  und 
Lübeck  so  angenehm  und  anregend  wie  nur  möglich  zu  machen. 
_  Pbg. 


Weitgespannte  Strom-  und  Tlialbrücken  der  Neuzeit 


(Schlufs.) 


Alle  Fortschritte  und  Bestrebungen  auf  den  Gebieten  der  Grün- 
'dungskunst  und  der  Kunst  des  Eisenbaues  zusammengenommen  lassen 
die  Ziele  erkennen,  welchen  die  Brückenbaukunst  in  Zukunft  ent¬ 
gegen  geht.  Was  auf  diesem  Wege  bisher  bedeutendes  geschaffen 
wurde,  ist  aus  der  in  der  nachstehenden  Liste  gegebenen  Ueber- 
sicht  der  weitgespanntesten  Hänge-,  Bogen-  und  Balkenbrücken  der 
Welt  zu  entnehmen. 


zuverlässigen  Vorkehrungen,  um  das  vorübergehende  und  dauernde 
Verhalten  der  eisernen  Ueberbauten  unter  der  Verkehrslast  genau 
beobachten  und  messen  zu  können.  Ein  näheres  Eingehen  auf  diesen 
Gegenstand  würde  zu  weit  führen.  Die  gemachten  Andeutungen 
genügen  aber  zur  Bezeichnung  der  Richtung,  in  welcher  der  Brücken- 
teclinik  auch  auf  diesem  Felde  die  Wege  in  der  Zukunft  offen  liegen. 
So  wenig  wie  es  heute  zeitgemäfs  ist,  den  Entwurf  einer  eisernen 


Uebersieht  der  weitgespanntesten  Strom-  rind  Thalbriicken  der  Welt. 
Auch  die  zur  Zeit  im  Bau  begriffenen  Brücken  sind  aufgenommen.' 


Nr. 

Name  des  Landes 

Name  der  Brücke  und  gröfste  Stützweite  in  Metern  (rund) 

Auslegerbrücken 

Reine  Balkenbrücken 

Bogenbrücken 

Hängebrücken 

1. 

England . 

Forth-Brücke  .  .  . 

521 

Brittannia-Brücke  .  .  140 

_ 

Clifton-Brücke  ....  214 

2. 

Indien . 

Sukkur-Brücke .  .  . 

250 

— 

— 

— 

3. 

Nord-America  .  .  . 

Colorado-Brücke  .  . 

201 

Ohio-Brücke  d.  Covington- 
Cincinnati-Eisenbahu  168 

St.  Louis-Brücke  .  .  .  158 

East-River-Brücke  .  .  .  486 

4. 

Rumänien  .... 

Czernavoda-Brücke  . 

190 

— 

— 

— 

5. 

Canada  . 

St.  John -Brücke  .  . 

145 

Grand-Eiver-Brücke  .  .  168 

— 

— 

6. 

Hollapd . 

— 

Leck-Brücke  .  .  .  .154 

— 

— 

■P- 

Süd-America  .  .  . 

— 

Brücke  Don  Pedro  II.  .  152 

— 

— 

8. 

Deutschland  .  .  . 

— 

Alte  und  neueWeichsel- 
1  Brücken  bei  Dirschau  129 

Rhein-Brücke  b.  Coblenz  106 

9. 

Australien  .... 

Hawkesburj-Brücke 

127 

— 

— 

— 

10. 

Oesterreich-Ungarn^ä) 

Trisana-Brücke  .  .  .  120 

Theifs-Brücke  (Szegedin)  110 

Donau-Brücke.  Pesth  .  .  203 

11. 

Eufsland . 

Wolga-Brücke  ....  107 

— 

— 

12. 

Frankreich  .... 

- 

La  Tardes-Brücke  .  .  104 

Garabit-Brücke ....  165 

Roche-Bernard-B  rücke  26')  198 

13. 

Italien . 

— 

Tiber-Brücke  in  Rom  .  103 

Adda-Brücke  ....  150 

— 

14. 

Schweiz . 

— 

- 

— 

Schwarzwasser-Brücke  .  114 

Saane-Brücke.  Freiburg  .  265 

15. 

Portugal . 

— 

Douro-Brücke  ....  172 

Weitere  Fortschritte  auf  diesem  Wege  werden  in  dem  stärkeren 
"Wachsen  der  Spannweiten  zum  Ausdruck  gelangen.  Das  Beispiel 
-des  glücklich  vollendeten  Riesenbaues  der  Forth -Brücke  und  ähn¬ 
licher  Werke  reizt  zur  Nachahmung.  Es  giebt  ja  auf  dem  Erdball 
noch  ländertrennende  Meeresarme  genug,  deren  feste  Ueberschienung 
schon  lange  der  Wunsch  der  betheiligten  Länder  gewesen  ist.  Die 
Erfüllung  solcher  Wünsche  braucht  nicht  mehr  ins  Reich  der  Träume 
verwiesen  zu  werden,  denn  es  liegen  heute  keine  unüberwindlichen 
Hindernisse  mehr  vor,  um  Pläne  wie  z.  B.  den  neuesten  Entwurf  von 
Dustav  Lindenthal  für  .  eine  869  m  weitgespannte  Drahtkabelbrücke 
über  den  North-Eiver  ip  New- York  (Abb.  16,  s.  a.  Centralbl.  d.  Bauv. 
1888,  S.  127  u.  1890,  S.  272),  sowie  auch  den  italienischen  Plan  der 
-Ueberbrückung  der  Meerenge  von  Messina  durch  Bogenträger  von 
1000  m  "Weite  u.  a.  m.  ihrer  Verwirklichung  entgegen  zu  führen. 

Mit  der  Uebemahme  derartiger  Riesenbauten  wird  aber  den 
Verwaltungen,  denen  ihre  Lmterhaltung  in  der  Zukunft  obliegt, 
-eine  schwere  Sorge  aufgebürdet.  Denn  nicht  allein  die  allgemeine 
Frage  der  voraussichtlichen  Dauer  der  Eiseneonstructionen  ist  noch 
ein  ungelöstes  Eäthsel,  sondern  auch  die  besondere  Frage  nach  den 
sichersten  Mitteln,  um  die  Lebensdauer  der  Eisenbauten  möglichst 
zu  verlängern. 

Die  Brückentechnik  hat  auf  dem  Gebiete  dieser  Fragen  der 
Zukunft  sehr  viel  zu  thun  übrig  gelassen.  Denn  die  bestehenden 
Einrichtungen  zur  ordnungsmäfsigen  Ueberwachung,  Beobachtung 
und  Unterhaltung  der  weitgespannten  Brücken  stehen  in  den  meisten 
Staaten  der  Welt  noch  lange  nicht  auf  der  Höhe  der  Zeit.  Es 
mangelt  fast  überall  nicht  allein  an  zweckentsprechenden  Zukömm- 
iichkeits- Vorrichtungen,  denen  die  Beamten  des  Unterhaltungsdienstes 
Gesundheit  und  Leben  ruhig  anvertrauen  können,  sondern  auch  an 

2^)  Die  Ausleger -Thälbrücke  über  die  Moldau  bei  Cervena  (vgl. 
Centralbl.  der  Bauverw.  1890,  S.  76)  hat  84,4  m  Stützweite. 

26)  Vom  Jahre  1840.  Die  Lavoulte- Brücke  über  die  Rhone, 
welche  das  Haus  Arnodin  .zur  Zeit  im  Bau  hat,  zeigt  eine  Weite 
der  Mittelöffnung  von  184  m. 


Brücke  nur.  nach  rein  theoretischen  Gesichtspunkten  festzusetzen, 
ohne  dabei  die  vielseitigen  Erfordernisse  zu  berücksichtigen,  welche 
Hütte,  Werkstatt  und  Bauplatz,  sowie  unter  Umständen  auch  die 
schönen  Künste  zu  stellen  berechtigt  sind,  ebenso  wenig  sollte  es 
künftig  unterlassen  werden,  schon  beim  Entwürfe  einer  weitgesj^annten 
eisernen  Brücke  die  nothwendigen  Vorkehrungen  für  die  spätere 
ordnungsmäfsige  und  dauernde  Prüfung  und  Unterhaltung  der  Brücke 
vQrzusehen.  — 

Ein  Schlufswort  möge  der  von  Berufenen  und  Einberufenen  so  oft 
behandelten  Frage  gelten,  wie  man  es  anzufangen  habe,  um  eiserne 
Brücken  schön  zu  bauen.  Nach  der  Meinung  übereifriger  Schönheits- 
Verfechter  zu  urtheilen,  könnte  es  fast  scheinen,  als  ob  das  ein 
leichtes  Ding  wäre.  Leider  ist  dem  aber  nicht  so.  Das  Eisen  ist 
an  und  für  sich  schon  ein  widerspenstiger  Baustoff’,  der  sich  nicht 
so  willig  in  schöne  Formen  zwängen  läfst  wie  Holz  und  Stein,  und 
überdies  führt  statische  Nothwendigkeit  dazu,  ein  gröfseres  eisernes 
Tragwerk  aus  lauter  unansehnlichen  geraden  Stücken  —  nackt  und 
dürr,  wie  sie  aus  der  Hütte  kommen  —  zusammenzufügen.  Trotzdem 
läfst  sich  das  Tragwerk  einer  Bogen-  oder  Hängebrücke  mit  einigem 
guten  Willen  immer  in  ein  ausreichend  schönes  Gewand  kleiden. 
Man  kann  aber  aus  bekannten  Gründen  nicht  überall  Bogen-  und 
Hängebrücken  bauen.  In  den  meisten  Fällen  bedingen  örtliche  und 
andere  Verhältnisse  den  Bau  einer  Balkenbrücke,  und  eine  solche 
schön  auszugestalten  ist  eine  Aufgabe,  deren  allseitig  befriedigende 
Lösung  bei  redlichstem  Bemühen  selbst  den  vereinten  Anstrengungen 
von  Fachmännern  der  Ingenieur-  und  Hochbaukunst  nur  selten  ge¬ 
lingt,  und  deren  Schwierigkeit  mit  der  Brücken-Spannweite  in  starkem 
Grade  .wächst.  Die  Ansichten  über  die  beste  Art  und  das  noth- 
wendige  Mafs  der  Schönheitswirkung  einer  eisernen  Brücke  sind 
bei  Fach-  und  Nichtfachmännern  eben  noch  sehr  verschieden. 
Ziemlich  allgemein  dürfte  man  aber  zu  der  Erkenntuifs  gekommen 
sein,  dafs  an  Eisenbauten  grofsartigen  Stiles,  bei  deren  Errichtung  die 
Erbauer,  um  überhaupt  das  Gelingen  ihres  Planes  zu  sichern,  in 
erster  Linie  der  statischen  Nothwendigkeit  zu  gehorchen  haben,  der 
landläufige  Schönheitsmafsstab  nicht  mehr  angelegt  werden  darf. 


392 


13.  September  1890, 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


Mit  den  eigenartigen  Umrissen  derartiger  Riesenbauten,  unter  denen 
die  Forth-Brücke  den  vornehmsten  Rang  einnimmt,  wird  die  Welt 
wohl  oder  übel  sich  künftig  abfinden  und  befreunden  müssen. 
Was  gelten  auch  die  geringen  Abstriche  an  den  Forderungen 
des  Schönheitssinns  gegenüber  dem  grofsen  Gewinne,  den  solche 
Riesenwerke  des  Verkehrs  für  die  Gesamtheit  der  Lebensbedingungen 
eines  Landes  bedeuten?  Damit  soll  nicht  etwa  gesagt  sein,  dafs 
das  Zusammenarbeiten  von  Ingenieuren  und  Architekten  bei  jedem 
Brückenbau  von  Bedeutung  nicht  ein  erstrebenswerthes  Ziel  wäre. 
Im  Gegentheil.  Es  zeugt  immer  von  einer  gewissen  Einseitigkeit, 
wenn  die  Entwurfs -Verfasser  —  wie  es  in  America  und  England 
häufiger  geschieht  als  auf  dem  europäischen  Festlande  —  mit  der 
blofsen  technischen  Ausgestaltung  des  Nothwendigen  sich  begnügen 
und  nicht  auch  versuchen,  ihr  Werk  mit  den  Schönheitsforderungen 
und  mit  der  Umgebung  bestens  in  Einklang  zu  setzen.  — 


Am  Schlufs  des  Vortrages  entledige  ich  mich  der  angenehmen 
Pflicht,  allen  denjenigen  verbindlichst  zu  danken,  die  mich  bei  Ab¬ 
fassung  desselben  durch  Mittheilungen  und  liebenswürdige  Ueber- 
lassungen  von  Abbildungen  und  Zeichnungen  so  bereitwilligst  unter¬ 
stützt  haben.  2')  Mehrten  s. 


Das  sind  in  Frankreich:  die  Herren  Eilfel,  Seyrig,  Arnodin 
und  Lordereau;  in  England:  Herr  Max  am  Ende;  in  America:  die 
Herren  Cooper  und  Lindenthal,  sowie  auch  die  Dominion-,  Key¬ 
stone-,  Phönixville-  und  Union-Brückenbau-Gesellschaften;  in  Italien: 
Herr  Röthlisberger  und  die  Brückenwerke  von  Savigliano;  in 
Rumänien:  Herr  Saligny;  in  Rufsland:  Herr  Professor  Belelubski; 
in  der  Schweiz:  Herr  Küpfer;  in  Oesterreich  -  Ungarn :  die  Direction 
der  Oesterreichischen  Staatsbahn;  in  Deutschland:  die  Herren  Köpke, 
Lauter  und  Schmick,  sowie  die  Brückenbau-Gesellschaften  von  Har¬ 
kort,  der  Union  und  Gutehofifnungshütte. 


Vermisclites. 


Eine  Yorrichtung  zur  Entdeckung  von  Blasen  in  Metallen,  von 
ihrem  Erfinder  „Schizophon“  genannt,  ist  von  dem  französischen 
Hauptmann  de  la  Place  ersonnen.  Nach  einer  Mittheilung  der 
Zeitschrift  La  I^'ature  besteht  die  Vorrichtung  aus  einem  Mikrophon 
in  Verbindung  mit  einem  Klopfer  und  einem  Telephon.  Bei  den 
vorzunehmenden  Metallproben  wird  der  Klopfer  über  das  Metall  ge¬ 
führt.  Sobald  derselbe  eine  blasige  Stelle  des  Metalls  trift't,  erleidet 
der  Ton  eine  durch  Vermittlung  des  Mikroj)hons  an  dem  in  einem 
Nachbarraume  befindlichen  Telephon  wahrnehmbare  Veränderung. 
Bei  Prüfung  von  Schienen  für  die  französische  Nordbahn  in  Ermont 
soll  durch  Vornahme  von  Bruchproben  erwiesen  sein,  dafs  die  von 
der  Voi’richtung  angegebenen  Fehlstellen  thatsäcblich  stets  Blasen 
enthielten. 

Die  Einführung  der  Dampfheizung  auf  den  nordainericauischen 
Bahnen  hat  in  neuerer  Zeit  bedeutende  Fortschritte  gemacht.  Nach 
den  E)igineeriny  News  waren  im  Winter  1889/90  ein  Viertel ,  und 
zwar  7391  von  insgesamt  rund  30  000  Personenwagen  mit  durch¬ 
gehender  Dampfheizung  von  der  Locomotive  aus  versehen.  Auf 
13  630  Betriebskilometer  Bahnlänge  waren  alle,  auf  17  600  km  min¬ 
destens  die  Hälfte,  auf  28200km  10  bis  50  pCt.  aller  Wagen 
mit  Dampf  geheizt,  während  auf  weiteren  87  800  km  dahinzielende 
Versuche  betrieben  wurden.  Die  Zahlen  sind  das  Ergebnifs  von 
Rundfragen  seitens  des  vorgenannten  Blattes  bei  den  verschiedenen 
Bahnverwaltungen.  Das  Blatt  fügt  hinzu,  dafs  „der  durch  diese 
Angaben  bekundete  Fortschritt  viele,  welche  die  Dampfheizung  noch 
im  Versuchsstadium  wähnen,  ebenso  überraschen  werde,  wie  der 
schnelle  Fortgang  in  der  Einführung  von  Luftbremsen  für  Güterzüge 
und  selbstthätigen  Kupplungen“,  und  knüpft  daran  die  launige  Be¬ 
merkung,  dafs  hoffentlich  nach  drei  Jahren  die  Sache  soweit  gediehen 
sein  werde,  dafs  alsdann  die  entbehrlich  gewordenen  Oefen  und 
sonstigen  besonderen  Heizvorrichtungen  nach  Europa  verpflanzt 
werden  können,  um  die  frostigen  Wagen  der  englischen  und  einiger 
Festlandbahnen  zu  heizen.  Bekanntlich  ist  man  in  England  über 
den  Gebrauch  von  Heifswasserpfannen  als  Fufswärmer  noch  ni^ht 
hinausgekommen. 

Ueber  Stahlgemische  durch  Zusatz  von  Metallen.  Zu  dem 
unter  dieser  Bezeichnung  auf  Seite  246  d.  J.  abgedruckten  Aufsätze 
werden  uns  nachträglich  von  dem  Verfasser  die  folgenden  Angaben 
über  die  Quellen  mitgetheilt,  welche  er  bei  Abfassung  des  Aufsatzes 
benutzt  hat.  Die  Mittheilungen  über  Nickelstahl  und  Kupferstahl 
sind  dem  Jahrgang  1889  I  des  Engineering  entnommen;  und  zwar  ist 
dort  das  erstere  Metall  auf  Seite  573,  das  zweite  auf  Seite  582  be¬ 
sprochen.  Die  Angaben  über  Chromstahl  sind  den  Heften  vom 
Februar  1887,  Januar  1888  und  August  1889  der  Zeitschrift  „Stahl 
und  Eisen“  entlehnt.  Die  von  einer  americanischen  Fachzeitschrift 
geäufserte  Vermuthung,  dafs  der  fragliche  Aufsatz  aus  einem  YVerke 
von  H.  M.  Howe  (The  Metallurgy  of  Steel  betitelt)  geschöpft  sei, 
erklärt  der  Verfasser  des  Aufsatzes  für  nicht  zutreffend,  da  ihm 
dieses  Werk  vollständig  unbekannt  sei. 


Bücherschall. 

Tabellen  der  Inhalte  der  Damm-  und  Einschnittsprotile ,  der 
Abscissen  des  Grunderwerbs,  bei  horizontalem  und  geneigtem  Ter¬ 
rain,  im  Auftrag  und  Abtrag,  der  Inhalte  von  Wegerampen, 
für  normalspurige  Eisenbahnen  untergeordneter  Bedeutung.  Von 
R.  Bennecke.  Berlin  1890.  Selbstverlag.  Zu  beziehen  durch  die 
Buchhandlung  von  A.  Seydel  in  Berlin,  Mohrenstrafse  9.  100  S. 

Folio  in  Umdruck  mit  Abbildungen.  Preis  10  JL. 

Die  Aufstellung  von  Tafeln  der  vorliegenden  Art  wird  dadurch 
erheblich  erschwert,  dafs  überall  verschiedene  Querschnittsabmessun¬ 
gen  im  Gebrauch  sind,  sodafs  selbst  bei  den  elf  preufsischen  Eisenbahn- 


directionen  nicht  weniger  als  elf  verschiedene  Querschnitte  für  Neben¬ 
bahnen  vorgeschrieben  sind.  Bei  diesen  schwankt  die  Planumsbreite 
zwischen  4  und  4,6  m,  das  gewöhnliche  Grabenmafs  zwischen  0,3/0,3 
und  0,4/0,6  und  folglich  die  Abtragssohle  zwischen  6,6  und  8,2  m. 
Da  ein  alle  diese  Verhältnisse  berücksichtigendes  Tafelwerk  zu  um¬ 
fangreich  und  kostspielig  geworden  wäre,  so  hat  der  Verfasser  sich 
darauf  beschränkt,  für  die  vier  Planumsbreiten  von  4,0  —  4,2  —  4,4 
—  4,6  und  für  die  vier  Abtragssohlen  von  6,4  —  6,6  —  7,5  —  8,2 
Tafeln  zu  berechnen,  wodurch  die  Muster  der  Directionen  Köln 
(linksrh.),  Frankfurt,  Erfurt  sowie  sehr  angenähert  diejenigen  von 
Altona  und  Breslau  berücksichtigt  sind.  In  den  Tafeln  sind  die 
Auftrags-  und  Abtragsquerschnitte  sowie  die  Grunderwerbsbreiten 
für  Höhenunterschiede  von  5  zu  5  cm  und  für  13  Querneigungen  von 
1  :  CO  bis  1  :  2  angegeben.  Die  zur  Berechnung  benutzten  Formeln 
sind  nebst  der  zu  Grunde  gelegten  Querschnittszeichnung  am  Kopfe 
jeder  Tafel  beigefügt. 

Obwohl  man  mit  Recht  das  zeichnerische  Verfahren  bei  den  all¬ 
gemeinen  Vorarbeiten  in  immer  umfangreicherem  Mafse  anwendet, 
so  wird  doch  bei  den  ausführlichen  Vorarbeiten  oft  eine  genauere 
Ermittlung  der  Querschnittsgröfsen  erwünscht  sein,  wie  solche  die 
vorliegenden  Tafeln  bei  gleichmäfsiger  Querneigung  ohne  das  zeit¬ 
raubende  Aufträgen  der  Querschnitte  gestatten.  Besondere  Sorgfalt  ist 
auf  die  gemischten  Querschnitte  verwendet,  d.  h.  diejenigen,  in  welchen 
Auf-  und  Abtrag  gleichzeitig  verkommen,  welche  sich  bei  starker 
Querneigung  bis  auf  2  m  Damm-  und  Einschnittshöhe  erstrecken, 
und  deren  genaue  Ermittlung  bei  dem  zeichnerischen  Verfahren 
Schwierigkeiten  verursacht.  Eine  Tafel  über  den  Zuwachs  der  Ahtrags- 
querschnitte  bei  vergröfserter  Grabentiefe,  sowie  eine  Tafel  der  Inhalte 
der  Wegerampen  dürften  als  willkommene  Zugabe  betrachtet  werden. 

Bezüglich  der  Zuverlässigkeit  giebt  der  Verfasser  an,  dafs  die 
Tafeln  mit  Unterschiedsreihen  unter  Vei'gleichung  des  Endergebnisses 
berechnet  seien,  um  einen  Fehler  nahezu  auszuschliefsen.  Das  Buch 
ist  in  sauberem,  übersichtlichem  Umdruck  bei  Bogdan  Gisevius  in 
Berlin  hergestellt.  So  dürfte  dasselbe  wohl  geeignet  sein,  eine  bisher 
vorhandene  Lücke  auszufüllen  und  durch  Zeitersparnifs  Nutzen  zu 
stiften.  C. 

YViderstaiKlsmoniente  und  Gewichte  genieteter  Träger  von 
C.  Scharowsky,  Civilingenieur  in  Berlin.  Leipzig  1890.  Otto 
Spamer.  VHI  u.  83  S.  in  Folio.  Preis  8.JG 

Das  vorliegende  Werk  enthält  auf  83  Folioseiten  Tafeln  der 
Widerstandsmomente  und  Gewichte  genieteter  Träger  für  32  000  ver¬ 
schiedene  Querschnittsformen,  bei  deren  Ausbildung  die  Normal¬ 
profile  für  Winkeleisen  von  50  bis  130  mm  Schenkelbreite  und  Gurt- 
platten  in  sechs  verschiedenen  Breiten  und  den  Gesamtdicken  von 
5  bis  39  mm  zu  Grunde  gelegt  sind.  Die  Trägerhöhen  sind  von  50 
zu  50  mm  abgestuft.  In  der  Einleitung  ist  gezeigt,  wie  die  Wider¬ 
standsmomente  und  Gewichte  für  die  dazwischen  liegenden  Höhen 
durch  Einschaltung  bestimmt  werden  können;  auch  findet  sich  da¬ 
selbst  eine  Hülfstafel  zur  Ermittlung  des  Einflusses  einer  Aenderung 
der  Stegdicke.  Ueber  die  Berechnung  der  Tafeln  sagt  das  \  orwort, 
die  Widerstandsmomente  seien  so  bestimmt  worden,  dafs  zu  den  auf 
drei  Decimalen  genau  berechneten  Widerstandsmomenten  der  Träger 
ohne  Gurtplatten  die  Widerstandsmomente  der  letzteren  addirt  worden 
seien.  Diese  Angabe  scheint  indessen  auf  Irrthum  zu  beruhen;  denn 
das  bezeichnete  Verfahren  ist  selbstverständlich  nicht  genau  und 
würde  insbesondere  für  die  niedrigeren  Querschnitte  ziemlich  be¬ 
deutende  Fehler  zur  Folge  haben.  Thatsäcblich  sind  jedoch  aus  dieser 
Quelle  herrührende  Fehler  in  den  Tafeln  —  soweit  einige  Stichproben 
hierüber  Aufschlufs  geben  —  nicht  vorhanden.  Es  unterliegt  keinem 
Zweifel,  dafs  die  Tafeln  beim  Entwerfen  eiserner  Träger  vorzügliche 
Dienste  leisten  können  und  daher  eine  werthvolle  Ergänzung  der  bereits 
vorhandenen  Werke  ähnlicher  Art  bilden.  —  Z.  — 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich :  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


393 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin^  30.  September  1890.  Nr.  38. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark 

INHALT:  Amtliches:  Personal  -  Nachrichten.  —  Gutachten  und  Berichte. 
Bau  einer  Garnisoukirche  in  Strafsburg  i.  E.  —  Nichtamtliches:  Preisbewerbuug  um 
das  „Strandschlofs“  in  Colberg.  —  Neuere  Schnelldampfer  der  Handels-  und  Kriegs¬ 
marine  nebst  deren  Motoren.  —  Preisbewerbung  für  das  Kaiser  Wilhelm-Denkmal 

der  Provinz  Westfalen  (Schlufs).  —  Gestaltung  und  Wirkungsweise  der  AVasser- 
Prellböcke  (Wasserpuffer).  —  Vermischtes:  Stilfrage.  —  Einflufs  der  Fahr¬ 
geschwindigkeit  auf  die  Beanspruchung  eiserner  Brücken.  —  Stadtbahn  in  Baltimore. 
—  Bücherschau. 

Amtliche  IM 

Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Geheimen 
Regierungsrath  und  Oderstrom- Bau director  Bader  in  Breslau  und 
dem  Geheimen  Regiei-ungsrath  Koch,  Regierungs-  und  Baurath  bei 
der  Regierung  in  Posen,  den  Rothen  Adler -Orden  HI.  Klasse  mit 
der  Schleife,  dem  Regierungs-  und  Baurath  Baumert,  Mitglied  der 
Königlichen  Eisenbahn-Direction  in  Bromberg,  dem  Regierungs-  und 
Baurath  Wollanke,  ständigem  Hülfsarbeiter  bei  dem  Königlichen 
Eisenbahn-Betriebs-Amte  in  Görlitz,  dem  Eisenbahn -Bau-  und  Be¬ 
triebsinspector  Baurath  Glünder,  Vorsteher  der  Eisenbahn -Bau- 
inspection  in  Glatz  und  dem  Landes -Baurath  Wolff  in  Posen  den 
Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse  und  dem  Landes -Baurath  Keil  in 
Breslau  den  Charakter  als  Geheimer  Baurath  zu  verleihen. 

Versetzt  sind:  der  Eisenbahn -Bauinspector  Domschke,  bisher 
in  Fulda,  als  Vorsteher  der  Hauptwerkstätte  nach  Frankfurt  a.  M. 
und  der  Eisenbahn-Maschineninspector  Kirchhoff,  bisher  in  Frank¬ 
furt  a.  M.,  als  Vorsteher  der  Hauptwerkstätte  nach  Fulda. 

Der  Königliche  Regierungs -Baumeister  Hin  in  Coblenz  ist  zum 
Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  unter  Verleihung  der  Stelle 
eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn-Be¬ 
triebs-Amte  daselbst  ernannt  worden. 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Michael 
Schiller  in  Zerbst  (Anhalt)  und  Tietzen  in  Cüstrin  ist  die  nach¬ 
gesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienste  ertheilt  worden. 

ittheilungen. 

Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  und  König  haben  Allergnädigst  ge¬ 
ruht,  im  Namen  des  Reichs  den  bisherigen  Eisenbahn-Bau-  und  Be- 
triebsinspector  Baurath  Karl  Ottmann  zum  Eisenbahn -Betriebs- 
Director  mit  dem  Range  eines  Rathes  IV.  Klasse  in  der  Verwaltung 
der  Reichseisenbahnen  in  Elsafs- Lothringen  zu  ernennen,  sowie  den 
Lehrern  an  der  Marine -Akademie  und  -Schule,  Dr.  phil.  Zielcke 
und  Marine- Maschinenbaumeister  Busley  in  Kiel,  den  Charakter 
als  Professor  zu  verleihen. 

Dem  Betriebs -Director  Ottmann  ist  die  Verwaltung  des  Be- 
triebsdirectionsbezirkes  in  Colmar  übertragen  worden. 

Der  bisherige  Eisenbahn  -  Baumeister  Karl  Kaeser  ist  zum 
Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  bei  der  Verwaltung  der  Reichs- 
Eisenbahnen  in  Elsafs -Lothringen  ernannt  und  demselben  die  Ver¬ 
tretung  des  Vorstehers  des  bautechnischen  Bureaus  der  Kaiserlichen 
General-Direction  in  Strafsburg  übertragen. 

Der  Marine -Bauführer  Fränzel  ist  auf  seinen  Antrag  aus  dem 
Marinedienste  ausgeschieden. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  Ingenieur  I.  Klasse  Georg  Wies  er  in  Rastatt  mit  Wirkung  vom 
1.  October  d.  J.  unter  Verleihung  des  Titels  Bezirksingenieur  zum 
Vorstand  der  Wasser-  und  Strafsenbauinspection  Achern  zu  ernennen. 

Gutachten  und  Berichte. 


Bau  einer  Grarnisonkirche  in  Strafsburg  i.  E. 

Entwurf  des  Regierungs -Baumeisters  L.  Müller  in  Frankfurt  a.  M. 

Grutachten  der  Königlichen 


Berlin,  den  13.  Juni  1890. 

Infolge  eines  öffentlichen  Wettbewerbs  ist  das  vorliegende  Pro- 
ject  des  Regierungs-Baumeisters  Müller  in  Frankfurt  a.  M.  mit  einem 
zweiten  Preise  bedacht  und  vorbehaltlich  der  Abänderungen,  welche 
vom  Preisrichter- Collegium  empfohlen  bezw.  mittels  Verfügung  des 
Kriegsministeriums  vom  8.  Februar  1890  vorge schrieben  wurden,  für 
die  Ausführung  bestimmt  worden.  Durch  den  Erlafs  des  Herrn 
Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  vom  23.  Mai  d,  J.  (Nr.  III  10414) 
ist  der  Akademie  des  Bauwesens  der  hiernach  umgearbeitete  Entwurf 
zur  Begutachtung  zugefertigt  worden,  welche  in  der  Sitzung  der 
Hochbau- Abtheilung  vom  3.  Juni  d.  J.  erfolgt  ist.  Dabei  wurde  von 
einer  Beurtheilung  des  Concurrenz-Entwurfs  in  seiner  ursprünglichen 
Gestalt  abgesehen  und  die  Prüfung  auf  die  abgeänderte  Vorlage  be¬ 
schränkt. 

Der  Grundrifs  zu  ebener  Erde  zeigt  im  allgemeinen  eine 
gute  Disposition,  insofern  eine  erhebliche  Anzahl  guter  Sitzplätze  in 
zulässiger  Entfernung  von  der  Kanzel  um  letztere  gruppirt  ist  und 
die  Gänge  und  Thüren  zweckmäfsig  vertheilt  sind.  Es  mufs  indessen 
als  ein  Mangel  bezeichnet  werden,  dafs  bis  zu  13  Plätze  nur  von 
einer  Seite  zugänglich  sind,  weshalb  noch  Nebengänge  anzuordnen 
sein  werden:  a)  an  den  Wänden  der  Querschiffe,  b)  an  den  Innen¬ 
seiten  der  Pfeiler.  Die  Thürweiten  entsprechen  in  ihrer  Gesamtheit 
zwar  nicht  den  für  preufsische  Staatsbauten  z.  Z.  bestehenden  Vor¬ 
schriften,  welche  die  Thürweiten  von  der  Zahl  der  Kirchenbesucher 
abhängig  machen,  namentlich  dann  nicht,  wenn  auch  die  Stehplätze 
hinzugerechnet  werden.  Indessen  nimmt  die  Akademie  des  Bau¬ 
wesens  an,  dafs  angesichts  der  straffen  Ordnung,  die  in  einer 
Garnisonkirche  herrscht,  über  solche  Bedenken  schon  eher  hinweg¬ 
gesehen  werden  kann.  Der  Emporen-Grundrifs  zeigt  bezüglich 
der  Zugänglichkeit  der  Sitze  noch  schlimmere  Mängel  als  die  eben¬ 
erdige  Anlage.  Auch  hier  sind  weitere  Gänge  nöthig:  a)  an  den 
Wänden  des  Querschiffs,- b)  in  der  Mitte  der  Orgel-Empore. 


Akademie  des  Bauwesens. 

Die  Treppen  haben  zusammen  rund  7  m  Breite,  entsprechen 
also  den  bestehenden  Vorschriften,  sind  aber  zusammengerechnet 
breiter,  als  die  Ausgänge,  was  kaum  zulässig  bleibt.  Es  darf  mit 
Rücksicht  auf  die  Unbrauchbarkeit  breiter  Wendeltreppen  mit 
dünner  Spindel  empfohlen  werden,  die  Breite  der  Treppenläufe  auf 
1  m  einzuschränken,  dafür  aber  die  Spindelweite  so  grofs  wie  möglich 
anzuordnen. 

Die  innere  Raumtheilung  ist  hinsichtlich  der  künstlerischen  Wir¬ 
kung  eine  gute,  sie  wird  bei  passender  Behandlung  stattlich  und 
grofsartig  sowie  malerisch  reizvoll  sich  gestalten  können.  Indessen 
darf  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  das  akustische  Ergebnifs  als 
unsicher  bezeichnet  werden  mufs.  Fast  alle  Kirchen  ähnlicher  Art 
sind  für  die  Predigt  äufserst  ungünstig.  Jedenfalls  mufs  empfohlen 
werden,  so  weitgehend  wie  möglich  vorbeugende  Mafsregeln  zu  treffen, 
um  durch  möglichst  weitgehende  Schallzerstreuung  das  Uebel  wenig¬ 
stens  einzuschränken.  Zu  solchen  gehören:  a)  eine  reichere  Gewölbe- 
theilung  mit  starkbusigen  Kappen,  b)  gebrochene  Wände,  wo  dies 
angängig,  c)  rauhe  Flächen  des  Putzes  bezw.  bei  Ziegelbau  (Gewölbe) 
offene  Fugen  eventl.  gerillte  Steine. 

Die  Beleuchtung  ist  im  allgemeinen  ausreichend,  wenn  helle 
Ausmalung  und  lichte  Verglasung  vorausgesetzt  wird.  Immerhin 
wird  die  Mitte  der  Vierung  als  etwa  19  m  von  den  Lichtquellen  ent¬ 
fernt  eher  eine  Vermehrung  als  eine  Verminderung  der  lichtgebenden 
Flächen  bedingen.  Ungenügend  ist  die  Beleuchtung  der  Räume 
unter  der  Querschiff-Empore.  Die  hinteren  kleinen  Fenster  sind 
nutzlos,  es  müssen  mehr  und  gröfsere  seitliche  Lichtöffnungen  an¬ 
geordnet  werden.  Besonders  ungünstig  ist  die  rückseitige  Beleuch¬ 
tung  des  Orgelwerks  deshalb,  weil  die  Thurmfaqade  nach  Süden 
liegt.  Die  Orgel  wird  an  dieser  Stelle  unter  den  starken  Temperatur¬ 
schwankungen,  welche  durch  wechselnde  Sonnenbestrahlung  eintreten 
müssen,  in  ihrem  klingenden  Werk  nothwendig  leiden  und  mufs  unter 
allen  Umständen  entweder  a)  verlegt  oder  b)  in  zwei  Hälften  zer- 


394 


Cenrralblatt  der  Bauverwaltung. 


20.  Sqitemlter  1800. 


ilieilt  Tverden,  welche  im  Schatten  liegen,  oder  es  müfste  c)  die  grofse 
Fensterrose  an  dieser  Stelle  überhaupt  fortfalleu.  Bei  der  Anlage 
elektrischer  Orgeln  ist  die  Stelle  des  Spielers  vom  W erk  unabhängig, 
daher  ein  anderes  Arrangement  leicht  zu  treffen. 

Im  Aeufseren  hat  die  Architektur  der  Kirche  im  Vergleich 
zum  Concurrenz-Entwurfe  theils  gewonnen,  theils  an  Eeiz  eingebüfst. 
Gewonnen  durchweg  in  formaler  Beziehung  und  in  der  Ueberwindung 
der  im  ersteren  Entwurf  stark  vorherrschenden  Küchteruheit.  Ge¬ 
wonnen  in  der  Contour  durch  das  Abrücken  der  Thürme  vom  Quer¬ 
schiff'  und  die  Anlage  eines  dritten  Joches.  Verloren  dagegen  durch 
die  flacher  gestaltete  Thurmfaeade  gegenüber  der  gruppirten  Anord¬ 
nung  derselben  im  Concurrenz-Project.  Die  Akademie  des  Bau¬ 
wesens  empfiehlt,  eine  ausdrucksvollere  Eeliefwirkuug  der  Fa^ade 
dadurch  anzustreben,  dafs  a)  die  Thürme  an  den  Ecken  mehr  zu¬ 
sammengehalten  werden  und  weniger  zerklüftete  Baumassen  erhalten, 
bl  das  Mittelschiff'  soweit  vorgerückt  wird,  wie  sieh  aus  einer  solchen 
Abänderung  in  natürlicher  Weise  erreichen  läfst.  Das  schlanke 
Herausziehen  der  Thurmspitzen  in  Stein  ist  unrichtig  und  nur  für 
Eisen  oder  Holz  mit  Bedachung  anwendbar. 


Die  Inuen-Architektur  ist  noch  etwas  nüchtern;  eine  auch 
in  akustischer  Hinsicht  zu  empfehlende  reichere  Behandlung  der 
Gewölbe,  sowie  ein  besseres  Abwägen  der  Verhältnisse  der  Gurt- 
liuien  von  Mittelschiff’  und  Seitenschiff’  zu  einander  wird  nöthig  sein. 

Die  Construction  anlaugend,  so  wird  eine  genaue  Prüfung 
einzelner  Theile  der  Bauanlage  in  statischer  Beziehung  erforderlich 
werden.  Insbesondere  wird  hier  auf  folgende  Punkte  aufmerksam 
gemacht:  a)  die  wegen  des  schiefen  Schubs  bedenklich  in  Anspruch 
genommenen  Vierungs- Pfeiler,  b)  die  nach  einer  annähernden  Be¬ 
rechnung  überlasteten  inneren  Thurmpfeiler,  c)  die  in  ihren  unteren 
Theilen  bei  weitem  nicht  ausreichenden  Strebepfeiler  der  Seitenschiff’e, 
welche  auch  dem  Schub  der  Mittelschiff’-Gewölbe  zu  begegnen  haben. 
Der  Spanubogeu  zwischen  den  Thurmpfeilern  durchbricht  das  zweite 
sechstheilige  Gewölbe  unschön.  Es  wird  daher  empfohlen,  die 
11  2  sechstheiligen  Gewölbe  des  Mittelschiff’s  in  drei  ganze  Gewölbe 
umzuwandelu  und  das  der  Orgel  hinter  dem  Spannbogen  besonders 
zu  gestalten. 

Königliche  Akademie  des  Bauwesens. 

Schneider. 


fAUe  Eeclite  vorliehalten.} 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redactenre:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Preisljewerbiiiig  um  das  ..Straiidsclilofs^*  in  Colberg, 


Die  Stadt  Colberg,  deren  heilkräftige  SooT  und  C)stseebäder  sich 
eines  stark  steigenden  Zuzuges  von  Curgästen  erfreuen,  geht  damit 
um.  an  Stelle  des  bescheidenen  alten  Strandschlosses  ein  neues,  den 
gxöfseren  Anforderungen  der  Xeuzeit  entsprechendes  Curhaus  zu  er¬ 
bauen.  Sie  hat  zur  Gewinnung  von  Bauplänen  einen  vor  kurzem 
durch  den  Spruch  des  Preisgerichts  beendeten  öff’entlichen  Wettbewerb 
veranstaltet,  dessen  Ergebnifs  bereits  auf  Seite  347  dieses  Blattes 
mitgetheilt  ist.  Die  ge¬ 
stellte  Aufgabe  bot  einen 
aufsergewöhnlichen  Eeiz  so¬ 
wohl  durch  das  Baupro¬ 
gramm  an  sich  als  auch 
durch  die  eigenartigen  Vor¬ 
züge  des  Bauplatzes,  der 
an  der  Strandschlofsplatte, 
dem  Mittelpunkte  des  leb¬ 
haften  Badeverkehrs,  zwi¬ 
schen  schönen  Parkanlagen 
am  Strande  des  Meeres  ge¬ 
legenist.  Das  Bauprogramm 
verlangte  eine  Vereinigung 
grofsartiger  Gesellschafts¬ 
räume  mit  einer  gröfseren 
Anzahl  namentlich  solcher 
Logirzimmer.  welche  sich 
des  freien  Ausblicks  auf 
das  Meer  erfreuen.  Unter 
den  geforderten  Eäumen 
steht  ein  grofser,  mit  Gale- 
rieen  auszustattender  Con- 
certsaal  voran,  der  die  be¬ 
deutende  Zahl  von  20d0Per- 
sonen  fassen  können  soll. 

Erharden  doppelten  Zweck, 
eine  möglichst  allgemeine 
Theilnahme  an  denKünstler- 
concerten  sowie  die  Abhal¬ 
tung  der  Cnrconcerte  bei 
Eegenwett  er  zu  ermöglichen. 

Ihm  folgen  ein  Tanz-  und 
Speisesaal  für  500  Personen 
und  eine  Eeihe  verschieden¬ 
artiger  Gesellschaftsräume  —  Unterhaltungssaal,  Lese-,  Spiel-,  Billard-, 
Musikzimmer  —  nebst  den  erforderlichen  VorhaEen,  Kleidergelassen 
und  sonstigen  Xebenräumen.  Unter  letzteren  ist  namentlich  den 
'S  eranden  ein  grofser  Werth  beizumessen,  welche  den  Curgästen 
Gelegenheit  geben  sollen,  auch  bei  rauherem  und  regnerischem 
Wetter  im  Freien  zu  sitzen.  Die  Zahl  der  Logirzimmer  war  auf 
100  festgesteUt;  ferner  waren  für  den  zu  Zeiten  aufserordentlich 
gesteigerten  wirthschaftlichen  Betrieb  die  erforderlichen.  Küchen¬ 
räume  verschiedener  Art,  Eiskeller,  Stallungen  für  sechs  Pferde  und 
ein  grofser,  abgeschlossener  Wirthschaftshof  verlangt:  endlich  Woh¬ 


nungen  des  Wirthes  und  des  zahlreichen  Hauspersonals.  Als  eine 
.erschwerende  Bedingung  war  die  Forderung  gestellt,  dafs  das  vor¬ 
handene  Strandschlofs  während  des  Baues  erhalten,  und  der  Bade¬ 
verkehr  durch  den  Bau  nicht  unterbrochen  werden  solle. 

Der  Wettbewerb,  zu  welchem  neun  meist  sehr  tüchtig  durchgebil¬ 
dete  Arbeiten  eingesandt  waren,  hat,  wenn  er  auch  keinen  zur  un¬ 
mittelbaren  Ausführung  reifen  Plan  hervorgebracht  hat,  in  erfreulicher 

Weise  IHarheit  darüber  ge- 
sehaff’en,  in  welcher  Eich- 
tung  die  Lösung  der  Auf¬ 
gabe  zu  suchen  ist.  Es 
wird  demnach  keine  grofsen 
Schwierigkeiten  mehr  bie¬ 
ten  können,  einen  befrie¬ 
digenden  endgültigen  Bau¬ 
plan  aufzustellen.  Insbe¬ 
sondere  hat  sich  hinsicht¬ 
lich  der  Gruppirung  der 
Eäume  ergeben,  dafs  die 
Logirzimmer  von  den  der 
allgemeinen  Benutzung  die¬ 
nenden  Eäumen  möglichst 
abzusondem  und  in  selb¬ 
ständigen  Gebäudeflügeln 
unterzub ringen  sein  werden. 
Für  eine  solche  Abtrennung 
sprechen  in  gleicher  W eise 
die  Xothwendigkeit,  die  Be¬ 
wohner  der  Logirzimmer 
gegen  den  unvermeidlichen 
Lärm  der  Gesellschafts¬ 
räume  zu  schützen  und  die 
Anforderungen  eines  er¬ 
leichterten  wirthschaftlichen 
Betriebes.  Der  Zugang  zu 
dem  Logirflügel  wird  au 
einer  der  Strandschlofs¬ 
platte  abgewandten  Seite 
des  Gebäudes,  wo  er  mit 
dem  lebhaften  V  erkehr 
auf  dieser  nicht  in  stö¬ 
rende  Berührung  kommen 
kann,  zu  suchen  sein,  also  an  der  Ostseite  oder  der  Südost¬ 
ecke  des  verfügbaren  Bauplatzes,  Für  die  Gesellschaftsräume 
mufste  eine  Lage  im  Anschlufs  an  das  Logirhaus  mit  dem 
Blick  auf  das  Meer  einerseits  und  an  der  Strandschlofsplatte  — 
hier  zwar  vorherrschend  —  anderseits  als  die  geeignetste  erscheinen, 
wobei  sie  den  Gästen  des  Logirhauses  und  den  sonstigen  Curgästen 
gleich  leicht  zugänglich  sind.  Dem  Tanzsaal  wird  ferner  sein  Platz 
neben  den  GeseUschaftsräumen  an  der  Strandschlofsplatte  anzuweisen 
sein,  und  ebenso  dem  Concertsaal,  der  also,  möglichst  weit  entfernt 
von  den  Wohuräumen,  den  Schlufspunkt  der  Entwicklung  bilden 


Xorden. 

Strandsehlofs  in  Colberg. 

Entwurf  von  Pogge,  Spaldiug  u.  Greiiauder.  1.  Preis. 


Xr.  38. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


.595 


würde.  Er  müfste  seinen  hauptsächlichen  Zugang  gleichfalls  an  der 
Seite  der  Strandschlofsplatte  finden,  wennschon  er  eine  etwas  ab- 
gerücktere  Lage  erhalten  kann. 

Nach  diesen  Gesichtspunkten  sind  in  verwandter  Art  die  Grund¬ 
risse  der  beiden  an  erster  Stelle  preisgekrönten  Arbeiten  mit  den  Kenn¬ 
worten  „Vineta“  (Architekten  Reg.-Baumeister  Pogge,  Spalding 
und  Grenander)  und  .Nettelbeck“  (Architekten  Höniger  und  Jakob 
Sedelmeyr)  entworfen  worden.  „Vineta“  zeigt  dabei  eine  beson¬ 
ders  gelungene,  streng  architektonische  Zusammenlegung  der  beiden, 
im  wesentlichen  sehr  schön  gestalteten  Säle  mit  den  Gesellschafts¬ 
räumen,  sodafs  dieselben  ein  geschlossenes  Ganzes  bilden  und  in 
beliebiger  Weise  getrennt  oder  zusammengenommen  benutzt  werden 
können.  In  letzterem  Falle  dürften  sie  weitgehenden  Anforderungen 
auch  bei  sehr  grofsartigen  Festlichkeiten  genügen.  Gleichfalls  in 
zweckmäfsiger  Lage,  aber  nicht  so  schön  schliefsen  sich  die  Gesell¬ 
schaftsräume  und  Säle,  deren  Ausbildung  auch  im  einzelnen  zu  wün¬ 
schen  übrig  läfst,  bei  .Nettelbeck“  zusammen ;  doch  zeigt  die  gesamte 
Grundrifsform  hier  den  Vorzug,  dafs  die  Gebäudemassen  an  der  Nord- 
West-Ecke,  gerade  im  Gegensatz  zu  .Vineta“,  wo  die  Ecke  kräftig 
nach  Norden  vorspringt,  eine  etwas  zurückgeschobene  Lage  erhalten 
haben.  Hierdurch  wird  die  Möglichlickeit,  sowohl  an  der  Seite  der 
Strandschlofsplatte  als  auch  nach  dem  Meere  zu  mit  einander 
zusammenhängende  und  einen  angenehmen  Ausblick  gewährende,  ge¬ 
deckte  Sitzplätze  zu  schaffen,  am  besten  erreicht;  auch  wird  den 
Logirzimmern  dabei  die  Aussicht  auf  das  Meer  und  besonders  auf 
den  Abendhimmel  mit  dem  herrlichen  Schauspiel  der  untergehenden 
Sonne  am  besten  offen  gehalten.  Der  architektonische  Aufbau  ist 
bei  beiden  Entwürfen  mit  vielem  Geschick  der  bewegten  Grundrifs¬ 
anordnung  entsprechend  lebhaft  gruppirt.  Die  Durchbildung  in 
freien  Eenaissanceformen  mit  steilen  Dächern,  Giebeln  und  Thürmen 


ist  gesund  und  fi-isch,  und  besonders  zeigt  .Vineta“  eine  der  Auf¬ 
gabe  und  den  örtlichen  Verhältnissen  wohl  angepafste,  sich  dem 
Holländischen  nähernde  Auffassung. 

Bei  dem  an  dritter  Stelle  ausgezeichneten  Entwürfe  mit  dem  Kenn¬ 
wort  .Im  letzten  Moment“  (Arch.  Puttfarken  und  Janda)  sind 
die  Gesellschaftsräume  in  die  (nördlichej  Meeresfront  verlegt  worden, 
in  deren  Mittelachse  die  beiden  grofsen  Säle  hinter  einander,  und 
zwar  in  verschiedener  Höhenlage,  angeordnet  sind.  So  eigenartig  dieser 
Gedanke  auch  sein  mag,  und  so  grofsartig,  in  festlicher  Renaissance- 
Architektur,  sich  die  Fronten  dabei  auf  bauen,  kann  eine  solche 
Lösung  für  die  Ausführung  doch  kaum  in  Frage  kommen.  Denn  sie 
trägt  den  örtlichen  Verhältnissen  nicht  Rechnung  und  leidet  auch 
daran,  dafs  das  Logirhaus  in  nicht  zu  rechtfertigender  Weise  in  zwei 
stark  von  einander  getrennte  Theile  zerlegt  ist. 

Die  übrigen  Entwürfe,  bis  auf  einen  einzigen,  bei  welchem  die 
Erhaltung  des  alten  Strandschlosses  während  der  Bauausführung 
nicht  gesichert  war,  suchten  die  Lösung  mit  geschlossenen  Grund¬ 
rifsformen. 

Sie  zeigen  daher  in  mehr  oder  weniger  ausgesprochener  Weise 
die  Uebelstände  eingeschlossener  Höfe  und  unzulänglicher  Beleuch¬ 
tung  und  Lüftung  sowie  einer  Zerstreuung  der  Logirzimmer  auf 
den  ganzen  Umfang  des  Gebäudes.  Da  auch  die  grofsen  Säle  hier¬ 
bei  mit  den  übrigen  Räumen  eng  zusammengebaut  und  namentlich 
der  Concertsaal  in  das  Innere  des  Gebäudes  verlegt  werden  mufste, 
so  wäre  die  Ruhe  der  Logirzimmer  unvermeidlich  stark  gestört 
worden;  derartige  Grundrifslösungen  mufsten  also  schon  aus  diesem 
Grunde  als  unannehmbar  erscheinen.  Auch  die  Architektur  dieser 
Entwürfe  entsprach  der  freien,  halb  ländlichen  Lage  des  Baues  wenig 
und  zeigte  vorwiegend  den  Charakter  städtischer  Bauten  auf  eng 
umschlossenen  Bauplätzen.  E — . 


Die  neueren  Schnelldampfer  der  Handels-  und  Kriegsmarine  nebst  deren  Motoren.* 


Die  Schnelldampfer  sind  älter  als  die  Uebersee- Postdampfer. 
Bereits  gegen  Ende  der  dreifsiger  Jahre  gab  es  auf  den  grofsen 
americanischen 
Strömen  einen 
Schnelldampferver  - 
kehr,  dessen  höchste 
Blüthe  durch  die 
auf  dem  Hudson 
verkehrenden 
Dampfer  (New 
World  und  andere) 
in  die  Erscheinung 
trat ,  welche  die 
120  Seemeilen  lange 
Strecke  von  New- 
York  nach  Albany 
mit  einer  durch¬ 
schnittlichen  Ge¬ 
schwindigkeit  von 
17  — 17,5  Knoten 
zurücklegten.  Diese 
Dampfer  besafsen 
noch  Kessel  mit 
Zügen,  welche  sie 
mit  Unterwind, 
unter  Beuirtzung 
grofser  Flügelrad¬ 
gebläse  betrieben, 
und  dadurch  bis  zu 
200  kg  Kohlen  auf 
das  Quadratmeter 
Eostffäche  ver¬ 
brannten  —  eine 
Leistung ,  welche 
auch  heute  noch 
nur  von  den  Tor¬ 
pedobooten  über- 
troff’en  wird.  Der  Schnelldampferverkehr  erlag  in  den  fünfziger 
Jahren  dem  Wettbewerb  der  Eisenbahnen.  Die  ersten  regelmäfsig 
fahrenden  L'ebersee-Dampfer  (Cunard-Linie)  weisen  dagegen  nur  eine 
Durchschnittsgeschwindigkeit  von  8^  4  bis  8^  ■>  Knoten  auf,  und  erst 
der  Vorliebe  des  türkischen  Sultans  Abdul  Aziz  für  schnellfahrende 
Dampfyachten  blieb  es  Vorbehalten,  in  England  die  Anregung  zum 


*)  Nach  einem  Vortrage  des  Kaiserl.  Marine-Maschinenbaumeisters 
Prof.  Busley  in  Kiel,  gehalten  auf  der  IX.  Wanderversammlung  des 
Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieurvereine  in  Hamburg. 


Bau  von  Schnelldampfern  zu  geben.  Die  im  Jahre  1864  für  ihn  er¬ 
baute  Yacht  „Isselin“  lief  16,5  Knoten,  ihr  folgte  1865  die  „Perteri 

Neylach“  (Penn- 
sche  Maschinen)  mit 
17,5  Knoten  und 
1866  die  gröfsere 
Yacht  „Mahnusch“ 
mit  18,5 Knoten,  das 
damals  schnellste 
Dampfboot  der 
Welt. 

Bis  zum  Jahre 
1876  ruhte  nun  der 
Bau  der  Schnell¬ 
dampfer,  in  wel¬ 
chem  Jahre  Thor- 
nycroft  mit  der  auf 
seiner  Werft  in 
Chiswick  hei  Lon¬ 
don  erbauten  klei¬ 
nen  Dampfyacht 
.Gitana“  einen 
aufserordentlichen 
Erfolg  errang.  Die¬ 
ses  als  Schrauben¬ 
dampfer  herge¬ 
stellte  Schiff’  über¬ 
traf  trotz  seiner 
geringen  Ausmes¬ 
sungen  von  26  m 
Länge  und  30  Ton¬ 
nen  Wasserver¬ 
drängung  mit  einer 
Geschwindigkeit 
von  20,75  Knoten 
alle  bisher  als  Rad¬ 
dampfer  erbauten 

Boote  um  ein  bedeutendes. 

Für  die  nunmehr  vorzunehmende  Besprechung  imserer  heutigen 
Schnelldampfer  ist  es  vortheilhaft,  einen  allen  bekannten  Mafsstab 
einzuführen.  Als  solcher  kann  der  von  Scott  Rüssel  erbaute 
„Great  Eastem“  dienen,  welcher  für  die  Schiffsbau  -  Ingenieure 
auch  heute  noch  als  leuchtendes  und  warnendes  Beispiel  dasteht.  Als 
leuchtendes  Beispiel,  weil  er  zeigt,  wie  man  Schiff’skörper  der  gröfsten 
Abmessungen  mit  vollkommener  Sicherheit  hersteilen  kann,  als  war¬ 
nendes,  weil  er  zeigt,  dafs  selbst  das  Genie  die  praktischen  An¬ 
forderungen  seiner  Zeit  nicht  ungestraft  aus  den  Augen  setzen  darf. 


Strandschlols  in  Colberg. 

Entwurf  von  Pogge,  Spalding  u.  Grenander.  I.  Preis. 


396 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


211.  September  1890 


Der  Great  Easteru,  1859  in  Fahrt  gesetzt,  207  in  in  der  Wasseidinie  | 
lang,  mit  einer  Wasserverdrängung  von  27  400  t  und  7650  indicirten 
Pferdekräften,  lief  14,5  Knoten.  Seine  Gröfse  war  seine  Schwäche, 
denn  abgesehen  davon,  dafs  es  zu  jener  Zeit  kaum  möglich  war,  die 
gewaltige  Zahl  von  Falirgästen  und  Ladung  (800  Fahrgäste  I.  Kl., 
2000  II.  Kl.,  1200  Zwischendeck,  6000  t  Ladung),  welche  derselbe 
fafste,  zusammen  zu  bringen,  war  die  zum  Löschen  und  Laden  er¬ 
forderliche  Zeit  im  Verhältnifs  zur  Reisedauer  zu  lang. 

Die  Anforderungen,  welche  heutigen  Tages  an  die  Schnelldampfer 
der  Handels-  und  Kriegsmarine  gestellt  werden,  sind  für  diese  beiden 
Gattungen  von  Schiffen  wesentlich  verschieden.  Zunächst  sind  durch 
die  Bewaffnung  der  Kriegsschiffe  eigenartige  Formen  des  Schiff¬ 
körpers  bedingt,  und  des  weiteren  kommt  beim  Einbau  der  Maschinen 
und  Kessel  auf  den  Kriegs dampfern  die  geschützte  Lage  derselben, 
gegenüber  feindlichen  Angriffen,  sehr  wesentlich  in  Betracht,  während 
die  Handelsdampfer  bei  diesen  Einbauten  nur  Rücksicht  auf  Raum- 
ersparnifs  und  die  Schwimm-Stetigkeit  des  Schiffes  zu  nehmen  haben. 
Aufserdem  sind  für  ein  kämpfendes  Kriegsschiff'  wesentlich  andere 
Sicherheitseinrichtungen  erforderlich  als  für  ein  Handelsschiff,  wäh¬ 
rend  auf  letzterem  wieder  gröfsere  Ansprüche  an  die  Ausstattung 
und  Behaglichkeit  der  Wohuräume  gestellt  werden. 

Die  Schnelligkeit  der  Uebersee- Dampfer  steigerte  sich  von  der 
im  Jahre  1840  erreichten  Geschwindigkeit  von  8'/4  —  8^2  Knoten 
1850  auf  9,5,  1860  auf  11 — llV'j»  1870  auf  14  und  1880  auf  15^2  Knoten. 
Bei  der  letzteren  Geschwindigkeit  dauerte  die  Ueberfahrt  von  Liver¬ 
pool  nach  New-York  8  Tage. 

Im  .Tahre  1881  begann  die  eigentliche  Schnelldampferfahrt  mit 
der  „Elbe“  des  Norddeutschen  Lloyd  und  englischen  Dampfern, 

1884  erreichten  die  „Eider“  und  „Ems“  und  die  englischen  Dampfer 
„America“,  „Umbria“  und  „Etruria“  eine  Geschwindigkeit  von  17,5 
Knoten,  und  1887  wurde  der  heute  noch  schnellste  Dampfer  des 
Norddeutschen  Lloyd  „Die  Lahn“  mit  18,3 — 18,5  Knoten  Geschwindig¬ 
keit  in  Dienst  gestellt.  Es  folgten  im  Jahre  1888  die  „City  of  New 
York“  und  1889  die  „City  of  Paris“  von  der  Imman-Linie  sowie  die 
Hamburger  Schnelldampfer  „Augusta  Victoria“,  „Columbia“  und 
„Teutonic“  von  der  „White  Star  -  Linie“.  Die  schnellsten  dieser 
Dampfer  laufen  mit  einer  mittleren  Geschwindigkeit  von  19  Knoten 
(35  km  in  der  Stunde)  und  legen  die  eigentliche  Seefahrt  von 

Queenstown  bis  Sandy  Hook  alsdann  in  6  Tagen  zurück.  Die 

schnellste  Reise  hat  bis  jetzt  die  „City  of  Paris“  mit  5  Tagen 

19  Stunden  Oceanfahrt,  20  Knoten  Durchschnittsgeschwindigkeit  und 
einem  besten  Etmal  (Reisestrecke  von  Mittag  bis  Mittag)  von  511 
Seemeilen  oder  21,3  Knoten  (39,5  km)  Fahrgeschwindigkeit,  zurück¬ 
gelegt.  Die  Hamburger  Schnelldampfer  nehmen  wohl  unter  gleich¬ 
zeitiger  Berücksichtigung  ihrer  Schnelligkeit  und  der  Wirthschaft- 
lichkeit  ihres  Betriebes  den  höchsten  Rang  ein.  Die  „Columbia“ 
erreicht  mit  durchschnittlich  12  500  indicirten  Pferdekräfteu  und 
270  Tonnen  täglichen  Kohlenverbrauchs  19,14  Knoten  Fahrt,  während 
die  „City  of  Paris“  19,9  Knoten  mittlerer  Geschwindigkeit  nur  bei 
Steigerung  ihrer  Maschinenleistung  auf  20000  indicirte  Pferdekräfte 
erzielte,  wobei  der  Kohlenverbrauch  etwa  400  Tonnen  täglich  be¬ 
tragen  haben  wird. 

Die  Schnelligkeit  der  Kriegsdampfer  ist  heutigen  Tages  noch 
nicht  so  hoch  gestiegen,  dafs  dieselben  den  neuesten  Schnelldampfern 
mit  Erfolg  nachjagen  könnten;  doch  bauen  die  Engländer  jetzt  zwei 
Kreuzer  „Blake“  und  „Bienheim“,  die  Franzosen  den  „Dupuy  de 
Lome“  und  Deutschland  die  Corvette'  H.  —  Diese  Schiffe  mit  115 
bis  120  m  Länge  erhalten  eine  Maschinenkraft,  welche  sie  befähigt, 
mit  mehr  als  durchschnittlich  20  Knoten  in  der  Stunde  zu  laufen.  — 
Zu  den  augenblicklich  schnellsten  Schiffen  gehören  in  Deutschland 
„Greif“  (Germania -Werft  Kiel  1887),  „Wacht“  (1888  Weser-Werft 
Bremen),  der  spanische  Kreuzer  „Reina  Regente“  und  der  italienische 
Kreuzer  „Piemonte“,  welche  in  England  erbaut  sind.  Von  der  Cor¬ 
vette  H  wird  eine  Geschwindigkeit  von  21 — 22  Knoten  und  von  dem 
gleichfalls  im  Bau  begriffenen  Aviso  „Meteor“  eine  solche  von 
22 — 23  Knoten  erwartet. 

Im  Torpedobootbau  hat  Deutschland  die  anderen  Nationen  über¬ 
flügelt.  Während  die  Franzosen  für  ihre  Boote  nicht  viel  mehr  als 

20  Knoten  erreichen  konnten,  und  selbst  die  Thornycroftschen  Boote 
eine  Geschwindigkeit  von  26  Knoten  nur  au  der  abgesteckten  See¬ 
meile  (1852  m)  liefen,  sind  die  von  Schichau  in  Elbing  für  Rufsland 
gelieferten  Torpedoboote  mit  einer  Geschwindigkeit  von  27  Knoten 
eine  volle  Stunde  gelaufen.  Den  besten  Beweis  für  die  Vortrefflich¬ 
keit  der  deutschen  Arbeit  und  die  beste  Widerlegung  der  Verleum¬ 
dung,  welcher  dieselbe  öfter  in  ausländischen  Blättern  ausgesetzt  ist, 
bieten  die  trotz  französischen  und  englischen  Wettbewerbes  von 
Oesterreich,  Rufsland  und  Italien  bei  Schichau  sich  wiederholenden 
Bestellungen  neuer  Boote. 

Neben  der  Schnelligkeit  kommen  für  den  Bau  der  Schnelldampfer 
die  Anforderungen  der  Stetigkeit,  Wohnlichkeit,  Sicherheit  und  Wirth- 
schaftlichkeit  in  Betracht.  Die  Stetigkeit  verlangt,  dafs  das  Schiff 


seine  aufrechte  Lage  möglichst  wenig  verläfst,  und  dafs  ein  durch 
Sturm  aus  dieser  Lage  gebrachtes  Schiff  mit  sanfter  Bewegung  in 
dieselbe  zurückkehrt.  Abhängig  ist  die  Stetigkeit  von  der  meta- 
ceutrischen  Höhe,  d.  i.  der  Hölie  des  Metacentrums  über  dem  System¬ 
schwerpunkt. 

Die  mit  den  grofsen  Hamburger  Schnelldampfern  zur  Ermittlung 
der  metacentrischen  Höhe  vorgenommenen  Versuche  ergaben  diese 
Höhe  bei  leerem  Schiff  mit  leeren  Kesseln,  Bunkern  und  Doppel¬ 
boden  zu  25  cm,  während  dieselbe  bei  vollen  Kesseln  und  Bunkern 
und  etwa  850  t  Ladung  60  cm  beträgt.  Die  Stetigkeit  der  Hamburger 
Dampfer  ist  somit  dank  ihrer  grofsen  Breite  eine  hervorragende,  denn 
eine  metacentrische  Höhe  von  30  cm  im  beladenen  Zustande  wird  im 
allgemeinen  bereits  für  ausreiehend  erachtet. 

Eine  zu  starke  Vergröfserung  der  metacentrischen  Höhe  ist  je¬ 
doch  nicht  rathsam,  weil  alsdann  das  aufrichtende  Moment  des 
Schiffes  zu  grofs  wird  und  das  Schilf  bei  hohler  See  infolge  dessen 
sehr  stark  schlingert.  Beim  „Great  Eastern“,  welcher  vermöge  seiner 
grofsen  Breite  von  2.5,14  m  eine  metacentrische  Höhe  von  265  cm  be¬ 
sitzt,  zeigte  sich  dieser  Uebelstand  in  hohem  Grade.  Die  Panzer¬ 
schiffe  zeigen  allerdings  ähidiche  metacentrische  Höhen,  weil  sie 
wegen  der  auf  ihren  oberen  Decks  befindlichen  Geschütze,  des 
Panzers  usw.  eines  grofsen  aufrichtenden  Momentes  bedürfen,  und 
die  oben  befindlichen  grofsen  Gewichte  das  Schlingern  ermäfsigen. 
Bei  Handelsschiffen,  wo  die  hauptsächlichsten  Lasten  tief  liegen, 
schreitet  man,  weil  die  Breiten  der  Schiffe  und  damit  die  meta¬ 
centrischen  Höhen  wachsen,  behufs  Verminderung  des  Schlingerns 
zu  immer  höheren  Aufbauten  über  Deck. 

Wohin  es  führt,  wenn  der  Schwimm-Stetigkeit  im  Schiffbau  keine 
genügende  Aufmerksamkeit  zugewandt  wird,  zeigen  die  1889  in  Frank¬ 
reich  mit  den  dort  erbauten  51  Torpedobooten  (35  m  lang,  3,35  m  breit) 
gemachten  Erfahrungen,  da  zwei  dieser  Boote  beim  Auslaufen  aus  dem 
Hafen  kenterten,  und  nunmehr  alle  51  Boote  umgebaut  werden  müssen. 

Eine  stete  Sorgfalt  hat  man  im  Schiffsbau,  namentlich  auch  bei 
der  Handelsmarine,  der  Wohnlichkeit  der  Schiffe  gewidmet.  —  Die 
Deckhöhe  der  Uebersee -Dampfer  ist  von  ursprünglich  2  m  bald  auf 
2'/4  und  jetzt  im  Zwischen-  und  Hauptdeck  auf  nahezu  2V2  m  und 
bei  einigen  Schnelldampfern  für  das  Promenadendeck  auf  2^/4  m  ge¬ 
stiegen.  Der  Durchmesser  der  Seitenfenster  hat  sich  von  200  mm  im 
Zwischendeck  auf  250  mm,  in  den  Salons  auf  400  mm  vergröfsert. 
Auch  die  Lüftung  ist  sehr  verbessert;  die  78  Ventilationsköpfe  der 
„Columbia“  beweisen,  welcher  Werth  auf  dieselbe  gelegt  wird.  In 
Bezug  auf  den  Glanz  der  Ausstattung,  Einrichtung  der  Salons,  Damen¬ 
zimmer  usw.  stehen  die  Hamburger  Schnelldampfer  zur  Zeit  wohl  an 
der  Spitze,  nur  der  6  m  hohe  Speisesaal  auf  den  sonst  verhältnifs- 
mäfsig  einfaeh  ausgestatteten  Dampfern  „City  of  Paris“  und  „City  of 
New-York“  der  Imman-Linie  wird  von  denselben  nicht  erreicht. 

Die  Sicherheit  des  Schiffes  bedingt  einen  so  festen  Bau  des¬ 
selben,  dafs  seine  Verbände  auch  bei  den  stärksten  Beanspruchungen 
eine  Lockerung  nicht  erleiden.  Es  darf  ferner  eine  Verletzung  der 
Aufsenhaut  das  Schiff  nicht  zum  Sinken  bringen ;  dasselbe  mufs  daher 
mit  Doppelböden  und  starken  Lenzpumpen  versehen  sein.  Zur  Ver¬ 
hütung  der  Feuersgefahr  sind  kräftige  Dampfpumpen  und  ein  Druck¬ 
rohrnetz  durch  das  ganze  Schiff  erforderlich.  Endlich  ist  auch  der 
Doppelschrauben  hier  Erwähnung  zu  thun. 

Als  Mitte  der  70er  Jahre  mit  den  Ansprüchen  an  gesteigerte 
Fahrgeschwindigkeit  die  Gröfsenausmessung  der  Schilfe  beträchtlich 
wuchs, wurde  seitens  der  Schiffs-Klassificationsgesellschaften  eineUnter- 
suchung  darüber  veranlafst,  ob  mit  dem  Anwachsen  der  Schiffgröfse  auch 
die  Festigkeit  der  Fahrzeuge  entsprechend  gewachsen  sei.  Der  Unter¬ 
suchung  der  Schiffskörper  wurde  dabei,  wie  auch  jetzt  noch,  der 
Gedanke  zu  Grunde  gelegt,  dafs  das  Schilf  bei  langen  Wellen  nur  in 
der  Mitte  getragen  wird.  Die  gröfsten  Beanspruchungen  müssen  dann 
in  den  oberen  Schiffstheilen  auftreten.  Die  damaligen  grofsen  eisernen 
Dampfer  wiesen  unter  solchen  Voraussetzungen  in  den  oberen  Längs¬ 
verbänden  Biegungsspannungen  von  550—560  kg/qcm  auf,  mehr  als 
doppelt  so  viel  als  die  gleichen  Verbände  kleinerer  Dampfer.  Die 
grofsen  Dampfer  mufsten  daher  zum  Theil  verstärkt  werden.  Zur 
Zeit  werden  die  grofsen  Dampfer  durchweg  mit  Längsspanten  (parallel 
zum  Kiel  an  beiden  Schilfsseiten  von  vorn  bis  hinten  laufenden 
Trägern)  und  aus  Stahl  erbaut.  Bei  den  Hamburger  Dampfern  be¬ 
trägt  die  gröfste  Spannung  in  den  Längsspanten  480  kg/qcm.  Gröfsere 
Kriegsschiffe  sind  immer  nach  dem  bereits  beim  „Great  Eastern“ 
verwandten  Längsspantensystem  erbaut  worden.  Die  neuen  Schnell¬ 
dampfer  bieten  zunächst  durch  ihren  Doppelboden  und  sodann  durch 
die  von  diesem  bis  zum  Hauptdeck  reichenden  Querschotte,  welche 
das  Schiff'  in  wasserdichte  Abtheilungen  zerlegen,  einen  grofsen  Schutz 
gegen  das  Sinken  bei  bedeutenden  Beschädigungen.  Durchgehende 
Längsschotte,  wie  sie  viele  Kriegsdampfer  besitzen,  erhöhen  allerdings 
—  obwohl  sie  den  Nachtheil  haben,  dafs,  falls  bei  einer  Beschädigung 
mehrere  einseitige  Kammern  voll  Wasser  laufen,  das  Schiff  stark  stürzt, 
schwer  fortzubewegen  und  zu  steuern  ist  —  die  Festigkeit  des  Längs- 


air.  38. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung, 


397 


Verbandes  und  die  Theilbarkeit  des  Schiffes.  Es  ist  daher  schon  der 
Vorschlag  gemacht,  die  grofsen  Schnelldampfer  der  Handelsmarine 
mit  zwei  Längsschotten  zu  versehen.  Grofse  Kriegsdampfer  haben 
zuweilen  drei  Längsschotten.  In  jede  wasserdichte  Abtheilung  mündet 
ein  Saugrohr  der  sehr  leistungsfähigen  Lenzpumpen  ein.  Letztere 
sind  bei  den  infolge  ihrer  ungeschützten  Haut  besonders  gefährdeten 
Torpedobooten  imstande,  die  fünf-  bis  sechsfache  Wasserverdrängung 
der  Boote  in  einer  Stunde  auszupumpen. 

Wesentlich  zur  Erhöhung  der  Sicherheit  trägt  das  Doppel¬ 
schraubensystem  bei.  Zwar  sind  mit  der  Anwendung  der  Doppel¬ 
schraube  auch  einige  Nachtheile  verbunden:  nicht  so  bequemes  An¬ 
legen  an  Kaimauern  u.  dgh,  etwas  gröfsere  Kosten  für  die  Maschinen, 
Eohrleitungen  usw.  und  um  10  bis  15  pCt.  erhöhte  Betriebskosten, 
da  der  Betrieb  zweier  kleinen  Maschinen  theurer  ist  als  der  einer 
grofsen.  Diesen  Nachtheilen  stehen  aber  sehr  bedeutende  Vortheile 
gegenüber :  die 

gröfsere  Manöverir- 
fähigkeit,  die  Mög¬ 
lichkeit,  sich  beim 
Bruch  einer  Schrau¬ 
benwelle  mit  der 
anderen  Schraube 
fortzubewegen  (mit 

der  Geschwin¬ 
digkeit  bei 
Dampfern,  welche 
bis  15  Knoten  lau¬ 
fen  —  mit  2/3  bei 
Schnelldampfern) 
und  die  Erhaltung 
der  Steuerbarkeit 
im  Falle  eines  ßu- 
derbruches.  Für 
Kriegsschiffe  ist  die 
durch  die  Verwen¬ 
dung  von  zwei  Ma- 
s  chinen  erm  öglichte 
Trennung  des 
Schiffs  durch  ein 
Längsschott  und 
die  dadurch  er¬ 
reichte  gröfsere 
Theilbarkeit  des 
Fahrzeuges  sehr 
werthvoll.  Diese 
Vortheile  der  Dop¬ 
pelschraube  haben 
die  allgemeine  Ein¬ 
führung  derselben 
bei  der  Marine, 
selbst  bei  den  klein¬ 
sten  Kreuzern  und 
Avisos  zur  Folge  gehabt,  bei  grofsen  Kriegsschiffen  ist  man  noch  weiter 
gegangen  und  wendet  drei  Schrauben  an,  weil  man  sonst  für  die  gröfste 
Fahrgeschwindigkeit  von  über  20  Knoten  zwei  Maschinen  von  6000 
bis  10000  indicirten  Pferdekräften  besitzen  müfste,  während  für  die 
gewöhnliche  Geschwindigkeit  von  10 — 12  Knoten  1/10  der  gröfsten 
Leistungsfähigkeit  genügt.  Die  Maschinen  arbeiten  dann  unwirth- 
schaftlich  und  ihre  Auflösung  in  zwei  gekuppelte,  hintereinander  an¬ 
geordnete  Maschinen,  von  denen  die  vordere  bei  geringerer  Geschwin¬ 
digkeit  ausgekuppelt  wird,  erfordert  ungewöhnlich  lange  Maschinen¬ 
räume  und  ist  daher  für  den  Bau  des  bei  grofsen  Geschwindigkeiten 
erforderlichen  langen  und  schmalen  Hinterschiffes  unbequem.  Bei 
Anwendung  von  drei  Schrauben  hat  die  mittlere  Schraube  ihren  Platz 
am  Hintersteven,  wo  sonst  die  Einzelschraube  sitzt,  oder  etwas  tiefer, 
die  beiden  andern  liegen,  so  wie  sonst  die  Doppelschraube,  etwas 
weiter  nach  vorne  als  die  mittlere  Schraube.  Die  Maschinen  für  die 
Seitenschrauben  werden  wie  auf  Doppelschraubenschiffen  aufgestellt. 
Die  dritte  Maschine  steht  in  einem  dahinter  liegenden  Kaume.  Bei 
10 — 12  Knoten  Geschwindigkeit  wird  nur  mit  der  mittleren  Maschine 
gearbeitet,  bei  Avisodiensten  im  Frieden,  wo  das  Schiff  etwa  18  Knoten 
läuft,  mit  den  beiden  Seitenschrauben,  und  im  Ernstfälle  des  Krieges, 
wo  die  gröfste  Fahrgeschwindigkeit  erforderlich  ist,  mit  drei 
Schrauben. 

Die  Wirthschaftlichkeit  der  Schnelldampfer  ist  im  wesent¬ 


lichen  abhängig  von  ihrer  Maschine.  Die  dreicylindrige  und  drei- 
kurbelige  Dreifach-Expansions-Hammer-Maschine  hat  sich  am  besten 
bewährt.  Die  meisten  Schnelldampfer  arbeiten  mit  einer  Dampf¬ 
spannung  von  10 — 12  Atmosphären  Ueberdruck.  Der  200°  C.  heifse 
Dampf  wird,  auf  das  Zwölf-  bis  Achtzehnfache  seines  anfänglichen 
Kaumgehaltes  sich  ausdehnend,  nacheinander  durch  drei  verschiedene 
Cylinder  geleitet.  Bei  noch  höheren  Dampfspannungen,  welche  für 
die  Zukunft  keineswegs  ausgeschlossen  sind,  mufs  man  schon  Vier¬ 
fach-Expansionsmaschinen  anwenden.  Die  bis  jetzt  mit  solchen  Ma¬ 
schinen  ausgerüsteten  Seedampfer  erreichen  in  Bezug  auf  Wirth¬ 
schaftlichkeit  die  besten  Dreifach-Expansionsmaschinen  nicht,  da  für 
vierfache  Expansion  eine  Dampfspannung  von  12 — 14  Atmosphären 
noch  zu  gering  ist. 

Die  Dreifach -Expansionsmaschine  wird  bis  zur  wesentlicheren 
Vervollkommnung  des  Kessels  das  Feld  behaupten.  Bei  den  Be¬ 
strebungen  nach 
dieser  Kichtung 
scheinen  die  Ver¬ 
suche  der  Eng¬ 
länder  zur  Ver¬ 
stärkung  der  ge¬ 
bräuchlichen  Cy- 
linderkessel  mehr 
Aussicht  auf  Erfolg 
zu  haben,  als  die 
Bestrebungen,  die 
W  asserrohrkessel 
für  den  Schiffs¬ 
dienst  geeignet  zu 
machen.  Zur  Er¬ 
höhung  der  Lei¬ 
stungsfähigkeit  der 
Schiüskessel  hat 
man  (allerdings  auf 
Kosten  ihrer  Dauer¬ 
haftigkeit)  wieder 
zur  Anwendung  von 
Nebenwinden  ge¬ 
griffen.  Den  schäd¬ 
lichen  Niederschlä¬ 
gen  im  Kessel  sucht 
man  durch  Ergän¬ 
zung  des  Speise¬ 
wassers  unter  Ver¬ 
wendung  destillir- 
ten  Seewassers  zu 
begegnen ,  ebenso 
sind  besondere  Vor 
kehrungen  getrof¬ 
fen  ,  um  die  von 
der  Cylinderschmie- 
rung  herrührenden 
Fettstoffe  und  die  durch  Undichtigkeiten  in  das  Speisewasser  gelangte 
Luft  vor  dem  Eintritt  des  Wassers  in  die  Kessel  zu  entfernen.  Alle 
diese  Einrichtungen  haben  bewirkt,  dafs  man  jetzt  bei  12  Atmosphären 
Spannung  ebenso  sicher  arbeitet  als  früher  mit  2  Atmosphären  und 
dafs  der  Verbrauch  an  Kohle  von  1,5  kg  auf  die  Pferdekraft  und 
Stunde  bei  den  besten  Niederdruckmaschinen  auf  1  kg  bei  guten 
Cylinder-  und  kg  bei  den  neuen  Dreifach -Expansionsmaschinen 
gesunken  ist. 

Was  die  Anordnung  der  Schraube  anbetrifft,  so  hat  man  bei  den 
Schnelldampfern  durchweg  die  dreiflüglige  Schraube  in  Anwendung 
gebracht,  welche  zwar  im  ruhigen  Wasser  nicht  so  wirkungsvoll  ist 
wie  die  zweiflüglige,  aber  dafür  im  bewegten  Fahrwasser  günstiger 
auf  den  ruhigen  Gang  des  Schiffes  wirkt  und  geringere  Fahrverluste 
giebt.  Für  grofse  Fahrgeschwindigkeiten  scheinen  sich  kleinere, 
schnell  umlaufende  Schrauben  besser  zu  bewähren  als  gröfsere,  lang¬ 
samer  umlaufende,  was  auf  die  geringere  Wasserreibung  bei  deu 
ersteren  zurückgeführt  wird. 

Trotz  aller  bei  der  Construction  aufgewandten  Sorgfalt  ist  es 
aber  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen,  von  100  indicirten  Pferdekräften 
mehr  als  55  nutzbar  zu  machen.  Auf  diesem  Felde  bleibt  daher  der 
Technik  unserer  Tage  noch  ein  weiter  Spielraum  zur  Bethätigung 
ihrer  Kräfte;  aber  auch  hier  wird  und  mufs  der  Erfolg  der  Mühe 
Lohn  sein.  Chr. 


Holzstich  V.  0.  Etel. 

Kaiser  Wilhelm -Denkmal  an  der  Porta  Westfalica. 

Entwurf  von  Reuter  u.  Fischer  in  Dresden.  Ein  erster  Preis. 


Die  Preisbewerbung  für  das  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  der  Provinz  Westfalen. 

(Schlufs.) 

Gegen  den  Entwurf  von  Bruno  Schmitz  stehen  die  übrigen  Ar-  hohen  künstlerischen  Begabung  der  Verfasser  Zeugnifs  ablegt.  In 

beiten  weit  zurück,  wenn  auch  ein  grofser  Theil  derselben  von  der  Bezug  auf  den  Grundgedanken  stehen  der  vorbesprochenen  Arbeit 


398 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


20.  September  180(1. 


mehrere  andere  nahe,  so  z.  B.  Nr. '4  und  Nr.  29.  Die  ]\Iehrzahl  aber 
stellt  in  grofser  Mannigfaltigkeit  •  thurmartige  Aufbauten  dar,  zu 
welchen  das  Kaiserbild  in  mehr  oder  weniger  enge  Beziehung  tritt. 
Bei  fast  allen  Entwürfen  dieser  Art  ist  der  bildnerische  Schmuck  an 
sich  und  jedenfalls  in  Rücksicht  der  zur  Verfügung  gestellten  Bau¬ 
summe  zii  reich.  Es  hat  infolge  dessen  der  Mafsstab  des  Figürlichen 
und  namentlich  des  Kaiserbildes  über  Gebühr  eingeschränkt  werden 
müssen.  Dieser  Mangel  wird  um  so  fühlbarer,  je  mehr  der  ganzen 
Anordnung  nach  die  Absicht  zu  Tage  tritt,  dafs  das  Kaiserbild  auch 
aus  der  Ferne  gesehen  zur  Geltung  kommen  soll.  So  hat  z.  B.  in 
dem  Entwürfe  von  Hubert  Stier  das  Reiterbild  des  Kaisers  nur  die 
mäfsige  Höhe  von  5m  erhalten.  Bei  denjenigen  Entwürfen,  welche 
das  Kaiserbild  in  einem  hallenartig  erweiterten  Unterge  schofs  des 
Thurmbaues  aufstelleu,  ergiebt  sich  das  doppelte  Bedenken,  einmal, 
dafs  das  Kaiserbild  ungünstig  beleuchtet  ist,  und  dann,  dafs  der 
Thurmbau  in  seinem  Untergeschofs  zu  gebrechlich  erscheint.  Es  ist 
daher  der  Auffassung  der  Architekten  Reuter  u.  Fischer,  welche 
in  ihrem  Erläuterungsbericht  ausdrücklich  für  die  Zweitheilung  der 
Aufgabe  eintreten,  eine  Berechtigung  nicht  abzusprechen.  Sie  ver¬ 
zichten  darauf,  den  Denkmalbau  so  zu  gestalten,  dafs  das  Kaiserbild 
in  einer  Nische  oder  in  einem  hallenartig  geöffneten  Unterbau  des 
Thurmes  Platz  findet,  überhaupt  mit  demselben  in  organische  Ver¬ 
bindung  tritt;  sie  stellen  das  Kaiserbild  selbständig  und  nur  für  die 
Wirkung  in  der  Nähe  berechnet  vor  den  Thurm,  sind  aber  bestrebt, 
diesen  möglichst  charakteristisch  als  Denkmalbau  auszubilden.  Es 
mufs  zugegeben  werden,  dafs  es  ihnen  gelungen  ist,  mehr  als  dies 
bei  den  übrigen  Entwürfen  zutrifft,  Anklänge  an  Thor-,  Befestigungs¬ 


oder  Aussichtsthürme  zu  vermeiden.  Die  Eigenart  der  Erfindung 
im  ganzen  wie  im  einzelnen  giebt  Zeugnifs  von  einem  sehr  ernsten 
Bemühen  in  dieser  Richtung.  Aber  die  Lösung  kann  nicht  voll  be¬ 
friedigen,  weil,  es  fast  überall  an  Reife  und  Vollendung  der  Durch¬ 
arbeitung  fehlt.  Die  zu  Grunde  liegenden  Gedanken  erscheinen 
annehmbar,  aber  ihr  Ausdruck  in  der  architektonischen  Form  ist 
unvollkommen. 

Der  Entwurf  von  Stier  stellt  das  Kaiserbild  vor  eine  grofse 
Nische,  welche  in  dem  den  Hintergrund  bildenden  Thurm  angelegt 
ist.  So  günstig  die  Anordnung  in  der  geometrischen  Ansicht  er¬ 
scheint,  so  beweist  die  Perspective,  dafs,  von  den  seitlichen  Stand¬ 
punkten  gesehen,  das  Reiterbild  sich  doch  in  störender  Weise  gegen 
die  Nische  verschiebt. 

Der  Entwurf  von  Neckelmann  in  Stuttgart,  welcher  das  Stand¬ 
bild  des  Kaisers  in  einer  Nische  des  Thurmes  zeigt,  leidet  an  einem 
Ueberreichthum  architektonischer  Motive.  So  gefällig  das  Ganze  bei 
der  glücklichen  Abwägung  der  Verhältnisse  sich  darstellt,  so  macht  doch 
der  Mangel  an  Einfachheit  und  Monumentalität  sich  auffällig  geltend. 

Wir  müssen  es  uns  versagen,  auf  eine  weitere  Besprechung  ein¬ 
zelner  Entwürfe  einzugehen.  Aufser  den  in  die  engere  Wahl  ge¬ 
laugten  würde  eine  grofse  Zahl  der  übrigen  Arbeiten  dazu  auffordern. 
Die  Besprechung  Avürde  aber,  da  bildliche  Darstellungen  nicht  bei¬ 
gegeben  werden  können,  die  Vorzüge  und  Mängel  der  einzelnen  Ar¬ 
beiten  nicht  hinreichend  zur  Anschauung  bringen  und,  da  die  all¬ 
gemeinen  Gesichtspunkte  bereits  berücksichtigt  worden  sind,  nur  auf 
Einzelnheiten  sich  erstrecken  können,  welche  ein  allgemeines  Interesse 
nicht  berühren.  p. 


Oestaltuiig  und  Wirkungsweise  der 

Die  Aufstellung  von  Wasser -Prellböcken  verschiedener  Gestal¬ 
tung  an  den  Enden  der  von  Personenzügen  befahrenen  Geleise  auf 
Kopfstationen  ist  in  England  seit  einer  Reihe  von  Jahren  mit  bestem 
Erfolge  ausgeführt.  Der  Grundgedanke  für  die  Wii'kungs weise  der¬ 
selben  ist  bereits  mehrfach  durch  Wort  und  Bild  erläutert  (vergl. 
Engineering  1886;  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Eisenbahn -Ver¬ 
waltungen  1886;  Organ  für  den  Fortschritt  des  Eisenbahnwesens  1886; 
Centralblatt  der  Bauverwaltung  189U,  S.  116  u.  186).  Die  lebendige 
Kraft  eines  gegen  den  Wasserpuffer  anfahrenden  Zuges  soll  dadurch 
aufgehoben  werden,  dafs  durch  zwei  mit  den  Pufferstangen  ver¬ 
bundene  Kolben,  welche  in  Cylindern  verschiebbar  sind,  Wasser 
bewegt  wird.  Die  Einrichtung  ist  auf  verschiedene  Weise  so  ge¬ 
troffen,  dafs  dieser  Wasserbewegung  beim  Hineinschieben  der  Kolben 
in  die  Cylinder  allmählich  wachsender  Widerstand  entgegengesetzt 
wird.  Die  ältesten  Wasserpufter  sind  nach  dem  A.  Langleyschen 
Patent  derart  hergestellt  —  vgl.  Centralbl.  der  Bauverw.  1890,  S.  116  — 
dafs  die  beiden  Kolbenstangen  der  Prellvorrichtung  durch  die  hinteren 
Deckel  der  beiden  Cylinder  in  Stopfbuchsen  durchgeführt  sind  und 
die  Kolben  durch  zwei  über  Rollen  geleitete  Gegengewichte,  nach 
Entfernung  des  den  Stofs  ausübenden  Zuges,  in  ihre  ursprüngliche 
Lage  zurückgezogen  werden.  Eine  Bewegung  des  Wassers  ist  da¬ 
durch  ermöglicht,  dafs  die  Kolben  mit  zwei  rechteckigen  Ausschnitten 
versehen  sind,  welche  ein  Ausströmen  des  Wassers  aus  den  vor  den 
Kolben  liegenden  Cylindertheilen  in  die  hinter  denselben  befindlichen 
Räume  gestatten.  Das  Wachsen  des  Widerstandes  wird  dadurch 
erzeugt,  dafs  die  in  den  Kolben  angeordneten  Durch strömungs- 
öffnungen,  dem  Kolbenweg  entsprechend,  durch  keilförmig  gestaltete, 
an  den  Cylinderwänden  befestigte  Schienen  mehr  und  mehr  und 
schliefslich  ganz  geschlossen  werden.  Die  Abmessungen  dieser  in 
der  ersten  Zeit  verwendeten  Wasserpuffer,  mit  1,22  m  langem  Kolben¬ 
weg,  sind  aus  vorgenannter  Angabe  im  Centralblatt  zu  ersehen. 

In  neuerer  Zeit  ist  die  Gestaltung  der  Wasserpuffer  von  den 
englischen  Ingenieuren  Rausomes  und  Rapier,  London  S.W. 

9  Victoria-Strafse,  welche  das  Patent  Langleys  übernommen  haben, 
auf  Grund  eingehender  Versuche  erheblich  verändert  worden.  Die 
Puffer  werden  zur  Zeit,  je  nach  der  Wichtigkeit  des  Geleisabschlusses, 
in  drei  verschiedenen  Gröfsen  hergestellt.  Der  Kolbenweg  beträgt 
3  Fufs,  5  Fufs  oder  8  Fufs  englisch,  oder  rund  0,92  m,  1,53  m,  2,44  m. 
Die  umständliche  und  viel  Raum  erfordernde  doppelte  Führung  der 
Kolbenstangen  ist  beseitigt,  da  durch  Versuche  festgestellt  ist,  dafs 
die  einfache  Führung  durch  eine  entsprechend  lange  Stopfbuchse 
genügt. 

Beim  Eindringen  der  Pufferstangen  in  die  Cylinder  verdrängen 
dieselben  eine  ihrem  Inhalt  gleiche  Wassermenge.  Der  Abflufs 
dieses  durch  das  Anfahren  gegen  den  Puffer  unter  Druck  gesetzten 
Wassers  wird  dadurch  bewirkt,  dafs  beide  Cylinder  mit  einem  Hosen¬ 
rohr  verbunden  sind,  in  welchem  ein  Federventil  angebracht  ist,  das 
sich  selbstthätig  beim  Eindringen  der  Pufferstangen  in  die  Cylinder 
—  bei  etwa  3  Atmosphären  Ueberdruck  —  öffnet  und  beim  Stillstand 
der  Kolben  schliefst. 


Wasser  -  Prelll)öcke  (Wasserpuffer). 

Um  eine  rückläufige  Bewegung  der  Kolben  herbeizuführen,  wird 
das  von  den  Kolbenstangen  verdrängte  Wasser  den  Cylindern  durch 
eine  mit  dem  Hosenrohr  verbundene  Druckwasserleitung  (mit  etwa 
2,5  Atmosphären  Ueberdruck)  wieder  zugeführt.  Die  den  Stopf¬ 
buchsen  abgewendeten  Kolbenflächen  sind  um  den  Querschnitt  der 
Kolbenstange  gröfser  als  die  den  Stopfbuchsen  zugewendeten  Seiten. 
Das  Zurückschieben  der  Kolben  erfolgt  also  mit  einer  Kraft,  welche 
sich  aus  dem  Gröfsenunterschiede  dieser  gedrückten  Flächen  ergiebt. 
Derartig  gebaute  Prellböcke  sind  seit  deiU  Jahre  1886  auf  vielen 
englischen  Bahnhöfen,  so  z.  B.  auf  der  New  Exchange  Station  in  Liver¬ 
pool,  New  Joint  Station  in  Bradford  usw.  aufgestellt  und  haben  sich 
dort  vorzüglich  bewährt. 

Auf  St.  Paul  Station  in  London  ist  bei  den  daselbst  an  den 
Geleise-Enden  erbauten  grofsen  Wasserpuffern  —  vgl.  nebenstehende 
Abb.  1 — 3  —  in  die  Druckrohrleitung  ein  Ventil  eingeschaltet, 
welches  den  Zweck  hat,  dieselbe  vor  dem  Rückschlag  des  beim  An¬ 
fahren  gegen  den  Pufi'er  heftig  gedi-ückten  Wassers  zu  schützen,  und 
welches  nach  vollendetem  Rücklauf  der  Kolben  die  Druckrohrleitung 
abschliefsen  soll.  Das  Ventil  wird  durch  eine  Zugstange,  die  mit 
der  einen  Puff’erstange  fest  verbunden  ist,  in  der  Grundstellung  des 
Prellbocks  geschlossen  gehalten.  Tritt  beim  Anfahren  gegen  den¬ 
selben  eine  rückgängige  Bewegung  der  Puö’erstange  und  somit  auch 
der  Zugstange  ein,  so  wird  das  Ventil  in  der  Druckrohrleitung  derart 
freigegeben,  dafs  es  sich  öffnet,  sobald  sich  das  Feder- Auslafsventil 
geschlossen  hat,  d.  h.  sobald  die  Kolben  Stillstehen  und  der  Rücklauf 
derselben  beginnen  soll.  Während  des  letzten  Theiles  der  rück¬ 
gängigen  Bewegung  der  Kolben  wird  das  Ventil  in  der  Druckrohr¬ 
leitung  mit  der  Zugstange  allmählich  wieder  geschlossen.  Der  völlige 
Abschlufs  desselben  erfolgt  in  dem  Augenblick,  in  welchem  die 
Kolben  in  die  Grundstellung  zurückgedrückt  sind.  Die  langen  Puffer¬ 
stangen  werden  hier,  um  eine  möglichst  vollkommene  Führung  der¬ 
selben  zu  erzielen,  in  etwa  0,4  m  Abstand  von  den  Stopfbuchsen 
durch  eine  starke  Zwischenconstruction  gehalten. 

Nach  demselben  oben  angegebenen  Grundsatz  hat  in  neuester 
Zeit  der  Vorsteher  der  Hauptwerkstatt  der  London-  &  Nord-West- 
Bahn-Gesellschaft,  Herr  Webb  in  Crewe,  einen  gleichfalls  sehr  gut 
wirkenden  Wasserpuffer  gebaut.  Auf  fast  sämtlichen  gröfseren  Bahn¬ 
höfen  obiger  Gesellschaft  begegnet  man  den  Webbschen  Puffern. 
Die  Gestaltung  derselben  ist  aus  nebenstehenden  Abbildungen  4 — 6 
ersichtlich.  Langley  erzielt  das  Wachsen  des  Widerstandes,  bezw. 
die  Erschwernifs  der  Wasserbewegung  dadurch,  dafs  er  die  in  den 
Kolben  eingeschnittenen  Durchflufsöffnungen  allmählich  verschliefst. 
Webb  legt  den  vollen  Kolben  in  einen  doppelwandigen  Cylinder,  dessen 
innere  Wand  siebartig  durchlöchert  ist.  Beim  Eindrücken  der 
Kolben  strömt  das  Wasser  durch  die  —  im  Bewegungssinue  gerech¬ 
net  — -  vor  denselben  liegenden  Löcher  in  die  hinteren  Cylindertheile. 
Je  weiter  die  Kolben  in  die  Cylinder  eindringen,  desto  kleiner  wird 
die  Zahl  der  Löcher  vor  denselben,  d.  h.  desto  mehr  wird  die  Vor¬ 
wärtsbewegung  erschwert.  Das  durch  die  Kolbenstangen  verdrängte 
Wasser  fliefst  nicht,  wie  bei  Langley,  durch  ein  Ventil  ab,  sondern 


l«r.38. 


Centralblatt  der  Bauverwaitung. 


399 


wird  in  einen  Windkessel  gedrückt 
znrückfliefst.  ~  ‘ 


aus  welchem  es  in  die  Cylinder 
Diese  Abweichung  ist  von  sehr  grofser  Wichtigkeit, 


in  dem  Windkessel  befindliche  Flüssigkeit  steht  bei  der  Grund¬ 
stellung  des  Puffers  unter  2,5  Atmosphären  Ueberdruck,  welcher  durch 


,  .  ;  '  ,  Abb.  2.  Ansicht  von  oben. 

Wasserpuffer  nach  Langley  in  Derby. 

denn  es  ist  hiernach  bei  den  Webbschen  Puffern  sehr  leicht  möglich, 
das  Einfrieren  derselben  .durch  Anwendung  von  Glycerin  an  Stelle 
.des  ^Y9.ssers,  als  Füllflüssigkeit  zu  verhüten.  Es  wird  hierdurch  der 


^  '  j 


Schnitt  g — h.  Ansicht  nach  e  — f, 

Abb.  3. 

eine  kleine,  am  Windkessel  angeordnete  Handdruckpumpe 
erzeugt  wird.  Durch  die  in  den  Windkessel  hineinge- 
drückte  Flüssigkeit  wird  dieser  Druck  entsprechend 
erhöht  und  fällt  bei  der  rückgängigen  Kolbenbewegung 
allmählich  wieder  auf  das  ursprüngliche  Mafs. 

Ich  habe  in  Liverpool,  Manchester  und  London 
sowohl  die  Webbschen  wie  auch  die  Langleyschen 
Puffer  in  sehr  grofser  Zahl  —  wohl  an  100  Stück  — 
gesehen.  Die  Wirkungsweise  ist  eine  ungemein  gün¬ 
stige.  Auf  St.  Paul  Station  in  London  fuhr  ich 
probeweise  mit  einem  Zuge  bestehend  aus  15  leeren 
Wagen  und  einer  Maschine  —  etwa  mit  12  km  stünd¬ 
licher  Fahrgeschwindigkeit  gegen  einen  der  oben 
beschriebenen  Langleyschen  Puffer,  ohne  dafs  irgend 
welche  Beschädigungen  stattfanden.  Der  Stöfs,  wel¬ 
chen  ich  dabei  empfing,  war  durchaus  nicht  eiheblich. 
Von  allen  englischen  Bahn-Ingenieuren,  die  ich  gesprochen  habe, 
wurde  der  Einrichtung  der  Wasserpuffer-  das  glänzendste  Zeugnifs  aus¬ 
gestellt.  Die  Kosten  eines  Langleyschen  Prellbocks  mit  1,53  m  oder 


1.':.^  i; 


Abb.  4.  Längenschnitt. 


Schnitt  c — d. 


Schnitt  a — b. 


■  -  Abb.  5. 

Wasserpuffer  nach  J.  W.  Webb  in  Crewe. 

Puffer  auch  noch  insofern  verbessert,  als  Glycerin  eine  nicht  un¬ 
beträchtliche  Zusammendrückbarkeit  (4 — 5  pCt.)  besitzen  soll.  Die 


Abb.  6. 

2,44  m  Kolbenweg  betragen  frei  Hafen  Harwich 
etwa  2800  Mark  bezw.  5400  Mark.  Die  Webb¬ 
schen  Prellböcke  werden  vön  der  London-  & 
Nord-West-Bahn-Gesellschaff  in  der  eigenen 
Werkstatt  in  Crewe  hergestellt.  Die  Kosten 
für  einen  derartigen  Prellbock  waren  nicht  zu  er¬ 
mitteln. 

Infolge  der  in  England  mit,  Wasserpnffern 
erzielten  Erfolge  werden  an  den  vier  Geleis-Enden 
auf  den  beiden  in  der  Ausführung  begriffenen 
neuen  Kopfstationen  (für  Ringbahn  und  Wannsee¬ 
bahn)  auf  dem  Potsdamer  Bahnhof  in  Berlin 
grofse  Wasserpuff’er  mit  2,50  m  langem  Kolben¬ 
wege  aufgestellt  werden.  Dieselben  sollen  die 
Vorzüge  des  Langleyschen  und  Webbschen 
Systems  in  sich  vereinigen.  Die  Kolben-  und 
Cylindergestaltung  wird  nach  Langley,  die  Wind¬ 
kesselanlage  nach  Webb  ausgeführt.  Die  C3'linder 
erhalten  Gh'cerinfüllung.  Die  Anfertigung  und  Auf¬ 
stellung  dieser  vier  Puffer  ist  der  Berliner  Maschinenbauanstalt  von 
Hoppe  für  den  Gesamtpreis  von  14  500  Mark  übertragen. 

- ^  A.  Herr. 


400 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


20.  September  1890. 


Yermischtes. 


Die  Stiltrag:e  beschäftigt  neuerdings  wieder  besonders  lebhaft 
die  Gemüther.  Der  Vorrath  an  geschichtlichen  Stilen  ist  nahezu  er¬ 
schöpft,  und  mau  hält  besorgten  Blickes  Umschau  nach  frischen 
Quellen,  um  daraus  zu  schöpfen,  wenn  dem  Tagesgeschmack  die 
jetzt  beliebten  Spielarten  nicht  mehr  Zusagen.  Die  Herausgeber  der 
Pariser  Encyclopedie  d’Architecture  sehen  das  Heil  in  einem  „Wett¬ 
bewerbe  ohne  Programm“,  zu  welchem  sie,  vor  einiger  Zeit  alle 
französischen  Architekten  eingeladen  haben.  Sie  sind  der  Ansicht, 
die  letzte  grofse  Pariser  Ausstellung  habe  bewiesen,  dafs  die 
Architektenschaft  Frankreichs  befähigt  sei,  den  Stil  des  zur  Rüste 
gehenden  19.  Jahrhunderts  zu  finden.  Nur  müfste  sie  von  den  Fesseln 
befreit  werden,  welche  allein  die  Einbildungskraft  der  Künstler  lähm¬ 
ten  und  ertödteten:  von  dem  Geschmacke  der  überbildeten  Bauherren 
und  deren  beim  einzelnen  Bauaufträge  auf  bestimmte  vorhandene 
Typen  gerichteten  Wünschen  und  Vorschriften.  In  dem  Wettbewerbe, 
durch  dessen  Veranstaltung  die  Encyclopedie  die  Hand  zu  dieser  Be¬ 
freiung  bieten  will,  wird  darum  nach  jeder  Richtung  hin  volle  Freiheit 
gelassen.  Weder  Gebäudegattung  oder  überhaupt  Gegenstand  des  Ent¬ 
wurfes  noch  Bauort  noch  Kosten  werden  vorgeschrieben.  Lediglich 
einige  rein  äufserliche,  auf  eine  unter  Umständen  vorzunehmende  Ver¬ 
öffentlichung  abzielende  Bestimmungen  werden  getroffen.  Denn  hierin, 
in  der  Ehre,  in  der  Encj^clopedie  veröffentlicht  zu  werden,  soll  die  Haupt¬ 
auszeichnung  bestehen,  welche  den  durch  Eigenart  und  Bedeutung 
hervorstechenden  Entwürfen  —  „tout  dessiu  materiellement  bien  exc- 
cute  et  contenant  des  dispositions  interessantes“  —  zu  theil  wird. 
Aufserdem  sollen  vier  Preise  von  je  500  Franken,  und  zwar  je  einer 
für  10  veröffentlichte  Entwürfe  (?),  gezahlt  werden.  Der  am  15.  No¬ 
vember  d.  J.  ablaufende  Wettbewerb  soll  ohne  Namennennung  erfolgen. 
Unter  den  13  Preisrichtern  befinden  sich  hervorragendste  Architekten, 
als  Ch.  Garnier,  Bailly,  de  Baudot,  Lisch,  Sauvageot  u.  a.,  von  denen 
mehrere  zum  Redactionsausschusse  der  Encyclopedie  gehören.  Sie 
schieben  bei  Uebernahmc  ihres  Amtes  allerdings  die  Verantwortung 
für  die  durch  das  ganze  Verfahren  bekanntgegebenen  Grundsätze  und 
Anschauungen  den  Herausgebern  der  Encyclopedie  zu  und  betonen, 
dafs  sie  nicht  der  überschäumenden  Phantasie  Thür  und  Thor  öffnen, 
sondern  nur  verständige  Arbeiten  „de  composition,  de  logique  et 
d’4tude“  auszeichnen  würden.  —  Ob  es  den  Franzosen  durch  dieses 
Mittel  gelingen  wird,  der  Wende  des  19.  Jahrhunderts  den  ersehnten 
Stil  zu  geben?  — d. 


Zur  Frage  des  Einflusses  der  Fahrgeschwindigkeit  auf  die 
Beanspruchuug  eiserner  Brücken.  Auf  S.  317  u.  318  d.  J.  des 
Centralblattes  sind  die  Mittheilungen  über  die  Ergebnisse  der  Probe¬ 
belastung  der  Eisenbahnbrücke  über  die  Dordogne  bei  Cubzac 
besprochen  und  ist  gesagt,  dafs  bezüglich  des  Einflusses  der 
Fahrgeschwindigkeit  auf  die  Durchbiegung  eiserner  Brücken  keine 
Uebereinstimmung  der  Ansichten  bestehe  und  dafs  die  an  der 
Dordognebrücke  ausgeführten  Messungen,  bei  25  km  und  35  km 
Fahrgeschwindigkeit,  wesentlich  kleinere,  mit  wachsender  Fahr¬ 
geschwindigkeit  abnehmende  Durchbiegungen  ergaben.  Diese  Ver¬ 
suchsergebnisse  fanden  keine  Erklärung,  und  es  wird  im  nach¬ 
stehenden  eine  solche  gegeben,  jedoch  ohne  Rücksichtnahme  auf 
die  bei  bewegter  Last  eintretenden  Schwingungen  und  Stöfse. 

Wird  ein  Zug  durch  eine  Locomotive  bewegt,  so  üben  die 
Triebräder  der  Locomotive  auf  die  Schienen  bezw.  den  Oberbau 
einen  wagerechten,  durch  die  kinematische  Reibung  bedingten  Schub 
aus,  gleich  dem  Zugwiderstande.  Dieser  Horizontalschub  wächst 
mit  zunehmender  Geschwindigkeit,  denn  bekanntlich  wächst  auch  der 
Zugwiderstand  mit  wachsender  Fahrgeschwindigkeit.  Rollt  nun  ein 
Zug  über  eine  Brücke,  so  drückt 

die  gesamte  Zuglast  lothrecht,  <  /-  y 

der  Zugwiderstand  aber  wirkt 
wagerecht  auf  die  Construction. 

Demnach  läfst  sich  der  mechanische 
Vorgang  durch  die  nebenstehende 
Abbildung  darstellen,  in  welcher  G 
das  Zuggewicht,  Z  den  Zugwider¬ 
stand,  li  die  Mittelkraft  beider  und  Pfeil  P  die  Bewegungs¬ 
richtung  darstellt.  Es  mufs  nun  ganz  auf  die  Gattung  (Construction) 
und  den  augenblicklichen  Zustand 
des  Trägers  ankommen,  welchen 
Einflufs  die  Horizontalkraft,  die  den 
Träger  spannt  (zieht),  ausübt. 

Denkt  man  sich  einen  Draht  q 

bei  z/  festgehalten,  über  B  gehend 
und  durch  Q  gespannt,  so  würde  die 
kinematische  Reibung  einer  auf  solchem  Träger  rollenden  Locomotive, 
falls  sie  von  £  nach  J  führe,  die  Trägerspannung  erhöhen,  führe  sie 


1 - 

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hingegen  von  yJ  nach  B,  so  würde  sie  die  Spannung  mindern.  Es  kann 
daher,  wie  dieses  einfachste  Beispiel  zeigt,  selbst  die  Bewegungsrich- 
tuug  von  Einflufs  sein.  Die  Rollenlagerung  eines  Brückenträgers  kann 
nur  bei  bedeutenden  Kräften  in  Thätigkeit  treten,  denn  die  Reibungs¬ 
widerstände  sind  grofs.  Bei  abnehmender  Temperatur  wird  zunächst 
im  Träger  eine  Spannung  auftreten  müssen,  welche  ihn  auf  Zug  in 
Anspruch  nimmt,  bis  dieser  Zug  den  Bewegungswiderstand  des  Lagers 
überwindet;  bei  zunehmender  Temperatur  mufs  hingegen  eine  Druck¬ 
spannung  bis  zur  selben  Höhe  auftreten  können. 

Die  zusätzliche  Inanspruchnahme  durch  den  wagerechten  Wider¬ 
stand  des  bewegten  Zuges  kann  in  ihrem  Einflüsse  auf  die  Durch¬ 
biegung  nicht  unabhängig  von  obigen,  durch  die  Temperaturänderungen 
bedingten  Spannungszuständen  des  Trägers  sein;  gleichwie  in  dem 
vorerwähnten  Beispiele  die  Bewegungsrichtung  von  Einflufs  sein  mufs. 

Im  allgemeinen  kann  der  Einflufs  des  Zugwiderstandes  sowohl 
eine  Verminderung  als  auch  eine  Vermehrung  der  Durchbiegung, 
je  nach  der  Construction  und  dem  Spannungszustande  des  Trägers, 
zur  Folge  haben. 

Hallein,  26.  Augu.st  1890.  Prof.  Friedr.  Kick. 

Stadtbahn  in  Baltimore.  Eine  neue  Stadtbahn  von  10  km  Länge 
wird  nach  den  Engineering  News  in  Baltimore  erbaut.  Sie  wird  von 
einem  beim  Camden -Bahnhof  im  Süden  der  Stadt  belegenen  Punkte 
der  Baltimore  und  Ohio-Bahn  zunächst  in  nördlicher  Richtung  mitten 
durch  die  Stadt  gelegt,  sodann  in  ostsüdöstlicher  Richtung  bis  zu 
dem  am  Ostrande  der  Stadt  gelegen  Bay  View-Anschlufs  der  ge¬ 
nannten  Bahn  geführt.  Die  gröfste  Steigung  wird  1  :  125  betragen, 
entsprechend  der  auf  den  sonstigen  Strecken  der  Baltimore  und 
Ohio-Bahn  vorkommenden  stärksten  Bahnneigung.  Die  Bahn  liegt 
in  vier  Tunneln,  deren  bedeutendster  2,5  km  Länge  hat,  im  übrigen 
aber  so  in  Auf-  und  Abträgen,  dafs  keine  Strafse  in  Schienenhöhe  ge¬ 
schnitten  wird.  Sie  wird  doppelgeleisig  ausgebaut,  der  Oberbau  aus 
18,3  m  langen  und  40,8  kg/m  wiegenden  Schienen  hergestellt.  Die 
Gesamtkosten  sind  auf  rund  24  Millionen  Mark  veranschlagt,  die 
Eröffnung  soll  im  Jahre  1892  stattfinden. 


Büclierscliau. 

Die  elektrischen  Motoren  und  ihre  Anwendungen  in  der  In¬ 
dustrie  und  im  Gewerbe  sowie  im  Eisen-  und  Strafsenbahnwesen. 
Von  Dr.  M.  Krieg.  Leipzig  1890.  Oskar  Leiner.  1.  Lieferung. 
64  S.  in  8“  mit  53  Abb.  Vollständig  in  4  bis  5  Lieferungen  mit 
etwa  200  Abbild.,  Plänen,  Skizzen  usw.  Preis  der  Lieferung  2  Ji. 

Das  vorstehend  genannte  Buch,  dessen  erste  Lieferung  uns 
vorliegt,  will,  wie  es  in  der  beigegebenen  Ankündigung  heifst,  eine 
in  Deutschland  vorhandene  Lücke  ausfüllen.  Da  die  erste  Lieferung 
und  der  Titel  des  in  4 — 5  Lieferungen  abzuschliefsenden  Werkchens 
nicht  hinreichend  über  den  Inhalt  Aufschlufs  geben,  so  sind  in  der 
erwähnten  Ankündigung  die  hauptsächlichsten  Abschnitte  des  Buches 
zusammengestellt  und  aus  diesen  Angaben  sowie  aus  dem  Inhalte 
der  ersten  Lieferung  geht  hervor,  dafs  der  Verfasser  sich  an  den 
Inhalt  des  bereits  in  zweiter  Auflage  erschienenen,  umfassenden 
Werkes  von  Martin  u.  Wetzler  in  New-York  „The  Electric  Motor 
and  its  Applications“  anlehnt,  welches  sich  seit  seinem  Bekanntwerden 
im  Jahre  1886  auch  bei  den  Elektrotechnikern  Deutschlands  mit  Recht 
eines  bedeutenden  Rufes  erfreut.  Erweitert  gegen  das  america- 
nische  Werk  scheint  das  Kriegsche  Büchlein  durch  das  Capitel 
„Kosten,  Betriebskosten  und  Rentabilität  der  Elektromotoren,  be¬ 
sonders  für  Strafsen-  und  Eisenbahnen,  an  zahlreichen  Beispielen 
erörtert“,  wmhrend  das  Capitel  „Vergleichung  der  elektrischen  Arbeits¬ 
übertragung  mit  den  übrigen  concurrirenden  Arbeitsvertheilungs- 
systemen“  sich  bei  Martin  u.  Wetzler  zwar  nicht  vorfindet,  dafür 
aber  in  Deutschland  durch  das  preisgekrönte  Werkchen  von  Beringer 
eine  musterhafte  Behandlung  gefunden  hat. 

Dafs  in  Bezug  auf  elektrische  Motoren  und  elektrische  Kraft¬ 
übertragung  in  der  deutschen  elektrotechnischen  Litteratur  noch  eine 
Lücke  voi-handen  ist,  mufs  zugegeben  werden,  und  es  erscheint  daher 
von  diesem  Gesichtspunkt  aus  das  Unternehmen  des  Herrn  Dr.  Krieg 
anerkennenswerth.  Wie  weit  es  dem  Verfasser  gelingen  wird,  diese 
Lücke  auszufüllen,  mag  zunächst  dahingestellt  bleiben.  Nach  der 
ersten  Lieferung  des  Buches  schon  ein  Urtheil  über  seine  Brauch¬ 
barkeit  abzugeben,  wäre  verfrüht,  wir  behalten  uns  aber  bei  der 
Wichtigkeit  des  Gegenstandes  vor,  nach  Erscheinen  des  ganzen 
Werkchens  auf  dasselbe  eingehender  zurückzukommen.  Auf  einen 
Punkt  sei  indessen  schon  jetzt  hingewiesen,  das  ist  der  überraschende 
Umstand,  dafs  sich  weder  in  der  Ankündigung,  noch  in  der  ganzen 
1.  Lieferung,  mit  einer  Ausnahme,  Angaben  über  die  Quellen  finden^ 
aus  denen  ein  wesentlicher  Theil  des  Inhalts  geschöpft  ist.  S. 


Verlag  von  Ernst&Kurn  (Willielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redactioii  des  nichtamtliclien  Theilcs  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


401 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin^  27.  September  1890.  Nr.  39. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen; 

W.  Wilhelmsträfse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslände  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal  -  Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Einsturz  der 
Prager  Karlsbrücke.  —  Verschiedene  Formen  des  Eisenbahn -Oberbaues.  —  lieber 
zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken  (Schlufs).  ~  NeueUrinafse  für  Länge  und 
Gewicht.  —  Neuer  Wagcuschieber  für  Eisenbahnfahrzeuge.  —  Vermischtes:  Er- 

langnng  von  Planskizzen  für  ein  Geschäftshaus  in  Dresden.  —  Neuere  Schnell¬ 
dampfer  der  Handels-  und  Kriegsmarine.  —  Weitgespannte  Brücken  der  Neuzeit. 
Schiffahrt  auf  dem  Ohio.  —  Geleiskrnmmungen  in  Nordamerica.  —  Neue  Patente. 

Amtliche  Mittheilungen. 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Kreis- 
Bauinspector,  Baurath  Prael  in  Hildesheim  und  dem  Kreis-Bau¬ 
inspector  Alberti  in  Swinemünde  bei  ihrem  Uebertritt  in  den  Ruhe¬ 
stand,  erstereni  den  Königlichen  Kronen-Orden  III.  Klasse,  letzterem 
den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse,  sowie  dem  Königl.  Regierungs- 
Baumeister  Pogge  in  Colberg  den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse 
zu  verleihen,  und  dem  Regierungs-  und  Baurath  Schelten  in 
Berlin  die  Annahme  und  Anlegung  des '  von  Sr.  Majestät  dem 
König  der  Niederlande  ihm  verliehenen  Ritterkreuzes  des  Verdienst- 
Ordens  vom  Niederländischen  Löwen  zu  gestatten,  ferner 
zu  Regierungs-  und  Bauräthen  zu  ernennen : 
den  Eisenbahn-Bauinspector,  Baurath  Niemann  in  Bromberg,  die 
Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspectoren,  Baurath  Wenderoth  in 
Weifsenfels,  Baurath  Viereck  in  Coblenz,  Baurath  Francke  in 
Nordhausen,  Baurath  Beil  in  Thorn,  Baurath  Gramer  in  Breslau, 
Baurath  Jacobi  in  Stettin,  Buddenberg  in  Breslau,  Buchholtz 
in  Königsberg  i.  Pr.,  Vogel  in  Breslau,  Bode  in  Magdeburg, 
Caesar  in  Altonaj  Fritze  in  Berlin,  Wessel  in  Köln,  Kluge  in 
Köln,  Luedef  in  Münster,  Heis  in  Frankfurt  a.  M.,  du  Plat  in 
Hannover,  Rennen  in  Köln,  Koch  in  Berlin,  Heinrich  in  Stettin, 
Schwedler  in  Erfurt  und  Crüger  in  Magdeburg; 

zu  Eisenbahn -Directoren  mit  dem  Range  der  Räthe  vierter 
Klasse  zu  ernennen: 

den  Eisenbahn -  Betriebsinspector,  Baurath  Wagner  in  Wies¬ 
baden  ,  die  Eisenbahn-Bau  -  und  Betriebsinspectoren ,  Baurath 
Menadier  in  Braunschweig,  Baurath  Schmitz  in  Frankfurt 
am  Main,  Doulin  in  Breslau,  Haafs  in  Altona,  Mackensen  in 
Dirschäu  und  Frederking  in  Braunschweig,  die  Eisenbahn-Ma¬ 
schineninspectoren,  Baurath  Sürth  in  Dortmund,  Thiele  in  Lein¬ 
hausen,  Brosius  in  Breslau,  Lamfried  in  Grunewald,  Holzheuer 
in  Btomberg,  Attern  genannt  Othegraven  in  Dortmund,  Köhler 
in  WTtten,  Erdmann  in  Magdeburg,  Monje  in  Speldorf,  May  in 
Berlin,  Oestreich  in  Frankfurt  a.  M.,  Schaefer  in  Trier,  Callam 
in  Berlin,  Reck  in  Ratibor,  Müller  in  Berlin,  Schlesinger  in 
Köln  (Nippes),  Rustemeyer  in  Berlin,  Eberl  e  in  Breslau, 
Passauer  in  Altona,  Reichmann  in  Köln,  Braun  in  Köln,  Far¬ 
wick  in  Magdeburg,  Courtois  in  Berlin,  Garbe  in  Berlin,  Mertz 
in  Bromberg,  Meyer  in  Elberfeld,  Meyer  in  Erfurt,  Bork  in 
Tempelhof,  Schumacher  in  Potsdam,  Kohn  in  Köln,  Esser  in 
Köln,  Schmitz  in  Köln,  Klopsch  in  Kattowitz  und  Keller  in 
Düsseldorf; 

den  Charakter  als  B^urath  zu  verleihen: 

den  Eisenbahn-Bau-  undBetriebsinspectorenRöhner  in  Allenstein, 
Bü  scher  in  Lissa,  Gottstein  in  Kattowitz,  Hör wicz  in  Hoyerswerda, 
König  in  Frankfurt  a.  M.,  Steigertahl  in  Braunschweig,  Ehren¬ 
berg  in  Arnsberg,  Vollrath  in  Halberstadt,  Rieken  in  Berlin  und 
Zinkeisen  in  Leipzig,  sowie  den  Eisenbahn -Maschineninspectoren 
Weifs  in  Berlin,  Dickh  aut  in  Cassel,  Köster  in  Hannover,  Köhler 
in  Neuwied,  Jung  in  Limburg  a.  d.  Lahn,  Kielhorn  in  Posen, 
Becker  in  Hannover,  Neuschaefer  in  Wiesbaden,  Urban  in  Cassel, 
Klövekorn  in  Bromberg,  Böckerin  Oberhausen,  Ulrich  in  Altona, 
Schneider  in  Neumünster,  Franck  in  Bromberg,  Vockrodt  in 
Cassel,  Müller  in  Witten,  Hirsch  in  Erfurt,  Eichacker  in  Siegen, 
Klemann  in  Guben,  Beilach  in  Königsberg  i.  Pr.,  Schneemann 
in  Leinhausen,  Scheibke  in  Allenstein,  Stösger  in  Stettin,  Jäh  ns 


in  Köln,  Brandt  in  Hamburg,  Tilly  in  Paderborn,  Oelert  in 
Halberstadt,  Eibacb  in  Cassel,  Liedei  in  Breslau,  Trapp  in 
Göttingen,  Wolf  in  Greifswald,  Heimann  in  Coblenz,  Müller  in 
Paderborn,  Meyer  in  Magdeburg,  Thomas  in  Magdeburg-Buckau, 
Stempel  in  Stolp,  Hummell  in  Lingen,  Claasen  in  Osnabrück, 
Lutterbeck  in  Berlin,  Vofsköhler  in  Schneidemühl,  Schroeter 
in  Cottbus,  Wenig  in  Saarbrücken  und  Fank  in  Wesel. 

Versetzt  sind:  der  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Knipping  in 
Hildesheim  in  die  bisher  von  dem  Baurath  Prael  daselbst  bekleidete 
Kreis-Bauinspector-Stelle  für  den  Baukreis  Hildesheim  I,  der  Kreis- 
Bauinspector  Scholz  in  Bunzlau  nach  Hildesheim  in  die  Kreis-Bau¬ 
inspector-Stelle  für  den  Baukreis  Hildesheim  II,  der  Kreis- Bau¬ 
inspector  Ziolecki  in  Johannisburg  O./Pr.  in  gleicher  Amtseigen¬ 
schaft  nach  Bunzlau,  der  Wasser-Bauinspector  Hellmuth  in  Hameln 
nach  Danzig  behufs  Beschäftigung  bei  Herstellung  der  Deich-  und 
Schiffahrts- Anlagen  in  den  Weichsel -Mündungen,  der  Wasser-Bau- 
inspector  Eich,  bisher  im  technischen  Bureau  der  Bau-Abtheilung 
des  Ministeriums  der  öffentlichen  Arbeiten  in  Berlin,  als  Hafen-Bau¬ 
inspector  nach  Swinemünde,  der  Wasser-Bauinspector  Wolffram  in 
Diez  nach  Münster  i.  W.  als  Vorsteher  der  dortigen  Bauabtheilung 
beim  Bau  des  Schiffahrts  -  Canals  von  Dortmund  nach  den  Emshäfen, 
der  Wasser-Bauinspector  Teubert  in  Bromberg  in  gleicher  Eigen¬ 
schaft  nach  Diez  a.  d.  Lahn,  der  Wasser -Bauinspector  Allendorff 
in  Landsberg  a.  W.  in  gleicher  Eigenschaft  nach  Bromberg  und  der 
bisher  beim  Bau  des  Schiffahrts -Canals  von  Dortmund  nach  den 
Emshäfen  beschäftigte  Wasser -Bauinspector  Heekt  in  Münster  in 
die  Wasser-Bauinspector-Stelle  in  Stendal. 

Der  Kreis -Bauinspector,  Baurath  Julius  Koppen  in  Schmal¬ 
kalden  und  der  Wasser-Bauinspector,  Baurath  Treuhaupt  in  Lands¬ 
berg  a.  W.  treten  am  1.  October  d.  J.  in  den  Ruhestand. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  Ippach  in 
Biedenkopf  a.  d.  Lahn  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Der  Eisenbahn -Telegrapheninspector  Löbbecke  in  Frankfurt 
am  Main  ist  gestorben. 


Deutsches  Reich. 

Der  Candidat  des  Schitfbaufachs  Pilatus  und  der  Regierungs- 
Bauführer  Reimers  sind  zu  Marine -Bauführern  des  Schift’baufachs 
ernannt. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Be- 
triebsbauiuspector,  tit.  Baurath  Puchs,  Collegialhülfsarbeiter  bei  der 
Generaldirection  der  Staatseisenbahnen,  die  erledigte  Stelle  eines 
bautechnischen  Collegialmitglieds  bei  dieser  Generaldirection  unter 
Beförderung  zum  wirklichen  Baurath  und  dem  Ober-Maschinenmeister 
der  Generaldirection  der  Staatseisenbahnen,  tit.  Baurath  Klose,  die 
Stelle  des  maschinentechnischen  Collegialmitgliedes  dieser  General¬ 
direction  unter  Beförderung  zum  Ober-Baurath  zu  übertragen. 

Baden. 

Der  Bahningenieur  I.  Klasse  Otto  Spies  bei  der  Eisenbahnbau- 
inspection  Zollhaus  ist  dem  Bahnbauinspector  in  Heidelberg,  der 
Bahningenieur  Wilhelm  Fefsler  bei  der  Eisenbahnbauinspection 
Stühlingen  dem  Bahnbauinspector  in  Offenburg  und  der  Bahningenieur 
Karl  Weyer  bei  der  Eisenbahnbauinspection  Lörrach  dem  Bahnbau¬ 
inspector  in  Waldshut  zugetheilt  worden. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


27.  September  1890. 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Qskar  Hofsfeld, 


Der  Einsturz  der  Prager  Karlsbrücke, 


Die  altehrwürdige  Karl sbriicke,  der  Stolz  Böhmens,  das  geschicht¬ 
lich  wichtigste  Ingenieurwerk  der  österreichischen  Monarchie,  ist  am 
4.  September  den  tosenden  Fluthen  der  Moldau  zum  Opfer  gefallen. 
Am  3.  September,  morgens  3  Uhr,  war  der  Flufs  bereits  so  arg  ge¬ 
stiegen,  dafs  die  Bewohner  Prags  durch  Alarmschüsse  geweckt  werden 
mufsten.  Der  Strom  schwemmte  ungeheure  Mengen  von  Holz¬ 
werk  herbei,  und  schon  um  8  Uhr  früh  waren  fünf  Oeffuungen  der 
Karlsbrücke  vollständig  verlegt.  Um  9  Uhr  ertönten  wiederum 
Alarmschüsse  und  kündeten ,  als  der  Pegel  bereits  3  m  über  Null 
zeigte,  das  Herannahen  einer  noch  gröfseren  Gefahr;  um  2  Uhr 
mittags  stand  der  Pegel  schon  auf  5  m.  Zahlreiche  Flösse 
langstämmigen  Bauholzes,  eine  losgerissene  Schwimmschule  und 
sonstiges  Holzwerk  hatten  die  meisten  Brückenöffnungen  geradezu 
verrammelt;  alles  Holz  war  wirr  durcheinander  geschoben  und 
längs  der  schiefen  Ebenen  der  Eisböcke  bis  zur  Höhe  der  Brücken¬ 
bahn  aufgestaut  worden.  Die  Nacht  über  stieg  das  Wasser  immer 
mehr,  und  am  4.  September  im  Morgengrauen,  51/2  Uhr  früh,  stürzten 
zwei  nebeneinander  liegende  Bögen,  um  9V2  Uhr  vormittags  dann  der 
dritte  Nachbarbogen  ein.  Bei  dem  ersten,  unerwarteten  Sturze 
wurden  nach  bishei'igen  Erhebungen  vier  Menschen  mit  in  die  Tiefe 
gerissen.  Um  9  Uhr  zeigte  der  Pegel  bei  der  Kettenbrücke  bereits 
5,64  m  über  Null,  um  7  Uhr  abends  begann  das  Wasser  endlich  zu 
fallen.  Die  furchtbare  Gewalt  der  Fluthen  läfst  sich  am  besten  er¬ 
messen,  wenn  bedacht  wird,  dafs  der  normale  Durchflufs  in  Prag 
etwa  60  cbm  in  der  Secunde  beträgt  und  dafs  er  nach  den  auf  die 
Studien  Harlachers  gegründeten  Erhebungen  des  Prager  hydrotech¬ 
nischen  Amtes  während  der  Hochwassertage  rund  4600  cbm  in  der 
Secunde  bei  3,5  m  Geschwindigkeit,  und  damit  etwa  so  viel  betragen 
hat  wie  die  normale  Prager  Regenmenge  während  eines  halben  Jahres. 

Am  5.  September  reiste  ich  zur  Besichtigung  des  Brückenschadens 
nach  Prag  und  fand  an  diesem  Tage  die  folgende,  in  der  Abbildung 
dargestellte  Sachlage.  Die  drei  zerstörten  Oeffnungen  liegen  ziemlich 
in  der  Mitte  der  eigentlichen  Strombrücke  zwischen  der  Altstadt  und 
der  Insel  Kampa.  Die  sämtlichen  Oeffnungen  der  Kleinseiter 
Brückenhälfte  waren  vollständig  mit  Holz  verrammelt,  die  zerstörten 
Oeffnungen  und  jene  der  Brückenhälfte  gegen  die  Altstadt  hin 
waren  um  diese  Zeit  ganz  frei  von  Holz,  und  durch  sie  wälzte  sich 
vornehmlich  der  tosende  Strom.  Die  Eisböcke  waren  gänzlich  unter 
Wasser,  die  Wasserlinie  stand  über  den  Kämpfern  der  Segment¬ 
bögen.  Zwischen  den  drei  zerstörten  Oeffnungen  I,  II,  III  (gezählt 
von  der  Altstadt  her)  ragten  die  Pfeiler  1  und  2  in  die  Luft.  Der 
Pfeiler  1  erschien  als  ein  gegen  die  Kleinseite  geneigter  formloser 
Mauerklumpen.  Der  Pfeiler  2,  welcher  noch  das  Standbild  St.  Jo¬ 
hannes’  von  Nepomuk  trug,  erschien  verschoben,  und  die  noch 
stehen  gebliebenen  Bogenschenkel  griffen  consolartig  nach  beiden 
Seiten  hin  weit  in  die  Luft;  ebenso  kragten  in  den  zerstörten  Oeff¬ 
nungen  I  und  HI  die  stehengebliebenen,  entsprechenden  Gewölbe¬ 
schenkel  weit  aus.  Die  Brückenbahn  war  kurz  abgebrochen,  und 
die  Trambahnschienen  hingen  in  der  Luft. 

Der  Anblick  der  zerstörten  Brücke  ist  ein  geradezu  ergreifender 
und  erweckt  in  jedem  Landeskinde  tiefe  Wehmuth.  Allein  von  einer 
vollständigen  Zerstörung  des  herrlichen,  statuengeschmückten  Bau¬ 
werkes  kann  keine  Rede  sein,  und  die  Wiederherstellung  ist  nur 
eine  Zeit-  und  Geldfrage.  Wenn  man  nämlich  die  Brücke  aus  der 
Ferne  betrachtet,  so  erscheinen  die  Linien  und  „Fluchten“  der 
stehengebliebenen  beiden  Brückenhälften  ungestört,  und  mit  einem 
scharfen  Feldstecher  —  der  Zutritt  zur  Brücke  war  verboten  — 
konnte  ich  aus  thunlichster  Nähe  (bei  den  Mühlen  am  Kai)  bemerken, 
dafs  die  stehengebliebenen  Gewölbe  keinerlei  Risse  zeigten.  Es 
haben  also  gerade  die  —  allerdings  das  Strombett  verengenden  — 
alterthümlich  starken  Pfeiler  die  Standsicherheit  der  übrigen  Brücken- 
theile  gerettet. 

Wenn  man  das  hier  wiedergegebene  Bild  betrachtet,  so  erklären 
sich  auch  die  Ursache  und  der  Gang  der  stattgefundenen  Zerstörung. 
Pfeiler  1  zeigt  durch  seine  Zerberstung  und  vornehmlich  durch  seine 
Neigung  gegen  die  Kleinseite  hin  an,  dafs  hier  die  Ausgangsstelle 
des  Unglückes  zu  suchen  ist;  er  wurde  von  dem  Holzwerke  theils 
zerrammt,  offenbar  aber  vornehmlich  von  den  Fluthen  in  der  Oeff- 
nung  II  unterwaschen.  Seine  Neigung  löste  die  Spannung  des 
Bogens  I  und  drückte  den  Bogen  II  in  die  Höhe,  was  auch  durch 
die  unmittelbar  vor  dem  Einsturze  über  die  Brücke  geflohenen  Per¬ 
sonen  insofern  bestätigt  wird,  als  diese  ein  wellenförmiges  Aufsteigen 


des  Pflasters  bemerkt  haben  wollen.  Durch  diesen  um  5V2  Uhr  früh 
stattgefundenen  Einsturz  der  Bögen  I  und  II  verlor  der  Pfeiler  2 
(mit  dem  Nepomukstandbilde)  seine  Verspannung,  er  verschob  sich, 
ist  wahrscheinlich  ebenfalls  untersj)ült,  und  die  Bewegung  wurde 
schliefslich  so  arg,  dafs  um  91/2  Uhr  der  Bogen  III  zu  Falle  kam. 

Aus  dem  Ganzen  ergiebt  sich,  dafs  der  eigentliche  wunde  Punkt 
der  Prager  Brücke  in  den  Pfeilern  und  vornehmlich  in  deren  Funda¬ 
menten  liegt,  und  dafs  die  künftige  Erhaltung  des  Bauwerkes  eine 
eingehende  Untersuchung  und  Sicherung  dieser  Bestandtheile  der 
Brücke  erheischt,  wie  solches  bereits  seitens  des  Prager  Stadtbau¬ 
amtes  vor  mehreren  Jahren  bei  einigen  Pfeileim  mit  Erfolg  durch¬ 
geführt  worden  ist.  Diese  Schwäche  der  Fundamente  darf  indes  bei 
einem  so  alten  Bauwerke  nicht  wundern;  denn  es  stammt  aus  einer 
Zeit,  in  welcher  der  Mauerverband  leicht  genommen,  die  Wahl  des 
Materials  oft  flüchtig,  die  Kunst  tief  und  sicher  zu  gründen  sehr 
wenig  ausgebildet  war,  und  in  welcher  man  diese  letztere  technische 
Unvollkommenheit  durch  die  gröfsere  Standfestigkeit  sehr  dicker 
Pfeiler  auszugleichen  suchte.  Freilich  engte  man  hierdurch  den 
Durchflufsraum  gerade  wieder  ein  und  rief  also  starke  Geschwindig¬ 
keiten  und  damit  Aufrührungen  des  Untergrundes  hervor.  That- 
sächlich  lehrt  auch  die  Geschichte  der  einzelnen  mittelalterlichen 
Brücken,  dafs  bei  diesen  Bauwerken  die  gänzlichen  und  die  bogen¬ 
weisen  Einstürze  keine  Seltenheit  und  die  Wiederherstellungen  fast 
dauernd  gewesen  sind.  So  stürzte  die  Prager  Judithbrücke*)  1272 
theilweise  und  1342  fast  gänzlich  ein;  so  wurde  die  Dresdener  Brücke 
in  den  Jahren  1336,  1342,  1431,  1432,  1446,  1447,  1501,  1571  arg  be¬ 
schädigt.  1342  ging  aus  ähnlichen  Gründen  die  Würzburger  Brücke 
fast  gänzlich  verloren,  die  Raudnitzer  Brücke  verschwand  bis  auf 
einige  Pfeilerreste  gänzlich.  So  wurde  auch  die  Regensburger 
Brücke**)  1565,  1587,  1595,  1608,  1709  (an  6  Pfeilern),  1784,  1789 
(an  3  Pfeilern)  arg  beschädigt,  und  so  lehrt  die  hier  folgende  kurze 
Geschichte  der  Karlsbrücke,  dafs  auch  sie  schon  in  früheren  Zeiten 
sehr  arg  gelitten  hat. 

Nach  den  Chroniken  bestanden  in  Prag  in  den  ältesten  Zeiten 
Fähren  über  die  Moldau.  795  wurde  eine  hölzerne  Brücke  gebaut,  die 
jedoch  1159  gänzlich  weggerissen  wurde.  Dann  baute,  fast  an  der 
nämlichen  Stelle,  wo  jetzt  die  Karlsbrücke  steht,  die  Gemahlin  König 
Vladislavs  I.  in  den  drei  Jahren  1169  bis  1171  die  nach  ihr  benannte  ge¬ 
wölbte  Judithbrücke,  welche  24  Oeffnungen  besafs.  Nach  der  Zerstörung 
dieses  Bauwerks  durch  das  Hochwasser  des  Jahres  1342,  welche  der 
Chronist  „Franciscus  von  Prag“  mit  den  Worten  beklagt,  „dafs  gleich¬ 
sam  die  Krone  des  Königreiches  gefallen  sei“,  plante  Kaiser  Karl  IV 
sofort  die  jetzige  Brücke,  und  es  scheint  der  1344  vom  Kaiser  berufene 
Dombaumeister  Mathias  von  Arras,  welcher  den  Prager  Dom  (1344) 
und  den  Karlstein  (1348)  gegründet  hat,  derjenige  Meister  zu  sein, 
der  auch  die  ersten  Pläne  zur  Karlsbrücke  entwarf.  Indes  konnte, 
muthmafslich  wegen  der  Wegräumung  der  Trümmer  der  Judithbrücke, 
die  nach  den  Chronisten  das  ganze  Flufsbett  gesperrt  hatten,  der 
neue  Bau  nicht  sofort  begonnen  werden;  auch  starb  Meister  Mathias 
schon  1352.  Sein  Nachfolger  war  bekanntlich  Peter  von  Schwäbisch 
Gmünd,  genannt  Peter  Arier,  und  dieser  gilt  als  4er  erste  Werk- 
Meister  der  Pi-ager  Brücke,  welche  nach  Tomek  (II  S.  41)  am  9.  Juli  1357 
gegründet  wurde.  Unruhen,  Kriege  und  sonstige  Verhältnisse  waren 
jedoch  Ursache,  dafs  der  Bau  erst  im  Jahre  1502,  also  nach  145  Jahren, 
zur  Zeit  Königs  Vladislavs  II.  fertiggestellt  werden  konnte.  Nach 
den  Chroniken  traten  schon  während  der  Ausführung  arge  Beschädi¬ 
gungen  durch  Hochwasser  und  Eisstöfse  ein,  so  namentlich  in  den 
Jahren  1432  und  1495.  Namhafte  Zerstörungen  der  Brücke  fanden 
indes  erst  in  den  Jahren  1503  und  1784  statt.  Die  letztere  verursachte 
eine  Ausbesserung  von  fünfjähriger  Dauer,  und  eine  auf  der  Brücke 
angebrachte  lateinische  Inschrift  lehrt,  „dafs  Kaiser  Josef  II.  die 
bereits  vom  Alterthume  verletzte  und  1784  vom  Eisstöfse  fast 
ganz  zerstörte  Brücke  mit  neuen  Unterbauten  versehen  liefs“.  Die 
bedeutenden  Hochwässer  der  Jahre  1845  und  1872  brachten  der 
Brücke  keinen  merklichen  Schaden.  Die  beiden  architektonisch  be¬ 
rühmten  Brückenthürme  scheinen  1380  begonnen  worden  zu  sein, 
die  jüngst  wiederhergestellte  Rolandssäule  deutet  auf  das  Ende  des 
14.  Jahrhunderts.  Zur  Geschichte  der  Karlsbrücke  gehört  noch  die 
Erwähnung,  dafs  die  ihre  besondere  künstlerische  Berühmtheit 

*)  Rziha,  Geschichte  der  Judithbrücke  in  den  Mittheilungen  des 
Vereins  für  die  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen,  Prag  1878. 

**)  Kleinstäuber,  Geschichte  der  Regensburger  Brücke,  1878. 


Ir.  39. 


Oentralblatt  der  Bauverwalf ang. 


403 


begründenden  Standbilder*)  erst  im  17.  Jahrhnnderte'  aufgestellt 
wurden,  sowie  dafs  das  bekannte  Standbild  St.  Johailnes’  von  Nfe' 
pomuk  vom  Kreishauptmann  von  Wunschwitz  im  Jahre  1683  ge¬ 
stiftet,  von  Eauchmüller  in  Wien  entworfen,  von  Johann  Prokoff 
modellirt  und  von  Herold  in  Nürnberg  in  Erz  gegossen  wurde. 

Die  Karlsbrücke  gehört  zu  den  hervorragendsten  Ingenieur- Werken 
des  Mittelalters,  wie  es  ihre  Ausmafse  und  ihre  Zeitstellung  in  der  Ge¬ 
schichte  der  gewölbten  Brücken  beweisen.  Die  Brücke  ist  von  Thurm 
zu  Thurm  519,8  m  lang,  sie  enthält  18  Oeffnungen,  von  denen  10  auf 
die  eigentliche  Strombrücke  entfallen.  Die  Brückenbahn  steigt  von 
beiden  Seiten  an;  in  der  Mitte  nähern  sich  die  Wölbungen  einem 
Halbkreise,  gegen  die  Enden  hin  sind  immer  flachere  Segmentbögen 
gespannt.  Die  Spannweite  ist  nicht  ganz  gleich  und  mifst  zumeist 
23,3  m;  die  Pfei¬ 
lerstärke  beträgt 
meist  9,48  m,  also 
mehr  als  den  dritten 
Theil  der  Spann¬ 
weite,  durch  wel¬ 
ches  Verhältnifs  die 
Stromweite  von 
rund  320  m  auf  rund 
233  m,  also  auf  etwa 
70  pCt.,  eingeengt 
wird.  Die  Breite  der 
Fahrbahn  einschl. 
der  Gehwege  wech¬ 
selt  zwischen  9,8 
und  10,4  m ;  die  Ge- 
wölbsstärke  mifst 
aufsen  (2  ßoll- 
schichten)  1,45  m. 

Die  Pfeiler  haben 
beiderseits  drei¬ 
eckige,  spitzwink¬ 
lige  Vorköpfe,  wel¬ 
che  die  erwähnten 
Standbilder  tragen, 
von  denen  die  älte¬ 
ren  von  Ferdinand 
und  J  ohann  Prokoif, 

Braun,  Fäckel ,  Mayer,  Mendel,  Kohl  und  Platzer,  die  neueren 
von  Künstlern  der  Gegenwart  gemeifselt  wurden.  Die  ganze  Brücke 
ist  aus  Quadern  erbaut.  Wir  haben  es  also  mit  einer  Brücke 
von  grofser  Länge  und  für  die  damalige  Zeit  von  grofser 
Spannweite  zu  thun.  In  betreff  ihrer  Stellung  in  der  Geschichte 
der  Baukunst  giebt  das  folgende  Verzeichnifs  (geordnet  nach 
den  Jahren  des  Baubeginnes)  der  wichtigsten  gewölbten  Brücken 
des  Mittelalters  (bis  zur  Zeit  der  Entdeckung  von  America)  Aus¬ 
kunft**):  Kösen  bei  Naumburg  (982),  Erneuerung  der  Drususbrücke 

.  *)  Welleba,  Die  Statuen  der  Prager  Brücke  (mit  sehr  schönen 
Abbildungen),  Prag  1827. 

**)  Räiha,  Geschichte  der  steinernen  Brücken,  Wiener  Welt¬ 
ausstellungsbericht  1873. 


,  ibei  Bingen  (lOlUj  Fulda  (1033),  Dresden  (1119),  Würzburg  (1133), 

'  Regehsbürg  (ll3ö),-  Judithbrücke  in  Prag  (1169),  Themsebrücke  in 
London, (1176),  Ponte  vecchio  in  Florenz  (1177),  Avignon  (1178),  Ponte 
alle'graziä  in  Florenz  (1236),  Trinitas  in  Florenz  (1251),  Guillotiere 
in  Lyon  (1265),  Heilige  Geist-Brücke  über  die  Rhone  (1285),  Pisek  in 
Böhmen  (um  1300)^  Ponte  alle  caraja  in  Florenz  (1333),  Raudnitz  in 
Böhmen  (1333),  Moselbnieke  in  Coblenz  (1334),  Ceretbrücke  über  den 
Tech  (1336),  Pavia  (1351),  Verona  (1354),  Karlsbrücke  in  Prag 
(1357),  Castellanebrücke  über  den  Verdon  (1404),  alte  Notredame- 
brücke  in  Paris  (1412),  Fleischerbrücke  in  Nürnberg  (1448),  Vielle- 
Brioudebrücke  über  den  Allier  (1454).  Diese  Werke  entstammen  aus 
zwei  Schulen.  Die  eine  war  die  der  Laienmeister,  welche  bis  zur  Zeit 
der  Prager  Brücke  nachweislich  durch  Fotius  in  Dresden  (1119), 

Enzelino  in  Würz¬ 
burg  (1133),  Her¬ 
bold  in  Regensburg 
(1135),  Frescobaldi 
und  Ammati  in  Flo¬ 
renz  (1251),  di  Cam- 
pi  in  Florenz  (1333), 
della  Scala  in  Ve¬ 
rona  (1354)  sowie 
Matthias  von  Arras 
(1344)  und  Peter 
Arier  (1357),  beide 
in  Prag,  vertreten 
erscheinen.  Die  an¬ 
dere  Schule  ist  jene 
des  geistlichen  Or¬ 
dens  der  Brücken¬ 
bauer  (der  Freres 
pontifes).  Dieser 
Orden  wurde  zur 
Zeit  der  Kreuzzüge, 
welche  seit  Rom  die 
Wegebauten  wieder 
hervorgerufen  hat¬ 
ten,  von  Benedict  II 
gegründet ,  von 
Papst  Clemens  III 
im  Jahre  1189  be¬ 
stätigt  und  hat  von  den  genannten  Brücken  nachweislich  jene  in 
Avignon  und  Lyon  hergesteilt. 

Aus  dieser  technischen  und  geschichtlichen  Schilderung  ist  zu 
entnehmen,  dafs  die  Prager  Brücke  einen  Markstein  in  der  Geschichte 
der  Ingenieurwissenschaft  bildet,  welcher  um  so  wichtiger  ist,  als  ja 
diese  Wissenschaft  ihren  Empirismus  während  des  Mittelalters  gerade 
durch  den  Brückenbau  wie  durch  den  Bergbau  geschöpft  und  ihren 
neuen  Geist  erst  durch  die  Schule  Galileis  empfangen  hat.  Daher  ist 
auch  die  Verunglückung  dieses  Werkes,  an  das  alle  grofsen  Be¬ 
wegungen  der  Geschichte  Böhmens  geknüpft  sind,  nicht  allein  ein 
eng  vaterländisches,  sondern  ein  überall  empfundenes  trübes  Er- 
eignifs. 

Wien,  12.  September  1890.  Prof.  Franz  v.  Rziha. 


Holzstich  v.  O.  Ehel. 

Die  eingestürzte  Karlsbrücke  in  Prag  am  5.  September  1890. 


Ansichten  über  verschiedene  Formen  des  Eisenhahn-Oherhaues. 


Auf  Seite  157  und  158  d.  J.  ist  von  kundiger  Seite  ein  Vergleich 
zwischen  dem  Oberbau  mit  breitfüfsigen  Schienen  und  dem  englischen 
Stuhlschienen -Oberbau  angestellt.  Das  Ergebnifs  lautet  für  die 
letztere  Anordnung  so  günstig,  dafs  die  daran  geknüpfte  Anregung 
zu  erneuten  Versuchen  mit  Stuhlschienen-Oberbau  ernstliche  Beach¬ 
tung  verdient,  trotzdem  solche  Versuche  vielleicht  den  Anschein  der 
Rückkehr  zu  einer  in  Deutschland  längst  verlassenen  Bauweise  er¬ 
wecken  könnten. 

Ist  nun  diese  Befürchtung  auch  unbegründet,  da  —  wie  in 
der  vorerwähnten  Abhandlung  mit  Recht  geltend  gemacht  wird  — 
der  jetzige  englische  Stuhlschienen  -  Oberbau  einen  viel  höheren 
Grad  der  Vollkommenheit  besitzt,  als  der  ehemalige  deutsche,  so 
würde  man  doch  nicht  umhin  können,  aus  der  Wiedereinführung  der 
Stuhlschienen  bei  uns  den  Schlufs  zu  ziehen,  dafs  wir  mit  der  Aus¬ 
bildung  des  Eisenbahn  -  Oberbaues  von  der  anfänglich  betretenen 
richtigen  Bahn  abgewichen  und  lange  Jahre  auf  falschem  Wege  ge¬ 
wandelt  seien.  Ein  solcher  Lauf  der  Dinge  müfste  aber  im  Hinblick 
auf  die  grofse  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  und  angesichts  der 
vielen  hervorragenden  Kräfte,  welche  bei  der  Behandlung  derselben 
mitgewirkt  haben,  räthselhaft  erscheinen,  wenn  nicht  die  Ent¬ 
scheidung  der  auf  die  zweckmäfsigste  Gestaltung  des  Eisenbahn- 
Oberbaues  bezüglichen  Fragen  so  aufserordentlich  schwierig  und  in 
hohem  Grade  durch  örtliche  Verhältnisse  bedingt  wäre.  Beispiels¬ 


weise  möge  nur  auf  den  sehr  verschiedenen  Einflufs  hingewiesen 
werden,  welchen  die  Höhe  der  Anlagekosten  auf  den  Reinertrag 
einer  stark  befahrenen  gegenüber  einer  schwach  befahrenen  Eisen¬ 
bahnlinie  ausübt.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  selbst  ein  sehr  theurer 
Oberbau  für  die  erstere  ganz  wohl  erschwinglich  sein  kann,  während 
die  andere  Mühe  hat,  die  Zinsen  der  Anlagekosten  selbst  bei  An¬ 
wendung  eines  möglichst  billigen  Gestänges  aufzubringen.  Diese 
Verschiedenheit  macht  sich  noch  schärfer  geltend,  wenn  die  das  ver¬ 
kehrreichere  Land  bedienende  Bahn  zugleich  mit  höheren  Löhnen 
rechnen  mufs  als  die  andere,  weil  dann  natürlich  auch  die  mit  dem 
stärkeren  Oberbau  zu  erreichende  Ersparnifs  an  Unterhaltungskosten 
um  so  schwerer  ins  Gewicht  fällt.*)  Alles  erwogen,  bleibt  es  freilich 
doch  eine  merkwürdige  Thatsache,  dafs  in  England  fast  nur  der 
Stuhlschienen-Oberbau  in  Gebrauch  steht,  dafs  man  in  dem  nahe 
verwandten  America  dagegen  —  ebenso  wie  in  unserem  ganz  anders 

*)  Dafs  die  englischen  Bahnen  sich  im  allgemeinen  durch  Kost¬ 
spieligkeit  der  Anlage  und  hohe  Frachtsätze  auszeichnen,  ist  bekannt. 
Einzelnen  dieser  Bahnen  sagt  man  nach,  dafs  sie  —  um  nicht  auf 
Grund  ihres  hohen  Reinertrages  zu  der  gesetzlich  vorgeschriebenen 
Ermäfsigung  der  Frachtgebühren  gezwungen  zu  werden  —  an  sich 
unnöthige,  theure  Bauten  ausgeführt  haben.  Für  eine  derartige 
künstliche  Erhöhung  des  Anlagecapitals  hat  die  englische  Börsen¬ 
sprache  sogar  einen  besonderen  Fachausdruck:  watering  the  stock. 


404 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


27.  September  1890. 


gearteten  Vaterlaude  —  diesen  Oberbau  vollständig  verlassen  hat 
lind  zur  breitfüfsigen  Schiene  übergegangen  ist,  während  in  Frank¬ 
reich  beide  Oberbauarten  nebeneinander  augewendet  werden.  Es 
scheint  hiernach ,  dafs  bei  der  Bevorzugung  der  einen  oder  anderen 
Bauweise  doch  sehr  viel  persönlicher  Geschmack  und  vorgefafste 
Meinung  im  Spiele  sind,  weshalb  zur  völligen  Klärung  der  Frage 
die  Beobachtung  nicht  nur  der  Schienen  und  Schwellen,  sondern 
auch  der  Menschen  erforderlich  sein  dürfte,  die  von  ihnen  Gebrauch 
machen.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  sind  die  nachstehenden 
Aeufserungen  einiger  englischen  Fachmänner  wohl  der  Mittheilung 
werth. 

In  der  diesjährigen  Hauptversammlung  des  englischen  Maschinen¬ 
ingenieur-Vereins  (Institution  of  Mechanical  Engineers)  hielt  u.  a. 
der  bekannte  Ingenieur  C.  F.  Sandberg  einen  Vortrag  über 
Flufseisenschienen,  bei  welcher  Gelegenheit  auch  die  Frage  der 
Querschnittsform  der  Schienen  erörtert  wurde.  Mit  Bezug  hierauf 
tadelte  einer  der  Zuhörer,  J.  Head,  in  der  an  den  Vortrag  geknüpften 
Besprechung,  dafs  Sandberg  die  Anwendung  der  breitfüfsigen  Schiene 
auf  dem  Festlande  gewissermafsen  zu  entschuldigen  versucht  und  sich 
dagegen  verwahrt  habe,  diese  Schienenform  für  England  empfehlen  zu 
wollen.*)  Er  sei  im  Gegentheil  der  Ansicht,  dafs  gerade  die  breitfüfsige 
Querschnittsform  wegen  der  damit  zu  erreichenden  gröfseren  Sicher¬ 
heit  gegen  Kanten  die  zweckmäfsigere  sei.  Bei  dem  Entwerfen  der 
Doppelkopfschiene  sei  man  von  Voraussetzungen  ausgegangen,  die 
sich  zum  Theil  durch  die  Erfahrung  als  hinfällig  erwiesen  hätten,  wie 
z.  B.  die  Kücksichtnahme  auf  die  Möglichkeit  des  Umwendens  abge¬ 
fahrener  Schienen.  Die  Nordostbahn  habe  eine  Strecke  mit  breit¬ 
füfsigen  41  kg/m  schweren  Schienen  auf  Flufseisenschwellen  gebaut, 
welche  er  seit  einigen  Jahren  sehr  häufig  benutze;  er  könne  bezeugen, 

*)  Engineering,  Heft  1283,  Seite  135. 


dafs  ihin  stets  die  grofse  Ruhe  auffalle,  mit  welcher  der  Zug  läuft, 
sobald  er  auf  diese  Strecke  kommt.  Ein  anderer  Zuhörer  theilte 
mit,  dafs  die  genannte  Bahn  in  dem  erwähnten  Falle  die  breitfüfsige 
Schiene  hauptsächlich  deswegen  angewendet  habe,  weil  die  Be¬ 
festigung  der  Doppelkopfschienen  auf  den  eisernen  Schwellen  grofse 
Schwierigkeiten  bot.  Im  übrigen  hielt  es  nur  ein  einziges  Mitglied 
der  Versammlung  für  angezeigt,  den  Ausführungen  Heads  entgegen¬ 
zutreten.  Der  Vorsitzende,  J.  Tomlinson,  erklärte  nämlich  rund 
heraus,  die  breitfüfsige  Schiene  sei  „eine  der  schlechtesten  Formen 
(types),  die  ein  Ingenieur  überhaupt  anwenden  könne“.  Er  habe 
während  seiner  Tliätigkeit  bei  der  Londoner  Stadtbahn  mit  dieser 
Schiene  Erfahrungen  gemacht;  er  finde  an  derselben  auszusetzen,  dafs 
sie  an  den  Weichen  und  Kreuzungen  abgehauen  werden  inüsse  (the 
rail  had  to  be  cut  away)  und  dafs  die  breitfüfsige  Schiene  eine  viel 
längere  Zeit  zu  ihrer  Auswechslung  erfordere,  als  die  Stuhlschiene, 
nämlich  etwa  eine  Stunde  gegen  sechs  Minuten. 

Mit  diesen  zwei  Vorwürfen,  von  denen  der  erste  übrigens  nicht 
recht  verständlich  ist,  wird  die  scharfe  Verui'theilung  der  breitfüfsigen 
Schienen  offenbar  etwas  dürftig  begründet.  Wenn  es  sich  auf  den 
letzteren,  wie  Head  behauptet,  ruhiger  und  sicherer  fährt,  so  kann 
dagegen  die  Bequemlichkeit  des  Auswechselns  der  Stuhlschienen 
wohl  kaum  in  Betracht  kommen,  da  die  Schienen  im  allgemeinen 
doch  des  Befahrens  und  nicht  des  Auswechselns  wegen  da 
sind.  Selbst  auf  den  Stadtbahnen  geht  die  Abnutzung  noch  nicht 
so  schnell  vor  sich,  dafs  der  Werth  eines  Oberbaues  lediglich  nach 
seiner  Umbaufähigkeit  beurtheilt  werden  müfste. 

Es  liegt  also  die  bemerkenswerthe  Thatsache  vor,  dafs  das  im 
Laufe  einer  eingehenden  Erörterung  vor  einem  hochstehenden  Verein 
englischer  Fachleute  über  den  Oberbau  mit  (schweren)  breitfüfsigen 
Schienen  ausgesprochene  günstige  Urtheil  einen  mit  triftigen 
Gründen  belegten  Widerspruch  nicht  erfahren  hat.  — Z. — 


TJeber  zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken. 

(Schlufs  aus  Nr.  31.) 


13.  Die  Betten. 

In  Kliniken  ist  besonderer  Werth  darauf  zu  legen,  dafs  die 
häufigen  Verunreinigungen  ausgesetzten  Lagerstätten  in  allen  Theilen 
leicht  gereinigt  werden  können,  weshalb  schwer  zugängliche  Ver¬ 
tiefungen  und  Winkel  zu  vermeiden  sind.  Die  Bettstellen  werden 
zu  diesem  Zwecke  fast  ausnahmislos  aus  Eisen  gefertigt,  und  zwar 
in  allen  aufsen  sicht¬ 
baren  und  mit  dem 
Körper  in  Berüh¬ 
rung  kommenden 
Theilen  aus  Ilund- 
eisen  und  in  den 
verdeckten  Theilen 
aus  sogenanntem 
Formeisen.  Für  die 
runden  Theile  wer¬ 
den  meistens  ver¬ 
schraubte  Gasröh¬ 
ren  von  26  mm 
Durchmesser  ver¬ 
wendet. 

Als  Unterstütz¬ 
ung  für  die  Lager- 
matratzen  haben 
sich  elastische  Bö¬ 
den  aus  gehobelten 
Holzlatten ,  welche 
mit  Spiralfedern  auf 
einem  unteren  Holz¬ 
rahmen  aufliegen, 
am  besten  bewährt; 

Ijei  dieser  Con- 
struction  wird  nicht 
nur  die  Bewegung 
der  Kranken  er¬ 
leichtert  und  eine 
Beschädigung  der  Matratzen  vermieden,  sondern  auch  eine  leichte 
Reinigung  aller  Betttheile  ermöglicht.  Der  Holzlatten  -  Rost 
i  vergl.  Abb.  30)  ist  an  allen  Kanten  abzurunden  und  zu  ölen.  Ein¬ 
lagen  von  Drahtgeflecht  oder  Bandeisen  zur  Unterstützung  der 
Jjagermatratzen  haben  sich  nicht  so  gut  bewährt,  da  sie  schwerer 
■AM  reinigen  sind,  leicht  rosten  und  die  Matratzen  durch  scharfe 
Kanten  beschädigen.  Da  wo  die  Betteinlagen  mit  Drahtgeflechten 
ausgestattet  sind,  wie  in  der  neuen  Frauenklinik  in  Breslau,  hat 
man  sich  genöthigt  gesehen,  das  Geflecht  zur  Vermeidung  von  Be¬ 
schädigungen  der  Matratze  mit  Decken  aus  starker  Leinewaud  zu 


belegen.  In  der  vorerwähnten  Klinik  ist  die  aus  Drahtgeflecht  her^ 
gestellte  Einlage  mit  einem  stellbaren  Kopftheil  versehen  (vergl. 
Abb.  29).  Seitenlehnen  sind  bei  den  Bettstellen  für  Erwachsene  nicht 
üblich,  da  sie  das  Ein-  und  Ausbringen  der  Kranken  erschweren;  es 
genügen  kurze  Eckverbindungsstücke  zur  Versteifung  des  Bettgerüstes 
an  den  Enden.  Die  Bettstellen  werden  am  Kopf-  und  Fufsende 
meist  durch  polirte  Holzplatten  abgeschlossen,  welche  bisweilen  ab¬ 
nehmbar  eingerichtet  sind.  Am  Kopfende  der  Bettstelle  befindet  sich 
eine  Eisenstange  mit  Vorrichtungen  zur  Befestigung  einer  Tafel  und 
zum  Auf  hängen  von  Kleidern;  die  Tafel  dient  zum  Aufschreiben  der 
Namen,  der  ärztlichen  Diagnose  usw.  Eine  Bettstelle  zweckmäfsiger 
Bauart  ist  in  Abb.  30  dargestellt.  Der  elastische  Boden  be¬ 
steht  hier,  wie  schon  oben  angedeutet,  aixs  einem  unteren,  an 
dem  eisernen  Bettgerüst  befestigten  Holzrahmen,  auf  welchem  drei 


Abb.  31.  Kinderbettstelle. 


Reihen  Spiralfedern  befestigt  sind,  die  einen  Rost  von  gehobelten 
Latten  tragen;  letztere  sind  durch  Eisensehienen  miteinander  ver¬ 
bunden.  Seitlich  von  der  Krankentafel  befindet  sich  eine  Oese  zur 
Aufnahme  eines  Thermometers  für  Fieberbeobachtungen,  während 
am  unteren  Theile  zwei  Haken  zur  Befestigung  von  Formularen, 
welche  den  Krankheitsverlauf  darstellen,  angebracht  sind.  Zwei 
fernere  Haken  an  der  eisernen  Stange  dienen  zum  Aufhängen  von 
Handtüchern  und  Kleidungsstücken. 

Für  die  Bettstellen  sind  folgende  Abmessungen  üblich:  in  den 
Männer  -  Stationen  2  m  Länge  und  0,95  m  Breite,  in  den  Frauen¬ 
stationen  1,85  m  Länge  und  0,85  m  Breite,  in  den  Kinder -Stationen 
1,58  m  Länge  und  0,75  m  Breite.  Bisweilen  werden  für  die  Längen 
gröfsere  Abmessungen  gewählt,  namentlich  da,  wo  die  Betten  zur 
Strecklagerung  Verwendung  finden.  Die  Bettstellen  haben  meist  4, 
bisweilen  auch  6  Füfse,  welche  in  einzelnen  Kliniken  für  den 
bequemen  Transport  der  Kranken  und  zur  Erleichterung  der  Reini¬ 
gung  des  Fufsbodens  mit  Rollen  versehen  sind.  Die  Kinderbett- 
steilen  erhalten  in  der  Regel  Seitenlehnen,  welche  sich  um  eine 
wagerechte  Achse  {aa  Abb.  31)  herabklappen  lassen;  auf  den 


Abb.  29.  Bettstelle  mit  Drahtgeflecht  und 
beweglichem  Kopftheile. 


N1V39. 


Gentralblatt  der  Bauverwaltung, 


405 


oberen  Längsstangen  bb  wird  meist  eine  verschiebbare  Tischplatte  6 
mit  etwas  erhöhtem  Rande  angeordnef. 

Zu  den  losen  Bettstücken  gehört  eine  auf  dem  elastischen  Latten¬ 
boden  ruhende  Matratze,  welche 
mit  Rofshaai’en,  Seegras,  gereinigter 
Wolle  oder  Stroh  gefüllt  zu  wer¬ 
den  pflegt.  Wegen  besserer  Hand¬ 
habung  sind  diese  Matratzen  meist 
aus  2  bis  3  Theilen  hergestellt. 
Füllungen  mit  Rofshaar  werden  im 
allgemeinen  bevorzugt.  In  Frauen¬ 
kliniken  dagegen,  namentlich  in 


den  Zimmern  für  Schwan¬ 
gere  ,  ferner  in  Isolir- 
häusern  und  in  den  Statio¬ 
nen  für  Geschlechts-  und 
Hautkrankheiten,  wo  we¬ 
gen  starker  Verunreini¬ 
gung  eine  häufige  Erneue¬ 
rung  der  Füllung  statt¬ 
finden  mufs,  besteht  letz¬ 
tere  entweder  durchweg 
oder  im  mittleren  Theile 
der  Matratze  aus  Stroh 
oder  Seegrasi  Aufser  der 
Matratze  gehören  zu  den  losen  Stücken  eines  Krankenbettes 
ein  Keilkissen  mit  Seegrasfüllung,  ein  Kopfkissen  mit  lockerer 
Pferdehaai’füllung  und  zwei  wollene  Decken,  endlich  leinene  Tücher 


Abb.  30.  Bettstelle  mit  elastischem  Holzboden. 


14.  Geräthe  zum  Transport  der  Kranken. 

Die  zum  Transport  der  Kranken  dienenden  Geräthe  zeigen  die 
mannigfachsten  Constvuctionen  und  weichen,  von  wenigen  Ausnahmen 
abgesehen,  nach  Einrichtung  und  äufserer  Erscheinung  in  den  ein¬ 
zelnen  Kliniken  oft  erheblich  von  einander  ab,  weshalb  hier  nur  auf 
einige  bemerkenswerthe  Beispiele  hingewiesen  werden  soll.  Die  Ge¬ 
räthe  können  eingetheilt  werden  in  solche  für  den  äufseren 
Transport  und  in  solche  für  den  Gebrauch  innerhalb  der  Kliniken. 
Für  den  äufseren  Transport  finden,  abgesehen  von  den  Kranken¬ 
wagen,  vorzugsweise  sogenannte  Bahren,  ferner  Körbe  und  Stühle 
Verwendung,  welche  sowohl  zum  Tragen  wie  zum  Fahren  eingerichtet 
und  dementsprechend,  meist  mit  Verdeck,  .  construirt  zu  werden 

pflegen.  In  den  Abbildungen  32, 
33  und  34  sind  die  gebräuchlichsten 
derartigen  Geräthe  dargestellt.  Die 
Geräthe  für  den  Transport  im 
Inneren  der  Kliniken  zeigen  ver¬ 
schiedene  Einrichtungen,  je  nach¬ 
dem  es  sich  um  die  Fortbewegung 
von  Leicht-  oder  Schwerkranken 
handelt.  Die  Leichtkranken  werden, 
sofern  sie  den  Weg  nach  dem 
Operationsraume  nicht  zu  Fufs 
machen  können,  aus  den  Betten 
genommen  und  auf  Tragbahren 
(Abb.  32),  in  Rollstühlen  (Abb.  34)  oder  Tragstühlen  (Abb.  35) 
befördert,  während  die  Schwerkranken  meist  in  ihren  Betten 
verbleiben  und  in  diesen  nach  den  Operationssälen  geschafft 
werden.  Zur  Fortbewegung  der  Betten  finden  vielfach  Trans¬ 
portwagen  eigenartiger  Construction  Verwendung.  Diese  leicht 
aus  Eisen  hergestellten  Wagen  (Abb.  36)  werden  mit  herunter¬ 
geklapptem  Vorder-  und  Hintertheil  unter  das  Bett  geschoben 
(Ansicht  a),  sodann  erfolgt  eine  Hochstellung  der  beweglichen 
Theile  mittels  Zahnleisten  (Ansicht  6),  wodurch  das  Bett 
angehoben  und  fortbewegt  werden  kann.  An  den  Lang¬ 
seiten  dieser  Wagen  sind  Gummistreifen  angebracht,  um 
Beschädigungen  der  Thüren  zu  verhüten.  Die  Wagen¬ 
räder  sind  mit  Gummiringen  versehen  und  um  ihre  loth- 
rechten  Achsen  nach  allen  Richtungen  hin  drehbar.  An  Stelle 
der  beschriebenen  Bett  -  Transportwagen  sind  in  einzelnen  Kli¬ 
niken  mit  Rädern  versehene  Bettheber  ( Abb.  37 )  im  Gebrauch, 
welche  sich  ebenfalls  bewährt  haben  sollen.  Dieselben  werden 
am  Kopf-  und  Fufsende  unter  die  Bettstellen  geschoben  und  als- 


Abb.  34.  Fahr-  und  Tragstuhl. 

und  Ueberzüge.  Die  wollenen  Decken  stecken  meist  in  sackartigen 
Ueberzügen;  in  Kliniken,  wo  eine  stärkere  Beschmutzung  der  unteren 
Theile  stattfindet  (chirurgische  Kliniken,  Frauenkliniken  usw.),  em¬ 
pfiehlt  es  sich,  die  wollenen 
Decken  zwischen  zwei  lose  «.V 
miteinander  '  verbundene 
Ueberzüge  zu  legen,  wodurch 
die  Kosten  für  Wäsche¬ 
reinigung  vermindert  werden. 

Bisweilen  wird  unter  dem 
leinenen  Betttuch  (Laken) 
noch  eine  wollene  Decke, 
bei  nässenden  Kranken  eine 
Unterläge  von'  Gummistoff 
Terwendet.  Die  Betttücher  Abb.  35.  Kranken -Tragstuhl, 
erhalten  zweckmäfsig  eine 

gröfsere  Breite  als  die  Matratzen,  damit  diese  gegen  Verunreinigung 
genügend  geschützt  werden  können. 


Abb.  33.  Fahr-  und  Tragkorb. 

dann  angehoben.  Sofern  die  Bettstellen  mit  Gummirollen  passen¬ 
der  Construction  versehen  sind,  kann  der  Krankentransport  in  ihnen 


2,01 


Abb.  36.  Transportwagen  für  Krankenbetten. 

ohne  weitere  Hülfsmittel  erfolgen.  Für  diejenigen  Kranken,  welche 
nicht  gehen,  aber  unbedenklich  aus  den  Betten  gehoben  werden 
können,  sind  ferner  fahrbare  Verbandtische  (Abb.  38)  im  Gebrauch, 


406 


27.  September  1890, 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


,  '  -k-'  ■}  :  r  Ü l*,!-  ■'  ’ '  '  . 

bestehend  aus  einem  oberhalb  gepolsterten  Holzgestell  mit  schrägem 
Kopftheile.  Beim  Verkehr  aus  einem  StocWerk  n'ach  dem  anderen 
werden  Aufzüge  benutzt,  da  der  Transport 'auf' Trbppen  für  die 
Kranken  schädlich  und  deshalb  zu  vermeideil  ist;  . 

15.  Bau-  und  Aufestattuhgskosten.' 

Die  Baukosten  hängen  von  den  Dreisen  für  Baumaterialien  und 
Arbeitsleistungen  ab,  welche  stetigen  Schwankungen  unterworfen 
sind.  Nach  den  zur  Zeit  herrschenden 
Preisen  kann  angenommen  werden,  dafs 
die  Baukosten  der  klinischen  Gebäude  ohne 
Nebenanlagen  und  ohne  Ausstattung  mit  Mö¬ 
beln,  Wäsche  usw.  a)  für  jedes  Cubikmeter 
umbauten  Baumes  (d.  h.  Grundfläche  des 
Erdgeschosses  multiplicirt  mit  der  Höhe 
der  einzelnen  Theile  von  der  Kellersohle 
bis  zur  oberen  Kante  des  Hauptgesimses) 

19  bis  20  Mark  und  b)  für  die  Nutz¬ 
einheit,  d.  h.  für  jedes  Krankenbett  (ohne 
Berücksichtigung  der  Wärterbetten  usw.) 

3700  bis  4500  Mark  betragen.  Die  Kosten  Abb.  37.  Bettheber, 
der  inneren  Ausstattung  mit  Möbeln,  Leib¬ 
und  Bettwäsche  usw.,  doch  ohne  Instrumente,  sind  im  wesentlichen 
davon  abhängig,  ob  und  wieviel  Einrichtungsstücke  aus  der  alten  Klinik 
in  das  neue  Gebäude  übernommen  werden.  Da  wo  durchweg  neue 
Stücke  beschafft  sind,  haben  sich  die  Kosten  für  die  Nutzeinheit, 
d.  h.  für  jedes  Krankenbett,  in  den  letzten  Jahren  auf  550  bis 


600  Mark  gestellt.  Der  zuletzt  angegebene  Betrag  ist  nur  in  seltenen 
Fällen  überschritteä'TvordemJ'  In  den  anderen,  am  häufigsten  vor¬ 
kommenden  Fällen,  d.  h;  bei  theilweiser  Verwendung  alter,  noch 
brauchbarer  Stücke,  haben  die  Ausstattungskosten  von  350  bis  550 
Mark  für  das  Krankenbett  geschwankt.  Um  beurtheilen  zu  können, 
ob  'die  bei  neuen' Kliniken  beanspruchten  Ausstattungskosten  sich  in 
angemessenen  Grenzen  bewegen,  empfiehlt  es  sich,  den  Beschafifungs- 
werth  der  alten  Stücke  besonders  ermitteln  zu  lassen.  Dieser  in  Ver¬ 


bindung  mit  dem  Werthe  der  thatsächlich  neu  zu  beschaffenden 
Stücke  darf  für  das  Krankenbett  höchstens  den  Betrag  von  600  Mark 
erreichen;  dazu  würde  indessen  noch  der  Betrag  für  die  sachgemäfse 
Ausbesserung  der  alten  Stücke  behufs  Wiederverwendung  im  Neu¬ 
bau  zu  rechnen  sein.  Lorenz. 


Die  neuen  Urmafse  für 

Einer  Mittheilung  der  K.  Normal -Eichungs- Commission  über 
diesen  Gegenstand,  der  auch  für  unsere  Leser  von  Wichtigkeit  sein 
dürfte,  entnehmen  wir  die  folgenden  Angaben: 

Durch  die  im  September  1889  in  Paris  abgehaltene  Hauptversamm¬ 
lung  des  „Internationalen  Mafs-  und  Gewichtscomitös“  ist  das  unter 
der  Oberleitung  des  letzteren  durch  das  internationale  Mafs-  und 
Gewichtsamt  in  Sevres  hei'gestellte  Urmafs  des  Meters  (^t)  als 
internationale  Längeneinheit  anerkannt.  Danach  wird  künftig  das 
Meter  durch  den  Abstand  dargestellt,  welcher  bei  der  Wärme  des 
schmelzenden  Eises  zwischen  den  Mitten  der  Endstriche  eines  Stabes 
stattfindet,  dessen  Querschnitt  durch  neben¬ 
stehende  Abbildung  in  natürlicher  Gröfse  ver¬ 
anschaulicht  wird.  Der  Stoff  ist  eine  reine  Le- 
girung  aus  90  pCt.  Platin  und  10  pCt.  Iridium, 
welche  an  Festigkeit  dem  Stahl  fast  gleichkommt. 

Die  das  Meter  begrenzenden  Striche,  neben 
welchen  beiderseits  in  Abständen  von  etwa  0,5  mm 
je  1  Hülfsstrich  aufgetragen  ist,  befinden  sich  in  der  Biegungsachse 
der  betreffenden  Querschnitte,  d.  h.  in  der  durch  die  Schwerpunkte 
der  letzteren  gezogenen  wagerechten  Gei'aden,  die  in  der  Abbildung 
durch  die  Linie  a  b  angedeutet  ist. 

Durch  die  gewählte  Querschnittsform  ist  der  Stab,  zumal  bei  der 
Festigkeit  des  Stoffes,  nach  allen  Eichtungen  in  hohem  Grade  gegen 
Durchbiegungen  geschützt.  Aufserdem  liefert  dieser  Querschnitt  eine 
grofse  Oberfläche  im  Verhältnifs  zum  Eaumgehalt,  was  den  Ausgleich 
der  Wärme  des  Mafses  mit  derjenigen  seiner  Umgebung  fördert. 

Vor  allem  aber  wird  durch  die  Verlegung  der  Striche  in  die  Fläche 
der  Biegungsachsen  der  Abstand  der  Endstriche  von  einander  bis 
auf  völlig  verschwindende  Gröfsen  unabhängig  von  den  Wirkungen 
der  noch  möglichen  geringen  Durchbiegungen. 

In  gleicher  Form  und  von  gleichem  Stoffe  sind  für  die  ein¬ 
zelnen  Völker  Nachbildungen  des  Urmafses  hergestellt  und  mit  letz¬ 
terem  zwischen  0  und  40°  Wärme  sehr  genau  verglichen.  Jede 
dieser  Nachbildungen  erhält  vom  „Internationalen  Comitö“  ein 
Zeugnifs,  welches  die  Gleichung  des  Stabes  (Länge  und  Wärme -Ver¬ 
halten)  innerhalb  eines  wahrscheinlichen  Fehlers  von  0,1  bis  0,2  |U) 

(1  jU-  =  0,001  mm)  giebt.  Bei  der  in  der  Hauptversammlung  aus¬ 
geführten  Vertheilung  der  Nachbildungen  nach  dem  Lose  kam 
Deutschland  in  den  Besitz  des  mit  Nr.  18  bezeichneten  Stabes.  Das 
Zeugnifs  dieses  Stabes  giebt  näheres  über  die  Art  der  Herstellung, 
die  Einrichtung  und  chemische  Zusammensetzung  sowie  über  die 
Bestimmung  des  Mafses.  Danach  ist  das  Ausdehnungsverhältnifs  des 
Urmafses  Nr.  18  zwischen  0°  und  t°: 

«  =  10-0  (8591  +  1,70  0, 

wo  t  die  in  Graden  des  Quecksilberthermometers  Tonnelot,  aus 
Hartglas,  ausgedrückte  Wärme  bezeichnet,  oder: 

«  =  10-0  (8642  +  1,00  2’), 

wo  T  die  Wärme  nach  dem  für  den  internationalen  Mafs-  und  Ge¬ 
wichtsdienst  als  Grundlage  angenommenen  Wasserstofifthermometer 
ausdrückt. 


Länge  und  Gewicht. 

Bei  der  Wärme  Null  ergab  sich  als  Länge: 

Urmafs  Nr.  18  =  1  m  —  1,0  +  0,1  p,. 

Die  Gleichung,  aus  welcher  die  jeweilige  Länge  gefunden  wird, 
lautet  demnach: 

Urmafs  Nr.  18  =  1  m  —  1,0  +  (8,642  T  +  0,001  T^)  p  +  0,2  p. 

Als  Urmafs  der  Masseneinheit  hat  bisher  das  Kilogramm  der 
französischen  Archive,  ein  Platincylinder  von  einer  dem  Durchmesser 
gleichen  Höhe  gedient.  Nunmehr  bildet  ein  ganz  ebenso  geformter 
Cylinder  aus  Platin-Iridium,  derselben  Legirung,  aus  welcher  das 
neue  Meter-Urmafs  hergestellt  ist,  das  internationale  Urmafs  des 
Kilogramms  (§).  Auch  hiervon  hat  man  für  die  einzelnen  Völker 
eine  Anzahl  von  Nachbildungen  hergestellt,  und  diese  sind  mit  dem 
neuen  inrernationalen  Urmafs  so  genau  verglichen,  dafs  nach  den 
darüber  vom  „Comite“  ausgestellten  Zeugnissen  das  Gewicht  einer 
Nachbildung,  wenn  Wärme,  Luftdruck  und  andere  Nebenumstände 
gehörige  Berücksichtigung  finden,  jederzeit  mit  einem  wahrschein¬ 
lichen  Fehler  von  wenigen  Tausendsteln  des  Milligramms  angegeben 
werden  kann. 

Das  Deutsche  Eeich  erhielt  bei  der  Vertheilung  das  Urgewicht 
Nr.  22;  der  Eauminhalt  desselben  bei  Null  Grad  wurde  zu  46,403  ml 
(1  ml  =  0,001  1)  ermittelt;  die  entsprechende  Dichte  ist  21,5504  und 
für  die  Umrechnung  der  Raumbestimmungen  auf  Null  Grad  gilt  als 
räumliches  Ausdehnungsverhältnifs : 

k  =3 10-9  (25707  +  8,6  i)  =  10-9  (25859  +  6,5  P), 
wo  t  bezw.  T  dieselbe  Bedeutung  haben,  wie  in  den  obigen  Glei¬ 
chungen  für  «. 

Die  Masse  des  Kilogramms  wird  gegeben  durch  die  Gleichung: 

Urgewicht  Nr.  22  =  1  kg  +  0,053  mg  +  0,002  mg. 

Die  Beständigkeit  und  Sicherheit  der  Kenntnifs  der  Beziehungen 
der  Urmafse  der  einzelnen  Völker  zu  den  internationalen  Urmafsen 
soll  vertragsmäfsig  durch  erneute  Vergleichungen  innerhalb  geeigneter 
Zeiträume  gewährleistet  werden.  Ueber  diese  Frage  und  die  Fest¬ 
setzung  dieser  Zeiträume  wird  die  nächste  Versammlung  des  „Inter¬ 
nationalen  Mafs-  und  Gewichtscomites“  Beschlufs  zu  fassen  haben. 

Die  Aufbewahrung  und  Handhabung  der  neuen  deutschen  Ur¬ 
mafse  erfolgt  durch  die  Kaiserliche  Normal -Eichungs -Commission. 
Da  es  dem  Internationalen  Mafs-  und  Gewichtsamt  gelungen  ist,  die 
Bestimmung  des  Metervertrages,  wonach  die  in  den  neuen  Urmafsen 
verkörperten  Einheiten  mit  den  bisherigen  Einheiten  genau  überein¬ 
stimmen  sollen,  derart  zu  verwirklichen,  dafs  selbst  für  die  feinsten 
Mafsbestimmungen  der  Wissenschaft  und  Technik  kein  Unterschied 
der  neuen  Einheiten  der  Länge  und  der  Masse  von  den  bisherigen 
erkennbar  ist,  so  wird  die  Ersetzung  der  durch  die  Mafs-  und  Ge¬ 
wichtsordnung  als  Grundlagen  des  deutschen  Mafs-  und  Gewichts¬ 
wesens  genannten  Verkörperungen  der  Längen-  und  Masseneinheit 
durch  die  neuen  Urmafse  ohne  bemerkbaren  Einflufs  selbst  auf  die 
feineren,  fernerhin  von  dieser  Behörde  ausgeführten  Mafsbestim¬ 
mungen  im  Vergleich  zu  den  früheren  sein. 


407 


ir.  S1 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Ein  neuer  WagenscMei)er 

Seit  einiger  Zeit  wird  ein  neuer  pateptirter  WagenscMeber; 
Eisenbabnfabi'geuge  in  den  Handel  gefo rächt,  dem  die ,  bctrelFende 
'Firma,  F»  Gaebert,.  Hothringerstrafse  36,  Berlin  M-r  den  etwas 
volltönenden ,  J^amen  „Goliath -Wagenschieber“  gegeben  hat.  Der¬ 
selbe  ist  ein  Kniehebel- Wagenschieber  und  besteht  aus  Handhebel,  ' 
Strebe,'  Fafsklaue  und  oberem  Befestigungskloben. 

Soll  mit  dem  Wagenschieber  gearbeitet  werden,  so  wird  die 
Klaue  a  in  der  aus  der  Zeichnung  ersichtlichen  Weise  auf  die  ' 
Schiene  aufgesetzt,  während  der  in  der  Strebe  drehbar  befestigte 
Kloben  b  wenn  möglich  stets  an  die  Pufferstange  angelegt  wird.  ' 
Hierbei  mufs  der  Griff  des  Excenters  e  nach  oben  stehen,  sodafs  die  1 
Kette  d  um  die  Pufferstange  einmal 
—  oder  besser  noch,  zweimal  —  ge¬ 
schlungen,  hinter  den  Stift  f  einge¬ 
legt  und  mit  freier  Hand  etwas  an¬ 
gezogen  werden  kann.  Während 
die  linke  Hand  die  Kette  hält,  wird 
mit  der  rechten  der  Griff  des 
Excenters  c  -nach  unten  gelegt,  wo¬ 
mit  die'  Befestigung  vollendet  ist. 

Wenn  die  Pufferstangen  zu  kurz 
sind^..sodafs  die  Strebe  des  Wagen- 
schi'ebers  an  die  Pafferscheibe  an- 
stofsen  würde,  ■  so  wird  der  Kloben  b 
unter  das  Pufferfeder-Gehäuse  oder 
einem  sonstigen  vor  die  Puffer¬ 
sehwelle  vortretenden  Theil  ange¬ 
legt.  Aehnliche  abweichende  Befestigungsarten  werden  nöthig,  wenn 
ein  Wagen  z.  B.  vom  Prellbock  weggeschoben  werden  soll. 

Ist  der  Wagenschieber  gehörig  befestigt,  so  erfolgt  der  Vorschub 
dadurch,  dafs  der  Handhebel  von  einer  Stellung  nahe  der  Schiene 
langsam  soweit  herumgelegt  wird,  bis  die  auf  der  Schiene  sich 
wälzende  Klaue  «  über  den  Todtpunkt  des  Kniehebels  hinüberge¬ 
kommen  ist  und  sich  freigemaeht  hat.  Wichtig  ist  hierbei,  dafs  die 
Klaue  ffl  vom  Arbeiter  stets  so  auf  die  Schiene  aufgesetzt  'wird,  dafs 
der  Kloben  b  nicht  nach  rückwärts  gezogen  frei  an  der  Kette  hängt, 
sondern  ohne  Spielraum  nach  vorn  an  einem  festen  Theile  des 
Wagengestells  anliegt.  Wird  diese  Hegel  beim  jedesmaligen  Auf¬ 
setzen  der  Klaue  nicht  befolgt,  so  geht,  da  die  Kette  d  dem  Kloben  b 
immer  etwas  Spielraum  lassen  mufs,  ein  grofser  Theil  der  Arbeit  ver¬ 
loren,  und  der  Vorschub  des  Wagens  erfolgt  dann  zu  langsam. 


für  Eisenbahnfahrzeuge. 

Behufs  Lösung  des  Wagenschiebers  fafst  der  Arbeiter  mit  einer 
Hand  das  freiherabhängende  Ketten-Ende,  und  indem  er  unter  gleich¬ 
zeitiger  geringer  Drehung  der  Kette  daran  zieht,  macht  er  das  Ex¬ 
center  c  frei,  dessen  Griff  nun  nach  oben  gelegt  wird,  sodafs  der 
W’^agenschieber  faBgOHQmmen  we^rden  kann.: 

Versuche,  welche  in  Berlin  auf  den  Bahnhöfen  der  Anhalter  und 
Hamburger’  Bähh  mit  dein  Wagenschieber  tbrgenommen  wui’den, 
haben  sehr  befriedigende  Ergebnisse  geliefert;  sie  haben  insbesondere 
bestätigt,  was  die  Ankündigung  verspricht,  dafs  ein  einziger  Mann 
stets  ohne  Anstrengung  imstande  ist,  auch  bei  schlecht  liegendem 
Geleise  in  der  Steigung  wie  in  der  Krümmung  einen  voll  beladenen 

Güterwagen  im  langsamen  Schritt 
vor  sich  her  zu  schieben,  und  dafs 
zwei  Mann  mit  je  einem  Wagen¬ 
schieber  auf  jeder  Schiene  eine  be¬ 
triebsfähige  Personenzuglocomotive 
mit  Tender  auf  wagerechter  Strecke 
bequem  schieben  können. 

Da  der  Wagenschieber  vom 
Wagen  stets  sicher  mitgenommen 
wird,  so  dient  derselbe  in  Ruhe¬ 
pausen  auf  der  Steigung  auch  gleich¬ 
zeitig  als  Stütze.  Beim  Uebergang 
auf  Gefälle  läfst  man  den  Wagen¬ 
schieber  schleifen  und  hat  in  jedem 
Augenblick  eine  wirksame  Bremse, 
indem  der  Arbeiter,  die  eine  Hand 
am  Handhebel,  die  andere  Hand  an  der  Strebe,  sich  auf  die 
Klaue  a  stellt.  Die  Klaue  ist  übrigens  aus  sehr  gutem  Material 
hergestellt  und  durch  die  seitlichen  Rippen  so  verstärkt,  dafs 
ein  Zerbrechen  derselben  beim  regelrechten  Gebrauch  des  Wagen- 
schiebers  nicht  eintritt.  Der  Wagenschieber  eignet  sich  ganz 
besonders  zum  Gebrauch  auf  denjenigen  kleineren  Stationen,  welche 
über  keine  Verschubmaschine  und  nur  über  geringe  Arbeits¬ 
kräfte  verfügen.  Er  ist  auch  bereits  auf  einer  Anzahl  solcher 
Stationen  seit  kurzem  mit  gutem  Erfolg  zur  Verwendung  gekommen. 
Wie  sich  der  'WagenscHeber  im  Winter  bei  Schnee  und  Glatteis  be¬ 
währen  wird,  bleibt  abzuwarten.  Wir  werden  darüber  seinerzeit  eine 
weitere  Mittheilung  bringen.  Das  ganze  Geräth  ist  bequem  zu  hand¬ 
haben,  zusammenzuklappen  und  zu  tragen.  Sein  Gewicht  beträgt 
11  Kilogramm,  der  Preis  50  Mark.  '  Lei. 


VermlscMes. 


Zur  Erlangung  von  Planskkzen  für  ein  Geschäftshaus  in 
Dresden,  welches  unter  dem  Namen  „Victoria-Haus“  a'n  Stelle 
■des  jetzigen  Victoria-Hotels  errichtet  werden  soll,  schreibt  der  Bau¬ 
herr,  Juwelier  H.  Mau  in  Dresden,  eine  Preisbewerbu'ßg  unter 
den  de'utschen  Architekten  aus.  Dem  Preisgerichte  werden  aufser 
dem  Veranstalter  des  Wettbewerbs  und  eine'm  anderen  Niehttechniker 
■die  Architekten  Herren  A.  Hauschild,  Baurath  Prof.  C.  Lipsius 
und  Stadtbaumeister  W.  Eettig,  sämtlich  in  Dresden,  angehören. 
Drei  Preise  im  Betrage  von  3000,  2000  und  1000  Mark  sind  aus¬ 
gesetzt,  überdies  behält  sieh  der  Bauherr  das  Recht  vor,  Entwürfe 
.zum  Preise  von  je  600  Mark  zu  erwerben. 

In  'der  Mittheilung  'über  die  neueren  Schnelldampfer  der 
Handels-  und  Kriegsmarine  auf  Seite  395  der  vorigen  Num'mer  sind 
•einige  Namen  zu  berichtigen.  Es  mufs  heifsen  Izzedin.  (statt  Isselia), 
Pertevi  Neyaleh  (statt  Perteri  Neylach)  und  Mahrussah  (statt 
Mahnusch).  Auf  Seite  397,  2.  Spalte,  Zeile  38  von  oben  ist  statt 
Nebenwinden  Unterwind  zu  lesen. 

Weitgespannte  Brücken  der  Neuzeit.  Auf  Seite  369  des  gegen- 
"wärtigen  Jahrgangs  d.  BL  ist  unter  Nr.  34  der  Liste  der  weit- 
.gespannten  Brücken  als  Entwurfsverfasser  der  Schwarzwasser-Bogen- 
brüeke  bei  Bern  der  Ingenieur  Probst  bezeichnet.  Nach  einer  Mit- 
'theilung  des  Ingenieurs  Röthlisberger  in  Turin  ist  aber  der  Entwurf 
■durch  die  frühere  Firma  6.  Ott  u.  Cie.  in  Bern  zur  Ausführung  ge¬ 
langt,  und  Herr  .Röthlisberger,  der  damals  im  Werke  thätig  war, 
Bat  so'WoM  den  Entwurf  der  Brücke  ausgearbeitet  als  auch  die  Aus- 
'führung  geleitet.  Mehrtens. 

lieber  die  Schiffahrt  auf  dem  Ohio  enthält  ein  Bericht  im 
Engineering  folgende"  launige  Schilderung:  Der  Ohio  mit  seinen 
Nebenflüssen  bildet  eine  schiffbare  Wasserstrafse  von  etwa  8000  km 
Länge.  Die  .Bezeichnung  „schiffbar“  ist  hier  in  dem  Sinne  zu  nehmen, 
■dafs  sie  nur  für  Ohiodampfer  gilt.  Diese  sind  gröfstentheils  von  der 
Art,  die  man  „Schubkarren“  nennt,  da  sie  nur  ein  Rad  am  hinteren 
Ende  besitzen.  Ihr  Tiefgang  ist  verschwindend  klein  und  ebenso 
Mein-  ist  ihre  Geschwindigkeit.  Man  behauptet,  diese  Dampfer 


brauchten  so  wenig  Wassertiefe,  dafs  sie  schon  über  etwas  starkem 
Thau  fahren  könnten.  Hier  und  da  soll  es  üblich  sein,  hinter  dem 
Schiffe  mittels  einer  Brausevorrichtung  Wasser  auszusprengen,  um 
den  vom  Heckrade  aufgewirbelten  Staub  niederzuscblagen.  Wenn  es 
gewünscht  wird,  halten  die  Schiffe  an  jeder  beliebigen  Stelle  des 
Ufers  an,  um  einen  Brief,  eine  Flasche  Whisky  oder  irgend  ein 
sonstiges  Frachtstück  abzuliefern  oder  mitzunehmen.  So  setzte  ein 
solches  Boot  einst  den  Berichterstatter  an  Land  und  wartete,  bis  er 
sich  aus  einem  in  der  Nähe  liegenden  Dorfe  einige  Cigarren  geholt 
hatte,  an  welchen  es  an  Bord  fehlte,  weil  das  Boot  Cincinnati  in  zu 
grofser  Eile  verlassen  hatte.  Vor  Untiefen  fürchtet  sich  diese 
Schiffahrt  nicht  im  mindesten;  man  sucht  einfach  das  Fahrzeug  mit 
Stangen  hinüberzuschieben.  Dabei  kann  nicht  viel  schlimmes  ge¬ 
schehen.  Geräth  es  zum  Pestsitzen,  dann  ist  es  den  Fahrgästen  un¬ 
benommen,  nach  Belieben  entweder  zu  warten,  bis  das  Wasser  steigt, 
oder  an  Land  zu  waten;  sollte  aber  etwa  eine  Planke  los  gehen  und 
das  Boot  voll  Wasser  laufen,  wie  es  der  Berichterstatter  auch  schon 
erlebt  hat,  so  bleibt  natürlich  nur  der  letztere  von  beiden  Wegen  offen. 
Wer  Stiefel  trägt,  dem  kann  dies  gleichgültig  sein;  wer  dagegen  nur 
niedrige  Schuhe  anhat,  der  kann  leicht  nasse  Füfse  bekommen.  — 

Dieses  Bild  von  dem  Reisen  auf  den  grofsen  americanischen 
Wasserstrafsen  sieht  etwas  anders  aus,  als  wir  es  uns  gewöhnlich 
vor  stellen.  — n. 

Die  schärfsten  in  Nordamerica  angewendeten  Geleiskrümmungen 
sind  in  umstehender  Tabelle,  welche  den  Engineering  News  entlehnt 
ist,  angegeben. 

Alle  angeführten  Bahnen,  aufser  der  zuletztgenannten,  werden  von 
Locomotiven  mit  gekuppelten  Wagen  befahren.  Auf  der  letzten  wer¬ 
den  nur  einzelne  Wagen  von  Pferden  befördert.  Es  wird  in  der  oben¬ 
genannten  Quelle  hinzugefügt,  dafs  in  Personenbahnhöfen  ohne  Be¬ 
denken  Halbmesser  von  58  m,  und  in  Güterbahnhöfen,  wo  gekuppelte 
Güterwagen  durch  Locomotiven  bewegt  werden,  solche  von  27,5  bis 
30,5  m  Halbmesser  angewendet  werden  können.  In  letzterem  Falle 
sind  allerdings  zufällige  Beschädigungen  der  einander  nahe  kommen- 


408 


Oentralblatt  der  Bauverwaltung. 


27.  September  1890, 


Bahn 


New  York  Central  .  . 

Pennsylvanische  .  , 

Baltimore  und  Ohio  _  . 
Chesapeake  und  Ohio 

Cleveland,  Cincinnati,  | 
Chicago  u.  St.  Louis  1 

Chesapeake  und  Ohio  j 


Denver  u.  Rio  Grande  |! 

Chicago,  Milwaukee 
und  St.  Paul  .  .  . 

Campbell  Kohlen -Ge¬ 
sellschaft  .  .  .  . 

Little  Miami  .... 
New  York  Central 


Krümmungs- 
i  halbmesser 

'1  m 

Verwendungs¬ 

stelle 

Bemerkungen. 

97,6  bis  122 

Grand  Central 

Depot,NewYork 

91,5 

Centennial  End- 

Jetzt  aufser  Be- 

bahnhof 

trieb. 

114,4  u.  91,5 

Harpers  Fähre 

72  u.  91,5 

Rockfish-Gap- 

Tunnel 

73,2 

Lafayette 

62,8 

St.  Louis 

70,5,  64,1  u. 
57,0 

Cincinnati 

48,8 

Indianapolis 

46,6  bis  64 

— 

Streckengeleis, 
0,915  m  Spur. 

67,9  bis  77,6 

Steinbruchgel  eis, 
0,915  rn  Spur. 

38,1 

Minneapolis 

Nebengeleis. 

33,6 

Cincinnati 

18,3  u.  25,8 

18,3 

Centre  Strafse, 
New  York, 

den  Wagen-Ecken  nicht  ausgeschlossen.  Für  einzelne  Wagen  wird 
ein  Halbmesser  von  12,2  m  noch  für  zulässig  erachtet. 


Neue  Patente. 

Selbstthätige  Breinsvorrichtung  hei  Wasserdruck- Hebezeugen. 
Patent  Nr.  48  088.  G.  Luther  in  Braunschweig.  —  Bei  Fahrstühlen 
mit  senkrecht  oder  schräg  liegendem 
Treibcylinder  und  Flaschenzug  -  Ueber- 
setzung  erfolgt  der  Niedergang  des  Treib¬ 
kolbens  A  unter  dem  Einflufs  des  Eigen¬ 
gewichtes  manchmal  schneller,  als  der 
am  Seil  S  hängende  niedergehende  Fahr¬ 
stuhl  es  bedingt.  In  einem  solchen 
Falle  wird  das  Seil  5  schlaff  und  kann 
von  den  Rollen  Lt  abschlagen.  Um  dies 
zu  vermeiden,  ist  in  die  Abflufsleitung  A 
ein  Hahn  H  eingeschaltet,  dessen  schrä¬ 
ger  Hebel  M  mit  einer  Rolle  L  am 
Seil  N  sich  führt.  Wird  das  Seil  schlaff, 
so  sinkt  die  Rolle  unter  dem  Einflufs 
eines  Gewichtes  G  so  weit,  bis  das  Seil 
gespannt  wird,  und  verdreht  gleichzeitig 
den  Hahn  H  so,  dafs  das  Wasser  ge¬ 
drosselt  wird,  der  Kolben  A  also  nicht 
so  schnell  sinken  kann.  Wird  das 
Seil  S  vom  Fahrstuhl  aus  wieder  richtig 
gespannt,  so  hebt  sich  auch  die  Rolle  L, 
und  der  Hahn  H  giebt  den  vollen  Abflufs- 
querschnitt  frei. 


Eiiisclialtuiig  einer  nicht  gefrierenden  Flüssigkeit  in  das 
vvassergestänge  von  Arbeitsmaschinen.  Patent  Nr.  50  026. 
in  Grabow  a.  0.  — 

Um  die  Benutzung 
von  hydraulischen 
Loch-  und  Nietma¬ 
schinen  und  dergl. 
an  dem  Frost  stark 
ausgesetzten  Arbeits¬ 
stellen  jederzeit  zu 
sichern,  ist  an  das 
Druckwassergestän¬ 
ge  eine  Pumpe  A 
angeschlossen,  wel¬ 
che  Glycerin  oder 
dgl.  aus  einem  Be¬ 
hälter  C  ansaugt  und 
in  die  Arbeitsma¬ 
schine  B  drückt. 

Von  dort  kehrt  die 
verbrauchte  Flüssig¬ 
keit  wieder  zum  Be¬ 
hälter  C  zurück. 


Druck- 

Arppe 


Erdanker. 
(Lothringen).  — 


Patent  Nr.  49  720.  Jakob  Holzinger  in  St.  Avold 
Zur  Verankerung  von  Telegraphenstangen,  Flaggen¬ 
stangen  u.  dgl.  wird  mit  einem  Erdbohrer  ein 
Loch  gebohrt,  dessen  Durchmesser  der  eigent¬ 
lichen  Ankerplatte  b  ent¬ 
spricht.  Die  Ankerplatte 
ist  mit  zwei  gelenkig 
aufklappbaren  Platten  c 
versehen,  sodafs  sie  am 
Drahtseil  a  in  das  Bohr- 
loch  gesenkt  werden 
kann.  Nach  erfolgter 
Absenkung  wird  das 
Bohrloch  wieder  zuge¬ 
stampft  ,  wodurch  die 
Klappen  c  in  die  Wände 
des  Bohrloches  eindrin- 
gen.  Ein  Zug  am  Seil  a 
bewirkt  schliefslich,  dafs 
die  Platte  6  sich  voll¬ 
ständig  flach  gegen  die 
Platten  c  legt  und  die 
Verankerung  somit  voll¬ 
ständig  auf  den  ge¬ 
wachsenen  Boden  über¬ 
tragen  ist. 

An  der  Stelle,  an  wel¬ 
cher  das  Drahtseil  a  aus  dem  Boden  tritt,  ist 
gegen  schrägen  Zug  ein  Schild  d  vorgesehen. 


Fürderkasteii  mit  Selbstschlufs.  Patent  Nr.  50579.  C.  Hoppe 
in  Berlin.  —  Die  Aufhängungspunkte  6  der  gelenkartig  verbundenen 
Kastenhälften  sind  so  gelegt,  dafs  die  beiden  Hälften  unter  dem  Ein¬ 
flufs  ihrer  Leergewichte  sich  selbstthätig  schliefsen.  Hierbei  fällt 
eine  Klinke  D'^  über  eine  Nase  und  hält  den  Kasten  in  der  ge¬ 


schlossenen  Lage  auch  dann  noch  fest,  wenn  derselbe  mit  |Erde, 
Schlamm  oder  dgl.  gefüllt  wird.  Soll  der  Kasten  entleert  werden,  so 
bewirkt  ein  Zug  am  Hebel  H  eine  Lösung  der  Klinke,  worauf  sofort 
der  Erd-  oder  Flüssigkeitsdruck  des  eingeschlossenen  Fördergutes 
auf  die  cylindrischen  Wandungen  des  Gefäfses  frei  wird  und  die 
Gefäfshälften  auseinandertreibt.  In  der  Patentschrift  ist  der  ganze 
Vorgang  durch  die  Verlegung  der  Schwerpunkte  der  gefüllten  Kasten¬ 
hälften  gegenüber  den  leeren  erklärt,  was  offenbar  irrig  ist. 

Aus  einem  Blechstreifeii  gewundene  Eisenbahnschwelle.  Patent 
Nr.  50  686  Alden  Charles  Nickloy  und  William  Wallace  Whitaker 
in  Gloversville  (County  of  Fulton,  New-York,  V.  St.  A.).  —  Die 

Schwelle  besteht  aus  star¬ 
kem  Stahlblech  bezw.  einem 
Stahlband,  welches  schrau¬ 
benförmig  um  einen  Kern 
herumgewickelt,  abgelängt 
und  dann  in  der  gewünschten 
Form  flach  gedrückt  wird. 
Die  Schwellen  können  mit 
dem  üblichen  Bettungs¬ 
material  gefüllt  und  ein¬ 
gebettet  werden.  In  allen 
Fällen  wird  die  Schwelle  durch 
die  schraubenförmige  Wickelung  ein  gewisse  Federkraft  bewahren,  so¬ 
dafs  sie  sich  gegen  die  Stöfse  der  Fahrzeuge  ähnlich  wie  eine  Holz¬ 
schwelle  verhalten  wird.  Die  Befestigung  der  Schienen  auf  den 
Schwellen  kann  eine  beliebige  sein. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich :  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kctskes,  Berlin. 


409 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  4.  October  1890.  Nr.  40. 


Kedaetion:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelajstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslände  1,30  Mark. 

INIIAIT:  Amtliches:  Personal  Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Kampf  um  Troja. 

—  Neubau  des  Dienstgebändes  für  den  Wasserbaiibeamten  in  Hameln.  —  Beheizung 
ganzer  Stadttheile.  —  Stellvorrichtungea  für  Babuliofsabschlul'stelegraphen  und  die 
damit  verbundenen  Vorsignale.  —  Vermischtes:  Preisbewerbung  um  Entwürfe 

zu  einem  Oder-Schilf.  —  Preisbewerbungen  um  Entwürfe  zur  Peterskirclie  in  Frank¬ 
furt  a.  M.,  um  ein  Krei.sständehans  in  Kreuznach,  sowie  um  ein  Uhrenthürnicheii  mit 
.Brunnen  in  Frankfurt  a.  M.  —  Auszeichnungen  auf  der  Nordwestdeutschen  Gewerbe- 
und  Industrie- Ausstellniig  in  Bremen.  —  Bücherschau.  —  Nene  Patente. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufseii. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Eegierungs-  und  Baurath  Haafsengier,  Vorstand  des  betriebs¬ 
technischen  Bureaus  der  Königlichen  Eisenbahndirection  in  Berlin, 
und  dem  Land -Bauinspector  Paul  Kieschke  in  Berlin  den  Eothen 
Adler-Orden  IV.  Klasse  sowie  dem  Stadtbaurath  Becker  in  Lieg¬ 
nitz  den  Königlichen  Kronen -Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen,  dem 
Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  Niese  in  Gotha  die  Erlaub- 
.nifs  zur  Annahme  und  Anlegung  des  ihm  verliehenen  Kitterkreuzes 
II.  Klasse  des  Herzoglich  Sachsen -Ernestinischen  Hausordens  zu  er- 
theilen  und  dem  der  deutschen  Botschaft  in  St.  Petersburg  zu- 
getheilten  Wasser -Bauinspector  Max  Volkmann  den  Charakter  als 
_  Baurath  zu  verleihen. 

Versetzt  sind:  die  Eegierungs-  und  Bauräthe  Wolff,  bisher  in 
Danzig,  als  Director  an  das  Königliche  Eisenbahn -Betriebs -Amt  in 
Guben,  Neitzke,  bisher  in  .Magdeburg,  als  Director  (auftrw.)  an 
das  Königliche  Eisenbahn -Betriebs -Amt  in  Danzig,  und  Blanck, 
.bisher  in  Stettin,  als  ständiger  Hülfsarböiter  an  das  Königliche 
Eisenbahn -Betriebs -Amt  (linksrh.)  in  Köln,  die  Eisenbahn-Bau-  und 
Betriebsinspectoren  Hoeft,  bisher  in  Arnstadt,  als  ständiger  Hülfs- 
arbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  (Directionsbezirk 
Elberfeld)  in  Düsseldorf,  Panten,  bisher  in  Potsdam,  als  ständiger 
Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt  in  Glogau, 
Merten,  bisher  in  Düsseldorf,  als  Vorsteher  der  Eisenbahn -Baii- 
inspection  nach  Arnstadt  und  Borggreve,  bisher  in  Berlin,  als 
ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn-Betriebs-Amt 
(Main-Weser-Bahn)  in  Cassel,  sowie  der  Eisenbahn  -  Bauinspector 
Siegel,  bisher  in  Frankfurt  a.  M.,  als  Vorsteher,  der  Hauptwerk- 
.  Stätte  nach  Halle  a.  S. ,  ferner  der  bisherige  Kreis  -  Bauinspector 
Lehmbeck  in  Diepholz,  Eeg.-Bez.  Hannover,  als  Bauinspector  an 


die  Königliche  Eegierung  in  Danzig,  der  bisher  hei  der  Königlichen 
Eegierung  in  Posen  angestellte  Wasser  -  Bauinspector  Johannes 
Schultz  in  die  Wasser-Bauinspector-Stelle  in  Landsberg  a.  d.  Warthe 
und  der  Kreis -Bauinspector  Paul  Schulz  in  Wreschen  in  gleicher 
Amtseigenschaft  nach  Schmalkalden. 

Ernannt  sind;  die  Königlichen  Eegierungs -Baumeister  Schugt 
in  Frankfurt  a.  M.  zum  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  unter 
Verleihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  König¬ 
lichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  daselbst  und  Traeder  in  Hannover 
zum  Eisenbahn-Bauinspector  unter  Verleihung  der  Stelle  eines  solchen 
im  maschinentechnischen  Bureau  der  Königlichen  Eisenbahndirection 
daselbst. 

Der  Professor  Lang  an  der  Königlichen  technischen  Hochschule 
in  Hannover  ist  zum  Mitglied  des  Königlichen  technischen  Prüfungs- 
Amts  daselbst  ernannt  worden. 

Der  Eisenbahn  -  Director  Hirsekorn,  Erster  Vorstand  der 
Hauptwerkstätte  0.  S.  in  Breslau,  ist  in  den  Euhestand  getreten. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Eegierungs-Baumeister  Max  Ewald 
in  Hannover  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst 
ertheilt  worden. 


Württemberg. 

Der  Strafsenbauinspector  Stuppel  in  Calw  wurde  durch  Aller¬ 
höchste  Entschliefsung  seinem  Ansuchen  gemäfs  auf  die  erledigte 
Strafsenbauinspection  Eeutlingen  versetzt. 

Scliwarzbiirg-Eudolstadt. 

Dem  Fürstlichen  Eegierungs-  und  Baurath  Paul  Eudolph  Brecht 
in  Eudolstadt  ist  das  Dienstprädicat  Geheimer  Baurath  verliehen 
worden. 


fAIle  Ecchte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theh. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Zum  Kampf  um  Troja.* 

Von  Dr.  Josef  Dünn. 


Das  Protokoll  der  Verhandlungen  zwischen  Dr.  Schliemann  und 
Hauptmarm  a.  D.  Bötticher  vom  1.  bis  6.  December  1889  (als  Hand¬ 
schrift  gedruckt  bei  P.  A.  Brockhaus,  Leipzig  1890)  hat  eine  Gegen¬ 
schrift  des  letzteren  hervorgerufen  „Hissarlik,  wie  es  ist“  (Fünftes 
Sendschreiben  über  Schlieinanns  Troja.  Berlin,  als  Handschrift  ge¬ 
druckt  im  Selbstverlag  des  Verfassers  1890.)  Bötticher  hält  nach  wie 
vor  seine  Hypothese  aufrecht,  dafs  der  Schutthügel  von  Hissarlik 
nicht  die  Feste  des  Priamos  in  sich  schliefse,  sondern  dafs  wir  es 
hier  in  Wirklichkeit  mit  einer  sog.  „Feuer-Nekropole“  (Verbrennungs¬ 
stätte  mit  Begräbnifsplatz  ?)  zu  thun  haben.  Professor  Niemann  in 
Wien  nennt  diese  Hypothese  (Kunstchronik  Jahrg.  1889/90  Nr.  16 
S.  249)  auf  äufserst  kühnen,  aber  der  Logik  nicht  ganz  entbehrenden 
Schlufsfolgerungen  aufgebäut  und  nur  auf  Grund  des  Buches  „Ilios“ 
—  nach  Bötticher  „das  Werk  der  Widersprüche“  genannt,  „Ilios“ 
(Leipzig  1881)  —  und  des  Burnoufschen  Planes  möglich,  also  ehe  das 
Buch  „Troja“  erschienen  war.  Nicht  wenig  mögen  zu  ihrem  Aufbau 
auch  gewisse  Steigerungen  in  den  Ausdrücken  bei  Angaben  und  Fund¬ 
beschreibungen  sowie  Unsicherheiten  bei  Schilderungen  technischer 
V orgänge  beigetragen  haben,  die  auch  im  „Lichte  der  heutigen  Wissen- 


*)  Vgl.  die  Mittheilungen  über  die  Wiederaufnahme  der  Aus¬ 
grabungen  in  Hissarlik -Troja  im  Centralblatt  der  Bauverwaltung 
Jahrg.  1882,  S.  86,  sowie  S.  '354- bis  355  die  Ansicht  über  die  Holz¬ 
einlagen  zum  Brennen  der  Mauern,  und  dafs  das  alte  Troja  in 
Hissarlik  und  nicht  in  Bunarbaschi  zu  suchen  sei. 


Schaft“  kaum  hingenoinmen  werden  können.  Wenn  von  Massen  von 
verbrannten  Holzbalken  und  von  Massen  von  verglastem  Ziegelschutte, 
wenn  von  grofsen  Theilen  vollständig  geschmolzener  Ziegelmauern,  die 
zu  einer  Art  von  schwammförmiger  Glasmasse  (so !)  umgestaltet  worden 
sind,  gesprochen  wird,  wenn  Holzpfosten  angeführt  werden,  die  in 
einer  Steinwand  Eindrücke  hinterlassen  haben,  wenn  zu  der  Construc- 
tion  eines  gedeckten  Mauerganges  erläutert  wird,  dafs  „hölzerne 
Strebepfeiler,  welche  die  Wände  stützen  mufsten,  durch  quer  über 
den  Weg  greifende  Balken  auseinander  gehalten  wurden,  welche  sich 
nicht  als  Sparren  vom  blauen  Himmel  abhoben,  sondern  eine  Lehm¬ 
decke  trugen“,  wenn  schliefslich  von  einem  rie.sigen  Thnrme  die  Eede 
ist,  so  tragen  solche  Schilderungen  nicht  gerade  zur  Förderung  des 
Verständnisses  hei.  Auch  die  Thatsache,  dafs  man  Lehmpulver  für 
Holzasche,  zersetztes  Elfenbein  für  Knochenasche  ansah  und  ausgab, 
dafs  man  an  angeblich  gefundenen  600  Pithoi  (Seite  30,  Böttichers 
5.  Sendschreiben)  leichten  Herzens  später  eine  Null  strich,  dafs  man 
die  Mauern  der  Citadelle  zuerst  aus  Lxiftziegeln  geschichtet  sein 
liefs,  die  erst  nach  ihrer  Schichtung  —  wie  beim  Feldziegelofeu  — 
gebrannt  worden  seien,  ehe  man  die  heute  in  Kleinasien  und  im 
Peloponnes  noch  landläufige,  von  Vitruv  schon  erwähnte,  von  den 
Byzantinern  und  von  den  Werkleuten  des  Mittelalters  noch  gepflogene 
Mauer-Construction  mit  eingelegten  Holzbalkenankern  erkannte,  dafs 
man  endlich  die  ausgebrannten  Balkenlöcher  für  Feuercanäle  ausgab 
u.  dgl.  m.  —  alles  dies  war  nicht  dazu  angethan,  überall  sichere 
Schlüsse  ziehen  zu  lassen.  Wenn  dann  noch  beispielsweise  gesagt 


410 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


4.  October  1890. 


wurde,  von  der  Unterstadt  sei  nicht  das  geringste  entdeckt  worden 
—  es  müsse  also  das  Baumaterial  derselben  verschleppt  und  bei 
späteren  Ansiedlungen  verwendet  worden  sein  — ,  und  man  folgerte 
dann  daraus;  „durch  die  Existenz  dieser  Unterstadt  bekommen  aber 
mehrere  Züge  des  homerischen  Bildes  erst  ihren  thatsächlichen  An¬ 
halt",  denn  das  weitstrafsige  Ilion  kann  sich  der  Dichter  natürlich 
nicht  auf  den  engen  Burgberg  (richtiger  wohl  die  Citadelle)  beschränkt 
gedacht  haben  (vgl.  Schuchardt  Seite  69)  —  so  dürfte  darin  wohl 
wenig  überzeugendes  liegen. 

Sicher  ist  für  uns  nun,  dafs  auf  der  Höhe  und  Stelle  des 
heutigen  Hissarlik  Tempelreste,  wohl  die  eines  Athena-Heiligthumes, 
gefunden  worden  und  zum  Theil  noch  vorhanden  sind,  dem  die 
bekannt  gewordene  Metope,  Helios  mit  dem  Strahlenkränze  um 
das  Haupt  vier  Bosse  lenkend,  Säulen-  und  Gebälkstücke,  casset- 
tirte  Deckentheile  aus  schönem  weifsen  Marmor  angehörten,  ferner 
Säulen-  und  Gebälkstücke  eines  kleinen  ältern  Baues,  vor  allem  aber 
ganze  Strecken  hel¬ 
lenistischer  Burg¬ 
mauern  ,  ein  römi¬ 
sches  Theater,  eine 
römische  Thoran¬ 
lage  und  ein  gut 
erhaltenes  Odeon 
(nach  dem  Berichte 
Schliemanns  in  der 
Neuen  freien  Presse 
vom  13.  August  1890 
eher  ein  theater¬ 
förmiger  Sitzungs¬ 
saal  der  ßovX>i?), 
welches  inschrift¬ 
lich  aus  der  Zeit  des 
Tiberius  stammt, 
und  zuguterletzt 
noch  mehrere  Mar¬ 
morfiguren  (vgl. 

Frankfurter  Zei¬ 
tung  vom  22.  Juni 
1890).  Die  bei  die¬ 
sen  Architektur¬ 
fragmenten  und 
Bildwerken  gefun¬ 
denen  inschrift¬ 
lichen  Denkmäler 
reichen  vom  vierten  vorchristlichen  Jahrhundert  bis  in  die 
späte  römische  Kaiserzeit,  und  die  Metopenbildwerke  erinnern 
an  die  des  pergamenischen  Altars.  Wir  hätten  somit  Bauwerke 
für  Zwecke  der  Lebenden  inmitten  der  Werke,  die  nach  Bötticher 
dem  Todtencultus  gedient  hätten!  Dürfen  wir  ein  Ustrinum  mit 
seinen  pestilenzalischen  Düften  in  unmittelbarer  Nähe  der  Be¬ 
hausungen  und  Erholungsstätten  der  Lebenden  annehmen,  oder  dürfen 
wir  glauben,  dafs  innerhalb  oder  auf  einer  Stätte,  die  dem  Todten¬ 
cultus  diente,  sich  Griechen  oder  Römer  häuslich  eingerichtet  hätten?! 
Die  Ehrfurcht  vor  den  Begräbnifsstätten  oder  dem  Todtenculte  ge¬ 
weihten  Anlagen  war  doch  auch  in  der  spätem  Zeit  noch  eine  so 
grofse,  dafs  man  nicht  leicht  etwas  gewagt  hätte,  vor  dem  sogar  die 
Verfallzeit  oder  eine  siegreich  hereinbrechende  neue  Religion  zurück¬ 
geschreckt  ist:  die  Umwandlung  von  Bezirken  der  Todten  zu  Wohn- 
oder  Lustbarkeitsplätzen  der  Lebenden!  Schon  aus  diesem  Grunde 
wird  man  die  Annahme  einer  Todtencultstätte  auf  dem  Platze  von 
Hissarlik  zurückweisen  dürfen. 

Bötticher  macht  nun  auf  die  geringe  Ausdehnung  des  von  Mauern 
umwährten  Burggebietes  aufmerksam.  Dieses  ist  allerdings  bedenk¬ 
lich  klein  für  die  stolze  Feste  des  Priamos,  und  zum  Belege  dafür 
sei  auf  obige  im  gleichen  Mafsstabe  gezeichnete  Zusammenstellung  der 
Ausdehnung  der  Akropolen  von  Selinus,  Mykenae,  Athen  und  Tiryns 
sowie  der  Burgen  von  Arques,  des  Kyffhäuserberges  und  der  bei 
Zurzach- Waldshut  gelegenen  Küssaburg  verwiesen  (Abb.  1),  woraus 
zu  ersehen  ist,  dafs  die  Akropole  von  Troja,  Priams  Feste,  kaum 
gröfser  als  eine  unserer  mittelgrofsen  mittelalterlichen  Ritterburgen 
war.  Da  aber  auch  auf  diesen  stolze  Fürstengeschlechter  Raum 
hatten  und  von  dort  Königen  und  Völkerschaften  Trotz  boten  und 
Widerstand  leisteten,  da  hinter  dem  mit  Mauern  und  Thürmen  um¬ 
währten  Platze,  in  Arques  z.  B.,  Raum  war  für  den  gewaltigen,  mehr¬ 
stöckigen  Donjon,  für  die  Wohnungen  und  Vorrathsräume  der  Herren 
sowohl  wie  der  Besatzung,  da  dort  auch  Stallungen  und  Wirthschafts- 
höfe  angelegt  waren  (vgl.  Viollet-le-Duc,  Description  et  histoire 
du  chäteau  d’Arques,  Paris  1880,  S.  7  u.  9),  so  wollen  wir  auch 
glauben,  dafs  Priamos  auf  der  annähernd  gleich  grofsen  Abgleichung 
des  Hügels  von  Hissarlik  Platz  gefunden  hat  für  sich  und  sein 
Geschlecht. 


Bötticher  bezweifelt  auch  den  Befestigungs- Zweck  und  -Werth 
der  Mauervorsprünge  in  Hissarlik,  indem  sie  dafür  zu  klein  und  zu 
nahe  gestellt  wären;  auch  die  Anzahl  der  Thore  zur  Citadelle  ist 
ihm  zu  grofs.  Als  die  Burg  von  Arques  angelegt  wurde,  kämpfte 
man  wohl  noch  mit  den  gleichen  Waffen,  mit  Schild,  Lanze  und 
Schwert,  mit  Pfeil  und  Bogen,  wie  zur  Zeit  der  trojanischen  Helden, 
und  in  Arques  ist  (vgl.  Abb.  1,  VII  u.  VII a)  ein  Theil  der  Burgmauer 
mit  kaum  gröfseren  und  weiter  auseinanderliegenden  Vorsprüngen  ver¬ 
sehen  als  in  Hissarlik,  die  zum  Theil  oberhalb  thurmartig  aus¬ 
gebildet  waren,  oder  nur  als  Ausbuchtung  des  Mauerganges  bei  den 
Zinnen  dienten,  und  daher  sicher  einen  Vertheidigungszweck  hatten. 
Zum  gleichgrofsen  Burgplateau  in  Arques  führen  durch  die  Ring¬ 
mauern  zwei  mächtige  Thorbauten,  wie  sie  auch  in  Hissarlik  bis  jetzt 
in  der  gleichen  Anzahl  gefunden  wurden. 

Das  Planmaterial  über  die  „Citadelle  von  Troja“,  welches 
Dr.  Dörpfeld  dem  Protokoll  der  Verhandlungen  (Plan  VII  aus  „Troja“) 

beigegeben  hat,  ist 
mit  dem  Thatbe- 
stand  an  Ort  und 
Stelle  übereinstim¬ 
mend,  und  auch  von 
den  andern  Tech¬ 
nikern  ,  welche  die 
Ausgrabungen  zu 
besuchen  Gelegen¬ 
heit  hatten,  als 
richtig  und  zuver¬ 
lässig  anerkannt. 
Allseitig  und  auch 
von  Bötticher  an¬ 
erkannt  und  be¬ 
kannt  gegeben  ist 
die  Construction 
der  geböschten,  aus 
mäfsig  grofsen  na¬ 
türlichen  Steinen 
ohne  Mörtel  gefüg¬ 
ten  Umwährungs¬ 
mauern.  Das  Ge¬ 
füge  erscheint  roh, 
und  es  sind  die 
Mauern  daher  jetzt 
von  aufsen  nicht 
schwer  zu  ersteigen. 
Der  Zustand  der  Aufsenfläche  dürfte  aber  wohl  zur  Zeit,  als  die  Mauern 
Vertheidigungszwecken  dienten,  ein  anderer  gewesen  sein,  wie  auch  der 
der  Mauern  von  Tiryns  und  der  so  mancher  etruskischen  Städte,  heute 
nicht  mehr  der  ursprüngliche  ist.  Viele  sind,  wie  die  Kernmauern 
I  der  ägyptischen  Pyramiden,  ihrer  Bekleidung  beraubt,  andere  sind  an 
der  Oberfläche  ausgewittert  oder  haben  Rutschungen  und  Senkungen 
erfahren,  wodurch  Lockerungen  und  Verschiebungen  im  Gefüge  ent¬ 
standen  sind.  Den  Vertheidigungszweck  der  Mauern  ihres  jetzigen 
Zustandes  halber  in  Zweifel  ziehen  zu  wollen,  dürfte  daher  wohl 
gewagt  sein. 

Unbestritten  ist  auch  die  Verwendung  von  an  der  Luft  getrock¬ 
neten  Lehmziegeln,  wie  sie  Babylonier  und  Aegypter,  Griechen  und 
Römer  im  Gebrauch  hatten,  und  wie  sie  heute  noch  in  Griechenland 
und  Kleinasien  oder  ganz  allgemein  im  Orient  angewendet  werden. 
Musterstücke  derselben  sind  in  den  Schliemann- Sälen  des  Berliner 
Museums  aufgestellt,  denen  auch  durch  Brand  verschlackte  oder  ver¬ 
glaste  Stücke  beigegeben  sind.  Unbestritten  düi-fte  auch,  nach  den 
Holzkohlenresten  und  nach  verfaulten  Holzfasern  sowie  nach  den 
Hohlräumen  im  Mauerwerk,  die  übrigens  zum  Theil  wieder  durch 
stürzendes  Mauerwerk  und  Lehmpulver  zugeschlemmt  sind,  zu 
urtheilen,  die  Verwendung  der  von  Vitruv  empfohlenen  Holzanker 
im  Mauerwerk  sein.  Sie  bildeten  ein  festes  Gerippe,  das  die  Stand¬ 
fähigkeit  der  Luftziegelmauern  erhöhte.  Auch  diese  Construction 
hat  sich,  wie  erwähnt,  durch  das  Mittelalter  hindurch  bis  auf  die 
heutige  Zeit  erhalten.  Die  Construction,  welche  bei  Bränden  ihre 
Nachtheile  hat,  schützt,  so  sagen  die  Techniker  des  Südens,  ganz 
besonders  gegen  Erdbeben.  Von  der  Zerstörung,  welche  die  Holz¬ 
anker  durch  Weiterleiten  des  Feuers  hervorrufen  können,  hat  der 
Verfasser  dieser  Zeilen  im  Laufe  dieses  Frühjahrs  bei  einem  Haus¬ 
brande  in  Nauplia  sich  überzeugt,  es  geben  aber  auch  viele  Ruinen 
mittelalterlicher  Bauten  (z.  B.  Burg  Hausen  im  Donauthale)  davon 
Beispiele.  In  Hissarlik  sind  die  den  Holzankern  zunächst  gelegenen 
Luftsteine  mehr  oder  weniger  angerufst,  andere  roth  gebrannt.  Die 
Farbe  des  mit  Häcksel  und  mit  kleinen  Muscheln  gemischten  Thones 
ist  grau  bis  bräunlichgrau,  während  das  zwischenliegende  Bindemittel 
von  hellerer,  in  einigen  Fällen  von  weifsgelber  Farbe  ist.  Die  Ober: 
flächen  der  Mauern  sind  vielfach  mit  einem  weifsen,  dünnen  Thon- 


V.  Hissarlik-Troja.  VI.  Tiryns.  VII.  Chäteau  d’Arques.  VIII.  Küssaburg. 

100  50  0  100  200  300  400  500" 


Abb.  1.  Vergleichende  Zusammenstellung  der  Ausdehnung  einiger  Akropolen  und  Burgen. 


Nr.  40. 


Oentralblatt  der  Bauverwaltang. 


411 


anstrich  —  wie  mit  Pfeifenerde  —  überzogen.  Die  Luftsteine  haben 
eine  Dicke  von  10 — 15  cm  bei  einer  Länge  bis  zu  65  cm,  während 
die  Mörtelfugen  1—3  cm  dick  sind.  Unbestritten  und  für  jeden  Be¬ 
sucher  controlirbar  ist  auch  das  Vorhandensein  grofser  Thorschwellen 
aus  Kalkstein  (Südwestthor  2,65  m  X  1,20  m)  und  von  Standsteinen 
für  hölzerne  Parastaten  aus  dem  gleichen  Materiale.  Auf  das  einstige 
Vorhandensein  von  hölzernen  Anten  lassen  die  Vorrichtungen  in  den 
Standsteinen  schliefsen,  ebenso  das  Vorkommen  von  verfaulten  Holz¬ 
fasern  und  von  Holzkohlen  an  diesen  Stellen  im  Erdreich,  von  denen 
in  Dr.  Dörpfelds  und  meiner  Anwesenheit  neue  Reste  ans  Tageslicht 
gefördert  wurden.  Die  Verwendung  von  Luftsteinen,  deren  Thon 
noch  Strohhäcksel  beigemengt  war,  von  Kalksteinschwellen  und 
hölzernen  Thüreinfassungen,  von  Holzeinlagen  im  Gemäuer  wird 
man  wohl  kaum  bei  einem  Ustrinum  für  wünschenswerth  erachtet 
haben,  sie  schliefst  vielmehr  eine  Deutung  der  Mauerreste  für  ein 
solches  aus. 

Für  eine  einstige  Deckung  der  Gelasse,  welche  innerhalb  der 
Umwährungsmauern  standen,  sprechen  die  Eindrücke,  welche  Schilf¬ 
rohre  in  einigen  Lehmpatzen  hinterlassen  haben.  Wie  von  der 


Hauptstadt  des  Krösos  gemeldet  wird,  und  wie  es  heute  noch  bei 
den  Lehmziegelhütten  türkischer  Ortschaften  üblich  ist,  war  Schilf¬ 
rohr  auf  Lehmschlag  und  Holzunterlage  (Rundholz  oder  Bohlenbelag) 
das  Deckmaterial  der  Häuser.  Das  Fehlen  von  Deckziegel resten  in 
der  Nähe  der  hellenistischen  und  römischen  Bauten  hängt  wohl 
mit  der  leichten  Verschleppung  und  Verwendung  dieses  gesuchten 
Materials  zu  andern  Bauten  nach  dem  Verfalle  der  Stadt  zusammen. 
Schilfrohre  und  Laubzweige  schützen  übrigens  auch  die  Kronen  der 
Lehmziegel(Luftziegel)-Mauern,  welche  zur  Einfriedigung  offener  Höfe 
und  Grundstücke  heute  noch  allenthalben  im  Süden,  so  im  Pelo¬ 
ponnes,  errichtet  werden.  Wo  Wind  und  Wetter  die  Schutzvorrich¬ 
tung  abgestreift  haben,  geht  die  Luftziegelmauer  durch  den  ein¬ 
dringenden  Regen  rasch  zu  Grunde,  wie  dies  schlecht  unterhaltene 
Stellen  zeigen.  Aus  dem  gleichen  Grunde  sind  die  Luftziegelmauern 
auch  gegen  die  Bodenfeuchtigkeit  zu  schützen,  und  deshalb  erheben 
sie  sich  überall,  sowohl  im  alten  Troja  als  auch  in  jedem  neueren 
Bauerndorf,  über  einer  Sand-  oder  Kalksteinmauer- Schicht  von  minde¬ 
stens  30  cm  Höhe  (vgl.  z.  B.  die  Lehmziegelhäuser  und  Mauern  in 
der  argolischen  Ebene).  (Schlufs  folgt.) 


Neubau  des  Dienstgebäudes  für  den  Wasserbaubeamten  in  Hameln. 


Am  7.  November  1887  wurde  das  im  Jahre  1787  auf  der  Werder¬ 
insel  neben  der  Weserschleuse  in  Hameln  erbaute  Dienstgebäude  der 
dortigen  Wasser- 
bauinspection  nach 
hundertjährigem 
Bestehen  infolge 
der  Explosion  der 
Meyerschen  Weser¬ 
mühle  derartig  zer¬ 
stört,  dafs  ein  Wie¬ 
deraufbau  unmög¬ 
lich  erschien  und 
die  Erbauung  eines 
neuen  Gebäudes 
erforderlich  wurde. 

Die  Lage  des  Neu¬ 
baues,  in  welchem 
auch  die  Räume  für 
den  Schleusenwär¬ 
ter  unterzubringen 
waren,  mufste  der¬ 
artig  sein,  dafs  der 
Schiffsverkehr  gut 
übersehen  und  die 
Bedienung  der 
Schleuse  leicht  be¬ 
wirkt  werden 
konnte.  Auch  for¬ 
derte  die  Sicherheit 
gegen  abermalige 
Explosion  beson¬ 
dere  Rücksichten. 

Da  die  Wirkung 
der  Explosion  vom 
7.  November  1887 
sich  nicht  weiter  als  25  m 
von  der  Mühle  erstreckt 
hatte,  und  die  wiederholte 
Explosionsgefahr  durch  be¬ 
sondere  Einrichtungen  an 
dem  Silo  der  Mühle  (Ersatz 
der  massiven  Wände  durch 
Bretter  und  Blech  und 
Anbringung  reichlicher  Lüf¬ 
tungsöffnungen)  sehr  ver¬ 
ringert  ist,  so  erschien 
völlige  Sicherheit  vorhan¬ 
den,  wenn  das  Gebäude 
etwa  75  m  stromabwärts 
von  der  Mühle  entfernt 
errichtet  wurde.  Es  ergab 
sich  hier  freilich  die  Noth- 
wendigkeit  einer  besonderen 
Gründung,  da  der  Bau  theils 
auf  den  Resten  der  Seiten¬ 
mauern  der  alten,  im  Jahre 

1870  abgebrochenen  Schleuse,  theils  auf  dem  noch  nicht  genügend  ver¬ 
dichteten  Füllboden  der  Schleusenkammer  zu  stehen  kam.  Die  freie,  von 
allen  Seiten  sichtbare  Lage  in  der  äufserst  reizvollen  landschaftlichen 


Ansicht. 


Grundrisse  vom  hohen  Erd-  und  Obergeschosse. 


Umgebung,  welche  von  zahlreichen  Fremden  aufgesucht  wird,  forderte 
eine  entsprechende  architektonische  Gestaltung.  In  wasserbau¬ 
licher  Beziehung 
war  noch  die  Lage 
mitten  im  Ueber- 
schwemmungsge- 
biete  der  Weser  zu 
b  erücksichtigen. 
Dementsprechend 
sind  nach  einer  im 
Ministerium  der 
öffentlichen  Arbei¬ 
ten  entworfenen 
Skizze  die  beson¬ 
deren  Pläne  in  der 
Wasserbau -Inspec- 
tion  Hameln  bear¬ 
beitet  worden. 

Das  Gebäude 
enthält  im  Erdge- 
schofs  die  Dienst¬ 
räume  für  den 
Wasserbaubeamten 
und  einen  Schleu¬ 
senwärter  mit  be¬ 

sonderem  Eingänge 
an  der  Nordseite, 
im  ersten  Stock  und 
im  Dachgeschofs, 
von  den  Dienst¬ 
räumen  völlig  ge¬ 

trennt,  dieWohnung 
und  im  Keller  die 
Wirthschaftsräume 
für  den  Baubeam¬ 
ten.  Die  Kellersohle  hat 

eine  etwas  höhere  Lage  als 
der  höchste  Stand  des  Hoch¬ 
wassers  von  1841  und  das 
umliegende  Gelände.  Es 
wurde  deshalb  eine  insel¬ 
artige  Umschüttung  von 
1,6  m  Höhe  rings  um  das 

Gebäude  nöthig ,  welche 
zum  Schutz  gegen  Wellen¬ 
schlag  und  Eis,  zur  Raum- 
ersparnifs  und  aus  architek¬ 
tonischen  Rücksichten  mit 
Futtermauern  und  Einfrie¬ 
digungen  umgeben  ist.  Die 
Fundamente  auf  der  1  m 
hohen  Sandschüttung,  die 
Kellergewölbe  undFufsböden 
bestehen  aus  Kiesbeton;  im 
übrigen  ist  das  Gebäude  in 
Backsteinrohbau  mit  Ziegel¬ 
dach  unter  mäfsiger  Verwendung  von  hellfarbigem  Süntelsandstein  zu 
den  Ecken,  Fenster-  und  Thüreinfassungen,  Gesimsen,  Giebelabdeck¬ 
ungen,  Bekrönungen,  Säulen  usw.  erbaut.  Die  Keller-  und  Aufsen- 


2S^ 


412 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


4.  October  1890. 


treppen  sind  ebenfalls  von  Saiidstein,  die  Geschofstreppe  aus  Kiefern¬ 
holz  mit  eichenen  Trittstufen.  Fenster,  Thüren  und  Fufsböden  sind  vor¬ 
wiegend  aus  Kiefernholz  gefertigt.  Für  die  Heizung  sind  Kachelöten 
aufgestellt. 

Die  Geschofshöhen  betragen  im  Keller  2,8  m,  im  Erdgeschofs 
3,8  m,  im  ersten  Geschofs  3,8  m,  im  Dachgeschofs  3  m.  Als  Baustil 
ist  iu  Anlehnung  an  die  Architektur  der  alten  Hamelner  Bauten 
deutsche  Eenaissance  gewählt.  Mit  der  Bauausführung  wurde  im 


August  V.  Js.  begonnen;  zur  Zeit  ist  das  Gebäude'  bereits  be¬ 
zogen-  —  Die  Baukosten  betragen  rund  46  000  Mark  oder  für 
1  ([m  bebauter  Grundfläche  etwa  190  Mark  und  für  1  cbrn  umbauten 
Baumes  rund  18  Mark.  Für  Erdarbeiten,  Einfriedigungen  treten 
4000  Mark,  für  Futtermauern  usw.  3500  Mark  hinzu,  im  ganzen 
werden  also  rund  53  500  Mark  ausgegeben.  Die  Bauausführung 
erfolgte  unter  der  Leitung  des  Bauraths  Meyer. 

Hellmuth,  Königl.  Wasserbaninspector. 


Belieizung  ganzer  Stadttheile. 


Die  in  neuerer  Zeit  hauptsächlich  in  Nord-America  angestellten 
Versuche,  die  Beheizung  ganzer  Häuserviertel  oder  Stadttheile  von 
einer  Stelle  aus  zu  bewirken,  haben  bekanntlich  nicht  iTiibe- 
trächtliche  Erfolge  zu  verzeichnen  und  sind,  wie  wir  in  der  Mit¬ 
theilung  in  Nr.  11  des  Jahrganges  1884  d.  Bl.  über  die  Dampf¬ 
leitungen  in  New-York  des  näheren  erläutert  haben,  in  constructiver 
Beziehung  so  sorgfältig  und  zweckmäfsig  durchgeführt,  dafs  in  An¬ 
betracht  der  günstigen  Erfahrungen  und  der  gebotenen  tinanciellen 
Vortheile  eine  weitere  Verbreitung  erwartet  werden  darf.  Neuer¬ 
dings  ist  man  nun  noch  weiter  bemüht,  nicht  allein  die  Beheizung, 
sondern  auch  die  Versorgung  mit  frischer  Luft,  sei  es  in  erwärmtem, 
sei  es  in  abgekühltem  Zustande,  für  einzelne  räumlich  nicht  allzu¬ 
weit  ausgedehnte  Stadttheile  von  Centralstellen  aus  zu  bewirken. 
Es  ist  nicht  wohl  zu  bezweifeln,  dafs  für  enggebaute,  gewerbreicbe 
Städte,  in  denen  die  von  aufsen  entnommene  Luft  sich  in  gesund¬ 
heitlicher  Beziehung  in  der  Kegel  nicht  zur  Versorgung  von  Wohn- 
und  Arbeitsräumen  eignet,  eine  centrale  Luftvertheilungsleitung, 
welcher  von  einer  besonders  günstig  gelegenen  Stelle  aus  gröfserer 
Höhe  reine  und  staubfreie  Frischluft  zugeführt  wird,  günstige  Er¬ 
folge  in  Aussicht  stellt,  falls  es  gelingt,  die  grofsen  technischen 
Schwierigkeiten  der  Verlegung  umfangreicher  Luftleitungen  innerhalb 
des  Strafsenkörpers  und  der  Erhaltung  gleichmäfsiger  Temperaturen 
in  einer  auch  tinanciell  günstigen  Weise  zu  überwinden.  Diese  Be¬ 
strebungen  finden  wir  verwirklicht  in  dem  sog.  Ti  mby- Sy  st  ein, 
welches,  wie  wir  einem  Berichte  des  technischen  Attaches  in 
Washington,  Herrn  Kegierungs-Baumeister  Petri  entnehmen,  seitens 
der  „National-Heating  and  Ventilating  Company“  in  Washington  neuer¬ 
dings  ihren  Ausführungen  zu  Grunde  gelegt  wird.  Die  genannte 
Gesellschaft  beabsichtigte  ursprünglich  Städte  bis  zu  50  000  Ein¬ 
wohnern  von  einer  Stelle  aus  zu  versorgen.  Die  Schwierigkeiten, 
welche  hierbei  die  erforderliche  Geschwindigkeit  der  Luft  und  die 
Gröfse  der  Gebläsemaschinen  verursachten,  haben  jedoch  Anlafs  ge¬ 
geben,  nur  Ausdehnungen  des  Netzes  bis  zu  0,8  km  Länge  zu  wählen 
und  bei  besonders  dichter  Bebauung  in  Geschäftsgegenden  für  jedes 
Häusergeviert  eine  eigene  Betriebsstelle  anzulegen. 

Der  Grundgedanke  des  Tirnby-Systems  ist  ein  sehr  einfacher. 


An  der  Centralstelle  befinden  sich  die  der  Gröfse  der  Versorgung 
entsprechenden  Dampf-  oder  Heifswasserkessel,  durch  welche  die 
Hauptluftleitung  in  geschlossenen  Rohren  hindurchgeführt  wird  und 
einen  Theil  der  erzeugten  Wärme  in  sich  aufnimmt.  Um  im  weiteren 
Verlaufe  der  im  Strafsenkörper  zu  verlegenden  Hauptluftleitung  eine 
gleichmäfsige  Wärme  oder  eine  dauernde  Ersetzung  der  Wärme¬ 
verluste  zu  erhalten,  ist  von  den  Kesseln  innerhalb  der  Luftleitung 
und  bis  zu  deren- Ende  ein  Dampf-  oder  Heifswasserrohr  abgezweigt, 
welches  durch  einen  Dampfwasser-  bezw.  Rücklaufstrang  wieder  an 
die  Kessel  angeschlossen  ist.  Die  Summe  der  Wärmeerzeugung  des 
wärmeren  Dampfrohres  und  des  kühleren  Dampfwasserrohres,  d.  h. 
des  Hin-  und  Rücklaufstranges,  ist  an  allen  Stellen  nahezu  die  gleiche, 
sodafs  auch  innerhalb  des  Luftrohres  im  ganzen  Verlaufe  desselben 
ungefähr  die  gleiche  Temperatur  herrscht.  Die  Luft  wird  durch  ein 
Gebläse  in  die  Hauptleitungen  eingetrieben,  besitzt  somit  stetig  einen 
gewissen  Ueberdruck,  sodafs  das  Eindringen  schädlicher  Bodengase 
kaum  zu  befürchten  sein  dürfte.  Von  den  Hauptleitungen  zweigen 
nach  den  einzelnen  zu  versorgenden  Gebäuden  und  Verbrauchstellen 
Nebenluftleitungen  ab,  welche  die  Luft  nach  den  betreffenden 
Wohn-  oder  Arbeitsräumen  führen.  Durch  Mefsvorrichtungen  an 
den  Abzweigstellen  wird  die  Menge  der  jeweilig  verbrauchten  Wärme 
festgestellt. 

Der  Betrieb  der  Dampfleitung  erfolgt  durch  niedrig  gespannte 
Dämpfe,  deren  Druck  0,35  kg  für  das  Geviertcentimeter  nicht  über¬ 
steigen  soll.  Die  Gefahr  von  Explosionen  wird  hierdurch  beseitigt, 
und  erheblichen  Längenveränderungen,  welche  trotz  eingeschalteter 
Ausgleichvorrichtungen  erfahrungsgemäfs  in  erster  Linie  zu  Un¬ 
dichtigkeiten  führen,  vorgebeugt.  Selbstverständlich  wird  das  in  das 
Erdreich  eingebettete  Hauptluftrohr  durch  zweckihäfsige  Umhüllung 
gegen  Wärmeverluste  geschützt. 

In  gleicher  Weise  wie  die  Luftleitungen  zur  Uebertragung  er¬ 
wärmter  Luft  benutzt  werden,  sollen  dieselben  in  der  heifsen 
Jahreszeit  auch  zur  Leitung  eines  durch  Kältemischungen  künstlich 
gekühlten  Luftstromes  dienen  Wir  behalten  uns  vor,  auf  die  An¬ 
gelegenheit  zurückzukommen,  sobald  uns  weitere  Mittheilungbn  über 
die  erzielten  Erfolge  zugegangen  sein  werden. 


Stellvorrichtungen  für  Balinhofsahschlufstelegrapheii  und  die  damit  verbundenen 

Vorsignale. 


Die  im  letzten  Jahrzehnt  eiugetretene  bedeutende  Erhöhung  der 
Anzahl  und  der  Geschwindigkeit  der  Eisenbahnzüge  hat  die  Eisen¬ 
bahn-Verwaltungen  auch  zu  erhöhten  Anforderungen  hinsichtlich  der 
Sicherung  des  Zugverkehrs  und  namentlich  hinsichtlich  der  Sigual- 
und  Weichen -Sicherung  auf  den  Bahnhöfen  veranlafst.  Diese  An¬ 
forderungen  haben  in  neuerer  Zeit  u.  a.  zu  der  vermehrten  Anordnung 
von  Vorsignalen  geführt  und  zielen  namentlich  darauf  hin,  dafs  nur 
solche  Einrichtungen  zur  Anwendung  kommen,  welche  unter  allen 
Umständen  völlig  zuverlässig  wirken. 

Bekanntlich  erfolgt  die  Sicherung  der  Einfahrt  der  Züge  in  die 
Bahnhöfe  neuerdings  meist  durch  ein  Abschlufssignal  und  ein  damit 
verbundenes  Vorsignal,  welche  in  der  Regel  mittels  doppelten  Draht¬ 
zuges  durch  einen  Hebel  bewegt  werden.  In  diesen  Drahtzug  wird 
zweckmäfsig  zugleich  die  Bewegung  oder  die  Verriegelung  derjeni¬ 
gen  Weichen  einbezogen, 
deren  falsche  Stellung 
den  einfahrenden  Zug 
gefährden  kann.  Die  Be¬ 
wegung  der  Weichen¬ 
stangen  bezw.  -Riegel, 
der  Flügel  des  Abschlufs 
telegraphen  und  der 
Scheibe  des  Vorsignals 
erfolgt  ziemlich  allgemein 
durch  Hubscheiben,  um 
welche  der  Zugdraht 
mehrfach  geschlungen  ist; 
zur  Vermeidung  des  Gleitens  auf  der  Scheibe  wird  der  Draht  an 
einer  Stelle  befestigt.  Wenn  diese  Einrichtungen  unter  allen  Um¬ 


ständen  völlig  zuverlässig  wirken  sollen,  müssen  offenbar  folgende 
Bedingungen  erfüllt  werden: 

a)  Das  Fahrsignal 
am  Abschlufs-  und  am 
Vorsignal  darf  nur  ge¬ 
zogen  werden  können, 
wenn  die  gegen  die  Spitze 
zu  befahrenden  und  die 
etwa  vorhandenen  feind¬ 
lichen  Weichen  sich  in 
der  entsprechenden  Stel¬ 
lung  befinden. 

b)  Das  Vorsignal 
darf  erst  mit  oder  nach 
dem  Abschlufssignal  ge¬ 
zogen  werden  können. 

c)  Während  die  Sig¬ 
nale  auf  ,,Fahrt“  stehen, 
müssen  die  einbezogenen 
Weichen  in  der  richtigen 
Stellung  verriegelt  sein, 
sodafs  ein  Umstellen  dei-- 
selben  erst  möglich  ist, 
nachdem  die  Signale  die 
Haltstellung  wieder  ein¬ 
genommen  haben. 

d)  Der  Drahtzug  mufs  stets  in  beiden  Drähten  völlig  gleichmäfsig 
gespannt  und  mit  Vorrichtungen  versehen  sein,  welche  es  verhindern, 
dafs  die  über  mehrere  Hubscheiben  durchgehende  Leitung  infolge 


Nr.  40. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


413 


des  Wärmeweclisels  oder  ungleicher  Widerstände  die  Scheiben  gegen¬ 
einander  verstellt. 

e)  Bei  dem  Eeifsen  des  Drahtzuges  an  beliebiger  Stelle  —  also 
entweder  zwischen  Stellbock  und  Weichen -Verriegelungsrolle,  oder 
zwischen  Kiegelrolle  und  Abschlufssignal,  oder  zwischen  Abschlufs- 
und  Vorsignal  —  mufs  sowohl  das  Abschlufs-  wie  das  Vorsignal  die 
Haltstellung  einnehmen  bezw,  in  derselben  verbleiben. 

f)  Der  Eintritt  der  Haltstellung  darf  nicht  durch  ein  den 
Flügeln  gegebenes  Uebergewicht,  sondern  mufs  zwangsweise  herbei¬ 
geführt  werden,  damit  die  Signal-Flügel  bezw.  -Scheiben  nicht  unter 
ungünstigen  Umständen  (bei  Ansatz  von  Schnee  und  Glatteis)  auf 
„Fahrt“  stehen  bleiben. 

Diese  Bedingungen  werden,  wie  bereits  vom  Herrn  Regierungs- 
Baumeister  Feldmann  in  Nr.  21  des  Centralblattes  der  Bauverwal¬ 
tung  (Seite  213  d.  J.)  näher  dargelegt  ist,  in  ihrer  Gesamtheit  nur 
von  solchen  Anlagen  erfüllt,  deren  Drahtzug  vom  Stellbock  bis  zum 
Vorsignal  und  zurück  ununterbrochen  durchgeht.  Wenn  in  der  an¬ 
geführten  Darlegung  jedoch  bemerkt  wird,  derartige  durchgehende 
Drahtzüge  seien  bisher  niemals  angewendet  worden,  so  bedarf  diese 
Angabe  der  Berichtigung.  Von  der  Firma  C.  St  ahm  er  in  Georg¬ 
marienhütte  sind  für  mehrere  preufsische  Staatsbahnen  bereits  seit 
längerer  Zeit  und  in  gröfserer  Zahl  Weichen-  und  Signal-Sicherungs- 
Anlagen  hergestellt  worden,  bei  welchen  ein  ununterbrochener  Draht¬ 
zug  vom  Stellbock  über  eine  oder  mehrere  Weichen-Verriegelungs- 
Tollen,  die  Abschlufssignal-  und  die  Vorsignal -Hubscheibe  geführt 
ist  und  wobei  sämtlichen  obigen  Bedingungen  genügt  wird.  Da 
namentlich  auf  zuverlässige  Erfüllung  der  unter  e  und  f  aufge¬ 
führten  Bedingungen  neuerdings  mit  Recht  grofser  Werth  gelegt 
wird  und  diese  bei  den  Anlagen  der  gedachten  Firma  regelmäfsig 
festgestellt  ist,  so  erscheint  eine  Besprechung  der  fraglichen  Anlagen 
in  ihrer  neuesten  verbesserten  Gestalt  hier  am  Platze. 

In  Abb.  l  ist  eine  aus  dem  Stellbock  N,  den  Weichen- Verriege¬ 
lungsrollen  ß  iß],  dem  zweiflügligen  Abschlufssignal  A  und  dem  Vor¬ 
signal  JE  bestehende  Sicherungsanlage  in  der  von  der  genannten 
Firma  gewählten  Anordnung  übersichtlich  dargestellt.  Die  Wirkungs¬ 
weise  und  der  Zweck  der  einzelnen,  der  Firma  z.  Th.  patentirten 
Vorrichtungen  ergeben  sich  aus  folgenden  Erläuterungen. 


werden,  so  findet  durch  die  Lüftung  des  Fallenhebels //^  und  durch 
das  damit  erfolgende  Eingreifen  des  Sperrkegels  b  in  den  Zahnkranz 
des  kleinen  Rades  eine  Feststellung  des  letzteren  statt;  dasselbe 
kann  sich  nicht  mehr  um  seine  Achse  drehen  und  kuppelt  dadurch 
und  durch  die  eingreifenden  Radkränze  auch  die  beiden  Seilrollen 
mit  dem  Stellhebel,  dessen  Bewegung  sich  nunmehr  auf  die  Rollen 
und  die  Drahtleitung  überträgt.  Nach  der  Vollendung  des  Hubes 
und  dem  Einsenken  der  Falle  werden  die  beiden  Seilrollen  wieder 
vom  Stellhebel  getrennt ,  sie  können  sich  frei  bewegen  und  die 
wieder  zur  Wirkung  kommenden  .Spanngewichte  sichern  eine  gleiche 
Spannung  in  beiden  Drähten  auch  bei  gezogener  Hebelstellung  (vgl. 
auch  „Kolle,  die  Anwendung  und  der  Betrieb  von  Stellwerken“). 

Wenn  etwa  wegen  örtlicher  Verhältnisse,  z.  B.  bei  Errichtung 
des  Stellbocks  auf  dem  Bahnsteig,  die  Verbindung  des  Endspann¬ 
werks  mit  seinen  Gewichten  mit  dem 
Stell  bock  nicht  erwünscht  erscheint, 
oder  wenn  die  fragliche  Anordnung  bei 
vorhandenen,  nicht  wohl  zu  verändern¬ 
den  Stellwerkanlagen  angewendet  werden 
soll,  wird  das  Endspannwerk  nach 
Abb.  2  a  angeordnet  und  in  geringer  Ent¬ 
fernung  vom  Stellbock  aufgestellt.  Zu 
diesem  Zweck  wird  zwischen  den  beiden 
Seilrollen  s  und  eine  mit  der  An¬ 
triebscheibe  des  Stellbocks  durch  einen 


Abb.  2a. 


1.  Der  Stellhock  (Abb.  2). 

■  Der  zur  Bewegung  des  Doppel -Drahtzuges  dienende  Stellbock 
enthält  zugleich  die  Vorrichtung  zur  Ausgleichung  der  Spannungen 
im  Drahtzuge,  bildet  also  ein  Endspannwerk.  Zu  dem  Zwecke  ist 
die  Antriebrolle,  in  zwei 
selbständige,  in  entge¬ 
gengesetztem  Sinne  dreh¬ 
bare  Seilrollen  aufge¬ 
löst,  von  denen  jede  mit 
.einem  Spanngewicht  ver¬ 
bunden  ist  (vgl.  Abb.  1). 

Auf  der  inneren  Fläche 
der  Seilrollen  ist  je  ein 
Zahnkranz  mit  konischen 
Zähnen  angebracht,  zwi¬ 
schen  denen  sich  ein  klei¬ 
nes  konisches  Zahnrad  r 
dreht.  Die  Seilrollen  sind 
auf  der  Drehachse  lose  | 
gelagert,  also  mit  dem  ”1 

auf  der  gleichen  Achse 
befestigten  Stellhebel  a 
nicht  fest  verbunden. 

Befindet  sich  daher  der 
Stellhebel  in  der  Euhe- 
oder  Endlage,  bezw.  bei 
einem  Umschlaghebel  in 
der  Ruhe-  oder  einer  der 
Endlagen,  so  sind  die 
Rollen  für  sich  beweg¬ 
lich.  Sie  stellen  sich 
selbstthätig  nach  den 
Spannungen  der  Draht¬ 
leitung  ein;  das  Mafs  der 
Spannungen  bleibt  immer 
dasselbe  und  hängt  lediglich 
ab.  Damit  das  zwischen  den  Radkränzen  der  Seilscheiben  sich 
drehende  kleine  konische  Rad  die  selbständige  Bewegung  der 
beiden  Scheiben  durch  die  Gewichte  bei  der  anfänglichen  Regelung 
nicht  hindert,  wird  dasselbe  für  kurze  Zeit  entfernt  und  demnächst 
wieder  eingesetzt.  Der  Zapfen,  um  welchen  sich  dies  kleine  Rad 
•  dreht,  befindet  sich  am  Stellhebel.  Soll  nun  letzterer  umgelegt 


kurzen  doppelten  ,  Drahtzug  von  besonderer  Stärke  verbundene 
Scheibe  t  angebracht;  dieselbe  sitzt  ebenso  wie  die  beiden  Seilscheiben 
lose  auf  der  Achse.  Sie  trägt  an  einem  Ausschnitt  auf  einem  Zapfen 
das  kleine  konische  Rad  r,  welches^  den  beiden  Seilrollen  in  der 
Ruhelage  freie  Bewegung  gestattet,  und  enthält  ferner  den  Drehzapfen 
eines  zweiarmigen  Hebels  h,  welcher  mit  zwei  Gleitflächen  auf  einer 
auf  der  Achse  festen,  mit  Ansätzen  versehenen  kleinen  Scheibe  i 
gleitet  und  im  Beginn  der  Bewegung  der  mittleren  Rolle  mittels 
eines  Zahnes  g  das  kleine  konische  Rad  feststellt.  Damit  werden  die 
beiden  äufseren  Seilscheiben  unter  sich  und  mit  der  Antriebscheibe 
gekuppelt,  sodafs  sie  der  Bewegung  der  letzteren  folgen  müssen. 
Nach  Vollendung  des  Hubes  (Bewegung  der  gekuppelten  Scheiben 
um  180°)  giebt  die  Vorrichtung  hg  die  beiden  äufseren  Scheiben 
mit  den  Spanngewichten  selbstthätig  wieder  frei  und  die  Gewichte 
kommen  wieder  zur  Wirkung.  (Das  Patent  ist  angemeldet.) 

Die  gesamte  Anordnung  hat  noch  den  Vorzug,  dafs  beim 
Ziehen  des  Drahtzuges  das  eine  Gewicht  mitwirkt  und  dafs  die 
Seilscheiben  durch  die  Verbindung  mittels  des  konischen  Rädchens 
zu  gleich  grofsen  Winkelbewegungen  gezwungen  werden;  etwaige 
Verschiedenheiten  in  den  Reibungs widerständen  der  beiden  Drähte 
kommen  also  nicht  zur  Wirkung  und  können  die  Stellung  der  zu  be¬ 
wegenden  Hubscheiben  nicht  beeinflussen. 

2.  Die  Weichen -Verriegelungsrolleu  (Abb.  3). 

Da  der  vom  Stellbock 
kommende  Drahtzug,  wel¬ 
cher  die  Verriegelungsrolle 
bewegt,  nach  dem  Signal 
weitergeht,  so  darf  seine 
Verbindung  mit  der  Riegel¬ 
rolle  die  Spannungsausglei¬ 
chung  durch  das  Endspann¬ 
werk  nicht  behindern.  Zu 
dem  Zwecke  sind  auch  hier 
zwei  selbständige  Seilschei¬ 
ben  mit  inneren  Radkränzen 
und  dazwischen  liegendem 
kleinen  konischen  Rade  vor¬ 
gesehen;  der  Zapfen  des 
letztem  ist  mit  der  Riegelscheibe  v  selbst  fest  verbunden.  Die  vom  Stell¬ 
hock  kommenden  beiden  Drähte  sind  in  entgegengesetzter  Richtung  um 


414 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltuug; 


4.  October  1890. 


die  beiden  Seilrollen  geschlungen;  bei  Verkürzung  oder  Verlängerung 
des  Drahtzuges  infolge  von  Wiirmewechsel  bewegen  sich  die  beiden 
Drähte  in  gleicher  Dichtung,  die  Scheiben  also  in  entgegengesetzter 
Richtung,  indem  sie  das  kleine  konische  Rad  um  seine  Achse  drehen. 
Wird  dagegen  der  Stellhebel  umgelegt,  so  bewegen  sich  beide  Drähte 
in  entgegengesetzter  Richtung  und  suchen  beide  Scheiben  in  gleicher 
Richtung  zu  bewegen;  dem  steht  aber  das  konische  Rädchen  ent¬ 
gegen,  welches  nun  von  den  Seilscheiben  mitgenommen  wird  und 
damit  die  Riegelscheibe  bewegt.  Beim  Rücklegen  des  Stellhebels 
findet  der  gleiche  Vorgang  statt,  und  demnächst  können  sich  die 
Seilscheiben  wiedej  frei  bewegen. 

3.  Das  Abscliliifssigiial  (Äbb.  4). 

Da  auch  hier  der  vom  Stellbock  kommende  Drahtzug  nach  dem 
Vorsignal  weiter  geführt  werden  mufs,  und  daher  die  Verbindung 


desselben  mit  der  Hubscheibe  des  Signals  die 
Wirkung  des  Endspannwerks  nicht  behindern  darf, 
so  ist  die  Antriebscheibe  in  gleicher  Weise  wie 
bei  der  Riegelrolle  ausgebildet. 

Eigenartig  ist  die  Flügelbewegung  selbst  ein¬ 
gerichtet.  Bei  längeren  Drahtzügen,  welche 
mehrere  mechanische  Vorrichtungen  bewegen 
müssen,  ist  es  unvermeidlich,  dafs  der  Drahtzug 
gröfsere  Wege  beschreibt,  als  zum  Ziehen  der 
Elügel  auf  45°  erforderlich  ist.  Damit  dieser 
Umstand  keinen  nachtheiligen  Einflufs  ausübt,  ist 
die  Hubscheibe  k  an  beiden  Seiten  mit  Rändern 
versehen,  welche  in  runden  Warzen  n  auslaufen, 
und  auf  welchen  nach  geschehener  Flügelbewe¬ 
gung  die  mit  einander  fest  verbundenen  Bewe¬ 
gungshebel schleifen,  ohne  einen  Ausschlag  zu  bewirken.  Ein 
Ausschlag  der  Hebel  und  damit  eine  Verstellung  der  Flügel  wird  nur 
am  Anfang  und  Ende  der  Drahtzugbewegung  durch  die  runden 


geordnet,  dafs  beim  Ziehen  nur  eines  Flügels  der  Hebel  rri^  für  den 
zweiten  Flügel  einen  todten  Weg  macht. 

Der  Eintritt  des  Haltsignals  beim  Reifsen  des  Drahtzuges  wird 
dadurch  erreicht,  dafs  die  Achse,  auf  welcher  sich  Antrieb-  und  Hub^ 
scheibe  befinden,  an  einem  im  Punkte  C  drehbaren  Arm  d  beweglich 
gelagert  ist,  und  zwar  in  einem  um  den  Aufhängepunkt  drehbaren 
Ilängelager  /.  An  letzteres  greift  mittels  eines  Zapfens  und  eines  zwei¬ 
armigen  Gabelhebels  o  eine  Stange  p  an,  welche,  mit  dem  gleichfalls 
zweiarmigen  Hebel  w  verbunden,  beim  Reifsen  des  Drahtzuges  infolge 
der  Wirkung  der  Spanngewichte  nach  der  einen  oder  andern  Rich¬ 
tung  durch  in  den  Draht  eingeschaltete  Klemmen  q  in  Bewegung 
gesetzt  wird  und  dann  das  Hängelager  ausrückt.  Beim  gewöhn¬ 
lichen  Stellen  bleibt  die  Stange /j  in  Ruhe,  weil  die  Bewegung  im 
Drahtzuge  nicht  grofs  genug  ist,  um  die  Klemmen  gegen  den  Stangen¬ 
hebel  w  anschlagen  zu  lassen.  Beim  Ausrücken  des  Hängelagers  l 
fällt  die  gesamte  Bewegungsvorrichtung  herunter,  und  das 
Gewicht  derselben  zieht  mittels  einer  Gelenkkette  u  die  Be¬ 
wegungshebel  und  damit  die  Flügel  in  die  Ruhe-  bezw.  Halt¬ 
stellung.  Da  hierzu  ein  Uebergewicht  der  Flügel  nicht  mehr 
erforderlich  ist,  letztere  vielmehr  (ebenso  wie  die  Vorsignal¬ 
scheibe)  bei  jeder  Stellung  im  Gleichgewicht  sein  können,  so 
ist  zum  Ziehen  der  Signale  nur  ein  sehr  geringer  Kraftauf¬ 
wand  erforderlich.  Infolge  dessen  lassen  sich  die  beiden 
Signale  auch  bei  sehr  langen  Drahtzügen  (z.  B.  1700  m  und 

mehr)  durch  einen  Hebel 
auffallend  leicht  bewegen. 

4.  Das  Vorsignal 
(Abb.  5). 

Das  Vorsignal  bildet 
die  äufserste  vom  Stell¬ 
bock  bewegte  mecha¬ 
nische  Vorrichtung  und 
die  Hubscheibe  desselben 
die  Endrolle  für  den 
durchgehenden  Drahtzug; 
hier  kann  demnach  die 
Hubscheibe  als  gewöhnliche  un- 
getheilte  Seilrolle  ausgebildet 
werden.  Der  Bewegungshebel  y 
der  Signalscheibe  wird  durch 
einen  an  die  Hubscheibe  ange¬ 
gossenen  Schleifbogen  in  Wirk¬ 
samkeit  gesetzt.  Der  Eintritt 
des  Haltsignals  beim  Reifsen  des 
Drahtzuges  ist  in  ähnlicher  Weise 
wie  beim  Abschlufssignal  durch 
ein  Hängelager  x  erreicht,  die 
Ausrückung  desselben  erfolgt  je¬ 
doch  nicht  durch  eine  besondere 
Stange,  sondern  durch  einen  an 
der  Hubscheibe  befindlichen 
Zapfen  z,  welcher  beim  gewöhn¬ 
lichen  Stellen  nicht  gegen  das 
Lager  stöfst,  beim  Reifsen  des  Drahtzuges  aber  durch  das  an  dem 
zweiten  Draht  wirkende  Spanngewicht  so  weit  herumgeführt  wird,  dafs 
er  das  Hängelager  ausrückt;  hiernach  zieht  das  Gewicht  der  herab- 


Abb. 


Warzen  hervorgerufen,  welche  sich  gegen  die  unteren  Arme  der 
Hebel  legen  und  dieselben  beim  Drehen  der  Hubscheibe  seitlich  ver¬ 
schieben;  hierdurch  entsteht  am  anderen  Hebel-Ende  der  Ausschlag 
für  die  Flügelbewegung.  Diese  Einrichtung  bietet  zugleich  den  Vor¬ 
theil,  dafs  ein  unbefugtes  Verstellen  des  Signals  am  Mast  selbst 
nicht  angängig,  die  Flügelbewegung  vielmehr  lediglich  durch  den 
Stellbockhebel  ausführbar  ist.  Damit  durch  Umlegen  des  Stellhebels 
nach  der  einen  oder  andern  Richtung  hin  die  Bewegung  nur  eines 
Flügels  oder  beider  Flügel  eintritt,  sind  die  Hubhebel  m  so  an¬ 


fallenden  Bewegungsvorrich¬ 
tung  mittels  einer  Gelenkkette 
den  Bewegungshebel  bis  zur 
Haltstellung  des  Signals. 

Die  in  dieser  Anordnung 
von  der  Firma  C.  Stahmer  be¬ 
reits  in  gröfserer  Anzahl  ausgeführten  Signalanlagen  haben  sich  im  Be¬ 
triebe  und  bei  den  zahlreichen  Erprobungen  durchaus  bewährt.  Auch 
die  erst  neuerdings  eingeführten  und  noch  in  geringerer  Anzahl  ange- 


Sr.  40. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


415 


wendeten  Vervollkommnungen  und  Verbesserungen  sind  nach  den 
Erprobungen,  welche  allein  für  die  Beurtheilung  des  Werthes  einer 
Neuerung  mafsgebend  sein  sollten,  als  zweckmäfsig  und  von  günstig¬ 
stem  Einflüsse  auf  die  Zuverlässigkeit  der  Sicberbeitseinrichtungen 
erkannt, 

Diese  Wahrnebmungen  sind  durchaus  bestätigt  worden  durch 
die  Versuche,  welche  von  der  Königlichen  Eisenbahn  -  Direction 
Hannover  auf  dem  Werkstättenbahnhofe  Leinhausen  mit  Signalen 
verschiedener  Bauart  in  besonders  eingehender  Weise  angestellt 
worden  sind.  Ein  von  dem  bautechniscben  Bureau  der  Direction 
Hannover  an  die  Firma  C.  Stahmer  gerichtetes  Schreiben  bestätigt 
dies,  wie  folgt;  „Die  bislang  mit  dem  von  Ihnen  auf  dem  Werkstätten¬ 
bahnhofe  Leinhausen  aufgestellten  Vorsignal,  welches  in  Verbindung 
mit  einem  Absehlufsmast  steht,  angestellten  diesseitigen  Versuche 
haben  ein  im  ganzen  günstiges  Ergebnifs  gehabt.  Um  die 
Zwangsläufigkeit  der  Flügel  am  Mast  zu  prüfen,  wurden  an  beide 
Flügel  Gewichte  gehängt,  durch  welche  die  an  den  Flügel-Dreh¬ 
punkten  durch  Staub,  Glatteis  usw.  möglicherweise  auftretende 
gröfsere  Reibung  dargestellt  werden  sollte.  Nach  Anhängung  dieser 


Gewichte  konnten  die  Flügel  von  der  Fahrtstellung  in  die  Halt¬ 
stellung  immer  sicher  zurückgenommen  werden,  auch  stellten  sich 
dieselben  stets  scharf  ein.  —  Es  sind  dann  wiederholt  Drahtreifs- 
versucbe  angestellt  worden,  und  zwar  wurden  die  Drähte  zwischen 
Stellbock  und  Absehlufsmast,  wie  auch  zwischen  Absehlufsmast  und 
Vorsignal  zerrissen.  Hierbei  ging  die  Scheibe  am  Vorsignal  stets 
in  die  Langsamfahrt-Stellung  zurück;  desgleichen  gleichzeitig  (wenn 
zwei  Flügel  gezogen  waren)  der  obere  Flügel  am  Absehlufsmast. 
Der  untere  Flügel  am  Absehlufsmast  stellte  sich  jedoch  nicht  immer 
genau  senkrecht,  sondern  bisweilen  etwas  schräg.  Dieser  Uebelstand 
dürfte  jedoch  leicht  durch  Verlängern  bezw.  Verkürzen  der  zu  diesem 
Flügel  führenden  Stangenverbindung  zu  beseitigen  sein.  —  Wir  be¬ 
merken  noch,  dafs  während  dieser  Drahtreifs  versuche  die 
erwähnten  Gewichte  an  den  Flügeln  ebenfalls  befestigt 
waren.“  —  Die  Stangen  sind  inzwischen  geändert,  sodafs  sich  die 
Flügel  völlig  genau  einstellen.  Das  gleiche  Ergebnifs  haben  die 
im  Bezirke  des  Betriebsamtes  Hamburg  an  neu  gelieferten  Signalen 
gemachten  Versuche  gehabt,  bei  denen  Drahtzuglängen  von  1700  m 
Vorkommen.  —  m  — 


Vermlsclites, 


In  der  Preis!) e Werbung  um  Entwürfe  zu  einem  Segel-  oder 
LastscMff  für  die  Oder,  den  Oder- Spree -Canal  und  die  Spree  (vgl. 
Jahrg.  1889,  S.  435  u.  1890,  S.  215  d.  Bi.)  ist  der  Spruch,  des  Preis¬ 
gerichts  sowie  die  vorbehaltene  Entscheidung  der  Königl.  Staats¬ 
regierung  nunmehr  erfolgt.  Danach  ist  ein  erster  Preis  nicht  er- 
theilt,  vielmehr  ist  die  für  Preise  ausgesetzte  Summe  (3000  Mark) 
unter  die  drei  besten,  ziemlich  gleichwerthigen  Arbeiten  gieiehmäfsig 
vertheilt  worden,  und  zwar  ist  ein  Preis  von  je  1000  Mark  in  nach¬ 
stehender  Reihenfolge  zuerkannt  den  Herren  Theodor  Klepsch, 
Schiffbaumeister  in  Frankfurt  a.  0.,  R.  Blüm.cke  in  Bremerhaven 
und  A.  E.  Nüsoke  in  Grabow  a.  0.  Aufserdem  ist  vier  Bewerbern 
eine  ehrende  Anerkennung  zu  Theil  geworden,  und  zwar  den  Herren 
Ingenieur  K.  Best  in  Pöpelwitz  bei  Breslau,  Schiff baupoiier 
C.  L.  Ganott  in  Thorn,  Schiff baumeister  W.  Renner  in  Grabow  a.  0. 
und  Ingenieur  A.  Scheibe!  in  Danzig.  Wir  behalten  uns  vor,  auf 
die  Preisbewerbung  noch  näher  zurückzukommen. 

Das  Ergebnifs  des  Wettbewerbes  um  den  Neubau  der  Peters- 
Mrche  in  Frankfurt  a.  M.  (S.  120  u.  136  d.  J.)  ist  im  Anzeigen- 
theile  dieser  Nummer  bekannt  gemacht.  Danach  ist  der  erste  Preis 
(4000  Mark)  den  Architekten  Hans  Grisebach  und  Georg  Dink¬ 
lage  in  Berlin  zuerkannt  worden.  Den  zweiten  Preis  (2000  Mark) 
erhielt  .Architekt  Joh.  Vollmer  in  Berlin,  den  dritten  (1000  Mark) 
Architekt  Prof.  K.  Henri  ei  in  Aachen.  Eingegangen  waren  59  Ent¬ 
würfe,  deren  öffentliche  Ausstellung  vom  2.  bis  16.  October  in  der 
Aula  der  Frankfurter  Mustersebuie  erfolgt. 

In  der  Preisbewerbung  um  ein  Kreisständehaus  in  Ki’euznacli 
(vgl.  S.  215  und  228  d.  J.)  ist  der  erste  Preis  einstimmig  den  Archi¬ 
tekten  Curjel  u.  Moser  in  Karlsruhe  zuerkannt  worden.  Den 
zweiten  Preis  erhielt  Architekt  0.  Wittern  in  Charlottenburg. 

Ein  Preisausschreiben  um  ein  ührentliürmclien  mit  Brunnen 
für  die  Gallus-Anlage  in  Frankfurt  a.  M.  enthält  der  Anzeigentheil 
Nr.  39  A  d.  Bl.j  in  welchem  auch  bekannt  gegeben  ist,  wo  die  Be¬ 
dingungen  des  Ausschreibens  zu  beziehen  sind. 

Ehrenbezeigungen  auf  der  Nordwestdeutschen  Gewerbe-  und 
Industrie- Ausstell ö.ug  in  Bremen  für  hervorragende  Leistungen  auf 
dem. Gebiete  der  Architektur  und  des  Ingenieurwesens  sind  nach¬ 
folgenden  Herren  zu  Theil  geworden:  1)  Ehrendiplome  den  Herren 
Geheimer  Regierungsrath  L.  W,  Hase-Hannover  für  Verdienste  auf 
dem  Gebiete  der  kirchlichen  Baukunst,  Baurath  A.  Hefs -Hannover 
für  verdienstvolle  Meliorationsanlagen  in  der  Provinz  Hannover,  Bau¬ 
rath  H.  Köhler-Hannover  für  hervorragende  Darstellungen  italieni- 
.scher  Innenräume  und  Dombaumeister  Salzmann-Bremen  für  Ent¬ 
würfe  zum  Umbau  des  Domes  in  Bremen;  2)  Goldene  Medaillen 
den  .Herren  Hofbaurath  L.  Klingenberg  in  Oldenburg  und  Ingenieur 
C.  Vering- Hannover;  3)  Silberne  Medaillen  den  Architekten 
Chr.  He  hl -Hannover,  G.  Horn-Bremen  und  F.  ßauschenberg- 
Bremen.  4)  Architekt  J.  G.  Poppe  in  Bremen  erhielt  eine  Ehren¬ 
gabe  von  3000  Mark  für  seine  hervorragenden  Leistungen  bei  den 
Ausstellungsarbeiten.*)  Aufserdem  sind  einer  gröfseren  Zahl  von 
Architekten  und  Ingenieuren  Anerkennungs  -  Diplome  zuerkannt 
worden. 


BlicherschaTi. 

Lehrbuch  der  gotMscheu  Constructionen  von  G.  Ungewitter. 
III.  Auflage.  Neu  bearbeitet  von  K.  Mohrmann,  Professor  am 
Baltischen  Polytechnicum  in  Riga.  Lieferung  2 — 4.  Leipzig  1890. 


*)  Vgl.  S.  301  ff.  d.  Bl. 


T.  0.  Weigel  Nachfolger  (Chr.  Herrn.  Tauchnitz),  vollständig  in  acht 
Lieferungen ;  Preis  der  Lieferung  3  JH. 

Der  im  Jahrg.  1889  dieses  Blattes  S.  462  besprochenen  1.  Lieferung 
oben  genannten  Lehrbuches  sind  in  raschem  Erscheinen  weitere  drei 
Lieferungen  gefolgt.  Es  ist  zunächst  der  Theil  I,  welcher  von  den 
Gewölben  bandelt,  hinsichtlich  der  Gewölbeanfänge,  des  Kappen¬ 
gemäuers  sowie  der  Lebrbögen  und  der  Ausführung  in  eingehender 
Weise  zum  Abschlufs  gebracht.  In  diesen  drei  letzten  Unter¬ 
abtheilungen  zeigt  sich,  im  Gegensatz  zu  den  früheren,  nur  ein 
geringes  Anlehnen  an  den  Ungewitterschen  Text  und  eine  sparsamere 
Benutzung  der  ursprünglichen  Abbildungentafeln,  sodafs  nach  Wort  und 
Zeichnung  neben  dem  Alterprobten  sehr  viel  Neues,  das  Verständnifs 
der  Gewölbe  wesentlich  Förderndes  geboten  wird.  Das  für  Entwurf 
und  Ausführung  so  wichtige  Austragen  der  Eippenanfänge  in  Ver¬ 
bindung  mit  der  Erzielung  möglichst  regelmäfsiger  Anfänge  und 
sparsamer  Grundfläche  an  den  Mauern  und  Pfeilern  ist  manchem 
Leser  des  Ungewitterschen  Werkes  erster  und  zweiter  Auflage  zu 
einem  Stein,  des  Anstofses  für  weitere  Studien  geworden.  Im  An- 
sohlufs  an  die  ursprünglichen  Abbildungen  270  bis  270c  auf  der  neuen 
Tafel  XXVII  ist  jetzt  durch  die  vorhergehenden  Abbildungen  auf  den 
Tafeln  XXIV  bis  XXVII  nebst  Text  der  Weg  hierzu  bequem  geebnet 
worden.  Ein  gleiches  gilt  von  dem  Kappengemäuer,  indem  hier  die 
5  bezw.  6  verschiedenen  Schiebtenanordnungen  in  klarer  Weise  vor 
Augen  treten,  besonders  in  der  Darstellung  des  Diagonalscbnittes 
Tafel  XXXIV. 

Der  Theil  II,  „Form  und  Stärke  der  Widerlager“,  behandelt: 
1)  die  allgemeine  Gestalt  der  Widerlager,  2)  die  Gröfse  und  Lage 
des  Widerlagsdruckes  der  Gewölbe,  3)  die  Ermittlung  der  Stützlinie 
und  der  Spannungen  im  Widerlager,  4)  die  Stärke  der  Wände  und 
Strebepfeiler,  5)  die  Stärke  der  Mittelpfeiler  und  endlich  6)  die 
Dachlast  und  den  Winddruck.  Hier  liegt  kaum  mehr  eine  Um¬ 
arbeitung,  sondern  eine  ganz  neue  Auffassung  und  Darstellung  auf 
Grund  der  graphischen  Statik  vor.  Von  den  früheren  Constructions- 
regeln,  die  aus  den  Ueberkommnissen  des  späteren  Mittelalters  ge¬ 
schöpft,  oder  von  neueren  Meistern  mit  viel  Scharfsinn,  wie  der  Herr 
Verfasser  sagt,  aufgestellt  waren,  ist  Abstand  genommen;  an  ihrer 
Stelle  ist  hier  in  fesselnder  Weise  Schritt  für  Schritt  dargelegt  worden, 
wie  die  Spannungen  in  den  Constructionen,  welche  der  neues  Ent¬ 
werfende  oder  altes  Zergliedernde  als  lebendig  wirkend  zu  fühlen 
hat,  ins  Gleichgewicht  zu  setzen  sind,  und  in  welcher  Weise  den 
Nacbtheilen  bestimmter  Querschnitt  -  Anlagen  entgegenzutreten  ist. 
Es  steht  zu  hoffen,  dafs  gerade  dieser  Abschnitt,  welcher  der  gotbi- 
seben  Constructionslebre,  auf  den  Fortschritten  der  Neuzeit  fufsend, 
eine  feste,  wissenschaftliche  Grundlage  schafft,  dem,  vorliegenden 
Buche  und  der  mittelalterlichen  Kunst  neue  Freunde  gewinnen  wird. 
Damit  wird  auch  die  auf  Seite  128  eingestreute  Aeufserung  des  Herrn 
Verfassers  „Nie  lassen  solche  (Constructions-)  Regeln,  wie  oben,  ein 
Gefühl  der  Sicherheit  zu,  ein  Umstand,  der  vielleicht  der  mittelalter¬ 
lichen  Bauweise  schon  manchen  Jünger  entfremdet  hat“  sich  in  das 
Gegentheil  wenden  können.  Wenigstens  erleichtern  für  denjenigen, 
welcher  neues  entwirft,  die  eingefügten  Tabellen  über  die  Gewichte 
und  Horizontalscbübe  der  Gewölbe,  über  Druck-  und  Kantenpressung, 
über  die  Widerlagstärke  und  endlich  über  Dachlast  und  Windlast 
nebst  Windschub  wesentlich  die  Arbeit,  und  zwar  auf  einem  sicheren 
Wege.  Wer  mit  Wiederherstellung  alter  Bauwerke  zu  thun  hat, 
findet  in  den  eingefügten  Bemerkungen  über  die  durch  Schubkräfte 
entstandene  Zerstörung  oder  mögliche  Bedrohung  der  Sicherheit 
wichtige  Fingerzeige,  worauf  bei  den  Untersuchungen  einer  Kirche, 
nach  dieser  Seite  hin,  das  Augenmerk  zu  richten  ist. 


416 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


4.  (Ictober  1890. 


Hervorzuheben  ist  noch  aus  dein  Schlufs  dieses  Abschnittes  II 
die  ganz  neue  Arbeit  über  den  Winddruck.  Um  hieraus  ein  Beispiel 
herauszugreifen,  möge  auf  die  Darstellung  der  Wirkung  des  Windes 
im  Querschnitt  des  Strafsburger  IMünsters  hingewiesen  werden.  Die 
auf  Tafel  XLII  eingezeichneten  Drucklinien  [mit  und  ohne  AVind 
geben  ein  anschauliches  Bild  von  der  AVichtigkeit  dieser  bis  jetzt 
ziemlich  unbeachtet  gebliebenen  Krafteinwirkung  auf  hochragende 
Alauern.  Die  im  Text  eingefügte  AA^'arnung  unseres  über  reiche  Er¬ 
fahrungen  gebietenden  Altmeisters  C.  AA^.  Hase  vor  Unterschätzung 
dieses  in  Eechnung  zu  ziehenden  Punktes  möge  allseitige  Berück¬ 
sichtigung  finden.  Die  Erklärung  des  Herrn  Verfassers,  dafs  die 
Einführung  der  einfachen  Strebebögen  und  diejenige  der  doppelt 
übereinander  gesetzten  Strebebögen  mindestens  ebenso  sehr  durch 
den  AA^indschub,  wie  durch  den  AVölbschub  veranlafst  sei,  ist  als 
eine  Bereicherung  unseres  AVissens,  als  ein  Fortschritt  in  der  AVissen- 
schaft  der  Constructionen  freudig  zu  begrüfsen.*) 

Theil  HI,  welcher  die  Pfeiler,  Säulen  und  Auskragungen  umfafst, 
zerfällt  in  folgende  Unterabtheilungen:  1)  die  Gliederung  der  Pfeiler, 

2)  die  Oapitelle,  3)  die  Sockel  der  Säulen  und  Pfeiler,  4)  die  Gewölbe¬ 
pfeiler  im  Ziegelbau,  5)  die  Deckenschafte  und  die  freistehenden 
Ständer,  endlich  6)  die  Kragsteine,  Tragsteine  und  Auskragungen. 
AAfir  finden  in  diesem  mehr  formalen  Gebiete  einen  engeren  Anschlufs, 
besonders  in  den  Tafeln,  an  das  Ungewittersche  AA^erk,  wennschon 
daneben  eine  willkommene  Bereicherung  durch  Abbildungen  (auch 
aus  dem  Backsteiubau)  und  statische  Berechnungen  hervorzuheben  ist. 

Nachdem  in  den  vorhergehenden  drei  Hauptabschnitten  die  con- 
structiven  und  formalen  Grundlagen  für  den  Kirchenbau  gewonnen 
sind,  wird  im  Theil  IV  die  Grundrifsbildung  der  Kirche  dargelegt, 
wobei  die  Darstellung  den  Hauptzügen  nach,  unter  Benutzung  neuerer 
Forschungen  und  Erfahrungen,  derjenigen  Ungewitters  folgt.  Der 
Stoff  ist  eingetheilt  in:  1)  die  einschiffige,  2)  die  zweischiffige  Kirche, 

3)  die  Grundrifsanlagen  der  Kirchen  mit  drei  und  mehr  Schiffen,  4)  die 
Kreuzflügel  mehrschiffiger  Kirchen,  5)  Grundrifs  des  Chores  mehr¬ 
schiffiger  Kirchen,  6)  Grundrifsbildung  der  Thürme,  7)  Nebenbauten 
der  Kirche,  innere  Einrichtung,  Lettner,  und  endlich  8)  die  ver¬ 
schiedenen  Systeme  der  geometrischen  Proportionen. 

Die  unter  1)  und  8)  gegebenen  kurzen  Abschnitte  über  geometrische 
Beziehungen  in  den  Grundrifsanlagen  sind  von  geschichtlichem  AVerthe. 
—  Der  Fortsetzung  des  AVerkes,  welches  in  so  gründlicher  und  an¬ 
regender  AA^’eise  die  gestellte  Aufgabe  der  Neubearbeitung  jetzt  zur 
Hälfte  gelöst  hat,  ist  mit  grofsem  Interesse  entgegen  zu  sehen. 

H.  Steindorff. 


Neue  Patente. 

Aerfahreii  zur  Herstellung-  von  Tuimelbauteii  mittels  eiuer 
keilförinigeu  Stirnwand.  Patent  Nr.  50  882.  Luther  Beecher  in 
Detroit  (Alichigan,  V.  St.  A.).  —  Nach  diesem  Verfahren  soll  beim 
Bau  von  Tunneln  unter  Wasser  die  Erde  nicht  gefördert,  sondern 
nur  nach  oben  gedrängt  werden.  Die  Tunnelwandung  besteht 
aus  gufseisernen  Platten  .4,  welche  mit  Feder  und  Nuth  in  einander¬ 


greifen  und  nach  Einlage  einer  Packung  mit  einander  verschraubt 
werden.  Am  Abbau-Ende  des  Tunnels  befindet  sich  ein  ringförmiger 
Kopf  C,  welcher  die  Tunnelwand  umfafst  und  gegen  dieselbe  bequem 
abzudichten  ist.  Die  Stirn  des  Kopfes  bildet  eine  Keilfläche,  welche 
nach  unten  in  eine  steuerbare  Spitze  D  ausläuft.  Der  Vorschub  des 
Kopfes  erfolgt  durch  die  AVasserdruckeylinder  U,  deren  Stempel  G 
sich  auf  die  bereits  verlegten  Platten  A  stützen.  Ist  eine  neue  Platte  A 
eingesetzt,  so  wird  sie  durch  den  AVasserdruck  von  seiten  des  Stem¬ 
pels  fest  gegen  die  vorhergehende  Platte  geprefst.  Gleichzeitig  wird 


■^)  Theil  I  und  II  sind  bereits  als  Sonderabdruck  unter  dem  Titel 
„Die  Construction  der  Gewölbe  und  Widerlager“  im  gleichen  Verlage 
1890  erschienen. 


der  in  dem  ringförmigen  Raume  R  befindliche  Asphalt  beim  Vorschub 
des  Kojifes  C  eng  um  den  ganzen  Tunnel  herumgelegt. 

Da  das  Verfahren  gerade  den  Bau  von  Tunneln  dicht  unter  der 
Sohle  eines  Flusses  bezweckt,  so  kann  bei  felsigem  Boden  dem 


Kopf  C  durch  Zertrümmerung  des  Gesteins  von  Schiffen  aus  u.  dgl. 
vorgearbeitet  w-erden.  Die  gewünschte  Führung  des  Tunnels  -wird  in 
lothrechter  Hinsicht  durch  die  Spitze  Z)  gewahrt.  In  wagerechter 
Hinsicht  ist  der  Kop)f  durch'  einseitigen  Vorschub  der  AVasserdruck- 
cylinder  genügend  steuerbar.  Der  Keil  I)  schafft  gleichzeitig  dem 
fertigen  Tunnel  eine  feste  Decke,  indem  der  zuerst  angehobene 
schlammige  Boden  weggespült  wird,  während  der  von  der  Tunnel¬ 
sohle  durch  den  Keil  heraufgedrängte  feste  Boden  über  dem  First 
liegen  bleibt. 

Schieneiistofsverbindung  für  Feldbalinen.  Patent  Nr.  50  222. 
Firma  Friedr.  Krupp  in  Essen  a.  d.  Ruhr.  —  Die  Geleisrahmen 
werden  in  stark  geneigter  Lage  von  der  Seite  an  die  bereits  ver¬ 
legten  Rahmen  angeschoben 
(Abb.  1).  Dadurch  dringen  die 
Stifte  X  der  Laschen  v  in  die 
Löcher  y  der  Laschen  u.  AVird 
jetzt  der  Geleisfahmen  auf  den 
,  Boden  gelegt,  so 

schieben  sich  die 
Nasen  tv  der  La¬ 
schen  V  hinter  die 
Dorne  z,  wodurch 
die  A^erbindung  für 
das  eben  oder 
schwach  wellig  ver¬ 
legte  Geleis  eine 
unlösliche  ist.  Die 
Theile  z  können 
auch  entbehrt  wer¬ 
den,  wenn  man  den 
Stiften  X  noch  An¬ 
sätze  s  giebt  (Abb. 
2),  die  in  geneigter 
Lage  des  anstofsenden  Rahmens 
durch  die  Oefinung  y  hindurch¬ 
gehen,  in  der  Betriebsläge  aber 
nicht.  Auch  die  Laschen  ti 
Abb.  1.  '  können  entbehrt  werden  (Abb. 3), 

wenn  die  Oeffnungen  y  unmittel¬ 
bar  im  Schienensteg  angebracht  werden.  Nur  befinden  sich  in  diesem 
Falle  bei  wellig  verlegtem  Geleise  die  anstofsenden  Schienen-Enden 
nicht  in  gleicher  Höhe. 


\  erlag  von  Ernst  &  Ko  rn  CWilhcIm  Ernst),  Berlin.  Enr  die  Redaction  des  nichtamtlichen  Theües  verantwortlicii :  0 1 1  o  S  a  rr  aziu,  Berlin.  Druck  von  J.  Ker  s  k  es ,  Berlin. 


Nr.  4ÖA- ' 


Centralblatt  der  Kau  Verwaltung. 


417 


INHAIjT:  Prefsluft-Werkzeug  für  Steinmetz- Arbeiten.  —  Graphische  Tafel  zur  Er- 
mittlnng  der  teisttiugen  .von  Locomotiven.  Betrieb  auf  den  Hochbahnen  in  New^ 
york^  —  Vermischtes:  Preisbewerhung  zn  einem  ßathhause  für  Geestemünde.  — 


Preisbewerbung  zu  einem  Realschnlgebäude  in  Ludwigshafen.  —  Einsturz  der  Karls¬ 
brücke  in  Prag.  —  Läutewerk  für'Drahtzugschranken.  —  EiseEbahnunfall  in  Liverpool. 
—  Bücherscliau. 


[Alle  Rechte  Vorbehalten.} 


Prefsluft-Werkzeug  für  Steinmetz -Arbeiten. 


Das  in  den  beistehenden  Abbildungen 
1  bis  6  dargestellte  Werkzeug*)  nimmt  dem 
Steinmetzen  die  Arbeit  des  Schlagens  auf 
den  Meifsel  ab;  es  bildet  eine  Ramme  im 
kleinen  und  verlangt  von  den  Händen  des 
.^rbeitejrs  nur  die  .  führungj  Es  best.eht' 
aus  einem  Kolben  (Rammbär)  A,  einem 
Führungscylinder  R,  der  mit  einem  Schlauch 
verbunden  ist,  durch  welchen  die  Prefs- 
luft  eintritt,  einer  Deckhülse  C  und  einem 
Meifselhalter  E  mit  dem  Meifsel  D.  Die 
Steiuerung  erfolgt  durch  einen  walzenförmi¬ 
gen  Schieber  R,  welcher  sich  im  Kolben  A, 
senkrecht  zu  dessen 
ewegungsrichtung, 
hin  und  her  bewegt. 
Der  Führungscylinder 
B  hat  auf  seiner 
Aufs en Seite  zwei  Ab¬ 
plattungen  (a  b)  und 
{cd),  Abb.  3,  4  u.  5. 
Die  Abplattung  (a  b) 
steht  durch  die  Oeff- 
nung  R  mit  dem  Luft¬ 
einströmungscanal  Y, 
die  Abplattung  (e  d) 
durch  die  Oeffnung  t 
(Abb.  5)  mit  dem  Luftausströmungscanal, X  in  Verbindung.  Von  den 
Abplattungen  (a  b  und  c  d)  führen  aufserdem  zwei  entgegengesetzt 
schräg  über  die  beiden  Cylinderhälften  A  laufende  Canäle  zu  den 
Oeffnungen  a  und  6  bezw*  c  und  d  nach  dem  Innern. 


Abb.  6. 


Maschine  in  der  aus  Abb.  2  u.  3  ersichtlichen  Weise  um.  Die  frühere 
Einströmungs-Oeffnung  a  wird  jetzt  durch  den  Kolben  A  verdeckt, 
dagegen  wird  die  früher  verdeckt  gelegene  Einströmungs-Oeffnung  b 
frei,  sodafs  die  Prefsluft  durch  6  auf  die  andere  Seite  des  Schiebers  L 


Abb.  4.  Ansicht  der  Einströmungs-  Abb.  5.  Ansicht  der  Aus¬ 
seite  des  Cylinders  B.  strömungsseite. 

tritt.  Der  Canal  3  ist  durch  das  Mittelstück  des  Schiebers  von 
Canal  4  abgesperrt,  dagegen  mit  dem  Canal  2  in  Verbindung  gesetzt, 
sodafs  die  Prefsluft  aus  dem  Schieber-Innenraum  vor  den  Kolben  A 
treten  und  diesen  wieder  heben  kann.  Die  hinter  dem  Kolben  A  be¬ 
findliche  Luft  entweicht  hierbei  durch  den  Canal  4,  den  Schieber- 


Der  Gang  der  kleinen  Maschine  ist  nun  folgender;  Ist  der  Kolben  A 
nach  Abb.  1  im  Niedergang  begriffen,  so  strömt  die  Prefsluft  aus 
dem  Schlauch  durch  dem  Canal  Y  und  die,  Oeffnung  N  in  den  Raum 
zwischen  der  Hülse  C  und  der  Abplattung  (a  6),  geht  von  hier  aus 
einerseits  durch  die  Oeffnung  a  in  den  Schieberraum  und  hält  den 
Schieber  L  in  der  aus  Abb.  1  ersichtlichen  Lage;  anderseits  geht 
die  Luft  von  der  Abplattung  («  6)  durch  den  Canal  3  in  den  Schieber- 
Innenraum  und  von  da  durch  den  Canal  4  hinter  den  Kolben  A.  Die  vor 
dem  Kolben  A  befindliche  Luft  geht  durch  den  Canal  2,  den  Schieber- 
Innenraum,  den  Canal  1,  die  Abplattung  {cd),  die  Oeffnung  <  und 
den  Canal  X  ins  Freie.  Ist  der  Kolben  A  ganz  nach  unten  bis  auf 
den  Kopf  des  Meifselhalters  R  gelangt,  so  steuert  sich  die  ganze 


*)  Patente  Nr.  32  762  und  44  955.  James  Sharon  Mc.  Coy  in 
Brooklyn  (New -York  V.  St.  A.). 


Innenraum,  den  Canal  5,  die  Abplattung  {cd),  die  Oeffnung  #  und  X 
ins  Freie.  Die  gleiche  Aufgabe,  welche  die  Oeffnungen  a  und  b  für 
die  Einströmung  der  Luft  zum  Umsteuern  des  Schiebers  L  haben, 
erfüllen  die  Oeffnungen  c  und  d  für  das  Ausströmen  der  verbrauchten 
Luft  aus  den  betreffenden  Räumen.  Dadurch,  dafs  der  Schieber 
quer  zur  Bewegungsrichtung  des  Kolbens  läuft,  ist  die  Trägheit  der 
Masse  des  Schiebers  ohne  Einflufs  auf  die  Pünktlichkeit  der  Um¬ 
steuerung,  und  so  geschieht  es,  dafs  diese  kleine  Maschine  mit  einer 
Geschwindigkeit  von  etwa  6000  bis  7000  Hüben  in  der  Minute  läuft. 
Diese  aufs eror deutliche  Geschwindigkeit  macht  sich  demjenigen,  der 
zum  erstenmal  mit  dem  Werkzeug  arbeitet,  unangenehm  bemerkbar, 
namentlich  in  derjenigen  Hand,  welche  den  Stahl  führt.  Die  Ge¬ 
wöhnung  überwindet  aber  bald  das  Unangenehme  der  zitternden  Be¬ 
wegung.  Um  die  Stöfse  abzuschwächen,  sind  die  Stirnen  des  Schie¬ 
bers  mit  Kautschuck-  oder  Faserstoffpuff'ern  versehen.  Die  Stirnen 


418 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  October  1890. 


des  Kolbens  J  selbst  werden  durch  die  sich  bildenden  Luftpolster  am 
Auftreffen.auf  den  Grund  von  B  bezw.  den  Kopf  von  gehindert. 

Die  von  dem  Werkzeug  bearbeiteten  Flächen  sind  glatt,  wie  ge¬ 
schlichtet;  die  Stärke  der  Schläge  wird  dadurch  .geregelt,  dqfs  der 
Arbeiter  durch  den  Daumen  mehr  oder  minder  die  Aussfrömungs-' 
Öffnung  X  verschliefst.  Da  die  Schläge  selbst  nie  die  Stärke  der  vog- 
Hand  geführten  erreichen,  so  ist  ein  Ausspringen  der  Kanten  des 
Werkstücks  viel  weniger  zu  befürchten;  auch  leidet  der  Arbeitsstahl 


selbst  weniger.  Ein  Werkzeug  mittlerer  Gröfse  verbraucht  in  der 
Stunde  ungefähr  4  bis  5  cbm  Luft  von  2  Atm.  Ueberdruck.  Dies 
entspricht  einem  Aufwand  von  etwa  V2  Pferdestärke.  Die  Werkzeuge 
■  sind  dui'ch  die  Firma. M.  L.  Schleicher-,  Berlin  C,  Gontardstrafse  1 
zu  beziehen  und  zwar  miethweipe,  nicht  käuflich,  um  den  ,Be- 
.1,  trag  von  25  Mark  für  das  Stück  und  den  Moirat,  au^schliefslich  der 
zugehörigen  Stähle,  Luftpumpe  gnd  Luftleitung,  welche  zu  kaufen  sind 
(für  zwei  Werkzeuge  rund  400  Mark).  — n. 


Graphische  Tafel  zur  Ermittlung  der  Leistungen  von  Locomotiven 


In  der  Zeitschrift  des  Architekten-  und  Ingenieur-Vereins  zu 
Hannover,  Bd.  XXXIII  S.  333,  1887,  hat  Herr  Geh.  Kegierungs- 
rath  V.  Kaven  überraschend  einfache  Formeln  zur  Ermittlung  der 
Leistungen  von  Locomotiven  entwickelt.  Freunde  graphischer  Dar¬ 
stellungen  werden  vielleicht  eine  kleine  Tafel  nicht  ungern  sehen, 
welche  die  von  Herrn  v.  Kaven  mitgetheilte  Tabelle  A  für  die 
preufsische  Normal-Güterzug-Lo- 
comotive  wiedergiebt.  Sie  liefert, 
wenn  einer  der  unten  genannten 
IVerthe  gegeben  ist,  alle  übrigen 
mit  einem  Schlage  —  und  zwar 
ohne  jede  Eechnung  —  durch 
ein  einfaches,  rein  mechanisches 
Verfahren.  Die  Genauigkeit  ist, 
soweit  ich  als  Nichtfachmann  es 
beurtheilen  kann,  eine  durchaus 
genügende. 

Es  bedeuten:  K  den  Kohlen- 
verbrauch  in  kg/ km;  den 

gesamten  Wasserverbrauch  mit 
allen  Verlusten  in  kg/km  (die 
von  Herrn  v.  Kaven  mit  JF  be- 
zeichnete  Gröfse,  das  in  dem 
trockenen  Dampfe  enthaltene 
IVassergewicht,  beträgt  etwa 
0,6  .  IF^,  genauer  0,588  .  JF^)' 

Z  die  Zugkraft  in  kg;  den 
mittleren  Nutzdruck  des  Dampfes 
in  at;  N  die  Anzahl  Pferde¬ 
stärken;  F  die  Geschwindigkeit 
in  km/Stunde;  a  den  Füllungs¬ 
grad  in  pCt. 

Für  jede  dieser  Gröfsen  ist 
ein  (ungleichförmiger)  Mafsstab 
vorhanden ;  zusammengehörige 
Werthe  finden  sich  stets  auf 
einer  und  derselben  geraden 
Linie ,  welche  durch  den  von 
einem  kleinen  Kreise  umgebenen 
Mittelpunkt  der  Tafel  geht. 

Zur  Erläuterung  ist  diejenige 
Gerade  gestrichelt  eingezeichnet  worden,  welche  eine  Zugkraft 
Z  —  5000  kg  entspricht;  man  liest  an  derselben  ab:  K  =  45  kg, 
IPi  =  439  kg,  —  5,21  at,  iV  —  304  PS,  F  —  16,4  km,  a  —  42,4  pCt. 

Um  die  Tafel  zu  schonen,  wird  man  solche  Linien  nicht  wirklich 
zeichnen,  sondern  einen  Streifen  aus  durchsichtigem  Stoffe,  z.  B. 
Glas,  Glimmer,  Zellhorn,  auflegen,  der  auf  der  Unterseite  mit  einer 
feinen  Linie  versehen  ist. 


Nach  den  Formeln  des  Herrn  v.  Kaven  ist: 

= (0:77®-)’ 

_  1 2040V  _  740 

—  V  i\^  J  -  F' 

Folglich  stehen  die  Gröfsen  JF^,  Z^,  p^  im  geraden,  die  Gröfsen 

und  F  im  umgekehrten  Ver¬ 
hältnisse  zu  K.  Die  Einrichtung 
der  Tafel  ist  hiernach  leicht  zu 
verstehen.  Sämtliche  Theilungen 
sind  Stücke  aus  einem  und 
demselben  logarithmischen  Mafs¬ 
stab.  (Für  die  Originalzeichnung 
war  als  Längeneinheit  25  cm  ge¬ 
wählt,  sodafs  die  auf  dem  unte¬ 
ren  Stab-  und  Schieberrande 
eines  logarithmischen  Rechen¬ 
stabes  vorhandene  Theilung  ohne 
weiteres  verwendet  werden  konnte; 
die  nebenstehende  Zeichnung  ist 
auf  zwei  Drittel  des  Originals  ver¬ 
kleinert  worden.) 

Die  äufseren  beiden  Linien 
stehen  vom  Mittelpunkte  doppelt 
soweit  ab  als  die  inneren.  Auf 
den  ei'steren  sind  die  Gröfsen 
untergebracht,  welche  mit  AT,  auf 
den  letzteren  diejenigen,  welche 
mit  ]/ K  im  gleichen  oder  umge¬ 
kehrten  Verhältnisse  stehen. 
Damit  womöglich  für  alle  Thei¬ 
lungen  die  Richtung,  in  wel¬ 
cher  die  angeschriebenen  Ziffern 
wachsen,  dieselbe  sei,  ist,  so¬ 
weit  es  anging,  die  linke  Hälfte 
der  Tafel  denjenigen  Gröfsen 
zugewiesen  worden,  welche  mit 
K  oder  ]/ X  in  geradem  Verhält¬ 
nisse  stehen,  die  rechte  Hälfte 
den  übrigen.  Leider  mufste,  weil 
fünf  Gröfsen  der  ersten  Art  vor¬ 
handen  sind,  bei  einer  derselben  —  es  ist  der  Füllungsgrad  a  ge¬ 
nommen  worden  —  hiervon  abgewichen  werden.  Da  für  sieben 
Gröfsen  acht  Plätze  zur  Verfügung  standen,  so  ist  einer  frei  ge¬ 
blieben. 

Darmstadt,  20.  Juni  1890.  Dr.  R.  Mehmke, 

Professor  a.  d.  techn.  Hochschule. 


Mittheilungen  über  den  Betrieb  auf  den  Hochbahnen  in  New-York. 


In  Nr.  12  des  Jahrganges  1884  d.  Bl.  (S.  111)  haben  wir,  aii- 
knüpfend  an  einen  Aufsatz  von  Dr.  von  der  Lejen  im  Archiv  für 
Eisenbahnwesen,  unsern  Lesern  nähere  Mittheilungen  über  die  Be¬ 
deutung  und  Einrichtung  der  Hochbahnen  in  New-York  sowie  die  Art 


1 

Hauptlinien 

Länge  1 

■ 

von 

bis 

1  km 

2.  Avenue .  .  .  .  .  ‘ 

129.  Strafse 

South  Ferry 

1  14,06 

3.  „  . 

129.  „ 

r>  •»? 

13,65 

6. 

155.  „ 

T) 

'  17,32 

.58. 

n 

i  8,34 

9.  i 

59. 

'  V  ' 

t  ■  8,18 

des  Betriebes  auf  denselben  gemacht.  Diese  Mittheilungen  mögen 
im  folgenden  durch  einige  weitere  Darlegungen  über  die  Einrichtung 
der  Betriebsmittel  und  Handhabung  des  äufseren  Betriebsdienstes  auf 
den  genannten  Bahnen,  welche  einem  Bericht  des  Regierungs-Bau- 


Fahrzeit 

Zw 

eiglinien 

Länge 

Minuten 

von 

bis 

km 

43 

j 

43 

42.  Strafse 

Grand  Central  Depot 

i  0,26 

34.  „ 

34.  Strafsen- Fähre 

i  0,50 

52 

Chatham  Square 

City  Hall 

i  0,58 

1 

i  ■  29 

! 

26 

i 

Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


419 


ineisters  Petri,  technischen  Attaches  bei  der  deutschen  Gesandtschaft 
ln  Washington,  entnommen  sind^  Ergänzung  finden.  Zum  besseren 
Verständnifs  fügen  wir  den  in  dem  oben  genannten  Jahrgange  d.  Bl. 
.enthaltenen  Uebersichtsplan  der  Gesämtahlage  hier  nochmals  bei. 

Wie  in  dem  Pläne  ersichtlich,  sind  vier  Häuptlinien  vorhanden, 
■welche,  von  der  Battery  an  der  Südspitzb  der  langgestreckten  Man¬ 
hattan-Insel  auslaufend,  sich  in  nbrdnordöstticher  Richtung  bis  an  den 
Harlemflufs  erstrecken.  Von  diesen  Linien  liegen  je  zwei  im  östlichen 
und  westlichen  Theile  der  Stadt  und  werden  nach  den  langgestreckten 
Strafsenzügen  (Avenues)  bezeichnet,  welche  sie  in  ihrer  Hauptaus¬ 
dehnung  durchziehen.  Die  Stationen  sind  an  solchen  Punkten  an¬ 
gelegt,  wo  die  kürzeren  Querstrafsen  (Streets)  auf  die  Bahnen  stofsen. 
Man  hat  zu  unterscheiden: 

A.  Eine  östliche  Abtheilung  mit  den  Linien  der  zweiten  und 
dritten  Avenue  und  drei  an  letztere  sich  anschliefsende  Zweiglinien, 
•sowie 

B.  Eine  westliche  Abtheilung  mit  den  Linien  der  sechsten  und 
neunten  Avenue. 

Auf  jeder  Linie  findet  ein  getrennter  Zugdienst  statt.  Die  von 
.den  Seitenlinien  der  dritten  Avenue  kommenden  und  dahin  abfabren- 
den  Reisenden  müssen  in  besondere  Züge  umsteigen,  welche  diese 
Verkehre  vermitteln,  mit  Ausnahme  des  City,  Hall -Zweiges,  über 
welchen  Züge  der  dritten  Avenue  Bahn  durchgehen. 

In  der  vorstehenden  Jabelle  sind  die  sämtlichen  Strecken  nach 
ihrer  Lage  und  Ausdehnung  zusammengestellt,  bei  den  Hauptlinien 
sind  auch  die  entsprechenden  Fahrzeiten  angegeben. 

1.  Zusammensetzung  und  Geschwindigkeit  der  Züge. 

Die  Züge  werden  aus  zwei  bis  fünf  vierachsigen  Wagen  gebildet 
und  durch  Tenderlocomotiven  bewegt.  Die  Anzahl  und  Stärke  der 
.Züge  und  hiernach  auch  der  Zwischenraum  zwischen  den  einzelnen 
Zügen  sind  je  nach  der  Tageszeit  verschieden  und  bewegen  sich 
innerhalb  folgender  Grenzen: 


Zwischenraum  zwischen 

Wagenzahl  in  einem 

zwei 

Zügen 

Zuge 

höchstens 

mindestens 

höchstens 

mindestens 

2.  Avenue 

12  Minuten 

2  Min. 

5 

4 

3.  „ 

15 

1  „  12  Sec. 

5 

2 

6.  „ 

20  „ 

1  „  29  ,, 

5 

3 

9.  „ 

12  „ 

3  « 

4 

3 

Die  kleinsten  Zugabstände  finden  sich  hiernach  auf  der  Bahn 
.xler  3.  Avenue  und  zwar  auf  dem  Abschnitt  zwischen  Chatham  Square 
und  der  155.  Strafse.  Zwischen  Chatham  Square  und  South  Ferry 
ist  die  Anzahl  der  Züge  geringer,  obwohl  diese  Strecke  von  Zügen 
Kier  2.  und  3.  Avenue  gemeinschaftlich  benutzt  wird.  Dies  hat  seinen 
Grund  darin,  dafs  ein  Theil  der  auf  der  3.  Avenue  Bahn  verkehrenden 
"Züge  in  Chatham  Square  nach  der  City  Hall  abzweigt,  ferner  auch 
uin  Theil  der  Züge  der  2.  und  3.  Avenue  bei  Chatham  Square  endigt. 
Die  in  Tabelle  1  angegebene  Gesamtfahi’zeit  der  Züge  vertheilt  sich 
ziemlich  gleichmäfsig  auf  die  einzelnen  Stationsabstände,  da  dieselben 
■in  ihrer  Längenausdehnung  nicht  wesentlich  von  einander  abweichen. 
Auf  der  3.  Avenue -Bahn,  auf  welcher  27  Stationen  vorhanden  sind, 
-ein  Anhalten  des  Zuges  in  jeder  Richtung  also  26mal  erfolgt,  beträgt 
die  Gesamtfahrzeit  43  Minuten  .  bei  einer  Bahnlänge  von  13,65  km. 
Diese  Zeit  wird  in  der  folgenden  Weise  verbraucht:  Die  Bahnlänge 
würde  bei  rund  30  km  stündlicher  Geschwindigkeit  unter  Abrechnung 
.der  Aufenthalte  in  27,3  Minuten  durchfahren  werden  können.  Für 
Aufenthalte  auf  den  Stationen  werden  jedesmal  17  Secunden,  ins- 
jgesamt  also  7,37  Minuten  verwendet,;  aufserdem  sind  für  An-  und 
Abfahren  auf  jeder  Station  19  Secunden,  für  alle  Stationen  zusammen 
.also  8,23  Minuten  in  Ansatz  zu  bringen.  Die  Züge  erreichen  während 
des  Anfahrens  nach  den  ersten  40  m  eine  Geschwindigkeit  von 
J.6  Stundenkilometern,  nach  150  m  ihre  volle  Geschwindigkeit,  welche 
.30  km  in  der  Stunde  beträgt.  Die  mittlere  Geschwindigkeit  auf  den 
während  der  An-  und  Abfahrt  zurück  gelegten  Strecken  beträgt  21,5 
bezw.  15,4  km;  bei  der  Abfahrt  wirken  die  Bremsen  auf  eine  Bahn- 
Jänge  von  90  m.  Durch  das  .häufige  Anhalten  wird  ein  bedeutender 
Mehraufwand  an  Arbeit  erfordert,  der  nach  Wellington  ausreichen 
würde,  um  die  Züge  .mit  der  gleichen  Geschwindigkeit  auf  einer 
Steigung  von  1 : 132  ohne  Anhalte  zu  befördern. 

Auf  der  9.  Avenue-Bahn  wird  gegenwärtig  der  Versuch  gemacht, 
besondere  Schnellzüge  einzurichten.  Da  die  Hochbahnen  durchweg 
.zweigeleisig  angelegt  sind,  so  wird  hierbei  erforderlich,  langsamer 
fahrende  Züge  auf  einzelnen  Stationen  zum  Zwecke  der  Ueberholung 
um  etwa  eine  Minute  anzuhalten.  Man  läfst  bei  dem  genannten 
Versuche  vorläufig  in  jeder  Richtung  täglich  drei  Züge  verkehren, 
welche  die  Strecke  von  der  155.  Strafse  bis  zur  Rector- Strafse  in 
B2-37  Minuten  zurücklegen,  während  die  übrigen  Züge  41  Minuten 
zu  dieser  Fahrt  gebrauchen.  (Schlufs  folgt.) 


420 


Centrälblatt  der  ßauverwaltung. 


8.  Octoberm 


Vermischtes. 


Der  Entwurf  zu  eiueiii  Batlilianse  für  Oeesteniiuule  soll  durch 
Wettbewerb  unter  deu  Mitgliedern  des  Berliner  Architektenvereins 
und  des  Architekten-  und  Ingenieur -Vereins  in  Hannover  erlangt 
werden  (vgl.  den  Anzeigentheil  der  Nr.  40  d.  Blattes).  Das  von  den 
beiden  Vereinen  zu  beziehende,  erschöpfend  abgefafste  Programm 
bestimmt,  dafs  das  auf  einem  von  vier  Strafsen  umschlossenen  Bau¬ 
platze  zu  errichtende  Gebäude  in  Backsteinbau  für  140  000  Mark  ^ — 
1  cbm  umbauten  Baumes  ist  mit  mindestens  17  Mark  zu  berechnen  — 
in  zwei  Hauptgeschossen,  Keller  und  Dachgeschofs  derart  entworfen 
werden  soll,  dafs  thunlichst  alle  Verwaltungsräume  im  Erdgeschofs 
untergebracht  werden.  Drei  Preise  von  1000,  600,  und  400  Mark  sind 
ausgesetzt.  Wird  keine  Ai’beit  des  ersten  Preises  für  würdig  be¬ 
funden,  so  kann  die  Summe  dieses  Preises  auf  andere  Arbeiten  ver¬ 
theilt  werden.  Nicht  preisgekrönte  Entwürfe  sollen  zum  Betrage  von 
ie  200  Mark  erworben  werden  können.  Das  Preisrichteramt  haben 
aufser  drei  Nichttechnikefn,  darunter  der  bei  Stimmengleichheit  den 
Ausschlag  gebende,  den  Vorsitz  führende  Bürgei’meister,  übernommen 
die  Herren  Baurath  Köhler-Hannover,  Landbauinspector  L.  Böttger- 
Berlin  und  Kreisbauinspector  Hell wig- Geestemünde.  Die  Arbeiten 
sind  bis  zum  15.  December  d.  J.  an  den  Magistrat  einzureichen  und 
sollen  nach  getroffener  Entscheidung  mindestens  8  Tage  öffentlich 
ausgestellt  werden. 

In  der  Preisbewerbung  um  ein  Eealscliul-Gebäude  in  Lndwigs- 
liafen  (S.  256  d.  J.)  ist  der  1.  Preis  (1500  Mark)  dem  Entwürfe  des 
Architekten  Prof.  A.  Hans  er  in  Mannheim  zuerkannt  worden.  Den 

2.  Preis  (900  Mark)  erhielt  Architekt  H.  Lender  in  Heidelberg,  den 

3.  Preis  (600  Mark)  die  Architekten  S.  Blattner  in  Mannheim  und 
W.  Müller  in  Frankfurt  a.  M.  Die  54  eingelaufenen  Entwürfe 
werden  vom  4.  October  d.  J.  ab  14  Tage  lang  öffentlich  in  Ludwigs¬ 
hafen  ausgestellt. 


Zum  Einsturz  der  Karlsbrücke  in  Prag  (Seite  402  in  Nr.  39 
d.  Blattes)  theilt  die  Wochenschrift  des  österreichischen  Ing.-  und 
Arch.-Vereins  noch  mit,  dafs  der  Prager  Stadtrath  beschlossen  hat, 
beim  Stadtverordneten -Collegium  die  Herstellung  einer  hölzernen 
Nothbrücke  zu  beantragen,  welche  neben  der  Einsturzstelle  zwischen 
dem  5.  und  9.  Pfeiler  auf  der  flufsabwärts  gelegenen  Seite  errichtet 
werden  soll.  Die  Untersuchung  der  Pfeiler  hat  ergeben,  dafs  auch 
der  5.  und  8.  Pfeiler  stark  unterwaschen  sind  und  noch  vor  der  Auf¬ 
stellung  der  Nothbrücke  gesichert  werden  müssen. 

Läutewerk  für  Drahtzugschraukeii.  Im  gegenwärtigen  Jahr¬ 
gang  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung  ist  auf  Seite  308  ein 
verbessertes  Läutewerk  für  Drahtzugschranken  mitgetheilt.  Der 
Ausdruck  „verbessertes  Läutewerk“  verführt  zu  der  Annahme,  dafs 
die  Anordnung  des  Läutewerkes  neu  und  noch  nicht  bekannt  sei. 
Es  sind  aber  Läutewerke  dieser  Art  bereits  seit  mehr  als  zwölf 
t^ahren  an  einer  grofsen  Anzahl  Schranken  in  den  jetzigen  Bezirken 
der  Königlichen  Eisenbahndirectionen  Köln  links-  und  rechtsrheinisch 
in  Verwendung.  Auch  war  eine  Schranke  mit  solchem  Läutewerk 
im  Jahre  1880  in  der  Gewerbeaus- 
itellung  in  Düsseldorf  ausgestellt. 

In  der  Mittheilung  ist  ferner  ge: 
sagt,  dafs  die  Federn  bei  dem  ver¬ 
besserten  Läutewerk  gänzlich  vermieden 
seien.  Wenn  man  den  federnden 
Hammerstiel  nicht  als  Feder  ansehen 
will,  trifft  dies  allerdings  zu.  Ohne  das 
federnde  Vor-  und  Zurüekschnellen  des 
Pammers  würde  aber  weder  das  be¬ 
sprochene,  noch  das  vor  Jahren  von 
tnir,  angegebene  Läutewerk  einen  rich¬ 
tigen  Glockenton  geben.  Da  man  nun 
dem  Hammerstiel  einen  gröfseren 
Querschnitt  geben  kann  als  den  früher 
üblichen  besonderen  Blatt-  oder  SpiraL 
federn,  so  ist  in  gewissem  Sinne  bei 
beiden  Anordnungen  die  wenig  dauer¬ 
hafte  Feder  beseitigt. 

In  der  nebenstehenden  Zeichnung  sind  die  wesentlichsten  Theile 
des  diesseitigen  Läutewerks  ersichtlich  gemacht.  Die  Zunge  Z  ist  so 
eingerichtet,  dafs  sie  nur  bei  der  Vorwärtsdrehung  des  Kettenrades 
(las  Läutewerk  in  Thätigkeit  setzt.  Bei  der  Eückwärtsdrehung  des 
Kettenrades  bewegt  sich  die  Zunge  lose  um  den  auf  dem  Gewichts¬ 
hebel  G  befindlichen  Bolzen  a  und  läfst  das  Läutewerk  aufser  Wir¬ 
kung.  Kohn,  Königl.  Eisenbahn-Director. 

Ein  Eiseuhahnniifall ,  bei  welchem  die  Langleyschen  Wasser¬ 
puffer  in  Thätigkeit  traten,  ereignete  sich  am  22.  Juli  d.  J.;  in  der 
neuen  Liverpooler  Exchange:Station  der  Lancashire  und  Yorkshire- 
Bahn  dadurch,  dafs  ein  in  diesen  Bahnhof  einfahrender  Personenzug 


zu  spät  gebremst  wurde  und  gegen  zwei  leere  Wagen  anfuhr,  welche 
vor  deh  das  Einfahrgleis  begrenzenden  Langleyschen  Wasserpuffern 
aufgestellt  waren.  Für  gewöhnlich  hatte  dieser  Zug  in  etwa  65  m 
Abstand  von  den  Puffern  unmittelbar  hinter  einer  deh  Kücklauf 
der  Maschine  ermöglichenden  Weichenverbindung  anzuhalten.  Den 
verbleibenden  Baum  pflegte  man  zur  Aufstellung  einiger  leeren 
Wagen  zu  benutzen.  Der  Zug  bestand  aus  einer  zweifach  gekup¬ 
pelten  Locomotiye  mit  Tender  und  fünf  Personenwagen  und  war  mit 
selbstthätiger  Luftbremse  ausgerüstet.  Der  Unfall  ging  ohne  sonder-* 
lieh  nachtheilige  Folgen  vorüber,  da  nur  die  fünf  Personenwagen 
und  die  beiden  vor  den  Puffern  stehenden  leeren  Wagen  leicht  be¬ 
schädigt  wurden.  Die  Puffer  selbst,  welche  einen  Hub  von  rund 
1,5  m  (5'  engl.)  besitzen,  wurden  um  1,2  m  zurückgetrieben,  und  es 
ist,  wie  der  mit  dem  Unfall  beschäftigte  Handelsamtsbericht  sagt, 
zweifellos  den  letzteren  zuzuschreiben,  dafs  ernstere  Folgen  ver¬ 
hindert  wurden. 

Wenn  oben  gesagt  wurde,  dafs  der  Zug  zu  spät  gebremst  wurde, 
so  ist  dem  erläuternd  hinzuzufügen,  dafs  die  von  der  genannten 
Bahngesellschaft  über  den  Gebrauch  der  Luftbremse  erlassene  Vor¬ 
schrift  innerhalb  der  End-  und  Anschlufsbahnhöfe  den  Gebrauch  der 
durchgehenden  Bremse  überhaupt  untersagt.  Die  Zuggeschwindig¬ 
keit  ist  vielmehr  bereits  am  Vorsignal  mittels  dieser  Bremse  so  ein¬ 
zuschränken,  dafs  der  Führer  den  Zug  an  jedem  Punkt  durch  den 
alleinigen  Gebrauch  der  gewöhnlichen  Handbremse  zum  Stehen 
bringen  kann.  Die  Zugschaffner  haben  die  Pflicht,  hierbei  genau 
acht  zu  geben  und  nöthigenfalls  den  Locomotlvführer  durch  den 
Gebrauch  der  eigenen  Handbremse  wirksam  zu  unterstützen.  Die 
häufige  lässige  Befolgung  dieser  Eegel,  wie  im  vorliegenden  Fall,  hat 
die  Bahngesellschaft  neuerlich  veranlafst,  dieselbe  aufs  strengste 
wiederum  einzuschärfen. 


Büclierscliau. 

Motive  der  deutschen  Architektur  des  16.,  17.  und  18.  Jahr¬ 
hunderts,  in  historischer  Anordnung,  herausgegeben  von  A.  Lam¬ 
bert  und  E.  Stahl,  mit  Text  von  H.  E.  v.  Berlepsch.  Erste  Ab¬ 
theilung:  Früh-  und  Hochrenaissance  1500^1650.  Stuttgart.  Verlag 
von  J.  Engelhorn  1888.  18  Lieferungen  zu  je  2,75  JH. 

Die  erste  Abtheilung  dieser  Sammlung  von  Beispielen  vater¬ 
ländischer  Bauweise,  auf  welche  wir  bereits  etwa  in  der  Mitte  ihres 
Erscheinens  (J.  1888  S.  548)  das  Augenmerk  der  Leser  hinlenkten,  ist 
seit  einiger  Zeit  mit  der  Herausgabe  des  die  Hundertzahl  vervollstän¬ 
digenden  Bestes  der  Atlastafeln  abgeschlossen.  Die  Darstellung  des 
Gebotenen  ist  nach  wie  vor  musterhaft,  die  Auswahl  des  Dargestellteu 
sorgfältig  und  planmäfsig.  Den  Hauptstoff  lieferte  auch  für  den  Best 
der  Blätter  Süddeutschland,  namentlich  Bayern  und  Württemberg, 
doch  auch  der  Schweiz  und  Deutschösterreich,  insbesondere  Tirol, 
ist  eine  gröfsere  Zahl  von  Beispielen  entnommen.  Bieten  diese 
„Motive“  dem  schaffenden  Architekten  einen  Schatz  von  Vorbildern, 
deren  Studium  ihn  die  heimische  Eigenart  liebgewinnen  und  sie  wohl 
■zum  Ausgangspunkte  eigenen  Schaffens  werden  läfst,  so  verleiht  der 
den  letzten  Lieferungen  beigegebene,  sehr  lesenswerthe  Text  dem 
Werke  weiteren  Werth,  indem  er  sich  nicht,  wie  das  bei  ähnlichen 
Sammelwerken  Brauch,  mit  billigen,  kurzen  Erläuterungen  der  ein¬ 
zelnen  Tafeln  begnügt,  sondeim  die  kunst-  und  culturgeschichtliche 
Stellung  der  abgebildeten  Architekturen  und  ihre  vorbildliche  Be¬ 
deutung  in  einer  auf  35  Folioseiten  gegebenen  Abhandlung  eingehend 
beleuchtet.  Die  Einleitung  führt  aüs,  wie  in  Dentschland  vor  nicht 
gar  langer  Zeit  auch  auf  dem  Kunstgebiete  das  so  nahe  liegende 
Gute  zumeist  im  fernen  Auslande  gesucht  wurde,  und  wie  man  dann, 
als  dem  Volke  die  Augen  über  die  heimischen  Schätze  aufgingen,  in 
den  entgegengesetzten  Fehler,  in  eine  verkehrte  Art  von  Deutsch- 
thümelei  verfiel,  die  nothwendig  bald  zur  Uebersättigung  führen 
taufste.  Nicht  eine  gekünstelte  Bomantik,  die  zwischen  unbequemen 
Möbeln  in  dunklen  Stuben  hinter  Butzenscheiben  wohnt,  soll  man 
herauf  beschwören,  und  vor  allen  Dingen  soll  man  nicht  im  Entarteten 
der  Form  seine  Eigenart  zu  beweisen  suchen,  vielmehr  sind  der 
künstlerische  Blick  und  das  Können  zu  schulen  durch  Eindringen  in 
die  Eigenthümlichkeiten  der  Entwicklung  der  Benaissaucebewegung 
in  den  nordischen  Ländern  und  insbesondere  in  der  deutschen  Hei- 
math.  Diese  Entwicklung,  die  Vermischung  der  heimischen  Gothik 
mit  der  in  Italien  wiederbelebten  und  in  dieser  Wiederbelebung  von 
dort  eindringenden  Antike,  wird  eingehend  dargelegt  und  an  den  im 
Texte  nach  der  Gattung  der  Architekturstücke  gruppirten  Beispielen 
erläutert.  So  wird  das  Wesen  des  einzelnen  Motivs  klar,  und  der 
lesende  Betrachter  wird  zu  lebendiger  Verarbeitung  angeregt  sowohl 
des  dargebotenen  und  in  ähnlichen  Veröffentlichungen  angehäufteh 
Stoffes,  wie  auch  der  Schätze,  die  noch  überreich  allerorten  zu  heben 
sind.  Hd. 


Verlag  von  Ernst&Korn  (Willrelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Rcclaction  des  niclitamtlicbeu  Tlreiles  verantwortlich:  Otto  Sarra  ziu,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


421 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  11.  October  1890.  Nr.  41. 


Redactiou:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhclmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerloha  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal -Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Trockenlegung 
nasser  Tunnelgewölbe  und  Widerlager.  —  Werkstattgebäude  für  Monumental  -  Bild¬ 
werke  am  Kronprinzen-Ufer  in  Berlin.  —  Kampf  um  Troja  (Schlufs).  —  Betrieb  auf 
den  Hochbahnen  in  New-York  (Schlufs).  —  Prüfungen  deutscher  Gemente.  —  Ver- 

mischtes:  Schwemmcanalisation  von  Charlottenhurg.  —  Kaiser  Wilhelm -Denkmal 
auf  dem  Kyffhäuser.  —  Schinkelpreisbewerhuug.  —  Preisausschreiben  für  evangelische 
Kirchen  in  Zwickau  und  in  Giefsen.  —  Eiseuhahnunfall. 

Amtliche  M 

Pi'enfsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Ober- 
Baurath  Berger,  Vorstand  des  Stadtbauamtes  in  Wien,  den  Rothen 
Adler-Orden  HI.  Klasse,  dem  Regierungs-  und  Baurath  Schneider, 
Mitglied  der  Königlichen  Eisenbahn-Direction  in  Berlin  (auftrw.),  und 
dem  Eisenbahn-Director  Schumacher,  Vorstand  der  Hauptwerkstätte 
in  Potsdam,  den  Rothen  Adler-Orden  IV.  Klasse,  dem  Eisenbahn- 
Director  Büte,  Mitglied  der  Königlichen  Eisenbahn-Direction  in 
Magdeburg,  und  dem  am  1.  d.  M.  in  den  Ruhestand  getretenen  Wasser- 
Bauinspector  Baurath  Treuhaupt  in  Landsberg  a.  d.  Warthe  den 
Königlichen  Kronen-Orden  HI.  Klasse  zu  verleihen,  sowie  dem  bis¬ 
herigen  Regierungs-  und  Baurath  bei  der  Königlichen  Regierung  in 
Lüneburg,  Geheimen  Baurath  Heithaus  die  nachgesuchte  Entlassung 
aus  dem  Staatsdienste  zum  1.  d.  M.  zu  ertheilen. 

Dem  bisherigen  Kgl.  Reg.-Baumeister  Pupperschlag  in  Lingen 
ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dom  Staatsdienst  ertheilt. 

Der  Kreisbauinspector  Baurath  Thur  mann  in  Wittenberg  ist 
gestorben. 

Bayern. 

Der  Oberingenieur  der  vorm.  b.  Ostbahnen  mit  dem  Titel  und 
Range  eines  Rathes  bei  der  General-Direction  der  Staatseisenbahnen 
Karl  Z enger  ist  zum  Rath  bei  der  General-Direction  der  König¬ 
lich  bayerischen  Staatseisenbahnen  ernannt. 

Der  Bauamtmann  des  Strafsen-  und  Flufsbauamtes  Aschaffen¬ 
burg,  Georg  Lotter,  ist  auf  Ansuchen  zum  Regierungs-  und  Kreis- 
Bauassessor  für  das  Ingenieurfach  bei  der  Regierung  von  Unter- 
franken  ernannt,  und  der  Regierungs-  und  Kreis -Bauassessor  bei 
der  Regierung  von  Unterfranken  Eduard  Fleischmann  auf  die 
Bauamtmannstelle  in  Aschaffenburg  berufen  worden. 

Württemberg. 

Bahnmeister  Frey  in  Ebingen  wurde  am  1.  October  1890  auf 
Ansuchen  nach  Königsbronn  versetzt. 

ittheilungen. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  Maschineningenieur  Hermann  Zutt  bei  der  Generaldirection  der 
Staatseisenbahnen  auf  sein  Ansuchen  auf  Ende  November  d.  J.  aus 
dem  staatlichen  Dienste  zu  entlassen. 

Hessen. 

Dem  Director  der  technischen  Hochschule  Professor  Landsberg 
ist  das  Ritterkreuz  I.  Klasse  des  Verdienst-Ordens  Philipps  des  Grofs- 
müthigen  verliehen. 

Ferner  sind  folgende  Personal-Veränderungen  an  der  genannten 
Hochschule  erfolgt:  Professor  R.  R.  Werner  ist  unter  Verleihung 
der  Krone  zum  Ritterkreuz  1.  Klasse  des  Verdienst-Ordens  Philipps 
des  Grofsmüthigen  in  den  Ruhestand  getreten;  an  seine  Stelle  wurde 
mit  Wirkung  vom  1.  October  d.  J.  an  Professor  Richard  Stribeck, 
bisher  an  der  Baugewerkschule  in  Stuttgart,  als  ordentlicher  Professor 
der  Maschinenbaukunde  berufen.  Der  Privatdocent  Dr.  Otto  War¬ 
schauer  aus  Leipzig  ist  zum  aufserordentlichen  Professor  der  Staats¬ 
wissenschaften  ernannt  und  in  dieser  Eigenschaft  an  die  technische 
Hochschule  in  Darmstadt  berufen. 

Braunscliweig. 

Der  Ingenieur  Wilhelm  Peuckert  in  Wien  ist  zum  ordentlichen 
Professor  für  Elektrotechnik  an  der  Herzoglichen  technischen  Hoch¬ 
schule  Braunschweig,  und  der  aufserordentliche  Professor  Max 
Möller  in  Karlsruhe  zum  ordentlichen  Professor  für  Wasserbau  an 
derselben  Hochschule  ernannt. 

Der  Professor  für  Wasserbau  Engels  an  der  Herzoglichen  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Braunschweig  und  der  Professor  für  mittel¬ 
alterliche  Baukunst  Rinklacke  daselbst  sind  auf  ihr  Ansuchen  aus 
dem  Herzoglichen  Staatsdienste  ausgeschieden. 

Dem  Herzoglichen  Regierungs -Baumeister  Ahrens  in  Braun¬ 
schweig  ist  der  Titel  Herzoglicher  Bauinspector  verliehen  worden. 

[Alle  Beeilte  vorliehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redactenre:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Ueber  die  Trockenlegung  nasser 

Nasse  Tunnelgewölbe  und  Tunnelwiderlager  sind  nicht  nur  für 
den  guten  baulichen  Zustand  des  Mauerwerkes  selbst  dadurch  schäd¬ 
lich,  dafs  die  Feuchtigkeit  die  Verwitterung  der  Mauersteine  und  die 
Zerstörung  des  Mörtels  unmittelbar  befördert,  sondern  die  Feuchtig¬ 
keit  ist  aufserdem  der  Träger  und  Aufsauger  der  in  den  Auspuff¬ 
dämpfen  der  Locomotiven  enthaltenen  Schwefel-  und  schwefligen 
Säure,  welche  sowohl  die  Tunnelwandungen  als  auch  besonders  die 
Metalltheile  des  Oberbaues  heftig  angreift  (siehe  S.  144,  Jahrg.  1-889 
dieser  Zeitschrift  und  Nr.  10,  1889,  von  „Stahl  und  Eisen“).  Endlich 
werden  nasse  und  selbst  nur  feuchte  Tropf-  und  Sickerstellen  der 
Tunnelwände  auch  dem  Betriebe  dadurch  störend,  ja  sogar  gefährlich, 
dafs  sie  zu  starken  Eisbildungen  in  und  über  den  Geleisen  führen. 
Es  ist  daher  in  jeder  Hinsicht  dahin  zu  streben,  solche  wasser¬ 
durchlassende  Stellen  im  Mauerwerk  trocken  zu  legen.  Man  kann 
zwar  häufig  die  Ansicht  ausgesprochen  hören,  eine  gewisse  Tunnel¬ 
feuchtigkeit  sei  für  die  Haltbarkeit  des  Bettungsmaterials  und  da¬ 
durch  bedingte  ruhige  Lage  des  Geleises  von  Vortheil;  das  kann 
aber  nur  bei  Verwendung  minderwerthigen  Bettungsmaterials,  d.  h. 
bei  zu  sandigem  oder  gar  lehmigem  Kies,  zutreflen,  ist  aber  bei 
gutem  Bettungsmaterial,  also  bei  reinem  Kies  oder  noch  besser 
hartem  Kleinschlag  nicht  stichhaltig,  und  da  nachgewiesenermafsen 
die  Feuchtigkeit  als  Trägerin  der  Schwefelsäure  dem  Oberbau  sehr 
schädlich  ist,  so  erscheint  es  jedenfalls  richtiger,  sowohl  das  minder- 


Tunnelgewölbe  und  Widerlager. 

werthige  Bettungsmaterial  durch  gutes  zu  ersetzen  und  die  Feuchtig¬ 
keit  zu  beseitigen,  als  zu  Gunsten  des  einen  Hebels  das  zweite,  noch 
gröfsere  gleichfalls  beizubehalten. 

Zur  Trockenlegung  nasser  Stellen  der  Tunnelmauern  giebt  es 
nun  verschiedene  Mittel,  so  z.  B.  die  vollständige  Abdeckung  der 
Gewölbeoberfläche  mit  irgend  welchen  als  zuverlässig  bekannten 
Dichtungsmaterialien  von  Stollen  und  Seitenaufbrüchen  aus,  ver¬ 
mittelst  welcher  man  über  das  Tunnelgewölbe  vordringt.  Aber  solche 
Arbeiten  sind  in  der  Regel  sehr  kostspielig,  können  aufserdem  für 
die  Standfestigkeit  des  Tunnelgewölbes  gefährlich  werden  und  sind 
schliefslich  kaum  von  durchschlagendem  Erfolge,  weil  es  nur  sehr 
schwer  gelingen  wird,  genügend  grofse  Flächen  zur  Herstellung  der 
neuen  Abdeckung  frei  zu  legen. 

Ein  wesentlich  einfacheres  und  meist  auch  wohlfeileres  Mittel 
besteht  in  der  Ausführung  von  Cementeinsp ritzungen.  In  den 
nachstehenden  Erörterungen  sollen  Erfahrungen,  die  mit  diesem  Ver¬ 
fahren  in  den  letzten  Jahren  an  mehreren  Tunneln  im  Bezirke  des 
Betriebsamtes  Trier  gemacht  worden  sind,  dargelegt  werden. 

Es  mufs  übrigens  vorweg  hervorgehoben  werden,  dafs  man  gut 
thut,  ehe  man  zu  künstlichen  Mitteln  schreitet,  die  Bergoberfiäche 
über  dem  Tunnel  darauf  zu  untersuchen,  ob  nicht  Berg-  und  Tage¬ 
wasser,  welche  aus  irgend  einem  Anlasse  über  dem  Tunnel  zu  lang¬ 
sam  ablaufen  oder  gar  stehen  bleiben  und  versickern,  durch  einfache 


422 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


11.  October  1890. 


Mittel  wirksam  und  rasch  oberirdisch  abgeleitet  werden  können. 
Sehr  häufig  wird  eine  solche  Untersuchung  ergeben,  dafs  sowohl  die 
natürliche  Gestaltung  der  Bergesobei-fläche  als  auch  künstliche  An¬ 
lagen,  insbesondere  Tagesbrüche  und  Einsenkungen,  die  beim  Bau 
des  Tunnels  entstanden  sind,  dem  Tunnelgewölbe  Wasser  zuführen, 
welches  besser  oberirdisch  abgeleitet,  als  im  Berge  auf  kostspielige 
Weise  vom  Gewölbe  abgehalten  wird.  Schreiber  dieses  hat  melu-- 
fach  durch  Herstellung  neuer,  dichter  Gräben  oder  durch  Dich¬ 
tung  bestehender  Wasserabzüge  mit  geringen  Mitteln  das  Tage¬ 
wasser  so  wirksam  abzuführen  vermocht,  dafs  vordem  recht  nasse 
Gewölbestellen  fast  ganz  trocken  wurden. 

Aber  dies  einfache  Verfahren  ist  nicht  immer  angängig;  auch 
wird  es  selbst  für  die  Ableitung  des  Niederschlagswassers  selten 
vollständig  wirksam  sein,  und  natürlich  kann  es  auf  die  inneren 
Bergwasser  keinerlei  Einflufs  ausüben.  So  wird  also  eine  künstliche 
Trockenlegung  immer  noch  stattfinden  müssen.  Diese  besteht  nun 
nach  dem  genannten  Verfahren  der  Cementeinspritzungen  in  fol¬ 
gendem. 

Zunächst  müssen  die  Lager-  und  Stofsfugen  überall  da,  wo  sie 
sich  als  nicht  mehr  vollständig  dicht  erweisen,  gehörig  gedichtet 
werden,  wozu  dieselben  auf  mindestens  5  cm  Tiefe  gründlich  aus¬ 
gekratzt,  da  wo  sie  zu  eng  sind,  auf  etwa  2  cm  Breite  ausgehauen 
und  demnächst  mit  einer  Wergkalfaterung  geschlossen  werden 
müssen.  Diese  wird  bis  auf  mindestens  3  cm  Tiefe  von  der  Gewölbe¬ 
leibung  aus  dicht  schliefsend  eingetrieben,  worauf  der  vordere  noch 
offene  Theil  der  Fugen  mit  Cemeutmörtel  in  bekannter  Weise  aus¬ 
zufugen  ist. 

Gleichzeitig  mit  dieser  Arbeit  geht  das  Bohren  derjenigen  Löcher 
durch  die  ganze  Gewölbestiirke  vor  sich,  durch  welche  demnächst 
die  Cementeinspritzungen  bewirkt  werden  sollen.  Der  einzuspritzende 
Gement  soll  nicht  nur  den  noch  offenen  äufseren  Theil  der  Fugen, 
besonders  der  Lagerfugen,  sondern  auch  Vertiefungen  über  dem 
Gewölbe  ausfüllen  und  schliefslich  das  ganze  Gewölbe  mit  einem 
Cementgufs  überziehen.  Die  Löcher  werden  mit  einem  Meifselbohrer 
in  4  cm  lichter  Weite  durch  das  Gewölbe  getrieben.  Gerade  diese 
Arbeit  ist  umständlich  und  theuer,  weshalb  die  Auswahl  der  Stellen 
für  die  Löcher,  deren  Zahl  und  Stellung  wohl  erwogen  und  je  nach 
dem  Zustande  des  Gewölbemauerwerks,  welches  vorher  möglichst 
genau  zu  untersuchen  ist,  festgesetzt  werden  mufs.  Im  allgemeinen 
genügt  es,  die  Löcher  in  1  m  Abstand  (sowohl  der  Länge  wie  der 
Quere  nach)  zu  boh¬ 
ren.  Im  Gewölbe¬ 
scheitel  ist  es 
bei  entsprechender 
Nässe  zweckmäfsig, 
den  Querabstand 
der  Löcher  auf  GO 

bis  65  cm  zu  ermäfsigen  (Abb.  1 — 3), 
und  wenn  sich  der  angegebene  Abstand 
nach  erfolgtem  Ausspritzen  als  zu 
grofs  herausgestellt  hat,  so  erübrigt 
noch,  Zwischenlöcher  zu  schlagen. 

Ob  die  Löcher  besser  in  die  Lager¬ 
fugen  oder  in  die  vollen  Gewölbesteine 
gebohrt  werden,  hängt  von  der  Be¬ 
schaffenheit  des  Gewölbes,  insbesondere 
von  der  Härte  der  Wölbsteine  ab  und 
mufs  von  Fall  zu  Fall  bestimmt  wer¬ 
den.  Bei  Wölbsteinen  aus  verhältnifs- 
mäfsig  weichem  Material,  z.  B.  Bunt- 
sandstein,  ist  es  zweckmäfsiger,  die 
Löcher  in  die  vollen  Steine  zu  setzen, 
besonders  wenn  die  Fugen  ungleich- 
mäfsig  weit  oder  im  Innern  verzwickt 
sind,  weil  sich  in  solchen  Fugen  der 
Meifselbohrer  leicht  festklemmt  und 
das  Loch  nicht  so  gerade  und  glatt 
wird,  wie  das  durch  den  vollen  Stein 
getriebene.  Gerade  Löcher  mit  glatten 
Wandungen  sind  aber  für  das  Aus¬ 
spritzen  am  günstigsten.  Bei  harten 
Wölbsteinen,  z.  B.  solchen  aus  Muschel¬ 
kalk,  hat  sich  das  Setzen  der  Löcher 
in  die  Lagerfugen  als  vortheilhafter  er¬ 
wiesen.  Dies  gilt  aber  auch  dann  für 
weiche  Wölbsteine,  wenn  die  Oberfläche  des  Gewölbes  durch  thonige 
und  lehmige  Schmiere  verunreinigt  ist;  denn  in  solchem  Falle  ge¬ 
lingt  es  bei  Einspritzungen  durch  Löcher,  welche  in  den  Fugen 
sitzen,  wenigstens  zuweilen,  die  Fugen  selbst  dicht  zu  machen, 
wogegen  der  Gement,  welcher  durch  die  in  dem  vollen  Steine 
sitzenden  Löcher  eingespritzt  wird,  sich  leicht  lediglich  über  der 


Thonlage  ausbreitet,  daher  nicht  mit  dem  Gewölbe  verbindet  und 
unwirksam  bleibt. 

Sowohl  diese  Arbeiten,  als  auch  das  eigentliche  Einspritzen, 

welches  auf  das  Ausfugen 
und  das  Bohren  der  Löcher 
folgt,  geschieht  zweckmäfsig 
von  einem  Gerüstwagen  aus, 
wie  er  in  den  Abb.  2  und  3 
dargestellt  ist.  Können  auf 
entsprechend  lange  Zeit,  etwa 
des  Nachts,  beide  Tunnel¬ 
geleise  gesperrt  werden,  so 
wird  man  zweckmäfsig  das 
Gerüst  noch  etwas  breiter 
bauen,  um  womöglich  auf  je 
eine  Gerüstwagenlänge  den 


Abb.  1.  Abgewickelte  Gewölbefläche. 


Abb.  2. 


Gerüstwagen. 


Abb.  3. 


0,5 


Abb.  4. 


Abb.  6. 
Gementpumpe. 


ganzen  Gewölbescheitel  gleichzeitig  in  Arbeit  nehmen  zu  können. 

Der  einzuspi'itzende  dünnflüssige  Gement  besteht  aus  einer 

Mischung  von  fünf  Theilen  Gement  und  vier  Theilen  Wasser.  Neben 
älteren,  weniger  vollkommenen  hölzernen  Pumpen  wurden  diesseits 
seit  1887  Pumpen  nach  Abb.  4  bis  G  verwendet,  welche  von  der 

Wwe.  Joh.  Schu¬ 
macher  in  Köln 

a.  Ehein  bezogen 
wurden.  Der  Pum- 
pencylinder  ist  von 
Messing,  das  Schlauchmundstück  von 
Kupfer,  und  der  Preis  einer  solchen 
Pumpe  stellt  sich  einschl.  eines  3  m 
langen,  52  mm  weiten  Gummispiral¬ 
schlauches  auf  170  Mark.  Bei  Ver¬ 
wendung  eines  Holzbottichs,  welcher 
vollständig  genügt,  ermäfsigt  sich  der 
Preis  auf  139  Mark,  wofür  noch  ein 
Ersatzbottich  mitgeliefert  wird.  Der 
Gement  mufs  in  dem  Bottiche  fleifsig 
umgerührt  werden,  auch  ist  es  noth- 
wendig,  die  Pumpe  oft,  wenigstens 
täglich  einmal,  gründlich  zu  reinigen 
und  sorgfältig  zu  unterhalten,  weil  die  Gementmilch  die  einzelnen 
Theile  stark  angreift,  besonders  die  Gummikugel  ventile,  den 
Pumpenstiefel  und  den  Kolben.  Das  Keinigen  der  Pumpe  ist 
zwar  dadurch  erleichtert,  dafs  sie  bequem  aus  dem  Bottich  heraus¬ 
gehoben  werden  kann,  bleibt  aber  doch  ein  Mifsstand.  Es  soll 
daher  neuerdings  mit  Erfolg  eine  andere  Pumpe  zur  Anwendung  ge¬ 
kommen  sein,  welche  nach  Art  der  Bierdruckpumpen  den  Gement, 
ohne  dafs  er  mit  der  Pumpe  selbst  in  Berührung  kommt,  hinter  das 
Gewölbe  spritzt;  jedoch  kann  Verfasser  aus  eigener  Erfahrung 
hierüber  nicht  berichten,  vielleicht  geschieht  dies  von  anderer  Seite. 

Mit  dem  Ausspritzen  wird  im  Scheitel  begonnen,  indem  das  mit 
Werg  umwickelte  Mundstück  des  Spritzschlauches  fest  und  tief  in 
ein  Bohrloch  eingeführt  und  so  lange  gepumpt  wird,  bis  sich  der 
Gementbrei  in  benachbarten  Bohrlöchern  oder  noch  nicht  ganz 
dichten  Fugen  zeigt.  Zwei  bis  drei  Arbeiter  sind  mit  Stopfen  und 
Werg  ausgerüstet,  um  alsbald  die  Löcher  und  Fugen,  aus  welchen 
Gement  austritt,  zu  verstopfen.  Auf  deren  Zuruf  wird  das  Pumpen 
eingestellt,  sobald  der  Gement  ausfliefst.  Darauf  wird  das  Mundstück 
aus  dem  zunächst  zum  Einspritzen  benutzten  Bohrloch  herausgezogen, 
dieses  selbst  gleichfalls  mit  Gement,  Werg  und  einem  Holzstopfen 
verschlossen  und  darauf  durch  das  nächste  noch  offen  gebliebene 


Abb.  5. 


Nr.  41. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


423 


Bohrloch  mit  dem  Einspritzen  fortgefahren.  Auf  diese  Weise  wird 
auf  eine  Gerüstwagenlänge  zunächst  der  Gewölbescheitel  abgespritzt 
und  dann  in  parallel  zum  Scheitel  laufenden  Streifen  nach  dem 
Widerlager  zu  fortgeschritten,  um  demnächst  je  um  eine  Gerüst¬ 
wagenlänge  vorzurücken.  Zeigen  sich  trotzdem  in  dem  so  behan¬ 
delten  Gewölbe  noch  feuchte  Stellen,  obgleich  alle  Löcher  ausge¬ 
spritzt  bezw.  durch  eingedrungenen  Gement  ausgefüllt  worden  sind, 
so  müssen  noch  Zwischenlöcher  geschlagen  und  in  diesen  Nach¬ 
spritzungen  vorgenommen  werden. 

Das  auf  diese  Weise  aus  der  Gewölbemitte  nach  den  Wider¬ 
lagern  gedrängte  Wasser  wird  sich  hier  bald  bemerkbar  machen, 
wenn  man  nicht  für  seinen  möglichst  raschen  und  ungehinderten 
Abzug  sorgt. 

Dies  geschieht  am  wirksamsten  dadurch,  dafs  in  den  Wider¬ 
lagern  Schlitze  ausgebrochen  und  diese  möglichst  weit  hinter  dem 
Mauerwerk  nach  oben  hinaufgeführt  sowie  demnächst  sorgfältig 
mit  Steinen  vei’packt  werden.  Solche  Schlitze  führen  erfahrungs- 
gemäfs  oft  recht  erhebliche  Wassermengen  ab  und  tragen  wesentlich 
zur  Trockenlegung  des  Tunnels  bei.  Da  wo  weniger  der  Gewölbe¬ 


scheitel,  sondern  vorwiegend  die  Kämpfergegend  nafs  ist,  genügt  es 
sogar  oft  vollständig,  die  Schlitze  zu  brechen  und  vom  Ausspritzen 
mit  Gement  ganz  abzusehen.  Auch  wird  es  unter  Umständen  zweck- 
mäfsig  sein,  mit  den  Schlitzen  möglichst  bis  über  den  Gewölbe¬ 
scheitel  vorzudringen,  wenn  dieser  an  einzelnen  Stellen  trotz  der 
Gementeinspritzungen  nicht  trocken  werden  will,  um  hier  durch  die 
Schlitze  für  unmittelbaren,  seitlichen  Wasserabzug  zu  sorgen,  oder 
auch  den  thonigen  Schlamm,  der  sich  dann  meist  zeigen  wird,  abzu¬ 
waschen  und  dadurch  die  Gewölbeoberfläche  für  die  Verbindung 
mit  dem  Gement  überhaupt  erst  geeignet  zu  machen.  Die  Zahl  und 
die  Entfernung  der  Schlitze  mufs  ausschliefslich  nach  der  Oertlichkeit 
bestimmt  werden.  Im  allgemeinen  wird  zwar  eine  möglichst  grofse 
Zahl  von  Schlitzen  auch  einen  desto  gröfseren''  Erfolg  sichern, 
allein  meistens  kommt  man  mit  wenigen  passend  gewählten  Schlitzen 
aus,  denn  das  Wasser  zieht  sich  schliefslich  von  selbst  dahin,  wo  es 
den  ungehindertsten  Abflufs  findet.  Auch  zeigt  sich  sehr  oft,  dafs 
die  Anlage  neuer  Schlitze  überhaupt  entbehrlich  ist,  weil  das  Wasser 
in  den  schon  vorhandenen  Anlagen  oder  in  den  Klüftungen  des  Ge¬ 
birges  ausreichenden  Abflufs  findet.  (Schlufs  folgt.) 


Werkstattgebäude  für  Monumental -Bildwerke  am  Kronprinzen -Ufer  in  Berlin. 


Als  Ersatz  für  die  infolge  der  Durchlegung  der  Kaiser  Wilhelm- 
Strafse  abgebrochenen  Bildhauer-Werkstätten  auf  dem  ehemaligen 
staatlichen  Grundstücke 
Münzstrafse  10  ist  auf 
Anordnung  des  Herrn 
Gultusministers  kürzlich 
ein  neues  Werkstatt¬ 
gebäude  auf  dem  nörd¬ 
lich  an  die  Spree  gren¬ 
zenden  staatlichen  Eest- 
grund  stück  an  der  Ecke 
des  Kronprinzen  -  Ufers 
und  der  Eichard  Wa¬ 
gner  -  Strafse  errichtet 
worden.  Das  mit  der 
Hauptfront  gegen  Nor¬ 
den  gerichtete  Gebäude 
enthält  im  Erdgeschofs 
eine  bis  zum  Dache 
durchreichende,  gröfsere 
Werkstatt  von  10  m 
Breite,  12  m  Länge  und 
10  m  lichter  Höhe,  eine 
ebenfalls  durch  beide 
Geschosse  reichende  klei¬ 
nere  Werkstatt  von  6 
zu  7,50  m  und  7  m 
lichter  Höhe,  sowie  drei 
kleinere  Arbeitsräume  von 
durchschnittlich  25  qm 
Grundfläche  und  4  m  Höhe.  Im 
oberen,  3  m  im  lichten  hohen  Ge¬ 
schosse  befinden  sich  aufserdem 
zu  beiden  Seiten  der  Hauptwerk  statt 
noch  vier  kleinere  Eäume,  von  denen 
auf  der  Ostseite  drei  zur  Wohnung 
für  einen  Diener  eingerichtet  sind, 
während  der  vierte,  auf  der  West¬ 
seite,  als  Modellraum  dienen  soll. 

Der  Grund  rifs  ist  so  angeordnet, 

dafs  sämtliche  Eäume  an  einen 

Bildhauer,  unter  Umständen  aber 
auch  getrennt  an  zwei  Bildhauer, 

wie  es  zur  Zeit  der  Fall  ist,  ver¬ 
miedet  werden  können. 

Die  Hauptwerkstatt,  welche  zur 
Anfertigung  von  Kolossal  -  Werken 
bestimmt  ist,  hat  an  den  beiden 
nach  Norden  und  Süden  belegeneu 


Schmalseiten  je  einen  grofsen  eisernen,  im  oberen  Theile  ver¬ 
glasten  Thorweg  von  5,20  m  Breite  und  8  m  Höhe.  Aufser  der 

seitlichen  Beleuchtung 
empfängt  der  Eaum  aber 
auch  noch  Oberlicht  durch 
das  Dach.  Die  kleinere 
Werkstatt  erhält  nur  Licht 
durch  ein  hohes,  über 
dem  Thorwege  angeord¬ 
netes  Fenster  an  der 
Nordfront.  Zur  bequemen 
Bewegung  der  Modelle 
ist  die  grofse  Werkstatt 
mit  einem  Laufkrahn 
von  2500  kg  Tragfähigkeit 
und  einer  Modellirdreh- 
scheibe  von  10  000  kg 
Tragfähigkeit  versehen, 
an  welche  sich  zwei  nach 
aufsen  führende  Schienen¬ 
geleise  anschliefsen,  um 
dem  Künstler  auch  das 
Arbeiten  oder  die  Be¬ 
sichtigung  des  Modells 
im  Freien  zu  ermöglichen. 
Von  der  ursprünglichen 
Absicht,  die  Modellir¬ 
scheibe  mittels  Druck- 
wasser-V  orrichtungen  zum 
Heben  einzurichten,  ist 
der  hohen  Kosten  wegen  Abstand  ge¬ 
nommen  und  dafür  in  der  Nordost¬ 
ecke  der  Werkstatt  eine  bis  auf  den 
Grundwasserstand  reichende  Grube 
vorgesehen  worden,  aus  der  man  das 
Bildwerk  in  der  Unteransicht  beur- 
theilen  kann. 

Die  Kosten  des  massiven,  theils 
geputzten,  theils  verblendeten  und 
mit  Pappe  eingedeckten  Bauwerks 
haben  32  660  Mark  betragen,  wovon 
rund  6000  Mark  auf  die  künstliche 
Gründung  mittels  5  m  tiefer  Senk¬ 
kästen  entfallen.  Zu  obiger  Summe 
treten  noch  5340  Mark  für  Beschaffung 
der  Drehscheibe  und  des  Laufkrahns 
hinzu,  sodafs  sich  die  Gesamtkosten 
der  Anlage  auf  38  000  Mark  stellen. 

F.  Schulze,  Baurath. 


Schnitt  A — B. 


Grundrifs. 


Zum  Kampf  um  Troja. 


(Schlüfs.) 


Ein  treffliches  Bild  des  Ganzen  giebt  Bötticher,  allerdings  in 
seinem  Sinne,  wenn  er  ausführt:  „Man  begebe  sich  auf  den  ringsum 
stehengebliebenen  äufseren  Theil  des  Schutthügels,  von  wo  man  wie 


in  einen  Krater  hinabschaut.  Am  besten  stellt  man  sich  oberhalb 
des  sog.  Südwestthores  auf.  Man  erblickt  eine  polygonale  Terrasse, 
das  ist  Schliemanns  Akropole  von  Troja!  Die  Terrasse  besteht  aus 


424 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


11.  Oetober  1890. 


Schutt,  kreuz  und  quer  bis  zum  Urboden  von  Mauern  durchzogen.“ 
Wir  geben  das  Bild  nach  unserer  Aufnahme  an  Ort  und  Stelle  in 
Abb.  3  und  zum  weitern  Verständnifs  noch  den  Grundplan  Dr.  Dörp- 
felds  in  Abb.  2  und  sehen  daraus,  dafs  zu  dem  sog.  Südwestthor, 
welches  in  seiner  Anlage  an  etruskische  Stadttbore  erinnert,*)  eine 
mit  grofsen  ^deleckigen  weifsen  Marmorplatten  belegte  Ilampe, 
mäfsig  ansteigend,  emporführt.  Die  unbeschirmte  Rechte  des  von 
rechts  auf  der  Rampe  anstürmenden  Feindes  war  der  Umwährung 
zugekehrt.  War  es  einem  Theil  der  Angreifer  gelungen,  das  erste 
Thor  zu  erbrechen  und  in  den  Mittelraum  einzudringen,  so  konnten 
dieser  sowohl  als  auch  etwaige  Nachrückende  wie  bei  den  etrus¬ 
kischen  Thoren  dureh  ein  Fallgatter  abgeschnitten  oder  ausgeschlossen, 
und  die  Eingedrungenen  zwischen  dem  Fallgatter  und  dem  zweiten 
Thore  leicht  vernichtet  werden.  Der  vorhandenen  Mauerführung 
beim.  Thore  wird 
schwer  eine  andere 
Deutung  als  die  ge¬ 
gebene  beizulegen 
sein.  Auch  das 
zweite  Thor  zeigt 
die  Verwandtschaft 
mit  der  alten  etrus¬ 
kisch-römischen  An¬ 
lage. 

Innerhalb  der 
Umwährungsmauern 
sind  es  zunächst  zwei 
parallel  zu  einander 
stehende,  durch  einen 
schmalen  Zwischen¬ 
raum  von  einander 
getrennte  rechteckige 
Räume,  von  Luft¬ 
ziegelmauern  umge¬ 
ben  und  der  Tiefe 
nach  durch  Quer¬ 
mauern  getheilt,  wel¬ 
che  hauptsächlich 
unsere  Aufmerksam¬ 
keit  fesseln  und  an 
ähnliche  Mauerfüh¬ 
rungen  auf  den  Burg¬ 
flächen  von  Tiryns 
und  Mykenae  erin¬ 
nern,  wo  sie  als  Megä¬ 
ren  der  Männer  und 
Frauen  im  Zusam¬ 
menhang  mit  andern 
Gelassen  zweifellos 
erkannt  wurden.  Die 
Aufnahmen  Dr.  Dörp- 
felds  über  die  Mauer¬ 
züge  auf  den  letztgenannten  Burgen  sind  genaue  und  zutreffende, 
und  man  wird  auch  deren  Erklärung  nicht  bezweifeln  können. 
Wie  der  Aufbau  gestaltet  war,  darüber  ist  allerdings  der  Einbil¬ 
dungskraft  ein  grofser  Spielraum  gelassen;  vielleicht  geben  die  Bilder 
auf  der  Francois-Vase  für  eine  Reconstruction  einige  Anhaltspunkte, 
bei  denen  der  dargestellte  Tempel  und  das  Quellhaus  das  Giebeldach 
noch  nicht  zeigen,  vielmehr  das  flach  abgewölbte  Strohlehmdach. 
Eigenthümlich  übereinstimmend  sind  die  Breiten  der  Räume  A  und  B, 
Abb.  2,  mit  den  entsprechenden  in  Tiryns,  die  nur  in  Mykenae  an 
Gröfse  etwas  übertroffen  werden. 

Wir  werden  nach  alledem  nicht  fehl  gehen,  wenn  wir  uns  der 
Ansicht,  in  den  beiden  Räumen  Bestandthcile  eines  Anaktenhauses 
zu  sehen,  nicht  verschliefsen.  Liegen  auch  die  Linienzüge  der 
Mauern  noch  nicht  so  klar  wie  in  Tiryns  und  Mykenae,  so  ist  doch 
gerade  unter  Berufung  auf  letztere  genugsam  untrügliches  Material 
beisammen,  um  nicht  sehr  weit  vom  rechten  Wege  in  der  Deutung 
abzukommen.  Weitere  Ausgrabungeir  werden  auch  weitere  Auf¬ 
schlüsse  geben. 

Die  aus  verschiedenen  Materialien  kreuz  und  quer  übereinander 
weggeführten  Mauern  in  Abb.  3  zeigen  zweifellos,  dafs  wir  es  nicht 
mit  Bauwerken  aus  einer  Zeit  zu  thun  haben,  sondern  dafs  ver¬ 
schiedene  Katastrophen  über  den  Burghügel  weggegangen,  welchen 


I.  Ansiedlung. 

II.  Ansiedlung  1.  Periode. 
II.  Ansiedlung  II.  Periode. 
I  I  III.  Ansiedlung. 


Abb.  2.  Plan  der  Citadelle 
Plan  VII  aus  „Troja“  von  Dr. 


*)  Wir  sind  geneigt,  den  mittleren  Raum  für  das  Propugnaculum 
zu  halten,  das  von  einem  äufsern  und  einem  inuern  Thoreingang  mit 
vorspringenden  Flügelmauern  eingefafst  wird. 


verschiedene  Ansiedlungen  gefolgt  sind,  von  denen  die  eine  auf  den 
Trümmern  der  andern  ihre  Bauwerke  aufführte;  denn  es  stehen  nicht 
Grundmauern  auf  Grundmauern  (vgl.  auch  Abb.  2).  Schuchardt 
(Schliemanns  Ausgrabungen  im  Lichte  der  heutigen  Wissenschaft, 
Leipzig  1890)  nimmt  daher,  und  wir  können  uns  seiner  Ansicht  nach 
dem  Augenscheine  und  nach  den  Mauern  und  Thonzeugfunden  ohne 
Bedenken  anschliefsen,  vier  Zeitabschnitte  an,  nach  welchen  sich  die 
Mauerreste  und  der  Inhalt  der  Schuttlagen  scheiden  lassen.  Es  sind 
Erzeugnisse  1)  einer  ältesten  Niederlassung,  2)  aus  der  mykenae- 
schen  Zeit,  3)  aus  einer  Verfallperiode  nach  dieser  und  4)  aus  der 
griechisch-römischen  Zeit. 

Schliemann  und  mit  ihm  viele  Gelehrte  glauben  fest,  in  dem 
Schutthaufen  von  Hissarlik  die  Feste  des  homerischen  Priamos  er¬ 
kennen  zu  sollen,  und  stützen  sich  dabei  auf  die  alten  Ueberliefe- 

rungen  unddieUeber- 
einstimmung  der 
landschaftlichen  Bil- 
'  der  mit  den  von 
Homer  besungenen. 
Sie  treten  der  Ansicht 
des  alexandrinischen 
Gelehrten  Demetrios 
und  der  des  in  sei¬ 
nem  Banne  stehenden 
Strabo  eirtgegen,  wel¬ 
che  beide  Ilion, bei 
Hanai'-tepe,  d.  i.  Bu- 
narbaschi  gegenübei-, 
haben  wollen.  Grofse 
geologische  Umwäl¬ 
zungen  dürften  an 
jener  Küste  seit  der 
mykenaeschen  Zeit 
bis  auf  heute  kaum 
stattgefunden  haben, 
und  so  pafst  zur 
Stunde  noch  die  von 
Skylax  angegebene 
Entfernung  der  Stadt 
Troja  vom  Meere  mit 
25  Stadien  =  5  Kilo¬ 
meter  auf  Hissarlik. 
Weniger  vereinbar 
mit  der  heutigen 
Lage  ist  die  Angabe, 
dafs  im  peloponne- 
sischen  Kriege  der 
spartanische  Admi¬ 
ral  Mindaros  von 
Ilion  aus  einer  See¬ 
schlacht  zugesehen 
habe.  Auch  mit 

einem  guten  Fernrohr  wäre  dies  von  Hissarlik  aus  nicht  gut 
möglich  gewesen;  freilich  noch  weniger  von  den  Höhen  von 
Buuarbaschi  aus.  So  lange  keine  zwingenden  Beweise  für  das 
Gegentheil  erbracht  werden,  dürfen  wir,  gestützt  auf  die  Thatsacheu 
der  Ausgrabungen,  der  Funde  und  der  Uebereinstimmung  der  Gegend 
mit  den  homerischen  Schilderungen  —  wir  nehmen  dabei  an,  dafs 
Homer  wirklich  Gesehenes  besang  und  nicht  alles  aus  der  Phantasie 
schöpfte  und  jene  Gegend  seiner  Ortsbeschreibung  zu  Grunde  legte 
—  Hissarlik  wohl  für  das  alte  Troja  nehmen.  Für  Bauten  und  bau¬ 
liche  Einrichtungen  aus  der  Zeit  des  Priamos  kann  das  Zeugnifs 
Homers  kaum  angerufen  werden,  da  nach  ihm  Troja  vollständig  von 
den  Griechen  zerstört  wurde  und  dieses  etwa  300  Jahre  vor  seinen 
Lebzeiten  geschah. 

Herr  Bötticher  hat  bei  seinem  Augenschein  manche  seiner  aus 
dem  für  ihn  verhängnifsvoll  gewordenen  Buche  geschöpften  Ansichten' 
ändern  müssen  und  dieses  auch  freimüthig  bekannt.  Es  konnte  ihm 
das  volle  Zugeständnifs  an  die  Schliemann-Dörpfeldschen  Ergebnisse 
nicht  allzu  schwer  werden,  wenn  ich  auch  mit  ihm  darin  überein¬ 
stimmen  mufs,  dafs  er  eine  andere  Erklärung  über  die  von  ihm 
früher  ausgesprochenen  Zweifel  nicht  abgeben  konnte,  als  die  er 
gegeben.  Von  beiden  Seiten  scheint  in  letzter  Zeit  der  Streit  an 
Sachlichkeit  verloren  zu  haben.  Ueber  die  Verwendung  der  Pithoi 
zum  Ausrösteu  von  Gestorbenen  wollen  wir  an  dieser  Stelle  keine 
weiteren  Erörterungen  pflegen. 

Karlsruhe,  den  26.  August  1890. 

Dr.  Josef  Durm. 


von  Ti'oja  (nach  Dörpfeld). 

H.  Schliemann  (Leipzig  1884). 


HrJI. 


Centralblatt  der  Bauverwaltu ng. 


425 


Mittlieilungen  über  den  Betrieb  auf  den  Hochbahnen  in  New-York. 

(Schlufs.) 


2.  Wagen. 

Die  Wagen  sind  nach  Art  der  Durchgangswagen  eingerichtet. 
Der  Zugang  zu  denselben  erfolgt  an  den  Enden  von  besonderen 
Plattformen  aus.  Die  Anordnung  der  Sitzplätze,  wie  sie  mit  geringen 
Abweichungen  auch  auf  andere  Stadtbahnen,  wie  in  Brooklyn  und 
Chicago,  übergegangen  ist,  ist  so  getroffen,  dafs  an  den  Enden  der 
Wagen  Längssitze,  in  der  Mitte  Quersitze  angebracht  sind.  Hier¬ 
durch  wird  an  den  Enden  Kaum  für  Stehplätze  gelassen,  welche  zu 
Zeiten  starken  Verkehrs  benutzt  werden.  Zwischen  den  Quersitzen 


Die  Wagenkasten  sind  aus  Holz  gebaut.  Das  Gerippe  der 
Längswände  ist  unterhalb  der  Fenster  als  Träger  mit  Zug-  und 
Druckgurt  und  schrägstehenden  Streben  ausgebildet.  Diese  Träger 
sind  durch  eiserne  Spannstangen  verstärkt,  welche  über  dem  Wagen¬ 
boden  liegen  und  von  Mitte  zu  Mitte  der  Drehgestelle  reichen.  Um 
den  Verband  der  Träger  nicht  zu  unterbi'echen,  sind  die  Schiebe¬ 
fenster  der  Wagen  zum  Oeffnen  nach  aufwärts  eingerichtet.  Einige 
Angaben  über  Abmessungen  der  neueren  Wagen  sind  im  folgenden 
zusammengestellt: 


Abb.  3. 


Ansicht  des  Sehutthügels  von  Hissarlik  (Troja). 


ist  ein  Mittelgang  in  einer  Breite  von  48  cm  durchgeführt.  Es  giebt 
nur  eine  einzige,  für  Reisende  beiderlei  Geschlechts  gemeinsam 
zu  benutzende  Wagenklasse;  Rauchen  ist  sowohl  in  den  Wagen  wie 
auf  den  Plattformen  streng  untersagt.  Die  Plattformen  liegen  nahezu 
in  gleicher  Höhe  mit  den  Bahnsteigen  und  werden  gegen  dieselben 
mit  eisernen  Drehthüren  abgeschlossen,  welche  durch  einen  Winkel¬ 
hebel  mit  Handhabe  bewegt  werden.  Die  aneinanderstofsenden  Platt¬ 
formen  je  zweier  Wagen  werden  durch  je  einen  besonderen  Schaffner 
bedient.  Mit  Rücksicht  auf  die  zu  durchfahrenden  scharfen  Bögen 
sind  die  Plattformen  kreisbogenförmig  abgerundet;  die  seitlich 
zwischen  je  zwei  Plattformen  verbleibenden  Zwischenräume  sind 
durch  Gitter  verschlossen,  welche  bei  der  Durchfahruug  von  Bögen 
ausgedehnt  bezw.  zusammengeschoben  werden.  Hierdurch  wird  ein 
durchlaufender  seitlicher  Schlufs  am  ganzen  Zuge  vorbei  erzielt.  Die 
Bahnsteige  sind  auf  sehr  verkehrsreichen  Stationen  mit  einem  Ge¬ 
länder  (aus  Gasröhren)  eingefafst,  welches  in  Abständen  von  je  einer 
Wagenlänge  mit  offenen  Ausgängen  versehen  ist. 

Die  Wagen  werden  von  zweiachsigen  Drehgestellen  getragen;  die 
Zug-  und  Stofsvorrichtungen  sind  in  der  Mittelachse  der  Wagen  und 
zum  Zwecke  leichteren  Durchfahrens  der  Bögen  um  die  Drehachsen 
dieser  Gestelle  in  wagerechter  Richtung  beweglich  angeordnet.  Es  hat 
sich  gezeigt,  dafs  die  Wagen  Bögen  von  27,5  und  36,6  m  Halbmesser 
mit  9,6  km  Stundengeschwindigkeit  ruhig  und  sicher  durchlaufen. 


Aeufsere  Länge  des  Wagenkastens . 12,00  m 

„  Breite  „  ^  _ . 2,62  „ 

Länge  des  Wagens  einschliefslich  der  Plattformen  .  .  .  14,00 
Höhe  des  Wagenbodens  über  Schienenoberkante  ....  1,04  „ 

Abstand  der  Drehgestelle  von  Mitte  zu  Mitte . 9,85  ,, 

Radstand  der  Drehgestelle . 1,52  ,. 

Anzahl  der  Längssitze . 32 

„  „  Quersitze . 16 

„  „  Stehplätze  . . 32 

Gesamtzahl  der  Plätze . .  80 

Höchstgewicht  eines  leeren  Wagens . 11,86  t 

Durchschnittskosten  eines  Wagens .  10  684,/Ä 

Jährliche  von  einem  Wagen  zurückgelegte  Bahnstrecke  .  56  300  km 
Die  Gesamtzahl  der  für  die  Hochbahnen  beschafften  Wagen  be¬ 
trägt  921.  Dieselben  sind  mit  Dampfheizung,  vorwiegend  nach  Golds 
Patent  ausgestattet.  Die  besondere  Einrichtung  der  Göldschen 
Heizung*)  besteht  darin,  dafs  an  den  Längswänden  unter  den  Sitzen 
schmiedeeiserne,  an  den  Enden  dicht  verschlossene  Cylinder  ange¬ 
ordnet  sind,  welche  zu  Vs  mit  Salzwasser  gefüllt  sind.  Dieselben 
sind  zur  Aufspeicherung  der  Wärme  bestimmt  und  von  einem  Dampf¬ 
hemde  umgeben,  welches  durch  zwei  von  dem  Locomotivkessel  ab- 


*)  Ceutralblatt  der  Bauverwaltung  1887,  S.  158. 


426 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


zweigende,  unter  dem  Zug  entlang  laufende  Eolire  mit  frischem 
Dampf  geheizt  wird. 

Die  Beleuchtung  der  AVagen  geschieht  durch  Petroleumlampen, 
die  Lüftung  durch  Oeftnungen  in  einem  Dachaufsatz.  Endlich  ist 
noch  zu  erwähnen,  dafs  die  AA^agen  durchweg  mit  Luftbremsen 
Eames’scher  Bauart  versehen  sind. 

3.  Locoinotiven. 

Anfänglich  wurden  vierrädrige  Locoinotiven  von  5  bis  6  t  Betriebs¬ 
gewicht  verwendet.  Mit  der  Zunahme  des  Gewichtes  und  der  Ge¬ 
schwindigkeit  der  Züge  erwuchs  indes  auch  die  Nothwendigkeit, 
stärkere  Locomotiven  einzufühi-en.  Die  gegenwärtig  in  Gebrauch 
befindlichen  Normal-  (Tender-)  Locomotiven  der  Hochbahnen  sind 
nach  der  Bauart  von  Forney  hergestellt  und  kennzeichnen  sich  da¬ 
durch,  dafs  zwei  vordere  gekuppelte  Triebräder  und  vier  hintere,  zu 
einem  Drehgestell  vereinigte  Laufräder  angeordnet  sind.  Die  Cylinder 
sind  aufserhalb  des  Rahmens  der  Locomotiven  befestigt,  der  AVasser- 
und  Kohlenraum  liegen  über  dem  Drehgestell  hinter  dem  Führer¬ 
stande.  Folgendes  sind  die  Hauptabmessungen  der  Locomotiven: 


Durchmesser  der  Triebräder . 1,06  m 

„  „  Laufräder . 0,76  „ 

Eadstand  ,,  „  1,42  „ 

Gesamter  Radstand . 4,88  „ 

Durchmesser  der  Cylinder .  0,305  „ 

Kolbenhub .  0,406  „ 

Eostfläche . 1,53  qm 

.  a-  -L  (  Feuerbüchse . 5,20  qm 


zusammen  ....  40,05  „ 

Fassungsraum  des  AA'^asserbehälters . 2,73  cbm 

Gesamtes  Betriebsgewicht . 20,12  t 

Gewicht  auf  den  Triebrädern . 13,48  t 

Durchschnittliche  Kosten  einer  Locomotive  .  .  16  400  Ji 


Für  die  Hochbahnen  sind  291  Locomotiven  vorhanden,  welche 
sämtlich  mit  Eames’  Luftbremse  ausgestattet  sind.  Als  Brennstoff 
gelangt  ausschliefslich  Anthracit-Kohle  zur  Anwendung.  Heber  die 
täglichen  Leistungen  einer  Locomotive  macht  AVellington  die  folgen¬ 


den  Angaben: 

Hin-  und  Herfahrten .  9 

Kohlen  verbrauch  im  Laufe  eines  Tages  .  .  .  2574  kg 

Die  Maschinen  befinden  sich  im  Dienst  täglich  20  Stunden 
Kohlenverbrauch  für  eine  Pferdekraft  ....  2,82  kg 


Es  wird  angegeben,  dafs  eine  Locomotive  im  Laufe  eines 
Jahres  durchschnittlich  46  400  km  zurücklegt. 

4.  Signale. 

Die  Bestimmung  der  Züge  wird  bei  Tage  durch  zwei  farbige 
Scheiben  an  der  Locomotive,  zuweilen  auch  durch  ein  Namensschild 
an  derselben  bezeichnet.  Eine  Bezeichnung  des  Zug-Endes  findet  bei 
Tage  nicht  statt.  Bei  Dunkelheit  treten  an  die  Stelle  der  farbigen 
Scheiben  Laternen,  welche  mit  den  entsprechenden  Farben  abge¬ 
blendet  sind.  Hinsichtlich  der  im  Gebrauch  befindlichen  Strecken¬ 
signale  wird  auf  die  bezüglichen  Mittheilungen  in  Nr.  20  S.  206  d.  J. 
verwiesen. 

5.  Betriebsvorschriften. 

Der  folgende  Auszug  aus  den  Vorschriften  für  den  äufseren  Be¬ 
triebsdienst  auf  den  Hochbahnen  möge  hier  Platz  finden: 

a)  Allgemeine  Regeln.  Die  Sicherheit  der  Reisenden  steht 
in  erster  Linie.  Alle  Angestellten  haben  ihre  Aufmerksamkeit  un¬ 
ausgesetzt  dem  Dienste  zuzuwenden,  damit  Beschädigungen  von  Per¬ 
sonen  und  Eigenthum  vermieden  werden;  in  allen  zweifelhaften 
Fällen  ist  der  sicherere  AVeg  vorzuziehen. 

Durchaus  ordentliches  Betragen,  Vermeidung  von  gottlosen  und 
unanständigen  Redensarten  im  Dienst  und  unter  einander  ist  unbe¬ 
dingt  erforderlich. 

Die  regelmäfsige  Bezahlung  der  Angestellten  schliefst  alle 
etwaigen  Gefahren  und  hierauf  bezüglichen  Verbindlichkeiten  ein. 

b)  Locomotivführer.  Den  für  die  Locomotivführer  erlassenen 
Vorschriften  ist  als  oberste  Regel  vorangestellt,  in  Zweifelsfällen 
stets  den  sichereren  AVeg  zu  wählen.  Sonst  sind  hervorzuheben: 

Die  Dampfpfeife  soll  nicht  unnöthig  gebraucht  werden. 

Für  die  Entfernung  zweier  aufeinander  folgenden  Züge  kann  kein 
feststehendes  Mafs  angegeben  werden;  dieselbe  mufs  aber  stets  so 
grofs  sein,  dafs  der  folgende  Zug  zum  Stillstand  gebracht  werden 
kann,  ohne  den  vorhergehenden  zu  gefährden. 

In  nebligem  Wetter  oder  bei  Dunkelheit  darf  keine  Maschine 
dem  vorhergehenden  Zug  näher  kommen  als  250'  (76  m).  Vorbei¬ 
fahren  an  einem  Haltsignal  ist  Grund  zur  Entlassung.  Maschinen 
und  Züge  dürfen  mit  keiner  gröfseren  Geschwindigkeit  als  25  Meilen 


11.  Octolier  1890. 


(40  km)  in  der  Stunde  fahren.  In  Krümmungen  und  AA'^ eichen  ist  die 
Geschwindigkeit  auf  6  Meilen  (9,6  km)  und  in  starken  Gefällen  auf 
12  Meilen  (19,3  km )  zu  ermäfsigen. 

In  allen  schärferen  Krümmungen  mufs  langsam  gefahren  werden, 
und  zwar  ist  die  Geschwindigkeit  bereits  vor  der  Einfahrt  in  eine 
Krümmung  und  so  lange  zu  ermäfsigen,  bis  der  letzte  Wagen  die¬ 
selbe  durchfahren  hat. 

c)  Zugführer  und  Schaffner.  Hier  ist  dieselbe  Vorschrift 
als  oberste  Regel  hingestellt,  wde  bei  b). 

Die  Zugführer  sind  für  die  Sicherheit,  Pünktlichkeit  und  den 
Ziistand  der  Züge,  insbesondere  auch  für  Lüftung,  Heizung  und  Be¬ 
leuchtung  derselben  verantwortlich. 

Der  Zusammenstofs  zweier  Züge  ist  durch  nichts  zu  rechtfertigen, 
und  kann  durch  richtigen  Gebrauch  der  Signale  und  Befolgung  der 
Vorschriften  vermieden  werden. 

Zugführer  und  Schaffner  haben  darauf  zu  achten,  dafs  die  Wagen- 
thüren  geschlossen  gehalten  werden,  und  dafs  keine  Reisenden  während 
der  Fahrt  auf  den  Plattformen  stehen*)  oder  aus-  und  einsteigen. 

Der  Name  der  folgenden  Station  ist  im  Innern  der  Wagen 
zweimal  auszurufen  und  zwar  einmal  bei  der  Abfahrt  und  einmal  bei 
der  Ankunft. 

d)  Zugregeln.  Schieben  von  Zügen  auf  Hauptgeleisen  ist,  aus¬ 
genommen  bei  Unglücksfällen,  verboten. 

Kein  Zug  darf  zurücksetzen,  ehe  der  folgende  Zug  verständigt 
und  zum  Stillstand  gebracht  ist. 

Alle  Züge  müssen  vor  Kreuzungen  in  Schienenhöhe  anhalten. 

Der  Zugführer  hat  seinen  Posten  auf  der  Hinterplattform  des 
vorderen  Wagens.  Der  Schaffner  des  letzten  Wagens  giebt,  nachdem 
er  die  Plattformthüren  geschlossen  hat,  dem  folgenden  Schaffner  ein 
Signal  durch  einmaliges  Ziehen  an  der  unter  der  Wagendecke  an¬ 
gebrachten  Leine;  der  letztere  giebt  das  Signal  durch  zweimaliges 
Ziehen  an  der  Leine  nach  vorn  weiter.  Der  nächste  Schaffner,  wenn, 
wie  bei  fünfwagigen  Zügen,  ein  solcher  noch  vorhanden  ist,  hat 
dreimal  an  der  Leine  zu  ziehen.  Hat  der  Zugführer  von  dem  ihm 
zunächst  befindlichen  Schaffner  das  Signal  erhalten,  so  bringt  er  durch 
zweimaliges  Ziehen  an  der  Leine  eine  Glocke  auf  der  Locomotive 
zum  Ertönen  und  giebt  dadurch  das  Zeichen  zur  Abfahrt. 

(Anm.  Da  ein  jeder  Schaffner  auf  den  Stationen  mit  der  einen 
Hand  die  Leine  hält,  und  daher  jedes  Ziehen  an  derselben  sofort 
bemerkt  und  ungesäumt  weitergiebt,  so  wird  das  Signal  von  dem 
letzten  Wagen  nach  der  Locomotive  sehr  schnell  fortgepflanzt.  Ohne 
seinen  Standpunkt  zu  ändern,  kann  dabei  der  Schaffner  durch  eine 
Winkelhebelvorrichtung  bequem  beide  Plattformthüren  bewegen.) 

Rauchen  ist  sowohl  in  den  Wagen  wie  auf  den  Plattformen  ver¬ 
boten. 

Höchstens  80  Reisende  dürfen  in  einem  Wagen  untergebracht 
werden.  Die  AVagen-  und  Plattformthüren  an  dem  vorderen  und 
hinteren  Ende  des  Zuges  sind  verschlossen  zu  halten. 

(Anm.  Auf  einem  Zuge  von  5  Wagen  sind  demnach  einschliefs- 
lich  des  Zugführers  4  Schafiner  vorhanden,  von  denen  ein  jeder 
zwischen  zwei  AVagen  steht  und  zwei  Plattformen  versieht.) 


6.  Umfang  des  A^erkelirs. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Zahl  der  Reisenden  und  die 
jährlichen  Einnahmen  für  jedes  Jahr  seit  1872  angegeben: 


Zeitraum 

«  ^  a  w 

O  ^  ,1^ 

§  rt  = 

Zahl 

der 

Eeisendea 

Einnahmeu  iu 
JC  — 

gerechnet) 

9  Monate  vor  dem  30.  Sept.  1872 

5,6 

137  446 

54  978,40 

Jahr  endigend  am  30.  1873 

6,4 

64402572 

258  410,20 

^  „  V  1874 

6,4 

796  0721/2 

324  189,00 

„  „  V  ..  ..  1875 

1  6,4 

920  571 

374  524,64 

1  8,0 

2  012  9531 '2 

810  701,40 

.  1877 

*  8,0 

3  011 8621/2 

1 212  834,04 

1878 

25,8 

9  291 319 

3  118  413,48 

„  «  1879 

37,0 

46  045  181 

14 107  301,04 

„  „  «  V  «  1880 

51,5 

60  831  757 

18  451  902,24 

„  „  „  1881 

51,5 

75  585  778 

21 244  303,40 

„  ,,  «  1882 

51,5 

86  361  029 

23  894  533,64 

„  ..  1883 

51,5 

92 124  943 

25  546  022,12 

„  „  „  „  „  1884 

5i;5 

96  702  620 

26  905  437,20 

„  _  „  .,  1885 

51,5 

103  354  729 

28  002  267,52 

.  „  „  V  1886 

51,5 

115  109  591 

29  704  865,12 

„  „  „  „  „  1887 

51,5 

158  963  232 

32  410  649,60 

,,  ,,  „  „  1888 

51,5 

171  529  789 

34  695  486,80 

„  „  „  1889 

51,5 

179  497  433 

36  323  522,60 

Zusammen 

1 202  920  332 

297  439  342,44 

*)  Diese  Regel  wird  nicht  streng  durchgeführt. 


Ir.  41. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


427 


In  betreff  der  Einnabmen  ist  zu  bemerken,  dafs  das  Fahrgeld 
ursprünglich  10  Cents  (40  Pf.)  für  die  Person  und  einmalige  Fahrt  be¬ 
tragen  hat,  seit  October  1886  aber  für  alle  Strecken  und  Tageszeiten 
auf  5  Cents  (20  Pf.)  ermäfsigt  ist.  Die  im  Betriebsjahre  1888/89  im 
Durchschnitt  täglich  beförderte  Personenzahl  ergiebt  sich  zu  491  774 
oder  9549  für  1  km  doppelgeleisige  Strecke.  An  einzelnen  Tagen 
werden  diese  Durchschnittszahlen  weit  übertroffen;  die  folgenden 
Zahlen  geben  in  dieser  Beziehung  einen  Anhalt  zur  Beurtheilung 
der  Leistungsfähigkeit  der  Bahn.  Bei  Gelegenheit  der  Hundert¬ 
jahrfeier  der  Unabhängigkeit  der  Vereinigten  Staaten,  vom  29.  April 
bis  1.  Mai  y.  J.,  wurden  nämlich  befördert: 


29.  April 

30.  April 

1.  Mai 

Zusammen 

2.  Avenue  Bahn 

121684 

110  389 

110 101 

342 174 

3-  «  „ 

291 170 

349  516 

320  762 

961 448 

6-  . 

264  573 

312  628 

270  665 

847  866 

9. 

86  768 

63188 

54673 

204629 

Zusammen 

764 195 

835  721 

756  201 

2  356  117 

Zum  Schlüsse  sei  noch  bemerkt,  dafs  der  Grundeigenthumswerth 
in  New-York  in  den  10  Jahren  nach  Eröffnung  der  Hochbahnen,  von 
1879  bis  1888,  um  insgesamt  1  647  081 968  Mark  gestiegen  ist. 


Prüfungen  deutscher  Cemente. 


Die  Königliche  Prüfungs-Station  für  Baumaterialien  in  Berlin 
veröffentlicht  im  1.  Heft  des  Jahrganges  1890  der  Mittbeilungen  aus 
den  Königlichen  technischen  Versuchs- Anstalten*)  eine  grofse  Reihe 
von  Untersuchungen  auf  Festigkeit  und  mechanische  Eigenschaften 
von  Gementen  aus  den  Betriebsjahren  1887/88  bis  1888/89,  welche 
zum  gröfsten  Theil  nach  den  neuen,  durch  Runderlafs  des  Herrn 
Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten  vom  28.  Juli  1887  eingesetzten 
Normen  für  einheitliche  Lieferung  und  Prüfung  von  Portland-Cement 
behandelt  wurden.  Die  Veröffentlichung  lehnt  sich  an  bereits  früher 
mitgetheilte  Versuche  an,  wirft  mit  diesen  zusammen  ein  bemerk ens- 
werthes  Streiflicht  auf  den  heutigen  Stand  der  Cement-Industrie  und 
ist  somit  geeignet,  das  Interesse  weiterer  Baukreise  zu  wecken,  um¬ 
somehr  als  die  Versuche  mit  beinahe  allen  Gementen  der  gröfsten 
deutschen  Fabriken  angestellt  worden  sind. 

Die  Herstellung  der  Probekörper  für  Druck-  und  Zugfestigkeits¬ 
versuche  erfolgte  normengemäfs  mittels  des  Normal-Hammerapparates. 
Die  Probekörper  erhärteten,  gegen  zu  schnelle  Verdunstung  geschützt, 
die  ersten  24  Stunden  auf  nicht  absaugender  Unterlage  an  der  Luft. 
Die  'Zugprobekörper  (mit  5  qcm  Zerreifsungsquerschnitt)  wurden 
unmittelbar  nach  dem  Einschlagen  und  erfolgter  Glättung  von  der 
Form  befreit,  während  die  Druckproben  (Würfel  mit  50  qcm  Fläche) 
nach  erfolgter  Glättung  die  ersten  20 — 24  Stunden  an  der  Luft  in 
der  Form  erhärteten  und  hierauf,  den  Formen  entnommen,  mit  den 
Zugproben  zugleich  unter  Wasser  von  durchschnittlich  17°  C.  ge¬ 
bracht  wurden.  Der  zu  den  Mörtelproben  verwandte  Normalsand 
wog  eingerüttelt  1,640  kg,  eingelaufen  1,410  kg  das  Liter.  Die  Korn- 
gröfsen  des  Normalsandes  sind  so  beschaffen,  dafs  derselbe  ein  Sieb 
mit  60  Maschen  auf  1  qcm  vollständig  durchfliefst  und  auf  einem 


*)  Verlag  von  Julius  Springer,  Berlin. 


Siebe  von  120  Maschen  auf  1  qcm  liegen  bleibt.  Fafst  man  diese 
neueren  Versuche  mit  den  seit  dem  Jahre  1879  angestellten  Prü¬ 
fungen  zusammen,  so  ergiebt  sich  ein  sehr  lehrreiches  Bild  der  Ent¬ 
wicklung,  welche  die  Cement-Industrie  Deutschlands  in  Bezug  auf  die 
Güte  der  hergestellten  Ware,  insbesondere  in  Bezug  auf  Zug-  und 
Druckfestigkeit  und  Feinheit  der  Mahlung  durchgemacht  hat,  ent¬ 
sprechend  den  erhöhten  Anforderungen,  die  mit  der  Zeit  an  die 
Cemente  gestellt  wurden  und  welche  zuerst  in  den  „alten  preufsischen 
Normen“  vom  12.  November  1878  und  später  in  den  neuen  Normen 
vom  28.  Juli  1887  ihren  Ausdruck  fanden.  Während  früher  die  Unter¬ 
suchung  auf  Druckfestigkeit  nur  vereinzelt  vorkam,  ist  dieselbe  seit 
1887  ein  wichtiges  Glied  in  der  Kette  der  Beurtheilungsmerkmale  der 
Cemente  geworden. 

Die  in  der  Tabelle  gegebene  Zusammenstellung  der  Versucbs- 
ergebnisse  zeigt  zunächst,  dafs  die  Zahl  der  Cemente  mit  weniger  als 
10  kg  Zugfestigkeit  stets  verhältnifsmäfsig  klein  gewesen  ist,  und  dafs 
auch  die  sehr  schwankende  Zahl  der  Cemente  unter  15  kg  nie  eine 
grofse  Höhe  erreicht  hat;  dagegen  haben  die  Cemente  mit  mehr  als 
15  kg  Zugfestigkeit  immer  den  weitaus  gröfsten  Theil  der  geprüften 
Cemente’  ausgemacht.  Sie  betrugen:  1880  —  68,2  pCt.,  1881  — 
94,7  pCt,  1882  —  88,3  pCt.,  1883  —  59,7  pCt.,  1884  —  84,8  pCt., 
1885  -■  74,2  pCt.,  1886  —  80,7  pCt.,  1887  ■—  80,9  pCt.,  1888  —  73,8  pCt. 
und  1889  —  77,4  pCt.  Man  sieht,  dafs  seit  dem  Jahre  1886  ein  Still¬ 
stand  eingetreten  ist,  vielleicht,  weil  von  diesem  Jahre  an  die  Fabrica- 
tion  darauf  Bedacht  nehmen  mufste,  auch  die  vorgeschriebene  Druck¬ 
festigkeit  von  160  kg/qcm  neben  einer  Zugfestigkeit  von  16  kg/qcm 
KU  erreichen.  Uebrigens  würden,  wenn  die  Cemente  zwischen  15 
und  16  kg  Zugfestigkeit  noch  mit  hiazugerechnet  wären,  vermuth- 
lich  auch  die  Jahre  1888  und  1889  in  Bezug  auf  Zugfestigkeit  der 
geprüften  Cemente  nicht  hinter  den  Vorjahren  zurückstehen.  Das 


Zusammenstellimg 

der  in  den  Betriebsjahren  1879/80 — 1888/89  geprüften  Cemente  nach  Festigkeit  und  Mahlung. 


Anzahl 
-  der  auf 

Bezüglich  Zugfestigkeit 

Bezüglich  900  Maschen -Sieb 

Cemente 

Anzahl 

Cemente  mit 

Betriebs¬ 

jahr 

28  Tags-' ' 

unter 

zwischen 

über 

der  auf 

über 

zwischen 

unter 

Festig¬ 

keit 

geprüften 

Cemente 

10 

10  und  15 

15  und  20 

20  und  30 

30 

Mahlung 

20 

20  und  10  1 

10 

Kilogramm  f.  d.  Quadratcentimeter  Zugfestigkeit 

geprüften 

Cemente 

Procent  Rückständen 

An- 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 
zahl  ‘ 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

1879/80 

22 

■  ^ 

0,0 

7 

31,8 

1 

4,6 

13 

59,1 

1 

4,6 

25 

2 

8,0 

13 

52,0 

10 

40,0 

1880/81 

38 

1 

2,6 

1 

2,6 

13 

34,2 

19 

50,0 

4 

10,5 

43 

_ 

6 

14,0 

37 

86,1 

1881/82- 

77  . 

3 

3,9 

6 

7,8 

39 

50,7 

25 

32,5 

4 

5,2 

83 

1 

1,2 

29 

34,9 

53 

63,9 

"  1882/83 

57 

5 

8,8 

18 

31,6 

21 

36,8 

11 

19,3 

2 

3,5 

63 

1 

1,6 

25 

39,7 

37 

58,7 

1883/84 

79 

2 

2,5 

10 

12,7 

27 

34,2 

39 

49,4 

1 

1,3 

80 

4 

5,0 

26 

32,5 

50 

62,5 

1884/85 

89 

2 

2,3 

21 

23,6 

33 

37,1 

33 

37,1 

— 

98 

3 

3,1 

39 

39,8 

56 

57,1 

1885/86 

109 

3  1) 

2,8 

18 

16,5 

37 

33,3 

41 

37,6 

10 

9,2 

115 

— 

— 

■  37 

32,2 

78 

67,8 

.  1886/87 

68 

12) 

1,5 

12 

17,7 

20 

29,4 

31 

45,6 

4 

5,9 

72 

1 

1,4 

16 

22,2 

55 

76,4 

Bezüglich 

Zugfestigkeit 

! 

Druckfestigkeit 

Cemente 

unter 

zwischen 

über 

unter 

zwischen 

über 

16 

16  und  20 

20 

160 

160- 

-200 

200 

Kilogramm  f.  d. 

Quadratcentimeter 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

An¬ 

zahl 

pCt. 

1887/88 

103 

29 

28,2 

32 

33,0 

42 

40,8 

30 

56,6 

j  13 

24,6 

10 

18,9 

105 

3 

2,9 

13 

12,4 

89 

84,8 

'  1888/89 

137 

31 

22,8 

59 

43,1 

47 

1 

34,3 

50 

41,3 

38  . 

31,4 

33 

27,3 

147 

13) 

0,7 

3 

2,0 

143 

97,3 

1) 


Hiervon  ist  einer  ein  Eoman-Cement,  zwei  sind  Cementkalke.  —  Cementkalk.  —  3)  Puzzolan-Cement. 


11.  October  1890, 


428 


Centralblatt  der  Bauverwaltung'. 


Bestreben,  eine  höbe  Druckfestigkeit  zu  erreichen,  zeigt  sich  deutlich 
in  den  beiden  letzten  Jahren,  wo  die  in  dieser  Hinsicht  nicht  normen¬ 
beständigen  Cemente  von  56,6  auf  41,3  pCt.  zurückgegangen  sind, 
während  die  Cemente  zwischen  160  und  200  kg  von  24,6  auf  31,4  pCt. 
und  die  mit  über  200  kg  von  18,9  auf  27,3  pCt.,  die  normenbeständi¬ 
gen  überhaupt  also  von  43,5  pCt.  auf  58,7  pCt.  gestiegen  sind. 

lYas  die  Prüfung  auf  Feinheit  der  Mahlung  anbelangt,  so  sind 
Cemente  mit  mehr  als  20  pCt.  Siebrückstand  in  allen  10  Betriebs¬ 


jahren  nur  vereinzelt  vorgekommen,  die  Cemente  mit  einem  Siebrück¬ 
stand  zwischen  10  und  20  pCt.  haben  von  1882  an  ständig,  in  den 
letzten  Jahren  sehr  bedeutend  abgenommen,  während  die  Zahl  der 
sehr  siebfeinen  Cemente  mit  weniger  als  10  pCt.  Kückstand  auf  dem 
900  Maschensieb  in  höchst  bemerkenswerther  Weise  ständig  zuge¬ 
nommen  hat,  ein  Beweis,  dafs  seitens  der  deutschen  Cement-Industrie 
in  den  letzten  Jahren  fortdauernd  für  eine  Verbesserung  des  Materials 
bis  zu  einem  hohen  Grade  gearbeitet  worden  ist.  Gary. 


Vermischtes, 


Die  neue  Sclnvemin-Caiialisation  von  Chavlotteuburg  ist  am 
6.  October  d.  J.  in  feierlicher  Weise  dem  Betriebe  übergeben  und 
damit  ein  von  den  städtischen  Körperschaften  mit  aller  Macht  er¬ 
strebtes  und  für  die  gesamte  Weiterentwicklung  der  Stadt  Char¬ 
lottenburg  wichtiges  Ziel  erreicht  worden.  Nachdem  am  Vormittage 
eine  Besichtigung  des  Kieselfeldes  in  Gatow,  woselbst  zur  Zeit  etwa 
200  Morgen  Eieselland  fertig  hergerichtet  sind  und  bereits  be¬ 
rieselt  werden,  stattgefunden  hatte,  schlofs  sich  am  Nachmittage 
eine  Besichtigung  der  Hauptpumpstation  in  der  Sophie  Charlotten- 
Strafse  an.  Aufser  den  Vertretern  derjenigen  Staatsbehörden,  wel¬ 
chen  die  Prüfung  und  Beaufsichtigung  der  Entwürfe  und  Bauaus¬ 
führungen  oblag,  waren  auf  Einladung  der  Stadtgemeinde  auch 
zahlreiche  Vertreter  anderer  Behörden  des  Staates,  der  Provinz  und 
der  Nachbargemeinden  in  der  Hauptpumpstation  erschienen.  Magistrat 
und  Stadtverordnetenversammlung  waren  vollständig  vertreten.  Von 
hervorragenden  Persönlichkeiten  seien  hervorgehoben  der  Ober¬ 
präsident  der  Provinz  Brandenburg  Excellenz  Achenbach,  Ober- 
Baudirector  A.  Wiebe,  Regierungspräsident  Graf  Hue  de  Grais, 
Landesdireetor  und  Präsident  des  Reichstages  v.  Levetzow,  Ober- 
Eegierungsrath  Friedheim,  Geheimer  Ober-Regierungsrath  Hübner, 
Geheimer  Ober-Regierungsrath  tialbey,  Präsident  Kaiser,  Stadtver¬ 
ordnetenvorsteher  Dr.  Stryck,  die  Stadträthe  Meubrink  und  Marg- 
graff,  die  Landräthe  Stubenrauch  und  Dr.  Steinmeister  u.  a. 

Nachdem  die  Besichtigung  der  Anlagen  beendet  war,  versam¬ 
melten  sich  alle  Anwesenden  wieder  in  der  grofsen  Halle  des  Ma¬ 
schinenhauses,  und  es  ergriff  zunächst  der  Erbauer  des  Werkes,  Stadt¬ 
baurath  Köhn,  das  Wort  zu  einer  Ansprache,  in  welcher  er  den 
Erschienenen,  insonderheit  dem  Herrn  Ober -Präsidenten  für  die 
Theilnahme  dankte.  Dann  ging  er  dazu  über,  die  Vorgeschichte  des 
Werkes  kurz  zu  schildern,  welche  bis  zum  Jahre  1871  zurückreicht. 
Nachdem  man  bis  zum  Jahre  1884  an  der  Ueberzeugung  festgehalten 
habe,  dafs  der  Kostenfrage  wegen  für  Charlottenburg  nur  das  Ab¬ 
fuhrsystem  in  Frage  kommen  könne,  hätte  sich  schliefslich  doch 
die  Erkenntnifs  Bahn  gebrochen,  dafs  in  einer  nach  dem  Berliner 
Muster  sich  entwickelnden  Grofsstadt  die  Abfuhr  zu  unerträg¬ 
lichen  Uebelständen  führen  müsse  und  deshalb  die  Schwemm- 
canalisation  allein  imstande  sei,  die  im  gesundheitlichen  Interesse 
zu  stellenden  Forderungen  zu  erfüllen.  So  sei  denn  1885  der  Be- 
schlufs  gefafst  worden,  die  bislang  verfolgte  Bahn  zu  verlassen  und 
nunmehr  die  Einführung  der  Schwemmcanalisation  mit  aller  Macht 
zu  betreiben.  1887  sei  mit  der  Bauausführung  begonnen  worden, 
und  bis  jetzt  seien  30  000  Meter  Leitungen,  darunter  der  Haupt¬ 
sammler,  dessen  unterstes  Ende  eine  Höhe  von  2,30  m  und  eine 
Breite  von  2,70  m  habe,  ausgeführt;  ferner  sei  die  Pumpstation 
vollendet,  das  Druckrohr  nach  dem  Rieselfelde  verlegt,  'und  auf  dem 
Rieselfelde  sei  soviel  Land  hergerichtet  worden,  als  für  die  Unter¬ 
bringung  der  vorhandenen  Abwässer  nöthig  sei.  Der  landespolizeilich 
genehmigte  Entwurf  für  die  Leitungen  und  Anlagen  im  Innern  der 
Stadt  umfasse  723  ha  und  weise  gegen  I6V2  deutsche  Meilen  Leitungen 
auf.  Veranschlagt  sei  er  mit  rd.  7  500  000  Mark,  ausschl.  des  Druck¬ 
rohres  und  des  Rieselfeldes.  Nach  diesem  geschichtlichen  Ueberblicke 
dankte  der  Redner  noch  den  Behörden  und  den  Mitarbeitern  für  ihren 
Beistand  und  sprach  die  Hoffnung  aus,  dafs  das  Andenken  an  den 
6.  Octbr.  1890  für  die  Stadtgemeinde  immer  ein  erfreuliches  sein  möge. 

Hierauf  ergriff  der  Oberbürgermeister  Pritsche  das  Wort,  um 
zunächst  gleichfalls  die  Bedeutung  des  Tages  hervorzuheben  und 
dem  Erbauer  den  Dank  der  Stadt  auszusprechen.  Nachdem  er  dann 
nochmals  die  bereitwillige  und  wohlwollende  Unterstützung  hervor¬ 
gehoben  hatte,  welche  die  verschiedenen  Behörden  dem  Werke  haben 
angedeihen  lassen,  schlofs  er  mit  einem  begeistert  aufgenommenen 
Hoch  auf  den  Kaiser. 

An  die  Feier  schlofs  sich  ein  Festmahl  in  der  Aula  des  Real¬ 
gymnasiums,  zu  welchem  die  Stadtgemeinde  die  Einladungen  er¬ 
lassen  hatte.  — h  — 

Die  A^orarheiteii  zur  Ausführung  des  Kaiser  Wilhelm -Denkmals 
auf  dem  Kyffhäuser  nach  dem  Entwürfe  des  Architekten  Bruno 
Schmitz  (vgl.  S.  284  und  318  d.  J.)  haben  seit  Anfang  dieser 
IVoche  mit  Abstecken  und  Aufräumen  des  Bauplatzes  begonnen. 
Für  eine  am  5.  d.  M.  auf  dem  Kyffhäuserberge  abgehaltene  Ver¬ 
sammlung  des  geschäftsführenden  Ausschusses,  zu  der  sich  neben 


Vertretern  der  Fürstlich  Schwarzburgischen  Regierung  auch  die  künst¬ 
lerischen  Sachverständigen  Ober-Baurath  v.  Leins-Stuttgart  und  Prof. 
Fritz  Wolff-Berlin  eingefunden  hatten,  waren  unter  Leitung  des 
Architekten  die  Gesamtverhältnisse  der  Terrassen  und  Denkmal¬ 
unterbauten  durch  Pfähle,  Fahnengerüste  u.  dgl.  anschaulich  gemacht 
worden.  Die  Betheiligten  überzeugten  sich,  dafs  der  im  Wettbewerbe 
preisgekrönte  Schmitzsche  Entwurf  ohne  nennenswerthe  Abänderungen 
zur  Ausführung  geeignet  ist,  und  dafs  insbesondere  die  Stellung  des 
Standbildes  gegen  Osten,  d.  h.  also  die  Errichtung  des  Denkmales 
in  der  aus  unserer  Abb.  2  auf  Seite  285  ersichtlichen  Weise,  sich 
am  meisten  empfiehlt.  Man  beschlofs  mit  der  Bauausführung  zu  be¬ 
ginnen  und  zunächst  die  100  m  breite  Hauptterrasse,  zu  der  die  Bau¬ 
steine  aus  dem  Berge  gewonnen  werden,  und  mit  der  ein  mächtiger 
Unterbau  für  die  Fernwirkung  der  ganzen  Anlage  gewonnen  wird, 
in  Angriff  zu  nehmen.  Bis  zum  nächsten  Frühjahr  soll  der  Unterbau 
thunlichst  gefördert,  auch  ein  genaues  Thurmgerüst  hergestellt  wer¬ 
den,  um  den  Bildhauern  Gelegenheit  zu  sorgfältigem  Studium  der  bau¬ 
lichen  Verhältnisse  des  Denkmals  an  Ort  und  Stelle  zu  bieten.  Jene 
sollen  also  nicht,  wie  ursprünglich  angenommen  war  (s.  S.  318),  gleich 
jetzt,  sondern  erst  nächstes  Frühjahr  zum  Wettbewerbe  um  das 
Kaiserbild  eingeladen  werden. 

Für  die  nächstjährige  Schiiikelpreishewerhuug  ist  nach  dem  in 
der  letzten  Sitzung  des  Berliner  Architektenvereins  gefafsten  Be¬ 
schlüsse  als  Hochbau- Aufgabe  ein  Volkstheater  nach  Art  des 
Wormser  Festspielhauses  gewählt  worden.  Im  Ingenieurfache  fiel 
die  Wahl  auf  eine  Ausleger-Brücke  von  400  m  Länge  mit  einer 
Mittelöfinung  von  200  m  Spannweite. 

Zwei  Preisausschreiben  für  evangeUsche  Kirchen  enthält  der 
Anzeigentheil  dieser  Nummer.  Das  eine  erläfst  der  Kirchen  vor  stand 
zu  St.  Moritz  in  Zwickau.  Für  250  000  Mark  soll  ein  Gotteshaus 
von  1000  Sitzplätzen  erbaut  werden.  Drei  Preise  von  2400,  1400  und 
800  Mark  sind  ausgeworfen,  Ankauf  weiterer  Entwürfe  zu  je  600  Mark 
wird  in  Aussicht  gestellt.  Dem  Preisgericht  gehören  die  Architekten 
Baurath  Prof.  Lipsius  in  Dresden,  Stadtbaumeister  Möbius  und 
Baurath  Dr.  Mothes  in  Zwickau  und  Geh.  Reg.-Rath  Prof.  Otzen 
in  Berlin  an.  Die  Entwürfe  sind  zum  15.  Februar  1891  einzureichen. 

Ferner  soll  in  Giefsen  eine  zweite  evangelische  Kirche  erbaut 
werden.  Preisrichter  in  diesem  Wettbewerbe  sind  aufser  den  beiden 
Geistlichen  der  Kirche  die  Architekten  Ober-Baurath  Dr.  v.  Leins- 
Stuttgart,  Prof.  K.  Schäfer -Berlin  und  Geh.  Baurath  Prof.  H. 
Wagner- Darmstadt.  Der  erste  Preis  beträgt  2000,  der  zweite  1200 
Mark.  Einlieferungstag  ist  der  15.  März  1891. 

Ein  entsetzliches  Eisenbahnunglück,  bei  welchem  19  Personen 
getödtet  und  27  verletzt  wurden,  ereignete  sich  am  20.  August  d.  J. 
in  den  Vereinigten  Staaten  auf  der  Old  Colony-Bahn  nahe  bei 
Quincy  in  Massachusetts.  In  einem  in  der  Bahnkrümmung  liegenden 
etwa  31/2  m  tiefen  Einschnitte  war  eine  Rotte  von  Bahnarbeitern  mit 
dem  Anheben  des  einen  Geleises  beschäftigt,  als  auf  dem  anderen 
Geleise  ein  Kieszug  mit  solchem  Geräusch  vorbeifuhr,  dafs  das  Heran¬ 
nahen  eines  von  der  entgegengesetzten  Seite  kommenden  Personen- 
Eilzuges  vollständig  überhört  und  infolge  der  Bahnkrümmung  erst 
bemerkt  wurde,  nachdem  dieser  Zug  in  gröfserer  Nähe  der  Arbeiter 
angelangt  war.  Diesen  gelang  es  noch  rechtzeitig,  beiseite  zu 
springen,  doch  unter  Zurücklassung  eines  Wuchtebaumes,  gegen 
welchen  der  Zug  mit  etwa  60  km  Geschwindigkeit  anfuhr.  Die  Ma¬ 
schine  entgleiste  imd  wurde  so  weit  zur  Seite  an  die  Einschnitts¬ 
böschung  geworfen,  dafs  der  Tender  und  die  nächsten  drei  Wagen 
an  ihr  vorbeisausten  und  dann  ebenfalls  entgleisten.  Der  vierte 
Wagen  fuhr  indes  mit  solcher  Gewalt  gegen  die  Maschine,  dafs 
deren  Trittbrett  und  das  eine  hintere  Triebrad  denselben  an  der 
Kopfseite  vollständig  eindrückten.  Bei  der  Gelegenheit  wurde  der 
Abblasehahn  der  Maschine  aus  dem  Kessel  herausgerisseu,  infolge 
dessen  der  siedend  heifse  Dampf  und  das  kochende  Wasser  mit 
voller  Spannung  in  das  Wageninnere  sich  ergossen.  Die  gröfste  Zahl 
der  unglücklichen  Opfer  wurde  auf  gräfsliche  Weise  verbrüht.  Die 
zunächst  befindlichen  wurden  sofort  getödtet,  nur  diejenigen,  welche 
sich  im  hinteren  Wagentheil  befanden,  kamen,  da  sie  Geistesgegen¬ 
wart  genixg  besafsen,  die  Fenster  auf  der  oberen  Seite  des  umge¬ 
stürzten  Wagens  einzuschlagen,  mit  dem  Leben,  aber  nicht  ohne 
schlimme  Brandwunden  davon. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (AVilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eeilaction  des  uichtamtlicbcu  Tüeiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


429 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jalirgang.  Berlin,  18.  October  1890.  Nr.  42. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,7.5  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslände  1,30  Mark 

INHALT:  Amtliches:  Bekanntmachung.  —  Personal  -  Nachrichten.  —  Nichtamt¬ 
liches:  Kirche  in  Atzendorf.  —  Trockenlegung  nasser  Tuunelgewölbe  und  Wider¬ 
lager.  (Schlufs.)  —  Eiuflnfs  der  Fahrgeschwindigkeit  auf  die  Durchbiegung  eiserner 
Brücken.  —  Bodenfeuchtigkeit  imd  Sickerwassermengen.  —  Locomotivpfeifen  für 

starken  und  scliw’achen  Ton.  —  Vermischtes:  Lessing-Donkmal  in  Berlin.  —  Ge¬ 
setzliche  Bestimmungen  über  Dampfkessel.  —  Elektrische  Loconiotiv-Kopflatcrne.  — 
Alfredo  Baccarini  f.  —  Bücher  schau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Bekanntinaclmiig. 

Nach  §  17  der  Vorschriften  über  die  Ausbildung  und  Prüfung 
für  den  Staatsdienst  im  Baufache  haben  die  Meldungen  zur  Vor¬ 
prüfung  im  Laufe  des  Monats  März  oder  des  Monats  Sep¬ 
tember  zu  erfolgen.  Thatsächlich  sind  diese  Meldungen  bisher  zum 
allergröfsten  Theile  kurz  vor  Ablauf  der  genannten  Monate  einge¬ 
reicht  worden.  Infolge  dessen  haben  die  Prüfungen  meistentheils 
nicht  so  zeitig  begonnen  und  zu  Ende  geführt  werden  können,  wie 
es  wünschenswerth  erscheint,  um  die  regelmäfsige  Fortsetzung  der 
Studien  in  den  nächstfolgenden  Monaten  möglichst  wenig  zu  beein¬ 
trächtigen.  Wir  sehen  uns  daher  veranlafst,  zu  bestimmen,  dafs  die¬ 
jenigen  Studirenden,  welche  sich  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  März 
oder  September  melden,  auf  eine  Berücksichtigung  ihrer  Wünsche 
betreffs  des  Zeitpunktes  der  Prüfung  nicht  zu  rechnen  haben.  Ueber- 
haupt  können  diese  Wünsche  nur  so  weit  berücksichtigt  werden,  als 
es  mit  dem  Bestreben  nach  thunlichst  schleuniger  Erledigung  sämt¬ 
licher  Prüfungen  vereinbar  ist. 

Berlin,  den  7.  October  1890. 

Königliches  technisches  Prüfungsamt. 

Oberbeck. 


Personal  -  Nachrichten. 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Eisenbahn  -  Betriebsdirector  a.  D.  Steltzer  in  Kötzschenbroda  bei 
Dresden,  bisher  in  Colmar  i.  E.,  den  Kothen  Adler-Orden  III.  Klasse 
mit  der  Schleife,  den  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectoren  Nitsch- 
mann  und  Königer  in  Halle  a.  S.  und  dem  Land-Bauinspector  Peltz 
ebendaselbst,  sowie  den  nachbenannten  Grofsherzoglich  badischen 
Eisenbahn -Baubeamten,  und  zwar  den  Bahnbauinspectoren  Gockel 
in  Lörrach,  Gebhard  in  Zollhaus  -  Blumberg  und  Kräuter  in 
Stühlingen  den  Kothen  Adler- Orden  IV.  Klasse,  dem  Baiidirector 
V.  Würthenau  in  Karlsruhe  den  Königlichen  Kronen -Orden 
11.  Klasse  und  den  Ober-Ingenieuren  Kern  in  Basel  und  Gernet  in 
Karlsruhe  den  Königlichen  Kronen- Orden  III.  Klasse  zu  verleihen, 
ferner  die  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectoren  Baurath  Sobeczko 
in  Nordhausen  und  Baurath  Arndt  in  Münster  zu  Kegierungs-  und 
Bauräthen  zu  ernennen. 

Es  ist  verliehen:  dem  Kegierungs-  und  Baurath  Bode  in  Magde¬ 


burg  die  Stelle  des  Vorstandes  des  betriebstechnischen  Bureaus  — 
Abtheilung  I  —  der  Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst  und 
dem  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspector  Königer  in  Halle  a.  S. 
die  Stelle  des  Vorstehers  der  zu  dem  Königlichen  Eisenbahn-Betriebs- 
Amte  (Wittenberge-Leipzig)  in  Magdeburg  gehörigen  Bauinspection 
in  Halle  a.  S. 

Der  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  Nitschmann,  bisher 
in  Halle  a.  S.,  ist  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche 
Eisenbahn -Betriebs -Amt  (Wittenberge-Leipzig)  in  Magdeburg  ver¬ 
setzt  worden. 

Der  Königliche  Kegierungs -Baumeister  vom  Hove  in  Harburg 
ist  zum  Eisenbahn -Bauinspector  unter  Verleihung  der  Stelle  eines 
solchen  bei  der  Hauptwerkstätte  daselbst  ernannt  worden. 

Die  bisherigen  Königlichen  Kegierungs  -  Baumeister  Kirstein 
in  Harburg  und  Bachem  in  Elbing  sind  als  Königliche  Kreis-Bau- 
inspectoren  ebendaselbst  angestellt  worden. 

Der  Kreis-Bauinspector  Baurath  Delius  in  Eisleben  ist  mit  der 
Verwaltung  einer  Kegierungs-  und  Bauraths -Stelle  bei  der  König¬ 
lichen  Kegierung  in  Lüneburg  betraut  worden. 

Der  bisherige  technische  Hülfsarbeiter  bei  der  Königlichen  Ke¬ 
gierung,  Bauinspector  Trampe  in  Magdeburg,  ist  als  Kreis -Bau¬ 
inspector  nach  Eisleben  und  der  bisherige  Kreis  -  Bauinspector 
Bastian  in  Merseburg  als  Bauinspector  an  die  Königliche  Kegierung 
in  Magdeburg  versetzt  worden.  lieber  die  Wiederbesetzung  der 
Kreis  -  Bauinspector  -  Stelle  in  Merseburg  ist  bereits  anderweitig 
verfügt. 

Dem  Docenten  an  der  Königlichen  technischen  Hochschule  in 
Hannover,  Ernst  Müller  ist  das  Prädicat  Professor  beigelegt  worden . 

Den  bisherigen  Königlichen  Kegierungs  -  Baumeisteim  Gustav 
Uhlmann  in  Mannheim  und  Adolf  Schiller  in  Köln  ist  die  nach- 
gesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Deutsches  Keich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Vor¬ 
tragenden  Kath  beim  Keichs-Eisenbahnamt,  Geheimen  Kegierungsrath 
Emmerich  zum  Geheimen  Ober-Kegierungsrath  zu  ernennen. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Werk- 
führer  Weller  bei  der  Locomotivwerkstätte  Aalen  zum  ersten  Werk - 
führer  bei  dieser  Werkstätte  zu  befördern. 


[Alle  Beeilte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Beiträge  zur  Kemitnifs  der  evangelischen  Kirchenbaukunst  in  der  Gegenwart. 


8.  Die  Kirche  in  Atzendorf. 

Die  Gemeinde  Atzendorf  bei  Schönebeck  an  der  Elbe  besafs  aus 
dem  Mittelalter  ein  Gottesbaus  scblicbten  Kunstcharakters  mit  420 


Sitzplätzen.  Es  stammte,  nach  einer  älteren,  hier  wiederholten  Zeich¬ 
nung,  wahrscheinlich  aus  dem  Ende  des  13.  oder  dem  Anfänge  des 
14.  Jahrhunderts.  Längst  war  dasselbe  für  die  stark  angewachsene 
Seelenzahl  nicht  mehr  ausreichend,  doch  bedurfte  es  mehrjähriger 
Verhandlungen,  bevor  der  Entschlufs,  die  alte  Kirche  durch  eine 
neue  auf  gleicher  Stelle  zu  ersetzen,  allseitige  Zustimmung  fand. 
Und  zwischen  Entschlufs  und  Ausführung  vergingen  wieder  noch 
einige  Jahre.  Der  Vorentwurf  wurde  im  Juli  1881  aufgestellt,  aber 
die  Ausführung  begann  erst  Ende  October  1887,  und  die  Einweihung 
fand  zwei  Jahre  später,  am  28.  November  1889  statt. 

Mit  Kücksicht  auf  die  Seelenzabl  von  2100  hätten  rund  900  Sitz¬ 
plätze  beschafft  werden  müssen;  da  man  aber  mit  820  auskommenzu 
können  glaubte,  so  wurde  diese  Zahl  zu  Grunde  gelegt.  Bei  der 
Ausführung  sind  sogar  nur  760  Plätze  zur  Aufstellung  gelangt. 

Der  sehr  gut  belegene,  aber  verhältnifsmäfsig  enge  Bauplatz 
nöthigte  zu  einer  starken  Betonung  der  Längsrichtung.  Diese  schein- 


430 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


18.  October  1890. 


bare  Fessel  wurde  ein  Sporn,  da  es  durch  das  Entgegenkommen 
der  Gemeinde  gleichzeitig  möglich  wurde,  von  der  Anlage  von 
Emporen  abzusehen.  So  entstand  eine 
dreischiffige  gewölbte  Hallenkirche  mit 
einem  Langhause  von  18,20  m  Breite 
zu  36  m  Länge.  Im  Osten  schliefst 
sich  ein  ^/s  Polygonchor  nebst  qnerge- 
legter  Sacristei  an,  und  im  Westen  steht 
ein  quadratischer  Thurm  von  7,50  m 
Quadratseite  und  56,50  m  Höhe.  Nur 
eine,  aus  Eichenholz  angefertigte  Empore 
für  die  Orgel  und  den  Sängerchor  ist 
an  der  Westseite  augeordnet.  Das  Lang¬ 
haus  hat  zweitheilige,  der  Chor  ein- 
theilige  Fenster  erhalten,  die  gepaarten 
Klang  -  Arcadeu  des  Thurmes  sind  offen 
geblieben. 

Alle  Umfassungsmauern  bestehen  aus 
Kalkstein  bezw.  aus  Sandstein.  Der  letz¬ 
tere,  aus  Wefenslebeu  stammend,  ist 
zu  Gesimsen,  Abdeckungen,  Mafs werken, 

Arcadensäulen  usw.  verwendet;  aus  dem 
ersteren,  einem  Muschelkalke  von  der 
Atzendorfer  Feldmark,  sind  die  Mauern 
und  Strebepfeiler  als  hammerreclites 
Bruchsteinwerk  hergestellt.  Der  Kosten¬ 
schonung  halber  wurden  die  inneren 
Eundpfeiler  aus  Backsteinen  in  Cement- 
mörtel  errichtet.  Aus  demselben  Materiale 
bestehen  die  spitzbogigen  Arcaden,  Gurte 
und  Kippen  sowie  die  Seitenschiff’sge- 
wölbe,  während  zu  den  hochbusigen 
Gewölben  des  Mittelschiffs  porige 
Ziegel  von  Bitterfeld  beschafft  wurden. 

Alle  Bautheile  erhielten  Schieferbe¬ 
dachung.  Die  Bodenverhältnisse  wa¬ 
ren  im  ganzen  gut;  die  Fundamente 
des  Thurmes,  der  Innenpfeiler  und 
der  Strebepfeiler  sind  so  verbrei¬ 
tert  worden,  dafs  der  Untergrund 
mit  2  kg  auf  1  qcm  belastet  wird. 

Die  Beheizung  erfolgt  durch  vier 
in  Nischen  aufgestellte  eiserne 
Oefen,  die  mit  den  Hohlräumen 
unter  den  Sitzbänken  in  Ver¬ 
bindung  stehen,  sodafs  die  kalte 
Luft  von  unten  abgesaugt  wird 


Grundrifs. 

Kirche  in  Atzendorf. 


hat  zwei  Auffangestangen  erhalten,  die  unter  sich  und  mit  zwei 
Erdplatten  in  Verbindung  stehen.  Drei  neue  Glocken  in  einem 

eisernen  Stuhle  sind  in  dem  obersten, 
offenen  Thurmgeschosse  aufgestellt  worden. 

Die  Opferfreudigkeit  einzelner  Wohl- 
thäter  hat  die  neue  Kirche  in  würdiger 
Weise  bereichert.  Dies  beweisen  die 
figürlichen  Glasmalereien  in  den  drei 
Chorfenstern,  dies  der  marmorne  Altar 
mit  ebensolchem  Hochkreuze,  die  sand¬ 
steinerne  Kanzel  sowie  reiche  Teppiche, 
Behänge  u.  dgl.  Die  27  klingende  Stim¬ 
men  enthaltende  Orgel  —  von  Rühle¬ 
mann  in  Zörbig  —  erhielt  ein  Eichen¬ 
holzgehäuse.  Der  alte  Renaissance -Tauf¬ 
stein  bedurfte  nur  einer  geschickten 
Ausbesserung  im  Obertheile  und  Er¬ 
setzung  seines  schadhaften  Fufses  durch 
einen  neuen,  um  ferner  in  Benutzung  zu 
bleiben.  Die  mafsvolle,  unter  Anwendung 
stilgemäfser  Zierformen  durchgeführte 
Färbung  des  Innern  bewahrt  in  wohl- 
thuender  Weise  den  echt  protestantischen 
Kunstcharakter.  Die  Akustik  ist  bei 
gefüllter  Kirche  sowohl  für  Rede  wde 
für  Gesang  als  gut  zu  bezeichnen,  was 
der  sehr  mäfsigen  lichten  Höhe  in  Ver¬ 
bindung  mit  den  starken  Rippen  und 
hohen  Gewölbebusen  zuzuschreiben  sein 
wird. 

Die  Oberleitung  lag  in  den 
Händen  des  Königl. Bauraths  F  i  e  b  e  1  - 
körn,  die  besondere  Ausführung 
hat  der  Regierungs -Baumeister  Udo 
Richter  mit  hingebender  Liebe 
und  Sorgfalt  bewirkt.  Die  Ermitt¬ 
lung  der  Kosten  ist  noch  nicht 
abgeschlossen;  doch  steht  schon 
jetzt  fest,  dafs  dieselben  nicht 
mehr  als  127  000  Ji  betragen  wer¬ 
den,  wovon  8000  Jl  auf  die  Orgel, 
1000  JC  auf  den  Altar  und  600  Jt 
auf  die  Kanzel  entfallen.  Daher 
hat  das  Quadratmeter  154  M,  das 
Cubikmeter  12,7  M  gekostet,  und 
die  Einheitssumme  für  einen  Sitz¬ 
platz  stellt  sich  unter  Zugrunde- 


A°, 


und  erwärmt  aus  den  Heiznischen  wieder  austritt.  Der  Blitzableiter  I  legung  der  vorgesehenen  Plätzezahl  auf  rund  155,#.  F.  Adler. 


lieber  die  Trockeiüegimg  nasser  Tiiiinelgewölbe  und  Widerlager. 

(Schlufs.) 


Bezüglich  der  Preise  der  Gesamtkosten  und  der  Erfolge  kann 
folgendes  mitgetheilt  werden.  Bei  den  ersten,  in  der  vorbeschriebenen 
Weise  bearbeiteten  Tunneln  wurden  alle  Arbeiten  durch  geeignete, 
im  Tunnelbau  und  womöglich  auch  schon  in  dem  anzuwendenden 
Verfahren  erprobte  und  als  ganz  zuverlässig  bekannte  Unternehmer 
im  Tagelohn  ausgeführt,  weil  ein  Mafsstab  für  Einheitspreise  fehlte. 
Mit  dem  Fortschreiten  der  Arbeiten  liefs  sich  mit  der  Zeit,  wenig¬ 
stens  für  gewisse  Ausführungen,  ein  solcher  Mafsstab  gewinnen,  ins¬ 
besondere  für  das  Bohren  der  Löcher  und  für  das  Ausfugen  der 
Gewölbeflächen.  Die  Arbeit  des  Einspritzens  dagegen  ist  mit  einer 
vereinzelten  Ausnahme  im  Tagelohn  weiter  ausgeführt  worden,  weil 
sich  hier  Einheitspreise  für  ein  Loch  schlechterdings  nicht  feststellen 
lassen,  da  diese  Arbeit  einen  sehr  verschiedenen  Zeitaufwand 
erfordert  und  weil  sich  nach  erfolgtem  Einspritzen  nicht  mehr 
feststellen  läfst,  welche  Löcher  ausgespritzt  und  welche  durch  den 
eingespritzten  Gement  ausgefüllt  worden  sind,  indem  beide  Arten 
gleichmäfsig  durch  Holzstopfen  geschlossen  erscheinen.  In  dem  er¬ 
wähnten  Ausnahmefalle  wurde  der  Versuch  gemacht,  den  Sack  ein¬ 
gespritzten  Gementes  als  Grundlage  der  Einheitsberechnung  zu  wählen. 
Das  Ergebnifs  war  zwar  nicht  ungünstig,  das  Verfahren  erfordert 
aber  naturgemäfs  eine  sehr  sorgfältige  Ueberwachung,  welche  zwar 
auch  bei  der  Tagelohnsarbeit  geboten  erscheint,  dann  aber  auch  bei 
solchen  Arbeiten,  welche  in  hohem  Mafse  ein  gewisses  Vertrauen  in 
die  Tüchtigkeit  und  Zuverlässigkeit  des  Unternehmers  voraussetzen, 
einen  um  so  sicheren  Erfolg  verspricht. 

Durch  die  immer  weiter  ausgedehnten  Arbeiten  bildeten  sich  nach 
und  nach  auch  so  gut  geschulte  Arbeiter  und  Aufseher,  dafs  diese 
um  Uebertragung  der  Arbeit  in  eigener  Unternehmung  baten  und  im 


Wettbewerb  mit  den  bisherigen  Unternehmern  billigere  Einheits-  und 
Tagelohnsätze  stellten,  sodafs  im  allgemeinen  eine  Ermäfsigung 
dieser  ein  trat.  Wenn  trotzdem  eine  Verringerung  der  Gesamtkosten 
für  das  Quadratmeter  trockengelegter  Fläche  nur  vereinzelt  eintrat, 
vielmehr  bisweilen  eine  erhebliche  Vertheuerung  dieser  Gesamtkosten 
nachweisbar  ist,  so  zeigt  diese  Thatsache,  dafs  die  örtlichen  Verhält¬ 
nisse  der  verschiedenen  Tunnel  und  in  diesen  wieder  verschiedener 
Strecken  einen  bei  weitem  überwiegenden  Einflufs  ausüben,  und  dafs 
die  auf  die  Einheit  bezogenen  Gesamtkosten  überhaupt  nicht  für  den 
verhältnifsmäfsig  kurzen  Zeitraum  einer  Jahresarbeit  und  für  eine 
kleine  Tunnelstrecke,  sondern  nur  für  längere  Zeit  und  für  gr-öfsere 
zusammenhängende  Gewölbeflächen,  bei  welchen  die  Arbeit  zum 
Ab  schlufs  gekommen  ist,  ermittelt  werden  dürfen. 

In  vier  Tunneln  der  Eifelbahn  wurden  folgende  Ergebnisse 
erzielt : 

Der  Heinzkyller  Tunnel  durchbricht  stark  zerklüfteten  Bunt¬ 
sandstein  und  gehörte  zu  den  nässesten  der  ganzen  Bahn;  bei 
starkem  Gewitter-  und  anhaltendem  Landregen  strömte  das  Wasser 
an  einzelnen  Stellen  förmlich  von  dem  aus  Sandstein  hergestellten 
Gewölbe  herab.  Die  von  1883  bis  1885  im  Tagelohn  ausgeführte 
Trockenlegung  war  von  durchschlagendem  Erfolge  begleitet; 
die  Kosten  für  die  2028  qm  bearbeiteter  Gewölbefläehe  stellten  sich 
auf  11,74  Mark,  und  der  Gementverbrauch  betrug  73,5  kg  für  ein 
Quadratmeter.  Zu  den  Kosten  ist  hier,  wie  auch  in  den  folgenden 
Angaben,  auch  der  Betrag  für  das  Schlitzebrechen  usw.  einbegriffen; 
dieselben  sind  auf  die  behufs  Trockenlegung  bearbeiteten  Gewölbe¬ 
flächen  bezogen. 

Die  Arbeiten  im  Mettericher  Tunnel  begannen  1882  und  sind 


Nr.  42. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


431 


noch  nicht  ganz  abgeschlossen,  aber  doch  auf  weite  Strecken  als 
vollendet  zu  betrachten.  Bis  zum  Februar  1886  wurde  nur  im  Tage¬ 
lohn  gearbeitet,  dann  nach  Einheitssätzen  von  3,80  Mark  und  3,50 
Mark  für  ein  auszufugendes  Quadratmeter  und  ein  zu  bohrendes 
Loch,  und  diese  Sätze  gingen  schliefslich  auf  3,50  Mark  und  3,25  Mark 
herab.  In  Tagelohnarbeit  waren  4845  qm  zum  Durchschnittspreise 
von  11,62  Mark  für  das  Quadratmeter  bearbeitet,  der  Erfolg  war 
aber  mäfsig.  Mit  der  Gedingearbeit  kamen  noch  1220  qm  dazu,  es 
wurden  aber  auch  viele  der  schon  früher  behandelten  Stellen  nach¬ 
gespritzt,  sodafs  sich  der  durchschnittliche  Gesamtkostenbetrag  auf 
14,93  Mark  und  der  Cementverbrauch  auf  61,5  kg  für  ein  Quadratmeter 
stellte.  Der  aufserordentlich  hohe  Einheitssatz  von  28,08  Mark  für 
1  qm  der  1220  qm  im  Gedinge  behandelten  Flächen  ist  zwar  z.  Th. 
daraus  zu  erklären, 
dafs  in  den  älteren 
Flächen  Nachsprit¬ 
zungen  stattfanden, 
findet  aber  auch  in 
den  schwierigeren  ört¬ 
lichen  Verhältnissen 
seineBegründung,  be¬ 
sonders  in  der  That- 
sache,  dafs  die  im 
Gedinge  bearbeiteten 
Flächen  nicht  so 
nafs  waren,  wie  die 
im  Tagelohn  behan¬ 
delten.  Der  Tunnel 
durchbricht  Eifelkalk 
und  Mergel,  und  das 
Gewölbe,  besonders 
das  später  bearbei¬ 
tete  ,  war  mehrfach 
von  Schlammablage¬ 
rungen  bedeckt.  An 
solchen  Stellen  er¬ 
wiesen  sich  Schlitz¬ 
aufbrüche  sehr  wirk¬ 
sam,  welche  einige 
starke,  immerwährend 
laufende  Quellen  zum 
seitlichen  Abflufs 
brachten.  Im  allge¬ 
meinen  war  der  Tun¬ 
nel  nicht  so  nafs  wie 
der  Heinzkyller  und 
weniger  vom  Tage¬ 
ais  vom  Gebirgs- 
wasser  feucht  gewor¬ 
den.  Der  Erfolg  der 
Arbeiten  ist  ein  be¬ 
friedigender.^ 

Der  Looskyller 
Tunnel  durchbricht 
Bunts  an  dstein  mit  et¬ 
was  erdigen  und  tho- 
nigen  Beimengungen, 
welche  sich  stellen¬ 
weise,  wie  beim  Met¬ 
tericher  Tunnel,  als 
Schlamm  -  Ablagerun  ¬ 
gen  auf  der  Gewölbe¬ 
fläche  zeigten.  Auch  hier  gelang  die  Wasserabführung  an  solchen 
Einspritzungen  wirkungslos  zeigten,  durch 


Gesamtansicht. 
Kirelie  in  Atzendorf. 


Stellen,  wo  sich  die 


Schlitzaufbrüche  bis  zum  Gewölbescheitel,  auch  konnten  Tagewasser 
aufsen  oberirdisch  abgeleitet  werden.  Trotzdem  blieb  noch  an  vielen 
Stellen  in  gröfserer  zusammenhängender  Ausdehnung  das  Ein¬ 
spritzungsverfahren  durchzuführen,  um  den  sowohl  von  Tage-,  wie 
von  Gebirgswassern  nassen  und  stark  tropfenden  Tunnel  trocken  zu 
legen.  Die  Arbeiten  begannen  im  Mai  1886  und  sind  Ende  1889  im 
wesentlichen  abgeschlossen.  Die  auch  hier  festgesetzten  Einheits¬ 
preise  gingen  von  3,80  Mark  und  3,50  Mark  für  das  Ausfugen  eines 
Quadratmeters  und  das  Bohren  eines  Loches  schliefslich  Mitte  1889  auf 
1,50  Mark  und  1,80  Mark  herab.  Die  Gesamtkosten  stellen  sich  auf 
nur  7,46  Mark  und  der  Cementverbrauch  auf  nur  36  kg  f.  1  qm  der 
3893  qm  grofsen  bearbeiteten  und  mit  gutem  Erfolge  trockengelegten 
Flächen. 

Der  Kuckukslay-Tunnel  durchbricht  ähnliches  Gebirge,  wie 
der  Looskyller,  aber  mit  mehr  Thonlagern,  und  zeigt  einige  ausge¬ 
dehnte,  fast  immer  stark  tropfende  Stellen.  Die  Arbeiten  sind  erst  im 
Jahre  1889  begonnen  und  noch  nicht  zum  Abschlufs  gebracht,  das 


Ergebnifs  ist  daher  kein  endgültiges  und  befriedigendes.  Mit  einem 
Kostenaufwand  von  15,77  Mark  f.  1  qm  bespritzter  Fläche  sind  von 
378  qm  bearbeiteter  Fläche  erst  78  qm  trocken  geworden,  trotz  eines 
Cementverbrauches  von  123  kg  auf  1  qm  der  bespritzten  Fläche  und 
von  82  kg  auf  ein  bespritztes  oder  hierbei  ausgefülltes  Bohrloch. 
Während  der  Arbeit  wurden  die  festgesetzten  Einheitspreise  für  die 
bei  den  vorerwähnten  Tunneln  genannten  Arbeiten  von  3,50  Mark 
und  3,25  Mark  auf  2,20  Mark  und  2,25  Mark  herabgesetzt.  Das 
Ergebnifs  bei  diesem  Tunnel  zeigt  recht  deutlich,  dafs  Arbeiten 
kleinen  Umfanges  kein  richtiges  Bild  geben,  und  diese  Erfahrung 
kann  noch  allgemein  dahin  ergänzt  werden,  dafs  das  Ergebnifs  um 
so  besser  wird,  mit  je  bedeutenderen  Mitteln  und  in  je  gröfserem 
Umfange  man  die  Arbeiten  betreibt.  Man  darf  daher  nicht  aus  dem 

etwaigen  Mifserfolge 
im  kleinen  betriebe¬ 
ner  Vei’suche  un¬ 
günstige  und  unrich¬ 
tige  Schlüsse  auf  das 
ganze  Verfahren  zie¬ 
hen,  welches  sich  im 
allgemeinen  bei  grö¬ 
fserem  Arbeitsfeld 
recht  gut  bewährt. 

Dies  hat  sich  z.  B. 
auch  im  Nitteler 
Tunnel  der  Mosel¬ 
bahn  gezeigt ,  der 
Muschelkalk  und 
Sandstein  durchbricht 
und  mit  Sand-  und 
Kalksteinen  ausge¬ 
mauert  ist.  Vom 
Juni  1885  bis  Ende 
1889  sind  hier  mehr¬ 
fach  Ausspritzungs¬ 
arbeiten  an  stark 
nassen  Stellen  vor¬ 
genommen  worden, 
welche  erst  im  Tage¬ 
lohn  ausgeführt,  dann 
aber  nach  Einheits¬ 
preisen  zu  je  2,50 
Mark  f.  1  qm  aus¬ 
gefugter  Fläche  und 
ein  gebohrtes  Loch 
bewirkt  wurden. 
Diese  Preise  ermäfsig- 
ten  sich  mit  der  Zeit 
auf  je  2  Mark,  auch 
wurde  hier  der  schon 
erwähnte  Versuch  mit 
dem  Bezahlen  des  Ein- 
spritzens  nach  dem 
Cementverbrauch  ge¬ 
macht,  indem  für  das 
Einspritzen  eines 
Sackes  Cement  zu 
50  kg  zuerst  2,10  Mark 
und  dann  1,80  Mark 
bezahlt  wurden.  Wäh¬ 
rend  nun  bis  zur  einst¬ 
weiligen  Einstellung 

der  Arbeiten  im  Jahre  1887  ohne  durchschlagenden  Erfolg  für  1  qm 
bespritzter  Fläche  21,29  Mark  Kosten  und  ein  Cementverbrauch  von 
142,5  kg  erwachsen  waren,  ermäfsigten  sich  diese  Sätze  schliefslich 
auf  5,18  Mark  und  34,5  kg,  sodafs  sie  jetzt  nach  Abschlufs  der  Ar¬ 
beiten  durchschnittlich  13,73  Mark  und  58,5  kg  bei  2366  qm  be¬ 
arbeiteter  und  wirklich  trockengelegter  Gesamtfläche  betragen. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  ein  bisher  fast  gänzlich  mifsglückter 
Versuch,  aus  dem  Meulewald  -  Tunnel  der  Moselbahn,  hervor¬ 
gehoben,  welcher  wegen  der  muthmafslichen  Ursachen  des  Mifs- 
erfolges  mittheilenswerth  erscheint.  Der  Tunnel  durchbricht  Bunt¬ 
sandstein  mit  vielen  Thonlagern  und  ist  an  zahlreichen  Stellen 
stark  feucht  mit  langsamem  Tropfenfall.  Die  Einspritzungen  be¬ 
gannen  im  Juli  1887  und  wurden  alle  Jahre  wiederholt. 

Bei  der  zuerst  in  Angriff  genommenen  Stelle  zeigte  sich  gar 
kein  Erfolg,  und  es  stellte  sich  später  heraus,  dafs  die  Gewölbe¬ 
fläche  schon  mit  einer,  allerdings  ganz  unwirksamen  Asphaltschicht 
überzogen  war,  die  ein  erfolgreiches  Eindringen  des  Gementes  in  die 
hinten  offenen  Fugen  verhinderte.  Bei  Versuchen  an  andern,  nach¬ 
weisbar  nicht  mit  Asphalt  belegten  Gewölbestellen  war  zwar  das 


Holzstich  V.  O.  Hbel. 


432 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


18.  Octobev  1800. 


Ergebnifs  ein  etwas  besseres,  aber  doch  immer  noch  selir  ungünstig, 
obgleich  durchsebnittlicli  22,14  Mark  an  Kosten  und  142,5  kg  an 
Cementverbraucli  auf  1  qm  bespritzter  Fläche  sich  ergaben,  wobei 
noch  zu  berücksichtigen  ist,  dafs  die  Fugen  in  der  Leibungsfläclie 
meist  so  dicht  waren,  dafs  ein  Ausfugen  entbehrlich  erschien,  also 
besondere  Kosten  hierfür  nicht  erwuchsen.  Abgesehen  davon,  dafs, 
wie  sieh  leider  zu  spät  zeigte,  der  ausführende  Unternehmer  und 
seine  Arbeiter  wohl  nicht  die  unbedingt  nothwendige  Sachkenntnifs 
in  ausreichendem  Mafse  hesafsoi,  ist  dieser  Mifserfolg  höchst  wahr¬ 
scheinlich  den  starken  Thoneinlagerungen  zuzuschreiben,  welche  vom 
Gebirgswasser  aufgelöst  werden,  die  Gewölbeoberfläche  mit  Schlamm 
überziehen  und  das  MAsser  zwar  immerwährend,  aber  nur  in  ge¬ 
ringen  Einzelmengen,  die  auf  gröfsere  Flächen  gleichmäfsig  vertheilt 
sind,  an  das  Gewölbe  abgeben,  dies  also  nicht  sowohl  nafs  als  gleich¬ 
mäfsig  feucht  machen.  Hier  wird  daher  zunächst  durch  Aufbrüche 
vom  "Widerlager  her  festgestellt  werden  müssen,  ob  bezw.  in  welcher 
Weise  die  Trockenlegung  überhaupt  möglich  ist.  Nach  den  im 
Looskyller  und  Mettericher  Tunnel  mit  solchen  Aufbrüchen  ge¬ 
machten  sehr  guten  Erfahrungen  darf  gehofft  werden,  dafs  schon 
durch  sie  allein,  vermöge  der  durch  sie  erreichten  unmittelbaren 


Wasserabführung  nach  der  Seite  hin,  eine  erhebliche  Besserung  des 
jetzigen  mifslichen  Zustands  eintreten  wird. 

Betrachtet  man  zum  Schlüsse  das  Gesamtergebnifs,  so  zeigt  sich, 
dafs  in  wirklich  nassen  Tunneln,  welche  in  möglichst  reinem  Gesteine 
liegen,  das  Verfahren  des  Cementeinspritzens  mit  den  geringsten 
Mitteln  zum  besten  Erfolge  führt  —  Ileinzkyller  und  Looskyller 
Tunnel  — ;  je  mehr  erdige,  besonders  thonige  Lagen  im  Gebirge  ver¬ 
kommen,  um  so  unsicherer  wird  der  Erfolg,  und  desto  gröfser  werden 
die  Kosten.  An  recht  nassen  Tunnelstellen  ist  meist  die  Gewölbe¬ 
oberfläche  rein,  daher  auch  der  Erfolg  ein  besserer,  als  an  nur 
feuchten  Stellen,  über  welchen  nur  zu  oft  schlammige  Ablagerungen 
stattgefunden  haben. 

Die  Gesamtkosten  sind  zwar  recht  hohe,  aber  bei  sachgemäfser 
und  nicht  zu  beschränkter  Ausführung  werden  sie  meist  von  Erfolg 
gekrönt  sein.  Die  Arbeiten  erfordern  aber  ein  sehr  gut  geschultes, 
zuverlässiges  Personal  und  sind  in  mancher  Hinsicht  Vertrauens¬ 
sache.  Uebertriebene  Sparsamkeit  bei  der  Auswahl  der  Unternehmer 
und  Arbeiter  kann  daher  leicht  zu  theuren  Mifserfolgen  führen. 

Trier,  im  Januar  1890.  Blum. 


Zur  Frage  des  Einflusses  der  Fahrgescliwindigkeit  auf  die  Durchbiegung  eiserner  Brücken 


sind  uns  zwei  Meinungsäufserungen  zugegangen,  die  wir  nachstehend 
beide  wiedergeben,  da  sie  den  Gegenstand  in  etwas  verschiedener 
Weise  behandeln. 

I. 

Zu  den  auf  Seite  317  und  318  d.  J.  des  Centralblattes  der  Bau¬ 
verwaltung  mitgetheilten  Beobachtungen  über  die  Verminderung  der 
Durchbiegung  der  Eisenbahnbrücke  über  die  Dordogne  bei  zu¬ 
nehmender  Fahrgeschwindigkeit  wird  auf  S.  400  eine  Erklärung  zu 
geben  versucht,  die  sich  im  wesentlichen  auf  den  Einflufs  der  durch 
die  bewegten  Lasten  in  der  Fahrtrichtung  ausgeübten  wagerechten 
Kräfte  stützt.  Dafs  derartige  Kräfte  vorhanden  sind  und  auch  einen 
merkbaren  Einflufs  auf  die  Beanspruchung  der  eisernen  Brücken 
(insbesondere  der  Fahrbahnen)  ausüben,  ist  bekannt.  Von  einiger 
Erheblichkeit  werden  diese  Kräfte  aber  ihrer  Gröfse  nach  nur,  wenn 
der  fahrende  Zug  auf  der  Brücke  stark  gebremst  wird.*)  Dieser  Fall 
war  wohl  bei  den  an  der  Dordognebrücke  angestellten  Messungen 
ausgeschlossen;  denn  es  ist  erstens  an  sich  iinwahrscheinlich,  dafs 
man  auf  der  neuen  Brücke  Bremsversuche  vorgenommen  haben  sollte, 
ferner  kommt  aber  auch  in  Betracht,  dafs  in  dem  Berichte  immer 
nur  vom  Einflufs  der  Fahrgeschwindigkeit  und  nicht  von  dem 
Einflüsse  des  Bremsdruckes  die  Rede  ist.  Wird  also  angenommen, 
dafs  der  Belastungszug  mit  gelösten  Bremsen  über  die  Brücke  ge¬ 
fahren  ist,  dann  folgt,  dafs  derselbe  nur  aufserordentlich  kleine 
Wirkungen  in  der  Fahrtrichtung  ausgeübt  haben  kann.  Bezeichnet 
man  den  von  der  Fahrgeschwindigkeit  abhängigen  Theil  des  Wider¬ 
standes  mit  JF,  so  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Professor 
A.  Frank  zu  setzen 

rr=  0,1225  (F1+F2)  v-i 

worin  Fi  und  Fi  die  Widerstandsflächen  für  Locomotive  und  Zug  in 
Quadratmetern,  v  die  Fahrgeschwindigkeit  in  Secundenmetern  bedeutet 
und  JV  in  Kilogramm  erhalten  wird.  Für  einen  aus  drei  Güterzug- 
locomotiven  und  zehn  beladenen,  offenen  Güterwagen  bestehenden 
Belastungszug  ist  z.  B.  nach  Frank  (wenn  die  Widerstandsfläche  der 
zweiten  und  der  dritten  Locomotive  je  gleich  der  eines  hinter  dem 
Tender  laufenden  Gepäckwagens  geschätzt  wird)  Fi-\-  F2  =  8-\-2 . 1,7 
10 .0,4  =  15,4  qm,  womit  bei  einer  Fahrgeschwindigkeit 


von 

10 

20 

30 

40 

50 

Stundenkilometern 

oder 

2,78 

5,56 

8,33 

11,2 

13,9  Secundenmetern 

TV= 

14,6 

58,3 

131 

236 

364 

kg. 

Das  Zuggewicht  würde  etwa  360  t  und  TF  hiernach  höchstens 
ein  Tausendstel  desselben  betragen.  In  diesem  Verhältnifs  würde 
die  Durchbiegung  des  Trägers  vergröfsert  werden,  wenn  aufser  dem 
Zuggewicht  die  Kraft  TV  (in  entsprechender  Vertheilung  auf  die 
einzelnen  Achsen)  senkrecht  nach  unten  wirkte.  Nun  läfst  sich  aber 
leicht  nachweisen,  dafs  bei  allen  gebräuchlichen  Balkenbrücken  wage¬ 
rechte  Kräfte  meist  einen  viel  geringeren  Einflufs  auf  die  Durchbiegung 
ausüben  als  senkrechte.  Damit  folgt  aus  vorstehender  Rechnung, 
dafs  die  durch  Geschwindigkeitsändei’ungen  bewirkten  Aenderungen 
in  der  Gröfse  der  wagerechten  Kräfte  die  Durchbiegung  jedenfalls 
nicht  um  ein  Tausendstel  zu  ändern  vermögen,  dafs  also  die  an 
der  Dordognebrücke  wahrgenommene  Aenderung  um  530  Tausend¬ 
stel  anderen  Ursachen  zugeschrieben  werden  mufs.  Die  Schlufs- 

*■)  S.  z.  B.  Deutsche  Bauzeitung  für  1885  und  1887.  Auf  Seite  358 
des  Jahrganges  1885  ist  der  Schub  eines  mit  30  km  Geschwindigkeit 
fahrenden  und  340  t  schweren  Zuges,  der  durch  Bremsen  auf  lOO  m 
Entfernung  zum  Stehen  gebracht  wird,  zu  12  t  berechnet. 


bemerkung  des  Aufsatzes  auf  Seite  318  d.  Bl.  dürfte  daher  auch  jetzt 
noch  ihre  Gültigkeit  haben.  Dr.  H.  Zimmermann. 

II. 

In  Nr.  38,  S.  400  des  Centralblatts  der  Bauverwaltung  weist 
Herr  Prof.  Kick  zur  Erklärung  für  die  eigenthümlichen  Ergebnisse 
bei  der  Probebelastung  der  Dordognebrücke  bei  Cubzac  (Verminde¬ 
rung  der  Durchbiegung  um  53  pCt.  bei  einer  Erhöhung  der  Fahr¬ 
geschwindigkeit  um  40  pCt.)  auf  die  Einwirkung  des  Horizontalschubs 
hin,  welchen  die  Zugkraft  der  Locomotive  auf  die  Brückenträger 
ausübt.  Wenn  nun  auch  ein  derartiger  Einflufs  unzweifelhaft  wirk¬ 
sam  ist,  so  ist  derselbe  doch  thatsächlich  so  gering,  dafs  er  praktisch 
keine  Bedeutung  besitzt,  wie  folgende  kurze  Betrachtung  zeigt. 

Bezüglich  der  Zugkraft  Z  machen  wir  die  ungünstige  Annahme, 
dafs  sie  ausschliefslich  am  vordersten  Punkte  des  Zuges  wirksam 
sei,  und  dafs  von  der  Gegenwirkung  der  rollenden  Reibung  der 
Wagenräder  abgesehen  werde.  Befindet  sich  nun  die  Fahrbahn  in 
der  Ebene  der  untern  Gurtungen,  so  werden  nur  die  letzteren  durch 
die  Zugkraft  beansprucht  und  zwar  mit  G  =  Z :  F  auf  die  Quadrat¬ 
einheit.  Setzt  mau  den  Querschnitt  constant,  so  entspricht  der  con- 
stanten  Spannung  der  untern  Gurtung  eine  Durchbiegung 

gV^  __  ZP 

”  8Eh  “  8EFh  ’ 

wo  E  =  Elasticitätsmodul,  /  =  Trägerlänge,  h  =  Trägerhöhe,  wenn 
man  für  den  vorliegenden  Zweck  einer  Vergleichung  Einzelträger  der 
Rechnung  zu  Grunde  legt. 

Ist  das  Zugsgewicht  = /)  auf  1  Meter,  die  Widerstandszilfer  =  in, 
so  wird,  wenn  Zuglänge  =  Oeftnungsweite, 

Z  =  IV pl  und  d'i  = 

^  ^  8EFI1 

Bei  der  Probelastung  der  Brücke  von  Cubzac  ragte  der  Zug 
noch  in  die  benachbarte  Oeffnung  hinein,  sodafs  Z  einen  gröfseren 
Werth  annahm.  Näherungsweise  kann  man  für  die  Hauptbrücke  bei 
den  obwaltenden  Verhältnissen  setzen 

Z  =  1,5  ivp  l  und 

Die  Einsenkung  durch  die  Verticallast  beträgt  unter  ähnlichen 
Voraussetzungen 

5  pF  5  p  F 

'  J  ""  192  EFIF^ 

wenn  man  annimmt,  dafs  sich  die  vernachlässigten  Einflüsse  der 
Formänderung  der  Streben  und  der  Belastung  der  anstofsenden  Oetf- 
nung  annähernd  aufheben. 

Das  Verhältnifs  der  beiden  Durchbiegungen  ergiebt  sich  nun  zu 
d'i  :  4  =  ^,2  w  y  =  0,72  für  y  =  ~. 

Die  Widerstandziffer  w  kann  gesetzt  werden 

w  =  0,0021  für  eine  Geschwindigkeit  von  25  km  die  Stunde 

w  =  0,0027  „  „  „  „  35  „  „  „ 

Hiernach  ist  die  der  Zugkraft  entsprechende  Durchbiegung  höch¬ 
stens  =  0,72 . 0,0027  =0,0019  =  rund  V5  pCt.  der  Durchbiegung  unter 
den  verticalen  Lasten;  sie  kommt  somit  für  vorliegende  Frage  nicht 
weiter  in  Betracht. 

Eine  ausreichende  Erklärung  für  die  mitgetheilten  Belastungs- 


Nr.  42. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


4.33 


ergebnisse  kann  meines  Erachtens  nur  in  Mängeln  der  Beobachtung 
gesucht  werden.  Bei  allen  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Belastungs¬ 
versuchen,  mit  Trägern  der  verschiedenartigsten  Systeme  und  Spann¬ 
weiten,  hat  sich  ein  wesentlicher  Unterschied  in  den  Durchbiegungen 
bei  ruhender  und  bei  bewegter  Last  nicht  herausgestellt.  Es  dürfen 


daher  Abweichungen  von  solcher  Gröfse,  wie  sie  für  die  Dordogne- 
brücke  angegeben  sind,  so  lange  als  irrthümlich  bezweifelt  werden, 
bis  sie  durch  erneute  Beobachtungen  unzweifelhaft  ihre  Bestätigung 
gefunden  haben. 

Karlsruhe,  im  October  1890.  Fr.  Engefser. 


Bodenfeuchtigkeit  und  Sickerwassermengen 


Bekanntlich  vermag  man  durch  richtige  Wahl  der  Culturart  eine 
theilweise  Austrocknung  des  Bodens  herbeizuführen  und  besitzt  hier¬ 
mit  ein  nicht  zu  unterschätzendes  Hülfsmittel  für  die  Trockenlegung 
von  Ländereien.  Durch  Auffor¬ 
stungen  zumal  von  Föhrenwäldern 
(Pin.  silv.)  und  geschickte  landwirth- 
schaftliche  Behandlung  sind  unge¬ 
sunde  versumpfte  Gegenden  in  ge¬ 
sündere  culturfähige  Strecken  ver¬ 
wandelt  worden.  Die  Kenntnifs  des 
Einflusses  der  einzelnen  Culturarten 
auf  die  Bodenfeuchtigkeit  und  die 
Durchdringung  der  Sickerwässer  ist 
deshalb  nicht  allein  vom  landwirth- 
schaftlichen  und  hygienischen,  son¬ 
dern  auch  vom  technischen  Stand¬ 
punkte  aus  wichtig.  Hierauf  be¬ 
zügliche  eingehende  Untersuchungen 
sind  nun  in  letzter  Zeit  von  Pro¬ 
fessor  Ebermayer  in  München  an¬ 
gestellt  und  in  Wollnys  „Forschungen 
auf  dem  Gebiete  der  Agricultur- 
physik“  Jahrgang  1889  veröffentlicht 
worden:  „Einflufs  des  Waldes  und 
der  Bestandesdichte  auf  die  Boden¬ 
feuchtigkeit  und  auf  die  Sicker¬ 
wassermengen“.  Dieselben  verdie¬ 
nen,  weil  sie  viele  neue  und  be¬ 
deutsame  Ergebnisse  bieten,  weitere 
Beachtung. 

Der  Versuch  selbst  bestand 
darin,  dafs  1,2  m  tiefe  und  einen 
Flächeninhalt  von  4  qm  besitzende 
Gruben  mit  wasserdichten  aus  einer 
Mischung  von  Kalkkies,  Kalksand 
und  Gement  gebildeten  Seitenwan¬ 
dungen  und  muldenförmiger,  eben¬ 
falls  undurchlässigen  Sohle  herge¬ 
stellt  und  mit  Humusboden  ange¬ 
füllt  würden.  Die  erste  Grube  wurde 
mit  sechsjährigen  Fichten,  die  zweite 
mit  sechsjährigen  Buchen,  die  dritte 
mit  Gras,  die  vierte  mit  Moos  be¬ 
pflanzt,  während  die  fünfte  ohne 
jede  Bedeckung  blieb,  also  kahles 
Feld  darstellte.  Die  Bodenfeuchtig¬ 
keit  in  den  Gruben  wurde  nun  in 
drei  verschiedenen  Tiefen,  und  zwar 
von  5  — 10  cm,  40  cm  und  80  cm, 
mehrmals  im  Monat  innerhalb  zweier 
Jahre  beobachtet,  wobei  sich  folgen¬ 
des  Ergebnifs  herausstellte.  Der  mit 
Moos  bedeckte  Boden  war  der  ver- 
hältnifsmäfsig  feuchteste,  sodann  folg¬ 
ten  der  vegetationslose,  der  mit 
Buchen  und  der  mit  Fichten  be¬ 
stellte  Boden,  während  unter  der 
Grasnarbe  das  Erdreich  am  trocken¬ 
sten  blieb.  Bei  den  Baumpflanzungen 
weisen  nur  die  obersten  Bodenschich¬ 
ten  infolge  der  gehemmten  Luftbewe¬ 
gung  durch  den  Bestandschlufs  und  der  Verhinderung  der  Verdunstung 
durch  die  Streudecke  eine  erhebliche  Feuchtigkeit  auf,  während  schon 
in  der  Tiefe  der  Wurzelregion  eine  gröfsere  Trockenheit  herrscht  als 
beim  unbedeckten  Boden.  Sowohl  im  Wald-  wie  im  Ackerboden 
nimmt  der  Feuchtigkeitsgehalt  nach  dem  Wurzelraume  zu  ab,  wäh¬ 
rend  beim  unbebauten  Lande  das  umgekehrte  Verhältnifs  sich  findet. 
Die  gröfste  Fähigkeit,  das  Wasser  der  oberen  Bodenschichten  in 
sich  aufzunehmen,  wohnt  infolge  der  regen  Wurzelthätigkeit  dem 
Grase  bei.  In  zweiter  Linie  folgt  hierauf  der  Wald,  der  je  nach  der 
Belaubung,  der  Dichtigkeit,  dem  Aufsaugungsvermögen  der  Baumart 
und  der  Dauer  der  Zeit  des  Wachsthums  eine  mehr  oder  weniger 
grofse  Austrocknung  herbeiführt.  Im  mittleren  Alter,  wo  das  Wachs¬ 


thum  der  Bäume  am  stärksten  ist,  entwässern  dieselben  auch  am 
besten,  während  im  Jungholzalter  wegen  des  geringeren  Wachsthums 
und  der  schwächeren  Kronenausbildung  der  Bäume  der  Wasserver¬ 
brauch  nur  klein  ist,  und  in  älteren 
haubaren  Beständen ,  zumal  wenn 
dieselben  schon  theilweise  gelichtet 
sind,  die  Niederschläge  freien  Zu¬ 
tritt  erhalten  und  der  Wassergehalt 
im  tieferen  Wurzelraum  beinahe  den 
des  vegetationslosen  Bodens  erreicht. 

Was  nun  die  weitere  Untersuch¬ 
ung  der  Sickerwässer  betrifft,  so 
wm-de  in  die  Sohle  der  Versuchs¬ 
gruben  ein  Hohr  eingelegt,  welches 
zu  einem  unterirdischen  Mefsbe- 
hälter  führte,  und  das  bis  zur  Gru¬ 
bensohle,  also  1,2  m  tief,  durchge¬ 
drungene  Sickerwasser  gemessen. 
Der  gesamte  Jahresniederschlag  be¬ 
trug  957,95  mm,  das  Sickerwasser 

pCt.  der 
mm  Nieder¬ 
schläge 

67,13  od.  7,0 
49,41  „  5,1 

39,39  ,.  4,1 

29,35  „  3,0 

Hiernach  ergiebt  der  mit  Moos 
bedeckte  Boden  die  gröfste,  der  mit 
Fichten  bestellte  Waldboden  die 
geringste  Sickerwassermenge.  Die 
Versuche  mit  Wiesenboden  konnten 
wegen  eingetretener  Störungen  nicht 
zu  einem  sicheren  Ende  geführt 
werden,  doch  haben  frühere  Beob¬ 
achtungen  bereits  gezeigt,  dafs  Gras¬ 
land  erheblich  weniger  Niederschläge 
versickern  läfst,  als  kahles  Land; 
schwache  Kegen  verdunsten  schon 
an  den  Halmen  der  Gräser  und 
vermögen  gar  nicht  in  den  Boden 
einzudringen.  Beachtenswerth  ist, 
dafs  der  mit  Buchen  bepflanzte 
Boden  mehr  Wasser  in  die  Tiefe 
abgiebt  als  der  Fichtenwaldboden; 
die  Fichten  erhalten  wegen  ihres 
dichten  Bestandes  den  Boden  in 
jeder  Jahreszeit  am  trockensten,  so- 
dafs  an  Beobachtungen  auf  einigen 
forstlichen  Stationen  in  Bayern  der 
Grundwasserstand  in  Fichtenwäldern 
sich  oft  tiefer  ergab  als  im  benach¬ 
barten  Freilande.  Auffallen  mufs 
der  geringe  Procentsatz  der  Sicker¬ 
wässer  in  einem  1,2  m  tiefen  Hu¬ 
mus-Erdreich  im  Vergleich  zu  den 
Niederschlagsmengen,  da  beim  un¬ 
bebauten  Boden  in  trockenen  Jah¬ 
ren  86  pCt.,  im  Durchschnitt  80  pCt.  der  Niederschläge  aufgesogen 
werden.  Bemerkt  sei  hierbei,  dafs  bei  Anfüllung  der  Versuchsgruben 
mit  andern  Bodenarten  als  Humus-Erde  der  Procentsatz  der  Sicker¬ 
wässer  erhebliche  Abweichungen  gegen  die  vorstehenden  Angaben 
aufweisen  dürfte;  so  wird  sich  derselbe  bei  durchlässigem  Sande  usw. 
erheblich  höher  stellen. 

Professor  Ebermayer  kommt  am  Schlufs  seiner  Abhandlung  zu 
dem  für  den  Hydrotechniker  bemerkenswerthen  Ergebnifs,  dafs  Wald¬ 
boden  sich  zwar  günstiger  für  die  Quellenbildung  stellt  als  mit  Gras 
und  Futtergewächsen  bestellter  Boden,  dieselbe  jedoch  weniger 
fördert  als  vegetationsloses  Land.  Mit  dem  Fallen  des  Waldes 
müfste  der  Quellenreichthum  abnehmen,  da  der  Boden  sich  dann  mit 


bei  der  Moosdecke 
beim  vegetations¬ 
losen  Lande  .  .  . 
beim  mit  Buchen  be¬ 
pflanzten  Boden  . 
beim  mit  Fichten  be¬ 
pflanzten  Boden  . 


Kirche  in  Atzendorf. 


434 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


18.  October  1890. 


kleiner  Vegetation  bedecken  würde,  die  mehr  Wasser  aufsaugt  und 
darum  weniger  Niederschläge  versickern  läfst  als  Waldboden. 

Auffallen  mufs  hierbei,  dafs  Ebermayer  den  Waldboden  als 
weniger  günstig  für  die  Qnellenbildung  bezeichnet  als  kahles  Frei¬ 
land.  Dies  kann  nur  für  ebene,  wenig  geneigte  Bodengestaltung 
gelten,  auf  die  sich  auch  die  angeführten  Bodenuntersuchungen  be¬ 
zogen.  In  gebirgigen  Gegenden,  in  denen  vorwiegend  die  Quellen¬ 
bildung  stattfindet,  sind  die  Verhältnisse  andere:  Auf  den  geneigten 
kahlen  Bergabhängeu  fliefsen  die  Niederschläge  schnell  und  ohne  zur 


Versickerung  zu  gelangen  ins  Thal  hinab,  und  nach  ihrem  Abfiufs 
bewirkt  die  Sonnenstrahlung  eine  baldige  Austrocknung  der  Gehänge. 
Sind  die  Bergabhänge  dagegen  mit  Wald  bedeckt,  so  zerstäuben  die 
Niederschläge  in  den  Kronen  der  Bäume  und  gelangen  fein  vertheilt 
auf  den  dichten  und  moosbedeckten  Waldboden,  der  sie  wie  ein 
Schwamm  aufsaugt,  bei  der  geringen  Verdunstung  länger  aufbewahrt 
und  nur  allmählich  in  die  Tiefe  als  Quellwasser  abgiebt.  Waldiges 
Gebirge  wird  deshalb  stets  quellenreicher  sein  wie  unbebautes  kahles 
Bergland.  W.  P. 


Locoinotivpfeifen  für  starken  und  schwachen  Ton. 


Der  im  März  d.  J.  ergangene  Ministerial-Erlafs  über  die  Loco- 
motivpfeifen  bringt  die  Frage,  wie  dieselben  am  zweckmäfsigsten 
einzurichten  sind  aufs  neue  zur  Besprechung,  wozu  die  folgenden 
Zeilen  einen  Beitrag  liefern  mögen. 

Nach  dem  Erlafs  ist  eine  weitere  Einschränkung  der  vorgesehenen 
Signale  der  Betriebssicherheit  wegen  nicht  mehr  angängig.  Um 
jedoch  die  Belästigung  der  Anwohner  und  Eeisenden  so  weit  als 
möglich  zu  vermindern,  wird  in  allgemeinen  Umrissen  Gebrauch  und 
Einrichtung  der  Dampfpfeifen  für  drei  Locomotivgruppen  vorge¬ 
schrieben  mit  dem  Anheim¬ 
stellen,  die  Locomotiven  dieser 
Gruppen  nach  Art  der  von  ihnen 
beförderten  Züge  entweder  mit 
zwei  Pfeifen  für  verschieden 
starke  Töne,  oder  nur  mit 
einer  Pfeife  für  zwei  solche 
Töne  auszurüsten.*) 

Beide  Einrichtungen  werden 
vielfach  verwendet:  an  den  mei¬ 
sten  Locomotiven  begnügt  man 
sich  jedoch  der  Einfachheit 
wegen  mit  nur  einer  Pfeife. 

Die  Verwendung  zweier  Pfeifen 
ist,  namentlich  in  England, 
wegen  mangelnder  Benutzung 
meist  wieder  aufgegeben.  Eine 
zweite  Pfeife  erscheint  als 
keine  Nothwendigkeit;  bevor 
man  zu  einer  solchen  greift, 
wird  man  erst  alle  Mittel  er¬ 
schöpfen,  um  das  Verlangte  mit 
nur  einer  Pfeife  zu  erzielen. 

Ebenso  wird  man  derartige  Ein¬ 
richtungen,  soweit  sie  sich  bis¬ 
her  bewährt  haben,  thunlichst 
beizubehalten  suchen.  Es  sollen  Schnitte  tc — r.  Abb.  3. 

daher  die  Locomotivpfeife  und  Abb.  1. 

ihr  Gestänge,  wie  dieselben  etwa 

nach  den  Normalien  ausgebildet  worden  sind,  einer  kurzen  Betrachtung 
unterworfen  werden. 

Will  man  für  obigen  Zweck  mit  nur  einer  Pfeife  auskommen, 
so  mufs  man  mit  derselben  den  kräftigen  wie  den  schwachen  Ton  in 
gleicher  Güte,  auch  bei  verschieden  hohem  Dampfdruck,  hervor¬ 
bringen  können.  Die  Pfeife  ist  deshalb  in  denjenigen  Theilen,  welche 
für  die  Erzeugung  eines  brauchbaren  schwachen  wie  starken  Tones 
hauptsächlich  in  Frage  kommen,  entsprechend  auszubilden.  Letzteres 
verursacht  für  den  starken  Ton  keine  Schwierigkeit,  schwache  Töne 
erfordern  jedoch  grofse  Sorgfalt  in  der  Ausführung  der  betreffenden 
Pfeifentheile;  die  schwachen  Töne  sind  deswegen  bisher  auch  selten 
zufriedenstellend  ausgefallen. 

An  dem  Tone  selbst  unterscheidet  man  seine  Höhe  und  seine 
Stärke.  Die  Tonhöhe  wird  wie  bekannt  durch  die  Form  der 
Pfeifenglocke  bestimmt,  höherer  Dampfdruck  steigert  die  Höhe  des 
Tones  nur  unerheblich.  Ueberschreitet  der  Ton  eine  gewisse  Höhe, 


Schnitte  x — y. 


*)  An  der  kürzlich  in  Glasers  „Annalen“  veröffentlichten  Ein¬ 
richtung  mit  zwei  Pfeifen  ist  die  seit  1853  bekannte,  aber  bald  ver¬ 
lassene  Doppelbewegung  des  Pfeifenhandhebels  nach  links  und  rechts 
wieder  benirtzt.  Die  Handbewegung  für  den  oft  benutzten  schwachen 
Ton  wird  sich  der  Führer  bald  angewöhnen,  nicht  so  die  seltene  für 
den  starken  Ton.  Der  Hinweis  auf  den  Eegulatorhebel  trifft  hierbei 
nicht  zu,  weil  dessen  Bewegungen  nach  links  und  rechts  stets  mit 
einander  abwechseln.  Die  Pfeife  mit  dem  starken  Ton  darf  der 
Locomotivführer  zur  Probe  auch  nicht  beliebig  ertönen  lassen,  um 
nicht  Belästigungen  herbeizuführen;  dieselbe  wird  daher  leicht  un¬ 
brauchbar  werden.  Eine  Pfeife  mit  zwei  verschieden  starken  Tönen 
unterliegt  dagegen  durch  den  dauernden  Gebrauch  selbst  auch  nur 
eines  Tones  der  steten  Prüfung,  ähnlich  wie  die  Luftpumpe  für  die 
Carpenterbremse,  durch  stetes  Arbeiten. 


so  wird  er  für  das  Ohr  verletzend,  wie  man  es  z.  B.  an  vielen  Pfeifen 
der  Locomotiven  der  Berliner  Stadtbahn  beobachten  kann:  die  ge¬ 
eignete  Tonhöhe  wird  dort  oft  überschritten,  die  Pfeifen  ertönen  mit 
einem  höchst  unangenehmen  „Kickser“.  Da  man  aber  die  Form  der 
Pfeifenglocke  ganz  nach  Belieben  ausbilden  kann,  so  hat  man 
es  in  der  Hand,  j ede  gewünschte  und  geeignete  Tonhöhe  fest¬ 
zulegen.  Mit  Eücksicht  auf  den  schwachen  Ton  empfiehlt  es  sich 
aufserdem,  den  Eand  der  Glocke  scharf  und  sie  selbst  dünn¬ 
wandig  auszuführen;  die  Glocke  spricht  dann  für  schwachen  Ton 

viel  leichter  an,  ohne  dafs  der 
kräftige  Ton  dadurch  benach- 
theiligt  wird. 

Die  Tonstärke  wird  durch 
den  Druck  bedingt,  mit  wel¬ 
chem  der  Dampf  den  Eand  der 
Pfeifenglocke  trifft.  Dieser 
Druck  ist  naturgemäfs  viel  ge¬ 
ringer  als  der  im  Kessel  der 
Locomotive,  weil  der  Dampf 
auf  dem  Wege  durch  das  Pfeifen¬ 
rohr  bis  zur  Glocke  sich  er¬ 
heblich  ausdehnt.  Diese  Aus¬ 
dehnung  des  Dampfes,  nachdem 
er  das  Pfeifenventil  v  (Abb.  1) 
verlassen  hat,  hängt  ab  von 
der  Ventilöffnung,  von  der  Zahl, 
Weite  und  gleichmäfsigen  Ver- 
theilung  der  Löcher  l  (Schnitte 
a?— y),  hauptsächlich  aber  von 
der  Weite  s  des  ringförmigen 
Spaltes ,  durch  welchen  der 
Dampf  zur  Glocke  tritt,  und 
von  der  Entfernung  h  derselben 
von  diesem  Spalt.  Auch  diese 
Verhältnisse  können  für  starken 
und  schwachen  Ton  in  gewissen 
Grenzen  noch  beliebig  gewählt 
werden. 

Will  man  die  Pfeife  für  den  schwachen  Ton  benutzen,  so  läfst 
man  nur  wenig  Dampf  durch  ihr  Ventil  gehen;  diese  geringe  Dampf¬ 
menge  bestreicht  dann  nach  ihrer  Ausdehnung  die  Glocke  mit  ver- 
hältnifsmäfsig  geringem  Druck.  Zum  Durchlafs  für  diese  geringe 
Dampfmenge,  benutzt  man  den  cylindrischen  Ansatz  c  der  Ventil¬ 
stange  über  der  Kegelfiäche  des  Ventils  v.  Nimmt  man  den  Durch¬ 
messer  dieses  cylindrischen  Ansatzes  etwas  geringer  als  den  Durch¬ 
messer  des  Pfeifenrohres  an  dieser  Stelle,  oder  schneidet  man  von 
dem  Ansatz  c  bei  sonst  dampfdichtem  Abschlufs  im  Pfeifenrohr  ein 
kleines  Segment  ab,  oder  versieht  man  ihn  mit  kleinen  halbrunden 
Nuthen,  wie  die  Schnitte  iv  —  z  (Abb.  1)  zeigen,  so  schlüpft  durch 
diese  kleinen  Nebenöff’nungen  genügend  Dampf  zur  Erzeugung  des 
schwaches  Tones,  wenn  das  Ventil  v  nur  mäfsig  geöffnet  wird.  Für 
gleichmäfsigen  Dampfdurchflufs  und  Vertheilung  im  Pfeifenrohr  ist 
die  feine  ringförmige  Oeftnnng  die  beste;  die  segmentförmige  lang¬ 
gezogene  und  einseitig  angebrachte  die  schlechteste,  der  mit  ihr 
erzeugte  schwache  Ton  wird  leicht  rauh  und  unklar.  Einen  guten 
Dampfdurchlafs  und  klaren  Ton  geben  die  kleinen  halbrunden  Schlitze, 
welche  ebenso  wie  die  Löcher  /,  gleichmäfsig  am  Umfang  vertheilt 
werden  müssen.  Zwei  solcher  Schlitze  von  2  —  3  mm  Durchmesser 
genügen  bereits  für  obigen  Zweck. 

Nach  dieser  Darlegung  bleibt  noch  übrig,  den  Pfeifenzug  (das 
Gestänge)  zum  bequemen  Geben  des  starken  und  schwachen  Tones 
einzurichten.  Eine  solche  Einrichtung  ist  in  Abb.  2  und  3  durch  ein¬ 
fache  Linien  dar  gestellt;  dieselbe  weicht  von  der  sonst  üblichen 
Ausführung  kaum  ab,  alle  bekannten  Theile  findet  man  an  ihr  wieder. 
Auf  der  Hebelwelle  o  sind  die  Hebel  für  die  Zugleine  und  für  die 
Zugstangen  nach  dem  oberen  Pfeifenhebel  und  der  Handhebelwelle  A' 
angebracht;  alsdann  noch  der  Hebel  o  a  an  dem  die  Spiralfeder  F 
angreift,  um  den  Pfeifenzug  nach  jedesmaligem  Gebrauch  in  die 


ir.  42. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


435 


Kulielage  zurückzuführen.  Das  Seliliefsen  des  Pfeifenventils  bewirkt 
eine  besondere  kleine  Spiralfeder  im  Kopf  des  Pfeifenrohrs. 

Abweichend  von  der  sonst  üblichen  Befestigung,  ist  der  Feder¬ 
hebel  o  a  so  auf  die  Welle  o  gesetzt,  dafs  er  in  der  Ruhelage  des 
Gestänges  nach  dem  Auf  hängepunkt  p  der  Feder  zeigt.  Bringt 
man  den  Handhebel  in  die  Stellungen  B,  C  und  2>,  so  nehmen 
die  anderen  Hebel  die  Lagen  2,  3,  4,  der  Federhebel  die  Stellungen 
ob,  o  c  und  o  d  ein.  Die  Feder  F  streckt  sich  dabei  um  die  Mafse  i, 
k  und  t,  diesen  entsprechend  steigt  auch  der  Widerstand  der  Feder. 
Nach  letzterem  wird  also  das  Gestänge  für  den  schwachen 
Ton  sehr  leicht,  für  den  starken  Ton  nur  mit  gröfserer 
Kraftanwendung  zu  bewegen  sein.  Dieser  steigende  Wider¬ 
stand  der  Feder,  warnt  aufserdem  den  Locomotivführer 
jedesmal  vor  Ueberschreitung  der  Grenze  zwischen  dem 
schwachen  und  starken  Ton.  Die  Feder  F kann  ohne  Schwierigkeit 
die  geeignete  Form  und  Stärke  erhalten,  um  diesen  nützlichen  Wider¬ 
stand  für  die  jedesmalige  Warnung  des  Führers  sicher  zu  erzielen.*) 


*)  Sollte  dieser  Widerstand  der  Gestängefeder  die  Locomo- 


Die  Pfeife  giebt  den  schwachen  Ton,  wenn  der  Handhebel  die 
Lagen  von  EB  bis  EC  einnimmt;  erst  von  der  Lage  EC  ab  er¬ 
scheint  der  starke  Ton,  indem  sich  das  Pfeifenventil  dabei  ganz 
öffnet.  Damit  der  Führer  einen  gewissen  Spielraum  für  seine 
Handbewegung  beim  Geben  des  schwachen  Tones  erhält,  hat  man 
den  Winkel  B  E  C  nur  grofs  genug  zu  machen.  Dieser  Winkel 
hängt  aber  ab  von  der  Höhe  des  cylindrischen  Ansatzes  c  über  dem 
Pfeifen  Ventil,  man  wird  diesen  Ansatz  also  nicht  zu  niedrig  annehmen 
dürfen.  Alle  vorstehend  berührten  Verhältnisse  an  Pfeife 
und  Gestänge  können  beliebig  verändert  und  festgelegt 
werden;  ihre  Wahl  läfst  sich  leicht  so  treffen,  dafs  den 
gestell  ten  Anforderungen  auch  mit  nur  einer  Pfeife  ent¬ 
sprochen  werden  kann.  M _ 

tivführer  doch  nicht  abhalten  Ueberschreitungen  zu  begehen,  so 
könnte  man  an  dem  Gestänge  noch  eine  Vorrichtung  (Schalt-  und 
Schreibwerk)  anbringen,  welche  jede  Ueberschreitung  der  Grenze  E  C 
(Abb.  3)  aufschreibt,  ähnlich  wie  es  bei  Drucküberschreitung  an 
den  Dampfkesseln  oder  durch  die  Radtaster  auf  Gefällstrecken 
geschieht. 


Vermischtes. 


Das  Denkmal  GottboM  Ephraim  Lessings  in  Berlin  ist  am  Vor¬ 
mittage  des  14.  Octoher  in  Gegenwart  Sr.  Kgl.  Hoheit  des  Prinzen 
Leopold,  als  Stellvertreter  Sr.  Majestät  des  Kaisers,  feierlich  enthüllt 
worden.  Ein  seltsames  Walten  des  Geschickes  hat  gefügt,  dafs  ein 
Urgrofsneffe  unseres  grofsen  Denkers  und  Dichters  der  Schöpfer  des 
Standbildes  geworden  ist.  Professor  Otto  Lessing,  dessen  decoratives 
Talent  schon  so  viele  Proben  abgelegt  und  sich  besonders  bei  der 
äufseren  und  inneren  Ausgestaltung  zahlreicher  Schöpfungen  unserer 
Architekten  in  anerkennenswerthester  Weise  bewährt  hat,  ging  im 
Jahre  1887  aus  dem  Wettbewerb  um  die  Ausführung  jenes  Denkmals 
unter  den  zahlreich  auf  dem  Plan  erschienenen  Meistern  mit  seinem 
Entwurf  als  Sieger  hervor.  Das  damals  in  der  Skizze  Vorgeführte 
steht  nunmehr  im  grofsen  vollendet  da  —  ein  Denkmal,  welches  in 
erheblichem  Gegensätze  zu  unseren  neueren  Monumenten  insofern 
steht,  als  bei  ihm  eine  reichere  barock-decorative  Wirkung  des  Sockels 
sowohl  nach  der  formalen,  wie  nach  der  farbigen  Seite  angestrebt 
wurde. 

Am  Saume  des  Thiergartens  an  der  Lenne-Strafse,  unfern  der 
Stelle,  wo  Goethes  Marmorbild  emporragt,  hat  im  Kranze  alter  Bäume 
das  neue  Werk  seinen  Standort  erhalten.  Innerhalb  eines  vortrefflich 
geschmiedeten,  in  gefälligen  Rococoformen  gehaltenen  und  stellen¬ 
weise  vergoldeten  Gitters,  dessen  Mittelfelder  abwechselnd  das 
.doppelte  L  und  die  drei  Ringe  aus  der  Parabel  des  Nathan  ent¬ 
halten,  erhebt  sich  auf  achtseitigem  Unterbau  von  drei  geschliffenen 
grauen  schwedischen  Granitstufen  der  mit  zwei  weiteren  Stufen  be¬ 
ginnende  polirte  rotbe  schwedische  Granitsockel,  an  den  breit  ab¬ 
gestumpften  Ecken  mit  gefällig  geschwungenen  Consolen  versehen, 
welche  oben  die  Abschlufsplatte  stützen.  Auf  einer  Plinthe  stehend 
ragt  über  diesem  4  m  hohen  Sockel  die  in  weifsem  carrarischen 
Marmor  gemeifselte,  3  m  hohe  Figur  Lessings  empor.  Wie  die  für 
Braunschweig  von  Rietschel  geschaffene  Gestalt,  ist  auch  diese  schlicht 
und  recht,  ohne  malerisch  drapirte  Toga,  in  der  Tracht  ihrer  Zeit, 
mit  Kniehosen,  langschöfsiger  Weste  und  Jabots,  vorn  offenem  Rock 
und  wohl  frisirtem  und  gepudertem  Haupthaar  dargestellt.  Fest  und 
energisch,  wie  zum  siegreichen  Vorwärtsschreiten  bereit,  steht  der 
Vorkämpfer  für  Toleranz  da,  die  Rechte  leicht  an  die  Hüfte  gelehnt 
und  in  der  gesenkten  Linken  ein  Buch  haltend.  In  den  Zügen,  die 
nach  Graffs  Bildnifs  geformt  sind,  prägt  sich  die  geistige  Bedeutung 
des  Helden  in  Verbindung  mit  einem  feinen  Anfluge  von  Sarkasmus 
vortrefflich  aus.  Hinter  der  Figur  ist  über  ein  niedriges  Postament 
ein  Mantel  geworfen,  der  in  reichem  Faltenspiel  nach  rechts  über 
die  Plinthe  auf  den  rothen  Granit  des  Sockels  fällt.  Der  letztere  hat 
reichen  Schmuck  erhalten.  Auf  jeder  Seite  hebt  sich  kräftig  von  dem 
Roth  des  Granits  ein  schön  umrahmtes  Rococo-Schild  in  leuchtender 
Vergoldung  ab.  Das  vorderste  trägt  die  Inschrift;  „Gotthold  Ephraim 
Lessing“,*  während  das  rückwärts  befindliche  das  Bildnifs  Nicolais,  und 
die  beiden  seitlichen,  unter  welchen  schwach  patinirte  Bronce-Delphine 
Wasser  in  kleine  Becken  speien,  jene  Moses  Mendelssohns  und 
Kleists  in  meisterlichem  Flachrelief  aufweisen.  Ein  schöner  figür¬ 
licher  Schmuck  tritt  als  wesentlichste  Zierde  des  Sockels  noch  hinzu: 
Vorn  lagert  in  malerischer  Stellung  auf  den  rothen  Granitstufen  und 
das  Haupt  zu  Lessiög  begeistert  emporgewendet  der  Genius  der 
Humanität,  eine  jugendliche,  geflügelte  Gestalt  in  Bronce,  die  Rechte 
mit  der  flammenden  Schale  hinanreichend,  in  der  Linken  einen 
Oelzweig  als  Sinnbild  des  Friedens  haltend  und  sich  stützend  auf 
eine  Tafel,  welche  die  Schlufsverse  aus  Nathans  Erzählung  von 
den  drei  Ringen  in  erhabener  Schrift  daxbietet.  Hinten,  vor  dem 
Bildnifs  Nicolais,  ruht  in  bezeichnender  Geberde  eine  zweite  Bronce- 


gestalt,  der  Genius  der  Kritik,  mit  der  Rechten  die  Geifsel  schwin¬ 
gend,  neben  sieb  die  Eule,  und  mit  der  Linken  das  dem  Gegner 
entrissene  Löwenfell  haltend.  Beide  Gestalten  sind,  was  ihre  warme 
Wirkung  wesentlich  erhöht,  unter  Verwendung  des  Wachsausschmelz¬ 
verfahrens  gegossen  worden  und  haben  demnach  keine  Ciselirung 
erfahren. 

In  seiner  ganzen  Wirkung  genommen,  wird  man  dem  in  seiner 
Hauptfigur  vorzüglich  charakterisirten  Denkmal  trotz  des  bei  ihm 
entfalteten  decorativen  Reichtbums  und  trotz  seiner  ausgezeichnet 
abgewogenen  Verhältnisse  doch  nicht  so  unbedingt  Beifall  spenden 
können,  denn  das  Standbild  in  seinem  Marmorweifs  steht  auf  dem 
rothen  Granitsockel  als  ein  zu  schroffer  farbiger  Gegensatz  da; 
eine  farbige  Harmonie  ist  nicht  erreicht,  das  Obere  und  das  Untere 
des  Denkmals  gehen  keine  coloristiscbe  Verbindung  ein,  weil,  wenn 
man  so  sagen  darf,  die  Mitteltöne  fehlen.  Demgegenüber  entstrahlt 
den  ganz  im  klassischen  Weifs  des  carrarischen  Marmors  gehaltenen 
Denkmälern  Goethes  und  Schillers  eine  vornehme  Harmonie,  ein 
eigenthümlicher,  fleckenloser  Adel,  welcher  die  Hoheit  der  Gestalten 
wunderbar  steigert. 

Zum  Schlufs  sei  derjenigen  noch  gedacht,  welche  an  der  Aus¬ 
führung  des  Denkmals  mitgewirkt  haben.  Die  Uebertragung  des 
Standbildes  in  Marmor  rührt  vom  Bildhauer  Bauch  her,  der  Bronce- 
gufs  der  unteren  Figuren  und  der  Portraitreliefs  von  der  Actien- 
gesellschaft  für  Bildgiefserei,  vormals  H.  Gladenbeck  u.  Sohn,  die 
Granitarbeit  von  M.  L.  Schleicher  und  die  schmiedeeisernen  Gitter 
von  P.  Marcus,  Als  betbeiligt  bei  der  Ausarbeitung  der  architek¬ 
tonischen  Theile  ist  noch  zu  erwähnen  der  Baudirector  Rettig,  und 
bei  der  Anlage  bezw.  Herrichtung  des  Aufstellungsplatzes  und  der 
Umgebung  desselben  der  Thiergarteninspector  Geitner.  G.  B. 

Neue  Bestimmungen  über  die  Anlegung  sowie  die  Genehmigung, 
Prüfung  und  Revision  der  Dampfkessel  sind  durch  Bekanntmachung 
des  Herrn  Reichskanzlers  vom  5.  August  d.  J.  auf  Grund  des  Bundes¬ 
rathsbeschlusses  vom  3.  Juli  d.  J.  erlassen  worden.  Von  den  früheren 
Vorschriften  weichen  dieselben  insbesondere  in  folgenden  Punkten  ab. 

Jeder  Dampfkessel  mufs  mit  einem  metallenen  Schilde  (Fabrik- 
scbilde)  versehen  werden,  welches  die  Angaben  über  Herkunft  und 
Dampfspannung  enthält,  auch  nach  der  Ummantelung  oder  Ein¬ 
mauerung  sichtbar  bleiben  mufs  und  dessen  Kupferniete  gelegentlich 
der  Wasser druckprüfung  durch  den  Beamten  oder  staatlich  ermäch¬ 
tigten  Sachverständigen  abgestempelt  werden.  Der  Stempel  ist  in 
der  über  die  Prüfung  aufzunebmenden  Verhandlung  (Prüfungs- 
zeugnifs)  zum  Abdruck  zu  bringen.  Einer  Wiederholung  der  Prüfung 
bei  dem  Uebergange  des  Kessels  in  einen  anderen  Bundesstaat  be¬ 
darf  es  nicht. 

Dampfkessel,  welche  unter  Räumen,  in  denen  Menschen  sich 
aufzuhalten  pflegen,  aufgestellt  werden  sollen,  dürfen  für  nicht  mehr 
als  sechs  Atmosphären  Ueberdruck  bestimmt  sein,  und  es  darf  das 
Product  aus  der  feuerberührten  Fläche  in  Quadratmetern  und  der 
Dampfspannung  in  Atmosphären  Ueberdruck  nicht  mehr  als  dreifsig 
betragen;  bisher  waren  nur  vier  Atmosphären  und  ein  Product  von 
zwanzig  gestattet,  sodafs  dem  Bedürfnifs  des  Kleingewerbes  nach 
billiger  Betriebskraft  Rechnung  getragen  worden  ist.  Dampfkessel, 
welche  aus  Siederöhren  von  weniger  als  10  cm  Weite  bestehen, 
unterliegen  diesen  Bestimmungen  nicht. 

Bewegliche  Dampfkessel  (Locomobilen)  sind  mit  Rücksicht 
darauf,  dafs  sie  eine  gröfsere  Gefahr  als  feststehende  Kessel  bieten, 
künftig  alljährlich  einer  äufseren  Revision  und  alle  3  Jahre  einer 
inneren  Revision  oder  Wasserdruckprobe  zu  unterwerfen.  Diese 


436 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


18.  Oetober  1890. 


Wasserdruckprobe  erfolgt  bei  Kesseln,  welche  für  eine  Dampfspannung 
von  nicht  mehr  als  10  Atmosphären  Ueberdruck  bestimmt  sind,  mit 
dem  Ib'ifachen  Betrage  des  genehmigten  Ueberdruckes,  bei  allen 
übrigen  Kesseln  mit  einem  Drucke,  welcher  den  genehmigten  Ueber¬ 
druck  um  5  Atmosphären  übersteigt.  Die  Genehmigungsurkunde, 
welche  die  Angaben  des  Fabrikschildes,  das  Prüfungszeugnifs  und 
den  Vermerk  über  die  zulässige  Belastung  der  Sicherheitsventile 
enthalten  mufs,  und  das  Revisionsbuch  sind  an  der  Betriebsstelle 
aufzubewahren.  Als  bewegliche  Dampfkessel  dürfen  nur  solche 
Dampfentwickler  betrieben  werden,  zu  deren  Aufstellung  und  In¬ 
betriebnahme  die  Herstellung  von  Mauerwerk,  welches  den  Kessel 
umgiebt,  nicht  erforderlich  ist. 

Jeder  Dampfschiffskessel  ist  mindestens  alljährlich  einer 
äufseren  Revision  und  alle  zwei  Jahre  einer  inneren  Revision  oder 
Wasserdruckprobe  zu  unterziehen;  für  die  letztere  gelten  dieselben 
Bestimmungen  wie  für  bewegliche  Kessel. 

Durch  die  neuen,  für  alle  Bundesstaaten  des  Deutschen  Reiches 
geltenden  Bestimmungen  ist  die  volle  Freizügigkeit  der  Dampfkessel 
hergestellt  worden.  Garbe. 

Eine  elektrische  Locoinotiv  ■  Kopflaterne  ist  neuerlich  bei 
einem  Zuge  der  nordamericanischen  Columbus-,  Hockingthal-  und 
Toledo -Bahn  versuchsweise  angewendet  worden.  Die  Laterne  hatte 
5000  Kerzenstärken  und  wurde  von  einer  kleinen,  oben  auf  dem 
Kessel  hinter  der  Laterne  angebrachten,  mit  Locomotivdampf  ver- 
soi-gten  Antriebsmaschine  gespeist.  Die  Beschaffungskosten  der 
Einrichtung  betrugen  1100  Mark.  Nach  dem  von  den  Engineering 
Eews  als  sehr  zufriedenstellend  bezeichneten  Versuchsergebnissen 
konnte  man  Gegenstände  in  1500  m  Entfernung  noch  deutlich  unter¬ 
scheiden. 

Alfretlo  Baccariiii  f.  In  der  Nacht  vom  3.  zum  4.  Oetober  ist 
der  ehemalige  italienische  Arbeitsminister  Baccarini  in  Rom  einer 
schmerzvollen  Krankheit  erlegen.  Am  26.  August  1826  in  Russi  in 
der  Romagna  geboren,  befand  er  sich  auf  der  Universität  Bologna, 
als  1848  der  Aufstand  ausbrach.  Seine  Betheiligung  bei  demselben 
hatte  zur  Folge,  dafs  ihm  die  Ablegung  der  Ingenieur-Prüfung  nicht 
gestattet  wurde,  wodurch  er  sich  genöthigt  sah,  zunächst  in  unter¬ 
geordneter  Stellung  Beschäftigung  zu  suchen.  Von  1854  ab  war  er 
beim  Stadtbauamt  in  Ravenna  angestellt  und  gehörte  zu  den  Ver¬ 
trauensmännern,  welche  die  1860  erfolgte  Lostrennung  der  Romagna 
vom  Kirchenstaat  vorbereiteten.  Nach  Errichtung  des  Königreichs 
Italien  wurden  ihm  die  Vorarbeiten  für  eine  Bahnverbindung  mit  der 
Schweiz  anvertraut,  später  als  Oberingenieur  in  Grosseto  die  Leitung 
der  Bodenbesserungen  in  den  toscanischen  „Maremmen“  (Küsten- 
sümpfeu).  1872  erfolgte  seine  Berufung  in  das  Ministerium  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten,  in  welchem  er  bald  darauf  die  Geschäftsleitung  des 
Haupt- Wasserbauamts  übertragen  erhielt.  1876  wixrde  er  als  Inspector 
des  „Genio  Civile“  Mitglied  im  Obersten  Rath  des  Bauwesens. 
Gleichzeitig  trat  er  als  Abgeordneter  für  Sant’  Arcangelo  in  die 
Kammer  ein,  zu  deren  eifrigsten  Mitgliedern  er  von  nun  ab  bis  zu 
seinem  Tode  gehörte.  Unter  Zanardelli  war  er  eine  Zeit  lang  Unter- 
staatssecretär,  sodann  in  den  beiden  Ministerien  Cairoli  und  nach 
dessen  Sturz  im  Ministerium  Depretis  Arbeitsminister,  im  ganzen 
etwa  fünf  Jahre  lang  vom  März  1878  bis  Mai  1883  nait  kurzer  Unter¬ 
brechung.  Gerade  in  jener  Zeit  sind  die  meisten  Gesetze  über  die 
öffentlichen  Bauten  Italiens  entstanden,  an  deren  Ausführung  noch 
jetzt  gearbeitet  wird,  und  zu  deren  Vollendung  noch  eine  Reihe  von 
Jahren  erforderlich  ist.  Nachdem  er  1883  aus  dem  Staatsdienst  ge¬ 
schieden  war,  lebte  Baccarini  als  Civilingenieur  in  Rom,  für  die 
fachlichen  Bestrebungen  als  Ehrenmitglied  und  Vorsitzender  des 
italienischen  Ingenieur-  und  Architekten -Vereins  eben  so  thätig,  wie 
für  die  Fragen  des  öffentlichen  Lebens  als  Hauptführer  der  gemäfsigt- 
radicalen  Partei.  Abgesehen  von  seiner  staatsmännischen,  vorzugs¬ 
weise  der  Bauverwaltung  gewidmeten  Wirksamkeit,  hat  Baccarini 
dem  italienischen  Bauwesen  mancherlei  Dienste  geleistet.  Besonders 
verdient  das  unter  seiner  Leitung  bearbeitete  vortreffliche  Werk 
„Cenni  monografici  dei  singuli  servizi  dei  Lavori  Pubblici“  Erwäh¬ 
nung,  das  in  12  Bänden  eine  ausführliche  Schilderung  der  Entwick¬ 
lung  des  italienischen  Bauwesens  bis  1878  enthält  und  später  fort¬ 
gesetzt  worden  ist;  eine  für  die  Ausstellung  in  Palermo  bestimmte 
Fortsetzung  wird  zur  Zeit  bearbeitet.  Auch  über  die  Bodenbesse¬ 
rungen  Italiens,  über  die  hydrographische  Statistik,  über  die  italieni¬ 
sche  Wasserwirthschaft,  über  die  Tiber- Regulirung  hat  Baccarini 
Arbeiten  von  technischer  Bedeutung  veröffentlicht,  ferner  mehrere 
Schriften  über  das  Eisenbahnwesen,  mit  dessen  jetziger  Gestaltung 
er  sich  nicht  befreunden  konnte.  Obgleich  entschiedener  Gegner  des 
Staatsbetriebes  der  Eisenbahnen,  trat  er  stets  dagegen  auf,  den  Be¬ 
triebsgesellschaften  die  Bauausführung  der  Bahnen  zu  überlassen. 
Als  Ingenieur  tüchtig,  als  Staatsmann  thatkräftig,  geachtet  auch  von 
den  politischen  Gegnern,  allbeliebt  im  ganzen  Lande,  besonders  bei 


seinen  Facbgeiiossen,  ist  er  dahingeschieden.  Sein  Verlust  wird  all¬ 
gemein  betrauert.  — K. — 


Büclierscliau. 

Beiikmiiler  der  Kunst.  Zur  Uebersicht  ihres  Entwick¬ 
lungsganges  von  den  ersten  künstlerischen  Versuchen  bis 
zu  den  Standpunkten  der  Gegenwart.  Bearbeitet  von  Prof. 
Dr.  W.  Lübke  und  Prof.  Dr.  C.  v.  Lützow.  6.  Auflage.  Stuttgart 
1890.  Paul  Neft”.  203  Tafeln  (darunter  7  Farbentafeln)  Querfolio. 
Mit  etwa  2400  Darstellungen  und  erklärendem  Textband.  Klassiker- 
Ausgabe  in  36  Lieferungen  zu  je  1  Jt.  Stahlstich-Ausgabe  in 
36  Lieferungen  zu  je  2  Jt  (früherer  Preis  160  M). 

Dieser  von  Franz  Kugler-  mit  Unterstützung  von  Guhl  und  Caspar 
begründete,  durch  die  unter  dem  Titel  genannten  bedeutenden  For¬ 
scher  bis  auf  die  Gegenwart  fortgeführte  Kunstatlas  bildet  seit  einer 
geraumen  Reihe  von  Jahren  ein  überaus  willkommenes  Hülfsmittel 
beim  Studium  der  Kunstgeschichte  und  erfreut  sich  dauernd  der 
Gunst  aller  Gebildeten.  Leider  stand  seiner  weitesten  Verbreitung 
bisher  immer  noch  die  durch  die  theuere  Stahlstichherstellung  ver¬ 
ursachte  nicht  unbeträchtliche  Höhe  der  Anschaffungskosten  im 
Wege.  Die  Hülfsmittel  neuester  Technik  haben  es  den  rührigen 
Verlegern  ermöglicht,  die  vorliegende  sechste  Ausgabe  zu  ganz  be¬ 
deutend  ermäfsigten  Preisen  zu  liefern,  und  es  wird  ihnen  dadurch 
gewifs  gelingen,  das  Absatzgebiet  des  Werkes  wesentlich  zu  erweitern. 
Gleichzeitig  hat  aber  auch  der  Stoff  eine  nicht  unerhebliche  Bereiche¬ 
rung  erfahren.  Zehn  neue  Tafeln  sind  hinzugetreten,  welche  sowohl 
der  Kunst  des  Alterthums  wie  der  neueren  und  neuesten  Zeit  ge¬ 
widmet  sind  und  dem  Architekten  insbesondere  die  Ausgrabungs¬ 
ergebnisse  der  letzten  Jahrzehnte  auf  griechischem  und  asiatischem 
Boden  sowie  die  neuerdings  in  den  Vordergrund  des  Interesses  ge¬ 
tretenen  Baudenkmäler  der  nordischen  Renaissance,  des  Barock  und 
Rococo  bieten.  Wird  ihn  deren  übersichtliche  Zusammenstellung 
vornehmlich  anziehen,  so  wird  der  gesamte  Inhalt  des  Bilderwerkes 
zu  einer  Erleichterung  und  auch  Vertiefung  seiner  Studien  nicht 
unwesentlich  beitragen;  denn  ein  erfolgreiches  Eindi-ingen  in  das 
Wesen  der  Baukunst  von  einst  und  jetzt  wird  sich  immer  nur  da¬ 
durch  ermöglichen  lassen,  dafs  auch  ein  klares  Bild  des  Entwicklungs¬ 
ganges  der  übrigen,  mit  der  Architektur  so  eng  verwachsenen  bilden¬ 
den  Künste  gewonnen  wird.  —  d. 

Die  Bau»  und  Kuiistdenkmäler  des  Regierungsbezirks  Köslm. 
Herausgegeben  von  der  Gesellschaft  für  Pommersche  Geschichte  und 
Alterthumskunde.  Bearbeitet  von  Ludwig  Böttger,  Landbau¬ 
inspector  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten.  Heft  H.  Kreis 
Belgard  und  Nachträge  zum  Kreise  Colberg-Körlin.  Stettin,  1890. 
Löon  Saunier.  68  S.  in  gr.  8“  mit  Abbildungen  im  Text.  Preis  2  J/. 

Diese  zweite  Lieferung  folgt  in  ihrer  Anlage  durchaus  der  ersten, 
auf  deren  Besprechung’ wir  uns  somit  beziehen  dürfen.*)  Wenngleich 
die  Aufgabe,  welcher  der  Verfasser  sich  unterzogen,  eine  nicht  gerade 
dankbare  war,  indem  die  Denkmäler  des  Kreises  Belgard,  von  der  sehr 
mifshandelten  Marienkirche  der  gleichnamigen  Stadt  abgesehen,  nur 
selten  sich  zu  kunstgeschichtlicher  Bedeutung  erheben  oder  durch 
hohes  Alter  die  Aufmei'ksamkeit  fesseln,  so  ist  der  Verfasser  dennoch 
augenscheinlich  bestrebt  gewesen,  diese  in  möglichster  Vollständig¬ 
keit  zusammenzustellen.  Besondere  Anerkennung  verdienen  die  sehr 
zahlreich  beigegebenen  Abbildungen  (wiederum  Zinkhochätzungen) 
sowohl  in  der  Wahl  des  Gegenstandes  als  auch  in  der  Darstellungs¬ 
weise.  J.  Kohte. 

Zeichen-Vorlagen  aus  dem  Gebiete  der  Stereotoinie,  bearbeitet 
und  herausgegeben  von  Ernst  Fischer,  ord.  Professor  an  der  Kgl. 
techn.  Hochschule  in  München.  1.  Heft.  Nürnberg,  1890.  Friedr. 
Korn. 

Das  Werkchen  enthält  auf  6  Blättern  2"  und  18  Seiten  Text 
in  8“  vier  Steinschiiittaufgaben  nach  eigener  Erfindung  des  Herrn 
Verfassers.  Wenn  auch  nicht  schwierig,  so  sind  die  Aufgaben  doch 
keineswegs  ganz  elementar.  Sie  setzen  die  Kenntnifs  der  Projections- 
lehre  und  der  Anfangsgründe  des  Steinschnittes  voraus.  Die  Lösung 
liegt  in  den  Tafeln  vor  und  findet  in  dem  beigegebenen  Text  ihre 
Erklärung.  In  einem  Anhänge  sind  für  zwei  Fälle  auch  die  Glei¬ 
chungen  der  Schnitt curven,  welche  sich  aus  den  Durchdringungen 
ergeben,  entwickelt.  Referent  ist  leider  zu  wenig  mit  der  Bearbeitung 
stereotomischer  Aufgaben  vertraut,  um  die  Vortheile  dieser  Berech¬ 
nungen  für  die  zeichnerische  Lösung  der  Aufgaben  genügend  würdi¬ 
gen  zu  können.  Die  Ausführung  der  Tafeln  entspricht  —  „wegen 
des  zu  hohen  Kostenpunktes“  —  nicht  ganz  den  Originalzeichnungen, 
doch  sind  die  Gegenstände  klar  zur  Anschauung  gebracht  und  ist  das 
Heftchen  eine  dankenswerthe  Bereicherung  des  zeichnerischen  Lehr¬ 
stoffes.  B. 

*)  Vgl.  Jahrg.  1889,  S.  512. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Ecdaction  des  nichtamtlichen  Theilos  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kers  kes,  Berlin. 


Jir.  42A- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


437 


INHALT:  Einfliifs  der  BieKung  auf  die  Abnutzung  .an  den  Sti'itzfliicheu  der  Eisen- 
bahuscliieueu.  —  Dritte  Confeienz  zur  Vereinbarung  einheitlicher  Priifungsverfahren. 


—  Vermischtes:  Eisonbahnfachwisscnschaftliche  Vorlesungen  in  Preufseu.  —  Bau¬ 
lichkeiten  der  Pariser  Weltaussteiluug  von  1889.  —  B  ii  c li  e  r schau. 


[Alle  liechte  Vorbehalten.] 


Einflufs  der  Biegung  auf  die  Abnutzung  an  den  Stützflächen  der  Eisenbahnschienen. 


Sieht  man  von  den  Zerstörungen  ab,  welche  infolge  von  Her¬ 
stellungsfehlern  auftreten  können,  so  bleiben  zweierlei  wesentlich 
verschiedene  Arten  des  Verschleisses  der  Oberbautheile  übrig,  nämlich 
die  Abnutzung  des  Schienenkopfes  durch  die  Einwirkung  der  über 
die  Lauffläche  rollenden  Räder  und  die  Abnutzung  der  Flächen  und 
Kanten,  in  welchen  sich  die  Schiene  auf  die  Unterlagsplatte  oder 
die  Laschenanlage,  sowie  gegen  die  Hakennägel,  Schienenschrauben 
oder  sonstige  Befestigungsmittel  stützt.  Der  allmähliche  Verbrauch 
des  Schienenkopfes  stellt  sich  als  unvermeidliche  Folge  der  stützenden 
und  besonders  der  führenden  Thätigkeit  der  Schiene  dar;  er  ist  nicht 
wesentlich  bedingt  durch  die  Tragfähigkeit  derselben  und  soll  hier 
nicht  weiter  in  Betracht  gezogen  werden.  Das  gegenseitige  Ab¬ 
schleifen  der  Schiene  und  der  sie  stützenden  Theile  hängt  dagegen 
—  aufser  von  der  Beschaffenheit  der  Berührungsflächen  —  von  der 
Gröfse  des  Flächendruckes  und  der  gegenseitigen  Verschiebungen 
ab,  also  von  Einflüssen,  die  theils  zufälliger,  theils  gesetzmäfsiger 
Art  sind.  Die  ersteren,  also  namentlich  die  durch  Unregelmäfsig- 
keiten  der  Bahn  und  der  Fahrzeuge  verursachten  Stöfse,  sind  durch 
sorgfältige  Herstellung  und  Unterhaltung  des  Geleises  zu  bekämpfen; 
die  Einflüsse  zweiter  Art  können 
durch  passende  Wahl  der  Formen 
und  Abmessungen  der  Ober¬ 
bautheile  wesentlich  vermindert 
werden.  Um  zu  zeigen,  worauf 
es  hierbei  hauptsächlich  ankommt, 
soll  nachstehend  ein  einfaches 
Beispiel  vorgeführt  werden. 

Ein  bei  Ä  und  B,  Abbildung  1, 
frei  auf  festen  Stützen  ruhender 
Träger  von  überall  gleichem  Quer¬ 
schnitt  mit  dem  Trägheitsmoment 
J  und  dem  Elasticitätsmafs  E 
werde  im  Abstande  x  von  der 

Längenmitte  belastet.  Während  die  Last  von  Null  bis  zu  dem  End- 
werthe  G  anwächst,  erleidet  die  untere  Seite  des  Trägers  eine  Aus¬ 
dehnung,  mit  welcher  im  allgemeinen  eine  gegenseitige  Verschiebung  der 
sich  berührenden  Flächen  des  Trägers  und  der  Lager  verknüpft  ist. 
Die  Gröfse  dieser  Verschiebung  hängt  nicht  nur  von  der  Gröfse  der 
Last  und  von  der  Form  des  Trägers,  sondern  natürlich  auch  von  der 
Beschaffenheit  der  Lagerflächen  ab.  Falls  die  Reibung  an  letzteren 
nicht  aufsergewöhnlich  grofs  ist,  tritt  deren  Einflufs  bei  den  ge¬ 
bräuchlichen  Abmessungen  der  Schienen  gegenüber  der  unmittelbaren 
Wirkung  der  Last  sehr  zurück.  Es  kann  deshalb  die  Gröfse  der 
Verschiebung  hier  näherungsweise  so  berechnet  werden,  als  ob  die 
Lagerung  vollkommen  reibungsfrei  wäre.*)  Wie  sich  die  Ver¬ 
schiebung  auf  die  beiden  Stützpunkte  A  und  B  vertheilt,  das  hängt 
ebenfalls  mit  von  der  Art  der  Lagerung,  aufserdem  aber  davon  ab, 
in  welcher  Weise  die  Last  auf  den  Träger  gebracht  wird.  Wäre 
z.  B.  der  Träger  am  Lager  A  befestigt,  so  würde  die  Verschiebung 
gegen  das  Lager  B  selbstverständlich  stets  gleich  der  [Gesaintver- 
schiebung  sein;  könnte  der  Träger  dagegen  in  beiden  Lagern  gleiten, 
und  wäre  an  beiden  Stellen  die  Reibungsziffer  dieselbe,  so  würde 
nur  in  A  eine  Verschiebung  eintreten,  falls  die  Last  G  unmittelbar 
auf  den  Punkt  C  gesetzt  würde.  Dies  leuchtet  sofort  ein,  wenn  man 
erwägt,  dafs  bei  der  in  der  Abbildung  dargestellten  Lage  von  C  der 
Lagerdruck,  mithin  auch  der  Reibungswiderstand  bei  A  kleiner  ist, 
als  bei  B.  Wird  aber  die  Last  nicht  bei  C  aufgesetzt,  sondern  von 
einem  Ende  des  Trägers  her  bis  in  die  Lage  C  geführt,  so  vertheilt 
sich  die  Gesamtverschiebung  auf  beide  Lager.  Um  zu  ermitteln, 
in  welcher  Weise  diese  Vertheiluug  stattfindet  und  welche  Reibungs¬ 
arbeit  dabei  geleistet  wird,  ist  der  Vorgang  in  seinen  einzelnen 
Theilen  zu  untersuchen. 

Es  sei  zunächst  die  Gesamtverschiebung  für  irgend  eine  Last¬ 
stellung  zu  berechnen.  Denkt  man  sich  den  Träger  bei  C  eingespannt 
und  an  den  Enden  mit  den  Lagerdrücken  A  und  B  belastet,  so  er¬ 
geben  sich  —  bei  Vernachlässigung  der  Wirkung  der  Schubkräfte  — 
die  Neigungen  a  und  ß  der  Stützenquerschnitte  gegen  ihre  Anfangs¬ 
lage  (nach  Formeln,  die  hier  als  bekannt  vorausgesetzt  werden 
dürfen)  **) ; 


*)  Die  Berücksichtigung  der  Lagerreibung  würde  keine  grofsen 
Schwierigkeiten  verursachen,  aber  zu  viel  weniger  übersichtlichen 
Ergebnissen  führen,  womit  die  obige  Vereinfachung  wohl  gerecht¬ 
fertigt  ist. 

**)  Vergl.  z.  B.  die  Entwicklung  von  Koenen  im  Jahrgange  1882 
auf  Seite  190  des  Centralbl.  der  Bauverw. 


G 


^  2  E  j  ^  i  E 


B 


G 


^  ^  2  E  J  ~~  ^~Jl 


Hieraus  folgt 


G 


G 


«  +  =  cTElf  ~  ^  j  ^ 

Durch  Multiplication  der  so  gefundenen  Werthe  mit  dem  Abstand  e 
der  Lagerfläche  von  der  Biegungsachse  des  Schienenquerschnittes  er- 
giebt  sich  die  Gesamtverschiebung,  beziehungsweise  die  Aenderung, 
welche  dieselbe  erfährt,  wenn  die  Last  G  ihren  Abstand  x  von  der 
Mitte  des  Feldes  um  die  kleine  Länge  dx  ändert.  Die  Arbeit 
welche  in  letzterem  Falle  an  den  Auflagerflächen  verbraucht  wird, 
erhält  man  durch  Multiplication  der  bezüglichen  kleinen  Verschiebung 
mit  dem  zugehörigen,  entgegen  gerichteten  Widerstande,  d.  h.  mit 
dem  Producte  aus  dem  Auflagerdruck  und  der  Reibungsziffer  f. 
Werden  dann  die  so  für  alle  möglichen  Laststellungen  bestimmten 
Theilarbeiten  summirt,  so  ergiebt  sich  die  dem  einmaligen  Uebergang 
der  Last  über  die  ganze  Feldlänge  entsprechende  Reibungsarbeit  äl, 
welche  offenbar  in  geradem  Verhältnisse  zu  der  Abnutzung  der  Lager¬ 
flächen  stehen  mufs,  mithin  als  Abnutzungsmafsstab  für  die  unter¬ 
suchte  Trägeranordnung  dienen  kann. 

I.  Es  möge  nun  vorerst  angenommen  werden,  dafs  der  Träger 
mit  keinem  der  beiden  Lager  fest  verbunden  sei.  Dann  wird  bei 
einer  Verschiebung  der  Last  stets  dasjenige  Ende  gleiten,  welches 
den  geringeren  Druck  auf  das  Lager  ausübt,  also  das  rechte  oder 
das  linke  Ende,  je  nachdem  sich  die  Last  auf  der  linken  bezw. 
rechten  Hälfte  des  Trägers  befindet.  Wenn  die  Last  z.  B.  am  linken 
Trägerende  auffährt,  so  verschiebt  sich  das  rechte  Ende  so  lange,  bis 
die  Last  die  Trägermitte  erreicht  hat;  dann  verschiebt  sich  das  linke 
Ende,  bis  die  Last  am  rechten  den  Träger  verläfst.  Während  der 
ersten  Hälfte  dieses  Vorganges  ist  nach  obigem  die  Theilarbeit 

cZSli  —  Bf. e.d{a-\-ß)  =  —  ^E^Jl 

Die  Integration  von  x  ~  —  l  bis  x  =  0  ergiebt  für  die  erste  Hälfte 
des  Lastweges  die  Arbeit 

-4- 

2EJI  V2  3  j  12EJ' 

-l 

In  ähnlicher  Weise  kann  auch  die  Arbeit  3(2  für  die  zweite  Hälfte 
des  Lastweges  bestimmt  werden.  Mit  Rücksicht  auf  die  (bei  Nicht¬ 
berücksichtigung  des  Einflusses  der  Lagerreibung  auf  die  Gröfse  von 
«  und  ß)  vorhandene  Symmetrie  ist  jedoch  von  vornherein  klar,  dafs 
(absolut  genommen)  3(2  ==  3(i  sein  mufs.  Die  Gesamtarbeit  für  ein¬ 
malige  Befahrung  des  beiderseitig  frei  aufliegenden  Trägers  von  der 
Länge  2 1  ist  also 

u  3t  =  -  2t.  = 

-Ul 

Während  die  Last  vom  linken  Trägerende  nach  der  Mitte  vor¬ 
rückt,  bewegt  sich  das  rechte  Ende  nach  rechts;  während  die  Last 
hierauf  von  der  Mitte  nach  dem  rechten  Ende  fortschreitet,  bewegt 
sich  das  linke  Trägerende  um  die  gleiche  Länge,  und  zwar  offenbar 
ebenfalls  nach  rechts.  Der  ganze  Träger  wandert  also  in  der¬ 
selben  Richtung,  wie  die  Last;  die  Gröfse  des  so  bei  einmaliger  Be¬ 
fahrung  zurückgelegten  Weges  ergiebt  sich  mit  x  =  Q  aus  der  obigen 
Gleichung  für  a  ß  durch  Multiplication  mit  e  zu 

GcP 

^  “  2EJ‘ 

Auf  diese  —  jedenfalls  nur  eine  unter  vielen  darstellende  — ■ 
Ursache  des  Wanderns  der  Schienen  ist  anscheinend  zuerst  von 
Professor  J.  B.  Johnson  in  St.  Louis  hingewiesen  worden.*) 

II.  Es  werde  jetzt  angenommen,  dafs  zur  Verhütung  des  Wanderns 
das  linke  Ende  des  Trägers  mit  dem  Lager  fest  verbunden  sei. 
Dann  wird  für  die  erste  Hälfte  des  Lastweges  die  Verschiebung  des 
rechten  Trägerendes  in  genau  derselben  Weise  stattfinden,  wie  zuvor; 
mithin  mufs  auch  die  Arbeit  3(i  den  gleichen  Werth  haben.  Für  die 
zweite  Hälfte  des  Lastweges  verschiebt  sich  das  rechte  Trägerende 


= 


)  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1888,  S.  347. 


22.  Octobei  1800. 


438 


Ceutralblatt  der  ß auverwaltuug. 


in  entgegengesetzter  Eichtung.  Die  an 
arbeit  ist  (ihrem  Absolutwertlie  nach) 

cl^[,  ^  -  Bf .  e  .  d(a ß)  = 


demselben  verrichtete  Theil- 

G^^ef  .  ,  , 


Die  Integration  von  x  =  0  bis  x  =  l  ergiebt  die  Arbeit 

~  2  EJl  ,  V  2  +  3  /  “  V2EJ  ^ 

0 

womit  die  Gesamtarbeit  für  die  einmalige  Befahrung  des  an  einem 
Ende  befestigten,  am  anderen  frei  aufliegenden  Trägers  von  der 
Länge  2  l  den  W erth 

G^’-efP 


II) 


%  =  9(,  4-  31,  = 


2EJ 


erhält.  Geht  die  Bewegung  der  Last  vom  rechten  Trägerende  aus, 
so  ändert  sich  nur  das  Vorzeichen  von  dx;  man  findet  also  für  91, 
vom  Vorzeichen  abgesehen,  wieder  denselben  Werth  wie  bei  der 
Bewegung  von  links  nach  rechts. 

Der  Einflufs  der  Laststellung  läfst  sich  sehr  gut  veranschaulichen, 
wenn  man  die  beiden  Glieder  der  Gröfse  d9(  :  dx  als  Function  von  x 
aufträgt.  Es  ergeben  sich  dann  die  nachstehenden  beiden  Abbildungen, 
in  welchen  die  krummen  Linien  Parabeln  sind,  und  die  von  diesen 
und  einer  unter  45°  geneigten  Ge¬ 
raden  eingeschlossenen  Flächen¬ 
räume  sich  wie  die  Gesamtarbeiten 

I,. -  I - 


Abb.  2.  Fall  I.  Abb.  3.  Fall  II. 


verhalten.  Die  Höhe  dieser  Fläclien  an  einer  beliebigen  Stelle  bietet 
zugleich  einen  Mafsstab  für  den  Zuwachs,  den  die  Arbeit  erfährt, 
wenn  die  an  jener  Stelle  befindliche  Last  um  die  Längeneinheit  von 
links  nach  rechts  fortschreitet. 

Ein  Vergleich  zwischen  den  Formeln  I  und  II  lehrt,  dafs  bei 
dem  festliegenden  Träger  die  Eeibungsarbeit  dreimal  so  grofs  ist, 
als  bei  dem  wandernden  Träger,  dafs  aber  im  Bau  der  Formeln 
kein  Unterschied  besteht;  die  weiteren  Betrachtungen  gelten  daher 
für  beide  Fälle.  Man  erkennt  leicht,  dafs  die  Eeibungsarbeit  91  ab¬ 
nimmt,  wenn  das  Elasticitätsmafs  E  und  das  Trägheitsmoment  J, 
also  die  Steifigkeit  des  Trägers  wächst,  dafs  sie  sich  dagegen  ver¬ 
mehrt  mit  zimehmender  Gröfse  der  Last  G,  der  Trägerhöhe  e,  der 
Eeibungsziffer  f  und  der  Stützweite  2  1.  Von  besonders  grofsem 
Einflufs  sind  G  und  /,  da  sie  im  zweiten  Grade  in  der  Gleichung 
auftreten.  Für  ein  vorwiegend  an  die  Festigkeitsgleichungen  ge¬ 
wöhntes  Auge  hat  das  Erscheinen  des  Quadrates  der  Last  etwas 
Befremdliches;  es  erklärt  sich  dies  aber  leicht,  wenn  man  bedenkt, 
dafs  die  Eeibungsarbeit  eben  das  Product  aus  Eeibungswiderstand 
und  Gleitweg  ist,  und  dafs  jeder  dieser  beiden  Factoren  in  geradem 
Verhältnifs  zur  Last  steht. 


Die  Thatsache,  dafs  91  mit  wachsendem  G  und  l  im  quadratischen 
Verhältnifs  zunimmt,  ist  insofern  nicht  unwichtig,  als  sie  zeigt,  dafs 
diejenigen  Mafsänderungen,  welche  erforderlich  sind,  um  die  Be¬ 
anspruchung  des  Trägers  auf  gleicher  Höhe  zu  erhalten,  nicht  hin¬ 
reichen,  dies  auch  für  die  Eeibungsarbeit  und  demgemäfs  für  die 
Abnutzung  an  den  Lagerflächen  zu  bewirken.  Um  das  noch  deut¬ 
licher  zu  erweisen,  möge  das  gröfste  Biegungsmoment  mit  iH,  das 
Widerstandsmoment  des  Trägerquerschnittes  mit  W  und  die  (unver¬ 
änderliche)  Beanspruchung  mit  k  bezeichnet  werden.  Da  M=^  G  l 

und  fV  =  J :  e  ist,  so  folgt  mitEücksicht  auf  die  Festigkeitsbedingung 
M  =  Jr.k  aus  II): 

_  M  Gfl  __  G  fl 
'  “  W  E  '  ^  ‘^  E  ■ 

Bei  unveränderlicher  Beanspruchung  des  Trägers  wächst  also  die 
Abnutzung  der  Lagerflächen  in  geradem  Verhältnifs  mit  der  Last 
und  mit  der  Stützweite.  Hieraus  folgt  u.  a.,  dafs  bei  einer  Steigerung 
der  Last,  wie  sie  z,  B.  im  Eisenbahnwesen  durch  die  allmähliche 
Einführung  schwererer  Betriebsmittel  bewirkt  worden  ist,  eine  Ver¬ 
minderung  der  Widerstandsfähigkeit  des  Gestänges  gegen  Abnutzung 
selbst  dann  eintritt,  wenn  das  Widerstandsmoment  um  so  viel  ver- 
gröfsert  wird,  dafs  die  gröfste  Spannung  des  Trägers  (der  Schiene) 
auf  der  anfänglichen  Höhe  bleibt.  Soll  auch  die  Abnutzung  der 
LageiEächen  nicht  zunehmen,  so  mufs  das  Widerstandsmoment  im 
quadratischen  Verhältnisse  zur  Erhöhung  der  Last  vermehrt  werden. 

Die  Anwendung  der  hier  gefundenen  Sätze  auf  den  Eisenbahn- 
Oberbau  ist  allerdings  nicht  ohne  weiteres  zulässig,  denn  es  handelt 
sich  bei  letzterem  nicht  um  einen  auf  zwei  festen  (starren)  Stützen 
frei  aufliegenden  Träger,  sondern  um  einen  Träger  auf  sehr  vielen 
nachgiebigen  Unterlagen.  Auch  wäre  streng  genommen  die  wage¬ 
rechte  Beweglichkeit  der  letzteren,  sowie  der  Einflufs  der  Lager¬ 
reibung  auf  den  Gleitweg  zu  berücksichtigen.*)  Immerhin  läfst  sich 
aber  doch  vermuthen,  dafs  die  fraglichen  Sätze  wenigstens  annähernd 
auch  für  den  Querschwellen-Oberbau  gelten.  Damit  würde  sich  dann 
eine  Erscheinung  aufklären,  die  schwer  zu  verstehen  ist,  wenn  man 
bei  Beurtlieilung  der  Tauglichkeit  eines  bestimmten  Oberbaues  ledig¬ 
lich  die  Biegungsspannungen  als  Mafsstab  anwendet,  nämlich  die  auf¬ 
fallend  rasche  Zerstörung  mancher  Gestänge  durch  die  Einführung 
von  Fahrzeugen  mit  verhältnifsmäfsig  nur  wenig  stärkeren  Eaddrücken. 
Da  die  gegenseitige  Verschiebung  von  Schiene  und  Schwelle  nicht 
nur  diese  beiden  Theile,  sondern  auch  die  Befestigungsmittel  ab¬ 
schleift,  und  da  ähnliche  Schleifwirkungen  in  den  Anlageflächen  der 
Schienen  und  Laschen  auftreten,  so  leuchtet  ein,  dafs  mit  jeder  Zu¬ 
nahme  der  Belastung  eine  in  weit  stärkerem  Grade  als  letztere  an¬ 
wachsende  Lockerung  des  ganzen  Gefüges  verknüpft  sein  mufs.**) 
Die  Bekämpfung  dieses  Uebels  erfordert  Verstärkungen  in  solchem 
Umfange,  dafs  die  Beanspruchung  des  Schienenquerschnittes  nicht 
etwa  nur  unveränderlich  erhalten,  sondern  vermindert  wird,  wie 
es  u.  a.  bei  den  neuerdings  in  Aufnahme  kommenden  schweren 
Schienen  geschieht.  Dr.  H.  Zimraermann. 

*)  Bei  Berücksichtigung  des  letzteren  Einflusses  treten  im  Aus¬ 
druck  für  91  noch  höhere  Potenzen  von  ef  ■.  l  auf.  Man  erhält 
daun  z.  B.  für  den  beiderseits  verschieblichen  Träger  annähernd: 

—  (l  —  Es  verhält  sich  also  auch  jetzt  noch  91  in 

aller  Strenge  wie  das  Quadrat  von  G. 

**)  Vergl.  z.  B.  Loewe,  Der  Schienenweg  der  Eisenbahnen. 
Seite  94. 


Die  dritte  Coiifereiiz  zur  Yereiiibarung  einheitlicher  Pr üfungs verfahren 
für  Bau-  und  Constructionsinaterialien, 


welche  am  19.  und  20.  September  im  kleinen  Saale  des  Architekten¬ 
hauses  in  Berlin  abgehalten  wurde,  war  gut  besucht,  und  das  Er- 
gebnifs  der  Verhandlungen  darf  als  ein  befriedigendes  bezeichnet 
werden.  Aufser  den  Vorständen  der  gröfseren  technischen  Versuchs¬ 
anstalten  Deutschlands  waren  anwesend  oder  vertreten  die  Leiter 
staatlicher  und  privater  Prüfungsanstalten  Oesterreichs,  der  Schweiz, 
Eufslands,  Schwedens,  Frankreichs  und  Hollands,  sowie  Vertreter 
des  Eisenhüttenwesens,  des  Maschinenbaues  und  der  Cementindustrie. 
Die  Leitung  der  Verhandlungen  ward  Herrn  Prof.  Bauschinger 
(München),  Vorstand  des  in  Dresden  gewählten  ständigen  Ausschusses, 
für  beide  Sitzungstage  übertragen,  und  neben  demselben  die  Herren 
Prof.  Kick  (Prag)  und  Prof.  Tetmajer  (Zürich)  für  den  ersten,  die 
Herren  Prof.  Belelubsky  (Petersburg)  und  Prof.  Debray  (Paris)  für 
den  zweiten  Tag  als  stellvertretende  Vorsitzende  gewählt.  Mit  der 
Protokollführung  wurden  die  Herren  Ingenieur  Kirsch  (Wien)  und 
Assistent  Klebe  (München)  für  den  ersten  Tag,  die  Herren  Ingenieur 
Olschewsky  (Berlin)  und  Greil  (Wien)  für  den  zweiten  Tag  betraut. 


Die  über  die  Verhandlungen  geführten  Protokolle  sollen  baldigst  ge¬ 
druckt  und  den  Theilnehmern  der  Versammlung  zugestellt  werden. 

Von  den  zahlreichen  Berathungsgegenständen  können  nachstehend 
nur  einige  wichtigere  hervorgehoben  werden:  Construction  des 
einheitlichen  Fallwerkes  zur  Anstellung  von  Schlagver¬ 
suchen.  Berichterstatter  Herr  Prof.  Martens  (Berlin).  Hierbei  be¬ 
schliefst  die  Versammlung  nach  dem  Anträge  des  Berichterstatters: 
Von  Aufstellung  eines  Normalplanes  für  Fallwerke  soll  Abstand  ge¬ 
nommen  werden,  und  für  die  Construction  derselben  sollen  folgende 
Bedingungen  mafsgebend  sein:  Das  Gestell  ist  in  Eisen  auszuführen. 
Im  Anschlufs  an  die  Bestimmungen  deutscher  Eisenbahnverwaltungen, 
und  weil  es  sich  empfiehlt,  Fallwerke  in  geschlossenen  Eäumen  auf¬ 
zustellen,  ist  als  Eegel  für  das  Bärgewicht  1000  kg  anzunehmen,  in 
Ausnahmefällen  kann  aber  500  kg  zugelassen  werden.  Endlich  sollen 
die  Fallwerke  eine  Vorrichtung  besitzen,  welche  gestattet,  den  Bären 
auf  die  beabsichtigte  Höhe  sicher  einzustellen. 

Die  Frage  der  Prüfung  von  Kupfer,  Bronce  und  anderen 


h\  42 


439 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Metallen  hatte  von  Seiten  des  betreffenden  Unterausschusses  eine 
sehr  eingehende  Bearbeitung  gefunden  und  es  wurden  sämtliche  An¬ 
träge,  die  sowohl  den  Materialzustand,  wie  die  Probeentnahme,  Probe¬ 
form  und  Versucbsausführung  umfafsten,  nach  dem  Vorschlag  des 
Herrn  Prof.  Martens  angenommen. 

Ueber  die  Frage  der  Prüfung  von  Dachziegeln  erstattet 
Herr  Olschewsky  (Berlin)  eingehenden  Bericht;  seine  Vorschläge 
werden  mit  einigen  geringen  Aenderungen  angenommen. 

Bei  den  Berathungen  über  Prüfung  hydraulischer  Binde¬ 
mittel  wird  die  Theilnahme  des  Vereins  deutscher  Portland-Cement- 
fabricanten  freudig  begrüfst,  und  von  dem  anwesenden  Vorstand  jenes 
Vereins,  Herrn  Commercienrath  Dr.  Delbrück  (Stettin),  die  fernere 
Mitarbeiterschaft  an  den  Bestrebungen  der  Conferenzen  zugesagt. 

Den  von  Herrn  Ingenieur  Gärtner  (Wien)  gemachten  Vor¬ 
schlägen  über  Verfahren  zur  Ermittlung  der  Volumgewichte 
des  Gementes  und  Sandes  wird  zugestimmt,  ebenso  finden  die 
Vorschläge  des  Berichterstatters  Herrn  Dr.  Michaelis  (Berlin)  über 
Prüfung  von  Puzzolanen  (Trass)  die  Genehmigung  der  Versammlung. 

In  der  Frage  über  Einführung  von  Blechsieben  ist  die 
Versammlung  der  Ansicht,  dafs  gelochte  Bleche  den  Drahtsieben 
entschieden  vorzuziehen  seien.  Es  wird  die  Anwendung  rund  ge¬ 
lochter  Blechsiebe  beschlossen,  und  es  soll  Sache  des  neuen  ständigen 
Ausschusses  sein,  die  Lochweiten,  Lochanordnungen  und  Blechstärken 
zu  bestimmen,  bei  welchen  ein  Sand  erhalten  wird,  der  mit  dem  jetzt 
mittels  des  Drahtsiebes  erhaltenen  Normalsand  gleiche  Zugfestig¬ 
keiten  ei'giebt. 

Eingehend  erörtert  wurde  die  Frage  der  Einführung  eines 
«inheitlichen  Normalsandes  für  Cementproben  und  be¬ 
schlossen,  dafs  als  Normalsand  im  engeren  Sinne,  d.  h.  als  solcher, 
auf  den  alle  Vergleiche  sich  beziehen  sollen,  der  Sand  von  Freien¬ 
walde  gebraucht  wird,  welcher  durch  gelochte  Blechsiebe  von  solcher 
Beschaffenheit  gegangen  ist,  dafs  der  gewonnene  Sand  zwischen  den¬ 
jenigen  beiden  liegt,  von  welchen  der  eine  durch  Drahtsiebe  von  60 
und  120  Maschen,  der  andere  durch  solche  von  64  und  144  Maschen 
gewonnen  ist.  Den  anderen  Ländern,  aufser  Preufsen,  soll  es  über¬ 
lassen  bleiben,  sich  ihren  Normalsand  zu  beschaffen,  und  zwar  wo¬ 
möglich  derart,  dafs  er  mit  jenem  Normalsand  von  Freienwalde  von 
gleicher  Wirkung  in  Bezug  auf  die  erzielten  Festigkeitsergebnisse  ist. 
Ist  dies  nicht  zu  ermöglichen,  so  soll  der  ständige  Ausschufs  in  Bezug 
auf  die  Erzielung  zweckmäfsiger  Vergleichs  -  Ziffern  Erfahrungen 
sammeln. 

Ueber  Vergleichung  der  Normalform  von  Probestäben 
für  Zerreifsversuche  sind  in  fünf  verschiedenen  Laboratorien 
zum  Theil  sehr  ausführliche  Versuchsreihen  angestellt  worden,  über 


welche  der  Vorsitzende  kurz  berichtet  und  welche  später  mit  den 
noch  zu  erwartenden  Arbeiten  veröffentlicht  werden  sollen. 

Noch  ist  zu  erwähnen,  dafs  der  Versammlung  von  Hrn.  Prof.  Tet- 
majer  zwei  bereits  gedruckte  Arbeiten  vorgelegt  und  in  einer  Anzahl 
von  Exemplaren  zur  Vertheilung  gebracht  wurden.  1)  Bericht  über 
Aufsuchung  entsprechend  abgekürzter  Verfahi'en  zur  Ermittlung  der 
Volumbeständigkeit  des  Portland  -  Gementes,  und  2)  Bericht  über 
Verfahren  und  Ergebnisse  der  Prüfung  von  Draht  und  Drahtseilen. 
Hei'r  Ingenieur  Roufsel  (Mecheln)  hatte  eine  Arbeit  über  Prüfung  von 
Radreifen  vorgelegt,  die  gedruckt  werden  soll. 

Ferner  haben  die  Heri'en  Debray  (Paris)  und  Candlot  (Boulogne) 
sowie  Herr  Belelubsky  (Petersburg)  Druckschriften  über  ihre  Ar¬ 
beiten  und  Apparate,  welche  dabei  benutzt,  sowie  bemerkenswerthe 
Probestücke,  die  dabei  erhalten  wurden,  zur  Vertheilung  und  An¬ 
sicht  gebracht. 

Herr  Prof.  Belelubsky  (Petersburg)  hielt  am  ersten  Tag  der 
Verhandlungen  einen  gehaltvollen  Vortrag:  Aufstellung  von  Formeln 
über  Einflufs  der  Stabform  auf  Dehnung  und  Contraction  auf  Grund  der 
Versuche  zweier  russischen  Ingenieure.  Am  zweiten  Sitzungstag  wurde 
ein  solcher  von  Herrn  Prof.  Debray  (Paris)  über  den  Einflufs  des  Meer¬ 
wassers  auf  die  Dauerhaftigkeit  hydraulischer  Bindemittel  gehalten. 
Beide  Vorträge  sollen  im  Auszug  den  Protokollen  beigefügt  werden. 

Einen  sehr  wichtigen  Gegenstand  brachte  der  Vorsitzende,  ange¬ 
regt  durch  Herrn  Prof.  Tetmajer  (Zürich),  schon  am  ersten  Tage, 
und  dann  wiederholt  am  zweiten  Tage  zur  Sprache,  nämlich  die 
Gründung  einer  Zeitschrift  für  die  Versammlungen,  insbesondere  für 
den  ständigen  Ausschufs.  Dieselbe  soll  hauptsächlich  zur  Ver¬ 
mittlung  und  Mittheilung  der  Arbeiten  der  verschiedenen  Unter¬ 
ausschüsse  und  ihrer  Mitglieder  unter  sich  und  mit  dem  Vor¬ 
stande  des  ständigen  Ausschusses  dienen,  ferner  Prüfungsergebnisse 
von  Versuchsanstalten  oder  einzelnen  Forschern  des  In-  und  Aus¬ 
landes  sammeln,  dieselben  jedoch  in  der  Regel  nur  im  Auszuge 
bringen,  sodafs  also  keineswegs  die  bereits  erscheinenden  Mitthei¬ 
lungen  der  verschiedenen  Versuchsanstalten  dadurch  ersetzt  werden. 
Endlich  soll  das  Blatt  auch  über  Fortschritte  der  Technik  berichten, 
durch  welche  günstige  Prüfungsergebnisse  gewonnen  worden  sind. 
Die  Nothwendigkeit  und  Nützlichkeit  einer  solchen  Zeitschrift  wurde 
einstimmig  anerkannt,  und  der  künftige  Vorstand  des  ständigen 
Ausschusses  mit  den  weiteren  Schritten  beauftragt. 

Am  Schlüsse  wurde  der  bisherige  ständige  Ausschufs  mit  dem 
Rechte  der  Ergänzung  wiedergewählt,  ebenso  der  bisherige  Vor¬ 
stand  derselben,  Herr  Prof.  Baus chinger  (München).  Für  den 
Ort  der  nächsten  Versammlung,  die  im  September  1892  stattfinden 
soll,  wurde  Wien  bestimmt.  C.  Klebe. 


Vermischtes. 


Die  eisenbahiifachwissenschaftliclieu  Vorlesungen  in  Preufsen 
werden  im  Winterhalbjahr  1890/91  in  folgender  Weise  stattfinden: 

In  Berlin  werden  in  den  Räumen  der  Universität  Vorlesungen 
über  Preufsisches  Eisenbahnrecht  und  über  den  Betrieb  der  Eisen¬ 
bahnen  gehalten  werden.  Das  nähere,  namentlich  auch  bezüglich 
der  Anmeldung  zu  den  Vorlesungen,  ist  aus  dem  Anschläge  in  der 
Universität  ersichtlich. 

In  Breslau  werden  sich  die  Vorträge  auf  die  vorbezeichneten 
Gegenstände  und  ferner  auf  die  Nationalökonomie  der  Eisenbahnen, 
insbesondere  das  Tarifwesen,  und  auf  die  Verwaltung  der  preufsischen 
Staatsbahnen  erstrecken. 

In  Köln  werden  Vorlesungen  über  Preufsisches  Eisenbahnrecht 
und  über  Technologie  im  Verwaltungsgebäude  der  Königlichen  Eisen- 
bahndirection  (linksrhein.)  gehalten  werden. 

Die  Baulichkeiten  der  Pariser  Weltausstellung  von  1889.  Nach 
einem  kürzlich  bekannt  gegebenen  Gesetze  wird  das  Marsfeld  end¬ 
gültig  wie  folgt  gestaltet  werden*):  Der  gegenwärtige  Park  mit  dem 
Eiff’elthurm  in  der  Mitte,  seinen  beiden  Teichen,  seinen  Rasenplätzen 
und  seinen  Anpflanzungen  bleibt  so  erhalten,  wie  er  ist.  Ebenso 
bleiben  der  Springbrunnen,  die  Ausstellungsgebäude  der  schönen  und 
der  freien  Künste,  der  grofse  Kuppelbau,  die  30  m- Halle  und  die 
Maschinenhalle  erhalten;  alle  anderen  Baulichkeiten  werden  abge¬ 
brochen.  Vollständig  verschwinden  die  Hallen,  welche  den  verschie¬ 
denen  Industrieen  gedient  haben.  Dieselben  sind  zum  Theil  bereits 
abgebrochen.  Ihr  Platz  wird  in  eine  Art  von  Park  umgebildet,  den 
man  in  18  Vierecke  zu  zerlegen  gedenkt;  zusammen  ergeben  diese 
ein  Viereck  von  sehr  erheblichen  Abmessungen,  dessen  Felder  durch 
Bäume  begrenzt  werden.  Weder  Sträuche  noch  Blumen  will  man 
hier  pflanzen;  dieser  Theil  des  Marsfeldes,  welcher  ganz  der  Oeffent- 
lichkeit  übergeben  wird,  ist  vielmehr  bestimmt,  den  Schülern,  die 
jetzt  vorzugsweise  ihre  Spiele  und  Hebungen  im  Boulogner  Wäldchen 


*)  Vgl.  den  Plan  im  Jahrgang  1888,  Seite  370  d.  Bl. 


abhalten,  als  Spielplatz  zu  dienen.*)  Endlich  wird  das  Marsfeld 
durch  einen  von  der  St.  Dominique-Strafse  ausgehenden,  20  m  breiten 
Weg  durchkreuzt  und,  bevor  es  der  Stadt  Paris  einverleibt  wird,  mit 
einem  leichten  eisernen  Gitter  umgeben  werden.  Die  erforderlichen 
Arbeiten  beabsichtigt  man  thunlichst  zu  beschleunigen,  um  dem  Welt¬ 
ausstellungsplatze  sobald  als  möglich  wieder  ein  gefälligeres  Aus¬ 
sehen  zu  geben.  In  dem  Gebäude  der  schönen  Künste  wird  die  all¬ 
jährliche  Kunstausstellung,  der  „Salon“,  Unterkunft  finden,  die 
Gemälde  zu  ebener  Erde,  die  Werke  der  Bildhauer  im  ersten  Stock¬ 
werk.  Auch  dürfte  man  hier  einen  ständigen  Salon  mit  Verkaufs¬ 
hallen  einrichten.  In  dem  Innern  des  Ausstellungsgebäudes  der 
freien  Künste  sollen  Concerte,  Bälle,  Theatervorstellungen  und  Ge¬ 
sangaufführungen  stattfinden,  während  die  offenen  Hallen  nach  dem 
Thurm  hin  oben  und  unten  zur  Aufnahme  ethnographischer  Samm¬ 
lungen  und  Unternehmungen  der  Gesellschaft  für  Volks wirthschaft 
dienen  werden.  Die  30  m-Halle  wird  nach  ihrer  Instandsetzung  zum 
Lustwandeln  bei  schlechtem  Wetter  geöffnet,  und  die  Maschinen¬ 
halle,  nachdem  sie  eingeebnet  und  mit  frischer  Sandbettung  versehen 
ist,  für  Gartenbau-,  Vieh-  und  Pferdeausstellungen  sowie  für  grofse 
Feste  Vorbehalten  bleiben.  Mit  170  000  Franken  jährlich  hofft  man 
die  Gebäude  und  die  sämtlichen  Anlagen  des  Marsfeldes  unterhalten 
zu  können.  So  wird  die  Weltausstellung  dem  französischen  Volke 
und  insonderheit  der  Pariser  Bevölkerung  auch  noch  weiterhin  von 
Nutzen  sein.  — s. 


*)  An  dieser  Stelle  mag  darauf  hingewiesen  werden,  dafs  es  so¬ 
wohl  in  Frankreich  als  auch  in  England  allgemein  üblich  ist,  die 
Rasenplätze  von  den  Spaziergängern  betreten  zu  lassen  und  zum 
Lagern  und  Spielen  frei  zu  geben.  Die  Annehmlichkeit,  sich  nicht 
lediglich  auf  staubiger  Landstrafse  bewegen  zu  müssen,  ist  so  grofs, 
dafs  die  geringen  Mehrunterhaltungskosten  des  Rasens  hierbei  nicht 
in  Betracht  kommen.  Es  würde  sicherlich  auch  in  Deutschland  all¬ 
seitig  dankbar  empfunden  werden,  wenn  man  weniger  peinlich  den 
Rasen  vor  dem  Betreten  hüten  und  denselben  seiner  eigentlichen 
Bestimmung  zurückgeben  wollte. 


440 


22.  October  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Büclierschau. 

Die  Ziin  111  ergo tliik  in  Deutsch -Tirol,  herausgegeben  von  Franz 
Paukert.  TT.  Das  Etsclithal,  32  Tafeln  mit  Erläuterungen  in 
Folio.  Leipzig  1890.  Yei-lag  von  E.  A.  Seemann.  Preis  12  Jt. 

Dem  ersten  Tbeile  dieser  Aufnahmen  mittelalterlicher  Zimmer- 
gothik*)  ist  nunmehr  ein  zweiter  gefolgt,  da  sich  die  Brauchbarkeit 
solcher  Sammlung  für  die,  welche  zu  ihren  künstlerischen  oder  kunst¬ 
gewerblichen  Arbeiten  mittelalterliche  Vorlagen  nöthig  haben,  hin¬ 
länglich  gezeigt  hat.  Diesem  zweiten  Theile,  der  gleichfalls  noch 
südtirolische  Arbeiten  enthält,  sollen  sich  dann  in  einem  dritten 
Theile  Aufnahmen  aus  Nord-Tirol  anreihen.  Die  meisten  der  dar¬ 
gestellten  Gegenstände  befinden  sich  in  Meran,  aufserdem  sind  noch 
berücksichtigt  Freudenstein,  St.  Valentin,  Tramin,  Bozen,  Leifers, 
Montan  und  Eun. 

Unter  den  dargestellten  Thüren  fällt  auf  die  aus  dem  TTause  des 
deutschen  Eitterordens,  Blatt  19.  Ihre  Felder  sind  durch  stets  ver¬ 
schieden  gemustertes  Blenden-Mafswerk  auf  farbigem  Grunde  und 
zwischen  Leisten  mit  eingelegten  Mustern  reich  und  prächtig  ge¬ 
schmückt.  Bemerkenswerthe  Deckenbildungen  sieht  man  auf  Blatt  15, 
25,  27  und  28.  Drei  Blätter  enthalten  in  gröfserem  Mafsstabe  ge¬ 
zeichnete  Beschläge;  unter  ihnen  fällt  der  vorzüglich  dai-gestellte 
Löwenkopf  (Blatt  18)  ins  Auge,  der  dem  Blattwerke  nach,  welches 
ihn  umkränzt,  spätgothisch  ist,  nicht  aber,  wie  der  Text  besagt,  in 
die  Uebergangszeit  gehört.  Auf  mehreren  Blättern  sind  Chor-  und 
Betstühle  wiedergegeben.  Streng  genommen  gehören  diese  kirch¬ 
lichen  Stücke  wohl  nicht  hierher,  allein  sie  sind  so  eigenartig  durch¬ 
gebildet,  dafs  man  sie  nicht  entbehren  möchte.  In  gröfserer  Anzahl 
sind  Möbel  dargestellt.  Unter  den  Schränken  thut  sich  der  aus 
Meran  auf  Blatt  14  hervor;  luiter  den  Truhen  ist  die  aus  Bozen, 
Blatt  22,  durch  ihre  in  blendenmafswerkartigen  Kerbschnitten  ge¬ 
haltenen  Füllungen  ausgezeichnet.  Die  Tische  aus  Meran,  Blatt  12, 
sind  noch  ohne  Leim  zusammengefügt;  sehr  selten  dürfte  ein  Möbel 
sein  wie  das  auf  Blatt  10  gezeichnete  spätgothische  Himmelbett  aus 
Meran,  und  fast  ebenso  selten  ein  Ofen  wie  der  auf  Blatt  4,  gleich¬ 
falls  aus  Meran.  Der  prachtvolle  Ofen  besteht  aus  grünglasirten 
Kacheln,  die  in  dem  unteren  Theile  ein  gleichförmiges  Kosetten- 
muster  zeigen,  in  dem  oberen,  cylinderartigen  Ofentheile  aber  in  jeder 
Eeihe  ein  anderes  Flachbild  tragen.  Diese  Flach bilder  wären  cs 
werth  gewesen,  in  einem  gröfseren  Mafsstabe  abgebildet  zu  werden, 
wie  folgende  Angabe  des  Dargestellten  darthun  mag;  (von  unten 
nach  oben)  die  Jungfrau  mit  dem  Einhorn,  das  Bildnifs  des  deut¬ 
schen  Ivaisers  mit  Eeichsapfel  und  Schwert,  der  österreichische  Haus¬ 
schild  mit  den  Wappenschilden  von  Tirol  und  Meran  zu  einer  Gruppe 
vereinigt,  Ritter  St.  Jörg  als  Drachentödter  und  endlich  schildtragende 
Engel.  Die  Schildchen  der  letzteren  sowie  die  Zinnenkrönung  des 
Ofens  sind  unglasirt,  damit  den  Schildchen  die  Wappen  der  13  öster¬ 
reichischen  Lande  aufgemalt  werden  konnten.  Der  ganze  Ofen 
mufs  einen  vortrefflichen  Eindruck  machen.  Wenn  wir  schliefslich 
noch  erwähnen,  dafs  die  übrigen  Blätter  schön  modellirte  Wappen, 
Einzelheiten  wie  Füllungsmuster,  Leisten  und  dergl.  enthalten,  so 
dürfte  der  Inhalt  im  wesentlichen  genannt  sein.  Wir  fügen  nur  noch 
hinzu,  dafs  die  Zeichnungen  —  alle  geometrisch  und  mit  Mafsstab 
versehen  —  gleichwie  deren  Vervielfältigung  durchaus  gelungen  sind, 
und  dafs  daher  auch  diese  Fortsetzung  des  schönen  Werkes  nur 
empfohlen  werden  kann.  G.  Schönermark. 

Handbuch  der  Baukunde.  Abth.  III.  Baukunde  des  Ingenieurs. 
Heft  3:  Städtisches  Strafsenwesen  und  Städtereiuigung- 
Bearbeitet  von  R.  Baumeister,  Ober-Baurath  und  Professor  an 
der  techn.  Hochschule  in  Karlsruhe.  Berlin  1890.  Ernst  Toeche. 
III  u.  356  S.  in  8“  mit  372  Abb.  im  Text.  Preis  geh.  8  J(,  geb.  9  JL 

Der  ixmfassende  Zweck  des  von  den  Herausgebern  der  deutschen 
Bauzeitung  und  des  deutschen  Baukalenders  veranstalteten,  in  zwang¬ 
loser  Heftfolge  erscheinenden  Handbuchs  der  Baukunde,  welches  eine 
Zusammenstellung  der  Ergebnisse  der  gesamten  Bauwissenschaften 
mit  Einschlufs  der  Hülfswissenschaften  sein  soll,  veranlafst  zwar  die 
Bearbeiter  der  einzelnen  Abschnitte  zur  Innehaltung  eines  engen 
Rahmens  und  zur  Beobachtung  einer  gedrängten  Kürze.  Dennoch 
zeigt  das  vorliegende  Heft,  gleichwie  die  beiden  aus  dem  Ingenieur¬ 
wesen  bereits  erschienenen  Hefte  (Grundbau  und  Wasserbau),  eine 
grofse  Vollständigkeit  und  Gründlichkeit.  Der  Verfasser  behandelt 
im  ersten  Theile  den  städtischen  Strafsenbau  bezüglich  der  Stadt- 
erweiterungspläne,  der  Strafsenbefestigung  und  des  Strafsenbahn- 
wesens,  im  zweiten  Theile  die  Stadtreinigung  bezüglich  des  Kehrichts, 
der  Excremente  und  des  Wassers. 

Gestützt  auf  eine  lehrreiche  Darlegung  über  Bevölkerungs¬ 
zunahme,  Wohnungsverhältnisse  und  allgemeine  Stadterweiterungs¬ 
fragen  werden  die  Elemente  des  Entwerfen s  und  der  Ausführung 

*)  vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1889,  S.  202. 


von  Städter  weite  rungsplänen,  wesentlich  vom  Standpunkte  des 
Ingenieurs,  aber  auch  unter  einer  gewissen  Berücksichtigung  künst¬ 
lerischer  Gesichtspunkte,  treffend  entwickelt.  Strafsennetze,  Strafsen- 
profile,  freie  Plätze,  Strafsendurchbrüche  und  baupolizeiliche  Vor¬ 
schriften  werden  als  grundlegend  für  das  Entwerfen,  Gesetzgebung, 
Enteignung,  Kostendeckung  und  communale  Mafsregeln  als  grund¬ 
legend  für  die  Ausführung  mit  grofser  Sachkunde  besprochen, 
selbstredend  ohne  damit  eine  erschöpfende  Darstellung  der  Lehre 
vom  Städtebau  zu  beabsichtigen.  Auch  die  Strafsenbefestigung 
wird  mit  verhältnifsmäfsiger  Kürze  behandelt,  aber  in  allen  Theilen 
fachgemäfs  und  leicht  fafslich  vorgetragen. 

Einer  sehr  willkommenen,  ausführlicheren  Darstellung  erfreuen 
sich  die  Strafseneisenbahnen,  welche  bekanntlich  für  den  städti¬ 
schen  Ingenieur  eine  immer  gröfsere  Wichtigkeit  gewinnen.  Den 
Oberbau  der  Strafsenbahnen  in  seiner  vielgestaltigen  Entwicklung 
beschreibt  der  Verfasser  in  allen  Theilen  zwar  gedrängt,  aber  höchst 
anschaulich  und  vollständig;  vielleicht  hat  ihn  die  Unparteilichkeit 
zu  einer  übergrofsen  Zurückhaltung  in  der  Kritik  geführt.  Auch  der 
Einrichtung  der  Wagen  und  den  verschiedenen  Betriebsarten  ist  die 
gebührende  Aufmerksamkeit  gewidmet;  nur  der  elektrische  Betrieb 
wird  etwas  kurz  behandelt. 

Die  gröfsere  Hälfte  des  ganzen  Werkes  wird  von  dem  Abschnitt 
„Reinigung  und  Entwässerung  der  Städte“  eingenommen,  welcher 
Gegenstand  eine  gleich  gründliche  und  umfassende  Bearbeitung  bis¬ 
her  wohl  kaum  in  einem  Lehrbuche  gefunden  hat.  Die  gesundheit¬ 
lichen  Beweggründe,  die  Beseitigung  des  Kehrichts  (einschliefslich 
Strafsenreinigung  und  Strafsenbesprengung)  und  die  getrennte  Ab¬ 
führung  der  Excremente  bilden  die  ersten  drei  Capitel;  besonders 
die  Excrementenbehandlung  ist  klar  und  übersichtlich  dargestellt. 
Es  folgen  die  ausführlichen  Capitel  „Canalisation“  und  „Canalwasser- 
Reinigung“,  welche  wohl  das  beste  sind,  was  über  diesen  Gegenstand 
in  neuerer  Zeit  veröffentlicht  wurde.  Die  Erörterungen  über  Spülung, 
Lüftung,  Hochwasser-Einflufs  und  Trennungssysteme  sind  auch  für. 
den  erfahrenen  Techniker  von  grofsem  Werthe.  Die  Reinigung  von 
Canal  wassern  bespricht  der  Verfasser  nach  den  Gesichtspunkten  der 
Flufs Verunreinigung,  der  chemischen  Klärung,  der  Klärbehälter,  der 
Filterung,  der  Berieselung  und  der  Kosten;  die  Darstellung  gewährt 
einen  ungewöhnlich  lehrreichen  Einblick  in  dieses  überall  noch  in 
der  Entwicklung  begriffene  Gebiet  der  technischen  Wissenschaft. 

—  n. 

Die  elektrischeii  Motoren  und  ihre  Anwendungen  in  der  In¬ 
dustrie  und  im  Gewerbe  sowie  im  Eisen-  und  Strafsenbahnwesen. 

Vom  Verfasser  des  vorgenannten  Buches,  dessen  erste  Lieferung 
auf  S.  40ü  d.  J.  besprochen  wurde,  ist  uns  folgende  „Berichtigung“ 
zugegangen : 

„Die  in  der  Bücherschair  des  Centralblatts  der  Bauverwaltung 
Nr.  38  vom  20.  September  d.  J.  gelegentlich  der  Eecension  meines 
Werkes  „Die  elektrischen  Motoren  und  ihre  Anwendungen  in  der 
Industrie  und  im  Gewerbe  sowie  im  Eisen-  und  Strafsenbahnwesen“ 
von  Seiten  des  Herrn  S.  ausgesprochene  Meinung,  dafs  ich  mich  an 
das  Werk  „The  Electric  Motor  and  its  Applications“  anlehne,  ist 
irrthümlich.  Wäre  Herr  S.  mit  der  Materie  näher  vertraut  und  hätte 
er  mein  „Büchlein“  einer  eingehenderen  Lectüre  gewidmet,  so  hätte 
er  sicherlich  eine  derartige  voreilige  und  ungerechtfertigte  Meinung 
nicht  zum  Ausdruck  gebracht.  Betrefi’s  der  Quellenangabe  verweise 
ich  den  Herrn  S.  auf  das  Litteraturverzeichnifs  im  letzten  Hefte. 

Magdeburg  S.,  den  1.  October  1890. 

Dr.  Martin  Krieg, 

Chefredacteur  des  Elektrotechnischen  Echo.“ 

Wir  haben  diese  Auslassung  dem  Urheber  jener  Besprechung 
vorgelegt  und  von  ihm  folgende  Erwiderung  erhalten: 

„Inwieweit  die  von  mir  mit  Bezug  auf  das  Büchlein  des  Herrn 
Dr.  K.  geäufserte  Meinung,  dafs  sich  der  Verfasser  an  den  Inhalt 
des  Werkes  „The  Electric  Motor  and  its  Applications“  anlehne, 
„irrthümlich“  bezw.  „voreilig  und  ungerechtfertigt“  ist,  darf  ich  füg¬ 
lich  denjenigen  überlassen,  die  mit  der  Materie  thatsächlich  näher 
vertraut  sind.  Ein  Vorwurf  würde,  wenigstens  von  einem  Elektro¬ 
techniker,  in  einer  solchen  Meinungsäufserung  wohl  kaum  erblickt 
werden,  denn  dem  Fachmann  ist  eben  bekannt,  dafs  ein  compilatori- 
sches  Buch  über  Elektromotoren  heute  nur  schwer  geschrieben 
werden  kann,  ohne  das  Werk  von  Martin  u.  Wetzler  zu  berück¬ 
sichtigen,  selbst  wenn  man  die  americanische  Fachzeitschrift  Electrical 
World,  worin  Martin  und  Wetzler  zuerst  ihre  Aufsätze  über  Elektro¬ 
motoren  veröffentlichten,  zu  Hülfe  nähme  oder  den  Elektrotechnischen 
Anzeiger,  der  wenigstens  in  den  letzten  Jahren  uns  Deutschen  regel- 
mäfsig  auch  die  Neuheiten  aus  America  auf  dem  Gebiete  der  elektri¬ 
schen  Arbeitsübertragung  brachte. 

Von  dem  in  der  „Berichtigung“  über  die  Quellenangabe  gemachten 
Vermerk,  der  übrigens  den  letzten  Satz  meiner  Recension  nicht  um- 
stöfst,  habe  ich  Kenntnifs  genommen.  S.“ 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  AVillrelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtliclieu  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


441 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  25.  October  1890.  Nr.  43. 


Rcdactioii:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHAIT:  Amtliches:  Circular-Erlafs  vom  27.  September  1890,  betr.  die  Anfertigung 
von  Gebäude-lnventarien  der  Dienstgebäude  durch  die  Staatsbaubeamten.  —  Personal- 
Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Das  Demmersche  Haus  in  Braunschweig.  —  Italienische 
Architektur- Ausstellung  in  Turin.  —  Preisbewerbuug  für  den  Neubau  der  Peterskirche 
in  Frankfurt  a.  M.  —  Mangelhafte  Vorrichtungen  und  Vorschriften  bei  der  Prefsluft- 

Gründung.  —  Geschofsvorrichtung  zum  Abstillen  der  Meereswellen  mit  Oel.  —  V  cr- 
mischtes:  Eathhaus  in  Aachen. —  Neue  Vorschriften  über  Dampfkessel.  —  Wander¬ 
versammlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur-Vereine.  —  Donau- 
brucke  bei  Cernavoda  in  Rumänien.  —  Tunnel  unter  dem  Firth  of  Forth.  —  Inhalt 
der  Zeitschrift  für  Bauwesen.  —  Nachdruck  ans  dem  Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Circular -Erlafs,  betretfend  die  Anfertigung’  von  Gebäude- 
Inventarien  der  Dienstgebäude  durch  die  Staatsbau¬ 
beamten. 


Berlin,  den  27.  September  1890. 

Zur  Beseitigung  hervorgetretener  Zweifel  wird  hierdurch  im  An- 
schlufs  an  die  von  den  Herren  Ministern  für  Landwirthschaft, 
Domänen  und  Forsten  und  der  Finanzen  erlassene  Rundverfügung 
vom  9.  October  1889,  betrefFend  die  bauliche  Unterhaltung  der  Dienst- 
Etablissements  der  Forstverwaltung  —  Min.  Bl.  S.  167/68  —  be¬ 
stimmt,  dafs  den  Staatsbaubeamten  nur  die  Anfertigung  eines  voll¬ 
ständigen  Exemplars  bei  allen  Gebäude -Inventarien,  insbesondere 
auch  den  durch  §  4  des  Regulativs  über  die  Dienstwohnungen  der 
Staatsbeamten  vom  26.  Juli  1880  vorgeschriebenen  obliegt,  während 
die  Herstellung  der  weiteren  Exemplare  allgemein  der  zuständigen 
Aufsichtsbehörde  für  Rechnung  der  bezüglichen  allgemeinen  Fonds 
überlassen  bleibt. 

Die  betreffenden  Vorschriften  in  §  292  der  Dienst -Anweisung 
für  die  Königlichen  Bauinspectoren  der  Hochbauverwaltung  vom 
1.  October  1888  werden  hierdurch  entsprechend  ergänzt  bezw.  ab¬ 
geändert. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten.  Der  Finanz-Minister. 

Im  Aufträge  In  Vertretung 

Schultz.  Meinecke. 

An  sämtliche  Herren  Regierungs-Präsidenten,  den 
Herrn  Polizei -Präsidenten  und  die  Königliche 
Ministerial-Bau-Commission  hierselbst,  sowie  an 
die  Herren  Chefs  der  Königlichen  Strombauver¬ 
waltungen  in  Danzig,  Breslau,  Magdeburg  und 
Coblenz  (je  besonders). 

III  16  416  M.  d.  ö.  A.  —  I  13  552  F.  M. 


Personal  -  Nachrichten. 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Ge¬ 
heimen  Baurath  und  vertragenden  Rath  im  Ministerium  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten  Jungnickel  zum  Geheimen  Ober-Baurath  zu  er¬ 
nennen. 

Die  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  Gustav 
Schultz  in  Wehlau  O./Pr.  und  Selhorst  in  Osterburg,  Reg.-Bezirk 
Magdeburg,  sind  als  Königliche  Kreis-Bauinspectoren  ebendaselbst 
angestellt  worden. 

Der  Kreis-Bauinspector  Baurath  Mo  mm  in  Landeshut  i.  Schl., 
ist  in  gleicher  Amtseigenschaft  nach  Hersfeld,  Reg.-Bezirk  Cassel, 
versetzt  worden.  Ueber  die  Wiederbesetzung  der  Kreis-Bauinspector- 
Stelle  in  Landeshut  ist  bereits  anderweitig  verfügt. 


Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  sich  Gnädigst 


bewogen  gefunden,  den  nachbezeichneten  Beamten  die  unterthänigst 
nachgesuchte  Erlaubnifs  zur  Annahme  und  zum  Tragen  der  ihnen 
von  Seiner  Majestät  dem  Deutschen  Kaiser,  Könige  von  Preufsen, 
verliehenen  Ordensauszeichnungen  zu  ertheilen,  und  zwar;  dem  Bau- 
director  v.  Würthenau  in  Karlsruhe  bezüglich  des  Königlich 
Preufsischen  Kronen-Ordens  11.  Klasse,  dem  Oberingenieur  Kern  in 
Basel  und  dem  Vorstand  des  bahnbautechnischen  Bureaus  der  General- 
direction  der  Grofsherzoglichen  Staatseisenbahnen  Gernet  in  Karls¬ 
ruhe  bezüglich  des  Königlich  Preufsischen  Kronen-Ordens  HL  Klasse, 
sowie  den  Bahnbauinspectoren  Gockel  in  Lörrach,  Gebhard  in 
Zollhaus  -  Blumberg  und  Kräuter  in  Stühlingen  bezüglich  des 
Königlich  Preufsischen  Rothen  Adler-Ordens  IV.  Klasse;  —  ferner  den 
Bahningenieur  Moriz  Eisenlohr  in  Lörrach,  unter  Ernennung  zum 
Ingenieur  I.  Klasse,  zur  Wasser-  und  Strafsenbauverwaltung  zu  ver¬ 
setzen,  dem  Bahnbauinspector  Eduard  Gockel  in  Lörrach  die  etat- 
mäfsige  Amtsstelle  eines  Bahnbauinspectors  in  Heidelberg,  dem 
Centralinspector  bei  der  Generaldirection  der  Staatseisenbahnen, 
Bahnbauinspector  Otto  Hof,  die  etatmäfsige  Amtsstelle  eines  Bahn¬ 
bauinspectors  in  Offenburg,  dem  Bahnbauinspector  Edwin  Kräuter 
in  Stühlingen  die  etatmäfsige  Amtsstelle  eines  Bahnbauinspectors  da¬ 
selbst  und  dem  Bahnbauinspector  Karl  Gebhard  in  Zollhaus,  unter 
Belassung  seines  Titels,  die  etatmäfsige  Amtsstelle  eines  Central¬ 
inspectors  bei  der  Generaldirection  der  Staatseisenbahnen  zu  über¬ 
tragen,  sowie  den  Bahningenieur  Karl  Theodor  Fliegauf  in  Freiburg 
als  Ingenieur  I.  Klasse  zur  Wasser-  und  Strafsenbauverwaltung  zu 
versetzen. 

Durch  Entschliefsung  Grofsherzoglichen  Finanzministeriums  vom 
29.  September  1890  wurden  zugewiesen;  dem  Bahnbauinspector 
Gockel  in  Heidelberg  der  Dienstbezirk  Heidelberg  I,  dem  Bahn¬ 
bauinspector  Oberingenieur  Fuchs  daselbst  der  Dienstbezirk  Heidel¬ 
berg  II,  dem  Bahnbauinspector  Oberingenieur  Scholl  in  Offenburg 
der  Dienstbezirk  Offenburg  I  und  dem  Bahnbauinspector  Hof  da¬ 
selbst  der  Dienstbezirk  Offenburg  II.  Ferner  wurden  zugetheilt;  der 
Bahningenieur  Karl  Buzengeiger  in  Heidelberg  dem  Bahnbau¬ 
inspector  des  Dienstbezirks  Heidelberg  II,  der  Bahningenieur  Richard 
Hergt  in  Mannheim  dem  Bahnbauinspector  des  Dienstbezirks  Heidel¬ 
berg  I,  der  Bahnarchitekt  Johann  Lutz  in  Stühlingen  und  die 
Bahningenieure  Otto  Hardung  in  Offenburg  und  Hermann  Eissen¬ 
hauer  in  Stühlingen  dem  Bahnbauinspector  des  Dienstbezirks  Offen¬ 
burg  I,  der  Bahnarchitekt  Christian  Fefsler  in  Lörrach  dem  Bahn¬ 
bauinspector  in  Basel,  die  Bahningenieure  Hermann  v,  Stetten  in 
Lörrach  dem  Bahnbauinspector  in  Stühlingen,  Richard  Tegeler  in 
Stühlingen  dem  Bahnbauinspector  in  Mannheim,  Otto  Hanger  in 
Stühlingen  dem  Bahnbauinspector  in  Freiburg,  Arthur  Wolpert  in 
Stühlingen  dem  bahnbautechnischen  Bureau  der  Generaldirection  der 
Grofsherzoglichen  Staatseisenbahnen,  Otto  Spies  in  Heidelberg  dem 
Bahnbauinspector  in  Eberbach,  Karl  Rümmele  in  Zollhaus  dem 
Bahnbauinspector  in  Stühlingen  und  Wilhelm  Fefsler  in  Offenburg 
dem  Bahnbauinspector  des  Dienstbezirks  Ottenburg  II. 


[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Das  Demmersche  Haus  in  Braunschweig. 


In  Braunschweig  hat  sich  im  vergangenen  Winter  ein  Verein  zur 
Erhaltung  der  alten  Baudenkmäler  gebildet,  welcher,  wie  ähnliche 
Vereine  in  anderen  Städten,  auch  die  Wiederherstellung  der  Be¬ 
malung  der  alten  Fachwerkshäuser  der  Stadt  in  den  Kreis  seiner 
Wirksamkeit  aufgenommen  hat.  Seine  Thätigkeit  hat  der  Verein  mit 
der  Wiederherstellung  des  Demmerschen  Hauses  im  „Sack“,  welches 
jedem  Besucher  Braunschweigs  .  bekannt  sein  dürfte,  eröffnet.  Das 


Demmersche,  jetzt  Wagnersche  Haus  gehört  dem  ersten  Drittel  des 
16.  Jahrhunderts  an  —  angeblich,  aber  nicht  erwiesen,  stammt  es 
aus  dem  Jahre  1536  —  und  besteht  aus  den  beiden  zusammen¬ 
gezogenen  Dehl-  und  zwei  darüber  befindlichen,  nach  der  Strafse  zu 
vorkragenden  Bodengeschossen.  Das  Fachwerk  ist  in  Schwellen, 
Riegeln,  Winkelbändern,  Ständern  und  Tragbändern  überreich  ge¬ 
schnitzt.  Die  Darstellungen  zeigen  eine  auffallende  Uebereinstim- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


25.  October  1890. 


442 


mung  mit  einem  grofsen  Theile  der  Sclinitzereien  am  „13rusttuch“  in 
Goslar,*)  sodals  eine  nahe  Beziehung  der  Urheber  beider  Gebäude 
zu  einander  angenommen  werden  mufs,  wenn  nicht  gar  beide  Gebäude 
von  ein  und  demselben  Künstler  herrühren. 

Während  die  Dachschwelle  mit  einer  kräftigen  Rankenverzierung 
versehen  ist,  bedeckt  die  Schwelle  des  oberen  Bodengeschosses  eine 
Mafswerkverzierung,  welche  über  die  Winkelbänder  hinweg  zu  den 
Ständern  emporwächst  und  hier  in  candelaberartige  Zierformen  über¬ 
geht,  die  wiederum  als  Stützen  der  figurengeschmückten  Trag¬ 
bänder  dienen.  Die  Füllungen  des  Mafswerkes  sind  mit  Drachen, 
Masken,  Äffen,  spielenden  Kindern,  ebenso  die  Fensterriegel  mit 
allerhand  üngethümen  geschmückt.  Die  Hauptverzierung  des  unteren 
Bodengeschosses  bilden  auf  die  Ständer  geschnitzte,  in  Nischen 
stehende  Figuren,  welche  der  römischen  Mythologie  entnommen,  von 
links  nach  rechts  —  vom  Beschauer  aus  —  darstellen:  Saturn  mit 
der  Sense,  Neptun  mit  dem  Dreizack,  Mars  mit  Schild,  Schwert, 
Helm  und  Harnisch,  Venus  mit  einem  um  die  Hüften  geschlungenen 
Schleier  (Gürtel  der  Anmuth),  Apollo  mit  der  Strahlenkrone  und  dem 
Scepter,  einen  Löwen  zu  seinen  Füfsen,  Fortuna  mit  dem  kleinen, 
die  Augen  verbundenen  Plutus  auf  der  Glückskugel,  Mercur  mit 
Pfeife,  Schlangenstab  und  Geldbeutel,  Minerva  als  Sinnbild  der  Jung¬ 
fräulichkeit,  ein  bärtiger  Kitter  mit  Schild  oder  Schleuder  und  endlich 
Diana  mit  der  Stierhaut  auf  dem  Kopfe,  mit  Köcher,  Pfeil  und 
Bogen,  die  bekanntlich  auch  als  Geburtshelferin  und  Beschützerin 
der  Keuschheit  verehrt  wurde.  Die  Figuren  stehen  auf  Consolen, 
welche,  wie  in  Goslar,  in  Fruchtgehänge  mit  Thiermasken  endigen, 
zwischen  denen  in  Schiffchen  spielende  Amoretten,  Meerweibchen 
mit  Mercurflügeln  auf  die  Schiffahrt  hinzudeuten  scheinen,  wäh¬ 
rend  ein  Kampf  des  Löwen  mit  dem  Drachen  die  Stärke  versinn¬ 
bildlichen  soll.  Unter  der  Bodenluke  des  unteren  Geschosses  ist 
der  Teufel  abgebildet,  wie  er  einer  andern  Person  mit  einem  Baume 

„in  den  H . startet“,**)  während  unter  der  Bodenluke  des  oberen 

Geschosses  ein  drachenähnliches  Ungethüm  von  einer  Gans  verfolgt 
wird,  eine  Darstellung,  welche  in  ähnlicher  Weise  auch  an  der 
Bodenluken-Schwelle  eines  andern  Gebäudes  in  Braunschweig  (Lange- 
strafse  9)  sich  vorfindet.  Am  Anfang  und  Ende  der  unteren  Schwelle 
sind  die  Wappen  des  Erbauers  und  seiner  Frau  angebracht,  welche 
bislang  noch  nicht  haben  gedeutet  werden  können.  Das  Gebäude 
wurde  nachweislich  im  Mittelalter  „Zum  rothen  Schlüssel“  benannt. 


*)  Centralblatt  der  Bauverw.,  Jahrg.  1889,  S.  21. 

**)  Ein  altes  Sprüchwort  sagt: 

Dik  sali  de  düvel  in  de  H . starten. 


Die  Tragbiinder  des  Obergeschosses  zeigen  von  links  nach  rechts 
eine  Marktfrau  mit  einem  Korb  voll  Früchte  auf  dem  Kopfe,  einen 
Bauern  mit  Eierkorb,  ein  Edelfräulein  mit  Blume,  einen  Dudelsack¬ 
pfeifer  mit  Klapper,  einen  Bettler,  einen  Boten  mit  Tasche  und  Brief 
in  der  Hand,  ein  Frauenzimmer,  in  unzweideutiger  Stellung  über 
einem  Wasserkruge  stehend,  einen  Burschen,  welcher  in  drastischer 
Weise  jenem  Frauenzimmer  gegenüber  die  Finger  in  den  Mund 
steckt,  und  endlich  einen  Gänsedieb.  Die  unteren  Tragbänder  stellen 
dar:  eine  weibliche  Gestalt  mit  Schwert,  Buch  und  zerbrochenem, Rad 
(Wissenschaft?),  einen  Bauern  mit  einem  Geldbeutel  und  Brief  in  der 
Hand,  eine  Patricierin,  einen  Patricier,  einen  Narren  mit  Murmelthier, 
einen  Bauern  mit  der  Gülte  auf  der  Schulter,  einen  mit  Augengläsern 
bewaffneten  Gelehrten,  an  den  Fingern  zählend,  einen  Rathsherrn  mit 
dem  Hut  in  der  Hand,  einen  Bauern  mit  einem  Püster,  der  Gestalt  auf 
dem  folgenden  Tragbande,  welche  einen  unnennbaren  hinteren 
Körpertheil  entblöfst  hat,  Wind  zuj)ustend. 

Bei  der  von  dem  Kreis -Bauinspector  Pfeifer  geleiteten  Neu¬ 
bemalung  des  Gebäudes  ist  der  Grund  des  geschnitzten  Holzwerkes 
im  Holzton  stehen  geblieben;  nur  die  Füllungen  des  Mafswerkes 
haben,  um  den  durcheiuandergehenden,  geschwungenen  Formen  mehr 
Halt  zu  geben,  einen  blauen  Grundton  erhalten.  Die  Ornamente  und 
Figuren  sind  in  vorwiegend  grünen,  rothbraunen  und  blauen,  bezw. 
fleischfarbenen  Tönen  unter  mäfsiger  Verwendung  gedämpften  Goldes 
bemalt  und  an  den  geeigneten  Stellen  aufgelichtet.  Die  Farben  sind 
in  Rücksicht  auf  das  unvermeidliche  Nachdunkeln  und  Verblassen  in 
kräftigen  Tönen  gehalten.  Einen  rothbraunen  Grund  haben  die  Füll¬ 
bretter  erhalten,  auf  welchen  im  oberen  Bodengeschosse  gelbe,  von 
grünen  Blattranken  umgebene  Wappenschilder  mit  den  Attributen 
der  Monate,  im  untern  Geschofs  Ornamente  mit  Spruchbändern  ab¬ 
wechseln.  Die  Ornamente  zeigen  Verzierungen,  wie  sie  auf  alten 
Füllbrettern,  sowohl  am  Demmerschen  Hause  als  an  anderen  Gebäuden 
Braunschweigs,  noch  nachzuweisen  sind;  die  Verzierungen  sind  in 
Flachmalerei,  dunkel  Umrissen,  in  grünlichem  Tone  auf  den  roth¬ 
braunen  Grund  aufgemalt.  Die  Spruchbänder  tragen  den  platt¬ 
deutschen  Spruch: 

Ik  .  ape  O  sta  .  un  .  gape  Q 

Derwyle  .  ik  .  moeth  .  staen  O 

Machstdu  .  wyder  .  ghaen  O 

Trotz  der  reichen  Bemalung  wirkt  das  Ganze  doch  harmonisch, 
und  der  neue  Verein  konnte  seine  Wirksamkeit  nicht  glückverheifsen- 
der  beginnen,  als  mit  der  Wiederherstellung  des  Demmerschen 
Hauses,  welches  in  seiner  Originalität  zu  dem  besten  gehört,  was  an 
alten  Fachwerkshäusern  in  Deutschland  erhalten  ist.  s. 


Die  italienische  Architektur -Ausstelliiiiff  in  Turin. 


Am  28.  September  wurde  in  Turin  die  erste  italienische  Archi¬ 
tektur-Ausstellung  eröffnet.  War  der  Gedanke,  eine  nur  auf  die 
Architektur  beschränkte  Ausstellung  zu  veranstalten,  an  sich  schon 
gewagt,  so  mufste  der  Umstand,  dafs  bereits  im  nächsten  Jahre  in 
Palermo  eine  allgemeine  nationale  Ausstellung  stattfinden  soll,  neue 
Zweifel  an  dem  Gelingen  des  Unternehmens  erwecken.  Dennoch 
übertraf  der  Erfolg  die  Erwartungen,  wenngleich  nicht  ganz  Italien 
dem  Rufe  des  Tui-iner  Ausschusses  entsprochen  hat. 

Die  Ausstellung  gliedert  sich  nach  vier  Abtheilungen:  1.  Alte 
und  neuere  Kunst,  Wiederherstellungen  und  Aufnahmen  geschicht¬ 
licher  Denkmäler,  Entwürfe  und  neuere  Bauausführungen.  2.  Auf 
die  Architektur  bezügliches  Kunsthandwerk.  3.  Architektonische 
Veröffentlichungen  einschl.  Photographieen.  4.  Baupolizei  und  Ge¬ 
sundheitstechnik.  Die  erste  Abtheilung  ist  zwar  als  ein  erster  Ver¬ 
such  zu  beurtheilen,  dieser  kann  aber  nach  der  Zahl  der  eingelaufenen 
Gegenstände  als  glücklich  gelungen  bezeichnet  werden;  die  anderen 
Abtheilungen,  besonders  die  zweite,  sind  nur  unvollständig  beschickt. 

Von  der  ersten  Abtheilung  ist  innerhalb  der  Gruppe:  „Alte 
Kunst“  die  Sammlung  von  Zeichnungen  und  Modellen,  welche  das 
Unterrichts-Ministerium  nach  den  Landestheilen  geordnet  ausgestellt 
hat,  von  besonderer  Wichtigkeit.  Am  besten  vertreten  sind  Ligurien, 
Piemont  und  Neapel,  und  sehr  bemerkenswerth  sind  die  Aufnahmen 
von  A.  d’Andrade  von  der  Porta  soprana  in  Genua,  denen  sich 
zum  Vergleiche  Studien  der  Befestigungen  von  Aigue-morte  (bei 
Nimes)  anschliefsen,  ferner  die  archäologischen  Untersuchungen  des¬ 
selben  Künstlers  über  den  Palast  S.  Giorgio  in  Genua  und  den  Palast 
Madama  in  Turin,  welch  letztgenannter,  wie  d’Andrade  nachweist, 
sich  über  einem  der  vier  Thore  des  römischen  Mauergürtels  der 
Stadt  erhebt.  Die  Wiederherstellungsarbeiten,  welche  in  den  letzten 
zwanzig  Jahren  am  Dogenpalast  in  Venedig  bewirkt  wurden,  sind  in 
zahlreichen  Zeichnungen  vorgeführt;  auch  ist  ein  Holzmodell  der 
Bogenaussteifungen,  durch  welche  die  Auswechslung  der  schadhaften 
Säulen  des  Porticus  und  der  Loggia  ermöglicht  wurde,  beigegeben. 
Die  Arbeiten  der  S.  Marcus -Kirche  sind  in  einer  Sammlung  von 
Zeichnungen  und  Photographieen  vertreten,  welche  die  in  den  letzten 


Jahren  gemachten  Fortschritte  in  der  Art  und  Weise  der  Wieder¬ 
herstellung  alter  Bauwerke  erkennen  lassen.  Die  Ausgrabungen  in 
Pompeji  haben  eine  Reihe  farbiger  Tafeln,  welche  die  hauptsächlich¬ 
sten  Wandmalereien  wiedergeben,  und  einige  Holzmodelle  der  hervor¬ 
ragendsten  Denkmäler  geliefert.  Andere  Wiederherstellungen  von 
geringerem  Umfange  sind  die  Loggia  della  Mercanzia  in  Bologna, 
das  Baptisterium  in  Pistoja,  die  Kathedrale  von  Savona,  der  Palazzo 
dei  Giureconsulti  in  Mailand,  die  Bedachung  des  Domes  von  Orvieto 
u.  a.  m.  Unter  den  geplanten  Wiederherstellungen  ist  besonders  an¬ 
ziehend  diejenige  des  Stadthauses  in  Orvieto,  über  welches  die  Archi¬ 
tekten  Fumi  und  Zampi  eine  eingehende  kunstgeschichtliche  Mono¬ 
graphie  verfafst  haben.  Von  der  Gruppe:  „Aufnahmen  geschicht¬ 
licher  Denkmäler“  erwähnen  wir  das  Schlofs  von  Pavia,  die  Kirche 
S.  Maria  delle  Grazie  in  Arezzo,  das  Stadthaus  in  Brescia,  die 
Schlösser  Carpi  und  Villarbasse,  die  Engelsburg  in  Rom,  welche  der 
Hauptmann  Borgatti  zum  Gegenstände  einer  geschichtlich  und 
archäologisch  bemerkenswerthen  Untersuchung  macht,i)  die  Kirche 
S.  Maria  del  Tiglio  in  Gravedona,  das  Kloster  S.  Orso  in  Aosta, 
schliefslich  die  Basilica  S.  Zeno  in  Verona.  Im  allgemeinen  zeigt 
diese  Gruppe  eine  anerkennenswerthe  Besserung  in  der  Richtung  der 
Studien  wie  der  Denkmalpflege.  Dennoch  läfst  sich  nicht  verhehlen, 
dafs  immer  noch  viele  Aufnahmen  eine  gröfsere  Sorgfalt  in  der 
Wiedergabe  des  Charakters  der  einzelnen  Stilarten  zu  wünschen 
übrig  lassen;  auch  mufs  man  bedauern,  dafs  mehrere  Wiederher¬ 
stellungsarbeiten  hinsichtlich  des  Kostenpunktes  sich  nicht  innerhalb 
derjenigen  Grenzen  gehalten  haben,  auf  welche  eine  zweckmäfsige 
Wiederherstellung  sich  beschränken  soll.  So  wurden  bedeutende 
Summen  für  wenige  Denkmäler  geopfert,  während  im  Verhältnifs 
zu  der  Menge  geschichtlicher  Denkmäler,  welche  die  Hülfe  der  Regie¬ 
rung  fordern,  die  dem  Unterrichts-Ministerium  zur  Verfügung  stehen¬ 
den  Mittel  jedes  Jahres  nur  gering  sind. 

Auch  die  Gruppe:  „Neuere  Kunst“  ist  recht  umfangreich  aus¬ 
gefallen.  Wir  nennen  von  ausgeführten  oder  in  der  Ausführung  be- 

i)  .Vgl.  S.  295  dieses  Jahrganges. 


Oentralblatt  der  Bauverwaltang. 


443 


%  43. 


griifenen  Bauten;  den  Gerichtspalast, 2)  das  Finanz-Ministerium,  die 
Nationalbank  in  Kom,  die  Geschäftshäuser  Bocconi  in  Mailand  und 
in  Born,  die  Schulgebäude  in  Turin,  Mailand  und  Carrara,  das  natur¬ 
geschichtliche  Museum  in  Mailand,  die  Polyklinik  in  Kom,  den  Palast 
Bagatti-Valsecchi  in  Mailand,  sodann  d^e  Stadterweiterungen  von 
Neapel,  Genua,  Mailand,  Turin,  Florenz  und  Rom.  Die  Körperschaft 
des  „Genio  civile“  hat  endlich  die  auf  die  Regelung  des  Tibers  in  Rom 
bezüglichen  Zeichnungen  nebst  den  Neubauten  der  alten  römischen 
Brücken  Pons  Cestius  und  Aelius  ausgestellt.  Auch  finden  wir  viele 
Entwürfe  wieder,  welche  gelegentlich  der  jüngsten  Wettbewerbungen 
entstanden,  wie  diejenigen  .zum  Paidamentshause^)  und  zum  Gerichts¬ 
palaste  in  Rom,  zu  den  Paraden  der  Dome  in  Florenz,  Mailand  und 
Bologna,  zum  Palaste  Marino  in  Mailand^)  und  zur  Synagoge  in  Rom. 

In  einer  Ausstellung,  welche  ausschliefslich  der  Architektur  ge¬ 
widmet  ist,  hätte  wohl  auch  eine  Sammlung  von  Schülerarbeiten  aller 
Hochschulen  Platz  finden  sollen;  doch  sind  nur  die  Mailänder  und 
die  Turiner  Hochschule  vertreten.  Dieser  Mangel  ist  um  so  mehr  zu 
beklagen,  als  bei  dem  Streite,  welcher  gegenwärtig  in  Italien  über 


Reihe  solcher  von  Gemeinden  gefertigten  Entwürfe  und  daneben 
deren  im  eigenen  technischen  Amte  für  nothwendig  erachteten  Ab¬ 
änderungen  ausgestellt.  Für  Italien,  wo  man  zur  Zeit  vor  der  Er¬ 
richtung  zahlreicher  Schulbauten  steht,  ohne  sich  auf  hinreichende, 
an  ausgeführten  Beispielen  gesammelte  Erfahrungen  stützen  zu 
können,  wird  diese  Gegenüberstellung  gewifs  von  grofsem  Werthe 
sein  und  lehren,  welche  Bauweisen  in  den  verschiedenen  Landes- 
theilen  je  nach  Klima  und  üblichen  Baustoffen  sich  empfehlen  werden¬ 
in  richtiger  Erwägung  hatte  der  leitende  Ausschufs  die  vierte 
Abtheilung  zu  einer  internationalen  gemacht.®)  In  ihr  üben  die 
meiste  Anziehungskraft  diejenigen  Zeichnungen  und  Veröffent¬ 
lichungen  aus,  welche  das  Ausland,  besonders  Deutschland  ein¬ 
sandte.  Am  zahlreichsten  vertreten  sind  die  Städte  Berlin,  Leipzig, 
München,  Nürnberg,  Magdeburg,  Hamburg,  Mainz,  Prag,  Wien, 
London,  Warschau  und  Brüssel.  Die  italienischen  Städte  bieten  mit 
Ausnahme  von  Mailand,  Bologna  und  Spezia  auf  dem  Gebiete  der 
Gesundheitstechnik  so  gut  wie  nichts.  Zwar  haben  in  neuerer  Zeit 
die  Behörden  für  die  wichtigsten  Städte  des  Königreichs  Verord- 


1  0,5  Q  1  2  3  4  5" 

I  . . . i _ 1 _ ! _ ! _ 1 


Demmersches  Haus  in  Braunschweig. 


Holzst.  V.  O.  Ebel,  Berlin. 


die  Neugestaltung  des  architektonischen  Unterrichts  entbrannt  ist,'®) 
die  Ergebnisse  der  vorhandenen  Bauschulen  einen  reichen  Stoff 
für  die  Nothwendigkeit  einer  durchgreifenden  Neuerung  geliefert 
haben  würden.  Dagegen  darf  eine  andere  Arbeit,  welche  das 
Unterrichts  -  Ministerium  ausgestellt  hat,  nicht  mit  Stillschweigen 
übergangen  werden.  Da  es  zu  den  Obliegenheiten  dieses  Ministeriums 
gehört,  die  Entwürfe  zu  Schulgebäuden,  welche  von  Gemeinden  unter 
Staatsbeihülfe  errichtet  werden  sollen,  zu  prüfen,  so  hat  es  eine 


2}  Vgl.  Jahrgang  1889,  S.  174  d.  Bl.  —  3)  Vgl.  S.  145  d.  J.  - 
Vgl.  Jahrgang  1889  S.  157  d.  Bl.  —  s)  Vgl.  S.  205  d.  J. 


nungen  über  die  Ausführung  von  Neubauten  erlassen;  dennoch  bleibt, 
was  Entwässerung,  Wasserzuführung  u.  dgl.  angeht,  noch  viel  zu 
lernen  übrig,  und  in  dieser  Hinsicht  dürfte  das  Studienmaterial, 
welches  die  auswärtigen  Städte  geliefert  haben,  den  lehrreichsten  und 
am  meisten  nutzbringenden  Theil  der  Ausstellung  abgeben. 

Mailand.  Luca  Beltrami,  Architekt. 


®)  Diese  vierte  Abtheilung  war  in  dem  ursprünglichen  Programme, 
nach  dessen  Empfang  wir  die  kurze  Mittheilung  auf  S.244  d.  J.  machten, 
nicht  vorgesehen.  Nach  jenem  Programme  war  übrigens  auch  die  dritte 
I  Abtheiiung  (Veröffentlichungen  usw.)  eine  internationale.  D.  R. 


Die  Preisbewerbung  für  den  lieubau  der  Peterskirche  in  Frankfurt  a.  M 


Mit  jeder  neuen  Pfeisaufgabe,  welche  für  den  protestantischen 
Kirchenbau  den  Architekten  gestellt  wird,  geht  eine  gewisse  Er¬ 
regung  durch  die  Fachkreise.  Ist  hier  doch  eine  Reihe  der  schwie¬ 
rigsten  Kernpunkte  zu  lösen,  herrscht  hier  doch  immer  noch  ein 
Rathen  und  Suchen  nach  einer  dem  Wesen  der  Predigtkirche  ent¬ 
sprechenden  Gestaltung  der  ganzen  Raumanlage,  nach  zweckmäfsig- 
ster  Anordnung  der  Sitzplätze,  bester  Stellung  der  Kanzel  und  ge¬ 


eignetster  Lage  der  Zugänge.  Die  durch  die  Art  der  Baustellen 
vielfach  ungünstig  beeinflufsten  Fragen  der  Beleuchtung  und  Akustik 
treten  hinzu,  um  die  Arbeit  zu  einer  mühsamen  zu  machen.  Er¬ 
schwerend  fallen  ebenfalls  noch  die  meist  knapp  bemessenen  Bau¬ 
gelder,  die  Stilfrage  und  mancherlei  Voreingenommenheit  der  oftmals 
zäh  an  allerhand  alten  Ueberlieferungen  festhaltenden  Geistlichen 
ins  Gewicht;  und  meist  stehen  schliefslich  auch  die  ausgesetzten  Preise 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


25.  October  1890. 


in  unrichtigem  Verhältnisse  zu  der  grofsen  geforderten  Mühewaltung 
der  Bewerber.  Es  ist  erfreulich  feststellen  zu  können,  dafs  bei  dem 
vorliegenden  Wettbewerbe  die  meisten  dieser  Erschwernisse  nicht 


im  Norden  aus  der  Durchsetzung  der  gothischen  Ausdrucksweise 
mit  der  neu  auftretenden  Renaissance  herausbildete.  Der  Stil  ist 
also  kein  reiner;  er  zeigt  romanische,  gothische  und  Renaissance- 


Abb.  1.  Unterer  Grundrifs.  Abb.  2.  Emporen-Grundrifs. 

Entwurf  von  Grisehacli  u.  Dinklage  in  Berlin.  Erster  Preis. 


vorhanden  waren.  Die  Preise  waren  angemessen,  die  Anforderungen 
an  die  zeichnerische  Leistung  (Mafsstab  1  ;  200  und  Vorschrift  ein¬ 
facher  Federmanier)  mäfsige,  die  Zeit  reichlich  bemessen;  die  Auf¬ 
gabe  war  in  bündiger  Klarheit  gestellt,  die  Stilfrage  freigegeben. 
Da  in  einem  Frankfurter  Kircheublatte  von  geistlicher  Seite  die 
Vorzüge  einer  zweischiffigen  Anlage  sehr  betont  waren,  so  sah  man 
der  Entscheidung  des  Preisgerichtes*)  über  die  eingelieferten  59  Ent¬ 
würfe  mit  Spannung  entgegen. 

Der  Bauplatz  war  auf  dem  ehemaligen,  seit  1828  zu  einer  Park¬ 
anlage  umgewandeltön  Peterskirchhofe**)  frei  zu  wählen.  Für  die 
Verkehrserfordernisse  ist  dieser  seit  längerer  Zeit  mit  Verbindungs¬ 
wegen  durchsetzt.  Die  nördlich  vorbeiziehende  Bleichstrafse  liegt 
etwa  3  m  höher  als  die  südlich  geplante  Verlängerung  der  Senken- 
bergstrafse.  Die  einfachste  Lösung,  welche  auch  in  vielen  Entwürfen 
vorgeschlagen  wird,  ist  die  Stellung  der  Kirche  nahe  an  die  Bleich¬ 
strafse  auf  deren  Höhe.  Aus  Kostenrücksichten  hat  man  sich  zwar 
von  gewisser  Seite  schon  vor  dem  Ausschreiben  gegen  diese  Höhen¬ 
lage  ausgesprochen.  Die  aus  derselben  erwachsende  Mehrausgabe 
kann  aber  nicht  ins  Gewicht  fallen,  wo  es  sich  um  einen  Kirchen¬ 
neubau  von  dieser  Bedeutung  handelt.  Eine  verfehlte  Höhenlage 
liefse  sich  nie  wieder  gut  machen. 

Ueber  die  Zuerkennung  der  Preise  ist  auf  S.  415  d.  Bl.  bereits  be¬ 
richtet.  Der  mit  dem  1.  Preise  bedachte  Plan  der  Architekten  Grise- 
bach  u.  Dinklage  in  Berlin  zeigt  eine  zweischiffige  Anlage  und  im 
halben  unregelmäfsigen  Achteck  geschlossenen  Chor.  Die  Kanzel  ist 
frei  vor  dem  Chorgurte  au  der  östlichen  Längswand  aufgestellt,  sodafs 
der  Geistliche  fast  von  allen  Plätzen  gut  gesehen  werden  kann.  Der 
Altar  ist  an  die  Rückwand  des  Chores  gerückt,  welche  hoch  oben 
ein  grofses  Fenster  trägt.  Dieses  kann,  wenn  es  bedeutsamen 
Schmuck  durch  Glasmalereien  erhält,  die  Stelle  eines  Altarbildes 
vertreten.  Der  Umgang  um  den  Altar  ist  durch  einen  3,5  m  hohen 
Gang  erzielt,  von  welchem  auch  die  hinter  dem  Chor  liegende 
Sacristei  zugänglich  ist.  Die  Sitzreihen  sind  blofs  durch  zwei 
Gänge  getrennt;  dadurch  ist  eine  sehr  geschlossene  Anlage  erzielt 
und  weiter  eine  gegenüber  den  anderen  Entwürfen  verhältnifsmäfsig 
kleine  bebaute  Fläche,  durch  welche  eine  Gewähr  für  die  Billig¬ 
keit  der  Ausführung  geboten  ist.  Der  Lageplan  zeigt  die  Kirche 
inmitten  des  Peterskirchhofes;  die  Preisrichter  haben  die  Lage  auf 
der  Höhe  der  Bleichstrafse  empfohlen.  Die  Formen  des  Aufbaues 


motive,  und  diese  sind  geschickt  zu  einem  Bauwerke  von  eigenartigem 
Gepräge  verarbeitet. 

Der  an  zweiter  Stelle  ausgezeichnete  Plan  des  Architekten 
Vollmer  in  Berlin  löst  die  Aufgabe  vortrefflich  mit  einer  drei- 
schiffigen  Anlage.  Die  Anordnung  der  Sitzplätze  erhellt  aus  den 
Grundrissen  Abb.  3  u.  4,  welche  erkennen  lassen,  dafs  die  Zahl  der 
minderwerthigen  Plätze  sehr  gering  ist.  Die  Kanzel  ist  in  dem  in  das 
Langhaus  hineingezogenen  Chore  aufgestellt.  Zugänge  sind  reichlich 
vorgesehen,  auch  liegen  sie  gut  in  den  Richtungslinien  des  Verkehrs. 
Die  Orgelempore  ist  über  den  Betsaal  gelegt,  sodafs  Altar,  Kanzel 
und  Orgel  für  den  Blick  der  Gemeinde  im  Chore  vereinigt  sind.  In 
einer  hier  nicht  wiedergegebenen  Nebenskizze  ist  als  Standort  für 
die  Kanzel  die  Mitte  der  hinteren  Chorwand  vorgeschlagen  und  der 
Altar  frei  vorgerückt.  Alles  Anordnungen,  die  gewifs  den  Bedürf¬ 
nissen  der  Predigtkirche  gut  entsprechen. 

Die  Ausgestaltung  des  Inneren  ist  würdig.  Das  Aeufsere  hält 
zwar  an  gothischem  Gesamtaufbau  fest,  verwendet  aber  mit  grofser 
Entschiedenheit  Renaissanceformen  und  verarbeitet  diese  mit  vielem 
Geschick  zu  reizvoller  Gesamtwirkung.  Die  kleinen  Anbauten,  die 
Strebepfeiler  sind  eigenartig  erfunden;  die  ersteren  ordnen  sich  der 
Gesamtmasse  gut  unter,  ohne  diese  zerrissen  erscheinen  zu  lassen. 
Die  Darstellung  des  zwei  verschiedene  Thurmlösungen  aufweisenden 
Entwurfes  zählt  zu  den  besten  und  fleifsigsten  der  Wettbewerbung. 

Weniger  günstiges  können  wir  vom  dritten  preisgekrönten  Ent¬ 
würfe  berichten.  Prof.  Henrici  macht  den  Vorschlag,  den  Friedhofs¬ 
platz  noch  mit  einem  Pfarrhaus,  einer  Küsterwohnung  und  einer 
Bogenhalle  für  Aufstellung  der  alten  Grabmäler  in  gruppirter  Form 
zu  bebauen.  Bei  der  immer  weiter  fortschreitenden,  dichten  Be¬ 
bauung  der  Innenstadt  wird  man  aber  bestrebt  sein  müssen,  jeden 
freien  Platz  zu  erhalten;  so  erscheint  es  auch  erwünscht,  auf  dem 
Peterskirchhof  aufser  der  Kirche  kein  anderes  Bauwerk  zu  errichten. 
Pfarrhäuser  sind  im  Si^rengel  für  beide  Geistlichen  vorhanden,  der 
Küster  ist  leicht  in  einem  der  Nachbarhäuser  unterzubringen.  Eine 
Hallenanlage  liefse  sich  nur  befürworten,  wenn  sie  zur  Verkleidung 
an  den  Platz  grenzender  Brandmauern  diente  und  die  äufseren 
Grenzen  des  Platzes  harmonisch  abschlösse,  ohne  dicht  an  die  Kirche 
heranzutreten.  Die  Aufgabe  war  übrigens  im  Preisausschreiben 
nicht  mit  gestellt;  wir  erwähnen  die  Frage  nur,  um  unserer  dies¬ 
bezüglichen,  aus  örtlicher  Kenntnifs  von  Platz  und  Verhältnissen 


a  Pfarrer  b  Betsaal  c  Vorrauna. 


Abb.  3.  Unterer  Grundrifs.  Abb.  4.  Emporen-Grundrifs. 

Entwurf  von  Vollmer  in  Berlin.  Zweiter  Preis. 


schliefsen  sich  der  Bauweise  an,  welche  sich  zur  Reformationszeit 


*)  s.  S.  136  d.  Bl. 

**)  Dieser  Kirchhof  ist  in  den  weitesten  Kreisen  dadurch  be¬ 
kannt,  dafs  sich  hier  das  Grab  von  Goethes  Mutter  befindet. 


geschöpften  Ansicht  bestimmten  Ausdruck  zu  geben.  —  Der  Grundrifs 
des  Henri cischen  Planes  weist  drei  ungleiche  Schiffe  auf:  ein  Haupt¬ 
schiff’,  ein  gröfseres  Seitenschiff’  und  eines  von  nur  gangartiger  Breite. 
Der  Aufbau  zeigt  Renaissanceformen,  geht  jedoch  in  der  Darstellung 
auf  ihre  Durchbildung  nicht  ein.  Der  seitlich  liegende  Thurm  ist 


Nr.  43. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


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im  Aufbau,  besonders  in'  der  Spitze,  nicht  recht  geglückt.  Die  Aus¬ 
zeichnung  verdankt  der  Entwurf  jedenfalls  seiner  Grundform,  welche 
der  des  an  erster  Stelle  preisgekrönten  Planes  verwandt  ist. 

Es  ist  weiter  eine  stattliche  Anzahl  von  Entwürfen  zu  erwähnen, 
welche  bemerkenswerthe  Leistungen  aufweisen.  Die  gothischen 
Arbeiten  herrschen  vor.  Die  langjährige  Bevorzugung  dieses  Stiles 
für  kirchliche  Bauten  hat  ihn  nun  einmal  fast  zur  festen  Ueber- 
lieferung  gemacht  und  zu  sicherer  Beherrschung  seiner  Grundrifs¬ 
formen  und  Aufbaugestaltung  bei  den  Architekten  geführt,  während 
eine  Durchbildung  in  Renaissance-  und  anderen  Formen  bei  der  grofsen 
Menge  meist  „zu  welt¬ 
lich“  gefunden  wird. 

Wir  erwähnen  von 
den  gothischen  Ent¬ 
würfen  „Gen  Osten“, 

Architekt  Ph.  Strig- 
1er,  der  in  gutem 
Grundrisse  die  nicht 
verlangte  und  von  we¬ 
nigen  Bewerbern  be¬ 
achtete  richtige  Orien- 
tirung  der  Kirche  ver¬ 
suchte.  Der  Thurm 
liegt  nach  Norden. 

Die  Sitze  sind  gut 
angeordnet,  die  Archi¬ 
tektur  ist  einheitlich 
xind  malerisch.  —  Der 
mit  zwei  verschlunge¬ 
nen  Ringen  bezeich- 
nete  Plan,  eine  gothi- 
sche  Kreuzkirche  mit 
Doppellösung  für  einen 
rechteckigen  Thurm, 
zeigt  einen  sehr  schö¬ 
nen,  freien  und  der 
Abendmahlsfeier  wür¬ 
digen  Altarraum-  auch 
die  Chorfa^ade  ist  be¬ 
sonders  reizvoll  ge¬ 
staltet.  —  Der  Entwurf 
„Vince“  ist  in  sehr 
fleifsiger  Darstellung 
in  Otzenschen  Formen 
gehalten,  das  Innere 
besonders  schön  durch¬ 
gebildet.  Die  Grund¬ 
risse  finden  weniger 
Anklang,  weil  die  Em¬ 
poren  zu  mächtig.  — 

Die  Skizze  „Deo“  in 
derber  Federzeichnung 
hat  ebenfalls  Otzen- 
sche  Motive.  —  Die 
Blätter  mit  dem  Kenn¬ 
wort  >,Der  rechte  Stil 
am  rechten  Ort“  brin¬ 
gen  eine  schöne  Fa- 
•Qade  in  rheinischer 
Gothik  mit  gutem 
Grundrifs.  —  Der  EnL 
wurf  „Friede“  zeigt 
■eine  dreischiöige  Anlage  ohne  Querhaus  in  sehr  kurzem  Grundrifs 
und  verwendet  frühgothische  Formen.  Eine  flotte  Perspective  giebt 
zwei  verschiedene,  breitgezeichnete  Ansichten  der  Kirche  auf 
■einem  Bilde.  Als  Verfasser  nennen  sich  die  Herren  Zaar  und 
Vahl.  —  „Wo  Glaube  da  Friede“,  vom  Regierungs -Baumeister 
Louis  Müller  in  Frankfurt  a.  M.,  baut  nur  über  die  Stirnen  des 
■Quer-  und  Mittelschiffs  der  gothischen  Kreuzkirche  Emporen  und 
erreicht  dadurch  sehr  gute  Anordnung  der  Sitzreihen.  Die  Kirche 
hat  ein  einheitliches,  schlichtes  Gepräge,  das  in  der  Perspective  gut 
zum  Ausdruck  kommt.  —  Ein  Entwurf,  mit  kleinem  Schlüssel  be¬ 
zeichnet,  hat  sehr  grofse  Emporen,  zu  denen  die  Treppen  in  geraden 
Läufen  um  den  rechteckigen  Thurm  herumgelegt  sind.  Die  Arbeit 
ist  ungemein  fleifsig  in  scharfer  Bleiskizze  dargestellt  und  zeigt  die 
Formen  rheinischer  Gothik.  —  Die  Skizze  „Klar“  bringt  eine  gothische 
Kreuzkirche  mit  schönem,  frei  vorgebautem  Thurm;  als  Verfasser 
nennt  sich  R.  Lippold  in  Dresden.  —  „Ohne  Empore“  ist  ein  Ent¬ 
wurf  mit  gothischem  Aufbau,  der  freies  Querschiff  zeigt  und  über 
dem  Eingänge  Sitzplätze  hat:  eine  recht  knappe  lobenswerthe  Lösung, 
■deren  Ausgestaltung  der  Reize  nicht  entbehrt.  Mit  dreitheiligem  Klee¬ 


blatt  ist  ein  Entwurf  mit  i-echteckigem  Thurm  und  sehr  ansprechen¬ 
der  Perspective  bezeichnet.  „S.  Petrus“  bietet  eine  Centralkirche  mit 
gothischem  Vierungsthurm. 

Aber  auch  an  Renaissance-Entwürfen  ist  diesmal  mancherlei 
gutes  geliefert.  Die  ungemein  flott  in  zierlichem  Striche  vorgetragene 
Arbeit  „Dem  neuen  Geiste  neue  Form“  hat  eine  über  der  Vierung 
liegende  cassettirte  Kuppel.  Quer-  und  Längsschift'  mit  Emporen, 
in  klassischen  Formen,  und  die  äufsere,  mittlere  Flachkuppel  zeigen 
ein  eigenartiges  Gepräge,  das  uns  für  Kirchen  nur  eben  noch  nicht 
geläufig  ist.  —  Der  Entwurf  Predigtkirche  I,  von  Hof-Baumeister 

R.  Dielmann  ,  ist 
ebenfalls  in  strenger 
Renaissance  ausgebil¬ 
det  und  macht  Ein¬ 
druck  durch  seine 
hohe,  achtseitige  Vie¬ 
rungskuppel  und  seine 
neuen  Constructions- 
gedanken  im  Innern 
für  die  freitragenden 
Emporen.  —  „1700“ 
zeigt  eine  Renaissance¬ 
kirche  im  Stile  jener 
Zeit,  der  halbrunde 
Chor  sowohl  als  die 
Schiffe  sind  mit  hohen 
Mansarddächern  aus¬ 
gebildet. —  Predigt¬ 
kirche  HI  hat  den 
Thurm  über  der  Sa- 
cristei,  die  Kanzel  ne¬ 
ben  dem  Altar;  in  ech¬ 
ter  deutscher  Renaiss¬ 
ance  durchgebildet, 
bricht  sie  ganz  mit 
dem  Hergebrachten 
und  bringt  sehr  zweck- 
mäfsige  Vorschläge  für 
die  Nebenräume.  Der 
Plan  „Deutsch“  von 
Prof.  Neumeister  in 
Karlsruhe  hat  ein  sehr 
breites  Mittelschiff 
(15  m) ,  im  halben 
Achteck  geschlossene 
Seitenschiffe,  ist  in 
flotter  deutscher  Re¬ 
naissance  durchgebil¬ 
det  und  in  feiner  Fe¬ 
derzeichnung  darge¬ 
stellt.  —  „Früh  -  Re¬ 
naissance“  lenkt  das 
Auge  durch  seine  vie¬ 
len  kühnen  Spitzen  und 
derbe  Darstellungs¬ 
weise  auf  sich. 

Die  Versuche  mit 
romanischen  Bau¬ 
formen  sind  viel  ge¬ 
ringer  als  man  sie  bei 
dieser  Bewerbung  er¬ 
wartete.  Der  Entwurf 
„Soli  Deo  Gloria“,  die  beste  Leistung  dieses  Stils  in  der  Bewerbung, 
zeigt  eine  Centralkirche  mit  achtseitigem  Vierungsthurm.  Fronten 
und  Schnitte  sind  nach  sehr  ausgeführten  Zeichnungen  in  Photo- 
graphieen  gegeben.  —  „Roth  und  Weifs“  ist  eine  romanische 
Centralkirche  mit  161/2  m  weiter  Vierung,  vielen  Säulen  und  reichem 
Aufbau,  alles  fleifsig  dargestellt. 

Dafs  der  Wettbewerbung  auch  ein  „Stück  der  curieusen  Archi¬ 
tektur“  nicht  fehle,  dafür  sorgte  der  Verfasser  des  Entwurfes  NFR 
mit  wunderlicher  arabisch-maurisch-russisch  ausgebildeter  Anlage,  bei 
deren  Anblick  sich  der  Beschauer  in  ferne  Colonieen  versetzt  wähnt.  — 
Noch  manches  Gute  findet  sich  unter  den  Arbeiten,  ohne  dafs  es  sich 
hier  aufführen  läfst.  Mittelgut  und  geringe  Arbeiten  treten  wie 
überall,  so  auch  hier  zu  Tage,  sind  aber  harmlos  und  unschädlich. 
Es  drängt  sich  die  Frage  auf,  ob  sich  die  Renaissance  jetzt  einmal 
ernstlich  daran  wagen  wird,  auf  dem  Gebiete  des  protestantischen 
Kirchenbaues  mit  der  bisher  fast  unumschränkt  herrschenden  Gothik 
den  Wettkampf  aufzunehmen  und  ob  diese  Bestrebungen  mit  Er¬ 
folg  gekrönt  sein  werden?  Die  besprochene  Preisbewerbung  zeigt, 
dafs  Gothiker  wie  Vollmer  über  das  erforderliche  Rüstzeug  mit 


Abb.  5.  Ansicht. 

Peterskirclie  in  Frankfurt  a.  M. 

Entwurf  von  Orisebacli  ii.  Dinklage  in  Berlin.  Erster  Preis. 


Holzstiel!  T.  O.  Ebel. 


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einer  Schlagfertigkeit  verfügen,  welche  sie  auf  dem  neuen  Gebiet  mit 
Erfolg  arbeiten  läfst.  Wie  man  aber  in  diesem  Falle  in  Frankfurt 
in  einem  vielgelesenen  Platte  von  einem  Siege  der  Eenaissance  über 
die  Gothik  fabeln  konnte,  ist  nicht  ertindlich.  Immerhin  verdienen 
die  zu  Tage  getretenen  Bestrebungen  volle  Beachtung.  Nach  welcher 
Eichtling  hin  die  Fachgenossen  ihr  Können  und  ihre  Ueberzeugung 


einsetzen  werden  —  die  Ileilbronner,  Giefsener  und  Zwickauer 
Kirchenwettbewerbe  unter  anderen  werden  dazu  im  nächsten  Jahre 
wieder  Gelegenheit  geben*)  — ,  wird  die  weitere  Entwicklung  der 
Dinge  zeigen.  '  — b — ,  ' 


*)  vgl.  S.  363  u.  428  d.  J. 


Ueber  mangelhafte  Yorrichtungeii  und  Yorschriften  bei  der  Prefsluft- Gründung. 

Von  L.  Breniiecke. 


Die  Zeitschrift  des  Hannoverschen  Architekten-  und  Ingenieur- 
Vereins  bringt  im  Jahrgang  1890  (Seite  443  ff.)  einen  Aufsatz  über 
den  Bau  der  neuen  Eiderbrücke  bei  Friedrichstadt  in  Schleswig,  in 
welchem  u.  a.  über  die  beim  Betriebe  der  Frefsluft-Gründung  vor¬ 
gekommenen  Unfälle  IMittheilung  gemacht  wird.  Da  ich  bei  den 
vielen  Ausführungen,  die  ich  geleitet  oder  gesehen,  Unfälle  von  der¬ 
artigem  Umfange  nie  beobachtet  habe,  so  scheint  mir  ein  näheres 
Eingehen  auf  diese  Vorfälle  im  Interesse  der  Sache  angezcigt.  Des 
besseren  Verständnisses  halber  mögen  zunächst  diejenigen  Sätze  hier 
wiederholt  werden,  welche  die  infolge  der  Prefsluft  eingetretenen 
Krankheitserscheinungen  behandeln.  Es  heifst  a.  a.  0.  auf  Seite  452; 

„Auffallend  ist  dabei,  dafs  sämtliche  Unfälle  bei  niedrigem  Ueber- 
drucke  vorgekommen  sind.  Ein  Arbeiter  starb  1/4  Stunde  nach  dem 
Ausschleuseu  aus  einem  Ueberdrucke  von  nur  0,3  Atmosphären, 
ein  anderer,  welcher  vom  Arzte  für  die  Arbeit  unter  erhöhtem  Drucke 
nicht  untersucht  worden  war  und  aus  Uebermuth  sich  in  die  Mann¬ 
schaftskammer  gedrängt  hatte,  starb  6  Stunden  nach  dem  Aus¬ 
schleusen  aus  1  Atmosphäre  Ueberdruck  am  Lungenschlago.  Aufser 
diesen  Unglücksfällen  sind  noch  Lähmungen  an  3  Arbeitern  infolge 
Ausschleusens  zu  verzeichnen  .  .  .  Leichtere  Erkrankungen:  Glieder- 
reifsen,  Gesichtsschmerzen  usw.  sind  beinahe  ausnahmslos  bei  jedem 
Senkkasten- Arbeiter  vorgekommen.  Als  Ursache  hiervon  dürfte  die 
plötzliche  Abkühlung  beim  Ausschleusen  anzusehen  sein.“ 

„Nach  den  beiden  Todesfällen  wurden  zum  Schutze  von  Leben 
und  Gesundheit  der  Arbeiter  Polizeiverordnungen  erlassen,  deren 
Befolgung  das  Gründungsverfahren  mittels  Luftdrucks  unmöglich  ge¬ 
macht  haben  würde.  Dieselben  wurden  infolge  Beschwerde  der 
bauenden  Gesellschaft  Harkort  in  die  folgenden,  von  Harkort  vor¬ 
geschlagenen  verwandelt: 

1.  Das  Alter  der  Senkkasten- Arbeiter  soll  zwischen  20  und 
45  Jahren  sein.  Die  Tauglichkeit  der  Arbeiter  soll  durch  den  Kreis- 
physicus  festgestellt  werden. 

2)  Die  Schichtdauer  soll  G  Stunden,  bei  mehr  als 
2V-2  Atmosphären  Ueberdruck  jedoch  nur  4  Stunden  be¬ 
tragen. 

3.  Die  Ausschleusezeit  soll  auf  je  1  Atmosphäre  Ueber¬ 
druck  1  Minute  sein.  Die  Luft  ist  mittels  Hahnverschlusses 
abzulassen.  Die  Bedienung  soll  durch  zuverlässige  Aufseher  ge¬ 
schehen.  Die  Vorschriften  zur  Handhabung  des  Verschlusses  sind 
auf  der  Luftschleuse  bekannt  zu  machen.  Je  ein  Manometer  soll  den 
Ueberdruck  im  Senkkasten  und  in  der  Mannschaftskammer  angeben.“ 

Die  gesperrt  gedruckten  Sätze  dieser  von  der  bauenden  Gesell¬ 
schaft  vorgeschlagenen  Vorschriften  standen  nun  in  grofsem  Wider¬ 
spruche  mit  meinen  Erfahrungen  und  den  Einrichtungen,  welche  ich 
auf  Grund  der  Versuche  von  P.  Bert  im  „Grundbau“  S.  302  u.  f. 
empfohlen  hatte,  sodafs  ich  mich  veranlafst  sah,  den  nur  flüch¬ 
tig  gelesenen  Aufsatz  eingehender  zu  prüfen  und  namentlich  auch 
die  Darstellung  der  Schleuse  in  diesem  wie  in  dem  (ebenfalls  in 
Bezug  genommenen)  Aufsatze  S.  37,  Jahrgang  1885  der  Hannover¬ 
schen  Zeitsch’-ift  näher  anzusehen.  Ich  fand  dann  auch  sehr  bald 
den  Schlüssel  zu  der  mir  anfangs  unerklärlichen  Aeufserung  der 
Verfasser  auf  S.  449,  „dafs  die  vorgeschriebene  Ausschleusezeit  von 
1  Minute  für  jede  Atmosphäre  Ueberdruck  nur  ausnahmsweise  ein¬ 
gehalten  werden  konnte“.  Es  heifst  nämlich  dort  weiter,  dafs  beim 
Ausschleusen  sich  meist  4,  ausnahmsweise  5  Mann  in  die  Kammer 
gedrängt  hätten.  Nehmen  wir  4  Mann  an  und  rechnen  das  Gewicht 
des  Mannes  zu  80  kg  und  das  Einheitsgewicht  des  Menschen  genau 
genug  gleich  dem  des  Wassers,  so  füllten  die  4  Arbeiter  in  der 
Schleuse  einen  Kaum  von  4 . 0,08  =  0,32  cbm  aus.  Der  ganze  Inhalt 
des  Ausschleuseraumes  betrug  aber  nach  der  Mittheilung  in  der 
Hann.  Zeitschrift  1885  S.  37  nur  0,75  cbm,  sodafs  neben  den  Körpern 
der  Arbeiter  nur  0,75  —  0,32  =  0,43  cbm  Prefsluft  in  der  Schleuse 
vorhanden  war. 

Wenn  man  bei  dieser  geringen  Luftmenge,  ohne  gleichzeitig 
frische  Prefsluft  zuzuführen,  die  von  mir  im  „Grundbau“  als  durch¬ 
aus  sicher  hingestellten  Zeiten  für  das  Ausschleusen  vorschreiben 
wollte,  so  wäre  allerdings  die  Prefsluft-Gründung  unmöglich.  Man 
würde  den  Ausschleusehahn  dann  nur  so  wenig  öffnen  dürfen,  dafs 
er  namentlich  in  der  kalten  Jahreszeit  sich  stets  voll  Eis  setzen 
müfste,  und  vor  allen  Dingen  würden  die  Arbeiter  Gefahr  laufen, 
wegen  übergrofser  Mengen  schädlicher  Gase  Schaden  zu  nehmen. 


Bei  diesem  geringen  Luftvorrathe  ist  man  sogar  nicht  imstande, 
die  unserer  Ansicht  nach  zu  geringe  Ausschleusezeit  von  1  Minute 
für  1  Atmosphäre  innezuhalten,  wie  die  erwähnte  Mittheilung  be¬ 
weist,  und  selbst  für  diese  kurze  Zeit  wird  die  Anhäufung  schäd¬ 
licher  Gase  eine  ganz  bedenkliche  werden.  Die  Gesundheitslehre 
verlangt  20  cbm ,  und  wenn  die  Luft  wie  in  den  Senkkasten  aus¬ 
nahmslos  sehr  feucht  ist,  sogar  35  cbm  frische  Luft  von  der  Dichte 
der  Aufsenluft  für  den  Kopf  und  die  Stunde,  also  mindestens 
’-^/dO  =  0,33  cbm  für  den  Kopf  und  die  Minute,  wenn  die  Anhäufung 
der  Kohlensäure  und  der  zu  dieser  im  Verhältnifs  stehenden  schäd¬ 
lichen  Gase*)  nicht  nachtheilig  wirken  soll. 

Bei  1  Atmosphäre  Ueberdruck  würde  aber,  selbst  wenn  man 
annimmt,  dafs  die  Luft  bei  Beginn  des  Ausschleusens  noch  voll¬ 
kommen  rein  wäre,  in  dem  engen  Eaume  nur  =  0,21  cbm 

Luft  von  Aufsenluft-Spannung  zum  Athmen  für  1  Minute  und  1  Mann 
vorhanden  sein.  Da  aber  mit  dem  Einklemmen  der  Arbeiter  in  den 
engen  Kaum  sowie  mit  dem  Schliefsen  der  unteren  Einsteigeöffnung 
noch  mindestens  4  Minuten  verloren  gehen,  während  deren  die  Luft 
in  dem  Eaume  nicht  mehr  erneuert  wird,  da  ferner  die  Luft 
in  demselben  bereits  an  und  für  sich  nicht  mehr  frisch  ist,  und 
endlich  die  Athmung  in  der  Prefsluft  eine  wenn  auch  flachere,  so 
doch  mehr  Luft  von  Aufsenluft-Spannung  verbrauchende  ist,  so 
leuchtet  ein,  dafs  der  Gehalt  an  schädlichen  Gasen  bei  dieser  An¬ 
ordnung  unter  allen  Umständen  ein  höchst  gesundheitsnachtheiliger 
werden  mufs. 

Mit  Eücksicht  auf  die  Luftverderbnifs  allein  wäre  der  Umstand, 
dafs  der  zu  geringe  Luftvorrath  ein  langsames  Ausschleusen  unmög¬ 
lich  machte,  wohl  günstig  zu  nennen,  wenn  nicht  die  schnelle  Ver¬ 
dünnung  eine  andere,  und  zwar  weit  gröfsere  Gefahr  in  sich 
schlösse,  deren  Folgen  ich  bereits  an  anderer  Stelle**)  eingehend 
erörtert  habe.  Es  ist  dies  das  Freiwerden  von  Stickstoff,  welcher 
durch  den  höheren  Druck  und  den  längeren  Aufenthalt  in  der  Prefs¬ 
luft  im  Blute  und  in  den  Geweben  gebunden  war.  Ist  die  Druck¬ 
verminderung  eine  plötzliche  und  sehr  bedeutende,  so  sind  auch  die 
frei  werdenden  Gasmengen  entsprechend  grofse  und  kann  die  Folge 
davon  plötzlicher  Tod  sein  (Schlagflufs  infolge  gestörten  Blut¬ 
umlaufes).  Sind  die  frei  werdenden  Gasmengen  weniger  grofs,  so 
werden  sich  nur  Lähmungen  einzelner  Körpertheile  einstellen.  Ferner 
werden  die  Folgen  um  so  bedrohlichere  werden,  je  weniger  gesund 
der  betreffende  Mensch  ist;  namentlich  sind,  wie  leicht  erklärlich, 
Herz-  und  Lungenfehler  in  dieser  Beziehung  verhängnifsvoll. 

Diese  Gasentwicklungen  in  den  Adern  und  Geweben  werden 
aber  desto  kleiner  und  unschädlicher  ausfallen,  je  langsamer  aus¬ 
geschleust  wird.  Denn  je  mehr  Zeit  hierauf  verwandt  wird,  desto 
öfter  vollendet  das  Blut  seinen  Kreislauf  im  Köriier,  und  um  so 
besser  kann  es  bei  dem  jedesmaligen  Durchströmen  der  Lunge  durch 
diese,  wie  durch  ein  natürliches  Sicherheits-Ventil,  die  während  eines 
Kreislaufes  unbedeutend  und  unschädlich  bleibenden  Gasentwick¬ 
lungen  an  die  den  Körper  umgebende  Luft  wieder  abgeben. 

Wie  viel  Zeit  das  Blut  im  menschlichen  Körper  zu  einem  voll¬ 
ständigen  Kreisläufe  nöthig  hat,  ist  wohl  noch  nicht  festgestellt; 
Versuche  an  Thieren  lassen  indessen  schliefsen,  dafs  zwar  der  Um¬ 
lauf  durch  die  Hauptadern  in  verhältnifsmäfsig  kurzer  Zeit  (etwa 
1/2  Minute)  vollendet  ist,  dafs  der  Umlauf  durch  die  feinsten  Ader¬ 
netze  aber,  entsprechend  den  gröfseren  Widerständen,  bei  der  gleichen 
treibenden  Kraft  des  Herzens  erheblich  mehr  Zeit  (wahrscheinlich 
5  Minuten)  beansprucht. 

Eine  Druckverminderung  von  1  Atmosphäre  in  1  Minute  oder 
gar  noch  kürzerer  Zeit,  wie  sie  bei  der  in  Kede  stehenden  Gründung 
üblich  war,  ist  daher  immer  bedenklich,  weil  die  kleinen  Adern  in 
so  kurzer  Zeit  nicht  imstande  sind,  ihre  Gasentwicklungen  bis  zur 
Lunge  abzuschieben,  und  die  Gefahr  sehr  nahe  liegt,  dafs  diese 
kleinen  Gasentwicklungen  sich  in  den  gröfseren  Adern,  in  welche  sie 
zunächst  gelangen,  zu  gröfseren  Gasblaseu  ansammeln,  welche  noch, 


*)  Nach  den  Untersuchungen  deutscher  und  französischer  Forscher 
ist  die  Kohlensäure  an  sich  nicht  schädlich,  sondern  andere  mit  der¬ 
selben  ausgeathmete  Gase,  welche  Dubois-Keymond  mit  dem  Namen 
„Menschengift“  (Anthropotoxin)  bezeichnet. 

-  Deutsche  Bauzeitung  1884  S.  174  ff.  „Der  Grundbau“  S.  300 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


447 


Nr.  43. 


nachträglich  gefährliche  Krankheitserscheinungen  herbeiführen  können. 
Namentlich  wird  dies  von  den  Gasansammlungen  in  den  Geweben 
gelten,  die  erst  sehr  allmählich  durch  die  feinsten  Adern  abgesogen 
und  abgeführt  werden  können. 

Auch  die  leichteren  Krankheitserscheinungen,  wie  Gliederreifsen 
und  Gesichtsschmerzen,  welche  der  Erkältung  zugeschrieben  werden 
und  mit  denen  beinahe  sämtliche  Arbeiter  zu  thun  hatten,  dürften 
vorwiegend  die  Folgen  der  Gasbildung  in  den  Geweben  sein,  welche 
wegen  zu  schnellen  Ausschleusens  eintreten  mufsten,  denn  so  all¬ 
gemein  habe  ich  dieselben  auch  bei  höherem  Luftdruck  noch  nicht 
beobachtet. 

Es  mufs  daher  die  Schleuse  in  der  Anordnung,  wie  sie  hier  ge¬ 
braucht  wurde,  als  unzweckmäfsig  bezeichnet  werden,  weil  bei  der¬ 
selben  zu  einseitig  auf  Luftersparnifs  Eücksicht  genommen  ist,  wäh¬ 
rend  sie  den  gesundheitlichen  Anforderungen  nicht  entsprach. 
Aufserdem  wirft  es  auf  ihre  Beschaffenheit  ein  wenig  günstiges 
Licht,  wenn  in  dem  Aufsatze  die  Anbringung  eines  Hahnverschlusses 
statt  der  alten  einfachen  Stöpsel  an  den  Schleusenkammern  als  beson¬ 
dere  Verbesserung  hervorgehoben  und  das  Ablassen  der  Luft  mittels 
Hahnverschlusses  in  der  Polizeiverfügung  ausdrücklich  vorgeschrieben 
werden  mufs.  In  der  That  sind  dieselben  Schleusen  noch  bei  dem 
Bau  der  Wesei’brücke  bei  Bodenwerder  in  den  Jahren  1882 — 1883  und 
vermuthlich  auch  beim  Bau  des  Leuchtthurmes  in  der  Weser-Mündung 
anstatt  der  Lufthähne  nur  mit  Löchern  versehen  gewesen,  welche 
durch  Holzstöpsel  verschlossen  wurden,  wie  in  der  Hannoverschen 
Zeitschrift  1885  S.  38  zu  lesen.  Die  Luftdruck-Ausgleichungen  sind 
dort  ausdrücklich  „plötzliche“  genannt,  und  wenn  Erkrankungen 
trotzdem  nicht  vorkamen,  so  ist  dies  nur  dem  glücklichen  Zufalle 
zuzuschreiben,  dafs  alle  Arbeiter  von  guter  Gesundheit  und  die 
Wassertiefe  eine  aufserordentliche  geringe  war. 

Hoffentlich  tragen  die  obigen  Darlegungen  dazu  bei,  derartige 
unzulängliche  Vorrichtungen  aus  der  Welt  zu  schaffen,  die  nur  zu 
sehr  geeignet  sind,  die  bei  uns  noch  immer  nicht  genügend  einge¬ 
führte  Pr.efsluft-Gründung  in  Mifsruf  zu  bringen.  Auch  mag  die 
thunlichste  Innehaltung  der  in  dem  „Grundbau“  S.  302  und  303  be¬ 
fürworteten  Zeiten  für  das  Ausschleusen*)  und  die  Dauer  der 


*)  Die  dort  empfohlenen  langen  Ausschleusezeiten  bieten  unserer 
Ueberzeugung  nach  vollkommene  Sicherheit  selbst  für  weniger  ge- 
gesunde  Arbeiter.  Sie  werden  aber  leider,  wie  wir  sehr  wohl  wissen 
—  und  zwar  oft  ohne  sichtbaren  Nachtheil  —  noch  nicht  einmal  zum 
fünften  Theile  innegehalten! 


Arbeitsschichten  nochmals  dringend  empfohlen  werden.  Den  daselbst 
aufgeführten  20  Sicherheits- Vorschriften  gesundheitlicher  Art  möchte 
ich  aber,  durch  die  besprochenen  Vorgänge  veranlafst,  noch  die 
folgenden  hinzufügen: 

1.  Der  zum  Aus-  und  Einschleusen  von  Menschen  benutzte  Raum 
mufs  eine  solche  Gröfse  haben,  dafs  auf  jeden  Kopf  der  gleichzeitig 
einzuschleusenden  Leute  mindestens  cbm  Raum  entfällt  und  der 
Gesamtinbalt  desselben  mindestens  2V2  cbm  umfafst. 

2.  Es  ist  strenge  darauf  zu  achten,  dafs  der  Einschleuseraum 
nicht  gleichzeitig  von  mehr  Menschen  benutzt  werde,  als  die  unter  1. 
gegebene  Vorschrift  zuläfst, 

3.  Der  Ausschleusungshahn  ist  so  zu  gestalten,  dafs  mit  dem¬ 
selben  ein  schnelleres  Ausschleusen  als  vorgeschrieben  überhaupt 
nicht  möglich  ist  (verstellbare  Oeffnung). 

4.  Bei  bedeutenderen  Tiefen  sind  Vorkehrungen  zu  treffen,  welche 
die  Zuführung  einer  nach  Bedarf  zu  regelnden  Menge  frischer  Prefs- 
luft  in  die  Schleusenkammer  während  des  Ausschleusens  selbst  er¬ 
möglichen. 

Um  die  langen  Ausschleusezeiten  ohne  Betriebsstörungen  ein- 
halten  zu  können,  sind  die  Schleusen  so  einzurichten,  dafs  die  Ein¬ 
fahrt  der  Ablösungsmannschaft  möglich  ist,  während  die  alte  Schicht 
noch  arbeitet,  was  bereits  bei  vielen  Ausführungen  vorgesehen  ist. 

Ferner  möge  noch  ein  Fehler  erwähnt  werden,  der  bei  der  be¬ 
sprochenen  Gründung  vorgekommen  ist,  sich  aber  leicht  beseitigen 
iäfst.  Auf  S.  451  der  Veröffentlichung  wird  mitgetheilt,  dafs  der 
höchste  erreichte  Ueberdruck  3,1  Atmosphären  gewesen  sei  beim 
Ausbetoniren  der  Kammern,  obwohl  der  höchste  Wasserdruck  nur 
reichlich  20  m  betrug.  Die  Arbeiter  sind  also  einem  um  50  pCt. 
zu  hohen  Luftdrucke  ausgesetzt  gewesen,  der  entstanden  ist,  weil 
infolge  des  Betonirens  der  Boden  im  Senkkasten  zu  undurch¬ 
lässig  für  die  Luft  geworden  war.  Dies  hätte  sich  vermeiden  lassen 
durch  die  Anbringung  eines  Rohres,  welches,  mit  dem  einen  Ende 
unter  den  Rand  des  Senkkastens  hindurchgesteckt,  mit  dem  anderen 
bis  unter  die  Decke  des  Senkkastens  reichend,  die  übei'flüssige  Luft 
ungehindert  hätte  entweichen  lassen,  oder  auch  durch  Anordnung 
eines  Sicherheits ventiles 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  wiederholt  befürworten,  dafs  von  Seiten 
der  Obrigkeit  allgemein  gültige  Vorschriften  für  die  Sicherheit  des 
Prefsluft-Betriebes  erlassen  werden,  wie  dies  bereits  in  dem  Aufsatze 
„Wie  kann  man  bei  pneumatischen  Fundirungen  mit  hohem  Luft¬ 
drucke  die  Gefahren  für  die  Gesundheit  der  Arbeiter  mindern?“ 
(Deutsche  Bauzeitung  1884)  angeregt  worden  ist. 


Geschofsvorrichtung  zum  Abstillen  der  Meereswellen  mit  Oel 


Das  Aushängen  von  durchlöcherten  Säcken,  welche  mit  ölgetränk¬ 
tem  Werg  gefüllt  sind,  seitwärts  am  Schiff  entlang  (vgl.  Jahrg.  1887, 
Seite  215  d.  Bl.),  mag  die  Beruhigung  der  Meereswellen  mit  möglichst 
geringem  Oel  verbrauche  bewirken  können, 
aber  es  kann  offenbar  nicht  das  Meer 
vor  dem  Schiffe,  in  der  Richtung  der 
Fahrt,  auf  gröfsere  Entfernung  abstillen. 

Dem  Zweck,  das  Meer  weit  vor  dem 
Schiff  zu  beruhigen,  eine  wogenfreie  Bahn 
nach  vornhin  zu  schaffen,  soll  eine  eigen¬ 
artige  Geschofsvorrichtung  dienen  können, 
welche  in  Nr.  885  der  Zeitschrift  La  Nature 
durch  Abbildung  und  Beschreibung  erläu¬ 
tert  ist.  Hiernach  hat  die  französische  Ma¬ 
rine-Verwaltung  mit  dieser  Vorrichtung  be¬ 
reits  Versuche  anstellen  lassen,  welche  sehr 
befriedigende  Ergebnisse  gehabt  haben. 

Die  der  genannten  Quelle  entnommene  Ab¬ 
bildung  stellt  ein  mit  Oel  gefülltes,  vom 
Schiff  aus  nach  vorwärts  zu  schiefsendes 
oder  zu  schleuderndes  Gefäfs  dar.  Der 
Erfinder  ist  Herr  Silas,  Archivar  der 
französischen  Botschaft  in  Wien. 

Das  Gefäfs  oder  Geschofs  ist  ein  Holz- 
cylinder  von  46,5  cm  Länge  und  65  mm 
äufserem  Durchmesser.  Der  Innenraum  H 
von  36  mm  Durchmesser  nimmt  300  Gramm 
Oel  auf.  Die  Innenwände  sind  mit  Gummi¬ 
lack  angestrichen,  um  das  Eindringen  des  Oels  in  das  Holz 
zu  verhüten.  Das  untere  Ende  des  Geschosses  ist  durch  Blech¬ 
beschlag  gegen  die  Wirkung  des  Pulvers  geschützt.  Zwischen  Ge¬ 
schofs  und  Pulverladung  wird  noch  eine  Art  Kuchen  aus  Torf  und 
Fett  eingebracht.  Der  Blechbeschlag  verdeckt  eine  zur  Aufnahme 


einer  Beschwerung  bestimmte  Aushöhlung.  Die  Beschwerung  soll 
das  Geschofs  aufrecht  schwimmend  erhalten.  Vom  Blechbeschlag 
bis  zur  Stelle  A  hat  das  Geschofs  eine  Drahtumwicklung.  Darüber 
ist  ein  Einschnitt  rings  herum  zur  Aufnahme  einer  Korkeinlage  LL, 
welche  das  Geschofs  oben  erleichtert  und  am  Untersinken  hindert. 
Ueber  der  Korkeinlage  sind  drei  Oeffnungen  O,  durch  welche  das 
Seewasser  in  das  Geschofs  eindringen  und  vermöge  seiner  gröfseren 
Schwere  das  Oel  allmählich  nach  aufsen  treiben  kann.  Eine  der 
Oeffnungen  ist  etwas  erweitert,  um  die  Füllung  mit  Oel  zu  erleich¬ 
tern.  Der  Verschlufs  der  drei  Oeffnungen  erfolgt  nach  der  Füllung 
durch  Ueberkleben  mit  Löschpapier,  welches  sich  nachher  im  See¬ 
wasser  schnell  auf  löst,  sodafs  letzteres  in  den  Hohlraum  treten  und 
das  Oel  austreiben  kann. 

Der  Kopf  des  Geschosses  hat  eine  Aushöhlung  B  B,  um  eine 
Leuchtvorrichtung  aufzunehmen.  Letztere  beruht  darauf,  dafs  Phos¬ 
phorwasserstoffgas  Hs  P  sich  in  der  Luft  von  selbst  entzündet  (wahr¬ 
scheinlich  Ursache  der  Irrlichter,  wenn  diese  überhaupt  Vorkommen) 
und  mit  hellleuchtender  Flamme  zu  Phosphorsäure  Hs  P  Or  verbrennt, 
sowie  darauf,  dafs  sich  das  Phosphorwasserstoffgas  entwickelt,  wenn 
Phosphorcalcium  P  Cas  mit  Wasser  in  Berührung  tritt.  Es  ist  an 
sich  bemerkenswerth,  dafs  man  imstande  ist,  durch  Einwerfen  eines 
Körpers  ins  Wasser  eine  Flamme  zu  erzeugen.  Der  Hohlraum  B  B 
ist  mit  Phosphorcalcium  gefüllt,  an  welches  das  Seewasser  durch 
eine  Oeffnung  herantreten  kann.  Das  sich  bildende  Phosphorwasser¬ 
stoffgas  tritt  in  das  gelochte  Röhrchen  P  und  brennt  am  oberen 
Ende  desselben  mit  einer  im  Winde  unverlöschlichen  Flamme. 

Das  Geschofs  wird  mit  besonderem  Mörser  geschossen  oder  an 
einem  Strick  geschleudert.  Bei  den  französischen  Versuchen  flog  das 
Geschofs  durchschnittlich  360  m  weit.  Sein  leuchtender  Kopf  zeigt 
seine  Stelle  im  Wasser  an.  Das  Austreiben  des  Oels  durch  das 
Seewasser  dauert  12  Minuten.  Die  von  Oel  bedeckte  Meeresfläche 
umfafste  einen  Kreis  von  etwa  900  m  Durchmesser. 

Pescheck. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltnug, 


25.  October  1890. 


Vermischtes. 


Vom  Riithhanse  iu  Aachen.  Für  die  zur  Zeit  in  der  Aus¬ 
führung  begriffene  Heizungsanlage  iin  Aachener  Rathhause  mufste  ein 
Kellerraum  ausgeschachtet  werden.  Hierbei  fand  sich  Gelegenheit, 
dem  Zustande  des  Mauerwerks  besondere  Aufmerksamkeit  zuzu¬ 
wenden.  Das  betreffende  Mauerwerk  befand  sich  stellenweise  in  sein- 
schlechtem  Zustande.  In  einzelnen  Mauern  fand  sich  nicht  nur 
kein  ganzer,  sondern  nicht  einmal  ein  halber  Ziegelstein.  Die  Wand 
im  Sitzungssaale  mufste  entfernt  werden,  weil  dort  Kamine,  Löcher 
und  Höhlen  eingebrochen  waren,  die  einen  Einsturz  befürchten 
liefsen.  Zur  Beseitigung  dieser  im  Keller  beginnenden  schadhaften 
Zustände  haben  umfangreiche  Mauermassen  errichtet  werden  müssen, 
wodurch  dem  Eathhause  eine  bessere  Standfähigkeit  gegeben  worden 
ist,  als  sie  vielleicht  seit  Jahrhunderten  vorhanden  gewesen  ist. 
Von  ganz  besonderem  Interesse  war  hierbei  das  Auffinden  zweier 
niedrigen,  theil weise  mit  Brandschutt  gefüllten  Keller,  welche  allem 
Anschein  nach  karolingischer  Herkunft  sind.  Diese  Keller  sollen 
ausgeräumt  und  mit  den  übrigen  Kellern  iu  Verbindung  gesetzt 
werden,  wozu  seitens  der  Stadtverordneten -Versammlung  5000  Mark 
bewilligt  wurden,  welche  aus  dem  Rest  der  Braiidentschädigung  ge¬ 
deckt  werden  sollen.  Als  immer  dringlicher  stellt  sich  nach  der 
kürzlich  von  einem  sachverständigen  Ausschüsse  vorgenommenen 
Untersuchung  die  baldige  Durchführung  des  Frentzenschen  Wiederher¬ 
stellungsentwurfes  heraus.  Der  Pfeiler  zwischen  dem  Treppenhaus  und 
dem  Marktthurm  an  der  Südseite  ist  z.  B.  so  bedeutend  aus  dem  Loth 
gewichen,  dafs  unverzüglich  Absteifungen  vorgenommen  werden  mufs- 
ten.  Hoffentlich  gelingt  es,  die  der  baldigen  Inangriffnahme  der  Wieder- 
herstelluugsarbeiten  eutgegenstehenden  Schwierigkeiten,  welche  haupt¬ 
sächlich  die  Kostenfrage  betreffen,  baldigst  zu  beseitigen.  Pn. 

Die  neuen  Vorscliriften  über  Dampfkessel  sind  —  wie  auf  des- 
fallsige  Anfrage  zur  Ergänzung  der  Mittheilung  in  der  vorigen 
Nummer  auf  Seite  435  d.  Bl.  bemerkt  werden  mag  — ,  insoweit  es 
sich  um  die  Anlegung  der  Dampfkessel  handelt,  im  Reichs-Gesetz¬ 
blatt  für  1890  Seite  163  ff.  durch  Bekanntmachung  des  Herrn  Reichs¬ 
kanzlers  vom  5.  August  1890  veröffentlicht  worden  unter  Aufhebung 
der  Bekanntmachungen  vom  29.  Mai  1871,  vom  18.  Juli  1883  und 
vom  27.  Juli  1889.  Die  Bestimmungen  über  die  Genehmigung, 
Prüfung  und  Revision  der  Dampfkessel  beruhen  dagegen  auf 
einer  Vereinbarung  der  verbündeten  Regierungen  des  deutschen 
Reiches  in  der  Bundesrathssitzung  vom  3.  Juli  1890  und  sind  durch 
die  Landespolizeibehörden  (in  Preufsen  die  Regierungs-Präsidenten 
und  der  Polizei-Präsident  von  Berlin)  veröffentlicht  und  nebst  den 
Bestimmungen  vom  5.  August  d.  J.  in  Vollzug  gesetzt  worden. 

Garbe. 

Der  Verlauf  der  diesjährigen  Wandervers.ainmlimg  des  Ver¬ 
bandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- Vereine  in  Hamburg 
soll  in  einem  besonderen  Hefte  der  Verbands-Mittheilungen,  welches 
zu  Anfang  1891  erscheinen  wird,  ausführlich  geschildert  werden. 
Das  Heft  wird  namentlich  den  Theilnehmern  an  der  überaus  ge¬ 
lungenen  Versammlung  eine  willkommene  Erinnerungsgabe  sein. 

Au  der  Douaiibrücke  bei  Cernavoda  in  Rumänien  ist  am  21. 
d.  M.  in  Anwesenheit  des  Königs  von  Rumänien,  des  Prinzen  Thron¬ 
folgers,  des  Primas  und  der  Minister  unter  entsprechenden  Feierlich¬ 
keiten  der  Grundstein  gelegt  worden.  Ueber  die  Vorbereitungen 
zu  diesem  namentlich  für  Rumänien  überaus  wichtigen  Eisenbahn- 
Bauwerk  ist  in  den  früheren  Jahrgängen  (1882,  S.  253  u.  293;  1883, 
S.  366  u.  413)  ausführlich  berichtet  worden.  Nähere  Mittheilungen 
über  den  nunmehr  zur  Ausführung  bestimmten  Bauentwurf  enthält 
der  vorige  Jahrgang  d.  Bl.  auf  S.  473  und  —  unter  Beigabe  von  Ab¬ 
bildungen  —  der  gegenwärtige  Jahrgang  auf  S.  175  u.  384,  auf 
welche  wir  hier  verweisen  dürfen. 

Ein  Tunnel  unter  dem  Firtli  of  Fortli  ist  seitens  der  Caledoni- 
schen  Eisenbahn  in  Anregung  gebracht  worden.  Diese  Gesellschaft, 
welche  den  Verkehr  der  Nordwestbahn  nach  dem  schottischen  Norden 
weiter  leitet,  hat  naturgemäfs  unter  den  von  der  Ostküstenlinie, 
welche  von  der  Nord-,  Nordost-  und  Nordbritischen  Bahn  gebildet  wird, 
sowie  von  der  Mittellandbahn  durch  die  Eröffnung  der  Forthbrücke 
gewonnenen  Vortheilen  zu  leiden,  da  ihr,  und  mit  ihr  der  Nordwest¬ 
bahn,  der  Weg  über  diese  Brücke  nicht  offen  steht.  Es  wird  abzu¬ 
warten  sein,  ob  der  Forth-Tunnel  als  Wettbewerbsmittel  gegen  die 
gleichnamige  Brücke  Verwirklichung  finden  wird. 

Die  Zeitschrift  für  Bauwesen  enthält  in  Heft  X  bis  XII  des 
Jahrgangs  1890  folgende  Mittheilungen: 

Kaufhaus  Ascher  u.  Münchow  in  Berlin,  mit  Abbildung  auf  Blatt  66 

im  Atlas,  von  Herrn  Architekt  Grisebach  in  Berlin. 
Monumentalbrunnen  in  Erfurt,  mit  Abbildungen  auf  Blatt  67  im 

Atlas,  von  Herrn  Architekt  H.  Stöckhardt  in  Berlin. 


Die  Alte  Post  in  Berlin,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  68  und  69  im 
Atlas,  von  den  Regierungs -Baumeistern  Herren  R.  Borrmann 
und  P.  Bertram  in  Berlin. 

Der  Oder-Spree-Canal  und  seine  Bauten,  mit  Zeichnungen  auf  Blatt  57 
bis  65  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-  und  Baurath  Mohr  in 
Fürstenwalde.  (Schlufs.) 

Schliefsung  eines  See -Durchbruches  auf  der  Insel  Hiddensoe,  mit 
Zeichnungen  auf  Blatt  70  und  71  im  Atlas,  von  Herrn  Geheimen 
Baurath  Wellmann  in  Stralsund. 

Die  Canalbrücke  bei  den  St,  Mary-Fällen  in  Nordamerica,  mit  Zeich¬ 
nungen  auf  Blatt  72  im  Atlas,  von  Herrn  Regierungs-Baumeister 
Kemmann  in  Berlin. 

Zum  Studium  des  Flufsbaues.  Die  Stofskraft  des  Wassers,  die 
Festigkeit  der  Sohle,  das  Gefälle,  das  Geschiebe  und  die  Be¬ 
wegung  feinerer  Sinkstoffe.  Von  Herrn  Professor  M.  Möller  in 
Braunschweig. 

Die  selbstzeichnenden  Regenmesser  und  ihre  Benutzung  zur  Statistik 
der  starken  Niederschläge,  insbesondere  für  Berlin  von  1884  bis 
1889,  von  Herrn  Meliorations-ßauinspector  Gerhardt  in  Berlin. 

Die  Bestimmung  der  Biegungslinien  von  Fachwerksträgern,  von  Herrn 
Regierungs-Baumeister  Marloh  in  Bromberg. 

Die  Bedachung  der  Eisenbahn- Werkstätte  auf  dem  Bahnhofe  Kart¬ 
haus  der  Moselbahu,  von  Herrn  Regierungs-  und  Baurath 
Schnebel  in  Bromberg. 

Statistische  Nachweisungen,  betreffend  die  in  den  Jahren  1881  bis 
einschliefslich  1885  vollendeten  und  abgerechneten  preufsischen 
Staatsbauten  aus  dem  Gebiete  des  Hochbaues.  (Fortsetzung.) 
Schlufs  der  Tabelle  XIII.  Tabelle  XIV:  Steueramtsgebäude. 
Tabelle  XV:  Forsthausbauten.  Im  Aufträge  des  Herrn  Ministers 
der  öffentlichen  Arbeiten  zusammengestellt  von  Herrn  Land- 
Bauinspector  Wiethoff  in  Berlin. 


Naclidruck  ans  deui  Ceutralhlatt  der  Banverwaltmig. 

Bereits  vor  einigen  Jahren  sahen  wir  uns  genöthigt,  angesichts 
des  häufigen  ungehörigen  Nachdrucks  unserer  Aufsätze  seitens  aus¬ 
ländischer  Fachzeitschriften  das  Ersuchen  auszusprechen,  bei  Ent¬ 
lehnungen  aus  dem  Centralblatt  der  Bauverwaltung  die  durch  Gesetz 
und  gute  Sitte  gezogenen  Grenzen  innezuhalten,  namentlich  auch  die 
Angabe  der  Quelle  nicht  zu  unterlassen.  Wir  baten,  uns  nicht  in 
die  unangenehme  Lage  zn  bringen,  jenes  Ersuchen,  an  bestimmte 
Adressen  gerichtet,  wiederholen  zu  müssen. 

In  neuerer  Zeit  sind  wir  nun  darauf  aufmerksam  geworden,  dafs 
ein  uns  früher  unbekanntes  Wochenblatt,  die  „IVieiier  Bauindustrie- 
Zeitiing“  (Commissions- Verlag  von  Moritz  Perles,  Wien,  1.  Seiler¬ 
gasse  4;  „Organ  des  allgemeinen  Wiener  Bautechniker- Vereins“),  den 
Nachdruck  aus  dem  Centralblatt  der  Baixverwaltung  schon  seit  Jahr 
und  Tag  in  umfassendstem  Mafse  ausübt.  In  den  seit  dem  1.  October 
V.  J.  erschienenen  Nummern  hat  dieses  Blatt  nicht  weniger  als  etwa 
40  Spalten  ihrer  Nummern  mit  solchem  entlehnten  Gute  gefüllt, 
ohne  dabei  die  Quelle,  aus  der  sie  geschöpft,  namhaft  zu  machen. 
Die  meisten  dieser  Nachdrucke  sind  dem  uVerraischten“  entnommen; 
zahlreiche  andere  sind  dagegen  gröfsere  Aufsätze,  welche  —  unter 
Fortlassung  der  Abbildungen  —  in  der  Regel  mit  mehr  oder  minder 
geänderter  Ueberschrift  und  verändertem  Anfänge  oder  Schlüsse  ver¬ 
sehen  worden,  im  übrigen  aber  wortgetreu  wiedergegeben  sind.  Allein 
von  den  13  Nummern  des  letzivei-flossenen  Vierteljahrs  Jidi-September 
sind  in  solcher  Weise  7  Nummern  an  ihrer  Spitze,  an  leitender  Stelle, 
mit  gröfseren  Aufsätzen  aus  dem  Centralblatt  ansgestattet,  von  denen 
einzelne  einen  Umfang  von  je  fünf  Druckspalten  haben.*)  Und 
der  Eindruck,  dafs  der  Leser  es  hier  mit  Original-Aufsätzen  zu 
thun  habe,  wird  noch  dadurch  verstärkt,  dafs  unten  auf  der  ersten 
Seite  des  Blattes,  wo  diese  Nachdrucke  beginnen,  in  fetter  Schrift 
die  warnende  Bemerkung  ins  Auge  fällt:  „Nachdruck  unserer  Artikel 
nur  mit  Quellenangabe  gestattet“ ! 

Einstweilen  beschränken  wir  uns  daranf,  das  Verfahren  des 
Wiener  Blattes  dem  Urtheile  der  Oeffentlichkeit  zu  übergeben,  und 
behalten  uns  weitere  Schritte  in  der  Angelegenheit  vor. 

Berlin,  im  October  1890.  Die  Redaction  des 

Centralblattes  der  Bauverwaltung. 

*)  Es  sind  dies  die  Aufsätze  in  Nr.  40  der  Bauindustrie-Zeitung: 
„Wie  baut  man  billige  Wohnungen“  (abgedruckt  aus  dem  Central¬ 
blatt  der  Bauverwaltung  1890,  Seite  184/18^5) ;  Nr.  43  u.  Nr.  44:  „Der 
Aufschwung  der  Architektur  in  Deutschland“  (Seite  105/106  des 
Centralblatts  Jahrg.  1889);  Nr.  47;  „Vom  Heidelberger  Schlofs“ 
(Jahrg.  1890  Seite  260);  Nr.  48:  „Dimensiös  monströse  Architekturen“ 
(1890  Seite  337/339);  Nr.  51  u.  52:  „Eine  Statistik  über  Concurrenz 
von  Bauplänen“  (1890  Seite  381/383). 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (AVilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nichtamtliclieu  Theiles  verantwortlich;  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  K er s k es,  Berlin. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentliehen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  1.  November  1890. 


Redaction;  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Versuche  mit  Ge¬ 
wölben  ans  verschiedenen  Baustoffen.  —  Reformirte  Kirche  in  Insterburg.  —  Brand 
der  Alhambra.  —  Württembergische  Staatsbahnen.  —  Vorschlag  zu  einer  wasserdichten, 
schalldämpfenden  Fahrbahn  eiserner  Eisenbahn-Brücken.  —  Vermischtes:  Gesamt- 

Inhaltsverzeichnifs  der  ersten  10  Jahrgänge  1881—1890  des  Centralblatts  der  Bau- 
vcrwaltuug.  —  Elektrischer  Betrieb  im  Londoner  Strafseuverkehr.  —  Bindeeisen 
zur  Anlage  von  Luftschichten.  —  Gleitweichc  mit  drehbarem  Herzstück.  —  Neue 
Patente. 

Amtliche  M 

Prenfseu. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  den  bisherigen 
Land-Bauinspector  Weyer  bei  der  Regierung  in  Cassel  und  den  bis¬ 
herigen  Wasser-Bauinspector  Max  Meyer  in  Harburg  zu  Eegierungs- 
und  Bauräthen  zu  ernennen.  Dieselben  sind  den  Königlichen  Regie¬ 
rungen  in  Oppeln  bezw;  in  Aurich  überwiesen  worden. 

Versetzt  sind;  Der  Ober-Baurath  und  Geheime  Regierungsrath 
Dircksen,  bisher  in  Köln,  nach  Erfurt  als  Dirigent  der  bei  der 
Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst  am  1.  November  d.  J.  in 
Wirksamkeit  tretenden  Abtheilung  IV  (für  den  Bau  neuer  Bahnen), 
sowie  die  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspectoren  Goos,  bisher  in 
Stralsund,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  (Berlin  -  Stettin)  in  Stettin  und  Zachariae,  bisher  in 
Wittenberg,  als  ständiger  Hülfsarbeiter  an  das  Königliche  Eisenbahn- 
Betriebs-Amt  in  Stralsund. 

Dem  Eegierungs-  und  Baurath  Lange  in  Köln  ist  die  Stelle 
eines  Mitgliedes  der  Königlichen  Eisenbahndirection  (rechtsrh.)  da¬ 
selbst  verliehen  worden. 

Der  Königliche  Regierungs-Baumeister  Nöhre  in  Köln  ist  zum 
Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  unter  Verleihung  der  Stelle 
eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem  Königlichen  Eisenbahn-Be- 
triebs-Amte  (rechtsrh.)  daselbst  ernannt  worden. 

Der  bisherige  Regierungs-Baumeister  Münchow  in  Schleswig 
ist  als  Königlicher  Meliorations-Bauinspector  der  Provinz  Schleswig- 
Holstein  und  der  Regierungs-Baumeister  Otto  Müller  als  König¬ 
licher  Kreis-Bauinspector  in  Frankenberg  (Reg.-Bez.  Cassel)  an¬ 
gestellt  worden. 

Der  bisher  bei  der  Königlichen  Regierung  in  Schleswig  an- 
gestellte  Wasser-Bauinspector  Lang  ist  der  Königlichen  Regierung 
in  Cassel  zugewiesen  worden. 

ittheilungen. 

Der  bisher  hei  der  Königlichen  Ministerial-Baucommission  in 
Berlin  angestellte  Bauinspector  K  lut  mann  ist  als  Land-Bauinspector 
an  die  Königliche  Regierung  in  Cassel  und  der  bisher  bei  der  Bau¬ 
abtheilung  des  Ministeriums  der  öffentlichen  Arbeiten  angestellte 
Land-Bauinspector  Paul  Böttger  in  Berlin  als  Bauinspector  an  die 
Königliche  Ministerial-Baucommission  versetzt  worden. 

Dem  Königlichen  Baurath  Hofsfeld  ist  eine  Docentenstelle  an 
der  Königlichen  technischen  Hochschule  in  Berlin  verliehen  und  das 
durch  das  Ablehen  des  Professors  Elis  freigewordene  fünfstündige 
Colleg  „Architektonische  Formenlehre  unter  Hinweis  auf  die  geschicht¬ 
liche  Entwicklung  der  Baukunst“  für  Ahtheilung  II  übertragen  worden. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  Ludwig 
Haarmann  in  Seesen  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienste  ertheilt  worden. 

Der  Geheime  Baurath  Beckmann,  Director  des  Königl.Eisenbahn- 
Betriebs-Amts  (Hannover-Altenbeken)  in  Hannover,  ist  gestorben. 

Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  und  König  haben  Allergnädigst  ge¬ 
ruht,  dem  Post- Baurath  Per  di  sch  in  Coblenz  die  Erlaubnifs  zur 
Anlegung  des  demselben  verliehenen  Ritterkreuzes  des  Grofsherzog- 
lich  mecklenburg-schwerinschen  Greifen-Ordens  zu  ertheilen. 

Der  württembergische  Regierungs-Baumeister  Ernst  Mayr  ist 
zum  Kaiserlichen  Eisenbahn-Baumeister  bei  der  Verwaltung  der 
Reichseisenbahnen  in  Elsafs-Lothringen  ernannt  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  die  er¬ 
ledigte  Stelle  des  Obermaschinenmeisters  der  Generaldirection  der 
Staatseisenbahnen  dem  Vorstand  der  Locomotivwerkstätte  Efslingen, 
tit.  Ohermaschinenmeister  Fischer,  zu  übertragen. 

[Alle  EecUte  vorliehalten.] 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Yer suche  mit  Gewölben  aus  verschiedenen  Baustoffen. 


Wenn  es  auch  nach  unserer  jetzigen  Kenntnifs  von  den  Eigen¬ 
schaften  der  Steine  und  des  Mörtels  feststeht,  dafs  die  statischen  Unter¬ 
suchungen  über  Gewölbe  auf  die  Theorie  des  elastischen  Bogens  zu 
gründen  sind,  so  sind  wir  doch  noch  weit  davon  entfernt,  eine  für 


Anhaltspunkte  für  die  zulässige  Inanspruchnahme  in  den  Gewölbe- 
constructionen  zu  gewinnen,  sind  [aber  bisher  nur  äufserst  selten 
angestellt  worden.*) 

Es  dürfte  daher  für  die  weiteren  Fachkreise  die  Mittheilung  von 


die  Lösung  grofser  Aufgaben  des  Gewölbebaues  ausreichende  und 
durch  Versuche  in  gröfserem  Umfange  erprobte  Gewölbetheorie  zu 
besitzen.  Man  hat  sich  bisher  damit  begnügt,  die  Stärken  der  Ge¬ 
wölbe  vorwiegend  nach  Schätzungsregeln  zu  bestimmen.  Ueber  den 
damit  erreichten  Sicherheitsgrad  sind  wir  aber  ziemlich  im  unklaren 
geblieben,  denn  auch  die  fortgeschrittene  Theorie  kann  hierüber  aus 
Mangel  an  genügenden  Erfahrungen  keinen  verläfslichen  Aufschlufs 
geben.  Wirkliche  Bruchversuche  mit  Gewölben  zu  dem  Zwecke,  um 


Interesse  sein,  dafs  der  österreichische  Ingenieur-  und  Architekten- 
Verein  die  Vornahme  solcher  Versuche  in  gröfserem  Mafsstabe  beab¬ 
sichtigt.  Der  hiermit  betraute  Ausschufs  hat  seine  vorbereitenden 


*)  Nach  einer  sehr  fleifsigen  Zusammenstellung  des  Herrn  In¬ 
genieur  Gaertner  sind  in  der  technischen  Litteratur  der  letzten 
50  Jahre  Mittheilungen  über  blofs  zwölf  an  Gewölben  durchgeführte 
Versuche  zu  finden. 


450 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1.  November  1890. 


Arbeiten  vollendet,  und  es  sind  bereits  die  Einleitungen  getroffen, 
dafs  im  Laufe  dieses  Herbstes  mit  den  Versuchen  begonnen  werden 
kann.  Der  Plan  für  dieselben  ist  ziemlich  umfangreich.  Die  Ver¬ 
suche  sollen  nämlich  eine  unmittelbare  Nutzanwendung  sowohl  für 
den  Brückenbau  wie  für  den  Hochbau  gestatten  und  überdies  zur 
Klarstellung  wissenschaftlicher,  auf  das  elastische  Verhalten  derWölb- 
stoft’e  bezüglicher  Fragen  beitragen.  Sie  werden  dementsprechend 
in  drei  Gruppen  zerfallen: 

1.  in  wissenschaftliche  Erhebungen  über  die  Festigkeits-  und 
Elasticitätsverhältuisse  der  bei  den  Versuchsgewölben  zur  Anwendung 
gelangenden  Baustoffe; 

2.  in  Bruchversuche  mit  den 
im  Hochbau  gebräuchlichen 
Deckenconstructionen  mit  Ge¬ 
wölben  kleinerer  Spannweite 
und  endlich 

3.  in  Bruchversuche  mit 
Briiekengewölben  von  23  m 
Spannweite. 

Die  erste  Gruppe  der  Ver¬ 
suche  soll  sich  auf  die  Ermitt¬ 
lung  der  Festigkeiten,  dann 
aber  insbesondere  auch  auf  die 
Bestimmung  der  Elasticitäts- 
mafse  von  Mauerwerk  und  Be¬ 
ton,  und  zwar  bei  letzerem 
sowohl  für  Druck-  als  für  Zug¬ 
beanspruchung,  erstrecken.  Die 
Vornahme  dieser  Versuche  er¬ 
folgt  in  den  Versuchsanstalten 
des  Wiener  Stadtbauamtes  und 
der  technischen  Hochschule. 

Die  Hochbauversuche  "be¬ 
treffen  a)  Gewölbe  von  1,35  m 
Stützweite  und  2  m  Länge  zwi¬ 
schen  eisernen  Trägern,  und 
zwar  Ziegelgewölbe  mit  Längs¬ 
und  Querscharen,  ein  Gewölbe 
aus  Stampfbeton  und  drei  Ge¬ 
wölbe  aus  Patentziegeln  ver¬ 
schiedener  Art;  b)  Gewölbe  mit 
2,70  m  Stützweite,  0,25  m  Pfeil¬ 
höhe  und  2  m  Länge  ebenfalls 
zwischen  eisernen  Trägern,  und 
zwar  ein  Betongewölbe  mit 
Betonpflaster,  zwei  Monier-Ge- 
wölbe,  das  eine  mit  Schutt  und 
Bretterfufsboden,  das  andere  mit  Mouierpflaster,  ein  Eabitz-Gewölbe 
und  zwei  Wellblechdecken;  c)  zwei  Gewölbe  mit  4,05  m  Stützweite, 
und  40  cm  Pfeilhöhe,  das  eine  aus  Stampfbeton,  das  andere  aus 
Moniermasse,  beide  mit  Schutt-  und  Bretterfufsboden. 

Das  meiste  Interesse  werden  die  mit  den  Brückengewölben  aus¬ 
zuführenden  Versuche  bieten.  Diese  Gewölbe  erhalten  23  m  Spann¬ 
weite,  1/5  der  Spannweite  als  Pfeilhöhe  und  2  m  Breite.  Es  wird  je 
ein  solches  Gewölbe  aus  Bruchstein-,  aus  Quader-  und  aus  Ziegel¬ 
mauerwerk,  ferner  eines  aus  Stampfbeton  und  eines  aus  Moniermasse 
erprobt  werden.  Endlich  ist  auch  noch  ein  Vergleichsversuch  mit  einer 
eisernen  Blechbogenbrücke  von  gleicher  Spannweite  beabsichtigt.  Die 
Quader-  und  Bruchsteingewölbe  erhalten  nach  umstehender  Zeichnung 
(Abb.  1)  0,60  m  Scheitelstärke  und  1,10  m  Stärke  im  Kämpfer;  die 
Ziegelgewölbe  verstärken  sich  von  0,60  m  im  Scheitel  in  vier  Ab¬ 
sätzen  auf  1,20  m  im  Kämpfer.  Die  Stärkenbestimmung  der  Beton- 
und  Monier-Gewölbe  wird  den  betreffenden  Unternehmern  überlassen. 


die  sich  zur  Ausführung  dieser  Versuchsbauten  erbötig  gemacht 
haben;  nur  soll  dabei  die  Anwendung  auf  Eisenbahnbrücken  im  Auge 
behalten  und  demgemäfs  eine  mit  voller  Sicherheit  zu  tragende  Be¬ 
lastung  von  3  Tonnen  f.  d.  Meter  Gewölbbogen  zu  Grunde  gelegt 
werden.  Die  gleichen  Annahmen  gelten  auch  für  den  Blechbogen. 

Die  Ausführung  soll  derart  erfolgen,  dafs  die  möglichste  Gleich¬ 
artigkeit  aller  Versuchskörper  erreicht  wird.  Es  wird  daher  für  alle 
Brückengewölbe  eine  und  dieselbe  Gattung  Portland-Cement  und  für 
die  Gewölbe  aus  Mauerwerk  die  gleiche  Mörtelmischung  in  An¬ 
wendung  kommen.  Die  Mauerung  der  Gewölbe  wird  gleichzeitig  an 
vier  Stellen,  nämlich  an  den  beiden  Kämpfern  und  in  der  Mitte  jeder 

Gewölbhälfte  begonnen  werden, 
sodafs  der  Gewölbschlufs  gleich¬ 
zeitig  an  drei  Stellen  erfolgt. 
Die  Belastung  wird  einseitig, 
nämlich  blofs  über  eine  Gewölb¬ 
hälfte  reichend,  aufgebracht  wer¬ 
den  und,  wie  Abbildung  1  zeigt, 
aus  Eisenbahnschienen  bestehen. 
Sie  soll  allmählich  bis  zum 
Bruch  des  Gewölbes  gesteigert 
werden.  Dabei  werden  die 
Formänderungen  an  den  Käm¬ 
pfern  und  an  mehreren  Punkten 
der  Gewölbstirnen  mit  Hülfe  ein¬ 
facher  V orrichtungen  beobachtet 
werden,  welche  die  unmittelbare 
Messung  der  loth-  und  wage- 
rechten  Verschiebungen  gestat¬ 
ten;  nebstdem  wird  man  trach¬ 
ten,  auch  die  Verdrehung  ein¬ 
zelner  Bogenquerschnitte  zu 
messen.  Die  Versuche  mit  den 
grofsen  Gewölben  werden  in 
einem  in  der  Nähe  Wiens  gele¬ 
genen  Steinbruche  vorgenommen 
werden. 

Die  Kosten  sind  insgesamt 
mit  rund  19  000  fl.  veranschlagt. 
Es  ist  Aussicht  vorhanden,  dafs 
diese  Summe  durch  Beiträge  sei¬ 
tens  der  Behörden,  der  Eiseu- 
bahngesellschaften  und  sonstiger 
Theilnehmer  ihre  volle  Deckung 
findet,  sodafs  dieVersuche  in  dem 
beabsichtigten  Umfange  werden 
durchgeführt  werden  können. 

Als  Vorversuch  kann  die  Erprobung  eines  von  der  österreichischen 
Südbahngesellschaft  hergestellten  10  m  weiten  Monier-Gewölbes  gelten, 
welche  unter  Betheiligung  des  oberwähnteu  Ausschusses  des  österr. 
Ingen.-  u.  Arch. -Vereins  am  16.  und  17.  Mai  d.  J.  stattfand.  Dieser 
Versuch  war  allerdings  für  die  Erzielung  besonderer  wissenschaft¬ 
licher  Aufschlüsse  nicht  angelegt,  sondern  er  sollte  nur  im  allgemeinen 
die  bedeutende  Tragfähigkeit  der  Moniergewölbe  nachweisen.  Ueber 
diesen  Versuch  ist  auf  Seite  15  und  340  d.  J.  berichtet  worden.  Die 
Ergebnisse  sind  natürlich  noch  nicht  dazu  angethan,  um  daraus  mafs- 
gebende  Folgerungen  für  den  Gewölbebau  überhaupt  ziehen  zu  können; 
sie  werden  aber  für  die  Beurtheilung  der  Monierbauten  Verwerthung 
finden  können,  und  dies  um  so  mehr,  als  nun  zum  Vergleiche  auch 
ein  gewöhnliches  Stampfbetongewölbe  von  10  m  Spannweite  und  1  m 
Pfeilhöhe  ausgeführt  und  demnächst  der  Erprobung  unterzogen 
werden  wird. 

Brünn,  27.  Sept.  1890.  Prof.  J.  Melan. 


Querschnitt. 

Reformirte  Kirche  in  Insterburg. 


Beiträge  zur  Keimtnifs  der  evangelisclieii  Kircheiibaukunst  in  der  Gegenwart, 


4.  Die  reformirte  Kirche  in  Insterburg. 

Die  reformirte  Gemeinde,  welche  sich  unter  dem  Grofsen  Kur¬ 
fürsten  und  seinen  Nachfolgern  aus  schottischen  Kaufleuten  und 
namentlich  aus  den  zur  Colonisation  des  durch  Pest  und  Krieg  ver¬ 
ödeten  Litthauens  hierher  gewiesenen  flüchtigen  Hugenotten  bildete, 
erhielt  1735  durch  die  Fürsorge  König  Friedrich  Wilhelms  I.  ihre 
erste  Kirche,  nachdem  der  bis  dahin  benutzte  Betsaal  im  alten 
Ordensschlosse  bei  dem  steten  Zuzuge  nicht  mehr  ausreichte.  Diese 
Kirche  hat  nur  150  Jahre  gestanden.  Durch  Sackungen  im  Funda¬ 
mente  und  durch  Ausdrängen  des  unzweckmäfsig  construirten  liegenden 
Dachstuhls  traten  Hisse  im  Mauerwerk  auf,  welche  schon  im  Jahre 
1846  zu  einer  Verankerung  des  Gebäudes  zwangen.  Aber  auch 
hierdurch  liefs  sich  der  weitere  Verfall  nicht  aufhalteu,  und  im  Jahre 
1885  mufste  die  Kirche  geschlossen  werden.  Inzwischen  war  bereits 


der  Entwurf  zu  einem  neuen  Gotteshause  fertig  gestellt,  und  es 
konnte  der  Neubau  im  Frühjahr  1886  mit  allen  Kräften  begonnen 
werden. 

Durch  das  Entgegenkommen  der  städtischen  Behörden  stand  ein 
vortrefflicher  Bauplatz,  der  im  neuen  Stadttheile  belegene  Mark¬ 
grafenplatz,  zur  Verfügung.  Dieser,  ein  von  vier  Strafsen  einge¬ 
schlossenes  Kechteck  von  108  m  Länge  und  74  in  Breite,  gestattete 
eine  vollkommen  freie  Lage  des  Kirchengebäudes. 

Aus  diesen  örtlichen  Verhältnissen  sowie  aus  der  Nothwendig- 
keit,  1500  Sitzplätze  und  etwa  500  Stehplätze  zu  beschaffen  —  die 
Seelenzahl  war  4000  —  entstand  der  Entwurf  einer  rundbogigen, 
dreischiffigen  Hallenkirehe  mit  Emporen,  welche,  weil  sie  aus 
Kostenschonung  in  den  Höhenmafsen  eingeschränkt  werden  mufste, 
im  Aeufseren  eine  malerische  Behandlung,  namentlich  eine  leb- 


Nr.  44. 


Centralblatt  der  Bauvervvaltang. 


451 


haft  bewegte  Umrifslinie  erhalten  durfte.  Sie  wurde  daher  mit 
drei  Thürmen  ausgestattet,  einem  stattlichen  Glockenthurme  an 
der  Westfront  von  65,8  m  Höhe  und  zwei  kleinen  Treppenthürmen 
im  Osten  von  33  m  Höhe.  Um  die  Chorapsis  legen  sich  in  halb¬ 
runder  Form  Sacristei 
und  Taufcapelle  mit 
kleinen  Nebenchören, 

Vorhalle  und  Nebenräu¬ 
men.  Die  Emporentrep¬ 
pen  befinden  sich  an 
den  vier  Ecken  in  abge¬ 
schlossenen  Treppenhaus 
sem  mit  Vorhallen.  Der 
Chorraum  mit  einem  an¬ 
grenzenden  Stücke  des 
Kirchenschiffs  ist  unter¬ 
kellert  und  birgt  die  bei¬ 
den  Kessel  der  Nieder¬ 
druckdampfheizung,  von 
denen  aus  sich  die 
Dampfröhren  unter  dem 
Gestühle  des  Mittel¬ 
schiffes  und  der  Seiten¬ 
schiffe  in  weiten  Canälen 
verbreiten. 

Das  System  des  In¬ 
nern  zeigt,  um  bessere 
Durchblicke  von  den  Sei¬ 
tenschiffen  aus  zu  er¬ 
zielen,  den  Stützenwech¬ 
sel  von  Rund-  und  ge¬ 
stuften  Kreuzpfeilern. 

Ueber  den  unteren  Rund¬ 
pfeilern  von  Ziegeln  er¬ 
heben  sich  oben  schar- 
rirte  Säulen  aus  schwe¬ 
dischem  Granit  mit  Wür- 
felcapitellen;  das  gleiche 
Material  und  dieselbe 
Bildung  erhielten  die 
Säulen  unter  der  im 
Westen  befindlichen 
Orgel  -  Empore.  Dem 
Stützenwechsel  entspre¬ 
chend  wurde  das  Mittel¬ 
schiff  mit  sechskappigen 
Kreuz  -  Gewölben  und 
einem  rechteckigen 
Kreuzgewölbe  über  der 
Orgel  -  Empore  bedeckt. 

Alle  Wände  und  Decken 
wurden  geputzt  und  in 
umfangreicher  Weise  stil- 
gemäfs  decorirt,  im  Ge¬ 
gensätze  dazu  blieben  die  Haupt- 
structurtheile  in  Rohbau  stehen. 

Auch  das  Aeufsere  ist  als 
Backsteinrohbau  von  schöner 
tiefbraunrother  Färbung  unter 
reichlicher  V  erwendung  von 
Granit  zu  Abdeckungen,  Platten, 

Ziersäulchen  usw.  behandelt. 

Das  rauhe  Klima  schlofs  Sand¬ 
stein  für  das  Aeufsere  aus.  Die 
Fundamente  bestehen  aus  ge¬ 
sprengten  Granitsteinen,  welche 
das  Insterthal  in  reicher  Menge 
birgt.  Auch  i.st  der  ganze  Sockel 
mit  derb  bossirten  Granitqua¬ 
dern,  welche  aus  den  Funda¬ 
mentsteinen  ausgelesen  und  auf 
der  Baustelle  von  den  Maurern  ' 

zugerichtet  wurden ,  bekleidet. 

Das  Mafswerk  der  Langhaus¬ 
fenster  oben  und  unten  und  die 
eingeblendeten  Säulen  der  Por¬ 
tale  und  Chorfenster  wurden  aus  Backsteinen 
Dächer  sind  mit  Schiefer  eingedeckt. 


Ansicht. 


Grundrisse. 

Reformirte  Kirche  in  Insterburg. 


gefertigt.  Sämtliche 


Die  unteren  Theile  der  Hauptfenster  des  Langhauses  sind  in 
Kathedralglas  mit  einfachen  bunten  Friesen,  die  Rosen  in  Grisaille 
und  Mosaikmustern  ausgeführt,  nur  das  Mittelfenster  des  Chors  er¬ 


hielt  einen  reicheren  Schmuck  durch  die  Gestalt  des  segnenden 
Christus,  während  Teppichmalereien  die  beiden  Seitenfenster  füllen. 

Die  Kanzel,  der  Altartisch  und  der  Taufstein  wurden  aus  gelbem 
Seeberger  Sandstein,  der  Schalldeckel  aus  Eichenholz  gefertigt.  Das 

Gleiche  gilt  für  das  Ge¬ 
häuse  der  stattlichen  Or¬ 
gel,  welche  45  klingende 
Stimmen  umfafst.  Der 
Thurm  erhielt  eine  Uhr 
sowie  einen  eisernen 
Glockenstuhl  mit  drei 
Glocken  von  35  Ctr.  Ge¬ 
samtgewicht.  Die  Tages¬ 
beleuchtung  ist  eine 
reichliche,  für  dieAbend- 
gottesdienste  dient  eine 
Gasbeleuchtung  mit  sti¬ 
listisch  durcbgebildetcn 
Kronen  und  Wandarmen. 

Die  Akustik  hat  sich 
als  vorzüglich  heraus  ge¬ 
stellt  sowohl  für  Rede 
wie  für  Gesang. 

Da  das  rauhe  ost- 
preufsische  Klima  die 
Bauzeit  nicht  unwesent¬ 
lich  beschränkt,  hat  die 
Bauausführung  vier  Jahre 
in  Anspruch  genommen. 
Die  Herstellung  sämt¬ 
licher  Fundamente  füllte 
das  Jahr  1886  aus.  Das 
Kirchenschiff  wurde  im 
Jahre  1887  unter  Dach 
gebracht,  das  gleiche 
Ziel  bei  den  übrigen 
Bautheilen  aber  erst  1888 
erreicht.  Im  Sommer 
1889  wurden  die  Wöl¬ 
bungen  ausgeführt,  nach¬ 
dem  eine  nachträgliche 
Verstärkung  deräufseren 
Fundamente  der  Strebe¬ 
pfeiler  vorangegangen 
war,  und  daran  schlossen 
sich  die  Arbeiten  des  übri¬ 
gen  inneren  Ausbaues, 
sodafs  die  feierliche  Ein¬ 
weihung  am  24.  April  1890 
stattfinden  konnte. 

Bei  der  Vergebung 
der  einzelnen  Lieferun¬ 
gen  und  Leistungen  wur¬ 
de  stets  darauf  gesehen, 
soweit  irgend  thunlich,  die  am 
Orte  ansässigen  Handwerker 
heranzuziehen.  Selbstverständ¬ 
lich  liefs  es  sich  bei  der  Eigen¬ 
art  des  Baues  nicht  umgehen, 
in  vielen  Fällen  auswärtige  Fir¬ 
men  zu  beschäftigen.  So  wurden 
die  Verblend-  und  Profilsteine 
von  den  Rastenburger  Ziegeleien, 
dieFenstermafswerkeund  reiche¬ 
ren  Formstücke  von  den  Siegers¬ 
dorf  er  Werken  bezogen.  Die 
Granitsäulen  des  Innern  und 
Aeufsern  sowie  die  Granitab¬ 
deckungen  fertigte  die  Firma 
Kessel  u.  Röhl  in  Berlin;  nach 
demselben  Orte  wurden  den 
Hof-Steinmetzmeistern  P.  Wim- 
mel  u.  Comp,  die  Kanzel,  der 
Altar  und  der  Taufstein  in 
Arbeit  gegeben.  Die  Orgel 
lieferte  M.  Terletzki  in  Königs¬ 
berg,  die  Niederdruckdampfheizung  die  Königsberger  Maschinen¬ 
fabrik  ebendaselbst;  die  Glasmalereien  stammen  aus  der  Werkstatt 
von  C.  L.  Tuercke  in  Zittau,  und  die  Ausmalung  der  Kirche  war 
dem  Maler  J.  Bornowski  in  Elbing  übertragen. 

Der  ganze  Bau  wird  —  der  endgültige  Abschlufs  ist  noch  nicht 


Holzstiel!  V.  O.  Ebel. 


452 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


1.  Novenibei  1890. 


erfolgt  —  einscbliefslicli  der  Heizanlage,  aber  aussehliefslich  des 
Grunderwerbes,  rund  420  000  Mark  kosten,  d.  i.  für  1  qm  bebauter 
Fläche  350  Mark,  für  1  cbm  Baumasse  24  Mark  und  für  den  Sitz 
280  Mark.  Berechnet  man,  soweit  dies  annäherungsweise  geschehen 
kann,  die  Baukosten  für  1  qm  Grundfläche  getrennt  für  den  Haupt¬ 
thurm  und  für  das  übrige  Kirchengebäude,  so  kommen  auf  1  qm 
Fläche  des  Thurmes  rund  800  Mark  und  des  übrigen  Theiles  300  Mark. 
Die  obere  Baulebung  lag  in  den  Händen  des  Königlichen  Bauraths 


Siehr  in  Insterburg,  unter  iihm  fungirte  der  Eegierungs- Baumeister 
C.  Waltlier.  Der  bei  der  Entlegenheit  der  Stadt  an  der  Ostgrenze 
sehr  viel  Arbeit  machende  und  durch  die  knappe  Structur  eine  Reihe 
besonderer  Schwierigkeiten  bietende  Bau  hat  durch  die  hingehende 
Liebe  und  Treue  beider  Herren  Collegen  eine  sehr  gediegene  Durch¬ 
führung  erhalten  und  ist,  wie  mir  der  Prediger  Hundertmark  noch 
neuerdings  schrieb,  „immer  mehr  eine  Freude  für  uns  alle  geworden‘q 

F.  Adler. 


Der  Brand  der  Alhambra. 


Heber  den  Brand  der  Alhambra  entnehmen  wir  dem  „Builder“ 
einige  Angaben,  die  ein  klares  Bild  des  Schadens  liefern,  welcher 
durch  das  verheerende  Feuer  in  dem  alten  Schlosse  der  maurischen 
Könige  von  Granada  entstanden  ist.  Nach  dem  Bericht  eines  Augen¬ 
zeugen,  des  britischen  Viceconsuls  in  Granada,  wurde  das  Feuer 
Montag  den  15.  Sept.  d.  J.  gegen  IOV2  Uhr  abends  entdeckt.  An¬ 
fänglich  schien  es,  als  wenn  der  ganze  Palast  verloren  wäre,  und  der 
Verdacht  der  Brandstiftung  wurde  gleich  rege,  da  es  an  drei  von 
einander  entfernten  Stellen  gleichzeitig  brannte.  Der  eigentliche 
Herd  des  Feuers  war  der  Hof  der  Alberca  und  der  angrenzende  Saal 
der  Barke.  Durch  Einreifsen  von  Dächern  und  vermöge  der  gewal¬ 
tigen  Dicke  der  Thurmmauern  des  Gesandten-Saales  gelang  es,  das 
Feuer  von  diesem  und  dem 
gleichfalls  stark  gefähr¬ 
deten  Löwenhofe  abzu¬ 
halten.  Der  grofse  Teich 
im  Innern  des  brennenden 
Hofes,  welcher  diesem  sei¬ 
nen  Namen  gegeben  hat, 
hot  reichliche  Speisung  für 
die  Spritzen  und  förderte 
das  Rettungswerk.  Um 
4  Uhr  war  das  Feuer  ge¬ 
löscht  und  rauchte  es  nur 
noch  hier  und  da.  Wie  in 
dem  Berichte  des  Augen¬ 
zeugen  ausdrücklich  betont 
wird,  soll  aufser  dem  Hofe 
der  Alberca  und  dem  Saal 
der  Barke  nichts  weiter  be¬ 
schädigt  sein.  Wenn  sich 
diese  Darstellung  bestätigt 

—  und  sie  ist  bis  jetzt  u. 

W.  nicht  widerrufen  worden 

—  wäre  also  der  Löwenhof 
mit  den  ihn  umgebenden 
Sälen  der  Schwestern,  des 
Gerichts  und  der  Aben- 
cerrages,  vom  Feuer  ganz 
verschontgeblieben.  Immer¬ 
hin  ist  der  Schaden  sehr 
umfangreich  und  um  so  beklagenswerther,  als  die  betroft’enen  Bau- 
theile  noch  wohlerhalteu  waren. 

Der  Hof  der  Alberca,  welcher  früher  nach  den  zu  beiden  Seiten 
des  Teiches  gepflanzten  Myrthensträuchern  auch  Myrthenhof,  patio 
de  los  Arrajanes  genannt  wurde,  ist  37,65  m  lang  und  22,50  m  breit. 
Die  Langseiten  sind  von  Zimmerreihen  in  zwei  Geschossen  ein- 
gefafst,  deren  Aufsenmauern  eine  etwa  mannshohe  Bekleidung  und 
eine  reichere  Einfassung  der  Thüren  und  Fenster  mit  arabischen 
Teppichmustern,  im  übrigen  aber  einfach  geputzte  Flächen  besafsen. 
Die  Schmalseiten  dagegen  sind  mit  offenen  Bogengängen  auf  schlanken 
Säulen  begrenzt,  welche  an  Pracht  der  Ausstattung  dem  berühmten 
Löwenhofe  nicht  nachstanden.  Wand-  und  Deckenflächen  waren  mit 
einem  Netz  von  dichtem  Ranken-  und  Blattwerk,  zwischen  welches 
einzelne  Sprüche  in  kufischer  Schrift  eingestreut  waren,  vollständig 
übersponnen,  und  namentlich  ragten  vier  Divans  oder  Nischen  durch 
Schönheit  der  Färbung  und  Zeichnung  hervor.  Aehnlich  war  der 
Saal  der  Barke,  dessen  Name  nach  einzelnen  Auslegungen  von  der 
einem  umgestürzten  Boote  gleichenden  Form  seiner  Decke  herrühren 
soll,  als  Yorraum  zu  dem  Haupt-  und  Empfangssaal  der  Gesandten 
mit  reichem  Schmuck  versehen.  Die  Decke  war  ganz  mit  tropfstein¬ 
artigen  Gebilden  in  Stuck  bedeckt  und  vorwiegend  in  gelben  und 
rothen  Tönen  gemalt.  Sie  war  in  Holz  hergestellt  und  ist  vollständig 
verbrannt.  Von  dem  ganzen  Raume  sind  nur  die  Mauern  stehen 
geblieben. 

Der  beigefügte  Grundrifs,  in  welchem  die  verbrannten  Theile 
schwarz  hervorgehoben  sind,  zeigt  die  Gesamtanlage  des  Palastes 


mit  Bezeichnung  der  wichtigsten  Räume.  Dieses  ganze  Gebäude 
mit  allen  seinen  inneren  Höfen,  Gärten  und  Hallen  bedeckt  am 
Nordabhange  nur  einen  verhältnifsmäfsig  kleinen  Theil  des  lang¬ 
gestreckten  Burghügels  und  läfst  für  Plätze,  Strafsen,  Gärten,  ein 
Kloster,  eine  Pfarrkirche,  einen  grofsen  von  Karl  V  erbauten  Palast 
und  zahlreiche  Vertheidigungsbauten  Raum,  welche  alle  aus  den  ver¬ 
schiedensten  Jahrhunderten  stammen.  Der  uns  beschäftigende  Palast 
ist  in  der  Zeit  des  Verfalles  der  maurischen  Herrschaft  in  Spanien, 
als  das  Königreich  Granada  den  letzten  Stützpunkt  derselben  bildete, 
entstanden.  Wenn  auch  der  Name  kalat  al’hamra  (rothes  Schlofs)  schon 
im  9.  Jahrhundert  auftaucht,  so  bezog  er  sich  auf  eine  ältere  Feste  und 
nicht  auf  den  späteren  Königspalast,  welcher  erst  im  13.  Jahrhundert 

von  Ibn  al’ahmar  (1232 
bis  72)  gegründet  wurde. 
Dieser  Fürst,  der  bei  der 
Vertreibung  der  Almohaden 
durch  einen  Aufstand  auf 
den  Thron  gelangte,  erhob 
durch  eine  weise  Regierung 
und  gute  Verwaltung  Gra¬ 
nada  zu  der  Bedeutung, 
welche  Cordova  unter  den 
Kalifen  als  Sitz  morgen¬ 
ländischer  Kunst  und 
Wissenschaft  früher  ge¬ 
habt  hatte.  Durch  Zuzug 
muselmännischer  Flücht¬ 
linge  aus  anderen  von  den 
Christen  hart  bedrängten 
Städten  wuchsen  Einwoh¬ 
nerzahl  und  Wohlstand. 
Ibn  al’ahmar  benutzte  diese 
günstige  Lage,  um  zahl¬ 
reiche  Bauten  auszuführen 
und  gründete  den  Palast, 
welcher  von  nun  ab  der 
viel  umstrittene  Herrscher¬ 
sitz  der  Granadischen 
Könige  wurde.  100  Jahre 
später  unternahm  Jussuf  I 
(1333 — 53)  eine  vollstän¬ 
dige  Erneuerung  und  Verschönerung  des  Palastes  im  Innern  mit 
einem  Aufwande,  der  ihn  in  den  Ruf  der  Zauberei  brachte.  Er  liefs 
alle  Räume  neu  bemalen  und  vergolden,  baute  zwei  neue  Thore,  die 
Halle  der  Schwestern,  die  Bäder,  den  Gesandtensaal  und  den  jetzt 
abgebrannten  Myrthenhof.  Von  ihm  rührt  die  märchenhafte  Pracht 
des  Schlosses  her.  Unter  seinen  Nachfolgern  rieb  sich  die  könig¬ 
liche  Macht  in  fortwährenden  Kämpfen  mit  den  christlichen  Nach¬ 
barn  und  Aufständischen  auf,  bis  dieselbe  mit  einer  Greuelthat,  der 
Ermordung  eines  ganzen  Geschlechtes  der  Abencerrages  in  dem  nach 
ihnen  benannten  Saale  ihr  Ende  erreichte.  Bald  nach  dieser  That, 
am  2.  Januar  1492,  zogen  Ferdinand  und  Isabella,  welche  die  Kronen 
von  Aragon  und  Castilien  durch  Heirath  verbunden  hatten,  nach 
einer  neunmonatlichen  Belagerung  als  Sieger  durch  die  Thore  der 
Alhambra  ein. 

Von  da  ab  ist  zur  Erhaltung  des  alten  Schlosses  nichts  mehr 
geschehen,  im  Gegentheil,  schon  Karl  V.  liefs  einen  beträchtlichen 
Theil  desselben  abreifsen,  um  einem  weitläufigen  Neubau,  der  nie 
vollendet  wurde,  Platz  zu  schaffen.  In  den  späteren  Zeiten,  in  denen 
mit  Feuer  und  Schwert  gegen  die  Mauren  bis  zu  ihrer  gänzlichen 
Vertreibung  unter  Philipp  III.  gewüthet  wurde,  hatte  auch  der 
Alhambra-Palast  durch  Rohheiten  aller  Art,  Uebertünchen  der  schönen 
Malereien,  Einziehen  von  Wänden  und  andere  Verunstaltungen  zu 
leiden.  Um  so  kostbarer  waren  die  noch  wohl  erhaltenen  Reste, 
welche  die  schlimmen  Zeiten  und  den  Verfall  des  Alters  überdauert 
hatten,  und  um  so  beklagenswerther,  dafs  ein  so  grcfser  Theil  derselben 
jetzt  durch  Frevlerhand  zerstört  worden  ist.  B. 


de  Cömares.  8.  Gerichtssaal.  13.  Palast  Karls  V. 

4.  Bäder.  9.  tlof  der  Moschee. 


Dir.  44. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


453 


Die  Württembergischen  Staatsbahnen, 


Vor  kurzem  ist  ein  trefflich  ausgestattetes  Werk  über  die  Staats¬ 
eisenbahnen  Württembergs  erschienen,  das  den  Baudirector  v.  Morl ok 
zum  Verfasser  hat  und  in  den  Fachkreisen  auch  aufserhalb  Württem¬ 
bergs  vollste  Beachtung  verdient.*)  In  dem  Buche  giebt  der  Ver¬ 
fasser  eine  Dai-stellung  der  Entstehung  und  Entwicklung  der  württem¬ 
bergischen  Eisenbahnen  in  technischer  und  financieller  Hinsicht  unter 
Beifügung  einer  gröfseren  Anzahl  Abbildungen  von  bemerkens- 
werthen  und  kennzeichnenden  Hochbauten,  Brücken  und  Fahrzeugen, 
sowie  statistischer  An¬ 
gaben  über  die  Grö- 
fsenverhältnisse  der 
Empfangsgebäude, 

Brücken,  Tunnel  usw. 

Ausgehend  vom  Jahre 
1835,  in  welchem  der 
Frage  der  Ausfüh¬ 
rung  von  Eisenbah¬ 
nen  in  Württemberg 
ernstlich  näher  ge¬ 
treten  worden  war, 
wird  zunächst  die  Ge¬ 
schichte  des  Bahn¬ 
baues  dargestellt,  ein- 
getheilt  in  sechs  Zeit¬ 
abschnitte,  deren  V  er¬ 
lauf  hauptsächlich 
durch  die  leitenden 
Verkehrsminister  be¬ 
stimmt  ist.  In  einem 
Anhang  sind  sodann 
die  Baukosten  und 
die  Erträgnisse  der 
Bahnen  unter  Aus¬ 
scheidung  in  Orts-  und 
Durchgangslini  en  ver¬ 
zeichnet;  auch  ist  da¬ 
selbst  eine  Uebersicht 
über  die  Entwicklung 
der  Dienstes-Einrich- 
tung,  über  die  mit 
den  Nachbarstaaten 
und  dem  Reich  abge¬ 
schlossenen  Staats¬ 
verträge  usw.  ge¬ 
geben. 

Mit  warmem  In¬ 
teresse  entwickelt  der 
Verfasser,  wie  im 
Laufe  des  ersten 
Zeitabschnittes  die 
Fragen  über  Rich¬ 
tung  und  Zielpunkte 
der  Bahnen,  über  Ausführung  als  Staats-  oder  Privatbahnen,  über 
die  Kostenbetheiligung  des  Staates  bei  den  letzteren,  über  das  zu¬ 
lässige  Mafs  der  Krümmungen  und  Steigungen  ihre  Lösung  fanden. 
Minister  v.  Schlayer  leitete  mit  weitschauendem  Blick  den  Bau  der 
Eisenbahnen  ein;  die  Ober-Bauräthe  Etzel,  Klein  und  Knoll  legten 
die  technischen  Grundlagen  fest.  Hervorzuheben  ist  hier,  dafs  die¬ 
selben  für  den  Albübergang  bei  Geifslingen  als  gröfste  zulässige 
Steigung  1  :  44,5  bei  Locomotivbetrieb  wählten,  hierin  weiter  gehend, 
als  der  zur  Begutachtung  der  ursprünglichen,  von  Ober-Baurath 
-V.  Bühler  gefertigten  Entwürfe  aus  Wien  berufene  Oberingenieur 
Negrelli,  welcher  vorgeschlagen  hatte,  das  Steigungsverhältnifs  1  :  89 
nicht  zu  überschreiten,  und  entgegen  dem  Gutachten  des  Professors 
Vignoles  aus  London,  der  die  Luftdruck-Eisenbahn  einführen  wollte 
und  für  den  Fall  der  Nichtannahme  derselben  von  der  Erbauung  der 
Filsbahn  abrieth  und  die  Führung  der  Linie  nach  Ulm  durch  das 
Remsthal  empfahl.  Eingehend  wird  im  weiteren  die  Thätigkeit  der 
jeweiligen  Vorstände  der  Verkehrsanstalten,  der  Minister  v.  Gärtner, 
V.  Knapp,  V.  Varnbüler,  v.  Mittnacht,  des  Präsidenten  v.  Dillenius 
und  anderer  um  das  Eisenbahnwesen  verdienten  Männer  geschildert. 


*)  Die  König!.  Württembergischen  Staatseisenbahnen, 
Rückschau  auf  deren  Erbauung  während  der  Jahre  1835 — 1889,  be¬ 
arbeitet  von  G.  V.  Morlok,  Ober-Baurath  und  Baudirector.  Deutsche 
Verlagsanstalt.  Stuttgart,  Leipzig,  Berlin,  Wien  1890.  VIII  u.  234  S. 
in  Grofs  Quart  mit  55  Abb.  und  einer  Uebersichtskarte.  Preis  geh. 
10  J(,  geb.  11,20  jH. 


Der  Verfasser  giebt  manche  werthvolle  Aufschlüsse  über  die  Gründe 
der  jeweiligen  Ausdehnung  des  Bahnnetzes  in  einem  Zeitabschnitt, 
sowie  der  besonderen  Linienführung.  Er  verweist  hierbei  wiederholt 
auf  den  grofsen  Werth  sorgfältiger  Berechnungen  nicht  nur  der  Bau¬ 
kosten,  sondern  auch  der  Betriebsausgaben,  und  thunlichster  Schätzung 
der  voraussichtlichen  Erträgnisse  bei  den  Einzelentwürfen.  Solche 
Berechnungen  sind  von  den  württembergischen  Ingenieuren  stets  mit 
Vorliebe  aufgestellt  worden,  indem  sie  damit  dem  von  Ober-Baurath 

Klein  gegebenen  Bei¬ 
spiele  folgten,  dessen 
höchst  interessantes 
Gutachten  über  drei 
Entwürfe  der  Cen¬ 
tralbahn  Stuttgart- 
Efslingen  und  Stutt¬ 
gart  -  Ludwigsburg 
wörtlich  veröffentlicht 
ist.  Sehr  anregend 
ist  die  Abhandlung 
über  den  vierten  Ab¬ 
schnitt  von  1864  bis 
1870,  in  welchem  der 
eine  grofse  Sach- 
kenntnifs  und  warme 
Fürsorge  für  Aus¬ 
bildung  aller  Zweige 
des  Eisenbahnwesens 
hegende  Minister 
V.  Varnbüler  an  der 
Spitze  der  Verkehrs¬ 
anstalten  stand,  und  in 
welchem  über  500  km 
neuer  Bahnen  dem 
Betrieb  übergeben 
wurden.  Da  und 
dort  sind  auch  tech¬ 
nische  Einzelheiten 
aus  den  Bauvorgängen 
eingeflochten,  wie  die 
zur  Verhinderung  und 
Beseitigung  von  Rut¬ 
schungen  und  gegen 
Schneeverwehungen 
getroffenen  Vorkeh¬ 
rungen,  Mittheilungen 
über  zweckmäfsige 
Auswahl  und  Bear¬ 
beitung  des  Bauma¬ 
terials  u.  dgl.;  für  alle 
Bahnen  sind  die  geo- 
gnostischen  Schich¬ 
ten,  welche  sie  durch- 
schneiden,  angegeben.  Anläfslich  der  Erörterung  der  in  den  Jahren 
1863/65  erfolgten  Vergröfserung  des  Bahnhofs  Stuttgart  spricht  der 
Verfasser  die  Befürchtung  aus,  dafs  mit  der  Ausführung  des  gegen¬ 
wärtig  behufs  Entlastung  dieses  Bahnhofs  wieder  in  Frage  stehenden 
Entwurfs  einer  Umgehungsbahn  Untertürkheim-Zuffenhausen  der  ge¬ 
wünschte  Erfolg  —  trotz  der  für  den  Bau  und  den  Betrieb  erwachsen¬ 
den  grofsen  Kosten  —  nicht  erreicht  werden  möchte.  Unter  Hinweis 
auf  die  im  Jahre  1862  von  den  damaligen  Oberingenieuren  gepflogenen 
Berathungen  über  die  genannte  Bahn  und  auf  das  zu  jener  Zeit 
aufgestellte,  aber  nicht  vollständig  zur  Ausführung  gekommene  Bau¬ 
programm  für  die  Erweiterung  des  Bahnhofs  Stuttgart  hält  er  es 
für  angemessener  und  genügend,  die  Personen-  und  Ortsgütergeleise 
und  die  Warteräume '  daselbst  weiter  auszubilden,  wobei  allerdings 
als  unerläfsliche  Bedingung  für  befriedigende  Leistungsfähigkeit 
vorausgesetzt  ist,  dafs  der  Verschubdienst  soweit  möglich  auf  benach¬ 
barten  Stationen  vorgenommen  wird  und  nur  ein  Durchziehen  der  Güter¬ 
züge  unter  Zurücklassung  oder  Aufnahme  der  nach  oder  von  Stuttgart 
gehenden,  an  das  Ende  des  Zuges  gestellten  Wagen  stattfindet. 

Wir  legen  die  Rückschau  aus  der  Hand  mit  dem  Eindruck,  dafs 
dieselbe  um  so  zeitgemäfser  erschienen  ist,  als  der  Bau  von  Haupt¬ 
bahnen  in  Württemberg  nun  sein  Ende  erreicht  haben  dürfte  und 
die  Zeit  der  Nebenbahnen,  beginnt.  Auch  auf  dieses  Gebiet  hat 
V.  Morlok,  welcher  40  Jahre  im  Dienste  der  württembergischen 
Staatseisenbahnen  stand,  noch  seine  Thätigkeit  erstreckt,  indem  unter 
seiner  Mitwirkung  im  Jahre  1876  die  Im-  spurige  Bergbahn  für  das 
Hüttenwerk  Wasseralfingen  als  erste  Zahnradbahn  (System  Riggen- 


Reformirte  Kirche  in  Insterburg. 


454 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


1.  Kovember  1890. 


bacli)  in  Deutschland  erbaut  wurde,  und  erweiterbin  im  Jahre  1879/80 
Entwürfe  für  eine  voll-  und  schmalsinirige  Nebenbahn  von  Schiltacb 
nach  Schramberg  an  der  württembergisch  -  badischen  Grenze  aus¬ 
arbeitete,  bei  welcher  zum  gröfseren  Tbeil  die  Mitverwendung  der  be¬ 
stehenden  Staatsstrafse  in  Betracht  gezogen  war.  Wenn  v.  Morlok 
seiner  Genugtbuung  Ausdruck  giebt,  dafs  die  württembergische  Ab¬ 


geordnetenkammer  nun  der  Ausführung  neuer  Linien  als  Bahnen 
II.  Ordnung  geneigter  gegenüberstebt  als  früher  unter  dem  Einfluf» 
ihres  langjährigen  Berichterstatters  Moritz  Mohl,  so  fügen  wir  den 
Wunsch  bei,  dafs  noch  einen  Schritt  weiter  gegangen  werde  und  ein. 
Umschwung  der  Stimmung  im  Lande  zu  Gunsten  der  Schmalspur¬ 
bahnen  eintreten  möge.  — r. 


Ein  Yorschlag  zu  einer  wasserdichten,  schalldämpfenden  Fahrbahn 

eiserner  Eisenhahn -Brücken. 


Die  Aufgabe,  für  Eisenbahn-Brücken  eine  wasserdichte,  schall¬ 
dämpfende  Fahrbahn  herzustellen,  ist  bekanntlich  bei  der  Berliner 
Stadtbahn  dui'ch  Anwendung  hängender  Buckeiplatten,  welche,  mit 
ihren  vier  Seiten  auf  die  Quer-  und  Zwischenträger  aufgenietet,  das 
Kiesbett  tragen,  in  brauchbarer  Weise  gelöst  worden.  Nach  diesem 
Vorbilde  wird  jetzt  fast  ausschliefslich  gebaut,  obgleich  man  in 
vielen  Fällen  den  Buckelplatten  zu  Liebe  die  Knotenpunkte  der 
Hauptträger  enger  legen  mufs,  als  es  mit  Rücksicht  auf  das  Gewicht 
des  Gitterwerkes  zweckmäfsig  ist;  obschon  man  ferner,  um  Buckel¬ 
platten  derselben  Gröfse  zu  erhalten,  die  Zwischenträger  in  gleicher 
Entfernung  anordnen  mufs,  während  meistens  eine  ungleiche  Ent¬ 
fernung  unter  Beachtung  der  Lage  der  Schienen  günstiger  ist; 
obwohl  bei  schiefen  Brücken  die  Endabschlüsse  schwierig  und 
theuer  herzustellen  sind, 
und  obgleich  endlich  die 
wasserdichte  Befestigung 
der  Buckelplatten  eine 
sehr  •  enge  Nietstellung 
und  damit  eine  umfang¬ 
reiche  Nietarbeit  auf  der 
Baustelle  erfordert,  wel¬ 
che  die  Ausführung  ver- 
theuert  und  in  die  Länge 
zieht.  Die  Entwässe¬ 
rung  der  Oberbaubettung 
durch  das  in  der  Mitte 
einer  jeden  Buckelplatte 
befindliche  kleine  Loch 
ist  ausreichend,  wenn  man  die 
Kosten  für  Beschaffung  von  ge¬ 
waschenem  ,  grobem  Flufskies 
aus  festem  Gestein  nicht  scheut 


der  bisher  üblichen  Weise  würde  sich  etwa  der  in  Abb.  1  links  ge¬ 
zeichnete  Querschnitt  und  der  entsprechende  Längenschnitt  der  Abb.  2 
ei'geben.  Die  Entfernung  der  Querträger  von  2,5  m  ist  zu  grofs,  um 
sie  mit  einer  Buckelplatte  zu  überdecken.  Es  müssen  deshalb  Quer¬ 
träger  zweiter  Ordnung  eingelegt  und  an  den  Zwischenträgern  be¬ 
festigt  werden.  Die  Gröfse  der  Buckelplatten  ergiebt  sich  alsdann 
zu  1,10  X  1,25  m.*)  Die  Stärke  derselben  kann  erfahrungsgemäfs  auf 
6  mm  bemessen  werden,  wobei  sie  ein  in  ihrer  Mitte  stehendes  6,5  t 
schweres  Locomotivrad  noch  ohne  bleibende  Formänderung  zu  tragen 
vermögen.  Die  Entwässerung  ist  in  den  Abbildungen  angedeutet. 
Das  Wasser  wird  von  dem  in  jeder  Buckelplatte  befindlichen  Loche 
durch  senkrechte  Abfallrohre  in  kurze  Querrinnen  geführt  und  läuft 
in  einer  durch  die  Querträger  gesteckten  Mittelrinne  nach  beiden 

Widerlagern  ab. 

Die  vorzuschlagende,, 
neue  Lösung  ist  in  den 
Abb.  1  und  2  rechts  durch 
Querschnitt  und  Längs¬ 
schnitt  und  in  den  Abb. 
3,  4  und  5  durch  Einzel¬ 
heiten  dargestellt.  Auf 
gewalzte  Zwischenträger 
von  IC-Form  werden  Be¬ 
lageisen  (Zores  eisen)  quer 
zur  Brückenachse  mit 
1  cm  Spielraum  zwischen 
denUnterschenkeln  derart 
aufgelegt,  dafs  ihre  Ober¬ 


und  denselben  sorgfältig  so  auf¬ 
bringen  läfst,  dafs  die  gröbsten 
Kiesel  den  untersten  Tbeil  der 
Bettung  bilden.  Mit  der  Zeit 

werden  jedoch  auch  von  den  härtesten  Steinen  durch  die  Ein¬ 
wirkung  der  Stopf  hacke  und  durch  die  Erschütterungen,  welche  die 
Fahrzeuge  verursachen,  kleine  Trümmertheilchen  abgesprengt  und 
dadurch  die  Löcher  in  den  Buckelplatten  verstopft,  besonders  wenn 
über  denselben  halbkugelförmige  Schutzsiebe  vorhanden  sind.  Die 
Oberbaubettung  mufs  alsdann  vollständig  ausgehoben  und  theilweise 
erneuert  werden.  Nicht  zu  verkennen  ist  aufserdem,  dafs  die  obere 
Fläche  der  Buckelplatten,  welche  in  unmittelbarer  Berührung  mit  dem 
Kiesbette  steht,  vor  der  Einwirkung  des  Rostes  auf  die  Dauer  nicht 
geschützt  werden  kann.  Die  meist  4 — 8  mm  starken  Buckelplatten 
werden  also  früher  erneuert  werden  müssen  als  die  übrigen  Eisen- 
theile,  was  ohne  lang  andauernde  Betriebsstörung  nicht  ausführbar 
ist.  Man  hat  die  erwähnten  Nachtheile  bisher  mit  in  den  Kauf 
nehmen  müssen,  weil  eine  andere,  dieselben  vermeidende  Lösung  der 
Aufgabe,  welche 

1.  eine  gleich  oder  annähernd  so  geringe  Constructionshöhe  er¬ 
fordert,  und  dabei 

2.  eine  bessere  Entwässerung  des  Kiesbettes, 

3.  eine  ähnliche,  sichere  seitliche  Begrenzung  des  Kiesbettes, 

4.  einen  mindestens  ebenso  bequemen  Anschlufs  an  die  gemauerten 
Widerlager  und 

5.  eine  vollkommene  Wasserdichtigkeit 

gewährleistet,  bisher  nicht  bekannt  geworden  ist.  Ob  der  nach¬ 
folgend  beschriebene  und  durch  Abbildungen  erläuterte  Vorschlag 
allen  Anforderungen  genügt  und  deshalb  berufen  ist,  die  Buckel¬ 
platten  zu  ergänzen  oder  zu  verdrängen,  wird  sich  erst  heraussteilen, 
wenn  er  zur  Ausführung  gelangen  sollte. 

Als  Beispiel,  an  welchem  die  Bauweise  gezeigt  werden  mag,  ist 
eine  zweigeleisige  Eisenbahnbrücke  mit  Fachwerkträgern  von  25  m 
Spannweite  gewählt.  Die  Knotenpunktsentfernung  betrage  2,5  m, 
der  Abstand  der  Hauptträgerachsen  8,4  m  bei  3,5  m  Geleisentfernung. 
Die  Querträger  seien  an  jedem  unteren  Knotenpunkte  befestigt  und 
als  Blechträger  ausgebildet.  Bei  Anwendung  von  Buckelplatten  in 


kante  mit  den  Querträgeroberkan¬ 
ten  nahezu  in  gleicher  Ebene  liegt, 
und  auf  jedem  Zwischenträger  mit 
einem  schwachen  Niete  befestigt. 
Seitlich  wird  die  so  gebildete  Fahr¬ 
tafel  durch  ein  auf  die  Belageisen 
genietetes,  am  besten  aus  zwei  ver¬ 
schiedenen  Winkeleisen  gebildetes- 
T-Eisen  begrenzt  (Abb.  4).  Nachdem  nunmehr  die  ganze  Fahrtafel 
mit  magerem  Cemeiftbeton  ausgefüllt  und  der  letztere  abgeglichen 
und  erhärtet  ist,  wird  ein  Belag  von  1  bis  2  mm  starkem  verzinkten 
Wellblech  mittels  einer  Zwischenlage  von  Theerbeton,  Asphaltbeton 
oder  dergleichen  aufgebracht.  Die  einzelnen  Wellblechtafeln,  deren 


Wellen  mit  den  Querträgern  gleichlaufen,  werden  an  ihren  Enden 
auf  die  säumenden  T -Eisen  aufgenietet.  Eine  jede  folgende  greift 
um  1  bis  2  Wellen  über  die  vorhergehende  (Abb.  2),  sie  wässern 
mit  1  :  40  bis  1  :  200  (je  nach  der  vorhandenen  Constructionshöhe) 
nach  beiden  Seiten  ab.  Neben  jedem  Querträger  werden  Winkeleisen 
auf  den  Zwischenträgern  befestigt  zum  Abschlufs  des  Cementbetons 


*)  Bemerkt  sei,  dafs  dies  nicht  die  äufserste  Grenze  für  die 
Gröfse  der  Buckelplatten  ist.  Man  kann  bis  zu  1,8  X  1,8  m  bei 
8  mm  Stärke  gehen.  Das  Gewicht  einer  Buckelplatte  stellt  sich 
allerdings  dann  schon  auf  etwa  200  kg. 


Bfr.  44. 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


455 


{Abb.  3).  Bei  schiefen  Brücken  können  die  schief  abgeschnittenen 
Belageisen  mit  ihren  Enden  auf  das  neben  dem  Endquerträger  be¬ 
findliche  Winkeleisen  unter  entsprechender  Auffütterung  der  Zwischen¬ 
träger  aufgelegt  werden.  An  der  spitzwinkligen  Ecke  müssen  die 
überstehenden  Enden  der  letzten  kurzen  Belageisen  noch  durch  einen 
besonderen  Zwischenträger  unterstützt  werden.  Die  seitliche  Be¬ 
grenzung  des  Kiesbettes  kann  in  derselben  Weise  wie  bei  den  Buckel¬ 
platten  geschehen,  mit  dem  einzigen  Unterschiede,  dafs  die  Seiten¬ 
bleche  unten  nicht  festgenietet,  sondern  lose  auf  den  Wellblech¬ 
belag  aufgelegt  werden  (Abb.  4). 

Die  Entwässerung  findet  dadurch 
statt,  dafs  die  Wellen  des  Well¬ 
bleches  das  Wasser  unter  dem 
Seitenbleche  nach  einer  durch  die 
Querträger  durchgesteckten  Längs- 
rinne  abführen.  Mit  Rücksicht  auf 
die  naheliegende  Gefahr  jedoch, 
dafs  das  lose  aufliegende  Seiten¬ 
blech  beim  Fahren  eines  Zuges 
über  die  Brücke  ein  klapperndes 
Geräusch  hervorbringt,  verdient 
die  in  Abb.  5  gezeichnete  Anord¬ 
nung  den  Vorzug.  Der  Well¬ 
blechbelag  stöfst  hier  stumpf 
gegen  das  Seitenblech,  einen  etwa  Abb.  4. 

10  —  20  mm  weiten  Schlitz  zur 

Entwässerung  offen  lassend.  Der  Anschlufs  der  Fahrbahn  an  das 
Mauerwerk  wird  durch  Annieten  eines  entsprechend  der  Wölbung 
des  Wellbleches  gesäumten  Schleppbleches  an  den  Endquerträger 
bewirkt,  bis  zu  dessen  Ende  auch  der  Wellblechbelag  und  die  Seiten¬ 
bleche  reichen.  Wenn  die  Verhältnisse  es  nahelegen,  z.  B.  bei  kleinen 
Brücken,  deren  Querträger  etwa  1,10  m  von  einander  entfernt  sind, 
so  kann  man  die  Belageisen  auch  gleichlaufend  mit  der  Brückenachse, 
unmittelbar  auf  den  Querträgern  liegend,  anordnen.  Man  erspart 
dadurch  die  Zwischenträger,  braucht  aber  das  stärkste  Profil  Nr.  11 
für  die  Belageisen  und  mehr  Constructionshöhe,  wohingegen  der 
Anschlufs  an  das  Mauerwerk  sehr  einfach  durch  Verlängerung  der 
Belageisen  über  dasselbe  hinweg  hergestellt  werden  kann. 

Es  braucht  wohl  kaum  hervorgehoben  zu  werden,  dafs  bei  der 
neuen  Bauweise  die  sämtlichen  tragenden  Eisentheile  der  Fahr¬ 
bahn  gegen  Nässe  vollkommen  geschützt  sind.  Die  einzige  Stelle, 
wo  das  nicht  der  Fall  ist,  nämlich  das  kurze  Stück  des  Querträgers 
zwischen  Ende  des  Wellbleches  und  Versteifungsblech  bezw.  Seitenblech 
oberhalb  der  Rinnen,  kann  durch  ein  übergelegtes  Stück  Zinkblech  ge¬ 
schützt  werden  (Abb.  4  u.  5).  Dem  Rosten  sind  also  blofs  das  Wellblech 
und  die  Seitenbleche  ausgesetzt.  Wenn  diese  einmal  erneuert  werden 
müssen,  was  bei  guter  Verzinkung  nicht  sobald  eintreten  wird,  zumal 
da  die  Sicherheit  des  Betriebes  nicht  davon  abhängt,  so  dürfte  das 
in  erheblich  kürzerer  Zeit  und  mit  geringeren  Kosten  auszuführen 
sein,  als  die  Auswechslung  der  Buckelplatten.  Die  erforderliche 
Constructionshöhe  fällt  allerdings  hier  etwas  gröfser  aus.  Das  Mehr 
läfst  sich  aber  auf  etwa  3  cm  bei  eingeleisigen  und  4  cm  bei  zwei- 
geleisigen  Brücken  einschränken,  dürfte  also  wohl  selten  als  Hin¬ 
derungsgrund  in  die  Wagschale  fallen.*)  Die  Nielarbeit  auf  der 


Baustelle  ist  erheblich  verringert.  Zur  Befestigung  von  1  lfd.  m 
Buckelplattenfahrbahn  einer  zweigeleisigen  Brücke  sind  etwa  200  Stück 
16  mm  starke  Niete  gegen  40  Stück  10  mm  starke  bei  Belageisen  er¬ 
forderlich. 

Zum  Schlüsse  erübrigt  noch,  die  beiden  einander  gegenüber¬ 
gestellten  Bauweisen  hinsichtlich  des  Gewichts  und  der  Kosten  einer 

vergleichenden 
Betrachtung  zu 
unterwerfen. 
Legt  man  der 
Berechnung  eine 
zulässige  Bean¬ 
spruchung  der 
Fahrbahntheile 
von  0,6  t  f.  d. 
qcm  unter  ge¬ 
wöhnlichen  Um¬ 
ständen  ,  und 
eine  solche  bis 
zu  2  t  f.  d.  qcm 
(bis  zur  Elasti- 
citätsgrenze) 
nach  einer  statt¬ 
gehabten  Ent¬ 
gleisung  zu 

Grunde,  so  ist  in  dem  gewählten  Beispiele  für  das  lfd.  m  Brücke 


bei  Buckelplatten: 

das  Eisengewicht  der  Fahrbahn  ausschl.  Haupt¬ 
querträger  und  Seitenbleche  etwa . —  0,763  t 

das  Kiesgewicht  etwa . =  4,180  ,. 

zus.  4,943  t 

bei  Belageisen: 

das  Eisengewicht  ausschl.  Querträger  und  Seiten¬ 
bleche  etwa . =  0,787  t 

das  Betongewicht  . =  1,480  „ 

das  Kiesgewicht . .  =  2,910  ,. 


zus.  5,177  t 

Wenn  man  für  Belageisen  die  Constructionshöhe  um  4  cm  gröfser, 
also  die  Stärke  des  Kiesbettes  unter  Schienenunterkante  gleich  grofs 
annimmt,  wie  bei  den  Buckelplatten,  so  vermehrt  sich  das  Kiesgewicht 
gegen  obige  Zahl  noch  um  0,6  t;  das  Gesamtgewicht  stellt  sich  also 
auf  5,777  t.  Sowohl  das  Gesamtgewicht  als  auch  das  Eisengewicht 
ist  also  bei  der  neuen  Bauweise,  ersteres  um  etwa  3  pCt.,  letzteres 
um  17  pCt.  höher  als  bei  Buckelplatten.  Eine  weitere  Vertheuerung 
liegt  in  der  Nothwendigkeit,  einen  Theil  des  Kieses  durch  Beton  zu 
ersetzen.  Günstig  in  Bezug  auf  die  Kosten  wirken  die  geringere 
Nietarbeit  auf  der  Baustelle,  der  niedrigere  Einheitspreis  für  Belag¬ 
eisen  gegenüber  dem  für  Buckelplatten  und  endlich  die  einfachere 
Rinnenanordnung.  Immerhin  aber  wird  eine  Vermehrung  der  Kosten 
als  feststehend  zu  betrachten  sein,  welche  jedoch  nicht  so  erheblich 
ist,  um,  wenn  sich  die  Vorzüge  der  neuen  Bauweise  bewähren  sollten, 
von  einer  ausgedehnten  Anwendung  derselben  abzuhalten. 


*)  In  dem  gezeichneten  Beispiele  ist  die  Constructionshöhe  für 
beide  Bauweisen  gleich  grofs,  also  bei  Belageisen  die  Höhe  des  Kies¬ 
bettes  in  der  Brückenmitte  etwas  geringer  angenommen  worden. 


Magdeburg,  im  April  1890. 


Goering, 

Königlicher  Regierungs-Baumeister. 


Vermischtes. 


Das  Gesamt  -  Inhaltsverzeichuifs  der  ersten  10  Jahrgänge  1881 
bis  1890  des  Centralblatts  der  Bauverwaltimg  ist,  wie  wir  in  Beant¬ 
wortung  einiger  Anfragen  mittheilen  können,  in  der  Bearbeitung 
begriffen  und  soll  Anfang  1891  erscheinen.  Es  wird  nicht  nur  ein 
ausgedehntes  Sachverzeichnifs ,  sondern  zugleich  auch  das  Verfasser- 
Tind  Ortsverzeichnifs  umfassen. 

Elektrischer  Betrieb  im  Londoner  Strafsenverkehr.  Das  eng¬ 
lische  Handelsamt  hat  unlängst  eine  Verfügung  erlassen,  wonach 
oberirdische  elektrische  Leitungen  nur  in  Ausnahmefällen  zuzulassen 
sind.  Für  die  Beförderung  von  Strafsenfahrzeugen  mittels  Elektricität 
kommen  hiernach  nur  Betriebe  mit  unterirdischen  Leitungen  oder 
Sammelbatterieen  in  Betracht,  ein  Umstand,  welcher  zur  Vervoll¬ 
kommnung  besonders  dieser  letzteren  Betriebsweisen  nicht  wenig 
beitragen  dürfte.  Die  erste  Betriebsart  findet  wenig  Anklang  und 
ist  in  London  bislang  nur  versuchsweise  angewendet  worden,  wäh¬ 
rend  man  die  andere  bereits  auf  mehreren  Linien  eingeführt  hat. 
Nach  den  Engineering  News  hat  die  North  Metropolitan  Trambahn- 
Gesellschaft  auf  der  Linie  nach  Barking  6  Wagen  seitens  der 
^Electric  Traction  Company“  mit  Sammelbatterieen  ausstatten  lassen, 
deren  Betrieb  dieser  Gesellschaft  mit  2,4  Pfennig  für  das  Wagen-  i 


kilometer  vergütet  wird,  einschliefslich  des  Führerlohnes,  0,5  Pf. 
weniger,  als  die  Betriebskosten  auf  dem  übrigen  Liniennetze  der 
genannten  Bahn  betragen.  Die  Betriebsweise  macht  sich  trotzdem 
nicht  bezahlt,  da  in  den  armen  Stadtvierteln  des  Ostends  Strafsen- 
bahnen  nur  wenig  benutzt  werden.  Doch  ist  die  Einführung  elektri¬ 
schen  Betriebes  auch  auf  den  übrigen  Linien  der  genannten  Bahn¬ 
gesellschaft  in  Aussicht  genommen  und  am  28.  Juni  d.  J.  vom  Parla¬ 
ment  auch  genehmigt  worden.  Bessere  Erfolge  werden  auf  der  Linie 
Tooting- Clapham -Westminster- Brücke  der  Londoner  Trambahn- 
Gesellschaft  erwartet,  wo  der  Verkehr  reger  ist.  Hier  sind  Sammel¬ 
batterieen  nach  Jarmans  Patent  in  Betrieb.  Auch  diese  Gesellschaft 
führt  zunächst  den  Betrieb  mit  6  Wagen. 

Für  Omnibusverkehr  wird  gleichfalls  elektrischer  Betrieb  beab¬ 
sichtigt,  und  zwar  wird  ein  derartiger  Verkehr  zwischen  Charing 
Cross  und  Kings  Cross  eingeführt  werden,  natürlich  ebenfalls  unter 
Anwendung  von  Sammelbatterieen,  welche  in  Kings  Cross  geladen 
werden.  Sodann  verlautet,  dafs  demnächst  auch  eine  Anzahl  Roll- 
fuhrwerke  mit  Sammelbatterieen  gefahren  werden  soll. 

Bindeeisen  zur  Anlage  von  Luftschichten.  In  einer  gröfseren 
Stadt  Nordwesideutschlands  hatte  man  bislang  ein  recht  mittel- 


456 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


1.  Nftvenibei*  1890. 


WM 

W/M. 

Ä 

' 

W/MM 

W/M/A 

Abb.  a. 


Abb.  b. 


mäfsiges  Ziegelgut,  sodafs  es  unmöglich  war,  au  den  Wetter¬ 
seiten  von  Gebäuden  undurchlässige  Wände  lierzustellen,  wenn 
nicht  sorgsam  Luftschichten  angelegt  wurden.  Anstatt  nun  aber 
die  dünne  Aufsenschicht  durch  getheerte  Bindersteine  mit  der 
stärkeren  Wand  zu  verbinden,  wie  allgemein  üblich  ist,  stellte  man 
hier  eine  feste  Verbindung  der  getheilten  Wand  durch  dünne,  ein¬ 
gemauerte  Bindeeisen  her.  Dieselben  sind  in  der  Eegel  0,5  cm  stark 
und  1  cm  breit,  meistens  gut  mit  Mennige  gestrichen  und  an  beiden 
Enden  rechtwinklig  umgebogen.  Diese  Binde¬ 
eisen,  welche  im  Handel  zu  haben  sind, 
werden  entweder,  wie  Abb.  a  zeigt,  in  die 
Stofsfugen  eingedrückt,  oder  sie  umfassen 
nach  Abb.  b  die  dünne  Schutzwand  auf  der 
Aufsenseite.  Bei  Privatbauten  ist  diese 
Ausführungsweise  seit  Jahren  allgemein  ge¬ 
bräuchlich  und  bewährt  sich  sehr  gut,  ist 
aufserdem  wesentlich  billiger  und  bequemer  in  der  Ausführung  als 
die  ältere  Bauweise  mit  getheerten  Biudersteinen.  Bei  äufserer 
Ziegelverblendung  sind  diese  Bindeeisen  aufsen  meist  nur  etwa  1  cm 
umgebogen  und  daher  auf  der  Wandfläche  kaum  sichtbar;  es  ist 
daher  für  den  Nichtkenner  dieser  Bauweise  eine  eigenthümliche  Er¬ 
scheinung,  Aufsenwände  ganz  in  Läuferverband  ohne  Biudersteine 
an  zwei-  bis  dreistöckigen  Gebäuden  ausgeführt  zu  sehen.  Zur  Aus¬ 
führung  von  Fach  werksbauten  mit  innerer  Verblendung,  zur  Anlage 
von  Baracken,  provisorischen  Casernen,  Lazarethen  usw.  erscheint 
diese  Art  der  Herstellung  von  Luftschichten  wohl  Beachtung  zu 
verdienen.  — n, 

GleiHveiclie  mit  drehbarem  Herzstück.  Auf  der  Brooklyn- 
Brücke  bei  New -York  werden  gegenwärtig  mit  einer  neuen  Weiche 
Versuche  angestellt,  welche  nach  den  beistehenden  Abbildungen  1 
bis  3  so  eingerichtet  ist,  dafs  statt  der  sonst  üblichen  Zungen-  und 
Backenschienen  fest  verbundene  Schienenpaare  angeordnet  sind, 

,S' 


Abb.  2. 


Abb.  1. 


Schnitt  nach  >S— S". 


die  nach  der  einen  oder  anderen  Seite  des  Hauptgeleises  parallel 
verschoben  werden  und  in  ihren  Endlagen  die  durchlaufende  Ver¬ 
bindung  im  Haupt-  rind  Nebenstrang  herstellen.  Das  Herzstück  ist 
zur  Vermeidung  von  Geleisunterbrechungen  nach  dem  Parsonschen 
Muster  (vgl.  S.  42  des  lfd.  Jahrgangs  d.  Bl.)  gebaut,  mit  dem  ein¬ 
zigen  Unterschiede, 
dafs  das  neue  Ver¬ 
suchs  -  Herzstück 
um  einen  mittleren 
Drehpunkt  statt  um 
den  einen  Endpunkt 
schwingt.  Die  Be¬ 
wegung  der  glei¬ 
tenden  Schienen¬ 
paare  wie  des  Herz¬ 
stücks  erfolgt 
gleichzeitig.  Zudem 
Ende  wird  ein 
durchlaufendes  Ge¬ 
stänge  A  B  (Abb.  1) 
mittels  eines  Stell¬ 
bocks  nach  A  oder 
B  hin  bewegt.  Zur  Umstellung  der  Schienenpaare  sind  bei  a 
und  b  Zahngetriebe  mit  seitlichem  Eingriff  eingeschaltet,  deren 
Einzelanordnung  in  Abb.  2,  welche  weiterer  Erklärung  nicht 
bedarf,  genauer  gezeigt  ist.  Beim  Umstellen  der  Weiche  voll¬ 
führen  die  Zahnräder  a  und  b  halbe  Umdrehungen  und  stehen 
in  ihren  Endlagen  so',  dafs  die  Verbindungsstangen  d  und  e  in 
der  Richtung  der  zum  Hauptgeleis  senkrecht  gedachten  Zahnrad¬ 
durchmesser  liegen.  Die  Bewegung  des  Gestänges  A  B  überträgt 
sich  ferner  auf  das  Herzstück  in  der  Weise,  dafs  nach  Abb.  3  ein 
unter  der  Zahnstange  angeordnetes  Zahnrad  gedreht  und  hierdurch 
ein  auf  der  Welle  f  unter  dem  Herzstück  sitzendes  Wurmgetriebe 


Abb.  3. 


Schnitt  nach  Ni— Si. 


in  Thätigkeit  gesetzt  wird.  Letzteres  bewirkt  die  Einstellung  des 
Herzstücks  in  die  eine  oder  andere  Schienenrichtung.  Die  Weiche 
wird  hierdurch  in  den  Endstellungen  fest  verriegelt.  Die  ganze  An¬ 
ordnung  zeichnet  sich  durch  grofse  Einfachheit  aus.  Die  Railroad 
Gazette^  welcher  die  vorstehenden  Mittheilungen  entnommen  sind, 
führt  aus,  dafs  die  Versuchsergebnisse  bislang  sehr  befriedigende 
sind,  was  um  so  beachtenswerther  erscheint,  als  bekanntlich  der 
Oberbau  auf  der  Brooklyn  -  Brücke  aufserordentlich  stark  bean¬ 
sprucht  wird.  Km. 


Neue  Patente. 

Doppelwandig  er  Rolirkörper  aus  innerem  glatten  und  äiifse- 
i’em  scliraubenformig  gewniidenen  wellenförmigen  Blech.  Patent 
Nr.  50  827  Wilh.  Tillmanns  in  Remscheid.  — 
Auf  einem  inneren  Rohre  aus  glattem  Blech  wird 
ein  beliebig  profllirter  Blechstreifen  schrauben¬ 
förmig  aufgewunden  und  durch  Nietung 
an  mehreren  Stellen  befestigt.  Es  ent¬ 
steht  dadurch  ein  Rohr,  welches  nach 
allen  Richtungen  einen  hohen  Grad 
von  Steifigkeit  besitzt.  Die  Zeich¬ 
nung  giebt  als  Beispiel  eines  solchen 
Rohres  einen  Candelaber.  In  der  Wan¬ 
dung  des  glatten  Innenrohres  sind 
Löcher  H  ausgespart,  durch  welche 
Zink  in  die  Hohlräume  zwischen  den 
beiden  Rohren  treten  kann,  sobald 
man  das  ganze  in  ein  Zinkbad  taucht. 
Auf  diese  Weise  werden  die  Wände 
der  beiden  Rohre  an  sehr  vielen 
Stellen  innig  mit  einander  verbunden. 

Bewegliches  Wehr  mit  durch 
Lenker  geführten  Klappen.  Patent 
Nr.  52004.  Leon  Pochet  in  Paris. 

Die  Klappen  A  B  stützen  sich  bei 
gestautem  Wasser  unten  auf  die 
Schwelle  C,  oben  werden  sie  durch 
Lenker  O  B  gehalten.  O  ist  die  feste 
Drehachse,  um  welche  auch  die  Hebel 
LOK  schwingen  können.  Der  eine 
Endpunkt  K  dieses  Hebels  ist  mit 
dem  unteren  Klappen  -  Ende  A  ver¬ 
bunden.  An  den  anderen  Endpunkt  L 
des  Hebels  ist  eine  Kette  E  ange¬ 
schlossen,  welche  über  eine  Rolle  D  am  oberen 
Klappen-Ende  und  von  da  zu  einer  Winde  T  läuft. 

Soll  das  Wehr  für  den  Wasserdurchgang  ge¬ 
öffnet  werden,  so  wird  die  Kette  E  von  der  Ar¬ 
beitsbrücke  aus  angewunden.  Dadurch  wird  der 
Hebel  LOK  nach  der  Zeichnung  in  Rechtsdrehung  versetzt,  und 
somit  das  untere  Klappen-Ende  A  etwas  von  der  Schwelle  C  abgehoben. 
Mittlerweile  ist  der  Knaggen  t  in  der  Kette  bis  zum  Gehäuse  der 
Rolle  D  gekommen,  sodafs  der  weitere  Durchgang  der  Kette  gesperrt 


und  der  Zug  der  Kette  unmittelbar  auf  die  Klappe  übertragen  wird. 
Letztere  wird  bis  über  den  Hochwasserspiegel  aufgewunden  und  (in 
*der  gestrichelt  gezeichneten  Lage)  durch  Klinken  festgestellt. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  pVillielm  Ernst),  Berlin.  Fnr  die  Ecdaction  des  nicbtamtlichen  Theiles  verantwortlicli:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


457 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  8.  November  1890.  Nr.  45. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstralse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT;  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Was  hat  das  Bau¬ 
wesen  von  einer  Neufassung  des  Patentgesetzes  zu  erwarten?  —  Neue  Bildwerke  am 
Eathhans  in  Osnabrück.  —  Neubau  eines  Geschilftsbauses  für  das  Amtsgericht  in 
Braunfels.  —  Umbau  des  Monte  Olimpino-Tunnels  bei  Como.  —  Fischpafs  bei  Hameln. 

—  Vermischtes:  Versuche  mit  Gewölben  aus  verschiedenen  Baustoffen.  —  Rettungs¬ 
boje  mit  unauslöschbarem  Licht,  —  Eröffnung  der  neuen  elektrisch  zu  betreibenden 
City-  und  Süd-London- Bahn.  —  Glocken  zu  Nebelsignalen  an  den  Küsten  der  Ver¬ 
einigten  Staaten.  —  Durchgehende  Bremsen  in  England.  —  Neue  Patente. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Des  Königs  Majestät  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Geheimen 
Eegierungs-Rath,  Professor  Raschdorff  in  Berlin  den  Königlichen 
Kronen  -  Orden  II.  Klasse  und  dem  im  Bereich  der  Königlichen 
Ministerial  -  Bau  -  Commission  angestellten  Bauinspector,  Baurath 
Friedrich  Schulze  in  Berlin  den  Königlichen  Kronen -Orden 
III.  Klasse,  sowie  den  Landes -Bauinspectoren  Karl  August  Eduard 
Köcher  in  Halherstadt,  Karl  Marcus  Ludwig  Edmund  Müller  in 
Erfurt,  Wilhelm  Klein schmidt  in  Hannover,  Friedrich  Graven¬ 
horst  in  Stade,  Karl  Rhode  in  Lingen  und  Alex  v.  Bodecker  in 
Osnabrück  den  Charakter  als  Baurath  zu  verleihen. 

Zu  Königlichen  Regierungs-Baumeistern  sind  ernannt:  die  Regie¬ 
rungs-Bauführer  Josef  Voigt  aus  Küllstedt  i.  Thür,  und  Paul 
Kitschier  aus  Glatz  (Hochbaufach);  —  Nikolaus  Gutjahr  aus 
Gernsheim  im  Grofsherzogthum  Hessen  (Ingenieurbaufach) ;  —  Max 
Jaretzki  aus  Liegnitz  (Maschinenbaufach). 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  Heinrich 
Kerkhoff  in  Coblenz  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienst  ertheilt  worden. 

Sachsen. 

Der  Betriebsinspector  Albert  Kaspar  Christoph  v.  Schönberg, 
ist  mit  der  Verwaltung  der  Betriebsoberinspection  Dresden -Neustadt 
betraut  und  der  Abtheilungsingenieur  Theodor  Schönleber  zum 
Betriebsinspector  in  Dresden  -  Neustadt  ernannt  worden.  Der  Ab¬ 
theilungsingenieur  in  Geithain,  Heinrich  Richard  Kaiser,  mit  der 
Verwaltung  des  Sectionsbureaus  Brand  betraut,  ist  zum  Abtheilungs- 
bureau  II  in  Freiberg  und  der  Abtheilungsingenieur  Georg  Edmund 
Lucas,  mit  der  Verwaltung  des  Sectionsbureaus  Dohna  betraut, 
zum  Abtheilungsbureau  in  Zittau  versetzt  worden. 


[Alle  EecMe  vovhehalten.] 


Ernannt  sind;  Der  Sectionsingenieur  Felix  Julius  Rohrwerder, 
beim  Sectionsbureau  Glashütte,  zum  Abtheilungsingenieur  in  Geithain, 
der  Regierungs-Baumeister  I.  Kl.  beim  Ingenieur-Hauptbureau,  Ernst 
Hugo  Toller,  zum  Sectionsingenieur  bei  dem  Sectionsbureau  für 
den  Umbau  der  Dresdner  Bahnhöfe,  und  der  Regierungs-Baumeister 

I.  Kl.  beim  Bezirks-Ingenieurbureau  Chemnitz,  Albert  Schneider, 
zum  Sectionsingenieur  in  Kirchberg;  letzterer  wird  jedoch  bis  auf 
weiteres  commandoweise  zu  Vermessungen  auf  der  2.  Section  der 
Linie  Saupersdorf-Schönheide-Wilzschhaus  verwendet. 

Zu  Regierungs -Baumeistern  I.  Kl.  sind  ernannt  worden:  Die 
Regierungs  -  Baumeister  II.  KL,  Ernst  Albin  Fritzsche,  bei  dem 
Sectionsbureau  Dohna,  und  Paul  Richard  Herrmann  bei  dem 
Sectionsbureau  Glashütte. 

Zu  Regierungs -Baumeistern  II.  Kl.  sind  ernannt  worden:  die 
aufseretatmäfsigen  Regierungs-Baumeister  Rudolf  Schurig,  hei  den 
generellen  Vorarbeiten  für  Staatseisenbahnbauten  und  Ottomar  Rudolf 
Frommhold  in  Kamenz. 

Der  Regierungs-Baumeister  I.  Kl.  bei  dem  Sectionsbureau  Bautzen, 
Hermann  Richard  Scheibe,  ist  in  gleicher  Eigenschaft  an  das  Be¬ 
zirks-Ingenieurbureau  Chemnitz  und  der  mit  der  Verwaltung  des  Ab- 
theilungs-Ingenieurbureaus  Geithain  betraute  Regierungs-Baumeister 

II.  KL,  Richard  Leonhardt  Müller,  zum  Bau  der  Falkenstein-Mulden¬ 
berger  Eisenbahn  versetzt  worden. 

Der  mit  der  Abhaltung  von  Vorlesungen  über  Telegraphie  und 
Signalwesen  bei  der  technischen  Hochschule  in  Dresden  beauftragte 
Betriebstelegraphen  -  Oberinspector  der  Sächsischen  Staatsbahnen 
Dr.  ph.  Friedrich  Richard  Ulbricht  ist  zum  Honorarprofessor  bei 
der  genannten  Hochschule  ernannt  worden. 

Der  Betriebsdirector  der  Staatseisenbahnen,  Gottlob  August 
Mieth  ist  gestorben. 


Nichtamtlicher  Theü. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Was  hat  das  Bauwesen  von  einer  Neufassung  des  Patentgesetzes  zu  erwarten? 


Es  dürfte  angezeigt  erscheinen,  diese  Frage  im  gegenwärtigen 
Zeitpunkt  aufzuwerfen,  da  der  binnen  kurzem  zusammentretende 
Reichstag  sich  mit  der  „Novelle  zum  Patentgesetz“  zu  befassen  haben 
wird.  Das  Gesetz  und  der  Entwurf  zur  Novelle  dürfen  als  bekannt 
vorausgesetzt  werden,  nachdem  die  politische  Presse,  die  von  Ver¬ 
einen  herausgegebenen  Zeitschriften  u.  dgl.  den  Wortlaut  der  be¬ 
treffenden  Paragraphen  meist  in  vergleichender  Gegenüberstellung 
gebracht  haben.  Es  erübrigt  also  hier,  kurz  zusammenzufassen,  was 
die  Novelle  will  und  durch  welche  besonderen  Bestimmungen  sie  das 
Gewollte  zu  erreichen  hofft. 

Die  Novelle  will  (nach  dem  Reichsanzeiger  vom  17.  März  1890) 
zunächst  nicht  mit  neuen  Patentrechts-Systemen  Versuche  ins  un¬ 
gewisse  machen,  sondern  auf  dem  Boden  des  Vorprüfungs-Ver- 
fahrens  bleiben  und  anerkannte  Mängel  dieses  Verfahrens  be¬ 
seitigen.  Insbesondere  hebt  der  Entwurf,  „um  die  Leistungsfähigkeit 
und  die  Autorität  des  Patentamts  zu  steigern,  die  jetzige  Verbindung 
der  beiden  Instanzen  (für  Anmeldung  und  Beschwerde)  im  Prüfungs¬ 
verfahren  völlig  auf,  organisirt  beide  Instanzen  auf  selbständiger 
Grundlage  und  will  die  erste  Instanz  nur  mit  Mitgliedern  besetzt 
sehen,  welche  dem  Patentamt  im  Hauptamt  angehören. 
Durch  diese  Aenderungen  soll  die  Gründlichkeit  und  Unbefangenheit 
der  Entscheidungen  sowie  eine  thunlichst  beschleunigte  Abgabe  der¬ 
selben  gefördert  werden.  Während  in  der  ersten  Instanz  vornehm¬ 
lich  die  veränderte  Bildung  der  Abtheilungen  aus  hauptamtlichen 
Mitgliedern  hierauf  hinwirkt,  wird  in  der  zweiten  Instanz  das  gleiche 
Ziel  durch  die  Einführung  der  mündlichen  V erhandlung,  als 
eines  unter  gewissen  Voraussetzungen  regelmäfsigen  Theiles  des 
Prüfungsverfahrens  erstrebt“. 


Die  Novelle  will  ferner  mehr  als  dies  von  dem  Patentgesetz  ge¬ 
schehen  die  Ei-findungen,  welche  die  Prüfung  bestanden  haben,  mit 
einem  gesicherten  Patentschutz  ausstatten,  indem  sie.  Anträge  auf 
Nichtigkeits-Erklärung,  welche  den  Mangel  der  Neuheit  mit  der  Be¬ 
hauptung  begründen  wollen,  dafs  der  Gegenstand  des  Patentes  bereits 
vorher  durch  öffentliche  Druckschriften  bekannt  geworden  sei  oder 
im  Inlande  in  offenkundiger  Benutzung  gestanden  habe,  nur  inner¬ 
halb  fünf  Jahre  vom  Tage  der  Bekanntmachung  der  Ertheilung  des 
Patentes  ab  zuläfst. 

Desgleichen  bietet  die  Novelle  Schutz  gegen  den  Verfall 
der  Patente  infolge  einer  Säumnifs  bei  der  Gebühren¬ 
zahlung.  Damit  wird  eine  der  gröfsten  Härten  des  gegenwärtigen 
Patentgesetzes  beseitigt.  Bisher  gab  es  kein  Mittel,  ein  durch 
unterlassene  Gebührenzahlung  verfallenes  Patent  wieder  ins  Leben 
zu  rufen.  Das  Patent  blieb  erloschen,  ob  der  Zahlungspflichtige  zur 
fraglichen  Zeit  todtkrank  lag  oder  durch  einen  Sturm  an  eine  Insel 
im  Weltmeer  verschlagen  war.  Dabei  konnte  man  sich  gegen  einen 
solchen  Fall  auch  nicht  durch  Vorauszahlung  der  Gebühren  schützen, 
weil  die  Patentamtskasse  vorzeitige  Zahlungen  zurückwies. 

Gegen  frivole  Nichtigkeitsangriffe  gewährt  die  Novelle 
insofern  Schutz,  als  sie  die  Erhebung  der  Nichtigkeitsklage  von  der 
Entrichtung  einer  Gebühr  von  50  Mark  abhängig  macht  und  den 
Patentinhaber  befugt,  von  einem  im  Auslande  wohnenden  Gegner 
Sicherheitsleistung  wegen  der  Kosten  des  Verfahrens  zu  verlangen. 

Endlich  gewährt  die  Novelle  dem  Patent-Inhaber  eine  wirksamere 
Deckung  gegen  Eingrift’e  in  die  Patentrechte,  indem  nicht  nur  wissent¬ 
liche  Eingriffe,  sondern  auch  solche,  die  aus  grober  Fahrlässigkeit 
hervorgehen,  die  Pflicht  zur  Entschädigung  begründen  sollen. 


458 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  Hldvember  1890. 


Es  darf  unumwunden  zugestanden  werden,  dafs  die  in  der  No¬ 
velle  gegenüber  dem  bestehenden  Patentgesetz  vorhandenen  Unter¬ 
schiede  im  grofsen  Ganzen  sich  mit  den  Wünschen  der  Industrie  in 
dieser  Hinsicht  decken. 

Nun  fragt  es  sich  allerdings:  Sind  die  Wünsche  der  Industrie, 
der  Gewerbthätigkeit  im  allgemeinen,  auch  diejenigen  des  Bau¬ 
gewerbes  im  besonderen? 

Werke  der  Baukunst  fallen,  soweit  die  Schönheit,  das  Künst¬ 
lerische  einer  neuen  Anordnung  in  Betracht  kommen,  nicht  in  den 
Bereich  des  Patentwesens.  Sie  unterliegen  dem  „Gesetz  betr.  das 
Urheberrecht  an  Werken  der  bildenden  Kunst  vom  9.  Januar  1876“ 
und  sind  als  solche  ausdrücklich  nicht  geschützt.  Es  mag  für 
viele  Bauwerke  das  Bedürfnifs  nach  einem  Schutz  des  Urheberrechtes 
auch  ein  geringes  sein;  aber  nichtsdestoweniger  wird  es  empfunden, 
wenn  z.  B.  bei  einer  öffentlichen  Wettbewerbung  der  glückliche  Preis¬ 
träger  für  die  Ausführung  Gedanken  aus  den  Plänen  seiner  minder 
glücklichen  Genossen  ohne  weiteres  „entlehnt“.  Ein  deutscher  Eiffel- 
thurm  auf  dem  Tempelhofer  Felde  oder  die  Baupläne  zu  einem 
solchen  würden  also  nicht  geschützt  werden  können.  Wird  aber 
derselbe  EifPelthurm  als  Zeichnung  auf  Mützen  gedruckt  oder  von 
einem  Zuckerbäcker  in  Marcipan  verewigt,  so  kann  der  Schutz  des 
Gesetzes  betr.  „das  Urheberrecht  an  Mustern  und  Modellen“  vom 
11.  Januar  1876  in  Anspruch  genommen  werden. 

Nun  kann  man  sagen,  ein  gröfseres  Bauwerk  gestattet  keine 
gewerbliche  Verwerthung  in  dem  Sinne  wie  eine  kleine  Nachbildung. 
Das  Bauwerk  wird  einmal  errichtet  und  es  liegt  also  kein  Grund 
vor,  deshalb  die  „Klinke  der  Gesetzgebung“  in  die  Hand  zu  nehmen. 
Indessen  trifft  das,  was  vielleicht  für  eine  Kirche,  ein  Parlaments¬ 
haus,  ein  Museum  richtig  sein  mag,  nicht  mehr  zu,  wenn  es  sich  um 
Bauwerke  handelt,  die  auch  als  „Masseu-Artikel“  gedacht  werden 
können,  wie  z.  B.  Arbeiterhäuser,  zerlegbare  Häuser  für  überseeische 
Versendung,  Mannschaftsbaracken  u.  dgl. 

Arbeiterhäuser  und  zerlegbare  Häuser  bilden  immer  wieder  den 
Gegenstand  von  öffentlichen  Wettbewerbungen,  ein  Beweis,  dafs,  so 
einfach  die  Aufgabe  scheinbar  liegt,  die  Lösung  doch  sehr  schwierig 
sein  mufs.  Beide  Gattungen  von  Häusern  verlangen,  dafs  mit  den 
geringsten  Kosten  ein  thunlichst  geräumiges,  gefällig  aussehendes, 
für  die  Bedürfnisse  der  Bewohner  möglichst  brauchbar  eingetheiltes 
Bauwerk  hergestellt  werde.  Die  zerlegbaren  Häuser  verlangen  aufser- 
dem  gröfste  Leichtigkeit  der  Wände  und  des  Daches  und  Bequem¬ 
lichkeit  der  Verbindungen.  Wie  stellt  sich  nun  das  Urheberrecht 
gegenüber  Erfindungen,  die  auf  diesem  Gebiet  gemacht  werden? 

Als  „Werk  der  bildenden  Künste“  ist  das  Bauwerk  an  sich  vom 
Urheberschutz  ausgeschlossen.  Als  „Muster“  oder  „Modell“  erlangt 
es  keinen  Schutz,  weil  es  nicht  der  Befriedigung  des  Geschmacks, 
sondern  technischen  Zwecken  dienen  soll.  Als  „Erfindung“  im  Sinne 
des  Patentgesetzes  wird  es  nicht  erachtet,  weil  eine  bestimmte  Auf¬ 
einanderfolge  bezw.  ein  bestimmtes  Ineinandergreifen  von  Räumen 
ohne  Angabe  von  Mafsen  und  Zahlen  wohl  nicht  definirbar  wäre, 
Definitionen  aber,  die  mit  solchen  Zahlenangaben  behaftet  sind,  bis 
heute  nur  im  Gebiete  der  chemischen  Technik  zugelassen  werden. 

Das  Ergebnifs  ist,  dafs  auf  den  eigentlichen  geistigen  Inhalt 
eines  solchen  Planes  überhaupt  kein  Schutz  zu  erlangen  ist,  und  dafs 
Patentschutz  nur  auf  Sachen  gewährt  wird,  die  in  zweiter  Reihe 
kommen,  etwa  auf  eine  bestimmte  Dachplatte,  Wandbildung  oder 
-Verbindung. 

So  kommt  es,  dafs,  wenn  jemand  den  Schlufs  ziehen  wollte,  dafs 
die  bewegenden  Fragen  des  Bauwesens,  soweit  es  nach  Brod  geht, 
sich  jedenfalls  in  dem  spiegeln,  was  als  neu  unter  Schutz  gestellt  ist, 
er  Brettchen- Vorhänge  und  ähnliche  Dinge  als  den  Hauptausflufs 
der  geistigen  Thätigkeit  auf  diesem  Gebiete  anseheu  müfste. 

Nicht  ganz  so  schlimm  steht  es  um  den  Schutz  neuer  Er¬ 
zeugnisse  auf  dem  Gebiete  der  mechanischen  Technik;'  aber 
auch  diese  hat  manchen  Aei’ger  zu  verwinden.  Wenn  z.  B.  ein 
tüchtiger  Constructeur  eine  liegende  Maschine  mit  neuem  Arbeits¬ 
gang  in  eine  stehende  umbaut  und  vielleicht  dadurch  erst  Käufer 
für  die  Maschine  schafft,  so  hat  er  nicht  für  sich  und  für  den  Er¬ 
finder  der  liegenden  Maschine,  sondern  nur  für  den  letzteren  ge¬ 
arbeitet.  Denn  der  Patentschutz  wird  ihm  versagt,  etwa  mit  der  Be¬ 
gründung,  dafs  in  der  Umbildung  einer  liegenden  Maschine  in  eine 
stehende  eine  patentfähige  Erfindung  nicht  zu  erblicken  sei;  und 
Musterschutz  wird  ihm  ebenfalls  verweigert,  weil  das  neue  Erzeugnifs 
nicht  der  Befriedigung  des  Geschmacks,  sondern  technischen  Zwecken 
dient. 

Während  also  das  Bauwesen  in  Bezug  auf  den  Erfinderschutz 
zwei  Lücken  aufweist,  zeigt  das  Maschinenwesen  nur  eine  solche 
Lücke;  nämlich  das  Gebiet,  welches  zwischen  dem  Patentschutz 
und  Musterschutz  gelegen  ist. 

Nun  heifst  es  im  Reichsanzeiger  in  der  Einleitung  zum  Entwurf 
der  Novelle:  „Auf  dem  neuen  Boden  wird  das  Patentamt  seiner  Auf¬ 
gabe  um  so  eher  gerecht  werden  können,  wenn  es  gelingt,  worauf 


die  Erwägungen  zur  Zeit  gleichfalls  gerichtet  sind,  die  kleinen 
technischen  Forraverbesserungen,  welche  die  Praxis  wohl 
unter  den  Begriff  der  Gebrauchsmuster  zusammenfafst,  unter  einen 
einfachen  Musterschutz  zu  stellen  und  damit  das  Patentamt  von  der 
Befassung  mit  zahlreichen  Ideen  und  Vorschlägen  zu  entlasten, 
welche  nur  mangels  eines  geeigneten  Musterschutzes  als  Erfindungen 
angesprochen  werden.“ 

Der  hier  angedeutete  Weg  dürfte  vielleicht  in  manchen  In- 
dustrieen  das  Ziel,  Zufriedenheit  unter  den  Schutzbegehrenden  zu 
schaffen,  erreichen;  im  allgemeinen  und  im  Bauwesen  insbesondere 
aber  sicher  nicht. 

Wenn  z.  B.  irgendwer  einen  Spiegel-Irrgarten  erfindet,  der  auf 
jeden,  der  darin  wandert,  und  mag  er  auch  in  französischen  Cafes 
mit  Spiegelwänden  den  Mokka  geschlürft  oder  mit  Winkelspiegel 
und  Prisma  praktisch  gearbeitet  haben,  einen  überraschenden  Ein¬ 
druck  macht,  so  kann  man  diese  Anordnung  unmöglich  als  eine 
„kleine  technische  Formänderung“  ansprechen.  Der  beabsichtigte  Ge¬ 
brauchsmusterschutz  würde  also  dieser  Erfindung  ebensowenig  zugute 
kommen,  wie  der  bisherige  Geschmacksmusterschutz.  Der  Patent¬ 
schutz  aber  wird  versagt,  etwa  mit  der  Begründung:  Besondere  Grund¬ 
rifsformen  in  der  Raumanordnung  müssen  jedermann  freistehen. 
Ergebnifs:  die  Erfindung  kann  nach  wie  vor  keinen  Schutz  erlangen. 

Es  mufs  auch  bezweifelt  werden,  dafs  das  Patentamt  bei  Schaffung 
eines  besonderen  Gebrauchsmusterschutzes  entlastet  würde.  Denn 
zunächst  wird  jeder  Erfinder  seine  Erfindung  eher  zu  hoch  als  zu 
niedrig  anschlagen  und  dementsprechend  eher  Patent-  als  Muster¬ 
schutz  nachsuchen.  Ob  nun  der  eine  oder  andere  Schutz  gewährt 
würde,  so  wäre  doch  immer  für  die  Abwägung  dieser  Verhält¬ 
nisse  das  Patentamt  der  richtige  Ort.  Jedenfalls  wünscht  die  Industrie 
eine  Verzettelung  wie  beim  Geschmacksmusterschutz  nicht  (vergl. 
Euler  in  den  Verhandlungen  der  Enquete  in  betreff  der  Revision  des 
Pateutgesetzes  1887  S.  117).  Der  Unterschied  im  Kostenpunkt  würde 
für  Mode-Artikel,  die  überhaupt  nur  auf  kurze  Lebensdauer  rechnen, 
auch  den  Erfinder  nicht  veranlassen,  etwa  auf  Patentschutz  zu  ver¬ 
zichten,  wenn  er  ihn  haben  kann.  Aufserdem  ist  nicht  abzusehen, 
warum  z.  B.  ein  Cri-cri,  das  Hunderttausende  einbringt,  weniger 
Gebühren  bezahlen  soll,  als  eine  ernste,  geistreiche  Maschine,  mit 
■  welcher  der  Erfinder  vielleicht  nicht  auf  seine  Kosten  kommt. 

Wenn  man  alles  das  erwägt,  so  wird  man  ganz  von  selbst  auf 
die  Frage  geführt:  Ist  die  Kluft  zwischen  Patentschutz  und  Muster¬ 
schutz,  so  wie  sie  thatsächlich  besteht,  im  Gesetz  begründet,  oder 
ist  sie  nur  durch  die  Handhabung  des  Gesetzes  entstanden?  Läfst 
sie  sich  also  nur  durch  Schaffung  eines  Gebrauchsmusterschutzgesetzes 
überbrücken,  oder  bedarf  es  hierzu  eines  solchen  besonderen  Gesetzes 
nicht? 

Wenn  man  sehen  will,  wie  tief  eine  Kluft  ist,  so  mufs  man  die 
Berge  sehen,  die  sie  einsäumen.  Man  mufs  also  wissen,  was  ist  eine 
Erfindung  im  Sinne  des  Patentgesetzes,  und  was  ist  ein  Muster  im 
Sinne  des  Gesetzes,  betr.  das  Urheberrecht  an  Mustern  und  Mo¬ 
dellen.  Ueber  das  letztere  ist  man  sich  klar.  Unter  Mustern  im 
Sinne  des  beregten  Gesetzes  versteht  man  nur  Geschmacksmuster. 
Ueber  das  aber,  was  unter  Erfindung  im  Sinne  des  Patentgesetzes 
zu  verstehen  ist,  ist  man  sich  nicht  klar.  Das  Gesetz  sagt  es  nicht, 
und  die  Praxis  hat  den  Begriff  nicht  geläutert. 

An  Versuchen,  festzustellen,  was  eine  patentfähige  Erfindung 
ist,  hat  es  nicht  gefehlt.  Früher  versuchte  man  es  mit  wissenschaft¬ 
lichen  Definitionen  (vgl.  z.  B.  Patentblatt  1881,  Nr.  21).  Die  Unfrucht¬ 
barkeit  dieses  Weges  wurde  bald  erkannt  und  derselbe  daher  ver¬ 
lassen.  Dafür  trat  das  Bestreben  ein,  jeden  einzelnen  als  Erfindung 
angesehenen  Pall  möglichst  zu  vertiefen.  „Wenn  wir  verzichten  auf 
eine  nähere  und  präcisere  Ausgestaltung  des  Begriffes  des  Wortes 
Erfindung,  so  wollen  wir  keineswegs  verzichten  auf  eine  möglichst 
genaue  Definition  jeder  einzelnen  Erfindung  durch  die  betr.  Patent¬ 
ansprüche“.  .  .  sagt  Reuling  in  den  Verhandlungen  der  Enquete  S.  26. 
Während  das  Patentamt  vom  Anfänge  seines  Bestehens  mit  Patenten, 
die  überhaupt  keinen  „Patentanspruch“  hatten,  wirthschaften  zu 
können  glaubte,  hat  sich  mit  den  Jahren,  dem  erkannten  Bedürfnifs 
und  der  fortschreitenden  Schulung  entsprechend,  thatsächlich  die 
Uebung  herausgebildet,  durch  Vergleichung  der  Ansprüche  einer  neu 
angemeldeten  Erfindung  mit  den  Ansprüchen  älterer  Erfindungen  und 
mit  dem,  was  sonst  bekannt  ist,  das  loszuschälen,  was  im  bestimmten 
Falle  wohl  allgemein  als  „Erfindung“  angesehen  werden  möchte. 
Das  Patentamt,  so  wie  es  jetzt  arbeitet,  wird  also  wohl  sehr  selten 
in  die  Lage  kommen,  einen  Gegenstand  für  patentfähig  erachtet  zu 
haben,  dem  die  Allgemeinheit  die  Eigenschaft  einer  „Erfindung“  ab¬ 
spricht.  Die  gegentheilige  Gefahr,  Sachen  abzuweisen,  denen  die 
Fachmänner  aufserhalb  des  Amtes  die  Eigenschaft  einer  „Erfindung“ 
zuerkennen  würden,  liegt  aber  um  so  näher. 

In  der  Schrift  „Ueber  die  Entwicklung  des  Patentwesens  in  der 
Zeit  von  1877  bis  1889“,  1890,  S.  23,  fordert  der  Präsident  des  Kaiserl, 
Patentamtes,  Herr  v.  Bojanowski;  „Sachgemäfs  und  sorgsam  be- 


Sr.  45. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


459 


werkstelligt,  soll  die  Prüfung  an  die  Hand  geben,  ob  der  angemeldete 
Gegenstand  nicht  blofs  neu  ist,  sondern  auch  im  anscheinend  nicht 
Bedeutenden  jene  geistige  Combination,  jenes  überraschende  origi¬ 
nelle  Zusammenfallen  von  Präge  und  Antwort,  jene  Vereinigung  von 
Aufgabe  und  Lösung,  von  Vorhaben  und  Verwirklichung  aufweist, 
welche  dem  Techniker  als  „Erfindung“  einen  Zuwachs  an  Wissen 
und  Können  bringt.  .  .  .  Ist  dagegen  der  geistige  Inhalt  der  Erfin¬ 
dung  derart,  dafs  er  nach  den  durch  öft’entliche  Lehrmittel  in  den 
betrefiFenden  Kreisen  verbreiteten  Kenntnissen,  einschliefslich  der 
Schulung  des  Denkvermögens,  von  jedem  nothwendig  gefunden  werden 
wird,  der  solchen  Unterricht  genossen,  der  Erfahrung  durch  die  Ar¬ 
beit,  Bildung  durch  das  Leben  sich  zu  eigen  gemacht  hat,  oder  ist 
zu  erkennen,  dafs  die  Brauchbarmachung  keine  Schwierigkeit  bietet, 
im  Bedarfsfälle  vielmehr  von  jedem  Sachverständigen  ohne 
Gefahr  des  Mifslingens  übernommen  werden  kann,  so  wird  der  Schutz 
einer  derartigen  Erfindung  gewifs  nicht  im  Interesse  der  Gesamtheit 
liegen“. 

Bleibt  diese  Ansicht  des  Präsidenten  des  Kaiserlichen  Patentamts 
für  die  Folge  als  Richtschnur  bestehen,  so  mufs,  wenn  nicht  ein 
grofses  Gebiet  menschlicher  Erfindungsthätigkeit  über¬ 
haupt  ohne  Schutz  bleiben  soll,  ein  Schutz  auf  Gebrauchs¬ 
muster  eingeführt  werden.  Herr  v.  Bojanowski  hat  das  sub- 
jective  Moment,  welches  der  unermüdliche  Vorkämpfer  auf  dem 
Gebiet  des  Patentwesens,  Herr  Geh.  Reg. -Rath  H artig  in  Dresden, 
bereits  für  die  Prüfung  der  Patentgesuche  hervorhebt,  wesentlich 
verschärft. 

Hartig,  dem  es  in  erster  Linie  zu  danken  ist,  dafs  das  tolle 
Drunter  und  Drüber  der  nach  americanischer  Art  aufgestellten  Patent¬ 
ansprüche  aus  unseren  Patentschriften  verschwunden  ist,  fordert  eine 
rein  begriffliche  Umgrenzung  jeder  Erfindung:  „Es  mufs 
möglich  sein,  für  den  Beurtheiler  die  Neuheit  einer  Sache  nicht  nach 
zahlenmäfsigen  Feststellungen  oder  nach  blofsen  geometrischen  Dar¬ 
stellungen  zu  ermessen,  sondern  nach  dem  Zusammentreffen  von 
gewissen  für  wichtig  zu  erachtenden  technisch  bedeutungsvollen  Merk¬ 
malen  mit  einem  vorliegenden  Gattungsbegriff“  (Verhandlungen  der 
Enquete  S.  31).  Und  an  anderer  Stelle  (Civilingenieur  XXXV.  Bd. 
6.  Heft):  „Sobald  sich  erweist,  dafs  eine  Maschine  hinsichtlich  des 
verwirklichten  Arbeitsprocesses,  also  eines  zeitlich  verlaufenden  Vor¬ 
ganges,  technisch  bemerkenswerthe  Unterschiede  gegen  die  schon 
bekannten  Maschinen  ähnlicher  Art,  nicht  blofs  formalistische  Unter¬ 
schiede  von  diesen  aufweist,  unterliegt  auch  die  Frage,  ob  eine 
patentfähige  Erfindung  überhaupt  vorliegt,  keinem  Zweifel.  Die 
Entscheidung  hierüber  ist  sonach  eine  Frage  der  wahren,  über  blofs 
sinnliche  Eindrücke  sich  erhebenden,  auf  der  Erkenntnifs  verbaler 
Begriffe  sich  stützenden  Werthschätzung,  also  in  letzter  Instanz 
eine  Gefühlsfrage  der  mit  dem  betreffenden  Zweige  der  Technik 
und  dessen  bisheriger  Entwicklung  allseitig  vertrauten  Fachmänner, 
eine  Frage  des  technologisch  und  durch  praktische  Erfahrungen  ver¬ 
feinerten  Werthgefühls.“ 

Dem  gegenüber  bemerkt  Hr.  C.  Hofmann  in  der  Papier-Zeitung 
vom  20.  October  1889  wohl  mit  Recht:  „Der  Vorschlag  (Hartigs) 
führt  nothwendig  zur  Verweigerung  des  Schutzes  für  jede  nur  ge- 
staltliche  Anordnung,  und  Prof.  Hartig  hat  auch  folgerichtig  den 
Schutz  der  Gebrauchsmuster  verworfen.  Mit  dieser  äufsersten  Con- 
sequenz  wird  aber  das  Gewerbsleben  nicht  einverstanden  sein,  da  die 
nur  gestaltliche  Anordnung,  das  Gebrauchsmuster,  häufig  ebensoviel 
und  mehr  Aufwand  erfinderischer  Thätigkeit  verursacht,  als  eine 
Maschine  mit  neuem  Arbeitsgang,  welcher  sich  schon  in  Worten 
ausdrücken  läfst.“ 

In  Wirklichkeit  dürfte  die  Sache  so  liegen:  Wenn  es  gelingt, 
einen  Patentanspruch  aufzustellen,  der  den  Erfindungsgedanken  rein 
begrifflich,  ohne  Zuhülfenahme  von  Mafs  und  Zahl,  ausdrückt,  so  hat 
man  stets  etwas  Werth  volleres,  als  wenn  dies  nicht  gelingt.  Ob  nun 
in  letzterem  Falle  Patentschutz  oder  Gebrauchsmusterschutz  gegeben 
wird,  dürfte  für  die  wirthschaftlichen  Folgen  ziemlich  gleichgültig 
sein.  Traurig  bleibt  die  Sache  nur  dann,  wenn  Patentschutz  nicht 
gegeben  wird  aus  subjectiven  Gründen,  und  Gebrauchsmusterschutz 
nicht  ertheilt  werden  kann,  weil  es  einen  solchen  nicht  giebt. 

Ein  Beispiel:  Ist  der  sechskantige  Bleistift  dem  runden  gegen¬ 
über  „Muster“  oder  „Erfindung“?  Wenn  ein  Anspruch  lauten  würde: 
„Ein  Bleistift,  welcher  die  Form  eines  sechsseitigen  Prismas  besitzt“, 
so  hätte  derselbe  offenbar  eine  geringere  Tragweite,  als  etwa  folgen¬ 
der:  „Ein  Bleistift  in  Form  eines  Prismas,  welcher  Kanten  in  solcher 
Zahl  besitzt,  dafs  derselbe  weder  über  geneigte  Flächen  abrollen 
kann,  noch  beim  Verpacken  Lücken  läfst“.  Unter  die  letztere,  begriff¬ 
liche  Definition  fällt  uicht  nur  der  sechsseitige,  sondern  auch  der 
dreiseitige  und  vierseitige  Bleistift.  Schliefst  man  also  Ansprüche 
mit  Zahlenangaben,  oder  solche,  welche  Formänderungen  ohne  be¬ 
stimmten,  gegen  Bekanntes  veränderten  Zweck  betreffen,  von  der 
Patentirung  aus,  so  ist  nach  dem  ersten  Ansprüche  der  sechsseitige 
Bleistift  ein  „Muster“.  Läfst  man  Ansprüche  auf  gestaltliche  Aende- 


rungen  zu,  so  ist  nach  dem  ersten  Ansprüche  der  sechskantige 
Bleistift  eine  „Erfindung“,  die  jeder  durch  Herstellung  eines  vier¬ 
kantigen  umgehen  kann,  nach  dem  zweiten  Anspruch  dagegen  eine 
Erfindung,  die  eine  solche  Umgehung  nicht  erlaubt.  Man  braucht 
also  nicht  „Patente  zweiter  Klasse“  zu  schaffen.  Jedes  Patent  hat 
seinen  Werth  oder  Unwerth  in  sich  und  verträgt  sich  mit  anderen 
gut  oder  schlecht,  wie  es  kommt. 

Daher  dürfte  der  Ansicht  Hartigs  (Civilingenieur  XXXV.  Bd. 
6.  Heft):  „Eine  widerspruchsfreie  Patentverwaltung,  welche  zugleich 
mit  Begriffen  und  mit  nicht  begriffenen  Anschauungen  rechnen  soll, 
welche  sowohl  die  wahren  Erfindungen  als  auch  alle  möglichen 
nur  formalistischen  Umgestaltungen  schon  bekannter  Gebilde  mit 
dem  gleichen  Sonderrecht  ausstatten  soll,  ist  eben  unmöglich,“ 
wohl  kaum  beizupflichten  sein. 

Das  „gleiche  Sonderrecht“  ist  eben  keine  Gabe,  die  jedem  Patent 
in  gleicher  Menge  zugemessen  wird,  sondern  es  ist  eine  Summe  be¬ 
sonders  günstiger  Daseinsbedingungen,  unter  denen  sich  z.  B.  jede 
Pflanze  eines  Parks  befindet,  was  aber  nicht  hindert,  dafs  ein  Baum 
dem  anderen  Luft  und  Licht  wegzunehmen  sucht,  und  in  welchem 
auch  der  stärkere  stets  obsiegen  wird.  In  diesen  Kampf  können 
auch  noch  Schlinggewächse  eintreten,  die  sich  von  einem  Baume 
nähren,  den  Baum,  wenn  er  schwach  ist,  sogar  vernichten,  ihm  aber 
stets  zur  Zierde  gereichen. 

Die  Mehrheit  der  aufserhalb  des  Patentamtes  stehenden  Techniker 
tritt  dafür  ein,  dafs  mit  der  Beschränkung  des  Patentschutzes  auf 
die  rein  begrifflich  definirbaren  Erfindungen  die  Grenzen  des  Patent¬ 
schutzes  zu  eng  gezogen  sind.  So  äufsert  sich  der  von  der  XXXI. Haupt¬ 
versammlung  des  Vereins  deutscher  Ingenieure  zur  Prüfung  der 
Novelle  niedergesetzte  Ausschufs  wie  folgt:  „  .  .  .  .  Indem  wir 
wünschen,  dafs  die  Merkmale  der  Patentfähigkeit  erschöpfend  in 
das  Gesetz  aufgenommen  werden,  glauben  wir,  dafs  als  solche  Merk¬ 
male  ausschliefslich  die  Neuheit  und  die  gewerbliche 
Verwerthbarkeit  von  Erzeugnissen  oder  von  Verfahren  zur  Er¬ 
zielung  von  Erzeugnissen  zu  bezeichnen,  dann  aber  ....  solche  aus- 
zuschliefsen  sein  werden,  welche  nach  dem  bestehenden  Muster¬ 
schutzgesetz  als  Geschmacksmuster  eine  besondere  gesetzliche  Be¬ 
handlung  gefunden  haben.“ 

Also  der  Verein  will  kein  Gebrauchsmusterschutzgesetz 
zur  Ergänzung  des  Patentgesetzes,  sondern  er  will  eine  Aus¬ 
dehnung  des  Schutzes  des  gegenwärtigen  Patentgesetzes  auf  alles, 
was  „Erfindung“  heifst.  Hierzu  bedarf  es  aber  keiner  gesetz- 
gebei’ischen  Mafsnahme.  Da  das  Gesetz  darüber,  was  eine  patent¬ 
fähige  Erfindung  ist,  keine  Behauptung  aufgestellt  hat,  so  hat  es 
auch  keine  zurückzunehmen.  Eine  einfache  Verordnung,  etwa 
des  Inhalts,  dafs  als  patentfähige  Erfindungen  nicht  nur  solche  neue 
Erzeugnisse  oder  Verfahren  zur  Erzielung  von  Erzeugnissen,  welche 
sich  rein  begrifflich  umgrenzen  lassen,  anzusehen  sind,  sondern 
auch  solche,  welche  zu  ihrer  Feststellung  sinnlich  wahrnehmbarer 
Merkmale  wie  Stoff,  Gröfse,  Gewicht,  Farbe,  bedürfen,  würde 
genügen,  um  die  Kluft  zwischen  Patentschutz  und 
Geschmacksmuster  schütz  auszufüllen.  Ebenso,  wie  seit 
einigen  Monaten  die  Vorauszahlung  der  Gebühren  unter  der  Ver¬ 
pflichtung  des  Patentamtes,  dieselben  unter  Umständen  wieder 
zurückzuzahlen,  durch  eine  einfache  Verordnung  zugelassen  worden 
ist,  könnte  auch  der  erweiterte  Patenschutz  zugelassen  werden. 
Damit  wäre  die  ganze  Frage  des  Gebrauchsmusterschutzes  und  der 
Art,  wie  und  durch  welche  Behörden  er  gehandhabt  werden  soll,  aus 
der  Welt  geschafft.  Denn  mit  einer  solchen  Verordnung  würde  dem 
Bau-  und  dem  Maschinengewerbe  nur  gegeben,  was  das  chemische 
Gewerbe  unangefochten  seit  Jahren  besitzt. 

Jede  wirklich  reife  chemische  Erfindung  mufs  sich  aus  den  Roh¬ 
stoffen,  aus  dem  Arbeitsgang  bei  Umwandlung  dieser  Rohstoffe  und 
aus  den  Eigenschaften  des  Endergebnisses  stets  rein  begrifflich  ohne 
Mafs-  oder  Gewichtsangaben  definiren  lassen.  Zu  einer  derartigen 
wissenschaftlichen  Ausreifung  einer  Erfindung  nimmt  sich  das 
hastende  chemische  Gewerbe  in  der  Regel  aber  keine  Zeit.  Es  ist 
froh,  wenn  es  etwas  gefunden  hat,  was  in  bestimmter  Menge,  bei 
bestimmten  Wärmegraden  mit  anderem  vereinigt  etwas  giebt,  das 
mit  Vortheil  verkauft  werden  kann;  mit  einem  Wort:  es  definirt 
eine  Erfindung  fast  immer  so,  wie  das  Bau-  und  Maschinengewerbe 
ein  Gebrauchsmuster  mit  Mafs  und  Zahl  definiren  würde.  Was 
aber  den  Chemikern  recht  ist,  ist  den  Bautechnikern  billig,  und  so 
kann  man  sagen:  durch  eine  Erweiterung  des  Patentschutzes  im 
Sinne  des  Antrags  des  Vereins  deutscher  Ingenieure  würde  erst  das 
Patentwesen  in  seinen  verschiedenen  Zweigen  ein  einheitliches. 

Würde  für  den  „Gebrauchsmusterschutz“  ein  eigenes  Rechts- 
gebiet  geschaffen,  statt  dafs  man  ihn  im  Patentschutz  aufgehen  läfst, 
so  würde  sich  derselbe  in  kurzer  Zeit  als  ein  „Salon  der  Zurück¬ 
gewiesenen“  erweisen,  als  ein  Galgenfeld  für  all  die  armen  Erfinder, 
denen  der  Hals  etwa  mit  der  Begründung  zugeschnürt  würde,  dafs 
im  Bedarfsfälle  es  j  eder  Fachmann  ebenso  machen  könnte. 


460 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  November  1890. 


Untersuchen  wir  doch  die  innere  Berechtigung  dieser  Formel 
etwas  näher!  Setzen  wir  den  Fall,  es  hätte  jemand  ein  Bohlwerk 
erfunden,  bei  welchem  das  Einschlagen  der  Pfähle  erspart  wird,  oder 
eine  Stützmauer,  bei  welcher  das  Mauerwerk  erspart  wird,  mit  an¬ 
deren  Worten :  ein  Bohlwerk,  welches  aus  einer  vor¬ 
deren  lothrechten  und  einer  unteren  wagerechten 
Wand  besteht,  die  beide  unter  sich  starr  verbundeu 
sind,  sodafs  das  Kippmoment  durch  das  Gewicht 
der  Hinterfüllungserde  selbst  unschädlich  gemacht 
wird.  Diese  Construction  hat  für  vorübergehende 
Erdarbeiten  wie  bei  Ausstellungen,  Strafsen- Um¬ 
bauten  u.  dgl.  otfenbar  den  Vorzug,  dafs  sie  rasch 
herstellbar  ist  und  wenig  kostet. 

Wir  nehmen  nun  an,  das  Patentamt  weist  diese 
—  rein  begrifflich  definirbare  —  Erfindung  zurück 
mit  der  Begründung,  dafs  die  Verwendung  ge¬ 
schlossener  Körpermassen  zur  Bildung  des  Gegeu- 
moments  bei  Stützmauern  bekannt,  und  in  dem 
Ersatz  des  Mauerwerks  durch  Hinterfüllungserde 
nur  eine  Materialänderung  zu  erblicken  sei,  die  jedem 
Fachmann  im  Bedarfsfälle  freistehen  müsse.  Wie 
verhält  sich  dies  zu  den  Thatsachen?  Stützmauern 
und  Bohlwände  sind  seit  Urzeiten  bekannt.  Wenn 
somit  die  Fachmänner  die  vorhin  erwähnte  Con¬ 
struction  nicht  angewendet  haben,  so  haben  sie 
entweder  die  Schwierigkeit,  den  Zeitaufwand  und 
die  hohen  Kosten  der  üblichen  Bauweise  nicht  als 
solche  Umstände  erkannt,  welche  sich  für  manche 
Bauausführungen  vermeiden  lassen,  haben  nicht 
daran  gedacht,  auf  besseres  zu  sinnen,  weil  ihnen 
das  Gute  gut  genug  war  —  in  diesem  Falle  liegt  die 
Erfindung  darin,  einen  Mangel  als  solchen  erkannt, 
also  eine  Aufgabe  gestellt  zu  haben.  Oder  die 
Fachmänuer  haben  die  Mängel  wohl  erkannt,  aber 
keine  einfache  billige  Lösung  zu  deren  Beseitigung 
gefunden  —  dann  liegt  die  Erfindung  darin,  ein 
allgemein  bekanntes  Gesetz  auf  einen  bestimmten 
Fall  angewendet,  also  eine  Lösung  gefunden  zu 
haben. 

Die  „Fachmänner“  gleichen  hier  Mathematikern, 
welche  wohl  die  angesetzte  Gleichung  lösen,  aber  die  Gleichung  nicht 
ansetzen  konnten.  Und  dieser  Fall  wiederholt  sich  immer  und  immer 
wieder.  Wenn  der  eine  zurückgewiesen  wird,  weil  die  Anwendung  eines 


-  r 

Abb.  1.  Lageplan. 
Amtsgericht  in  Bravmfels. 


bestimmten  Naturgesetzes  auf  eine  bestimmte  Construction  von  jedem 
Fachmann  im  Bedarfsfälle  gefunden  werden  könnte,  wird  ein  zweiter 
und  dritter  und  vierter  zurückgewiesen,  weil  jedem  Fachmann  ein 
bestimmter  Schlufs  vom  kleinen  ins  grofse  oder  umgekehrt,  von 
einem  Material  auf  das  andere,  von  einer  Form  auf 
die  andere,  von  einem  Gebrauchszweck  auf  den 
anderen  im  Bedarfsfälle  geläufig  sek  usw. 

Da  kann  man  wohl  fordern,  dafs  jedesmal  wirk¬ 
lich  der  Nachweis  geliefert  werde,  dafs  ein  Fach¬ 
mann  die  gleiche  Aufgabe  mit  den  gleichen  Mitteln 
gelöst  hat.  Ist  dieser  Nachweis  nicht  zu  erbringen, 
so  ertheile  man  das  Patent.  Hat  die  patentirte 
Construction  keinen  wirklichen  Werth,  so  wird  kein 
Interessent  um  eine  den  gleichen  Zwecken  dienende, 
ebenso  billige  oder  noch  billigere  Construction  in 
Verlegenheit  sein;  er  wird  also  durch  das  Bestehen 
des  werthlosen  Patentes  in  seinen  Mafsnahmen  nicht 
beunruhigt;  der  Eigenthümer  des  werthlosen  Patentes 
aber  wird  sehr  bald  finden,  dafs  es  angenehmer 
ist,  die  Jahresgebühren  in  der  Tasche  zu  behalten, 
statt  sie  an  das  Patentamt  abzuführen. 

Auf  die  Frage:  „Was  hat  das  Bauwesen  von 
der  Neufassung  des  Patentgesetzes  zu  erwarten?“ 
kann  man  also,  antworten:  Bei  Beschränkung  des 
Patentschutzes  auf  EiLndungen,  deren  Inhalt  sich 
begrifflich  feststellen  läfst,  bleibt  das  Hochbau¬ 
wesen  wie  bisher  in  seinem  eigentlichen  Con- 
structionselemente  ohne  Schutz.  Das  Ingenieur¬ 
bauwesen  nähert  sich  dem  Maschinenwesen  und 
hat  noch  mehr  als  dieses  —  wegen  des  natürlichen 
Verhältnisses  der  Statik  zur  Dynamik  —  das  Da¬ 
moklesschwert  des  „andern  Fachmännern  im  Be¬ 
darfsfall  Geläufigen“  über  dem  Haupte. 

Zixfrieden  wird  die  Technik  in  allen  ihren 
Zweigen  nur  werden,  wenn  der  Patentschutz  auf 
das  ganze  Gebiet  des  Neuen  und  gewerblich 
Ver  werthbaren  innerhalb  der  bereits  fest¬ 
stehenden  Grenzen  „Kunstwerk“  und  „Geschmacks¬ 
muster“  ausgedehnt,  und  wenn  die  Frage,  ob  ein 
durch  die  patentamtliche  Prüfung  als  neu  und 
gewerblich  verwertlibar  Erkanntes  als  Erfindung  anzu¬ 
sehen  sei,  gar  nicht  zugelassen  wird. 

—  n. 


Neue  Bildwerke  am  Bathhaiis  in  Osnabrück. 


Die  Stadt  Osnabrück  besitzt  in  seinem  liathhause  jene  denk¬ 
würdige  Stätte,  wo  nach  Beendigung  des  dreifsigjährigen  Krieges 
zwischen  den  Gesandten  der  aufserdeutschen  Staaten  der  Friedens- 
schlufs  zustande  kam;  in  Münster  wurden  bekanntlich  zur  selben 
Zeit  die  Verträge  zwischen  den  deutschen  Fürsten  festgestellt. 
Der  Hauptsitzungssaal  des  Osnabrück  er  Kathhauses,  seitdem  der 
Priedenssaal  genannt,  ist  im  Laufe  des  vorigen  Jahres  von  dem 
Stadtbaurath  Hackländer  mit  feinem  Verständnifs  wieder  ausgebaut 
worden,  und  zwar  mit  neuer  Holzdecke,  hohen  Wandtäfelungen,  Gestühl 
und  Schreinen  nach  vorhandenem  Muster,  sowie  mit  zierlichen,  stil¬ 
gerechten  Wandmalereien.  Die  Wände  sind  aufserdem  noch  geschmückt 
mit  den  Oelbildern  aller  bei  dem  Friedensschlufs  betheiligt  gewesenen 
Vertreter  der  einzelnen  Staaten.  Aufser  dem  Friedenssaal  birgt  das 
Rathhaus  in  seinem  Innern  kaum  irgend  nennenswerthes;  auch  das 
Aeufsere  des  in  einfachen  gothischen  Formen  ausgeführten  alten 
Baues  mit  sehr  hohem  Zeltdach  wirkt  mehr  durch  das  Schlichte  und 
Würdige  seiner  Erscheinung  als  durch  seine  Architekturformen.  Nicht 
immer  aber  hat  das  Rathhaus  solche  kahle  Aufsenwände  gezeigt. 
Auf  alten  Stadtbildern  ist  zu  sehen,  dafs  die  nach  dem  Markte  belegene 
Hauptfront  mit  neun  Bildwerken  geziert  war,  von  denen  eins  in  der 
Mitte  über  dem  Haupteingang  und  je  vier  zu  beiden  Seiten  auf  den 
Wandflächen  zwischen  den  Fenstern  aufgestellt  waren.  Auch  zeugten 
hierfür  die  Stümpfe  der  allerdings  vollständig  verwitterten  Kragsteine 
und  Baldachine. 

Zur  Erneuerung  dieses  Schmuckes  hatte  die  Stadt  bereits  vor 
etwa  zwanzig  Jahren  über  dem  Haupteingang  ein  Sandsteinbild 
Karls  des  Grofsen,  des  Stifters  des  Bisthums  Osnabrück,  errichten 
lassen.  Für  die  acht  Bildwerke  der  Fensterpfeiler  wurden  die  er¬ 
forderlichen  Mittel  vor  einigen  Jahren  aus  dem  preufsischen  Kunst¬ 
fonds  zur  Verfügung  gestellt,  und  seit  einigen  Monaten  hat  das 
Rathhaus  seinen  reichen  Pigurenschmuck  wieder  wie  ehemals.  Zur 
Herstellung  gelangt  sind  Standbilder  von  acht  deutschen  Kaisern, 
welche  der  Stadt  Osnabrück  besondere  Zuwendungen  haben  zu  Theil 
werden  lassen.  Die  Ausführung  dieser  Bildwerke  war  zuerst  in  dem 


weichen  Kalkstein  aus  den  Baumbergeu  bei  Münster  geplant,  der 
gröfseren  Wetterbestäiidigkeit  wegen  hat  man  sich  jedoch  schliefslich 
für  Obernkirchner  Sandstein  entschieden.  Die  Standbilder  zeigen: 
Wilhelm  L,  Barbarossa,  Rudolph  von  Habsburg,  Friedrich  II.,  Sigis¬ 
mund,  Ludwig  den  Bayer,  Arnulf  von  Kärnthen  und  Maximilian  1. 
Die  Körperhöhe  der  Figuren  beträgt  2,05  m.  Die  Kaiser  sind  dar¬ 
gestellt  theils  mit  Harnisch,  Schwert  und  Schild,  theils  mit  Mantel, 
Scepter  und  Reichsapfel.  Ausgeführt  wurden  die  Bildwerke  von  den 
Berliner  Bildhauern  Kokolski,  Franz,  Tondeur  und  Wegner 
und  von  Prof.  Küsthardt  in  Hildesheim.  Die  Beschaffung  der 
acht  Standbilder  hat  die  Summe  von  20  000  Mark  erfordert.  Die 
Stümpfe  der  alten  Kragsteine  und  Baldachine  bestimmten  den  Mafs- 
stab  der  Bildwerke;  er  erscheint  im  Verhältnifs  zu  den  Wand-  und 
Fensterflächen  des  Rathhauses  reichlich  grofs,  und  zwar  um  so  mehr, 
als  die  Bildwerke  am  Chore  der  benachbarten  Marienkirche  zu  un¬ 
mittelbarem  Vergleiche  herausfordern.  Diese  sind  in  etwa  gleicher 
Höhe  wie  die  Rathhausfiguren  aufgestellt,  sind  aber  nur  etwa  zwei 
Drittel  so  grofs,  obgleich  der  Mafsstab  dieses  Kirchenchores  ein  weit 
gröfserer  ist  als  beim  Rathhause.  Die  genannten  Bildwerke  sind  übri¬ 
gens  auch  vom  Zahn  der  Zeit  schon  so  arg  mitgenommen,  dafs  eine 
Erneuerung  dringend  erwünscht  wäre,  und  zwar  um  so  mehr  als  das 
Aeufsere  der  Kirche  seit  einigen  Jahren  in  vortrefflicher  Weise 
wieder  ausgebaut  ist. 

Was  für  Bildwerke  dereinst  die  Rathhausfront  geziert  haben, 
war  nicht  mehr  festzustellen;  verwitterte  Reste  waren  nicht  mehr 
vorhanden,  und  aus  den  kleinen  alten  Stadtbildern  ist  ebenfalls 
nichts  zu  erkennen.  Prof.  Küsthardt  ist  der  Ansicht,  dafs  hier  die 
Bildwerke  der  sogenannten  „neggen  Besten“  gestanden  haben,  das 
sind  je  drei  Vertreter  der  grofsen  Zeitalter:  der  heidnischen,  der 
jüdischen  und  der  christlichen  Zeit,  und  zwar  Hektor,  Alexander, 
Cäsar  —  Josua,  David,  Judas  Maccabäus  —  Chlodwig,  Karl  der 
Grofse  und  Gottfried  von  Bouillon.  Herr  Küsthardt  hat  seine  An¬ 
sicht  in  einem  längeren  Aufsatz  in  den  Mittheilungen  des  Harz¬ 
vereins  begründet. 


Nr.  45. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


461 


Es  sei  hierbei  noch  erwähnt,  dafs  Osnabrück  seit  etwa  einem 
halben  Jahre  ein  schönes  neues  Museum  besitzt,  zu  dessen  Erbauung 
dem  Museumsverein  vom  preufsischen  Cultusministerium  ein  Zu- 


schufs  von  100  000  Mark  überwiesen  worden  ist.  Gewifs  wenige  Städte 
werden  sich  solch  reicher  Zuwendungen  rühmen  können  wie  Osna¬ 
brück.  Bgm. 


Neubau  eines  Geschäftshauses  für  das  Amtsgericht  in  Braunfels. 

dieses  schon  seit  Jahren  schwebenden  Vorhabens  bisher  stets  so  erheb¬ 
liche  Hindernisse  entgegengestellt,  dafs  wohl  noch  eine  geraume  Zeit 
vergehen  wird,  bevor  auf  die  eine  oder  andere  Weise  dem  Wasser- 
bedürfnifs  genügt  werden  wird.  Zur  Beschaffung  des  zur  Reinigung 

usw.  erforderlichen  Wassers  ist 


Die  Geschäftsräume  des  Amtsgerichts  in  Braunfels  sind  zur 
Zeit  in  einem  dem  Fürsten  zu  Solms-Braunfels  gehörenden  Gebäude 
untergebracht.  Dasselbe  bietet  neben  völliger  räumlicher  Unzuläng¬ 
lichkeit  nach  Lage  und  Bauart  nicht  die  geringste  Sicherheit  gegen 
Feuersgefahr.  Wenn  diese  Zu¬ 


stände  einen  Neubau  wünschens- 
werth  erscheinen  liefsen,  so 
stellte  sich  nach  Einrichtung 
des  Grundbuchamtes  die  Noth- 
wendigkeit  eines  solchen  als 
sehr  dringend  heraus,  und  es 
erfolgt  deshalb  nunmehr  seine 
Ausführung,  und  zwar  nach 
einem  im  Ministerium  der 
öffentlichen  Arbeiten  entstan¬ 
denen  Entwürfe. 

Im  Jahre  1883  ist  auf 
einem  nördlich  vor  der  Stadt 
gelegenen,  etwa  21  Ar  grofsen 
Grundstück  ein  neues  Gefäng- 
nifs  erbaut  worden.  Der  vor 
letzterem  bis  zur  Strafse  frei¬ 
gebliebene  Theil  dieses  Grund¬ 
stückes  wird  jetzt  als  Bauplatz 
für  das  Geschäftshaus  des  Amts¬ 
gerichts  benutzt  (vgl.  den  Lage¬ 
plan  Abb.  1).  Bei  Bemessung 
der  Gröfse  des  Gerichtsgebäudes 
ist  auf  eine  vorauszusehende 
Vermehrung  der  jetzt  thätigen 
beiden  Amtsrichter  um  einen 
Hülfsarbeiter  für  das  Grund¬ 
buchamt  Rücksicht  genommen 
worden.  Das  Gebäude  enthält, 
wie  aus  den  Grundrissen  Abb.  3 
u.  4  ersichtlich,  im  Erdgeschofs 
und  I.  Stock  die  Geschäfts¬ 
räume  für  das  Amtsge¬ 
richt  und  die  Wohnung 
des  Castellans.  Im  II. 

Stock  sind  eine  Dienst¬ 
wohnung  für  einen  Amts¬ 
richter,  bestehend  aus 
€  Räumen  und 
den  nöthigen 
Nebenräumen, 
sowie  ein  etwa 
37  qm  grofser 
Raum  für  zu¬ 
rückgestellte 
Acten  einge¬ 
richtet  worden.  Zur  Ver¬ 
mittlung  des  inneren  ge¬ 
schäftlichen  Verkehrs 
dient  aufs  er  der  Haupt¬ 
treppe  am  Haupteingange 
die  nach  dem  Hofe  zu 
gelegene  Nebentreppe. 

Zur  Wohnung  des  Amts¬ 
richters  wird  eine  beson¬ 
dere  Treppe  neben  dem 

Haupteingange  angelegt.  Im  Kellergeschoss  befinden  sich  aufser 
■den  zur  Wohnung  des  Amtsrichters  und  des  Castellans  gehörenden 
Kellerräumen  unmittelbar  vom  Hofe  aus  zugängliche  Räume  zur  Auf¬ 
bewahrung  von  Kohlen  und  zur  Aufstellung  der  Tonnen  für  die  im 
Hause  befindlichen  Aborte. 

Der  Untergrund  der  Baustelle  besteht  aus  Dolomit,  die  Anlage 
eines  Brunnens  ist  deshalb  ausgeschlossen.  Der  nächste  öffentliche 
Brunnen  ist  etwa  200  m  weit  entfernt.  Wenngleich  die  Stadt  Braun¬ 
fels  beabsichtigt,  durch  Ansohlufs  an  die  für  das  Schlofs  eingerichtete 
Wasserleitung  oder  durch  eine  eigene  Anlage  eine  Wasserversorgung 
für  die  gesamte  Stadt  herzustellen,  so  haben  sich  der  Verwirklichung 


Abb  2.  Ost -Ansicht. 


Nebenlre^pQ 


Treppe  zur  R\c\ 
lepwohnun9 


Haopttreppi 


Abb.  3.  Erdgeschofs. 

Amtsgericht  in  Braunfels. 


daher  die  Anlage  einer  Cisterne 
nothwendig  geworden.  Diese 
fafst  etwa  33  cbm  Wasser  und 
ist  unter  der  im  Keller  befind¬ 
lichen  Waschküche  angebracht. 
Die  Entwässerung  der  Höfe 
findet  unter  dem  Gebäude  her 
vermittelst  einer  Thonrohrleitung 
in  den  Strafsengraben  und  durch 
diesen  in  den  Iserbach  statt. 
Für  die  Erwärmung  der  Räume 
sind  durchweg  eiserne  Füllregu- 
liröfen  vorgesehen.  Der  Hof 
des  Amtsgerichtsgebäudes  ist 
von  dem  des  Gefängnisses 
(Abbildung  1)  durch  eine 
Zwischenmauer  getrennt.  Durch 
die  in  derselben  angebrachte 
Thür  X  können  Untersuchungs¬ 
gefangene  in  unauffälliger  Weise 
in  das  Gerichtsgebäude  geführt 
werden.  In  dem  Hofraume  des 
letzteren  befindet  sich  ein  kleines 
Wirthschaftsgebäude  für  den 
Castellan  mit  Holzgelafs,  Kuh- 
und  Schweinestall. 

Das  Grund-  und  Sockel¬ 
mauerwerk  ist  aus  Bruchstein 
mit  Verblendung  der  sichtbaren 
Flächen  aus  Kalkstein  herge¬ 
stellt.  Das  aufgehende  Mauer¬ 
werk  wird  aus  den  in  hiesiger 
Gegend  gefertigten  Feld¬ 
brandsteinen  aufgeführt, 
in  den  äufseren  Flächen 
dagegen  mit  besseren 
gelblichen  Steinen  ver¬ 
blendet.  Zu  allen  her¬ 
vortretenden  und  ein¬ 
fassenden  Architektur- 
theilen  der  in  den  For¬ 
men  einfacher  deutscher 
Renaissance  gehaltenen 
Ansichten  wird  röthlich- 
grauer  Sandstein  aus  der 
Umgebung  von  Marburg 
verwandt.  Die  Geschäfts¬ 
räume  des  Erdgeschosses 
sowie  die  Flure  und 
Gänge  des  1.  Stocks  sind 
feuersicher  überwölbt. 

Begonnen  ist  der  Bau 
im  Herbste  1889,  vol¬ 
lendet  soll  er  sein  im 
April  1891.  Die  Bau¬ 
kosten  für  die  gesamte 
Anlage  sind  auf  106  500  Jl  veranschlagt.  Hiervon  entfallen  auf 
das  Hauptgebäude  98  000  Jt,  auf  das  Wirthschaftsgebäude  2200  J(, 
die  Umwährungsmauern  kosten  3500  J6  und  die  Pflasterungen 
2800  J(. 

Als  Einheitspreise  ergeben  sich  dabei  beim  Hauptgebäude 
für  das  Quadratmeter  bebauter  Grundfläche  248,71  Jl,  für 

das  Cubikmeter  umbauten  Raumes  14,94  Jl.  Die  Bauaus¬ 

führung  fällt  in  den  Geschäftskreis  des  Königlichen  Kreisbau¬ 
inspectors  Baurath  Scheepers  in  Wetzlar.  Mit  der  besonderen 
Bauleitung  ist  der  Königliche  Regierungs -Baumeister  Friese 
beauftragt. 


Abb.  4.  I.  Stock. 


462 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  November  1890, 


Umbau  des  Monte  Olimpino- Tunnels  bei  Como 


Die  während  des  Betriebs  ausgeführten  Arbeiten  zum  Umbau 
des  Monte  Olimpino-Tunnels  zwischen  Como  und  Chiasso  haben  bei 
zahlreichen  Reisenden,  welche  diese  wichtigste  unter  den  südlichen 
Anschlufsstrecken  der  Gotthardbahn  kürzlich  benutzten,  gewisse  Be¬ 
sorgnisse  rege  gemacht,  die  auch  in  deutschen  Zeitungen  zum  Aus¬ 
druck  gekommen  sind.  Wie  wir  vernehmen,  lautet  jedoch  der  vom 
Vertreter  der  deutschen  Eisenbahn- Verwaltungen,  Herrn  Oberinspector 
Trommer  in  Mailand,  über  die  Sicherheit  des  Betriebs  erstattete 
Bericht  durchaus  beruhigend.  Einem  Berichte  des  der  deutschen  Bot¬ 
schaft  in  Rom  beigegebenen  Wasserbauinspectors  Keller  entnehmen 
wir  folgende  Angaben,  aus  denen  hervorgeht,  dafs  die  Umbau- 
Arbeiten  mit  grofser  Vorsicht  und  Sorgfalt  zur  Ausführung  gelangen 
und  Gefahren  nach  menschlichem  Ermessen  nicht  zu  befürchten  sind. 

Von  dem  nach  Como  zu  gelegenen  Mundloch  des  1919  m  langen 
Tunnels  führt  dieser  auf  860  m  Länge  durch  Mergelschiefer,  weiterhin 
durch  Kalksandstein.  Die  Beschaffenheit 
des  Schiefers  wechselt  fortwährend,  indem 
bald  die  thonigen,  bald  die  Kalk-Bestand- 
theile  überwiegen.  Beim  Neubau  hatte  man 
nur  die  zunächst  dem  Mundloch  gelegene 
160  m  lange  Strecke  mit  Sohlengewölbe 
versehen.  Im  anschliefsenden  Theile  des 
Tunnels  scheint  nun  bereits  bald  nach 
der  vor  neun  Jahren  erfolgten  Betriebs¬ 
eröffnung  unter  der  Einwirkung  des  reich¬ 
lich  vorhandenen  Sickerwassers  das  Gestein 
in  der  Nähe  des  Entwässerungsgrabens 
zersetzt  worden  zu  sein,  sodafs  dessen 
Querschnitt  durch  Aufquellen  des  Bodens 
verringert  und  der  Abflufs  beeinträchtigt 
wurde.  Je  weiter  die  Durchfeuchtung 
fortschritt,  umsomehr  wurde  der  thon- 
haltige  Schiefer  in  der  Tunnelsohle  zer¬ 
setzt.  Der  Boden  quoll  auf  und  hob  den 
Unterbau  nebst  den  Schienen  empor,  wäh¬ 
rend  durch  die  Aufweichung  des  Baugrun¬ 
des  an  ihrem  Fufs  die  Widerlager  sich  theil- 
weise  senkten. 

Bei  der  im  vorigen  Jahre  bewirkten 
genauen  Aufnahme  der  Leibung  des 
Tunnelgewölbes  stellte  sich  heraus,  dafs 
auf  etwa  800  m  Länge  mehr  oder  weniger 
erhebliche  Formänderungen  stattgefunden 
hatten.  Der  am  meisten  verdrückte  Quer¬ 
schnitt  war  in  der  Lichtweite  um  70  cm, 
in  der  Höhe  um  etwa  1  m  kleiner  als  ursprünglich.  Auf  600  m 
Länge  ist  die  nachträgliche  Herstellung  des  Sohlengewölbes 
unerläfslich ,  aufserdem  auf  20  m  ein  theil weiser  und  auf  81  m 
ein  vollständiger  Ersatz  der  Widerlager  und  des  Gewölbes,  deren 
Mauerwerk  durch  die  ungleichmäfsigen  Verdrückungen  stark  ge¬ 
litten  hat.  Die  verdächtige  Strecke  des  Tunnels  wurde  auf  900  m 
Länge  sofort  eingerüstet  und  mit  den  Vorbereitungen  zum  Umbau 
begonnen,  der  Ende  Februar  d.  J.  seinen  Anfang  nahm.  Mitte  Juni 
waren  die  Arbeiten  bereits  auf  240  m  Länge  fertiggestellt  und  schreiten 
derart  voran,  dafs  ihre  Beendigung  Ende  November  erfolgen  dürfte. 

Die  linke  Seite  der  hier  beigefügten  Abbildung  stellt  das  an  den 
bedenklichsten  Druckstellen  eingebaute  Gerüst  dar,  die  rechte  Seite 
das  Gerüst  an  den  minder  bedenklichen  Stellen.  Erstere  Gerüste 
stehen  in  je  3  m  Entfernung,  in  der  Mitte  zwischen  je  zweien  noch 


ein  schwächeres.  Sobald  man  mit  dem  Ausbruch  des  Gebirges  für 
das  Sohlengewölbe  beginnen  will,  werden  am  Fufse  der  Widerlager 
zunächst  Läugsbalken  angebracht  und  durch  Steifen  in  3  m  Ent¬ 
fernung  gegen  einander  abgespreizt.  Neben  diesen  Steifen  verlegt 
man  die  aus  drei  Querschwellen  bestehenden  Auflager  für  die  Längs¬ 
schwellen,  welche  das  Schienengeleis  vorläufig  tragen.  Hierauf  er¬ 
folgt  der  Ausbruch  des  Gebirges  und  die  Wölbarbeit,  wobei  die 
nach  Wegnahme  der  Auflagerschwellen  verbleibenden  Schlitze  mit 
Beton  ausgefüllt  werden,  schliefslich  die  Verfüllung  des  Sohlen¬ 
gewölbes  mit  Steinschlag  und  die  Wiederherstellung  der  regelmäfsigen 
Geleislage. 

Beim  Beginn  der  Arbeiten  war  der  Bauvorgang  etwas  anders. 
Man  unterfing  die  Querschwellen  des  Geleises  mit  Langschwellen, 
die  ihrerseits  auf  senkrechten  Stützen  ruhten.  Das  jetzige  Ver¬ 
fahren  hat  hiergegen  den  Vortheil,  dafs  zwischen  zwei  Auflagern 
in  voller  Breite  der  Sohle  durchgear¬ 
beitet  werden  kann,  da  unter  der  Lang¬ 
schwelle  noch  1,2  m  lichte  Höhe  bleiben. 
Diese  Erleichterung  der  Arbeit  ist  von 
grofser  Bedeutung,  weil  seit  Einführung 
des  Nachtschnellzugs  die  gröfste  Pause 
zwischen  zwei  Zügen  auf  fünf  Stunden 
verringert  worden  ist.  Während  der 
Nachtschicht  werden  die  Arbeiten  unter 
dem  Geleise  ausgeführt,  während  der 
beiden  Tagschichten  die  übrigen  Arbeiten. 
Bei  der  Beschränktheit  des  Raumes  und 
den  häufigen  Unterbrechungen  —  täglich 
verkehren  auf  der  Strecke  28  fahrplan- 
mäfsige  Züge,  deren  Zahl  sich  zeitweise 
bis  zu  46  steigert  —  erscheint  der  Ar¬ 
beitsfortschritt  von  3  m  Länge  auf  den 
Tag  recht  anerkennenswerth. 

Das  einzige  Hindernifs,  welches  der 
Umbau  des  Tunnels  dem  Betriebe  bereitet, 
ist  die  Verlängerung  der  Fahrzeit  aller 
Züge  um  je  8  Minuten,  die  bei  Aufstellung 
des  Fahrplans  bereits  berücksichtigt  ist. 
Die  ganze  Durchfahrtszeit  für  den  1,9  km 
langen  Tunnel  beträgt  gegenwärtig  etwa 
11  Mimiten.  Dabei  fährt  der  Zug  in  der 
nördlichen  Tunnelhälfte  und  am  südlichen 
Ende  mit  4,5  bis  5  m  in  der  Secunde,  an 
der  Arbeitsstelle  selbst  mit  nur  1  bis  1,5  m, 
sodafs  ein  Wärter  vor  der  Locomotive 
her  gehen  kann.  Die  Baustelle  ist  dabei  auf  400  m  Länge  durch. 
24  Glühlichter  mit  Scheinwerfern  beleuchtet.  Zur  Trockenhaltung 
genügen  vier  Doppelpumpen.  Die  Maschinenanlage  für  das  elek¬ 
trische  Licht  und  die  Lagerplätze  für  die  zum  Umbau  erforderlichen. 
Baustoffe  befinden  sich  vor  dem  nach  Como  zu  gelegenen  Mundlocb 
des  Tunnels.  Die  geförderten  Berge  und  der  alte,  vom  aufgeweichten 
Boden  verunreinigte  Bettungssehotter  werden  nach  dem  Bahnhof 
Chiasso  zur  Verbreiterung  der  dortigen  Dammschüttung  verfahren. 

Die  Ausführung  der  Arbeiten  ist  der  Betriebsgesellschaft  der 
Mittelmeerbahnen  anvertraut,  an  deren  Spitze  der  Generaldirector 
Massa  steht,  die  besondere  Bauleitung  dem  Ingenieur  Tr emontani.. 
Der  Umsicht  und  Gewandtheit,  mit  welcher  die  mühsamen  und 
schwierigen  Arbeiten  geleitet  werden,  ist  es  zu  danken,  dafs  dieselben 
bisher  ohne  Störungen  und  Unfälle  verlaufen  sind. 


Längenschnitt. 


Fischpafs  bei  Hameln. 


Die  Wehre  bei  Hameln,  welche  den  durch  die  Werderinsel  in 
zwei  Arme  getheilten  Weserstrom  in  zwei  Stücken  von  200  m  bezw. 
150  m  Länge  mit  einem  Niedrigwassergefälle  von  2,25  m  durchsetzen, 
sind  die  einzigen  in  der  Weser.  Durch  sie  wurde  den  früher  zahl¬ 
reich  vertretenen,  neuerdings  selteneren  Lachsen  der  Aufstieg  zu 
den  Laichplätzen  sehr  erschwert.  Beim  Umbau  der  alten  baufälligen 
Holzwehre  durch  einen  unmittelbar  vor  denselben  errichteten  massiven 
Körper  von  Beton  mit  Quaderabdeckung  wurde  deshalb  in  der  Älitte 
des  oberen  Wehres,  welches  in  dem  breitem  und  vorwiegend  von 
den  Lachsen  benutzten  linken  Stromarme  liegt,  als  Ersatz  für  den 
am  obern  Uferanschlufs  desselben  früher  hergestellten,  unwirksamen 
Fischpafs  ein  neuer  nach  dem  vom  Wasserbauinspector  Keller  ent¬ 
worfenen  und  im  hlinisterium  der  öffentlichen  Arbeiten  festgestellten 
Plane  in  Cails  Bauart  angelegt,  welcher  den  zu  stellenden  Anfor¬ 
derungen  entsprochen  hat.  Als  Hauptgründe  für  den  günstigen  Er¬ 


folg  dürften  die  richtig  gewählten  Abmessungen,  die  Lage  mitten  im 
Strom  und  die  den  Fischen  gegebene  Möglichkeit,  den  Pafs  schwim-^ 
mend  zu  überwinden,  anzusehen  sein. 

Das  in  den  beigefügten  Abb.  1  bis  4  dargestellte  Bauwerk  ist  in 
Cement-Kiesbeton  ausgeführt,  nur  der  dem  Eisgang  ausgesetzte  Theil 
der  Wangen,  die  obere  50  cm  starke  Abdeckung  derselben  und  die 
Bekleidung  der  Ecken  besteben  aus  Sandstein-Quadern.  Der  Fun¬ 
damentkörper  ist  an  der  Oberwasserseite  durch  eine  Spundwand  ge¬ 
sichert,  welche  während  der  Bauausführung  von  einem  2  m  breiten 
Thonfangdamm  umgeben  war-  die  völlige  Trockenlegung  der  Bau¬ 
grube  wurde  auf  diese  Weise  ermöglicht. 

Die  Gröfse  der  einzelnen,  durch  die  „Sperren“  getrennten  Becken 
beträgt  2,40  zu  2,70,  die  Tiefe  0,75  m,  der  Höhenabstand  der  Wasser¬ 
spiegel  in  denselben  0,33.  Die  Sperren  sind  wie  das  übrige  Bauwerk 
in  Beton  ausgeführt. 


Mr.  45. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


463 


Da  die  Sohle  des  Fischpasses  etwa  1,5  m  über  derjenigen  des  Flusses 
im  Oberwasser  liegt,  so  findet  eine  Verunreinigung  des  Passes  kaum 
statt,  und  es  konnte  deshalb  von  der  Anordnung  beweglicher  Sperren 
abgesehen  werden.  Nur  selten  treiben 
Buschkörper  durch  die  Eintritts  Öffnung 
des  Oberwassers,  welche  aber  leicht  zu 
entfernen  sind,  womit  eine  Hauptbe¬ 
dingung  für  die  Wirksamkeit  der  Cail- 
schen  Treppen  erfüllt  ist. 

Die  Kanten  der  Schlupflöcher  in 
den  Sperren  sind  gehörig  abgerun¬ 
det,  um  die  Zusammenpressung  des 
Wassei’s  an  diesen  Stellen  zu  ermäfsi- 
gen  und  Beschädigungen  der  Fische 
zu  verhüten.  Die  Gröfse  der  Löcher 
in  den  fünf  unteren  Sperren  beträgt 
0,35  zu  0,35,  in  den  beiden  oberen 
0,35  zu  0,51  und  in  der  Austritts- 
Öffnung  0,35  zu  0,55.  In  den  W angen- 
mauern  sind  seitliche  Oeffnungen  an¬ 
gebracht,  welche  als  Hülfsspeisungen 
bei  höheren  Wasserständen  dienen. 

Zum  Schutze  gegen  Eisgang  und  Un¬ 
fug  oder  Diebstahl  ist  der  Lichtraum 
im  Innern  durch  einen  Rost  von  star¬ 
ken  ±- Eisen  abgedeckt. 

Da  nach  Lage  der  örtlichen  Ver¬ 
hältnisse  der  Wasserverlust  für  ge¬ 
wöhnlich  nicht  in  Frage  kommt,  so  ist  der  Pafs  das  ganze  Jahr 
hindurch  geöffnet;  nur  bei  den  ausnahmsweise  unter  2,25  im 
Oberwasserspiegel  sinkenden  Wasserständen  kann  der  Pafs  durch 
ein  Schütz  geschlos¬ 
sen  werden,  da  dann 
bei  trocken  liegen¬ 
dem  Wehr  der  Auf¬ 
stieg  ohnehin  gänz¬ 
lich  ruht.  Als  höchster 
Oberwasserstand,  für 

welchen  der  Pafs  noch  Abb.  3.  Querschnitt, 
benutzbar  sein  soll, 
ist  2,80  am  Oberpegel 
anzunehmen,  welchem 
1,50  im  Unterwasser 
entspricht;  bei  höher 
steigendem  Wasser 
können  die  Fische 
ohne  weiteres  auf- 
schwimmen. 

Die  Baukosten, 
welche  21 130  Mark 
oder  46  Mark  für  1  cbm 
des  Bauwerks  betra- 


D 

r„i 

' 

Abb.  5.  Abb.  6. 


Abb.  2.  Grundrifs. 


gen  haben,  sind  wesentlich  beeinflufst  durch  die  gediegene  Her¬ 
stellung,  welche  in  Rücksicht  auf  die  dem  Eisgang  stark  aus¬ 
gesetzte  Lage  geboten  war.  In  der  That  hat  denn  auch  das 
Bauwerk  bereits  mehrfach  starkem  Eisdruck  widerstanden,  ohne 
Beschädigungen  zu  erleiden.  Die  Bauausführung  erfolgte  im  An- 


schlufs  an  diejenige  des  Wehres  unter  Leitung  des  Bauraths 
Meyer. 

Bereits  wenige  Stunden  nach  der  Oefifnung  im  September  1887 
suchten  mehrere  Lachse  den  Fisch- 
pafs  auf,  und  auch  späterhin  wurde 
ein  sehr  lebhafter  Aufstieg  von 
Lachsen  beobachtet.  In  den  sehr 
warmen  Maimonaten  der  Jahre  1888 
und  1889  zeigte  sich  eine  höchst  be- 
merkenswerthe  Erscheinung,  indem 
sämtliche  Becken  mit  verschiedenen 
Fischarten,  namentlich  Barben,  W^eifs- 
fischen,  Kühlingen  und  Barschen  dicht 
gedrängt  angefüllt  waren.  Im  Juni 
desselben  Jahres  wurde  während  der 
Abendstunden  der  Aufstieg  zahl¬ 
reicher  jungen  Aale  von  15 — 25  cm 
Länge  und  0,6— 1,0  cm  Dicke  beob¬ 
achtet,  von  welchen  die  Becken  eben¬ 
falls  zeitweilig  in  dichten  Knäueln 
angefüllt  waren. 

Die  Fische  schwimmen  "meistens 
durch  die  Löcher,  seltener  findet  ein 
Ueberspringen  der  Sperren  statt. 
Die  scharfe  Strömung  in  den  unte¬ 
ren  Sperrlöchern,  welche  des  starken 
Strudels  wegen  nothwendig  ist,  um 
die  Fische  aus  dem  Unterwasser  an¬ 
zulocken,  bereitet  freilich  Schwierigkeiten,  sodafs  das  Durchschwim¬ 
men  erst  nach  mehrfachen  Versuchen  gelingt.  Die  Fische  brauchen  des¬ 
halb  mehrere  Stunden,  um  den  ganzen  Pafs  zu  nehmen  und  müssen  oft 

längere  Ruhepausen 
Nis'drigihewtia  machen,  wobei  sie  mit 
Vorliebe  die  Stelle 
dicht  unterhalb  der 
Sperrmauern  benutzen, 
welche  deshalb  zweck- 
mäfsig  nischenartig  zu 
gestalten  wäre. 

Die  Gegenströ¬ 
mung,  welche  durch 
das  Versetzen  der 
Löcher  bedingt  wird, 
erscheint  insofern  un¬ 
günstig,  als  in  den 
Sperrlöchern  eine 
schräg  gerichtete  Strö¬ 
mung  herrscht  und  die 
Fische  verwirrt  wer¬ 
den  (Abb.  5).  Diesem 
Uebelstande  könnte 
durch  kurze  Neben¬ 
sperren  (Abb.  6)  senkrecht  zu  den  Hauptsperren  abgehclfen  werden, 
da  die  Gegenströmung  durch  solche  erheblich  gemildert,  bei  a  und 
ai  Stauwasser  hergestellt  und  so  ein  gleichmäfsiges  Durchströmen 
der  Schlupflöcher  bewirkt  wird. 

Hellmuth,  Königl.  Wasserbauinspector. 


Vermischtes. 


Versuche  mit  Gewölben  aus  verschiedenen  Baustoffen.  Eine 
der  vielen  Schwierigkeiten,  die  sich  der  genauen  statischen  Berechnung 
belasteter  Gewölbe  entgegenstellen,  entspringt  aus  dem  Umstande,  dafs 
die  einzelnen  Theile  der  Last  in  der  Regel  nicht  scharf  gesondert  sind 
und  nicht  unmittelbar  auf  das  Gewölbe  einwirken.  Sowohl  die  Hinter- 
mauerung  des  Gewölbes  als  auch  die  zur  Abgleichung  desselben 
benutzten  Füllstoffe  und  die  etwa  auf  diesen  ruhenden  Träger  (z.  B. 
die  Schienen  einer  Eisenbahnbrücke)  üben  eine  versteifende  Wirkung 
aus  und  beeinflussen  daher  die  Art  des  Lastangriffes,  also  auch  die 
Tragfähigkeit  des  betreffenden  Gewölbes.  Die  Gröfse  dieses  Ein¬ 
flusses  läfst  sich  meist  auch  nicht  annähernd  ermitteln;  man  begnügt 
sich  bei  der  statischen  Berechnung  mit  der  gedachten  Zerlegung  der 
zusammenhängenden  Lasten  in  eine  Reihe  senkrechter  Schichten,  die 
dann  von  jeder  gegenseitigen  Einwirkung  frei  angenommen  werden, 
und  rechtfertigt  dieses  Verfahren  durch  die  Erwägung,  dafs  der  nicht 
berücksichtigte,  aber  thatsächlich  vorhandene  innere  Zusammenhang 
der  Last  für  die  Standsicherheit  des  Gewölbes  ohne  Zweifel  günstig 
ist.  Ein  solches  Verfahren  erscheint  aber  nicht  mehr  zulässig,  wenn 
es  sich  um  die  Anstellung  wissenschaftlicher  Versuche  über  das  Ver¬ 
halten  von  Gewölben  handelt.  Hier  mufs  entweder  der  Einflufs  des 


inneren  Zusammenhanges  der  Last  ermittelt,  oder  —  wenn  dies  zu 
schwierig  sein  sollte  ■ —  eine  Art  der  Belastung  gewählt  werden,  bei 
welcher  ein  derartiger  unbestimmter  Einflufs  nicht  auftreten  kann. 
Die  Belastungsweise,  wie  sie  in  der  Abbildung  zu  dem  auf  Seite  449 
in  der  vorigen  Nummer  d.  Bl.  enthaltenen  Aufsatze  über  die  in 
Oesterreich  geplanten  Versuche  dargestellt  ist,  entspricht  dieser  An¬ 
forderung  nicht,  da  sowohl  die  aus  durchgehenden  Balken  hergestellte 
Lastbühne  als  auch  der  die  Last  bildende  Schienenstapel  eine  ganz 
beträchtliche  eigene  Steifigkeit  besitzen.  Die  Lastvertheilung  würde 
bei  dieser  Anordnung  statisch  unbestimmt  und  in  hohem  Grade  von 
Zufälligkeiten  abhängig  sein.  Dr.  H.  Zimm ermann. 

Rettungsboje  mit  unauslösclibarem  Licht.  In  Nr.  885  der  Zeit¬ 
schrift  La  I^ature  wird  eine  von  M.  Silas,  Archivar  der  französischen 
Botschaft  in  Wien,  angegebene  sogenannte  Rettungsboje  mit  un- 
auslöschb arem  Licht  erwähnt,  welche  in  der  französischen  Marine 
schon  seit  etwa  15  Jahren  im  Gebrauch  sein  soll.  Eine  Abbildung 
und  nähere  Beschreibung  hat  im  Jahre  1873  die  Nr.  16  genannter 
Zeitschrift  gebracht.  Die  Rettungsboje  wird  vom  Schiff  ins  Wasser 
gelassen,  wenn  ein  Mann  über  Bord  ist.  Sie  hat  die  Eigenthüm- 
lichkeit,  sich  bei  jedem  Wetter  durch  eine  leuchtende  Flamme 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  November  1890, 


bemerkbar  zu  machen,  sobald  sie  mit  dem  Wasser  in  Berührung  tritt, 
was  bei  Dunkelheit  von  Wichtigkeit  ist.  Die  Leuchtvorrichtung  be¬ 
ruht  auf  der  Eigenschaft  des  Phosphorcalciums  P  Gag,  bei  Berührung 
mit  Wasser  Phosphorwasserstoifgas  H3P  zu  entwickeln,  welches  sich 
an  der  Luft  von  selbst  entzündet  und  mit  liell  leuchtender  Flamme 
zu  Phosphorsäure  H3PO4  verbrennt.  Die  aus  leichtem  Holz  oder 
Kork  bestehende  Boje  hat  in  der  Mitte  eine  Aushöhlung  zur  Auf¬ 
nahme  einer  Metallbüchse,  in  welcher  sich  das  Phosphorcalcium 
befindet.  Die  Metallbüchse  wird  von  einer  oben 


und  unten  heraustretenden  und  im  Innern  der 
Büchse  gelochten  Röhre  durchsetzt.  Die  Röhre  hat 

r 

oben  und  unten  einen  Hahnverschlufs  derart,  dafs  1 1 

beide  Verschlüsse  entweder  gleichzeitig  geöffnet 
oder  gleichzeitig  geschlossen  sind.  Die  ganze 

1 

etwa  50  kg  schwere  Vorrichtung  hängt  am  Schifi:'. 

Läfst  man  sie  ins  Wasser  fallen,  so  öffnen  sich  die  Hähne;  das 
Wasser  tritt  durch  das  untere  Kohr- Ende  und  die  Rohrlochung  in  die 
Metallbüchse  ein,  kommt  dort  mit  dem  Phosphorcalcium  in  Berührung, 
wodurch  dann  das  Feuer,  ebenfalls  mittels  der  Rohrlochung,  oben 
aus  dem  Rohre  austritt.  P. 

Die  Erölluung  der  iieneu  elektrisch  zu  betreibenden  City-  und 
Süd -London -Bahn  (City  and  South  London  Raihvay),  welche  unter 
dem  früheren  (unlängst  wie  vorstehend  geänderten)  Namen  des  „City 
of  London  and  Southwark  Subway“  allgemein  bekannt  ist  (vgl.  S.  269 
des  vorigen  Jahrgangs  d.  Bk),  ist  am  Dienstag  den  4.  d.  M.  erfolgt. 
Der  Prinz  von  Wales  war,  wie  früher  bei  der  Einweihung  anderer 
hervorragender  Werke  der  Ingenieurkunst  —  unter  denen  wir  den 
Merseytunnel  zwischen  Liverpool  und  Birkenhead  und  die  Forthbrücke 
nennen  — ,  so  auch  hier  persönlich  erschienen. 

Die  Terwenduiig  von  docken  zu  Nebelsignalen  an  den  Küsten 
der  Vereinigten  Staaten.  Um  den  Schilfen  bei  Nebel  die  Annähe¬ 
rung  an  die  Küste  bemerkbar  zu  machen,  werden  in  den  Vereinigten 
Staaten  aufser  anderen  hörbaren  Schiffahrtszeichen  Glocken  von  rund 
113  bis  1435  kg  Gewicht  verwendet.  Sie  werden  in  der  Regel  aus 
einer  Mischung  von  einem  Fünftel  besten  Block -Zinnes  und  vier 
Fünfteln  Kupfer,  seltener  aus  Stahl  hergestellt.  Die  Abmessungen 
der  Glocke  und  das  Gewicht  des  Hammers  sind  für  drei  Gröfsen  der 
Glocke  die  folgenden; 


Der  Glocke 

Des  Hammers 

Gewicht 

Höhe 

Durchmesser 

Gewicht 

1434,6  kg 

1067  mm 

1422  mm 

36,3  kg 

681  „ 

838  „ 

1118  „ 

18,2  „ 

454  „ 

610  „ 

914  „ 

10,9  „ 

Auf  Anregung  des  Professors  Henry  wurde  eine  Anzahl  grofser 
Glocken  so  befestigt,  dafs  die  Glockenachse  wagerecht  steht,  da  man 
von  dieser  Stellung  eine  gröfsere  Schallweite  als  bei  Aufhängung 
der  Glocke  mit  der  Mündung  nach  unten  erwartete.  Die  Art  der 
Befestigung  verursachte  jedoch  so  grofse  praktische  Schwierigkeiten, 
dafs  man  zu  der  früheren  Aufhängungsart  zurückgekehrt  ist.  Man 
hat  ferner  gefunden,  dafs  die  Schall  weite  um  so  gröfser  wird,  je  näher 
der  Wasser-Oberfläche  die  Glocke  angebracht  ist.  Die  Glocken 
werden  von  Hand  oder  durch  ein  Uhrwerk  angeschlagen,  welches  in 
zwei  Gröfsen,  und  zwar  für  Glocken  von  454  und  6811  kg  Gewicht 
angefertigt  wird. 

Ueber  die  Schallweite  von  Glocken  im  Vergleich  zu  anderen 
Nebelsignalen  in  den  Jahren  1855  bis  1874  angestellte  Versuche  er¬ 
gaben  die  Dabollsche  Trompete  als  das  wirksamste  Nebelsignal, 
während  die  Glocken  den  vierten  Rang  in  Bezug  auf  Schallweite  ein¬ 
nehmen.  (Die  Dampf-Sirene  war  damals  noch  nicht  in  Gebrauch.) 
Während  nämlich  die  Trompete  je  nach  der  Windrichtung  in  Ent¬ 
fernungen  von  fl’/s  bis  6'/4  engl.  Meilen  gehört  wurde,  beschränkte  sich 
die  Schallweite  einer  gröfsen  Glocke  auf  IVs  bis  2  Meilen.  Nach 
den  Worten  des  früheren  Ingenieurs  des  Leuchtfeueramts,  General 
Duane,  ist  eine  Glocke,  einerlei  ob  von  Hand  oder  durch  Uhrwerk 
angeschlagen,  nicht  als  ein  wirksames  Nebelsignal  für  Seeküsten  zu 
betrachten,  da  sie  bei  ruhigem  Wetter  die  halbe  Zeit  nicht  weiter 
als  eine  Meile  gehört  werden  kann,  während  bei  rauhem  Wetter  das 
Geräusch  der  Brandung  ihren  Klang  zuweilen  völlig  übertönt. 
Wenn  auch  das  Leuchtfeueramt  die  Glocken  für  weniger  wirksam 
als  andere  Nebelsignale  hält,  so  sind  in  Anbetracht  der  Billigkeit 
der  Glocken  in  Beschaffung  und  Unterhaltung  und  bei  dem  Fehlen 
eines  bessern  Signals  für  kurze  Entfernungen  doch  gegen  170  durch 
Uhrwerk  angetriebene  Glocken  in  Benutzung.  Besonders  ist  die 
Glocke  an  Flüssen,  Meeresengen  und  Binnenseen  von  Vortheil,  wo 
die  Brandung  wenig  oder  gar  kein  Geräusch  verursacht.  Die  Inter¬ 
essen  der  Schiffahrt  haben  jedoch  in  neuerer  Zeit  vielfach  dazu  ge¬ 
zwungen,  die  in  Anbetracht  der  Billigkeit  beschafften  Glocken  durch 
Dampfsignale  zu  ersetzen.  Einen  hierauf  bezüglichen  Antrag  zum 


Ersatz  von  8  Nebelglocken  an  den  gröfsen  Binnenseen  durch 
8  Dampfsignale  mit  einem  Kostenaufwande  von  je  18  000  bis  21000 
Mai'k  hat  das  Leuchtfeueramt  in  diesem  Frühjahr  an  den  Congrefs 
gerichtet. 

Wenn  demnach  auch  die  Zahl  der  Dampfsignale  auf  Kosten  der 
Glockensignale  zuzunehmen  scheint,  so  bleibt  den  letzteren  doch 
eine  verbreitete  Verwendung  gesichert,  da  das  Leuchtfeueramt  allen 
mit  vollkommenen  Nebelsignalen  ausgerüsteten  Stationen  zur  Aus¬ 
hülfe  im  Falle  des  Versagens  eine  Handglocke  zuertheilt,  deren 
Gewicht  nach  der  Bedeutung  der  Station  bemessen  wird.  Petri. 

Die  Zahl  der  verschiedenen  dnrchgelienden  Bremsen  in  Eng¬ 
land  hat  sich  nach  Ausweis  der  letzten  Handelsamtsberichte  im 
wesentlichen  auf  zwei  Arten,  die  Luftsaugbremse  und  die  Westing- 
housesche  Luftdruckbremse  vermindert,  da  von  den  sonst  in 
England  wohl  noch  versuchten  Bremsen  kaum  eine  den  Anforde¬ 
rungen  des  Handelsamts  Genüge  leistet,  welche  dahin  lauten,  dafs 
die  Bremsen  dem  Locomotivführer  sowohl  wie  dem  Zugschaffner  in 
die  Hand  gegeben  sein  sollen  und  bei  Unfällen  selbstthätig  wirken 
müssen.  Die  Meinungen  über  den  Werth  jener  beiden  Bremsen 
gehen  zur  Zeit  noch  so  auseinander,  dafs  die  allgemeine  Einführung 
einer  derselben  als  Einheitsbremse  noch  nicht  in  naher  Aussicht 
steht,  obwohl  die  Handelsamtsberichte  in  Bezug  auf  Zuverlässigkeit 
wesentlich  zu  Gunsten  der  Luftsaugbremse  zu  deuten  sind.  Das 
Handelsamt  verzeichnet  für  die  Zeitdauer  von  6  Monaten  bei  der  selbst- 
thätigen  Westinghouse-Bremse  1  Unfall  auf  121000,  bei  der  selbst- 
thätigen  Luftsaugbremse  erst  auf  185  000  Zugkilometer.  Letztere 
steht  also  um  die  Hälfte  günstiger.  Noch  besser  sind  die  Ergebnisse 
für  die  einfache  Luftsaugbremse  allein,  welche  erst  auf  495  000  Zug¬ 
kilometer  einen  Unfall  zählt.  Im  ganzen  wurden  zurückgelegt:  von 
der  selbstthätigen  und  nicht  selbstthätigen  Westinghouse-Bremse  zu¬ 
sammen  rund  37  270  000  km  mit  1  Versager  auf  durchschnittlich 
125  000  km,  von  den  Luftsaugbremsen  79  200  000  km  mit  1  Versager 
auf  208  000  km.  Dem  entspricht  denn  auch  die  wachsende  gröfsere 
Vorliebe  der  englischen  Bahngesellschaften  für  die  Luftsaugbremse, 
gegen  welche  hauptsächlich  nur  der  Einwand  erhoben  wird,  dafs  sie 
leichter  einfriert  als  die  Westinghouse-Bremse.  Km. 


Neue  Patente. 

Hehlade.  Patent  Nr.  50991.  R.  D olberg  in  Rostock  (Mecklen- 
c'  bürg).  —  Die  beiden  Zahnlücken  a 

des  Hebels,  welche  abwechselnd  auf 
den  Steckstiften  e  ruhen,  sind  ganz, 
nahe  zusammengerückt,  sodafs  der 
Arbeiter  imstande  ist,  bei  gleicher 
Hebellänge  wie  an  den  früheren  Heb¬ 
laden,  eine  viel  gröfsere  Last  zu 
heben.  Die  enge  Stellung  der  Steck¬ 
stifte  wird  dadurch  ermöglicht,  dafs 
der  Lasthaken  nicht  zwischen  den¬ 
selben  angebracht  ist,  sondern  sie 
umfafst.  Der  Handhebel  d  ist  näm¬ 
lich  an  seinem  verdickten  Ende, 
welches  auf  der  Unterseite  die 
Steckstifte  aufnimmt,  auf  der  Ober¬ 
seite  halbcylindrisch  ausgebildet,  so¬ 
dafs  die  oben  ebenfalls  halbkreis¬ 
förmigen  Bügel  i  des  Lasthakens  b  auf 
dem  Ende  des  Handhebels  wie  auf  einem  Bolzen  sich  drehen  können. 

Federnde  Schieneustofsverbiudiuig  für  Eisenbahn  -  Oberbau. 
Patent  Nr.  51511.  The  Long  Spring  Truss  Joint  Company  in  Chicaga 
(Illinois  V.  St.  A.).  —  „Vorliegende  Erfindung  stützt  sich  auf  die 
Annahme,  dafs  ein  vollkommenes  Geleise  derart  beschafl’en  sein  muf?, 
dafs  alle  Theile  desselben  die  gleiche  Festigkeit  und  Starrheit  und 
doch  auch  denselben  Grad  von  Elasticität  und  Biegsamkeit  zeigen.“' 


Letzterer  Forderung  wird  durch  eine  zwischen  zwei  Stofsschwellen 
eingelegte  gufseiserne  Brücke  nicht  genügt.  Im  vorliegenden  Falle 
besteht  die  Brücke  aus  einer  über  beide  Stofsschwellen  reichenden, 
die  Schiene  umklammernden  Fufsplatte  Z),  zwei  bügelförmigen 
Ankern  F  und  einer  federnden  Stahlplatte  G,  welche  letztere  zwischen 
ü  und  F  gebettet  ist  und  durch  die  Schrauben  f  nachgespannt  werden 
kann.  Damit  die  beiden  Schienenkopf-Enden  sich  nur  geichmäfsig 
bewegen  können,  und  zur  weiteren  Sicherung  gegen  seitliche  Stöfse,. 
sind  noch  zwei  Winkellaschen  E  angeordnet. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Ker s kes,  Berlin. 


465 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 

X.  Jahrgang.  Berlin,  15.  November  1890.  Nr.  46. 


Rcdactioa:  SW.  Zimmerstrafse  7  u-  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,7.5  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark 

INHAIT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Justizgebäude  in 
München.  —  Stral'senuntorfiibruugen  beim  Umbau  der  Bahnanlagen  in  Köln.  — 
Selbstanzeigende  Hoch-  und  Niedrigwasser-Pegel.  —  Flörsereiaulageu  im  Glommen 
unterhalb  des  Sarpsfos  bei  Greaker  in  Norwegen.  —  Vermischtes:  Weichsel- 

brücken  bei  Kordon  und  Dirschan,  Nogatbrücke  bei  Marienburg.  —  Wasserver¬ 
sorgung  der  Stadt  Chemnitz.  —  Neue  Bildwerke  am  Kathhause  in  Osnabrück.  — 
Bodenfeuchtigkeit  uud  Sickerwassermongen.  —  Amcricanischer  Verein  der  Eisenbahn¬ 
wagenbauer.  —  Büch  er  sch  au. 

Amtliche  NI 

Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem 
Garnison  -  Bauinspector  Wellmann  in  Köslin  den  Königlichen 
Kronen- Orden  IV.  Klasse  zu  verleihen,  sowie  zu  der  von  Sr.  Hoheit 
dem  Fürsten  von  Hohenzollern  beschlossenen  Verleihung  des  Ehren¬ 
kreuzes  III.  Klasse  des  Fürstlich  Hohenzollernschen  Haus -Ordens 
an  den  Fürstlichen  Hofkammer-Baurath  de  Pay  in  Sigmaringen 
Allerhöchstihre  Genehmigung  zu  ertheilen. 

Die  Königl.  Kegierungs-Baumeister  Grunert  und  Koerner  in 
Berlin,  zur  Zeit  in  der  Bau- Abtheilung  des  Ministeriums  der  öffent¬ 
lichen  Arbeiten,  sind  als  Königl.  Land-Bauinspectoren  angestellt  worden. 

Der  Wasser- Bauinspector  Thomas  in  Fürstenwalde  (Spree)  ist 
der  Königlichen  Regierung  in  Schleswig  überwiesen  und  der  bisher 
bei  dem  Bau  des  Oder-Spree-Canals  beschäftigte  Wasser-Bauinspector 
Michelmann  in  Fürstenwalde  in  die  dortige  Wasser-Bauinspector- 
Stelle  versetzt  worden. 

Dem  Privatdocenten  und  Assistenten  an  der  Königlichen  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Aachen  Dr.  Alfred  Einhorn  ist  das  Prädicat 
Professor  beigelegt  worden. 

Zu  Königlichen  Eegierungs- Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Hugo  Hoogen  aus  Calcar,  Georg  Cuny  aus 
Borgfeld  bei  Danzig,  Max  Knopff  aus  Schmiegel  und  Gustav 
Schroeder  aus  Vietz  bei  Landsberg  a./W.  (Eochbaufach). 

.ittheilungen. 

Deutsches  Reich. 

Der  bisherige  Civil-Schiffsbauingenieur  Konow  ist  zum  Marine- 
Bauführer  des  Schiffsbaufaches  ernannt. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  je  eine 
Bahnmeisterstelle  in  Spaichingen  dem  Bauführer  Heller  bei  dem 
Betriebsbauamt  Mühlacker,  in  Beuron  dem  Bauführer  Pantlen  bei 
der  Eisenbahnbausection  Sigmaringen,  in  Ebingen  dem  Bauführer 
Steeb  bei  dem  Betriebsbauamt  Leutkirch  und  in  Balingen  dem  stell¬ 
vertretenden  Bahnmeister  Barth  in  Isny  zu  übertragen,  sowie  den 
Bahnmeister  Käpplinger  in  Vaihingen  auf  den  Fildern  seinem  An¬ 
suchen  gemäfs  wegen  durch  Krankheit  herbeigeführter  Dienstunfähig¬ 
keit  unter  dem  Vorbehalt  der  Wiederanstellung  im  Falle  der  Ge¬ 
nesung  zur  Ruhe  zu  setzen. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Gnädigst  geruht, 
den  aufs  er  ordentlichen  Professor  an  der  technischen  Hochschule,  Ab¬ 
theilung  für  Ingenieur  wesen,  Max  Möller,  auf  sein  unterthänigstes 
Ansuchen  auf  1.  November  d.  J.  aus  dem  badischen  Staatsdienst  zu 
entlassen  und  den  Vorstand  der  Rheinbauinspection  Offenburg,  Be¬ 
zirksingenieur  Kosmas  Sayer,  zum  ordentlichen  Professor  an  der 
technischen  Hochschule,  Abtheilung  für  Ingenieurwesen,  zu  ernennen. 

[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Entwürfe  zum  neuen  Justizgebäude  in  München 

Von  Prof.  Friedr.  Thiersch. 


Als  Baustelle  für  das  neue  Justizgebäude  in  München  wurde 
durch  das  Gesetz  vom  29.  Mai  1886  über  die  Verlegung  der  Militär- 
hildungsanstalten  auf  das  Marsfeld  der  sogenannte  „Herzog-Garten“ 
nebst  dem  Prielmayer -Anwesen 
festgesetzt.  Wie  aus  dem  neben¬ 
stehenden  Lageplane  Abb.  1  zu 
erkennen  ist,  wird  dieses  Grund¬ 
stück  zur  Zeit  östlich  durch  den 
Karlsplatz,  südlich  durch  die 
Prielmayer-Strafse  und  nördlich 
durch  die  am  alten  Botanischen 
Garten  entlang  laufende  Elisen- 
strafse  begrenzt.  Nach  Westen 
soll  das  zukünftige  Justizgebäude 
durch  eine  senkrecht  zur  Elisen- 
strafse  anzulegende  neue  Quer- 
strafse  von  dem  benachbarten 
Häuserviertel  getrennt  werden. 

Der  Herzoggarten  hat  inso¬ 
fern  geschichtliches  Interesse,  als 
er,  wie  der  Name  andeutet,  ein 
Sommersitz  der  bayerischen  Her¬ 
zoge  war.  Er  lag  aufserhalb  der 
Umwallung,  deren  Verlauf  die 
Häusergruppen  des  Karls-  und 
Maximiliansplatzes  heute  noch 
leicht  erkennen  lassen.  Das 
schlichte  Gartenhaus  aus  dem 
vorigen  Jahrhundert  mit  seinem 
in  Holzschindeln  eingedeckten  Mansardendache  trägt  an  seinen 
geschmackvollen  Balcon-  und  Fenstergittern  den  Namenszug  M.  A. 
der  Herzogin  Maria  Anna,  der  Gemahlin  des  Herzogs  Clemens- 
Dieser  Pavillon  bildet  die  nordöstliche  Ecke  des  Bauplatzes,  wo 
er  scharf  gegen  den  Karlsplatz  vorspringt.  Im  Anschlufs  daran 


unscheinbarer  Bau  aus  späterer  Zeit  die 
jetzige  Cadettencorpsgebäude.  Der 
nur  unter  dem  Namen  „Cadetten- 
corpsgarten“  bekannt ,  ist  ins¬ 
besondere  nach  dem  Karlsplatze 
hin  mit  schönen,  alten  Baum¬ 
gruppen  bestanden.  Sie  geben 
im  Zusammenhänge  mit  den 
alten,  niedrigen  Gebäuden  der 
ganzen  Umgebung  ein  landschaft¬ 
lich  wohlthuendes  Gepräge.  Dafs 
diese  alte  Gartenanlage  einem 
grofsen  öffentlichen  Bauwerke 
weichen  mufs,  wird  allgemein 
schmerzlich  empfunden,  und  zwar 
umsomehr,  als  die  grünen  Plätze 
innerhalb  der  Stadt  immer  sel¬ 
tener  werden.  Hoffentlich  wird 
dieser  Umstand  dem  in  der 
Bevölkerung  sehr  verbreiteten 
Wunsche,  den  alten  Botanischen 
Garten  in  eine  parkartige  öffent¬ 
liche  Anlage  umzuwandeln,  ihn 
vor  Verbauung  zu  bewahren  und 
dadurch  einen  Ersatz  für  den 
verlorenen  Herzoggarten  zu 
schaffen,  kräftigen  Nachdruck 
verleihen.  Wer  die  Verhältnisse 
von  München  kennt,  wird  zu¬ 
geben  müssen,  dafs  eine  günstigere  Lage  für  dieses  so  wichtige 
öffentliche  Gebäude  nicht  gefunden  werden  kann.  Zwischen  dem 
Centralbahnhof  und  dem  Mittelpunkt  der  alten  Stadt  gelegen,  ist 
die  Baustelle  dennoch  nicht  von  dem  Geräusch  eines  allzugrofsen 
Verkehrs  bedroht,  denn  die  Schützen-  und  Bayerstrafse  werden 


zieht  sich  ein  langer 
Elisenstrafse  entlang:  das 
Herzoggarten ,  heute  fast 


? .  ■ ,  ,^1  ,  1 


Abb.  1.  Lageplan. 


466 


Centralblatt  der  ßauverwaltnug. 


15.  Hlovciiibet  1890, 


stets  den  Hauptverkehr  zwischen  den  genannten  Centren  ver¬ 
mitteln.  Anderseits  liegt  die  Baustelle  für  das  Publicum  insofern 
bequem,  als  der  Schwerpunkt  der  ganzen  Stadt  sich  immermehr  nach 
Nordwesten  hin  verschiebt. 

Das  Bauprogramm  wurde  in  seinen  wesentlichen  Umrissen 
durch  den  verstorbenen  Justizminister  v.  Ftiustle  aufgestellt.  Es  be¬ 
stand  ursprünglich  die  Absicht,  einen  Neubau  zu  errichten,  welcher 
mit  seinen  Flügeln  dem  unregelmäfsigen  Verlauf  der  Besitzgrenze 
folgen  sollte,  wobei  nur  der  Front  gegen  den  Karlsplatz  eine  bessere 
architektonische  Ausbildung  zugedacht  war.  Der  Kammer  der  Ab¬ 
geordneten  war  die  Versicherung  gegeben  worden,  dafs  der  Neubau 
den  Kostenbetrag  von  3100  000  Mark  nicht  überschreiten  werde. 
Die  Bauangelegenheit  rückte  ihrer  Verwirklichung  um  einen  Schritt 
näher,  als  durch  Allerhöchste  Entschliefsung  vom  16.  Februar  1887 
der  Unterze’chnete  mit  der  Planbearbeitung  und  späteren  Ausführung 
des  Bauwerkes  beauftragt  wurde. 

Der  Amtsnachfolger  des  Herrn  v.  Fäustle,  Justizminister  Frei¬ 
herr  V.  Leonrod,  stellte  am  17.  Juni  1887  im  Einvernehmen  mit  den 
bezüglichen  Stellen  und  Behörden  das  mafsgebende  Bauprogramm 
fest.  Dieses  umfafste  an  Raumgruppen:  1)  das  Königl.  Justiz¬ 
ministerium,  2)  das  Königl.  Oberlandesgericht,  3)  die  Königl.  Ober¬ 
staatsanwaltschaft  bei  diesem  Gerichte,  4)  das  Königl.  Landgericht 
München  I,  5)  die  Königl.  Staatsanwaltschaft  bei  diesem  Gerichte, 
6)  das  Schwurgericht  bei  diesem  Gerichte,  7)  das  Königl.  Landgericht 
München  11,  8)  die  Königl.  Staatsanwaltschaft  bei  diesem  Gerichte, 

9)  das  Königl.  Amtsgericht  München  I,  Abtheilung  A  für  Civilsachen, 

10)  die  Dienstwohnung  des  Justizministers,  11)  Dienstwohnungen  für 
Hausmeister  und  Heizer.  Für  das  Schwurgericht  wurde  ein  beson¬ 
derer  Einbau  in  den  Hof  gew'ünscht,  damit  es  eine  ruhige  und  ge¬ 
sicherte  Lage  erhalte.  Die  18  m  breite  neue  Querstrafse  war  derart 
festgesetzt,  dafs  an  der  Elisenstrafse,  von  der  Ostecke  gemessen,  nur 
153  m  Länge  des  Bauplatzes  zur  Verfügung  gestellt  wurden.  Der 
bedeutende  Rest  des  Grundstückes,  welcher  jenseit  der  neuen  Quer¬ 
strafse  das  Nachbarviertel  vervollständigen  sollte,  war  zur  Veräufse- 
rung  bestimmt.  Das  Programm  verlangte  einen  durchaus  zweck- 
mäfsigen  und  würdigen  Monumentalbau.  Die  Bausumme  sollte  den  der 
Kammer  gegenüber  einmal  ausgesprochenen  Betrag  von  3  100  000  Mark 
nicht  überschreiten.  Unter  dem  21.  Juli  1887  gebangte  der  Vertrag  über 
die  Herstellung  der  Pläne  zum  Abschlufs.  Hiernach  war  zunächst 
ein  Vorentwurf  mit  Kostenüberschlag  anzufertigen.  Der  Vorentwurf 
sollte  so  lange  abgeändert  werden,  bis  er  die  ministerielle  Geneh¬ 
migung  erhielte.  Sodann  sollte  der  Bauentwurf  mit  ausführlichem 
Kostenanschlag  ausgearbeitet  werden. 

Am  1.  Februar  1888  wurde  der  Vorentwurf  eingereicht.  Bei 
einer  bebauten  Fläche  von  8549  qm,  einem  Bauinhalte  von  239  379  cbm 
und  einem  schätzungsweise  angenommenen  Einheitspreise  von  25  Mark 
f.  d.  cbm  ergab  sich  ein  ungefährer  Gesamtkostenaufwand  von 
5  984  482  Mark.  Dieser  hohen  Summe  wegen  wurde  der  Vorentwurf^ 
obwohl  er  an  sich  keine  wesentlichen  Beanstandungen  erfuhr,  ab¬ 
gelehnt  und  gelaugte  deshalb  auch  während  der  Kammertagung 
1887 — 88  nicht  zur  Vorlage.  Er  war  dem  hier  in  Grundrifs  und 
Hauptschnitt  abgebildeten  sogenannten  zweiten  Bauentwürfe  (die 
Abbildungen  werden  dem  Schlufs  dieses  Aufsatzes  beigegeben)  nahe 
verwandt.  Die  unregelmäfsige  Grenze  des  Bauplatzes  konnte  für 
den  Verlauf  der  Frontenzüge  nicht  mafsgebend  werden.  Eine  nach 
zwei  Achsen  symmetrische  Anlage  bot  die  einzige  Gewähr  für  eine 
gesunde  innere  und  monumentale  äufsere  Entwicklung.  Der  mittlere 
der  drei  Lichthöfe  fand  als  Haupttreppenhaus  und  Centralhalle  Ver¬ 
wendung  und  war  mit  einem  schlanken  Kuppelaufbau  bekrönt,  der 
das  Bauwerk  auch  bei  Betrachtung  von  näherem  Standpunkte  be¬ 
herrscht  haben  würde.  Die  Vertheilung  der  Stellen  und  Behörden 
geschah  in  vier  Geschossen.  Auf  den  besonderen  Einbau  des  Schwur¬ 
gerichts  in  die  Höfe  mufste  verzichtet  werden.  Die  Flurgänge  waren 
durchweg  nur  einseitig  bebaut.  Zwischen  dem  nördlichen  Längs¬ 
flügel,  welcher  vorwiegend  die  Sitzungssäle  enthielt,  und  dem  zugehö¬ 
rigen  Flurgange  war  eine  Flucht  von  mittelbar  beleuchteten  Vor-  und 
Wartezimmern  angeordnet.  Bei  den  nachfolgenden  vier  Zwischen¬ 
entwürfen  ging  der  Verfasser  darauf  aus,  die  Aufgabe  mit  einem 
geringeren  Kostenaufwande  zu  lösen,  indem  er  den  Cubikinhalt  des 
Bauwerkes  durch  andere  Lagerung  der  Massen,  durch  neue  Ver¬ 
theilung  der  Stellen  und  Behörden  innerhalb  der  Geschosse,  durch 
doppelte  Bebauung  der  Flurgänge,  Verringerung  der  Stockwerks¬ 
höhen  usw.  zu  mäfsigen  suchte. 

Beim  ersten  Zwischenentwurf  wurde  der  Gruudrifs  unter 
Annahme  geringer  Risalitvorsprünge  auf  das  innerhalb  der  Grenzen 
mögliche  gröfste  Rechteck  ausgedehnt,  theilweis  eine  dojjpelte  Be¬ 
bauung  der  Flurgänge  angenommen  und  dadurch  an  Bauhöhe  wesent¬ 
lich  gespart.  Centralhalle  und  Kuppel  kamen  in  Wegfall,  statt 
ihrer  fand  ein  besonderer  Schwurgerichtseinbau  im  Hofe  seine  Stelle. 
Die  Baukosten  betrugen  rund  4000  000  Mark.  Die  Weitläufigkeit 
der  Anlage,  ihre  Unterbrechung  nach  der  Hauptquerachse,  der 


Mangel  an  Luft  und  Licht  waren  die  Hauptursachen,  welche  dazu 
zwangen,  von  einer  derartigen  Anordnung  Abstand  zu  nehmen. 

Der  zweite  Z  wischen  ent  wurf  griff  wiederum  zur  Bildung  dreier 
Höfe.  Die  Eckrisalite  nach  Norden  hin  wurden  so  weit  nach  vorn  ent¬ 
wickelt,  dafs  das  Bauwerk  an  dieser  Seite  flach  hufeisenförmig  ge¬ 
staltet  und  mit  einem  geräumigen  Vorgarten  versehen  war.  Es  ge¬ 
lang,  den  Programmforderungen  durch  drei  Hauptgeschosse  gerecht 
zu  werden.  Die  Bausumme  belief  sich  auf  4  700  000  Mark.  Da  in¬ 
dessen  auch  hier  noch  gegenüber  dem  ersten  Vorentwurfe  die  Grup- 
pirung  der  Stellen  und  Behörden  wenig  befriedigte,  da  es  ferner 
infolge  der  starken  Zusammendrängung  mancher  Gebäudetheile  an 
entsprechender  Beleuchtung  mangelte,  so  konnte  auch  dieser  Versuch 
nicht  zur  Grundlage  weiterer  Bearbeitung  gemacht  werden.  Das 
Justizministerium  verfügte,  dafs  bei  der  weiteren  Bearbeitung  der 
monumentale  Kuppelaufbau  und  die  Ministerwohnung  in  Wegfall 
kommen  und  die  doppelt  bebauten  Gänge  sowie  die  zwischen  den 
Gängen  und  den  Amtsräumen  eingeschalteten  Vor-  und  Warte¬ 
zimmer  grundsätzlich  vermieden  werden  sollten. 

Dies  geschah  denn  auch  bei  dem  dritten  Zwischenentwurf, 
indem  dort  einerseits  zu  der  Flügelbildung  und  Geschofsanzahl  des 
Vorentwurfes  gegriffen  wurde,  während  anderseits  das  Grundrifsmotiv 
des  zweiten  Zwischenentwurfes  als  Vorbild  diente.  Die  Baukosten 
beliefen  sich  auf  etwas  über  5  Millionen  Mark.  Die  Diensträume 
dieses  Entwurfes  wurden  hinsichtlich  ihrer  Lage  und  Gröfse  noch 
theilweise  beanstandet,  und  man  befürchtete,  dafs  aus  der  hufeisen¬ 
förmigen  Gestalt  des  Bauwerkes  der  Vorwurf  einer  ungenügenden 
Ausnützung  des  Bauplatzes  entspringen  könnte.  Das  Justizministerium 
verwarf  deshalb  auch  diesen  Versuch  und  kehrte  zum  Vorentwurfe 
zurück,  indem  es  gleichzeitig  verfügte,  dafs  dessen  Schema  auf  das 
gröfste  Rechteck  innerhalb  der  Bauplatzgrenzen  auszudehnen  sei. 
Das  Bedenken,  dafs  durch  eine  so  wesentliche  Vergröfserung  des 
Bauwerkes  auch  die  Bausumme  wieder  erheblich  vermehrt  werden 
würde,  trat  gegen  den  Wunsch  zurück,  etwas  zu  schaffen,  was  auf 
lange  Zeit  hinaus  dem  stark  anwachsenden  Bedürfnifs  der  Justiz¬ 
behörden  genügen  würde.  Die  Grundrifsstudien  des  vierten 
Zwischenentwurfes  fanden  am  13.  Juli  1889  die  Genehmigung 
Es  stellte  sich  heraus,  dafs  die  viergeschossige  Anlage,  wie  sie  schon 
im  Vorentwurfe  enthalten  war,  zumal  in  der  neuen  Ausdehnung 
weitaus  am  besten  dem  Programm  entspräche. 

Nunmehr  begann  die  Ausarbeitung  des  Bauentwurfes,  wofür 
ein  Zeitraum  von  vier  Monaten  festgesetzt  wurde.  An  der  Hand 
von  Studien  im  Mafsstabe  1  :  100  und  1  :  50  gelangten  die  Pläne  in 
1  :  200  zur  Auftragung.  Der  Bauentwurf  samt  ausführlichem  Kosten¬ 
anschlag,  welcher  den  Betrag  von  9  228  820  Mark  erreichte,  kam  am 
13.  November  1889  zur  Vorlage.  Bei  einer  überbauten  Fläche  von 
9038  qm  und  einem  Bauumfange  von  246  006,47  cbm  stellte  sich  das 
Cubikmeter  auf  37,51  Mark.  Der  Finanz- Ausschufs  der  Kammer 
zeigte  jedoch  keine  Geneigtheit,  auf  eine  Bausumme  von  solcher 
Höhe  einzugehen,  und  so  mufste  auch  dieser  Entwurf  die  ministerielle 
Ablehnung  erfahren,  obwohl  er  die  Ansprüche  der  Behörde  voll¬ 
kommen  befriedigt  hatte.  Mit  erneuter  Aufratfung  der  Kräfte  galt 
es  nun,  die  abgelehnte  Arbeit  zu  einem  zweiten  Bauentwurf  um¬ 
zuwandeln.  Die  Baukosten  sollten  5  000  000  Mark  nicht  wesentlich 
überschreiten.  Die  neue  Arbeit  samt  Anschlag  w'ar  innerhalb  zweier 
Monate  vorzulegen,  da  noch  während  der  tagenden  Session  sich  die 
Kammer  mit  der  Angelegenheit  befassen  sollte.  Am  einfachsten  wäre 
gewesen,  nichts  weiter  zu  thun  als  den  Mafsstab  an  den  Plänen  des 
ersten  Bauentwurfes  zu  ändern  und  dadurch  diejenige  Verkleinerung 
an  Bauinhalt  zu  erzielen,  welche  den  herabgedrückten  Kosten  ent¬ 
sprochen  haben  würde.  Doch  standen  einem  so  primitiven  Verfahren 
die  verschiedensten  Bedenken  entgegen.  In  erster  Linie  hätten  die 
Bodenflächen  der  Gelasse  nach  ihrer  Zweckbestimmung  eine  so 
wesentliche  Verkleinerung  nicht  vertragen.  Sodann  war  auch  zu 
erwägen,  dafs  unter  Belassung  der  Bauqualität  der  Einheitspreis 
eher  steigt,  wenn  der  Bauumfang  durch  Veränderung  des  Mafsstabes 
herabsinkt.  Es  blieb  daher  nichts  übrig,  als  gleichzeitig  die  Massen 
zu  verringern  und  die  constructive  und  decorative  Ausstattung  herab¬ 
zusetzen.  Zwischen  dem.  ersten  und  zweiten  Bauentwurf  ergaben 
sich  die  folgenden  Verhältnifszahlen:  Länge  und  Breite  wie  100  :  93, 
Höhe  wie  100 : 90,  überbaute  Fläche  wie  100 :  82,  Bauinhalt  wie 
100  :  75,  Preis  f.  d.  cbm  wie  100  :  79,  Bausumme  wie  100  :  65. 

Bei  der  Verkleinerung  des  Umrisses  verblieb  der  Schnittpunkt 
der  beiden  Hauptachsen  auf  dem  Bauplatz  in  seiner  ursprünglichen 
Lage.  Aus  diesem  Grunde  treten  die  Ecken  des  Gebäudes  nunmehr 
etwas  von  den  Platzgrenzen  zurück  (s.  Abb.  1).  Die  Diensträumlich¬ 
keiten  erfuhren  nur  wenig  Einschränkung,  da  Front-  und  Zwischen¬ 
mauern  geschwächt  und  die  Corridorbreiten  verringert  werden  konnten. 
Die  Ersparnisse  an  überbauter  Fläche  kamen  somit  hauptsächlich 
auf  Kosten  der  Vorräume  zu  Stande.  Abgesehen  von  der  allgemeinen 
Massen  Verminderung,  die  auf  diesem  Wege  zu  erreichen  war,  sind 
beim  zweiten  Bauentwurf  gegenüber  dem  ersten  auch  noch  folgende 


Kr.  46. 


Centralblatt  der  Bauverwaltang. 


467 


wesentlichen  Unterschiede  zu  verzeichnen:  Ursprünglich  waren  die 
Aufsenfronten  durchweg,  die  Architektur  der  Vorräume  und  Höfe 
theilweis  in  Haustein  angenommen.  Die  beiden  oberen  Stockwerke 
zeigten  durchweg  Pilaster-  und  Halbsäulen-Architektur.  Diese  wurde 
jetzt  nur  an  den  Mitteltheilen  und  Eckrisaliten  aufrecht  erhalten. 
Die  Rücklagen  aber  erhielten  in  der  oberen  Frontenhälfte  überall 
verputzte  Flächen,  und  nur  für  die  Gesimse  und  Fenstereinrahmungen 
wurde  Haustein  in  Aussicht  genommen.  Auch  an  den  Attiken  und 
im  Innern  mufste  der  Haustein  bis  auf  die  der  Beschädigung  am 
meisten  ausgesetzten  Theile  aufgegeben  werden.  So  liefs  sich  an 
den  Steinmetzarbeiten  eine  bedeutende  Ersparung  machen.  Die 
Maurerarbeiten  konnten  nicht  in  gleichem  Mafse  herabgesetzt  werden. 
Am  bildnerischen  Schmuck  wurden  etwa  300  000  Mark,  d.  h.  etwa  drei 
Viertel  der  ursprünglichen  Summe  gestrichen.  Die  elektrische  Be¬ 
leuchtung  kam  in  Wegfall;  anstatt  der  aus  Elsen  mit  Auswölbung 
hergestellten  Fufsböden  wurde  Holzgebälk  angenommen.  Im  übrigen 
waren  es  vorwiegend  die  Arbeiten  der  inneren  Ausstattung,  bei  wel¬ 
chen  die  Ausgaben  herabzudrücken  waren. 

Im  Februar  1890  gelangte  dieser  zweite  Bauentwurf  nebst  Kosten¬ 
anschlag  zur  Vorlage.  Die  überbaute  Fläche  betrug  7431  qm,  der 
Gebäudeinhalt  stellte  sich  bei  einer  durchschnittlichen  Hauptgesims¬ 
höhenlage  von  24,7  m  über  Bürgersteig  auf  183  711  cbm  und  die 
Kosten  auf  5  456  220  Mark,  wonach  der  Einheitspreis  f.  d.  cbm 
29,7  Mark  betrug.  Die  Oberste  Königliche  Baubehörde,  welcher 
Entwurf  und  Anschlag  zur  Prüfung  vorgelegt  wurden,  sah  sich  ver- 
anlafst,  verschiedene  Constructions-  und  Preis-Aufbesserungen  vorzu¬ 
nehmen  und  setzte  als  Bausumme  5  520  000  Mark  an.  Das  Justiz¬ 
ministerium  hielt  es  für  angezeigt,  auch  in  der  Ausstattung  des 
Innern  noch  etwas  mehr  zu  thun,  indem  es  aus  einem  vom  Unter¬ 
zeichneten  nachgelieferten  Ergänzungs-Anschläge  verschiedene  Posten 
herübernahm,  und  es  erhöhte  sich  somit  der  Anschlag  auf  5  632  000 
Mark.  Mit  diesem  Kostenansatz  kam  der  zweite  Bauentwurf  vor  die 
Kammer. 

In  einer  Denkschrift,  welche  den  amtlichen  Acten  zur  Mit¬ 
theilung  an  die  Abgeordneten  beigegeben  wurde,  war  der  Verfasser 
bemüht,  den  Entwicklungsgang  der  Arbeit,  das  Verhältnifs  der 
Entwürfe  unter  sich  und  anderen  ausgeführten  oder  in  Ausführung 
begriffenen  Monumentalbauten  gegenüber  klar  zu  legen.  Aufserdem 
hatte  der  Verfasser  Gelegenheit,  persönlich  in  den  vorberathenden 
Sitzungen  des  Finanzausschusses  der  Abgeordneten-Kammer  tech¬ 
nische  Erläuterungen  abzugeben.  Diese  wirkten  beruhigend  gegen¬ 
über  der  verbreiteten  Sorge,  es  möchten  bei  diesem  Bau,  ähnlich  wie 


bei  der  neuen  Münchener  Akademie  der  bildenden  Künste,  unliebsame 
Kostenüberschreitungen  erfolgen.  Es  brach  sich  sogar  die  Ueber- 
zeugung  Bahn,  dafs  bei  Annahme  der  zuletzt  genannten  Kosten¬ 
summe  dennoch  in  verschiedener  Hinsicht  allzusehr  gespart  worden 
sei.  Man  entschlofs  sich  daher,  die  zu  einer  durchgehenden  Her¬ 
stellung  der  Fronten  in  Haustein,  zur  Construction  der  Decken  in 
Eisen  und  Stein  sowie  zur  Anlage  einer  elektrischen  Beleuchtung 
des  Hauses  erforderlichen  Mittel  hinzuzufügen,  dagegen  den  Betrag 
für  Gasleitung  abzuwerfen.  Die  Mittelgewährung  für  die  vollständige 
Einrichtung  der  elektrischen  Beleuchtung  wurde  Vorbehalten  und 
von  dem  zukünftigen  Entwicklungsgänge  dieser  Beleuchtungsart  in 
München  abhängig  gemacht.  So  wurden  die  Kosten  durch  Beschlufs 
des  Finanzausschusses  auf  5  990000  gehoben  und  in  dieser  Höhe 
auch  ohne  längere  Erörterung  in  der  unterm  23.  April  dieses  Jahres 
stattgehabten  Plenarsitzung  der  Kammer,  ebenso  auch  von  der 
Kammer  der  Reichsräthe  angenommen.  Der  Einheitspreis  für  den 
Rauminhalt  des  Bauwerkes  stellt  sich  hiernach  nunmehr  auf  rund 
30  Mark. 

Bei  den  geringen  Erwartungen,  wie  sie  angesichts  der  politischen 
Lage  bestanden,  durfte  man  dieses  Ergebnifs  als  verhältnifsmäfsig 
günstig  bezeichnen.  Doch  ist  darauf  hinzuweisen,  dafs  immerhin 
noch  der  Abstand  von  den  Kosten  des  ersten  Bauentwurfes  etwa 
drei  Millionen  beträgt,  und  dafs  selbst  der  zweite  Bauentwurf  die 
Summe  von  rund  sieben  Millionen  Mark  erfordert  haben  würde,  wenn 
man  ihn  in  der  gewifs  nicht  übertriebenen  Ausstattung  des  ersten 
Bauentwurfes  hätte  zur  Ausführung  bringen  wollen.  Für  die  Wieder¬ 
aufnahme  des  bildnerischen  Schmuckes  hatte  sich  niemand  öffentlich 
erwärmt;  immerhin  darf  die  Hoffnung  aufrecht  erhalten  werden,  dafs 
der  nächste  Landtag  sich  den  Fragen  der  künstlerischen  Ausstattung 
wohlwollender  gegenüberstellen  wird.  Es  dui-fte  den  Verfasser  mit 
einer  gewissen  Genugthuung  erfüllen,  dafs  das  Endergebnifs  der  zwei¬ 
jährigen  Entwurfsarbeiten  ziemlich  genau  auf  seinen  im  Vorentwurf 
enthaltenen  Vorschlag  zurückkam.  Nicht  nur,  dafs  sich  die  Gesamt¬ 
anlage  des  Bauwerkes  im  Vorentwurfe  und  in  dem  zweiten  Bauent¬ 
würfe  sehr  ähnlich  sehen,  es  war  auch  damals  schon  die  Bausumme 
auf  rund  sechs  Millionen  Mark  beziffert  worden.  Würde  der  Ver¬ 
fasser  zu  der  Zeit,  als  er  den  Vorentwurf  übergab,  bei  den  mafs- 
gebenden  Stellen  das  nothwendige  Vertrauen  und  ein  entschiedenes 
Vorgehen  gefunden  haben,  so  würde  diesen  wie  ihm  selbst  die  lange 
qualvolle  Zeit  des  Versuchens  erspart  und  der  Verwirklichung  des 
Bauwerkes  eine  unschätzbar  werthvolle  Zeit  der  praktischen  Vor¬ 
bereitung  gewonnen  worden  sein.  (Schlufs  folgt.) 


Neue  städtische  Strafsenunterführungen  heim  Umhau  der  Bahnanlagen  in  Köln 


Da  bei  dem  Umbau  der  Kölner  Bahnanlagen  durch  Hochlegung 
sämtlicher  in  Köln  einlaufenden  Bahnlinien  die  Beseitigung  der 
bestehenden  Schienenübergänge  im  Bereiche  der  Altstadt  sowohl 
als  auch  im  erweiterten  Stadtgebiete  bezweckt  wird,  so  fällt  ein 
nicht  unbeträchtlicher  Theil  der  zu  lösenden  Aufgaben  auf  den  Bau 
neuer  Strafsenunterführungen  (im  ganzen  18).  Die  Gesichtspunkte, 
welche  dabei  leitend  waren,  sowie  die  allgemeinen  und  besonderen 
constructiven  Anordnungen  sollen,  soweit  ihnen  ein  allgemeineres 
Interesse  innewohnt,  im  folgenden  näher  dargelegt  werden. 

Höhenverhältnisse.  Da  die  Schienenhöhe  für  den  neuen 
Centralbahnhof  insoweit  von  der  Höhenlage  der  Schienen  auf  der 
bestehenden  Rheinbrücke  abhängig  war,  als  die  Bahnhofshöhe 
ohne  zu  starke  Steigung  von  der  Mitte  der  Brücke  aus  erreicht 
werden  mufste,  so  war  dadurch  die  Höhenlage  des  neuen  Central¬ 
bahnhofes  und  damit  zugleich  die  Höhenlage  der  anschliefsenden 
Strecken  in  ziemlich  engen  Grenzen  festgelegt.  Unter  Zulassung 
einer  Steigung  von  1  :  275,  welche  bei  Ord.  53,41  auf  der  Mitte 
der  festen  Rheinbrücke  beginnt,  an  welche  sich  die  Steigung  von 
1  : 400  durch  den  ganzen  Centralbahnhof  hindurch,  auf  756  m  Länge, 
anschliefst,  wird  die  Schienenhöhe  für  den  eisernen  Ueberbau  über 
den  Eigelstein,  die  wichtigste  hinter  dem  Centralbahnhof  zu 
kreuzende  Strafse,  auf  Ord. -j- 55,68  erreicht.  Da  der  gegenwärtig 
bestehende  Schienenüberweg  am  Eigelstein  auf  Ord.  -j-  51,84  liegt, 
so  ergiebt  sich  hieraus  die  Schwierigkeit  der  Höhenverhältnisse 
welche  einestheils  bei  dieser  äufserst  verkehrsreichen  Strafse  zu 
einer  Senkung  der  Strafsendecke  um  1,72  m  bis  auf  Ord.  50,12  mit 
beiderseitigen  Rampen  von  1 : 40  auf  86,8  bezw.  60  m  Länge  zwingt, 
anderseits  bei  dem  eisernen  Ueberbau  die  äufserste  Beschränkung 
der  Constructionshöhe  erforderlich  macht.  Dieser  verhältnifsmäfsig 
geringe  Höhenunterschied  von  rund  5,50  m  zwischen  Schienenhöhe  und 
Strafsenkrone  liegt  wie  beim  Eigelstein  so  auch  bei  fast  sämtlichen 
übrigen  Strafsenunterführungen  vor  und  macht  demgemäfs  die  An¬ 
wendung  knappster  Constructionshöhe  fast  durchweg  erforderlich, 
um  den  Strafsen  im  allgemeinen  eine  freie  Lichthöhe  über  der  Mitte 
von  4,40  m  zu  belassen. 


So  finden  sich  denn  unter  den  sämtlichen  Unterführungen  der 
Alt-  und  Neustadt  nur  zwei,  bei  welchen  eine  Ausführung  mittels 
gewölbter  Construction  möglich  war:  die  Unterführung  der  Eintracht- 
Strafse  und  der  Plankgasse,  erstere  13  m,  letztere  9,50  m  weit. 
Die  Stärke  der  Gewölbe  im  Scheitel  beträgt  0,64  bezw.  0,51  m,  wobei 
eine  Kiesdecke  von  0,52  m  Stärke  bis  zur  Höhe  von  Schienenunter¬ 
kante  angeordnet  ist. 

Alle  übrigen  Unterführungen  zeigen  die  Anwendung  von  eiser¬ 
nen  Ueberbauten,  und  es  wurde  hierbei  eine  freie  Höhe  über  dem 
Strafsenpflaster  von  4,40  m  im  allgemeinen  auf  eine  Breite  von  4  m 
zu  beiden  Seiten  der  Strafsenachse  für  erforderlich  erachtet.  Nur 
in  einigen  wenigen  Fällen  konnte  dieses  Mafs  aus  anderweitigen 
zwingenden  Gründen  nicht  eingehalten  werden.  Die  knappsten 
Höhenverhältnisse  weist  die  Unterführung  der  Gladbacher  Strafse 
unter  den  Gütergeleisen  und  des  Eigelsteins  mit  Einschränkung  des 
vorgedachten  Mafses  auf  3,98  m  bezw.  auf  4,20  m  auf.  Bei  der 
Unterführung  der  Luxemburger  Strafse  liefs  sich  das  in  Rede  stehende 
Mafs  noch  auf  4,27  m  bringen. 

Bei  den  in  den  meisten  Fällen  zur  Anwendung  gebrachten 
Bogenconstructionen  ergab  sich  für  die  Strafsenmitte  eine  etwas 
reichlichere  Lichthöhe,  bei  den  verschiedenen  Strafsen  schwankend 
von  4,42  bis  4,87  m.  Bei  erheblicheren  Lichtweiten  der  Strafsen 
kommt  auch  die  Kämpferhöhe  noch  in  Frage,  indem  die  freie  Höhe 
über  dem  Bürgersteig  in  der  Ebene  der  Bauflucht  gemessen  unter 
ein  bestimmtes  Mindestmafs  nicht  heruntergehen  darf;  dadurch 
werden  in  einigen  Fällen  sehr  niedrige  Pfeilverhältnisse  für  den 
Tragebogen  bedingt.  Für  dieses  letztgenannte  Mafs  wurde  ein 
Grenzwerth  von  2,20  m  noch  zugelassen  und  es  ergaben  sich  daraus 
die  äufserst  knappen  Pfeilverhältnisse  von  1  :  9,50  für  die  Unter¬ 
führung  der  20  m  breiten  Venloer  Strafse  und  von  1  : 11,18  für  den 
südöstlichen  Stirnträger  der  Unterführung  des  15,50  m  breiten  Eigel¬ 
steins,  welcher  wegen  der  schiefwinkligen  Kreuzung  mit  der  Strafse 
(40°  51')  eine  Stützweite  von  24,60  m  erhalten  mufste. 

Kreuzungs Winkel.  Bezüglich  der  Grundrifsanordnung  kommt 
die  äufserste  Mannigfaltigkeit  zur  Anwendung,  da  die  Bahnachse  die 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


15.  November  1890. 


Strafseiiriclitnugeu  nur  in  einem  Falle,  bei  der  Maastrichter  Strafse, 
rechtwinklig,  im  übrigen  aber  unter  mehr  oder  weniger  spitzen 
Winkeln  schneidet.  Die  ungünstigste  Kreuzung  unter  35°  41'/2' 
zeigt  die  Unterführung  der  Salzmagazin -Strafse;  nächstdem  ist  der 
südöstliche  Stirnträger  der  Unterfülirung  des  Eigelsteins  mit  einem 
Winkel  von  40°  51',  die  Unterführung  der  Wallstrafse  im  Bingcner 
Geleisdurchbrach  durch  die  neue  Umwallung  mit  50°  zu  erwähnen. 

Allgemeine  Bedingungen.  Für  sämtliche  Strafsenunter- 
führungen  war  durch  den  Vertrag  zwischen  der  Stadt  Köln  und  der 
Staats  -  Eisenbahnverwaltung  allgemein  als  wünschenswerth  vorge¬ 
schrieben,  dafs  die  Fahrb.ahn  über  den  Strafsentlächen  eine  möglichst 
wasserdichte  Abdeckung  erhalten  solle.  Um  diese  Forderung  im 
weitestgehenden  Mafse  zu  erfüllen,  w'urde  zu  der  Anordnung  \on 
Buckelplatten  gegriffen,  welche  auf  das  Fahrbahngerippe  der  eisernen 
Längs-  und  Querträger  mit  enger  Nietung 
genietet  und  zur  Aufnahme  des  Oberbaues 
mit  Kies  verfällt  werden.  Die  Anordnung 
dieses  wasserdichten  durchgehenden 
Belages  von  Buckelblecheu  gew'ährt  aufser- 
dem  den  für  den  Betrieb  nicht  hoch 
genug  anzuschlagenden  Vortheil,  dafs  der 
Überbau  beliebig  in  jeder  Anordnung 
unabhängig  von  der  Brücke  durchge¬ 
führt  werden  kann.  Die  Stöfse  werden 
durch  das  Kiesbett  in  erheblich  gemilderter  Weise  auf  den 
Ueberbau  übertragen,  das  lästige  Klirren  und  Kauschen,  welches 
sonst  beim  Befahren  eiserner  Brücken  sich  geltend  macht,  wird  voll¬ 
ständig  gedämpft,  was  für  den  Strafsen-  und  Fuhrwerksverkehr  eine 
erhebliche  Eideichterung  ergiebt;  mit  Rücksicht  auf  etwaige  Ver¬ 
schiebungen  in  der  Geleislage,  Einlegen  von  Weichen  oder  Kreuzungen, 
bei  der  Nähe  der  Stationen,  bietet  die  durchgehende  Buckelplatten¬ 
haut  ebenfalls  grofse  Vortheile.  Es  verdient  hervorgehoben  zu  wer¬ 
den,  dafs  aus  Betriebsrücksichten  diese  Anordnung  auch  bei 
kleinen  Bauwerken  da  zur  Anwendung  ge¬ 
bracht  werden  sollte,  wo  die  Wasserdichtig¬ 
keit  der  Fahrbahn  nebensächlich  ist,  wo  da¬ 
gegen  die  Befestigung  der  Schienen  oder 
Schwellen  unmittelbar  auf  den  eisernen  Fahr¬ 
bahn-  oder  Hauptträgern,  infolge  der  Er¬ 
schütterungen  und  des  Wände  r  ns  der 
Schienen,  zu  fortwährenden  Ausbesserungs¬ 
arbeiten  an  den  Auflagern  und  den  Mauer¬ 
werkanschlüssen  zwingt.  Die  etwas  höheren 
Kosten  des  Buckelblechbelages  werden  sich 
hier  durch  die  Ermäfsigung  der  Unterhaltungs¬ 
kosten  reichlich  bezahlt  machen.  Mit  Rück¬ 
sicht  auf  die  Mög¬ 
lichkeit  von  Ge¬ 
leisveränderungen 
wurden  bei  allen 
Brücken ,  welche 
nicht  auf  der 
freien  Strecke  lie¬ 
gen,  die  Haupt¬ 
träger  so  berech¬ 
net,  dafs  sie  der 
ungünstigsten  Be¬ 
anspruchung,  wel¬ 
che  nach  Anord¬ 
nung  der  Quercon- 
struction  über¬ 
haupt  möglich  ist,  gewachsen  sind;  die  Fahrbahnträger  wurden 
ebenfalls  für  die  ungünstigste  Belastung,  welche  überhaupt  eintreten 
kann,  berechnet  und  bemessen. 

Die  Breite  aller  Brücken  ist  so  bemessen,  dafs  neben  der 
gesetzlichen  Umgrenzungslinie  des  lichten  Raumes  der  äufseren 
Geleise  zwischen  den  benachbarten  Geländerfluchten  überall  ein 
Raum  von  50  cm  verbleibt.  Von  diesem  Grundsatz  ist  nur  aus 
zwingenden  Gründen  abgewichen  worden.  Auch  sind  die  Pfeiler  der 
Unterführungen  im  allgemeinen  so  weit  verlängert  worden,  dafs 
neben  dem  Geländer  noch  Platz  für  einen  massiven  Brüstungspfeiler 
verbleibt,  welcher  zum  architektonischen  Abschlufs  der  Geländer 
mit  Rücksicht  auf  die  Lage  einzelner  Brücken  an  bevorzugten  öffent¬ 
lichen  Strafsen  wünschenswerth  erscheint. 

Bogenconstructionen.  Um  eine  möglichst  befriedigende 
ästhetische  Wirkung  zu  erzielen,  wurden  fast  ausschliefslich 
bogenförmige  Constructionen  zur  Anwendung  gebracht  und  die 
höheren  Kosten  des  Mauerwerks  dabei  nicht  gescheut.  Dabei  wurden 
insbesondere  die  stabförmigen  elastischen  Bogenbalkenträger,  wo 
die  Höhenverhältnisse  es  irgend  gestatteten,  den  Bogenfach  werks- 
trägern  vorgezogen,  welche  letztere  wegen  der  verschieden  geneigten 


Stellung  der  Diagonalen  besonders  bei  kleineren  Stützweiten  ästhetisch 
weniger  günstig  wirken,  dagegen  die  Anwendung  einer  noch  ge¬ 
ringeren  Constructionshöhe  im  Scheitel  als  die  Bogenbalkenträger 
ermöglichen.  Aufserdem  gestatten  die  Bogenfachwerksträger  die 
Einspannung  der  Querträger  in  einfachster  Weise  zwischen  den 
oberen  geraden  Streckgurt,  wodurch  eine  weitere  Ersparnifs  an 
Constructionshöhe  von  2G — 30  cm  erzielt  werden  kann.  Von  dieser 
Anordnung  wurde  mit  Vortheil  bei  den  in  den  Höhen  besonders 
beschränkten  Unterführungen  der  Gladbacher  und  Luxemburger 
Strafse  Gebrauch  gemacht  und  damit  die  gesamte  Constructionshöhe 
des  Bogens  bei  den  genannten  Brücken  von  15  bezw.  20  m  Licht¬ 
weite  auf  das  äufserst  knappe  Mafs  von  35  bezw.  37  cm  im  Scheitel 
beschränkt.  Die  Bogenträger  sind  durchweg  mit  zwei  Kämpfer¬ 
gelenken,  jedoch  ohne  Scheitelgelenk  versehen;  der  Fortfall  des 
letzteren  läfst  eine  gröfsere  Gleichmäfsig- 
keit  in  den  Querschnittsgröfsen  der  ein¬ 
zelnen  Bogenfelder  erzielen  und  ergiebt 
im  ganzen  sogar  eine  Verringerung  des 
Gewichts;  auch  für  die  Anordnung  der 
wasserdichten  Fahrbahn  werden  dui'ch  den 
Fortfall  der  Theilung  im  Scheitel  erheb¬ 
liche  Vereinfachungen  erzielt.  Demgegen¬ 
über  müssen  allerdings  die  Temperatur¬ 
spannungen  von  dem  Bogenträger  auf- 
genommen  werden,  diese  sind  jedoch  im  Vergleich  mit  den  dynami¬ 
schen  Beanspruchungen  durch  die  schnellfahrenden  Züge  als  sehr 
unerheblich  zu  bezeichnen  und  werden  bei  der  Querschnittsbemessung 
durch  Anwendung  hoher  Spannungszahlen  für  die  zulässige  In¬ 
anspruchnahme  nach  dem  ihnen  zukommenden  Mafse  berücksichtigt. 

Es  verdient  noch  erwähnt  zu  werden,  dafs  der  untere  bogen¬ 
förmige  Gurt  der  Bogenfachwerksti'äger  nicht  als  durchlaufender 
Bogen,  sondern  als  ein  aus  geraden  Stücken  zusammengesetzter,  in 
den  Knotenpunkten  geknickter,  polygonaler  Gurt  der  statischen 
Berechnung  entsprechend  ausgeführt  ist.  Die 
aus  ästhetischen  Rücksichten  bisweilen  ange¬ 
wandte  Bogenform  bedingt  nicht  unbeträcht¬ 
liche  Gewichtszuschläge  wegen  der  ein¬ 

tretenden  (excentrischen)  Biegungsbeanspru¬ 
chung  der  Stabtheile;  es  bleibt  zu  beachten, 
dafs  der  geknickte  Untergurt  im  ganzen  für 
das  Auge  doch  wie  ein  Bogen  wirkt,  mit  Aus¬ 
nahme  der  mittleren  Felder  nahe  dem  Scheitel, 
welche  mit  dem  Obergurt  auf  einer  gemein¬ 
schaftlichen  Blechwand  vereinigt  sind.  Bei 
diesem  mittleren  Theil  erkennt  das  empflnd- 
liche  Auge  durch  den  Gegensatz  zu  der 

oberen  wagerech¬ 
ten  Begrenzung 
sehr  leicht  die 
Knicke  und  em- 
pflndet  den  Man¬ 
gel  des  Bogens; 
es  ist  daher  für 
diese  mittleren 
Felder  die  untere 
Begrenzung  bo¬ 
genförmig  aus 
geführt  (vergl.  die 
in  den  Höhen  ver¬ 
zerrte  Abb.  1), 
was  ja  bei  der  An¬ 
wendung  eines  durchgehenden  Stehbleches  ohne  jede  Gewichtszu¬ 
gabe  und  Erschwerung  der  Arbeit  möglich  ist. 

Gerade  Träger  mit  Zwischenstützen.  Gerade  Träger  sind 
verwendet,  wo  ästhetische  Rücksichten  weniger  in  Frage  kamen,  wo 
Zwischenstützen  in  Anbetracht  des  weniger  lebhaften  Strafsenverkehrs 
für  zulässig  gehalten  wurden  oder  wo  die  Stützweiten  mit  Rücksicht 
auf  das  flache  Pfeilverhältnifs  für  Bogenträger  zu  grofs  wurden. 
Bei  Anwendung  der  Zwischenstützen  wurde  die  Anordnung  der 
durchgehenden  (continuirlichen)  Träger  grundsätzlich  ver¬ 
mieden,  weil  es  kaum  möglich  erscheint,  die  Höhenlage  der  Säulen 
mit  der  hierfür  erforderlichen  Genauigkeit  sicherzustellen,  weil  aber 
bei  Veränderung  in  der  Höhenlage  der  Zwischenstützpunkte  be¬ 
kanntlich  sehr  ungünstige  Aenderuugen  in  der  Beanspruchung  der 
Träger  entstehen.  Auch  würden  bei  den  durch  die  Breite  der 
Bürgersteige  meist  gegebenen  ungünstigen  Verhältnissen  der  Seiten- 
öflfnungen  gegen  das  Mittelfeld  Verankerungen  der  Endauflager 
gegen  aufwärts  gerichtete  (negative)  Stützendrucke  in  den  meisten 
Fällen  noth wendig  sein;  mit  diesen  Verankerungen  aber  sind  vielfach 
recht  ungünstige  Erfahrungen  gemacht  worden,  indem  dieselben 
durch  die  allmählich  entstehenden  kleinen  Spielräume  beim  Befahren 


Abb.  1. 


I  iii  1 — r 


1  'I  i 

1a  km 

( -  ^,0  . ■* -  8,0  - * .  4,0  — > 

Abb.  2.  Unterführung  der  Maybach -Strafse 
(früher  sog.  Parallel -Strafse). 


Nr.  46. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


469 


der  Brücken  eine  hämmernde  Wirkung  auf  die  Eudpfeiler  ausüben 
und  dadurch  das  Mauerwerk  daselbst  verhältnifsmäfsig  rasch  zer¬ 
stören,  auch  infolge  eintretender  Dehnungen  ihren  Zweck  nicht  mehr 
voll  erfüllen. 

Alle  diese  Mängel  werden  vollständig  beseitigt  bei  der  Anord¬ 
nung  gerader  Träger  auf  Zwischenstützen  mit  überhängenden 
(consolartigen)  Enden  und  frei  eingehängten  Mittel-  oder  Seiten¬ 
trägern.  Bei  der  zumeist  vorkommenden  Dreitheilung  der  zu  über¬ 
brückenden  Gesamtöffnung  kommen  die  Anordnungen  nach  den  Ab¬ 
bildungen  2  und  3  in  Betracht;  die  erstere  ist  anzuwenden,  wenn  die 
Seitenöffnungen  erheblich  kleiner  als  das  Mittelfeld  sind,  während 
bei  gleicher  Breite  der  mittleren  und  seitlichen  Felder,  oder  wenn 
die  letzteren  überwiegen,  die  zweite  Anordnung  Platz  greift,  bei 


welcher  alsdann  eine  Verankerung  auf  den  äufscren  Endpyfeilern 
ebenfalls  nicht  erforderlich  wird. 

Beide  vorbezeichneten  Formen  sind  mit  den  in  den  betreffenden 
Abbildungen  angegebenen  Mafsen  zur  Ausführung  gekommen:  die 
erste  bei  dem  Ueberbau  über  die  Maybach-  (früher  sog.  Parallel-) 
Strafse;  die  letztere  bei  der  Ueberbrückung  des  Hansa-Ilinges,  wobei 
allerdings  aus  Schönheitsrücksichten  der  Untergurt  der  drei  Felder 
bogenförmig  begrenzt  wurde  (vergl.  Abb.  3).  Es  entsprach  dies 
zugleich  einer  seitens  der  städtischen  Verwaltung  gestellten  Forde¬ 
rung  hinsichtlich  der  Umrifslinie  des  eisernen  Ueberbaues,  bei 
welchem  gemauerte  Zwischenstützen  auf  der  breiten  Mittelpromenade 
nicht  für  zulässig  erachtet  worden  waren. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Selbstanzeigende  Hocli- 

Im  Anschlufs  an  die  auf  Seite  6  in  Nr.  1  dieses  Jahrganges  ge¬ 
brachte  Mittheilung  über  einen  selbstzeichnenden  Hoch-  und  Niedrig- 
•\vasser-Pegel  mögen  hier  noch  einige  andere  derartige  Einrichtungen, 
welche  in  Holland  gebräuchlich  sind  und  sich  durch  grofse  Einfachheit 
auszeichnen,  Erwähnung  finden.  Wir  folgen  dabei  der  Tijdschrift 
van  het  Koninkl.  Instituut  van  Ingenieurs  vom  5.  März  d.  J. 

Die  schwierige  Beobachtung  des  höchsten  Wasserstandes  bei 
Sturmfluthen,  namentlich  wenn  diese  des  Nachts  eintreffen,  hat  Ver- 


und  Niedrigwasser -Pegel. 

von  einem  wasserdichten  Bohre  eingeschlossen  und  mit  dem  Schwim¬ 
mer  durch  eine  kupferne  Kette  verbunden  ist,  im  Gleichgewicht 
gehalten. 

Um  nun  nicht  allein  die  Höhe,  sondern  auch  die  Zeit  von  Hoch- 
und  Niedrigwasser  anzuzeigen,  hat  man  die  zuletzt  beschriebene  Ein¬ 
richtung  noch  mit  drei  kleinen  Uhren  versehen.  (Abb.  5  und  6.)  Auf 
der  Achse  a,  welche  von  dem  Schwimmer  bewegt  wird,  ist  ein  Bad 
mit  ungefähr  70  Zähnen  befestigt,  in  welches  ein  Hebel  Ä  A'  mit  nur 


Abb.  1.  Abb.  2. 
Hochwasserpegel. 


Abb.  3.  Abb.  4. 

Selbstanzeigender  Hoch-  und 
Niedrigwasserpegel. 


Abb.  5. 

Selbstanzeigender  Hoch-  und  Niedrigwasserpegel  mit  Zeit¬ 
bestimmung. 


anlassung  gegeben,  zur  Angabe  dieser  Höhe  einfache  Einrichtungen 
herzustellen,  ohne  dazu  der  kostspieligen  Anlage  von  selbstzeichnenden 
Pegeln  zu  bedürfen.  Abb.  1  und  2  stellen  eine  solche  in  verschiedenen 
Poldern  der  Provinz  Zeeland  gebrauchte  Einrichtung  dar.  In  einem 
aus  zwei  Theilen  bestehenden  hölzernen  hohlen  Pegel  bewegt  sich 
ein  Schwimmer  mit  Gegengewicht,  an  einer  kupfernen  Kette  hängend, 
welche  um  eine  Bolle  mit  Sperrrad  läuft.  Eine  Sperrklinke  hält  dieses 
Bad  und  damit  den  Schwimmer  bei  dem  höchsten  Wasserstande  fest. 
Der  Pegel  wird  alsdann  geöffnet  und  nach  Ablesung  der  Schwimmer 
wieder  auf  das  Wasser  niedergelassen. 

Eine  andere  sehr  einfache  Einrichtung  zum  Anzeigen  des  Hoch- 
Tind  Niedrigwassers  zeigen  Abb.  3  und  4.  Die  Bewegung  des 
Schwimmers  in  einem  25  cm  zu  25  cm  weiten  und  mit  einer  kleinen 
Oeffnung  im  Boden  versehenen  hölzernen  hohlen  Pegel  wird  dabei 
durch  Bäder  einem  feiger  mitgetheilt.  Dieser  Zeiger  schiebt  bei 
seiner  Bewegung  in  der  einen  oder  anderen  Bicbtung  mittels  zweier 
Stifte  einen  der  beiden  verstellbaren  Zeiger,  welche  auf  derselben 
Achse  befestigt  sind,  voraus.  Bei  dem  Zurückgang  werden  die  festen 
Zeiger  nicht  mehr  mitgenommen,  und  kann  somit  auf  dem  Zifferblatte 
der  höchste  und  niedrigste  W asserstand  abgelesen  werden.  Der 
kupferne  Schwimmer  wird  von  einem  Gegengewicht  aus  Zink,  welches 


einem  Zahne  greift.  An  den  Enden  dieses  Hebels  sind  die  Gewichte 
y  und  aufgehängt,  welche  den  Druck  des  Zahnes  auf  das  Bad 
sichern.  Letzteres  läuft  ungestört  durch  und  hat  allein  die  durch 
den  Druck  des  Zahnes  verursachte  Beibung  zu  überwinden.  Die 
Enden  des  Hebels  sind  durch  Ketten  mit  einem  zweiten  Hebel  H H‘ 
verbunden,  an  welchem  die  Gewichte  G  und  G‘  hängen.  Diese 
drücken  abwechselnd  auf  eine  Feder,  welche  dadurch  mit  der  Unruhe 
des  Uhrwerkes  in  Berührung  kommt  und  dieses  zum  Stillstand  bringt. 
Sobald  der  Schwimmer  sich  in  entgegengesetzter  Bicbtung  bewegt, 
dreht  das  Bad  ebenfalls  in  umgekehrter  Bicbtung  und  nimmt  den 
Zahn  mit;  der  Stand  der  beiden  Hebel  verändert  sich,  eine  von  den 
Uhren  wird  zum  Stillstand  gebracht  und  zeigt  somit  die  Zeit  von 
Hoch-  oder  Niedrigwasser  an.  Die  dritte  Uhr  dient  allein  der  ge¬ 
wöhnlichen  Zeitangabe,  nach  welcher  die  anderen  Uhren  gestellt 
werden.  Ist  z.  B.  die  Höhe  und  die  Zeit  von  Hochwasser  nach  der 
stillstehenden  Uhr  aufgenommen,  so  wird  die  dann  gehende  Uhr  für 
die  Beobachtung  des  folgenden  Niedrigwassers  nach  der  richtigen 
Zeit  gestellt. 

Die  Einrichtung  mufs  über  dem  höchsten  Wasserstand  gehörig 
befestigt  werden,  während  die  Oeffnung  in  dem  Pegel  tief  genug 
hinunterreichen  mufs,  damit  der  Einflufs  der  Dünung  sich  nicht  geltend 


470 


Centralblatt  der  Bauverwaltung; 


15.  November  1890. 


machen  kann.  In  der  Eegel  erfolgt  die  Befestigung  daher  an  tief 
genug  reichenden  Schleusenmauern  oder  dergleichen.  Die  Einrich¬ 
tungen  haben  gegenüber  den  gewöhnlichen  Pegeln  folgende  Vortheile: 
1.  die  Beobachtung  kann  unabhängig  von  Dünung  oder  Wellen¬ 
schlag  erfolgen; 


2.  der  Beobachter  braucht  nicht  im  Augenblicke  des  Hoch-  oder 
Niedrigwassers  anwesend  zu  sein  und  braucht  sich  nur  kurze 
Zeit  beim  Pegel  aufzuhalten; 

3.  es  ist  stets  eine  Yergleichsprüfung  möglich.  v.  H. 


Die  Flöfsereianlagen  im  Gllommeii  unterhalb  des  Sarpsfos  bei  Greaker  in  Jforwegen 


Die  in  den  AYäldern  Oesterdalens  gefällten  Hölzer  werden  den 
Glommen  hinab  meist  in  wilder  Flöfserei  befördert.  Der  Glommen 
bildet  in  der  Nähe  von  Sarpsborg  den  Sarpsfos,  einen  etwa  23  m 
hohen  Wasserfall, 
und  hat  unterhalb 
des  Falles  auf  dem 
rechten  Ufer  eine 
Stromerweiterung, 
in  welcher  durch 
das  ziemlich  stark 
strömende  ^Yasser 
eine  Kreisströmung 
erzeugt  wird.  Die 
den  Strom  hinab¬ 
treibenden  Stämme 
hatte  man  früher 
vollständig  sich 
selbst  überlassen ; 
sie  stürzten  mit 
grofser  Geschwin¬ 
digkeit  über  die 
Felsen,  erlitten  dort 
nicht  unerhebliche 
Beschädigungen 
und  wurden  unter¬ 
halb  des  Falles 
zum  Theil  mit  in 
die  Kreisströmung 
gezogen  und  dort 
zwar  langsam  aber 
stetig  zermahlen. 

Um  diesen  Uebel- 
ständen  zu  ent¬ 
gehen,  wurde  ein 
weit  unterhalb  der 
Kreisströmung  wie¬ 
der  in  den  Glommen 
einmündender  Um¬ 
gehungscanal  ange¬ 
legt,  welchem  die 
Stämme  mittels 
einer  „Ländse“  zu¬ 
geführt  wurden. 

Die  Ländse ,  eine 
Auffang-  und  Leit¬ 
vorrichtung  ,  ist 
eine  schwimmende 
Kette ,  deren  Glie¬ 
der  aus  abgerin¬ 
deten,  durch  kurze 
Kettenstücke  mit¬ 
einander  verbunde¬ 
nen  Baumstämmen 
bestehen.  Das 
stromaufwärts  lie¬ 
gende  Ende  dieser 
Holzkette  ist  ent¬ 
weder  fest  oder 
wird  von  einem 
Fahrzeug  getragen, 
sodafs  man  die  Auf- 
fangeöffnung  belie¬ 
big  erweitern  und 
verengen  kann.  Die 
Beweglichkeit  des 
Endpunktes  der 
Ländse  ist  dort 
nöthig,  wo  die  Flö¬ 
fserei  eine  breite 
Absperrung  des 
Flusses  erfordert,  dennoch  aber  zeitweise  für  die  Vorbeifahrt  von 
Schiffen  ein  Durchlafs  geschaffen  werden  mufs. 

Nachdem  die  Stämme  den  Umgehungscanal  durchschwommen 


haben,  werden  sie  im  Strome  wiederum  mittels  einer  Ländse  auf¬ 
gefangen.  Zur  Weiterbeförderung  ist  es  nun  erforderlich,  die  wirr 
durcheinander  liegenden  Hölzer  zu  ordnen  je  nach  ihren  Eigen- 

thümern  —  und  auf 
deren  Wunsch  auch 
nach  Holzart  und 
Stärke — ,  ferner  die 
geordneten  Stämme 
zu  Flöfsen  zu  ver¬ 
binden.  Diese  Ar¬ 
beit,  sowie  die  Wei¬ 
terbeförderung  der 
Flöfse  bis  zu  den 
14km  stromabwärts 
liegenden  Holz¬ 
schleifereien  und 
Verladeplätzen  ist 
dem  Flöfserei  -  In¬ 
spector  Hrn.Furu- 
holmen  übertra¬ 
gen.  Da  das  Her¬ 
stellen  der  Flöfse, 
wenn  von  Hand  be¬ 
wirkt,  eine  grofse 
Arbeiterzahl  und 
viel  Zeit  erfordert, 
so  hat  Herr  Furu- 
holmen  eine  Vor¬ 
richtung  erdacht, 
welche  das  Zu¬ 
sammensetzen  der 
Flöfse  besorgt. 
Diese  „Sopnings- 
maschine“  steht  in 
unmittelbarer  Ver¬ 
bindung  mit  den 
stromaufwärts  lie¬ 
genden  Sortirkam- 
mern,  welche  sich 
in  einer  Länge  von 
etwa  800  m  am 
Ufer  hinziehen.  Die 
Scheidewände  der 
einzelnen  Kammern 
sind  schwimmende 
Balken,  welche  ähn¬ 
lich  wie  die  Glieder 
der  Ländse  mit  ein¬ 
ander  verbunden 
und  im  Flusse  ver¬ 
ankert  sind.  Die 
Gröfse  der  Kam¬ 
mern  ist  so  be¬ 
messen,  dafs  sie  die 
für  ein  Flofs  nöthi- 
gen  Hölzer  zu 
fassen  vermögen. 
Die  Sortirkammern 
liegen  (vgl.  neben¬ 
stehende  Zeichnung 
Abb.  1)  etwa  unter 
45  °  gegen  die 
Stromrichtung  ge¬ 
neigt  zwischen  zwei 
Canälen  I  und  11. 
Der  Canal  I  leitet 
die  Stämme  an  den 
Kammern  vorüber, 
und  die  an  den 
kleinen  überbrück¬ 
ten  Oeffnungen  «  aufgestellten  Arbeiter  befördern  die  zusammen¬ 
gehörigen  Hölzer  in  die  entsprechenden  Kammern.  Der  Canal  II 
hat  den  Zweck,  die  geordneten  Stämme  der  Maschine  zuzuführen. 


Abb.  2.  Grundrifs  und  Aufsicht  von  oben. 


Nr.  46. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Die  im  fertigen  Zustande  geviertförmigen  Flöfse  haben  im  Mittel 
sieben  Lagen  kreuzweise  übereinander  liegender  Stämme,  jede  Lage 
etwa  zu  dreifsig  Stämmen.  Bei  stärkeren  Stämmen  geht  man  über 
fünf  Lagen  nicht  hinaus,  während  bei  dünnen  Hölzern  etwa  350  Stück 
in  neun  Lagen  zu  einem  Flofs  vereinigt  werden. 

Aus  den  Sortirkammern  werden  die  Hölzer  derart  in  den  Canal  II 
gezogen,  dafs  je  30  Stämme  abwechselnd  senkrecht  und  parallel  zur 
Stromlichtung  zu  liegen  kommen.  In  dieser  Ordnung  treiben  die 
Hölzer  auf  die  Maschine  zu. 

Beschreibung  der  Maschine.  Die  Grundlage  der  Maschine 
bilden  die  vier  zu  einem  Geviert  von  etwa  10  m  Seite  zusammen¬ 
gelegten  Balken  L  (Abb.  2  u.  3).  Auf  den  Ecken  dieses  Gevierts 
stehen  die  vier  Hölzer  M,  welche  oben  in  einen  Schuh  zusammen¬ 
laufen.  Der  Schuh  trägt  die  ganze  Vorrichtung  vermittelst  der 
Stange  si,  welche  die  Kolben  der  beiden  Prefscylinder  H  und  Hi 
trägt.  An  den  Cylindern  sind  die  beiden  Gitterträger  J  aufgehängt, 

an  deren  Enden  die  |  förmigen  Eisenbalken  K  durch  kurze,  starke 

Kundeisenstücke  befestigt  sind.  Die  Gitterträger  mit  den  Eisen¬ 
balken,  welche  im  Grundrifs  senkrecht  zur  Stromrichtung  gezeichnet 
sind,  können  um  90°  gedreht  werden;  die  Stellung  ist  im  Grundrifs 
gestrichelt  angedeutet. 

Diese  Drehung  sowie  die 
Eückwärtsbewegungin  die 
ursprüngliche  Lage  wird 
durch  die  Ketten  u  und  u\ 
bewirkt  und  durch  kleine 
Holzpuffer  begrenzt.  Die 
Ketten  wickeln  sich  auf 
die  Bollen  v  und  v\  auf, 
welche  von  der  Achse  c 
aus  in  Kechts-  oder  Linksdrehung  versetzt  werden  können,  je  nachdem 
die  die  Achsen  verbindenden  Kiemen  dm’ch  die  Spannrollen  w  straff 
gespannt  werden.  Aufser  dieser  Bewegung  im  wagerechten  Sinne 
können  die  Gitterträger  auch  senkrechte  Bewegungen  durch  die 
Prefscylinder  ausführen.  Das  Druckwasser  wird  durch  die  von  der 
Dampfmaschine  B  getriebene  Pumpe  D  in  den  Kraftsammler  F  ge- 
prefst,  mittels  der  Leitung  g  dem  Ventilkasten  G  zugeführt  und 
kann  von  hier  aus  durch  die  Ventile  h  in  die  Cylinder  geleitet 
werden.  Die  Stellung  der  Ventile  h  und  hi  erfolgt  vermittelst  der 
Hebel  m  und  m\,  welche  durch  die  Stange  st  und  das  Stellrad  i  von 
dem  im  Grundrisse  angedeuteten  Führerstande  aus  gestellt  werden 
können. 

Der  Vorgang  beim  Zusammensetzen  eines  Flofses  ist 
nun  folgender:  Die  erste  Holzlage,  die  etwa  parallel  zum  Stromstrich 
liegen  mag,  treibt  in  die  Maschine,  und  wird  durch  eine  in  Wasser¬ 
spiegelhöhe  liegende  Brettwand  o  aufgehalten.  Das  Heranschwimmen 
der  Hölzer  kann  von  der  Brücke  B  aus  geregelt  werden.  Da  es  für 
die  Festigkeit  des  Flofses  von  Vortheil  ist,  wenn  die  unterste  Lage 
möglichst  dicht  schliefst,  so  werden  die  Hölzer  durch  zwei  mittels 
eines  Handrades  bewegte  Haken  zusammengeschoben  (diese  Haken 
sind  auf  der  Zeichnung  nicht  dargestellt).  Die  senkrecht  zum  Flufs- 


471 


laufe  stehenden  Balken  K  werden  auf  die  Holzlage  niedergelassen 
und  drücken  diese  so  tief  hinab,  dafs  das  Wasser  etwa  0,35  m  über 
der  Oberkante  von  K  steht.  Dann  treibt  senkrecht  zum  Stromstrich, 
also  parallel  zu  den  Balken  A,  die  zweite  Holzlage  in  die  Maschine. 
Die  Stämme  werden  zusammengeschoben;  nur  an  den  Stellen,  wo  die 
Balken  K  liegen,  bleibt  ein  Zwischenraum  von  etwa  0,10  m.  Darauf 
läfst  der  Maschinenführer  Druckwasser  in  die  Prefscylinder,  hebt 
die  Gitterträger  nebst  den  Balken  K  von  dem  aufschwimmenden  Holz 
ab,  spannt  mit  der  Bolle  w  die  Kiemen  zwischen  v  und  c  an,  dreht 
also  die  Gitterträger  um  90°,  sodafs  sie  parallel  zum  Stromstrich 
stehen,  und  drückt  dann  nach  Stellung  der  Ventile  h  und  h\  die 
beiden  Lagen  so  tief  hinab,  dafs  die  dritte  zum  Flufslauf  parallele 
Lage  von  Stämmen  über  die  zweite  fortschwimmen  kann.  In  gleicher 
Weise  wiederholt  sich  das  Spiel  bei  jeder  neuen  Lage.  Ist  das  Flofs 
fertig  gestellt,  so  werden  die  Gitterträger  mit  den  Balken  K  ange¬ 
hoben,  die  vordere  Brettwand  o  wird  durch  die  Kette  m2  und  die 
Bolle  v-2  ebenfalls  gehoben,  und  das  Flofs  treibt  von  selbst  aus  der 
Maschine  ab.  Eine  Verbindung  der  einzelnen  Holzlagen  miteinander 
findet  nicht  statt;  für  die  Weiterbeförderung  wird  über  6—8  Flöfse 
eine  Kette  gespannt  und  ein  grofses  zum  Abschwimmen  fertiges  Flofs 
ist  hergestellt. 

Einer  besonderen  Anordnung  mufs  noch  gedacht  werden.  Der 
Wasserstand  im  Glommen  unterhalb  des  Sarpsfos  wechselt  in  der 
Zeit  des  Flöfsereibetriebes  etwa  um  1  m;  die  Maschine  ist  aber  nur 
für  einen  bestimmten  Abstand  der  Prefscylinder  vom  Wasserspiegel 
eingerichtet.  Um  nun  den  verschiedenen  Wasserständen  Eechnung 
zu  tragen,  ist  der  Kähmen  L,  welcher  die  ganze  Maschine  trägt, 
durch  Druckwasser-Prefsstempel  unterstützt;  diese  sind  zur  Erzielung 
einer  gleichmäfsigen  Bewegung  durch  die  Leitung  y  mit  einander  in 
Verbindung  gebracht. 

Der  mittlere,  bewegliche  Theil  der  ganzen  Anlage  ist  mit  dem 
Vorgebäude  (links)  nicht  verbunden.  In  das  rechts  liegende  Ma¬ 
schinenbaus  laufen  die  Ketten  u  und  die  Druckwasserleitung  g.  Die 
Ketten  müssen  je  nach  der  Hebung  oder  Senkung  des  mittleren 
Theiles  verkürzt  oder  verlängert  werden,  und  die  Druckwasserleitung 
ist,  um  die  Beweglichkeit  des  mittleren  Theiles  nicht  zu  hindern, 
aus  gelenkartig  mit  einander  verbundenen  Böhren  hergestellt. 

Die  Bildung  eines  mittelgrofsen  Flofses  dauert  etwa  fünf  Minuten. 
Die  Maschine  ist  im  Jahr  etwa  drei  Monate,  vom  Juni  bis  zum 
August  oder  September,  in  Arbeit. 

Die  Gesamtkosten  der  Anlage  belaufen  sich  auf  60  000  Kronen 
(etwa  67  650  Mark).  Die  Kosten  für  die  Beförderung  der  Hölzer 
durch  den  Umgehungscanal,  für  Sortiren,  Zusammensetzen  und  Ver- 
flöfsen  bis  14  km  stromabwärts  stellen  sich  auf  8  Oere  (9  Pfennig) 
für  jeden  Stamm,  sodafs  ein  Flofs  von  200  Stämmen  auf  16  Kronen 
(18  Mark)  zu  stehen  kommt. 

Die  jetzigen  Beförderungskosten  verhalten  sich  zu  den  früheren 
wie  16 : 19,  d.  h.  es  ist  gegen  früher  eine  Ersparnifs  an  der  Beförde¬ 
rungsgebühr  von  16  pCt.  erreicht. 

Köln.  Ernst  John, 

Königl.  Keg.-Baumeister. 


Vermischtes. 


Neue  Weichselbrücke  bei  Fordou  und  die  neuen  Eisenbahn¬ 
brücken  bei  Dirschau  und  Marienburg.  Noch  vor  Vollendung  der 
grofsartigen  Arbeiten  für  die  Erweiterung  der  Bahn-  und  Brücken¬ 
anlagen  in  Dirschau  und  Marienburg*)  wird  man  im  Bezirk  der 
Königl.  Eisenbahn  -  Direction  Bromberg  mit  dem  Bau  einer  neuen 
Eisenbahn-  und  Strafsenbrücke  vergehen,  welche,  im  Zuge  der  ge¬ 
planten  Eisenbahnlinie  Fordon  -  Culmsee  -  Schönsee  belegen,  die 
Weichsel  unterhalb  Fordon  in  einer  Länge  von  1320m  kreuzt. 
Die  Brücke  wird  5  Stromöffnungen  von  je  100  m  und  13  Vorland¬ 
öffnungen  von  je  62  m  Weite  (von  Mitte  zu  Mitte  Pfeiler  gemessen) 
und  flufs eiserne  Ueberbauten  erhalten,  deren  Gesamtgewicht  auf 
etwa  8  Millionen  Kilogramm  zu  veranschlagen  ist.  Die  zum  Bau 
der  Brücke  erforderlichen  Baustoffe  und  Maschinen  werden  zur 
Zeit  öffentlich  ausgeschrieben  und  für  die  Bauzeit  sind  —  vom  April 
1891  ab  gerechnet  —  nur  drei  Jahre  in  Aussicht  genommen. 

Die  im  April  1888  in  Angriff  genommene  Nogatbrücke  bei 
Marienburg  ist  am  25.  October  d.  J.  —  nach  272jähriger  Bauzeit 
— •  für  beide  Bichtungen  in  Betrieb  genommen.  Bemerkenswerth  ist 
diese  Brücke  u.  a.  durch  ihren  ganz  eisernen  Belag,  welcher  aus 
7  mm  starken,  etwa  55  kg/qm  wiegenden  Eiffelblechen  hergestellt  ist. 
Eine  solche  Art  der  Brückenabdeckung  ist  in  Europa  und  auch  für 
das  übrige  Ausland  noch  etwas  seltenes.  Die  Brücke  befährt  sich 
sehr  ruhig  und  besonders  ist  von  dem  anfangs  gefürchteten  starken 

*)  Vgl.  die  Mittheilungen  im  Jahrgang  1888  S.  87,  und  1890 
S.  323  d.  Bl. 


Geräusch  des  Eisenbelags  nichts  zu  verspüren,  was  wahrscheinlich 
darin  seine  Ursache  hat,  dafs  die  Biffelbleche  in  schmalen  (70  cm) 
breiten  Streifen  mit  jeder  Querschwelle  fest  vernietet  sind,  eine 
Befestigungsart,  welche  die  Schwingungen  der  einzelnen  Bleche  beim 
Befahren  wesentlich  verringert. 

Die  Inbetriebnahme  der  neuen  Dirschauer  Weichselbrücke 
steht  heute  übers  Jahr  —  nach  3'/2jähriger  Bauzeit  —  zu  erwarten. 

Für  die  Wasserversorgung  der  Stadt  Chemnitz  ist  die  An¬ 
lage  eines  Stausees  bei  dem  Dorfe  Einsiedel  geplant,  welcher 
durch  eine  Thalsperre  gebildet  werden  soll.  Am  7.  d.  M.  ist  zu 
diesem  bedeutenden  Bauwerk  in  feierlicher  Weise  der  Grundstein 
gelegt  worden.  Die  Thalsperre  soll  als  massive  Mauer  in  einem 
Bogen  von  500  m  Halbmesser  angelegt  werden.  In  der  Krone  erhält 
die  Mauer  eine  Länge  von  185  m  und  eine  Stärke  von  4  m.  An  der 
tiefsten  Stelle  des  Thaies  beträgt  ihre  Höhe  27  m  über  dem  Grund¬ 
mauerwerk  und  20  m  über  der  Thalsohle  bei  einer  Stärke  von  20  m 
über  der  Grundmauer  und  14  m  in  Thalhöhe.  Der  angestaute 
Wasserspiegel,  der  eine  Fläche  von  4  ha  umfafst,  liegt  2  m  unter  der 
Mauerkrone;  der  Gesamtinhalt  des  Stausees  bei  dieser  Füllung  be¬ 
trägt  gegen  300  000  cbm.  Das  Wasser  wird  durch  die  Zuflüsse  jähr¬ 
lich  etwa  dreimal  erneuert  werden  können.  Die  in  Bruchsteinen 
herzustellende  Mauer  hat  einen  Inhalt  von  etwa  21 000  cbm.  Für 
die  Ausführung  der  Thalsperre,  der  dazu  gehörigen  Filteranlagen, 
Wasserbehälter,  Wege-  und  Brückenanlagen  ist  eine  Bauzeit  von  drei 
Jahren  in  Aussicht  genommen.  Die  Leitung  des  Baues  liegt  in  den 


472 


15.  Novcnikr  1890. 


Centralblatt  der 


Händen  der  Herren  Stadtbaurath  und  Vorstand  der  Wasserwerks- 
Verwaltung  Hechler  und  Wasserwerksdirector  Nau. 

Zu  der  Mittlieiliiiig  Bildwerke  .am  Eiithliause  iu  Osna- 

hriick‘‘  in  Nr.  45  d.  Bl.  bemerke  ich  iu  betreff  der  Wiedei'herstellung 
des  Friedenssaales  berichtigend,  dafs,  wenn  ich  dabei  auch  ent¬ 
sprechend  mitgewirkt  und  insbesondere  den  Plan  für  die  neue  Holz¬ 
decke  sowie  die  Eiuzelforinen  zu  derselben  entworfen  habe,  doch  die 
Entwurfskizze  nebst  erläuternder  Denkschrift  zu  einer  würdigen 
Wiederherstellung  des  ganzen  Saales  von  Herrn  Professor  Schill 
in  Düsseldorf  herrührt.  Auf  dessen  Empfehlung  war  dem  Maler 
Ignaz  Wagner  daselbst  die  Ausführung  der  farbigen  Ausschmückung 
einschl.  der  Anfertigung  der  Cartons  usw.  übertragen. 

Das  Gestühl  und  die  Schrankthürchen  sind  alt,  letztere'  aus  der 
Zeit  des  Baues  (um  1500),  ersteres  vom  Jalire  1554.  Diese  älteren, 
zum  Theil  reich  geschnitzten  Holzarbeiten  haben  aber  durch  Be¬ 
seitigung  der  drei-  und  vierfachen  Earben-Ueberstriche,  durch  Beizen, 
Bemalung  und  Vergoldung  aufserordentlich  gewonnen,  ebenso  die 
alten  Beschläge,  bei  denen  die  eingeritzten  Zierlinien  erst  jetzt  wieder 
zum  Vorschein  gekommen  sind. 

Endlich  ist  auch  der  alte,  sehr  zierliche  eiserne  Kronleuchter 
durch  Beseitigung  der  in  demselben  angebrachten  Gasröhr-en,  durch 
Säuberung,  Neubemalung  und  Vergoldung  wieder  zu  seinem  vollen 
Beeilte  gekommen.  Er  wird  von  jetzt  ab  wie  in  alter  Zeit  nur  mit 
Wachskerzen  versehen  und  nur  bei  festlichen  Gelegenheiten  zur 
Beleuchtung  verwandt  werden,  während  für  den  gewöhnlichen  Ge¬ 
brauch  zwei  für  Gaslicht  eingerichtete  kleinere  Kronen  von  Messing 
dienen  werden.  Baurath  E.  Hackländer,  Stadtbaumeister. 

Bodeiifenclitigkeit  und  Sickerwassermengeu.  Am  Schlüsse  der 
in  Nr.  42  d.  BI.  (S.  433)  gemachten  Mittheilungen  über  die  Ergeb¬ 
nisse  der  neuesten  Untersuchungen  von  Prof.  Ebermayer,  betreflend 
den  Einflufs  des  Waldes  und  der  Bestandesdichte  auf  die  Boden¬ 
feuchtigkeit  und  die  Sickerwassermenge,  wird  es  als  auffallend  hin- 
gestellt,  dafs  Ebermayer  den  Wald  als  weniger  günstig  für  die 
Quellenbildung  bezeichnet  als  kahles  Freiland.  Der  Herr  Bericht¬ 
erstatter  beschränkt  den  Geltungsbereich  dieses  Ausspruches  auf 
ebene,  wenig  geneigte  Bodengestaltung,  während  waldiges  Gebirge 
stets  quellenreicher  sein  müsse  als  unbebautes,  kahles  Bergland. 
Hierzu  seien  folgende  Bemerkungen  gestattet. 

Dafs  eine  ebene,  mit  dichtem  Walde  bestandene  Fläche  weniger 
Sickerwasser  abgiebt  als  dieselbe,  aber  kahle  Fläche,  erklärt  sich 
einmal  dadurch,  dafs  die  Kronen  der  Waldbäume  im  Sommer  etwa 
den  vierten  Theil  des  auf  den  Wald  fallenden  Niederschlagswassers 
zurückhalten.  Ferner  wird  ein  sehr  erheblicher  Theil  des  auf  den 
Waldboden  gelangenden  Wassers  zur  Zeit  des  Wachsthums  der 
Bäume  durch  die  Baumwurzeln  aufgesogen,  den  Bäumen  zugeführt, 
um  danach  durch  das  Ausschwitzen  der  Baumkronen  an  die  Luft 
wieder  abgegeben  zu  werden.  Dieser  wasseraufsaugenden  Thätig- 
keit  der  Wurzelfasern  dürfte  auch  in  erster  Linie  die  Thatsache  zu¬ 
zuschreiben  sein,  dafs  versumpfte  Flächen  durch  Bewaldung  ent- 
sumpft  werden  können.  Endlich  wirkt  noch  die  Streu-  und  Moos¬ 
decke  des  Waldbodens  wasserzurückhaltend,  es  wird  an  sie  ein 
weiterer  Theil  des  Bodenwassers  gebunden,  entgegen  der  weit¬ 
verbreiteten  irrigen  Ansicht,  dafs  dieselbe  besonders  geeignet  sei, 
Wasser  an  die  tieferen  Schichten  abzugeben.  Die  Menge  des  in 
gröfsere  Tiefen  des  Waldbodens  versickernden  Wassers  —  und  ledig¬ 
lich  dieses  Wasser  dient  zur  Speisung  der  Quellen  —  wird  also  von 
vornherein  erheblich  verringert.  Günstig  wirkt  der  Wald,  infolge  der 
geringeren  Verdampfung  in  seinem  Innern,  nur  auf  die  Erhaltung 
der  in  seinem  Boden  vorhandenen  Feuchtigkeit. 

Die  Menge  des  Sickerwassers  wird  wesentlich  durch  die  Ge¬ 
schwindigkeit  des  oberirdischen  Abfliefsens  der  Niederschlags¬ 
wasser  beeinflufst:  je  steiler,  je  gebirgiger  die  Bodengestaltung  ist, 
ein  um  so  geringerer  Antheil  des  Niederschlagswassers  wird  ver¬ 
sickern.  Bei  gleichem  Gefälle  wird  der  hindernifsreiche  Waldboden 
den  Abflufs  des  Wassers  mehr  verlangsamen  als  kahler  Freiland¬ 
boden,  sodafs  allerdings  auf  den  ersten  Blick  die  Sickerwassermenge 
auf  einem  und  demselben  Gehänge  eine  gröfsere  oder  geringere  zu 
sein  scheint,  je  nachdem  das  letztere  bewaldet  ist  oder  kahl.  Aber 
gleichzeitig  mit  dieser  die  Sickerwassermenge  in  günstigem  Sinne  be¬ 
einflussenden  mechanischen  Wirkung  des  Waldbodens  äufsert  sich 
seine  im  entgegengesetzten  Sinne  wirkende  physicalische  Eigen¬ 
schaft.  Es  wird  also  am  Gehänge  die  Sickerwassermenge  durch  den 
Waldboden  entweder  vermehrt  oder  vermindert  werden,  jenachdem 
die  mechanische  Wirkung  des  Waldbodens  überwiegt  oder  seine 
physicalische.  Heben  sich  beide  Wirkungen  gegenseitig  auf,  dann 
ist  es  für  die  Menge  des  Sickerwassers  gleichgültig,  ob  das  Gehänge 
bewaldet  ist  oder  nicht.  Während  somit  bei  annähernd  ebener 
Bodengestaltung  und  unter  Voraussetzung  derselben  Bodenverhält¬ 
nisse  der  Waldboden  in  der  Eegel  für  die  Quellenbildung  weniger 
günstig  sein  wird  als  kahles  Freiland  —  Ausnahmen  sind  aber  auch 


■  Baiiverwaltung. 


hier  denkbar:  Einflufs  der  Bodenart  und  Bodenschichtung  — ,  so  kann 
er  es  im  Gebirge  auch  sein.  Er  kann  aber  auch  im  Gebirge  die 
Sickerwassermenge  vergröfsern. 

Allgemein  läfst  sich  also  diese  Frage  nicht  beantworten:  dazu 
bedarf  es  stets  einer  Entscheidung  von  Fall  zu  Fall,  und  dabei  wird 
offenbar  der  Grad  der  Steilheit  des  in  Frage  kommenden  Gehänges 
wesentlich  darin  zum  Ausdrucke  kommen,  dafs  mit  der  Steilheit  der 
Gehänge  die  Einwirkung  des  Waldes  auf  die  Vergröfserung  der 
Sickervvassermenge  zunehmen  wird. 

Dresden,  im  November  1890.  Engels. 

lieber  das  erfolgreiche  Wirken  des  americauischen  Vereins 
der  Eisenbalimvagenbauer  (Master  dar  Builder  Association)  herrscht 
zur  Zeit  nur  eine  Stimme.  Der  Verein  hat  sich  aus  kleinen  Anfängen 
entwickelt  und  ist  allmählich  zu  hohem  Einflüsse  auf  das  Verkehrs¬ 
und  Betriebswesen  der  americanischen  Eisenbahnen  gelangt.  Dieser 
Einflufs  erstreckt  sich  namentlich  auf  zwei  Dinge:  die  Regelung  des 
Austausches  der  Güterwagen  zwischen  den  einzelnen  Verwaltungen 
und  die  Aufstellung  von  Mustervorlagen  für  die  Beförderungsmittel 
des  Güterverkehres.  Die  Zeit  des  wirren  Durcheinanders,  welches 
in  Bezug  auf  den  Wagenumlauf  herrschte,  hat  einer  gröfseren  Ein¬ 
heitlichkeit  Platz  gemacht.  Die  Vorschriften  hierfür  sind  vermehrt 
und  verbessert  worden  und  bieten  in  der  neuen  Fassung  eine  treff¬ 
liche  Handhabe  zur  Schlichtung  von  Streitigkeiten  und  Behebung 
von  Zweifeln,  indem  sie  genau  festlegen,  welche  Pflichten  der  über¬ 
nehmenden  Bahn  in  Bezug  auf  Instandhaltung  und  Weiterführung 
der  Güterwagen  obliegen  und  wie  die  entstehenden  Kosten  zu  ver¬ 
theilen  sind.  Jede  Bahngesellschaft  hat  im  Hinblick  auf  derartige 
tief  einschneidende  Fragen  einen  eigenen  mit  dem  Wagenbau  mög¬ 
lichst  vertrauten  Beamten  als  Vertreter  bei  der  Vereinigung,  welcher 
ihre  Interessen  wahrzunehmen  hat.  Mit  der  Regelung  des  Wagen¬ 
austausches  hängt  die  Frage  der  Musterzeichnungen  für  Güterwagen 
naturgemäfs  eng  zusammen.  Die  Thätigkeit  des  Vereins  erstreckt 
sich  nicht  auf  die  Locomotiven,  was  ja  auch,  da  diese  Betriebsmittel 
nicht  von  Bahn  zu  Bahn  gehen,  nicht  erforderlich  ist,  so  nützlich 
und  erwünscht  eine  gröfsere  Einheitlichkeit  auch  nach  dieser  Rich¬ 
tung  sein  möchte.  Bezüglich  des  eigentlichen  Wagenbaues  ist  unter 
anderem  auf  die  Bestrebungen  hinzuweisen,  welche  auf  Einführung 
selbstthätiger  Güterwagenkupplungen  und  durchgehender  Bremsen 
gerichtet  sind.  Behufs  Klärung  dieser  und  ähnlicher  Fragen,  wie 
beispielsweise  der  Wagenheizung  und  -Lüftung  werden  besondere 
Vereinssitzungen  anberaumt;  die  Ergebnisse  der  Berathungen  werden 
sodann  in  besonderen  Veröffentlichungen  weiteren  Kreisen  zugänglich 
gemacht.  De'r  hohe  Nutzen  solchen  Gedankenaustausches,  welcher 
durch  Vorführung  von  Modellen  neuer  Erfindungen  und  Veranstaltung 
selbst  gröfserer  Ausstellungen  noch  weiter  angeregt  wird,  liegt  auf 
der  Hand  und  wird  durch  den  reichen  Inhalt  der  bereits  vorliegen¬ 
den  Veröffentlichungen  nur  bestätigt.  • — m  — 


Büclierscliaii. 

Knust  uud  Künstler  am  Yorabeud  der  Eeforinatiou.  Ein  Bild 
aus  dem  Erzgebirge.  Von  Cornelius  Gurlitt.  Halle  a.  S.  1890. 
Max  Niemeyer.  155  S.  in  8"  mit  16  Abb.  Preis  2,40./^. 

Die  im  Verlage  des  Vereins  für  Reformationsgeschichte  er¬ 
schienene,  zunächst  für  weitere  Kreise  berechnete  Schrift  giebt  ein 
anschauliches  und  anregendes  Bild  der  kirchlichen,  politischen  und 
gesellschaftlichen  Verhältnisse  der  am  Ausgange  des  15.  Jahrhunderts 
infolge  neuer,  ergiebiger  Silberfunde  durch  Bergleute  begründeten 
Städte  Annaberg  und  Schneeberg,  des  erzgebirgischen  Landes  über¬ 
haupt  und  seiner  Grenzgebiete.  Aus  den  sehr  verwickelten  allge¬ 
meinen  Bedingungen,  die  auf  Grund  örtlicher  Untersuchungen, 
archivalischer  Studien  und  einer  umfassenden  Kenntnifs  der  ein¬ 
schlägigen  fachlichen  und  allgemeinen  Litteratur,  insbesondere  auch,, 
was  hier  zum  ersten  Mal  geschieht,  unter  Benutzung  der  Schriften 
des  grofsen  deutschen  Reformators  mit  Klarheit  und  Schärfe  ent¬ 
wickelt  werden,  wird  das  durch  das  Erwachen  des  Individualismus^ 
gegen  früher  erweiterte  Programm  der  Profanbauten  und  vornehm¬ 
lich  der  Kirchen  dargelegt,  wobei  für  die  Geschichte  der  Baukunst 
höchst  beachtenswerthe,  grundlegende  Ergebnisse  erzielt  werden,  in 
erster  Linie  bezüglich  der  der  Reformation  vorarbeitenden  Grundrifs¬ 
bildung  der  Predigdkirche  mit  ihrer  Emporenanlage,  sowie  bezüglich 
der  Bedeutung  der  Bauhütten,  Ergebnisse,  die  sich  in  schroflen  Gegen¬ 
satz  stellen  zu  der  bisher  üblichen  ultramontan-romantischen  An¬ 
schauung,  auch  bezüglich  des  bisher  sehr  unklaren  Verhältnisses  der 
Kunst  des  ausgehenden  Mittelalters  zur  Renaissance,  zur  Reformation 
und  zum  Humanismus.  Die  volksthümlich  geschriebene,  über  den 
Rahmen  rein  örtlicher  Forschung  sich  weit  heraushebende,  inhalts¬ 
reiche  Abhandlung,  welche  einem  lang  gefühlten  Bedürfnifs  entgegen¬ 
kommt,  wird  auch  in  den  Kreisen  der  Kunstfreunde  bereitwillige 
Aufnahme  finden.  Hans  Lutsch. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


»r.  46A- 


473 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

INHAIjT:  Ausfülirungskosten  neuerer  preufsischer  Staats -Hoclibautctt.  —  Verraisclites  :  Kaiser  Wilhelm  -  GcdäclitniCsldrcIie  in  Berlin.  —  Preishewerhuug  für  das  Ge¬ 
schäftshaus  „Victoriahaus“  in  Dresden.  —  Büclicrscliau. 


[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Ausführuugskosten  neuerer  preufsischer  Staats -Hochbauten, 

deren  Abrechuimgen  im  Jahre  1889  zum  Abschliifs  gebracht  sind.* 


Zeit 

Bestimmung 

Regie- 

der 

Aas- 

und 

rungs- 

fiih- 

rung 

Ort  des  Baues 

bezirk 

d 

o 

> 

AusfiUiniiigskosten  des 
Hauptgebäudes  ausschl. 
der  Bauleitniigskosten 


im 

ganzen 

M 


für  1 

qm 

cbm 

Jt 

Jl 

Nutz- 

eiü- 

hoit 

Jl 


Kosten  der 
Heizungs- 
aiiiage 


im 

gan¬ 

zen 

JC 


fiu- 

100 

cbm 

Jt 


Kosten 
der 
Bau¬ 
leitung 
für  die 
ganze 
Bau- 
anlagc 
Jt 


(Bern.  Es  bedeutet:  K.-Oe.  Kachelöfen,  E.  Oe.  Eiserne  Oefen,  IC- a.  E.  Oe.  Kachel- 
und  Eiserne  Oefen,  E.  R.-F.-Oe.  Eiserne  Regiüir-Fullöfen.) 

I.  Kirchen.  (Mit  Thurm.) 
a)  Kirchen  mit  Holzdecken. 

4  21.0 
7.30 
318G 

2  700 

3  900 


5687 
.3  570 
4  490 

b)  Kirchen  mit  gewölbten  Decken. 

4700 

3290 
800 


1 

Ev.  K.  i.  Bisohof¬ 
stein 

Königs¬ 

berg 

87 

88 

340.8 

140,7 

15,8 

112,6 

— 

— 

2 

Obelischkeii 

Gom- 

biniien 

88 

89 

51 594 

106,0 

11,4 

07,9 

— 

- 

3 

Betz  in 

Pots¬ 

dam. 

86 

87 

29007 

122,8 

13,9 

111,5 

— 

— 

4 

Blandikow 

86 

87 

33 124 

117,9 

15,7 

74,4 

- 

- 

5 

Gorgast 

Frank¬ 
furt  a.O. 

86 

87 

75 134 

14.3,4 

15,2 

77,1 

— 

— 

6 

Gr.  Tuchen 

Cöslin 

80 

87 

85238 

140,6 

12,0 

65,9 

- 

- 

7 

Kath.  K.  i.  Lubom 

Oppeln 

82 

87 

92349 

109,2 

8,0 

48,5 

- 

- 

8 

Ev.  K.  i.  Wörbütz 

Merse¬ 
burg  . 

86 

87 

227.33 

108,2 

13,4 

99,8 

— 

— 

9 

Alt-Geltow 

Pots¬ 

dam 

85 

87 

68  235 

194,0 

20,8 

191,7 

— 

- 

10 

Voigtshagen 

Stettin 

86 

88 

38  061 

134,3 

1.3,7 

1.33,5 

- 

- 

11 

Schleibnitz 

Magde¬ 

burg 

87 

88 

33  814 

136,4 

14,8 

107,0 

— 

— 

12 

Riegersdorf 
(Thurm  alt) 

Breslau 

87 

88 

45558 

107,6 

i 

22  2 

170.0 

- 

— 

13  j 

1 

2 

3 

4 


Gatersleben 

Schönberg 

Seefeld 

Heinrichsdorf 

Neuendorf 

Parchanie 

Westerhüsen 

Wünscheiburg 

Trotha 

Eotheiiburg  a.  S. 
Catharinenrieth 
Sulzbach 


c)  Kirchtbürme. 
Magde- 1|  87 1 88  jl  19  653  |j  584,9 1  25,9  | 
bürg  ||  I  i|  II  II 

II.  Pfarrhäuser, 
a)  Eingeschossige  Bauten. 
88 


Königs¬ 

berg 

Danzig 


Marien¬ 

werder 

Frank¬ 
furt  a.O. 

Brom¬ 

berg 

Magde¬ 

burg 


10  58.3 
15  320 
13  735 

18  724 
13  390 

19  498 


08,1 

70,0 

72.9 
80,0 
G8,4 

86.9 


11,0 

13,2 

13.4 

12.5 

14.6 

11.6 


-  II  -  i  -  II  1200 


770  I  08,7 
K.-Oe. 

640  1 123,2 
K.-Oe. 

585  1 110,0 
K.-Oe. 

760  1 100,0 
K.-Oe. 

680  1 121,0 
K.-Oe. 


b)  Zweigeschossige  Bauten. 


Breslau 

Merse¬ 

burg 


Wies¬ 

baden 


18  290 
17  121 
17 190 
20  600 
22  122 


96,7 

106,1 

106,8 

120,6 

131,4 


10,1 

9,0 

8,0 

12,3 

12,2 


947  1 145,3 
K.-Oe. 


850  1110,7 
IC- Oe. 

790  1 108,2 
IC-u.  E.Oe. 

799  i  106,5 
K.-u.E.Oe. 

595  1 112,7 
K.-  u.  E.  Oe. 

595  !  85,0 
E.R.-F.-Oe. 


III.  Schulhäuser. 

a)  Eingeschossige  Bauten. 
1.  Mit  1  Scliulzimmer. 


500 

396 

600 

1913 


AusfüUruiigskosten  des 

Kosten  der  ,' 

Hauptgebäudes  aiissclil. 

Heizungs- 

der 

Bestimmung 

Regie- 

der 

Aus- 

fhh- 

der  Baulcitungskosteii 

aulage 

Bau- 

und 

für  1 

für 
100 
cbm  1 

1 

leitung 

ruugs- 

im 

gan- 

für  die 
ganze 

riuig 

im 

Nutz- 

Ort  des  Baues 

bezirk 

ganzen ! 

qm 

cbm 

eiu- 
lieit  i 

Bau¬ 

anlage 

zen 

S 

Jt 

Jt 

Jt 

Jl 

Jt 

Jt  1 

Jt 

8 

Gr.  Schöllfeld 

Stettin 

88 

89 

10  836 

01,8 

12,4 

13.3,4 

300 

97,8 1 

K.-üe.  ! 

9 

Bai'uimslow 

88 

88 

11 3.30 

00,8 

12,4 

120,2 

300 

73,5 : 

— 

K.-< 

De.  ! 

10 

Stefanowo 

Posen 

88 

88 

8  911 

62,9 

1.3,7 

178,2 

41.3 

118,6 

— 

K.-Oe. 

11 

Baiichwitz 

87 

88 

9082 

57,3 

12,4 

113,5 

368 

89,4! 

K.-Oe. 

12 

Kogsen 

88 

88 

9  513 

00,0 

13,0 

118,9 

399 

96,0 

K.- 

Oe.  1 

13 

Manche 

88 

89 

9  735 

01,4 

13,1 

121,7 

371 

90,3 

— 

K.- 

Oe. 

14 

Lomnitz 

88 

88 

9  742 

08,7 

17,2 

194,8 

430 

124,6 

— 

K.-Oe. 

15 

Kl.  Münche 

87 

88 

9  787 

01,7 

13,4 

122,3 

313 

101,0 

— 

K.- 

Oe. 

16 

Hennsdorf 

87 

88 

10  023 

55,7 

12,2 

125,3 

240 

76.7 

K.-Oe. 

17 

Opaleintza 

87 

88 

10129 

63,9 

13,6 

120,0 

425 

112,5 

K- 

Oe. 

18 

Scherlauke 

87 

88 

10  598 

58,7 

12,7 

117,8 

253 

84,3 

K.-  Oe. 

19 

Lifsewo 

86 

87 

10  705 

59,6 

12,9 

132,9 

280 

93,3 

_ 

K.-Oe. 

20 

Friedenhorst 

88 

88 

10  903 

69,1 

1.3,0 

137,0 

354 

85,9 

K.- 

Oe. 

21 

Nendorf 

88 

89 

10  964 

09,1 

14,8 

137,1 

380 

92,5 

K.- 

Oe. 

22 

Mittel- Diebitz 

87 

88 

11505 

'C4,8 

13,0 

143,8 

314 

85,0 

_ 

K.- 

Oe. 

23 

Brzoza 

Brom- 

89 

89 

9  992 

.37,3 

9,7 

124,9 

_ 

— 

berg 

K.- 

Oe. 

24 

Wtelno 

89 

89 

10046 

57,5 

9,8 

125,6 

— 

_ 

— 

K.-Oe. 

25 

Feyerland 

88 

89 

10 120 

58,0 

9,8 

120,5 

— 

— 

K.- 

Oe. 

20 

Oplawitz 

88 

89 

10135 

58,1 

9,8 

120,7 

— 

— 

— 

K.- 

Oe. 

27 

Saiiddorf 

89 

89 

10  GOO 

57,8 

11,6 

124,7 

— 

IC- 

Oe. 

28 

Wiidzynnek 

88 

89 

i  10010 

00,0 

12,1 

132,6 

— 

— 

K.- 

Oe. 

29 

Kirschgriind 

89 

89 

'  10  037 

57,7 

9,8 

1.32,0 

__ 

— 

K.- 

Oe. 

30 

Brühlsdorf 

88 

89 

11 300 

59,4 

14,1 

125,0 

_ 

_ 

K.- 

Oe. 

31 

Kreischau 

Breslau 

89 

89 

7  709 

43,4 

9,9 

101,4 

300 

75,4 

— 

K.- 

Oe. 

32 

Branitz 

Oppeln 

87 

88 

8  575 

48,3 

9,4 

142, 

281 

91,4 

700 

IC- 

Oe. 

i 

33 

Steubendorf 

87 

88 

10  OSO 

51,0 

8,9 

100,8 

203 

1  53,0 

— 

K.- 

Oe. 

34 

Bornstedt 

Magde- 

88 

88 

10099 

59,4 

10,0 

120,2 

1  400 

112,0 

504 

biiig 

K.-Oe. 

35 

Bahreiulorf 

88 

89 

11047 

00,9 

10,9 

113,9 

291 

87,9 

.500 

K.- 

Oe. 

36 

Immeustedt 

Schics- 

88 

89 

9  915 

04,7 

13,2 

198,3 

482 

152,0 

— 

wig 

E. 

Oe. 

2.  Mit  2  Schulzimmern. 


1 

Neu-Kisebau 

Danzig' 

88 

89 

8  580 

49,0 

10,7 

107,3 

2.30  1  83,3 
K.-Oe. 

2 

Konarschin 

88 

89 

8  858 

60,7 

12,8 

136,3 

224  72,5 

K-Oe. 

3 

Linoweg 

80 

87 

9810 

.37,3 

12,9 

109,0 

300  95,2 

K.-Oe 

4 

Jeszewo 

Maricn- 

■iverder 

88 

89 

8  755 

49,3 

10,5 

109,4 

235  80,0 

IC- Oe. 

5 

Sulnowko 

87 

88 

9  347 

51,3 

11,4 

103,9 

230  75,0 

K.-Oe. 

0 

Lubievvo 

87 

88 

s  98i7 

i 

54,5 

11,7 

123,1 

228  1  77,5 
IC-Oe. 

7 

Dabergotz 

Pots¬ 

dam 

87 

87 

13  989 

69,1 

12,5 

174,8 

277  80,0 

K.-Oe.  i 

*)  Vgl.  die  Zusammenstellung  S.  161  ff.  dieses  Jahrganges. 


37 

Demliu 

Danzig 

89 

89 

10  204 

47,1 

10.3 

72,9 

203  .34,0, 

K.-Oe.  1 

38 

Schönwalde 

89 

89 

12  902 

57,3 

11,0 

70,3 

538  92,0 : 

K.-Oe.  i 

39 

Gottbelp 

Marien¬ 

werder 

88 

89 

11 790 

50,3 

10,9 

83,7 

455  90,6 

K.-Oe. 

40 

Tarnowke 

” 

88 

88 

13  887 

53,3 

9,8 

86,3 

374  70,3 

K.-Oe. 

41 

Lüdersdorf 

Pots¬ 

dam 

87 

87 

15420 

73,5 

12,7 

110,1 

005  114,4 
K.-Oe. 

42 

Lochowo  (Anbau) 

Brom¬ 

berg 

89 

89 

14  943 

83,9 

15,7 

93,4 

K.-Oe. 

43 

Josepbinen 

89 

89 

15  -245 

63,5 

11,1 

95,3 

K.-Oe. 

44 

Bankau 

j  Oppeln 

88 

SS 

10  8-25 

! 

44,4 

8,9 

07,7 

411  !  78,1 
K.-Oe. 

474  Centralblatt  der  Bauverwaltung.  19.  November  1890. 


i 

r 

,  Ausfübrungskosten  des 

Kosten  der 

1  -- 

Ausfülirungskosten  des 

Kosten  der 

Kosten 
der 
Bau¬ 
leitung 
für  die 

/.eir 

1  der 

1  Aus- 
j  füll- 

Haupt 

gebiiudes  aussclil. 

Heizuiigs- 

1  ZiCii; 

Hanptgebiindes  ansscbl. 

Heizungs- 

Bestimmung 

Regie- 

der  Bauleitungskosten 

aulage 

Bau- 

Bestimmung 

Regie- 

1  Ans- 
j  füll- 

der  Bauleitnngskosten 

an läge 

!!  und 

rungs- 

für 

1 

im 

für 

leitung 
für  die 

t-* 

uud 

rungs- 

für 

im 

für 

!  raiia' 

im 

Niitz- 

oiii- 

beit 

A 

1  ruuff 

im 

ganzen 

Ort  des  Baues 

H  bezirk 

1 

, ganzen 

!  qm 

cbm 

g'au- 

100 

ganze 

Bau- 

aulage 

Ort  des  Baues 

bezirk 

qm 

cbm 

Nutz- 

gau- 

100 

ganze 

Bau¬ 

anlage 

o 

.2 

zen 

cbm 

.2 

beit 

zen 

cbm 

jt 

'  M 

JC 

1  JC 

JC 

JC 

Jt 

JC 

1  JC 

Jt 

Jl 

JC 

Jt 

JC 

b)  Zweigeschossige  Bauten. 

1 

5 

.Anatomie  in  Göt- 
tiugen  (Anbau) 

Hildes- 

beim 

87 

87 

15  206 

128,3 

13,0 

345,6 

.510 

E.E.-I 

58.4 

V-Oc. 

1  ('.84 

1. 

Mit,  '2  So.hn Izimmp.rn. 

Cassel 

Euleudorf 

1  S7 

88 

'  93,7 

6 

Ilyg.  Inst,  in  Mar- 

88 

88 

15972 

48,1 

9,4 

_ 

52,6 

E.Oe, 

45 

,  Posen 

14  995 

80,2 

10.1 

5;i4  1  76,3 
K.-Oo. 

— 

bürg  (Provis.) 

K.-  u. 

46 

Lupitze 

88 

89 

15  247 

96,1 

11.2 

95,3 

7 

Pliarmac.  Inst,  in 

87 

88 

26  814 

141,6 

15,0 

297,9 

646 

G0.4 

3  126 

1 

760 
K  - 

97,9 

De. 

— 

Maibnrg(Aubau) 

E.R.-I 

\-Oe. 

47 

Feucrsteiu 

88 

89 

15  680 

82,7 

98,0 

8 

Operat.-II.inBoun 

Köln 

87 

88 

34379 

154,5 

17,6 

2  852 

5 

2  834 

TT 

10,9 

738 

02,0 

— 

j  (Anbau) 

Dampfluftb. 

K.- 

4e. 

u.  E. 

Oe, 

[ 

48 

Krofsuitz 

:8S 

SB 

15  719 

83,9 

lO.S 

98.2 

630  j  78,6 
K.-Oe. 

— 

2.  Klinische  Universitäts -Anstalten. 

40 

Kuklinow 

86 

87 

j  21664 

115,2 

12,5 

126,0 

442  1  72,0 
K.-Oe. 

- 

OrUniv.  -  Augeiibeil- 
|l  allst,  in  Greifswald 

Stral¬ 

sund 

85 

87  i 

1 

139  840 1 1267,9 

13,7 

3329,511 25  6931 489,4 

II  Ww.-u.Lftb. 

15  3G2 

50 

Neueiihofe 

Magde- 

buig 

'87 

88 

19  213 

105,4 

11,0 

120,1 

DK)  i  75,6 
K.-Oc. 

750 

3.  Dienstwolmungs- 

und  Verwaltungsgebäude. 

2. 

10 

Botenwohnb.  in 

Stral- 

88 

89 

10  789 

84,9 

10,4 

289 

170,0 

:  _ 

Mit  ö  öCüuJzinmiern. 

Greifswald 

Sund 

K.- 

Oe. 

51 

Porst 

Cöslin 

88 

89 

19  285 

73,0 

93,6 

539 

58,5 

i 

11 

Direct.-Wobnb.  in 

Scbles- 

85 

88 

45  107 

291.2 

20,1 

2  360 

22.5.7 

1  2  220 

1 

K.- 

Oe. 

Kiel  (Anbau) 

wig 

K.-  u.  E.  Oe. 

52 

Brätz 

Posen 

87 

SS 

17  774 

86,1 

11,0 

88,9 

749 

1)4,5 

— 

12 

Bleicbermeist.-W. 

Hildes- 

88 

89 

12  138 

105,3 

12,1 

354 

102,2 

K.-Oe. 

in  Sohlingen 

beim 

K.-  u. 

E.Oe. 

53 

Bartelsee 

Brom- 

88 

89 

16  3.57 

77.2 

9,7 

68,2 

— 

— 

13 

Beamten  -  Wohn- 

Köln 

88 

89 

38  744 

139,8 

14,7 

372 

2  582 

borg 

K.-Oe. 

haus  in  Bonn 

.  E. 

Oe. 

3. 

Mit  4  Schulzimmern. 

14 

Ycrwalt.-Geb.  in 

88 

89 

10  206 

87,6 

18,3 

_ 

179 

59.7 

!  760 

54, 

Osclie 

Marien- 

86 

87 

1  23  745 

89,5 

10,3 

72,0 

780 

80,0 

_ 

Bonn  (Anbau) 

E.R.-F.-Oe. 

1 

Werder 

1 

K.-Oe. 

b)  Gebäude 

für  wissenschaftliche 

Zwecke. 

55 1 

Neu-Heidiik 

Oppeln 

87 

88 

16  999 

,  68,0 

8,4 

53,1 

942 

81,6 

15 

Pbotogr.  Kuppel- 

'  _ 

88 

89 

1  12  785 

231,6 

52,9 

_ 

1  210 

iv.-ue. 

geh.  bei  Potsdam 

c) 

Scliulhäuser 

ohne  Lehrerwobnung. 

16 

Pllaiizenli.  i.  bot. 

Scbles- 

86 

89 

f  71439 

i  108,0 

23/2 

_ 

14  216 

703.7 

i  4  500 

56 

Troplowitz 

Oppeln 

87 

88 

10  789 

5i),6 

8,5 

60,0 

19S 

52,4 

— 

Garten  in  Kiel  | 

wig 

! 

Ww.-Dpfb. 

i 

r- 

bi  ‘ 

Brauitz 

87 

88 

12  990 

80,3 

8,8 

40,6 

K.-Ue. 

278  42,1 

K.-Oe. 

— 

17 

c)  Gebäude  für  gesundbeitspolizeiliche  Zwecke 
Gcriclitl.  Leichen- r  —  11 87 188  11  14  551:124,4117,811  —  II  165 

83.0 

1548 

haus  in  Hannover  | 

i 

1  E.R.-F.-Oe. 

IT. 

Höhere  Schulen. 

XI. 

)  ( 

Kegierungs-Gebaiide. 

a 

jrymnasien. 

1 

Arnsberg  (Anbau) 

_ 

88 

88  i 

20  245 

191,0 

15,4 

_ 

461 

122,3 

216 

1 

Frankfurt  a/M. 

Wies- 

84 

88 

254204 

264,2 

14,7 

417,5 

190001301,6 

47  729 

1 

K.-Oe. 

baden 

Luflb. 

2 

Neufs 

Düssei- 

86 

88 

214232 

231,5 

13,7 

423,4 

3  725 

80.8 

21959 

XII.  Geschäftshäuser  für 

Gerichte 

dort 

E.  Oe. 

2  522!  120.1 

r  nffh 

a)  Geschäftshäuser  für  Amtsgerichte  ohne  Gefängnifszellen. 

1, 

Uslar 

Hildes- 

88 

89 

36  057 

157,5 

13,5 

— 

1  755 

80,3 

3  240 

1 

beim 

K.-u.E.Oe. 

b) 

Uirector-  VV  ohnhäuser 

0' 

Saarbrücken 

Trier  ^ 

87 

89 

70  68  L 

208,9 

14,8 

_ 

916 

61,3 

8798 

o, 

Frankfurt  a/M. 

Wies- 

86 

88 

33  171 

'  181,5 

17.8 

_ 

794 

109.3 

1 

1 

E.R.-F.-Oe. 

i 

baden 

b)  Geschäftshäuser  für  Amtsgerichte  mit  Gefängnifszellen. 

V .  Semiuare  und 

Alninnate. 

0 

Gettoif 

Scbles- 

87 

88 

73793 

190,4 

17,3 

_ 

1822 

138.0 

6  900 

a)  Lehrer-Seminare. 

wig 

K.-u.E.Oe. 

1 

Siegburg  ] 

1 

Köln 

86 

88 

132734 

151,8 

8,4 

1474,8 

1 

1833  1  51,5 
E.  Oe. 

13  662 

4 

Sögel 

Osna¬ 

brück 

87 

89 

85437 

179,5 

16,8 

— 

2  633 

E. 

15L0 

Oe. 

9123 

b) 

Abtrittanlagen. 

5 

Berleburg 

(Aubau) 

Arns¬ 

berg 

87 

87 

9574 

130,4 

16,9 

— 

311 

E. 

55,0 

Oe. 

1078 

2i 

i 

Frankesclie  Stift.  1 
in  Halle  a/S.  | 

Merse-  j 
bürg  i 

87 

89 

1 

112  439 1 

78.8 

9,8 

604,5 1 

l 

7  832 

6 

Altena 

87 

88 

65008 

216,6 

17,9 

- 

1145 

E.R.-l 

86,7 

’.-Oe. 

7  716 

TI. 

Turnhallen. 

XIII.  Gefängnisse  und  Strafanstalten. 

1 

Schweiz 

Marien¬ 

werder 

87 

88 

14  481 

53,4 

9,0 

222,8 

620  1  51.7 
E.R.-F.-Oe. 

- 

a) 

Gerichtsgefängnisse. 

2^ 

Steglitz 

Pots¬ 

dam 

88 

88 

21 548 

44.4 

10,5 

- 

240 
E.  ( 

28,4 

"ie. 

708 

1 

Barteustein 

Königs¬ 

berg 

83 

86 

183  069 

198,9 

13,5 

1727,1 

6  678  1.55,3 
K.-Oe. 

17  798 

3 

Steinau  a/0. 

Breslau 

88 

89 

9  999 

53,9 

9,2 

222,2 

198  1  25,2 
E.  Oe. 

- 

2 

Scbwetz  (Aubau) 

Marien¬ 

werder 

87 

88 

17  685 

155,3 

11,5 

812,1 

628 
K.  u. 

95,1 
3.  Oe. 

— 

4 

Hirschberg 

Lieg¬ 

nitz 

87 

88 

20223 

69,7 

8.0 

269,6 

662'  38,2 
E.R.-F.-Oe. 

450 

3 

Freienwalde  a/O. 

Pots¬ 

dam 

86 

89 

24  342 

118,7 

12,8 

1217,1 

9701 214,3 
K.-Oe. 

2  501 

5 

Frankfurt  a/M. 

Wies¬ 

baden 

87 

88 

36552 

78,6 

10,4 

- 

941  37,6 

E.R.-F.-Oe. 

- 

4 

Scbmiedcberg 

Lieg¬ 

nitz 

87 

88 

42210 

162,5 

14,3 

1688,4 

1 623  210,5 
K.-Oe. 

4098 

6 

Neufs 

Düssel¬ 

dorf 

86 

88 

26  697 

73,5 

9,3 

333,7 

514  25.4 

E.  Oe. 

- 

5 

Goldberg 

” 

86 

88 

52994 

137,2 

13,3 

1432,3 

1 6751 177,9 
K.  Oe. 

3  GOT 

7 

Sieghurg 

Köln 

86 

88 

20867 

65,7 

9,0 

- 

321  19,6 

E.  Oe. 

- 

6 

Geestemünde 

(Aubau) 

Stade 

86 

89 

26  338 

207.4 

15,5 

1053,5 

980  221,7, 
K.-  u,  E.Oe. 

5  208 

7, 

Duisburg 

Düssei- 

86 

89 

169750 

208,2 

14,7 

1515,6 

22  146 

719:7 

11613 

Vll  bis  X.  tiebiimle,  welche 

der  Pflege  von  Kunst  und  Wissen- 

dorf 

Warmw.-H.  1 

Schaft  dienen. 

b)  Aufseher -Wobnhäusei 

a)  Gebäude  für  akademischen  Unterricht. 

8 

III  Aufs.i.  AVerdeu 

Düssel¬ 

dorf 

87 

88 

9  953 

65^8 

12,1 

— 

229  111.5,0, 
E.R.-F.-Oe.l 

658 

1.  Hörsaal- 

und  Instituts-Gebäude. 

9 

IV  dcsgl. 

87 

88 

9  953 

65,8 

12,1 

070  ! 

11.5.0 

_ 

1 

Chem.  Lahor,  in 

— 

85 

89 

179086 

163,6 

14,3 

_ 

210001.528,2 

21083 

E.R.-F.-Oe. 

Königsberg 

Dampfluftb. 

10 

V  dcsgl. 

88 

89 

10  419 

68,9 

12,7 

_ 

344 

172,0 1 

_ 

2 

Univ.  -  Anbau  in 

Stral- 

84 

86 

89  519 

142,4 

10,5 

223,8 

7.515 

164.5 

12508 

E.R.-F.-Oe. 

Greifswald 

Sund 

Luftb. 

3 

Physiol.  Inst,  in 

86 

88 

140  886 

173,7 

16,5 

1174,1 

19730 

712.8 

17  730 

XIT 

Steueranitsgebäude 

• 

Greifswald 

Ww.-u.Lftb. 

a)  Steuerdienstgebäude. 

4 

Bakteriol.  Bar.  in 

Scbles- 

89 

89 

12184 

55,7 

13,6 

609,2 

.565  106,1 

_ 

1[ 

Potsdam  [ 

_ 

87 

881 

33708 

174,8 

18,4  j 

_ 

590 

131.3. 

942 

Kiel 

wig 

E. 

Oe. 

1 

1 

K.-Oe.  II 

3Ir.  46  A 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


475 


Bestimranng 

Regie- 

Zeit 

der 

Aus- 

fiili- 

Ausführungslvosteii  des 
llauptgobäudes  atisschl. 
der  ßauleitungskosten 

Kosten  der 
Heizungs¬ 
alllage 

Kosten 

der 

Bau- 

und 

rungs- 

beziik 

für  1 

leitnng 
für  die 
ganze 
Bau¬ 
anlage 

Ort  des  Baues 

rii  ng 

im 

gauzou 

qm 

cbm 

Nutz- 

eiii- 

beit 

gaii- 

100 

= 

zen 

cbm 

5 

M 

M 

Jl 

M 

JL 

JL 

1  JL 

b)  Nebenzollämter. 


Gr.  Czymocben 

Gum¬ 

binnen 

88 

88 

14  823 

84,0 

11,0 

— 

919  1 143,5 
K.-Oe. 

Preufs.  Herby 

Oppeln 

87 

88 

10  101 

90..Ü 

9,7 

— 

928  132,6 
K.-Oe. 

Gollcowitz 

’• 

87 

89 

1.0  098 

93,6 

9,2 

— 

701  1 121,0 
K.-Oe. 

Gollassowitz 

• 

87 

88 

18  397 

110,8 

11,1 

- 

847  1 1.54,0 
K.-Oe. 

Mludergangelt 

Aachen 

87 

88 

17214 

97,0 

11,2 

— 

392  89,6 

E.R.-F.-Oe. 

c)  Obercontroleur -Wohnhäuser. 


"i! 

Eobakow 

|i  Posen  [|87|88|t  20  0031  83,31  1.3,8  |  — 

11  700  , 122,4 1[ 

|! 

II  II  1  !'  1  1  1 

ll  K.-Oe.  1 

d)  Grenzaufseher -Wohnhäuser. 


8 

Czechel 

Posen 

87 

S8 

14  088 

64, .5 

15,0 

— 

720  1140,6 
K.-Oe. 

9 

Trolkjcr 

Schles¬ 

wig 

88 

88 

10  720 

77,7 

19,7 

— 

500  1.52,0 
E.  Oe. 

10 

Leerdt 

88 

88 

10  733 

77,8 

19,8 

— 

500  1.52,0 
E.  Oe. 

11 

Hjortwath 

88 

88 

113.53 

82,3 

20,9 

— 

506  1.52,0 
E.  Oe. 

12 

Spiekeroog 

Auiich 

87 

87 

14  023 

02,8 

20,4 

— 

200  100,0 
E.  Oe. 

xy.  Forstliausbauteu. 
a)  Wohnhäuser  für  Oberförster. 
1.  Eingeschossige  Bauten. 


Greibcn 

Königs¬ 

berg 

|86 

87 

23  209 

92,8 

12,0 

976  114,0 
K.-Oe. 

Massin  (Anbau) 

Frank¬ 
furt  a/0. 

]88 

89 

9015 

59,9 

10,1 

— 

520  148,6 
K.-Oe. 

Karnkewitz 

87 

88 

20048 

80,2 

10,8 

— 

1 185  148,0 
K.-Oe. 

Zerrin 

87 

88 

20  411 

81,0 

11,0 

1 131 1 127,3 
K.-Oe. 

2.  Mehrgeschossige  Bauten. 


5 

Zieher  (Anbau) 

Frank¬ 
furt  a/0. 

87 

88 

12971 

112,0 

12,0 

— 

615  !  161,4 
K.-Oe. 

6 

Misdroy 

Stettin 

87 

88 

23  700 

125,7 

12,1 

— 

1216  158,8 
K.-Oe. 

7 

Oberfier 

Cöslin 

87 

88 

189.55 

80,8 

10,5 

- 

7!4  105,5 
K.-Oe. 

8 

AVerder 

Stral¬ 

sund 

87 

88 

28  915 

149,0 

14,5 

— 

825  1 100,0 
K.-Oe. 

9 

Diekholzen 

Hildes¬ 

heim 

86 

87 

19  575 

144,6 

1 

12,4 

— 

1110  134,4 
K.-n.E.Oe. 

10 

Neunkirchen 

Trier 

80 

87 

28  516 

164,0 

15,8 

— 

800  : 112,0 
E.R.-F.-Oe. 

b)  Wohnhäuser  für  Förster. 
(Eingeschossig  und  meist  ohne  Drempel.) 


11 

Peremtienen 

Königs¬ 

berg 

87 

88 

8  020 

9,8 

12,5 

4.50  ,170,5 
K.-Oe. 

— 

12 

Eosenwalde 

87 

88 

8  950 

72,5 

13,0 

- 

395  150,0 
K.-Oe. 

— 

13 

Garben 

» 

87 

88 

9375 

75,9 

11,5 

— 

4.55  163,3 
K.-Oe. 

— 

14 

Habichtsberg 

” 

87 

88 

9  428 

91,2 

10,3 

280  101,2 
K.-Oe. 

— 

15 

Mainaberg 

88 

89 

10  510 

79,0 

14,0 

— 

510  177,1 
K.-Oe. 

— 

16 

Buylieu 

Gum¬ 

binnen 

87 

88 

11 953 

90,8 

17,2 

— 

509  192,8 
K.-Oe. 

- 

17 

Waldhof 

Danzig 

so 

87 

9  570 

76,1 

13,5 

— 

383  1 163,7 
K.-Oe. 

— 

18 

Probbornau 

” 

89 

89 

10  3.56 

1  83,9 

14,9 

— 

390  '  166,7 
K.-Oe. 

19 

Birkenflies 

87 

88 

10  603 

85,2 

15,1 

— 

465  1  243,8 
K.-.Oe. 

— 

20 

Waldbaus 

Marien¬ 

werder 

S8 

89 

9  085 

73.6 

13.2 

— 

405  173,0 
K.-Oe. 

— 

21 

Honigfelde 

88 

89 

i  9  237 

74,8 

13,3 

_ 

375  160,9 
K.-Oe. 

'  — 

22 

Grofsväter 

Pots¬ 

dam 

86 

87 

10545 

85,4 

15,2 

— 

385  103.8 
K.-Oe 

— 

23 

Neuendorf 

”  • 

87 

87 

111.53 

i  90,7 

10,2 

— 

435  103,5 
K.-Oe. 

1  — 

24 

Karnkewitz 

Cöslin 

87 

88 

3  913 

i  72,2 

12,8 

— 

300  128,0 
K.-Oe. 

'  — 

Besti  mmung 

Regie- 

Zeit  j 
der  I 
Ans- 
füh- 

Ausführniigskosteu  des  i 
Hauptgebäudes  ausschl. 
der  l-iaulcitungskostcn 

Kosten  der 
lloizungs- 
anlago 

Kosten 

der 

Bau- 

nnd 

Ort  des  Baues 

ruugs- 

bezirk 

für  1 

für 

leitung 
für  die 
ganze 
liau- 
anlage 

ruiig  , 

nn 

ganzen; 

([Ql 

cbm 

Nutz- 

gan-  j  100 

c 

.S 

heit 

zen  cbm 

> 

!a 

JL 

Jl 

Jt 

Jt 

Jl 

JL 

Jl 

25 

Born 

Stral¬ 

sund 

87 

88 

10.5,53 

85,5 

14,8 

- 

1  ! 

407  1181,0 
K.-Oe. 

- 

26 

Theerofen 

Posen 

87 

88 

9  004 

72,0 

12,9 

— 

392  148,3 
K.-Oe. 

— 

27 

Lehmkuhl 

87 

88 

10051 

95,3 

17,0 

— 

272  ’  1.54,0 
K.-Oe. 

— 

28 

Mühlgrnnd 

Brom¬ 

berg 

87 

88 

8527 

*  09,0 

12,5 

— 

335  147,0 
K.-Oe. 

- 

29 

Pulkau 

- 

88 

89 

10  510 

85,1 

15,1 

— 

405  1  172,0 
K.-Oe. 

— 

30 

TJnterwalde 

” 

88 

88 

10  924 

88,5 

15,7 

— 

460  .  16.5,5 
K.-Oe. 

— 

31 

'  Schirpitz 

» 

88 

89 

12  538 

101,5 

18,0 

— 

.590  212,2 
K.  Oe. 

— 

32 

Buchberg 

Breslau 

l87 

88 

12.597 

82,8 

10,1 

— 

370  1140.2 
K.-Öe. 

— 

33 

Li  ndenau 

Lieg¬ 

nitz 

*87 

88 

8  977 

I  72,7 

12,9 

— 

325  1 139,0 
K.-Oe. 

- 

34 

i  Schmiedefeld 

Erfurt 

87 

88 

13  756 

111,4 

i 

17,0 

- 

!  517  19.5,9 
j  K.-Oe. 

— 

35 

j  Speckswiukel 

Cassel 

87 

88 

10  802 

!  87,5 

15,0 

— 

290  . 128,7 
E.  Oe. 

c)  Wohnhäuser  für  Förster  in  Verbindung  mit  dem  Wirthschafts- 

gebäude.*) 

(Mit  ausgebautem  Drempelgeschofs  oder  zweigeschossig.) 


36 

Salzburg 

Han¬ 

nover 

87 

88 

13  309 
(9  244 

76,9 

110,4 

11,7 

12,9) 

— 

302  ^  96,0 
K.-Oe. 

37 

Bösinghausen 

Hildes¬ 

heim 

87 

88 

14  290 
(9  745 

79,4 

110,5 

11,8 

12,8) 

— 

358  1 114,0 
K.-  u.E.Oe. 

38 

Kloster-Oesede 

Osna¬ 

brück 

89 

89 

11  711 
(8  035 

69,1 

94,7 

10,0 

11,2) 

— 

330  1 138,7 
K.-Oe. 

39 

Nanzenbach 

AVies- 

baden 

87 

88 

9  253 
(6  064 

.53.9 

72,5 

9,3 

11,1) 

— 

210  103,0 
E.  Oe. 

40 

Möttau 

87 

88 

9  790 
(0456 

.57,1 

77,2 

10,5 

11,8) 

— 

199  1  97,6 
E.  Oe. 

41 

Glashütten 

- 

88 

89 

11  3,52 
(7230 

65,7 

86,5 

19  2 
IST) 

— 

227  111,3 
E.  Oe. 

42 

Arnoldsheira 

” 

88 

89 

11  08^ 
(7  770 

67,0 

92,9 

12.5 

14,1) 

— 

231  113,2 
E.  Oe. 

43 

St.  Nicolas 

Trier 

87 

88 

■  15  596 

i  07,5 

12,5 

- 

157  05,5 1 

£.  Oe.  ! 

XTI.  Laiidwirtliscliaftliche  Bauteu. 

a)  Pächter -Wohnhäuser. 
(Eingeschossig.) 


Heuzeudorf 

1  Frank-  18718711  19  20011  81,7114,0  1  — 

i;  630 

140,0 

|:furt.a,0.  1  II  1  1 

j;  K.- 

Oe. 

b)  Arbeiter -Wohnhäuser. 
1.  Eingeschossige  Bauten. 


2 

Königsfelde 

Gum¬ 

binnen 

88 

88 

12  212 

59,8 

1.5,0 

— 

320  :  -  1 
K.-Oe. 

— 

3 

88 

88 

12  231 

59,9 

15,0 

— 

320  -  ; 

K.-Oe. 

— 

4 

88 

88 

12  817 

02,8 

15,7 

— 

320  '  —  * 
K.-Oe. 

— 

5 

■  ■ 

88 

88 

13  197 

04,0 

16,2 

— 

320  i  - 
K.-Oe. 

— 

0 

AA'ittiiinen 

" 

88 

SS 

12  407 

02,0 

12,4 

— 

420  125,0 
K.-Oe. 

— 

7 

Bresin 

Danzig 

89 

89 

11  200 

55,9 

14,7 

- 

312  !  147,7 
K.-Öe. 

— 

8 

Sobbowitz 

” 

88 

89 

12  286 

52,0 

12,7 

- 

294  116,7 
K.-Oe. 

— 

9 

Steinau 

Marien- 
1  Werder 

89 

89 

10  982 

53,8 

14,0 

- 

300  141,0 
K.-Oe. 

— 

10 

Grimnitz 

1  Pots¬ 
dam 

'88 

88 

14  107 

67,2 

16,2 

— 

300  1129,3 
K.-Oe. 

— 

11 

Dahlem 

’ 

SS 

89 

22  600 

70,0 

17,5 

420  i  122,4 
K.-Oe. 

— 

12 

i  ’ 

88 

80 

22  600 

70,0 

17,5 

420  1 122,4 
K.-Oe. 

— 

13 

Athensl  eben 

Magde¬ 

burg 

87 

87 

10  486 

42,8 

10.8 

— 

l  300  1 140,0 
i  K.-Oe. 

1 

14 

i 

.  ’ 

87 

87 

1  10  590 

43,3 

10,8 

- 

360  140.0 
K.-Oe. 

— 

15 

Derben 

i 

1  " 

88 

88 

10  352 

50,7 

13,8 

370  139,0 
K.-Oe. 

— 

*)  Die  hier  angegebenen  Preise  beziehen  sich  auf  das  ganze 
Gebäude,  während  die  Preise  für  das  Wohnhaus  allein  jedesmal 
darunter  in  ( — )  angegeben  sind. 


476 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


10.  November  1800. 


Ausfiibruiigs 

kosten  des 

Kosten  der 

Zeit 

der 

Aus- 

füh- 

Ansfüliriingskosten  des 

Kosten  der 

Zeit 

Haupte 

ebSudes  ausschl. 

Heizuugs- 

Hauptgebäudes  ausschl. 

Heizungs- 

Bestiranuuig 

Eegie- 

der 

der  Bauleituiigskosten 

aulage 

Bau- 

Bestimmung 

Eegie- 

der  Bauleituiigskosten 

aulage  | 

Bau- 

und 

rinigs- 

föh- 

;  für  1 

im 

für 

leitung 
für  die 

und 

ruugs- 

für  1 

im 

für 

leitung 
für  die 

2^ 

Nutz- 

ein- 

beit 

iTins: 

itn 

Nutz¬ 

ein¬ 

heit 

Ort  des  Baues 

bezirk 

qm 

cbm 

gan- 

100 

ganze 

Ort  des  Baues 

bezirk 

ganzen 

qm 

cbm 

gan- 

100  1 

ganze 

Bau¬ 

anlage 

- 

.12 

zen 

cbm 

aulage 

a 

ryj 

zen 

cbm 

> 

- 

M 

M 

Ji 

M 

M 

M 

JC 

> 

3 

JL 

Jt 

Jt 

Jt 

Jt 

Jt 

Jt 

2.  Zweigeschossi 

ge  Bauten. 

g)  Pferde- 

und  Eindviehställe. 

K! 

Sowade 

Oppeln 

88 

j 

88 

1,5  421 

77,7 

it,7 

1  455 
K.- 

85,4 

Oe. 

1  Gum- 

(Decken  gewölbt. 

) 

200 

41,4 

300 

41 

Gü  ritten 

87 

88 

74  902 

01,5 

8,8 

520,8 

_ 

_ 

_ 

17 

ScUaclitherg 

Merse- 

SS 

80 

13  038 

(10,0 

bi[inen 

1  buig 

1 

E. 

Je. 

42 

Praukau 

j  Breslau 

88 

88 

30  300 

7,0 

561,1 

_ 

_ 

c) 

Scheunen. 

1 

1. 

Fachwerkscheunen. 

k) 

Schweineställe. 

IS 

klürlen 

Königs¬ 

berg 

SO 

80 

14  083 

t8,4 

2,8 

3,3 

— 

— 

— 

1.  Ställe  mit  Holzdecken 

87 

88 

20  050 

22,0 

3,2 

4,7 

43 

Cocselitz 

Stettin 

89 

89 

18  023 

60,7 

10,2 

_ 

10 

Kobbelhude 

- 

— 

— 

20 

Königsfelde 

Gum¬ 

binnen 

87 

88 

1(1  003 

23.0 

3,1 

3.8 

- 

— 

44 

Viellipp 

Stral¬ 

sund 

87 

87 

12  450 

58,2 

11,0 

— 

_ 

— 

21 

Grasgirren 

n 

88 

80 

27  03(1 

20,  L 

2,7 

3,1 

- 

- 

2.  Ställe  mit  gewölbten  Decken. 

22 

Strepsch 

Dauzig 

80 

80 

0  500 

2U1 

4,0 

4,3 

— 

— 

- 

45 

Schwarbe 

]  Stral- 

88 

12  404 

50,0 

14,1 

347,1 

■— 

—  ■ 

_ 

23 

Berge 

Pots- 

88 

88 

15  218 

12,1 

1,5 

1,5 

— 

— 

_ 

sund 

|57 

dam 

1 

40 

Güttin 

87 

88 

10  870 

46,7 

14,1 

301,3  j 

—  1 

— 

24 

Blumeiiberg 

j  Brom- 

,  87 

SS 

17  88(1 

20,0 

2,8 

3,4  ii  — 

_ 

_ 

!  berg 

1 

1 

i)  btäüe  für  verschiedene  Zw 

ecke. 

2 

Massive  Scheunen. 

1.  Ställe  mit  Holzdecken. 

2ö 

Krummensee 

Pots- 

80 

89 

21  066 

27,5 

4,0 

•'■>,7 

— 

— 

— 

47 

Mifswaldc 

Königs- 

88 

88 

11  210 

30,7 

8,2 

_ 

_ 

_ 

dam 

berg 

2G 

80 

89 

30  178 

33,8 

4.5 

6,6 

— 

- 

— 

48 

Abbau  -  Biitow 

Cöslin 

88 

88 

12  721 

33,3 

7,9 

_ 

_ 

_ 

_ 

-7 

Neueudorf 

88 

SO 

20  160 

30,5 

6,3 

6,3 

- 

- 

— 

40 

Blumenberg 

Brom- 

87 

88 

18  089 

37,7 

5,5 

_ 

_ 

_ 

_ 

28 

Klctzko 

Brom- 

88 

88 

11  00(1 

18,7 

4,7 

4,7 

— 

— 

— 

berg 

berg 

.50, 

Kletzko 

88 

88 

11  533 

24,6 

7,7 

_ 

_ 

_ 

20 

Sclimograu 

Breslau 

88 

80 

17  073 

17,4 

2,5 

3  2 

— 

— 

- 

51 

Norderney 

Aurich 

88 

80 

20  204 

50,0 

8,0 

_ 

_ 

_ 

_ 

30 

Biuiuenberg 

Magde- 

88 

80 

25  934 

23,7 

hl 

3,3 

— 

— 

— 

bürg 

2.  Pferdeställe  mit  Speichei'. 

3. 

Scheunen  mit  Remise 

52] 

Eührfeld 

Posen  ] 

87 

88  1 

33  33211  58,2 

6,6 

— 

- 

— 

— 

31 

Eubleben 

Pots¬ 

dam 

88 

88 

24  243 

(  *28, 2 

I 

4,0 

1  - 

1 

k) 

Gewerbliche  Anlagen 

d) 

Speicher. 

53 

Kiefernsanien- 
darre  i.Trappöiien 

1  Gum¬ 
binnen 

'88 

88 

10  805 

69,9 

16,5 

- 

— ■ ' 

- 

- 

Königsfelde 

Guin-  , 

88 

88  1 

19  323 

71,5 

7 

— 

— 

54 

binnen 

M  irthscliaftsgeb. 
i.  Friedrichsberg 

'ss 

88  i 

15  233 

51,2 

6,7 

Colplius 

Magde- 

87 

87 

36  005 

85,'i 

7,2 

_ 

_ 

_ 

Eishaus  i.  Proskau 

biirg 

OD 

Oppeln 

87 

88 

33  402 

90,1 

8,0 

— 

— 

— 

— 

e)  Schafställe. 

56 

Mahlmiihle 

Eotheuförde 

j  Magde¬ 
burg 

87 

88 

52  050 

00,4 

6,8 

- 

- 

- 

- 

1.  Ställe  mit  Holzdecken. 

34 

Königsfelde 

Gum¬ 

binnen 

87 

88; 

30  500 

1 

43,5 

5,7 

38,2 

XVII. 

Gestütshauteil  (fehlen). 

Krummensee 

Pots- 

89 

89 

21  512 

55,0 

7,3 

43,0 

_ 

_ 

_ 

dam 

XMll.  Hochbauten  aus  ücm  Gebiete  der  Wasserhauvenvaltimg. 

2.  Ställe  mit  gewölbten  Decken. 

a) 

Wohnhäuser. 

36 

Seebeu 

Merse- 

87 

88' 

17  771 

33,0 

4,6 

27,3  : 

1 

__  - 

(100 

1 

Arheiterwohuh.  i. 

Stettin  '• 

so 

87 

10  202 

34,2 

0.0 

— 

— 

_ 

bürg 

. 

Bredow 

f) 

(Dt 

Rindviehstiille. 

2 

Düuenaufs.  -  Ge- 

Cöslin 

87 

88 

9  757 

81,7 

14,6 

_ 

316 

176,6 

303 

5ck 

en  frewölbt.) 

höft  i.  \  itter  - 

K.-Oe. 

37, 

Krummensee  ! 

Pots-  ' 
dam 

89 

80] 

00  757 

72,5 

10,5 

552,3 

-  i 

- 

3 

BuuDen-  und 
Schlensennieister- 

Merse-  : 
bürg 

88 

SO. 

' 

18  527  , 

146,8 

14,9 

— 

630 
K.-  u. 

120,8 

E.Oe. 

1633 

I 

haus  i.  Meuschau 

' 

38' 

Herrnstadt  1 

Breslau  < 

87 

88 

41  200 ! 

52,4 

7,7 

429,2 

- 

- 

— 

30' 

Neuwegersleben  j 

Magde-  ' 

88 

89 1 

43  125] 

53,0 

0,5 

440,2 

-  i 

2378 

d 

Geestemünde 

Stade 

80 

18 

OL/II  UjJJ^ 

1 233  219 

i  *3U 

5,4  1  -  ! 

3(6 

72,0, 

E.  Oe. 

40' 

Seebeu 

Merse-  1 

80 

11G17I 

; 

42,0 

0,3 

484,0 

_ 

_  1 

000 

Wi 

bürg 

Berlin,  den  18.  Octoher 

1890. 

ethoff. 

Yerniisclites. 


In  einem  für  den  Bau  der  Kaiser  Wilhelm  "(Tediiehtuifskirclie 
unter  einer  Anzahl  Berliner  Architekten  veranstalteten  Wettbewerbe 
ist  die  Allerhöchste  Entscheidung  zu  gunsten  des  Entwurfes  vom 
Baurath  F.  Schwechten  ausgefallen.  Die  Kirche  soll  bekanntlich 
im  Westen  Berlins  auf  Charlottenburger  Grund  und  Boden,  und 
zwar  auf  dem  Platze  errichtet  worden,  wo  der  Kurfürstendamm  von 
der  Hardenberg-  und  Tauentzienstrafse  geschnitten  wird.  Wir  ge¬ 
denken  den  Lesern  demnächst  eingehendere  Mittheilungen  über  den 
auserwählten  schönen  Entwurf  zu  machen. 

Die  Frist  zur  Eiureicliuug-  der  Plaiiskizzeu  für  das  „Tictoria- 
haus‘^  iu  Dresden  (vgl.  S.  407  d.  J.)  ist  bis  zum  24.  December  d.  J., 
mittags  12  Uhr  verlängert  worden. 

Büclierscliau. 

Kalender  für  Eisenbalm  -  Techniker.  Begründet  von  Edm.  Heu¬ 
singer  V.  Waldegg.  Neubearbeitet  von  A.  W.  Meyer.  18.  Jahrg. 


1891.  Wiesbaden.  J.  F.  Bergmann.  2  Theile.  In  kl.  8”.  I.  Theil. 
Kalendarium  und  90  S.  Text  mit  Abb.  u.  Karte.  Geb.  —  II.  Theil 
(Beilage)  407  S.  mit  Abb.  Geh.  Preis  zus.  4  J(. 

Kalender  für  Strafsen-  u.  Wasserbau-  und  Cultur- Ingenieure. 
Bearbeitet  von  A.  Eheinhard.  18.  Jahrgang.  1891.  Wiesbaden. 
J.  F.  Bergmann.  2  Theile.  In  kl.  8".  I.  Theil.  Kalendarium  und 
224  S.  Text  mit  Abb.  und  Karte.  Geb.  —  II.  Theil  (Beilage)  347  S. 
mit  Abb.  Geh.  Preis  zus.  4  Jt. 

P.  Stühlens  Ingenieur -Kalender  für  Maschinen-  und  Hütten¬ 
techniker.  Herausgegeben  von  Friedr.  Bode.  26.  Jahrgang.  1891. 
Essen.  G.  D.  Baedeker.  3  Theile.  I.  Theil.  Kalendarium,  VIII  u. 
162  S.  sowie  Beilage  mit  16  S.  in  kl.  8"  mit  Abb.  u.  Karte.  Geb.  — 
II.  Theil.  Bodes  IVestentaschenbuch.  NH  u.  348  S.  in  12”  mit 
Abb.  Geb.  —  IH.  Theil.  Beigabe,  enthaltend  die  socialpolitischen 
Reichsgesetze.  102  S.  in  kl.  8".  Geh.  Preis  zus.  3,50  J(. 


Verlag  von  Ernst.tKorn  fWilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eeclactiou  des  mclitamtliclien  Tlieiles  verautwortlicli:  0  tto  Sarra  z  in,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  ßerliu. 


477 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


X.  Jahrgang. 


Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 

Berlin,  22.  November  1890. 


Nr.  47. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrarse  7  u-  Gescliäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstratse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

lüHALX:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Bekanntmachung  vom  12.  Novem¬ 
ber  1890,  betreffend  die  Bedingungen  für  Lieferung  von  Mineral-Schmieröl.  —  Nicht¬ 
amtliches:  Strafsenunterführungen  beim  Umbau  der  Bahnanlagen  in  Köln.  (Fort¬ 
setzung.)  —  Besondere  Bediuguugeu  für  die  Lieferung  von  Minoralschmieröl.  — 
Justizgebäude  in  München.  (Schlufs.)  —  Magdeburger  Baudenkmäler.  —  Kranken- 

schleuse  bei  Betrieben  mit  Prefsluft.  —  Vermischtes:  Preisbewerbung  für 
eine  reformirte  Kirche  in  Enge  bei  Zürich.  —  Decken -Einsturz  im  Leipziger 
städtischen  Museum.  —  Unterirdische  Stadt -Fernsprechaulage  in  Berlin.  —  Rege¬ 
lung  des  Fuhrwerksverkehrs  in  den  Strafsen  der  Londoner  Innenstadt.  —  Neue 
Patente. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Dem  Regierungs-  und  Baurath  Blanck  in  Köln  ist  die  Wahr¬ 
nehmung  der  Geschäfte  des  Directors  des  Königlichen  Eisenbahn- 
Betriebs-Amts  (linksrh.)  daselbst  übertragen  worden. 

Zu  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re¬ 
gierungs-Bauführer  Max  Schurich  aus  Bunzlau,  Theodor  Müller 
aus  Frankfurt  a.  M.,  Julius  Volk  aus  Oberwinter  a.  Rh.,  Otto 
Hagen  aus  St.  Johann  a.  d.  Saar,  Johann  Kleber  aus  Braunschweig 
und  Max  Sorge  aus  Berlin  (Ingenieurbaufach);  —  Arthur  Gold¬ 
bach  aus  Tilsit  (Maschinenbaufach). 

Den  bisherigen  Königlichen  Regierungs  -  Baumeistern  Ernst 
Spindler  in  Berlin  und  Paul  Meinecke  in  Breslau  ist  die  nach¬ 
gesuchte  Entlassung  aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 


Bekanntmachung, 

betrefPend  die  Einführung  einheitlicher,  technischer  Bedingungen 
für  die  Lieferung  von  Mineral-Schmieröl. 

Für  die  preufsischen  Staats -Eisenbahnen  sind  einheitliche,  tech¬ 
nische  Bedingungen*)  für  die  Lieferung  von  Mineral-Schmieröl  er¬ 
lassen  worden,  welche  gegen  Erstattung  der  Kosten  von  der  König¬ 
lichen  Eisenbahn  -  Direction  hierselbst  bezogen  werden  können.  Die 

*)  Abgedruckt  auf  der  folgenden  Seite  dieser  Nummer. 


genannte  Direction  wird  auf  Verlangen  auch  die  Bezugsquellen  der 
zur  Prüfung  des  Mineralöls  bestimmten  Apparate  mittheilen. 

Berlin,  den  12.  November  1890. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

Im  Aufträge 
Schneider. 

Deutsches  Reich. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  haben  dem  Geheimen  Admiralitätsrath 
und  Vortragenden  Rath  Dietrich  im  Reichs-Marine- Amt  neben  seinem 
Titel  die  Bezeichnung  „Chef-Constructeur  der  Kaiserlichen  Marine“ 
beizulegen  geruht. 

Der  dipl.  Schiffbauingenieur  Bürkner  ist  zum  Marine-Bauführer 
des  Schififbaufaches  ernannt  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  die  er¬ 
ledigte  Strafsenbauinspection  Calw  dem  Abtheilungsingenieur  Fleisch¬ 
hauer  in  Stuttgart  zu  übertragen,  ferner  den  Betriebs -Bauinspector 
Zügel  in  Heidenheim,  zur  Zeit  Vorstand  der  Bahnbausection  Sig¬ 
maringen,  seinem  Ansuchen  entsprechend  nach  Heilbronn  zu  ver¬ 
setzen  und  die  erledigte  Stelle  eines  Werkführers  bei  der  Locomotiv- 
werkstätte  Aalen  dem  Maschinentechniker  Meier  bei  der  Locomotiv- 
werkstätte  Efslingen  zu  übertragen. 


[Alle  Eechte  Vorbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redactenre:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Neue  städtische  Strafsenunterführungen  heim  Umhau  der  Bahnanlagen  in  Köln. 

(Fortsetzung.) 


Was  die  Ausführung  der  gelenkartigen  Verbindung  der  ein¬ 
gehängten  Träger  mit  den  überhängenden  Enden  der  benachbarten 
Träger  betrifft,  so  ist  dieselbe  durch  vier  an  die  Blechwände  an¬ 
genietete,  ungleichschenklige  Winkeleisen  gebildet,  welche  mit  ihrem 
längeren  Schenkel  einander  zuge¬ 
kehrt  und  unter  Anwendung  beson¬ 
derer  Futterstücke  von  3  mm  Stärke 
mit  einander  verbunden  sind,  wie  die 
Abb.  4,  5  und  6  in  Grundrifs,  Quer¬ 
schnitt  und  Ansicht  der  Hauptträger 
ergeben.  Man  erkennt,  dafs  die  Con- 
struction  nur  eine  möglichst  in  einen 
Punkt  zusammengezogene  Vernie¬ 
tung  bildet,  welche  infolge  des  zwi¬ 


schen  den  Winkeleisen  und  Blech¬ 
wänden  gelassenen  Spielraums  eine 
Uebertragung  von  Biegungsmomenten 
von  einem  Hauptträger  auf  den  an¬ 
deren  ausschliefst  und  durch  sichere 
Uebertragung  der  Scherkräfte  und  etwaiger  wagerechter  Bean¬ 
spruchungen  ihren  elastischen  Zweck  völlig  erfüllt.  Die  Buckel¬ 
platten -Fahrbahn  kann  bei  dieser  Anordnung  ununterbrochen 
durchlaufen;  es  wird  nur  eine  Stofs-Deckung  für  die  oberen  Gurtungs¬ 
winkel  und  die  obere  Gurtplatte  der  Hauptträger  angeordnet, 
welche  ja  ebenfalls  Biegungsmomente  kaum  übertragen  kann,  und 
da  die  gelenkartige  Verbindung  in  der  Nähe  des  Obergurtes  liegt, 
so  werden  dadurch  auch  die  Formänderungen  zwischen  den  be¬ 
nachbarten  Trägertheilen ,  welche  die  Fahrbahn  ungünstig  bean¬ 
spruchen  würden,  auf  ein  geringes  Mafs  herabgemindert. 

Bei  einigen  anderen  Strafsenunterführungen  (Aachener  Strafse, 
Wallstrafse)  sind  die  Auflagerpunkte  zwischen  den  benachbarten 


Gelenkartige  Verbindung  der  eingehängten  Träger  mit  den 
Consol- Enden  der  Hauptträger. 


Hauptträgern  über  die  Säulen  selbst  verlegt  worden,  sodafs  also 
drei  bezw.  zwei  mit  Einzelträgern  überbaute  Oeffnungen  entstehen. 
Der  nöthige  Zusammenhang  wurde  hier  aufser  durch  die  Fahrbahn 
durch  die  gemeinsame  stählerne  Unterlagsplatte  gebildet,  welche  die 

beiden  Trägerauflager  auf  dem 
Säulenkopf  verbindet;  hier  wurden 
daher  besondere  Endquerträger  zu 
beiden  Seiten  des  Stofses  unentbehr¬ 
lich,  deren  Zwischenraum  in  beson¬ 
derer  Weise  durch  ein  gerades  Blech 
mit  ovalen  Schraubenlöchern  über¬ 
deckt  werden  mufste.  Da  hier  das 
gemeinsame  Auflager  im  Untergurt 
der  Träger  liegt,  so  werden  die  Ver¬ 
schiebungen  an  den  oberen  Trägei- 
Enden  gegen  einander  unter  dem 
Einflüsse  der  Betriebsbelastung  grö- 
fser  und  können  eher  die  Wasser¬ 
dichtigkeit  der  Fahrbahn  in  Frage 


stellen.  Diese  Anordnung  dürfte  daher  gegenüber  der  vorbeschriebenen 
Construction  mit  überhängenden  Träger -Enden  nach  Abb.  2  und  3 
(Seite  468  d.  vorigen  Nummer)  im  Nachtheile  sein;  zudem  wird  auch 
das  Eigengewicht  hier  noch  gröfser,  da  die  gröfsten  positiven  Bie¬ 
gungsmomente  gröfser  als  bei  der  Consolconstruction  werden  und  auf 
die  Mitte  der  Felder  fallen,  was  bei  den  Consol -Anordnungen  nach 
Abb.  2  und  3  für  die  Seitenträger  nicht  zutrifft. 

Das  Mauerwerk.  Die  Form  der  Mauerwerkskörper  wurde  bei 
den  als  Stützmauer,  Auflager  oder  Widerlager  beanspruchten  Strafsen- 
pfeilern  der  verschiedenen  Unterführungen  je  nach  dem  Erfordernifs 
der  auftretenden  Kräfte  ausgebildet.  Der  möglichste  Anschlufs  an 
die  Forderungen  der  Berechnungen,  welche  unter  Anwendung  der 


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Centralblatt  der  Banverwaltung. 


22.  Noveiiilicr  1890. 


Stützliiiicn  clui'cligeführt  sind,  wurde  angestrebt  und  insbesondere 
hierbei  starke  Untersclineidungen  an  der  Ilinterfläche  des  unteren 
Grundmauerwerks  bis  zur  Neigung  von  1 :  ^2  zur  Anwendung  gebracht. 
Diese  Untersclineidungen  bringen  es  wohl  mit  sich,  dafs  der  Mauei-- 
werksquerschnitt  in  Höhe  der  Grundmaueroberkante  stark  eingeschnürt 
erscheint  (vergl.  Abb.  7  im  Schnitt  ««),  was  jedoch  keinerlei  Be¬ 
denken  hat. 

Bei  allen  Unterführungen  ist,  den  örtlichen  Vci'hältnissen  ent¬ 
sprechend,  ausschliefslich  Ziegelmauerwerk  zur  Anwendung  gekommen, 
und  zwar  ist  das  Gruudmauerwerk  in  Feldbrandziegeln,  das  über 
Bodenhöhe  liegende  Mauerwerk  in  Ofenziegeln,  die  Untermauerung 
der  Kämpfersteine  und  Auflagerquader  sowie  die  oberen  Abdeck¬ 
schichten  in  Hartbrandklinkern  hergestellt. 

Bei  den  Bogenbrücken  wurde  das  durch  den  Seitenschub  der 
Eisenconstruction  bedingte  Widerlager  mit  der  Stützmauer,  welche 
der  Abschlufs  der  Dammschüttung  erfordert,  in  der  durch  die  Abbil¬ 
dungen  8  und  9  veranschaulichten  Weise  vereinigt,  derart,  dafs  die 
beiden,  den  verschiedenen  Zwecken  dienenden  Körper  in  der  Lage 
des  Kämpfers  vereinigt  sind  und  nach  unten  auseinandergehen. 


die  Architekturtheile  neben  dem  graublauen  Kohlen-Kalkstein  von 
Cornelimünster  Verwendung  gefunden.  Zur  Bekleidung  der  den 
Strafsen  zugekehrten  Flächen  innerhalb  der  umrahmenden  Quader- 
eiufassungen  unterhalb  der  eisernen  Ueberbauten  wurden  die  be¬ 
kannten  Mettlacher  Plättchen,  mit  der  Stärke  von  2  und  5  cm  in 
den  aufeinander  folgenden  Schichten  abwechselnd,  verwendet,  welche 
in  der  Fabrik  von  Villeroy  u.  Boch  in  Mettlach  an  der  Saar  her¬ 
gestellt  werden  und  schon  bei  den  Bauten  der  Berliner  Stadt-Eisen¬ 
bahn  wegen  der  für  die  Unterführungen  erzielten  Helligkeit  vortheil- 
haft  eiugeführt  waren.  Die  Platten  besitzen  den  Vorzug  grofser 
Härte  und  Sauberkeit  in  der  Oberfläche,  welche  den  Angriffen  der 
Atmosphäre  sowohl  wie  auch  muthwilliger  Zerstörungslust  trotzt 
und  Beschmutzungen  kaum  annimmt.  Demgegenüber  steht  freilich 
der  hohe  Preis  von  etwa  21  Mark  f.  d.  qm  fertiger  Ausführung. 
Die  Verblendung  wird  nachträglich  in  die  mit  entsprechender  Ver¬ 
zahnung  hergestellten  Mauern  mit  Cementmörtel  eingesetzt,  und  zwar 
geschieht  dies  am  besten  durch  die  von  der  Fabrik  selbst  dazu 
gestellten  Arbeiter.  Auch  einfache  Musterungen  und  geometrische 
Umrahmungen  sind  unter  Verwendung  blau  emaillirter  Steine  zur 


Dabei  stützt  sich  das  hintere  Widerlager  mittels  einer  eingespannten, 
zum  Theil  auch  einhüftig  ausgeführten  Gewölbekappe  gegen  den 
vorderen  Stützmauerköiq^er  abj  was  allerdings  nur  für  die  Zeit 
vorwiegend  in  Betracht  kommt,  während  welcher  das  Wider¬ 
lager  noch  nicht  durch  den  Schub  des  Bogens  seine  Verspannung 
erhalten  hat. 

Die  Schichten  in  der  Nähe  des  Kämpferauflagers,  "ebenso  wie 
die  obersten  10  Schichten  der  Schildmauer  hinter  der  Eisenconstruction 
sind  in  Cementmörtel  ausgeführt;  die  Schichten  der  vorderen,  mit 
nicht  sehr  starkem  Anlauf  angelegten  Stützkörj)er  zeigen  wagerechte 
Lagerfugen,  während  im  hinteren  Widerlager  die  Schichten  geneigt 
und  zwar  thunlichst  im  rechten  Winkel  gegen  die  Richtung  der 
zumeist  vorherrschenden  Stützlinie  gezogen  sind  (vergl.  Abb.  8  und  9). 
Die  Neigung  der  Ziegel  schichten  findet  ihre  Grenze  durch  den  Uebel- 
stand,  dafs  bei  einer  zu  steilen  Lage  die  Schichten  während  der 
Ausführung  abschwimmen,  wenn  nicht  die  untere  Begrenzung  durch 
eine  besondere  Bretterdielung  gesichert  wird.  Die  Neigung  von  3  :  5 
kann  etwa  als  annehmbare  Grenzlage  für  eine  bequeme  Ausführung 
bezeichnet  werden;  die  mehr  oder  minder  grofse  Flüssigkeit  des 
Mörtels  und  Feuchtigkeit  der  Steine  ist  hier  natürlich  auch  von 
mafsgebendem  Einflufs.  Die  geneigtliegenden  Schichten  werden  durch 
sanfte  Krümmung,  wie  aus  den  Abbildungen  ersichtlich,  in  die  wage¬ 
rechte  Lage,  welche  die  vordere  Schildmauer  bedingt,  übergeführt. 

Als  Werksteine  für  die  Auflager-  und  Kämpferquader  kamen 
Niedermendiger  Basaltlava,  belgischer  Kalkstein  und  Obernkirchener 
Sandstein  zur  Anwendung;  letztere  beiden  Gesteine  haben  auch  für 


Belebung  der  grofsen  weifsen  Flächen  hier  mit  Erfolg  ausgeführt 
worden. 

Die  der  Dammschüttung  zugekehrten  Flächen  des  Mauerwerks 
wurden  im  allgemeinen,  insoweit  die  Neigung  der  Oberfläche  und 
der  Schichten  das  Eindringen  der  Feuchtigkeit  begünstigt,  mit  einem 
Cementputz  von  IV2  cm  Stärke  versehen,  in  gleicher  Weise  durch¬ 
weg  die  oberen  geneigten  Flächen  der  Schildmauern,  welche  zum 
Theil  auch  noch  einen  doppelten  Anstrich  von  Asphaltgoudron  er¬ 
hielten,  um  das  Durchschlagen  der  Feuchtigkeit  aus  der  Bettung 
durch  die  dünneren  Theile  der  Schildmauern  zu  verhüten. 

Die  Flügel,  welche  zur  Begrenzung  der  Böschungen  bei  den 
meisten  Unterführungen  erforderlich  waren,  sind  in  allen  denjenigen 
Fällen,  wo  unmittelbar  hinter  den  Unterführungen  beiderseits  die 
neue  städtische  Wallstrafse  den  Bahnkörper  entlang  führt,  in  ab¬ 
gerundeter  Form  zur  Ausführung  gebracht  worden  (vergl.  Abb.  10), 
während  die  auf  der  andern  Seite,  nach  der  Altstadt  zu  gelegenen 
Flügel  den  Uebergang  von  der  Flucht  der  Unterführung  in  die  städti¬ 
schen  Strafsenbaufluchten  vermitteln,  und  dementsprechend  durchweg 
eben,  und  zwar  entweder  auseinanderlaufend  oder  gleichlaufend  an¬ 
gelegt  sind.  Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dafs  die  im  Grund¬ 
rifs  nach  einem  Kreisbogen  hergestellten  doppelt  gekrümmten  Flügel¬ 
abdeckungen,  zumal  wenn  sie  mit  Profilirung  versehen  werden,  bei 
der  Ausführung  in  Anbetracht  des  verwickelten  Steinschnitts  und  der 
mühsamen  Austragung  der  einzelnen  Steine  erhebliche  Schwierigkeiten 
verursachen,  welche  mit  dem  dadurch  erzielten  gefälligeren  Aussehen 
vielleicht  nicht  immer  ganz  in  Einklang  stehen.  (Schlufs  folgt.) 


Besondere  Bedingungen  für  die 

§  1- 

Bescliaffeiilieit.  Das  Mineralöl  soll  zum  Schmieren  von  Eisen¬ 
bahn-Fahrzeugen,  Dampf-Maschinen  und  Werkzeug-Maschinen  Ver¬ 
wendung  finden  und  folgenden  Bestimmungen  genügen : 

Es  soll  bei  20°  C.  ein  specifisches  Gewicht  von  nicht  unter 
0,900  und  nicht  über  0,925,  sowie  Flüssigkeitsgrade  besitzen,  welche 
bei  den  nachstehenden  Wärmegraden  zwischen  den  angegebenen 
Grenzen  liegen: 


’■')  Die  zugehörige  amtliche  Bekanntmachung  ist  auf  der  vorher¬ 
gehenden  Seite  dieser  Nummer  abgedruckt. 


Lieferung  Yon  MineralsclmiieröL* 


Wärmegrade: 

200 

300 

400 

500  c. 

obere  Grenze: 

2,5 

1,3 

0,8 

0,6 

untere  Grenze: 

1,5 

0,8 

0,5 

0,4 

Auf  160°  C.  erhitzt,  soll  das  Mineralöl  entflammbare  Dämpfe 
nicht  entweichen  lassen.  Bei  — 5°  C.  soll  es  noch  fliefsend  sein, 
d.  h.  es  soll  einem  gleichbleibenden  Drucke  von  50  mm  Wassersäule 
ausgesetzt,  in  einem  Glasröhrchen  von  6  mm  innerer  Weite  noch 
mindestens  10  mm  in  einer  Minute  steigen.  Das  Oel  soll  wasserfrei 
und  säurenfrei  sein,  darf  nur  schwachen  Geruch  besitzen  und  soll 
sich  in  Petroleumbenzin  von  0,67 — 0,70  specifischem  Gewicht  voll¬ 
kommen  lösen  lassen.  Das  Oel  darf  keine  fremdartigen  Beimengungen 
enthalten  und  selbst  nach  längerem  Lagern  keinen  Bodensatz  bilden. 


Nr.  47. 


Centralblatt  der  Bauverwaltüng. 


47 


auch  darf  es  keine  trocknenden  Eigenschaften  besitzen,  d.  h.  in 
dünnen  Lagen  längere  Zeit  den  Einwirkungen  der  Luft  ausgesetzt, 
weder  verharzen,  noch  zu  einer  firnifsartigen  Schicht  einti-ocknen. 

§  2. 

Proben.  Vor  dem  bekannt  gemachten  Eröffnungstage  der  An¬ 
gebote  sind  Proben  der  angebotenen  Oele  in  versiegelten,  klar  durch¬ 
sichtigen  und  reinen  Glasflaschen  von  1  Liter  Inhalt  an  das  Ma- 
terialien-Bureau  der  Königlichen  Eisenbahn-Direction  frei  einschliefs- 
lich  Bestellgeld  einzusenden. 

Für  diese  Proben,  welche  zur  Feststellung  der  Beschaffenheit 
des  angebotenen  Oeles  dienen  sollen,  wird  eine  Entschädigung  nicht 
geleistet.  Auch  werden  die  Proben  nicht  zurückgegeben,  sondern 
sollen  bei  etwaigen  Meinungsverschiedenheiten  über  die  Güte  und 
Beschaffenheit  der  Lieferung  als  Grundlage  für  die  Entscheidung 
dienen.  Die  Lieferung  mufs  mit  der  für  dieselbe  als  mafsgebend  be- 
zeichneten  Verdingungsprobe  übereinstimmen. 

§  3. 

Gütepriifiiug.  Die  Vornahme  der  Güteprüfung  sowie  die  ge¬ 
eignete  Feststellung  der  Beschaffenheit  der  gelieferten  Oele  bleibt 
nach  Mafsgabe  der  allgemeinen  Vertragsbedingungen  für  die  Aus¬ 
führung  von  Leistungen  und  Lieferungen  der  Anordnung  der  Eisen¬ 
bahn-Verwaltung  überlassen. 

Flüssigkeitsgrad.  Zur  Feststellung  des  Flüssigkeitsgrades  soll 
ein  geeichtes  Englersches  Viscosimeter  zur  Verwendung  kommen  und 
zwar  mit  Bezug  auf  Eüböl  von  15  fach  er  Zähigkeit  des  destillirten 
Wassers  bei  20°  C. 

Eiitflamimmgspuukt.  Zur  Feststellung  des  Entflammungspunktes 
soll  der  nachstehend  gezeichnete  und  beschriebene  Apparat  verwendet 
werden.  Die  Erwärmung  soll  in  einem  offenen,  glasirten,  cylindri- 
schen  Porcellantiegel  von  4  cm  Höhe  und  4  cm  Durchmesser  statt¬ 
finden;  der  Tiegel  wird  bis  auf  1  cm  vom  Rande  mit  dem  zu  prüfen¬ 
den  Oele  gefüllt  und  zum  Erhitzen  auf  ein  Sandbad  gestellt.  Zur 
Entzündung  der  Dämpfe  dient  eine  Gasflamme,  welche  in  der  Weise 
hergestellt  wird,  dafs  ein  rechtwinklig  gebogenes  Rohr  mit  verengter 
Ausströmungsöffnung  vermittelst  eines  Gummischlauches  mit  der 
Gasleitung  in  Verbindung  gebracht  und  das  an  der  Spitze  des  Rohrs 
entzündete  Flämmchen  durch  Einstellen  des  Gashahnes  auf  die  Länge 
von  10  mm  gebracht  wird. 

Kältepxmkt.  Vor  der  Prüfung  auf  den  Kältepunkt  soll  das  Oel 
mindestens  eine  Stunde  lang  ohne  Erschütterung  dem  Kältegrade 
ausgesetzt  gewesen  sein,  bei  welchem  es  untersucht  werden  soll. 

Zu  diesem  Zwecke  wird  es  in  einem  offenen,  nach  Centimetern 
getheilten  Glasröhrchen  in  eine  gefrierende  Salzlösung  von  constanter 
Temperatur  gestellt.  Die  Prüfung  geschieht,  ohne  das  Röhrchen 
aus  dem  Kältebade  herauszunehmen,  und  der  nachstehend  beschrie¬ 
bene  und  dargestellte  Apparat  ist  nach  der  Gebrauchsanweisung 
zu  benutzen. 

Prüflings  -  Ergebnisse.  Nur  die  auf  den  beschriebenen  Appa¬ 
raten  gefundenen  Prüfungs- Ergebnisse  sind  für  die  Lieferung  des 
Oels  mafsgebend. 

Yorrichtmig  zur  Ermittlung  des  Entflauiniuugs- 
punktes. 

Es  ist: 

a)  ein  cylindrischer  glasirter  Porcellantiegel  von  4  cm  Höhe  und 
4  cm  lichtem  Durchmesser  zur  Aufnahme  des  zu  untersuchen¬ 
den  Oeles; 

b)  eine  halbkugelförmige  Blechschale  von  18  cm  Durchmesser, 
1,5  cm  hoch  mit  feinem  Sand  gefüllt; 

c)  ein  Thermometer  für  Wärmegrade  zwischen  100  und  200°  C. ; 

d)  ein  Ständer  mit  Schraubzwinge  zum  Halten  des  Thermometers ; 

e)  ein  Dreifufs  zum  Aufsetzen  des  Sandbades; 

f)  ein  Bunsenscher  Brenner  mit  Zündflamme,  Hahn  und  Gummi¬ 
schlauch; 

g)  ein  Zündrohr  mit  Gummischlauch. 

Der  Porcellantiegel  wird  bis  auf  1  cm  vom  Rande  mit  Oel  ge¬ 
füllt  und  auf  den  Sand  gesetzt,  nicht  in  diesen  eingehüllt.  Das 
Thermometer  ist  so  einzuspannen,  dafs  die  Quecksilberbirne  voll¬ 
ständig  vom  Oel  umspült  wird.  Die  Blechschale  schützt  die  Oel- 
oberfläche  während  der  Prüfung  vor  nachtheiligen  Luftströmungen. 

Die  Erhitzung  ist  von  100°  C.  ab  langsam  zu  bewirken,  sodafs 
keine  theilweise  Ueberhitzung  eiutreten  kann.  Hat  das  Oel  den 
Wärmegrad,  bei  welchem  dasselbe  geprüft  werden  soll,  erreicht,  so 
führt  man  die  auf  10  mm  Länge  eingestellte  Flamme  des  Rohres 
indem  man  dieses  auf  dem  Rande  der  Blechschale  gleiten  läfst, 
langsam  und  gleichmäfsig  in  horizontaler  Richtung  über  den  Tiegel  a 
einmal  hin  und  her,  sodafs  die  Flamme  sich  jedesmal  4  Secunden 


über  dem  Tiegel  befindet  und  von  den  etwa  sich  entwickelnden 
Dämpfen  bestrichen  wird,  ohne  dafs  die  Flamme  das  zu  prüfende 
Oel  oder  den  Rand  des  Tiegels  berührt.  Es  wird  mit  dieser  Prüfung 
angefangen,  sobald  das  Oel  sich  bis  auf  120°  erwärmt  hat,  und  bis 

zu  145°  von  5°  zu  5°, 
von  145°  an  aufwärts 
von  Grad  zu  Grad  wie¬ 
derholt.  Die  Erwärmung 
soll  so  lange  fortgesetzt 
worden,  bis  tiei  Annähe¬ 
rung  des  Flämrnchens 
ein  vorübergehendes  Auf¬ 
flammen  über  dem  Oel- 
niveau  oder  eine  durch 
eine  schwache  Detonation 
wahrnehmbare  Explosion 
eintritt. 

Vorrichtung  zur  Er¬ 
mittlung  des  Kälte¬ 
punktes. 

Die  Vorrichtung  be¬ 
steht  aus  dem  Apparat 
zur  Herstellung  des  gleich- 
mäfsigen  Luftdrucks  von 
50  mm  Wassersäule  und 
dem  Apparat  zur  Abküh¬ 
lung  des  Oels  auf  eine 
bestimmte  Temperatur. 

In  das  Glas  a  ist 
ein  durch  ein  Gewicht  be¬ 
schwerter  Glastrichter  6  umgestülpt,  welcher  mittels  Gummischlauchs 
und  I — Zwischenstücks  mit  dem  Manometerrohr  c  in  Verbindung  steht. 
Letzteres  ist  durch  den  Arm  eines  Ständers  g  gehalten.  Beim  Ein- 
giefsen  von  Wasser  in  das  Glas  a  und  das  Rohr  c  wird  die  Pressung 

der  in  dem  Trichter 
eingeschlossenen  Luft 
sich  in  dem  Unter¬ 
schied  der  beiden  Ni¬ 
veaus  in  dem  Rohr  c 
zeigen.  Diese  Pres¬ 
sung  läfst  sich,  bevor 
der  Schlauch  d  auf 
das  Oelprobirglas  ge¬ 
steckt  wird,  mittels  der 
Schlauchklemme  f  ge¬ 
nau  auf  50  mm  regu- 
liren  und  danach  durch 
Absperrung  dauernd 
erhalten.  In  den 
Schlauch  d  ist  mittels 
L-Stücks  ein  Luftaus- 
lafsschlauch  mit  der 
Klemme  e  eingeschal¬ 
tet,  um  beim  Aufsetzen 
des  Schlauches  auf  das 
Probirglas  eine  vorzei¬ 
tige  Luftpressung  auf 
das  Oel  zu  verhüten.  Die  Abkühlung  des  Oels  geschieht  in  U  förmigen 
mit  cm-Theilung  versehenen  6  mm  weiten  Röhrchen  in  dem  mit  einer 
bei  —  5°  C.  gefrierenden  Salzlösung  gefüllten  Gefäfs  h,  welches  in 
dem  mit  einer  Kältemischung  aus  Eis  und  Viehsalz  gefüllten  gröfseren 
irdenen  Topf  i  steht. 

Um  mehrere  Proben  zu  gleicher  Zeit  ausführen  zu  können,  sind 
vier  Oelprobirgläschen  an  dem  beweglichen  Stativ  k  aufgehängt,  in 
dessen  Arme  mit  Klemmen  sie  leicht  eingesetzt  und  ausgelöst  werden 
können.  Das  Thermometer  l  in  der  Salzlösung  zeigt  die  Temperatur 
der  Lösung  bezw.  des  Oels  an. 

Die  mit  Oel  etwa  30  mm  hoch  gefüllten  Probirgläsehen  sollen, 
sobald  die  Salzlösung  ihren  Gefrierpunkt  erreicht  hat,  soweit  in  die¬ 
selbe  gesenkt  werden,  dafs  das  Oel  10  mm  unter  dem  Niveau  der 
Lösung  steht. 

Nach  einer  Stunde  wird  der  Schlauch  d  des  fertig  gemachten 
Druckapparats  bei  offener  Klemme  e  auf  ein  Probirglas  geschoben, 
dasselbe  soweit  aus  der  Lösung  gezogen,  dafs  man  die  Oelkuppe 
sehen  kann,  und  nach  dem  Schliefsen  der  Klemme  e  die  Klemme  f 
geöffnet.  Hiernach  beobachtet  man,  ob  unter  dem  eintretenden  Druck 
das  Oel  in  einer  Minute  um  10  mm  im  Schenkel  steigt. 

Nach  Schliefsen  der  Klemme  f  und  Oeffnen  der  Klemme  e  wird 


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Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


22.  November  1890. 


der  Schlauch  d  abgelöst  und  kann  die  Prüfung  der  übrigen  Oele 
erfolgen. 

Die  Kältemischung  (aus  1  Theil  Viehsalz  und  3  Theileu  zerklei¬ 
nertem  Eis)  giebt  Temperaturen  von  weniger  als  — 10°.  Zur  Er¬ 
zeugung  der  constanten  Temperatur  von  —  5°  C.  dient  eine  Lösung 


von  13  Theilen  Kaliumnitrat  und  3,3  Theilen  Kochsalz  auf  100  Theile 
Wasser. 

Bei  Verwendung  chemisch  nicht  reiner  Salze  kann  eine  Correctur 
des  Gefrierpunktes  durch  Kochsalz  herbeigeführt  werden,  indem  ge¬ 
ringe  Zusatzmeugen  den  Gefrierpunkt  herabziehen. 


Die  Entwürfe  zum  neuen  Justizgebäude  in  München. 

(Schlufs.) 


Durch  Vertrag  vom  19.  Mai  dieses  Jahres  wurde  der  Unter¬ 
zeichnete  nunmehr  mit  der  Ausführung  des  Baues  betraut,  und  zwar 
als  „Specialcommissär  für  den  Neubau  eines  Justizgebäudes  in 
München“  dem  Königlichen  Justizministerium  unmittelbar  unterstellt. 
Die  Bauzeit  beträgt  sieben  Jahre;  Referent  in  der  Sache  ist  der 
schon  unter  dem  Ministerium  Fäustle  mit  dem  Justizbauwesen 
Bayerns  betraute  Ministerialrath  Bögel. 

Bei  dem  sehr  umfangreichen  Bauprogramm  erscheint  die  zu  Ge¬ 
bote  stehende  Baufläche  keineswegs  übermäfsig  grofs.  Dies  geht 
auch  aus  der  Annahme  von  vier  Geschossen  und  einem  Untergeschofs 
hervor,  welche  sich  im  Verlauf  der  Bearbeitung  als  die  zweckmäfsigste 


entwurf  war  der  mittlere  Lichthof  in  der  Art  der  italienischen 
Centralkuppelbauten  ausgebildet  und,  wie  oben  erwähnt,  auch  äufser- 
lich  durch  einen  weithin  sichtbaren  Aufbau  bezeichnet.  Da  das 
Justizministerium  jedoch  den  letzteren  Gedanken  mit  Rücksicht  auf 
die  Kosten  nicht  weiter  verfolgt  wissen  wollte,  so  erhielt  die  Central¬ 
halle  die  schlichtere  Gestalt  des  glasüberdeckten  Hallenhofes;  die 
nach  aufsen  wirkende  Mittelkuppel  ist  nur  in  der  bescheidenen  Form 
des  vierseitig  gewölbten  Kuppeldaches  aufrecht  erhalten.  Da  das 
Gebäude  auf  allen  vier  Seiten  vom  Verkehr  umgeben  ist,  so  mufste 
jeder  Frontenmitte  ein  Eingang  entsprechen.  An  den  Schmalseiten 
des  Baues  wurden  diese  Eingänge  unmittelbar  mit  den  Treppen  ver- 


1.  Eingänge. 

2.  CentraUialle. 

3.  Haupttreppen. 

4.  Nebentreppen. 

5.  Schwurgerichtstreppen. 

6.  Sitzungssäle. 


Abb.  2. 


10  ^  0  au  zu  30  40  so 


60  ao'' 

J_J 


7.  Streitricbter. 

8.  Kechtsbülfsriclitcr. 

9.  Zeugeuzimmer. 

10.  Oberamtsrichter. 

11.  Bibliotbel;. 

12.  Secretäre. 


13.  Kanzlei. 

14.  Registraturen. 

15.  Registratoren. 

16.  Ingrossatioussäle. 

17.  Richter. 

18.  Wartezimmer. 


Hypotbelien- 

imd 

Gritudbucb- 

Amt. 


19.  Richter  f.  Pfleg-,  Yerlassen- 
schafts-  u.  Concurssachen. 

20.  Reservezimmer. 

21.  Boten. 

22.  Pförtner. 

23.  Gerätbe. 

24.  Aborte. 


Erdgeschofs.  (K.  Amtsgericht  München  I.,  Abth.  A.  f.  Civilsachen.) 


II.  Bauentwurf  für  das  neue  Justizgebäude  in  München. 


herausgestellt  hat.  Allerdings  darf  es  fast  als  ein  Uebelstand  be¬ 
zeichnet  werden,  dafs  so  viele  und  ausgedehnte  Stellen  und  Behörden 
in  einem  einzigen  Bauwerke  vereinigt  werden  müssen,  denn  bei  der 
viergeschossigen  Anlage  hat  der  Verkehr  nach  den  oberen  Geschossen 
eine  nicht  geringe  Höhe  zu  überwinden.  Aus  den  Versuchen  mit 
einem  dreigeschossigen  Bau  ergab  sich  aber  bei  einer  ungünstigen 
Gruppirung  der  Gerichte  eine  weitläufige  und  unübersichtliche  Anlage. 

Der  Verfasser  ist  auf  den  Vorwurf  aus  technischen  Kreisen  ge- 
fafst,  dafs  in  dem  Grundrifstypus  das  Wesen  eines  Gerichts¬ 
gebäudes  nicht  genügend  getroffen  sei.  Doch  wird  bei  näherem 
Studium  der  Frage  anderseits  zugestanden  werden  müssen,  dafs  unter 
den  obwaltenden  Verhältnissen  die  Unterbringung  der  Gerichte  und 
Behörden  in  einem  möglichst  klar  und  streng  gegliederten  Grundrisse 
am  besten  zu  rechtfertigen  ist.  Wenn  es  im  allgemeinen  richtig  ist, 
dafs  bei  der  gleichzeitigen  Befriedigung  so  vieler  Anforderungen  dem 
einzelnen  nicht  die  volle  Rücksicht  zu  Theil  werden  kann,  so  steht 
es  auch  aufser  Zweifel,  dafs  ein  Bauwerk,  welches  nur  ein  Gericht 
oder  deren  wenige  aufzunehmen  hat,  in  seiner  Gruppirung  weit  eigen¬ 
artiger  und  bequemer  gestaltet  werden  kann.  In  dieser  Hinsicht 
darf  z.  B.  die  Aufgabe  des  deutschen  Reichsgerichtsgebäudes  als 
eine  ideale  bezeichnet  werden. 

Bei  den  Verhältnissen  des  Bauplatzes  war  die  Gliederung  mit 
zwei  Längs-  und  vier  Querflügeln  naheliegend.  Noch  bei  dem  Ver¬ 


bunden;  auf  der  Hauptquerachse  hingegen  vermittelt  beiderseits  eine 
dreiachsige  Eingangshalle  den  Verkehr  zur  Mittelhalle  und  den 
Haupttreppen.  Unzweifelhaft  wird  der  Osteingang  am  meisten  be¬ 
nutzt  werden,  dennoch  gebührt  der  Nordseite,  welche  dem  jetzigen 
Botanischen  Garten  als  dem  gröfseren  Platze  zugewandt  ist,  stets  die 
Bezeichnung  der  Hauptfront,  und  ihrem  Eingänge  die  des  Haupt¬ 
portales. 

Bei  der  Zusammenfassung  der  Mittelhalle  mit  den  Haupttreppen 
lag  der  Wunsch  nahe,  den  Ansprüchen  eines  leicht  übersichtlichen 
und  möglichst  bequemen  Verkehres  nach  allen  Stockwerken  gerecht 
zu  werden.  Zu  einer  wenig  begangenen  Prachttreppe,  durch  welche 
der  erste  oder  zweite  Stock  allein  bevorzugt  worden  wäre,  lag  keine 
Veranlassung  vor.  Auch  zeigte  sich  kein  Bedürfnifs  kleiner  Neben¬ 
treppen  für  den  inneren  Verkehr,  sodafs  mit  Bestimmtheit  ange¬ 
nommen  werden  kann,  dafs  die  wenigen  grofsen  Treppen  auch  wirk¬ 
lich  einem  lebendigen  Verkehre  dienen  werden.  Die  an  der  nörd¬ 
lichen  Eingangshalle  liegenden  Nebentreppen  führen  nur  zu  dem  im 
2.  Stock  gelegenen  Schwurgericht  und  sind  getrennt  für  die  Ge¬ 
schworenen,  das  Publicum  und  die  Sicherheitsmannschaft  angelegt. 

Wenn  es  schon  in  Anbetracht  des  dienstlichen  Verkehres  inner¬ 
halb  der  einzelnen  Gerichte  unthunlich  war,  die  Säle  für  sich  zu 
einer  Gruppe  zusammenzufassen  und  sie  von  den  Zimmern  zu  trennen, 
so  ergab  sich  in  viel  höherem  Mafse  die  Lmraöglichkeit,  den  einzelnen 


Blr.47. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


481 


grofsen  Käumen  eine  Lage  anzuweisen,  die  auch  äufserlich  durch  be¬ 
deutende  Prontenmotive  hätte  zum  Ausdruck  gebracht  werden  können. 
Der  Bedarf  für  jede  einzelne  Behörde  setzt  sich  vielmehr  aus  Räumen 
von  ungleicher  Gröfse  zusammen,  und  innerhalb  der  so  gebildeten 
Gruppen  findet'  die  Fronten  entlang  ein  unregelmäfsiger  Wechsel 
gröfserer  und  kleinerer  Gemächer  statt.  Die  Sitzungssäle  wurden 
vorwiegend  nach  Norden  verlegt.  Die  Registraturen  fanden  in  den 
Flügeln  Unterkunft,  welche  den  seitlichen  Höfen  zugewaudt  und  dem 
Mittelbau  mit  der  Centralhalle  angefügt  sind. 


über  der  Nordhalle  der  Schwurgerichtssaal.  Dem  letzteren  schliefsen 
sich  seine  Nebenräume  zu  beiden  Seiten  derart  an,  dafs  vermöge 
eines  Hülfsflurganges  die  ganze  Gruppe  im  Gebäude  vollkommen  ab¬ 
gesondert  und  auch  bei  geschlossenen  Hauptthüren  unmittelbar  von 
aufsen  durch  die  erwähnten  Nebentreppen  zugänglich  gemacht  werden 
kann.  Es  mag  auffallen,  dafs  auch  das  Justizministerium,  obwohl 
es  nicht  im  engsten  Verkehr  mit  den  Gerichten  und  dem  Publicum 
steht,  in  dem  Neubau  aufgenommen  werden  soll.  Berücksichtigt 
man  jedoch,  dafs  bei  dem  immerwährenden  Anwachsen  der  Gerichte 


20 


30 


40 


50’"- 


Abb.  3.  Hauptquerschnitt. 

II.  Bauentwurf  für  das  neue  Justizgebäude  in  München. 


Die  Eintheilung  der  Stellen  und  Behörden  im  einzelnen  kann  nicht 
Gegenstand  dieser  Mittheilung  sein,  einige  Andeutungen  allgemeiner 
Art  mögen  genügen.  Die  Vertheilung  der  Raumgruppen  in  die  Ge¬ 
schosse  ist  folgende:  Das  Erdgeschofs  enthält  das  Amtsgericht 
München  I,  Abtheilung  A  für  Civilsachen,  der  1.  Stock  das  Landgericht 
München!,  Abtheilung  für  Civilsachen  und  das  Landgericht  München II, 
Abtheilung  für  Civilsachen.  Im  2.  Stock  sind  untergebracht  das  Land¬ 
gericht  München  I,  Abtheilung  für  Strafsachen  und  die  Staatsanwalt¬ 
schaft  bei  diesem  Gerichte,  das  Landgericht  München  II,  Abtheilung 
für  Strafsachen  nebst  Staatsanwaltschaft  bei  diesem  Gerichte,  und  das 
Schwurgericht  beim  Landgerichte  München  1.  Im  3.  Stock  befinden 
sich  das  Justizministerium  und  das  Oberlandesgericht  nebst  Ober¬ 
staatsanwaltschaft.  Die  Unterbringung  der  Ministerwohnung  im  Ge¬ 
bäude  war  aufgegeben  worden;  es  hatte  sich  gezeigt,  dafs  sie  nicht 
mit  der  nöthigen  Bequemlichkeit  in  den  grofsen  Organismus  einge¬ 
schaltet  werden  kann.  Der  gewonnene  Ueberschufs  soll  als  verfüg¬ 
barer  Raum  für  die  'stark  in  Ausdehnung  begrifiPenen  Gerichte  dienen. 
Diejenigen  Abtheilungen  der  Gerichte,  mit  denen  das  Publicum  vor¬ 
nehmlich  verkehrt,  wurden  in  die  unteren  Geschosse  gelegt,  so  ins¬ 
besondere  das  Amtsgericht,  dem  u.  a.  das  stark  besuchte  Grundbuch¬ 
amt  sowie  die  Richterzimmer  für  Pfleg-  und  Verlassenschafts-Sachen 
angehören.  Ueber  dem  Süd-Eingang  liegt  der  Repräsensationssaal, 


ein  späterer  Raummangel  unausbleiblich  ist,  so  wird  man  erkennen, 
dafs  diesem  s.  Z.  dadurch  Abhülfe  geschaffen  werden  kann,  dafs  das 
Ministerium  mit  der  Ministerwohnung,  wie  auch  zweckmäfsig,  in  einem 
besonderen  Bau  vereinigt  wird.  Möge  es  dem  Staate  gelingen, 
rechtzeitig  in  der  Nähe  des  Justizneubaues  den  passenden  Baugrund 
für  einen  solchen  Zweck  zu  erwerben. 

Dafs  die  künstlerische  Gestaltung  des  Bauwerkes  noch  sehr  der 
Durcharbeitung  bedarf,  braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden.  Bei 
der  Behandlung  der  Aufgabe  traten  bisher  stets  die  praktischen 
Fragen  in  den  Vordergrund.  Der  Schwerpunkt  der  Innenarchitektur 
liegt  in  der  Centralhalle;  hier  mufs  das  den  Einblick  in  die  gewölbten 
Treppen  und  Flure  gewährende  Arcadenwerk  noch  eingehend  be¬ 
arbeitet  werden.  Die  Flurgänge  sollen  durchweg  Wölbung  erhalten. 
Die  Innenräume,  selbst  die  Sitzungssäle,  werden  einfach,  nur  der 
Schwurgerichts-  und  der  Repräsentationssaal  reicher  ausgestattet 
werden.  Die  noch  nicht  fertig  bearbeitete  und  deshalb  hier  noch 
nicht  mitgetheilte  Aufsenarchitektur  wird  in  Spätrenaissanceformen 
gehalten.  Der  Verfasser  ist,  indem  er  seine  Arbeit  schon  jetzt  der 
Oeffentlichkeit  übergiebt,  von  dem  Wunsche  beseelt,  dafs  das  fach¬ 
männische  Urtheil  in  richtiger  Erkenntnifs  der  Vorstufe  der  Sache 
zum  besten  gereichen  werden. 

Prof.  Friedrich  Thiersch. 


482 


22.  November  1890, 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Magdeburger  Baudenk iiiäler. 


Die  Aufmerksamkeit  der  Fachgenossen  möge  hiermit  auf  ein 
dankenswerthes  Unternehmen  der  beiden  Magdebiu’ger  technischen 
Vereine,,  des  Architekten-  und  Ingenieurvercins  und  des  Kunst- 
gewerbevereius,  hiugelenkt  werden,  welches  in  der  Vcröftentlichung*) 
der  besten  Baudenkmäler  Magdeburgs  vorläufig  nur  aus  der  Ee- 
naissauce-  und  Barockzeit  besteht  und  gegenwärtig  soweit  ge¬ 
fördert  ist,  dafs  in  allernächster  Zeit  die  Schlufsfolge  der -auf  vor¬ 
erst  40  Blatt  Lichtdruck -Darstellungen  berechneten  Sammlung  er¬ 
scheinen  wird. 

Bei  dem  bedeutenden  Aufschwünge,  den  das  jetzt  fast  200  000  Ein¬ 
wohner  zählende  Magdeburg  in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten  ge¬ 
nommen  hat,  war  es  unausbleiblich,  dafs  die  überaus  lebhafte  Bau- 
thätigkeit  sich  auch  auf  diejenigen  ehrwürdigen  Profanbauten 
erstreckte,  welche  nicht  nur  als  Zierden  der  alten  Stadt,  sondern 
übeiiiaupt  als  Meisterwerke  deutscher  Baukunst  aus  der  auf  die 
Kenaissance  folgenden  Zeit  angesehen  werden  dürfen.  Dafs  gegen¬ 
über  den  patriarchalischen  Verhältnissen  früherer  Jahrhunderte  die 
heutige  Zeit  zu  einer  besseren  Verwerthung  des  kostbaren  Grund 
und  Bodens  drängt,  ist  unausbleiblich,  und  so  sind  in  den  letzten 
Jahren  verschiedene  der  prächtigsten  alten  Häuser  Magdeburgs 
diesem  in  unseren  veränderten  Verhältnissen  begründeten  Zwange 
des  Bedürfnisses  zum  Opfer  gefallen.  Namentlich  hat  der  allbekannte, 
malerische  Br  eite  weg  von  der  Eigenart  seiner  Erscheinung  zu  all¬ 
gemeinem  Bedauern  bereits  erheblich  eingebüfst.  Als  nun  auch  das 
berühmte  Pieschelsche  Haus  an  der  Ecke  des  Breitenwegs  und  der 
Steinstrafse  der  Bauspeculation  verfallen  sollte,  da  machte  sich 
gleichzeitig  bei  den  in  erster  Linie  zur  Wahrung  der  Kunstinteressen 
der  Elbestadt  berufenen  beiden  genannten  Vereinen  der  lebhafte  Wunsch 
geltend,  das  Mögliche,  wenn  nicht  zur  Erhaltung  der  alten  werth¬ 
vollen  Baudenkmäler,  so  doch  wenigstens  zur  Festhaltung  ihrer  Er¬ 
scheinung  in  künstlerischen  Darstellungen  zu  thun.  Die  Stadt¬ 
behörden  unterstützten  das  Werk  durch  eine  namhafte  Bewilligung, 
sodafs  die  financiellen  Schwierigkeiten  des  Unternehmens  von  vorn¬ 
herein  um  so  mehr  als  überwunden  angesehen  werden  konnten,  als 
in  den  Kreisen  der  Bürgerschaft  dem  gemeinnützigen  Werke  die 
lebhafteste  Theilnahme  entgegengebracht  wurde.  Die  im  Selbst¬ 
verläge  der  beiden  Vereine  bisher  erschienenen  Blätter  des  Werkes 
bringen  die  hervorragenderen  Bauten,  und  zwar  fast  durchweg 
Facaden  -  Darstellungen,  namentlich  der  Gebäude  des  Breitenwegs, 
des  Domplatzes  und  des  Alten  Markts,  wobei  zugleich  auch  auf 
deren  architektonische  Einzelheiten,  insbesondere  Giebelausbildungen, 
Erker,  Hausthore  usw.  Eücksicht  genommen  ist.  Aufserdem  sind  die 
im  Inneren  des  Domes  befindlichen  Kunstdenkmäler  aus  der  Spät- 
Renaissancezeit  beigegeben,  denen  auf  10  Blättern  —  einem  für 
die  berühmte  Kanzel  und  neunen  für  Grabmäler  —  ein  für  die  Vei-- 
öft’entlichung  von  „Baudenkmälern“  zwar  etwas  reichlicher,  aber  bei 
dem  künstlerischen  Werthe  dieser  Meisterwerke  wohl  zu  recht¬ 
fertigender  Raum  zugewiesen  wurde.  Die  Lichtdrucke  nach  photo¬ 
graphischen  Aufnahmen  des  Magdeburger  Photographen  v.  Flottwell 
geben  in  den  Hausansichten  ein  vollkommenes  Bild  der  Bauweise, 
wie  sie  nach  der  fürchterlichen  Zerstörung  des  Jahres  1631  sich  im 
Ausgange  des  17.  und  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  in  der  schwer 
geprüften,  nach  der  Zerstörung  aber  schnell  wieder  glänzend  empor¬ 
blühenden  Stadt  herausgebildet  hat.  Wir  erblicken  Architekturen, 
die  von  selbstbewufstem  Schaffensgeiste  zeugen  und  denen  eine  ge¬ 
wisse  selbständige  Stellung  in  der  deutschen  Kunstentwicklung  ein¬ 
zuräumen  ist.  Sie  zeigen  zwar  im  wesentlichen  die  prunkvollen 
Stilformen,  die  wir  am  Berliner  Schlosse  bewundern,  aber  es  ist  doch 
noch  eine  andere  Sprache,  welche  diese  gewaltigen  Voluten  reden, 
wie  sie  in  ihrem  kühnen  Aufbau  besonders  an  einem  der  schönsten 
Beispiele,  am  Pieschelschen  Hause,  in  die  Erscheinung  treten.  Wie 
diese  eigenartige  Formengebung  sich  nach  Magdeburg  verpflanzt  hat, 
ist  schwer  nachzuweisen.  Berechtigung  hat  wohl  die  Annahme,  dafs 
die  allenthalben  zu  spürenden  Einflüsse  der  hugenottischen  Colonie 
auch  auf  dem  Gebiete  der  Architektur  sich  geltend  gemacht  haben. 
Gerade  nach  Magdeburg  sind  zahlreiche  und  überaus  tüchtige  Ver¬ 
treter  der  durch  die  Aufhebung  des  Edicts  von  Nantes  aus  ihrer 
Heimath  vertriebenen  Opfer  religiöser  Unduldsamkeit  eingewandert, 
die  den  lebhafteren  französischen  Geist  wie  auf  allen  Gebieten,  so 
auch  auf  dem  der  Kunst  zum  besten  deutscher  Cultur  zur  Geltung 
brachten. 

Besonderen  Werth  hat  das  in  Rede  stehende  Werk  dadurch  er- 


Magdeburger  Baudenkmäler.  Selbstverlag  des  Archi¬ 
tekten-  und  Ingenieur-Vereins  und  des  Kunstvereins  zu  Magdeburg. 
40  Blatt  Lichtdrucke  in  grofs  Fol. 


halten,  dafs  ihm  durch  den  Stadtbibliothekar,  Archivar  Dr.  Dittinar 
geschichtliche,  aus  alten  Aufzeichnungen  geschöpfte  Bemerkungen 
über  Bauzeit  und  Entstehungsgeschichte  der  dargestellten  Häuser^ 
ihre  Besitzer  usw.  beigegeben  sind.  Die  Namen  der  Architekten  sind 
fast  durchweg  verschwunden,  wie  das  nun  einmal  bei  den  früheren 
Werken  selbst  allerersten  Ranges  die  Regel  zu  sein  pflegt;  allenfalls 
sind  noch  die  Namen  der  ausführenden  Steinmetzen  oder  Werk¬ 
meister  aufzufinden,  vielleicht  dafs  diese  sich  in  manchen  Fällen  mit 
denen  der  Baukünstler  decken.  Eine  bedeutende  Anzahl  der  Ge¬ 
bäude  stammt  nachweislich  aus  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts,  etwa 
aus  den  Jahren  1640 — 1670;  das  mehrerwähnte  Pieschelsche  Haus 
ist  vielleicht  schon  in  das  Jahr  1642,  das  durch  sein  prachtvolles 
Portal  sich  vor  allem  auszeichnende  Baenschsche  Haus,  die  sogenannte 
Heideckerei,  Breite  weg  148,  kurz  nach  1651  zu  setzen.  Aufserdem 
ist  natürlich  anzunehmen,  dafs  die  aus  der  Blüthezeit  der  Stadt  vor 
dem  Unglücksjahre  der  Eroberung  stammenden  Renaissance-Gebäude 
nicht  alle  bis  zum  Grunde  vernichtet  wurden,  und  dafs  es  für  die 
Besitzer  nahe  lag,  die  bei  Beginn  des  Wiederaufbaues  noch  brauch¬ 
baren  Grundmauern  zu  benutzen,  also  auch  die  früheren  Architektur¬ 
formen  für  das  neue  Gebäude  zum  Theil  beizubehalten.  Das  war 
jedenfalls  bei  dem  Baenschschen  Hause,  welches  in  seiner  ursprüng¬ 
lichen  Gestalt  aus  dem  Jahre  1593  stammt,  der  Fall;  ferner  bei  dem 
wahrscheinlich  ebenfalls  aus  dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts  über¬ 
kommenen  Eochschen  Hause,  Breiteweg  203,  das  erst  nach  dem 
Wiederaufbau  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  den  köstlichen  Schmuck 
seines  Erkers  erhalten  hat.  Ziemlich  spät,  1691,  wurde  die  bekannte 
Rathhausfrout  am  Alten  Markt  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  unter  Ober¬ 
leitung  eines  Ingenieur-Hauptmanns  Schmutzen  erbaut,  von  dem  auch 
die  Citadelle  mit  ihren  wirkungsvollen,  an  die  besten  Muster  italieni¬ 
scher  Befestigungs- Architektur  erinnernden  Portalbauten  stammt. 
Leider  ist  von  dem  alten  Rathhausbau,  der  nach  Otto  v.  Guerickes 
Zeugnifs  „schön,  wohl  erbaut  und  mit  vielen  aus  Stein  gehauenen 
oder  gemalten  alten  Monumenten,  Bildern  und  Wappen“  verziert 
war,  nichts,  auch  nicht  einmal  eine  Abbildung  übrig  geblieben.  Dafs 
man  es  hier  mit  einem  prächtigen,  wohl  dem  hervorragendsten  öffent¬ 
lichen  Bauwerk,  der  alten  reichen  Stadt  würdig,  zu  thun  gehabt  hat, 
ist  mit  Bestimmtheit  anzunehmen.  Aber  der  fürchterliche  31.  Mai 
1631  zerstörte  es  bis  auf  die  Kellermauern.  Noch  ausgangs  des 
17.  Jahrhunderts  waren  Ueberreste  des  alten  Baues  vorhanden,  und 
an  dem  Mauerwerk  gegen  Westen  waren  noch  einige  Standbilder 
deutscher  Kaiser  zu  sehen.  Erst  1713  war  der  Bau  des  neuen  Rath¬ 
hauses  im  Aeufseren  und  Inneren  vollendet. 

Eine  lebhafte  Bauthätigkeit  entwickelte  sich  für  Magdeburg  im 
Anfang  des  18.  Jahrhunderts,  und  namentlich  bis  zum  Jahre  1724  ist 
die  Entstehung  'mehrerer  der  wirkungsvollsten  Gebäude  am  Alten 
Markt  und  am  Domplatz  nachzuweisen.  Besonders  hervorgehoben 
zu  werden  verdient  der  sogenannte  „Alte  Packhof“  aus  den  Jahren 
1729—31  mit  seinen  prunkvollen  Architekturformen ,  die  mehr  einem 
Palaste  anzugehören  scheinen  als  einem  Kaufhause,  mit  dem  man  es, 
nach  dem  Bildschmuck  über  den  Thoreinfahrten  zu  urtheilen,  nichts¬ 
destoweniger  zu  thun  hat.  Die  ganze  aufwendige  Architektur  zeugt 
jedenfalls  von  der  Bedeutung,  welche  der  Magdeburger  Handel  zur 
Zeit  der  Errichtung  dieses  Warenspeichers  grofsartigsten  Mafsstabes 
sich  errungen  hatte.  Die  Bauten  nach  1730  weisen  schon  den  ent¬ 
schiedenen  Einflufs  des  Rococo  auf;  aus  dieser  Zeit  hat  u.  a.  das 
Haus  Holzhof  6  mit  reizvollen  Thür-  und  Fenstereinzelheiten,  nament¬ 
lich  fein  gezeichnetem  Gitterwerk  in  Schmiedeeisen,  bei  der  Ver¬ 
öffentlichung  Berücksichtigung  gefunden. 

Wenn  mit  dem  Werke  auch  in  erster  Linie  den  Bürgern  Magde¬ 
burgs  ein  Geschenk  dargebracht  wurde,  aus  dem  sie  pietätvolle 
Achtung  vor  den  glücklicherweise  noch  recht  zahlreichen  Resten 
früherer,  glänzender  Vergangenheit  ihrer  Vaterstadt  erlernen  sollen, 
so  wird  durch  dasselbe  doch  auch  fernerstehenden  Kreisen,  ins¬ 
besondere  den  Fachgenossen,  eine  Fülle  der  Anregung  geboten.  Bei 
dem  Anklang,  den  das  Unternehmen  der  beiden  Vereine  gefunden 
hat,  dürfte  es  nicht  schwer  fallen,  den  beiden  bisher  erschienenen 
Lieferungen  noch  eine  dritte  folgen  zu  lassen,  in  welche  die  zahl¬ 
reichen  wundervollen  Bauwerke  romanischer  und  gothischer  Zeit,  die 
Magdeburg  noch  birgt,  vor  allem  der  Dom  und  seine  Kreuzgänge 
sowie  das  Kloster  „Unser  Lieben  Frauen“  aufzunehmen  sein  würden. 
Jedenfalls  verdient  das  Bestreben,  die  besten  Werke  früherer  Zeiten 
in  künstlerischen  Darstellungen  für  die  Nachwelt  zu  retten,  bevor 
sie  dem  nüchternen  Neuerungsgeiste  weichen  müssen,  lebhafte  An¬ 
erkennung,  und  kann  anderen,  in  gleichen  Verhältnissen  befindlichen 
Städten  nur  dringend  zur  Nachahmung  empfohlen  werden. 

Magdeburg,  im  September  1890.  Peters. 


Kr.  47. 


Centralblatt  der  BauverwaUung, 


483 


Kraiikensclileuse  bei  Betrieben  mit  PreMiift. 


Die  lange  Beschäftigung  in  den  mit  Prefsluft  gefüllten  Räumen 
bei  Gründungsarbeiten  und  Tunnelbauten,  namentlich  aber  eine  allzu 
schnelle  Druckverminderung  beim  Aussteigen  aus  den  Luftschleusen 
haben  eigenartige,  nicht  selten  tödtlich  verlaufende  Krankheits¬ 
erscheinungen  im  Gefolge,  unter  denen  Gliederreifsen  und  Lähmungen 
mit  am  häufigsten  auftreten.*)  Im  ersten  Palle  werden  die  Gelenke 
«m  stärksten  getroffen,  besonders  diejenigen,  welche  während  der 
Arbeitszeit  am  meisten  angespannt  gewesen  sind.  Oftmals  dehnt 
sich  die  Krankheit  bis  in  die  Herzgegend  aus  und  verläuft  dann  in 
der  Regel  tödtlich.  Derartige  Anfälle  werden  in  der  Weise  geheilt, 
dafs  man  die  Arbeiter  in  die  Luftschleusen  zurückbringt,  hier  einen 
angemessenen  Luftdruck  anläfst,  und  denselben  demnächst  ganz  all¬ 
mählich  vermindert.  Diese  Behandlung  hat  natürlich  für  den  Bau¬ 
betrieb  viel  mifsliches,  da  die  Arbeiten  immer  wieder  gestört  und 
hierdurch  verzögert  werden. 

Nach  den  Engineering  News  hat  bereits  1873  der  beim  Bau  der 
East  River-Brücke  beschäftigt  gewesene  Arzt  A.  H.  Smith,  welcher 
über  die  Art  des  Auf¬ 
tretens  und  die  Be¬ 
handlung  der  Prefs¬ 
luft -Krankheiten  um¬ 
fassende  Beobachtun¬ 
gen  angestellt  hat,  den 
Bau  einer  besondern 
Krankenkammer  für 
Prefsluft -Kranke  em¬ 
pfohlen.  Er  ist  aber 
damals  nicht  zur  Aus¬ 
führung  gekommen; 
man  hat  sich  vielmehr 
im  allgemeinen  darauf 
beschränkt ,  die  Lufthähne  eng  zu  machen ,  um  thunlichst  all¬ 
mählichen  Luftausgleich  herbeizuführen.  Man  hielt  im  übrigen 
daran  fest,  dafs  ein  Ausgleich  eines  Luftdruckes  von  2  Atmo¬ 
sphären  in  nicht  kürzerer  Zeit  als  12 — -15  Minuten  stattfinden 
dürfe.  Der  genannte  Arzt  hat  über  die  von  ihm  beobachteten 
Krankheitserscheinungen  einen  umfassenden  Bericht  herausgegeben. 
Weiter  liegen  genauere  Mittheilungen  über  ähnliche  bei  der  Mississippi- 
Brücke  zu  St.  Louis  angestellte  Beobachtungen  des  Arztes  A. 
Jaminet  vor.  Neuerdings  bei  Wiederaufnahme  der  Arbeiten  am 
Hudson-Tunnel  hat  der  Ingenieur  F.  W.  Moir,  wie  bereits  auf  S.  304 
d.  J.  mitgetheilt  ist,  eine  besondere  zweitheilige  Krankenkam'mer  er- 


*)  Vgl.  die  Mittheilungen  auf  Seite  446  d.  J. 


bauen  lassen,  in  der  diejenigen  bei  Schichtwechsel  den  Tunnel  ver¬ 
lassenden  Bergleute  und  Arbeiter,  welche  unter  der  schnellen  Druck¬ 
verminderung  besonders  stark  zu  leiden  haben,  sich  erholen  können. 
Diese  Kammer  ist  als  eine  liegende,  an  einem  Ende  fest  verschlossene, 
am  andern  Ende  und  in  der  Mitte  mit  luftdicht  verschlossenen 
Thüren  versehene  Eisentrommel  hergestellt.  Die  Länge  der  Trommel 
beträgt  4,9  m,  der  Durchmesser  1,8  m.  Die  Nähte  sind  durch  Ver¬ 
stemmen  und  Kalfatern  sorgfältig  gedichtet.  Wie  aus  der  nachstehen¬ 
den  Abbildung  ersichtlich,  hat  jede  Kammer  zwei  durch  einen  mitt¬ 
leren  Durchgang  getrennte  Pritschen  über  einem  hölzernen  Fufsboden. 
Unter  diesem  Boden  liegen  Dampfheizungsrohre  AA,  welche  mittels 
Stopfbüchsen  durch  die  Stirnwände  und  die  Zwischenwand  geführt 
sind.  Zur  Verhütung  allzu  starken  Luftdrucks  —  über  1,75  bis 
2,1  kg/qcm  —  sind  bei  BB  Sicherheitshähne  angebracht.  Glüh¬ 
lampen  sind  zur  Beleuchtung  des  Innern  vorgesehen.  Durch  be¬ 
sondere  Ochsenaugen  C  C  werden  die  Kranken  von  den  aufsen  befind¬ 
lichen  Wärtern  beobachtet,  welche  keine  Veranlassung  zu  ständigem 

Aufenthalt  in  der 
Prefsluft  haben.  Im 
übrigen  ist  für  Zu¬ 
führung  frischer  Luft 
in  das  Innere  stets 
gesorgt  durch  einen 
undicht  schliefsenden 
Hahn ,  durch  welchen 
in  etwa  2  Stunden  völli¬ 
ger  Ausgleich  mit  der 
äufseren  Luft  herge¬ 
stellt  wird,  wenn  der 
im  Luftzuführungsrohr 
befindliche  Absperr¬ 
hahn  geschlossen  wird.  Doch  sind  auch  noch  besondere  Hähne  zum 
schnelleren  Ausgleich  vorgesehen.  Diese  werden  durch  die  Wärter  von 
aufsen  bedient,  von  innen  sind  sie  dagegen  nicht  zugänglich,  damit  die 
soeben  genesenen  Kranken  nicht  durch  selbstthätiges  Oeffnen  einen  zu 
schnellen  Wechsel  des  Luftdrucks,  und  so  unbedachterweise  einen 
Rückfall  herbeiführen  können.  Wenn  nur  die  eine  Kammer  rechts 
von  Kranken  besetzt  ist,  so  bildet  die  andere  die  Ein-  und  Aussteige¬ 
kammer  für  den  behandelnden  Arzt,  welcher  jederzeit  Zutritt  er¬ 
langen  kann,  ohne  dafs  es  einer  Druckverminderung  in  der  Kranken¬ 
kammer  selbst  bedürfte.  Dies  ist  nicht  bezüglich  der  linken  Kammer 
möglich,  wenn  alle  Pritschen  besetzt  sind.  Diejenigen  Kranken, 
welche  zunächst  entlassen  werden  sollen,  werden  in  solchem  Fälle  in 
derri  Raume  links  untergebracht.  — n. 


Vermischtes, 


Zur  Erlaugung  von  Plänen  für  eine  reforinirte  Kirche  in  Enge 
hei  Zürich  eröffnet  der  Kirchenbau- Ausschufs  der  Gemeinde  eine 
allgemeine  Preisbewerbung.  Das  Gotteshaus  soll  1200  Sitzplätze 
enthalten  und  mit  einer  Bausumme  von  350  000  Franken  auf  der 
Bürgliterrasse  des  Ortes  errichtet  werden.  Dem  Preisgerichte,  wel¬ 
chem  als  Techniker  die  Herren  Prof.  Stadler  in  Zürich,  Architekt 
Kelterborn  und  Architekt  Reberin  Basel  sowie  Architekt  Gull  in 
Enge  angehören,  sind  6000  Pranken  zur  Vertheilung  an  die  Verfasser 
der  drei  besten  Entwürfe  überwiesen;  der  Ankauf  weiterer  Entwürfe 
wird  Vorbehalten.  Die  Pläne  sind  zum  15.  Februar  1891  einzureichen, 
das  Programm  usw.  von  der  Gemeinderathskanzlei  zu  beziehen. 

Ueher  deu  Deckeiieinsturz  im  Leipziger  städtischen  Museum, 
welcher  am  9.  d.  M.,  glücklicherweise  ohne  dabei  Menschen  zu  be¬ 
schädigen,  erfolgte,  hat  das  Rathsbauamt  dem  Rathe  der  Stadt 
Leipzig  am  Tage  nach  dem  Unfälle  einen  Bericht  erstattet,  welcher 
in  der  Sitzung  dei  Stadtverordneten  vom  12.  d.  M.  zum  Vortrage 
gelangte,  und  dem  wir  das  nachfolgende,  für  den  Techniker  werth¬ 
volle  Ergebnifs  der  unmittelbar  nach  dem  Einsturze  angestellten 
Untersuchungen  entnehmen: 

„Die  Balkendecke  —  beim  Umbau  des  Museums  wegen  ver¬ 
morschter  und  abgefaulter  Köpfe  mit  Eisen  angeschuht*)  —  ist  intact 
stehen  geblieben.  Dieselbe  besteht  aus  einer  Reihe  gesprengter 
hölzerner  Träger,  deren  jeder  einzelne  durch  Schraubenbolzen  zu¬ 
sammengezogen  ist,  deren  Köpfe  an  der  Unterseite  sichtbar  sind.  Um 
zu  ermöglichen,  dafs  die  Schalung,  ohne  die  genannten  Schrauben¬ 
köpfe  zu  berühren,  gleichmäfsig  angebracht  werden  konnte,  und  um 
die  lichte  Sprengung  (etwa  6  cm  Pfeilhöhe)  horizontal  auszugleichen, 
sind  an  jedem  Träger  oder  Balken  je  eine  Latte  von  7 — 9  cm  Höhe 


*)  Die  Decke  gehörte  also  nicht  dem  im  Jahre  1886  vollendeten 
Erweiterungsbau  (vgl.  Jahrg.  1886,  S.  324  und  365  d.  Bl.)  an,  sondern 
der  ursprünglichen,  in  den  fünfziger  Jahren  errichteten  Anlage. 


an  der  Unterseite  derselben  aufgenagelt  worden.  Die  Befestigung 
dieser  Latten  hat  stattgefunden  mittels  dünner  schmiedeeiserner 
Nägel  von  9 — 15  cm  Länge.  Da  das  Holz  im  Laufe  der  Jahre  natur- 
gemäfs  etwas  zusammengetrocknet  ist,  so  haben  sich  Luftrisse  ein¬ 
gestellt;  es  mögen  diese  Luftrisse  unterhalb  vielfach  mit  der  Reihen¬ 
folge  der  Nägel  zusammengetroffen  sein,  sodafs  letztere,  die  ohnehin 
zu  kurz  waren,  vollständig  frei  wurden.  Damit  ging  der  einzige 
Halt  verloren,  den  die  an  sich  nicht  schwere  Decke  besafs,  und  mufste 
dieselbe  naturgemäfs  herunterfallen,  als  die  Last,  die  schliefslich  nur 
au  einzelnen  Nägeln  hing,  gröfser  wurde  als  die  Tragfähigkeit  der 
Nägel.“ 

Da  die  übrigen  Decken  der  älteren  Museumstheile  dieselbe 
fehlerhafte  Herstellungsweise  zeigen,  so  macht  das  Rathsbauamt  Vor¬ 
schläge  zu  deren  Sicherung,  die  im  wesentlichen  im  Einziehen  ge¬ 
nügend  langer  Holzschrauben  und  Anbringen  von  Winkeleisen  nach 
Beseitigung  des  Putzes  bestehen. 

Werthvolle  Kunstschätze  sind  durch  den  Absturz  nicht  zu 
Schaden  gekommen.  Nur  vier  Gipsabgüsse  wurden  vollständig  zer¬ 
trümmert;  die  übrigen  Abgüsse  sowie  einige  leicht  verletzte  Originale 
werden  sich  ohne  viel  Mühe  ausbessern  lassen. 

Unterirdische  Stadt  -  Ferusprechanlage  in  Berlin.  Die  vom 
Reichs-Postamt  im  vorigen  Jahre  in  Angriff  genommene  Herstellung 
einer  unterirdischen  Stadt-Fernsprechanlage  in  Berlin  ist  dem  Archiv 
für  Post  und  Telegraphie  zufolge  vor  kurzem  vollendet  worden. 
Das  Berliner  Fernsprechnetz,  das  gröfste  der  Welt,  ist  hierdurch  noch 
weiter  vervollkommnet  worden,  sodafs  auf  absehbare  Zeit  hinaus 
eine  ungehinderte  Entwicklung  dieses  Verkehrsmittels  sichergestellt 
sein  dürfte.  Die  unterirdische  Fernsprechanlage  findet  ihre  natür¬ 
lichen  Knotenpunkte  in  den  Vermittlungsämtern;  von  dort  aus 
verzweigen  sich  die  Röhrenstränge,  welche  einerseits  die  Vermittlungs¬ 
ämter  unter  sich  verbinden,  anderseits  nach  den  sogenannten  Kabel¬ 
aufführungspunkten  geleitet  sind.  Bei  den  letzteren  werden  die  in 


484 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng. 


22.  November  1890. 


Röhren  eingezogenen  Fernsprechkabel,  welche  je  28  Leitungen  ent¬ 
halten,  mit  dem  oberirdischen  Drahtnetz  in  Verbindung  gesetzt.  Die 
Eöhrenstränge  haben  insgesamt  eine  Länge  von  rund  34  km ;  hier¬ 
von  sind  in  der  Nähe  der  Vermittlungsanstalten,  wo  die  meisten 
Kabel  zusammenlaufen,  rund  10  km  als  Doppelstrang  mit  zwei  neben¬ 
einander  liegenden  Röhren  gebaut.  Für  diese  Röhrenstränge  sind 
42  075  m  gufseiserne  Normal  -  Mufl’enröhren  von  20  bis  40  cm  lichter 
Weite  verwendet  worden,  von  denen  die  Röhren  mit  dem  gröfsten 
Querschnitt  bis  zu  90  Stück  Kabel  aufzunehmen  vermögen.  Das  Ge¬ 
samtgewicht  der  eingebetteten  Röhren  beträgt  4  545  746  kg;  522  ge¬ 
mauerte  Kabelbrunnen  gestatten  den  jederzeitigen  Zugang  zu  den 
Röhren.  Aufserdem  sind  an  besonders  schwierigen  Stellen  (Strafscn- 
übergängen  usw.)  etwa  100  m  schmiedeeiserne  Kasten  eingelegt  und 
135  m  gemauerte  Canäle  hergestellt  worden.  212  m  eiserne  Kabel¬ 
kasten  überspannen  an  verschiedenen  Punkten  die  Spree  und  die 
Schitfahrtscanäle.  —  Das  Einziehen  der  Kabel  in  die  Röhren  erfolgt 
je  nach  Bedarf  und  ist  gleichfalls  aufserordentlich  gefördert  worden. 
Innerhalb  eines  Jahres  sind  6384  Leitungen  mit  einer  Gesamtlänge 
von  rund  3685  km  in  die  Röhren  eingezogen  worden.  Hiervon  be¬ 
finden  sich  schon  3823  Leitungen  mit  einer  Länge  von  1489  km  im 
Betrieb.  Täglich  werden  weitere  Leitungen  dem  unterirdischen  Netz 
hinzugefügt.  Das  Reichs-Postamt  geht  nach  dem  bahnbrechenden 
Erfolge  der  Berliner  Anlage  damit  um,  auch  in  anderen  grofsen 
Städten  des  Reichs-Telegraphengebietes,  in  denen  sich  ein  Bedürfnifs 
dazu  heraussteilen  sollte,  unterirdische  Anlagen  herstellen  zu  lassen. 

Die  Regelung  des  Fiiliruerksverkehrs  in  den  Strafseii  der 
Londoner  Innenstadt.  Je  weniger  die  engen  Strafsen  in  der  Londoner 
Verkehrsstadt,  als  welche  man  die  City  und  das  Westend  ansehen 
mufs,  dem  gewaltigen  Wogen  und  Drängen  des  Werktagsverkehrs 
gewachsen  sind,  um  so  mehr  erregt  die  Ordnung  und  Gesetzmäfsig- 
keit  die  billige  Bewunderung  jedes  Besuchers  der  Hauptstadt,  mit 
welcher  sich  der  Strom  dieses  Massenverkehrs,  über  dessen  Umfang 
auf  S.  199  d.  J.  einige  Zahlenangaben  enthalten  sind,  in  den  engen 
Strafsencanälen  fortbewegt.  Regelloses  Drängen  der  Fuhrwerke, 
Zank  und  Streit  der  Wagenlenker  sind  eine  seltene  Erscheinung. 
Fragt  man  aber  nach  den  etwa  behördlicherseits  getroffenen  Mafs- 
nahmen  zur  Regelung  der  Verkehrsbewegungen,  so  erfährt  man,  dafs 
abgesehen  von  der  Ueberwachung  durch  eine  Anzahl  von  Schutz¬ 
mannsposten  die  stadtväterliche  Fürsorge  überhaupt  nur  in  ganz 
vereinzelten  Fällen  Anlafs  zu  bestimmten  Festsetzungen  in  dieser 
Richtung  genommen  hat.  Sie  überläfst  vielmehr  das  allermeiste  den 
etwaigen  Bestimmungen  der  Fuhrherren,  dem  bewährten  Talente  des 
Steuerns  der  Rosselenker  und  dem  in  der  ganzen  Entwicklung  des 
englischen  Volkes  begründeten  Sinn  für  Wohlanständigkeit  und 
weifs,  dafs  mit  diesem  Vertrauen  kein  Mifsbrauch  getrieben  wird. 

Im  Strafsenverkehr  der  Innenstadt  kommen  die  Pferdebahnen 
nicht  in  Frage.  Das  Parlament  hat  die  Anlage  dieser  Bahnen  im 
Bezirke  des  innenstädtischen  Massenverkehrs  für  zu  gefährlich  er¬ 
achtet.  Daher  endigen  diese  Verkehrsmittel,  entgegen  anderen  Grofs- 
städten  —  New-York,  Berlin  usw.  — ,  rings  am  Umfange  dieses 
Verkehrsgebietes,  in  gewisser  Uebereinstimmung  mit  den  oberirdisch 
mündenden  Eisenbahnen.  Ein  gleiches  Verbot  ist  bezüglich  der 
Themsebrücken  in  Kraft,  auf  welchen  in  Anbetracht  des  riesigen 
Verkehrs  Pferdebahnen  ebenfalls  nicht  geduldet  werden.  Der  innen¬ 
städtische  Personenverkehr  fällt  daher  auch  vorwiegend  den  überaus 
zahlreichen  Omnibus  zu,  für  welche  eine  zwingende  Vorschrift  insofern 
besteht,  als  sie  Bestrafungen  ausgesetzt  sind,  wenn  sie  Reisende 
anders  als  auf  der  linken  Seite  aufnehmen  oder  absetzen.  Wie  im 
Eisenbahnverkehr,  so  wird  in  England  auch  im  Strafsenverkehr 
links  gefahren  und  links  ausgebogen. 

Jedem  Londoner  Fuhrwerksführer  ist  im  übrigen  die  Wegeregel, 
dafs  schweres  Fuhrwerk  an  der  linken  Seite  neben  dem  Bürgersteig 
fahren  und  die  Wegemitte  für  Omnibus,  Droschken  und  sonstiges 
leichteres  Fuhrwerk  freilassen  mufs,  in  Fleisch  und  Blut  über¬ 
gegangen.  Die  Regel  hat  sich  aus  den  Verkehrsverhältnissen  heraus 
als  die  zweckmäfsigste  hauptsächlich  deshalb  herausgestellt,  weil  die 
Rollfuhrwerke  gewöhnlich  an  den  Thüren  der  Kaufleute  Güter  an¬ 
nehmen  und  abgeben.  Diese  Regel  haben  einzelne  grofse  Geschäfts¬ 
häuser  ihren  Fuhrleuten  noch  ganz  besonders  eingeschärft.  So 
hat,  wie  der  Daily  Telegraph^  welchem  die  folgenden  Mitthei¬ 
lungen  im  wesentlichen  entlehnt  sind,  berichtet,  das  Speditions¬ 
haus  Maple  u.  Co.  ihren  Bediensteten  aufgegeben,  so  dicht  als  nur 
möglich  an  den  Bordsteinen  zu  fahren  und  diese  nur  beim  Aus¬ 
weichen  zu  verlassen.  Ein  solches  Ausweichen  läfst  sich  aber  natur- 
gemäfs  nicht  überall  vermeiden.  Namentlich  ist  dies  der  Fall  in  der 
Cheapside,  der  Hauptverkehrsader  der  City,  wo  in  Wirklichkeit  nur 
vier  Wagenbreiten  zur  Verfügung  stehen,  aber  für  gewöhnlich  die 
eine  und  häufig  auch  die  andere  Strafsenseite  neben  den  Fufssteigen 
von  ^illstehenden  Fuhrwerken  besetzt  sind.  Durch  diese  Strafse 
bewegen  sich  täglich  bis  zu  15  000  Fuhrwerke,  sehr  häufig  im  ge-  ' 


wöhnlichen  Schritt.  Ein  ähnlich  starker  Verkehr  findet  in  der 
Gnadenkirchstrafse  (Gracechurch  Street)  statt,  in  welcher  viele  von 
der  London-Brücke  kommende  Wagen  verkehren.  Als  die  verkehrs¬ 
reichsten  Strafsen  werden  indes  die  Neue  und  Alte  Breitestrafse 
(New-  und  Old  Broad  Street)  bezeichnet,  durch  welche  aufser  den 
unzähligen  Droschken  und  Lastfuhrwerken  noch  täglich  etwa  5000 
Omnibus  von  und  nach  den  Bahnhöfen  an  der  Liverpool-  und  Breiten 
Strafse  verkehren.  Die  Leadenhall  Strafse,  die  grofse  Verkehrsader 
des  östlichen  Theiles  der  City,  ist  kaum  breit  genug  für  drei  Wagen¬ 
reihen.  Holborn,  welche  einen  ähnlich  starken  Verkehr  wie  die 
Citystrafsen  aufweist,  hat  im  Gegensatz  hierzu  Raum  für  fünf 
Wagenreihen.  Hier  ist  es  daher  auch  in  der  Zeit  des  dichtesten 
Verkehrs  möglich,  was  bei  den  engeren  Strafsen  nicht  vorkommt, 
dafs  hin  und  wieder  Fuhrwerke  aus  der  Reihe  brechen,  um 
andere  zu  überholen.  Die  Königin  Victoria  -  Strafse  (Queen 
Victoria  Street)  in  der  City  ist  eine  andere  und,  weil  neuere, 
auch  breitere  Verkehrsstrafse,  doch  ist  hier  der  Verkehr  erheblich 
geringer,  als  in  der  anstofsenden  Cannon-Strafse,  durch  welche  täg¬ 
lich  10  000  Fuhrwerke  gehen.  Einer  der  allerwichtigsten,  aber  gleich¬ 
zeitig  auch  am  allerwenigsten  zulänglichen  Canäle  für  den  Wagen¬ 
verkehr  ist  die  London-Brücke.  Hier  bestehen  vier  Verkehrslinien, 
je  zwei  nebeneinander  nach  jeder  Richtung.  Hier  hat  denn  auch  die 
Polizei  Verwaltung  die  ganz  bestimmte  Vorschrift  erlassen,  dafs  Roll¬ 
wagen  und  Lastfuhrwerke  Schritt  fahren  und  sich  dicht  an  den  Bord¬ 
steinen  an  der  linken  Seite  halten,  die  gleichgerichteten  im  Trabe 
fahrenden  Fuhrwerke  sich  aber  in  der  Mitte  daneben  bewegen  sollen. 
Ausweichen  ist  natürlich  auf  der  Brücke  für  gewöhnlich  ganz  aus¬ 
geschlossen  und  das  etwaige  Liegenbleiben  eines  Fuhrwerkes  giebt 
allemal  zu  empfindlichen  Verkehrsstörungen  Anlafs.  In  breiteren 
Verkehrsstrafsen,  wie  Edgware  Road  und  Bayswater  wird  durch  die 
Vorschriften  des  bereits  gedachten  und  anderer  Geschäftshäuser 
hauptsächlich  bezweckt,  die  Gefahr  von  Zusammenstöfsen  zu  ver¬ 
ringern  und  den  leichteren  Fahrzeugen  freieren  Weg  zu  lassen. 
Erst  in  zweiter  Reihe  kommt  hierbei  der  Umstand  in  Betracht,  dafs 
die  Fuhrleute  in  Befolgung  dieser  Vorschriften  gehalten  sind,  der 
Neigung  der  Zugthiere  zu  begegnen,  nach  der  Strafsenmitte  hin  ab¬ 
zulenken,  um  der  auf  der  schiefen  Ebene  nicht  zu  vermeidenden  un¬ 
gleichen  Lastverth eilung,  welche  gröfsere  Anstrengungen  für  die 
Thiere  im  Gefolge  hat,  zu  entgehen. 

In  der  City  wächst  der  Verkehr  von  Jahr  zu  Jahr  mehr  an,  und 
doch  ist  derselbe  bereits  jetzt  so  stark,  dafs  die  engen  Strafsen  in 
den  Zeiten  lebhaften  Verkehrs  bis  zum  Uebermafs  vollgestopft  sind. 
130  Schutzleute  und  Wachtmeister  sind  ständig  im  Dienste,  um  den 
Cityverkehr,  namentlich  an  den  Strafsenkreuzungen  zu  regeln  und 
den  Fufsgängern  das  Ueberschreiten  der  Strafsen  zu  ermöglichen. 
Es  ist  erfreulich  zu  sehen,  wie  einerseits  die  Fuhrwerksführer  den 
leisesten  Winken  dieser  Beamten  sofort  willig  gehorchen,  und  wie 
anderseits  die  Beamten  selbst  ihre  ganze  Kraft  in  den  Dienst  des 
Publicums  stellen. 


Neue  Patente. 

Scliützenwelir  mit  schräg  zur  Welirachse  niederleghareu  Gries¬ 
säulen.  Patent  Nr.  51154.  F.  Reeder  in  Hamm  (Westf.).  —  Die 
aus  X -Eisen  bestehenden  Griessäulen  haben  schräg  zur  Wehrachse 
liegende  Drehachsen,  sodafs  sie  sich  auf  der  Sohle  neben  einander 
betten  können.  Bei  geschlossenem  AVehr  sind  die  Griessäulen  mit 


ihren  oberen  Enden  an  der  Brücke  befestigt,  während  ihre  Verbin¬ 
dungsketten  über  Wasser  schweben.  Beim  Niederlegen  gleitet  die 
Kette  der  niederzulegenden  Säule  durch  eine  Oefifnung  der  nächsten 
noch  stehenden  Säule  so  lange,  bis  ein  in  die  Kette  eingeschalteter 
Knauf  sich  vor  die  Oeffnung  legt.  Die  Kette  der  letzten  Griessäule 
bleibt  mit  dem  Landpfeiler  in  Verbindung. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


485 


Centralblatt  der  Bauverwaltimg. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  29.  NoYember  1890. 


ßedaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen:  j 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  hei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Thätigkeit  der  preufsischen  Wasserhan -Verwaltung  iuiicr- 
halb  der  Jahre  1880  bis  1890.  —  Personal  -  Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Ver¬ 
mischtes:  Preisbewerbung  zur  Errichtung  einer  Hospitalanlage  in  Stuttgart.  — 
Architektur-Ausstellung  in  Turin.  —  Preisausschreiben  zu  eiuem  gursciseriien  Strafsen- 

brunncn-Stock.  —  Preisausschreiben  der  Warschau- Wicncr-Eisenbahn-Gesellschaft  in 

1  Warschau.  —  Gcdenkhlatt  für  die  llamburg-Americauische  Packctfahrt-Actien-Gesoll- 
schaft.  —  Forth-  und  Clyde  Canal.  —  Staats-Eisenhahiihauten  iu  Siam.  —  Büclier- 
1  schau. 

Amtliche  Mittheilungen. 

Die  Thätigkeit  der  preufsischen  Wasserbau -Verwaltung 

innerhalb  der  Jahre  1880  bis  1890. 


Inhalt 

Seite 

1.  Die  Wasserstrafsen  und  Häfen  für  die  Binnenschiffahrt.  — 

Brückenbauten . t 

J  48o 

A.  Bewilligung  der  Geldmittel: . f 

a)  zur  Unterhaltung  der  Bauwerke  und  Kegulirung 

solcher  Flüsse,  für  welche  der  Landesvertretung 
besondere  Bau-  und  Finanzpläne  nicht  vorge¬ 
legt  sind,  . 485 

b)  zur  Regulirung  der  Ströme,  für  welche  der  Landes¬ 

vertretung  besondere  Bau-  und  Finanzpläne  vorge¬ 
legt  sind, . 486 

c)  zur  sonstigen  Förderung  der  Binnenschiffahrt,  zu 

Brückenbauten  usw . 488 

B.  Verwendung  der  bewilligten  Geldmittel; 

a)  im  allgemeinen . i 

b)  im  besonderen . ’  488 

1.  das  Eheingebiet . I 

2.  das  Emsgebiet .  489 

3.  das  Wesergebiet . \ 

4.  das  Elbegebiet . f 

5.  die  Wasserstrafsen -zwischen  Elbe  und  Oder  .  .  491 

6.  das  Odergebiet . 492 


Seite 

7.  das  W eichseigebiet . \  .qo 

8.  das  Pregelgebiet . 1 

9.  das  Memelgebiet . \ 

C.  Erfolge . !  494 

a)  die  Gröfse  und  Tragfähigkeit  der  Fahrzeuge  .  .  > 

b)  die  Entwicklung  des  Verkehrs . 495 

11.  Die  Seebauten . \  ^gg 

a)  Schiffahrtszeichen . f 

b)  Uferschutz-  und  Dünenbauten . 

c)  Seehäfen . 

1.  der  Hafen  zu  Memel . '  497 


2.  der  Hafen  zu  Pillau  und  die  Häfen  am  Frischen 

Haff . ^ 

3.  der  Hafen  zu  Neufahrwasser . i 

4.  die  Hinterpommerschen  Häfen . j 

5.  der  Hafen  zu  Swinemünde . | 

6.  die  Häfen  in  Sehleswig-Holstein . J  498 

7.  der  Hafen  zu  Harburg . 

8.  der  Hafen  zu  Geestemünde . ! 

9.  die  Emshäfen  zu  Emden  und  Leer . j 

10.  Staatszuschüsse . \  ^gg 

d)  Fürsorge  für  die  Hochseefischerei . f 


In  ihren  Bemühungen,  die  preufsischen  Wasserstrafsen  in  einen 
Zustand  überzuführen,  welcher  sie  befähigt,  die  für  die  Beförderung 
auf  den  Eisenbahnen  weniger  geeigneten  Massengüter  verhältnifs- 
mäfsig  billig  auf  gröfsere  Entfernungen  fortzubewegen,  ebenso  in 
ihrem  Bestreben,  durch  die  Verbesserung  und  Vermehrung  der  See¬ 
häfen,  der  Seezeiehen  usw.  auf  die  Seeschiffahrt  fördernd  einzuwirken, 


hat  die  Wasserbau -Verwaltung  in  der  öffentlichen  Meinung  wesent¬ 
liche  Unterstützung  gefunden.  Die  Bereitwilligkeit  sowohl  der 
preufsischen  Finanzverwaltung  als  auch  der  Landesvertretung,  die  zur 
Durchführung  der  geplanten  Verbesserungen  erforderlichen  Geldmittel 
zu  gewähren,  hat  ihr  dabei  kräftig  zur  Seite  gestanden. 


I.  Die  Wasserstrafsen  und  Häfen  für  die  Binnenschiffahrt.  — 

Brückenbauten. 


In  Bezug  auf  die  Förderung  der  Binnenschiffahrt  ist  die  Thätig¬ 
keit  der  Wasserbau -Verwaltung  in  gleichem  Mafse,  wie  der  Ver¬ 
besserung  der  schiffbaren  Flüsse  und  Ströme  nebst  den  zugehörigen 
Häfen  und  der  wirthschaftlichen  Unterhaltung  des  Geschaffenen,  auch 
den  Canälen  zugewandt  gewesen,  deren  weiterer  Ausbau,  soweit  es 
dem  Staats-  und  Verkehrsinteresse  nützlich  zu  sein  schien,  angestrebt 

A.  Bewilligung 

a)  Zur  Unterhaltung  der  Bauwerke  und  Regulirung  solcher 
Flüsse,  für  welche  der  Landesvertretung  besondere  Bau-  und 
Finanzpläne  nicht  vorgelegt  sind. 

Auf  die  allgemeine  Verbesserung  der  Wasserstrafsen  waren  bereits 
in  den  früheren  Jahren  erhebliche  Geldmittel  aufgewendet  worden, 
dagegen  hatten  für  die  ordnungsmäfsige  Unterhaltung  der  Eegulirungs- 
werke  die  erforderlichen  Summen  nicht  zur  Verfügung  gestellt  werden 


worden  ist.  Nicht  minder  ist  dem  Landverkehr  durch  Verbesserung 
und  Vermehrung  der  Brücken  usw.  die  erwünschte  Förderung  zu 
Theil  geworden.  Eine  Uebersicht  über  diese  Gesamtthätigkeit  wird 
sich  am  besten  gewinnen  lassen,  wenn  die  Bewilligung  der  erforder¬ 
lich  gewesenen  Geldmittel,  deren  Verwendung  und  die  erzielten  Er¬ 
folge  in  getrennten  Abschnitten  erörtert  werden. 

der  Oeldmittel. 

können.  Da  hiernach  in  erster  Linie  für  die  Sicherstellung  des 
Bestehenden  Sorge  zu  tragen  war,  so  haben  die  in  den  „dauernden 
Ausgaben“  des  Etats  der  Bauverwaltung  für  die  Unterhaltung  der 
Wasserstrafsen  alljährlich  bewilligten  Geldmittel  innerhalb  der  letzten 
zehn  Jahre  eine  stetige  Erhöhung  erfahren  müssen,  welche  fernerhin 
auch  noch  dadurch  bedingt  wurde,  dafs  sich  im  Laufe  dieser  Jahre 
die  zu  unterhaltenden  Bauwerke  nach  Zahl,  Umfang  und  Bedeutung 
fortschreitend  und  sehr  beträchtlich  vermehrten,  nicht  minder  dadurch. 


486 


Gentralblatt  der  Bauverwaltuug. 


29.  November  1890. 


dal's  die  erhebliche  Steigerung  des  Verkehrs,  insbesondere  die  Zu- 
iialiinc  des  Dampfschiff-Betriebes  ciuc  erhöhte  Fürsorge  für  die  Unter¬ 
haltung  der  Wasserstrafsen  bedingte. 

Bis  zum  Jahre  1880  erfolgte  die  Bewilligung  der  hier  in  Betracht 
kommenden  etatsmäfsigen  Geldbeträge  unter  folgenden  Titeln: 

Cap.  66  Tit.  11.  Zur  Unterhaltung  der  Binnenhäfen  und 
-Gewässer,  Leinpfade  und  Wasserleitungen,  sowie  von  Fähren  und 
Brücken  über  schiffbare  Gewässer. 

Tit.  T2.  Zur  Unterhaltung  der  Canäle  und  der  dazu  gehörigen 
Bauwerke. 

Tit.  15.  Zu  Stromregulirungen  und  llafenbauten,  einschliefslich 
der  Entschädigungen  für  Beseitigung  der  Schiffahrt  hinderlicher  An¬ 
lagen,  sowie  zu  Vorarbeiten  für  Wasserbauanlagen. 

Zn  'l’it.  15  pflegten  unter  den  „Einmaligen  und  aufserordentlichen 
Ausgaben"  besondere  Zuschüsse  für  die  eigentlichen  Neubauten  sowie 
für  die  Kegulirung  der  gröfseren  Ströme  bewilligt  zu  werden.  U)n 
indessen  die  Schwierigkeiten  zu  beseitigen,  mit  welchen  die  Scheidung 
zwischen  den  reinen  Unterhaltungs-  und  Neubau-Arbeiten  verbunden 
war,  und  um  für  die  kleinen  Neu-,  Um-'und  Ergänzungsbauten,  sowie 
für  die  Eegulirung  der  kleineren  Flüsse  im  Ordinarium  des  Etats 
eine  Deckung  zu  finden,  wurde,  zuerst  im  .Tahre  1880/81  und  dann  in 
allen  folgenden,  eine  anderweitige  Anordnung  des  Etats  der  Wasser¬ 
bauverwaltung  durchgeführt,  wobei  die  Zweckbezeichnung  der  bis 
dahin  ausschliefslicb  zur  Unterhaltung  der  Wasserbauanlagen  be¬ 
stimmten  Fonds  entsprechend  erweitert,  anderseits  die  Bereitstellung 
der  Kosten  für  gröfserc  Neubauten  und  llauptreparaturen  sowie  für 
die  Kegulirung  der  gröfseren  Ströme  dem  Extra  ordinarium  zugewiesen 
wurden. 

Die  Bewilligung  der  „Dauernden  Ausgaben“  erfolgt  nunmehr 
unter  folgenden  Titeln: 

Cap.  65  Tit.  16.  Zur  Unterhaltung  der  Binnenhäfen  und  Binnen¬ 
gewässer,  Leinpfade  und  Wasserleitungen,  von  Fähren  und  Brücken 
über  schiffbare  Gewässer,  mit  Ausschlufs  der  gröfseren  Neubauten 
und  Hauptreparaturen,  zur  Eegulirung  von  Strömen  und  Bezeichnung 
des  Fahrwassers  in  denselben,  auch  zur  Gewährung  von  Beihülfen 
zur  Förderung  von  der  Binnenschiffahrt  nützlichen,  wie  von  Ent¬ 
schädigungen  für  die  Beseitigung  von  der  Binnenschiffahrt  hinder¬ 
lichen  Anlagen  und  zu  "NArarbeiten  für  Wasserbauanlagen  jeder  Art. 

Tit.  17.  Zur  Unterhaltung  der  Canäle  und  der  dazu  gehörigen 
baulichen  Anlagen,  mit  Ausschlufs  der  gröfseren  Neubauten  und 
llauptreparaturen, 

wobei  aus  dem  bisherigen  Fonds  Cap.  66  'J’it.  15  „Zu  Strom¬ 
regulirungen  und  llafenbauten“  angemessene  Theile  auf  den  neuen 
Fonds  Cap.  65  Tit.  16  übertragen  wurden. 

Die  nachfolgende  Tabelle  giebt  die  Höhe  der  in  den  letzten 
zehn  Jahren  auf  die  vorgenannten  Titel  der  „Dauernden  Ausgaben“ 
für  die  Lbiterbaltung  der  Wasserbauwerke  sowie  für  die  Eegulirung 
der  kleineren  Flüsse,  insbesondere  der  Stör,  Krückau,  Pinnau,  Leine, 
Aller,  Oste,  Este,  Hamme,  Hase,  Lahn,  Saar,  des  Maines,  der  Oder 
von  der  Neifsc  aufwärts,  der  Werra,  erfolgten  Bewilligungen  über¬ 
sichtlich  an: 


Kechnungsjahr 

Cap.  65  Tit.  16 
Binnenhäfen  und 
Binnengewässer 

Cap.  65 

Tit.  17 
!  Canäle 

Zusammen 

IMark,  die  Zahlen  abgerundet 

1880/81 

6  079  000 

787  000 

6  866  000 

1881/82 

6  103  000 

788  000 

6  891  000 

1882/83 

5  778  000 

802  000 

6  580  000 

1883/84 

6  371  000 

900  000 

7  271  000 

1884/85 

6  373  000 

921  000 

7  294  000 

1885/86 

6  397  000 

921  000 

7  318  000 

1886/87 

7  287  000 

592  000 

7  879  000 

1887/88 

7  309  000 

577  000 

■  7  886  000 

1888/89 

7  314000 

607  000 

7  921 000 

1889/90 

8  299  000 

607  000 

8  906  000 

Zusammen  in  10  Jahren  . 

74  812  000 

Die  gröfseren  Erhöhungen  der  Etatssummen,  welche  in  den 
Jahren  1883/84  und  1889/90  bemerkbar  sind,  beruhen  auf  eingehenden 
Veranschlagungen  der  regelmäfsigen  Unterhaltungskosten  für  die  mit 
dem  Fortgang  der  Stromregulirungen  an  Zahl  allmählich  zunehmen¬ 
den  Strombauwerke,  während  im  Jahre  1886/87  aus  Zweckmäfsigkeits- 
gründeu  zugleich  eine  die  Gesamtsumme  nicht  wesentlich  verändernde 
A’’erschiebung  der  Fonds  innerhalb  der  Titel  16  und  17  statt¬ 
gefunden  hat. 

Im  ganzen  haben  sich  innerhalb  der  Jahre  1880  bis  1890  die  für 
die  Unterhaltung  der  Wasserbau  werke  jährlich  erforderlich  werden¬ 
den  Summen  um  2  040  000  M  erhöht. 


Die  Wasserbauverwaltung  ist  dauernd  bemüht,  durch  gewissen¬ 
hafte  und  dabei  sparsame  Verwendung  der  für  die  Unterhaltung 
ihrer  Bauwerke  zur  Verfügung  gestellten  Geldmittel,  deren  Ver- 
theilung  auf  die  verschiedenen  Strom-,  Flufs-  und  Canalgebiete  je 
nach  Bedürfnifs  erfolgt,  den  Bestand  und  die  Erfolge  der  demnächst 
zu  besprechenden  Bauausführungen  auch  für  die  Zukunft  sicher  zu 
stellen,  desgleichen  die  zur  Kegulirung  der  kleineren  Flüsse  be¬ 
stimmten  Summen  zweckentsprechend  und  planmäfsig  zu  verwenden. 

b)  Zur  Regulirung-  der  Ströme,  für  welche  der  Landesvertretung 
besondere  Bau-  und  Finanzpläne  vorgelegt  sind. 

Für  die  Höhe  der  zu  den  Stromregülirüngen  während  der 
Berichtsjahre  geforderten  und  bewilligten  Summen  war  die  Absicht 
mafsgebend,  die  preufsischen  Wasserstrafsen  in  einen  Zustand  über¬ 
zuführen  ,  welcher  einerseits  die  Sicherheit  und  Schnelligkeit  des 
Schiffahrtsbetriebes  gewährleistete,  anderseits  die  Möglichkeit  geben 
sollte,  nicht  allein  die  vorhandenen  Schiffsgefäfse  durch  höhere  Be¬ 
lastung  mehr  als  bisher  auszunutzen,  ,  sondern  auch  gröfsere  und 
tiefer  gehende,  also  erheblich  tragtähigere  Fahrzeuge,  als  die  bis 
dahin  üblichen,  in  Gebrauch  zu  nehmen. 

Die  Sorge  für  die  Sicherheit  und  Schnelligkeit  des 
Schiffahrtsbetriebes  bedingt  die  Behebung  natürlicher  und 
künstlicher  Schiffahrtshindernisse  durch  Beseitigung  gefährlicher 
Untiefen,  insbesondere  fester  Bäidce,  Klippen  und  Steingerölle  aus 
dem  Fahrwasser,  die  Erweiterung  von  Strom-Engen,  die  Milderung 
oder  Umgehung  zu  scharfer  Krümmungen,  die  Erweiterung  zu  enger 
und  Erhöhung  zu  tief  liegender  Brücken  und  die  Entfernung  von 
Schiffsmühlen,  Fischwehren  und  ähnlichen  Hindernissen,  ferner  den 
Ausbau  der  vorhandenen  und  die  Anlegung  neuer  Leinpfade  und  von 
Molen  an  Flufsinündungen,  endlich  die  Vermehrung  und  Verbesserung 
der  Sicherheits-  und  Winterhäfen. 

Kann  durch  dergleichen  Ausführungen  für  die  Hebung  des 
Schiffsverkehrs  schon  viel  geschehen,  so  bleibt  doch  der  Hauptzweck 
der  vorzunehmenden  Verbesserungen:  die  Erhöhung  der  Trag¬ 
fähigkeit  der  Schiffsgefäfse,  wobei  allerdings  auf  die  zweck¬ 
entsprechende  Bauart  der  Schiffe  innerhalb  der,  durch  die  Beschaffen¬ 
heit  der  Wasserstrafsen  gegebenen  Gröfsenverhältnisse  die  Bau¬ 
verwaltung  einen  unmittelbaren  Einflufs  nicht  auszuüben  vermag. 

Nach  der  Länge  und  Breite  ist  die  Gröfse  der  Fahrzeuge  be¬ 
grenzt:  bei  den  freien  Strömen  und  Flüssen  durch  die  Breite  des 
Fahrwassers  und  den  Krümmungshalbmesser  der  Biegungen,  bei  den 
canalisirten  Flüssen  und  den  Canälen  durch  das  Querprofil  der 
letzteren  und  die  Gröfse  der  Schleusenkammern,  in  Bezug  auf  den 
Tiefgang  dagegen  in  allen  Fällen  durch  die  Tiefe  des  Fahr- 
w-assers.  Während  diese  bei  den  canalisirten  Flüssen  und  den 
Canälen  im  allgemeinen  gleichbleibend  ist  und  gleich  den  sonstigen 
Abmessungen  dem  Bedürfnifs  entsprechend  festgestellt  werden  kann, 
wechselt  bei  den  freien  Strömen  und  Flüssen  die  Fahrtiefe  mit  der 
jederzeitigen  Höhe  des  Wasserstandes,  welche  vom  Willen  und  der 
Kraft  des  Menschen  unabhängig  ist.  Auf  denjenigen  freien  Ge¬ 
wässern  aber  wird  sich  der  Schiffsverkehr  am  vortheilhaftesten  ent- 
Avickeln  können,  welche,  abgesehen  von  der  sonstigen  Gestaltung  des 
Fahrwassers,  bei  den  kleinsten  Wasserständen  in  ihrer  gesamten 
iJingenausdehnung  die  gröfste  Fahrtiefe  aufzuweisen  haben. 

Die  zur  Vergröfserung  der  Fahrtiefe  anzuwendenden  technischen 
Mittel  sind  je  nach  der  Natur  des  Stromes  verschieden,  da  in  den 
seltensten  Fällen  ein  unmittelbares  Eingreifen,  etwa  durch  Bagge¬ 
rungen,  dauernd  zum  Ziele  führt,  der  Strom  vielmehr  durch  Eegu- 
lirungswerke  gezwungen  werden  mufs,  sein  Bett  durch  die  Kraft  der 
Strömung  an  der  gegebenen  Stelle  selbst  zu  vertiefen  und  tief  zu 
erhalten,  wobei  der  Erfolg  der  Werke  von  der  Wässermenge,  welche 
der  Strom  führt,  von  seinem  Gefälle  und  der  Beschaffenheit  des 
Untergrundes  abhängig  bleibt. 

Um  übersehen  zu  können,  welche  Ziele  der  planmäfsigen  Ke¬ 
gulirung  der  preufsischen  Ströme  und  bedeutenderen  schiffbaren 
Flüsse  überhaupt  gestellt  sind,  d.  h.  welche  Fahrtiefen  bei  den 
niedrigsten  Wasserständen  erreicht  werden  könnten,  ferner,  welche 
Geldmittel  zur  Erfüllung  jener  Ziele  erforderlich,  endlich,  welche 
Zeiträume  hierfür  zu  beanspruchen  sein  würden,  ist  am  Anfänge  der 
Berichtsperiode  über  jedes  jener  Gewässer  eine  Denkschrift  aus¬ 
gearbeitet  worden. 

Diese  Denkschriften,  welche  zugleich  die  hydrotechnische  Be¬ 
schreibung  der  Gewässer  und  den  Nachweis  der  bisher  ausgeführten 
Kegulirungsarbeiten  enthalten,  sind  dem  Landtage  der  Monarchie  wie 
folgt  vorgelegt  worden: 

Am  3.  November  1879,  die  Denkschrift,  betreffend  die  Kegulirung 
der  Weichsel,  der  Oder,  der  Elbe,  der  Weser  und  des  Rheins, 
hierzu  die  den  Etats  der  Bauverwaltung  für  1885/86  und  1886 '87 
beigefügten  Nachträge: 

aj  betreffend  die  Eegulirung  der  Weser, 


Jir.  48. 


Centralblatt  der  Bauverwaltüiig 


487 


b)  betreffend  die  Eegulirung  der  Weichsel  im  Kegierungsbczirk 
Danzig, 

am  27.  October  1880,  die  Denkschrift,  betreffend  die  Eegulirung 
der  Spree  und  Havel,  der  Mosel,  des  Pregels  nebst  Deime  und 
Alle  und  der  Memel  mit  ihren  Mündungsarmen  Eufs,  Atmath 
und  Gilge, 

am  21.  Januar  1882,  die  Denkschrift,  betreffend  die  Eegulirung  der 
Warthe,  der  Unstrut  und  Saale  von  Artern  bis  zur  Einmündung 
in  di^  Elbe,  sowie  der  Ems  von  Greven  bis  Emden. 

Hinzugekommen  ist  noch; 

am  30.  Januar  1882,  die  Denkschrift,  betreffend  die  geschäftliche 
Lage  der  preufsischen  Canalprojecte, 

deren  Inhalt  jedoch  durch  die  Thatsachen  inzwischen  überholt 
worden  ist. 

Aus  diesen  Denkschriften  werden  nachstehend,  geordnet  nach 
den  Hauptströmen  und  ihren  Nebenflüssen  in  der  Eeihenfolge  von 
Westen  nach  Osten,  die  Ziele  der  Eegulirung,  die  zur  Erreichung 
derselben  nothwendige  Zeit  und  die  dazu  für  erforderlich  erachteten, 
durch  Kostenüberschläge  ermittelten  Geldbeträge  mitgetheilt. 


1.  Das  Eheiu- 
gebiet. 


I 

I 


j 

I 


2.  Das  Eins- 
geMet. 


3.  Das  Weser' 
gebiet. 


4.  Das  Elbe¬ 
gebiet. 


.5.  Die  Wasser- 
strafsen 
zwischen  Elbe 
nnd  Oder. 

6,  Das  Oder¬ 
gebiet. 


a)  Der  Ehein  von  Bingen  bis  zur  Nieder¬ 

ländischen  Grenze  (die  obere  Strecke 
von  Mainz  bis  Bingen  ist  besonders 
behandelt  worden): 

Ziel:  laut  V ereinbarung  mit  den  Ehein- 
üferstaaten  bei  einem  Wasserstande 
von  1)5  m  am  Kölner  Pegel : 
von  Bingen  bis  St.  Goar  2  m  Fahr¬ 
tiefe, 

von  St.  Goar  bis  Köln  2,5  m  Fahr¬ 
tiefe, 

von  Köln  bis  zur  Grenze  3  m  Fahr¬ 
tiefe, 

die  Breite  des  Fahrwassers  von  90  m 
nach  unten  hin  allmählich  auf  150  m 
zunehmend. 

Bauzeit:  18  Jahre 

b)  Die  Mosel: 

Ziel:  Höhenlage  der  Flufssohle  0,39 
bezw.  0,50  m  unter  Null  der  Pegel 
zu  Trier  und  Cochem. 

Bauzeit;  6  Jahre . 

Die  Ems: 

von  Greven  bis  Papenburg: 

Ziel:  0,94  m  Fahrtiefe  bei  kleinstem 
Wasserstande  ....  1100  000 
von  Papenburg  bis 
Emden: 

Ziel;  allgemeine  Aufbes¬ 
serung  des  Fahrwassers 
für  Seeschiffe  .  .  .  .  1 300  000  „ 

Bauzeit:  6  Jahre . 

Die  Weser: 

von  Münden  bis  Minden; 

Ziel;  Im  Fahrwasser  bei  Niedrig¬ 
wasser, 

unterhalb  Minden; 

Ziel:  1,25  m  Fahrwasser  desgl. 
Bauzeit:  5  Jahre,  1800000  +  ÜOO 000 

a)  Die  Elbe  von  Melnick  bis  zur  Fluth- 

grenze : 

Ziel:  0,93  m  Fahrtiefe  bei  jedem  etwa 
eintretenden  niedrigsten  Wasser¬ 
stande. 

Bauzeit:  12  Jahre . 

b)  Die  Unstrut  und  Saale  von  Artern 

bis  zur  Elbe; 

Ziel:  von  Artern  bis'zur  Elstermündung 
0,70  m  Fahrtiefe  bei  kleinem  Wasser, 
von  da  bis  zur  Elbe:  0,93  m  Fahrtiefe 
desgl. 

Bauzeit:  12  Jahre . 

Die  ^pree  und  Havel,  einschliefslich 
des  Landwehrcanals  zu  Berlin: 

Ziel:  1,25  m  Fahrtiefe  bei  Niedrig¬ 
wasser.  ! 

Bauzeit:  6  Jahre . : 

a)  Die  Oder:  i 

Ziel:  oberhalb  der  Neifsemündung 
Zu  übertragen  .  .  ^ 


Ver-  - 
an  sch  lagt 
M 


,  22  000  000 


1 200  000 


2  400  000 


3  200  000 


8  600  000 


4000  000 


18  000  000 


59  400  000 


Ueb  ertrag  .  .  59  400  000 
unbestimmbar,  unterhalb  der  Neifse¬ 
mündung  Im  Fahrtiefe  bei  kleinstem 
Wasser. 

Bauzeit:  6  Jahre .  6  800  000 

b)  Die  Warthe: 

Ziel:  oberhalb  Schrimm  unbestimmbar,  850000 
unterhalb  Schrimm  wie  zu  a). 

Bauzeit:  7  bis  8  Jahre .  2  500000 


7. DasWeichsel-  Die  Weichsel,  und  zwar: 

gebiet.  im  Eeg.-Bez.  Marienwerder  8.500000 

„  „  Danzig  .  .  .  5175000  „ 

hierzu  die  Nogat  ....  1717000  „ 

Ziel:  Im  Fahrtiefe  bei  Niedrigwasser. 

Bauzeit:  unbestimmt .  15.392000 


8.  Das  Pregel- 
gebiet. 


9.  Das  Memel¬ 
gebiet. 


a)  Der  Pregel  und  die  Deime: 

Ziel:  Pregel  oberhalb  Tapiau  1,10  in 

Fahrtiefe, 

Pregel  unterhalb  Tapiau  1,10  m 
Fahrtiefe, 

Deime  unterhalb  Tapiau  1,.50  m 
Fahrtiefe 

beim  durchschnittlich  niedrigsten 
Wasserstande. 

Bauzeit:  4  Jahre . 

b)  Der  grofsc  Friedrichsgraben  und 

die  Nemonien-Mündung; 

Ziel:  Verbreiterung  auf  40  m. 

Bauzeit:  8  Jahre . 

a)  Die  Memel  bis  Kallwen: 

Ziel:  1,40  m  Fahrtiefe  bei  Niedrig¬ 
wasser. 

Bauzeit:  10  Jahre . 


590  000 


1 210  OOO 


2  176  000 


b)  Der  Eufs-  und  Atmathstrom:  ; 

Ziel:  beim  Eufsstrom  1,40  mj  . 

„  Atmathstrom  1,70  „  /  ‘ 

Bauzeit:  6  Jahre .  860  000 

c)  Die  Gilge: 

Ziel:  1,25  m  Fahrtiefe  desgl. 

Bauzeit:  3  Jahre.  _ 200 000 

Im  ganzen  .  . ;  89  978  000 


Die  vorstehend  angegebenen  Bauzeiten  beginnen  in  der  Haupt¬ 
sache  mit  dem  Eechnungsjahr  1881/82,  obschon  einzelne  Theilbeträge, 
welche  die  obigen  Summen  mit  enthalten,  auch  schon  früher  bereit 
gestellt  worden  sind.  Von  1882/83  ab  erfolgte  die  Bewilligung  der 
Neubaugelder  in  der  nach  dem  angemeldeten  Gesamtbedarf  und  der 
zugehörigen  Bauzeit  bemessenen  Höhe  nur  noch  unter  den  „Einmaligen 
nnd  aufserordentlichen“  Ausgaben  und  zwar  in  zwei,  nach  den  grofsen 
und  kleinen  Strömen  getrennten  Hauptsummen,  sonst  ohne  nähere 
Anweisung  in  betreff  der  Art  und  des  Orts  der  Verwendung. 

Letzteres  geschah  in  der  Erwägung,  dafs  die  Ausführung  der 
Eegulirungsbauten  theils  von  der  Witterung  und  den  Wasserständen, 
theils  von  der  Möglichkeit  der  Materialbeschaffung,  theils  endlich 
von  dem  jeweiligen  örtlichen  Bedürfnifs  zu  sehr  abhängig  sind,  als 
dafs  es  zweckmäfsig  erscheinen  konnte,  der  Bauverwaltung  Be¬ 
schränkungen  aufzuerlegen,  welche  ihrer  Thätigkeit  nur  hinderlich 
sein  würden.! 


Nach  diesen  Gesichtspunkten  sind  im  Eahmen  der  oben  ge¬ 
gebenen  Zusammenstellung  in  den  einzelnen  Eechnungsjahren  zur 
Eegulirung  der  Wasserstrafsen  bewilligt  worden: 


Eechnungsjahr  Eegulirung 


(Die  Zahlen 
abgerundet)  : 

der  grofsen 
Ströme 

der  kleineren 
Ströme 

Zusammen 

Mark 

1880/81 

5  333  000 

500  000 

5  833  000 

1881/82 

5  408  000 

982  000 

6  390  000 

1882/83 

5  037  000 

2  882  000 

7  919  000 

1883/84 

3  912  000 

3  059  000 

6  971 000 

1884/85 

4  400  000 

3  068  000 

7  468  000 

1885/86 

4  420  000 

3  261 000 

7  681 000 

1886/87 

3  225  000 

1 911 000 

5  136  000 

1887/88 

3  700  000 

1 457  000 

5  157  000 

1888/89 

3  467  000 

1  327  000 

4  794000 

1889/90 

2  633  000 

1.170  000  , 

3  803  000  , 

Zusammen 

in  10  Jahren 

61 152  000 

488 


29.  Nüveiiibei  1890. 


Centralblatt  der  Baiiverwaltung. 


Die  Abnahme  der  bewilligten  Summen  in  den  letzten  Jahren 
erklärt  sich  aus  der  inzwischen  erfolgten  Fertigstellung  der  Ee- 
gulirung  in  einzelnen  Stromgebieten. 

c)  Zur  sonstigen  Förderung  der  Binnenscliiffalirt,  zu  Brücken  usw. 

Neben  den  vorstehenden  Summen  sind  der  Wasserbauverwaltung 
sowohl  im  Extraordinarium  des  Etats  unter  den  Ueberschriften-  „Zur 
Kegulirung  der  Wasserstrafsen“  und  „Zu  Bauten  zur  Förderung  der 
Binnenschiffahrt“,  als  auch  durch  besondere  Gesetze  erhebliche  Geld¬ 
beträge  zur  Verfügung  gestellt  worden,  welche  zu  den  bereits  oben 
angegebenen  Ausführungen  für  die  Sicherheit  und  Schnelligkeit  des 
Schiffahrtsbetriebes,  vorzugsweise  aber  zu  gröfseren,  aufserhalb  des 
Kähmens  der  Denkschriften  liegenden  Flufs-Correctionen,  zu  Flufs- 
Canalisirungen,  zu  sonstigen  Schleusen-  und  Wehrbauten,  ferner  zum 
Bau  neuer  und  zur  Erweiterung  vorhandener  Canäle  bestimmt  waren, 
auch  den  Bedürfnissen  der  Wasserbauverwaltung  in  Bezug  auf  die 
Beschaffung  von  Dampfschiffen,  Baggermaschinen,  Transportgefäfsen, 
sowie  auf  die  Errichtung  von  Bau-  und  Schirrhöfen,  Eeparaturwerk- 
stätten  und  dergleichen  Eechnung  trugen.  Endlich  sind  unter  der 
Ueberschrift:  „Zum  Bau  von  Strafsen,  Brücken,  Dienstgebäuden“ 
namhafte  Beträge  zum  Bau  neuer  und  zur  Erneuerung  vorhandener 
Brücken  in  Ansatz  gekommen.  Die  Höhe  aller  dieser  Summen  hat, 
wenn  diejenigen  aufser  Betracht  bleiben,  welche,  wie  die  Wegebauten 
und  Entwässerungsanlagen  zum  Schiffahrtsbetriebe  und  den  Brücken- 
bauten  nicht  in  unmittelbarer  Beziehung  stehen,  und  welche  ferner 


den  Bau  kleinei'er  Beamtenwohnungen  betreffen,  wenn  dagegen  die 
durch  das  Gesetz  vom  12.  März  1879  bewilligte  Anleihe  zur  Ver¬ 
besserung  Märkischer  Wasserstrafsen  mit  eingerechnet  wird,  betragen: 


Kechnungsj  ahr 
(die  Zahlen 
abgerundet) 

Bewilligungen  zu 
Kegulirungen 

und  sonstiger  Brücken- 

Förderung  der  bauten 

Binnenschiffahrt 

Zusammen 

Mark 

1880/81 

2  686  000 

1  063  000 

3  749  000 

1881/82 

3  871  000 

877  000 

4  748000 

1882/83 

3  148  000 

354000 

3  502  000 

1883/84 

3  064000 

544  000 

3  608  000 

1884/85 

6  545  000 

442  000 

6  987  000 

1885/86 

4  212  OOü 

120000 

4  332000 

1886/87 

3  097  000 

1  500  000 

4  597  000 

1887/88 

1  971 000 

1  263  000 

3  234  000 

1888/89 

2  903  000 

990  000 

3  893  000 

1889/90 

2  985  000 

307  000 

3  292  000 

Zur  Verbesserung  Märkischer  Wasserstrafsen  (Ges. 

V.  12.  März  1879) . 

5  227  f)00 

Zusammen 

in  10  Jahren 

47  169  000 

B.  Verwendung  der  bewilligten  Geldmittel. 


a)  Im  allgemeinen. 

Im  ganzen  waren  hiernach,  abgesehen  von  den  au  einer  anderen 
Stelle  behandelten  Bauten  an  den  Seeufern  und  Seehäfen,  innerhalb 
der  zehn  Jahre  von  1880  bis  1890  auf  Wasserbauten  zu  verwenden: 

an  Unterhaltungs-  usw.  Kosten .  74  812  000  JC 

zur  Kegulirung  der  grofsen  und  kleineren  Ströme  .  .  61  152  000  .. 

zu  sonstigen  Kegulirungen  der  Wasserstrafsen  und 

Förderungen  der  Binnenschiffahrt,  Brücken  usw.  .  47  169  000  „ 

zusammen  183  133  000  Jl 
oder  im  Jahr  durchschnittlich  18  300  000  „ 

Die  für  die  einzelnen  Kechnungsjahre  bestimmt  gew'esenen 
Summen  weichen  jedoch  von  dem  Durchschnitt  erheblich  ab.  Wäh¬ 
rend  für  das  Jalir  1880/81  im  ganzen  nur  16  448  000,47  zur  Ver¬ 
fügung  standen,  stieg  der  Betrag,  abgesehen  von  den  Verwendungen 
aus  der  Anleihe,  auf  21  749  000  Jl  im  Jahr  1884/85,  von  wo  er  nach 
Fertigstellung  mehrerer  Hauptregulirungen  auf  16  001000.47  im  .Tahr 
1889/90  zurückgegangen  ist. 

Die  im  Laufe  der  Berichtszeit  bedeutend  gesteigerte  Thätig- 
keit  der  Wasserbau -Verwaltung  erheischte  selbstverständlich 
auch  gröfsere  Umgestaltungen  der  ausführenden  Behörden,  u.  a.  die 
im  Jahr  1884  erfolgte  Einrichtung  der  einheitlichen  Strombau-Verwal- 
tung  für  die  Weichsel  nach  dem  Muster  der  beim  Ehein,  der  Elbe 
und  Oder  seit  längerer  Zeit  mit  gutem  Erfolge  bestehenden  gleich¬ 
artigen  Behörden.  Da  in  Bezug  auf  die  sparsame  und  zweckdienliche 
Verwendung  der  Baugelder  das  Schwergewicht  in  der  Thätigkeit  der 
Localbaubeamten,  hier  der  Wasserbauinspectoren,  liegt,  so  ist  nicht 
allein  eine  entsprechende  Vermehrung  dieser  Stellen  und  Verbesse¬ 
rungen  in  der  Eintheilung  der  Baukreise  herbeigeführt,  sondern  auch 
den  Baubeamten,  neben  der  Gewährung  ausreichender  Hülfskräfte, 
ein  gröfseres  Mafs  der  Selbständigkeit  und  damit  auch  der  persön¬ 
lichen  Verantwortung  zugewiesen  worden.  Die  vielfach  ei'folgte 
Bereitstellung  von  Dienstdampfschiöen,  welche  zur  Beförderung  von 
Personen  und  zum  Schleppen  von  Schiffsgefäfsen  mit  Baustoffen,  von 
Baggermaschinen  u.  dgl.  eingerichtet  sind,  erleichtert  den  Aufsendienst, 
verkürzt  die  darauf  zu  verwendende  Zeit  und  ermöglicht  ein  schnelles 
Eingreifen  da,  wo  es  im  gegebenen  Falle  noththut.  Mit  der  gleich¬ 
falls  unerläfslich  gewordenen  Vermehrung  der  Unterbeamtenstellen 
und  der  entsprechend  veränderten  Eintheilung  der  dazu  gehörigen 
Aufsichtsstrecken  ist  die  Fürsorge  für  die  erhöhte  technische  Aus¬ 
bildung  dieser  wichtigen  Beamtenklasse  Hand  in  Hand  gegangen. 

Eine  für  die  Ausführung  der  Wasserbauten  und  für  das  Wohl 
der  Uferbewohner  und  sonstigen  Anlieger  der  Ströme  und  Flüsse 
gleich  wichtige  Mafsregel,  welche  mit  der  dankenswerthen  Unter¬ 
stützung  aller  betheiligten  Behörden  sowohl  des  Eeichs  als  auch 
der  Uferstaaten  durchgeführt  werden  konnte,  besteht  in  der  Ein¬ 
richtung  eines  geordneten  telegraj)hischen  Hochwasser-Meldedienstes, 
welcher  es  ermöglicht,  die  Kunde  von  dem  Herannahen  eines  Hoch¬ 
wassers  rechtzeitig  bekannt  werden  zu  lassen. 

Bei  der  Ausführung  der  Bauwerke,  insbesondere  der  Schleusen, 
Wehre,  Brücken  usw.  ist  von  dem  früher  noch  vielfach  üblichen 
Holzbau  grundsätzlich  Abstand  genommen,  und  fast  überall  dem 


Massivbau  in  Verbindung  mit  zweckentsprechender  Verwendung  des 
Eisens  der  Vorzug  gegeben  worden. 

b)  Im  besonderen. 

Abermals  nach  den  Stromgebieten,  in  ihrer  Eeiheufolge  von 
Westen  nach  Gsten  geordnet,  soll  nachstehend  angegeben  werden, 
in  welcher  Weise  die  zur  Kegulirung  der  Ströme  ohne  ausdrückliche 
nähere  Zweckbestimmung  nach  Seite  487  bewilligten  Geldmittel  ver¬ 
theilt  und  verwendet  worden  sind,  ferner  welche  Bestimmung  und 
Verwendung  die  auf  Seite  488  angegebenen  sonstigen  extraordinären 
Bewilligungen  erhalten  haben,  wobei  es  für  den  Zweck  des  vorliegen¬ 
den  Berichts  genügen  wird,  nur  die  gröfseren  und  wichtigeren  Bau¬ 
ausführungen  besonders  namhaft  zu  machen.  Hieran  wird  sich  zweck- 
mäfsig  der  Nachweis  darüber  anschliefsen  lassen,  was  zur  schiffbaren 
Verbindung  der  grofsen  Stromgebiete  unter  einander  durch  Canäle 
theils  schon  geschehen,  theils  für  die  nähere  Zukunft  ins  Auge  ge- 
fafst  ist. 

Die  Wiedergabe  der  Summen  erfolgt  überall  in  abgerundeten 
Zahlen. 

1.  Das  Elieiugebiet. 

a)  I>er  Hauptstroui. 

Oberhalb  der  ausschliefslich  zu  Preufsen  gehörigen,  der  Ehein¬ 
strom-Bauverwaltung  unterstellten  Strecke  von  Bingen  bis  zur  Nieder¬ 
ländischen  Grenze  hat  die  preufsische  Bauverwaltung  die  ebenso 
wichtige  wie  schwierige  Correction  der  Stromstrecke  von 
Mainz  (Biebrich)  bis  Bingen  auszuführen  unternommen.  Es  ist 
dies  geschehen  auf  Grund  von  Vereinbarungen  mit  der  Grofsherzog- 
lich  Hessischen  Eegierung,  nachdem  die  Vorschläge  einer  aus  Ver¬ 
tretern  des  Eeichs  und  der  Ehein-Uferstaaten  gebildeten  Commission 
wegen  Abstellung  der  über  den  Zustand  des  Eheins  auf  der  ge¬ 
nannten  Strecke  erhobenen  Beschwerden,  die  Zustimmung  der  be¬ 
theiligten  Eegierungen  gefunden  hatten.  Der  auf  Preufsen  entfallende 
Kostenantheil  mit  1  798  000  Jl  ist  innerhalb  der  Kechnungsjahre  1884/85 
bis  1890/91  bewilligt  und  entsprechend  verwendet  worden. 

Zur  Kegulirung  des  Eheins  von  Bingen  bis  zur  Nieder¬ 
ländischen  Grenze  sind  verwendet  worden. 


Im  Jahre  1880/81 

405  000.« 

1881/82 

1  817  000  „ 

1882/83 

784000  „ 

1883/84 

1  273  000  ^ 

1884/85 

1179000  „ 

1885/86 

1612B00  .. 

1886/87 

967  000  „ 

1887/88 

959  558  „ 

1888/89 

1255142  „ 

1889/90 

1344  900  „ 

zusammen 

11  596  600  Jl, 

mithin  bleiben  von  dem  überhaupt  in  Aussicht  genommenen  Betrage 
von  22  000  000  M  noch  10  403  400  M  zu  verwenden.  Neben  den  grofsen 
Felssprengungen  im  Flufsbett  zwischen  Bingen  und  St.  Goar,  welche 


Nr.  48. 


489 


Centralblatt  der 


noch  jetzt  fortgesetzt  werden,  und  dem  Ausbau  erheblicher  Leinpfad¬ 
strecken  sind  folgende  gröfsere  und  mit  durchschlagendem  Erfolge 
ausgeführte  Regulirungen  namhaft  zu  machen:  bei  Wellmich,  an  der 
Moselmündung,  bei  Engers,  bei  Neuwied,  an  der  Ahrmündung,  bei 
Nonnenwerth,  Niederdollendorf,  an  der  Herseler  Insel,  bei  Mülheim, 
Hittorf,  Worringen,  Uedesheim,  an  der  Hammer  Eisenbahnbrücke 
und  der  Golzheimer  Insel,  bei  Kaiserswerth,  Rheinhausen,  Hochhalen, 
Orsoy,  Mehrum,  am  Flürenschen  Canal,  bei  Rees,  oberhalb  Emmerich 
und  an  der  Vossegat-Insel. 

Das  Ziel  der  Regulirung  auf  der  Strecke  von  Köln  bis  zur 
Landesgrenze  bei  Emmerich,  nämlich  die  Herstellung  einer  3  m  tiefen 
und  150  m  breiten  Fahrrinne,  ist  bis  auf  einige  noch  im  Jahre  1891 
auszuführende  Vervollständigungen  erreicht. 

Nachstehende  Hafenbauten  sind  im  Rheingebiet  während  der 
Berichtsjahre  ausgeführt,  bezw.  nachdem  sie  schon  früher  begonnen 


waren,  vollendet  worden: 

Die  Vertiefung  des  Schiersteiner  Hafens,  begonnen  vor 

1878/79,  vollendet  1882/83  (Gesamtsumme  240  000  145  000 

der  Ausbau  des  Rüdesheimer  Hafens  1886/87  ....  130000  „ 

die  Vertiefung  und  Erweiterung  des  Hafens  von  Ober¬ 
lahnstein  1882/83 — 1884/85  .  564  000  „ 

die  Verlegung  der  Werft  und  Hafcnanlage  bei  Wesel, 
begonnen  vor  1878/79,  beendet  1879/80,  Beihülfe  an 
die  Stadt  Wesel  (Gesamtbetrag  120  QOO  Jt)  ....  60000  „ 

der  Bau  des  Sicherheitshafens  zu  Emmerich  1884,85 

bis  1887/88  .  350000  „ 

die  Anlage  des  Sicherheitshafens  bei  Oberwinter  1888/89 

bis  1889/90  ‘ .  510000  „ 

Zusammen  1  759  000  Jl 

Es  sind  in  der  Ausführung  begritfen: 
der  Sicherheitshafen  an  der  Loreley  für  135  Schifte,  ver¬ 
anschlagt  zu  .  260  000  .J/ 

die  Erweiterung  des  Hafens  zu  Oberlahnstein  für  22  Schifte, 

veranschlagt  zu .  50  000  „ 

ein  jedes  zu  300  qm  Flächenraum  gerechnet. 


Der  auf  825  000  Jt  veranschlagte  Bau  eines  Sicherheitshafens  bei 
Mülheim  für  360  Schiffe  wird  spätestens  im  Laufe  des  Jahres  1891 
in  Angriff  genommen  werden.  Die  ebenfalls  in  Ausführung  stehende 
Erweiterung  des  Hafens  zu  Ruhrort  für  250  Schiffe  erfolgt  nicht  aus 
den  etatsmäfsigen  Geldmitteln  der  Bauverwaltung,  sondern  aus  den 
Einnahmen  der  Hafenverwaltung. 

h)  Der  Main. 

Das  sehr  bedeutende  und  erfolgreiche  Unternehmen  der  Canali- 
sirung  des  Mains  von  Frankfurt  bis  zur  Einmündung  in  den  Rhein 
ist,  nachdem  die  erste  Rate  dazu  bereits  im  Etat  1880/81  bewilligt 
worden  war,  auf  Grund  des  mit  den  Regierungen  der  Main-Uferstaaten 
unter  dem  1.  Februar  1883  abgeschlossenen  Staats  Vertrages  in  den 
Jahren  1884/85  bis  86/87  mit  einem  Kostenaufwande  von  5  500  000 
zur  Ausführung  gekommen.  Die  Gesamtanlage  ist  durch  die  städti¬ 
schen  Lagerhaus-  und  Hafen-Einrichtungen  in  Frankfurt  a./M.  ver¬ 
vollständigt  und  zur  vollen  Entwicklung  gebracht  worden. 

c)  Die  Laim. 

In  den  Jahren  1879/80  bis  81/82  ist  zur  Verbesserung  der  Schiff¬ 
fahrt  bei  Kalkofen  ein  Wehr  nebst  Schleuse  neu  in  den  Strom  ein¬ 
gelegt  worden,  welches  445  000  Jt  gekostet  hat. 

Auf  die  Erneuerung  des  Lahnwehres  bei  Obernbiel  wurden  im 
Jahre  1885/86  45  000  Jt  verwendet. 

d)  Die  Mosel  mit  der  Saar. 

Der  für  die  Reguli rung  der  Mosel  in  Aussicht  genommene 
Betrag  vor  1200  000  .J/  ist,  wie  folgt,  zur  Verwendung  gekommen: 


Im  Jahre  1881/82 

168  000  .i/ 

1882/83 

139  000  „ 

1883/84 

217  000  „ 

1884/85 

215  000  „ 

1885/86 

180000  „ 

1886/87 

146  000  „ 

Restbestand  1887/88 

135  000  „ 

Zusammen  wie  oben 

1  200  000  Jt. 

Damit  ist  bei  einem  Wasserstande  von  +  0,31  m  am  Pegel  zu 
Trier,  beziehungsweise  -|-0,47  m  am  Pegel  zu  Cochem  eine  durch¬ 
gängige  Tiefe  der  Fahrrinne  von  0,85  bis  0,90  m  erreicht.’^ 

Die  Canalisirung  der  Saar  von  Louisenthal  bis  Ensdorf  ist 
in  den  Jahren  1878/79  und  79/80  unter  Aufwendung  eines  Restbetrages 
von  zusammen  850  000  Jt  zum  Abschlufs  gekommen.  Eine  Vertiefung 
der  canalisirten  Strecke  bis  auf  2  m  ist  in  der  Ausführung  begriffen. 

Gröfsere  Brücken  für  den  Strafsenverkehr  sind  im  Rhein¬ 
gebiete  während  der  Berichtszeit  seitens  der  Wasser-Bauverwaltung 
nicht  ausgeführt,  vielmehr  sind  nur  im  Jahre  1879/80  für  die  Mosel¬ 


Bau  Verwaltung. 


brücken  bei  Alf  und  Lenn  Staatszuschüsse  im  Betrage  von  rund 
36  000  Jt  und  41  000  Jt  gewährt  worden. 

e)  Die  Schiflahrtscanäle. 

Im  Rheingebiet  sind  die  Entwürfe  und  Kostenüberschläge  fii  r 
zwei  gröfsere  Schiffahrtscanäle  bearbeitet  worden,  den  Rhein-Maas - 
Canal  und  den  Canal  von  Ruhrort  nach  Henrichenburg  zum 
Anschlufs  an  den  weiterhin  zu  erwähnenden  Canal  von  Dortmund 
nach  den  Emshäfen.  Ueber  die  Ausführung  dieser  beiden  Canäle, 
welche  dem  Rheinisch- Westfälischen  Kohlengebiet  neue  Absatzwege 
nach  Holland  und  Belgien  einerseits  und  nach  der  Nordsee  ander¬ 
seits  eröffnen  würden,  sind  die  Erwägungen  noch  nicht  zum  Abschlufs 
gelangt. 

3.  Das  Emsgeliiet. 

.a)  Der  Hauptstrom. 

Für  die  Verbesserung  der  Schiffahrt  auf  der  Ems,  für  welche 
im  ganzen  die  Aufwendung  von  2  400  000  .J/  in  Aussicht  genommen 
ist,  sind  verwendet,  bezw.  überwiesen  worden: 


Im  Jahre  1882/83 

158  000  M 

1883/84 

224000  „ 

1884/85 

243  000  „ 

1885/86 

340  000  „ 

1886/87 

313  000  ., 

1887/88 

275  000  „ 

1888/89 

280  000  .. 

1889/90 

240  000  „ 

Restbestand  1889/90 

179  000  „ 

zusammen 

2  252  000,# 

für  die  folgenden  Jahre  bleiben  also  noch  148  000.///  zu  verwenden. 

Gröfsere  Brückenbauten  sind  auch  im  Emsgebiet  nicht  zur 
Ausführung  gekommen. 

h)  Die  Schiffahrtscanäle. 

Die  Kosten  des  Ems- Jade-Canals  sind  ursprünglich 


veranschlagt  worden  auf . .  10  405  000  Jt 

von  welchen  die  Interessenten  übernommen  haben  .  .  1 387  000  „ 

und  auf  den  Staat  entfielen .  9  018000./^. 


Die  Summe  ist  in  zwei  Raten  vor  dem  Jahre  1878/79  und  in 
weiteren  sechs  Raten  innerhalb  der  Jahre  1880/81  bis  1886/87  be¬ 
willigt  und  verwendet  worden.  Es  hat  jedoch  die  Fertigstellung  des 
Bauwerks  hiermit  nicht  erreicht  werden  können,  vielmehr  hat  sich 
die  Nothwendigkeit  ergeben,  noch  weitere  950000  Jt  auf  dasselbe  zu 
verwenden.  Die  Arbeiten  sind  nunmehr  nahezu  vollendet. 

Aufser  dem  eigentlichen  Ems- Jade- Canal  von  rund  62,5  km 
Länge  und  2  m  Wassertiefe,  mit  einer  Scheitelhaltung  und  beider¬ 
seits  nach  der  Jade  und  der  Ems  durch  je  2  Schleusen  von  1,7  m 
bezw.  2  m  getrennten  abfallenden  Haltungen  und  dem  Zubehör,  sind 
aus  den  genannten  Fonds  noch  besti-itten  : 

1.  Erweiterungen  und  Vervollständigung  der  Seehafen- Anlagen 
in  Emden,  insbesondere: 

g  a)  Anlage  einer  massiven  Seeschleuse,  welche  Seeschiffen  bis  6,5  m 
Tiefgang  die  Einfahrt  gewährt,  mit  Aufsen-  und  Binnenliege¬ 
plätzen, 

b)  Einrichtung  des  Hochwasserhafens  durch  das  Halten  von  Fluth- 
höhe  mittels  entsprechender  Vertiefung  und  den  erforderliehen 
Uferbefestigungen  von  rund  4  km  Länge, 

c)  Zuschüttung  des  Rathhausdelfts  bis  zur  Rathhausbriicke, 

d)  Uferwerke  und  Löschplätze  oberhalb  der  Eisenbahnbrücke  bis 
zum  Lotsenthurm. 

2.  Ein  Zuschufs  von  300  000  Jt  zu  den  mit  der  Einrichtung  des 
Hochwasserhafens  in  ursächlichem  Zusammenhänge  stehenden  noth- 
wendigen  Canalisations- Anlagen  der  Stadt; 

3.  die  Mehrkosten  der  Anlagen  zur  Verbesserung  der  Abwässe- 
rung  im  nordwestlich  vom  Ems- Jade -Canal  belegenen  Theile  des 
Emder  Pegelverbandes  gegen  die  ursprünglichen  Kostenanschläge. 

Die  Moorcanäle  im  unteren  Emsgebiet  kommen  hier  nicht  in 
Betracht,  weil  sie  dem  Minister  für  Landwirthschaft,  Domänen  und 
Forsten  unterstellt  sind. 

Von  hervorragender  Wichtigkeit  für  die  Verbindung  des  West¬ 
fälischen,  späterhin  vielleicht  auch  des  Rheinischen  Kohlengebietes 
mit  der  Nordsee  und,  nach  Fertigstellung  des  Nord-Ostsee-Canals, 
mit  der  Ostsee  ist  der  Canal  von  Dortmund  nach  den  Ems¬ 
häfen  einschliefslich  einer  geräumigen  See-Hafenanlage  im  Königs¬ 
polder  bei  Emden  nebst  Lateralcanal  von  Oldersum  bis  Emden,  ge¬ 
nehmigt  durch  das  Gesetz  vom  9.  Juli  1886  (G.  S.  1886,  S.  207 — 208). 
Die  Vorbereitungen  sind  so  weit  gediehen,  dafs  mit  der  Bauausfüh¬ 
rung  im  Frühjahr  1891  der  Anfang  gemacht  werden  kann. 

Die  Gesamtkosten  des  Canals  sind  auf  64  660  000  Jt  veranschlagt, 
von  welchen  6  280  000  Jt  für  den  Grunderwerb  erforderlich  sein 
werden.  Ueber  die  Verbindung  dieser  Wasserstrafse  nach  der  Weser 


490 


29.  Noveiulier  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltuog. 


und  weiter  nacli  der  Elbe  bin  sind  noch  keinerlei  endgültige  Ent- 
schliefsnngen  gefafst,  dagegen  sind  in  Bezug  auf  den  zukünftigen 
Schiffabrtsbetrieb  des  Dortmund- Emshäfen-Canals  Versuche  über  die 
Fortbewegung  von  Schilfen  durch  Maschinenkräfte,  welche,  wie  das 
Seil  ohne  Ende  und  die  Locoinotive,  den  Schiffszug  vom  Ufer  aus  be¬ 
wirken,  Versuche  angestellt  worden. 

3.  Das  Wesergebiet, 
a)  l>er  Hauidstroiii. 

Von  den  zur  weiteren  Eegulirung  der  Weser  bestimmten 
Summen  mit  3  200  000  M  sind  bisher  verwendet  bezw.  überwiesen 
worden  : 


Im  Jahre  1880/81 

326  000  Jt 

1881. 82 

396  000  .. 

1882/83 

.321000  „ 

1883/84 

360  000 

1884  85 

293  000  .. 

1885/86 

305  000  .. 

1886/87 

316  000 

1887/88 

286  000  „ 

1888/89 

227  000  ,. 

1889/90 

228  000  .. 

Eestbetrag  1889  90 

142  000  „ 

Zusammen 

3  200  000 

Das  grofse  Unternehmen  der  Correction  der  Unterweser 
von  Bremen  bis  zur  Einmündung  in  die  Nordsee,  welches  die  Stadt 
Bremen  auszuführen  im  Begriff  steht,  und  durch  welches  Seeschiffen 
bis  zu  5  m  Tiefgang  das  Befahren  der  Weser  aufwärts  bis  Bremen 
ermöglicht  werden  soll,  ist  seitens  der  preufsischen  Begierung  thun- 
lichst  gefördert  worden. 

Für  Hafenbauten  und  zwar  für  den  Hafen  am  linken  Weser¬ 
ufer  bei  Münden  und  den  Sicherheitshafen  bei  Hameln  sind  in  den 
.Jahren  1882/83  und  1884/85  bezw.  45  000  und  5d000JC  zur  Ver¬ 
wendung  gelangt,  ferner  für  den  schon  vor  1878  70  begonnenen  und 
1879/80  beendeten  Neubau  der  Werraschleuse  bei  Münden  112  000  Jt 
(Gesamtbetrag  120  000  Jl),  für  die  Erneuerung  des  oberen  Wehres 
bei  Hameln  in  den  Jahren  1885/8G  bis  1887/88  =  249  000  und  für 
den  Neubau  des  unteren  Wehres  bei  Hameln  in  den  Jahren  1888/89 
und  1889;  90  =  196  500  JL 

h)  Die  Fulda. 

Um  für  den  wesentlich  gesteigerten  Schiffsverkehr  auf  der  oberen 
Weser  den  Anschlufs  nach  Cassel  zu  gewinnen,  ist  die  Canalisi- 
rung  der  Fulda  von  Münden  aufwärts  bis  Cassel  beschlossen  und 
die  Bauausführung  bereits  eingeleitet  worden.  Die  Kosten  sind  auf 
3  348  250  Jt  veranschlagt. 

An  gröfseren  Brückenbauten  für  den  Strafsenverkehr  sind 
im  Wesergebiet  während  der  Berichtszeit  zur  Ausführung  gekommen: 
Die  vor  1878/79  begonnene  und  im  folgenden  Jahr  mittels  einer 
Bestbewilligung  von  200  000  .//7  vollendete  Brücke  über  die  Fulda  bei 
Münden  und  die  Brücke  bei  Hoya  1880/81  und  1881/82  mit  400  000  Jt, 
während  für  die  Brücken  bei  Bodenwerder  und  Hutbergen  in  den 
Jahren  1883/84  und  1884/85  Staatsbeiträge  von  bezw.  60  000  und 
169  000  bewilligt  wurden.  Für  die  Neubauten  der  Bunten  Brücke 
bei  Minden  und  der  Aller-Brücke  bei  Verden  sind  für  das  Etats¬ 
jahr  1888/89  die  Summen  von  166  000  ./Ä  und  203  000  eingestellt 
worden. 

Für  den  Wasserbauinsj)ector  in  Hameln  ist  eine  neue  Dienst¬ 
wohnung  erbaut  worden. 


4.  Das  Elbegelfiet. 


a)  Der  Hatiptstroin. 


Auf  die  Eegulirung  der  Elbe  sind  verwendet  worden: 


Im  Jahre  1879/80: 

1880/81: 
1881/82: 
1882/83: 
1883  84: 
1884/85: 
188586: 
1886  87: 
1887/88: 
1888/8_9£^ 
zusammen : 


1  200  000  Jt 
1440  000  .. 
1820  000  ., 
1342  000 
1  185  000  „ 
782  000  ,. 
.556  000  .. 
294000  ,. 
115  000  .. 
14  000 

8  748  000  Jl, 


wobei  für  1889  90  von  den  überhaupt  erfolgten  Ueberweisungen  noch 
ein  Eestbestand  von  16  000  Jl  für  die  Vollendung  des  auf  8  600  000  Jt 
veranschlagten  Werkes  verblieb.  Die  Vollendung  wird  hiernach  mit 
einer  Ueberschreitung  der  Voranschläge  um  164  000  im  grofsen 
und  ganzen  erreicht  werden. 


Im  Fluthgebict  der  Elbe  sind  aufserdem  in  den  Jahren  1883  90 
die  Stromcorrectioii  zwischen  der  Seeve- Mündung  und  Neuhof  mit 
einem  Kostenaufwande  von  775  000  Jt  und  in  den  Jahren  1886/90 
der  Ausbau  des  Beiherstieges  bei  Harburg  mit  einem  solchen  von 
196  000  Jt  zur  Ausführung  gelangt. 

An  gröfseren  Hafenbauten,  deren  Kosten  aus  den  allgemeinen 
Fonds  zur  Eegulirung  der  Elbe  bestritten,  daher  in  den  obigen 
8  764  000,Jf  mitenthalten  sind,  wurden  die  folgenden  zur  Ausführung 
gebracht: 

Die  Hafen-Neubauten  zu  Mühlberg  (1880/81  bis  1882/83)  und  zu 
Wittenberg  (1876  77  bis  1879/80/,  ferner  die  Ausbauten  vorhandener 
Häfen  zu  Schönebeck  (1884/85  bis  188.5/86)  und  zu  Magdeburg  (1880/81 
bis  1883/84).  Aufserdem  sind  für  den  Ausbau  der  Häfen  zu  Aken, 
'Tangermünde,  'Wittenberge  und  Hoopte,  von  denen  die  letzten  drei 
Häfen  noch  in  der  Ausführung  begriffen  sind,  die  Kosten  aus  dem 
Ordinariurn  der  letzten  Etatsjahre  entnommen  worden. 

Für  die  Anlage  eines  Winterhafens  zu  Dommühlenholz  bei  Havel- 
herg  ist  im  Extraordinarium  für  1890  91  ein  Betrag  von  38  000  in 
Aussicht  genommen. 

Nachdem  eine  gröfsere  Zahl  von  Schiffmühlen,  welche  die  Schiff¬ 
fahrt  auf  der  Elbe  behinderten  und  gefährdeten,  aus  den  für  die 
Unterlialtung  des  Stromes  dauernd  bewilligten  Geldmitteln  angekauft 
worden,  sind  für  die  Erwerbung  und  Beseitigung  der  letzten  zwölf 
hinderlichen  Schift'mühlen  aus  aufserordentlichen  Bewilligungen  noch 
232  000  zur  Verwendung  gelangt.  Auf  der  Stromstrecke  abwärts 
von  der  sächsischen  Grenze  bestehen  zur  Zeit  nur  noch  vier  Schitf- 
mühlen,  durch  welche  die  Schiffahrt  nicht  weiter  benachtheiligt  wird. 


b)  Die  Unstrut  und  Saale. 

Die  zum  gröfseren  Theil  canalisirte  Wasserstrafse  der  Unstrut 
und  Saale  von  Artern  bis  zur  Einmündung  in  die  Elbe  bedarf  zu 
ihrer  vollständigen  Eegulirung  innerhalb  des  preufsischen 
Staatsgebietes  der  Summe  von  4  000  000  .Jf,  von  welcher  bisher  ver¬ 
wendet  worden  sind: 


Im  Jahre  188182:  400  000  .Jf 

1882/83:  152  000  ., 

1883/84:  205  000  .. 

1884/85:  286  000  ., 

1885/86:  297  000  .. 

1886,87:  274  000  ., 

1887.88:  267  000  .. 

1888  89:  292  000  .. 

1889,90:  263  000  ,, 

Eestbestand  1890  91:  159  000  .. 

zusammen :  2  600  000  Jt, 

mithin  1  400  000  Jt  noch  zu  verwenden  bleiben.  Aufserdem  hat  im 
Jahre  1878,79  ein  Umbau  der  Unstrut  -  Schleuse  bei  Freiburg  mit 
einem  Kostenaufwande  von  82  000  stattgefunden  und  ist  ein  Neu¬ 
bau  der  Saale-Schleuse  bei  Kalbe  in  Ausführung  begriffen,  für  welchen 

1888, ^89  rund  97  000  Jt 

1889,  /90  208  000  „ 


verausgabt  und  für  das  .Tahr  1890/91  noch  rund  102  000  Jt  zur  Ver¬ 
wendung  bestimmt  sind. 


e)  Die  Havel. 

Dieselbe  wird  bei  den  Wasserstrafsen  zwischen  Elbe  und  Oder 
behandelt. 


(1)  Die  Ilmenau. 

Die  behufs  der  Verbesserung  sowohl  der  Schift’barkeit  des  Flusses 
als  auch  der  Vorhuth  der  Ländereien  unter  Betheiligung  der  An¬ 
lieger  und  der  Stadt  Lüneburg  unternommene  Eegulirung  der 
Ilmenau  ist  nach  mehrjährigen  Verhandlungen  im  Jahre  1887/88 
begonnen  worden.  Staatsseitig  sind  darauf  rund  167  000  Jt  ver¬ 
wandt  worden. 

Der  Erfolg  der  Eegulirung  für  die  Abwässerung  war  ein  erheb¬ 
licher,  er  hat  indessen  gezeigt,  dafs,  neben  den  ausgeführten  Durch¬ 
stichen,  zur  Aufrechterhaltung  der  Schiffahrt  und  auch  im  Interesse 
der  Bodenmelioration  Stauwerke  mit  zugehörigen  Schleusen  vor¬ 
gerichtet  werden  müssen,  welche  Aufwendungen  im  Betrage  von  rund 
500  000  Jt  erfordern. 


e)  Die  Schwinge. 

Die  unter  Betheiligung  der  Stadt  Stade  unternommene  Eegu¬ 
lirung  der  unteren  Schwinge  ist  im  .lahre  1879/80  nach  Be¬ 
willigung  des  erforderlichen  Eestbetrages  mit  201  000  zu  Ende  ge¬ 
führt  worden. 

Der  Umfang  der  Brückenbauten  ist  im  Elbe-Gebiet  während 
der  Berichtsjahre  ein  nicht  unerheblicher  gewesen.  Von  besonderer 
Wichtigkeit  war  der  Umbau  der  für  die  Schiffahrt  aufserordentlich 
hinderlichen  Elbe -Brücken  zu  Torgau  und  Wittenberg,  welcher  er¬ 
forderte: 


Kr.  48. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


491 


Torgau  1878/79  und  1879/80  .  370  000  ./Ä 

Wittenberg  1886/87  bis  1889/90  .  243  000  „ 


(Bei  dem  letztgedachten  Umbau  ist  noch  ein  kleiner 
Theil  der  Arbeiten,  welcher  auf  rund  3000  Ji  zu  ver¬ 
anschlagen  ist,  rückständig.) 

Aufserdem  sind  folgende  Brücken  über  Nebenflüsse 
neu-  bezw.  umgebaut  worden: 

Die  Unstrut-Fluth-Brücke  bei  Nebra  1886/87  bis  1887/88 


mit  einem  Kostenaufwande  von .  175  000 

die  Saale-Brücke  bei  Merseburg  1882/83  38  000  „ 

die  Saale-Brücke  bei  Kosen  1883/84  .  72  000  „ 

die  Elster-Brücke  bei  Zeitz  1883/84  .  170  000  „ 

die  Mulde-Fluth-Brücke  bei  Döben  1882/83  125  000  „ 

die  Bode-Brücke  bei  Stafsfurth  1880/81  .  55  000  „ 

die  Lühe-Brücke  bei  Stade  1880/81  69  000  % 


Gesamt- Verwendung:  1  317  000  Jl. 

f)  Die  Schiflahrts- Canäle. 

Der  längere  Zeit  hindurch  lebhaft  erörterte  Gedanke  der  Anlage 
eines  Elbe-Spree-Canals  ist  auf  Grund  der  dafür  aufgestellten 
Vorarbeiten  als  endgültig  beseitigt  anzusehen,  ebensowenig  hat  der 
Vorschlag  eines  Canals  von  Leipzig  nach  Wall witzhafen,  an 
dessen  Stelle  auch  ein  Elster-Saale-Canal  wiederholt  in  An¬ 
regung  gekommen  ist,  weiteren  Fortgang  gefunden.  Dagegen  sind 
für  einen  Elbe-Trave-Canal  die  Vorarbeiten  und  Kostenanschläge 
vollständig  ausgearbeitet  worden,  und  unterliegt  die  Ausführung  des¬ 
selben,  möglicherweise  nach  einer  gegen  den  bisherigen  Entwurf  ab¬ 
geänderten  Linie,  der  Erwägung. 

Von  dem  Plauer  Canale  wird  im  nächstfolgenden  Abschnitt 
die  Eede  sein. 

5.  Die  Wasserstrafseil  zwischen  Elbe  iiiitl  Oder. 

Dem  weitverzweigten  und  hervorragend  wichtigen  Netze  der 
Wasserstrafsen  zwischen  der  Elbe  und  Oder,  welches  nicht  allein 
den  Schiffahrtsverkehr  nach  Berlin  vermittelt,  sondern  auch  dem 
grofsen  Durchgangsverkehr  zwischen  der  Oder  und  der  Elbe,  ins¬ 
besondere  zwischen  den  Städten  Breslau  und  Stettin  einerseits, 
Magdeburg  und  Hamburg  anderseits  dient,  aufserdem  den  mecklen¬ 
burgischen  Wasserstrafsen  einen  Anschlufs  gewährt,  sind  während 
der  Berichtsjahre  sehr  erhebliche  Geldmittel  zugewendet  worden. 
Vorweg  möge  in  dieser  Beziehung  der  im  Jahre  1878/79  erfolgten 
Beendigung  einiger  gröfserer  Bauausführungen,  deren  Beginn  weiter 
zurückliegt,  Erwähnung  geschehen,  nämlich  des  Baues  der  zweiten 
Schleusen  in  der  Hohensaaten-Spandauer  Wasserstrafse, 
der  Eegulirung  derselben  Wasserstrafse  zwischen  Pinnow  und  Hennigs¬ 
dorf  und  der  Anlage  des  Eheinsberg-Zechliner  Canals. 

a)  Durch  das  Gesetz  vom  12.  März  1879  wurde  zur  Eegu¬ 
lirung  Märkischer  Wasserstrafsen  der  Wasserbau-Verwaltung 
die  Summe  von  5  227  000  .J/  zur  Verfügung  gestellt.  Dem  Wortlaut 
und  Sinne  dieses  Gesetzes  entsprechend,  sind  folgende  Verbesse¬ 
rungen  vorgenommen  worden : 

1.  auf  der  Hohensaaten-Spandauer  Wasserstrafse:  die  Erweite¬ 
rung,  Geradelegung  und  Vertiefung  des  Finow-Canals,  des  Oranien¬ 
burger  Canals,  der  zwischen  beiden  belegenen  Havelstrecke  ein- 
schliefslich  der  Eegulirung  der  Oranienburger  Havel,  und  der  Havel 
vom  unteren  Ende  des  Oranienburger  Canals  bei  Pinnow  bis  zur 
Abzweigung  des  Berlin- Spandauer  Schiffahrts- Canals  oberhalb 
Spandau; 

2.  auf  der  Havel  von  Spandau  bis  zur  Abzweigung  des  Plauer 
Canals  unterhalb  Brandenburg  zahlreiche  kleinere  und  gröfsere  Ee- 
gulirungen,  die  Errichtung  einer  zweiten  Schleuse  in  Brandenburg 
und  der  Erweiterungsbau  der  Schleuse  zu  Eathenow ; 

3.  auf  der  Spree  oberhalb  von  Berlin  aufser  mehrfachen  Eegu- 
lirungen  und  Geradelegungen  der  Bau  einer  neuen  Schleuse  bei 
Woltersdorf  (Eüdersdorfer  Gewässer). 

Die  Verwendungen  aus  der  Anleihe  von  1879  haben  betragen: 


Im  .Jahre  1879/80: 

342  000  Jt 

1880/81: 

1065  000 

1881/82: 

1420  000  .. 

1882/83: 

841000  „ 

188.3/84: 

865  000  ., 

1884/85: 

20  000  „ 

1885/86: 

45  000  „ 

1886/87: 

72  000  .. 

1887/88: 

63  000  ., 

1888,89—1889/90: 

7  000  ., 

Zusammen: 

4  740  000  Jt. 

Die  hiernach  eiugetretene  Ersparnifs  beträgt  487  000  J(. 

b)  Für  die  Verbesserung  der  Havel  und  Spree  einschliefs- 
lich  des  Landwehrcanals  zu  Berlin  wurden  im  Jahre  1880 
nachstehende  Aufwendungen  in  Aussicht  genommen: 


1.  der  Ausbau  des  Landwehrcanals  mit . 6  0O0  00O.J^ 

2.  die  Canalisirung  der  Unterspree  mit .  5  400  000  ., 

(unter  Verwendung  der  zu  a)  3.  erwähnten  Ersparnifs) 

3.  die  Eegulirung  der  unteren  Havel  vom  Plauer  Canal 

bis  zur  Elbe . 2  OOO  000  .. 

4.  die  Eegulirung  der  Oberspree .  4  000  000  .. 

5.  die  Eegulirung  der  oberen  Havel .  600  000  .. 


Zusammen:  18  000  000./^. 
Von  dieser  Summe  sind  bisher  verwendet  bezw.  überwiesen 
worden : 


Im  Jahre  1882/83 

806  000  Jt 

1883/84 

1326  000  .. 

1884/85 

1927  000  , 

1885/86 

1408  000  ., 

1886/87 

421000  ., 

1887/88 

202  000  ., 

1888/89 

144000  „ 

1889/90 

112  000  „ 

Eestbeträge 

350  000  .. 

Zusammen 

6  696  000  Jt. 

Zur  Erläuterung  des  erheblichen  Unterschiedes  zwischen  den  in 
Aussicht  genommenen  und  den  stattgehabten  Verwendungen  wird  im 
einzelnen  nachstehendes  angeführt. 

Zu  1.  Die  Erweiterung  des  Landwehrcanals  unter  Ein¬ 
fassung  desselben  mit  massiven  Uferbekleidungen  ist  nach  einem 
gegen  den  ursprünglichen  wesentlich  vereinfachten  auf  3  600  000  Ji 
veranschlagten  Plane  erfolgt.  In  den  Jahren  1882/83  bis  1889/90 
sind  darauf  3  142  000  Jt  verwendet  worden,  wonach  eine  Ersparnifs 
von  458  000  Jt  zu  verzeichnen  ist. 

Zu  2.  Der  Gesamtentwurf  zur  Canalisirung  der  Unterspree 
umfafst  aufser  der  Verbesserung  des  Wasserweges  zwischen  Berlin 
und  der  Havel  auch  die  Durchführung  einer  dritten  Wasserstrafse 
durch  die  Stadt  durch  Einlegung  einer  Schiffsschleuse  in  den  Mühlen¬ 
damm.  Der  Entwurf  war  so  angelegt,  dafs  seine  Ausführung  zugleich 
wesentliche  Vortheile  für  die  Stadt  Berlin  durch  Verbesserung  der 
Vorfluth  zur  Folge  haben  und  diese  zur  entsprechenden  Betheiligung 
an  dem  Unternehmen  herangezogen  werden  sollte.  Nachdem  die 
Stadt  eine  solche  Betheiligung  vorläufig  abgelehnt  hatte,  wurde  der 
Entwurf  auf  das  für  die  Schiffahrt  zunächst  Nothwendige,  nämlich 
auf  die  Verbesserung  des  Spreelaufs  von  der  Havel  aufwärts  bis  zur 
Stadt  beschränkt  und  hierfür  der  Kostenbedarf  von  2  227  000  ver¬ 
anschlagt  und  bewilligt.  Der  Ban  ist  in  den  Jahren  1883/84  bis 
1887/88  unter  Aufwendung  von  2  027  000  .^  einschliefslich  der  aus 
der  Anleihe  für  Verbesserung  Märkischer  Wasserstrafsen  entnom¬ 
menen  Ersparnisse  anschlagsmäfsig  ausgeführt  worden,  wobei  die 
Kosten  hinter  der  Anschlagssumme  nicht  unerheblich  zurückge¬ 
blieben  sind. 

Endlich  ist  im  Frühjahr  des  .Jahres  1888  ein  Uebereinkommen 
zwischen  der  Königlichen  Staatsregierung  und  der  Stadtgemeinde 
Berlin  dahin  zustande  gekommen,  dafs  das  Gesamtunternehmen  der 
Canalisirung  der  Unterspree,  soweit  dasselbe  nach  dem  Vorstehenden 
nicht  bereits  fertig  gestellt  ist,  durch  den  Staat  und  die  Stadt  ge¬ 
meinschaftlich  zur  Ausführung  gebracht,  und  der  auf  6  400  000  Jt 
veranschlagte  Kostenbetrag  von  beiden  Theilen  zur  Hälfte  getragen 
werden  soll.  Aufserdem  hat  sich  die  Stadt  verpflichtet,  die  in  den 
Eahmen  des  Ganzen  fallenden  Neubauten  an  Brücken  usw.,  welche 
aufserdem  noch  auf  4  600  000  veranschlagt  sind,  auf  ihre  alleinigen 
Kosten  zur  Ausführung  zu  bringen.  Die  Arbeiten  sind  seit  1888  in 
vollem  Gange  und  werden  voraussichtlich  innerhalb  des  vertrags- 
mäfsigen  Zeitraumes  von  im  ganzen  fünf  Jahren  zur  Vollendung  ge¬ 
langen. 

Zu  3.  Auf  die  nach  unverändertem  Plane  noch  im  Gange  be¬ 
findliche  Eegulirung  der  unteren  Havel  vom  Plauer  Canal  bis 
zur  Elbe,  sind  bisher  vom  Jahre  1882/83  ab  2  000  000  Jt  überwiesen 
Avorden,  wovon  noch  116  000  Jt  im  Bestände  verblieben  sind,  die  in 
nächster  Zeit  Verwendung  finden  Averden. 

Zu  4.  Die  früher  geplante  Verbesserung  der  Schiffbarkeit  des 
oberen  Laufs  der  Spree  von  FürstenAvalde  bis  Berlin  unterbleibt, 
weil  sie  durch  den  inzAvischen  beschlossenen  Bau  des  Oder-Spree- 
Canals,  von  Avelchem  demnächst  noch  die  Eede  sein  Avird,  entbehrlich 
gemacht  wird. 

Zu  5.  Die  Eegulirung  der  oberen  Havel  von  Fürstenberg  in 
Mecklenburg  bis  Zehdenick  ist  noch  nicht  begonnen  worden,  weil  der 
Flufs  hier  auf  längere  Strecken  die  Grenze  zAvischen  dem  Grofsherzog- 
thum  Mecklenburg-Schwerin  und  Preufsen  bildet  und  eine  Betheili¬ 
gung  der  Grofsherzoglichen  Eegierung  an  den  Kosten  des  L^nter- 
nehmens  bisher  nicht  hat  erreicht  Averden  können. 

c)  Dagegen  ist  die  Havelstrecke  Zehdenick-LiebenAvalde, 
Avelche,  an  die  zuvorgenannte  sich  unmittelbar  anschliefsend,  ganz  in 
Preufsen  liegt,  einer  durchgreifenden  Verbesserung  dadurch  unter- 


492 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


29.  November  1890. 


zogen  worden,  dafs  neben  ihr  ein  Seitencanal  erbaut  worden  ist, 
welcher  in  den  Vofscanal  bei  Liebenwalde  übergebt  und  auch  dessen 
Namen  erhalten  hat.  Von  den  auf  1  900  000  Jt  veranschlagten  Kosten 
sind  in  den  Jahren  1880/81  bis  1885/8G  1350  000  verwendet,  und 
ist  der  Bau  damit  fertig  gestellt  worden. 

Die  Brücken  bauten  über  die  Spree  und  Havel  sind  der  ge¬ 
ringen  Breite  dieser  Gewässer  wegen  im  allgemeinen  nicht  von  Be¬ 
lang,  weshalb  für  die  während  der  Berichtsjahre  vorgenommenen  Er¬ 
neuerungs-  und  Umbauten  an  den  Spreebrücken  zu  Neubrück  und  Cöpe- 
nick  und  an  den  Havelbrücken  zu  Maltz,  Hennigsdorf  und  Glienicke 
im  ganzen  nur  180  000  JC  aufzuwenden  gewesen  sind,  wozu  noch  eine 
aus  der  Anleihe  von  1879  an  die  Stadt  Spandau  bewilligte  Beihülfe 
von  80  000  JL  kommt,  welche  nothwendig  war,  um  einen  vollstän¬ 
digen  Neubau  der  für  die  Schiffahrt  überaus  hinderlichen  städtischen 
Charlottenbrücke  über  die  Havel  zu  erreichen.  Ein  Werk  von  hervor¬ 
ragender  Bedeutung  aber  ist  der  Neubau  der  Langen  Brücke  zu 
Potsdam,  verbunden  mit  einer  Ueberbrückung  der  Bahnhofsgeleise 
daselbst  an  Stelle  des  bisher  vorhandenen  Uebergangs  der  Saarinünder 
Strafse  in  Schienenhöhe.  Der  Bau  ist  unter  Aufwendung  der  auf 
1  740  000  Jt  veranschlagten  Kosten  im  Jahre  1888/89  vollendet  worden. 

Bei  den  Schleusen  und  Wehren  haben  die  nothwendigen  Er- 
neueruugsbauten  stattgefunden,  unter  welchen  als  die  bedeutenderen 
anzuführen  sind:  die  Schiffsschleusen  zu  Cossenblatt  an  der  oberen 
Spree  (1887/88  123  000  Jt)^  zu  Prieros  an  der  Dahme  (1879/80 
130  000  .//7),  zu  Bredereiche  au  der  oberen  Havel  (1882/83  bis  1883/84 
153  000  Jl)  und  zu  Friedenthal  bei  Oranienburg  (1879/80  120  000  Jt ). 

Im  ganzen  sind  zu  Schleusen-  und  Wehrbauten  und  zur  Errich¬ 
tung  der  Bauhöfe  zu  Eberswalde  und  Eathenow  innerhalb  der 
Berichtszeit  796  000  bewilligt  und  verwendet  worden. 

d)  Die  auf  3 250 000  veranschlagte  Erweiterung  und  Ver¬ 
tiefung  des  Plauer  Canals,  für  welche  die  erste  Eate  im  Etat 
des  Jahres  1883/84,  die  letzte  Eate  im  Etat  1888/89  bereitgestellt 
worden,  ist  einschliefslich  des  damit  verbundenen  Umbaues  der  vor¬ 
handenen  Schleusen  vollendet,  wobei  eine  Ueberschreitung  des  An¬ 
schlages  nicht  stattgefundeu  hat. 

e)  Nachdem  der  Bau  des  Oder-Spree-Canals  durch  das  vor¬ 
erwähnte  Gesetz  vom  9.  Juli  1886  unter  Bewilligung  des  dazu  er¬ 
forderlichen  Geldbetrages  von  12  600 000  angeordnet  worden,  hat 
die  Ausführung  zunächst  auf  der  Strecke  von  Fürstenwalde  nach  dem 
Seddin-See  begonnen,  und  ist  diese  Strecke  schon  mit  dem  Ende  des 
Jahres  1889  dem  Betriebe  übergeben  worden.  Die  Fertigstellung  des 
ganzen  Werkes  steht  spätestens  im  Frühjahr  1891  in  sicherer  Aussicht. 

Die  vorstehend  erörterten  Verbesserungen,  w'elche  mit  dem 
Fahrwasser  der  Spree  von  Berlin  bis  Spandau,  der  Havel  von  Span¬ 
dau  bis  zur  Einmündung  in  die  Elbe  und  mit  dem  Plauer  Canal  vor¬ 
genommen  worden  sind,  ermöglichen  schon  jetzt  den  gröfseren  Elb¬ 
fahrzeugen  den  Verkehr  von  der  Elbe  bis  in  die  Unterspree  von 
Berlin,  und  nach  Vollendung  des  Oder-Spree-Canals  werden  ähn¬ 
lich  grofse  Schiffe  von  der  Oder  her  die  Berliner  Oberspree  erreichen. 
Dem  Mangel  eines  für  dergleichen  Fahrzeuge  geeigneten  und  solchen 
den.  Durchgangsverkehr  zwischen  der  Oder  und  Elbe  gestattenden 
Wasserweges  durch  Berlin  wird  durch  die  oben  besprochenen,  gemein¬ 
schaftlich  mit  der  Stadtverwaltung  in  der  Ausführung  begriffenen 
Bauten  zur  Canalisirung  der  Unterspree  abgeholfeu,  und  hierin  werden 
die  geplanten  Verbesserungen  der  Wasserstrafsen  zwischen  der  Elbe 
und  Oder  zu  einem  befriedigenden  Abschlufs  gelangen. 

Dagegen  ist  die  Stadt  Berlin  der  ihr  allein  zufallenden  Aufgabe, 
diese  Verbesserungen  auch  für  den  Ladeverkehr  innerhalb  der  Stadt 
durch  die  Anlage  von  Häfen  und  Ladestrafsen  nutzbar  zu  machen, 
bisher  nur  in  sehr  geringem  Umfange  nachgekommen. 

6.  Das  Oder-Cxebiet. 

a)  Der  Hauptstrora. 

Der  zur  Verbesserung  der  Schiffbarkeit  der  Oder  von 
der  Neifse-Mündung  bis  Schwedt  in  Aussicht  genommene  Betrag  von 
ß  800  000  J/  ist  wie  folgt  zur  Verwendung  gekommen: 

Iin  Jahre  1880/81:  1015  000  .J/ 

1881/82:  1322  000  „ 

1882/83:  1223  000  ., 

1883/84:  899  000  „ 

1884/85:  1146  000  „ 

1885/86:  1141000,, 

1886/87:  53  000 

Eestbetrag  1887 ;88 : _ 1  000  „ 

Zusammen :  6  800  000  Jt. 

Nach  Beendigung  dieser  Arbeiten  ist  auf  der  untersten  Strom¬ 
strecke  des  Küstriner  Bezirkes,  infolge  der  durch  die  herabtreibenden 
Sände  eingetretenen  Verflachungen,  noch  die  Eegulirung  der,  Oder 
vom  Lunower  Dammhause  bis  zum  Pätziger  Theerofen  nothwendig 
geworden.  Von  dem  zu  500  000  Jt  veranschlagten  Gesaratbedarf  sind 


die  durch  das  Extraordinarium  des  Etats  für  1887/88,  1888/89,  1889/90 
bewilligten  drei  ersten  Eaten  mit  zusammen  280  000  Jt  planmäfsig 
verwendet,  während  für  1890/91  =  100  000  daselbst  in  Ansatz  ge¬ 
kommen  sind,  und  die  Vollendung  für  1892/93  in  Aussicht  steht. 
Sodann  wurde  durch  das  Gesetz  vom  6.  Juni  1888  die  Ausführung 
verschiedener  gröfserer  Arbeiten  zur  Verbesserung  der  Stromverhält- 
nissc  der  unteren  Oder  auf  der  an  den  vorher  genannten  Eegulirungs- 
bau  sich  anschliefsenden  Strecke  vom  Pätziger  Theerofen  bis  Nipper¬ 
wiese  unterhalb  Schwedt  vorgesehen  und  zwar: 

1.  die  Eegulirung  der  Oder  vom  Pätziger  Theerofen  bis  Eaduhn; 

2.  der  Durchstich  des  Saathener  Hakens; 

3.  die  Eegulirung  der  Oder  vom  Saathener  Durchstich  bis  Schwedt; 

4.  desgl.  von  Schwedt  bis  Nipperwiese; 

5.  der  Neubau  einer  Brücke  über  die  Meglitze  im  Zuge  des 
Schwedter  Oderdammes  bei  Nieder-Kränig. 

Der  Bedarf  für  diese  Arbeiten  ist  auf  Grund  allgemeiner  Ueber- 
schläge  in  dem  fraglichen  Gesetze  zu  =  1600  000  .4^  angenommen, 
wovon  auf  den  Eegulirungsbau  zu  1  =  406  000  Jt  entfallen.  Hiervon 
sind  für  denselben  in  1888/89  und  1889/90  zusammen  =  160  000 
überwiesen  und  zur  Verwendung  in  1890/91  =  100  000.4/  bereit  ge¬ 
stellt  worden. 

Mit  den  anderen  Eegulirungsarbeiten  hat  bis  jetzt  noch  nicht 
begonnen  werden  können,  weil  deren  Inangriffnahme  durch  das 
Gesetz  von  der  seither  nicht  erfolgten  Bildung  der  Deich-  und 
Entwässerungsgenossenschaften  für  die  Melioration  der  anliegenden 
Wiesenflächen  des  Oderthaies  abhängig  gemacht  worden  ist. 

Die  Einrichtung  eines  AVinterhafens  im  Mühlgraben  zu 
Oppeln,  welcher  den  Bau  eines  Wehres  nebst  Schiffsschleuse  erfor¬ 
derte,  ist,  nachdem  die  Bewilligung  der  veranschlagten  Geldmittel 
mit  zusammen  208  000  Jt  in  dem  Etat  für  1884/85  und  1885/86  erfolgt 
war,  in  denselben  Jahren  zur  Ausführung  gebracht  worden. 

Während  der  Jahre  1886  und  1887  ist  in  Kosel  an  Stelle  des 
alten  hölzernen,  durch  Eisgang  zerstörten  Haabschen  Oderwehres  ein 
neues,  massives  Wehr  mit  einem  Kostenaufwande  von  247  000  Jt  er¬ 
baut  worden. 

Durch  das  Gesetz  vom  6.  Juni  1888  ist  die  Verbesserung  der 
Schiffahrtsstrafse  der  0 der  von  Breslau  aufwärts  bis  Kosel 
gemäfs  den  in  1887  fertiggestellten  generellen  Entwürfen  und  Kosten¬ 
anschlägen  genehmigt  worden.  Sie  umfassen  folgende  Bauten: 

1.  die  Anlage  eines  Liege-  und  Umschlagehafens  bei  Kosel  mit 
Eisenbahnanschlufs  an  den  Bahnhof  Kosel-Kandrzin; 

2.  die  Canalisirung  der  Oder  von  Kosel  bis  zur  Neifse-Mündung 
durch  Einlegung  von  12  Staustufen; 

3.  die  Erbauung  neuer  gröfserer  Schleusen  bei  Brieg  und  Ohlau, 

4.  die  Führung  einer  mit  gröfseren  Schleusen  versehenen  Wasser- 
strafse  durch  Breslau. 

Die  Gesamtkosteu  sind  auf  21 500  000  .///  veranschlagt.  Mit  der 
Anfertigung  der  endgültigen  Vorarbeiten  und  der  Ausführung  dieser 
Bauten  wird  nunmehr  begonnen  werden,  nachdem  die  Aufwendungen 
für  den  erforderlichen  Grund  und  Boden  gemäfs  den  Bestimmungen 
des  fraglichen  Gesetzes  aus  Interessentenkreisen  gedeckt  sind. 

Zur  Wiederherstellung  der  Bauwerke  des  Klodnitz-Canals 
sind  von  dem  auf  1 120  000  Jt  veranschlagten  Kostenbeträge,  welcher 
in  fünf  Jahren  Verwendung  finden  soll,  in  1888/89  und  1889,90  == 
445  000  Jt  durch  das  Extraordinarium  des  Etats  bewilligt  und  für 
1890/91  weitere  225  000  Jt  eingestellt  worden. 

h)  Die  Warthe  mit  der  Netze. 

Nachdem  von  dem  für  die  Eegulirung  der  AVarthe  veran¬ 
schlagten  Betrage  von  2  500  000  +  850  000.4/  im  ganzen  3  350  000  Jt 
vorweg  schon  300  000  Jt  in  den  Etat  für  1881/82  eingestellt  gewesen, 
sind  auf  diese  Eegulirung  verwendet  bezw.  überwiesen  worden: 


Im  Jahre  1882/83 

333  000  Jt 

1883/84 

329  000  „ 

1884/85 

433  000  .. 

1885,86 

461000  ., 

1886/87 

378  000  .. 

1887/88 

366  000  .. 

1888/89 

165  000  ., 

1889/90 

163  000  „ 

Zusammen 

2  628  000  Jt. 

Die  Eegulirung  dieses  Flusses  ist  durch  die  aufserordent- 
lichen  Hochwasserjahre  1888  und  1889  mehr,  als  dies  bei  anderen 
Strömen  der  Fall  gewesen,  gestört  und  geschädigt  worden,  da  die 
neben  den  gewöhnlichen  Unterhaltungsfonds  allein  für  die  Beseiti¬ 
gung  der  Hochwasserschäden  aus  dem  Jahre  1888  bisher  aufge¬ 
wendeten  78  997  Jt  zur  völligen  Beseitigung  derselben  bei  weitem 
nicht  genügt  haben. 

Das  gesteckte  Ziel  hat  mit  den  bisher  aufgewendeten,  übrigens 
um  371 456  Jt  hinter  dem  Anschläge  zurückstehenden  Mitteln  selbst¬ 
verständlich  noch  nicht  erreicht  werden  können,  vielmehr  werden 


Mr.  48. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


493 


dazu  über  den  Anschlag  hinaus  noch  manche  Nachregulirungen  noth- 
wendig  sein. 

Für  die  Canalisirung  der  oberen  Netze,  welche  durch  den 
Allerhöchsten  Erlafs  vom  11.  März  1878  in  der  Eichtung  Goplow-See, 
Pakosch,  Labischin,  Eichtgraben,  Speisecanal,  Bromberger  Canal 
genehmigt  ist,  sind  die  veranschlagten  Kosten  mit  4  500  000  Jt  in  den 
einmaligen  und  aufserordentlichen  Etats  der  Jahre  1878/79  bis  1882/83, 
also  in  fünf  Eaten,  zur  Verfügung  gestellt  worden.  Der  im  Jahre 
1883/84  erfolgte  Abschlufs  des  grofsen  und  wichtigen  Werkes  hat 
noch  eine  Nachtragsforderung  von  36  000  JC  nöthig  gemacht,  deren 
Bewilligung  im  Etat  des  genannten  Jahres  erfolgt  ist. 

An  gröfseren  Brückenbauten  sind  im  Odergebiet  aufser  den 
schon  vor  dem  Jahre  1878/79  begonnenen,  nämlich  der  Netzebrücke  bei 
Czarnikau  (1878/79  Eest  44  000  .J/)  und  der  Warthebrücke  beiKüstrin 


(1878/79  und  1879/80  dritte  Eate  und  Eest  zusammen  llbQQQ  JH) 
während  der  Berichtsjahre  zur  Ausführung  gekommen: 

Der  Neubau  der  Oderbrücke  bei  Kosel  1884/85,  1885,86 

mit  im  ganzen .  270  000  JC 

der  Neubau  der  Vorgrabenbrücke  hei  Kosel,  mit  welcher 
die  Anlage  eines  grofsen  beweglichen  Wehrs  und  die 
Herstellung  eines  neuen  Umfluthcanals  verbunden 
worden  ist.  Mit  der  Anschlagssumme  von  ....  910  000  „ 

sind  die  Arbeiten  in  den  Jahren  1886  bis  1889  in 
allen  wesentlichen  Theilen  vollendet  worden. 

In  denselben  Jahren  ist  für  die  Errichtung  einer 
neuen  Brücke  über  die  Oder  bei  Krappitz  ein  Staats¬ 
beitrag  gewährt  worden  von .  60  000  „ 


Die  Erneuerung  des  Ueberbaues  der  Grofsen  Oderbrücke 
bei  Oppeln  hat  in  1886,87  und  1887/88  stattgefunden 

und  kostete .  100  000  „ 

Die  Wiederherstellung  der  Oderbrücke  bei  Steinau  (1882/83 

bis  1884/85)  erforderte  rund . ,  .  .  .  78  000  „ 

Der  Ueberbau  der  Oderthorbrücke  über  den  Mühlgraben 

in  Oppeln  ist  in  1888  mit  einem  Kostenaufwande  von  34  500  „ 
in  Eisen  hergestellt  worden. 

Der  Neubau  der  Oderbrücke  bei  Küstrin  ist  in  den 
Jahren  1878/79  bis  1881/82  ei'folgt.  Die  Kosten  sind 


in  vier  Eaten  bewilligt  worden  mit .  1 166  000 

Endlich  kostete  die  Peenebrücke  bei  Loitz  .  .  .  .  .  72  000 


Zusammen:  2  690  500  Ji. 

7.  Bas  Weicliselgebiet.  ^ 
a)  Der  Hauptstrom. 

Die  bisherigen  Ausgaben  für  die  Eegulirung  der  Weichsel 
und  Nogat,  für  welche  im  ganzen  der  Betrag  von  15  392  000  .Jf, 
jedoch  unter  Anrechnung  bereits  hierauf  bewilligter  350  000  der 
Betrag  von  15042000  .4^  in  Ansatz  gekommen  ist,  haben  betragen: 


Im  Jahre  1880,81 

563  000  JC 

1881/82 

570  000  „ 

1882/83 

1  017  000  „ 

1883/84 

1050  000  ., 

1884/85 

988  000  „ 

1885,86 

1019  000  „ 

1886,87 

1629  000  „ 

1887/88 

2  051000  „ 

1888/89 

1766  000  „ 

1889/90 

1315  000  „ 

einsehl.  des  Eestbestandes  aus  1889/90 

132  000  „ 

zusammen 

12 100  000  JC 

es  bleiben  also  2  942  000  .4^  noch  fernerhin  zu  verwenden. 

Unabhängig  von  dieser  Eegulirung  und  weniger  im  Interesse  der 
Schilfahrt  als  in  demjenigen  der  Vorfluth  ist  im  Jahre  1886,87  der 
im  ganzen  auf  720000 .4^  veranschlagte  Ausbau  der  Weichsel¬ 
mündung  bei  Neufähr  in  Angriff  genommen  und  im  Jahre  1888, ^89 
zu  Ende  geführt  worden.  Im  Etat  erscheinen  nur  zwei  Eaten,  1887/88 
und  1888/89  mit  zusammen  370  000./%;  der  übrige  Geldbedarf  ist 
durch  späterhin  genehmigte  Vorgriffe  gedeckt  worden. 

Zur  Verminderung  der  Ueberschwemmungsgefahren  an  der  unteren 
Weichsel  soll  derselben  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  20.  Juni  1888 
eine  neue  Mündung  gegeben  werden.  Für  die  Ausführung  dieses 
sehr  bedeutenden  Werkes,  welches  in  der  Herstellung  eines  6  km 
langen  Durchstichs  durch  die  Danziger  Binnen-Nehrung  und  der 
dazu  gehörigen  Durchdeichung  einerseits  der  Danziger,  anderseits  der 
Elbinger  Weichsel,  ferner  in  einer  ausgedehnten  Deichverlegung  und 
Eegulirung  des  Hochwasserprofils  besteht,  auch  zur  Erhaltung  der 
Schiffahrtsstrafse  nach  Danzig  die  Anlage  eines  Hafens  nebst  Schleusen 
für  den  Schiffs-  und  Flofsverkehr  bedingt,  ist  ein  Kostenbetrag  von 
20  000  000  in  Aussicht  genommen,  zu  welchem  die  betheiligten 
Niederungen  einen  Beitrag  von  7  230  000  Ji  zu  leisten  haben.  Die 
Bauten  sind  bereits  in  Angriff  genommen  worden. 


b)  Die  Brahe. 

Die  Canalisirung  der  unteren  Brahe  von  Bromberg  bis 
zur  Weichsel  und  im  Zusammenhänge  damit  die  durch  eine  Actien- 
gesellschaft  bewirkte  Anlage  eines  Holzhafens  an  der  Brahemündung 
ist  bereits  im  Jahre  1876/77  begonnen  worden.  Von  den  zur  Voll¬ 
endung  erforderlich  gewesenen  Kosten  mit  rund  1370  000  J/,  ein- 
schliefslich  der  von  Seiten  des  Staats  zum  Hafenbau  gewährten  Bei¬ 
hülfen,  sind  in  den  beiden  ersten  Jahren  der  Berichtszeit  nur  noch 
die  beiden  letzten  Eaten  mit  zusammen  957  000  JC  zur  Ueberweisung 
gekommen. 

Aufser  dem  soeben  genannten  Hafenbau  ist  im  Jahre  1883/84 
noch  eine  Erweiterung  des  Sicherheitshafens  bei  Thorn  auf 
Grund  einer  BSwilligung  im  Etat  von  145  000  zur  Ausführung  ge¬ 
langt.  Für  die  Anlage  eines  Winterhafens  bei  Dirschau  und 
einer  Schiffswerft  für  die  Weichselstrom  -  Bauverwaltung  bei 
Plehnendorf  sind  die  Kosten  von  bezw.  190  000  .4^  und  86  000  .4^  in 
den  Etat  des  Jahres  1888/89  eingestellt  worden. 

Ausschliefslich  für  den  Landverkehr  bestimmte  gröfsere 
Brücken  über  die  Weichsel  sind  während  der  Berichtszeit  nicht  ge¬ 
baut.  Dagegen  sind  in  Bromberg  zwei  Brahe -Brücken,  die  Eiserne 
Brücke  1885/86  mit  180  000  4^  und  die  Wilhelmsbrücke^l887/88  mit 
110  000.4/  einem  Neubau  unterzogen  worden. 

c)  Die  ScliiHahrtscansile. 

Der  zur  dauernden  Verbesserung  des  Bromberger  Canals  als 
nothwendig  nachgewiesene  Geldbetrag  von  523  000  J(  ist  bis  zum 
Jahre  1884/85  in  im  ganzen  acht  einzelnen  Etatsraten  zur  Verfügung 
gestellt  und  dementsprechend  verwendet  worden.  Hierzu  ist  noch  in 
den  Jahren  1886, /87  und  1887/88  der  Erneuerungsbau  der  zehnten 
Canalschleuse  mit  201000.4/  und  in  den  Jahren  1882/83  und  1883/84 
der  Erneuerungsbau  der  Bromberger  Stadtschleuse  mit  383  000  JC 
hinzugekommen.  Endlich  hat  die  Einrichtung  des  Schirrhofes  für  die 
Canal-Bauverwaltung  zu  Bromberg  in  den  Jahren  1884/85  und  1885/86 
den  Betrag  von  im  ganzen  67  000  JC  erfordert. 

Am  Weich.selhaffcanal  sind  aufser  der  im  Etat  1882/83  mit 
einem  Kostenbetrag  von  36  000.4/  bewilligten  Verlängerung  des  Lein¬ 
pfades  durch  den  Stobbendorfer  Bruch  aufserordentliche  Ausgaben 
nicht  nothwendig  geworden. 

Zum  Ersatz  der  untersten  Schleusen  des  Oberländischen 
Canals  war  bereits  im  Jahre  1879  der  Bau  einer  fünften  geneigten 
Ebene  begonnen  worden.  Der  veranschlagte  Geldbetrag  von  im  ganzen 
860  000.4/  ist  um  175  000.4/  überschritten. 

Um  den  Wasserbedarf  für  die  oberste  Haltung  desselben  Canals 
auf  die  Dauer  sicher  zu  stellen,  wurde  im  Jahre  1885/86  die  Haus¬ 
mühle  bei  Dt.  Eylau  für  80  000  JC  käuflich  erworben. 

8.  Bas  Pregelgebiet. 

Für  die  Eegulirung  des  Pregels  und  der  Deime  sind  590  000  Jt 
und  für  die  Erweiterung  des  Grofsen  Friedrichsgrabens  nebst 
der  Verbesserung  der  Nemonien-Mündung,  nachdem  hierfür  bereits 
im  Etat  des  Jahres  1880,^81  ein  Beitrag  von  46  000.4/  in  Ansatz  ge¬ 
kommen,  noch  1 210  000  JC,  zusammen  1  800  000  JC  bestimmt. 

Hierauf  sind  zur  Verwendung  gebracht  bezw.  überwiesen  worden: 


Im  Jahre  1881/82 

80  000  JC 

1882/83 

269  COO  „ 

1883/84 

589  000  ., 

1884/85 

334  000  „ 

1885/86 

221000  .. 

1886/87 

142  000  „ 

1887/88 

46  000  „ 

1888/89 

5  000  „ 

1889/90 

30  000  .. 

einschliefslich  Eestbestand  1889/90 

132  000  .. 

zusammen 

1  848  000  JC 

wonach  eine  Ueberschreitung  von  48  000  JC  stattgefunden  hat,  die  aus 
verfügbaren  Fonds  gedeckt  worden  ist. 

Für  einen  durch  den  Besitzer  des  Gutes  Lablacken  in  den  Jahren 
1888/89  ausgeführten  Hafen  bei  Kampeshöfchen  am  Kurischen  Haff 
hat  der  Staat  einen  Beitrag  von  27  500  JC  gewährt. 

Von  gröfseren  Brückenbauten  sind  der  in  den  Jahren 
1880/81  und  1881/82  auf  Grund  einer  Bewilligung  von  im  ganzen 
325  000^4/  erfolgte  Neubau  der  Pregelbrücke  bei  Wehlau  und  die 
Wiederherstellung  der  durch  Brand  zerstörten  Brücke  bei  Tapiau 
mit  einem  Kostenaufwande  von  100  000  JC  zu  erwähnen. 

Aufserdem  ist  in  Verbindung  mit  der  Beseitigung  des  Mühlen¬ 
staues  und  der  Schleusen  bei  Gr.  Bubainen  daselbst  eine  neue  Pregel¬ 
brücke  erbaut.  Die  Gesamtkosten  der  hier  zur  Ausführung  ge¬ 
kommenen  Bauten  haben  ausschliefslich  des  für  die  Mühlenanlage 
und  den  Stau  gezahlten  Kaufgeldes  137  000  JC  betragen. 


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Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


2!).  IVdveiiibcr  1890. 


Ferner  wurden  zwei  Brücken  über  die  Alle  gebaut:  1884  85  bei 
Schallen  mit  1889,90  bei  Gr.  Wohnsdorf  mit  100  000 

1).  Das  Meiuelgebiet. 

Für  die  Eegulirung  der  Memel  und  ihrer  Mündungsarme  Rufs, 
Atmath  und  Gilge  Avar  die  Verwendung  einer  Kostensumme  von 
3  236  000  ./Ä  in  Aussicht  genommen. 

Bis  auf  wenige  Arbeiten,  welche  zur  Deckung  einiger  Regulirungs¬ 
werke  noch  nöthig  sind,  wird  die  Regulirung  im  Laufe  dieses  Jahres 
vollendet  und  dafür  der  Rest  der  Anschlagssumme  ausgegeben  werden. 
In  den  ausgebauten  Stromstrecken  sind  die  geplanten  Wassertiefen 
bisher  erreicht  worden. 


Vor  den  Mündungen  der  zum  Memelgebiet  gehörigen  Flufsarme  in 
das  kurische  Half  sind  bei  dem  Dorfe  Inse,  in  den  Jahren  1880  84, 
und  an  der  Gilgemündung  im  Jahre  1886  Seitendämme,  welche  die 
Flufsläufe  über  die  vorliegenden  Verflachungen  hinaus  bis  zu  gröfseren 
Wassertiefen  begleiten  und  die  Strömung  bis  dahin  Zusammenhalten, 
angelegt  worden,  welche  135  000  ,4^  und  60  000  .4^  gekostet  haben. 

Die  Erbauung  eines  Winterhafens  bei  Schmaleningken  ist  ini 
Jahre  1887  unter  Aufwendung  von  117  000  Jt  zur  Ausführung  ge¬ 
bracht  worden. 

In  den  Jahren  1883/85  ist  die  neue  Gilgebrücke  bei  Sköpen  für 
151  OOO  .Jf,  in  1880,82  die  Brücke  über  den  Schirwindtflufs  bei  Schir- 
windt  für  200  000  JC  und  in  denselben  Jahren  die  Pissabrücke  zii 
Guinbinnen  für  106  000  Jt  erbaut  worden. 


C.  Eriolffe. 


Die  Erfolge  der  theils  vollendeten,  theils  noch  in  der  Ausführung 
begriffenen  Verbesserungen  der  preufsischen  Wasserstrafsen  sind  im 
allgemeinen  hinter  den  Erwartungen  nicht  zurückgeblieben  und  werden 
von  den  Betheiligten  bereitwillig  anerkannt.  Allerdings  fehlt  es  auch 
nicht  an  Stimmen,  welche  einerseits  jene  Thatsachc  bestreiten,  ander¬ 
seits  zu  einem  schnelleren  Vorgehen,  namentlich  in  der  Anlegung 
neuer,  künstlicher  Wasserstrafsen  drängen. 

Während  in  der  letzten  Beziehung  keine  Veranlassung  vorliegt, 
die  financiellen  Kräfte  des  Staates  in  noch  höherem  Grade  anzu¬ 
spannen,  als  es  in  den  jüngsten  zehn  Jahren  geschehen  und  für  die 
nächste  Zeit  bereits  in  Aussicht  genommen  ist,  läfst  sich  die  Un¬ 
zufriedenheit  Einzelner  auf  den  Umstand  zurückführen,  dafs  man 
vielfach  in  der  Gröfse  und  dem  Tiefgange  der  Fahrzeuge  über  das¬ 
jenige  Mafs  hinausgegangen  ist,'  welches  nach  der  zeitigen  Beschaffen¬ 
heit  der  benutzten  Wasserstrafsen  vernünftigerweise  eingehalteu 
werden  mufste. 

Die  Bemühungen,  die  Entwicklung  der  Dampfschiffahrt 
sowohl  mit  einzelnen  Personen-  und  Lastschiff’en,  als  auch  in  Schlepp¬ 
zügen,  welche  entweder  frei  oder  an  einer  Kette,  bezw.  einem  Draht¬ 
seil  fortbewegt  werden,  im  Gegensatz  zu  der  bisher  üblichen,  schwer¬ 
fälligen  und  langsamen  Segelschift’ahrt,  thunlichst  zu  fördern,  haben 
u.  a.  darin  einen  bestimmten  Ausdruck  gefunden,  dafs  das  früher 
untersagt  gewesene  Befahren  der  Canäle  mit  Dampfschiffen  gegen- 
Avärtig  nach  Vollendung  der  hierzu  erforderlich  gewesenen  Ufer¬ 
befestigungen  usvr.  für  alle  preufsischen  Canäle  frei  gegeben,  und 
dafs'  den  Dampfschiffen  mit  ihrem  etwaigen  Anhänge  das  Vorfahrt- 
und  Vorschleuserecht  eingeräumt  worden  ist.  Die  Dampfschiffahrt 
auf  den  Strömen  und  Canälen  hat  dann  auch  in  allen  Landestheilen 
einen  höchst  erfreulichen  Aufschwung  genommen. 

Die  in  Rede  stehenden  Erfolge  bewirken  weniger  eine  unmittel¬ 
bare  Erhöhung  der  Staatseinnahmen,  als  dafs  sie  allgemein  volks- 
wirthschaftlicher  Natur  sind.  Ist  es  schon  aus  diesem  Grunde  nicht 
möglich,  dieselben,  wie  die  Erträge  der  Eisenbahnen,  in  Geld  aus¬ 
zudrücken,  so  ist  anderseits  selbst  da,  wo  die  erforderlichen  statisti¬ 
schen  Erhebungen  zur  Verfügung  stehen,  weder  die  Anzahl  der  auf 
den  Wasserstrafsen  verkehrenden  Schiffe,  noch  die  in  den  Schiffen 
fortbewegte  Masse  an  Gütern  ohne  weiteres  geeignet,  einen  zu¬ 
treffenden  Vergleich  zwischen  den  früheren  und  den  jetzigen  Schiff¬ 
fahrtsverhältnissen  anzustellen. 

Dafs  beinahe  ausnahmslos  bei  allen  preufsischen  Wasserstrafsen, 
wenn  nicht  die  Gröfse,  so  doch  der  Tiefgang,  also  auch  die  durch¬ 
schnittliche  Belastung  der  Fahrzeuge  zugenommen  hat,  ist,  abgesehen 
von  den  weiter  unten  hierüber  zu  machenden  Mittheilnngen,  so  in 
die  Augen  springend,  dafs  selbst  bei  solchen  Verkehren,  bei  welchen 
etwa  die  Zahl  der  Schiffe  sich  nicht  vermehrt  hat,  eine  erhebliche 
Zunahme  der  beförderten  Massen  mit  Zuversicht  behauptet  werden 
kann.  In  solchen  Fällen,  in  welchen  etwa  die  statistischen  Auf¬ 
zeichnungen  eine  Vermehrung  der  beförderten  Massen  nicht  nach- 
weisen,  bleibt  immer  noch  die  in  Zahlen  nicht  zur  Erscheinung  ge¬ 
langende  erhöhte  Sicherheit  und  Schnelligkeit  der  Beförderung  von 
nicht  zu  unterschätzender  Bedeutung.  Die  Wasserstrafsen  befinden 
sich  zumeist  schon  jetzt  in  einem  Zustande,  welcher  den  Verfrachtern 
und  Empfängern  von  Gütern  die  früher  nicht  vorhanden  gewesene 
Möglichkeit  gewährt,  bestimmte  Lieferungsfristen  zu  vereinbaren  und 
infolge  dessen  auch  werthvollere  Waren  als  bisher  dem  Wasserwege 
anzuvertrauen.  Nicht  minder  fällt,  bei  sonst  gleichen  Massen,  die 
Verminderung  der  Beförderungskösten  für  die  Massen-Einheit,  welche 
sich  als  eine  Folge  des  planrnäfsigen  Ausbaues  der  Wasserstrafsen 
unzweifelhaft  ergiebt,  ins  Gewicht,  obwohl  sie  aus  den  statistischen 
Nachweisungen  in  der  Regel  nicht  ersehen  werden  kann. 

a)  Die  Gröfse  und  Tragfähigkeit  der  Fahrzeuge. 

Die  allgemeine  Verbesserung  der  Verkehrs -Verhältnisse  tritt 
handgreiflich  überall  da  in  die  Erscheinung,  wo  eine  Erhöhung  nicht 


allein  der  Schiffszahl,  sondern  auch  der  Gröfse  und  Tragfähigkeit 
der  Fahrzeuge  statistisch  nachgewiesen  werden  kann.  In  Bezug  auf 
die  Haupt-Stromgebiete  ist  hierüber  nachstehendes  anzuführen: 

Auf  dem  Rhein  hatten  die  im  Jahre  1880  verkehrenden  Fahr¬ 
zeuge  eine  Tragfähigkeit  von  höchstens  18  000  Ctr. ,  gegenwärtig 
befahren  diesen  Strom  Schifte,  welche  bei  80  m  Länge,  10  m  Breite 
in  voller  Ladung  bei  2,30  bis  2,40  m  Tiefgang  26  000  Ctr.  Trag¬ 
fähigkeit  aufweisen.  Die  Zahl  der  den  Rhein  befahrenden  Schiffe 
hat  in  den  letzten  10  Jahren  von  5000  auf  6260,  als.o  um  25  pCt.  zu¬ 
genommen.  Als  Schleppdampfer  dienen  sowohl  Seitenrad-,  als  auch 
Schrauben-Dampfer,  von  .denen  die  leistungsfähigsten  mit  Maschinen 
von  1000  Pferdekräften  ausgerüstet  sind  und  70  000  bis  80  000  Ctr.. 
Ladung  in  je  vier  eisernen  Schiffen  binnen  20  bis  22  Stunden  von 
Rubrort  bis  Köln  schleppen.  Die  Schleppkosten  stellen  sich  durch¬ 
schnittlich  auf  0,21  bis  0,24  Pf.  das  Tonnenkilometer.  Von  den  Fracht¬ 
dampfern,  welche  den  Rhein  befahren,  sind  besonders  bemerkenswerth 
die  Rhein -See -Dampfer,  welche  den  Verkehr  zwischen  Köln  und 
London,  neuerdings  auch  nach  Bremen  und  der  Ostsee  vermitteln.  Ein 
solcher  Seedampfer  ist  61  m  lang,  8,7  m  breit  und  geht  auf  dem  Rhein 
bei  10  000  Ctr.  Ladung  2,51  m  tief.  Die  Tauerei  wird  auf  der  Strecke 
Bonn-Bingen  im  Wettbewerb  mit  den  andern  Schleppern,  besonders 
bei  niedrigen  Wasserständen  mit  Vortheil  betrieben. 

Während  die  Tragfähigkeit  der  gröfseren  Wes  er- Fahrzeuge  vor¬ 
der  Regulirung  2800  bis  3000  Ctr.  betrug,  verkehren,  namentlich  auf 
dem  unteren  Theile  dieses  Stromes  abwärts  bis  Bremen,  gegenwärtig 
Schiffe  mit  einer  Tragfähigkeit  von  6000  bis  7000  Ctr.  bei  einem 
Tiefgange  bis  zu  1,7  m. 

Die  ausschliefslich  für  die  Eibe  bestimmten  Fahrzeuge  haben 
gegenwärtig  eine  Länge  bis  zu  74  m,  eine  Breite  bis  10,60  m  (ein- 
schliefslich  der  Berghölzer)  und  eine  Bordhöhe  bis  zu  2  m  und 
darüber.  Während  vor  noch  nicht  langer  Zeit  Fahrzeuge  von  10  000 
bis  12  000  Ctr.  Tragfähigkeit  als  sehr  grofs  galten,  tragen  die  jetzigen 
Fahrzeuge  bei  einer  Freibordhöhe  von  32  cm  bis  zu  15  000  Ctr.  bezw. 
für  Kohlenladungen  bei  einer  Freibordhöhe  von  26  cm  bis  16  000  Ctr. 
Die  gröfseren  Schleppdampfer  haben  eine  Länge  von  60  bis  66  m 
und  eine  Breite  ohne  Radkasten  von  7  m,  mit  Radkasten  von  13  bis 
15  m,  bei  einem  Tiefgange  mit  Wasser  auf  den  Kesseln  und  Kohlen 
von  0,9  bis  1,2  m.  Dieselben  schleppen  im  Anhänge  ungefähr  2250 
bis  2500  Tonnen.  Der  gröfste  auf  der  Elbe  zwischen  Magdeburg  und 
Hamburg  verkehrende  Schleppdampfer  (Hohenzollern,  den  Gebrüdern 
Tonne  in  Magdeburg  gehörig)  hat  rund  67  m  Länge,  8  m  Breite  ohne 
und  16  m  Breite  mit  Radkasten,  2,70  m  Höhe  in  der  Mitte  und  ver¬ 
mag  im  Anhänge  3000  Tonnen  stromauf  zu  befördern.  Die  neueren 
Eilgutdampfer,  welche  etwa  4000  bis  6000  Ctr.  Güter  aufzunehmen 
und  etwa  600  Tonnen  im  Anhänge  zu  schleppen  imstande  sind,  be¬ 
sitzen  eine  gröfste  Länge  von  60  bis  65  m  und  eine  Breite  bis  zu  7, 
mit  Radkasten  bis  zu  13  m.  Ihr  Tiefgang  beträgt  mit  Wasser  auf 
den  Kesseln,  den  nöthigen  Kohlen  und  voller  Ladung  1,4  bis  1,5  m. 

Die  gröfsten  Fahrzeuge,  deren  Verkehr  bisher  auf  den  Wasser¬ 
strafsen  zwischen  der  Elbe  und  Oder  zugelassen  wurden,  hatten 
nur  40,2  m  Länge  xind  4,6  m  Breite,  weil  die  Schleusen  auf  dem 
Finow-  und  Friedrich -Wilhelm -Canal  keine  gröfsere  Abmessungen 
gestatteten.  Der  zulässige  Tiefgang  von  1,25  m  konnte  nur  selten 
ausgenutzt  werden,  weshalb  die  bei  diesem  Tiefgange  sich  ergebenden 
Ladungen  bis  zu  2000  Ctr.  nicht  häufig  vorkameu  Der  Ausbau  der 
Havel  von  der  Elbe  aufwärts  bis  Spandau  und  des  Plauer  Canals, 
ferner  die  Canalisirung  der  Unterspree  zwischen  Spandau  und  Berlin 
haben  zur  Folge  gehabt,  dafs  nunmehr  zwischen  der  Elbe  von  Ham¬ 
burg  einerseits  und  von  Magdeburg  anderseits  nach  Berlin  die 
gröfseren  Elbfahrzeuge  von  65  m  Länge,  8  m  Breite  und  1,5  ni  Tief¬ 
gang,  also  von  8000  bis  10  000  Ctr.  Tragfähigkeit  frei  verkehren  und 
durch  Dampfschiffe  von  entsprechender  Gröfse,  welche  je  4  bis  5 
dergleichen  Schifte  mit  sich  führen,  geschleppt  werden  dürfen.  Fahr¬ 
zeuge  von  nahezu  derselben  Gröfse  werden  nach  der  Eröffnung  des 
Oder-Spree-Canals  von  der  Oder  her  bis  Berlin  gelangen,  schliefslich 


Kr.  48, 


Centralblatt  der  Banverwaltun^. 


495 


abei’  wird  die  Fertigstellung  der  weiteren  Spree-Canalisirung.  nament¬ 
lich  der  Schiffsschleuse  im  Miihlendamm  allen  diesen  Schiften  den 
unmittelbaren  Verkehr  zwischen  den  an  der  Elbe  und  Oder  gelegenen 
Handelsplätzen  gestatten.  Die  Umbauten  des  Finow -Canals  haben 
für  die  hier  verkehrenden  Schifte  zwar  keine  Vergröfserung  der 
Längen-  und  Brcitenmafse,  wohl  aber  eine  solche  des  Tiefgangs  er¬ 
möglicht,  infolge  deren  die  Oderkähne  neuerer  und  verbesserter  Bau¬ 
art  nunmehr  Ladungen  bis  zu  3000  und  3500  Ctr.  führen. 

Von  den  auf  der  Oder  verkehrenden  Fahrzeugen  hat  der  über¬ 
wiegend  gröfsere  Theil  noch  die  soeben  angegebenen  ftnowcanal- 
mäfsigen  Abmessungen  und  die  entspi-echende  Tragfähigkeit,  aber 
die  Zahl  der  gröfseren  Fahrzeuge  bis  zu  55  m  Länge,  8  m  Breite  und 
1,45  m  Tiefgang,  also  bis  zu  8000  Ctr.  Tragfähigkeit,  ist  in  lebhafter 
Zunahme  begriffen.  Gegenwärtig  wird  die  Schiffs-Reederei  auf  der 
Oder  hauptsächlich  durch  11  Gesellschaften  betrieben,  welche  hierfür 
in  1889  =  56  Dampfer  mit  zusammen  =  9164  und  im  einzelnen  von 
62  bis  339  indicirten  Pferdestärken  besitzen.  Davon  sind  die  auf 
der  unteren  Oder  verkehrenden  meist  Schraubendampfer,  die  auf  der 
oberen  Oder  Seiten-  und  Hinterraddampfer.  Die  in  1880  von  Breslau 
bis  Stettin  fahrenden  Dampfer  waren  nur  imstande,  etwa  =  6000  Ctr. 
Last  stromaufwärts  zu  schleppen,  wogegen  diese  ihre  Leistung  in 
1889  =  20  000  Ctr.  beträgt.  Zur  vollen  Ausbildung  wird  die  Oder- 
fiotte  erst  durch  die  Eröffnung  des  Oder-Spree-Canals  und  durch  die 
Canalisirung  der  oberen  Oder  gelangen,  deren  Beginn,  wie  erwähnt, 
unmittelbar  bevorsteht. 

Endlich  sind  auch  bei  der  Weichsel  die  wohlthätigen  Wir¬ 
kungen  der  bisherigen  Regulirungen  aus  der  Zunahme  der  Tragfähig¬ 
keit  der  darauf  verkehrenden  Schiffsgefäfse  zu  erkennen,  insofern  die 
Tragfähigkeit  bei  den  Dampfschiffen  von  2000  auf  6000  Ctr.,  bei  den 
Segelschiffen  von  ebenfalls  2000  auf  4000  Centner  in  die  Höhe  ge- 
.gangen  ist. 

b)  Die  Entwicklung-  des  Verkehrs. 

Nachstehend  folgen  einige,  auf  die  Hauptströme  Bezug  habende 
Terkehrszahlen,  sämtlich  in  Abrundung: 

Die  Gesamtverladung  in  den  hauptsächlichsten  Rheinhäfen 
zwischen  Biebrich  und  Wesel  betrug: 

im  Jahre  1882:  3  800  000  t 
1883:  4  500  000  t 
1884:  4  400  000  t 
1885:  5  900  000  t 
1886:  6  200  000  t 
1887:  6  500  000  t 
1888:  7  500  000  t 

Ueber  die  preufsisch- niederländische  Grenze  wurden  auf  dem 
Rhein  befördert: 

im  Jahre  1885:  4  500  000  t 
1886:  4  500  000  t 
1887:  5  000  000  t 
1888:  5  500000  t 

Auf  dem  canalisirten  Main  ist  die  Verkehrsleistung,  abgesehen 
vom  Flofs -Verkehr 

von  rund  312  000  Tonnenkilometer  im  Jahre  1881/82 

auf  „  15  350  000  ,.  „  „  1887 

und  „  20  550  000  „  „  „  1888 

gestiegen;  sie  hat  sich  also  gegen  1882  im  Jahre  1887  auf  das 
49 fache,  im  Jahre  1888  auf  das  66 fache  erhöht,  ohne  bis  dahin  an 
-der  Grenze  ihrer  Steigerung  angelangt  zu  sein. 

Auf  der  oberen  Ems  betrug  der  Verkehr: 

im  Jahre  1881:  11200  t 
1882:  15  900  t 
1883:  15100  t 
1884:  20  900  t 
1885:  16  900  t 
1886:  15  700  t 
1887:  14  800  t 
1888:  14  700  t 

Auf  der  Weser  sind  bei  Minden 

angekommen  abgegangen  durchgegangen 


im  Jahre  1882:  16  000  t  1800  t  20  800  t 

1883  :  23  000  t  4900  t  38100  t 

1884:  20  200  t  3800  t  54000  t 

1885:  28  600  t  5000  t  80  000  t 

1886:  22  600  t  3600  t  79  000  t 

1887 :  29  200  t  7300  t  101 000  t 

1888:  43  000  t  4100  t  106  000  t 


Auf  der  Elbe  sind: 

a)  über  die  Zollgrenze  bei  Schandau: 


b) 


eingeführt 

ausgeführt 

im  Jahre  1883 

1  504  000  t 

186  000  t 

1884 

1  599  000  t 

223  000  t 

1885 

1  474  000  t 

172  000  t 

1886 

1  680  000  t 

176  000  t 

1887 

1  652  000  t 

193  000  t 

1888 

2  171  000  t 

198  000  t 

er  die  Zollgrenze 

bei  Hamburg: 

eingeführt 

ausgeführt 

im  Jahre  1883 

1 233  000  t 

1 159  000  t 

1884 

1  420  000  t 

1  224  000  t 

1885 

1  323  000  t 

1 275  000  t 

1886 

1  219  000  t 

1  295  000  t 

1887 

1  242  000  t 

1  335  000  t 

1888 

1  302  000  t 

1  386  000  t 

wozu  bemerkt  wird,  dafs  die  hauptsächlichsten  Regulirungen  der  Elbe 
schon  im  Jahre  1883/84  zum  Abschlufs  gekommen  sind. 

Die  Verkehrsentwicklung  auf  den  Wass erstrafsen  zwischen 
der  Elbe  und  Oder  ergiebt  sich  aus  der  Zahl  der  durch  folgende 
Schleusen  beförderten  Schiffe: 


Jahr 

Finow- 

Canal 

Hohen- 

saaten 

Havel 

Branden¬ 

burg 

Berlin  Landwehrcanal 
Endschleusen 

einwärts  auswärts 

1878 

13  600 

14  600 

13  700 

13  600 

1879 

15  800 

12  200 

12  000 

11800 

1880 

16  900 

15  100 

14  000 

14  900 

1881 

14  000 

16  100 

14  500 

14400 

1882 

15  600 

16  800 

15  200 

15  200 

1883 

17  000 

18  600 

16  600 

16  500 

1884 

18  400 

20  000 

15  700 

15  700 

1885 

19  700 

21500 

15  300 

15  200 

1886 

18  200 

22  400 

15  400 

15  000 

1887 

19  800 

24  800 

16  900 

16  800 

1888 

20  400 

24  800 

16  600 

16  600 

Auf  der  Oder  gingen  durch  Küstrin: 


stromauf  Dampfer 
stromab  dgl. 
stromauf  Segelschiffe 
stromab  dgl. 


im  Jahre  1880: 

.  126  Stück  mit 
.  125  dgl. 

.  948  dgl. 

.  848  dgl. 


890  Tonnen  Ladung 
725  dgl. 

72 121  dgl. 

59  371  dgl. 


zus.  251  Dampfer,  1796  Segelschiffe  mit  138  107  Tonnen  Ladung 


dagegen  im  Jahre  1889: 

stromauf  Dampfer  ....  480  Stück  mit  2  980  Tonnen  Ladung 


stromab 

dgl.  .  . 

.  .  544 

dgl. 

3  840 

dgl. 

stromauf  Segelschiffe 

.  .  2416 

dgl. 

293  846 

dgl. 

stromab 

dgl. 

.  .  3714 

dgl. 

464  549 

dgl. 

zus.  1024  Dampfer,  6130  Segelschiffe  mit  765  215  Tonnen  Ladung 


Ferner  gingen  durch  die  Brücke  zu  Steinau: 

im  Jahre  1880: 

stromauf  Dampfer  ....  84  Stück 

stromab  dgl.  ....  86  dgl. 

stromauf  Segelschiffe  ■  .  .  1167  Stück  mit  46  800  Tonnen  Ladung 

stromab  dgl.  .  .  .  1129  dgl.  83  790  dgl. 

zus.  170  Dampfer,  2296  Segelschiffe  mit  130  590  Tonnen  Ladung 
dagegen  im  Jahre  1889: 
stromauf  Dampfer  ....  630  Stück 
stromab  dgl.  ....  603  dgl. 

stromauf  Segelschiffe  .  .  .  4380  Stück  mit  223  733  Tonnen  Ladung 
stromab  dgl.  .  .  .  4336  dgl.  582  032  dgl. 

zus.  1233  Dampfer,  8716  Segelschiffe  mit  805  765  Tonnen  Ladung 
Im  Unterwasser  von  Breslau  verkehrten  im  Jahre  1880  stromauf 
und  -ab  zusammen  2335  Fahrzeuge  mit  beziehungsweise  51 468  Tonnen 
und  73  886  Tonnen,  zusammen  125  354  Tonnen  Ladung;  dagegen  im 
Jahre  1889  10  741  Fahi'zeuge  mit  bezw.  231850  und  560  596  Tonnen 
Ladung,  zusammen  792  446  Tonnen  Ladung.  Hiernach  hat  sich  in  dem 
Zeitraum  von  1880  bis  1889  der  Schiffahrtsverkehr  auf  der  Oder  in 
Bezug  auf  die  Zahl  der  Fahrzeuge  und  den  Umfang  der  Ladungen 
etwa  verfünffacht,  während  die  Tragfähigkeit  der  gröfseren  Schiffe 
etwa  um  das  Dreifache  gewachsen  ist. 

Erwähnt  mag  noch  werden,  dafs  in  Breslau  im  Jahre  1889  ein 
lebhafter  Personen-Dampfschiffsverkehr  stattgefunden  hat.  Es  wurden 
befördert:  im  Oberwasser  mit  2727  Hin-  und  Rückfahrten  185  800  Per¬ 
sonen,  im  Unterwasser  mit  867  Fahrten  50  300  Personen,  also  zu¬ 
sammen  mit  3594  Hin-  und  Rückfahrten  236  100  Personen. 


496 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


29.  November  1890. 


Bei  der  Warthe  zeigen  sich  die  Folgen  der  bisherigen  Re¬ 
gulirungen  in  der  Zunahme  der  Tiefen  und  in  der  Begradigung  der 
Fahrrinne,  sie  kommen  aber,  weil  Rufsland  das  Hinterland  bildet, 
im  Schift’sverkehr  noch  nicht  so  zum  Ausdruck,  wie  es  unter  andern 
Umständen  gewifs  der  Fall  sein  würde.  Für  das  Jahr  1889  ergeben 
sich  nämlich: 

a)  bei  der  Erhebuugsstelle  Pogorzelice  25  Schiffe  weniger  als  1888, 
aber  1763  Tonnen  Ladung  mehr, 

b)  bei  der  Erhebungsstelle  Schwerin  102  Schiffe  mit  9082  Tonnen 
Ladung  weniger  als  1888,  dagegen  57  198  Tonnen  Flofsholz 
mehr, 

c)  durch  die  Brücke  bei  Küstrin  gingen: 

Dampfschiffe  Segelschiffe 


im  Jahre  1878 

— 

5500 

1881 

— 

4700 

1882 

90 

5000 

1883 

260 

4600 

1884 

260 

4300 

1885 

340 

5300 

Dampfschiffe  Segelschiffe 
im  Jahre  1886  :  440  4700 

1887:  430  5100 

1888:  230  4700 

Die  Gründung  neuer  Dampfschiff-Gesellschaften  steht  bevor. 

In  Bezug  auf  die  Weichsel,  deren  Regulirung  zur  Zeit  noch  in 
der  Ausführung  begriffen  ist,  den  Pregel  und  die  Memel  fehlen  aus¬ 
reichend  zuverlässige  Aufzeichnungen. 

Die  vorstehend  mitgetheilten  Zahlen  geben  ein  Bild  nicht  allein 
von  der  Steigerung  des  Verkehrs  auf  den  preufsischen  Wasserstrafsen, 
welche  sich  in  den  letzten  Jahren  trotz  der  für  den  Handel  im  ganzen 
wenig  günstigen  Zeitverhältnisse  vollzogen  hat,  sondern  auch  von 
der  Mächtigkeit  dieses  Verkehrs  im  allgemeinen. 

Zu  bemerken  bleibt  noch,  dafs  die  in  landvvirthschaftlichen  Kreisen 
mehrfach  geltend  gemachte  Behauptung,  durch  die  Regulirungswerke 
werde  die  Vorfluth  in  den  Strömen  behindert  und  die  Hochwasser- Ab¬ 
führung  benachtheiligt,  jedesmal  durch  Beibringung  statistischer  Nach¬ 
weise,  welche  das  Gegentheil  erhärteten,  mit  Erfolg  hat  widerlegt 
werden  können. 


II.  Die  Seebaiiten. 


Auch  auf  die  Bauten  an  der  See  sind  erhebliche  Geldmittel  vei'- 
wandt  worden,  welche  die  Unterhaltung  und  Verbesserung  der  Häfen 
und  der  Sehiffahrtszeichen,  die  Befestigung  der  Meeresufer  und  der 
Dünen  sowie  die  Herstellung  neuer  Seeschift’ahrtsverbindungen  be¬ 
zweckten.  In  letzterer  Beziehung  verdient  au  erster  Stelle  die  Bewilli¬ 
gung  einer  Vorausleistung  des  preufsischen  Staates  zu  den  Kosten 
des  vom  Reiche  ausgeführten  Baues  des  Nord-Ostsee-Canals  Erwähnung, 
welche  durch  das  Gesetz  vom  16.  Juli  1886  (Ges.  S.  1886  S.  209)  er¬ 
folgt  und  hauptsächlieh  dadurch  begründet  ist,  dafs  durch  den  Bau 
dieses  Canals,  bei  welchem  von  Wittenbergen  über  Rendsburg  bis 
Steinrade  der  Eiderstrom  und  von  dort  bis  Holtenau  an  der  Kieler 
Bucht  das  Bett  des  jetzt  bestehenden  Eidercanals  benutzt  werden 
sollen,  Preufsen  der  Aufgabe,  die  Eiderwasserstrafse  in  einen  dem 
Schiffsverkehr  einigermafsen  entsprechenden  Zustand  zu  versetzen, 
überhoben  wird,  der  Canalbau  auch  die  Erreichung  wichtiger  Landes¬ 
meliorationen  in  der  Provinz  Schleswig-Holstein,  namentlich  in  der 
Richtung  besserer  Entwässerung  grofser  Niederungsgebiete  in  Aus¬ 
sicht  stellt. 

Abgesehen  von  den  Summen,  welche  durch  dieses  Gesetz  sowie 
durch  das  später  noch  zu  erwähnende  Gesetz  vom  30.  Juni  1886  zur 
Unterstützung  der  Stadt  Altona  bewilligt  worden,  sind  in  den  letzten 
zehn  Jahren  für  die  gewöhnliche  Unterhaltung  der  Seehäfen  usw.  im 
ganzen  nahezu  25  Millionen  Mark,  und  für  Neubauten  an  Seehäfen 
usw.  im  ganzen  22  Millionen  Mark,  zusammen  also  rund  47  Millionen 
Mark  zur  Verfügung  gestellt  und  verausgabt.  Aufser  der  Eigänzung 
und  Erneuerung  der  Bohlwerke  und  der  für  das  Laden  und  Löschen 
der  Schiffe  dienenden  Anlagen  nahmen  die  Baggerungen  in  den  Hafen¬ 
einfahrten  und  in  den  Häfen  bei  weitem  den  gröfsten  Theil  der  Unter¬ 
haltungsfonds  in  Anspruch. 

a)  Scliiffalirtszeiclieii. 

(Leuchtthürme,  Nebelsignale,  Tonnen  usw.) 

Die  gewöhnliche  Unterhaltung  der  Leuchtfeuer  und  Tonnen  er¬ 
forderte  im  Durchschnitt  jährlich  330  000  Jl.  Für  Reparaturen  an 
den  Thürraen  und  Feuerschiffen,  für  Einführung  der  Petroleumbe¬ 
feuerung,  Umwandlung  der  feuergefährlichen  hölzernen  Ti-eppen  und 
Decken  in  feuersichere  und  für  Beschaffung  von  luftdichten  Petroleum- 
Behältern  sind  in  den  letzten  zehn  Etatsjahren  zusammen  217  000  Jl 
ausgegeben. 

Neue  Leuchtthürme  sind  errichtet  auf  Borkum  an  Stelle  des 
durch  Feuer  zerstörten  Thurmes,  bei  Dameshöft  und  bei  Wester¬ 
markelsdorf  auf  der  Insel  Fehmarn,  und  auf  der  Nordspitze  der  Insel 
Hiddensoe,  dem  sogenannten  Dornbusch.  Diese  vier  Leuchtthürme 
mit  den  zugehörigen  Wärterwohnungen  kosten  zusammen  461  000  Jl. 

Die  untere  Ems,  die  ein  sehr  gekrümmtes  Fahrwasser  hat,  war 
bisher  so  ungenügend  beleuchtet,  dafs  diese  Strecke  zur  Nachtzeit 
nicht  befahren  werden  konnte.  Nachdem  im  Anschlufs  an  den  Ems- 
Jade-Canal  der  Plafen  zu  Emden  ausgebaut  und  durch  die  neuerrich¬ 
tete  Nesserlander  Schleuse  grofsen  Seeschiffen  von  6  bis  6V2  m  Tief¬ 
gang  zugänglich  gemacht,  auch  das  Fahrwasser  der  Ems  für  die 
weiter  aufwärts  nach  Leer  und  Papenburg  gehenden  Schiffe  erheblich 
verbessert  worden,  war  das  Bedürfnifs  der  besseren  Befeuerung  der 
Unter-Ems 7ein  so  dringendes  [geworden,  dafs  Abhülfe  geschaffen  wer¬ 
den  mufste.il  Nach  Vereinbarung  mit  der  niederländischen  Regierung 
ist  der  Plan  für  ein  ordnungsmäfsiges  Beleuchtungssystem  festgestellt 


und  im  Jahre  1888/89  mit  der  Ausführung  begonnen  worden.  Von 
den  Kosten  der  sieben  neuen  Leuchtfeuer  auf  Borkum,  dem  Randzel 
(2  Feuer),  bei  Pilsum,  Campen,  Watum  und  Delfzyl,  welche  hierfür 
erbaut  werden  mufsten,  und  die  im  Etatsjahre  1889/90  vollendet  wor¬ 
den  sind,  entfallen  auf  die  innerhalb  des  preufsischen  Gebiets  herzu¬ 
stellenden  Feuer  720  000  Jl.,  während  die  Anlagen  auf  niederländi¬ 
schem  Gebiete  zu  131  980  Jl  veranschlagt  sind.  Die  Gesamt-Neubau- 
Kosten  tragen  beide  Staaten  zur  Hälfte. 

Nach  Herstellung  des  Leuchtthurmes  auf  Hiddensoe  ist  die  ganze 
preufsische  Meeresküste  mit  Ausnahme  eines  etwa  30  km  langen 
Streifens  vor  der  frischen  Nehrung  vollständig  beleuchtet.  Da  die 
Leuchtkreise  der  Thürme  zu  Pillau  und  Heia  in  einigem  Abstande 
von  der  Küste  nur  10  km  von  einander  entfernt  sind,  so  liegt  ein 
dringendes  Bedürfnifs  zur  Beseitigung  dieser  unbeleuchteten  Strecke 
nicht  gerade  vor.  Da  diese  Lücke  in  der  Beleuchtung  aber  unter 
besonders  ungünstigen  Verhältnissen  doch  zu  Schiö’sstrandungen  Ver¬ 
anlassung  geben  kann,  so  wird  mit  der  Zeit  auf  die  Errichtung  eines 
Leuchtthurmes  in  der  Nähe  des  Seebadeortes  Kahlberg  Bedacht  zu 
nehmen  sein,  wodurch  dem  bestehenden  Mangel  abgeholfen  werden 
würde. 

Um  die  Schiffe  bei  undurchsichtigem  Wetter  und  bei  Nebel  über 
ihre  Lage  zu  orientiren,  sind  bereits  im  Jahre  1879  bei  Arkona  und 
Marienleuchte  auf  der  Insel  Fehmarn,  demnächst  aber  im  Jahre  1880 
auf  dem  Reservefeuerschift’  vor  der  Eidermündung  und  dem  Feuer- 
sehiff  auf  Borkumrift’  Brownsche  Nebel- Sirenen  aufgestellt,  auch  ist 
im  Jahre  1883  auf  dem  Fedderorter  Riff  unfern  von  der  Spitze  der 
Halbinsel  Heia  eine  Courtenaysche  Heultonne  verlegt  worden.  Hier¬ 
für  ist  im  ganzen  die  Summe  von  193  000  verausgabt.  Weitere 
Heultonnen  sind  in  der  Emsmündung  und  in  der  Höhe  von  Norderney 
ausgelegt. 

Im  Jahre  1887  ist  auf  dem  Bauhofe  zu  Bredow  bei  Stettin 
eine  Niederlage  von  sämtlichen  für  den  Betrieb  der  Leuchtthürme 
erforderlichen  Materialien,  welche  von  hier  aus  an  die  verschiedenen 
Leuchtthürme  verabfolgt  werden,  eingerichtet  worden.  In  Verbindung 
damit  steht  eine  Versuchsanstalt,  in  welcher  jene  Stoffe  in  Bezug  auf. 
ihre  Güte  und  Probemäfsigkeit  mittels  geeigneter  Vorrichtungen 
(Photometer,  Normal-Lampen  und  Brenner  usw.)  untersucht  werden. 
Die  vergleichenden  Versuche,  welche  sich  bei  den  Gelen  auf  die 
specifischen  Gewichte,  die  Entflammbarkeit,  die  Destillationsproducte 
bei  Erhitzungen  bis  zu  30°  C.,  ferner  bei  den  Dochten  auf  die  Brenn¬ 
dauer,  die  Aufsaugungsfähigkeit,  die  Verkohlung,  endlich  bei  den 
Flammen  auf  die  Lichtstärken  erstrecken,  leisten  dafür  Gewähr,  dafs 
die  Materialien  in  gleichmäfsiger  und  vorzüglicher  Beschaffenheit  von 
der  Hauptniederlage  an  die  Leuchtthurm -Verwaltungen  abgegeben 
werden  können.  Die  Station  soll  nach  und  nach  so  erweitert  werden, 
dafs  auch  kleinere  Leuchtapparate  geprüft  werden  können  und  neu 
anzustellende  Leuchtthurm -Wärter  Gelegenheit  zu  ihrer  Ausbildung 
erhalten. 

In  den  schwimmenden  Seezeichen  vor  den  Hafen-Eingängen 
und  auf  den  Untiefen  der  Nord-  und  Ostsee  fanden  bisher  erhebliche 
und  vielfach  nachtheilige  Verschiedenheiten  statt.  Um  hierin  die 
wünschenswerthe  Uebereinstimmung  herbeizuführen,  sind  von  dem 
Reichskanzler  auf  Grund  eines  Bundesraths  -  Beschlusses  unter  dem 
31.  Juli  1887  Grundsätze  für  die  einheitliche  Bezeichnung  der  Fahr¬ 
wasser  aufgestellt,  und  ist  die  allgemeine  Durchführung  der  neuen 
Bezeichnung  bis  zum  1.  April  1889  angeordnet  worden.  Die  preufsi- 


Centralblatt  der  Bauverwaitung. 


497 


Kr.  48. 


sehe  Staatsregieruug  hat  dieser  Bestimmung  mit  einem  durch  die 
erforderliehen  Umänderungen  vorhandener  und  die  Beschaffungen 
neuer  Seezeichen  herbeigefiihrten  Kostenaufwand  von  rund  500  000  Jf 
■entsprochen. 

b)  Uferschutz-  und  Dünenbauten. 

Nicht  unerhebliche  Geldmittel  werden  dauernd  auf  die  Befestigung 
•der  Meeresufer  und  Dünen  verwandt. 

Aufser  den  etatsmäfsigen  Summen,  welche  den  Regierungen  über- 
Tviesen  werden,  und  die  zusammen  im  Durchschnitt  jährlich  170  000 
RetrageD,  wurden  ihnen  hierfür  in  den  letzten  zehn  Jahren  3  126  000  Jt 
züT  Verfügung  gestellt.  Den  gröfsten  Theil  hiervon,  und  zwar  die 
Summe  von  2  650  000  Jf,  nahmen  die  Uferschutzbauten  auf  den  ost- 
friesischen  Inseln  in  Anspruch,  deren  Erhaltung  sowohl  wegen  der 
auf  ihnen  befindlichen  Leuchtthürme  und  Landmarken,  wie  auch 
-wegen  des  Schutzes,  den  sie  der  festländischen  Küste  gegen  die  An- 
, griffe  der  Meereswellen  gewähren,  von  der  gröfsten  Wichtigkeit  ist. 
Für  eine  Reihe  von  Jahren  wird  die  Fortsetzung  dieser  Bauten  vor¬ 
aussichtlich  noch  weitere  Geldmittel  erfordei-n. 

Im  Stralsunder  Regierungsbezirk  sind  für  die  Coupirung  des 
Durchbruches,  der  vor  nahezu  20  Jahren  in  der  Insel  Hiddensee  statt¬ 
gefunden  hatte  und  die  Erhaltung  der  Tiefe  in  dem  Norder-Fahr¬ 
wasser  sehr  erschwerte,  sowie  für  die  Befestigung  der  hohen,  thonigen 
Ufer  der  Greifswalder  Oie  und  der  Insel  Rügen  bei  Thiessow  und 
Göhren  und  der  Ufer  der  als  Lotsenstation  wichtigen  Insel  Rüden 
in  den  letzten  zehn  Jahren  Zuschüsse  im  Gesamtbeträge  von  rund 
180  000  Jt  bewilligt.  Die  durch  die  Schutzarbeiten  erzielten  Erfolge 
sind  recht  günstige,  sodafs  die  Ufer,  welche  durch  die  Deckwerke 
geschützt  sind,  weiteren  Abbruch  durch  die  Wellen  nunmehr  nicht 
-erleiden. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  ist  der  Befestigung  der  Dünen 
auf  der  Kurischen  Nehrung  zugewandt  worden.  Diese  fast  100  km 
lange  Landzunge  ist  mit  hohen  kahlen  Dünen  bedeckt,  welche  sich 
unter  dem  Einflufs  der  vorherrschenden  Westwinde  nach  dem  Kurischen 
Haff  zu  bewegen  und  auf  ihrer  Wanderung  die  am  Haffufer  gelegenen 
Fischerdörfer  mit  Sand  überschütten.  Nur  an  wenigen  Stellen,  bei 
Sarkau,  Rossitten,  Nidden  und  Schwarzort  befinden  sich  aus  alter 
Zeit  Waldbestände.  Abgesehen  von  dem  allgemeinen  Landescultur- 
interesse,  ist  es  auch  für  die  Seeschiffahrt  von  Wichtigkeit,  dafs  diese 
Dünen  festgelegt  werden,  da  andeimfalls  durch  dieselben  nicht  nur 
■das  Kurische  Hatf,  welches  ein  werthvolles  Spülbassin  für  das  Memeler 
Tief  bildet,  verkleinert,  sondern  auch  der  von  dem  nördlichen  Theile 
■der  Nehrung  in  das  Haff  stürzende  Sand  durch  die  Strömung  in  das 
Memeler  Tief  und  in  das  Seegatt  geführt  wird  und  hier  zu  nach- 
f heiligen  Verflachungen  Veranlassung  giebt.  Die  Festlegung  dieser 
ausgedehnten  Dünenflächen  ist  insofern  mit  grofsen  Schwierigkeiten 
■verknüpft,  als  einmal  die  Zeit,  während  weleher  die  Befestigungs¬ 
arbeiten,  namentlieh  die  Pflanzungen  ausgeführt  werden  müssen,  eine 
sehr  beschränkte  ist,  und  sodann  bei  der  schwachen  Bevölkerung 
der  Nehrung  die  Arbeitskräfte  von  fern  herbeigezogen  werden  müssen. 
Die  Bepflanzungen  finden  im  Anschlufs  an  die  vorhandenen  Wald¬ 
bestände  statt  und  sind  namentlich  in  neuerer  Zeit  mit  gröfserer 
Energie  auf  der  Strecke  von  der  Nehrungsspitze  nach  Schwarzoi’t  zu 
in  Angriff  genommen.  In  den  letzten  zehn  Jahren  sind  aus  den  dies¬ 
seitigen  Fonds  für  diese  Arbeiten  Zuschüsse  im  Gesamtbeträge  von 
390  000  zur  Verfügung  gestellt,  und  damit  sichtbare  und  zufrieden¬ 
stellende  Erfolge  erreicht  worden.  Für  die  weitere  Festlegung  und 
Bewaldung  der  Wanderdünen  ist  die  Verwendung  von  überhaupt 
1 500  000  Jt  in  Aussicht  genommen,  welche  gleichmäfsig  auf  fünfzehn 
Jahre  vertheilt  werden  sollen.  Obwohl  hiernach  zwar  die  Arbeiten 
langsam  von  statten  gehen  werden,  so  ist  doch  die  Hoffnung  vor¬ 
handen,  die  ausgedehnten,  vollkommen  unfruchtbaren  Flächen  im 
Laufe  der  Jahre  der  Cultur  wieder  zu  gewinnen. 

Um  eine  wirksame  Bewachung  der  Dünen-Culturen  zu  ermög¬ 
lichen  und  die  Aufsichtsbeamten  den  Bewohnern  gegenüber  unab¬ 
hängiger  zu  stellen,  sind  seit  dem  Jahre  1878  fünf  Dünenwärter¬ 
gehöfte  erbaut,  und  zwar  bei  Preil  und  Rossitten  auf  der  Kurischen 
Nehrung,  zu  Strauchbucht  auf  der  Frischen  Nehrung,  bei  Ceynowa 
auf  der  Halbinsel  Heia  und  bei  Vitte  im  Kösliner  Regierungsbezirk, 
die  zusammen  75  000.Jf  gekostet  haben. 

c)  -Seehäfen. 

Von  den  für  Hafen -Neubauten  bewilligten  Geldern  ist  der  über- 
-wiegende  Theil  auf  die  Vervollkommnung  der  unter  Staatsver¬ 
waltung  stehenden  Häfen  verwandt. 

Am  Beginne  dieser  Berichtsperiode  sind  die  Ausgaben  veran¬ 
schlagt  worden,  welche  erforderlich  waren,  um  die  dringendsten  Ver¬ 
besserungen  an  den  Seehäfen  zur  Ausführung  zu  bringen.  Die  hier¬ 


für  in  Aussicht  genommenen  Arbeiten,  welche  nunmehr  im  wesent¬ 
lichen  beendet  sind,  waren  folgende: 

1.  Der  Hafen  zu  Memel. 

Die  Seemolen  waren  derart  verfallen,  dafs  die  Krone  an  vielen 
Stellen  unter  Wasser  lag  und  die  vom  Haff  nach  der  See  strömenden 
Wassermassen,  indem  sie  sich  seitlich  ausbreiteten,  auf  die  Er¬ 
haltung  der  Tiefe  im  Seetief  und  Seegatt  nur  in  geringerem  Mafse 
einwirken  konnten.  Aufserdem  genügten  die  Lade-  und  Löschplätze 
nicht  dem  Verkehr  und  es  fehlte  an  einem  geeigneten  fiscalischen 
Bauhofe. 

Die  Molen  sind  erhöht  und  übermauert,  sodafs  sie  die  ausgehende 
Strömung  Zusammenhalten.  Die  Nordermole  ist  aufserdem  seeseitig 
mit  einer  Brüstungsmauer  versehen,  um  auch  bei  starkem  Seegang 
den  Verkehr  auf  derselben  zu  ermöglichen.  Auf  dem  Kopf  der  Mole 
ist  eine  Leuchtbake  errichtet,  die  vom  Lande  aus  mittels  einer  Röhren¬ 
leitung  mit  Fettgas  unter  starkem  Drucke  gespeist  wird.  Durch  die 
ausgehende  Strömung  wird  das  Tief  und  Seegatt  jetzt  in  so  wirk¬ 
samer  Weise  geräumt,  dafs  ohne  übermäfsige  Baggerung  eine  Tiefe 
von  6  m  erhalten  wird.  Durch  Vertiefung  des  Winterhafens  und  der 
Dange,  sowie  durch  den  Bau  einer  Kaimauer  am  Süder-Ballastplatz 
und  von  Bohlwerken  an  der  Dange  ist  dem  Bedürfnifs  nach  Liege- 
und  Ladeplätzen  abgeholfen.  Für  die  Aufnahme  und  Reparatur  der 
fiscalischen  Dampfschiffe  und  Dampfbagger,  Prähme  usw.  ist  ein  mit 
Werkstätten,  Magazinen  und  Hellingen  ausgestatteter  Bauhof  mit 
einem  geräumigen  Bauhafen  eingerichtet. 

Die  gesamten  Arbeiten  waren  veranschlagt  zu  2  363  000  Jt,  und 
es  sind  bis  jetzt  2  246  000  Jt  für  diese  Arbeiten  ausgegeben  worden. 

'2.  Der  Hafen  zu  Pillaii  und  die  Häfen  am 
Frischen  Haff. 

Die  Verhältnisse  bei  dem  Pillauer  Hafen  waren  ähnliche  wie  bei 
Memel  und  insofern  noch  ungünstiger,  als  das  rechte  Ufer  des  See¬ 
tiefs  eine  vielfach  gebrochene  Linie  bildete,  durch  welche  die  aus¬ 
gehende  Ströro.ung  so  mangelhaft  geleitet  wurde,  dafs  sie  zur  Erhal¬ 
tung  einer  bestimmten  tiefen  Rinne  nur  wenig  beitragen  konnte- 
Diesem  Mifsstande  ist  dadurch  abgeholfen  worden,  dafs  die  Norder¬ 
mole  übermauert  und  mit  einer  Brüstungsmauer  versehen,  und  dafs 
die  Südermole  erheblich  verlängert  und  der  Spitze  der  Nordermole 
soweit  genähert  ist,  dafs  die  ausgehende  Strömung  nunmehr  zusammen¬ 
gehalten  und  auf  eine  bestimmte  Stelle  der  vor  dem  Hafen  liegenden 
Barre  geleitet  wird,  infolge  dessen  sich  jetzt  ohne  wesentliche 
Nachhülfe  ein  regelmäfsiges  Fahrwasser  von  7  bis  77l>  m  Tiefe  hier 
erhält. 

Vor  dem  alten,  beschränkten  Hafen  ist  ein  geräumiger  Vorhafen 
angelegt,  in  dem  die  Schifte,  namentlich  wenn  sie  einen  Theil  ihrer 
nach  Königsberg  bestimmten  Ladung  in  Lichterfahrzeuge  überladen 
oder  bei  dem  Ausgehen  aus  diesen  ihre  Ladung  vervollständigen, 
weit  sicherer  liegen,  als  früher  auf  dem  offenen  Tief.  Neben  dem 
Vorhafen  ist  ein  Petroleumhafen  erbaut,  der  durch  eine  mittels  Pon¬ 
tons  zu  verschliefsende  Oeffnung  mit  dem  Vorhafen  in  Verbindung 
steht,  zugleich  aber  auch  eine  zweite  Einfahrt  besitzt,  durch  welche 
Schiffe,  die  etwa  in  Brand  gerathen,  nach  dem  Haff  oder  der  See 
hinaus  geschleppt  werden  können,  um  dort  ohne  Gefahr  für  andere 
Schiffe  auszubrennen. 

Innerhalb  des  Vorhafens  ist  ein  besonderer  Raum  für  die  Lotsen¬ 
fahrzeuge  und  für  die  Fischerboote  abgegrenzt. 

Neben  dem  Russischen  Damm  ist  ein  abgeschlossener  Bauhafen 
hergestellt,  an  den  sich  ein  reichlich  ausgestatteter  Bauhof  anschliefst 
und  in  dessen  Nähe  auch  Dienstwohnungen  für  den  Hafen-Bauin¬ 
spector,  den  Ober-Maschinenmeister  und  mehrere  Unterbeamte  er¬ 
baut  sind. 

Die  gesamten  Arbeiten  waren  veranschlagt  zu  8  146  000  .4^,  wo¬ 
rauf  bisher  6  976  000  Jt  verausgabt  sind. 

Der  Etat  des  Jahres  1889/90  stellte  für  die  Herstellung  einer  5  m 
tiefen  Fahrrinne  durch  das  Frische  Haff  von  Königsberg  bis  Pillau, 
veranschlagt  auf  im  ganzen  7  300  000  Jf,  den  Betrag  von  1 000  000  Jt 
zur  Verfügung.  Die  Bauausführung  ist  im  Jahre  1890  begonnen 
worden,  nachdem  die  von  Seiten  der  Kaufmannschaft  zu  Königsberg 
zu  erfüllenden  Voraussetzungen,  unter  welchen  die  Bewilligung  erfolgt 
ist,  gewährleistet  sind. 

Zum  Neubau  bezw.  zur  Verbesserung  der  am  Frischen  Haff 
belegenen,  den  Städten  und  Kreisen  gehörigen  Häfen,  sind  von  Seiten 
des  Staates  Beihülfen  gewährt  worden,  welche  weiter  unten  näher 
angegeben  werden. 

Ferner  hat  die  Wasseibauverwaltung  für  die  bequemere  Heran¬ 
schaffung  der  Baustoffe  zu  den  Dünenbauten  auf  die  Erbauung  eines 
kleinen  Hafens  bei  Gr.  Bruch  2000  Jt  verwendet. 


498 


29.  Noveiuber  1890. 


Centralblatt  der  Bau  Verwaltung, 


3.  Der  Hafen  zu  Nenfalirwasser. 

Dieser  Hafen  war  für  einen  gröfseren  Verkehr  zu  ])eschränkt, 
insbesondere  zu  schmal  und  vor  den  Kaimauern  nicht  tief  genug. 

Der  Hafencaual  ist  verbreitert  und  zum  Dheil  mit  neuen,  tiefer 
fundirten  Kaimauern  eingefafst  worden,  Unfern  der  Einfalirt  ist  ein 
über  7  Hektar  grofses  Bassin  für  Seeschiffe  angelegt,  welches  reich¬ 
lich  mit  Magazinen  ausgestattet  ist  und  durchweg  bequeme  Eisen¬ 
bahnverbindungen  erhalten  hat.  Eerner  ist  die  am  oberen  Ende  des 
Hafencanals  befindliche,,  der  Schiffahrt  sehr  nachtlieilige  Engstelle 
durch  Abbruch  der  alten  Schleuse,  und  Schleuscninsel  beseitigt  und 
hier  jetzt  ein  schönes  breites  Fahrwasser  für  die  Schiffe,  die  nach  der 
kaiserlichen  Werft  oder  nach  Danzig  heraufgehen,  geschaffen  wprdcn. 
Auch  der  Bauhof  hat  eine  bedeutende  Erweiterung  erfahren.  Die 
Ausführung  dieser  Arbeiten  hat  2  693  000 '  Jl  gekostet. 

4.  Die  liiiiter|)Omnierscken  Häfen. 

Die  Häfen  zu  Stolpmünde,  Ifiigenwaldermünde  und  Colberger- 
niünde  sind,  abgesehen  von  dem  eigenen  Handel  und  '\'crkehr,  als 
Sicherheitshäfen  für  die  Küstenschiffahrt  von  Bedeutung.  Die  Wasser¬ 
tiefe  von  2  m  bis  2,5  m,  welche  in  den  Hafeneinfahrten  von  Stolp¬ 
münde  und  Eügenwaldcrmünde  früher  vorhanden  war,  genügte  hierfür 
nicht.  Es  sind  deshalb  Vorhäfen  bis  zu  einer  gröfseren  Wassertiefe 
vor  den  Strand  vorgebaut  worden.  Aufserdem  wurde  bei  der  Stadt 
Eügenwalde  ein  Binnenhafen  angelegt,  die  Wipper  bis  dort  hinauf 
verbreitert  und  bis  zu  4  m  ausgetieft.  Sowohl  dieser  Binnenhafen 
wie  auch  der  näher  an  der  Mündung  gelegene  Winterhafen  sind  mit 
Kaimauern  eingefafst,  mit  Ladevorriehtung'en  versehen  und  durch 
Eisenbahngeleise  mit  dem  Bahnhöfe  bei  Eügenwalde  in  Verbindung 
gebracht  worden.  ■ 

In  Colbergermünde  wurden  die  Hafeneinfassungen  umgebaut. 

Die  geringsten  Tiefen,  welche  in  den  Hafeneinfahrten  jetzt  unter¬ 


halten  werden,  betragen: 

bei  Colbergermünde  .....  4,5  m 
bei  Eügenwaldermünde  .  .  .  4,0  m 
bei  Stolpmünde  .  .  .  .  .  .  3,5  m. 


Die  in  den  letzten  10  Jahren  ausgeführten'  Arbeiten  haben 
2  083  000  Ji  gekostet. 

5.  Der  Hafen  zu  Swiiieuiüntle. 

Die  Ausführung  der  grofsen  Erweiterungsbauten  im  Hafen  zu 
Swinemünde  fällt  in  das  vorletzte  Jahrzehnt.  Die  Bauten,  welche 
seitdem  zur  Ausführung  gekommen  sind,  bestehen  in  der  Errichtung 
eines  Schiffahrtsamtshauses,  eines  neuen  Lotsenwachfthurms  und  in 
der  Anlage  eines  Zungenkais  von  mehr  als  200  m  Länge  unterhalb 
des  Bauhafens.  Dieser  Kai  vermittelt  den  Verkehr  zwischen  der 
Eisenbahn  und  den  Seeschiffen  zur  Winterszeit,  wenn  die  Hafifiahrt 
durch  Eis  gesperrt  ist.  —  Der  Baggerpark  ist  durch  einen  neuen 
kräftigen  Dampfbagger  vergröfsert  worden.  Die  Dampfboote  sind 
umgebaut  und  haben  an  Stelle  von  Niederdruckmaschinen  Verbund¬ 
maschinen  erhalten. —  Die  Kosten  der  vorbezeichneten  Bauten  haben 
848  000  JL  betragen. 

Sowohl  in  der  Einfahrt  wie  in  einem  grofsen  Theil  des  Hafens 
beträgt  die  Wassertiefe  über  7  m.  Schwierigkeiten  erwachsen  der 
Schiffahrt  nur  aus  der  scharfen  Krümmung  des  Fahrwassers  am 
Möwenhaken.  Durch  Abbaggerung  dieses  von  dem  rechten  Ufer  in 
die  Swine  hineintretenden  Hakens  wird  dahin  gestrebt,  diese  Schwierig¬ 
keit  zu  mildern. 

Zur  Erleichterung  des  Schiffsverkehrs  ist  im  Jahre  1874  mit  dem 
Bau  der  Kaiserfahrt,  eines  Durchstichs  bei  dem  Dorfe  Caseburg,  in 
nahezu  südlicher  Eichtung  von  der  Swine  bis  in  das  Steftiner  Elaff,  be¬ 
gonnen  worden.  Diese  neue  Fahrstrafse  wurde  am  20.  August  1880 
eröffnet,  sie  hat  eine  Wassertiefe  von  6  m  und  kürzt  den  Schiffahrts¬ 
weg  zwischen  Stettin  und  Swinemünde  um  9  km  ab.  Auf  die  weitere 
Ausbildung  des  Durchstiches  sind  seit  dem  Jahre  1880  noch  1  440  000  JL 
verwendet  worden. 

6.  Die  Häfen  in  Sclilesivig- Holstein 

haben  verhältnifsmäfsig  geringe  Ausgaben  verursacht.  Aufser  dem 
etatsmäfsigen  Unterhaltungsfonds  von  jährlich  145  000  .Ä  sind  in  den 
letzten  10  Jahren  an  aufserordentlichen  Mitteln  und  Zuschüssen  ge¬ 
währt  für  den  Bau  von  Futtermauern  in  den  Häfen  Tönning,  Glück¬ 
stadt  und  Husum  263  000  .Jf,  zur  Verbesserung  des  Fahrwassers  in 
der  Aufsen-Eider  329  000  JL  und  zu  Baggerungen  in  der  Flensburger 
Föhrde,  Beihülfe  an  die  Stadt  Hadersleben  zur  Verzinsung  der  Hafen¬ 
schuld,  Vervollständigung  der  Baggergeräthschaften  usw.  280  000  JL. 


7.  Der  Hafen  zvi  Harkurt»-. 

Die  neue  Hafenschleuse,  durch  welche  die  Hafenbassins,  die  mit 
den  Vorrichtungen  zum  Beladen  und  Löschen  der  Schiffe  reich  aus¬ 
gestattet  sind,  den  gröfsten  die  Siiderelbe  befahrenden  Seeschiffen 
von  5  bis  5,3  m  Tiefgang  zugänglich  gemacht  werden  sollten,  und  mit 
deren  Bau  bereits  im  Jahre  1876  begonnen  war,  ist  im  Jahre  1881 
beendet  worden.  Die  Gesamtkosten  betrugen  rund  2  274  000  Mf.  Für 
die  jährliche  Unterhaltung  des  Hafens  sind  e.tatsmäfsig  37  900  JL  aus¬ 
geworfen.  Zur  Pflasterung  und  Beleuchtung  des  Treidelweges  am 
Verkehrshafen  sind  im  Etat  1889  90  44  400  in  Ansatz  gekommen. 

Der  frühere  geräumige.  Winterhafen  ist  durch  einen  feuersicheren 
Ponton -Abschlufs  gegen  den  Verkehrshafen  in  einen  Pefroleumhafen 
verwandelt,  in  welchem  z\vei  der  gröfsten  Firmen  Tankdampfer  ent¬ 
löschen  und  Flufskähne  zum  Weitertransport  elbaufwärts  mit  dem  in 
Barrel  verfüllten  Petroleum  beladen. 

Die  mehrfach  ausgesprochenen  Wünsche  nach  einer  Erweiterung 
der  Harburger  Hafenanlagen  werden  durch  die  Anlage  eines  auf 
bOOOOOJL  veranschlagten  gröfseren  Bassins  in  den  Ziegelwiesen,  für 
welche  die  erste  Baurate  im  Etat  1890/91  mit  250  000  erscheint, 
und  durch  eine  Verlängerung  der  Kaimauer  für  grofse  Seeschiffe, 
sowie  die  Erweiterung  der  Drehbrücke  über  den  östlichen  Canal  in 
Erfüllung  gehen. 

8.  Der  Hafen  zu  (xeesteniiiude.  ^  ■ 

In  den  letzten  Jahren  hat  eine  Vervollständigung  der  Geeste¬ 
münder  Hafenanlagen  stattgefunden,  die  in  dem  Bau  einer  bisher 
noch  fehlenden  Strecke  Kaimauer  und  neuer  Speicher  bestand,  wofür 
im  ganzen  954  000vf^  bewilligt  sind.  Hierzu  tritt  der  im  Etat  1888, 89 
mit  einem  Betrage  von  64000  vorgesehene  Neubau  einer  Kaimauer 
an  der  Westseite  des  Vorhafens. 

Zur  Tiefeilialtung  des  Hafens  und  der  Einfahrt  ist  auf  Grund 
einer  Bewilligung  von  160  000  yÄ  ein  Pumpenbagger  beschafft,  und 
sind  zur  Beschaffung  von  vier  neuen  eisernen  Baggerschuten  39  600  JL 
im  Etat  1889/90  ausgeworfen  worden.  Zur  besseren  Beleuchtung  des 
Hafens  im  Anschlufs  an  die  Eisenbahngeleise  wird  zur  Zeit  eine 
elektrische  Beleuchtungsanlage  gebaut. 

Der  etatsmäfsige  Unterhaltungsfonds  von  jährlich  180  000  Mf,  aus 
welchem  zugleich  die  Unterhaltungskosten  für  die  Liegeplätze  bei 
Cranz  und,  Brunshausen  zu  bestreiten  sind,  mufste  in  den  Jahreii 
1880  bis  1890  durch  Zuschüsse  im  Gesamtbeträge  von  über  100  000  JL 
verstärkt  werden. , 

Bei  Gelegenheit  der  Ausführung  der  oben  erwähnten  Unterweser- 
Correction  läfst  sich  mit  Hülfe  von  abzulagerndem  Baggergute  vor 
dem  Geestemünder  Hafen  eine  etwa  42  ha  grofse  Landfläche  zur  Er¬ 
weiterung  des  Hafens  gewinnen.  Für  die  zur  äufseren  Umschliefsung 
dieser  Fläche  erforderliche  Anlage  eines  Leitdammes  sind  im  Etat 
1890/91  350  000  .Jf  in  Ansatz  gebracht  und  eine  weitere  Bewilligung 
für  das  Ablagern  der  ersten  Baggermassen  wird  für  das  folgende 
Jahr  in  Aussicht  genommen.  Späterhin  soll  hier  ein  offener  Fischerei^ 
Hafen  angelegt  umrden. 

9.  Die  Ems -Häfen  zai  Emden  und  Leer. 

Der  Erweiterungen  und  Vervollständigungen,  welche  am  Hafen, 
zu  Emden  in  Verbindung  mit  dem  Bau  des  Ems-Jade-Canals  aus¬ 
geführt  sind,  ist  in  dem  Abschnitt  über  die  Binnenschiffahrt  bereits 
Erwähnung  geschehen. 

Die  Anzahl  der  fiscalischen  Dampfer,  Baggerfahrzeuge,  Prähme 
und  Schiffe,  die  Feuerschiffe  und  die  grofse  Zahl  der  Seezeichen 
im  Wasserbäukreise  Emden  erfordern  Liege-  bezw.  Lagerplätze,  auf 
denen  die  Wiederherstellung  der  Beschädigungen  usw.  einheitlich 
unter  directer  Ueberwachung  des  Baubeamten  erfolgen  kann.  Zu 
diesem  Zwecke  ist  im  Hafen  ein  geeigneter  fiscalischer  Bauhof  mit 
Helling,  Lösch-  und  Ladevorkehrungen,  Liegeplätzen,  Werkstätten, 
Tonnenschuppen  usw.  erbaut  worden.  Ein  Geleisstrang  vermittelt 
die  Verbindung  mit  dem  Bahnhof.-  Dafür  werden  189  000  JL  verwendet. 

Neben  der  Nesserlander  Seeschleuse  ist  theilweise  zum  Ersatz 
abgängiger  Wärterwohnungen  ein  Dienstgebäude  für  den  Schleüsen- 
meister  und  die  Wärter  der  grofsen  Schleusenanlagen  errichtet 
worden,  für  welches  60  000  JL  vorgesehen  sind. 

Die  Arbeiten,  welche  in  den  letzten  10  Jahren  zur  Eegulirung 
der  unteren  Ems,  zur  Unterhaltung  und  Ergänzung  der  Baggergeräth¬ 
schaften  und  der  Hafenanstalten  zu  Emden  und  Leer,  zur  Unter¬ 
haltung  der  Fähraustalt  zu  Norddeich,  der  Secufer,  Leuchtfeuer, 
Betonnung  und  Bebakung  der  Unterems,  der  Seegatten  und  Watten 
sowie  der  Dünen  usw.  ausgeführt  werden  mufsten,  haben  zu  dem 
früheren  etatsmäfsigen  Unterhaltungsfonds,  welcher  im  Jahre  1880 
=  200  000  betrug,  einen  Zuschufs  von  zusammen  468  000  bis 
1890  erfordert.  Der  Foi>ds  hat  alsdann  eine  Verstärkung  erfahren 
und  beträgt  jetzt  323  370  ■  ■ 


48.- 


Centralblatt  der  Bauverwaltiing. 


m 


10.  Staatsziiscliüsse. 

Aufser  den  Summen,  welche  anf  den  x\usbau  der  unter  der  Ver¬ 
waltung  des  Staates  stehenden  Häfen  verwandt  wurden,  sind  aus 
Staatsmitteln  auch  Städten,  Kreisen  und  Gemeinden  zur  Unter¬ 
haltung  und  Verbesserung  der  unter-  ihrer  Verwaltung  stehenden 
Häfen  wie  auch  zur  Anlage  neuer  Häfen  nicht  unerhebliche  Bei¬ 
hülfen  gewährt  worden. 

In  erster  Linie  ist  hier  die  durch  das  Gesetz  vom  30.  Juni  1886 
(Ges.  S.  1886,  S.  184)  bewilligte  Staatsbeihülfe  zu  den  Kosten  zu  er¬ 
wähnen,  welche  durch  den  Anschlufs  der  Stadt  Altona  an  das 
deutsche  Zollgebiet  veranlafst  sind.  Die  durch  den  Zollanschlufs 
der  beiden  Städte  Hamburg  und  Altona  bedingte  Umgestaltung  der 
Handels- und  Verkehrsverhältnisse  daselbst,  sowie  die  grofsen  in  Ham¬ 
burg  mit  einer  Keichsbeihülfe  von  40  000  000  zur  Ausführung  ge¬ 
langten  Kai-  und  Hafenbauten  liefsen  eine  Erweiterung  und  Ver¬ 
besserung  auch  der  Altonaer  Hafenanlagen,  sowie  die  Herstellung 
einer  besseren  Verbindung  zwischen  diesen  Anlagen  und  der  oberen 
Stadt  nothwendig  erscheinen,  um  der  Stadt  ihren  Sec-  und  sonstigen 
Handelsverkehr  einigermafsen  zu  erhalten.  Von  den  auf  Höhe  von 
etwa  8  000  000  veranschlagten  Kosten  der  Bauausführungen  sind 
mit  Eücksicht  auf  die  ungünstige  financielle  Lage  der  Stadt  durch 
das  vorerwähnte  Gesetz  fünf  Sechstheile  der  zur  Aufwendung  ge¬ 
langenden  Summen,  jedoch  für  alle  Bautheile  zusammen  nicht  mehr 
als  6  500  000  auf  die.  Staatskasse  übernommen  worden. 

Sodann  verdient  der  Hafen  voii  Elbing  genannt  zu  werden. 
Das  gekrümmte  Fahrwasser,  welches  von  dem  Haft’  aus  zu  demselben 
führte,  konnte  selbst  mit  Elülfe  unausgesetzter  Baggerungen  kaum 
in  einer  Tiefe  von  etwa  2,5  m  erhalten  werden.  Durch  den  Bau 
einer  über  2,5  km  langen  Mole,  welche  sich^  in  einer  flachen  Krüm¬ 
mung  an  das  linke  Ufer  deä  Elbingflusses  anschliefst,  und  durch 
eine  längs  der  Mole  durch  Baggerung  vertiefte  Einne  haben  sich  die 
Verhältnisse  wesentlich  gebessert.  Die  Wassertiefe, .  die  sich  vor¬ 
aussichtlich  durch  mäfsige  Baggerungen  wird  erhalten  lassen,  beträgt 
nunmehr  über  3  m.  Die  Herstellung  der  Mole  und  die  Austiefung 
der  Schiffahrtsrinne  hat  920  000  gekostet,,  zu  welcher  Summe  der 
Staat  in  den  letzten  10  Jahren  603  000  b.eigetfagen  hat.  Da  die 
Unterhaltungskosten  durch  die  Hafeneinnahmen  nicht  gedeckt  wer¬ 
den,  so  werden  auch  in  Zukunft  Staatszuschüsse  gewährt  werden 
müssen.  .....  <. 

.;  Für  die  Ausbaggerung  des  Hafens  zu  Frauenburg  ist  eine  Bei¬ 
hülfe  von  7000  .Jf,  für  die  Wiederherstellung  des  sehr  verfallenen 
Hafens  zu  Tolkemit  eine  solche  von  26  000  Ji  gewähi-t  worden.  Für 
iihnliche  Zwecke  sind  Beihülfen  zur  Verbesserung  der  Häfen  von 


Eosenberg  und  Brandenburg  im  Betrage  von  02  000  M  und  6i000  Jl 
zur  Zahlung  gelangt. 

Bei  dem  im  Kreise  Heiligenbeil  gelegenen  Dorfe  Eosenberg  und 
bei  Brandenburg  an  der  Mündung  des  Frisching  sind  in  den  .Jahren 
1882  bis  1884  bezw.  1886  und  1887  neue  Häfen  für  die  Fischer-  und 
Marktbootc  angelegt,  zu  denen  Zuschüsse  von  52  000  JL  bezw. 
34  000  Jt  bewilligt  wurjen. 

(1)  Fürsorge  für  die  Hocliseeflsclierei. 

In  den  meisten  der  vorhandenen  Seehäfen  ist  Eücksicht  darauf 
genommen,  dafs  den  Fischern  Gelegenheit  gegeben  wird,  ihre  Boote 
unterzubringen  und  ihren  Fang  abzusetzen.  An  langen  Küstenstrecken 
sind  aber  Häfen  njeht  vorhanden  und  die  Fischerei  kann  hier  deshalb 
nur  mit  kleinen  Booten  betrieben  werden,  die  sich  nicht  zu  weit  auf 
die  hohe  See  hinauswagen  dürfen.,  Zur  Förderung  der  Hochsee¬ 
fischerei  ist  es  daher  von  Wichtigkeit,  dafs  auch  hier  Häfen  angelegt 
werden,  in  welche  die  gröfseren  Fischerfahrzeuge  jederzeit  sicher  ein- 
laufen  können.  , 

An  der  Nordsee  ist  durch  die  Herstellung  eines  Fischerei-Hafens 
mit  entsjjrechendcn  Lösch-  und  Lade-Vorriclitungen  nebst  Eisenbahn- 
Anschlufs  am  Nord  deich,  Eeg.-Bez.  Aurich,  und  durch  die  gleich¬ 
zeitige  Erweiterung  des  auf  der  Insel  Norderney  bereits  vorhanden 
gewesenen  Hafens,,  welche  beiden  .^nlagen  zusammen  ein  einheit¬ 
liches  Ganzes  bildCin,  der  Anfang  zu  dergleichen  Bauausführungen 
gemacht  worden.  Die  Kosten  sind  berechnet: 

für  Norddeich  auf  900  000  M 
,,  Norderney  „  700  000  .. 

zusammen  auf  1600000  Jl. 

Die  letztere  Anlage ,  ist  nahezu  vollendet,  der  Hafen  am  Norddeich 
noch  in  der  Ausführung  begrift’en.  Ein  fernerer  Fischereihafen  an 
der  Nordsee  wird  für  Geestemünde  in  Aussicht  genommen,  weil 
die  von  hier  aus  betriebene  Hochsee-Fischerei  einen  so  bemerkens- 
werthen  Aufschwung  nimmt,  dafs  für  sie  die  vorhandenen  Hafen-An¬ 
lagen  nicht  mehr  genügen,  auch  für  einen  besseren  Eisenbahn-An- 
schlufs  gesorgt  werden  mufs. 

An  der  Ostseeküste  ist  mit  der  Anlage  von  Fischereihäfen  bei 
Safsnitz  auf  der  Insel  Eugen  der  Anfang  gemacht  worden.  Derselbe 
soll  demnächst  einen  Eisenbahn- Anschlufs  erhalten  und  wird  somit 
nicht  allein  der  Hochsee -Fischerei,  sondern  auch  dem  sonstigen 
Handels-Verkehr,  voraussichtlich  auch  den  regelmäfsigen  Dampfschiff- 
Verbindungen  mit  Schweden,  welch.j  zur  Zeit  ihren  Ausgangspunkt  in 
Stralsund  haben,  zugute  kommen.  Die  zunächst  auf  600  000  Jt  veran- 
i  Schlagte  Bauausführung  ist  im  Jahre  1889  kräftigst  begonnen  worden. 


Per  sonal  -  N  achrichten. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geraht,  die  Er- 
laubnifs  zur  Anlegung  verliehener  nichtpreufsischer  Orden  zu  er- 
theilen,  und  zwar  des  Kaiserlich  russischen  St.  Annen -Ordens 
II.  Klasse  dem  Geheimen  Ober-Baurath  Jungnickel,  vertragendem 
Eath  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten;  des  Kaiserlich  und 
Königlich  österreichisch -ungarischen  Ordens  der  Eisernen  Krone 
IIL  Klasse  dem  Eisenbahn- Direct or  Wagner  in  Wiesbaden;  des 
Commandeurkreuzes  des  Königlich  belgischen  Leopold-Ordens  dem 
Geheimen  Ober-Eegierungsrath  Bensen,  Vorsitzenden  des  Eisenbahn- 
Commissariats  in  Berlin  und  des  Venezolanischen  Ordens  der  Büste 
Bolivars  III.  Klasse  dem  Eegierungs-Baumeister  Flock,  technischem 
Mitgliede  der  Betriebs-Direction  der  „Grofsen  Venezuela-Eisenbahn- 
Gesellschaft“  in  Caracas. 

Dem  Eegierungs-  und  Baurath  Arthur  Schneider  in  Berlin  ist 
die  Stelle  eines  Mitgliedes  der  Königlichen  Eisenbahndirection  in 
Berlin  verliehen  werden. 

Zu  Eisenbahn -Bau-  und  Betriebsinspectoren  sind  ernannt:  der 
Abtheilungs -Ingenieur  Scherenberg  in  Sangerhausen  bei  Ueber- 
nahme  in  den  unmittelbaren  Staatsdienst  und  unter  Verleihung  der 
Stelle  des  Vorstehers  der  Eisenbahn -Bauinspection  daselbst,  sowie 


die  Königlichen  Eegierungs-Baumeister  Maximilian  Werren  in  Posen, 
unter  Verleihung  der  Stelle  eines  ständigen  Hülfsarbeiters  bei  dem 
Königlichen  Eisenbahn-Betriebs-Amte  (Directionsbezirk  Breslau)  dar 
selbst,  und  Hagenbeck  in  Bromberg  unter  Verleihung  der  Stelle 
eines  Eisenbahn -Ba,u-  und  Betriebsinspectors  im  betriebstechnischen 
Bureau  der  Königlichen  Eisenbahndirection  daselbst. 

Der  beim  Bau  des  Eeichstagsgeb.äudes  beschäftigte  bisherige 
Königliche  Eegierungs-Baumeister  Wilhelm  Wulff  in  Berlin  ist  zum 
Königlichen  Land-Bauinspector  ernannt  worden. 

Der  bisher  bei  den  Bauten  am  Klodnitz- Canal  beschäftigte 
Wasser-Bauinspector  Vatiche  in  Gleiwitz  O.^S.  ist  an  die  Königliche 
Eegierung  in  Posen  versetzt  worden. 

Zum  Königlichen  Eegierungs-Baumeister  ist  ernannt:  der  Eegie- 
rungs-Bauführer  Oskar  Becker  aus  Hamburg  (Maschinenbaufach). 

Der  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Wronka  in  Ostrowo  tritt  am 
1.  Januar  1891  in  den  Euhestand. 

Der  Königliche  Eegierungs-Baumeister  Karl  Weisenberg  in 
Berlin  ist  aus  der  Allgemeinen  Staats-Bauverwaltung  geschieden,  um 
in  das  Bessert  der  Militär -Verwaltung  überzutreten. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Eegierungs-Baumeister  Karl  Kühne 
in  Mühlhausen  i.  Thür,  ist  die  nachgesuchte  Entlassung  aus  dem 
Staatsdienst  ertheilt  Worden. 


[Alle  Rechte  vorhelialteii.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 

Termischtes. 


Au  der  vom  Genieiudei'atli  iu  Stuttgart  aiisgeschrieheueu  Preis- 
bewerbuug  zur  Errichtuug  einer  Hospitalanlage  daselbst  (vgl.  S.  228 
d.  J.)  haben  sich  18  Bewerber,  darunter  einer  mit  zwei  Entwürfen, 
betheiligt.  Die  ausgeschriebenen  Preise  sind  nachbenannten  Ar¬ 


beiten  zuerkannt  worden:  I.  Preis  (5000  Mark)  dem  Entwürfe  mit 
dem  Kennwort  „Armenpflege“  der  Architekten  Schmid  u.  Burk- 
hardt  in  Stuttgart;  II.  Preis  (3000  Mark)  der  Arbeit  „Pauperibus 
date“  der  Architekten  Julius  Braun  u.  C.  Schumann  in  Leipzig; 


500 


20.  i\ovciHkr  1800. 


Geütralblatt  der  ß auverwaltung. 


III.  Preis  (2000  Mark)  dem  Plane  „Ohne  Studium  des  Einzelnen  keine 
Erkenntnifs  des  Ganzen •*,  Verfasser  Architekten  Schmid  u.  Burk- 
hardt  in  Stuttgart. 

Architoktur-Aiisstelliiiig  in  Turin.  Zur  Beurtheiluug  der  in  Ab¬ 
theilung  4  der  Architektur- Ausstellung  ausgestellten  Gegenstände 
war  vom  leitenden  Ausschufs  ein  internationales  Preisgericht  berufen 
worden,  dem  als  deutsche  Mitglieder  die  Baudirectoren  Zimmer¬ 
mann  aus  Hamburg  und  Licht  aus  Leipzig  sowie  der  der  Kaiser¬ 
lichen  Botschaft  in  Rom  zugetheilte  Wasser-Bauinspector  Keller 
angehörten,  ersterer  als  Ehren-Vorsitzender,  die  beiden  anderen 
Herren  als  stellvertretende  Vorsitzende.  Bei  den  am  19.  d.  M.  ab¬ 
geschlossenen  Verhandlungen  dieses  Preisgerichts  ist  beschlossen 
worden,  16  Ehrendiplome,  3  goldene  und  6  silberne  Denkmünzen, 
14  ehrenvolle  Erwähnungen  und  23  sonstige  Anerkennungen  zu  er- 
theilen.  Auf  die  deutschen  Aussteller  entfallen  hiervon  7  Ehren¬ 
diplome,  4  ehrenvolle  Erwähnungen  und  17  sonstige  Anerkennungen. 
Die  in  erster  Linie  ausgezeichneten  deutschen  Aussteller  sind  die 
Stadtverwaltungen  von  Berlin,  Halle,  Hamburg,  Leipzig, 
Magdeburg,  München  und  Worms,  in  zweiter  Linie  Altenburg, 
Erlangen,  Lübeck  und  Mainz.  Von  den  übrigen  Ehrendiplomen 
sind  3  auf  Oesterreich  (Krakau,  Triest  und  Wien),  4  auf  Italien 
(Mailand,  Turin,  Hauptverwaltung  des  Gesundhei  t  s w esens 
und  Hauptverwaltung  des  Gefängnifswesens),  1  auf  England 
(London)  und  1  auf  Rufsland  (Warschau)  entfallen,  die  3  goldenen 
Medaillen  auf  die  italienischen  Städte  Bologna,  Ferrara  und 
Spezia. 

Zur  Erlangung-  von  Entwürfen  zu  einem  gnfseisernen  Strafseii- 
brnnneu-Stock  setzt  die  Maschinen-  und  Armaturen-Fabrik  von  Bopp 
u.  Reuther  in  Mannheim  drei  Preise  im  Betrage  von  300,  200  und 
100  Jl  aus.  Das  Preisrichteramt  haben  übernommen  die  Herren 
Götz,  Director  der  Kunstgewerbeschule  in  Karlsruhe,  Prof.  F.  S. 
Meyer- Karlsruhe,  Arch.  .W-  Manchot-Mannheim,  Commercieni-ath 
Wurmbach-Frankfurt  a./M.  und  Fabricant  Reuthe r- Mannheim. 
Die  Entwürfe  sind  zum  15.  Januar  1891  einzureichen. 

Für  (len  Ban  eines  neuen  Enii»fangsgebäudes  der  Warsclian- 
iener  Eiseubalin-Gesellschaft  in  Warschau  erläfst  der  Verwaltungs¬ 
rath  der  Bahngesellschaft  ein  allgemeines  Preisausschreiben.  Die 
Bedingungen  sind  in  dem  im  Anzeiger  Nr.  47A  d.  Bl.  veröffentlichten 
Ausschreiben  so  ausführlich  mitgetheilt,  dafs  wir  uns  an  dieser  Stelle 
damit  begnügen  dürfen,  die  Aufmerksamkeit  der  Leser  auf  den  Wett¬ 
bewerb  und  jenes  Ausschreiben  hinzulenkeu. 

Während  der  diesjährigen  Wanderversainmlnng  des  Verbandes 
deutscher  Architekten-  und  Ingenieur -Vereine  in  Hamburg  waren 
die  Festtheilnehmer  —  gegen  1300  an  der  Zahl  —  am  Mittwoch,  den 
27.  August,  von  der  Hamburg-Americauischen  Packetfahrt  - Actien- 
gesellschaft  zu  Gaste  geladen  zu  einer  Fahrt  in  die  Nordsee,  wofür 
die  grofsen  Schnelldampfer  „Columbia“  und  „Moravia“  zur  Verfügung 
gestellt  waren.  Ueber  den  höchst  gelungenen  Ausflug  ist  seinerzeit 
an  dieser  Stelle  (S.  374  d.  J.)  berichtet  worden.  Als  Ausdruck  des 
Dankes  der  Festtheilnehmer  ist  den  Directoren  der  Gesellschaft  in 
diesen  Tagen  von  einer  aus  den  Hamburger  Herren  Oberingenieur 
Meyer,  Director  Kümmel  und  Bauinspector  Bargum  bestehenden  Ab¬ 
ordnung  ein  künstlerisch  auf  Pergament  ausgeführtes  Gedenkblatt 
in  reich  verziertem  Rahmen  überreicht  worden. 

I)er  Forth-  und  Clyde-Canal.  Für  die  in  Ani-egung  gekommene 
Anlage  eines  Seeschiflahrts-Canales  quer  durch  Schottland  zur  Ver¬ 
bindung  des  Clyde  mit  dem  Forth  sind  jüngst  die  Vermessungen  be¬ 
endet  worden.  Für  den  Canal,  dessen  Anlagekosten  zu  rund  160  Mil¬ 
lionen  Mark  veranschlagt  sind,  würde  ein  bedeutender  Verkehr  in 
Aussicht  stehen,  da  der  Canal  nicht  allein  den  Wasserweg  vom  Clyde 
und  der  englischen  Westküste  nach  der  Ostküste  von  England  und 
Schottland  und  den  Festlandhäfen  bedeutend  abkürzen,  sondern  auch 
die  bei  widrigen  Winden  sehr  gefährliche  Umschiffung  Nordschott¬ 
lands  ünnöthig  machen  würde.  Die  vorgeschlagene  Canallinie  folgt 
dem  Thale  des  Forth  bis  zum  Süd-Ende  des  Loch  Lomond.  Von 
hier  ab  kommen  drei  verschiedenen  Linien  in  Frage: 

1)  Ueber  den  Loch  Lomond  nach  dem  Loch  Tarbet  und  von  da 
über  den  Loch  Long  nach  dem  Meere; 

2)  vom  Loch  Lomond  durch  das  Thal  des  Leven-Flusses  nach 
dem  Clyde  bei  Dumbarton; 

3)  vom  Loch  Lomond  durch  einen  6  bis  7  km  langen  Einschnitt 
nach  einem  anderen  Punkte  des  Clj^de. 

Insofern  der  Canal  vorwiegend  dem  Verkehr  grofser  Seeschiffe 
dienen  soll,  wird  die  erste  Linie  für  die  beste  gehalten.  Vom  Forth 
nach  dem  Loch  Lomond  würde  der  Canal  62  km  lang  werden  und 
am  westlichen  Ende  einen  8'/2  km  langen  Tunnel  erhalten.  Die  Tiefe 
des  Canals  ist  zu  9,15  m  bei  22  ni  Sohlbreite  angenommen.  Die 
Anlage  der  Böschungen  wechselt  je  nach  der  Art  des  Bodenaushubs. 
Die  Schleusen  sollen  für  die  gröfsten  Seeschiffe  Raum  gewähren. 


Für  luuie  Staats-Eiseiihalnihauteii  in  Siam  werden  die  Bauarbeiten 
seitens  des  Königlich  siamesischen  Ministeriums  der  öffentlichen  Ar¬ 
beiten  durch  den  Generaldirector  der  Eisenbahnen,  Baurath  Bethge 
in  Bangkok,  öffentlich  ausgeschrieben.  Es  handelt  sich  um  die  An¬ 
lage  einer  268  km  langen  Vollspurbahn  (1,435  m)  von  Bangkok  über 
Ajuthia  nach  Korat,  deren  Ausführung  in  einzelnen  Losen  von  70  bis 
100  km  Länge  oder  im  ganzen  an  eine  Generalunternehmung  ver¬ 
geben  werden  soll.  In  dem  Ausschreiben,  welches  an  der  Spitze  des 
zur  heutigen  Nummer  gehörigen  Anzeigers  abgedruckt  ist,  finden  sich 
nähere  Angaben  über  die  hauptsächlichsten  Bedingungen  des  abzu- 
schliefsenden  Vertrages,  die  Art  und  den  Umfang  der  zu  bewältigen¬ 
den  Arbeiten,  die  Führung  der  Bahnlinie,  die  Natur  der  zu  durch¬ 
schneidenden  Gebiete,  über  Bauzeit,  Klima  usw.  Hoffentlich  gelingt  es^ 
dem  deutschen  Unternehmungsgeiste,  durch  erfolgreichen  Mitbewerb 
bei  dem  Bau  dieser  Staatsbahnen  in  Siam  festen  Fufs  zu  fassen 
und  durch  gute  Ausführung  den  Beweis  von  der  Tüchtigkeit  deut¬ 
scher  Leistungen  zum  Nutzen  des  siamesischen  Königreiches  wie  der 
deutschen  Arbeit  zu  erbringen.  Die  Eisenbahnbauten  Siams  unter¬ 
stehen  der  technischen  Oberleitung  des  Bauraths  Bethge,  welcher  aus 
dem  preufsischen  Staatsdienst  beurlaubt  und  im  September  vorigen, 
.lahres  in  siamesische  Dienste  getreten  ist. 


Biicherschau. 

1H((  (lecorative  Kunststickerei.  Von  Frieda  Lipperheide„ 

1.  Aufnäh  -  Arbeit.  Berlin  1890.  Verlag  von  Franz  Lipperheide„ 

2.  Lieferung  mit  6  Tafeln  gr.  Fol.  und  VIII  u.  72  Seiten  Text  (mit 
164  Abbildungen)  in  4".  Preis  der  Lieferung  \bj(. 

Dem  im  Anfänge  des  Jahres  1888  erschienenen  ersten  Theile  der 
„Decorativen  Kunststickerei“  (vgl.  Jahrg.  1888,  S.  96  d.  Bl.)  ist  nun¬ 
mehr  eine  zweite  Lieferung  nebst  vollständigem  Texte  gefolgt,  und 
damit  die  Abtheilung  „Aufnäh -Arbeit“  als  Ganzes  abgeschlossen. 
Was  jener  Anfang  versprach,  ist  in  vollem  Umfange  gehalten 
worden.  In  gleich  vorzüglicher  Herstellung  giebt  die  neue  Lieferung 
neben  grofsen,  trefflichen  Holzschnittblättern  und  Musterbeilagen 
zwei  prächtige  Farbendrucke  älterer  spanischer  Arbeiten.  Der  mit 
einer  Fülle  von  Holzschnitten  ausgestattete  Text  erläutert  eingehend 
und  anschaulich  die  Aufnähtechnik,  giebt  auch  eine  gröfsere  Anzahl 
von  Beispielen  und  Vorlagen  für  die  Anwendung.  Ferner  werden 
hier  in  Verkleinerungen  die  Foliotafeln  beider  Lieferungen  wiederholt„ 
um  in  dem  auch  einzeln,  und  zwar  dann  für  den  billigen  Preis  von 
5  Jt  zu  verkaufenden  Textbande  den  gesamten  Inhalt  des  Werkes 
zu  geben  und  dieses  dadurch  weiteren  Kreisen  zugänglich  zu  machen. 

Es  wird  in  der  Regel  Sache  des  Architekten  sein,  mit  Rath  und 
Vorbild  bei  Anfertigung  derartiger  weiblicher  Handarbeit  zur  Seite 
zu  stehen,  sei  es  dafs  dieselbe  das  Familienheim  schmücken,  sei  es 
dafs  sie  höheren  decorativen  Zwecken  dienstbar  gemacht  werden  soll. 
Darum  können  ihm  Studium  und  AnschaflFung  des  gediegenen  Werkes 
nur  angelegentlich  empfohlen  werden.  — d. 

Eiserne  Träger  und  Säulen.  Hülfsbuch  zur  statischen  Berech¬ 
nung  und  Gewichtsbestimmung  nach  deutschen  Normalprofilen. 
Nebst  ausführlichen  Tabellen  zum  praktischen  Gebrauch  bearbeitet 
von  W.  Hehne.  172  Seiten  mit  30  Holzschnitten.  Halle  a.  S.,  1890. 
Ludw.  Hofstetter.  Preis  4  Jl. 

Das  Buch  erscheint  vorzugsweise  dazu  bestimmt,  dem  mit  stati¬ 
schen  Berechnungen  weniger  vertrauten  Hochbauer  eine  kurze  und 
verständliche  Anweisung  hierfür  zu  geben  und  die  Rechnung  selbst 
durch  Beigabe  umfangreicher  Tabellen  zu  erleichtern.  Diesem 
Zwecke  gemäfs  enthält  es  eine  40  Seiten  lange  Einleitung,  welche 
die  Berechnung  und  Anordnung  der  eisernen  Träger,  Unterlags¬ 
platten,  Säulen  und  des  Trägerwellbleches  erörtert  sowie  den  Ge¬ 
brauch  der  darauf  folgenden  8  Tabellen  erklärt.  Die  erste  derselben 
im  Umfange  von  120  Seiten  bildet  den  Hauptinhalt  des  Buches.  Sie 
giebt  für  Kappenbreiten  von  0,80  bis  2,50  m  (um  je  2  cm  fort¬ 
schreitend)  und  Stützweiten  von  1  bis  7  m  (um  je  5  cm  fortschreitend) 
die  Gesamtlast,  das  erforderliche  Widerstandsmoment,  das  zugehörige 
Normalprofil  und  dessen  Gesamtgewicht  an.  Dabei  ist  die  Einheits¬ 
last  zu  750  kg/qm  und  die  Beanspruchung  zu  750  kg/qcm  an¬ 
genommen.  Die  Zahlen  hätten  sich  wohl  —  zum  Vortheil  derUeber- 
sichtlichkeit  —  bei  zweckmäfsigerer  Anordnung  auf  wesentlich 
kleinerem  Raum  unterbringen  lassen.*)  Die  folgenden  Tabellen  ent¬ 
halten  Angaben  über  das  Eigengewicht  der  Gewölbekappen,  die 
Normalprofile  für  I-Träger,  runde  Säulen,  Trägerwellbleche,  Ver¬ 
ordnungen  der  Berliner  Baupolizei,  Eigengewichte  verschiedener 
Nutzlasten,  Trägheitsmomente  für  Säulen-  und  Stützenquerschnitte. 
—  Das  Buch  kann  als  ein  geeignetes  Hülfsmittel  bei  Bearbeitung 
einfacher  Aufgaben  des  Hochbaues  bezeichnet  werden.  — n. 

*)  Man  vergleiche  z.  B.  die  Tabellen  von  Koenen,  welche  auf 
60  Seiten  die  bei  Kappenbreiten  von  0,50  bis  ö  m  und  Lasten  von 
100  bis  1250  kg/qm  mit  den  Normalprofilträgern  zu  erreichenden 
Stützweiten  angeben.  S.  Centralbl.  d.  Bauverw.  1888,  S.  208. 


Verlag  von  E  rn  st  X' Ko  rn  CNVilbelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nicbtamtliclien  Tlieiles  verantwortlicü:  0  tto  S  arr  a  z  i  n ,  Berlin.  Drnck  von  J.KersUes,  Berlin. 


h\  48i- 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


501 


ISHALT:  Das  neue  Central  -  Gefängnifs  für  die  Provinz  Posen  in  Wroiil;e.  -  Neue  stäcltisclie  Sti-afseniuiterflilinrnsen  beim  Umbau  der  Bahnanlagen  in  Köln.  Ver 
mi.schtes:  Neu  erschienene  Bücher.  _ _ _ _ - — 


[Allo  Rechte  Vorbehalten.] 

Das  neue  Central -Gefängnifs  für 

Im  nördlichen  Theile  des  Oberlandesgerichtsbezirkes  Posen  ist 
der  Neubau  eines  Central -Gefängnisses  nothwendig  geworden.  Für 
diesen  Zweck  ist  von  der  Stadt  Wronke  ein  Bauplatz  von  etwa  18  ha 
Gröfse  unentgeltlich 
zur  Verfügung  gestellt, 
welcher  in  unmittel¬ 
barer  Nähe  des  Bahn¬ 
hofes  der  Posen- Star- 
gardter  Eisenbahn  und 
des  Wartheflusses  be¬ 
legen  ist.  (Abb.) 

Für  die  Gestaltung 
des  Bauplanes  war  der 
den  Bauplatz  von  Ost 
nach  West  durchzie¬ 
hende  Entwässerungs¬ 
graben  entscheidend. 

Die  Anlage  umfafst 
drei  getrennte  Gefäng- 
nifsgebäude  für  Män¬ 
ner,  für  jugendliche 
Gefangene  und  für 
Weiber;  aufserdem 

1  Krankenhaus  für 
Männer,  2  Wirth- 
schaftsgebäude  für 
Männer  und  Weiber, 
ein  Thorgebäude,  je 
ein  Wohnhaus  für  den 
Director  und  den  ka¬ 
tholischen  Geistlichen, 

4  Wohnhäuser  für  je 

2  Inspectoren,  den 
Hausvater,  Oberauf¬ 
seher,  Lehrer  und  Se- 
cretär,  und  8  Wohnge¬ 
bäude  für  je  4  Auf¬ 
seher  mit  den  zuge¬ 
hörigen  Wirthschafts- 
gebäuden.  Für  die 
j  ugendlichen  Sträflinge 
und  die  Weiber  ist 

den  betreffenden 


in 

Gefängnissen  eine  An¬ 
zahl  von  Krankenzellen 
vorgesehen. 

Das  Männerge- 
fängnifs*)  enthält  bei 
einer  Belegziffer  von 
5Ö0  Personen  in  den 
drei  Zellenflügeln  C 
und  I)  474  Haft-  und 
76  Scblafzellen  sowie 
die  erforderlichen  Auf¬ 
seher-,  Straf-  und  Spül¬ 
zellen.  Der  Flügel  ß 
ist  lediglich  für  Ver- 
waltungszwecke  be¬ 
stimmt  und  enthält 
im  Erdgeschofs  V or- 
rathsräume,  im  1.  Stock 
die  Verwaltungsdienst- 
zimmer  und  im  2.  und 
3.  Stock  die  Kirche. 
Alle  Zellen  sind  3,80  m 
tief;  die  Breite  beträgt 
2,20  m  für  den  gröfsten 
Theil  der  Haftzellen 
und  2,80  m  für  einen 


Lageplan  für  das  Central -Gefängnifs  in  Wronke. 


1.  Hauptgebäude  (Mäiiner- 
gefäugnifs). 

2.  Gefängnifs  für  Jugend¬ 
liche. 

3.  Weibei'-Gefängnifs. 

4.  Krankenhaus. 

5.  Verbindungs-Halle. 

0.  Wirfhschafts-Gebäude. 


7.  Tliorbaus. 

8.  Wh'tlischafts- Gebäude 
d.  Weiber-Gefäugnisses. 

9.  Director-Wohnhaus. 

10.  u.  10a.  Wohnhäuser  für 
zwei  Inspectoren. 

fl.  Wohnhaus  für  den  ka¬ 
tholischen  Geistlichen. 


*)  Die  Grundrifsanlagc  von  Wronke  ist,  besonders  was  das 
Hauptgebäude  betrifft,  derjenigen  von  Grofs-Strehlitz  (Centralblatt 
der  Bauverwaltung  1886,  S.  124)  sehr  verwandt;  es  darf  deshalb  auf 
die  dort  gegebene  Grundrifsabbilduug  verwiesen  werden.  Auch  die 
Strafanstalt  in  Preungesheim  bei  Frankfurt  a.  M.  (Zeitschrift  für 
Bauwesen  1889,  S.  319,  Bl.  42—44)  zeigt  eine  ganz  ähnliche  Plan¬ 
anordnung. 


die  Provinz  Posen  in  Wronke. 

Theil  der  Zellen  im  Flügel  C  für  diejenigen  Sträflinge,  welche  bei 
der  Arbeit  gröfsere  Geräthschaften ,  wie  Hobelbänke  u.  dgl.,  be¬ 
nutzen.  Die  Schlafzellen  für  die  in  den  Küchen  und  Höfen, 

beim  Wasserpumpen 
und  bei  sonstigen 
Aufsenarbeiten  be¬ 
schäftigten  Sträflinge 
sind  1,34  m  breit  und 
3,80  m  tief.  Die  Ge- 
schofshöhen  betragen 
in  den  Zellenflügeln  je 
3,15  m,  in  den  Ver¬ 
waltungsdiensträum  eii 
3,90  m  von  Fufsboden 
zu  Fufsboden.  Der 
Rauminhalt  stellt  sich 
für  eine  grofse  Haft¬ 
zelle  auf  30,32  cbm 
für  eine  kleine  au, 
23,83  cbm  und  für  eine 
Schlafzelle  auf  14,51 
cbm.  Sämtliche  Räu¬ 
me,  mit  Ausnahme  der 
Kirche  und  der  beiden 
Schulzimmer ,  welche 
sichtbare  Holzdecken 
erhalten,  werden  über¬ 
wölbt.  Als  Fufsboden 
erhalten  die  Zellen  in 
allen  Stockwerken  As¬ 
phalt-,  die  inneren 
Flurgalerieen  Eichen¬ 
holzbelag  auf  I  Trä¬ 
gern  und  [] Eisen,  die 
Kirche  dagegen,  die 
Schul-  und  Verwal¬ 
tungsdienstzimmer 
Holzdielung.  Die  Be¬ 
leuchtung  der  vom  Erd¬ 
geschofs  bis  zum  3. 
Stock  durchgeführten 
und  vom  Oberaufseher¬ 
stande  in  der  Mittel¬ 
halle  vollkommen  über¬ 
sehbaren  Flure  erfolgt 
durch  je  ein  8,10  m 
hohes  und  3,5  m  breites 
Giebelfenster  sowie  ■ 
durch  je  5  Oberlichte 
in  jedem  der  Zellen¬ 
flügel.  Die  Dächer 
sollen  mit  blauglasirten 
Biberschwänzen  einge¬ 
deckt,  die  Aufsen- 
flächen  der  Gebäude 
mit  ausgesuchten  Zie¬ 
gelsteinen  ohne  V er- 
wendung  von  Form¬ 
steinen  verblendet  wer¬ 
den;  die  inneren  Mau¬ 
ern  werden  aus  soge¬ 
nannten  Schluffsteinen 
aufgeführt.  Für  dieFen- 
stersohlbänke  kommt 
Fischbacher  Granit  zur 
Verwendung,  desglei¬ 
chen  für  die  Abdeckung 
des  Hauptgesimses. 
Die  Erwärmung  der 
Flure  soll  durch  Luft¬ 
heizung,  die  der  Zellen-  und  Verwaltungsdiensträume  durch  Warm¬ 
wasserheizung  vom  Erdgeschofs  der  Mittelhalle  aus  erfolgen,  die 
Kirche  wird  gar  nicht  beheizt.  Die  in  die  Flure  einströmende 
Warmluft  ist  zugleich  zur  Lüftung  der  Zellenräume  bestimrnt, 
zu  welchem  Zwecke  in  der  Flurwand  jeder  Zelle  zwei  Oeff- 
nungen  vorgesehen  sind.  Im  1.  Stockwerk  der  Mittelhalle  wird  ein 
Baderaum  mit  2  Wannen-  und  9  Brausebädern  angelegt. 


12.  Wohnhaus füiHaiisvater 
uiirl  Oberaufseher.' 

12a.  Wohnhaus  für  Lehrer 
und  Secretär. 

13.  8  Aufsclier-Wohnhänser 
für  je  4  Familien. 

14.  Pförtner  und  Aufsehe¬ 
rinnen. 


15a.  Wirthschatts -Gebäude 
für  Director  und  Geist¬ 
lichen. 

15b.  Desgl.  für  2  Familien¬ 
häuser. 

l,  II,  III,  IV  Spazier-Höfe. 

V  Wirthschafts-Hof. 

VI  Krankeuhof. 


502 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


8.  Oeceinber  1800. 


Die  je  mit  einem  Kopfbau  und  einem  Zelleuflügel  versehenen 
Gefängnisse  für  jugendliche  Sträflinge  und  für  Weiber 
schliefsen  sich  in  ihrer  Durchbildung  und  Ausstattung  genau  der¬ 
jenigen  des  Männergefängnisses  au.  Das  Getängnifs  für  jugendliche 
Gefangene  enthält  bei  einer  Belegzifl'er  von  153  Sträflingen  70  Einzel- 
und  82  Schlafzellen;  das  Weibergefäuguifs  kann  mit  106  Weibern  in 
70  Einzel-  und  36  Schlafzelleu  belegt  werden. 

Alle  übrigen  Anstaltsgebäude  sowie  die  Beamtenwohnhäuser 
werden  in  einfachster  Weise  in  Ziegelrohbau  ausgeführt;  die  Dächer 
erhalten  theils  Holzcemeut-,  theils  Biberschwauzdeckung.  Für  die 
kleinen  Wirthschaftsgebäude  der  Beamtenwohnhäuser  sind  Falzziegel 
(Patent  Ludowici)  vorgesehen. 

Die  Baukosten  sind  auf  2 100  000  Älark  veranschlagt,  wovon  auf 
das  Männergefängnifs  800  000  Mark,  auf  das  Gefänguifs  für  jugendliche 
Gefangene  210  000  Mark,  das  Weibergefängnifs  180  000  Mark,  das 


Krankengebäude  62  000  Mark,  die  Verbindungshalle  9400  Mark, 
das  Wirthschaftsgebäude  für  Männer  64000  Mark,  das  Thorgebäude 
20  600  Mark,  das  Wirthschaftsgebäude  für  Weiber  10100  Mark,  auf 
die  Beamteuwohnhäuser  nebst  Wirthschaftsgebäuden  426  360  Mark, 
endlich  auf  die  Nebenanlagen,  Bauführungsjcosten  usw.  317  540  Mark 
entfallen.  Als  Einheitspreise  ergaben  sich  dabei  für  das  Männer¬ 
gefängnifs  196,8  Mark  auf  das  Quadratmeter  und  15,8  Mark  auf  das  Cu- 
bikmeter,  für  das  Gefänguifs  für  jugendliche  Gefangene  223,6  bezw. 
15,5  Mark  und  für  das  Weibergefängnifs  229,5  bezw.  16,2  Mark.  Mit 
der  besonderen  Leitung  der  Bauausführung,  welche  am  15.  Mai  1889  be¬ 
gonnen  hat  und  einen  Zeitraum  von  5  Jahren  in  Anspruch  nehmen 
wird,  war  unter  der  Oberleitung  des  Geheimen  Regierungsraths  Koch 
in  Posen  anfänglich  der  Regierungs-Baumeister  Plachetka  betraut; 
jetzt  leitet  den  Bau  unter  Hülfeleistung  des  Regierungs-Baumeisters 
Rieck  der  Regierungs-Baumeister  Fo  er  st  er. 


Nene  städtische  Strafseimiiterführniigeii  beim  Umbau  der  Bahnanlagen  in  Köln. 

(Schlufs.) 


Einzelheiten  der  Eisenconstructionen.  Auflager.  Die  | 
zur  Anwendung  gebrachten  Formen  der  Auflager  für  die  eisernen 
Bogenträger  sind  durch  die  Abb.  11,  12  und  13  veranschaulicht, 
und  zwar  stellt  die  Abb.  11  ein  Lager  für  einen  Bogenfachwerks¬ 
träger  (Gladbacher  Str.,  Gütergel  eise),  Abb.  12  .u.  13  solche  für 


I  ständige  Aufliegen  der  Gui'tungen  um  so  sicherer  erreicht,  und  ver¬ 
hindert,  dafs  das  Stehblech  am  Kämpfer  durch  Scherkräfte  in  unbe¬ 
absichtigter  Weise  überansprucht  wird. 

Fahrbahn.  Die  zur  Bildung  der  Fahrbahn  dienenden  Buckel¬ 
platten  sind  durchgehends  nicht  unter  5  mm  stark  bemessen  und  zum 


Abb.  11.  Auflager  für  die  Unter-  Abb.  12.  Auflager  für  die  Unterführung 
führung  der  Gladbacher-Strafse.  der  Gereonswallstrafse. 


Abb.  13.  Auflager  des  eisernen  Ueberbaues  der  Veuloer- 
strafsen  -  Unterführung. 


Bogenbalkenträger  von  12,36  und  21  m  Stützweite  (Unterführung, 
der  Gereonswall-  und  der  Venloer  Strafse)  dar.  Der  Schuh,  welcher 
den  Druck  aus  dem  Tragwerk  des  Bogens  vermittelst  eines  Stahl¬ 
zapfens  auf  den  Lagerkörper  überträgt,  ist  aus  Flufsstahl  hergestellt. 
Bei  dem  Bogenfachwerks¬ 
träger  ruht  der  mit  Platten 
verstärkte  Untergurt  unmit¬ 
telbar  auf  einem  Stahlkeil 
auf,  sodafs  die  Anordnung 
demnach  mehr  einer  Schneide 
als  einem  Gelenk  ent¬ 
spricht,  wobei  ja  die  be¬ 
absichtigte  Wirkung  in 
gleicher  Weise  wie  bei 
diesem  erzielt  wird. 

Bei  dem  Lager  der  Bo¬ 
genbalkenträger  ist  noch  zu 
erwähnen,  dafs  die  Druck¬ 
übertragung  aus  dem  Bogen 
auf  den  Stahlschuh  nur  durch 
Vermittlung  der  zu  dem 
Zwecke  sauber  bearbeiteten 
oberen  und  unteren  Gurtwinkel  sowie  der  etwa  vorhandenen  Gurtplatten 
bewirkt  wird;  das  Stehblech  selbst  dagegen  ist  so  ausgeschnitten, 
dafs  es  in  seinem  mittleren  Theile  gar  nicht  zur  Auflage  und  Druck¬ 
abgabe  an  den  Lagerschuh  gelangt  (wie  in  Abb.  12  und  13  durch 
Schrafiur  angedeutet).  Auf  diese  Weise  wird  das  genaue  und  voll¬ 


besseren  Widerstande  gegen  Rosten  verzinkt;  die  Seitenlangen  sind  so 
gewählt,  dafs  der  Flächeninhalt  der  Buckelbleche  im  allgemeinen  2  qm 
bis  höchstens  2,25  qm  nicht  übersteigt;  bei  Anwendung  gröfserer  als 
der  angegebenen  Mafse  werden  die  Platten  schon  zu  unhandlich,  und 
es  lassen  sich  die  gewünschten  Formen  beim  Pressen  aus  dem  ebenen 
Blech  nicht  mehr  hinreichend  sauber  erzielen.  In  den  meisten  Fällen 
ist  die  Breite  der  Buckelbleche  nicht  sehr  verschieden  von  der  Länge 
der  Platten  gewählt.  Eine  Ausnahme  bildet  die  Unterführung  der 
Venloer  Strafse,  bei  welcher  die  enge  Stellung  der  Verticalen  für 
die  Querträger  eine  Länge  der  Buckelplatten  von  nur  0,85  m  bedingt; 
die  Breite  derselben  konnte  demgemäfs  mit  Vortheil  auf  2,30  m  er¬ 
höht  werden,  sodafs  eine  volle  Geleisbreite  von  nur  einer  Reihe  von 
Buckelblechen  aufgenommen  wird  (vgl.  Abb.  14).  Dieselben  gestalten 
sich  trogartig,  wie  ein  cylindrisches  Hängeblech,  welches  nur  an  bei¬ 
den  Kopfseiten  durch  je  eine  halbe  Buckelplatte  begrenzt  wird.  Bei 
Herstellung  dieser  Formen  und  Vernietung  der  Platten  haben  sich 
Mifsstände  irgend  welcher  Art  nicht  gezeigt. 

Die  Pfeilhöhe  der  Buckelbleche  ist  je  nach  dem  Längen-  und 
Breitenmafs  zu  11  bis  15  cm  angenommen  (etwa  ^/lo  desselben).  Alle 
Buckelbleche  sind  mit  ihren  vier  Rändern  aufgenietet.  Neuerlich 
sind  bei  mehreren  Brücken  die  Buckelbleche  mit  Erfolg  aus  Flufs- 
eisen  hergestellt  worden,  wobei  zur  schärferen  Ueberwachung  der 
Anfertigung  besondere  Abschreckproben  ausgeführt  werden, 
welche  darin  bestehen,  dafs  einzelne  Stäbe  von  300 — 500  qmm  Quer¬ 
schnitt  und  bei  200  mm  freier  Länge,  für  welche  man  die  Dehnung 
mufs  beobachten  können,  nach  Erwärmung  plötzlich  in  kaltem  Wasser 
ab  gekühlt  werden.  Dabei  müssen  die  Stäbe  noch  die  vorge- 


1  0,S  0  1  2  3  4  S  E  7™ 

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Abb.  14.  Fahrbahn-Anordnung  bei  der 
Unterführung  der  Venloer  Strafse. 


Nr.  48  *'. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


.503 


Abb.  15.  Anordnung  des  Scbleppblecbs 
am  Endquerträger 
(Luxemburger  Strafse). 


scliriebenc  Biegeprobe  bestehen  und  eine  Festigkeit  von  3600  kg/qcm 
bei  einer  Dehnung  von  mindestens  16  pCt.  und  einer  Einschnürung 
von  nicht  unter  32  pCt.  aufweisen. 

Besonderes  Augenmerk  wurde,  wie  schon  oben  erwähnt,  auf  die 
Erzielung  möglichster  Wasserdichtigkeit  der  Fahrbahn  gerichtet, 
und  die  Erreichung  dieses  Zieles  einmal  durch  Anordnung  einer  ziem¬ 
lich  engen  Nietung  von  7 — 9  cm  Nietabstand  bei  16  mm  Stärke  der 
Nieten  angestrebt.  Aufserdem  wurde  aber  auch  besonders  vorge- 
geschrieben,  dafs  die  Ränder  der  Buckelplatten  da,  wo  sie  sich 
gegenseitig  überdecken,  mit  einander  veriöthet  werden.  Wenn  da¬ 
gegen  die  Buckelplattenränder  auf  Querträgerflanschen  oder  Gurt¬ 
platten  von  Hauptträgern  so  zum  Auf  liegen  kommen,  dafs  sie  mit 
unverzinkten  Eisentheileu  in  Berührung  treten,  so  wurde  ein  Ver¬ 
stemmen  der  Randfugen  oder  ein  Ausfüttern  und  Verstemmen  der 
Fugen  mit  Blei  vorgenom¬ 
men.  Bei  einer  nach  Voll¬ 
endung  der  Montirungsarbeit 
anzustellenden  Probe  auf 
Wasserdichtigkeit  wurden 
die  Niete  10  cm  hoch  mit 
Wasser  überfluthet,  welches 
durch  Thondämme  abge¬ 
dichtet  war.  Nachdem  diese 
Probe  ein  befriedigendes 
Ergebnifs  geliefert  hatte, 
wurden  alle  Zwischenräume, 

in  welchen  sich  Wasser  sammeln  kann,  mit  Asphaltkitt  ausgefüllt  und 
sodann  die  ganze  Buckelplattenhaut  mit  einem  heifsen  Asphalt¬ 
anstrich  versehen  und  mit  feinem  Kies  bestreut. 

Zur  Entwässerung  der  Fahrbahn  erhält  jedes  Buckelblech  in  der 
Mitte  an  der  tiefsten  Stelle  ein  Loch  von  25  mm  Weite,  welches 
behufs  Bildung  einer  Abtropfnase  nach  unten  ausgeschlagen  und 
zugeschärft  wird.  Unter  das  Buckelblech  wird  eine  schmiedeeiserne 
Tülle  aus  verzinktem  Gasrohr  von  41  mm  Weite  angeschraubt  (vgl. 
Abb.  16),  welche  das  Wasser  in  die  unterhalb  liegenden  kleineren 
Sammelräume  und 
von  da  weiter  in 
die  Hauptquerrin¬ 
nen  nach  den  Ab¬ 
fallrohren  der  Pfei¬ 
ler  leitet.  Um  den 
Bettungskies  von 
den  Tüllen  fernzu¬ 
halten  ,  wird  das 
Tüllenloch  ober¬ 
halb  durch  eine 
gufseiserne ,  lose 
aufgesetzte  Haube 
abgeschlossen,  wel¬ 
che  mit  Ausschnitten  für  den  Wasserdurchflufs  versehen  ist. 

Mauerwerks- Anschlüsse.  Den  Anschlüssen  an  das  Mauer¬ 
werk  wurde  besondere  Sorgfalt  gewidmet,  um  namentlich  zu  ver¬ 
hindern,  dafs  die  mit  weifsen  Verblendplättchen  sauber  bekleideten 
Schildmauern  durch  schmutziges  Wasser,  welches  aus  der  Bettung 
in  die  Fuge  zwischen  Stein  und  Eisen  hindurchtritt,  verunreinigt 
werden.  Zu  dem  Zwecke  ist  auf  den  Endquerträgern,  an  die 
Buckelplatten  anschliefsend,  ein  8 — 10  mm  starkes  Schleppblech 
aufgenietet,  welches  den  Zwischenraum  zwischen  Endquerträger  und 
Schildmauer  überdeckt  und  mit  einem  gewissen  Spielraum  auf  der  mit 
kräftigem  Gefälle  versehenen  Abdeckplatte  der  Schildmauer  aufliegt 
(vgl.  Abb.  15).  Von  besonderer  Bedeutung  ist  die  am  hinteren  Ende 
des  Schleppbleches  angebrachte  durch  Umbiegen  des  Bleches  her¬ 
gestellte  Nase,  welche  ein  rasches  Ahtropfen  der  Feuchtigkeit  erzielen 
und  das  Zurücktreten  oder  Aufsteigen  derselben  unterhalb  des 
Schleppbleches  verhüten  soll. 

Bei  den  Ueberbauten  mit  Bogenträgern  ergiebt  sich  im  allge¬ 
meinen  schon  aus  dem  nothwendigen  Raum  für  das  Lager,  dafs  der 
Endquerträger  bezw.  die  Endverticale  des  Eisenwerkes  etwa  '/s  m 
Abstand  von  der  Schildmauerflucht  erhält.  Dieser  Abstand  ist  noth- 
wendig  und  von  besonderem  Vortheil  für  die  Ermöglichung  einer 
dauernden  guten  Unterhaltung  der  Eisenconstruction  und  sollte  daher 
nicht  zu  knapp  bemessen  werden.  Falls  aus  anderen  Gründen, 
namentlich  bei  schiefer  Lage  der  Brücken,  der  Abstand  der  End- 
verticalen  vom  Mauerwerk  noch  gröfser  wird,  erscheint  die  Auflage¬ 
rung  des  Streckgui’tes  oder  eines  besonderen  Schleppträgers  auf  der 
Schildmauer  nothwendig.  Diese  Anordnung  hat  jedoch  mancherlei 
Nachtheile:  durch  das  doppelte  Auflager  entstehen  bei  Temperatur¬ 
änderungen  unbeabsichtigte  Spannungen  in  den  Endverticalen  oder 
im  Streckgurt,  oder  aber  es  tritt  ein  Ablösen  der  Construction  von 
dem  oberen  Auflager  ein;  die  unvermeidlichen  Temperaturbewegungen 
-und  Erschütterungen  durch  die  Betriebslast  pflanzen  sich  auf  den 


Abb.  16.  Unterstützung  des  Schlepp¬ 
blechs  durch  Consolen  am  Endquerträger 
(Mastrichter  Strafse). 


Abb.  17.  Fufsweg-Anordnung  mit  Tonnenblech. 


oberen  schwächeren  Theil  des  jMauerwerks  in  ziemlich  ungemilderter 
Weise  fort,  die  ganze  Anordnung  ist  wegen  der  meist  knappen 
Höhenverhältnisse  schwer  zugänglich  und  daher  deren  Unterhaltung 
schwierig.  Aus  diesen  Gründen  sind,  soweit  irgend  möglich,  diese 
sogenannten  secundären  Auflager  bei  den  geraden  sowohl  wie  bei 
den  Bogenträgern  grundsätzlich  vermieden  worden  und  es  ist  das 
Gewicht  der  Brückenbahn,  welche  zwischen  Endverticale  und  Mauer 
liegt,  durch  Vermittlung  besonderer  an  den  Endquerträger  angenieteter 
Kragträger,  welche  das  Schleppblech  an  geeigneten  Punkten  unter¬ 
stützen,  allein  auf  den  Endquerträger  übertragen  (vgl.  Abb.  16);  der 
letztere  wird  auf  diese  Weise  auch  noch  besser  ausgenutzt,  da  er 
sonst  im  Vergleich  mit  den  übrigen  Querträgern  nur  zur  Hälfte  be¬ 
ansprucht  wird.  Wenn  die  freitragende  Breite  des  Schleppbleches 
zu  erheblich  wird,  so  kann,  wie  Ahb.  16  zeigt,  die  nothwendige  Trag¬ 
fähigkeit  desselben  noch 
durch  einen  am  hinteren 
Ende  desselben  an  den 
Kragträgern  befestigten  säu¬ 
menden  Querträger  ge¬ 
wonnen  werden.  Es  sei 
noch  erwähnt,  dafs  die 
Schleppbleche  bei  ihrer 
gröfseren  Stärke  (8 — 10  mm) 
keine  Verzinkung  erhalten. 

Fu  fs  Weganordnung. 
Die  neben  der  Stirn  der  Un¬ 
terführungen  erforderlichen  Fufswege  sind  durch  Verlängerung  der 
Querträger  über  den  Stirnträger  hinaus  oder  durch  Kragträger,  welche 
an  die  Verticalen  des  letzteren  angeschlossen  sind,  unterstützt.  Die 
Fufswegbahn  selbst  ist  in  den  meisten  Fällen  durch  ein  nach  ohen 
cylindrisch  gebogenes  Tonnenblech  gebildet,  welches  einerseits  auf 
dem  Rande  der  Gurtplatten  des  Stirnträgers  bezw.  des  äufsersten 
Fahrbahnlängsträgers  aufgenietet  wird,  anderseits  auf  dem  mit 
einem  Winkeleisen  gesäumten  Stirnblech  seine  Unterstützung  findet, 
wie  dies  Abb.  17  in  Schnitt  und  Ansicht  veranschaulicht. 

Die  Tonnen¬ 
bleche  sind,  ihrer 
geringeren  Bela¬ 
stungentsprechend, 
mit  4 — 5  mm  Stärke 
ausgeführt  und  ver¬ 
zinkt  wie  die 
Buckelbleche;  sie 
sind  mit  einer  Kies¬ 
decke  überschüttet 
oder  auch,  wie  in 
Abb.  17  gezeichnet, 
mit  einer  in  Ce- 
mentbeton  herge¬ 
stellten  durch  einen  Längswinkel  begrenzten  Abdeckung  versehen.  Der 
Stofs  der  einzelnen  Tonnenblechschüsse  wird  durch  eine  oben  aufge¬ 
legte  Decklasche  überdeckt.  Diese  ganze  Anordnung  hat  den  Vorzug 
grofser  Einfachheit  und  einer  bequemen  und  sicheren  Entwässerung 
und  gestattet  aufserdem,  da  das  Kiesbett  gleichmäfsig  durchgeführt  ist 
noch  gewisse  etwa  erforderlich  werdende  Verschiebungen  des  äufsersten 
Geleises.  Der  Anschlufs  des  Tonnenbleches  auf  dem  Mauerwerk 
erfolgt  ebenfalls  in  einfachster  Weise  durch  Aufliegen  auf  der  mit 
entsprechender  Krümmung  versehenen  Abdeckplatte.  Das  auf  den 
Fufswegträgern  befestigte  Stirnblech  dient  zugleich  zur  sicheren 
Anbringung  der  eisernen  Geländerpfosten. 

•  Abdeckung  der  Zwischenräume  zwischen  Geleis¬ 
gruppen;  ObeiTichte.  Soweit  einzelne  Geleisgruppen  derart  von 
einander  getrennt  werden  können,  dafs  auf  einzulegende  Weichen¬ 
verbindungen  zwischen  denselben  nicht  zu  rücksichtigen  ist,  konnten 
die  Zwischenräume  zwischen  den  regelmäfsigen  Brückenbahnen  in 
leichterer  Weise  überdeckt  werden.  Es  kommt  hier  W ellblech,  nach 
unten  gekrümmtes  Hängeblech  sowie  nach  oben  gebogenes  Tonnen¬ 
blech  in  Frage;  alle  drei  Formen  haben  Anwendung  gefunden. 
Dem  Hängeblech  haftet  der  Nachtheil  an,  dafs  besondere  Entwässe- 
rungstüllen  sowie  Sammelrinnen  zur  Abführung  des  Wassers  noth¬ 
wendig  werden,  welche  bei  dem  Tonnenblech  fortfallen.  Während 
die  Hängen-  und  Tonnenbleche  auf  denselben  Fahrbahnträgern  wie 
die  Buckelbleche  vernietet  werden,  mufs  das  Wellblech  zur  sicheren 
Entwässerung  im  allgemeinen  etwas  in  die  Höhe  gerückt  werden  und 
bedarf  daher  zum  Auflager  noch  besonderer  Formeisen  (C-  oder 
Z-Eisen).  Die  Ueberdeckung  mit  Tonnenblech  bietet  in  einfachster 
Weise  zugleich  Gelegenheit  zur  Vermittlung  des  Höhenunterschiedes 
bei  benachbarten  Trägergruppen,  welche  in  verschiedener  Höhe 
liegen,  wie  Abb.  18  für  die  Unterführung  der  Maybach-Strafse  zeigt. 
Soweit  das  Eisenwerk  über  der  Strafsenfahrbahn  liegt,  ist  das 
Tonnenblech  in  der  Mitte  zur  Aufnahme  eines  ObeiTichtkastens 


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Centralblatt  der  Banverwaltung. 


3.  Deeeiiiber  1890. 


aiisgeschuitten.  Der  Oberliclitrahmen  findet  auf  den  oberen  säumen¬ 
den  AYinkeln  des  Kastens  ein  Auflager,  in  welches  er  lose  ein¬ 
gelegt  ist.  Der  äufsere  Oberlichtrahmen  ist  von  Z' Eisen  gebildet, 
dessen  oberer  wagerechter  Schenkel  die  nothwendigen  Spielräume 
zwischen  Oberlicht-Kasten-  und  -Rahmen  zur  Vermeidung  von  ein¬ 
dringender  und  durchtropfender  Feuchtigkeit  in  sicherer  W  eise  ab¬ 
deckt. 

Abb.  19  zeigt  eine  noch  einfachere  Anordnung  des  Oberlichts, 


Abb.  18.  Abdeckung  mit  Tonuenblech  nebst  Oberlicht. 
(Unterführung  der  Maybachstrafse). 


dessen  Kasten  hier  auf  die  Fahrbahnc[uerträger  aufgenietet,  durch 
Wdnkel  mit  denselben  verbunden  ist  und  mit  seinem  unteren  Winkel- 
eisen  den  Rand  der  angrenzenden  Buckelplatten  unmittelbar  auf¬ 
nimmt. 

Die  Anordnung  nach  Abb.  20  (Unterführung  der  Gladbacher 


Strafse)  ist  bedingt  durch  die  Einspannung  der  Querträger  zwischen 
den  oberen  Streckgurt  und  durch  die  Nothwendigkeit,  seitlich  von 
der  Achse  des  begrenzenden  Hauptträgers  noch  etwa  38  cm  Breite 
für  die  Schwellen-Enden  des  benachbarten  Geleises  als  Kiesbett  zur 
Verfügung  zu  belialten.  Die  Längswangen  des  Oberlichts  sind  behufs 
gröfserer  Steifigkeit  unten  gekrümmt  und  legen  sich  mit  ihrem  wage¬ 
rechten  Rand  auf  die  Gurtplatten  des  Hauptträgers,  gegen  welchen 
sie  durch  besondere  Kragträger  noch  versteift  sind.  Der  Oberlicht- 


Abb.  20.  Anordnung  des 
Oberlichts  bei  der  Unterführung 
der  Gladbacher  Strafse. 

rahmen  ist  wie  in  Abb.  18  und  19  gebildet  und  liegt  frei  in  dem 
Kasten  auf. 

Sämtliche  Oberlichter  sind  mit  25  mm  starken  Glasplatten  aus 
Rohglas,  welche  in  Meunigekitt  verlegt  sind,  abgedeckt  und  begehbar. 
Köln,  im  August  1890.  F.  Baltzer. 


Abb.  19.  Oberlicht- Anordnung  bei  der 
Unterführung  der  Mastrichter  Strafse. 


Vermischtes, 


Veil  erschienene,  bei  der  Redaction  eingegangene  W'erke: 
Acherinann,  Th.  Die  Wegebaulast  im  Geltungsbereiche  des 
preufsischen  Landrechts.  2.  Auflage.  Breslau  1890.  J.  U.  Kerns 
Verlag  (Max  Müller).  189  S.  in  8".  Preis  4  J(. 

Baker,  M.  K.  The  Manual  of  American  Water-Works.  Second 
annual  issue.  1889 — 90.  Kew-York  1890.  Engineering  Publishing  Co. 
LVI  u.  766  S.  in  8“  mit  30  Abb.  im  Text. 

Ballanf,  Fr.  Technologisches  Wörterbuch  in  deutsch -englischer 
und  englisch -deutscher  Sprache,  Schifl’smaschinenbau  und  -  Betrieb 
und  Land-Dampfmaschinen  umfassend.  Flensburg  1890.  Aug.  West- 
phalen.  88  S.  in  kl.  8".  Preis  1,50  .//f.  In  biegsamen  Leinenband  2  M. 

Bares,  Br.  J.  Grundzüge  des  Aehnlichkeitsstils.  Prag  1890. 
Bursik  u.  Kohout.  44  S.  in  8“  u.  24  Tafeln.  Preis  5  Jt. 

Bauknude  des  Architekten.  I.  Band  I.  Theil.  Zimmer-Construc- 
tionen,  Maurerarbeiten,  Eindeckung  der  Dächer,  Metallconstructionen 
des  Aufbaues.  2.  gänzlich  umgearbeitete  Auflage.  Berlin  1890. 
Ernst  Toeche.  VIII  u.  594  S.  in  8“  mit  1759  Abb.  und  12  Tafeln. 
Preis  geh.  10  Jt,  geb.  11,50  Jt. 

Beek,  Heinr.,  I)r.  jur.  Die  rechtlichen  Verhältnisse  zwischen 
benachbarten  Grundstücken  gegenüber  genehmigungspflichtigen  Ge¬ 
werbeanlagen.  Leipzig  1890.  Rofsbergsche  Buchhandlung.  IV  u. 
66  S.  in  8".  Preis  1,50  Jt. 

Breymauiis  Bau-Constructionslehre  III.  Band.  Constructionen 
in  Eisen.  Fünfte  Auflage.  Neubearbeitet  von  Otto  Königer. 
Leipzig  1890.  J.  M.  Gebhardts  Verlag.  Lief.  1,  2  u.  3.  In  4“. 
Seite  1 — 72  des  Textes  mit  118  Abb.  u.  Tafel  1 — 22.  Preis  der  Lief. 
1,50  Jt. 

Breyinanii  u.  Kirsteiii.  Das  chemische  Laboratorium  der  Uni¬ 
versität  Göttingen.  Abdruck  aus  der  Zeitschrift  des  Arch.-  u.  lü^.- 
Vereins  in  Hannover  1890,  Heft  6.  Hannover  1890.  Schmorl  u. 
V.  Seefeld  Nachf.  13  S.  in  Folio  mit  6  Blatt  Steindrucken.  Preis  6  Jt. 

Das  Gesetz  betreffend  die  Errichtung  von  Gewerbegerichten  und 
Einigungsämtern  sowie  das  Verfahren  vor  dem  Gemeindevorsteher. 
Düsseldorf  1890.  Felix  Bagel.  31  S.  in  16".  Preis  0,20  Jt. 

Dolezalek,  Karl.  Der  Tunnelbau.  1.  Band  (in  4  Lieferungen). 
Die  Gewinnungsarbeiten.  2.  Lief.  Hannover  1890.  Helwingsche 
Verlagshandlung.  In  8".  Seite  97  bis  192  mit  Abb.  60  bis  105  und 
Tafel  10  bis  14.  Preis  der  Lief.  5  Jt. 

Bnllo,  Gustav.  Die  preufsischen  Verwaltungsgesetze.  Berlin 
1890.  J.  J.  Heine.  VIII.  u.  428  S.  in  16".  Preis  2,50  .if. 

Dullo,  Gustav.  Gesetzeskunde  und  Volkswirthschaftslehre  in 
gemeinverständlicher  Darstellung.  Berlin  1890.  J.  J.  Heine.  X  u. 
393  S.  in  16".  Preis  2,50  JL 

Fritsch,  K.  E.  0.  Stilbetrachtungen.  Auf  der  9!  Wanderver¬ 
sammlung  des  Verbandes  deutscher  Architekten-  und  Ingenieur- 
Vereine  in  Hamburg  vorgetragen.  Abdruck  aus  der  Deutschen  Bau¬ 
zeitung.  Berlin  1890.  Commissions -Verlag  von  Ernst  Toeche.  39  S. 
in  8".  Preis  0,50  Jt. 

Gleim,  W.  Das  Recht  der  Eisenbahnen  in  Preufsen.  I.  Band. 


1.  Hälfte.  Die  allgemeinen  Grundlagen  des  preufsischen  Eisenbahn¬ 
rechts.  Berlin  1891.  Franz  Vahlen.  VIII.  u.  137  S.  in  8".  Preis  3  Jt. 

Gliuzer,  Br.  E.  Die  Rauchplage  und  ihre  Abhülfe.  Hamburg 
1890.  Boysen  u.  Maasch.  34  S.  in  8".  Preis  0,b0  Jt. 

Handbuch  der  Architektur,  herausgegeben  von  Durm,  Ende, 
Schmitt  und  Wagner.  III.  Theil.  Die  Hochbauconstructionen. 
4.  Bd.  Anlagen  zur  Versorgung  der  Gebäude  mit  Licht  und  Luft, 
AVärme  und  Wasser.  2.  Auflage.  Von  Geh.  Baurath  Prof.  Dr. 
Schmitt  in  Darmstadt,  Prof.  H.  Fischer  und  Dr.  W.  Kohlrausch  in 
Hannover,  Privatdocent,  Ingenieur  0.  Lueger  in  Stuttgart.  Darm¬ 
stadt  1890.  Arnold  Bergsträsser.  VIII  u.  458  S.  in  gr.  8"  mit  439  Abb. 
im  Text  und  12  Tafeln,  darunter  10  in  Farbendruck.  Preis  22  Jt. 

Goldenzweig,  Fr.  Ueber  den  gegenwärtigen  Stand  der  Elektro¬ 
technik  in  den  Vereinigten  Staaten  von  Nord- America.  Abdruck  aus 
der  Zeitschrift  für  Elektrotechnik  1890.  W^ien  1890.  Selbstverlag  des 
Verfassers.  19.  S.  in  8"  mit  20  Abb. 

Goering,  A.  Die  Bauausführung  der  zweiten  Weichselbrücke 
bei  Dirschau.  Abdruck  aus  dem  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1890. 
Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn.  9  S.  in  gr.  4"  mit  11  Abb.  Preis  2  Jt. 

Hallhauer,  M.  Das  neue  Gesetz  über  die  Invaliditäts-  und 
Altersversicherung.  Eine  Darstellung  in  Gespächsform  für  jedermann. 

2.  Auflage.  Leipzig  1890.  Alb.  Berger  (Serigsche  Buchhandlung). 
66  S.  in  kl.  8".  Preis  0,60  Jt. 

Haupt,  Albr.  Die  Baukunst  der  Renaissance  in  Portugal.  I.  Band. 
Lissabon  und  Umgegend.  Frankfurt  a.  M.  1890.  Heinr.  Keller.  V  u. 
151  S.  in  4"  mit  131  Abb.  Preis  18  .if. 

Hirth,  Georg.  Der  Formenschatz.  München  und  Leipzig. 
G.  Hii'th.  Jahrgang  1890,  Heft  V  bis  XII  und  Jahrgang  1891,  Heft  I, 
Jährlich  12  Hefte  in  gr.  8".  Preis  des  Jahrgangs  15  Jt. 

Hohrecht,  Dr.  James.  Die  modernen  Aufgaben  des  grofs- 
städtischen  Strafsenbaues  mit  Rücksicht  auf  die  Unterbringung  der 
Versorgungsnetze.  Abdruck  aus  dem  Centralblatt  der  Bauverwaltung 
1890.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn.  22  S.  in  8°  und  1  Blatt  Abbil¬ 
dungen.  Preis  1,20  Jt. 

Hiimaun,  Georg.  Der  Westbaii  des  Münsters  in  Essen.  Essen 
1890.  Selbstverlag  des  Verfassers  (Essen,  3.  Hagenstr.  21).  44  S. 

in  4"  mit  24  Abb.  im  Text  und  3  Tafeln.  Preis  4  Jt. 

Jahu,  H.  B.  Karte  des  Nord-Ostsee-Canals.  Dritte  berichtigte 
Auflage.  Kiel  1890.  Ernst  Homaun.  Preis  1,20  Jt. 

Jurisch,  Dr.  Koiirad  Wilhelm.  Die  Verunreinigung  der  Ge¬ 
wässer.  Denkschrift  im  Aufträge  der  Flufscommission  des  Vereins 
zur  Wahrung  der  Interessen  der  chemischen  Industrie  Deutschlands 
bearbeitet.  Berlin  1890.  R.  Gaertner  (Hermann  Heyfelder).  117  S. 
in  8"  mit  Abb.  im  Text.  Preis  10  Jt. 

König,  Andreas.  Entwürfe  zu  ländlichen  Wohngebäuden. 
III.  Auflage.  Neubearbeitet  von  Paul  Gründling.  Weimar  1890. 
Beruh.  Friedr.  Voigt.  XII  und  213  S.  in  8“  nebst  einem  Atlas  mit 
12  Foliotafelu.  Preis  7,50  Jt. 

Krameyer,  C.  Die  Bekämpfung  der  Schadenfeuer.  Berlin  1891. 
Julius  Springer.  83  S.  in  kl.  8".  Preis  1  Jt. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CWillielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Ecdaction  des  niehtamtliclien  Tlieiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


505 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  6.  December  1890.  Nr.  49. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7 Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,7.7  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,7.7  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Naclnicliteu.  —  Niehtamtliches :  Altes  und  Neues 
über  die  Porta  nigra  in  Trier.  —  Erriebtung  eines  Kaiser  Wilhelm-Denkmals  für  die 
Kbeinprovinz.  —  Robriiostanlago  auf  dem  Centralgüterbalinhofe  in  Stettin.  —  Tarif- 
bildung-  der  Eisenbahner.  —  Schlackenconient.  —  Vermischtes:  Schinkelfest- 

Preisaufgabe  des  Arcliitekten- Vereins  in  Berlin  für  1892.  —  Preisbewerbung  zur  Ge¬ 
winnung  von  Entwürfen  für  den  Um-  oder  Neubau  des  Hürgcrvereins-IIauses  in 
Frankfurt  a.  M.  —  Amtsgerichts -Gefäugnifs  in  Marienbnrg  W./Pr.  —  Koyls  parabel- 
förraige  Eisenbalinwagendecke.  —  Ausiegerbrückeu  in  Indien.  —  Baurath  Karl  Knoll  f. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufseu. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Ge¬ 
heimen  Ober- Baurath  und  vertragenden  Eath  im  Ministerium  der 
öffentlichen  Arbeiten  Johann  Wilhelm  Schwedler  aus  Anlafs  seines 
Eintritts  in  den  Euhestand,  ferner  dem  Geheimen  Ober- Baurath  und 
vertragenden  Eath  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten  Baensch 
sowie  dem  Präsidenten  der  Königlichen  Eisenbahn-Direction  in  Berlin 
W ex  den  Charakter  als  Wirklicher  Geheimer  Ober-Baurath  mit  dem 
Eange  eines  Eathes  erster  Klasse  zu  verleihen. 

Der  bei  der  Canalisirung  der  Unterspree  beschäftigte  bisherige 
Eegierungs-Baumeister  Wilhelm  Muttray  in  Charlottenburg  ist  zum 
Königlichen  Wasser-Bauinspector  ernannt  worden. 

Zu  Königlichen  Eegierungs- Baumeistern  sind  ernannt:  die  Ee- 
gierungs- Bauführer  Karl  liiert  aus  Cassel  und  Karl  Teichen  aus 
Stralsund  (Hochbaufach). 


bei  der  Prüfungs-Com¬ 
mission  in  Berlin. 


Die  Lamlmesser-Priifnug  in  Preufsen  haben  im  Frühjahr  1890 
bestanden  : 

1.  Albath,  Arno,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 

2.  Berendonck,  Hermann,  b.  d.  Prüf.-Commission  in  Poppelsdorf. 

3.  Busch,  Johannes  1  i  i  t-.  ../•  •  • 

4.  Gelhaar,  Hans  Friedrich  Wilhelm 

5.  Gctzuhn,  Gustav  I 

6.  Gramm,  Karl  Otto,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 

7.  Grunau,  Friedrich  Wilhelm  Gustav  1  .  •  i  -r  n 

o  tt  •  TT  l  der  JrruiuDffs  -  OoiH" 

o.  Meinen,  Hermann  )  ...  ,. 

1  T-  1  rt  j.  Aj  TP  All  X  mission  m  Berlin, 

y.  Heiicke,  Karl  Gustav  Adolf  Albert  1 

10.  Hefselbein,  Heinrich,  bei  der  Prüf.-Commission  in  Poppelsdorf. 

11.  Hoffmann,  Georg 

12.  Hoffmann,  Hugo 

13.  Hoffmann,  Walter  Friedrich  Theodor 

14.  Jaekel,  Johannes 

15.  Kahl,  Ernst 

16.  Kahmann,  Gustav 

17.  Kleemann,  Wilhelm 

18.  Krause,  Ernst  Johannes,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Pop¬ 
pelsdorf. 

19.  Kummer,  Gustav  Adolf  I 

20.  Löhr,  Friedrich  Wilhelm  Karl  |  bei  der  Prüfungs-Commission 

21.  Möller,  Johannes  Hans  Friedrich  f  in  Berlin. 

22.  Möring,  Andreas  ’ 

23.  Mühlbach,  August,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Poppelsdorf. 

24.  Müller,  Erich,  bei  der  Prüfungs-Commission  in  Berlin. 

25.  Müller,  Friedrich  Wilhelm,  bei  der  Prüfungs- Commission  in 
Poppelsdorf. 

26.  Genicke,  Emil  Gustav  Oskar,  b.  d.  Prüf.-Commission  in  Berlin. 

27.  Peters,  Christian  Friedrich  Karl  \  bei  der  Prüfungs-Commission 

28.  Piro,  Ludwig  Aloys  /  in  Poppelsdorf. 

29.  Prause,  Max  \  i,  •  i  ■•i-  •  •  •  t>  t 

30.  Koos,  Clemens  Otto  I  Prufungs-Commission  m  Berlin. 


31.  Sahm,  Franz  1  ,  •  ,  -r  ■  ■ 

32.  Schüttlöffel,  Gustav  /  bei  der  Prüfung, s-Commission  in  Berlin. 

33.  Stephan,  Christoph  \  bei  der  Prüfungs-Commission  in 


34.  Stiefelhagen,  Joseph  Hubert  1 

35.  Tehnzen,  Hermann 

36.  T  scheu  sehn  er,  Hugo  Alexander 

37.  Vater,  Hermann  Gotthold  Eduard 

38.  Wegner,  Karl  Friedrich  Wilhelm 

39.  Windolph,  Otto 

40.  Wolff,  Alexander  Paul 


l^oppelsdorf. 


bei  der  Prüfungs-Commission 
in  Berlin. 


Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  eine  bei 
dem  maschinentechnischen  Bureau  der  Generaldirection  der  Staats¬ 
eisenbahnen  erledigte  Abtheilungsingenieurstelle  dem  Maschinen¬ 
ingenieur  Zutt  in  Karlsruhe  zu  übertragen. 

Dem  Baumeister  Albert  Eeichert  aus  Cannstatt  ist  der  Titel 
Eegierungs-Baumeister  verliehen  worden. 

Der  Baurath  Knoll,  Mitglied  der  Generaldirection  der  Staats¬ 
eisenbahnen,  Inhaber  des  Kitterkreuzes  I.  Klasse  des  Friedrichs¬ 
ordens,  des  Kitterkreuzes  I.  Klasse  mit  Eichenlaub  des  Ordens  vom 
Zähringer  Löwen  und  des  preufsischen  Kronenordens  III.  Klasse  ist 
gestorben. 

Baden. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grofsherzog  haben  Sich  Gnädigst 
bewogen  gefunden,  dem  Grofsherzoglich  Hessischen  Ober -Baurath 
Arthur  Wetz  das  Kitterkreuz  I.  Klasse  und  dem  Kreisbauinspector 
Baurath  Schmidt  in  Saarunion  das  Eitterkreuz  II.  Klasse  mit  Eichen¬ 
laub  Höchstihres  Ordens  vom  Zähringer  Löwen  zu  verleihen,  sowie 
den  Centralinspector  bei  der  Oberdirection  des  Wasser-  und  Strafsen- 
baues,  Bezirksingenieur  Karl  Kupferschmid,  zum  Vorstand  der 
Eheinbauinspection  Offenburg  zu  ernennen. 


Hessen. 

Dem  Vortragenden  Käthe  im  Ministerium  der  Finanzen,  Abthei¬ 
lung  für  Bauwesen,  Ober-Baurath  Victor  v.  Weltzieii,  ist  jdie  Krone 
zum  Eitterkreuze  I,  Kl.  des  Verdienstordens  Philipps  des  Grofs- 
müthigen  verliehen. 

Ernannt  sind:  der  Kreisbauassessor  Eeinhardt  Klingelhöffer 
zum  Vorstand  des  bautechnischen  Bureaus  bei  der  Abtheilung  für 
Bauwesen  Grofsh.  Ministeriums  der  Finanzen  mit  dem  Amtstitel 
Kreisbaumeister,  der  Kreisbauassessor  Gustav  Eeuting  zum  Kreis¬ 
baumeister  des  Kreisbauamts  Giefsen  und  der  Baumeister  Heinrich 
Diehm  zum  Kreisbauassessor. 

Der  Grofsh.  Eisenbahn -Baumeister  Stahl  wurde  zum  Vorstand 
der  Baubehörde  für  Nebenbahnen  in  Starkenburg  mit  dem  Sitze  in 
Darmstadt  bestellt. 

Der  Kreisbaumeister  des  Kreisbauamts  Giefsen,  Baurath  Ludwig 
Walter,  ist  auf  sein  Nachsuchen  in  den  Euhestand  getreten. 


[Alle  Eechte  vorlbehalten.] 


Nichtamtlicher  Theil. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Altes  und  Neues  über  die  Porta  nigra  in  Trier. 

Von  Baurath  Brauweiler  in  Trier. 


AVenn  ich  es  wage,  die  grofse  Zahl  derjenigen,  welche  über  die 
Porta  nigra  geschrieben  haben,  noch  zu  vermehren,  so  geschieht  dies 
in  dem  Vertrauen,  gestützt  auf  langjährige  Beobachtung  des  meiner 
•Obhut  anvertrauten  Denkmals  und  unter  Benutzung  verschiedener 


für  die  Forschung  noch  nicht  verwertheter  Untersuchungen,  einige 
neue  Aufklärungen  bieten  zu  können. 

Schriftliche  Nachweisungen  über  die  Porta  nigra  aus  dem  ersten 
Jahrtausend  sind  nicht  bekannt.  Das  Gebäude  tritt,  dem  Geist  der 


506 


0.  Deceiiiber  1890, 


Centralblatt  der  Bauverwaltung'. 


damaligen  Zeit  entsprechend,  erst  dann  wieder  in  den  Brennpunkt 
des  Interesses,  als  nach  dem  im  Jahre  1035  erfolgten  Tode  des 
morgenländischen  Mönches  Simeon,  welcher  in  dem  westlichen  Thurm 
71/2  Jahre  als  Einsiedler  gelebt  hatte,  dessen  letzter  Aufenthaltsort 
zur  Simeonskirche  wurde.  Eine  Urkunde  des  Stifters,  des  Erz¬ 
bischofs  Poppo ,  aus  dem  Jahre  1042  sagt,  dafs  in  der  ^porta  que 
opvd  (jeniUes  Marü  consecrata  memoratur'-^  eine  Kirche  errichtet 
worden  sei.  Die  Echtheit  dieser  Urkunde  wird  allerdings  ange- 
zweifelt,  weil  die  Schriftzüge  das  13.  Jahrhundert  verratheu  sollen. 
In  einer  unbezweifelten  Ui  künde  von  1048  erwähnt  auch  Erzbischof 
Eberhard  die  Thorkirche  als  ehemaliges  Marsthor  ^.antiqvitus  porta 
mariis'^.  Selbst  der  Name  Porta  nigra,  und  zwar  mit  dem  Zusatz 
„in  tni-ri,  qne  aniea  porta  vipra  vocabafn?-“,  kommt  schon  in  der 
vita  St.  Simeouis  von  Abbas  Eberwinus  aus  dem  11.  Jahrhundert  vor. 
Hontheim  bezeichnet  in  seiner  Historia  diplomatica  Baud  I  S.  379  Col.  1 
als  Anmerkun  g  zu  der  erstgenannten  PTikunde  das  Gebäude  als 
portam  iam  ante  Fopponis  tempora  in  temptum  St.  Michael is 
conversam.  Es  scheint  also,  dafs  das  Thor  schon  gegen  Ende  des 
1.  Jahrtausends  zu  kirchlichen  Zwecken  benutzt  worden  ist.  Die 
Zurückziehung  des  heiligen  Simeon  in  einen  Theil  dieses  Gebäudes 
wird  dadurch  auch  erklärlicher.  Nähere  Nachrichten  über  diese 
frühere  Kirche  habe  ich  nicht  tinden  können. 

Da  das  mit  Ausnahme  der  Thore  und  kleiner  seitlicher  Eingänge 
nicht  durchbrochene  untere  Geschofs  des  Gebäudes  zu  kirchlichen 
Zwecken  nicht  verwendbar  war,  so  wurden  die  der  Stadt  abgekehrteii 
Thore  zugemauert  und  der  ganze  Bau  bis  zum  ersten  Stock  mit 
Erde  zngeschüttet.  In  den  oberen  Geschossen  wurden  zwei  Kirchen 
übereinander  errichtet,  von  denen  die  untere  Pfarr-,  die  obere  Stifts¬ 
kirche  war.  Eine  Inschrift  im  Innern  des  östlichen  Thurmes  sagt: 
Leo  IX  Font  Max.  in  inferiori  hac  Busilica  Jlonori  St.  Smeonis  altare 
dedicat  1049.  Wenn  auch  diese  Inschrift  der  Sjmtrenaissance-Zeit 
angehört,  so  beruht  sie  doch  auf  kirchlichen  Ueberlieferungen.  Man 
darf  also  annehmen,  dafs  die  Doppelkirche  schon  gleich  bei  der 
Stiftung  eingerichtet  wurde.  Nach  der  Aufsenseite  war  durch  Her¬ 
stellung  von  Futtermauern  eine  Plattform  in  Höhe  des  unteren 
Kirchenbodens  gebildet  worden.  Zu  diesem  führte  von  der  Stadtseite 
eine  mächtige  Freitreppe  in  der  dortigen  Rampe.  Den  Zugang  zu 
der  oberen  Kirche  bildete  eine  äufsere  Treppenanlage,  welche  von 
der  Plattform  nach  Westen  zu  aufstieg.  Eine  eingehende  Geschichte 
der  Simeonskirche  liegt  aufserhalb  des  Rahmens  der  vorliegenden 
Arbeit. 

Ein  Kupferstich  von  Kaspar  Merian  aus  dem  Jahre  1616  giebt 
eine  Abbildung  der  ganzen  Anlage  in  der  damaligen  Zeit  von  der 
Stadtseite  aus.  Interessant  ist  das  Vorhandensein  eines  Giebel¬ 
feldes  auf  der  Südseite  des  westlichen  Thurmes,  welches  ganz  in 
römischer  Art  hergestellt  ist.  Vor  der  stadtseitigen  Freitreppe  ist 
auf  dem  Merianschen  Stich  ein  dreithoriger  Triumphbogen  sichtbar. 
Der  Binnenhof  der  Porta  nigra  war  zum  Mittelschitf  der  beiden 
Kirchen  ausgebaut,  während  die  Vertheidigungsgänge  nach  aufsen  und 
innen  als  Seitenschiffe  zu  betrachten  sind.  Das  basilikenartig  höher- 
getührte  Mittelschiff  ragt  auf  dem  Bilde  so  hoch  über  das  alte  Mauer¬ 
werk  des  eigentlichen  Thorbaues  hervor,  dafs  das  Abschlufsgesims 
mit  dem  des  westlichen  Thurmbaues  zusammenfällt.  Der  noch  er¬ 
haltene  Ostchor  in  spätromanischem  Charakter  scheint  gegen  Ende 
des  12.  Jahrhunderts  angefügt  worden  zu  sein.  Die  ganze  Anlage 
mufs  einen,  wenn  auch  wunderlichen,  doch  zweifellos  gewaltigen 
Eindruck  gemacht  haben.  Eine  auf  der  Trierischen  städtischen 
Bibliothek  befindliche,  schülerhaft  ausgeführte  Zeichnung  in  Wasser¬ 
farbe  von  Lothary  aus  dem  Jahre  1795  zeigt  noch  ein  ähnliches 
Bild.  Der  romanische  Helm  des  Merianschen  Stiches  hat  sich  in 
eine  welsche  Haube  verwandelt,  welche  übrigens  schon  bei  Broverus 
(I.  Ausgabe  1629)  erwähnt  wird.  Das  bei  Merian  sichtbare  Giebel¬ 
feld  ist  verschwunden.  Auch  von  dem  Triumphbogen  ist  nichts 
mehr  zu  sehen.  Die  Zeichnung  zeigt  deutlich,  dafs  die  Kirche  sich 
in  einem  trostlosen  baulichen  Zustande  befand,  nachdem  die  franzö¬ 
sischen  Eroberer  die  Metallbedachung  abgenommen  hatten.  Napoleon 
gab  Auftrag,  die  späteren  Aufbauten  zu  beseitigen  und  die  um¬ 
geschüttete  Erde  zu  entfernen.  Diese  Arbeiten  wurden  auch  be¬ 
gonnen,  aber  erst  durch  die  preufsische  Regierung  in  den  Jahren 
1815 — 1817  soweit  zu  Ende  geführt,  dafs  das  Gebäude  bis  zur  da¬ 
maligen  Strafsensohle  freilag. 

Im  Jahre  1876  wurde  das  Thor  auf  Anregung  der  Königlichen 
Regierung  in  Trier  bis  auf  den  römischen  Boden  ausgegraben.  Dem 
Bericht  des  die  Oberleitung  führenden  Regierungs-  und  Bauraths 
Seyffarth  in  dem  „Jahresbericht  der  Gesellschaft  für  nützliche 
Forschungen  zu  Trier“  von  1874—1877  Seite  91  ff.  sind  die  nach¬ 
folgenden  Stellen  und  die  Abbildungen  1 — 3  entnommen: 

„Bei  der  im  Jahre  1876  stattgefundenen  vollständigen  Freilegung 
des  Bauwerks  durch  Ausschachtung  des  dasselbe  umgebenden  Ter¬ 
rains  wurde  innerhalb  des  Thors  und  stadtseitig  desselben  in  der 
Höhe  des  obersten  Mauerabsatzes,  auf  w’elchem  der  Sockel  des  Unter¬ 


Abb.  1.  Fundament 
des  Römerthores. 


baues  aufgesetzt  war,  noch  eine  aus  reinem  Moselkies  construirte 
Römerstrafse  von  etwa  0,5  m  Stärke  vorgefunden,  diese  Strafse  aber 
nur  an  einer  Stelle  aufserhalb  des  Thores  in  etwa  25  m  Entfernung 
vom  Gebäude  wieder  aufgefunden,  und  scheint  dieselbe  hier  in  der 
unmittelbaren  Nähe  des  Gebäudes  in  einer  späteren  Zeit  zerstört 
worden  zu  sein.  Mit  dem  vorbezeichneten  Fundamentmauerabsatz 
und  mit  der  alten  Römerstrafse  in  gleicher  Höhe  waren  in  den 
Oeffnungen  der  beiden  äufseren  Thore  mit  den  äufseren  Mauerflächen 
bündig  grofse  Quader  von  1,80  m  Länge,  0,65  m  Höhe  und  Breite 
als  Schwellen  eingelegt,  welche  dazu  dienten,  bei  herabgelassenen 
Fallgattern  eine  Unterminirung  derselben  durch  den  Feind  zu  ver¬ 
hindern.  Stadtseitig  wurde  0,60  m  über  der  alten  Römerstrafse  eine 
wahrscheinlich  aus  der  fränkischen  Zeit  her¬ 
rührende,  aus  grofsen  Kalksteinplatten  gebil¬ 
dete  Strafse  aufgefuuden,  welche  an  der  stadt¬ 
seitigen  Front  des  Römerthores  endigte.  Was 
die  Construction  des  Gebäudes  selbst  anbelangt, 
so  ist  dasselbe  ganz  aus  grofsen  Sandstein- 
quaderu  erbaut,  und  zwar  sind  diese  Quader 
ohne  jeglichen  Mörtel  stumpf  auf  einander  ver¬ 
setzt  worden.  Zur  Bildung  der  sehr  engen 
letziqeSLrassenhdhe  Und  schai’fen  Fugen  sind  die  Lagerflächen  der 
"  Steine  sehr  exact  bearbeitet  und  vor  dem  Ver¬ 
setzen  abgeschlifl'en  worden,  die  Seitenflächen 
sind  zur  Erzielung  einer  engen  und  scharfen 
Stofsfuge  jedoch  nur  an  den  äufseren  Kanten 
etwa  0,15  m  breit  wie  die  Lagerflächen  bear¬ 
beitet,  der  innere  Theil  aber  tiefer  nur  im 
rohen  ausgearbeitet,  und  die  einzelnen  Quader 
unter  sich  durch  eiserne  Klammern  verbunden 
worden. 

„Zu  beiden  Seiten  des  Thores  haben  sich 
bei  der  Freilegung  ferner  die  noch  aus  der 
Römerzeit  herrührenden  Stadtmauern  in  ihren 
Substructionen  aufgefunden.  Diese  Mauern 
waren  ganz  aus  Kalksteinen  erbaut  und  in 
den  Aufsenflächen  mit  kleinen  zugerichteten 

Kalksteinen  von  0,16  bis  0,20  m  Länge  und  0,13  bis  0,15  m  Höhe 

verblendet  und  greifen  mit  ihrem  Mauerwerk  in  die  an  den 

beiden  Seiten  der  Hauptgebäudetheile  durch  Vortreten  der  Quader¬ 
steine  gebildete  Verzahnung  ein.  Die  Stadtmauer  besafs  eine  Stärke 
von  2,9  m  und  wahrscheinlich  eine  Höhe  von  5,65  m,  w'eil  in  dieser 
Höhe  die  Schwellen  der  ins  erste  Stockwerk  führenden  Thüren  zum 
Römerthor  belegen  sind,  die  jedenfalls  gleich¬ 
zeitig  den  Zugang  zum  Wallgang  bildeten.“ 

Ueber  die  Bestimmung  der  Porta  nigra 

herrscht  fast  bei  allen  neueren  Schriftstellern 
die  übereinstimmende  Ansicht,  dafs  sie  ein 
Stadtthor  mit  Vorhof  (propugnaculum)  gewesen 
sei.  Die  Porta  nigra  stand  in  unmittelbarem 
Zusammenhänge  mit  der  Stadtmauer  und  ent¬ 
hielt  aufser  den  Vertheidigungsgängen  grofse 
Räume  zur  Unterbringung  der  Besatzung  und 
des  Kriegsmaterials.  Sehr  interessant  bezüglich 
der  militär- technischen  Bedeutung  des  Bau¬ 
werkes  sind  die  Ausführungen  des  Generals 
Krieg  von  Hochfelden  in  seiner  Geschichte  der 
Militärarchitektur  in  Deutschland  1859  S.  34—44. 
Der  Verfasser  ist  der  erste,  welcher  diese  Seite  eingehend  beleuch¬ 
tet.  Er  betont  namentlich  die  bedeutenden  Fortschritte  in  der  An¬ 
lage  gegenüber  ähnlichen  Bauten  der  früheren  römischen  Kaiserzeit 
und  erkennt  sowohl  in  der  Ornamentik  als  auch  in  der  ganzen 
militärischen  Anordnung  zweifellos  die  spätrömische  Art. 

Diese  Angabe  führt  uns  zu  der  schwierigen  Frage  nach  der 
Entstehungszeit  des  Gebäudes.  Die  Ansichten  gehen  hier  sehr  weit 
auseinander.  Ueberraschender  Weise  hat  die  Sage  sich  mit  diesem 
mächtigen,  durch  Form  und  Farbe  wie  für  einen  Sagenhort  ge- 
schafPenen  Bau  nur  wenig  beschäftigt.  Es  klingen  allerdings  einzelne 
sagenhafte  Züge  aus  den  Ueberlieferungen  der  Chronisten:  von  ur¬ 
alter  Gründung,  von  der  Erbauung  durch  den  Teufel,  von  einem 
Tempel,  worin  die  Sonne  und  der  Mond  verehrt  worden;  aber  keiner 
dieser  Klänge  hat  sich  im  Volke  bis  heute  fortgepflanzt.  Es  scheint, 
dafs  die  vielen  gelehrten  Forschungen  die  feinen  Fäden  der  Sage 
erbarmungslos  zerrissen  haben.  Immer  noch  sagenhaft  klingt  Qued- 
nows  Ansicht,  dafs  der  Bau  griechischen  Ursprungs  sei,  und  die 
von  verschiedenen  Schriftstellern  (ursprünglich  auch  von  Wytten- 
bach)  aufgestellte  Behauptung  einer  etrurischen  Gründung.  Von  den 
ernst  zu  nehmenden  Angaben  mögen  hier  einige  aufgeführt  werden. 
Für  das  erste  Jahrhundert  entscheiden  sich  Hübner  und  Essenwein. 
Hetzroth,  Wyttenbach  (nach  Verlassung  seiner  ursprünglichen  An¬ 
sicht)  und  Hirt  schreiben  sie  dem  Constantin,  v.  Wilmowsky  dem 


Abb.  2. 
Durchschnitt. 


Abb.  3. 
Grundrifs. 


Kr.  49. 


Oentralblatt  der  Bauver waitung. 


507 


Gratian  zu;  Schmidt  hält  sie  für  das  späteste  Denkmal  der  Eömer- 
herrschaft  in  Belgien,  Kugler  nennt  sie  fränkisch,  Mothes  genauer 
merowingisch.  Es  wird  also,  abgesehen  von  den  sagenhaften  An¬ 
gaben,  eine  Zeit  zwischen  der  Mitte  des  ersten  und  des  achten  Jahr¬ 
hunderts  für  die  Gründung  in  Anspruch  genommen. 

Vielfach  sind  politische  und  sociale  Gründe  aufgeführt  worden,  um 
eine  sehr  frühe  und  eine  sehr  späte  Zeitstellung  zu  bekämpfen.  Trier  sei 
einerseits  in  der  ersten  Zeit  seiner  Erhebung  zur  römischen  Colonie 
(unter  Claudius)  noch  eine  viel  zu  unbedeutende  Stadt  gewesen,  ander¬ 
seits  nach  dem  Verlust  seiner  Würde  als  Residenz  im  Jahre  402  und 
dem  Eindringen  der  Germanen  sowie  den  vielfachen  Zerstörungen  im 

5.  Jahrhundert  wieder  zu  be¬ 
deutungslos  geworden,  um 
eine  so  grofsartige  Anlage  mit 
der  sorgfältigsten  technischen 
Ausführung  in  seinen  Mauern 
zu  bergen.  Diese  Einwen¬ 
dungen  sind  keineswegs  zu 
unterschätzen. 

Der  Umstand ,  dafs  die 
Porta  nigra  nicht  ganz  fertig 
geworden  ist,  wird  von  ver¬ 
schiedenen  Forschern  als  Be¬ 
weis  angeführt,  dafs  ihre  Ent¬ 
stehung  in  die  Zeit  kurz  vor 
dem  Zusammenbruch  der  römi¬ 
schen  Herrschaft  zu  setzen  sei. 
Dieser  Beweis  hat  für  den 
ersten  Augenblick  eine  gewisse 
überzeugende  Kraft,  verliert 
aber  bei  näherer  Erwägung 
jede  Bedeutung.  Angenommen, 


Abb.  4.  Bogenstellung  am  obersten 
Thurmgeschofs. 


Abb.  5.  Bogenstellung  des.  1.  und 
2.  Stockwerks. 

die  Porta  nigra  sei  von  einem  Kaiser  kurz  vor  Constantin  erbaut.  Wir 
sind  heute  noch  in  der  Lage,  zu  behaupten,  dafs  der  Bau  auch  ohne 
die  letzte  Ueberarbeitung  einen  grofsartigen  und  befriedigenden 
Eindruck  gemacht  haben  mufs.  Warum  sollte  nun  Constantin  sich 
veranlafst  gesehen  haben,  die  letzte  Hand  an  das  Werk  eines  Vor¬ 
gängers  zu  legen?  Man  ist  vielfach  zu  geneigt,  „die  Römer“  in  einer 
solidarischen  Zusammengehörigkeit  zu  betrachten.  Bei  den  damaligen 
Kaisern  waren  es  oft  eher  Gefühle  des  Neides  und  der  Feindschaft, 
als  Empfindungen  des  Wohlwollens,  welche  der  Nachfolger  seinem 
Vorgänger  gegenüber  hegte.  Dazu  kam  wie  gesagt,  dafs  ein 
ästhetischer  Zwang  nicht  voiiag.  Hat  doch  die  Porta  nigra  auch 
unter  den  fränkischen  Königen  Zeiträume  hohen  Glanzes  gesehen,  ohne 
dafs  einer  von  ihnen  das  Bedürfnifs  empfunden  hätte,  Nacharbeiten 
vornehmen  zu  lassen. 

Zu  der  Verwirrung  in  der  Zeitbestimmung  haben  vor  allem  die 
Einzelformen  der  Porta  nigra  Veranlassung  gegeben.  In  dieser  Be¬ 
ziehung  haben  sich  besonders  Kugler  (Kunstgeschichte  und  kleine 
Schriften  II  S.  103 — 113)  und  mit  ihm  Burckhardt  (Anmerkung  zu 
Kuglers  Kunstgeschichte  II.  Auflage  1848)  täuschen  lassen.  Kugler 


Abb.  6.  Halbsäule  am 
Untergeschofs. 


fühlt  den  mächtigen  römischen  Geist  des  Bauwerks  sehr  sicher,  wird 
aber  durch  die  Einzelformen  von  einem  Zugeständnifs  des  römischen 
Ursprungs  zurückgeschreckt.  „Die  barbarisirten  Einzelheiten  lassen 
mit  ziemlicher  Gewifsheit  schliefsen,  dafs  der  Bau  in  die  erste  Zeit 
der  fränkischen  Periode  gehört.“  Er  stützt  seine  Kritik  zum  Theil 
auf  die  Capitellformen  der  oberen  Geschosse.  Die  Ausladung  sei 
stark  und  unschön;  an  der  Westseite  des  Doms,  wo  die  Capitell¬ 
formen  der  Porta  nigra  jedenfalls  zum  Vorbild  gedient 
hätten,  zeige  die  flachere  Ausladung  schon  mehr  künstlerisches 
System.“  Es  überrascht,  dafs  so  bedeutende  Kenner  sich  durch  die 
Gesamtwirkung  der  Einzelheiten  in-  ihrem  Urtheil  bestimmen 
liefsen. 


Jedem,  der  die  Porta  nigra  aufmeiksam  betrachtet,  mufs  als¬ 
bald  der  Unterschied  zwischen  den  Formen  des  Erdgeschosses  und 
der  oberen  Stockwerke  auffallen;  der  eingehend  beobachtende 
Fachmann  wird  indessen  mit  Sicherheit  drei  verschiedene 
Formenbildungen  entdecken:  im  Untergeschofs,  in  den  zwei 
oberen  Geschossen  und  im  Thurmgeschofs.  Wie  die  Abbildungen 
zeigen,  hat  das  Untergeschofs  schlichte  römisch  -  dorische  For¬ 
men.  Die  einzelnen  Quader  sind  zum  Theil  sehr  wenig  bear¬ 
beitet  und  zeigen  formlose  Ansätze,  bei  denen  kein  Zweifel  über  die 
Absicht  einer  späteren  Bearbeitung  möglich  ist.  Die  Capitelle  der 
oberen  Geschosse  haben  eine  ganz  ausgesprochen  romanisirende 
Form;  die  rohen  Ansätze  an  den  Werkstücken  sind  verschwunden. 
Das  Wesen  der  Einrahmungen  für  die  Oeffntingen  ist  in  den  drei 
unteren  Geschossen  gleich;  der  Rahmen  einschliefslich  der  Brüstung 
tritt  ganz  selbständig  und  ohne  Anschlufs  an  die  Halbsäulen  auf. 
Der  schliefsende  Bogen  ist  aus  dem  Kreis  gebildet,  und  der  Schlufs- 
stein  zeichnet  sich  mafsvoll  herrschend  aus.  Ganz  anders  ist  die 
Bildung  im  Thurmgeschofs.  Sämtliche  wagerechten  Gliederungen 
der  Fensterumrahmungen  laufen  sich  gegen  die  Halbsäulen  todt,  die 
Wölbsteine,  besonders  auch  die  Schlufssteine,  zeigen  ein  ganz  anderes 
Verhältnifs.  Ein  schliefsender  Bogen  ist  nicht  mehr  vorhanden, 
die  Steine  bilden  vielmehr  in  ihrer  rohen  Zusammenstellung  den 
Abschnitt  eines  gedrückten  Vielecks. 

Was  bedeuten  nun  diese  Verschiedenheiten?  Die  Porta  nigra 
wurde  im  Anfang  des  elften  Jahrhunderts  bis  zum  ersten  Stock  ver¬ 
schüttet.  Das  untere  Geschofs  wurde  in  unverändei'ter  Form  der 

_  _  _  Erde  anvertraut.  —  Die  frommen  Gemüther 

verletzte  die  heidnische  Form  an  dem  zur 
Kirche  eines  Lieblingsheiligen  umgeschaffenen 
oberen  Theile,  und  man  begann,  was  ja  auch 
nahe  lag,  die  Aufsenflächen  zu  überar¬ 
beiten  und  den  Capitellen  eine  dem  Geist 
der  Zeit  entsprechende  Form  zu  geben. 
Der  Beweis  dafür  ist  leicht  zu  erbringen.  Bei 
der  Anarbeitung  des  nach  der  damaligen  Kunst¬ 
anschauung  fast  unerläfslichen  Rundstabes 
fehlte  es  an  Stoff  in  der  Ausladung,  und  man 
war  gezwungen,  in  den  Schaft  der  Säule  einzu¬ 
schneiden.  Der  Rundstab  wurde  an  der  Stelle 
■ausgemeifselt,  wo  der  cylindrische  Hals  des 
römischen  Capitells  unten  endigte.  Der  Echinus 
wurde  dabei  vergröfsert,  und  hierdurch  beson¬ 
ders  ergab  sich  der  scharf  ausgeprägte  roma¬ 
nische  Charakter  der  neuen  Form.  In  Abbildung  7 
zeigt  die  Strichelung  den  abgemeifselten  Theil 
des  Capitells,  und  es  ist  leicht  zu  ersehen,  wie 
hierdurch  die  wunderliche  Einziehung  am  oberen 
Theil  der  Säule  entstand.  An  verschiedenen 
Capitellen  ist  die  Linie  a  6,  wo  die  christliche  Nacharbeit  nach 
unten  hin  begann,  noch  deutlich  erkennbar. 

Mehrere  Schriftsteller,  so  namentlich  auch  Kugler,  -weisen  auf 
die  Aehnlichkeit  dieser  Capitelle  mit  denen  an  der  Westseite  des 
Domes  hin.  Diese  Aehnlichkeit,  welche  zum  Theil  mit  Veranlassung 
zu  der  chronologischen  Verwirrung  gegeben  hat,  kann  jetzt  nicht 
mehr  auffallen,  da  die  Entstehungszeit  beider  Capitellformen  als 
nicht  soweit  auseinanderliegend  nachgewiesen  ist.  Der  Ausbau  des 
westlichen  Domabschlusses  wurde  von  Erzbischof  Poppo,  dem  Stifter 
der  Simeonskirche,  begonnen,  von  Eribert  und  Udo  fortgeführt  und 
von  Bruno  (f  1124)  beendigt.  Ueberraschend  ist  die  Beobachtung, 
dafs  an  den  Capitellen  der  Westapsis  des  Domes  nicht  blofs  die 
allgemeine  Form  mit  denen  an  den  oberen  Geschossen  der  Porta 
nigra  nahe  übereinstimmt,  sondern  dafs  sogar  die  oben  durch  Mangel 
an  Stoff  erklärte  Einziehung  des  Schaftes  unter  dem  Rundstab  sich, 
wenn  auch  in  geringem  Mafse,  vorfindet,  eine  Form,  welche  die 
Domwerkmeister  mehr  als  gewissenhafte  Nachahmer  denn  als  selb¬ 
ständig  empfindende  Künstler  erscheinen  läfst. 

(Schlufs  folgt.) 


^  1 

l 1 

Abb.  7.  Capitell 
des  1.  Stockes. 


Abb.  8.  Capitell 
des  Untergeschosses. 


508 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


6.  Deceiiiber  1890. 


Zur  EiTiclitimg  eines  Kaiser  Wilhelm -Deiikiiuils  für  die  Klieinprovinz. 


Der  rheinische  Provincial-Landtag  tritt  in  diesen  Tagen  zusammen, 
lim  neben  anderen  Arbeiten  auch  die  Frage  der  Erriclitiing  eines 
rheinischen  Provincial-Denkmals  für  Kaiser  Wilhelm  I.  zu  entscheiden. 
Xachdem  der  Wettbewerb  für  dieses  Denkmal  in  der  in  Nr.  21  n.  f. 
des  laufenden  Jahrgangs  dieses  Blattes  besprochenen  Weise  seinen 
Abschliifs  gefunden  hat,  ist  von  den  als  Sieger  mit  dem  1.  Preise 
gekrönten  Architekten  Jacobs  ii.  Webling  in  Düsseldorf  eine  Um¬ 
arbeitung  ihres  Entwurfs  vorgenominen  und  der  Provincialbehörde 
unterbreitet  worden.  Die  Form  dieser  Umarbeitung  ist  leider  noch 
nicht  bekannt  geworden.  Dem  Vernehmen  nach  haben  auch  andere 
hervorragende  Theilnehmer  am  Wettbewerbe  neue  Entwürfe  gefertigt. 

In  der  neuesten  Zeit  ist  von  dem  am  Fufse  des  Siebengebirges 
gelegenen  Städtchen  Königswinter  aus  eine  Druckschrift  mit  bei¬ 
gegebener  Entwurfskizze  für  ein  auf  dem  Ilardtberge  zu  errichten¬ 
des  Kaiserdenkmal  des  Architekten  Prof.  G.  Frentzen  in  Aachen 
verbreitet  worden.  Als  Verfasser  dieser  Schrift  und  des  zugehö¬ 
rigen  Kostenanschlages  bekennt  sich  Herr  Baurath  Maertens  in 
Bonn.  Die  genannten  Künstler  haben  ihre  beiderseitigen  Gedanken 
zu  dem  vorliegenden  Entwürfe  verschmolzen.  Den  Kern  desselben 
bildet  ein  massiger,  auf  ausgedehntem  terrassenförmigen  Festplatze 
zu  errichtender  Triumphbogen,  vor  welchem,  zur  Hälfte  noch  in  der 
Bogenöftniing  stehend,  das  etwa  12,5  m  hohe  Keiterstandbild  des 
Kaisers  seinen  Platz  finden  soll.  Die  Masse  des  Triumphbogens  und 
seine  Umrifslinien  werden  nach  der  Ferne  hin  an  dieser  Stelle  wohl 
landschaftlich  gut  zur  Geltung  kommen,  auch  das  Keiterbild  wird  bei 
günstiger  Beleuchtung  fernhin  sichtbar  sein,  während  cs  bei  un¬ 
günstiger  Beleuchtung  mit  dem  Mauerkörper  des  Triumphbogens 
sich  decken  und  für  das  Auge  des  Beschauers  nach  der  Ferne  hin 
verschwimmen  mufs.  In  der  Nähe  aber  wird  das  Kaiserbild  wegen 
der  übermäfsigen  Abmessungen  in  seiner  Erscheinung  ungeniefsbar 
sein,  und  auch  die  Architektur  des  Triumphbogens  kann  nur  bei 
einer  Betrachtung  von  der  Rückseite  her  zur  vollen  Geltung  kommen. 
Besonderes  Gewicht  ist  in  der  Schrift  auf  den  Festplatz,  welcher 
nach  der  Berechnung  51 600  Menschen  fassen  kann,  und  auf  den 
Kostenpunkt  gelegt.  Die  Kosten  der  ganzen  Anlage  sind  auf 
700  000  Mark  berechnet.  Trotzdem  Herr  Maertens  versichert,  dafs 
seine  diesbezüglichen  Ermittlungen  das  Ergebnifs  monatelangen 


Studiums,  und  dafs  die  Einheitsiireise  für  den  Kostenanschlag  unter 
Zuziehung  hervorragender  Bauunternehmer  festgestellt  seien,  welche 
sich  gern  bereit  finden  lassen  würden,  die  Ausführung  des  Baues 
für  die  Anschlagspreise  zu  übernehmen,  mufs  doch  die  Richtigkeit 
des  Kostenanschlags  angezweifelt  werden.  Denn  abgesehen  von  den 
Einheitspreisen,  deren  Angemessenheit  übrigens  gleichfalls  nicht 
durchweg  anerkannt  werden  kann,  sind  in  der  Berechnung  der 
Massen  so  grofse  Ungenauigkeiten  und  Irrthümer  enthalten,  dafs 
durch  dieselben  die  Endsumme  wesentlich  beeinflufst  werden  mufs. 
Ein  näheres  Eingehen  hierauf  würde  an  dieser  Stelle  zu  weit  führen. 
Es  dürfte  das  mehr  Sache  der  zuständigen  Techniker  der  entschei¬ 
denden  Provincial-Behörde  sein. 

Die  Maertenssche  Denkschrift  gipfelt  in  der  Anpreisung  des 
Frentzen-Maertensschen  Entwurfes,  indem  sie  behauptet,  dafs  dieser 
Entwurf  wohl  ohne  Frage  durch  Schönheit  seiner  Umrifs¬ 
linien  und  Einzelformen  alle  früher  in  Düsseldorf  zum 
Wettstreit  gebrachten  Pläne  bei  weitem  überträfe,  und 
dafs  ein  neuer  Wettstreit  dem  Frentzenschen  Entwürfe 
gegenüber  nichts  besseres  bringen  könne.  Es  wird  dem- 
gemäfs  am  Schlüsse  der  Schrift  empfohlen,  die  Annahme  und  so¬ 
fortige  Ausführung  des  Frentzen-Maertensschen  Entwurfs  zum  Kaiser 
Wilhelm-Denkmal  auf  dem  Hardtberge  zu  beschliefsen. 

In  eine  Kritik  der  Einzelheiten  des  Planes  wie  des  Kosten¬ 
anschlags  und  der  Denkschrift  soll  hier  nicht  eingegangen  werden. 
Es  wird  auch  kaum  nöthig  sein,  den  unbefangenen  Leser,  sei  er 
Techniker  oder  Nichtfachmann,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs 
ein  gröfseres  Lob  sich  wohl  noch  kein  Künstler  in  Deutschland  selbst 
gespendet  und  in  solchem  Tone  sein  Werk  öffentlich  angepriesen 
hat.  Im  Interesse  des  guten  Rufes  unseres  Faches  soll  hier  nur 
gegen  einen  derartigen  Ton  ernstlich  Verwahrung  eingelegt  werden. 
Es  ist  zu  bedauern,  dafs  Künstler  von  dem  Ruf,  wie  die  Genannten 
ihn  besitzen,  sich  auf  einen  derartigen  Irrweg  begeben  haben.  Sie 
versetzen  dadurch  nicht  nur  dem  architektonischen  Wettbewerbs¬ 
wesen,  sondern  auch  ihrem  eigenen  Ruf  einen  jedenfalls  nicht  beab¬ 
sichtigten  Schlag. 

Johannes  Lemcke, 

Reg.-  und  Stadt-Baumeister  in  Bonn. 


Ilohrpostanlage  auf  dem  Ceiitralgüterbalmhofe  in  Stettin. 


Auf  dem  Centralgüterbahnhofe  in  Stettin  mufste  im  Jahre  1886 
das  Telegraphenbureau  aus  dem  Verwaltungsgebäude  hinaus  in  ein 
besonderes  Gebäude  jenseit  einer  Gruppe  von  13  Geleisen  verlegt 
werden.  Im  Verwaltungsgebäude  verblieb  die 
Güterabfertigung,  das  Stationsbureau  und  die 
Materialienverwaltung,  welche  alle  bei  ihrem 
telegraphischen  Verkehr  auf  das  Telegraphen¬ 
bureau  angewiesen  waren.  Es  erwies  sich 
daher  als  noth wendig,  eine  schnellere  Ver¬ 
mittlung  zwischen  beiden  Gebäuden  herzustellen, 
als  solche  durch  Boten  bewirkt  werden  konnte. 

Siationsbureau 


Kasten  zur  Aufbewalirnng  der  Patronen. 


Güter- 

schupper 

Hof 

yj 

j  Vepv/altungs-Geb. 

1 

Hof 

Güterschuppen 

\ 

beiden  Stationen  sind  ganz  gleich  eingerichtet.  Das  sie  verbindende 
Messingluftrohr  i  von  38  mm  innerem  Durchmesser  bei  2  mm  dicken 
Wandungen  ist  quer  durch  die  Geleise  in  80  cm  Tiefe  unter  der 
Erdoberfläche  gelegt  und  an  den  freiliegenden 
Stellen  beim  Austritt  aus  den  Gebäuden  mit 
einem  Holzkasten  umgeben.  Es  hat  in  den 
Krümmungen  einen  kleinsten  Halb¬ 
messer  von  10  m  sowohl  in  senk¬ 
rechter  als  in  wagerechter  Ebene. 
Die  Luft  wird  in  das  Rohr  i  (Abb.  2 
'"'|l  ll/<  und  3)  durch  einen  Blasebalg  a 


13  Geleise 


Abb.  3.  Ansicht. 

d 


Telegraphen-Gebäude  rS  B  I 

A  Diensthabender  Stations-Assistent. 
B  Telegraphen -Zimmer. 

Abb.  1.  Lageplan. 


Abb.  4. 
Querschnitt. 


Abb.  5.  Obere  Ansicht. 
Auffangkasten  h. 


Abb.  2.  Grundrifs. 


Abb.  6.  Querschnitt. 


Abb.  7.  Patrone. 


Hierzu  wurde  die  in  den  vorstehenden  Zeichnungen  dargestellte 
Rohrpostanlage  eingerichtet,  welche  seit  nunmehr  vier  Jahren  in  Be¬ 
trieb  ist  und  sich  bewährt  hat. 

Die  Rohrpostanlage  (Abb.  1)  ist  im  Verwaltungsgebäude  in  einer 
Ecke  des  Stationsbureaus  y,  im  Telegraphengebäude  x  in  einer  Ecke 
des  Zimmers  des  dienstthuenden  Stationsassistenten  aufgestellt;  die 


eingepumpt.  Im  Zustande  der  Ruhe  ist  das  in  das  Bureau  eintretende 
Ende  des  Luftrohres  offen,  der  Verschlufs  b  hängt  daneben.  In  das 
offene  Rohr-Ende  ist  ein  Spiralschlauch  c  lose  hineingesteckt,  welcher 
an  einer  in  der  Wand  daneben  befindlichen  Gabel  d  aufgehängt  und  am 
oberen  Mundstück  mit  einer  eingesteckten  Pfeife  versehen  ist.  Will 
nun  die  Station  y  mit  der  Station  x  sprechen,  so  nimmt  der  Beamte  in  y 


h\  49. 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


509 


den  Sclilaucli  c  von  der  Wand,  zieht  die  Pfeife  heraus,  hält  sich  den 
Sclilauch  vor  den  Mund  und  bläst  hinein.  Dadurch  ertönt  in  x  die 
Pfeife  in  dem  dort  aufgehängten  Schlauche,  ein  Beamter  nimmt  ihn 
von  der  Wand  und  spricht  in  gewöhnlicher  Sprache  in  den  Schlauch 
hinein:  „Station  *  hier!“  y  sagt:  „Patrone  nach  dort  fertig.“  a;  ant¬ 
wortet:  „Patrone  kann  kommen!“  In  y  wird  sodann  der  Sehlauch 
in  den  Haken  d  wieder  eingehängt  und  das  untere  Ende  desselben 
aus  dem  Luftrohr  herausgezogen.  Nunmehr  wird  die  Patrone  in  das 
Luftrohr  eingeschoben,  der  Verschlufs  h  über  die  Oeffnung  des  Luft¬ 
rohres  gelegt  und  mit  dem  Ueberfallhaken  festgeklemmt.  Hierauf 
steigt  der  abgebende  Beamte  auf  den  Auftritt  c,  hält  sieh  mit  den 
Händen  an  dem  Rundeisen  f  fest  und  drüekt  zwei-  bis  dreimal  dureh 
sein  Körpergewieht  den  Blasebalg  a  zusammen.  Dieser  prefst  durch 
das  Rohr  g  Luft  in  das  Luftrohr  f,  und  in  diesem  gleitet  nun  die 
Patrone  fort,  bis  sie  nach  etwa  15  Secunden  in  den  Auffangkasten  li 
der  Station  x  hineinfliegt,  x  hat  nämlich  inzwischen  den  Schlauch  c 
ebenfalls  an  dem  Haken  d  aufgehängt,  das  untere  Ende  aus  dem 
Luftrohr  herausgenommen  und  den  Deckel  des  Auffangkastens  h, 
welcher  sich  dem  geöffneten  Ende  des  Luftrohrs  gegenüber  befindet, 
zugeklappt.  Ist  die  Patrone  angekommen,  so  setzt  die  Empfangs¬ 
station  a;  den  Schlauch  wieder  in  das  Luftrohr  und .  sagt  nach  y. 
„Patrone  hier!“  Beide  Stationen  hängen  jede  ihren  Schlauch  mit 
der  eingesteckten  Pfeife  an  der  Gabel  d  wieder  auf  und  lassen  das 
untere  Ende  lose  im  Luftrohr  stecken. 

Der  Auffangkasten  h  (Abb.  2 — 6),  33  cm  lang  und  10  cm  weit, 
ist  an  der  dem  Luftrohr  zugekehrten  Schmalseite  offen  und  enthält 
im  Innern  4  Brettchen,  welche,  in  Gelenken  sich  drehend,  durch 
Stahlfedern  gegen  einander  geprefst  werden.  Die  ankommende  Pa¬ 
trone  fliegt  gegen  das  Ledei-polster  m  und  wird  am  Wiederheraus¬ 
fallen  durch  die  zusammenschlagenden  Brettchen  gehindert,  welche 
sie  beim  Hineinfliegen  auseinander  geschoben  hatte. 


Die  Ihatrone  (Abb.  7)  besteht  aus  einer  Messingröhre  von  105  mm 
Länge  und  30  mm  innerem  Durchmesser  mit  1  mm  starker  Wandung. 
Vorn  ist  sie  mit  einem  Stofskopf  von  Holz,  am  hinteren  Ende  mit 
einem  abnehmbaren,  becherförmig  gestalteten  Lederverschlufs  ver¬ 
sehen.  In  das  Messingrohr  wird  lose  zusammengerollt  die  zu  über¬ 
mittelnde  Depesche  hineingelegt.  Die  Patronen  werden  in  einem 
offenen  Kasten  l  (Abb.  2)  über  dem  Rundeisen  f  aufbewahrt. 

Der  obere  Deckel  des  Blasebalges  wird  durch  ein  über  eine 
Rolle  laufendes  Gewicht  h  nach  oben  gezogen,  sodafs  sich  der 
Blasebalg  nach  jedem  Herunterdrücken  von  selbst  wieder  mit 
Luft  füllt. 

In  dem  vierjährigen  Betriebe  ist  ein  Versagen  dieser  Vorrichtung 
nicht  vorgekommen;  nur  die  Blasebälge  haben  mehrfach  Ausbesse¬ 
rungen  am  Lederzeuge  erfordert,  besonders  an  der  Stelle,  an  welcher 
der  obere  Deckel  sich  dreht.  Im  Winter  bildet  sich  bei  Witterungs¬ 
wechsel  öfters  im  Luftrohr  ein  feuchter  Niederschlag,  welcher  die 
Bewegung  der  Patronen  verzögert;  es  werden  alsdann  zwei  Schwamm¬ 
patronen  durchgetrieben,  welche  ebenso  geformt  sind  wie  die  ge¬ 
wöhnlichen  Patronen,  an  dem  unteren  Lederbechcr  aber  einen  von 
Schwamm  hergestellteu  Teller  haben,  der  das  Rohr  ganz  ausfüllt. 
Durch  2 — 3  maliges  Hin-  und  Hertreiben  zweier  solcher  Schwamm¬ 
patronen  wird  das  Rohr  für  einen  Tag  vollkommen  trocken  aus¬ 
gewischt. 

Die  Gesamtanlage  ist  von  der  Firma  Töpfer  u.  Schädel  in 
Berlin,  W.,  Köthenerstrafse  26,  nach  den  Angaben  des  Telegraphen¬ 
inspectors  Zwez  hergestellt  und  hat  mit  allem  Zubehör  1300  Mark 
gekostet. 

Eine  gleiche  Einrichtung  ist  in  neuerer  Zeit  zwischen  dem 
Stationsbureau  des  Stettiner  Bahnhofes  in  Berlin  und  der  Commando- 
bude  am  Ende  der  Personenhalle  desselben  Bahnhofes  hergestellt 
worden.  — J. — 


Die  Tarifbildung 

In  diesem  Blatte  erschien  im  Jahre  1883  in  einem  Aufsatze  über 
„Wirthschaftliche  Fragen  des  Eisenbahnwesens“  der  erste  Versuch 
Launhardts,  volkswirthschaftliche  Fragen  mit  Zuhülfenahme  der 
Mathematik  zu  lösen,  an  Stelle  der  logischen  Schlufsfolgerung  den 
mathematischen  Beweis  zu  setzen,  und  bei  den  Lesern  dieses  Blattes 
kann  es  wohl  als  bekannt  vorausgesetzt  werden,  mit  welch  grofsem 
Erfolge  Launhardt  diesen  Weg  weiter  verfolgt  hat,  wie  ergiebig  die 
in  mannigfachen  Veröffentlichungen  dargelegten  Ergebnisse  seiner 
Arbeiten  gewesen  sind.  In  einem  neuerdings  erschienenen  Werkchen*) 
giebt  derselbe  Herr  Verfasser  nun  eine  abgerundete  Theorie  der 
Tarif bildung  der  Eisenbahnen,  und  wenn  er  im  Vorworte  bemerkt,» 
sein  wiederholter  Versuch,  die  knappe,  mathematische  Form  des 
Beweisganges  in  einen  rein  logischen  Gedankengang  zu  übertragen, 
sei  an  der  Unmöglichkeit  gescheitert,  dies  ohne  unübersichtliche 
Weitschweifigkeit  in  genügender  Schärfe  und  in  überzeugender  Weise 
.zu  können,  so  wird  dies  jeder,  der  das  vorliegende  Buch  eingehend 
durcharbeitet,  sehr  leicht  begreifen  und  von  neuem  wünschen,  die 
Herren  Gelehrten  der  Volkswirthschaftslehre  möchten  sich  in  immer 
weiterem  Mafse  dazu  verstehen,  dem  Beispiele  Launhardts  zu  folgen 
und  möglichst  allgemein  zur  Anwendung  der  Mathematik  zu  schreiten. 

Der  Verfasser  stellt  in  zwei  Hauptabschnitten  die  Theorie  der 
Tarifbildung  nach  gemeinwirthschaftlichem  und  nach  privat- 
wirthschaftlichem  Grundsätze  auf,  während  die  Tarifgestaltung 
nach  dem  Grundsätze  der  Gebührenerhebung  nur  erwähnt,  nicht  aber 
näher  erörtert  wird,  weil  sich  diese  nicht  wohl  in  eine  Theorie 
bringen  läfst.  Unter  dem  Versendungs werthe  v  =  m  —  (p-j-a) 
versteht  Launhardt  den  Unterschied  zwischen  dem  Preise,  zu  dem 
das  Gut  noch  Abnehmer  findet  {m),  und  dem  Preise  desselben  an 
seinem  Ursprungsorte  vermehrt  um  die  Selbstkosten  für  Aufnahme 
und  Abgabe  des  Verkehrs  {p a).  Die  wirthschaftliche  Ver¬ 
sendungsgrenze  ergiebt  sich  daraus,  dafs  bei  ihr  der  wirthschaft¬ 
liche  Gewinn  an  einer  zu  den  Betriebsselbstkosten  beförderten 
Gütereinheit  zu  Null  wird  und  bei  der  frachtgemäfsen  Ver¬ 
sendungsgrenze  wird  der  Versendungswerth  des  Gutes  durch  die 
zur  Erhebung  kommende  Pracht  erschöpft.  Die  Rechnung  wird  für 
Güter  von  unbeschränkter  und  beschränkter  Erzeugungsmenge,  für 
ein  unbeschränktes  und  beschränktes  Versendungsgebiet,  sowie  für 
unveränderliche  und  veränderliche  Verkehrsdichtigkeit  durchgeführt 
und  dabei  bewiesen,  dafs  der  auf  1  tkm  entfallende  gemein- 
wirthschaftliche  Gewinn  unabhängig  vom  Vei'sendungs werthe 
der  Güter  und  von  der  veränderlichen  Verkehrsdichtigkeit  ist  und 


*)  Theorie  der  Tarifbildung  der  Eisenbahnen.  Von 
W.  Launhardt,  Geheimer  Regierungsrath,  Professor  an  der  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Hannover.  Berlin,  1890.  Jul.  Springer.  84  S. 
in  8"  mit  12  Abb.  Preis  2  M. 


der  Eisenbahnen. 

sein  höchstes  Mafs  erreicht,  wenn  die  Fracht  auf  die  Betriebsselbst¬ 
kosten  festgesetzt  wird.  Auch  wird  gezeigt,  dafs  bei  einer  Ein¬ 
schränkung  der  thatsächlichen  Versendungsgrenze  gegenüber  der 
frachtgemäfsen  durch  benachbarte  Marktorte  usw.  der  gemeinwirth- 
schaftliche  Gewinn  auf  1  tkm  gröfser  ist,  als  bei  unbeschränktem 
Versendungsgebiet. 

An  der  Hand  der  statistischen  Angaben  für  1886,87  werden 
dann  für  die  Eisenbahnen  Deutschlands  deren  gemeinwirthschaft- 
licher  Nutzen  bei  den  bestehenden  Frachtsätzen,  sowie  unter  der 
Annahme  verschiedener  Einschränkungsgrade  des  Versendungs¬ 
gebietes,  die  Verkehrszunahme  bei  Herabsetzung  der  Fracht  auf  die 
Betriebsselbstkosten,  sowie  der  daraus  entspringende  vermehrte  ge- 
meinwirthschaftliche  Nutzen  ermittelt,  aber  zugleich  auch  bewiesen, 
dafs  es  trotz  dieses  vermehrten  Gewinnes  kaum  möglich  sein  würde, 
den  Einnahmeausfall  der  Eisenbahnen  durch  eine  directe  Steuer  auf¬ 
zubringen.  Bei  der  privatwirthschaftlichen  Tarifbildung  kommt 
es  nicht  auf  den  gröfsten  gemeinwirthschaftlichen  Nutzen,  sondern 
auf  den  gröfsten  Betriebsüberschufs  an,  und  dieser  wird  erzielt,  wenn 
der  Frachtsatz  langsamer  wächst  als  die  Betriebskosten,  also  auch 
wie  die  Versendungsweite.  Die  günstigste  Frachtbildung  erhält  man 
bei  hoher  Abfertigungsgebühr  und  niedrigen,  unter  den  Selbst¬ 
kosten  bleibenden  Streckensätzen,  aber  solche  Tarife  verbieten  sich 
auf  kurze  Entfernungen  wegen  des  Wettbewerbes  der  Strafsen.  Immer¬ 
hin  ist  es  bemerkenswerth,  dafs  eine  solche  vom  privatwirthschaftlichen 
Grundsätze  aus  günstigste  Tarif  bildung  bei  unbeschränktem  Verkehrs¬ 
gebiet  nur  einen  um  ein  Viertel  kleineren  gemeinwirthschaftlichen 
Nutzen  ab  wirft,  als  die  günstigste  gemein  wirthschaftliche  Tarif¬ 
bildung.  Aber  der  erwähnte  Wettbewerb  zwingt  auch  im  privat¬ 
wirthschaftlichen  Interesse  dazu,  die  Abfertigungsgebühr  nicht  höher 
als  die  Selbstkosten  zu  wählen;  es  wird  dann  auch  hier  der  Betriebs¬ 
überschufs  vom  Versendungswerth  und  der  Verkehrsdichtigkeit  un¬ 
abhängig.  Der  günstigste  Streckenfrachtsatz  ist  dann  gleich  den 
lV2fachen  Betriebsselbstkosten,  und  dies  ist  der  Mindestbetrag, 
welcher  auch  bei  beschränktem  Verkehrsgebiet  nicht  unterschritten 
werden  darf,  vielmehr  je  nach  dem  Mafse  der  Einschränkung  über¬ 
schritten  werden  mufs.  Grofse  Bahngebiete  müssen  daher  im  eigenen 
Interesse  niedrigere  Frachtsätze  stellen  als  kleine.  Des  weiteren 
ergiebt  sich,  dafs  Zweigbahnen  in  eigener  Verwaltung  hohe  Fracht¬ 
sätze  bedingen,  während  diese  Bahnen  in  den  Händen  der  an- 
schliefsenden  Bahnnetze  bis  unter  die  Selbstkosten  herabgehen  sollten, 
um  den  höchsten  Betriebsüberschufs  zu  erzielen. 

Eine  Frachtbildung  mit  fallendem  Streckensatze  giebt  den 
höchsten  Betriebsüberschufs,  wenn  die  Fracht  von  einer  gewissen 
Versendungsweite  ab  wieder  niedriger  wird.  Da  dies  aber  unnatür¬ 
lich  ist,  so  mufs  bei  der  thatsächlichen  Versendungsgrenze  auch  die 
höchste  Gesamtfracht  erreicht,  oder  von  einer  gewissen  Grenze  aus 


510 


Centralblatt  der  Banverwaltnng, 


6.  Ileceiiibet  1890, 


die  Streckenfraclit  gleich  den  Betriebsselbstkosteii  werden.  Besonders 
bei  einer  geringen  Einschränkung  des  Verkehrsgebietes  (Massen¬ 
güter)  ist  ein  fallender  Streckensatz  (etwa  in  Zonen  eingetheilt) 
berechtigt  und  zwar  sowohl  privat-  wie  gemeinwirthschaftlich. 

Auch  Staffeltarife  geben  einen  wenn  auch  nur  geringen 
Mehrgewinn,  als  die  der  wirklichen  Entfernung  stetig  angepafsten 
Tarife;  es  ist  daher  vortheilhaft,  die  dem  Streckensatze  zu  Grunde 
gelegte  Längeneinheit  nicht  zu  klein  zu  wählen. 

Auch  beim  Personenverkehr  würde  bei  uneingeschränktem  Ver¬ 


kehrsgebiet  ein  fallender  Streckensatz  theoretiscli  eine  Verkehrs¬ 
steigerung  von  35  pCt.  ergeben,  wogegen  eine  allgemeine  Herab¬ 
setzung  des  Personenfahrgeldes,  welches  schon  jetzt  erheblich  unter 
den  privatwirthschaftlich  günstigsten  Sätzen  bleibt,  theoretisch  un¬ 
gerechtfertigt  erscheint. 

Diese  kurzen  Mittheilungen  über  die  wichtigsten  Ergebnisse  der 
Launhardtschen  Untersuchungen  werden  darthun,  wie  werthvoll, 
lehrreich  und  des  eingehendsten  Studiums  werth  das  vorliegende 
AVerk  ist.  Blum. 


lieber  Schlackenceiiient.  * 


a)  Einleitung.  Dafs  der  A^erbrauch  an  hydraulischen  Mörteln 
auf  allen  Gebieten  des  Bauwesens  von  Jahr  zu  Jahr  zugenommen 
hat,  ist  eine  bekannte  Thatsache.  Dementsprechend  ist  auch  die 
Fabrication  künstlicher  Gemente  in  stetem  Steigen  begriffen.  So  ge¬ 
hörten  dem  Vereine  Deutscher  Portlaudcement-Fabrikanten  1887  etwa 
50  Fabriken  mit  einer  Jahreserzeugung  von  etwa  5,5  Millionen  Tonnen 
an,  1890  aber  bereits  über  70  Fabriken  mit  einer  Jahresmenge  von 
über  10  Alillionen  Tonnen. 

Unter  hydraulischen  Älörteln  versteht  man  bekanntlich  solche, 
welche  die  Eigenschaft  besitzen,  unter  AVasser  zu  erhärten,  und  unter¬ 
scheidet  ihrer  vier  Arten;  natürliche  oder  künstliche  Puzzolane,  hy¬ 
draulische  Kalke,  Eomancement  und  Portlandcement.  Das,  was  einen 
Mörtel  zu  einem  hydraulischen  macht,  ist  der  Hauptsache  nach  be¬ 
kanntlich  sein  Gehalt  an  kieselsaurer  Thonerde.  Bei  der  grofsen 
A^erbreitung,  welche  die  Verwendung  der  hydraulischen  Mörtel  ge¬ 
funden,  kann  es  nicht  AVunder  nehmen,  wenn  man  sich  nach  Stoffen 
umsah,  welche  zur  Fabrication  hydraulischer  Mörtel  geeignet  er¬ 
schienen.  Als  ein  solches  ergab  sich  die  beim  Eisenhüttengufs  ge¬ 
wonnene  Hochofenschlacke,  mit  welcher  wir  uns  nunmehr  zunächst 
zu  beschäftigen  haben. 

b)  Die  Hochofenschlacke  entsteht  aus  den  Zuschlägen,  welche 
den  Eisenerzen  und  Brennstoffen  zu  dem  Zwecke  zugefügt  werden, 
die  in  dem  Erdgemisch  enthaltenen  erdigen  Bestandtheile  und  die 
Asche  derjenigen  Brennstoffe,  welche  in  der  Temperatur  der  Hoch¬ 
öfen  allein  entweder  garnicht,  oder  doch  so  schwer  schmelzbar  sind, 
dafs  sie  binnen  kurzem  den  Ofenraum  zum  Theil  erfüllen  und  den 
Betrieb  zum  Stillstand  bringen  würden,  in  leichter  schmelzbare  A^er- 
bindungen,  die  Schlacken  überzuführen.*''')  Am  liebsten  wählt  man 
zu  den  Zuschlägen  sehr  reine  Kalksteine,  weniger  gern  Dolomite 
(kohlensaurer  Kalk  und  kohlensaure  Magnesia),  verschmilzt  aber  auch 
Eisencarbonat  haltende  Gesteine,  sogenannte  Eisenkalke,  welche  häufig 
mit  Eisenerzen  zusammen  auftreten.  Die  Schlacke  fliefst  —  abgesehen 
von  einer  kurzen  GTnterbrechung  nach  jeder  Entleerung  des  Hoch¬ 
ofens  vom  Roheisen  —  ununterbrochen  aus  einer  Oeffnung  des  Ofens 
aus.  Bis  vor  wenigen  Jahren  wurde  die  Schlacke  in  eisernen  AA^agen 
aufgefangen  und  nach  der  Erstarrung  —  sogenannte  Klotzschlacke  — 
auf  Halden  abgestürzt,  wo  sie  zur  Vergröfserung  dieser  Schutthügel 
wesentlich  beitrug  und  für  die  Eisenwerke  todten  Ballast  bildete. 

Erst  in  neuester  Zeit  hat  man  begonnen,  verschiedene  Schlacken 
wirthschaftlich  zu  verwerthen,  indem  man  in  die  feuerflüssigen  Massen 
einen  kalten  AVasserstrahl  leitet,  wodurch  ein  Granulationsprocefs 
entsteht  und  die  Schlacke  die  Form  eines  mehr  oder  weniger  grob¬ 
körnigen  Sandes  —  granulirte  Schlacke,  Schlackensand  —  annimmt. 
Leitet  man  statt  des  Wasserstrahles  einen  Dampfstrahl  in  die  feuer¬ 
flüssige  Schlacke,  so  entsteht  die  Schlackenwolle,  welche  als  schlechter 
AV ärmeleiter  zur  Umhüllung  von  Dampfrohren  und  Dampfeylindern 
sowie  zur  Herstellung  von  Isolirschichten  dient. 

Die  Hochofenschlacken***)  sind  der  Hauptsache  nach  Kalk -Thon¬ 
erde- Silicate.  Je  nach  der  Beschaffenheit  der  Erze,  des  Brennstoffes, 
der  Flufsmittel  und  der  Schmelztemperatur  ändert  sich  auch  die 
chemische  Zusammensetzung  und  mit  dieser  das  chemisch-physica- 
lische  A^erhalten  der  Schlacke.  Im  allgemeinen  unterscheidet  man 
die  säuern,  neutralen  und  basischen  Hochofenschlacken.  Sauer  werden 
die  Schlacken  genannt,  wenn  auf  ein  Aequivalent  ihres  Säuregehaltes 
weniger  als  ein  Aequivalent  der  Basis  entfällt,  im  entgegengesetzten 
Falle  sind  sie  als  basisch  zu  bezeichnen.  Den  Uebergang  bilden  die 
neutralen  Schlacken,  welche  wohl  nur  ausnahmsweise  angetroffen 
werden. 

Die  Anwendung  der  Schlacken  ist  bereits  eine  vielseitige.  In 
Westfalen  stellt  man  aus  ihnen  durch  Gufs  glasige  Schlackensteine 
für  Hochbauzwecke  her.  In  Blankenburg  und  Harzburg  prefst  man 
aus  6  bis  7  Theilen  grauulirtem  Sande  und  1  Theil  Fettkalk  ebenfalls 


*)  Nach  einem  von  Stadtbauinspector  Piukenburg  im  Berliner 
Architekten- Verein  am  1.  December  1890  gehaltenen  Vortrage. 

**)  Quelle:  Gemeinfafsliche  Darstellung  des  Eisenhütten wesens, 
herausgegeben  vom  Verein  deutscher  Eisenhüttenleute  in  Düsseldorf. 

'''*•*)  Tetmajer:  Der  Schlackencement. 


Steine.  Der  Schlackensand  wird  ferner  zur  Bekiesung  von  AVegen 
u.  dergl.  benutzt.  Die  weittragendste  Bedeutung  haben  die  basischen 
Hochofenschlacken  aber  erst  durch  die  Möglichkeit  der  Massen¬ 
erzeugung  des  Schlackencementes  gefunden. 

c)  Der  Schlackencement,  seine  Bestandtheile  und  seine 
Herstellung.  Der  Schlackencement,  von  andern  Puzzolan- 
cement  genannt,  besteht  aus  geeigneter  granulirter,  staubfein  ge¬ 
mahlener  Hochofenschlacke  und  aus  pulverförmigem  Kalkhydrat. 
Diesem  Gemenge  können  noch  weitere  künstliche  oder  natürliche 
Puzzolane,  Silicate  oder  Kieselthonerde -Präparate  zugesetzt  werden. 
Zu  bemerken  ist  noch,  dafs  nicht  jede  Schlacke  sich  zur  Herstellung 
von  Schlackencement  eignet.  Die  Erzeugung  geschieht  im  allgemeinen 
in  folgender  Weise: 

1)  Der  gebrannte  Kalk  wird  durch  Ueberbrausen  mit  AA^asser 
in  Kalkhydrat  verwandelt,  wobei  aber  nur  so  viel  AVasser  gegeben 
werden  darf,  um  im  Zerfallen  ein  staubfeines  Hydrat  zu  erzielen. 
Dieses  läfst  man  hierauf  mindestens  zwei  Monate  an  der  Luft  lagern, 
um  ein  vollständiges  Ablöschen  und  Zerfallen  desselben  zu  erreichen. 
Das  so  gewonnene  Pulver  wird  alsdann  einem  Siebverfahren  unter¬ 
worfen,  bei  welchem  alle  körnigen  Theile,  mögen  sie  aus  verbranntem 
oder  doch  noch  nicht  gelöschtem  Kalk  bestehen,  zurückgehalten 
werden.  Die  sogenannten  Sichtmaschinen  bestehen  aus  umlaufenden 
mit  feinster  Gaze  bespannten  Cyliudern. 

2)  Der  luftfeuchte  Schlacken  sand  wird  zunächst  auf  Darren 
—  Trommeldarren  mit  Dampfheizung  oder  einfache  Plattendarren  mit 
offener  Kanalfeuerung  —  getrocknet  und  alsdann  in  gewöhnlichen 
Mahlgängen,  Schleuder-  oder  Kugelmühlen  zu  feinem  Schlackenmehl 
gemahlen. 

3)  Hierauf  erfolgt  die  Mischung  der  beiden  Hauptbestandtbeile 
mittels  Maschinen  etwa  im  Verhältnifs  von  2  Theilen  Schlacke 
zu  1  Theil  Kalkhydrat. 

4)  Je  nach  der  Beschaffenheit  des  Kalkes  und  der  Schlacke  er¬ 
hält  die  Mischung  einen  Zusatz  von  5  bis  10  Procent  der  oben  er¬ 
wähnten  Zuschläge. 

Es  sei  darauf  hingewiesen,  wie  verschieden  die  Herstellung  dieses 
Cements  von  derjenigen  des  Portlandcementes  ist,  bei  welchem  die 
beiden  Bestandtheile  Kalk  und  Thon  nach  ihrer  Alischung  bis  zur 
Sinterung  gebrannt  und  alsdann  gemahlen  werden.  Zur  Zeit  sind  in 
Deutschland  etwa  10  Fabriken  mit  der  Herstellung  von  Schlacken¬ 
cement  beschäftigt,  mit  einer  Jahreserzeugung  von  etwa  600000  Tonnen. 
Da  die  Schlackencementfabriken  naturgemäfs  am  besten  in  der  Nähe 
der  Hochöfen  angelegt  werden,  so  kommt  es,  dafs  erstere  nur  westlich 
der  Elbe  und  in  der  Regel  in  A^erbindung  mit  Eisenwerken  auftreten, 
wie  beispielsweise  mit  der  Georgs-Marienhütte,  der  Maximilianshütte 
bei  Saalfeld,  sowie  mit  rheinischen  Eisenwerken. 

Auch  in  Böhmen,  Frankreich  und  Kopenhagen  hat  man  sich  der 
Anfertigung  des  Schlackencements  bereits  zugewandt.  Für  den  Berliner 
Markt  kommt  namentlich  der  Schlackencement  der  A^ictoriafabrik  in 
Thale  am  Harz  in  Betracht.  Diese  Fabrik  verwendet  Schlackensand 
aus  den  Hochöfen  von  Blankenburg  und  Harzburg,  sowie  einen  In'- 
draulischen  Kalk  von  Neinstädt  am  Harz.  Ihr  Fabricat  kostet  die 
Tonne  zu  170  kg  Inhalt  frei  Berlin  etwa  5  J(. 

d)  Eigenschaften  des  Schlackencementes.  Bevor  wür  uns 
zu  den  Eigenschaften  des  Schlackencementes  im  besondern  wenden,, 
sei  es  gestattet,  noch  einige  Bemerkungen  allgemeiner  Natur  über  die 
Verwendung  der  hydraulischen  Mörtel  vorwegzuschicken.  Zweifellos 
sind  wflr  erst  durch  die  Verwendung  der  hydraulischen  Mörtel  in  die 
Lage  versetzt,  unseren  AVasserbauten  diejenige  A^ollendung  in  der  Aus¬ 
führung  zu  geben,  welche  sie  zur  Zeit  besitzen.  Die  Gleichartigkeit 
unseres  Mauerwerkes  unter  und  über  AA'asser  bei  Ingenieurbauten, 
welche  bei  Verwendung  hydraulischer  Mörtel  bereits  nach  wenigen 
AVochen  erreicht  wird,  würde  bei  Anwendung  von  Luftmörtel  unter 
AVasser  überhaupt  nicht  zu  erreichen  sein,  über  AA’^asser  erst  im  A^er- 
laufe  der  Jahrhunderte  eintreten.  AVas  das  in  unserer  schnelllebigen 
Zeit  zu  bedeuten  hat,  braucht  nicht  weiter  ausgeführt  zu  werden. 
Ob  indessen  die  Kunst  des  Mauerns  als  solche  bei  der  massenhaften 
A’erwendung  von  hydraulischen  Mörtelp,  wo  letztere  oft  eine  gröfsere 


Nr.  49. 


511 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Festigkeit  als  die  Steiue  anfweisen,  gewonnen  hat,  möchte  mindestens 
dahingestellt  bleiben. 

Für  bauliche  Zwecke  wird  nun  ein  Mörtel  um  so  brauchbarer 
sein,  je  weniger  zart  und  ängstlich  man  mit  ihm  nmzugehen  braucht. 
Mörtel,  bei  welchem  so  und  so  viele  Vorschriften  über  Löschen,  An¬ 
nahme  und  schnelle  Verwendung  usw.  zu  beachten  sind,  eignen  sich 
wenig  zum  Massenverbrauch,  da  es  mit  Schwierigkeiten  und  Unzu¬ 
träglichkeiten  verbunden  ist,  eine  derartig  scharfe  Aufsicht  zu  führen, 
dafs  keine  der  erforderlichen  Verhaltungsmafsregeln  aufser  Acht  ge¬ 
lassen  wird.  In  gutem  Portlandcement,  welcher  nicht  zu  rasch  ab- 
binclet,  besitzen  wir  einen  Mörtel,  der,  ohne  zu  versagen,  schon  eine 
ziemlich  rohe  Behandlung  verträgt. 

Beim  Schlackencement  sind  es  nun  vornehmlich  zwei  Eigenschaften, 
welche  ganz  besonders  hervorgehoben  werden  müssen:  1)  Sehr  lang¬ 
sames  Abbinden  und  2)  geringes  Einheitsgewicht. 

Der  vollständige  Abbindevorgang,  welcher  von  dem  Erhär¬ 
tungsvorgang  wohl  zu  unterscheiden  ist,  tritt  unter  Umständen 
erst  nach  15  Stunden  ein,  während  das  Einheitsgewicht  entgegen  dem 
des  Portlandcementes,  welches  über  3  beträgt,  nicht  unerheblich 
geringer  ist.  Beide  Eigenschaften  sind  von  Wichtigkeit  für  die  Be¬ 
fähigung  des  Mörtels  zu  Bauzwecken.  Eine  derartig  lange  Abbinde¬ 
zeit  ist  nicht  ohne  Einflufs  auf  das  Verhalten  des  Gementes  bei  Frost, 
und  das  geringe  Einheitsgewicht,  welches  geringer  als  das  des  Sandes 
ist,  wirkt  sehr  störend  auf  die  Verwendung  des  Gementes  zu  Beton¬ 
schüttungen,  weil  dadurch  ein  Entmischen  der  Mörtelmasse  erleichtert 
wird.  Die  in  dieser  Beziehung  beim  Bau  der  Kaiser  Wilhelm-Brücke 
und  der  Moltkebrücke  in  Berlin  angestellten  Proben  mit  Schlacken¬ 
cement  aus  der  Victoriafabrik  in  Thale,  dessen  Abbindezeit  in  den 
Mittheilungen  der  königlichen  technischen  Versuchsanstalt  (Jahrg.  5, 
Heft  4)  einmal  zu  22 — 23  Stunden,  ein  andermal  zu  15 — 16  Stunden 
angegeben  wird,  hatten  in  jeder  Hinsicht  ungünstige  Ergebnisse. 

Was  die  Frostproben  anlangt,  so  ergab  sich,  dafs  von  den 
gleichzeitig  angemachten  Probekörpern  diejenigen,  welche  einer 
langem  Frostwirkung  ausgesetzt  waren,  nach  28  Tagen  bei  den  Zug¬ 
proben  sehr  erheblich  geringere  Festigkeitszahlen  ergaben,-  als  die 
anderen,  welche  in  der  Zimmerwärme  geblieben  waren.  Hierbei  ist 
aber  ganz  besonders  hervorzuheben,  dafs  die  Proben  gleich  nach 
dem  Anmachen,  also  während  der  Abbindezeit,  sofort  der 
vollen  Frostwirkung  in  freier  Luft  ausgesetzt  wurden,  wie  es  den 
Vorgängen  in  der  Wirklichkeit  entspricht. 

Es  liegt  eine  Ausfertigung  der  Königlichen  Prüfungsstation  von 
1889  vor,  welche  auch  von  Frostproben  handelt,  die  mit  Puzzolan- 
Gement  der  Victoriafabrik  gemacht  worden  sind.  Die  Proben  er¬ 
härteten,  die  ersten  24  Stunden  gegen  Verdunstung  geschützt,  an  der 
Luft  und  kamen  dann  —  also  nachdem  der  Abbindeprocefs  bereits 
9  Stunden  beendet  war  —  20  Stunden  in  eine  Kälte  von  12 — 15  Grad 
Gelsius  usw.  und  bestanden  später  die  Zugproben  glänzend.  Die 
Frostproben  fielen  demnach  zu  voller  Zufriedenheit  aus.  Dafs  damit 
aber  die  Frostbeständigkeit  des  Puzzolancementes  erwiesen  sei, 
wird  wohl  füglich  niemand  behaupten  'wollen;  für  die  Praxis  ist  mit¬ 
hin  garnichts  gewonnen.  Kommt  es  dieser  doch  vornehmlich  darauf 
an,  Gemente  zu  verwenden,  welche  unter  Umständen  einer  bald  nach 
dem  Verbrauche  des  Mörtels  - —  also  während  der  Abbindeprocefs 
noch  im  Gange  ist  —  eintretenden  Prosteinwirkung  gut  und  zweifel¬ 
los  zu  widerstehen  vermögen,  wie  es  beim  Mauern  im  Winter  der 
Fall  ist,  wo  häufig  mildes  Tageswetter  plötzlich  in  scharfes  Frost¬ 
wetter  umschlägt.  Der  vorjährige  milde  Winter  hat  leider  verhindert, 
diese  Proben  in  umfassendem  Mafse  fortzusetzen.  Bei  Versenkung 
mittels  Tonnen,  die  mit  einer  Betonmischung  im  Verhältnifs  von 
1:3:6  gefüllt  waren,  fand  trotz  der  geschützten  Lage  des  Betons 
ein  sehr  erhebliches  Auswaschen  der  Schichten  statt,  obwohl  die 
fertige  und  feuchte  Betonmischung  bereits  zwei  Stunden  der  Luft 
ausgesetzt  war. 

Nach  den  Auslassungen  des  Professors  T et maj er- Zürich’-')  ist 
die  Erhärtung  des  Schlackencementes  an  der  Luft  eine  seiner  schwäch¬ 
sten  Seiten,  wobei  nochmals  darauf  aufmerksam  gemacht  sei,  dafs 
zwischen  Erhärten  und  Abbinden  wohl  zu  unterscheiden  ist.  Herr 
Tetmajer  äufsert  sich  in  dieser  Beziehung  wie  folgt:  „Der  Schlacken¬ 
cement  ist  eben  ein  hydraulisches  Bindemittel  und  fordert  zur  Ent¬ 
faltung  seiner  Kraft  mehr  als  irgend  ein  anderes  Bindemittel  die 
Gegenwart  des  Wassers  in  den  ersten  Perioden  der  Erhärtung.  Der 

’')  Tetmajer:  Der  Schlackencement. 


Erhärtungsvorgang  des  Schlackencementes  ist  von  demjenigen  solcher 
Gemente,  deren  Kalk  und  hydraulische  Bestandtheile  sich  im  Feuer 
chemisch  verbinden,  insofern  verschieden,  als  hier  die  Einwirkung  des 
Kalkes  auf  das  Silicat  von  aufsen  durch  Vermittlung  des  Wassers 
bei  gleichzeitiger  Bildung  von  gallertsandigen  Hydrosilicaten  vor 
sich  geht.  Fehlt  nach  dem  Abbinden  das  zur  Lösung  des  Kalkes 
und  Bildung  des  Kalkhydrosilicates  erforderliche  Wasserquantum 
oder  wird  dem  Schlackenmörtel  das  überschüssige  Wasser  durch 
Absaugen  genommen,  so  wird  auch  der  Erhärtungsprocefs  suspendirt 
und  die  Nacherhärtung  geht  zum  grofsen  Theile  verloren,  d.  h.  der 
Mörtel  ei-reicht  schon  nach  relativ  kurzer  Erhärtungsdauer  das  durch 
die  obwaltenden  Umstände  bedingte  Maximum  seiner  Verfestigung. 
Dieser  Fall  tritt  z.  B.  bei  ausschliefslicher  Luftlagerung,  also  dann 
ein,  wenn  der  Mörtel  nach  dem  Abbinden  an  der  atmosphärischen 
Luft  belassen  und  nicht  weiter  benetzt  wird.“  Dagegen  soll  der 
Schlackencement  wo  immer  möglich  abgebunden  sein,  bevor  die  Ein¬ 
wirkung  des  Wassers  beginnt.  Wie  dieser  letzten  Forderung  bei 
Betonschüttungen  unter  Wasser  nachgekommen  werden  soll^  ist  nicht 
recht  erfindlich. 

Die  Anwendung  des  Schlackencementes  bei  Hochbauten  hat  sich 
bei  richtiger  Mörtelbereitung  und  Beachtung  der  vorstehend  gegebenen 
Vorschriften  sehr  gut  bewährt.  Dem  Victoria-Gement  stehen  in  dieser 
Hinsicht  Zeugnisse  namhafter  Berliner  Architekten  zur  Seite. 

Eine  sehr  gute  Eigenschaft  des  Schlackencementes  ist 
die,  dafs  er,  beim  Versetzen  von  Sandsteinquadern  ver¬ 
wendet,  entgegen  dem  Portlandcement,  nicht  ausschlägt. 
An  der  Moltkebrücke  ist  der  Victoria-Gement  mit  durchaus  gutem 
Erfolge  zum  Vergiefsen  und  Vermauern  der  rothen  Mainsandsteine 
verwendet  worden.  In  Rücksicht  auf  das  geringe  Einheitsgewicht 
des  Gementes  wurde  die  zum  Vergiefsen  erforderliche  Mischung  im 
Verhältnifs  von  1  Theil  feinkörnigen  Sandes  zu  1  Theil  Gement  her¬ 
gestellt. 

Soll  der  Gement  zum  Vermauern  verwendet  werden,  so  thut  man 
gut,  den  Mörtel  möglichst  steif  anzumachen  und  auf  das  sorgfältigste 
durchzuarbeiten.  Die  Steine  müssen  vollständig  durchnäfst  sein,  da¬ 
mit  sie  dem  Mörtel  das  zum  Abbinden  erforderliche  Wasser  nicht 
entziehen.  Während  des  Abbindens  des  Mörtels  ist  das  Mauerwerk 
in  Ruhe  zu  lassen,  hinterher  kann  man  demselben  dagegen  nach  den 
obigen  Auslassungen  nicht  genug  Wasser  zur  Nacherhärtung  geben. 
Dasselbe  gilt  von  Putzarbeiten  und  von  Stampfbeton. 

Ein  Treiben  des  Gementes  ist  in  Rücksicht  auf  die  Art 
der  Erzeugung  vollkommen  ausgeschlossen.  So  lange  der 
Gement  der  Einwirkung  des  Wassers  ausgesetzt  ist,  hat  derselbe  eine 
blaugrüne  Farbe;  erst  an  der  Luft  verliert  diese  sich  allmählich  und 
macht  einer  mehr  gelblichen  Färbung  Platz. 

Aus  dem  Gesagten  dürfte  ersichtlich  sein,  dafs  der  Schlacken¬ 
cement  immerhin  zu  denjenigen  Mörtelmaterialien  gehört,  welche  nicht 
nur  eine  verständige  Behandlung,  sondern  auch  eine  Verwendung  am 
richtigen  Platze  verlangen,  immerhin  aber  doch  derartige  gute 
Eigenschaften  —  ganz  abgesehen  von  der  Billigkeit  —  besitzen, 
dafs  sic  die  volle  Aufmerksamkeit  auch  der  Ingenieure  beanspruchen 
dürfen.  Das  Anwendungsgebiet  des  Schlackencementes  würde  ein 
um  so  gröfseres  werden,  wenn  es  dem  Pabricanten  gelänge,  das  Ein¬ 
heitsgewicht  zu  erhöhen  und  die  Abbindezeit  zu  verkürzen. 

Soweit  Veröffentlichungen  der  königlichen  Prüfungsstation  über 
Schlackencement  vorliegen,  genügt  derselbe  vollkommen  in  Bezug  auf 
Festigkeit,  Feinheit  der  Mahlung  und  Raumbeständigkeit  den  in  den 
ministeriellen  Normen  vom  28.  Juli  1887  für  Portlandcement  gestellten 
Anforderungen.  Immerhin  aber  wird  man  gut  thun,  stets  selbst  Ver¬ 
suche  zu  machen.  Auch  diejenigen  Prüfungszeugnisse,  welche  sich 
die  Fabriken  für  ihr  selbst  eingeschicktes  Material  ausstellen  lassen, 
sollten  für  die  Beurtheilung  nicht  allein  mafsgebend  sein,  da  leicht 
begreiflich  ist,  dafs  hierzu  nur  bester  Gement  genommen  wird,  dem 
die  Handelsware  nicht  immer  entspricht. 

e)  Schlufs.  Zweifellos  hat  der  Schlackencement  in  den  sieben 
Jahren,  seitdem  er  hergestellt  wird,  schon  sehr  schöne  Erfolge  auf¬ 
zuweisen  gehabt.  Ebenso  verkehrt,  wie  es  daher  ist,  demselben,  wie 
vielfach  geschehen,  alle  guten  Eigenschaften  abzusprechen,  ist  es  aber 
auch,  ihn,  wie  ebenfalls  geschehen,  bis  in  den  Himmel  zu  erheben. 
Möchten  die  vorstehenden  Zeilen  Anregung  geben,  den  Gement,  wo 
immer  möglich,  zu  versuchen  und  die  Ergebnisse  der  Versuche  der 
Oeftentlichkeit  zu  übergeben.  Damit  kann  nur  der  Wissenschaft  und 
den  ehrlichen  Fabricanten  gedient  sein.  Piukenburg. 


Vermischtes. 


Als  Preisaufgahe  des  Arcliitekteu  -  Vereins  in  Berlin  zum 
ScMnkelfest  1892  ist  im  Hochbau  der  Entwurf  zu  einem  Volks¬ 
theater  gewählt  worden.  Das  Theater,  welches  durch  billige,  auch 
im  Winter  stattfindende  Vorstellungen  zur  Hebung  der  Sitten  weiter 


Kreise  der  Bevölkerung  beitragen  soll,  ist  vor  den  Thoren  einer 
schön  gelegenen,  volksreichen  Provincial- Hauptstadt  zu  denken,  in 
deren  Nähe  sich  ein  stark  besuchter  Badeort  befindet.  Durch  die 
letztgenannte  Angabe  scheint  einmal  die  wirthschaftliche  Möglichkeit 


512 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng. 


0.  lloceiiibcr  1800. 


der  Anlage  begründet,  anderseits  auch  auf  eine  nicht  zu  dürftige 
Auffassung  der  Anlage  in  künstlerischem  Sinne  hingewirkt  werden  zu 
sollen.  Der  Bau  mufs  in  einem  einzigen  ansteigenden  Parket 
3000  Sitzplätze  enthalten,  wozu  nur  einige  wenige  Logen  treten.  Zur 
Erholung  der  Theaterbesucher  in  den  Zwischenacten,  sowie  zum 
freien  Besuche  der  Stadtbewohner  und  Curgäste  soll  das  Theater  mit 
einem  Kaffeehause  auf  der  einen  und  einem  Bierhause  auf  der 
anderen  Seite  verbunden  werden,  deren  Gartenanlagen  mit  dem  Cnr- 
]iarke  des  Badeortes  in  Verbindung  stehen. 

Auf  dem  Gebiete  des  Bauingenieurwesens  ist  der  Entwurf 
zu  einer  Ausleger-Strafsenbrücke  zwischen  Köln  und  Deutz 
zur  Bearbeitung  gestellt.  Die  Brücke  soll  die  jetzt  im  Zuge  der 
Friedrich  Wilhelmstrafse  (Köln)  und  Freiheitstrafse  (Deutz)  bestehende 
Schiffbrücke  ersetzen  und  nur  zwei  Strompfeiler  sowie  eine  Mittel¬ 
öffnung  von  mindestens  200  m  Weite  erhalten.  Die  Landpfeiler  sind 
so  zu  legen,  dafs  sie  den  Werftenverkehr  auf  beiden  Ufern  und  den 
Schiffsverkehr  von  und  zu  den  Flufshäfen  nicht  behindern.  Die  14  m 
breite  Brückenbahn  erhält  eine  8  m  breite  Fahrbahn  für  Pferdebahn 
und  Fuhrverkehr  und  zwei  Fufswege  von  je  3  m.  An  den  Landpfeilern 
sind  Treppen  für  den  Personenverkehr  von  den  Ufern  zur  Brücke 
und  die  Einrichtungen  zur  Erhebung  des  Brückenzolles  vorzusehen. 
Auf  dem  Deutzer  Ufer  mufs  die  dort  vorhandene  Deutz-Kalker  Ver¬ 
bindungsbahn  überbrückt  werden.  Bei  der  Gestaltung  der  Haupt- 
träger  und  der  architektonischen  Ausbildung  der  Pfeiler  soll,  ent¬ 
sprechend  der  grofsen  Bedeutung  der  Brücke,  auf  schönes  Aussehen 
Bedacht  genommen  werden. 

Das  technische  Ober-l’rüfungsamt  hat  seine  Zustimmung  zu  den 
gewählten  Aufgaben  ausgesprochen. 

Zur  Gewliiuuug  von  Plänen  für  einen  Um-  oder  Neubau  seines 
Hauses  hatte  der  Bürgei'verein  in  Frankfurt  a./M.  unter  den  deutschen 
Architekten  eine  Preisbewerbung  ausgeschrieben,  deren  Ergebnifs 
jetzt  vorliegt.  Unter  den  Entwürfen  für  einen  Umbau  haben  der  mit 
dem  Kennwort  ..Vorwärts“  (roth)  des  Architekten  Alfred  Günther 
in  Frankfurt  a./M.  den  ersten  Preis  von  1500  J(,  die  Arbeit  „Rentabel“ 
des  Hofbaumeisters  R.  Diel  mann  ebendaselbst  den  zweiten  Preis 
(1000  Jl)  davongeti-agen.  Unter  den  Verfassern  von  Neubau-Plänen 
blieben  Sieger  Architekt  Wilhelm  Müller  in  Frankfurt  a./M.  (I.  Preis, 
1500  Jt)  und  Architekt  W.  Mössinger  in  Berlin  (H.  Preis,  1000  e/f). 
Zum  Ankauf  empfohlen  wurde  der  Entwurf  „Vorwärts“  (in  Schwarz¬ 
druck).  Im  ganzen  waren  24  Arbeiten  eingegangen. 

Der  Neubau  eines  Amtsgerichts  -  Gefängnisses  in  Marienburg 
W./Pr.  ist  Ende  November  d.  J.  vollendet  und  seiner  Bestimmung 
übergeben  worden.  Das  auf  einem  etwa  1000  qm  grofsen  Grundstück 
in  der  Stadt  belegene  Gefängnifs  ist  für  Einzelhaft  eingerichtet  und 
enthält  28  Haft-  und  42  Schlafzellen  für  Männer  sowie  Räume  zur 
Unterbringung  von  15  Weibern,  im  ganzen  von  82  Gefangenen.  Der 
Grundrifs  ist  _L-förmig.  Der  Vorderbau  dient  hauptsächlich  allge¬ 
meinen  und  Verwaltungszwecken.  In  seinem  Erdgeschosse  liegen 
Räume  für  den  Untersuchungsrichter,  Aufnahme-  und  Reinigungszellen 
und  eine  Wohnung  für  den  Gefangeninspector;  auch  die  Kranken¬ 
zellen  mit  einem  Baderaume  sind  dort  untergebracht.  Das  erste  Stock¬ 
werk  wird  im  wesentlichen  durch  den  Bet-  und  Arbeitssaal,  überdies 
durch  die  Weiberabtheilung  eingenommen,  das  Kellergeschofs  dient 
Wirthschaftszwecken.  Die  Männerabtheilung  befindet  sich  im  eigent¬ 
lichen  Zellenflügel,  der  die  bekannte  Anlage  eines  durch  alle  Ge¬ 
schosse  reichenden,  mit  Umgängen  versehenen  Flures  zeigt.  Im  ein¬ 
zelnen  folgen  die  Einrichtungen  der  Hauptsache  nach  den  für  Ge¬ 
richtsgefängnisse  feststehenden  oder  üblichen  Anordnungen,  wie 
solche  aus  früheren  Veröffentlichungen  ähnlicher  Gebäude  (vgl.  u.  a. 
Kattowitz  S.  57.  d.  J.,  Neurode  J.  1889  S.  146  d.  Bl.)  ersichtlich  sind. 
Bemerkt  sei  noch,  dafs  das  Haus  in  Backsteinbau  aufgeführt  und 
theils  mit  einem  verschalten  Pfannendache,  theils  mit  Holzcement 
bedeckt  ist.  Die  Gesamtanlage  kostet  rund  199  000  M,  wobei  160000  J6 
auf  das  eigentliche  Gefängnifsgebäude  (200  M  für  1  qm,  17,4  Jt  für  | 
1  cbm),  3000  JL  auf  Inventar-Neubeschaffungen,  der  Rest  auf  die 
Nebenanlagen  entfallen.  Die  Aufstellung  des  Bauentwurfes  erfolgte  im 
Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten;  mit  der  Bauleitung  waren  die 
Herren  Baurath  Dittmar  und  Regierungs-Baumeister  Spittel  betraut. 

Koyls  parabelformigc  Eiseiibalimvageudecke.  Koyl  will  den  in 
der  Mitte  überhöhten  Theil  der  Decke  der 
Personenwagen  zur  besseren  Beleuchtung  des 
Innern  nach  der  beistehenden  Abbildung  mit 
parabelförmigem  Querschnitte  hersteilen  und 
die  —  elektrischen  —  Lampen  in  der  gerad¬ 
linig  durchlaufenden  Brennlinie  der  Parabel¬ 
fläche  aufliängen.  Hierdurch  soll  die  Be¬ 
leuchtung  infolge  des  Rückfalles  der  nach  oben 
gehenden  und  für  gewöhnlich  nicht  in  gleichem 
Mafse  nutzbar  gemachten  Strahlen  auf  fast  das 
Doppelte  vermehrt  werden. 


Auslegerbriickeii  in  Iiidieu.  Die  Frage,  ob  Auslegerbrücken 
zur  Ueberschreitung  indischer  Ströme  zu  empfehlen  seien,  wird  im 
Indian  Engineer  entschieden  verneint,  denn  es  biete  die  Gründung 
der  Strompfeiler,  auch  wenn  dieselbe  bis  zu  erheblichen  Tiefen  und 
bei  angeschwollenen  Stromläufen  ausgeführt  werden  müsse,  bei  der 
reichen  Erfahrung  der  indischen  Ingenieure  keine  übermäfsigen 
Schwierigkeiten.  Der  Aufstau  überschreite  auch  bei  Hinzufügung 
weiterer  Pfeiler  nicht  das  zulässige  Mafs.  Anderseits  aber  seien 
das  Gewicht  und  die  Kosten  derartiger  Brücken  aufserordentlich 
hohe.  Die  für  indische  Verhältnisse  noch  sehr  neue  Bauweise  macho 
die  Herlichtung  der  Brücken  in  fernen  englischen  Werkstätten 
nöthig,  wodurch  auch  die  Ueberwachung  erschwert  werde.  Um  den 
Unterschied  in  den  Kosten  besser  zu  veranschaulichen,  ist  die 
folgende  Tabelle  angegeben. 


Nr. 

Brücke 

Spann¬ 

weite 

m 

Länge 

der 

Brücke 

m 

Kosten 
für  1  m 
Brücken¬ 
länge 
JL'*) 

1. 

J  u  b  i  1  ä  u  m  s  b  r  ü  c  k  e  ( Hauptöffnung) 

159,8 

370,0 

14  970 

o 

Duft’erinbrücke 

108,6 

760,0 

9116 

O. 

Lansdownebrückc 

241,0 

241,0 

9 

4. 

Attockbrücke  . 

94,0 

504,8 

9  961 

5. 

Sutlejbrücke  bei  Adamwahan  .  .  . 

61,0 

1284,0 

6  387 

6. 

Gangesbrücke  bei  Balawali  .... 

75,6 

885,7 

3  301 

7. 

Jumnabrücke  bei  Allahabad  .  .  . 

61,0 

937,3 

7  253 

Die  unter  1  und  3  angeführten  Brücke 

n  sind  a) 

s  Ausleg 

erbrücken 

hergestellt.  Leider  sind  die  Kosten  der  letztem  nicht  angegebeiq 
doch  sollen  sich  dieselben  im  Verhältnifs  zu  den  übrigen  nicht  nach 
Auslegerart  erbauten  Brücken  ebenso  ungünstig  stellen,  wie  die  der 
Brücke  unter  1.  — m  — 

Baurath  Karl  Kuoll  f.  Das  Mitglied  der  Generaldirection  der 
württembergischen  Staatseisenbahnen,  Baurath  Knoll  in  Stuttgart,, 
ist  am  26.  November  d.  J.  im  Alter  von  57  Jahren  an  einem  Herz¬ 
schlag  gestorben.  Knoll  war  im  Jahre  1834  als  ältester  Sohn  des- 
um  die  technische  Entwicklung  des  württembergischen  Eisenbahn¬ 
netzes  hochverdienten  Ober-Bauraths  Michael  Knoll  geboren.  Er  voll¬ 
zog  nach  dem  Besiich  des  Gymnasiums  seine  Studien  au  der  poh'- 
techuischen  Schule  in  Stuttgart  und  bestand  beide  Staatsprüfungen 
mit  Auszeichnung.  Im  Jahre  1861  erhielt  er  die  Vorstandsstelle  des 
Eisenbahnbauamts  Lauchheim  an  der  Neubaulinie  Aalen-Nördlingen ; 
1865  wurde  er  zum  Baiiinspector  ernannt.  Als  solcher  war  er  in  den 
Jahren  1865 — 1871  in  Ellwangen  und  Weikersheim  bei  dem  Bau  der 
Tauberbahij,  1872—1880  in  Stuttgart  für  die  Gäubahn  und  1881 — 1886 
in  Freudenstadt  bei  dem  Bau  der  Kinzigthalbahn  thätig.  Nachdem 
Kuoll  in  letzterer  Stellung  wie  auch  schon  als  Vorstand  des  Eisen- 
bahnbauamts  Stuttgart  mehrfach  als  stellvertretender  Oberingenieur¬ 
in  das  Collegium  der  Eisenbahnbaucommission  und  der  General¬ 
direction  berufen  worden  war,  trat  er  1886  als  Hülfsarbeiter  und  1888- 
nach  seiner  Ernennung  zum  Baurath  als.  Mitglied  bei  dieser  Behörde¬ 
ein.  In  dem  neuen  Amt  war  neben  dem  Referat  über  eine  Anzahl 
Betriebsbauämter  seine  nächste  Hauptaufgabe  die  Erbauung  des  für 
Militärzwecke  nöthig  gewordenen  zweiten  Geleises  der  Bahnstrecke 
Crailsheim  -  Eppingen  von  der  bayrischen  zur  badischen  Grenze. 
Leider  wurde  aber  schon  vom  Jahre  1887  an  seine  Gesundheit  sehr 
schwankend,  sodafs  er  sich  des  öftern  vom  Dienste  zurückziehen 
mufste  und  seine  bedeutende  Arbeitskraft  nicht  mehr  voll  zur  Geltung' 
kommen  konnte. 

Knoll  besafs  infolge  seiner  zahlreichen,  zum  gröfsten  Theil  mit 
Schwierigkeiten  verbundenen  Bauausführungen  einen  grofsen  Schatz, 
praktischer  Kenntnisse,  nicht  minder  aber  zeichnete  er  sich  durch 
sein  reiches  Wissen  auf  theoretischem  Gebiete  aus.  Mit  Vorliebe 
beschäftigte  er  sich,  soweit  es  seine  sonstige  amtliche  Thätigkeit  ge¬ 
stattete,  mit  höherer  Mathematik  und  insbesondere  mit  der  Berechnung- 
eiserner  Brücken.  Aus  seinen  bezüglichen  Veröffentlichungen  sei  hier 
nur  hervorgehoben  die  im  Jahre  1875  in  der  Wiener  Allgemeinen 
Bauzeitung  erschienene  „Allgemeine  Theorie  der  Formveränderungen 
des  einfachen  Fachwerks  mit  Anwendung  auf  durchgehende  Balken 
und  auf  Bogenfachwerke“,  zu  welcher  er  durch  den  Entwurf  einer 
gufseisernen  Bogenbrücke  veranlafst  wurde. 

Der  Verewigte  verband  mit  einem  stets  ruhigen,  ernsten  Wesen 
eine  grofse  Pflichttreue.  Alle  seine  Fachgenossen  bedauern,  dafs  es 
ihm  nicht  vergönnt  gewesen  ist,  länger  in  seiner  Stellung  als  Ober¬ 
ingenieur  zu  verweilen  und  seine  reiche  technische  Begabung  vollauf 
zu  entfalten.  n. 

*)  Die  Kosten  sind  in  der  obengenannten  Quelle  in  Rupien  an¬ 
gegeben.  Bei  der  Umrechnung  in  Mark  ist  1  Rupie  =  1,61  Mark  ge¬ 
setzt  worden. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  CSVillielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verautwortlicli:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


Nr.  49A- 


r)13 


Centralblatt  der  Bauverwaltuug. 


INHALT:  Aus  dem  Reichshaushalt  für  1891/92.  —  Vermischtes:  Neu  erschienene  Bücher. 


Aus  dem  Reichshaushalt  für  1891/92, 


welcher  dem  Reichstage  vor  kurzem  bei  seinem  Wiederzusammentritt 
zugegangen  ist,  stellen  wir  im  nachfolgenden  diejenigen  Beträge  zu¬ 
sammen,  welche  als  „einmalige  Ausgaben“  in  den  Etats  der  einzelnen 
Reichsverwaltungen  für  bauliche  Zwecke  im  ordentlichen  oder 
aufserordentlichen  Etat  vorgesehen  sind.  Die  zum  ersten  Male  er¬ 
scheinenden  Posten  sind  durch  ein  Sternchen  *  hervorgehoben.  Die 
eingeklammerten  Zahlen  bezeichnen  die  anschlagmäfsigen  Gesamt¬ 
baukosten,  soweit  solche  aus  den  Erläuterungen  zu  ersehen  sind. 

Aus  den  weniger  umfangreichen  Etats  seien  zunächst  folgende 
einmalige  Ausgaben  angeführt: 

Der  ordentliche  Etat  für  das  Reichsamt  des  Innern  enthält 
■für  den  Umbau  des  Bundesrathsaales  im  Dienstgebäude  des  Reichs¬ 
amts  des  Innern  die  Summe  von  124000  Ji,  für  die  Errichtung 
eines  Anbaues  auf  dem  Dienstgrundstück  der  Physicalisch-technischen 
Reichsanstalt  zur  Unterbringung  einer  Accumulatoren  -  Batterie 
8500  JC  und  zur  Erwerbung  eines  Grundstückes  für  ein  Dienst¬ 
gebäude  des  Reichsversicherungsamtes  und  zum  Beginn  der  Bau¬ 
ausführung  1900  000  JL\  der  aufserordentliche  Etat  die  zehnte 
Rate  zur  Errichtung  des  Reichstagsgebäudes  mit  1 700  000  Jt  und 
die  fünfte  Rate  zur  Herstellung  des  Nord  -  Ostsee  -  Canals  mit 
29  000  000  J(. 

Im  ordentlichen  Etat  für  die  Reichs- Justizverwaltung  ist 
die  fünfte  Rate  zur  Errichtung  des  Dienstgebäudes  des  Reichsgerichts 
mit  650  000  Jl  ausgeworfen. 

Der  ordentliche  Etat  für  das  Reichsschatzamt  enthält  die 
zehnte  und  letzte  Rate  von  53  200  JC  zum  Bau  des  Kaiserpalastes  in 
Strafsburg  (noch  zu  zahlende  Grunderwerbskosten),  der  aufserordent¬ 
liche  Etat  die  neunte  Rate  des  Beitrags  des  Reiches  zu  den  Kosten 
des  Zollanschlusses  Hamburgs  mit  4  000  000  .JA 

Der  ordentliche  Etat  der  Reichsdruckerei  enthält  die  zweite 
Baurate  zum  Erweiterungsbau  der  Reichsdruckerei  mit  300  000  JC. 


Die  vorstehend  aufgeführten  einmaligen  Ausgaben 

betragen  zusammen .  37  735  700  JC. 

Hierzu  treten  die  nachstehend  zusammengestellten 
Ausgaben  für  Bauausführungen  im  Bereiche 

I.  der  Verwaltung  des  Reichsheeres  und  zwar: 

1.  im  ordentlichen  Etat .  23442  055  „ 

2.  im  aufserordentlichen  Etat .  8  616  000  „ 

II.  der  Marine .  3  423  250  „ 

III.  der  Reichs -Post-  und  Telegraphen -Verwaltung  4  480  124  „ 

IV.  der  Reichs -Eisenbahnen .  6  970  000  „ 

Gesamtsumme  84  667  129  JC. 


I.  EinmaUge  Ausgaben  für  die  Bauausführungen  der  Verwaltung 
des  Reiclisheeres. 


1.  Ordentlicher  Etat.  Betrag  Gesamt- 

für  1891/92  kosten. 

a.  Preufsen.  ji  ji 

1.  Zur  Erneuerung  des  Oberbaues  der  Militär- 
Eisenbahn,  Vermehrung  der  Betriebsmittel 

und  Beschaffung  von  Werkzeugmaschinen  162  300  (162  300) 

*2.  Neubau  von  Magazingebäuden  in  Goldap 

1.  Rate  (für  Grunderwerb  Und  Entwurf)  .  6  500  (127  000) 

3.  Desgl.  in  Lyck,  letzte  Rate .  68  000  (385  000) 

4.  Desgl.  in  Gumbinnen,  2.  Rate .  200  000  (313  000) 

5.  Desgl.  in  Insterburg,  2.  Rate .  200  000  (422  000) 

6.  Desgl.  in  Stettin,  3.  Rate .  200  000  (860  000) 

7.  Desgl.  in  Gnesen,  2.  Rate .  120  000  (215  000) 

8.  Desgl.  in  Inowrazlaw,  letzte  Rate  ...  47  890  (86  650) 

*9.  Neubau  eines  Körner-  bezw.  Mehlmagazins 

in  Magdeburg .  149  500  (149  500) 

*10.  Neubau  von  Magazingebäuden  in  Gleiwitz, 

1.  Rate  (für  Entwurf) .  2  500  (350  000) 

11.  Desgl.  in  Saarbrücken,  2.  Rate  (1.  Baurate)  150  000  (784000) 

*12.  Desgl.  in  Darmstadt,  1.  Rate  (für  Entwurf)  6  000  (273  000) 

*13.  Desgl.  in  Hanau,  1.  Rate  (für  Grunderwerb 

und  Entwurf) .  16  000  (721  000) 

14.  Desgl.  in  Osterode,  letzte  Rate  ....  140000  (190600) 

15.  Neubau  einer  Conservenfabrik  in  Spandau, 

2.  Rate .  700  000  (1  450  000) 

16.  Zum  Bau  und  zur  Einrichtung  des  Beklei¬ 
dungsamts  für  das  17.  Armeecorps  in 

Danzig,  2.  Rate  (für  Grunderwerb  und  Bau)  419  000  (475  000) 

17.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 

Ausstattungsergänzung  für  ein  Garde -In¬ 
fanterie-Regiment  in  Berlin,  3.  Rate  .  400  000  (2  974  250) 


Summe  2  987  690 


Uebertrag  2  987  690 


*18.  Neubau  und  Ausstattung  einer  zweiten 
Garirison-Waschanstalt  mit  Dampfbetrieb 
in  Berlin,  1.  Rate  (für  Entwurfsbearbeitung)  10  000 
*19.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  zwei  Garde- 
Infanterie -Bataillone  in  Charlottenburg, 

1.  Rate  (für  Grunderwerb  und  Entwurf)  .  770  000 

20.  Desgl.  für  das  Regiment  der  Garde  du 

Corps  in  Potsdam,  3.  Rate  (1.  Baurate)  .  700  000 

*21.  Neubau  einer  Garnison -Waschanstalt  in 

Allenstein  . .  100  500 

22.  Neubau  eines  Commandanturgebäudes  in 

der  Feste  Boyen,  2.  Rate  (1.  Baurate)  .  .  70  000 

*23.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  ein  Bataillon 
Infanterie  nebst  Regimentsstab  in  Goldap, 

1.  Rate  (für  Grunderwerb  und  Entwurf)  .  30  000 

24.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
zwei  fahrende  Abtheilungen  Feld-Artillerie 
und  den  Regimentsstab  in  Insterburg,  ein- 
schliefslich  der  Ausstattung  bezw.  Aus¬ 
stattungsergänzung  für  je  eine  Abtheilung, 

2.  Rate . ' .  740000 

25.  Erweiterungs-  und  Umbau  des  Generalcom- 

mando-Dienstgebäudes  für  das  1.  Armee¬ 
corps  in  Königsberg  i.  Pr. ,  einschliefslich 
Ergänzung  des  Mobiliars,  letzte  Rate  .  .  68  905 

26.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  ein  Regiment  Cavallerie 

in  Gnesen,  2.  Rate .  300  000 

27.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 

Ausstattungsergänzung  für  ein  Infanterie- 
Regiment  in  Stettin,  4.  Rate .  500  000 

*28.  Neubau  eines  Feldfahrzeugschuppens  in 

Frankfurt  a.  0 .  119  000 


29.  Neubau  und  Ausstattungsergänzungen  von 
Casernen  für  die  Schiefsschulen  der  Feld- 
und  Fufs- Artillerie  auf  dem  Artillerie- 
Schiefsplatz  bei  Jüterbog  —  früher  einer 
Caserne  für  die  Artillerie-Schiefsschule  in 
Jüterbog  —  2.  Rate  (erste  Baurate)  .  .  600  000 

*30.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  einer 
Caserne  nebst  Zubehör  für  etwa  zwei 
Compagnieen  Infanterie,  sowie  Neubau  und 
Ausstattung  eines  Wohngebäudes  für  die 
Verheiratheten  von  zwei  Bataillonen  in 
Magdeburg,  1.  Rate  (für  Entwurf  und 


Baubeginn) .  300  000 

*31.  Ausbau  und  Ausstattungsergänzung  der 
Brückenkopf- Caserne  für  eine  Compagnie 
Pioniere  in  Torgau,  1.  Rate  (für  Entwurf)  2  000 
*32.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  einer 
Caserne  nebst  Zubehör  für  die  Bedienungs¬ 
mannschaften  einer  fahrenden  Abtheilung 
Feld- Artillerie  in  Glogau,  1.  Rate  (für 

Entwurf) . 5  000 

*33.  Neubauten  zurUnterbringung  des  Brücken¬ 
trains  und  der  Corps-Telegraphen-Abthei- 
lung  eines  Pionier-Bataillons  in  Glogau, 

1.  Rate  (für  Entwurf  und  Baubeginn)  .  .  100  000 

34.  Neubau  einer  Traincaserne  nebst  Zubehör 

und  Ausstattungsergänzung  sowie  eines 
Traindepots  in  Posen,  3.  Rate  ....  325  000 

35.  Neubau  eines  Wohn-  und  Handwerker¬ 
gebäudes,  sowie  eines  Montirungskammer- 
gebäudes  auf  dem  Büi-gerwerder  in  Breslau, 

letzte  Rate .  116  500 

36.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  drei  Escadrons 
und  den  Regimentsstab  —  früher  für  eine 
Escadron  —  in  Düsseldorf,  2.  Rate  (noch 

für  Grunderwerb  und  Entwurf)  ....  300  000 

*37.  Desgl.  für  ein  Regiment  Infanterie  in 
Düsseldorf,  1.  Rate  (für  Entwurf  und 

Grunderwerb) .  350  000 

*38.  Neubau  einer  Garnison -Waschanstalt  und 
eines  Garnisonverwaltungs- Dienst-  und 
Wohngebäudes  sowie  einer  Arrestanstalt 
in  Düsseldorf,  1.  Rate  (für  Entwurf)  .  .  8  800 

*39.  Neubau  eines  Dienstgebäudes  für  das  Be- 
zirkscommando  nebst  einer  Caserne  für 
die  Oekonomie- Handwerker  des  Beklei¬ 
dungsamts  in  Düsseldorf,  1.  Rate  (für 
Entwurf) .  4000 


Summe  8  507  395 


(380  000) 

(3  000  000) 
(2  690  895) 
(100  500) 
(113  000) 

(920000) 


(1  856  000) 

(223  905) 

(2  221  000) 

(2  153  575) 
(119  000) 


(2  720  000) 


(648  100) 
(205  000) 

(290  000) 

(159  000) 
(1  700  000) 

(325  500) 

(1  510  000) 
(2  650  000) 

(310  000) 

(130  000) 


514 


Ceutralblatt  der  Bau  Verwaltung. 


10.  Deceiiiber  1800. 


Uebertrag  8  507  395 

40.  Neubau  und  Ausstattuugsergäuzung  einei- 
Caserne  nebst  Zubehör  für  zwei  fahrende 
Abtbeiluugen  Feld- Artillerie  —  früher 
Neubau  und  Ausstattung  von  Stallungen 
für  die  Pferde  von  zwei  Feldbatterieen  • — 
in  Wesel,  2.  Rate  (zum  Baubeginn)  .  .  SO  000 
*41.  Neubau  eines  Bureaugebäudes  für  das 
Generalcounnando  des  8.  Armeecoi'ps  in 
Coblenz .  59  000 

42.  Wiederherstellung  der  St.  Pantaleous- 
(Garnison-)  Kirche  in  Köln  und  deren 

inneren  Ausstattung,  2.  Rate .  41  UOO 

43.  Ersatzbau  für  den  älteren  Theil  der  Ca¬ 
serne  VI.  in  Köln,  2.  Rate  (1.  Baurate)  .  100  000 

*44.  Neubauten  zur  Unterbringung  des  Brücken¬ 
trains  eines  Pionier-Bataillons  in  Deutz, 

1.  Rate  (für  Entwurf  und  Baubeginn)  .  .  20  000 

*45.  Neubau  einer  Garnison -Arrestanstalt  in 
Saarbrücken,  1.  Rate  (für  Grunderwerb 

und  Entwurf) .  15  000 

*46.  Neubau  eines  Intendantur-Dienstgebäudes 

in  Altona .  130  000 

*47.  Neubau  einer  Casenie  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzuug  für  ein  Bataillon 
Infanterie  in  Bremen,  1.  Rate  (für  Entwurf 

und  Baubeginn) .  400  000 

*48.  Neubau  eines  Ponton-Wagenhauses  für  ein 
Pionier-Bataillon  in  Harburg,  1.  Rate  (für 

Entwurf) .  3  000 

*49.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergäuzung  für  die  Mannschaf¬ 
ten  eines  Train -Bataillons  land  von  Stal¬ 
lungen  für  die  Pferde  einer  Train-Com¬ 
pagnie  in  Rendsburg,  1.  Rate  (für  Entwurf)  8  000 

50.  Neubau  bezw.  Neubeschalfung  einer  Ca¬ 

serne  nebst  Zubehör  für  ein  Regiment 
Cavallerie,  einschliefslich  der  Ausstattungs¬ 
ergänzung,  in  Braunschweig,  3.  Rate  .  .  676  OOO 

51.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  die  Artillerieverstärkung 

in  Hannover,  4.  Rate .  200  000 

52.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  einer 
Caserne  nebst  Zubehör  für  ein  Bataillon 
Infanterie  inHildesheim, 2. Rate(l. Baurate)  250  000 

*53.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zirbehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  ein  Bataillon 
Infanterie  und  den  Regimentsstab  in  Osna¬ 
brück,  1.  Rate  (für  Grnnderwerb  und 
Entwurf) .  35  000 

54.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  drei  Escadrons 

in  Darmstadt,  letzte  Rate .  456  700 

55.  Erweiterungsbau  der  Artillerie -Caserne 

nebst  Ausstattungsei’gänzuug  zur  Unter¬ 
bringung  der  Mannschaften  und  Pferde 
von  etwa  drei  fahrenden  Batterieen  in 
Darmstadt,  2.  Rate  (1.  Baurate)  ....  300000 

56.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  eine  Abtheilung 
Feld  -  Artillerie  nebst  Regiinentsstab  in 

Mainz,  letzte  Rate .  127  400 

57.  Ersatzbau  für  einen  Stall  und  für  zwei 

—  früher  ein  —  Wohngebäude  für  Ver- 
heirathete  bei  der  Cavallerie- Caserne  in 
Bruchsal,  letzte  Rate .  183  000 

58.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 

drei  Escadi-ons  in  Karlsruhe,  6.  Rate  .  .  350  000 

*59.  Neubau  eines  Intendantur- Dienst-  und 
Wohngebäudes  in  Danzig,  1.  Rate  (zu- 
gleicii  Baurate) .  170  000 

60.  Neubau  und  Ausstattungsei'gäuzung  einer 
Caserne  nebst  Zubehör  für  ein  Bataillon 
Infanterie  nebst  Regimentsstab  in  Deutsch- 

Eylau,  2.  Rate  (1.  Baurate) .  300  000 

*61.  Neubau  eines  Commandantur-  und  Di- 
visionscommando-Dienstgebäudes  in  Grau- 
denz,  1.  Rate  (für  Grunderwerb  und  Ent¬ 
wurf)  .  ._ .  18  000 

62.  Neubau  einer  Garnison -Waschanstalt  in 

Thorn,  letzte  Rate .  80  800 

*63.  Neubau  und  Ausstattung  einer  evangeli¬ 
schen  Garnisonkirche  in  Thorn,  1.  Rate 
(für  Entwurf) .  10  000 

64.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Garnison- 

lazareths  in  Potsdam,  3.  Rate .  300  000 

65.  Erweiterung  und  Ausstattungsergänzung 
des  Garnisonlazareths  in  Allenstein,  letzte 

Rate .  62  000 

66.  Neubau  —  früher  Erweiterung  —  und 

Zu  übertragen  12  882  295 


(1800  000) 

(59  000) 

(255  000) 
(294  380) 

(135.000) 

(101  oOO) 
(130,000) 

(990  000) 
(142  000) 

(682  000) 

(1  335  100) 
(684  468) 
(1 146  000) 

(910  000) 
(1  306  700) 

(928  700) 

(1  177  400) 

(194  400) 
(1  756  000) 

(220  000) 

(1  129  196) 

(250  000) 
(210  800) 

(530  000) 
(1 320  000) 

(112  000) 


Uebertrag  12  882  295 


Ausstattungsergänzuug  eines  —  früher 
des  —  Garnisonlazareths  in  Gumbinnen, 

2.  Rate  (1.  Baurate) .  90  000 

67.  Erweiterung  und  Ausstattungsergänzung 
des  Garnisonlazareths  in  Insterburg,  letzte 

Rate  ......_ .  13000 

*68.  Neubau  eines  Magazins  für  die  Kriegs- 

Sanitätsausrüstung  in  Königsberg  i.  Pr.  .  28  ÜOO 

69.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Garnison¬ 
lazareths  in  Stettin,  2.  Rate  (1.  Baurate)  .  100  000 

70.  Neubair  und  Ausstattungsergänzung  eines 
Garnisonlazareths  in  Inowrazlaw,  2.  Rate  100  000 

71.  Erweiterung  und  Ausstattungsergänzung 
eines  Garnisonlazareths  in  Bromberg, 

2.  Rate .  70  000 

*72.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  eines 
Garnisonlazareths  in  Erfurt,  1.  Rate  (zur 
Entwurfsbearbeitung  und  zum  Gruud- 

stücksankauf) .  15  000 

*73.  Neubau  eines  Garnisonlazareths  in  Weifsen- 

fels,  1.  Rate  (Baurate) .  60  000 

74.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Garnison¬ 
lazareths  in  Krotoscliin,  letzte  Rate  .  .  17  000 

75.  Erweiterung  und  Ausstattungsergänzung 
des  Garnisonlazareths  in  Gleiwitz,  2.  Rate 

(1.  Baurate) .  80  000 

76.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Garnison- 

lazareths  in  Mainz,  4.  Rate .  450  000 

77.  Erweiterung  und  Ausstattungsergänzuug 

des  Garnisonlazareths  in  Graudenz,  2.  Rate  40  000 
*78.  Bauliche  Instandsetzung  und  Verbesserung 

der  Garnisoulazaretlie,  1.  Rate .  140  000 

79.  Neueinrichtung  eines  Traindepots  in 

Danzig,  letzte  Rate .  150  000 

*80.  Neubau  zweier  Traindepot- Dienstwohn¬ 
gebäude  in  Magdeburg .  115  400 

81.  Zu  gröfseren  Neu-  und  Umbauten  auf  den 

Remontedepots .  150  000 

*82.  Zur  Errichtung  eines  neuen  Remonte¬ 
depots  .  121 000 

83.  Zum  Neubau  eines  Cadettenhauses  in 

Karlsruhe,  letzte  Rate .  611 860 

84.  Zur  Errichtung  einer  neunten  Kriegsschule 

in  Danzig,  2.  Rate  (1.  Baurate) .  120  000 

*85.  Zum  Umbau  des  Nordwestflügels  des 
Hauptgebäudes  des  Cadettenhauses  in 

Oranienstein .  42  500 

*86.  Zum  Bau  einer  Turnhalle  für  die  Unter- 

officierschule  in  Weifsenfels .  39  000 

*87.  Zur  Errichtung  und  Ausstattung  einer 

Uuterofficier- Vorschule  in  Jülich.  .  .  .  250  000 

*88.  Desgl.in  Wohlan,  einschliefslich  der  Kosten 

für  Erwerb  des  städtischen  Casernements  410  000 

89.  Neubau  von  vier  Artillerie-Wagenhäuseru 
und  eines  Geschützrohrschuppens  in  Stettin, 

2.  Rate  (erste  Baurate) .  350  000 

*90.  Neubau  eines  Artillerie -Wagenhauses  in 

Thorn  .  76  000 

*91.  Neubau  eines  Artillerie- Wagenhauses  und 
eines  Geschützrohrschuppens  in  Magde¬ 
burg,  als  Ersatz  für  das  Wagenhaus  13 
und  den  Geschützrohrschuppen  6,  1.  Rate  150  000 
*92.  Neubau  von  vier  Friedens -Pulvermaga¬ 
zinen  und  eines  Friedens -Laboratoriums 

in  Coblenz,  1.  Rate .  75  000 

*93.  Für  die  Herstellung  von  Schuppen  zur 
Unterbringung  des  Materials  für  die  In¬ 
genieur-Belagerungstrains  . 75  000 

94.  Neubau  von  Magazinanlagen  in  Strafs¬ 
burg  i.  E.,  4.  Rate .  200  000 

95.  Desgl.  in  Mülhausen  i.  E.,  2.  Rate  .  .  .  200  000 

96.  Desgl.  in  Saarburg,  2.  Rate  (zum  weiteren 

Grunderwerb  und  Baubeginn) .  250  000 

97.  Desgl.  in  St.  Avold,  letzte  Rate  ....  77  000 

98.  Desgl.  in  Mörchingen,  2.  Rate .  150  000 

99.  Desgl.  in  Dieuze,  2.  Rate  (zum  Grund¬ 
erwerb  und  Baubeginn) .  230  000 


100.  Zum  Bau  und  zur  Einrichtung  des  Be¬ 
kleidungsamts  für  das  16.  Armeecorps  in 

Metz,  2.  Rate  (für  Grunderwerb  und  Bau)  419  000 

101.  Neubau  und  Ausstattungsergänzuug  einer 
Garnison -Waschanstalt  in  Colmar,  letzte 

Rate . .  98  000 

102.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
ein  Cavallerie-Regiment  in  Dieuze,  2.  Rate 

(für  Grunderwerb  und  Baubeginn)  .  .  .  400  000 

103.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  einer 
Caserne  für  zwei  Compagnieen  Infanterie 

in  Hagenau,  letzte  Rate .  234  000 

Zu  übertragen  19  079  055 


(255  OOOj 

(53  000) 
(28  000) 
(705  000) 
(220  000) 

(188  000) 

(275  000) 
(120  000) 
(187  000) 

(161  000) 
(2 153  000) 
(340  000) 
(498  000) 
(700  000) 
(115  400) 
(150  000) 
(121 000) 
(1 936  860) 
(500  000) 

(42  500) 
(39  000) 
(250  000) 
(410  000) 

(590 100) 
(76  000) 

(304  500) 
(180  000) 

(75  000) 

(2  084  000) 
(365  600) 

(373  290) 
(78  500) 
(291  500) 

(338  000) 
(475  000) 
(HO  000) 
(2  540  000) 
(434000) 


Kr.  49  A. 


Centralblatt  dei’  Bauverwaltung. 


515 


Uebertrag 

104.  Ersatzbauten  in  der  Margarethencaserne 
in  Strafsburg  i.  E.,  2.  Eate  (1.  Baurate)  . 

105.  Neubau  einer  Caserne  für  ein  Bataillon 

Fufs-Artillerie  und  den  Stab  eines  Fufs- 
Artillerie-Eegiments,  einschliefslich  der 
Ausstattungsergänzung,  in  Strafsburg  i.E., 
letzte  Kate . 

*106.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  ein  Bataillon 
Infanterie  und  den  Eegimentsstab,  sowie 
Umbau  bezw.  Einrichtung  der  vorhan¬ 
denen  Casernen  zur  Aufnahme  noch  eines 
Bataillons  Infanterie  in  Weifsenburg, 

1.  Rate  (für  Entwurf) . 

107.  Desgl.  für  eine  fahrende  Abtbeilung  Feld- 

Artillerie  in  St.  Avold,  letzte  Rate  .  .  . 

108  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  einer 
Facbwerkscaserne  für  eine  Compagnie 
Infanterie  in  Metz,  letzte  Rate  (Baurate) 

109.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 

für  ein  Bataillon  Infanterie  in  Metz,  2.  Eate 
(1.  Baurate) . 

110.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 

Ausstattungsergänzung  für  ein  Bataillon 
Infanterie  und  den  Eegimentsstab  in  Metz, 
letzte  Rate . 

111.  Neubau  von  Casernen  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  ein  Regiment 
Infanterie,  sowie  einer  Garnison-Wasch¬ 
anstalt,  einer  Arrestanstalt  und  eines 
Garnisonverwaltungs  -  Dienstgebäudes  — 
früher  Neubau  von  Casernen  nebst  Zu¬ 
behör  und  Ausstattungsergänzung  für 
ein  Regiment  Infanterie  —  in  Mörchingen, 

2.  Rate . 

112.  Desgl.  für  ein  zweites  Regiment  Infanterie 

in  Mörchingen,  2.  Rate . 

*113.  Neubau  und  Ausstattungsergänzung  eines 
Garnisonlazareths  in  Colmar,  1.  Eate  (zur 
Entwurfsbearbeitung) . 

114.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Garnison¬ 
lazareths  in  Pfalzburg,  2.  Rate  .... 

*115.  Erweiterung  und  Ausstattungsergänzung 
des  Garnisonlazareths  in  Dieuze,  1.  Rare 
(Baurate) . 

116.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Garnison¬ 
lazareths  in  Mörchingen,  2.  Eate  .  .  . 

*117.  Bauliche  Instandsetzung  und  Verbesse¬ 
rung  der  Garnisonlazarethe  in  Elsafs- 
Lothringen,  1.  Eate . 

*118.  Zu  Ersatzbauten  für  die  beim  Tunnelbau 
in  Mainz  zum  Abbruch  gekommenen 
Hohlräume . 

b.  Sachsen. 

*119.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Feld-Fahr¬ 
zeugschuppens  und  Kammergebäudes  für 
ein  Infanterie -Regiment  und  mehrere 
Feldformationen  in  Zwickau . 

*120.  Neubau  eines  Dienstwohngebäudes  im 
Festungsgefängnifs  in  Dresden  .... 

121.  Zum  Neubau  von  Gebäuden  zur  Unter¬ 
bringung  des  ruhenden  Artilleriematerials 
für  zwei  Artillerie -Abtheilungen  in  Riesa, 
letzte  Rate . . . 

*122.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Speise¬ 
saalgebäudes  für  das  Arbeiterpersonal 
der  Geschofsfabrik  in  Dresden  .  .  .  . 

c.  Württemberg. 

*123.  Zur  baulichen  Instandsetzung  und  Ver¬ 
besserung  der  Garnisonlazarethe  .  .  . 

Summe 

2.  Avfser ordentlicher  Etat- 
a.  Preufsen. 

1.  Neubau  einer  Caserne  für  ein  Eisenbahn- 

Regiment  —  früher  für  zwei  Eisenbahn- 
Bataillone  —  bei  Berlin,  einschliefslich 
eines  Geschäftshauses  für  die  Eisenbahn- 
Brigade,  2.  Rate  (1.  Baurate) . 

2.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  ein  Bataillon  Infanterie 
und  den  Regimentsstab,  sowie  Beschaffung 
und  Ausbau  einer  Officier-Speiseanstalt  ■ — 
früher  Neubau  und  Ausstattung  einer  Ca¬ 
serne  nebst  Zubehör  für  ein  Bataillon  In- 

Zu  übertragen 


19  079  055 

300  000  (1  659  000) 


269  500  (624  500) 


10  000  (1 078  000) 

500000  (950  000) 

147  000  (150  000) 

400  000  (  714  000) 

571  000  (971  000) 


750  000  (3  600  000) 

750  000  (3  000  000) 

10  000  (250  000) 

50  000  (120000) 

30  000  (40000) 

120  000  (360000) 

60  000  (140  000) 

48  000  (48  000) 


190  000  (190  000) 

45  000 

50  000  (100  000) 

36  500 

26  000  (26  000) 

23  442  055 

Betrag  Gesamt- 

für  1891/92  kosten 

M  M 


500  000  (2  290  000) 


500  000 


Uebertrag 

fantcrie  nebst  Regimentsstab  —  in  Ino- 
wrazlaw,  2.  Rate . 

3.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
ein  Pionier-Bataillon  —  früher  für  zwei 
Pionier- Compagnieen  —  in  Stettin,  ein- 
schliefslich  der  Ausstattung  für  den  Ba- 
taillonsstab  und  zwei  Compagnieen  bezw. 
der  Ausstattungsergänzung  für  zwei  Com¬ 
pagnieen,  2.  Rate  (noch  für  Entwurf)  .  . 

*4.  Erweiterung  der  Artilleriecaserne  und  Aus¬ 
stattungsergänzung  zur  Aufnahme  der 
Etatsverstärkung  der  Feld- Artillerie  in 
Stettin,  1.  Rate  (für  Entwurf  und  zum 
Baubeginn) . 

5.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne  für 
ein  Regiment  Infanterie  in  Saarbrücken 

—  früher  St  Johann-Saarbrücken  —  2. Rate 

(zur  Herstellung  der  Wegeanlagen  auf  dem 
von  der  Stadt  Saarbrücken  unentgeltlich 
überwiesenen  Bauplatze . 

6.  Neubau  und  Ausstattung  eines  Stalles  für 
eine  Train-Compagnie,  sowie  eines  Wohn¬ 
gebäudes  für  die  Verheiratheten  des  Train- 
Bataillons  in  Cassel,  2.  Rate  (1.  Baurate) 

7.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 
ein  Ti-ain- Bataillon  zu  drei  Compagnieen 

—  früher  Neubau  von  Stallungen  nebst 

Zubehör  für  die  Pferde  von  zw^ei  Train- 
Compagnieen  —  in  Danzig,  einschliefslich 
der  Ausstattung  für  den  Bataillonsstab  und 
eine  Compagnie  bezw.  der  Ausstattungs¬ 
ergänzung  für  zwei  Compagnieen,  2.  Eate 
(für  Grunderwerb  und  Baubeginn)  .  .  . 

8.  Neubau  und  theilweise  Ausstattung  einer 
Caserne  für  ein  Bataillon  Infanterie  in 
Strasburg  i.  Westpr.,  2,  Rate  (1.  Baurate) 

9.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  für 

zwei  Bataillone  Infanterie  in  Mülhausen  i.E., 
2.  Rate  (1.  Baurate) . 

10.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  zwei  Abthei¬ 
lungen  Feld -Artillerie,  einschliefslich  des 
Regimentsstabes,  in  Hagenau,  6.  Eate  .  . 

11.  Neubau  einer  Caserne  für  zwei  Bataillone 

Infanterie  und  den  Regimentsstab  in 
Hagenau,  3.  Eate . 

12.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 

nebst  Zubehör  für  ein  Regiment  Cavallerie 
in  Saarburg,  2.  Rate . 

13.  Neubau  einer  Caserne  für  ein  Train- 

Bataillon  in  Strafsburg  i.  E. ,  2.  Eate 
(1.  Baurate) . 

14.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 

nebst  Zubehör  für  ein  Train-Bataillon  zu 
zwei  Compagnieen  in  Forbach,  3.  Rate 
(1.  Baurate) . 

15.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne  für 

ein  Bataillon  Infanterie  in  Darkehmen, 
2.  Rate . 

*16.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne  für 
eine  Escadron  in  Goldap,  1.  Eate  (für 

Grunderwerb  und  Entwurf) . 

*17.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattung  für  ein  Bataillon  Infanterie  in 
Gumbinnen,  1.  Eate  (für  Grunderwerb 
und  Entwurf) . 

18.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
für  die  Mannschaften  von  zwei  und  die 
Pferde  von  ein  und  einer  halben  Escadron 

—  früher  für  die  Mannschaften  von  drei 
und  die  Pferde  von  zwei  und  einer  halben 
Escadron  —  in  Insterburg,  letzte  Eate 

19.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 

nebst  Zubehör  für  ein  Bataillon  Infanterie 
in  Inowrazlaw,  2.  Rate . 

20.  Desgl.  für  ein  Regiment  Cavallerie  in 

Rathenow,  letzte  Eate . 

21.  Neubau  einer  Caserne  nebst  Zubehör  und 
Ausstattungsergänzung  für  ein  Bataillon 
Infanterie  in  Rawitsch,  letzte  Eate  .  .  . 

22.  Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 

nebst  Zubehör  für  ein  Bataillon  Infanterie 
in  Beuthen  0.  Schl.,  4.  Eate . 

23.  Desgl.  für  zwei  Bataillone  Infanterie  in 

Trier,  2.  Rate  (1.  Baurate) . 

24.  Neubau  und  Ausstattung  von  Casernen 

nebst  Zubehör  für  zwei  Bataillone  Infan¬ 
terie  in  Rostock,  letzte  Eate  .  .  .  . _ ^ 

Zu  übertragen 


500  000 

100  000  (1  117  000) 


4  000  (1 098  0001 


300  000 

(520  000) 

100  000 

(2  159  000) 

120  000 

(251 500) 

6.50  000 

(974  000) 

400  000 

(619  000) 

500  000 

(2 112  600) 

400000 

(1  683  000) 

500  000 

(1  746  000) 

1 000  000 

(2  910  000) 

500  000 

(1  325  000) 

300  000 

(8840001 

200  000 

(882  000) 

12  000 

(412000) 

30  000 

(800  000) 

343  500 

(970  000) 

100  000 

(1  089  000) 

168  000 

(1 458  000) 

167  500 

(827  500) 

400  000 

(684300) 

400  000 

(1 455  000) 

80  000 

7  275  000 

(1  568  000) 

516 


10.  Deeeiiiber  1800. 


Centralblatt  der  Banverwaltuug. 


Ueb  ertrag  7  275  000 

25.  Neubau  und  Ausstattuugsergänzung  einer 
Caserne  für  eiu  Eegiiiient  Cavallerie  in 

Hanau,  2.  Rate  (1.  Baurate) .  500  000  (1971300) 

26.  Xebenbauten,  welche  zur  friedensinäl'sigen 

Unterbringung  eines  Infanterie-Bataillons 
in  einer  boiubensicbereu  Kriegscaserne  er¬ 
forderlich  sind,  einscbliefslich  eines  Schup¬ 
pens  zur  Aufbewahrung  der  entsprechen¬ 
den  Vorräthe  an  Kriegscasernengeräthen 
—  früherNebenbauten,  welche  zur  friedens- 
mäfsigen  Unterbringung  eines  Infanterie- 
Bataillons  in  einer  bombensicheren  Kriegs- _ 

Zu  übertragen  7  775  000 


Uebertrag 

7  775  000 

caserne  erforderlich  sind  —  in  Thorn, 
2.  Rate  (1.  Baurate) . 

150  000 

(475  000) 

b.  Sachsen. 

Neubau  und  Ausstattung  einer  Caserne 
nebst  Zubehör  für  eine  fahrende  Batterie, 
sowie  Neubau  und  Ausstattung  von  drei 
Pferdeställen  für  drei  fahrende  Batterieen 
in  Dresden . 

371  000 

(371000) 

Neubau  und  Ausstattung  einer  Caseime 
nebst  Stallung  für  eine  Train-Compagnie 
in  Dresden . 

320  000 

(320  000) 

Summe 

8  616  000 

(Schlufs  folgt.) 

Yermisclites. 


Neu  erscliieueiic,  bei  tler  Kedaetiou  eiiigegaugeuc  Werke  : 

(Schlufs  aus  Nr.  48A.,  Seite  501.) 

Hoernes,  H.  Die  Luftfahrzeuge  der  Zukunft  für  Personen-  und 
Warenverkehr.  Wien,  Pest,  Leipzig  1891.  A.  Ilartlebens  Verlag. 
VII  u.  103  S.  in  kl.  8“  mit  18  Abb.  Preis  3  M. 

Lambert,  A.  u.  Stahl,  E.  Motive  der  deutscheu  Architektur  des 
XVL,  XVII.  und  XV'III.  Jahrhunderts  in  historischer  Anordnung. 
Mit  Text  von  H.  E.  v.  Berlepsch.  Stuttgart  1890.  J.  Engelhorn. 
In  Folio.  11.  Abth.  Barock  und  Rococo  1650 — 1800,  Lief.  2  u.  3 
mit  je  6  Tafeln.  Preis  der  Lief.  2,75  J(. 

Lang',  (t.  Zur  Entwicklungsgeschichte  der  Spannwerke  des 
Bauwesens.  Riga  1890.  N.  Kymmel.  200  S.  in  8“  mit  2  Tafeln. 
Preis  4  JC. 

Lange,  W.  Sammlung  von  Aufgaben  aus  der  Bauconstructions- 
lehre  zum  Gebrauche  an  Baugewerk-  usw.  Schulen.  Lübeck. 
Dittmersche  Buchhandlung  (E.  Lübeke).  Lief.  1  u.  2.  In  kl.  4“. 
Je  20  Blatt  Umdrucke  in  2  Exemplaren.  Preis  der  Lief.  2,59  Jl. 

Leouhardt,  Otto.  Die  Ausstellung  für  Unfallverhütung  in 
Amsterdam  1890.  Abdruck  aus  Nr.  15,  Jahrg.  1890  des  Gesundheits- 
Ingenieur.  3  S.  in  Folio  mit  einer  Abbildung. 

Lizius,  31.  Taschenbuch  für  Berechnung  des  Cubikinhaltes  von 
Rundhölzern,  Latten,  Brettern  und  Läden  im  Metermafse  nebst  Mafs- 
vergleichung  mit  dem  alten  Mafse.  Zweite  Auflage.  Ausgabe  für 
Preufsen  und  Hessen -Darmstadt.  München  1890.  Ernst  Stahl  sen. 
(J.  Stahl).  VI  u.  174  S.  in  kl.  8».  Preis  1,70.///. 

Loreuz,  0.  Ueber  zweckmäfsige  Einrichtungen  von  Kliniken. 
3Iitgetheilt  auf  Grund  amtlicher  Berichte.  Abdruck  aus  dem  Central¬ 
blatt  der  Bauverwaltung  1889  u.  1890.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn. 
53  S.  in  8“  mit  38  Abb.  Preis  iM. 

Lueger,  Otto.  Die  Wasserversorgung  der  Städte.  1.  Heft. 
(Städtischer  Tiefbau  Bd.  II.)  Darmstadt  1890.  Arnold  Bergsträsser. 
140  S.  in  gr.  8“  mit  62  Abb.  im  Text.  Preis  4,80  JL 

Liibke,  Willi.,  und  v.  Liitzow,  Karl.  Denkmäler  der  Kunst. 
Zur  Uebersicht  ihres  Entwicklungsganges  von  den  ersten  künst¬ 
lerischen  Versuchen  bis  zu  den  Standpunkten  der  Gegenwart.  6.  Auf¬ 
lage.  Stuttgart  1890.  Paul  Neff.  Klassiker- Ausgabe.  203  Tafeln, 
darunter  7  Farbentafeln  in  Quer- Folio  nebst  30  Bogen  Text  in 
Lex.  8".  1.  bis  8.  Lieferung.  36  Lieferungen  zu  je  1  JL 

Lutsch,  H.  Verzeichnifs  der  Kunstdenkmäler  der  Provinz 
Schlesien.  Breslau  1889  u.  1890.  Wilh.  Gottl.  Korn.  III.  Band. 
Regierungsbezirk  Liegnitz.  1.  Lief.  Die  Denkmäler  des  Fürstenthums 
Glogau-Sagan  (II).  168  S.  in  8 Preis  2  Jl. 

2.  Lief.  Die  Denkmäler  des  Fürstenthums  Liegnitz.  156  S.  in  8“. 
Preis  2  JC. 

3.  Lief.  Die  Denkmäler  der  Fürstenthümer  Schweidnitz  und 
Jauer  (H).  258  S.  in  8“.  Preis  3,20  .J/. 

3Ieyer,  31.  J.  Le  chemin  de  fer  de  Viege  ä  Zermatt  ä  voie  de 
1  metre  et  ti  Systeme  mixte  (adherence  et  crernailliere).  Abdruck 
aus  dem  August-Heft  1890  der  „Revue  generale  des  chemins  de  fer“. 
Paris  1890.  Dunod.  26  S.  in  4“  und  6  Blatt  Zeichnungen. 

Modern  rural  homes.  September — November  1890.  The  per¬ 
spective  views  and  building  plans  for  sixteen  sensible  low-cost  houses. 
Philadelphia.  National  architects  union.  17  S.  in  Polio  mit  Ab¬ 
bildungen.  Preis  des  Heftes  25  Cents.,  des  Jahrgangs  1  $. 

3Iohr,  E.  Der  Oder -Spree -Canal  und  seine  Bauten.  Abdruck 
aus  der  Zeitschrift  für  Bauwesen.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn. 
In  gr.  Folio.  28  S.  mit  Holzschnitten  im  Text  und  9  Steindrucken. 
Preis  12  Jl. 

3Iiiller,  H.  Th.  Berechnungs-Tabelle  für  Umrechnung  von  Rund- 
hölzei'n,  kantigen  Hölzern,  Brettern,  Dielen,  Bohlen  vom  Cubikmeter 
auf  laufende  resp.  Quadratmeter  nebst  Reduction  üblicher  Preise 
vom  Cubikmeter  auf  laufende  und  Quadratmeter.  Dritte  Auflage. 
München  1890.  Ernst  Stahl  sen.  (J.  Stahl).  47  S.  in  kl.  8".  Preis  1,70  y//. 


Otzen,  J.  Ausgeführte  Bauten.  Lief.  2.  Berlin  1890.  E.  Was- 
muth.  20  Blatt  Lichtdrucke,  Steindrucke  und  Chromolithographieen. 
Preis  25  JC. 

llöll,  Victor,  Dr.  u.  Wurinl),  Karl.  Encyklopädie  des  gesamten 
Eisenbahnwesens  in  alphabetischer  Anordnung.  2.  Band:  „Betriebs“ 
bis  „Deutsche  Eisenbahnen“.  Wien  1890.  Karl  Gerolds  Sohn.  In 
gr.  Lexikon  8“.  Seite  481 — 996  mit  530  Holzschnitten,  9  Tafeln  und 
2  Eisenbahnkarten.  Preis  10  J(. 

Rummler,  Herrn.  Der  Bau  und  die  Construction  der  Treppen. 
Dritte  umgearbeitete  Auflage.  Halle  a.  d.  Saale  1891.  Ludw.  Hof- 
stetter.  II  u.  18  S.  in  4“  mit  12  Doppeltafeln.  Preis  3,25  JC,  geb. 
4,25  JC. 

Sasse,  Fritz.  Der  Fürstenhof  zu  Wismar  und  die  nord¬ 
deutsche  Terracotta- Architektur  im  Zeitalter  der  Renaissance.  Berlin 
1890.  Trowitzsch  u.  Sohn.  54  S.  in  Quart  und  17  Lichtdrucke. 
Preis  10  JC. 

Schleh,  Eugen.  Gewichte  und  Preise  der  Dampfkessel.  Aachen 

1889.  C.  Mayer.  22  S.  Tabellen  in  4“  mit  Abb.  iind  2  Blatt  Zeich¬ 
nungen.  Preis  2  JC. 

Schöuermark,  Gustav.  Die  Architektur  der  Hannoverschen 
Schule.  Herausgegeben  im  Aufträge  der  Bauhütte  Zum  weifsen 
Blatt.  2.  Jahrgang  1890.  Heft  8,  9,  10  und  3.  Jahrg.  Heft  1. 
Hannover -Linden.  Karl  Manz.  Jährlich  10  Hefte  mit  je  8  Tafeln 
in  gr.  8".  Preis  des  Jahrgangs  15  JC. 

Seiht,  3V.  Das  Mittelwasser  der  Ostsee  bei  Swinemünde.  Zweite 
Mittheilung.  Veröffentlichung  des  Königl.  Preufs.  Geodätischen  In¬ 
stituts.  Berlin  1890.  P.  Stankiewicz.  38  S.  in  gr.  4“  mit  4  Blatt  Abb. 
Preis  4  Jl. 

Sommer,  Oskar.  Der  Dombau  zu  Berlin  und  der  protestantische 
Kirchenbau  überhaupt.  Abdruck  aus  Heft  405  u.  406  von  Wester¬ 
manns  Illustrirten  Deutschen  Monatsheften  1890.  Braunschweig  1890. 
George  Westermann.  54  S.  in  8  “  mit  zahlreichen  Abbildungen. 
Preis  1,80  Jl. 

V.  Stegmauii,  Karl.  Die  Architektur  der  Renaissance  in  Toscana 
nach  den  Meistern  geordnet.  Mit  Text  von  H.  v.  Geymüller. 
München  1890.  Verlagsanstalt  für  Kunst  und  Wissenschaft  (vorm. 
Friedr.  Bruckmann).  Lief.  10  u.  11.  In  grofs  Folio.  10  Blatt  Licht¬ 
druck,  8  Blatt  (darunter  3  Doppelblätter)  in  Stich.  Preis  100  Jl. 

Strack,  Heiiir.  Baudenkmäler  des  alten  Rom.  Nach  photogra¬ 
phischen  Originalaufuahmen  herausgegeben  von  H.  Strack.  Berlin 

1890.  Ernst  Wasmuth.  In  Polio.  20  S.  Text  und  20  Lichtdrucke. 
Preis  25  JC. 

V.  Szczepatiski.  Bibliotheca  PoljTechnica.  Wissenschaftlich  in 
Schlagwörtern  geordnetes  Repertorium  der  gesamten  deutschen,  fran¬ 
zösischen,  englischen  technischen  Litteratur.  Jahrgang  I.  1889.  St. 
Petersburg  und  Leipzig  1890.  F.  v.  Szczepanski.  80  S.  in  8“.  Preis 
2JC. 

Die  Thätigkeit  der  preufsischen  Wasserbau- Verwaltung  innerhalb 
der  Jahre  1880  bis  1890.  Abdruck  aus  dem  Centralblatt  der  Bau¬ 
verwaltung  1890.  Berlin  1890.  Ernst  u.  Korn.  50  S.  in  8".  Preis 
1,30  JL 

Y.  Tiedemauu,  Ludw.  Das  landwirthschaftliche  Bauwesen. 
Zweite  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.  Halle  1891.  Ludw.  Hof- 
stetter.  XVI  u.  654  S.  in  8®  mit  657  Holzschnitten.  Preis  geh. 
12,50  JC,  geb.  14  JC. 

Wolfl^  H.  Sätze  und  Regeln  der  Arithmetik  und  Algebra.  Zum 
Gebrauch  an  Baugewerkenschulen  usw.  Leipzig  1888.  B.  G.  Teubner. 
102  S.  in  8“. 

Zetzsclie,  K.  Ed.  Der  Betrieb  und  die  Schaltungen  der  elek¬ 
trischen  Telegraphen.  Heft  2.  3.  Abth.  Die  Einrichtungen  und 
Schaltungen  für  die  mehrfache  Telegraphie  bearbeitet  von  Dr.  A. 
Tobler  u.  Dr.  E.  Zetzsche.  Halle  a.  d.  S.  1890.  Wilh.  Knapp. 
356  S.  in  8"  mit  89  Abb.  im  Text.  Preis  5  JC. 


Verlag  von  Ernst  &  Korn  (Willielm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Ecclaction  des  nichtamtlichen  Theiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin. 


517 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten, 


X.  Jalirgaug.  Berlin,  13.  December  1890.  Nr.  50. 


Redactlon:  SW.  ZimmerstraCse  7  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen: 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnahend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark 

INHAIiT:  Amtliches:  Personal -Nacliricliten.  —  Nichtamtliches:  Kaiser  Wilhelni- 
Gedäclitnirskirche  in  Berlin-Charlottenburg'.  —  Altes  und  Neues  über  die  Porta  nigra 
in  Trier  (Schlufs).  —  Aus  dem  Reichshausbalt  für  1891/92  (Schlufs).  —  Signale  der 
Untergrundbahn  in  London.  —  Geschwindigkeitsmesser  für  Locomotiven.  —  Bau- 
thätigkeit  des  prenfsiseben  Staates  im  Gebiete  des  Hochbaues  während  des  Jahres 
1889.  —  Vermischtes:  Preisbewerbung  zur  Gewinnung  von  Bauplänen  zu  einer 

Kirche  für  die  evangelische  Lucas-Parochie  in  Dresden,  —  Preisbewerbung  um  Pläne 
zu  einer  Brücke  über  die  Neckarcanäle  in  Ef.sliugen.  —  Verband  Deutscher  Archi¬ 
tekten-  und  Ingenieur-Vereine.  —  Veröffentlichung  über  die  „makedonischen  Königs¬ 
sarkophage“  im  Museum  in  Coustantiuopel.  —  Magdeburger  Baudenkmäler.  —  Neues 
vom  Kuustmarkte.  —  Besuchsziffer  der  technischen  Hochschule  in  Karlsruhe  im 
Winterhalbjahre  1890/91.  —  Bücherschau. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den 
Regierungs-  und  Bauräthen  Giese,  Director  des  Königlichen  Eisen¬ 
bahn-Betriebsamts  (Berlin-Lehrte)  in  Berlin,  Koschel,  Mitglied  des 
Königlichen  Eisenbahn- Commissariats  in  Berlin,  Lex,  Mitglied  der 
Königlichen  Eisenbahndirection  in  Elberfeld,  Klose,  Director  des 
Königlichen  Eisenbahn  -  Betriebsamts  in  Stralsund,  und  Jansfen, 
Director  des  Königlichen  Eisenbahn-Betriebsamts  (Main-Weser-Bahn) 
in  Cassel  den  Charakter  als  Geheimer  Baurath,  sowie  dem  Deich¬ 
inspector  Wilhelm  Goldspohn  in  Zäckericker  Zollhaus  den  Charakter 
als  Baurath  zu  verleihen. 

Zu  Königlichen  Regierungs -Baumeistern  sind  ernannt:  die  Re- 


I  gierungs  -  Bauführer  Albert  Anschütz  aus  Berlin  und  Bernhard 
Hertel  aus  Kevelaer,  Kreis  Geldern  (Hochbaufach);  —  Max  Sernler 
aus  Berlin  und  Erich  Sch  eiche  r  aus  Oschatz  im  Königreich  Sachsen 
(Ingenieurbaufach). 

Sachsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  den  bisherigen  aufserordent- 
lichen  Professor  an  der  technischen  Hochschule  in  Dresden  Friedrich 
Hugo  Robert  Fischer  vom  1.  December  1890  an  zum  ordentlichen 
Professor  für  allgemeine  Maschinenlehre,  mechanische  Technologie, 
Eisenbahnmaschinenbau  und  für  technisches  Zeichnen  an  genannter 
Hochschule  Allergnädigst  zu  ernennen  geruht. 


[Alle  Rechte  vorhehalten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Die  Kaiser  Wilhelm- Gredächtnifskirche  in  Berlin-Charlottenhurg, 


Bereits  in  der  Kummer  46  A.  (S.  476)  dieses  Blattes  ist  über  das 
Ergebnifs  des  neuesten  vom  Berliner  Evangelischen  Kirchenbau- Verein 
veranstalteten  beschränkten  Wettbewerbes  berichtet  und  mitgetheilt 
worden,  dafs  der  Entwurf  des  Bauraths  F.  Schwechten  für  die  in 
der  Ueberschrift  genannte  Kirche  an  Allerhöchster  Stelle  zur  Aus¬ 
führung  bestimmt  worden  ist.  Dieser  Entwurf,  den  wir  den  Lesern 
nachstehend  im  Bilde  vorführen,  und  mit  ihm  die  Arbeiten  der 
übrigen  acht  zum  Wettstreite  eingeladenen  Architekten  waren  in  der 
vorigen  Woche  im  Uhrsaale  der  Kgl.  Kunstakademie  öffentlich  aus¬ 
gestellt,*)  und  wir  sind  dadurch  in  der  Lage  über  sie  die  folgenden 
Mittheilungen  zu  machen. 

Die  aufser  dem  Sieger  betheiligten  Herren  sind  die  Architekten 
Doflein,  Grisebach  u.  Dinklage,  Baurath  Prof.  Kühn,  Baurath 
Kyllmann,  Reg.-Baumeister  March,  Baurath  Schulze  mit  Reg.- 
Baumeister  Hasak,  und  Architekt  Sehring,  sämtlich  in  Berlin 
bezw.  Charlottenburg,  sowie  Stadt-Bauinspector  Jähn  in  Magdeburg. 
Mit  dem  Schwechtenschen  auf  der  engeren  Wahl  gestanden  haben 
die  Entwürfe  der  Herren  Doflein  und  Kyllmann.  Die  meisten  der 
genannten  Künstler  sind  bisher  bei  Wettkämpfen  um  kirchliche  Bau¬ 
werke  nur  selten  auf  dem  Plane  erschienen.  War  man  schon  aus 
diesem  Grunde,  vornehmlich  in  Architektenkreisen,  auf  die  darge¬ 
botenen  Leistungen  besonders  gespannt,  so  bringt  das  grofse  Publicum 
dem  Wettbewerbe  eine  aufsergewöhnliche  Theilnahme  entgegen,  nicht 
nur  weil  es  sich  um  eins  der  gröfsten  Gotteshäuser  handelt,  die  der 
Kirchenbau- Verein  zur  Zeit  in  Berlin  ins  Leben  ruft,  sondern  auch 
weil  diese  Kirche  in  einem  der  vornehmsten  Stadttheile  des  Westens 
errichtet  und  dem  Andenken  Kaiser  Wilhelms  I.  geweiht  werden  soll. 

Als  Bauplatz  hatte  man  ursprünglich,  und  zwar  auch  noch  bei 
Einforderung  der  Pläne,  die  südliche  Hälfte  des  von  dem  breiten 
Zuge  der  Kleist-  und  Tauentzienstrafse  durchschnittenen  Wittenberg¬ 
platzes  im  Auge.  Leider  scheiterte  die  Hergabe  dieser  vortreff¬ 
lichen  Stelle  an  dem  ablehnenden  Verhalten  eines  Th  eiles  der  Char¬ 
lottenburger  Bürgerschaft,  und  man  sieht  sich  nunmehr  genöthigt, 
die  weit  weniger  geeignete  Kreuzung  des  Kurfürstendammes  mit  der 
Tauentzien-  und  Hardenbergstrafse  zu  wählen.  In  ihren  jetzigen  Ab¬ 
messungen  vermag  diese  Strafsenkreuzung  die  Kirche  nicht  aufzu¬ 


*)  Zur  Zeit  sind  die  Pläne,  und  zwar  bis  21.  d.  M.  täglich  von 
10  bis  2  Uhr,  in  der  Aula  der  technischen  Hochschule  in  Charlotten¬ 
burg  ausgestellt. 


nehmen.  Durch  Umgestaltung  zu  einem  Platze  mittels  Zuhülfe- 
nahme  anstofsender  unbebauter  Grundstücktheile,  insbesondere  eines 
Stückes  vom  Zoologischen  Garten,  wird  dies  zwar  ermöglicht  werden, 
immerhin  aber  läfst  sich  die  Stellung  des  Gotteshauses  inmitten  des 
dasselbe  umfluthenden,  sich  von  Jahr  zu  Jahr  steigernden  Strafsen- 
verkehres  als  eine  besonders  günstige  nicht  bezeichnen.  Wie  die 
Kirche  auf  dem  neu  zu  bildenden  Platze  gestellt  werden  soll,  scheint 
noch  nicht  endgültig  festzustehen,  vermuthlich  wird  man  sie  orientiren, 
also  mit  der  Haupteingangsseite  nach  Charlottenburg  zu  kehren. 

Ein  eingehendes,  bestimmt  abgefafstes  Programm  hat  der  Ent- 
wurfbearbeitung  nicht  zu  Grunde  gelegen.  Den  einzelnen  Eingeladenen 
war  nur  mitgetheilt  worden,  dafs  der  Bau  1500  Sitzplätze,  eine  könig¬ 
liche  Loge  mit  Vorraum  und  besonderem  Zugänge,  sowie  2  Sacristeien 
und  2  grofse  Confirmandensäle  enthalten  müsse.  Die  Baukosten 
sollten  den  Betrag  von  650  000  Mark  nicht  überschreiten.  War  in 
diesen  Bestimmungen  auch  nicht  ausdrücklich  ausgesprochen,  dafs 
auf  das  evangelische  Wesen  —  baulich  genommen  —  besonderes  Ge¬ 
wicht  gelegt  werde,  so  war  es  selbstverständlich,  dafs  die  Bewerber 
an  einer  Aufgabe  von  dieser  Bedeutung  zu  bethätigen  hatten,  wie 
sie  zur  protestantischen  Kirchenbau-Frage  stehen.  Da  ist  nun  be- 
merkenswerth  zu  beobachten,  wie  die  Mehrzahl  sich  für  die  Form 
des  den  Zwecken  der  Predigtkirche  angepafsten  gedrungenen 
lateinischen  Kreuzes  entschieden  und  damit  vortreffliche  Ergebnisse 
erzielt  hat,  ein  neuer  Beweis,  dafs  diese  bewährte  Form  ganz  zu  Un¬ 
recht  neuerdings  vielfach  angegriffen  und  als  ungeeignet  für  eine 
Predigtkirche  und  deren  Wesen  nicht  entsprechend  bezeichnet  wird. 
Nur  je  ein  Entwurf  wählt  die  Gestalt  des  griechischen  Kreuzes,  der 
Centralanlage  oder  der  Saalkirche.  Die  Formensprache,  deren  sich 
die  Verfasser  bei  Entwicklung  ihrer  Baugedanken  bedient  haben, 
ist  vorherrschend  die  des  romanischen  Stiles;  vermuthlich  hat  die 
verhältnifsmäfsig  knappe  Bausumme  zur  Wahl  dieser  sparsamen  Bau¬ 
weise  aufgefordert.  Weniger  mitbestimmend  scheint  die  Fortentwick¬ 
lungsfähigkeit  des  Stiles  gewesen  zu  sein;  denn  die  fünf  romanischen 
Entwürfe  schliefsen  sich  allesamt  dem  Ueberlieferten  ziemlich  streng 
an.  Dagegen  begegnen  wir  interessanten  stilistischen  Versuchen  in 
zwei  an  das  Spätmittelalterliche  anknüpfenden  Plänen,  in  denen  von 
Grisebach-Dinklage  und  Sehring.  Reichen  Barock  zeigt  Kyllmanns 
Entwurf,  und  die  Kirche  Jähns  ist  in  Backsteinbau  Otzenscher  Art 
gehalten. 

Der  erwählte  Entwurf  Schwechtens  gehört  zu  denen,  die  den 


518 


Centralblatt  der  Bauverwaltung', 


13.  Deceinber  1890, 


Bau  romanisch  über  einem  lateinischen  Kreuze  emporwachsen  lassen. 
Die  Anordnung  des  Grundrisses  zu  ebener  Erde  geht  aus  Ab¬ 
bildung  1  hervor.  Emporen  für  Zuhörer  sind  in  die  Querschiffe  ein¬ 
gebaut,  und  eine  mit  jenen  durch  gangartige  Seitenschiff- Emporen 
verbundene  Sängerbühne  von  bedeutenden  Abmessungen  zieht  sich 
über  die  den  Kirchenschiffen  quervorgelegte  Gedenkhalle  hin.  Der 
Werth  dieses  Motives  einer  Gedenkhalle  wird  zwar  dadurch  beein¬ 
trächtigt,  dafs  der  Kaum  gleichzeitig  Vorhalle  ist,  die  den  Haupt¬ 
verkehr  nach  den  Schiffen  und  Emporen  vermittelt  und  deren  Wand¬ 
flächen  daher  in  fast  lauter  Durchgangsöffnungeu  aufgelöst  sind. 
Aber  die  zu  höherer  Bedeutung  emporgehobene  Halle  hat  doch  nicht 
unwesentlich  auf  die  Gesamt  -  Aufsenerscheinung  der  Kirche  ein¬ 
gewirkt.  Denn  über  ihr  erhebt  sich  ein  das  Bauwerk  beherrschender 
Frontthurm,  in  dessen  Stellung  und  Aufbau  das  Eigenartige  des  Ent¬ 
wurfes  wesentlich  beruht.  Im  übrigen  schliefst  sich  die  Arbeit  ziemlicli 
streng  den  rheinisch-romanischen  Vorbildern  an.  Erreicht  sie  damit 
stilistisch  und,  wie  wir  oben  sahen,  auch  bezüglich  der  Grundrifs- 
fortbilduug  nichts  wesentlich  neues,  so  zeichnet  sie  sich  bei  treff¬ 
lichem  Vortrage*)  aus  durch  praktische  Brauchbarkeit  und  Reife 
sowohl  wie  durch  Formeuschöuheit  und  Ebenmafs  der  Verhältnisse, 
und  diese  Vorzüge  sind  es  augenscheinlich, .  welche  sie  den  wohlver¬ 
dienten  Sieg  haben  davontragen  lassen. 

Dofleins  Plan  hat  eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  dem 
Schwechtenschen.  Ein  sich  nicht  minder  eng  an  die  romanischen 
Vorbilder  haltender,  allerdings  auch  nach  der  Kiclitung  der  Gewölbe¬ 
bildung  hin  fortentwickelter  Aufbau  von  niafsvoller  Schönheit  erhebt 
sich  über  einem  Grundrisse  von  gleichfalls  lateinischer  Kreuzform. 
Die  beiden  Confirmandensäle  sind  aber  nicht,  wie  bei  Scliwechten, 
in  den  Kranz  der  die  Apsis  umgebenden  Räume  eiugeflochten,  son¬ 
dern  in  rechteckiger  Gestalt  neben  den  für  Aufnahme  der  Logen 
ziemlich  stark  entwickelten  Vorchor  gelegt;  dafür  ist  in  jenen  Kranz 
von  Räumen  in  der  Längsachse  der  Kirche  eine  kräftig  heraus¬ 
springende  CajDelle  eiugefügt.  Die  Anordnung  der  Sitzplätze  ist 
tadellos;  den  Gedanken  der  Gedächtnifskirche  hat  der  Verfasser 
formal  nicht  besonders  zum  Ausdruck  gebracht. 

Frei -romanische  Lösungen  mit  Grundrissen  in  Langkreuz-Form, 
der  Saalkirche  genähert,  bringen  auch  die  Entwürfe  von  Kühn  und 
Schulz  e  -  Has ak.  Der  erstere  zeigt  ein  Kreuz  von  sehr  weiter 
Vierung,  deren  Seiten  sich  grofs  und  ohne  eingestellte  Stützen 
gegen  kurze  Arme  öifnen.  Die  dadurch  nothwendig  gewordenen  mäch¬ 
tigen  Vierungspfeiler  sind  zur  Errichtung  eines  hohen  steinernen 
Thurmes  mit  Spitzhelm  benutzt.  Dadurch,  dafs  aufser  diesem  Vierungs- 
thurme  der  Kirche  noch  zwei  hohe  Westthürme  vorgelegt  sind,  tritt 
freilich  die  Zusammendrückung  der  Langkirche  im  Aeufseren  nicht 
recht  befriedigend  in  die  Er¬ 
scheinung.  Vortrefflich  sind 
die  Sitzplätze  der  Gemeinde 
angeordnet,  während  die  Lo¬ 
gen  etwas  stark  hinter  die 
Kanzel  zurückgezogen  sind 
und  man  den  um  den  run¬ 
den  Chor  gelegten  Nebenräu- 
men  mehr  Geschlossenheit 
wünschen  möchte.  —  Der 
schlichte,  in  guten  Verhält¬ 
nissen  entworfene,  wenn  auch 
etwas  flüchtig  behandelte  Ent¬ 
wurf  von  Schulze  und  Hasak 
legt  die  Confirmandensäle 
hinter  zwei  Frontthürme  an 
eine  nach  der  Tiefe  ge¬ 
streckte,  ziemlich  dunkle  Vor¬ 
halle.  Abgesehen  davon,  dafs 
ein  Theil  der  Sitzjplätze  zu 
weit  über  die  Kanzel  vor¬ 
geschoben  ist,  erfüllt  das  In¬ 
nere  angemessen  und  zweck- 
mäfsig  die  Anforderungen  der 
protestantischen  Kirche.  —  Jäh  ns  Plan,  in  der  Grundrifsentwicklung 
des  eigentlichen  Kirchenhauses  den  bisher  genannten  ähnlich,  bildet 
mit  den  Nebenräumen  um  den  gerade  geschlossenen  Chor  und  einen 
dahinter  liegenden  Vorfahrt-tlof  eine  etwas  aufwandvolle  Baugruppe. 
Der  in  ziemlich  reicher  Backsteinarchitektur  Otzenscher  Richtung 
gehaltene  Aufbau  gipfelt  in  einem  stattlichen  Westthürme. 

Von  Kyllmann  rührt  der  barocke  Entwurf  her.  Der  Grundrifs 
zeigt  gleichfalls  das  lateinische  Kreuz,  die  Sitzplatzfrage  ist  hier 
jedoch  nicht  so  gut  gelöst  wie  bei  der  Mehrzahl  der  vorbesprochenen 


*)  Nach  einer  Mittheilung  des  Herrn  Verfassers  hat  bei  Be¬ 
arbeitung  _  der  _  Entwurfzeichnungen  Herr  Regierimgs  -  Baumeister 
Möller  mitgewirkt. 


Arbeiten.  Die  Sitze  sind  zum  Theil  zu  weit  von  der  Kanzel  entfernt, 
einer  Anzahl  von  ihnen  wird  auch  der  freie  Blick  auf  diese  durch 
die  sich  aus  der  Bauweise  ergebenden  starken  Pfeiler  genommen. 
Das  Kircheninnere  ist  von  angemessen  stattlicher  und  sehr  schöner 
Bildung.  Nicht  in  gleichem  Mafse  befriedigt  das  reiche  Aeufsere, 
dessen  Gliederung  nicht  recht  im  Verhältnifs  zur  bescheidenen 
Gröfse  des  Gebäudes  steht.  Sechs  zu  gleichwerthige  Thürme 
sind  aus  dem  Kirchenkörper  entwickelt,  zwei  über  der  Vorhalle, 
vier  zu  Seiten  einer  über  der  Vierung  aufsteigenden  KupiDel,  die 
den  Glockenstuhl  birgt  und  den  wenig  kirchlichen  Abschlufs  einer 
grofsen  Kaiserkrone  erhalten  hat.  Im  einzelnen  ist  es  namentlich 
die  Tambourlösung  dieser  Kuppel,  mit  der  wir  uns  nicht  zu  be¬ 
freunden  vermögen.  Das  Motiv  der  consolartig  begrenzten,  mit  den 
Kuppel -Schallöffuungen  zusammengezogenen  Tambourseite  ist  im 
Mafsstabe  zu  grofs  gegriffen.  Immerhin  vermögen  die  erwähnten 
Mängel  die  Freude  an  der  bemerkenswerthen  Arbeit  nicht  wesentlich 
herabzustimmen. 

Die  drei  noch  übrigen  Arbeiten  von  Grisebach-Dinklage,  Sehring 
und  March  machen  sich  nachdrücklicher  von  der  Ueberlieferung  frei 
und  suchen  die  Lösung  der  Predigtkirche  in  neuen,  oder  doch  von 
dem  Ueblichen  weiter  abweichenden  Bildungen.  Der  Entwurf  Marchs 
nur  im  Grundrisse.  Zwar  folgt  dieser  Grundrifs  in  seinem  Haupttheile, 
dem  Predigthause,  auch  einem  berühmten  Vorbilde,  der  neuerdings 
vielfach  als  das  Ideal  des  protestantischen  Gotteshauses  gepriesenen 
Dresdener  Frauenkirche;  durch  die  Verbindung  der  centralen  Anlage 
mit  einem  Langhause  aber,  in  welchem  seitenschiff’artig  neben  einer 
grofsen  Treppenvorhalle  die  Confirmandensäle  liegen,  ist  ein  selb¬ 
ständiger  Schritt  vorwärts  gethan.  Während  alle  anderen  Entwürfe 
sich  mit  der  ihnen  etwas  unbequemen  Forderung  dieser  beiden  grofsen 
Säle  nur  eben  abzufinden  gewufst  haben,  sind  dieselben  hier  nicht 
nur  zu  ihrem  Rechte  gekommen,  sondern  haben  die  Grundrifsbildung 
sogar  in  bemerkenswerther  Weise  beeinflufst.  Mit  der  Zugrunde¬ 
legung  des  Frauenkirchen  -  Motivs  für  den  centralen  Predigtraum 
ist  aber  eine  vollkommene  Lösung  nicht  erzielt.  Die  Anordnung 
steht  in  praktischer  Beziehung  hinter  der  des  gedrungenen  Lang¬ 
kreuzes  zurück,  und  auch  den  ihr  nachgerühmten  mehr  gedank¬ 
lichen  Vorzug,  dafs  sie  das  Gefühl  der  Gemeinde  -  Zusammen¬ 
gehörigkeit  lebendiger  mache,  vermögen  wir  ihr  angesichts  der 
übereiuandergeschichteten,  fast  käfigartigen  Emporen  nicht  einzu¬ 
räumen.  Zu  einer  eigenartigen  Aufbau -Gestaltung  hat  nun  aber 
March  leider  seinen  Grundrifsgedanken  nicht  geführt.  Jene  ist  sche¬ 
matisch-romanisch.  Weder  der  centrale  Predigtraum,  noch  die  Con- 
firraandensäle  und  die  grofse  Vorhalle  treten  in  dem  langkirchen¬ 
förmigen  Aeufseren  klar  ausgesprochen  in  die  Erscheinung. 

Anders  in  den  mit  dem 
Marchschen  zusammenge¬ 
nannten  Entwürfen.  Legen 
diese  auch  beide  das  Haupt¬ 
gewicht  auf  das  mehr  Aeufser- 
lich- Stilistische,  so  bilden 
bei  ihnen  doch  Grundrifs 
und  Aufbau  einen  einheit¬ 
lichen,  widerspruchslosen  Or¬ 
ganismus.  Grisebach  u. 
Dinklage  geben  ihrer  Kir¬ 
che  die  Form  des  griechischen 
Kreuzes,  dessen  Chorerweite¬ 
rung  die  Nebenräume  —  die 
Confirmandensäle  übereinan¬ 
der  —  ziemlich  winklig  und 
unruhig  angereiht  sind.  Im 
Innern  ist  die  Kreuzform  durch 
Anwendung  sehr  schlanker 
Säulen  in  denVierungsöffnuu- 
gen  zu  saalartiger  Wirkung 
gebracht  und  ergiebt  sehr  gute 
Sitzplätze.  Auf  der  Westseite 
—  Orientirung  vorausgesetzt 
—  erhebt  sich  ein  hoher,  sechseckiger,  durch  sehr  kräftige  Strebepfeiler 
vorbereiteter  Thurm,  der,  wie  bei  Schwechten,  im  untereren  Geschosse 
eine  hier  etwas  sehr  eng  und  hoch  gereckte  Voi'-  und  Gedenkhalle 
birgt.  Die  Formgebung  des  Bauwerkes  besteht  in  einem  geschickten 
Gemisch  spätmittelalterlicher  und  romanischer  Elemente,  ähnlich  wie 
es  die  seit  einiger  Zeit  zu  gemeinsamem  Schaffen  verbundenen  Archi¬ 
tekten  bereits  bei  ihrem  Entwürfe  für  die  Frankfurter  Peterskirche 
(S.  445  d.  J.)  mit  Erfolg  zur  Anwendung  gebracht  haben. 

Sehrings  jjhantasievoller  Stilversuch  ist  verwandter  Art.  Nur 
besteht  hier,  bei  Anwendung  einheitlicherer  Einzelformen,  mehr  ein 
Kampf  zwischen  profanen  und  kirchlichen  Elementen.  Die  ersteren 
sind  reichlich  herangezogen  und  verursachen  den  Eindruck  des  Un¬ 
gewohnten,  Neuen.  Doch  ist  nicht  zu  verkennen,  dafs  kirchliches 


Kaiser  Wilhelm -Gedächtnifskirche  in  Berlin -Charlottenburg. 


i\r.  50, 


Oentralblatt  der  Banverwaltung. 


519 


Gesamtgepräge  erzielt  ist,  und  der  Entwurf  verdient,  wenn  inan  sich 
auch  zu  seiner  Ausführung  in  der  vorliegenden  Gestalt  schwerlich 
würde  entschliefsen  können,  unumwundene  Anerkennung.  Der  Grund¬ 
rifs  ist  sehr  einfach:  ein  dreischiffiger,  mit  Holzdecke  versehener 


schlicht -rechteckiger  Saalbau,  im  Westen  durch  eine  quergelegte 
Vorhalle  und  zwei  Treppenthürme  begrenzt,  im  Osten  zu  einem  ziem¬ 
lich  langgestreckten,  emporgehobenen  Chore  verlängert,  unter  dem 
die  beiden  Confirmandcnsäle  liegen.  Ilofsfeld. 


Altes  und  Neues  über  die  Porta  nigra  in  Trier. 

(Schlufs.) 


Der  abweichenden  Ausbildung  des  obersten  Geschosses  habe  ich 
lange  Zeit  mit  einer  gewissen  Unsicherheit  gegenübergestanden,  bis 
ich  zuletzt,  nicht  ohne  Bedauern  darüber,  die  so  lange  gehegte  An¬ 
sicht  über  die  Einheit 
der  Porta  nigra  aufgeben 
zu  müssen,  zu  der  Ueber- 
zeugung  kam,  dafs  das 
Thurmgeschofs  spä¬ 
ter  aufgesetzt  sei. 

Die  römischen  Vertheidi- 
gungsthore  waren  in 
früherer  Zeit,  wie  in 
Aosta,  ohne  Thurmauf¬ 
bauten.  Herr  Professor 
Hettner  machte  mich 
auf  die  hier  bedeutungs¬ 
volle  Thatsache  aufmerk¬ 
sam,  dafs  auf  den  Trieri- 
schen  Münzen  der  vor- 
constantinischen  Zeit  die 
Thore  stets  ohne  seit¬ 
liche  Geschofsaufbauten 
erscheinen,  und  erst  auf 
einer  von  Constantin  ge¬ 
prägten  Münze  solche 
Aufbauten  Vorkommen, 
die  als  Thürme  bezeich¬ 
net  werden  können. 

Bei  der  Porta  nigra 
weisen  nicht  blofs  die 
vollständig  abweichen¬ 
den  Formen,  sondern 
auch  die  weit  schlechtere 
technische  Behandlung 
auf  spätere  Zeit  hin. 

Der  Blick  auf  eine  gute 
Photographie  der  Nord¬ 
seite  (eigentlich  Nord¬ 
nordostseite)  wird  die 
grofsen  Unterschiede  be¬ 
stätigen.  Nach  der  Stadt¬ 
seite  zeigen  sich  die¬ 
selben  infolge  der  mittel¬ 
alterlichen  Bearbeitung 
weniger  deutlich;  be¬ 
sonders  jedoch  sind  sie 
im  Inneren  bemerkbar. 

Uebrigens  würden 
die  angeführten  Gründe 
mir  den  nachträglichen 
Aufbau  nur  wahrschein¬ 
lich  gemacht  haben, 
wenn  nicht  eine  schein¬ 
bar  unbedeutende  Beob¬ 
achtung  im  Innern  die 
W  ahrscheinlichkeit  zur 
Gewifsheit  erhoben  hätte. 

Die  Porta  nigra  war 
früher  im  Innern  durch 
Balkenlagen  (Block¬ 
decken)  in  verschiedene 

Geschosse  getheilt.  Die  Balkenträger  waren  rechteckig  vorgekragte 
Quader,  wie  sie  in  Abb.  9  bei  a  erscheinen.  Ueber  dem  dritten 
Gcschofs  haben  diese  Steine  im  Thurmbau  nicht  mehr  die  recht¬ 
eckige,  sondern  die  bei  h  dargestellte  Form,  die,  mit  den  übrigen  ver¬ 
glichen,  sich  als  eine  bekrönende,  abschliefsende  erweist.  Ein 
Grund,  dort  die  Form  zu  wechseln,  ist  nicht  erkennbar,  wenn  man  sich 
nicht  den  Abschlufs  des  ganzen  Gebäudes  in  dieser  Höhe  denkt. 

Wenn  der  Meriansche  Stich  Glaubwürdigkeit  besitzt,  was  bei 
dem  gewissenhaften  Beobachter  doch  wohl  angenommen  werden  darf, 
so  befand  sich,  wie  oben  erwähnt,  auf  der  Stadtseite  ein  Giebelfeld 


Abb.  2.  Ansicht. 

Kaiser  'Wilhelni-Gedächtnirskirclie  in  BerUn-Charlottenburg. 


in  römischer,  nicht  romanischer  Form  und  Technik.  Diese 
Abgeschmacktheit  bei  einer  Thorburg  und  bei  einem  Gebäude,  wel¬ 
ches  nach  der  anderen  Seite  im  Grundrifs  rund  abscliliefst,  kann 

man  dem  künstlerisch 
grofs  empfindenden 
Schöpfer  der  Porta  nigra 
nicht  Zutrauen.  Sie 
spricht  für  eine  Zeit 
künstlerischen  Verfalles, 
wie  solcher  sich  gegen 
Ende  der  römischen 
Herrschaft  zeigte.  Zu- 
sammeugefafst  mit  dem 
später  gebotenen  Beweis, 
dafs  der  Bau  des  Haupt¬ 
körpers  der  Porta  nigra 
nicht  in  diese  Zeit  fallen 
kann ,  dürften  diese 
Gründe  jeden  Zweifel 
an  einem  späteren  Auf¬ 
bau  des  Thurmgeschosses 
ausschliefsen. 

Während  unsere 
Porta  nigra  in  Bezug  auf 
ihren  Zweck  und  die 
an  ihr  vorgekommenen 
Wandlungen  eine  ziem¬ 
lich  deutliche  Sprache 
redet,  sodafs  man  bei 
den  mangelnden  alten 
Urkunden  hier  mit  Recht 
sagen  kann:  „Wenn 
die  Menschen  schweigen, 
so  reden  die  Steine“, 
so  ist  sie  mit  Rücksicht 
auf  ihr  genaues  Alter 
von  einer  viel  gröfseren 
Verschwiegenheit.  Es 
soll  versucht  werden, 
in  nachstehendem  den 
Schleier  wenigstens  in 
etwas  zu  lüften.  In 
erster  Linie  müssen  hier¬ 
zu  die  vom  Regierungs- 
und  Baurath  Seyffarth 
mitgetheilten  Ergebnisse 
der  Ausgrabungen  im 
Jahre  1876  herangezogen 
werden.  Leider  wurde 
die  Ausschachtung  nur 
in  unmittelbarer  Nähe 
des  Thores,  an  der  Ecke, 
wo  die  stadtabgekehrte 
Thorseite  an  den  östlichen 
runden  Thurm  stöfst,  bis 
auf  und  etwas  unter  die 
Bankettsohle  geführt, 
während  an  der  Stadt¬ 
seite  die  Grabung  sich 
auf  eine  geringere  Tiefe 
beschränkte.  Aber  auch 
schon  sehr  dankenswerthe 


das  Gebotene  giebt  für  die  Forschung 
Anhaltspunkte. 

Wie  der  auf  Seite  506  dargestellte  Durchschnitt 
durch  das  Fundament  nachweist,  liegen  unter 
der  römischen  Sohle  0,72  m  Schutt,  0,35  m  Stein¬ 
schrotabfälle,  0,70  m  Sand  mit  Beimischungen, 
0,70  m  Sand,  1,70  m  Kies  mit  Sand  und  darunter 
als  eigentlicher  Baugrund  reiner  Kies.  Nach 
den  Mittheilungen  in  dem  anfangs  erwähnten 
Bericht  lag  eine  römische  Strafse  von  0,50  m  Dicke  unter  der  Sohle 


- J| 

i  ^ 


Abb.  9. 


520 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltuug. 


13.  December  1890. 


des  Thorweges.  Unter  dieser  Strafse  fand  sich,  wie  mir  der  sehr  vor¬ 
sichtig  beobachtende  Verfasser  mündlich  versicherte,  keine  Spur  einer 
älteren  Strafse.  Es  bleibt  also  nach  Abzug  des  50  cm  tiefen  Strafsen- 
bettes  nur  22  cm  Schutt  und  35  cm  Steinschrotabfall  bis  zum  ersten 
Sandlager  übrig.  Der  Steinschrotabfall  scheint  vom  Bau  des  Thorcs  her¬ 
zurühren.  Man  kann  also  sagen,  dafs  die  Sohle  der  durch  die  Porta 
nigra  führenden  römischen  Strafse  nahezu  auf  jungfräulichem 
Boden  liegt.  Dieser  Umstand  könnte  zu  dem  Schlufs  führen,  dafs  das 
Thor,  wie  Professor  Hübner  es  aus  anderen  Gründen  behauptet,  im 
ersten  Jahrhundert  nach  Chr.  gebaut  sei.  Dem  gegenüber  ist  aber  zu 
bemerken,  dafs  das  Gebiet  vor  demselben  von  der  Mosel  an  bis  etwa 
150  m  östlich  von  der  heute  durchführenden  Strafse  Gräberfeld,  also 
gar  nicht  oder  spärlich  bebaut  war.  Eine  erhebliche  Erhöhung 
konnte  also  dort  nicht  statttinden.  In  der  Mitte  der  Stadt  beträgt 
die  Tiefe  vom  jetzigen  bis  zum  gewachsenen  Boden  etwa  5  m,  am 
Dom  4,70  m,  auf  dem  Hofe  des  Eegierungsgebäudes  5,50  m.  An  ver¬ 
schiedenen  Stellen  ist  ungefähr  in  der  Mitte  dieser  ganzen  Erhöhung 
die  alte,  mit  schweren  Lava-  und  Kalksteinen  belegte  fränkische 
Strafse  aufgedeckt  worden.  Bei  der  Porta  nigra,  wo  die  Aufschüt¬ 
tung  über  der  römischen  Sohle  etwa  1,80  m  beträgt,  fand  Quednow 
diese  Strafse  etwa  0,80  m,  Seyffarth  0,60  m  über  derselben,  sodafs 
also  seit  Erbauung  des  Thores  bis  zur  fränkischen  Zeit  eine  Er¬ 
höhung  von  etwa  0,70  m  stattgefundeu  hat,  trotzdem  die  Strafsenhöhe 
dort  durch  das  Thor  gewissermafsen  festgelegt  war.  Dadurch  ist 
nachgewiesen,  dafs  die  Nachbarschaft  des  Gräberfeldes  die  Erhöhung 
zwar  verminderte,  aber  nicht  ganz  hindern  konnte. 

Es  steht  fest,  dafs  Constantin  die  Stadt  nahezu  in  Trümmern 
fand  und  sie,  um  mit  Eumenius  zu  reden,  „in  allen  ihren  Mauern 
wieder  auferstehen  liefs“.  Wäre  das  Thor  also  zu  Constantins  Zeit 
oder  nach  derselben  erbaut  worden,  so  hätte  eine  gewisse  Aufschüt¬ 
tung  von  Bautrümmern  und  unter  der  Strafsenbefestigung  die  Spur 
einer  älteren  römischen  Strafse  bestimmt  nachgewiesen  werden 
müssen.  Auch  hätte  Eumenius,  der  alle  Gebäude  nennt,  deren  Er¬ 
bauung  den  Ruhm  Constantins  vermehren  konnte,  in  seiner  be¬ 
kannten  Lobrede  einen  so  wahrhaft  kaiserlichen  Bau  wie  die  Porta 
nigra  nicht  unerwähnt  gelassen,  wenn  sie  Constantin  zum  Schöpfer 
gehabt  hätte.  Diese  Gründe  berechtigen  zu  der  Behauptung,  dafs 
der  Bau  vor  Constantin  errichtet  worden  ist. 

In  zweiter  Linie  mufs  die  Architektur  der  Porta  nigra  befragt 
werden.  Die  Porta  nigra  war  kein  Luxusbau  im  eigentlichen  Sinne 
des  Wortes.  Sie  war  ein  Nutzbau  in  mächtigstem  Mafsstabe.  Es 
ist  keine  Frage,  dafs  der  Meister  von  grofsem  künstlerischen  Em¬ 
pfinden  beseelt  war.  Auch  waren  die  Ausführenden,  wahrscheinlich 
Handwerker  einer  Legion,  technisch  sehr  geschult,  wie  die  vorzüg¬ 
liche  Herstellung  des  in  structura  quadrata  (opus  pseudisodomum) 
errichteten  Gebäudes  bezeugt;  auf  eine  künstlerisch  vollendete 
Airsführung  haben  sie  indessen  keinen  Werth  gelegt.  Die  Einzel¬ 
heiten  bringen  mir  die  Ueberzeugung  bei,  dafs  es  niemals  die  Ab¬ 
sicht  gewesen  ist,  auch  nicht  durch  spätere  Ueberarbeitung,  die 
Formen  nach  den  bei  Tempel-  und  Palastbauten  üblichen  Gliede¬ 
rungen  aufzulösen.  Es  sollte  ein  im  Gesamtgeist  römischer  Bau¬ 
weise  gehaltenes  Werk  von  ernstem,  abwehrendem  Charakter  ge¬ 
schaffen  werden.  Ich  glaube,  dafs  dieser  Gedanke  ebenso  bewufst 
als  glücklich  war.  Denken  wir  uns  die  Porta  nigra  mit  den  fein 
ausgearbeiteten  Profilen  der  Palastarchitektur,  so  wäre  ein  grofser 
Reiz  ihrer  Erscheinung  verloren  und  die  so  sicher  ihre  Bestimmung 
verrathende  trotzige  Grofsartigkeit  geschädigt.  Es  soll  nicht  ab¬ 
geleugnet  werden,  dafs  eine  spätere  Ueberarbeitung  in  Aussicht  ge¬ 
nommen  war,  diese  sollte  aber  gewifs  nicht  über  die  angedeuteten 
Grenzen  hinausgehen.  Indessen  der  Künstler  kann  niemals  und 
konnte  namentlich  zu  damaliger  Zeit  nicht  aus  dem  Geist  seiner  Zeit 
heraustreten,  und  deshalb  sind  wir  berechtigt,  aus  den  allerdings 
ungewöhnlichen  Formen  unsere  Schlüsse  für  die  Entstehungszeit  zu 
ziehen.  Diejenigen  Schriftsteller,  welche  die  Architektur  als  Aus¬ 
gangspunkt  für  die  Zeitbestimmung  genommen  haben,  z.  B.  Kugler, 
sind,  auch  abgesehen  von  der  mifsverstandenen  Capitellforin  der 
oberen  Geschosse,  sämtlich  zu  dem  Schlüsse  gekommen,  dafs  man 
eine  späte  Zeit  annehmen  müsse.  Kugler  sagt;  „Allerdings  kann 
es  für  den,  der  nur  einigermafsen  mit  den  Formen  der  antiken 
Kunst  bekannt  ist,  kein  Zweifel  sein,  dafs  an  ihr  der  Charakter  spät¬ 
römischer  Kunst  mit  Entschiedenheit  sich  ausspricht“.  Es  wirken 
dabei  wesentlich  bestimmend  die  übertriebene  Gebälkhöhe  und  das 
Mifsverhältnifs  zwischen  Architrav  und  Fries.  Auch  die  selbständige, 
abgelöste  Umrahmung  der  Fenster  in  der  Form,  wie  sie  bei  der 
Porta  nigra  vorkommt,  wird  sich  in  der  besseren  Zeit  nicht  vorfinden. 
Bei  den  Gebäuden  mit  anklingenden  Bogenstellungen  aus  der  früheren 
Kaiserzeit,  dem  Theater  des  Marcellus,  dem  Colosseum  u.  a.,  finden 
wir  durchlaufende  Brüstungsgesimse  und  gegen  die  Halbsäulen  todt- 
laufende  Kämpfergesimse.  Aehnliche  Bildung  wie  die  Porta  nigra 
hat  in  der  Bogen-  und  Pilasterstellung  das  Grabdenkmal  in  St.  Eemy, 
das  zwar  nicht  sicher  datirt  ist,  aber  gewifs  der  späteren  Kaiserzeit 


angehört.  In  Bezug  auf  die  Gesimsbildung  finden  wir  eine  auf¬ 
fallende  Aehnlichkeit  bei  dem  Triumphbogen  zu  Saintes,  dessen 
späte  Datirung  nicht  beanstandet  wird.  Was  den  militärtechnischen 
Standpunkt  betrifft,  so  stützt  sich  Professor  Hübner  für  seine  frühere 
Datirung  (Mitte  1.  Jahrhunderts)  auf  den  oben  erwähnten  General 
von  Hochfel  den.  Er  läfst  diesen  die  Porta  nigra  unter  die  Werke 
der  activen  Defensive  einreihen,  deren  Entstehungszeit  mit  dem 
Jahre  235  abschliefse.  Hübner  sagt  ferner  wörtlich;  „Er  (Hochfelden) 
kommt  nach  alledem  zu  dem  Schlufs,  dem  Thor  in  bewufstem  Gegen¬ 
satz  gegen  die  Kuglersche  Ansicht  sicher  römischen  Ursprung  und 
zwar  aus  einer  dem  Bau  des  Thores  von  Aosta  (Augustus)  nahe¬ 
liegenden  Zeit  zuzuweisen“.  Mit  Ausnahme  der  Behauptung  des 
römischen  Ursprungs  ist  bei  Krieg  von  Hochfelden  von  alledem 
nichts  zu  finden.  Vielmehr  behauptet  er  das  genaue  Gegentheil, 
indem  er  die  Gründung  ohne  Schwanken  in  die  spätrömische  Zeit 
verlegt. 

Es  erübrigt  noch,  unser  Bauwerk  von  inschriftlichem  Stand¬ 
punkt  aus  zu  beleuchten.  Hier  hat  Professor  Hübner  mit  über¬ 
raschender  Sicherheit  das  letzte  Wort  zu  sprechen  geglaubt.  Die 
zahlreich  an  den  Quadern  befindlichen  Anfänge  römischer  Namen 
sind  von  ihm  zusammengestellt  und  die  Schriftzeichen  für  „offenbar 
der  Zeit  des  Augustus  näherstehend  als  der  des  Trajan“  erkannt 
worden.  Professor  Hübner  spricht  in  seinem  Bericht  (Monatsberichte 
der  Königlich  Preufsischen  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin 
aus  dem  Jahre  1884  Seite  94  u.  f.)  mit  Geringschätzung  von  den 
dilettantischen  Trlerischen  Forschungen,  Dem  gegenüber  ist  es 
Pflicht,  diesen  Bericht  auf  seine  Zuverlässigkeit  zu  prüfen.  Das 
Thor  hiefs,  wie  aus  den  früher  erwähnten  Urkunden  von  Poppo  und 
Eberhard  (1042  und  1048)  hervorgeht,  früher  Porta  Martis,  weil  es 
dem  Mars  geweiht  war.  Warum  sollte  auch  ein  so  mächtiges 
römisches  Kriegsthor  seinen  Namen  nicht  dem  Kriegsgott  verdanken? 
Weil  nun  aber  die  Anfangsbuchstaben  M.  A.  R.  etwa  zwanzig  Mal, 
mit  dem  Spitzeisen  eingeritzt  und  nur  mit  Mühe  auffindbar,  ver¬ 
kommen,  deshalb  hat  das  Thor  nach  Hübner  —  „offenbar  hierdurch 
veraulafst“  —  den  Namen  „Porta  Martis“  erhalten!  Zur  Bekräftigung 
seiner  Datirung  behauptet  Hübner,  dafs  bei  St.  Barbara  alte  Mauer- 
theile  gefunden  worden  seien,  deren  Schriftzeichen  „offenbar  der¬ 
selben  Gattung  seien  wie  die  auf  den  Steinen  der  Porta  nigra“. 
Nun  gehören  die  aufgefundenen  Steine  mit  diesen  Schriftzeichen  aber 
nicht,  wie  er  geglaubt,  der  Stadtmauer,  sondern  den  Thermen  von 
St.  Barbara  an,  einem  Gebäude,  welches  sowohl  wegen  seiner  Technik 
als  auch  seiner  üppigen  Ausstattung  mit  Säulen,  Wandbekleidungen 
und  Fufsbödeu  von  Marmor  unmöglich  in  das  erste  oder  zweite,  ja 
kaum  in  das  dritte  Jahrhundert  gesetzt  werden  kann.  In  liebens¬ 
würdigerer  Weise  hätte  Professor  Hübner  den  Gegnern  seiner  Deu¬ 
tung  die  Waffen  nicht  in  die  Hand  geben  können.  Endlich  ist  es 
eine  überaus  kühne  Behauptung,  wenn  er  die  Stadtmauer,  deren 
Reste  jetzt  noch  in  unmittelbarem  Anschlufs  an  die  Verzahnung  der 
Porta  nigra  erhalten  sind,  der  ersten  Gründungszeit  zuschreibt. 
Durch  Tacitus  ist  es  allerdings  festgestellt,  dafs  Trier  um  das 
Jahr  70  Stadtmauern  gehabt  hat.  Es  wird  aber  allgemein  ange¬ 
nommen,  dafs  dieselben  später  und  wahrscheinlich  von  Constantin 
erneuert  worden  sind.  Fügen  wir  seine  Umkehrung  der  Aussagen 
von  Krieg  von  Hochfelden  hinzu,  so  dürfen  wir  sagen,  dafs  die  ge¬ 
schichtlichen  und  litterarischen  Beweise  Hübners  eine  Kette  von 
Irrthümern  bilden.  Doch  auch  seine  Schlüsse  aus  dem  Charakter 
der  auf  den  Steinen  der  Porta  nigra  vorkommenden  Buchstaben  haben 
sich  als  hinfällig  erwiesen.  Professor  Hettner,*)  der  mehr  als  irgend 
ein  anderer  Gelegenheit  gehabt  hat,  sich  durch  Vergleichung  von 
datirten  Inschriften  über  die  in  Trier  üblichen  Schriftzeichen  zu 
unterrichten,  hat  schon  nachgewiesen,  dafs  sich  keineswegs  aus 
diesen  eine  Gründung  in  den  ersten  Jahrhunderten  herleiten  lasse. 
In  jüngerer  Zeit  sind  bei  den  oben  erwähnten  von  Hübner  für  Reste 
der  Stadtmauer  gehaltenen  Thermen  von  St.  Barbara  noch  mehrere 
mit  den  Buchstaben  M.  A.  R.  in  gleicher  Linienführung  bezeichnete 
Steine  gefunden  worden,  sodafs  die  Berechtigung,  den  beiden  Bauten 
eine  nicht  sehr  weit  auseinander  liegende  Gründungszeit  zuzuweisen, 
aufser  Zweifel  steht.  Bei  den  Thermen  kann  diese  nur  spät  und 
zwar  keinesfalls  vor  das  Ende  des  dritten  Jahrhunderts  angesetzt 
werden.  —  Ich  habe  geglaubt,  auf  die  Darlegung  Hübners  etwas 
näher  eingehen  zu  müssen,  weil  seine  Datirung  schon  Aufnahme  in 
der  Kunstgeschichte  gefunden  hat. 

Wenn  nun  die  Porta  nigra  auf  Grund  der  Bodenuntersuchungen 
vor  Constantin  erbaut  sein  mufs,  wenn  anderseits  die  Architektur, 
die  politischen  und  socialen  Verhältnisse,  die  militärtechnische  Eigen¬ 
art  sowie  die  Uebereinstimmung  der  Schriftzeichen  mit  denen  der 
Thermen  von  St.  Barbara  auf  eine  sehr  späte  Zeit  hinweisen,  so  wird 
man  fast  von  selbst  auf  die  Zeit  von  Diocletian  und  Maximian  ge- 


*)  Hettner,  Römisches  Trier,  Seite  20  ff. 


Nr.  50. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung, 


521 


führt,  welche  nach  Aufgebung  des  Grenzwalles  eine  neue  Gestaltung 
der  Grenze  durch  ein  grofsartiges  Vertheidigungssystem  ausführeu 
liefsen.  Maximian  weilte  288  in  Trier,  welches  er  zum  Stützpunkt 
seiner  militärischen  Unternehmungen  machte,  und  diese  Zeit  ist 
es,  die  ich  für  die  Entstehung  der  Porta  nigra  in  Anspruch 
nehmen  möchte. 

Zum  Schlufs  sollen  die  Ergebnisse  der  vorliegenden  Unter¬ 
suchung  kurz  zusammengefafst  werden.  Ich  glaube  bewiesen  zu 
haben : 


1.  dafs  die  Porta  nigra  im  11.  Jahrhundert  in  ihren  Oberge¬ 
schossen  einer  christlichen  Ueberarbeitung  unterworfen  worden  und 

2.  dafs  das  oberste  Geschofs  des  westlichen  Thurmes  später  auf¬ 
gebaut  ist; 

3.  die  gröfsto  Wahrscheinlichkeit,  fast  Gewifsheit,  spricht  dafür, 
dafs  die  Porta  nigra  vor  Constantin,  aber  doch  in  später  Kaiserzeit 
erbaut  ist;  demnach  ist  die  Vermuthung  nicht  ohne  Berechtigung,  sie 
dem  Maximian  zuzuschreiben. 

Baurath  Brauweiler. 


Aus  dem  ßeichshaushalt  für  1891/92. 

(Schlufs.) 


II.  Eiunialige  Ausgaben  für  die  Bauausführuugeu  der  Mariiie- 


verwaltiiiig. 

Betras?  Gc.^iamt- 

l.  Ordentlicher  Etat.  fiu-  1891/92  kosten 

Jl  Jt 

1.  Zum  Bau  eines  schwimmenden  Dampf- 

krahns,  2.  und  Schlufsrate .  310  000  (610  000) 

*2.  Zu  Neubauten  sowie  zur  Reparatur,  Er¬ 
weiterung  und  Ergänzung  an  Torpedo- 

und  Minendienstgebäuden .  220  400  (220  400) 

3.  Zur  Verlegung  und  Vergröfserung  des 
Miuendepots  von  Eriedrichsort ,  4.  und 

Schlufsrate .  197  350  (660  000) 

'M.  Zum  Bau  von  zwei  Dienstwohngebäuden 
für  das  Personal  des  Torpedo-  und  des 

Minenwesens  in  Friedrichsort,  1.  Rate  .  100  000  (200  000) 

5.  Zur  Beschaffung  eines  Reserve-Verschlufs- 
pontons  für  die  Trockendocks  Nr.  I  und  II 
auf  der  Werft  von  Wilhelmshaven,  2.  und 

Schlufsrate .  66  000  (166  000) 

"*"0.  Zur  Eini'ichtung  von  Torpedoboots¬ 

kammern  in  dem  Reserve  -  Magazin  für 

Panzerschiffe  auf  der  Werft  von  Kiel  .  .  16  000  (16  000) 

'*‘7.  Zur  Beschaffung  eines  zweiten  Pontons 

für  dasTorpedoboots-Schwimmdock  inKiel  60  000  (60  000) 

*8.  Zur  Vergröfserung  der  Schmiede-  und 
Schlosserwerkstatt  auf  der  Werft  von 

Wilhelmshaven,  1.  Rate .  53  000  (162  000) 

*9.  Ziir  Vergröfserung  des  Gebäudes  zur  Unter¬ 
bringung  der  Gegenstände  für  die  elek¬ 
trische  Beleuchtung  auf  der  Werft  von 

Wilhelmshaven .  25  000  (25  000) 

'■'‘10.  Zum  Bau  eines  neuen  Zeichenbureaus  für 
das  Schiffbauressort  auf  der  Werft  von 

Wilhelmshaven .  62000  (62  000) 

*11.  Zur  Erbauung  eines  Putzraumes  für  die 
Metall-  und  Eisengiefserei  auf  der  Werft 

von  Wilhelmshaven .  24  000  (24000) 

12.  Zur  Beschaffung  eines  eisernen  schwim¬ 
menden  Docks  für  Torpedoboote  für  die 
WerftvonWilhelmshaven,2.undSchlufsrate  25  000  (223  000) 

*13.  Zur  Beschaffung  eines  eisernen  Verschlufs- 
pontons  für  die  Helling  I  auf  der  Werft 

von  Danzig .  60  000  (60  000) 

*14.  Zur  Herstellung  einer  elektrischen  Be¬ 
leuchtungsanlage  auf  derWerft  vonDanzig, 

1.  Rate  . .  100  000  (265  000) 

*15.  Zur  Erweiterung  des  Kesselhauses  für  die 
Maschinenbau- Werkstatt  auf  derWei-ft  von 
Danzig  und  zur  Beschaff'ung  eines  dritten 

Dampfkessels  . .  38000  (38000) 

*16.  Zu  Einrichtungen  am  Lande  behufs  Her¬ 
stellung  von  Dampfheizungsanlagen  auf 
den  aufser  Dienst  befindlichen  Torpedo¬ 
booten  in  Kiel  und  Wilhelmshaven  ...  62  500  (62  500) 


*17.  Zum  Bau  einer  Kupferschmiede-  und 

Klerapnerwerkstatt  auf  der  Werft  von  Kiel  109  000  (109  000) 

*18.  Zur  Beschaffung  und  Aufstellung  zweier 
Drehkrähne  am  Torpedobootshafen  in 


Kiel,  sowie  zur  Herstellung  von  Schienen¬ 
geleisen  nebst  Drehscheiben .  20  000  (20  000) 

*19.  Zum  Bau  eines  Kohlenmagazins  am  Süd- 
westkai  des  neuen  Hafens  in  Wilhelms¬ 
haven  .  208  000  (208  000) 

20.  Zum  Bau  zweier  Dienstgebäude  für  die 
Commando-  und  Verwaltungsbehörden  in 

Kiel  nebst  Ausstattung,  2.  Rate  ....  575  000  (1 120  000) 

*21.  Zum  Bau  einer  Landebrücke  im  Kieler 

Hafen  .  29000  (29000) 

*22.  Zum  Umbau  und  zur  Verbesserung  des 
Dauensfelder  Siels ,  in  Wilhelmshaven, 

1.  Rate .  200  000  (300  000) 

*23.  Zum  Neubau  eines  Dienstgebäudes  für 
das  Chronometer-Prüfungsinstitut  in  Ham¬ 
burg  .  40000  (40  000) 


Zu  übertragen  2  600  250 


Uebertrag  2  600  250 
2.  Ju/ser ordentlicher  Etat. 

*1.  Zum  Bau  von  Arbeiterwohnhäusern  für 


Friedrichsort .  341 000  (341  000) 

2.  Zur  Fortsetzung  der  Bauten  des  Marine- 
Etablissements  beiEllerbeck  (Kiel),  18.  Rate 
und  zwar:  Zur  Vergröfserung  der  Metall- 
giefserei  und  gleichzeitigen  Einrichtung 
derselben  als  Eisengiefserei,  2.  und  Schlufs- 

rate  ......._ .  156  000 

3.  Zu  Bauten  beim  Marine-Etablissement  in 
Wilhelmshaven,  und  zwar:  Zum  Bau  eines 

zweiten  Geschützlagerhauses,  2.  Rate  .  .  200  000  (430  000) 

*4.  Zur  Herstellung  eines  Liegehafens  hinter 
der  Nordmole  der  neuen  Hafeneinfahrt  in 
Wilhelmshaven,  sowie  zum  Bau  eines 

Grätings  in  demselben,  1.  Rate  ....  90  000  (255  000) 

*5.  Zu  Vor-  bezw.  Projectirungsarbeiten  für 

Herstellung  von  Dockanlagen  ....  36  000  (36  000) 


Summe  3  423  250 


III.  Eiuuialige  Ausgaben  für  die  Bauausführungen  der  Reichs-Post- 
und  Telegraphen  -Verwaltung. 


Betrag  Gesamt- 

Ordentlicher  Etat.  tür  1891(92.  kosten. 

M  M 

1.  Zur  Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäu¬ 
des  in  Köln  (Rhein),  7.  Rate  (4.  Baurate)  500  000  (2  000  000) 

2.  Desgl.  in  Cottbus,  4.  und  letzte  Rate  .  .  32  630  (282  630) 

3.  Zur  Vergröfserung  des  Postgrundstücks 
und  zur  Herstellung  eines  neuen  Dienst¬ 
gebäudes  in  Frankfurt  (Main),  4.  Rate 

(2.  Baurate).  .  ._ .  638  584  (2  150  000) 

4.  Zur  Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäu¬ 
des  in  Aachen,  4.  Rate  (3.  Baurate) .  .  .  300  000  (921 500) 

5.  Desgl.  in  Gera  (Reufs  j.  L.),  3.  und  letzte 

Rate .  79  000  (307  500) 

6.  Zum  Um-  und  Erweiterungsbau  auf  dem 
Postgrundstück  in  Oppeln,  3.  Und  letzte 

Rate .  87  600  (287  300) 

7.  Zur  Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäu¬ 
des  in  Paderborn,  3.  und  letzte  Rate  .  .  44  580  (219  000) 

8.  Desgl.  in  Burg  (Bz.  Magdeburg),  2.  und 

letzte  Rate .  85 100  (151 500) 

9.  Desgl.  in  Duisburg,  2.  Rate .  147  500  (310  000) 

10.  Desgl.  in  Glogau,  2.  und  letzte  Rate  .  .  155  200  (235  200) 

11.  Desgl.  in  Lahr  (Baden),  2.  und  letzte  Rate  70000  (140000) 

12.  Desgl.  in  Landsberg  (Warthe),  2.  Rate  .  81250  (229  450) 

13.  Desgl.  in  Liegnitz,  2.  Rate .  250  000  (741 000) 

14.  Desgl.  in  Luckenwalde,  2.  und  letzte  Rate  110  000  (180  000) 

15.  Desgl.  in  Osterode  (Harz),  2.  und  letzte  Rate  53  400  (122  500) 

16.  Desgl.  in  Zeitz,  2.  und  letzte  Rate  .  .  .  126  500  (194000) 

17.  Zur  Erwerbung  eines  Bauplatzes  und  zur 
Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäudes 

in  Crefeld,  2.  Rate  (1.  Baurate)  ....  217  780  (749  000) 

*18.  Zur  Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäu¬ 
des  in  Baden-Baden,  1.  Rate .  80  000  (256  600) 

*19.  Desgl.  in  Berlin  auf  dem  Postgrundstück 

Ritterstrafse  7,  1.  Rate .  70  000  (155  200) 

*20.  Desgl.  in  Brandenburg  (Havel),  1.  Rate  .  80  000  (251  900) 

*21.  Zum  Um-  und  Erweiterungsbau  auf  dem 

Postgrundstück  in  Braunschweig,  1.  Rate  80  000  (246  200) 

*22.  Zur  Erwerbung  eines  Bauplatzes  und  zur 
Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäudes 

in  Colmar  (Elsafs),  1.  Rate .  180  000  (236  000) 

*23.  Zur  Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäu¬ 
des  in  Demmin,  1.  Rate .  60  000  (150  000) 

*24.  Desgl.  in  Diedenhofen,  1.  Rate  ....  75  000  (138  915) 

*25.  Desgl.  in  Eberswalde,  1.  Rate .  60  000  (150  000) 

*26.  Desgl.  in  Homburg  vor  der  Höhe,  1.  Rate  80  000  (200  000) 

*27.  Desgl.  in  Itzehoe,  1.  Rate .  70  000  (221 000) 

*28.  Desgl.  in  Königshütte  (O.-Schles.),  1.  Rate _ 70  000  (163  350) 


Zu  übertragen  3  884  124 


522 


13.  Deeeiuber  1890. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Uebertrag' 

•'^29.  Zur  Erwerbung  eines  Bauplatzes  und  zur 
Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäudes 

in  Lüdenscheid,  1.  Rate . 

*30.  Zur  Herstellung  eines  neuen  Dienstgebäu¬ 
des  in  Memel,  1.  Rate . 

*31.  Desgl.  in  Northeim  (Hannover),  1.  Rate  . 

*32.  Desgl.  in  Pasewalk,  1.  Rate . 

*33.  Desgl.  in  Pyrmont,  1.  Rate . 

*34.  Desgl.  in  Stade,  1.  Rate . 

*35.  Desgl.  in  Weifsenburg  (Elsafs),  1.  Rate  . 
*36.  Desgl.  in  Wittenberg  (Bz.  Halle),  1.  Rate 

Summe 


3  884 124 


117  000 

85000 
62  500 
61  500 
60  000 
70000 
60  000 
80  000 
4  480 124 


(231  200) 

(277  000) 
(127  000) 
(131 250) 
(HO  700) 
(203  000) 
(148  400) 
f227  435) 


lY,  Einmalige  Ausgaben  für  die  Bauausfiilirimgeu  der  Yerwaltuug 
der  Eeiclis-Eiseiibalineu. 


Betrap: 

Gesamt- 

Auf serordentlicher  Etat. 

für  1S91/93 

kosteu 

M 

Jl 

1.  Zum  Ausbau  des  zweiten  Geleises  auf  der 
Theilstrecke  Kediugen  -  Ebersweiler  der 
Linie  Diedenhofen-Teterchen,  letzte  R.ate 

300  000 

(1  873  000) 

2.  Zur  Herstellung  einer  norm.alspurigen 
Eisenbahn  von  Altkirch  über  Wereuz- 
hausen  nach  Pfirt  bezw.  Alt-Pfirt,  letzte 
Rate . 

400  000 

(2  000  000) 

3.  Zum  Ausbau  des  zweiten  Geleises  auf  der 
Theilstrecke  Diedenhofen  -  Kediugen  der 
Linie  Diedenhofen-Teterchen,  einschliefs- 

Zu  übertragen 

700  000 

Uebertrag  700000 

lieh  der  Erweiterung  des  Bahnhofs  Dieden- 

hofen,  2.  Rate .  700  000  (1710  000) 

4.  Zur  Herstellung  einer  normalspurigen 
Eisenbahn  von  Saarburg  nach  Albersch¬ 
weiler  mit  Abzweigung  von  Hessen  nach 

Vallerysthal,  2.  Rate .  500  000  (2  265  000) 

5.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofs  Bensdorf, 

2.  Rate .  130  000  (245  000) 

6.  Zur  Vermehrung  der  Betriebsmittel,  2.  Kate  1  000  000  (3  000  000) 

*7.  Für  den  Ankauf  der  Pfalzburger  Strafsen- 

bahn  und  die  Instandsetzung  derselben  .  365  000  (365  0(K)) 

*8.  Zum  Ausbau  des  zweiten  Geleises  auf  der 
Theilstrecke  Ebersweiler  -  Teterchen  der 

Linie  Diedenhofen-Teterchen,  1.  Rate  .  .  780  000  (2  249  000) 

*9.  Zur  Vergröfserung  des  Verwaltungsgebäu¬ 
des  am  Bahnhöfe  Strafsburg,  1.  Rate  .  .  230  000  (460000) 

*10.  Zur  Erweiterung  des  Bahnhofs  Colmar, 

1.  Kate . 100  000  (220  000) 

*11.  Zur  Erbauung  von  Dienstwohnungen  für 

Zugbeamte  auf  dem  Bahnhofe  Saargem.ünd  100  000  (100  000) 

*12.  Zur  Herstellung  einer  normalspurigen 
Eisenbahn  von  Slommenheim  über  Ober¬ 
modern  nach  Saargemünd,  1.  Rate  .  .  .  2  000  000  (26  961000) 
*13.  Zur  Weiterführung  der  Eisenbahn  Colmar- 

Münster  bis  Metzeral,  1.  Rate .  200  000  (1  051  000) 

*14.  Zur  Erweiterung  der  Geleise  auf  dem 

Innen-  und  Aufseubahnhofe  Esch  .  .  .  80  000  (80  000) 

*15.  Zur  Erweiterung  der  Reparaturwerkstätte 

auf  Bahnhof  Luxemburg .  85  000  (85  000) 

Summe  6  970  000 


Signale  der  Uiitergrundbaliii  in  London 

Von  Komniaim. 


Unter  den  Nachtheilen  der  unterirdischen  Betriebsweise  auf  der 
inneren  Ringbahn  in  London  ist  die  erschwerte  Streckensicheruug 
durch  Signale  nicht  in  letzter  Linie  aufzuführen.  Dieselbe  ist  zum 
Theil  darin  begründet,  dafs  die  Signale  wegen  des  nie  ganz  zu  be¬ 
seitigenden  Rauches  der  Maschinen  und  der  im  Winter  selbst  bis  in 
die  Tunnelräume  hinabsteigenden  Nebel  erst  in  gröfserer  Nähe  deut¬ 
lich  erkennbar  werden.  Ferner  ist  der  Blick  durch  die  nahen  Tunnel¬ 
wände  stets  beengt,  namentlich  aber  werden  durch  die  zahlreichen 
und  scharfen  Bahnkrümmungen  die  Signale  dem  Auge  oft  sehr  spät 
sichtbar.  Aufserdem  können  dieselben  naturgemäfs  nur  in  geringer 
Höhe  über  dem  Boden  angebracht  werden.  In  den  Tunneln  selbst 
ist  man  auf  die  ausschliefsliche  Verwendung  von  Grundlaternen  an¬ 
gewiesen,  welche  entweder  in  dem  Zwischenraum  zwischen  den  beiden 
Geleisen,  dem  „Sechsfufs-Weg“,  oder  an  der  einen  Tunnelwand 
aufgestellt  werden.  Die  Ringbahnstationen  liegen  zum  gröfsten  Theil 
in  Aufbrüchen,  doch  ist  auch  hier  durch  die  meist  nur  niedrigen 
Ueberdachungen  der  Bahnsteige  und  Geleisanlagen  die  Helligkeit 
oft  stark  beeinträchtigt,  umsomehr,  wenn,  wie  im  Mansion  House- 


dann  für  den  Locomotivführer,  das  andere  im  „Sechsfufs-Weg“  für 
den  Heizer  bestim.mt.  Man  wird  sich  hiernach  nicht  darüber  wun¬ 
dern,  dafs  die  Distrietbahn  noch  bis  auf  den  heutigen  Tag  Wei'th 
darauf  legt,  die  Führerstäude  auf  den  Locomotiven  völlig  frei  zu 
lassen.  Dafs  man  im  übrigen,  wie  sonst  auf  den  englischen  Bahnen, 
auch  auf  der  Ringbahn  die  Einfahrtsignale  durch  besondere  Vor¬ 
signale  wiederholt,  bedarf  kaum  der  Erwähnung. 

Als  Beispiel  einer  durch  die  örtlichen  Verhältnisse  sowie  die 
besondere  Betriebsweise  in  ungewöhnlich  hohem  Grade  erschwerten 
und  daher  ziemlich  verwickelten  Signaleinrichtung  soll  diejenige  der 
Mansion  House-Station  genauer  erörtert  werden  auf  Grund  von  Auf¬ 
zeichnungen,  welche  der  Oberleiter  (Manager)  der  Distrietbahn, 
Herr  Powell,  dem  Unterzeichneten  an  Ort  und  Stelle  aufzunehmen 
freundlichst  gestattet  hat.  Es  erscheint  des  besseren  Verständnisses 
wegen  indes  zunächst  nicht  überflüssig,  sowohl  über  das  englische 
Signalwesen  im  allgemeinen,  als  auch  über  die  Einrichtung  des  Be¬ 
triebes  .auf  der  Londoner  inneren  Ringb.ahn,  soweit  sie  für  die  Mansion 
House-Station  in  Frage  kommt,  einige  Worte  vorauszuschicken. 


Bahnhof,  ein  Theil  der  Geleisanlagen  noch  tunnelartig  überwölbt  ist. 
Immerhin  ist  soviel  gewonnen,  dafs  auf  den  Stationen  selbst  den 
Signalen  die  sonst  gebräuchliche  Form  der  Flügeltelegraphen  gegeben 
werden  konnte.  Im  übrigen  ist  wegen  des  vielfach  ungenügenden 
Tageslichtes  eine  Vereinigung  dieser  Flügelsignale  mit  Lampen  häufig 
auch  bei  Tage  geboten. 

Alle  diese  Umstände  haben  die  sorgfältigsten  Ermittlungen  und 
Erwägungen  bei  Aufstellung  der  Entwürfe  für  die  Sicherheitsanlagen 
erforderlich  gemacht,  und  doch  ist  in  vielen  Fällen  die  nothwendige 
Betriebssicherheit  nur  durch  Anwendung  besonderer  Hülfssignale  zu 
erreichen  gewesen.  Es  ist  namentlich  besonderer  Werth  darauf  ge¬ 
legt,  dafs  die  Signale  sowohl  dem  Maschinenführer  als  auch  dem 
Heizer  deutlich  erkennbar  sind;  diese  Forderung  hat  häufig,  nament¬ 
lich  in  den  Tunneln,  eine  Verdopplung  der  Signale  nothwendig 
gemacht.  Das  neben  der  einen  Tunnelwand  befindliche  Signal  ist 


Eine  vollkommen  einheitliche  Signalordnuug  giebt  es  in  England 
bekanntlich  nicht,  doch  ist  man  in  der  Y'erallgemeinerung  der  Vor¬ 
schriften  bereits  so  weit  vorgeschritten,  dafs  sich  bestimmte  all¬ 
gemeine  Regeln  ziehen  lassen.  Die  neuerdings  wieder  verschärften 
regierungsseitigen  Vorschriften,  deren  Ueberwachung  in  die  Hände 
des  Handelsamtes  gelegt  ist,  machen  es  zudem  wahrscheinlich,  dafs 
in  nicht  zu  ferner  Zeit  eine  vollständige  Uebereinstimmung  bei  sämt¬ 
lichen  Bahnen  nach  diesen  Regeln  erzielt  werden  wird.  Vorläufig 
kommt  es  indes  immer  noch  vor,  dafs  ein  und  dasselbe  Signal  bei 
der  einen  Bahn  „Freie  Fahrt“,  bei  einer  anderen  „Halt“  bedeutet.  Im 
übrigen  herrscht  der  Gebrauch  der  Flügeltelegrapheu  jetzt  weitaus 
vor,  wo  es  sich  um  die  Sicherung  der  durchgehenden  Strecken  han¬ 
delt,  während  für  Verschubzwecke  und  für  die  Bewegung  von  Zügen 
und  Maschinen  in  Bahnhöfen  Grundscheiben  und  Grundlaternen  oder 
auch  wohl  kleinere  und  —  wie  bei  der  Londoner  Brighton-  und 


Sr,  50. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


523 


Südküste-Balm  durch  aufgelegte  Einge  —  besonders  gekennzeichnete 
Flügelarme  angewendet  werden,  welche  dann  vielfach  mit  den  Haupt¬ 
flügeln  auf  denselben  Masten  angebracht  sind.  Die  Hauptsignale 
werden,  wenn  irgend  angängig,  zur  Linken  der  Fahrrichtung  auf¬ 
gestellt  —  in  England  wird  bekanntlich  links  gefahren  —  und  die 
angewendeten  Flügel  entweder  an  Masten  oder  wie  auf  der  inneren 
Eingbahn  auch  wohl  an  Mauerwerksflächen  und  zwar  nach  links 
zeigend  angebracht.  Mehrere  Signale,  welche  an  demselben  Orte 
für  gleichgerichtete  Geleise  angeordnet  werden  müssen,  unterscheidet 
man,  indem  man  sie  entweder  an  demselben  Maste  unter  einander 
—  für  das  linke  Geleis  zu  oberst  —  oder  besser,  und  wie  dies  auch 
neuerdings  mehr  die  Eegel  geworden  ist,  auf  besonderen  Obermasten 
eines  gemeinschaftlichen  Hauptmastes  oder  Untergestelles  neben  ein¬ 
ander  anbringt,  wobei  der  Eeihenfolge  der  Geleise  von  links  nach 
rechts  auch  diejenige  der  Signalflügel  entspricht  (vgl.  auch  Abb.  1). 
Durch  eine  derartige  gedrängte  Vereinigung  der  Signalflügel  wird  die 
Klarheit  und  Uebersichtlichkeit  der  Signalbilder  unzweifelhaft  erhöht. 

Nachdem  das  absolute  Blocksystem  in  England  allgemeine  Ver¬ 
breitung  gefunden  hat,  ist  ein  Langsamfahrsignal  (caution  signal) 
entbehrlich  geworden  und  auf  mehreren  Bahnen  auch  thatsächlich 
schon  in  Wegfall  gekommen.  Hierfür  sind  dann  um  so  schärfere 
Dienstvorschriften  an  die  Stelle  getreten.  Die  beiden  verbleibenden 
Zeichen,  das  Halt-  (danger  oder  stop-)  und  das  Fahr-  (all  right-) 
Signal  werden  am  Signalmast  bei  Tage  durch  einen  wagerecht  bezw. 
halb  abwärts  nach  links  zeigenden  Arm,  bei  Nacht  oder  an  unge¬ 
nügend  beleuchteten  Stellen  durch  verschiedenfarbiges,  zumeist 
rothes  bezw.  grünes  Licht  gegeben,  wie  dies  auch  auf  der  Eingbahn 
der  Fall  ist.  Alle  Stationen,  Bahnanschlüsse,  Bahnkreuzungen,  Aus¬ 
weichstellen  und  Blockabschnitte  sind  durch  Stations-  oder  Abschlufs- 
signale  (stop-  oder  home-,  aueh  station-signals)  nach  jeder  Fahrrichtung 
gedeckt.  Dieselben  stehen  im  allgemeinen  möglichst  dicht  bei  den 
Stellwerksbuden  (signal  boxes),  wo  sie  jedoch  zur  Deckung  von  Einfahrts¬ 
weichen  bestimmt  sind,  möglichst  nahe  an  diesen,  da  es  andernfalls 
bei  erheblichem  Abstande  von  diesen  Weiehen  möglich  sein  würde,  nach 
frühzeitigem  Zurückstellen  des  Einfahrsignals  auf  Halt  aueh  die  hier¬ 
durch  im  Stellwerk  entriegelte  Weiche  umzustellen,  ehe  noch  der  Zug 
dieselbe  erreicht  hat.  Wenn  dagegen  bei  der  englischen  Anordnung 
ein  Zug  den  Standort  des 
Signales  überschreitet,  so 
befindet  er  sich  im  selben 
Augenblick  über  der  Wei¬ 
che  und  hält  den  Eiegel- 
verschlufs,  mit  welchem 
die  in  Hauptgeleisen 
liegenden  Spitzweichen 
stets  verbunden  sind, 
mittels  einer  besonderen 
Druckschiene  unabänder¬ 
lich  fest.  Die  gewöhn¬ 
liche  Form  der  Absehlufs- 
signale  ist  die  glatt  endi¬ 
gender  Flügel  (Abb.  1  u.  2) 
bei  Tage,  farbig  abge¬ 
blendeter  Laternen  bei 
Nacht.  In  den  Tunnel¬ 
strecken  der  inneren  Eing¬ 
bahn  sind  ausschliefslich 
Grundlaternen  im  Ge¬ 
brauch. 

Um  dem  Maschinen¬ 
führer  bereits  in  ange¬ 
messener  Entfernung  von 
den  Abschlufssignalen 
deren  Stellung  anzuzeigen, 
sind  hinter  denselben 
stets  noch  besondere  Vor¬ 
signale  (distant  signals) 
aufgestellt,  welebe  lediglich  als  Wiederholungszeichen*)  anzusehen 
sind  und  durch  Gabelung  ihrer  Flügel-Enden  besonders  kenntlich 
gemacht  werden.  Es  wird  folgerichtig  gefordert,  dafs  dem  Stellwärter 
die  Möglichkeit  genommen  sei,  die  Vorsignale  auf  Fahrt  zu  stellen,  ehe 
die  Hauptsignale  heruntergelassen  sind,  und  dafs  umgekehrt  die  Ab- 
schlufs Signale  nicht  eingezogen  werden  können,  ehe  die  Vorsignale 
■wieder  auf  Halt  stehen.  Dem  Maschinenführer  ist  gestattet,  über  die 
Vorsignale  auch  In  der  Gefahrstellung  hinauszufahren,  nur  mufs  die 
Geschwindigkeit  so  ermäfsigt  werden,  dafs  die  Züge  vor  diesen  Signalen, 
wenn  nöthig,  reehtzeitig  zum  Stehen  gebracht  werden  können  (Eegel  47 
der  englischen  Vorsehriften  für  den  äufseren  Betriebsdienst,  vorletzte 


*)  Selbständig  sind  dieselben  nicht  mehr  bei  vielen  Bahnen 
•(Nordlondonbahn  usw.). 


Ausgabe)*).  Aufser  den  Abschlufs-  und  Vorsignalen  sind  ferner 
besondere  Signale  zur  Ueberwachung  der  Zugausfahrt  (starting 
signals)  angeordnet.  Auf  Bahnhöfen  sind  dieselben  bei  den  Enden 
der  Bahnsteige  aufgestellt.  Liegt  das  Erfordernifs  vor,  behufs 
Eäumung  eines  Blockabschnitts  Züge  aus  den  Stationen  zu  ent¬ 
fernen,  welche  indes  in  den  nächsten  Blockabschnitt  noch  nicht  ein- 
treten  dürfen,  so  ordnet  man  wohl  auch  noch  vorgeschobene  Ausfahr¬ 
signale  (advanced  starting  signals  oder  kurz  advance  signals)  an,  bis 
zu  welchen  man  die  auf  Ausfahrt  wartenden  Züge  vorschickt.  Auf 
dem  der  Districtgesellschaft  gehörigen  Abschnitt  der  inneren  Eing¬ 
bahn  sind  derartige,  gewissermafsen  als  Ersatz  für  Zwischenblock¬ 
stationen  anzusehende  vorgeschobene  Ausfahrsignale  mehrfach  in 
Gebrauch,  auf  dem  der  Metropolitan-Gesellschaft  gehörigen  Eingbahn- 
abschnitt  findet  man  sie  dagegen  nicht.  Sie  sind  beispielsweise  da 
berechtigt,  wo  die  Fahrzeit  zwischen  zwei  Stationen  dem  dichtesten 
Abstand  der  Züge  gleichkommt  (Blackfriars  —  Mansion  House). 

Wenn  die  Blockstrecken  eine  Länge  von  etwa  1  km  nicht  über¬ 
schreiten,  so  tritt  der  Fall  ein,  dafs  das  Vorsignal  einer  Station  dem 
Ausfahr-  oder  selbst  Abschlufssigual  der  vorhergehenden  Station 
so  nahe  rückt,  dafs  man  beide  Flügel  auf  gemeinschaftlichem  Maste 
anbringt  —  eine  in  London  besonders  häufig  zu  beobachtende  An¬ 
ordnung.  In  dem  Falle,  dafs  ein  Vorsignal  mit  einem  Abschlufs- 
signal  vereinigt  wird,  kommt  natürlich  ein  besonderes  Ausfahrsignal 
nicht  mehr  in  Anwendung.  Der  Vorsignal-Flügel  ist  regelmäfsig  der 
untere;  durch  die  weithin  sichtbare  Gabelung  dieses  Flügels  ist  einer 
Verwechslung  beider  Flügel  wirksam  vorgebeugt  (vgl.  Abb.  1).  Das 
Stellwerk  ist  in  einem  derartigen  Falle  so  eingerichtet,  dafs  das 
Vorsignal  nicht  heruntergelassen  werden  kann,  wenn  das  über  ihm 
sitzende  Signal  auf  Halt  steht,  dafs  aber,  um  widersprechende 
Signale  zu  vermeiden,  das  Vorsignal  auch  von  dem  Stellwärter  der 
rückwärtigen  Signalstation  auf  Halt  gestellt  werden  kann,  sobald 
der  Zug  vorbeigefahren  ist.  Die  gedachte  Abhängigkeit  wird  auf  • 
der  inneren  Eingbahn  in  der  Weise  erreicht,  dafs  Ausfahr-  und 
Vorsignal  gemeinsam  durch  den  Hebel  des  Ausfahrsignals  gezogen 
werden,  welcher  von  der  vorliegenden  Signalstation,  der  das  Vor¬ 
signal  angehört,  mechanisch  oder  elektrisch  —  durch  ein  „mecha- 
nical’‘-  oder  „electric  slot“,  vgl.  auch  S.  178  d.  J.  1888  d.  Bl.  — 
verriegelt  gehalten  und  nur  nach  voraufgegangener  Verständigung 
zwischen  beiden  Stationen,  welche  mittels  der  Blockwerke  erfolgt, 
freigegeben  wird. 

Die  Signalflügel  sind  auf  der  dem  Zuge  zugekehrten  Seite  mit 
weit  sichtbarer  rother  Farbe,  auf  der  anderen  weifs  gestrichen  und 
bei  den  Enden  meist  noch  durch  kräftige  Querstriche  gekennzeichnet. 
In  den  Abb.  1  und  2  sind  die  roth  gestrichenen  Flächen  schwarz 
angedeutet.  Abb.  2  zeigt  den  häufig  vorkommenden  Fall,  dafs  ein 
Ausfahr-  und  ein  Abschlufssignal  entgegengesetzter  Eichtungen  auf 
demselben  Maste  angebracht  sind.  Abb.  1  bezieht  sich  auf  zwei 
Fahrrichtnngen  gleichen  Sinnes,  etwa  bei  einer  viergeleisigen  Bahn¬ 
anordnung,  wie  dieselbe  auf  den  Londoner  Hauptstrecken  vielfach 
üblich  ist.  In  der  Eegel  sind  hierbei  zwei  Schnellfahrgeleise  (fast, 
auch  through  oder  main  lines)  und  zwei  Langsamfahrgeleise  (slow 
oder  local  lines)  so  auf  demselben  Bahnkörper  untergebracht,  dafs 
die  ersteren  in  der  Mitte  neben  einander  liegen.  Es  ist  zu  erwähnen, 
dafs  man  durch  mehrfache  Unfälle  neuerdings  dazu  geführt  worden 
ist,  die  Signalflügel  häufiger  als  früher  mit  Gegengewichten  zu  be¬ 
schweren,  damit  sie  bei  etwaigem  Bruch  der  Stangenleitungen  sofort 
in  die  Gefahrstellung  zurückkehren.  Diese  Gegengewichte  sind  dann 
wohl  zur  Aufnahme  von  grünen  und  rothen  Signalblenden  ein¬ 
gerichtet. 

An  den  englischen  Stellwerken,  welche  fast  ausnahmslos  nach 
Saxby  u.  Farmers  Bauart  hergestellt  sind,  fällt  die  grofse  Hebelzahl 
sofort  auf.  Jede  Weiche,  jeder  Weichen verschlufs  und  jedes  Signal 
haben  meist  ihre  eigenen  Stellhebel;  erst  in  allerneuester  Zeit  hat 
man  mehr  Bedacht  darauf  genommen,  zwei  Signale  oder  Weichen 
zu  kuppeln,  oder  eine  Weiche  und  die  zugehörige  Verschlufsvor- 
richtung  mit  einem  einzigen  Hebel  zu  bedienen,  oder  endlich  für 
ein  Abschlufssignal  und  das  dazugehörige  Vorsignal  nur  einen  ein¬ 
zigen  Hebel  anzuwendeu.  Wenn  man  hierbei  bedenkt,  dafs  man  auf 
den  kleinsten  Durchgangsstationen  bereits  sechs  Signale  zählt 
(distant,  home  und  starting  nach  jeder  Eichtung),  so  wundert  man 
sich  über  die  oft  ungeheure  Anzahl  von  Hebeln  kaum  mehr.  Unter 
Umständen  werden  die  Eiegelstangen,  welche  die  Verschlufskörper 
tragen,  so  lang  und  schwer,  dafs  zu  ihrer  Bedienung  allein  besondere, 
für  keinerlei  andere  Zwecke  benutzte  Hebel  augeordnet  sind.  Er¬ 
scheint  nun  der  Hebelreichthum  der  englischen  Stellwerke  als  ein 
zweifelhafter  Vorzug,  so  mufs  anderseits  anerkannt  werden,  dafs  ihr 
einfacher  Bau ,  ihre  Widerstandsfähigkeit  und  FFnempfindlichkeit 
gegen  Stöfse  die  Handhabung  ungemein  erleichtern. 

Nach  dem  Gesagten  ist  die  Abbildung  3,  welche  die  Anordnung 

*)  1889  ist  eine  neue  Ausgabe  erschienen. 


524 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


13.  Peeeniber  1890. 


der  Signale  auf  den  dem  Mansion  IIouse-Bahnliof  in  östlicher  Rich¬ 
tung  folgenden  Stationen  Cannon  Street  und  The  Monument  schematisch 
darstellt,  leicht  verständlich.  Die  beiden  Geleise  sind  durch  Weichen 
mehrfach  verbunden,  um  bei  Sperrung  eines  Geleises  den  Betrieb 
über  das  andere  Geleis  führen  zu  können.  Die  beigeschriebenen 
Zahlen  bezeichnen  die  Nummern  der  Stellvverkshebel.  Dieselben 
fangen  in  jeder  der  beiden  Stationen  mit  „1“  an;  die  meisten  Nummern 
in  Abb.  3  sind  aus  diesem  Grunde  doppelt  vorhanden.  Die  Grund¬ 
laternen  14  und  3  sind  die  Abschlufssignale  für  die  Richtung  auf¬ 
wärts  (nach  links,  über  den  „up  circle  road“),  16  und  3  diejenigen 
für  die  Richtung  abwärts  (nach  rechts,  über  den  „down  circle  road-). 
Aus  der  Abbildung  ist  ersichtlich,  wie  die  Vorsignale  der  beiden 
Bahnhöfe  (17,  13  und  4  für  die  Richtung  aufwärts,  18,  15  und  4  für 
die  Richtung  abwärts)  unterhalb  der  Ausfahrsignale  angebracht  sind. 
Das  Vorsignal  17  ist  durch  die  Grundlaterne  15  („inner  distant“) 
wiederholt.  Die  unter  den  Ausfahr-  und  Vorsignalen  angedeuteten, 
halb  abwärts  gerichteten  Flügel  zeigen  lediglich  an,  dafs  die  be¬ 


treffenden  Signale  von  den  vorgelegenen  Stationen  aus  unter  Ver- 
schlufs  gehalten  werden.  Dabei  ist  zu  bemerken,  dafs  die  Engländer 
die  eigenen  Signale  einer  Station  roth  bezw.  schwarz  andeuten, 
während  die  in  den  Zeichnungen  mit  zur  Erscheinung  kommenden  Sig¬ 
nale  oder  Verriegelungen  fremder  Stationen  weifs  gelassen  Averden. 
In  demselben  Sinne  sind  die  in  Abb.  3  angedeuteten  Verriegelungen  — 
halb  abwärts  gerichtete  Flügelzeichen  —  aufzufassen.  In  der  Abb.  3  sind 
auch  die  Weichcnhebel,  Avelche  sowohl  in  Cannon  Street  wie  in  Mo¬ 
nument  die  Nummern  7  bis  10  tragen,  vermerkt.  Die  Hebel  5,  6, 11, 12, 
13  und  14  in  Cannon  Street,  5,  6,  11  und  12  in  Monument  sind  z.  Z. 
nicht  in  Gebrauch.  Insgesamt  sind  in  Cannon  Street  18,  in  Monument 
17  Stellhebel  vorhanden.  Bezüglich  der  Grundlaternen  ist  darauf 
hinzuweisen,  dafs  die  älteren  Laternen  vom  Stellwärter  gedreht 
werden  und  hiernach  bald  die  grüne,  bald  die  rothe  Seite  dem  Zuge 
zukehren.  Die  neueren  Laternen  stehen  fest  und  Averden  vom  Stell¬ 
werk  aus  mittels  senkrecht  verschieblicher  Scheiben  roth  oder  grün 
abgeblendet.  (Schlufs  folgt.) 


Geschwilidisjkeitsinesser  für  Locomotiveii. 


Auf  Seite  279  in  Nr.  27  d.  Bl.  vom  5.  Juli  d.  J.  ist  angegeben, 
dafs  die  Vorrichtungen  zur  Feststellung  der  GescliAvindigkeit  einer 
Locomotive  unter  anderin  auch  an  dem  Fehler  leiden,  „dafs  sie  nicht 
einfach  genug  sind,  und  dafs  sie  mit  Federn,  Avelche  ihre  Spannung 
verlieren,  arbeiten“.  Da  diese  Angaben  hiit  den  diesseitigen  Erfah¬ 
rungen  nicht  übereinstimmen,  mögen  die  folgenden  Angaben  als  Bei¬ 
trag  zur  Klarstellung  der  Frage  dienen. 

Die  Federn,  Avelche  sich  an  den  diesseits  eingeführten  Vorrich¬ 
tungen*)  seit  mehr  als  zehn  Jahren  bewährt  haben,  sind  aus  Stahldraht 
über  einen  Dorn  geAvunden  und  ihre  Herstellung  bereitet  ebenso 
Avenig  Schwierigkeiten,  Avie  die  Herstellung  der  Federn  der  Sicher¬ 
heitsventile  usw. 

Zum  Härten  Averden  dieselben  kirschroth  warm  gemacht,  in 
Wasser  gekühlt  und  demnächst  in  Oel  abgebrannt,  da  ungehärtete 
Federn  eine  zu  grofse  Aiifangsspannung  haben  und  auch  Aveniger 
federnd  sind  als  gehärtete  Federn.  Die  Spannung  der  Federn  ist  im 
Zustande  der  Ruhe  =  0  oder  nur  Avenig  gröfser  als  0,  und  die  End¬ 
spannung  beträgt  etwa  5  kg,  während  bei  15  kg  Belastung  die  Feder¬ 
kraftgrenze  noch  nicht  erreicht  ist. 

Die  Feder  i f  (Abb.  1)  dient  zur  Ersetzung  der  ScliAvcrkraft 
des  Umdrehungspendels  K  d  K '  m  rt,  da  gegengCAvogene  Sclnvung- 
körper  K  und  K‘  wegen  der  Stöfse  und  ScliAvankungen  des  Fahr¬ 
zeuges,  auf  Avelchem  die  Vorrichtung  angebracht  Avird,  angeAvendet 
werden  mufsten.  Aufserdem  Avürde  aber  auch  die  Schwerkraft  der 
beiden  Schwungkörper  K  und  K'  in  geAvöhnlicher  Anordnung  nicht  ge¬ 
nügen.  Würde  an  Stelle  der  Feder  i  f  ein  Gewicht  von  etwa  5  kg 
angeordnet,  so  Avürde  die  Vorrichtung  nur  die  gröfsten  GescliAvindig- 
keiten  auzeigen.  Während  bei  Schwungkraftreglern  der  Dampf¬ 
maschinen  Gewichtsbelastung  eintreten  kann,  ist  dies  bei  dem  Um¬ 
drehungspendel  als  Geschwindigkeitsmesser  nicht  angängig,  Aveil  in 
letzterem  Falle  langsame,  beschleunigte  und  schnelle  Bewegung  an¬ 
gezeigt  werden  mufs.  Die  ScliAvungkraft  der  beiden  Schwungkörper 
K  und  K‘  beträgt  bei  90  km  GescliAvindigkeit  in  der  Stunde  etwa 
7,5  kg,  der  Druck  am  Ende  des  Hebels  e  etwa  12,5  kg  und  die  zu¬ 
gehörige  Spannung  der  Feder  i  f  etiva  5  kg,  während  die  beiden 
Schwungkörper  K  und  K'  zusammen  nur  etAva  1  kg  wiegen. 

Der  Ankerhebel  a  giebt  dem  Schreibstifthebel  c  bezw.  dem  Zeichen¬ 
stift  t  bei  langsamer  Bewegung  des  Fahrzeuges  eine  hin-  und  her¬ 
gehende  Bewegung  vermittelst  der  Nase  6,  um  die  Aufenthaltszeiten 
auf  den  Stationen  festzustellen,  und  löst  sich  selbstthätig  aus,  sowie 
das  Pendel  einen  Ausschlag  giebt. 

Da  man  die  Umdrehungspendel  zu  den  einfachen  Vorrichtungen 
zählt,  dürfte  auch  die  diesseits  angewendete  Vorrichtung  Anspruch 
auf  Einfachheit  erheben  können.  Die  Empfindlichkeit  des  angewen¬ 
deten  Umdrehungspendels  ist  von  etwa  75  bis  zu  550  Umdrehungen 
der  Achse  vi  n  in  der  Minute  vollkommen  ausreichend.  So  zeigt  die 
Vorrichtung  an  der  stehenden  Dampfmaschine  der  Werkstatt  Karthaus 
unter  Anwendung  von  Uebersetzung  und  selbstthätiger  Riemen¬ 
spannung  bei  40  Umdrehungen  der  Kurbelwelle  in  der  Minute  noch 
jeden  Kolbenhub  kräftig  an  und  läfst  erkennen,  dafs  erst  bei  50  Um¬ 
drehungen  in  der  Minute  ein  ziemlich  gleichmäfsiger  Gang  der  Ma¬ 
schine  eintritt.  Dabei  ist  nicht  aufser  acht  zu  lassen ,  dafs  diese 
Beobachtung  ohne  die  Vorrichtung  nicht  möglich  ist,  und  dafs  an¬ 
scheinend  die  Umfangsgeschwindigkeit  schon  bei  40  Umdrehungen  eine 
gleichmäfsige  ist.  Das  Ein-  und  Ausrücken  der  Werkzeugmaschinen 
wird  sofort  angezeigt.  Weder  die  Trägheit  der  Massen,  noch  die 
lebendige  Kraft  machen  sich  für  die  Erkennung  der  Geschivindig- 
keit  in  störender  Weise  geltend.  Ein  kurzes  Schleudern  der  Räder 


*)  Vergl.  „Organ“  1878  Seite  93  und  Ergänzung  dieser  Angaben 
daselbst  1889  Heft  1  und  1890  Heft  2  u.  3. 


der  Locomotive  macht  sich  durch  einen  langen  geraden  Strich  auf 
den  Papierscheiben  oder  Streifen  bemerkbar,  Avenn  die  BeAvegung  von 
der  Treib-  oder  Kuppelachse  hergeleitet  ist,  woraus  folgt,  dafs  un¬ 
mittelbar  nach  dem  Aufliören  der  beschleunigenden  Kraft  der  Zeiger  z 
wieder  zurückgeht;  im  übrigen  zeichnet  die  Vorrichtung  klare  Linien 
auch  bei  heftigen  Stöfsen,  Aveil  gegengeAvogene  Schwungkörper  ange¬ 
wendet  sind.  Im  Gefälle  1 : 100  läfst  die  Vorrichtung  sofort  erkennen, 
dafs  die  Geschwindigkeit  eines  Personenzuges  sich  erheblich  ermäfsigt, 
sobald  der  Zug  aus  der  Geraden  in  einen  Bogen  von  etwa  400  m 
Halbmesser  einläuft,  und  dafs  der  Bogen  als  Bremse  wirkt.  —  Das 
Bild  der  Fahrt  der  Vorspannmaschine  stimmt  überein  mit  dem  der 
Zugmaschine. 

Ferner  ist  in  dem  genannten  Aufsatz  auf  Seite  279  angegeben, 
„dafs  die  Bedingung  an  die  Vorrichtung  zu  stellen  ist,  dafs  sie  stets 
richtige  Angaben  mache,  und  dafs  es,  Avenn  dies  nicht  der  Fall,  besser 
sei,  ganz  darauf  zu  verzichten“.  Kann  nun  auch  nach  der  Einfüh¬ 
rung  des  Riemscheibenvorgeleges  mit  selbstthätiger  Riemenspannung 
(Abb.  2)  von  den  Locomotivführern  verlangt  Averden,  dafs  die  diesseits 
gebräuchlichen  Vorrichtungen  für  den  gCAvöhnlichen  Gebrauch  ge¬ 
nügend  richtige  Angaben  machen,  da  nur,  wie  für  die  übrigen  Ma- 
schinentheile,  für  die  im  Maschinenbetriebe  übliche  Instandhaltung 
zu  sorgen  ist,  so  mag  doch  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dafs 
der  Locomotivführer,  Avenn  er  keine  Vorrichtung  zur  Ermittlung  der 
Geschwindigkeit  auf  der  Locomotive  hat,  auf  seine  eigenen  Angaben 
„nach  dem  Gefühl“  beschränkt  ist,  und  dafs  diesen  eigenen  Angaben 
gröfsere  Fehler  anhaften  als  den  diesseitigen  Vorrichtungen  zur  Er¬ 
mittlung  der  Geschwindigkeit,  oder  mit  anderen  Worten,  dafs  die 
Fliehkraft  empfindlicher  ist  als  das  Gefühl  des  Locomotivführers,  wie 
das  Thermometer  empfindlicher  ist  als  das  Gefühl  für  Wärme  des 
Menschen. 

Jeder  Locomotivführer,  überhaupt  jeder  Sachkundige  kann  an 
der  Hand  folgender  Tabelle  eine  Selbstprüfung  in  vorgesagtem  Sinne 
vornehmen  bezw.  prüfen,  Avieweit  er  befähigt  ist,  die  Fahrgeschwindig¬ 
keit  nach  dem  Gefühl  abzuschätzen.  (Die  ersten  7  Reihen  sind  nur 
angegeben,  um  recht  deutlich  zu  zeigen,  welcher  Einflufs  einer  Se- 
cunde  bei  gröfseren  Geschwindigkeiten  zukommt.  Soll  z.  B.  auf 
100  km  Länge  mit  103  km  Geschwindigkeit  für  die  Stunde  statt  mit 
90  gefahren  Averden,  so  Averden  8,3  Minuten  gewonnen,  also  so  viel 
Zeit  als  gewonnen  wird,  wenn  zwei  Stationen  durchfahren  werden 
statt  auf  denselben  anzuhalten.) 


Kilometer 
in  der  ist 
Stunde 

1  tm  in 
Secunden 

oder 

Secunden 

720 

5 

1 

360 

10 

2 

240 

15 

o 

O 

Fluggeschwindigkeit  des  deutschen 
Edelfalken. 

180 

20 

4 

Umfangsgeschwindigkeit  der  Centri- 
fugen  für  Wollentuch  und  andere 
Gewebe. 

144 

25 

5 

Umfangsgeschwindigkeit  der  Kreis¬ 
sägen  für  Holz  und  heifses  Eisen.. 

120 

30 

6 

200  m  in  6,6  Secunden  =  Fortpflan- 
zungsgeschAvindigkeit  der  Erregung 
in  den  menschlichen  Empfindungs¬ 
und  Bewegungsnerven  nach  Preyer. 

103 

35 

7 

90 

40 

8 

Geschwindigkeit  der  Schnellzüge. 

80 

45 

9 

72 

50 

10 

65,5 

55 

11 

Mittlere  Flügges  chAvindigk  eit  der 

Brieftaube. 

Nr.  50. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


525 


äCilometer 
in  der  ist 
Stunde 

1  km  in 
Secunden 

.  200  in  in 

Secunden 

60 

60 

12 

55,4 

65 

13 

Gröfste  Geschwindigkeit  der  Renn¬ 
pferde. 

51,4 

70 

14 

48 

75 

15 

45 

80 

16 

Gröfste  zulässige  Geschwindigkeit 
der  Güterzüge. 

40 

90 

18 

36 

100 

20 

Geschwindigkeit  des  freifallenden 
Körpers  nach  der  ersten  Secunde. 

30 

120 

24 

24 

150 

30 

20 

180 

36 

18 

200 

40 

15 

240 

48 

12 

300 

60 

10 

360 

72 

wieweit  er  sich  die  Vorrichtung  dienstbar  machen  und  wie  er  erfor¬ 
derlichenfalls  seine  Fahrten  für  die  Folge  besser  ausführen  kann. 
Hat  der  Locomotivführer  z.  B.  bemerkt,  dafs  er  einen  Aufenthalt  von 
einer  Minute  auf  einer  Station  mehr  gehabt  hat,  oder  hat  er  bei  der 
Abfahrt  durch  langsames  Fahren,  vielleicht  infolge  Schwere  des  Zuges, 
eine  Minute  versäumt,  so  mufs  er  wissen,  dafs  er  während  12  Minuten 
mit  70  km  in  der  Stunde  fahren  mufs,  wenn  ihm  fahrplanmäfsig 
65  km  für  die  Stunde  vorgeschrieben  sind,  um  die  versäumte  Minute 
in  12  Minuten  wieder  einzufahren. 

Wenngleich  immerhin  auch  die  diesseits  gebräuchliche  Vorrich¬ 
tung  zur  Feststellung  der  Fahrgeschwindigkeit  zu  überwachen  ist  — 
in  ähnlicher  Weise  wie  das  Wasserstandsglas  durch  die  Probirhähne, 
das  Manometer  durch  das  Sicherheitsventil  und  das  Arbeiten  der  Ma¬ 
schine,  die  Taschenuhr  durch  die  Stationsuhr  — ,  so  wird  doch  durch  die 
Anwendung  derselben  der  Dienst  des  Locomotivführers  erleichtert. 

In  Bezug  auf  das  Zählen  der  Secunden  bei  der  Ueberwachung 
der  Vorrichtung  ist  zu  bemerken,  dafs  z.  B.  bei  etwa  72  km  Ge¬ 
schwindigkeit  in  der  Stunde,  200  m  in  10  Secunden,  nach  einigen 
Beobachtungen  der  Zeit,  welche  vergeht  während  der  Fahrt  von 
einem  Kilometersteine  einer  Seite  der  Bahn  bis  zum  andern,  sich  recht 
wohl  bemerkbar  macht,  ob  mit  etwas  gröfserer  oder  geringerer  oder 
mit  72  km  in  der  Stunde  gefahren  wird,  da  der  Secundenzeiger 

andernfalls  gegen  10  Se¬ 
cunden,  welche  beob¬ 
achtet  werden  sollen  bei 
72  km  Geschwindigkeit, 
etwas  zurückbleibt  oder 
vorgeht. 

Dafs  der  Mangel  der 
Vorrichtungen  zurUeber- 
wachuug  der  Fahrge¬ 
schwindigkeit  sich  bis¬ 
her  nicht  fühlbar  ge¬ 
macht  hat,  liegt  darin, 
dafs  die  Fahrzeiten  und 
Aufenthaltszeiten  der 
Züge  durch  die  Fahrbe¬ 
richte  überwacht  werden, 
dafs  die  kürzesten  Fahr¬ 
zeiten  zwischen  zwei  Sta¬ 
tionen  vorgeschrieben 
sind,  dafs  die  fahrplan- 
mäfsigen  Geschwindig¬ 
keiten  meist  erheblich 
über-  oder  unterschritten 
werden  können ,  ohne 
dafs  Betriebsgefahr  oder 
Störung  eintritt,  dafs  die 
Locomotiven  bei  zu  gro- 
fser  Geschwindigkeit  an¬ 
fangen  unruhig  zu  laufen, 
infolge  dessen  der  Lo¬ 
comotivführer  die  Ge¬ 
schwindigkeit  wieder  er- 
mäfsigt,  und  dafs  der 
Locomotivführer  weifs, 
dafs  er  schneller  fahren 
mufs,  um  versäumte  Zeit 
wieder  einzufahren ,  ob¬ 
gleich  er  sich  meist 
keine  Rechenschaft  da¬ 
rüber  giebt,  mit  wieviel 
Kilometer  Geschwindig¬ 
keit  in  der  Stunde  er 
fährt,  und  sich  nur  nach 
seiner  Uhr  und  der  Gang¬ 
art  seiner  Locomotive, 
dem  sogenannten  „Tem¬ 
po“,  richtet.  Das  Um¬ 
drehungspendel  dürfte 
indessen  geeignet  sein, 
das  unbestimmte  Gefühl, 
nach  dem  sogenannten 
„Tempo“  zu  fahren,  zu 
unterstützen ,  wie  das 
g  des  Fahrberichtes. 

Schäfer. 


6  600  120  (  Geschwindigkeit  des  Fufsgängers 

5  720  144  \  ohne  Belastung  auf  ebenem  Wege. 

Man  wird  sehr  bald  finden,  dafs  Fehler  in  der  Beurtheilung  der  Ge¬ 
schwindigkeit  nach  dem 
Gefühl  bezw.  der  Ab¬ 
schätzung  Vorkommen. 

Da  die  diesseitige 
Vorrichtung  schon  wegen 
der  Abnutzung  bezw.  des 
Abdrebens  der  Radreifen 
durch  Verlängerung  oder 
Verkürzung  des  Feder- 
Kebels  vermittelst  der 
Stellschraube 2  sehr  leicht 
richtig  zu  stellen  ist*),  so 
kommen  Fehler,  abgese¬ 
hen  von  Unachtsamkeit, 
nur  in  geringem  Mafse 
vor.  Wird  die  Bewegung 
von  einer  Treibachse  her¬ 
geleitet,  so  kommen  ge¬ 
ringe  Fehler  vor,  weil  die 
Treibachse  je  nach  dem 
stärkeren  oder  schwäche¬ 
ren  Arbeiten  der  Ma¬ 
schine  mehr  oder  weni¬ 
ger  gleitet**).  Auch  ist 
die  Fahrt  in  den  Bahn¬ 
krümmungen  nicht  ganz 
•ohne  Einflufs.  Die  Stöfse 
des  Fahrzeuges  machen 
sich  auf  die  Feder  der 
Ankerhemmung  der  Uhr 
u  nicht  in  unzulässiger 
Weise  geltend;  allerdings 
haftet  der  Ankerhem¬ 
mung  der  Uhr  der  Fehler 
der  im  übrigen  sehr  gu¬ 
ten  Ankerhemmung  an, 
dafs  dieselbe  zuweilen, 
wenn  auch  selten,  stehen 
bleibt.  Unregelmäfsig- 
keiten  kommen  aber 
auch  bei  den  Manome¬ 
tern,  den  Radtaster -An¬ 
lagen,  den  gewöhnlichen 
Uhren  usw.  vor;  gleich¬ 
wohl  wird  man  dieselben 
dieserhalb  nicht  missen 
wollen. 

Während  der  Ein¬ 
führung  der  Vorrichtung 
läfst  man  den  betref¬ 
fenden  Locomotivführer 
ruhig  fahren,  wie  er  es 
gewöhnt  ist ;  derselbe  ist 

nur  anzuweisen,  die  Vorrichtung  instand  zu  halten  uud  zu  über¬ 
wachen.  Nach  einiger  Anleitung  wird  derselbe  herausfinden,  ob  und 


Abb.  1. 


Uhrwerk  mit  Zeichenvorrichtung  die  Prüfun, 
Trier,  im  Juli  1890. 


*)  Es  ist  nicht  angegeben,  wie  die  auf  Seite  279  beschriebene 
Vorrichtung  richtiggestellt  wird. 

**)  Diese  Fehler  werden  auch  bei  der  auf  Seite  279  beschriebenen 


Vorrichtung  Vorkommen,  abgesehen  vom  Schleudern  der  Triebräder 
der  Locomotive,  welches  erhebliches  Falschgehen  verursachen,  aber 
dem  Locomotivführer  nicht  unbekannt  bleiben  kann. 


526 


(Jentralblatt  der  Bauverwaltang.  13.  ftecember  1890. 


Die  Bautliätigkeit  des  preiifsisclieii  Staates  iiii  Debiete  des  Hochbaues 

während  des  Jahres  1889. 


Aus  eleu  von  eleu  Regieruugeu  erstatteten  Jahresberichten  ergeben 
sich  für  elas  Jahr  1889  im  ganzen  525  Hochbau -Ausführungen 
gegen  503  im  Jahre  1888.  In  eliesen  Zahlen  sinel  alle  Neubauten, 
Erweiterungs-,  Wieclerherstellungs-  uuel  Umbauten  enthalten,  sofern 
eieren  Anschlagssumme  für  das  Hauptgebäude  einer  Anlage  die  Höhe 
von  10  000  JC  erreicht  oder  überschreitet.  Neu  begonnen  wurden 
298  Bauwerke  1211  im  Vorjahre),  fortgesetzt  227  in  früheren  Jahren 
angefangene  Vollendet  wurden  im  Jahre  1889  von  den  neu  begonnenen 
Bauten  98  und  von  den  fortgesetzten  170.  Unter  den  257  unvollendet 
gebliebenen  Bauwerken  befinden  sich  auch  einige,  welche  zwar  bau¬ 
lich  fertiggestellt,  im  laufenden  Jahre  aber  noch  nicht  vollständig 
abgerechnet  werden  konnten. 

Nach  Grattung  und  Bestimmung  gesondert  sind  in  der  oben  ge¬ 
nannten  Zahl  von  525  Bauwerken  enthalten: 

43  Kirchen  (darunter  der  Thurm  des  Domes  in  Schleswig  469  000  Jf)-^ 

14  Ministerial-  und  Regierungsgebäude  (darunter  d  er  Um-  und  Er¬ 
weiterungsbau  des  für  Zwecke  des  Königl.  Handels-Ministeriums 
und  der  Porcellan-Mauufactur  bestimmten  Gebäudes,  Leipziger- 
strafse  Nr.  2  in  Berlin,  361000  M,  das  Cousistorial-Dienstge- 
bäude  in  Stettin  160  000  M,  der  Um-  und  Erweiterungsbau  des 
Ober-Präsidialgebäudes  in  Breslau  134  000  Ji,  der  Umbau  des 
Domgymnasialgebäudes  behufs  auderweiter  Unterbringung  des 
Consistoriums  in  Magdeburg  180  000  Jt  und  der  Erweiterungs¬ 
bau  des  Regierungsgebäudes  in  Düsseldorf  213  000  Jl)-^ 

3  Schlösser  betreffende  Bauten  (Um-  und  Wiederherstellungs¬ 
bauten)  ; 

23  Geschäftshäuser  für  Gerichte  (darunter  das  Geschäftshaus  für 
das  Amtsgericht  in  Gnadenfeld,  Regierungsbezirk  Oppeln, 
105  875  M,  das  Geschäftshaus  für  das  Landgericht  in  Bochum, 
Regierungsbezirk  Arnsberg,  434  500  Jl  und  das  Geschäftshaus 
für  das  Amtsgericht  in  Braunfels,  Reg.-Bez.  Coblenz,  106  500  Ji)-^ 
7  Gebäude  für  wissenschaftliche  Anstalten  und  Sammlungen  (das 
archäologische  Museum  in  Halle  a./S.  150  000  JC,  der  Erwei¬ 
terungsbau  des  Archiv-  und  Bibliothekgebäudes  in  Hannover 
576  000  JL  und  der  Neubau  des  geodätischen  Institutes  auf  dem 
Telegrapheuberge  bei  Potsdam  585  000  Jt) ; 

1  Baudenkmal  (Wiederherstellung  des  Kaiserhauses  in  Goslar); 
7  Bauten  für  technische  Lehranstalten  und  Fachschulen; 

3  Eichämter ; 


37  Anlagen  für  Universitätszwecke  (darunter  das  mineralogische 
Institut  in  Königsberg  116  155  Jt,  der  Umbau  des  Universitäts¬ 
gebäudes  in  Berlin  571900  das  physicalische  Institut  in 
Greifswald  204  500  Jt,  die  medicinische  Klinik  in  Breslau 
482  000  Jt,  die  psychiatrische  uud  Nerven-Klinik  in  Halle  a./S. 
665  000  Jt,  das  pathologische  Institut  in  Göttingen  181  500  Jt) ; 
9  Gymnasien  und  Realschulen  (darunter  das  Klassengebäude  für 
das  Friedrichs-Colleg  in  Königsberg  376  000  Jt,  das  Vorschul¬ 
gebäude  für  das  Luisen-Gymnasium  in  Moabit  157  700  Jt,  das 
Friedrich  Wilhelms -Gymnasium  in  Berlin,  Kochstrafse  Nr.  13, 
385  000  Jt,  das  Real-Progymnasium  in  Otterndorf,  Regierungs¬ 
bezirk  Stade,  174  000  Jt  und  das  Gymnasium  in  Saarbrücken, 
Regierungsbezirk  Trier,  206  000  Jt)-, 

8  Seminare  (darunter  die  Seminare  in  Alt-Döbern,  Regierungs¬ 
bezirk  Frankfurt  a./O.,  178  000  Jt  und  in  Verden,  Regierungs¬ 
bezirk  Stade,  287  000  Jt)-, 

3  Turnhallen; 

34  Pfarrhäuser; 

90  Elementarschulen; 

3  Krankenhäuser; 

4  Bauten  für  Bäder; 

23  Gefängnifs-  und  Strafanstaltsbauten  (darunter  das  Gefängnifs  für 
die  Strafanstalt  in  Siegburg,  Regierungsbezirk  Köln,  128  500  Jt)-, 
7  Steueramtsgebäude  (darunter  das  Dienstgebäude  für  das  Haupt- 
Steuer- Amt  in  Cottbus,  Reg.-Bez.  Frankfurt  a./O.,  102  000  Jt)-, 
6  Grenzbeamten  Wohnhäuser ; 

13  Wohngebäude  für  Oberförster; 

42  Wohngebäude  und  Gehöfte  für  Förster; 

16  Wohnhäixser  für  Pächter  auf  Königlichen  Domänen; 

30  Familienhäuser  für  Königliche  Domänen; 

2  Wirthschaftsgebäude; 

19  Scheunen; 

39  Stallgebäude; 

5  Gebäude  für  technischen  Betrieb; 

14  Bauten  für  Königliche  Gestüte  (darunter  der  Hengstestall  für 
das  Landgestüt  in  Braunsberg,  Regierungsbezirk  Königsberg, 
144  000  Jt  und  das  neue  Landgestüt  für  die  Provinz  Sachsen 
in  Cröllwitz,  Regierungsbezirk  Merseburg,  460  000  Jt)  und 

20  Hochbauten  im  Gebiete  des  Wasserbaues.  Hz. 


Zur  Gewiunung-  von  Bauplänen  zu  einer  Kirche  für  die  eyan- 
gelisclie  LucaS'Parochie  in  Dresden  wird  von  dem  Kirchen  Vorstände 
eine  Preisbewerbung  unter  den  deutschen  Architekten  ausge¬ 
schrieben.  Als  Preissumme  werden  8000  Mark  ausgesetzt,  die,  wenn 
nicht  besondere  Gründe  für  eine  andere  Vertheilung  sich  ergeben 
sollten,  den  drei  besten  Arbeiten  in  Preisen  von  4000  ,  2500  und 
1500  Mark  zuerkannt  werden  sollen.  Dem  Preisgerichte  werde  n  neben 
drei  Nichttechuikern  angehören  die  Herren  Geh.  Regierungsrath  TJase- 
Hannover,  Geh.  Regieruugsrath  En  de- Berlin,  Stadtbaurath  Friedrich 
und  (als  Kirchenvorsteher)  Baurath  Prof.  Heyn,  die  beiden  letzten 
in  Dresden.  Die  Entwürfe  sind  zum  28.  April  nächsten  Jahres, 
abends  6  Uhr,  an  den  Kirchenvorstand  (Dresden-A.  Werderstrafse  32) 
einzureichen,  woselbst  auch  die  Programmbedingungen  zu  beziehen  sind. 

Eine  Preisbewerbiing  um  Fläiie  zu  einer  Brücke  über  die 
Neckarcauäle  iu  Efsliug’eii  wird  vom  dortigen  Gemeinderath  aus¬ 
geschrieben.  Die  Brücke  soll  aus  Stein,  Eisen  oder  Stab  1  hergestellt 
werden  und  darf  etwa  100  000  Mark  kosten.  Es  sind  drei  Preise  von 
1000,  550  und  250  Mark  ausgesetzt.  Die  Eiulieferuug  der  Arbeiten 
mufs  bis  zum  1.  März  1891  erfolgt  sein.  Programm  und  Beilagen 
sind  vom  Stadtbauamt  zu  beziehen.  Angaben  über  das  Preisgericht 
fehlen  in  dem  Ausschreiben. 

Verband  Deutscher  ArcMtekteu-  uud  lugeiiieiir- Vereine.  Be¬ 
kanntlich  ist  der  Berliner  Architekten- Verein  auf  der  letzten  Abge¬ 
ordneten  -  Versammlung  in  Hamburg  für  die  nächsten  zwei  Jahre 
abermals  zum  Vororte  gewählt  worden.  Es  trat  damit  an  diesen 
Verein  die  Pflicht  heran,  den  Verban ds-Vorstand  für  diese  Zeit 
neu  und  unabhängig  von  dem  Vereins- Vorstande  zu  wählen.  Von 
letzterem  sind  nun  die  Herren  Ober-Baudirector  Wiebe,  Geheimer 
Baurath  Appelius  uud  Professor  Goering  in  Vorschlag  gebracht 
und  in  der  letzten  Hauptversammlung  auf  Antrag  des  Herrn  Pinken¬ 
burg  durch  Zuruf  gewählt  worden.  Dieselben  haben  die  Wahl  in¬ 
zwischen  angenommen. 

Die  Förderung  der  Verbands-Angelegenheiten  im  Berliner  Vereine 
liegt  in  den  Händen  des  ständigen  Ausschusses  der  Verbands-Ab¬ 
geordneten.  Von  diesen  ist  in  den  Verbands- Ausschufs  für  die  weitere 


Vorberathung  der  Meyer-Bubendey’schen  Organisations-Vor¬ 
schläge  Herr  Hagen  gewählt.  Mit  der  Vornahme  der  ersten  ein¬ 
leitenden  Schritte  zur  Bearbeitung  der  Verbandsfrage  über  das 
Verhalten  des  Flufseisens  usw.  sind  die  Herren  Bluth,  Contag  und 
Garbe  betraut  worden.  Endlich  hat  der  Verbands-Vorstand  an  den 
Architektenverein  in  Berlin  noch  das  Ersuchen  gerichtet,  behufs  ge¬ 
meinschaftlicher  Abfassung  der  iu  Sachen  des  Baurechtes  im  bürger¬ 
lichen  Gesetzbuche  an  den  Herrn  Reichskanzler  zu  richtenden  Eingabe 
einen  engeren  Ausschufs  aus  der  Zahl  der  Verbands- Abgeordneten 
zu  wählen.  In  diesen  sind  nunmehr  die  Herren  Keller,  Garbe  und 
Froebel  entsandt.  —  Noch  ist  zu  erwähnen,  dafs  in  den  nächst¬ 
jährigen  Haushalt  des  Berliner  Architekten- Vereins  als  Beitrag  für 
das  Semper-Denkmal  500  Mark  eingestellt  worden  sind.  Pbg. 

Die  Veröffeutlicliuug-  über  die  5,niakedomsclieu  Königssarko- 
pliage^^  im  Museum  in  Coustaiitiuopel  wird  durch  den  Director  des 
genannten  Museums,  Hamdy  Bey,  voraussichtlich  im  Laufe  des  Monats 
März  1891  erfolgen.  Der  erste  Band  soll  60  Seiten  Text  und  12 — 14 
grofse  Tafeln  enthalten  und  bei  Leroux  in  Paris  erscheinen.  Die 
photographischen  Aufnahmen  sollen  als  Kupferlichtdrucke  bei 
Dujardin  in  Paris  herauskommen.  D. 

Magdeburger  Baudenkmäler.  In  Nr.  47  dieses  Jahrganges  be¬ 
richtete  Herr  Stadtbaurath  Peters  über  die  Veröffentlichung  von 
Magdeburger  Baudenkmälern  der  Renaissance-,  Barock-  und  Rococo- 
zeit,  welche  der  Architekten-  und  Ingenieur- Verein  und  der  Kunst¬ 
gewerbe-Verein  iu  Magdeburg  unternommen  haben.  Gewifs  verdient 
dieses  Werk,  welches  in  treft’lichen  Lichtdrucken  eine  Reihe  nicht 
nur  hervorragender,  sondern  sogar  theilweis  völlig  selbständiger 
Bauschöpfuugen  mittheilt,  in  den  Kreisen  sowohl  der  Bürgerschaft  als 
auch  der  Fachgenossen  eingehende  Beachtung.  Leider  scheinen  aber 
die  Herausgeber  bei  der  Ausarbeitung  des  Textes  es  an  der  nöthigen 
Aufsicht  fehlen  gelassen  zu  haben.  Wie  man  hätte  voraussehen 
können,  ist  die  Untersuchung  der  in  den  Archiven  erhaltenen  Ur¬ 
kunden  für  die  Baugeschichte  der  einzelnen  Häuser  von  sehr  geringem 
Erfolge  geblieben  und  hat  wiederholt  zu  falscher  Zeitstellung  Anlafs 
gegeben.  Wenn,  um  nur  zwei  Beispiele  anzuführen,  ein  Rococohaus, 


Nr.  50. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


527 


welches  augenscheinlich  der  Regierungszeit  Friedrichs  des  Grofsen 
angehört,  auf  Grund  einer  alten  Baunachricht  in  das  Jahr  1633  ver¬ 
legt  wird,  und  man  bei  einem  anderen  Hause  ebenderselben  Stilart 
schwankt,  ob  eine  Nachricht  von  1642  auf  den  vorhandenen  Bau  be¬ 
züglich  sei,  so  verliert  der  Text  durch  solche  Irrthümer  den  Anspruch 
auf  wissenschaftlichen  Werth.  Den  Angaben,  welche  Herr  Peters 
in  diesem  Blatte  mittheilte,  gerade  entgegen,  besitzt  Magdeburg  aus 
der  dem  dreifsigjährigen  Kriege  unmittelbar  folgenden  Zeit  nur 
weniges;  denn  das  von  ihm  auf  1651  angenommene  Haus  Breite  Weg 
Nr.  148  ist  —  bis  auf  die  Giebelspitze  —  eine  einheitliche  Schöpfung 
aus  dem  Jahre  1593,  und  einer  wenig  späteren  Zeit  entstammt  das 
Haus  Nr.  203  samt  seinem  Erker,  welcher  keineswegs  nachträglich 
angefügt  wurde.  Auch  das  auf  1642  angesetzte  Pieschelsche  Haus 
Nr.  12  ist  in  Uebereinstimmung  mit  verwandten,  inschriftlich  be¬ 
glaubigten  Bauten  in  das  erste  Viertel  des  17.  Jahrhunderts  zu  ver¬ 
legen.  Wenn  in  den  Urkunden  die  Häuser  nach  der  Zerstörung  der 
Stadt  oftmals  als  „wüste“  bezeichnet  werden,  so  besagt  dieses  doch 
nur,  dafs  sie  unbewohnbar,  nicht  aber,  dafs  sie  niedergerissen  waren. 
Schliefslich  vermifst  man  die  Angaben  über  die  neuerdings  bewirkten, 
oft  recht  erheblichen,  aber  für  den  Fremden  nicht  immer  erkennbaren 
Aenderungen  der  alten  Häuser. 

Nach  dem  der  Subscription  zu  Grunde  gelegten  Prospecte  sollte 
dem  Werke  eine  Sammlung  geometrischer  Aufnahmen  von  Einzel¬ 
heiten,  Profilen  usw.  beigegeben  werden.  Obwohl  nun  derartige  Ver¬ 
messungen  von  Barockbauten  bisher  fast  gänzlich  fehlen,  und  obwohl 
auch  die  Magdeburger  Stadtverwaltung  eine  Unterstützung  für  diesen 
Zweck  zugesichert  hatte,  so  ist  dieser  Theil  der  VeröfFentlichung  aus 
nicht  bekannten  Gründen  dennoch  unterblieben.  Mag  das  Werk  auch 
in  seiner  vorliegenden  Fassung  dem  Stolze  des  Magdeburger  Bürgers 
genügen,  für  die  Kunstwissenschaft  bleibt  es  zu  bedauern,  dafs  die 
Gelegenheit,  die  Lücke  zu  schliefsen,  welche  die  Litteratur  in  der 
Würdigung  der  Magdeburger  Barockbauten  darbietet,  nicht  besser 
wahrgenommen  wurde.  J.  Kohte. 

Die  teclmisclie  Hochschule  in  Karlsruhe  wird  im  Winterhalb¬ 
jahre  1890/91  im  ganzen  von  571  Theilnehmern  besucht.  Diese  ver¬ 
theilen  sich  auf  die  einzelnen  Abtheilungen  wie  folgt: 


Abtheilung 

für 

Aus 

Baden 

Aus 

anderen 

deutschen 

Staaten 

Aus 

anderen 

euro¬ 

päischen 

Staaten 

Aus 

America 

und 

Asien 

(Java) 

Zu¬ 

sammen 

fl 

O 

N 

Studirende  j 

Hospitanten 

Studirende 

Hospitanten 

Studirende 

Hospitanten 

Studirende 

Hospitanten 

Studirende 

Hospitanten 

CÖ 

s 

Mathematik  und  Natur¬ 
wissenschaften  .  .  . 

4 

1 

1 

2 

1 

5 

3 

8 

Ingenieurwesen  .  .  . 

22 

— 

10 

— 

11 

1 

i  3 

_ 

46 

1 

47 

Maschinenwesen  .  .  . 

52 

5 

142 

4 

45 

1 

i  ^ 

_ 

243 

10 

253 

Architektur  ... 

28 

4 

18 

3 

i  7 

1 

1  2 

— 

,  55 

8 

63 

Chemie . 

25 

1 

43 

4 

;3i 

_ 

2 

— 

101 

5 

106 

Forstwesen . 

42 

1 

3 

2 

:  — 

— 

— 

45 

3 

48 

Keiner  Abtheilung  an¬ 
gehörend  ■ . 

1 

14 

_ 

8 

! 

2 

1 - 

_ 

1 

5  i' 

25 

;  26 

Zusammen 

174 

26 

217 

23 

,94 

5 

1 

496 

55 

551 

Dazu  Hörer  20 


Insgesamt:  571 

Aufserdem  nehmen  an  Vorlesungen  über  „die  italienische  Malerei 
der  Frührenaissance“  71  Damen  und  Herren  Theil.  —  Aus  aufser- 
deutschen  Ländern  stammen  111  Theilnehmer  und  zwar  je  einer 
aus  Dänemark,  Holland,  Spanien,  Türkei  und  Asien  (Java),  je  2  aus 
Belgien,  Bulgarien,  Frankreich,  je  3  aus  Griechenland,  Luxemburg, 
Rumänien,  4  aus  Serbien,  6  aus  England,  7  aus  der  Schweiz,  9  aus 
Oesterreich-Ungarn,  11  aus  America  und  54  aus  Rufsland. 

Die  Abtheilung  für  Architektur  war  im  Sommerhalbjahr  1890 
von  43  Studirenden  und  1  Hospitanten  und  ist  im  laufenden  Winter¬ 
halbjahr  1890/91  von  55  Studirenden  und  8  Hospitanten  besucht. 
Die  Vorbildung  dieser  erwies  sich  wie  folgt: 


Es  hatten  das  Sommer-  Winter¬ 

halbjahr  halbjahr 
1890  1890/91 

Reifezeugnifs  v.  humanistischen  Gymnasien .  .  12  11 

„  „  Realgymnasien .  3  4 

Gymnasium  bis  Prima  besucht .  13  16 

Realgymnasium  bis  Prima  besucht .  8  8 

Reifezeugnifs  der  Realschule  mit  7  Klassen  _ 7 _ 16 

Zusammen  .  .  43  55 


Die  wenigen  Hospitanten  sind  meist  Leute  reiferen  Alters,  welche 
entweder  eine  Baugewerkschule  durchgemacht  oder  längere  Zeit  schon 


in  der  Praxis  thätig  waren.  Damit  werden  sich  auch  die  Angaben  über 
die  Vorbildung  der  Studirenden  der  Karlsruher  Bauschule,  wie  sie 
im  Verlaufe  dieses  Jahres  in  einem  andern  Fachblatte  irrthümlicher- 
weise  bekannt  gegeben  wurden,  richtigstellen.  D. 

Neues  vom  Kuiistmarkte.  Weihnachten  steht  bevor,  und  es  wird 
besonders  gern  wie  in  den  Buchhandlungen,  so  auch  auf  dem  Kunst¬ 
markte  Umschau  gehalten  nach  neuen,  sich  zur  Festgabe  eignenden 
Erscheinungen.  Auf  zwei  solcher  Neuigkeiten  möchten  wir  das  Augen¬ 
merk  der  Leser  lenken.  Der  Kunstverlag  von  H.  Riffarth  in  Berlin 
bietet  zwei  vorzügliche,  nach  Naturaufnahmen  von  Th.  Creifelds 
in  Köln  gefertigte  Kupferlichtdrucke  vom  Kölner  Dome. 
Das  erste  der  Blätter  giebt  eine  Gesamtan.sicht  des  Bauwerkes  von 
St.  Martin  her.  Da  der  Standpunkt  der  Aufnahme  etwa  in  Höhe 
des  SeitenschilF-Hauptgesimses  liegt,  so  tritt  der  Dom  in  seiner  vollen 
Gestalt  in  die  Erscheinung.  Mit  einer  Klarheit,  wie  sie  sich  der 
Architekt  schärfer  kaum  zum  Studium  wünschen  kann,  verbindet 
die  Darstellung,  die  einer  meisterhaften  Radirung  nahekommt,  durch 
den  Duft  und  die  Weichheit  ihrer  Töne  und  durch  die  geschickte 
Wahl  der  Beleuchtung  einen  aufserordentlichen  malerischen  Reiz. 
Das  Gleiche  gilt  von  dem  zweiten  Blatte,  einem  Blicke  in  das  Dom- 
Innere.  War  die  Aufgabe  hier  nicht  so  dankbar,  so  ist  sie  doch 
nicht  minder  vortrefflich  gelöst,  und  die  malerische  Wirkung  ist  auch 
hier  zu  hoher  Vollkommenheit  gebracht.  Jedes  des  beiden  Blätter, 
die  bei  105 : 90  cm  Papiergröfse  65 : 50  cm  Bildfläche  messen,  kostet 
15  Mark,  ein  in  Anbetracht  der  überaus  mühevollen  Arbeit  und  der 
Vorzüglichkeit  der  Leistung  erstaunlich  billiger  Preis. 

Ferner  ist  zu  berichten  über  eine  von  Lorenz  Ritter  in  Nürn¬ 
berg  nach  einem  Gemälde  seines  älteren  Bruders  Prof.  Paul  Ritter 
gefertigte  Radirung  vom  Sacramentshäuschen  in  der  Nürn¬ 
berger  St.  Lorenzkirche.  Das  Blatt,  dem  das  Meisterwerk  Adam 
Krafts  den  Namen  giebt,  bietet  einen  köstlichen  Blick  in  den  male¬ 
rischen  Kirchenchor,  an  dessen  einem  Pfeiler,  vom  einfallenden 
Sonnenlichte  hell  beleuchtet,  das  berühmte  Kleinod  spätestgothischer 
Bildnerkunst  emporwächst,  bis  die  Sterngewölbdecke  sein  weiteres 
Aufwärtsstreben  hindert  und  seine  kreuzblumengeschmückte  Spitze 
zur  Umbiegung  zwingt.  Durch  eine  zu  Füfsen  des  Tabernakels  sich 
vorbereitende  Taufhandlung  wird  der  Beschauer  ins  17.  Jahrhundert 
versetzt,  und  es  ist  den  Künstlern  meisterlich  gelungen,  das  dem 
Architekturstücke  schon  durch  die  Beleuchtung  und  Behandlung  der 
baulichen  Einzelheiten  eingehauchte  Leben  mittels  dieses  Vorganges 
zu  steigern.  Das  im  Ritterschen  Selbstverläge  erschienene  Blatt, 
dessen  Papiergröfse  bei  36  :  52  cm  Bildmafs  67  :  90  cm  beträgt, 
bildet  einen  sehr  schönen  Zimmerschmuck.  Es  ist  durch  jede  Kunst¬ 
handlung,  in  Berlin  insbesondere  durch  die  Gropiussche  Buch-  und 
Kunsthandlung  (Ernst  u.  Korn)  zum  Preise  von  20  M  zu  beziehen. 


Biicliersciiau. 

Baukunst  der  Renaissance.  Entwürfe  von  Studirenden  der  tech¬ 
nischen  Hochschule  in  Berlin  unter  Leitung  von  J.  C.  Raschdorff, 
Professor  usw.  IV.  Jahrgang.  Berlin  1890.  E.  Wasmuth.  64  Tafeln 
in  Folio.  Preis  40  Mark. 

Die  vorliegende,  umfangreiche  Sammlung  von  Studienblättern 
bildet  eine  Fortsetzung  dreier  früheren  Bände,  deren  letzter  im  Jahre 
1882  erschienen  ist.  Auf  64  Lichtdrucktafeln  werden  47  Entwürfe  zu 
Wohnhäusern  und  öffentlichen  Profanbauten  gegeben,  welche  durch 
Studirende  der  Berliner  technischen  Hochschule  unter  Leitung  von 
J.  C.  Raschdorff  in  dessen  Uebungsunterricht  „Baukunst  der  Renais¬ 
sance;  Entwerfen  von  Hochbauten  in  Verbindung  mit  Stegreifentwerfen“ 
gefertigt  worden  sind.  —  Der  Werth  und  die  Zweckmäfsigkeit  der¬ 
artiger  akademischen  Veröffentlichungen,  wie  sie  neuerdings  mehrfach 
veranstaltet  worden  sind,  ist  vielfach  bestritten  worden.  Es  ist  nicht 
zu  leugnen,  dafs  die  Vervielfältigung  sorgfältig  durchgeführter, 
unter  steter  Aufsicht  und  Mitwirkung  des  Unterrichtsleiters  und 
seiner  Hülfslehrer  entstandener  Uebungsblätter  Nutzen  bringt,  in¬ 
sofern  damit  nach  und  nach  ein  Vorrath  von  Vorbildern  beschafft 
wird,  welcher  dem  Unterricht  nachrückender  Jahrescurse  dadurch 
dienstbar  gemacht  werden  kann,  dafs  er  dem  Lehrer  ermöglicht,  auf 
früher  Gelehrtes  Bezug  zu  nehmen  und  damit  Zeit  für  Erweiterung 
und  Vertiefung  der  Studien  zu  gewinnen.  Sehr  in  Frage  steht  aber, 
ob  es  erwünscht  ist,  dafs  diese  zunächst  lediglich  als  Hülfsmittel  für 
den  eigenen  Unterricht  dienenden  Vervielfältigungen  auch  zu  Ver¬ 
öffentlichungen  zusammengefafst  werden.  Denn  es  liegt  darin 
eine  grofse  Gefahr.  Die  Entwürfe  sind  und  bleiben,  selbst  bei  der 
ausgedehntesten  Beihülfe  der  Lehrer,  der  Hauptsache  nach  un- 
ausgereifte  akademische  Arbeiten.  Von  einem  der  Oeft’entlich- 
keit  übergebenen  Werke  aber  erwartet  und  verlangt  man,  wenn 
es  seinen  Zweck  erfüllen  soll,  Mustergültigkeit,  zum  mindesten 
Reife.  Der  Studirende  wird  zu  dem  Glauben  verleitet  werden,  dafs 
diese  Eigenschaften  seiner  Leistung  innewohnen.  Er  vergifst  leicht 
den  wesentlichen  Antheil  des  Lehrers,  wird  über  sein  Können 


528 


Ceutralblatt  der  Banverwaltnng. 


13.  December  1890. 


getäusclit  und  leidet  Schaden.  Hiuzukommt,  dafs  der  Unterricht, 
weil  es  gilt  Schaustücke  zu  erzielen,  allzusehr  auf  Aeufserlichkeiten, 
auf  „Blättermacherei“  hiuausläuft,  statt  dem  Studirenden  das  zu 
bieten,  was  er  dereinst  ira  Lebensberufe  braucht.  Woher  sonst  die 
heut  überall  lautwerdenden  Klagen,  dafs  zwar  vielfach  eine  gewisse 
Mache  nicht  zu  verkennen,  dafs  aber  in  den  Prüfungen  wie  im  prak¬ 
tischen  Leben  die  gediegenen  Grundlagen  fehlen  und  in  vieler  Be¬ 
ziehung  von  vorn  angefangen  werden  müsse  trotz  aller  weitestgehen¬ 
den  Fürsorge  für  die  Hochschulen? 

Diese  Gefahren  werden  ja  geringer  und  die  Veröftentlichung 
gewinnt  an  Berechtigung,  wenn  ihr  Inhalt  durch  den  Lehrer  aufs 
sorgfältigste  gesichtet  und  ausgewählt  wird.  Von  der  vorliegenden 
Sammlung  gilt  das  aber  leider  nur  mit  Einschränkung,  sie  ist  von 
den  berührten  bedenklichen  Eigenschaften  nicht  frei.  Das  Gebotene 
ist  uugleichwerthig.  Neben  recht  trefflichen  und  vor  allem  sehr  gut 
dargestellten  Leistungen  findet  sich  auch  manches  Mindergute.  Ge¬ 
geben  sind  namentlich  geometrische  Ansichten,  sowohl  ganze  Fronten 
wie  Theile  von  solchen  in  gröfserem  Mafsstabe.  Grundrisse  sind  etwa 
einem  Drittel  der  Entwürfe  beigefügt,  Schnitte,  gewöhnlich  nur  deco- 
rativer  Art,  noch  weniger,  Einzelheiten  und  Perspectiven  fehlen  ganz. 
Die  Formen  sind,  wie  die  Ueberschrift  sagt,  die  der  verschiedenen 
Kenaissance-Schattirungen,  abgewandelt  selbstredend  nach  der  Eigen¬ 
art  des  Meisters  und  auch  wohl  der  entwerfenden  Schüler.  ■ — d. 

Ainveuduugen  der  grapliisclien  Statik.  Nach  Prof.  Dr.  C.  Cul- 
mann  bearbeitet  von  W.  Ritter,  Professor  am  eidg.  Polytechnicum 
in  Zürich.  Zweiter  Theil:  Das  Fachwerk.  XI  u.  229  S.  in  8"  mit 
119  Text-Abb.  und  6  Tafeln.  Zürich  1890.  Meyer  u.  Zeller.  Preis  9  J(. 

Dem  im  vorigen  Jahrgang  (S.  158)  dieser  Zeitschrift  angezeigten 
ersten  Bande  des  grofs  angelegten  Werkes  ist  nun  der  zweite  gefolgt, 
welcher  entsprechend  dem  zuvor  aufgestellten  Programm  das  Fach¬ 
werk  behandelt.  Der  Verfasser  verwahrt  sich  in  der  Vorrede  da¬ 
gegen,  eine  allgemeine  Theorie  des  Fachwerks  schreiben  zu  wollen; 
diese  würde  auch  die  Besprechung  derjenigen  Fragen  erfordern, 
welehe  zur  Zeit  einer  graphischen  Behandlung  noch  nicht  zugänglich 
sind,  während  er  gegentheils  nur  dasjenige  in  übersichtlicher,  zu¬ 
sammenhängender  Darstellung  zu  geben  beabsichtige,  was  die  Cul- 
mannsche  Wissenschaft  auf  dem  Gebiete  der  Fachwerktheorie  zu 
leisten  vermöge.  Wie  aber  aus  der  folgenden  kurzen  Inhaltsangabe 
hervorgehen  wird,  ist  es  Ritter  gelungen,  alle  wichtigeren  Gebiete 
ganz  oder  theilweise  der  zeichnerischen  Untersuchung  zu  gewinnen, 
sodafs  es  nur  noch  eine  kleinere  Anzahl  Fragen  von  weniger  all¬ 
gemeiner  Bedeutung  ist,  über  welche  das  voidiegende  Werk  keinen 
Aufschlufs  giebt. 

Der  Inhalt  ist  in  sechs  Capitel  abgetheilt,  von  denen  die  beiden 
ersten  das  statisch  bestimmte  ebene  Fachwerk,  das  dritte  die  elasti¬ 
schen  Formänderungen,  das  vierte  die  statisch  unbestimmten  Fach¬ 
werke,  das  fünfte  die  secundären  Spannungen,  das  sechste  die  räum¬ 
lichen  Fachwerke  behandelt.  Gelangen  daher  in  den  beiden  ersten 
Capiteln  die  Grundlehren  der  Fachwerktheorie,  durch  welche  die 
Ermittlung  der  Hauptspannungen  einfacher  Träger  möglich  wird, 
in  knapper,  übersichtlicher,  daher  klarer  und  doch  vollständiger  Form 
zur  Darstellung,  so  sind  die  übrigen  Capitel  den  schwierigem  Fragen 
gewidmet,  deren  das  Fachwerk  dem  tiefer  in  seine  Wirkungsweise 
Eindringenden  so  unerwartet  viele  stellt.  Naturgemäfs  kann  in  den 
beiden  ersten  Capiteln  nicht  viel  neues  gebracht  werden,  wenn 
solches  auch  nicht  gänzlich  fehlt;  wir  machen  beispielsweise  nur 
aufmerksam  auf  das  von  Müller- Breslau  begonnene  und  hier  weiter 
geführte  Problem  der  Beanspruchung  von  Pfosten,  welche  Fächer 
mit  Gegenstreben  begrenzen  und  auf  das  neue  Verfahren  Herzogs  zur 
Berechnung  der  Strebenkräfte  von  Fachwerkträgern,  namentlich  vor- 
theilhaft  verwendbar  bei  solchen  mit  krummliniger  Gurtung.  Auf 
vielerlei  neues  stofsen  wir  dagegen  in  den  folgenden  Capiteln,  in 
welchen  für  denjenigen,  welcher  die  Fortschritte  der  graphischen 
Statik  ins  Auge  fafst,  der  Schwerpunkt  des  Buches  liegt;  wir  müssen 
uns  hier  darauf  beschränken,  das  wesentlichste  über  diese  neuern 
zeichnerischen  Verfahren  mitzutheilen. 

Im  dritten  Capitel  ist  von  den  vier  mitgetheilten  Wegen  zur 
Bestimmung  der  elastischen  Formänderungen  namentlich  der  letzte 
beachtenswerth,  weil  neu.  Durch  die  Erweiterung  des  Begriffs  der 
für  die  zeichnerische  Statik  so  wichtig  gewordenen  Elasticitätsellipse 
des  Balkenelements  auf  das  aus  mehreren  Stäben  zusammengesetzte 
Fachwerkelement  gelingt  es  dem  Verfasser,  die  Durchbiegungslinie 
der  Fachwerkswände  mit  Berücksichtigung  der  Füllungsglieder  der¬ 
selben  aus  der  blofsen  Momentenfläche,  also  ohne  Kenntnifs  der 
Stabkräfte,  in  Form  eines  geschlossenen  Seilpolygonzuges  darzu¬ 
stellen.  Das  Verfahren  eignet  sich  trefflich  zur  Ermittlung  der  Ein¬ 
senkungen  bei  Brückenproben;  seine  hauptsächlichste  Bedeutung 
wird  freilich,  wie  leicht  vorauszusehen,  erst  bei  der  Lehre  vom 
continuirlichen  Balken  und  elastischen  Bogen  recht  deutlich  werden. 

Das  vierte  Capitel  ist  dem  statisch  unbestimmten  Fachwerk  ge¬ 


widmet,  für  welches  die  angenäherten,  graphischen  wie  die  genauen 
in  der  Hauptsache  rechnerischen  Verfahren  entwickelt  werden.  Im 
allgemeinen  scheint  uns  dieser  Theil  etwas  knapp  ausgefallen  zu 
sein;  wir  würden  es  begrüfst  haben,  wenn  der  Verfasser  ausführliche 
Beispiele  zu  beiden,  namentlich  auch  zu  den  genauen  Berechnungs¬ 
weisen  gegeben  hätte. 

Vollständig  gelungen  ist  die  zeichnerische  Behandlung  der  Neben¬ 
spannungen;  es  werden  zwei  Wege  zur  Ermittlung  derselben  vorge- 
geführt,  ein  genauer  und  ein  angenäherter,  die  beide  von  der 
Bestimmung  der  Winkeländerungen  an  bis  zur  Entnahme  der  an  den 
Stab-Enden  wirkenden  Momente  rein  graphisch  bleiben.  Der  erste 
besteht  in  der  Hauptsache  in  einer  äufserst  geschickten  Auflösung 
der  Gleichungen  für  diese  Momente  mit  Hülfe  von  Lineal  und  Zirkel 
allein,  wodurch  die  sonst  so  zeitraubende  und  mühsame  Arbeit  bei¬ 
nahe  zu  einem  Spiel  gemacht  wird.  Auch  zeichnet  sich  diesea 
genaue  Verfahren  durch  die  Leichtigkeit  aus,  mit  welcher  es  die 
Berücksichtigung  aller  Nebenumstände,  wie  die  gebogene  Form  der 
Fachwerkstäbe,  ihr  Eigengewicht,  excentrische  Befestigung  der  Stäbe 
an  den  Gurtungen,  Wärmeeinflüsse,  ja  selbst  gelenkförmige  Knoten¬ 
verbindungen  zu  untersuchen  gestattet.  Das  zweite  Verfahren  ist 
die  treffliche  Umarbeitung  der  Landsbergschen  Behandlungsweise,*) 
welche  die  Gurtungen  des  Fachwerks  unter  Vernachlässigung  der 
Füllungsglieder  als  continuirlichen  Balken  auffafst.  Statt  der  Senkung 
der  Knotenpunkte  führt  Ritter  die  Summe  der  Winkeländerungen  an 
denselben  ein  und  vereinfacht  dadurch  das  Verfahren  nicht  nur 
wesentlich,  sondern  macht  es  wohl  damit  erst  praktiseh  brauchbar. 

Das  letzte  Capitel  endlich  ist  den  räumlichen  Fachwerken  gewidmet. 
Für  die  Berechnung  der  Windträger  werden  im  Anschlufs  an  Maurice 
Koechlin  recht  brauchbare  Näherungswege  gegeben,  während  eine 
statisch  bestimmte  Kuppel  mit  Laterne  für  alle  Belastungsarten  ge¬ 
nau  durcbgerechnet  ist. 

Aus  vorstehender  knappen  Inhaltsangabe  geht  hervor,  dafs 
der  zweite  Band  von  Ritters  Werk  die  graphische  Statik  mit 
einer  Reihe  werthvoller  neuer  Wege  und  Verfahren  bereichert,  wie 
es  schon  der  erste  gethan  hat,  und  dadurch  den  weiteren  Ausbau 
des  Culmannschen  Lehrgebäudes  wieder  wesentlich  fördert.  Danebea 
kommt  dem  Buch  aber  auch  eine  hohe  praktische  Bedeutung  zu. 
Wenn  auch  der  Verfasser  im  ersten  Theil  keineswegs  zu  weit  in 
theoretischen  Entwicklungen  gegangen  ist,  so  mufs  doeh  hervor¬ 
gehoben  werden,  dafs  dieser  zweite  Theil  fast  ausschliefslich  den 
für  Brückenbauer  praktisch  wichtigen  Aufgaben  gewidmet  ist.  Der 
Anfänger  wird  in  die  Grundlehren  der  graphischen  Fachwerks¬ 
behandlung  eingeführt,  der  Vorgerücktere  in  die  tiefer  gehenden 
Fragen,  welche  wie  bekannt,  durch  die  immer  nothwendige  An¬ 
knüpfung  an  die  elastischen  Formänderungen  in  ihren  Lösungen 
schwieriger  und  umständlicher  werden;  beiden  aber  kommt  die  be¬ 
sondere  Fähigkeit  des  Verfassers  zu  gute,  für  alle  Aufgaben  den 
möglichst  einfachen  und  verständlichen  Weg  aufzutindeu  und  ihn  in 
klarer  und  überzeugender  Weise  vorzutragen.  Die  rühmenswerthe 
Klarheit  in  der  Stofi‘anordnung  wird  noch  erhöht  durch  den  Umstand,, 
dafs  das  Nebensächlichere  durch  kleinern  Druck  gekennzeichnet  ist. 
Einzelnen  Stellen  wäre  vielleicht  eine  etwas  weniger  knappe  Be¬ 
handlung  günstig  gewesen;  auch  dürfte  die  Anzahl  der  durchge¬ 
führten  Beispiele  nach  unserer  Ansicht  etwas  reichlicher  bemessen 
sein.  —  Das  Buch  ist  hübsch  ausgestattet;  zahlreiche  klare  Text¬ 
abbildungen  und  schöne  Tafeln  zieren  es.  In  allen  Beziehungen 
schliefst  es  sich  durchaus  würdig  dem  ersten  Bande  an  und  läfst  uns 
mit  hohen  Erwartungen  den  kommenden  weitern  Theilen  des  Werkes 
entgegensehen.  — 1. 

Tasclienbncli  zum  Abstecken  von  Kreisbögen  mit  und  ohne 
Uebergangscurven  für  Eisenbahnen,  Strafsen  und  Canäle.  Mit  be¬ 
sonderer  Berücksichtigung  der  Eisenbahnen  untergeordneter  Bedeutung 
bearbeitet  von  0.  Sarrazin  u.  H.  Oberbeck.  Fünfte  Auflage., 
Berlin  1890.  Verlag  von  Julius  Springer.  X  und  73  S.  Einleitung,. 
198  S.  Tabellen.  Kl.  8®.  Preis  geb.  3  Jt. 

Die  Bahnordnung  für  deutsche  Eisenbahnen  untergeordneter  Be¬ 
deutung  hat  durch  Beschlufs  des  deutschen  Bundesraths  vom  22.  Mai 
d.  J.  eine  wichtige  Aenderung  dahin  erfahren,  dafs  die  gröfste  Fahr¬ 
geschwindigkeit  auf  diesen  Bahnen,  welche  bis  dahin  30  km  in  der 
Stunde  nicht  übersteigen  durfte,  nunmehr  für  Personenzüge  unter 
bestimmten  Voraussetzungen  bis  zu  40  km  betragen  darf.  In  der 
vorliegenden  fünften  Auflage  des  bekannten  Taschenbuches  ist  diesem 
Umstande  durch  entsprechende  Ausdehnung  der  Tabellen  für  die 
Ueberhöhung  des  äufseren  Schienenstranges  in  Curven  Rechnung  ge¬ 
tragen.  Die  neuerdings  für  zweckmäfsig  erachtete  Einschränkung 
der  Spurerweiterung  in  Curven  hatte  bereits  in  der  vorigen  Auflage 
Berücksichtigung  gefunden. 


*)  Veröffentlicht  in  der  Zeitschrift  des  Hannoverschen  Archi¬ 
tekten-  und  Ingenieur- Vereins  1885  und  1886. 


Verlag  von  Ernst&Korn  CWillaelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Redaction  des  nictitamtlicheu  Theiles  verantwortlicli:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


529 

Centralblatt  der  Bauverwaltung. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jahrgang.  Berlin,  20.  December  1890.  Nr.  51. 


Redactioii:  SW.  Zimmerstrafse  7  Gescliäftsstolle  und  Annalime  der  Anzeigen; 

W.  Wilhelmstratse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,75  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslande  1,30  Mark. 

INHALT:  Amtliches:  Personal-Nachrichten.  —  Nichtamtliches:  Erweiterungsbau 
des  Archiv-  und  Bibliothehgebäudes  in  Hannover.  —  Kaiser  Wilhelm -Denkmal  für 
die  Eheinproviuz.  —  Baupolizeiwesen  der  Stadt  New-York.  —  Signale  der  Unter¬ 
grundbahn  in  London  (Schlufs).  —  Vermischtes:  Dortmund-Ems-Canal.  —  Wett- 

bewerb  für  das  Concordiagesellschaftshaus  in  Remscheid.  —  Wettbewerb  um  Ent¬ 
würfe  für  das  „Victoriahaus“  in  Dresden.  —  „Magdeburger  Baudenkmäler“.  —  Elek¬ 
trische  Beleuchtung  des  Suez-Canals.  —  Verschmelzungen  americanischer  Bahnen.  — 
Nachdruck  aus  dem  Centralblatt  der  Bauverwaltung.  —  Neue  Patente. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Preufsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Wirk¬ 
lichen  Geheimen  Ober  -  Eegierungsrath  und  Ministerial  -  Director 
Schultz,  Director  der  Abtheilung  für  die  Verwaltung  des  Bau¬ 
wesens  im  Ministerium  der  ölfentlichen  Arbeiten,  den  Charakter  als 
Wirklicher  Geheimer  Rath  mit  dem  Prädicat  Excellenz,  den  Regierungs¬ 
und  Bauräthen  Becker  in  Merseburg,  Benoit  in  Cöslin,  Beyer  in 
Breslau,  Eitner  in  Minden,  Dieckhoff  in  Potsdam,  Reichert  in 
Bromberg  und  Neumann  in  Cassel  den  Charakter  als  Geheimer 
Baurath,  den  Kreis  -  Bauinspectoren  Schmarsow  in  Neidenburg 
O./Pr.,  Emil  Bauer  in  Nakel,  Robert  Bergmann  in  Hannover, 
Spillner  in  Essen,  Ziolecki  in  Bunzlau,  Engisch  in  Züllichau, 
Holtgreve  in  Höxter,  Mebus  in  Drossen  und  Dollenmaier  in 
Deutsch-Eylau,  den  Wasser-Bauinspectoren  Albert  Brinkmann  in 
Steinau  a./Oder  und  Albert  Fischer  in  Wittenberge,  dem  Bau¬ 
inspector  Grafsmann  beim  Polizei-Präsidium  in  Berlin  und  dem 
Bauinspector  Lünzn er  bei  der  Regierung  in  Arnsberg  den  Charakter 
als  Baurath  zu  verleihen,  sowie  ferner  den  bisherigen  Königlichen 
Regierungs -Baumeister  Bohnstedt  in  Berlin  zum  Hof-Bauinspector 
zu  ernennen. 

Angestellt  sind:  die  bisherigen  Regierungs  -  Baumeister  Caspari 
in  Mülheim  a./Rhein,  Stoessell  in  Düsseldorf  und  Emil  Rudolph 
in  Mewe  a.  d.  Weichsel  als  Königliche  Wasser  -  Bauinspectoren; 
Lodemann,  im  technischen  Bureau  der  Bauabtheilung  des  Mi¬ 
nisteriums  der  öffentlichen  Arbeiten  in  Berlin  beschäftigt,  als  König¬ 
licher  Bauinspectoi’,  Poetsch,  bei  Bauten  im  Bereich  der  König¬ 
lichen  Ministerial-Bau-Commission  in  Berlin  beschäftigt,  als  König¬ 
licher  Land -Bauinspector;  Rattey  in  Aachen,  Heckhoff,  z.  Zt.  in 
Paderborn,  Mithoff  in  Naugard  und  Paul  Rettig  in  Leobschütz 
i.  Schl,  als  Kreis-Bauinspectoren  in  Aachen ,  Homburg  v.  d.  Höhe, 
Naugard  i.  Pom.  und  Leobschütz  i.  Schl. 

•  Der  Kreis-Bauinspector,  Baurath  Holler  in  Homburg  v.  d.  Höhe 
tritt  am  1.  Januar  1891  in  den  Ruhestand. 


Deutsches  Reich. 

Der  Marine-Maschinen-Baumeister  Scheit  ist  zum  aufseretats- 
mäfsigen  Torpedo-Bauinspector  ernannt. 

Bayern. 

Der  Staatsbauassistent  Hermann  Grimm  in  Bad  Reichenhall 


wurde  zum  Bauamts-Assessor  beim  technischen  Bureau  für  Wasser¬ 
versorgung  im  k.  Staatsministerium  des  Innern  ernannt. 

Vom  1.  Januar  1891  anfangend  wird  die  II.  Assessorstelle  bei 
dem  Strafsen-  und  Flufsbauamte  Dillingen  dem  Einzuge  unterstellt 
und  dem  Strafsen-  und  Flufsbauamte  Kempten  ein  zweiter  Neben¬ 
beamter  zugewiesen,  infolge  dessen  der  Bauamts-Assessor  Max  Reiser 
in  Dillingen  an  das  Strafsen-  und  Flufsbauamt  Kempten  versetzt. 

Dem  zum  Stadtbaurathe  von  Landshut  gewählten  Bauamts- 
Assessor  Josef  Preifser  in  Landshut  wurde  behufs  Uebernahme 
dieser  Stelle  ein  dreijähriger  Urlaub  unter  Vorbehalt  des  Rücktrittes 
in  den  Staatsdienst  während  dieser  Zeit  ertheilt. 

Sachsen. 

Mit  Allerhöchster  Genehmigung  Sr.  Majestät  des  Königs  hat  das 
Ministerium  des  Cultus  und  öffentlichen  Unterrichts  den  mit  der  Ab¬ 
haltung  von  Vorlesungen  über  Allgemeine  Rechtskunde  und  specielle 
Theile  derselben  bei  der  technischen  Hochschule  in  Dresden  beauf¬ 
tragten  Regierungsrath  Joh.  Martin  Lotichius  zum  Honorarprofessor 
bei  der  genannten  Hochschule  ernannt. 

Bei  der  Königlich  Sächsischen  Strafsen-  und  Wasserbau -Ver¬ 
waltung  ist  der  bisherige  Regierungs -Baumeister  Gerhard  Hübler 
zum  Strafsen-  und  Wasserbauinspector  in  Freiberg  ernannt  worden. 

Württemberg. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  den  Bau¬ 
inspector,  tit.  Baurath  v.  Misani,  Collegialhülfsarbeiter  bei  der 
Generaldirectipn  der  Staatseisenbahnen  auf  die  erledigte  Stelle  eines 
Bauraths  bei  dieser  Generaldirection ,  den  Abtheilungsingenieur 
tit.  Bauinspector  Knoll,  zur  Zeit  mit  der  stellvertretungsweisen 
Wahrnehmung  des  Betriebsbauamts  Heidenheim  betraut,  auf  die  er¬ 
ledigte  Stelle  eines  Betriebsbauinspectors  in  Heidenheim  zu  befördern 
sowie  die  erledigte  Stelle  eines  Bahnmeisters  in  Vaihingen  auf  den 
Fildern  dem  stellvertretenden  Bahnmeister  Espenlaub  in  Königs¬ 
bronn  zu  übertragen. 

Bei  der  im  October  d.  J.  vorgenommenen  zweiten  Staatsprüfung 
im  Hochbaufache  sind  die  Candidaten  Oskar  Albert  aus  Schwieber¬ 
dingen,  0.  A.  Ludwigsburg,  Max  Burger  aus  Obersteinach,  0.  A. 
Gerabronn,  Gustav  Eisele  aus  Efslingen,  Karl  Kübler  aus  Mark¬ 
gröningen,  0.  A.  Ludwigsburg  und  Emil  Rayher  aus  Odessa  für  be¬ 
fähigt  erkannt  worden.  Den  Genannten  wurde  am  4.  December  d.  J. 
der  Titel  „Regierungs-Baumeister“  verliehen. 


[Alle  Eeclite  vorüelialten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Der  Erweiterungsbau  des  Archiv-  und  Bihliothekgebäudes  in  Hannover, 


Das  bisher  zur  Aufbewahrung  der  Bestände  des  Königlichen 
Archivs  und  der  Bibliothek  in  Hannover  dienende  Bauwerk,  be¬ 
stehend  aus  einem  langgestreckten,  zweigeschossigen  Gebäude, 
stammt  aus  dem  Jahre  1725.  Als  Architekt  des  alten  Baues  wird 
mehrfach  der  Ober-Bainneister  Borchmann  genannt. 

Den  Grundstock  des  Archivs  bilden  die  Archive  von  Kalenberg 
und  Celle.  Das  letztgenannte  wurde  nach  dem  Tode  Herzog  Wilhelms, 
mit  dem  die  Lüneburger  Linie  des  welfischen  Hauses  erlosch,  nach 
Hannover  gebracht  und  dort  durch  besondere  Beamte  verwaltet.  Erst 
1776  kamen  beide  Archive  unter  eine  Verwaltung.  Mit  der  Ver- 
gröfserung  des  Kurfürstenthums  und  späteren  Königreichs  Hannover 
vermehrten  sich  auch  die  Bestände.  Die  landesherrlichen  Archive 
der  mit  Hannover  später  vereinigten  Ländergebiete  traten  zu  jenem 
Grundstöcke  hinzu,  so  die  von  Lüneburg,  Bremen,  Verden,  Hildes¬ 
heim  usw.  Dadurch  vermehrte  sich  die  Zahl  der  Urkunden  und 


Acten  allmählich  bedeutend;  ebenso  haben  die  politischen  Vorgänge 
der  neuesten  Zeit  sowie  die  Veränderungen  in  der  Verwaltung  dem 
Staatsarchive  erhebliche  Bestände  zugeführt. 

Die  Königliche  Bibliothek  ist  um  die  Mitte  des  17.  Jahr¬ 
hunderts  vom  Herzoge  Johann  Friedrich  von  Hannover-Kalenberg 
begründet  und  besonders  durch  Leibniz  und  dessen  Nachfolger  an 
der  Bibliothek  vermehrt  worden.  Unter  den  Drucksachen  befinden 
sich  246  werthvolle  und  seltene  Incunabeln,  darunter  verschiedenes 
nur  einmal  Vorhandene.  Die  Handschriftensammlung  ist  besonders 
reich  und  bedeutend  nicht  nur  für  die  Geschichte  der  Braunschweig- 
Lüneburgischen  Lande,  sondern  auch  für  die  allgemeine  und  deutsche 
Geschichte,  und  besitzt  viele  alte,  zum  Theil  mit  Miniaturen  ge¬ 
schmückte  Pergamente.  Ein  besonderer  Schatz  aber  ist  Leibniz’ 
handschriftlicher  Nachlafs:  200  Foliobände  über  Theologie,  Philo¬ 
sophie,  Philologie,  Geschichte,  Staatsrecht,  Mathematik  und  Natur- 


530 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


20.  Deceniber  1890, 


Wissenschaften,  sowie  des  grofsen  Philosophen  in  mehr  als  hundert 
Kasten  alphabetisch  geordneter  Briefwechsel. 

Alle  diese  Schätze  liefsen  sich  in  dem  vorhandenen  Gebäude  nicht 
mehr  in  zweckentsprechender  Weise  unter¬ 
bringen,  ein  Neu-  oder  Umbau  war  schon 
seit  langer  Zeit  zur  Nothwendigkeit  gewor¬ 
den.  Nach  mehrfachen  Erwägungen  wurde 
beschlossen,  das  Bedürfnifs  durch  Aufbau 
eines  neuen,  zweiten  Stockwerks  auf  dem 
alten,  noch  standfesten  Gebäude  und  aufser- 
dem  durch  den  Anbau  eines  Mittelfliigels 
an  der  Südseite  zu  befriedigen,  weil  hierbei 
den  Wünschen  der  Verwaltung  hinsichtlich 
der  Benutzungsart  am  besten  entsprochen 
werden  konnte. 

Bei  Ausarbeitung  der  Pläne  waren  fol¬ 
gende  Gesichtspunkte  zu  berücksichtigen. 

1.  Das  zu  erweiternde  Gebäude  soll  für 
eine  50jährige  Vermehrung  der  Acten-  und 
Bücherbestände  ausreichen.  Danach  ergab 
sich  für  das  Archiv  eine  Vergröfserung  der 
vorhandenen  Repositorien- Ansichtsfläche  von 
3200  auf  6300  cpu.  Für  die  Bücher  und 
Handschriften  der  Bibliothek  war  bis  jetzt 
eine  Ansichtsfläche  der  Gestelle  von  2000  qm 
vorhanden;  diese  sollte  für  die  Bücher  allein 
auf  2500  qm  gebracht  werden,  während  für 
die  Handschriften  besondere  Räume  vorzu¬ 
sehen  waren. 

2.  In  dem  Gebäude  sollte  aufserdem 
Platz  für  die  erforderlichen  Verwaltungs¬ 
räume  und  für  zwei  Diener -Wohnungen  ge¬ 
schaffen  werden. 

3.  Bibliothek  und  Archiv  waren  möglichst  von 
einander  zu  trennen,  jedoch  einheitlich  zugänglich  zu 
machen. 

Der  nach  Süden  vorspringende  neue  Mittelflügel 
soll  hiernach  die  Bibliothek  aufnehmen,  während  das 
alte  Gebäude  einschliefslich  des  neu  aufzuführenden 
Stockwerks  für  das  Archiv  bestimmt  ist.  Die  in  der 
Mitte  angeordneten  beiden  Treppen  vermitteln  den  Ver¬ 
kehr  einerseits  nach  dem  Archiv,  anderseits  nach 
der  Bibliothek.  Im  Erdgeschofs  des  neuen  Anbaues 
liegen  die  Dienerwohnungen  und  einige  Räume  für 
Brennmaterialien.  Die  darüber  befindlichen  zwei  Haupt¬ 
geschosse  und  das  Mansardengeschofs  sind  zu  einem 
grofsen  Bücher-Magazine  vereinigt.  Am  südlichen  Ende 
des  neuen  Flügels 
ist  die  Handschrif¬ 
tensammlung  in  ge¬ 
wöhnlichen,  über¬ 
wölbten  Geschossen 
untergebracht. 

Im  alten  Ge¬ 
bäude  sind  mit 
Rücksicht  auf  die 
über  dem  ersten 
Stockwerk  befind¬ 
lichen  starken  Ge¬ 
wölbe,  deren  Bei¬ 
behaltung  zweck- 
mäfsig  erschien,  zwei  übereinander  liegende  Magazinräume  vorge¬ 


sehen  worden.  In  der  Bibliothek  sowohl  wie  im  Archiv  sind 
die  Magazine  durch  Zwischenböden  in  Geschosse  von  rund  2,20  m 
Höhe  gethcilt,  die  mit  einander  durch  eiserne  Nebentreppen  in 
Verbindung  stehen.  Diese  Zwischenböden 
sollen  aus  durchbrochenen  gufseiseimen  Plat¬ 
ten  zwischen  Trägern  hergestellt  werden. 
Eigenartig  ist  die  Ausnutzung  des  Mansar¬ 
dendaches,  in  welches  die  überwölbten  Ma¬ 
gazinräume  bis  auf  2,25  m  Höhe  hinein¬ 
reichen.  Das  Dach  wurde  aus  Schmiede¬ 
eisen  mit  Schieferdeckung  hergestellt; 
auch  der  untere  massive  Theil  des  Man¬ 
sardendaches  soll  mit  Schieferplatten  auf 
Schalung  bekleidet  werden;  letztere  wird 
zu  diesem  Zwecke  an  Latten,  welche  auf 
eingemauerten  Holzklötzen  Halt  finden,  be¬ 
festigt. 

Die  architektonische  Behandlung  der 
Fronten  entspricht  in  den  beiden  unteren 
Geschossen  den  sehr  einfachen  Formen 
der  alten  Gebäudetheile,  während  für  das 
obere  Geschofs,  die  Mansardenfenster  und 
den  Südgiebel  etwas  gröfserer  Reichthum 
in  Aussicht  genommen  ist.  Alle  architek¬ 
tonischen  Gliederungen  werden  in  Sandstein 
hergestellt,  die  glatten  Mauerflächen  dagegen 
geputzt.  ■ 

Die  innere  Ausstattung  ist  verhältnifs- 
mäfsig  einfach;  nur  das  Haupttreppenhaus 
und  der  Eingangsflur  werden  eine  etwas 
reichere  Durchbildung  erhalten.  Für  die  Be¬ 
heizung  der  Verwaltungsräume  und  Diener¬ 
wohnungen  kommen  Kachelöfen  zur  An¬ 
wendung;  von  einer  Erwärmung  der  Magazine  ist 
abgesehen. 

Die  Gesamtsumme  des  Kostenanschlages  beträgt 
576  000  Mark;  davon  entfallen  auf  die  künstliche 
Gründung  des  neuen  Anbaues  13  000  Mark,  auf  den 
neuen  Anbau  207  000  Mark  und  auf  die  Erhöhung 
des  alten  Gebäudes  338  000  Mark.  Als  Einheitspreise 
ergeben  sich  für  den  neuen  Anbau  357,45  Jt  auf 
1  qm  und  19,46  Jl  auf  1  cbm.  Die  Bauausführung, 
welche  im  September  1889  begonnen  wurde,  wird 
voraussichtlich  drei  Jahre  in  Anspruch  nehmen.  Die 
Entwurfbearbeitung  erfolgte  auf  Grund  der  im  Mini¬ 
sterium  der  öffentlichen  Arbeiten  nach  Angaben  des 
Geheimen  Bauraths  Lorenz  aufgestellten  Skizzen. 

Mit  der  weiteren 
Bearbeitung  der 
Pläne  und  der  Bau¬ 
ausführung  wurden 
nach  einander  der 
Baurath  Hacker 
und  der  Kreisbau¬ 
inspector  Schrö¬ 
der  betraut,  denen 
für  die  besondere 
Bauleitung  der  Re¬ 
gierungs-Baumei¬ 
ster  Rattey  und 
nach  dessen  Ver¬ 
setzung  der  Regierungs-Baumeister  Semmelmann  überwiesen  wurden. 


Zur  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm -Deiikiiials  für  die  ßheinprovinz. 


Die  Frage  des  rheinischen  Kaiser  Wilhelm -Denkmals,  welche 
am  11.  d.  M.  im  Provinciallandtage  der  Rheinprovinz  zur  Erörte¬ 
rung  stand,  hat  eine  unerwartete  Wendung  genommen.  Ueber  den 
Verlauf  der  um  das  Denkmal  veranstalteten  Wettbewerbung  sind  die 
Leser  unterrichtet.*)  Hinzugetreten  sind  nach  der  Preisbewerbung 
neben  dem  Gedanken  einer  milden  Stiftung  noch  einige  andere 
Denkmalvorschläge.  Die  Herren  Prof.  Frentzen-Aachen  und  Baurath 
Maertens-Bonn  haben  einen  Entwurf  für  den  Hardtberg  veröffent¬ 
licht,**)  W.  Linze-Aachen  plante  ein  Denkmal  auf  dem  Mittelpfeiler 
einer  Rheinbrücke,  und  auch  der  Entwurf  zu  einem  Denkmal  auf  der 
Rhein -Terrasse  vor  dem  Schlosse  in  Coblenz  ist  zur  Vorlage  ge¬ 
kommen.  Der  letztgenannte  Ort  ist  neuerdings  wieder  besonders  in 

*)  Vgl.  S.  187,  198  und  210  ff.  dieses  Jahrganges. 

**)  Vgl.  S.  508  d.  J.  und  die  untenstehenden  Erklärungen. 


den  Vordergrund  getreten  durch  eine  Kundgebung  des  Obersten 
V.  Tschudi,  nach  welcher  Ihre  Majestät  die  Hochselige  Kaiserin 
Augusta  bei  ihrer  letzten  Anwesenheit  in  Coblenz  diese  Stadt  als 
den  einzigen  Platz  bezeichnet  hat,  der  ihrer  Ansicht  nach  für  die  Auf¬ 
stellung  des  Denkmals  in  Frage  kommen  könne.  Der  Provincial- 
landtag  hat  nun  nach  zwei  vorangegangenen  vertraulichen  Be¬ 
sprechungen  in  öffentlicher  Sitzung  vom  eingangs  genannten  Tage 
nahezu  einstimmig  folgenden  Beschlufs  gefafst:  „In  Erwägung,  dafs 
die  vertrauliche  Besprechung  ergeben  hat,  dafs  die  Ansichten  über 
die  Art  und  den  Ort  eines  Denkmals  in  der  Rheinprovinz  für  Kaiser 
Wilhelm  I.  weit  auseinandergehen  und  dafs  keiner  der  verschiedenen 
Anträge  eine  Mehrheit  auf  sich  zu  vereinigen  vermochte,  beschliefst 
der  Landtag,  die  Angelegenheit  unter  Mittheilung  der 
verschiedenen  Anschauungen  der  Entscheidung  Seiner 
Majestät  des  Kaisers  anlieimzustellen.“  Inzwischen  ist  der 


Nr.  51. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


531 


Vorstand  eines  Bonner  Vereines,  der  sich  gebildet  hat,  um  das 
Denkmal  dem  Siebengebirge  zu  gewinnen,  mit  einem  Aufrufe  an  die 
Rheinländer  hervorgetreten.  Diese  werden  aufgefordert,  sich  an  einer 
Eingabe  zu  betheiligen,  in  welcher  Se.  Majestät  der  Kaiser 
gebeten  werden  soll, 

„eine  den  Wünschen 
der  überwältigenden 
Mehrheit  des  Rhein¬ 
lands  entsprechende 
Entscheidung  zu  Gun¬ 
sten  des  Siebenge¬ 
birges  treffen  zu  wol¬ 
len.“  Der  Aufruf 
deckt  sich  etwa  mit 
dem  Beschlüsse  des 
zur  Behandlung  der 
Platzfrage  nach  Kö¬ 
nigswinter  berufenen 
Ausschusses  vom 
8.  Juni  1889  (vgl. 

S.  21  des  vorigen 
Jahrganges  dieses 
Blattes). 

Die  oben  bereits 
angezogene  Auslas¬ 
sung  des  Herrn  Stadt¬ 
baumeister  Lemcke 
in  Bonn  auf  S.  508 
d.  J.  hat  die  nach¬ 
stehenden  beiden  Er¬ 
widerungen  verursacht.  Herr  Professor  Frentzen  erklärt: 

„In  Nr.  49  dieses  Blattes  schreibt  Herr  Johannes  Lemcke  aus 
Bonn  einen  Artikel  über  die  Errichtung  eines  Kaiser  Wilhelm- 
Denkmals  für  die  Rheinprovinz,  in  welchem  er  sich 
als  Wächter  des  guten  Rufes  unseres  Faches  hinstellt 
und  auf  einen  bedauerlichen  Irrweg  hinweist,  auf  dem 
ich  mich  befinden  soll.  Zur  gebührenden  Kennzeich¬ 
nung  der  Handlungsweise  des  genannten  Herrn  möge 
der  seinen  Expectorationen  zu  Grunde  liegende  Sach¬ 
verhalt,  soweit  er  mich  angeht,  hier  mitgetheilt  werden. 

Bei  Gelegenheit  des  Wettbewerbes  für  das  Kaiser¬ 
denkmal  der  Rheinprovinz  fertigte  ich  einen  Ent¬ 
wurf,  den  ich  zu  dem  festgesetzten  Termin  nicht 
abliefern  konnte.  Aufser  einigen  anderen  Fachge¬ 
nossen  zeigte  ich  denselben  auch  Herrn  Baurath 
Maertens,  dessen  besonderes  Interesse  er  erregte, 
weil  er  in  seinen  Grundzügen,  seinen  Abmessungen 
sowie  bezüglich  des 
gewählten  Stand¬ 
ortes  fast  genau 
mit  seiner  eigenen 
Entwurfsidee  über¬ 
einstimmte.  Herr 
Maertens  sowie  der 
Bürgermeister  der 
Stadt  Königswinter 
veranlafsten  mich, 
den  Entwurf  nach 
einigen  mit  Rück¬ 
sicht  auf  den 
Kostenpunkt  ge¬ 
schehenen  Vereinfachungen  einem  Ausschüsse  zur  Verfügung  zu 
stellen,  welcher  in  mafsgebenden  Ki’eisen  für  die  Errichtung  des 
Denkmals  auf  dem  Hardtberg  zu  wirken  suchte.  Sie  erwirkten 
gleichzeitig  meine  Erlaubnifs,  eine  Skizze  des  Entwurfes  einem 
Aufsatze  beilegen  zu  dürfen,  in  welchem  Herr  Baurath  Maertens 
nochmals  für  die  Wahl  des  Hardtberges  auf  Grund  eingehender 
Studien  und  Kostenberechnungen  Propaganda  machen  werde.  Von 
diesem  Aufsatz  habe  ich  erst  nach  seiner  Drucklegung  Kenntnifs 
erhalten  und  dann  Herrn  Maertens  sowohl  als  anderen  Betheiligten 
gegenüber  kein  Hehl  daraus  gemacht,  dafs  die  mir  gespendeten  über¬ 
triebenen  Lobeserhebungen  ebenso  wenig  meinen  Beifall  finden  als 
ein  Hinarbeiten  auf  die  Ausführung  des  Entwurfes.  Dies  ist  der 
einfache  Thatbestand,  welcher  Herrn  Lemcke  Veranlassung  giebt, 
sich  in  die  Toga  richterlicher  Würde  zu  hüllen  und  mit  dem  Brustton 
sittlicher  Entrüstung  durch  die  Spalten  dieses  Blattes  sein  vernich¬ 
tendes  Urtheil  über  meinen  Ruf  zu  verkünden. 

Auf  Grund  obiger  Darlegungen  appellire  ich  mit  Ruhe  an  eine 
höhere  Instanz,  den  gesamten  Leserkreis  dieses  Blattes.“ 

Aachen,  9.  December  1890.  Georg  Frentzen. 


II.  Stockwerk. 

Archiv-  und  Bibliothekgebäude  in  Hannover. 


Herr  Baurath  Maertens  schreibt:  „Zur  Errichtung  eines  Kaiser 
Wilhelm -Denkmals  für  die  Rheinprovinz“  überschreibt  sich  ein  in 
Nr.  49  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung  gegebener  Artikel  des 
Stadtbauraeisters  Lemcke  in  Bonn.  Dieser  Artikel  ist  ganz  besonders 

in  seinen  Schlufs- 
sätzen  voll  von  Aus¬ 
fällen  gegen  den 
Herrn  Professor  Fren¬ 
tzen  zu  Aachen  und 
anderseits  gegen  mich 
selbst.  Zur  Würdi¬ 
gung  der  Mafslosig- 
keit  dieser  Ausfälle 
soll  hier  folgendes 
historisch  getreu  von 
mir  angeführt  werden. 

Nach  öffentlicher 
Ausstellung  der  W ett- 
streitpläne  für  das 
obige  Denkmal  ent¬ 
stand  in  unserer  Pro¬ 
vinz  eine  allgemeine 
Zersplitterung  des 
öffentlichen  Urtheils 
über  diese  Project- 
zeichnungen,  ganz  be¬ 
sonders  über  die 
Wahl  des  Aufstel¬ 
lungsortes.  Um  sol¬ 
chen  ürtheilen  eine 

bestimmtere,  klarere  Richtung  zu  geben,  fühlte  ich  mich  ganz  aus 
eigenem  Antriebe  im  Interesse  der  grofsen  Sache  bewogen,  eine 
übersichtliche  Kritik  der  ausgestellten  Pläne  in  Nr.  164  der  dies¬ 
jährigen  Kölnischen  Zeitung  zu  schreiben.  Unter  den 
vielen  beistimmenden  Zuschriften  meiner  rheinischen 
Landsleute  befand  sich  zur  Zeit  auch  eine  solche  des 
Herrn  Professor  Frentzen  aus  Aachen,  welchen  ich 
bis  dahin  kaum  mehr  als  dem  Namen  nach  kannte. 
Herr  Frentzen  schlug  darin  gleichzeitig  vor,  mir  seinen 
bei  der  Preisbewerbung  durch  einen  zeitlichen  Irr¬ 
thum  zurückgehaltenen  Denkmalplan  noch  nachträg¬ 
lich  vorzulegen,  um  mich  erkennen  zu  lassen,  dafs 
unsere  beiden,  auf  selbständigen  Wegen  erworbenen 
Meinungen  über  Standortwahl  und  Gesamtdisposition 
des  Monumentes  fast  in  allen  Punkten  übereinstimm¬ 
ten.  Die  ideal  gehaltenen  Vorlagen  des  Herrn 
Frentzen  mit  ihrem  Mittelbau  nebst  abgerundeten 

Flügeln  machten 
damals  auf  mich 
einen  so  günstigen 
Eindruck ,  dafs 
ihnen  in  meinen 
Augen  kein  ande¬ 
rer  der  übrigen 
Concurrenzpläne 
gleichkam.  Als  ich 
daher  im  Herbst 
d.  J.  nach  vorge¬ 
nommenem  Nivelle¬ 
ment  des  Hardt¬ 
berges  ein  einge¬ 


henderes  Project  der  fraglichen  Denkmalanlage  (im  Gedankenanschlufs 
an  die  wirksame  Thurmform  des  Kyft’häuser  -  Kaiserdenkmals)  als 
Privatstudie  ausgearbeitet  hatte,  legte  ich  bei  einer  von  mir  erbetenen 
Zusammenkunft  in  Köln  dieselbe  dem  Herrn  Professor  Frentzen  im 
Grundrifs  vor  mit  der  Frage,  ob  er  nicht  geneigt  sei,  für  meine  auf 
klare  Fernwirkung  berechnete  Disposition  in  deren  engeren  Mafs- 
grenzen  einen  neuen  Monumentaufbau  zu  projectiren.  Bei  dieser 
Conferenz  zeigte  sich  bald,  dafs,  wenn  dem  Mittelbau  des  früheren 
Frentzenschen  Idealprojektes  die  beiden  Seitenflügel  gänzlich  ge¬ 
nommen  würden,  der  erstere  fast  genau  in  meinen  generellen 
Plan  hineinpafste.  Im  Interesse  der  hohen  Sache  verwarf  ich  sofort 
meine  eigene  Aufrifsskizze  des  eigentlichen  Monuments  und  habe  ich 
seitdem  aus  tiefster  eigener  Ueberzeugung  auch  gegen  den  Willen 
des  Herrn  Frentzen  —  geleitet  durch  das  Gefühl,  die  Sache  nun 
endlich  so  schnell  als  möglich  einem  guten  Ende  zuzuführen  — 
dessen  Monument-Entwurf  mündlich  und  schriftlich  gegen  jedermann 
gepriesen  und  mit  begeisterten  Worten  zur  wirklichen  Ausführung 
empfohlen.  Von  meinem  eigenen  Antheile  bei  dem  neuen  Ent¬ 
würfe  für  den  Hardtberg  habe  ich  nur  ausgesprochen,  dafs  mit 
Rücksicht  auf  die  Erdarbeiten  „die  getroffene  Gesamtdisposition  der 


20.  Deceraber  1890. 


532  Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


neuen  Hochebene  mit  mathematischer  Logik  unverrückbar  festgelegt 
ist.“  Mit  diesem  meinem  persönlichen  Verhalten  soll  ich  nun  nach 
Meinung  des  erregten  Bonner  Stadtbauineisters  Lemcke  den  guten 
Ruf  unseres  Faches  gefährdet  haben! 

Wenn  dann  weiter  Herr  Lemcke  noch  ganz  im  allgemeinen 


Zweifel  an  der  Richtigkeit  meines  gegebenen  Kostenanschlags  er¬ 
hebt,  ohne  sich  irgend  Mühe  zu  geben,  die  vermeintlichen  Fehler 
mir  nur  irgend  nachzuweisen,  so  wird  dieses  collegialisch-tactvolle 
Benehmen  von  dem  Leser  wohl  hinreichend  gewürdigt  werden.“ 
Bonn,  9.  December  1890.  Maertens,  Kgl.  Baurath. 


Das  Baupolizeiwesen 

Nachdem  für  die  Stadt  Berlin  im  Jahre  1887  eine  neue  Bau- 
Polizei-Ordnung  erlassen  worden  ist,  deren  Bestimmungen  auf  die  Ent¬ 
wicklung  insbesondere  des  Wohnhausbaues  von  wesentlichem  Ein¬ 
flüsse  sind,  dürften  die  Veränderungen  besondere  Beachtung  ver¬ 
dienen,  welche  das  Baupolizeiwesen  der  Stadt  New-York  nach  einem 
Berichte  des  der  deutschen  Gesandtschaft  in  Washington  zugetheilten 
Regierungs-Baumeisters  Herrn  Petri  in  neuerer  Zeit  erfahren  hat. 

Es  sei  zunächst  vorausgeschickt,  dafs  dort  die  Baupolizeibehörde 
—  Bureau  of  Inspection  of  Buildings  —  eine  selbständige  Stellung 
nicht  hat,  vielmehr  eine  Abtheilung  der  Feuerwehr  —  Fire  Depar¬ 
tement  —  bildet,  welche  auch  die  sämtlichen  Beamten  der  Bauab- 
theilung  ernennt.  Die  Ursache  hiervon  dürfte  darin  zu  suchen  sein, 
dafs  ursprünglich  die  Bauthätigkeit  einer  Aufsicht  nicht  unterworfen 
war,  bis  grofse  Brände  und  die  damit  verbundenen  Unglücksfälle  im 
Laufe  der  Jahre  die  Veranlassung  gaben  auch  die  Aufführung  der 
Gebäude  sorgfältig  zu  überwachen.  Dem  Mayor  von  New-York  hat 
das  Fire  Departement  vierteljährlich  und  am  Jahresschlufs  eingehend 
Rechenschaft  über  seine  Thätigkeit  zu  geben.  Einem  derartigen 
Berichte  ist  zu  entnehmen,  dafs  im  Jahre  1888  das  Bureau  of  In¬ 
spection  of  Buildings  75  Beamte  zählte.  An  der  Spitze  derselben 
steht  der  Superintendent  of  Buildings,  welcher  von  zwei  Deputy 
Superintendents  unterstützt  und  in  Behinderungsfällen  vertreten  wird. 
Vorbedingung  für  die  Anstellung  dieser  Beamten  ist,  dafs  sie  zu  den 
erfahrenen  Architekten  oder  Baumeistern  gehören  und  mindestens 
eine  zehnjährige  Praxis  haben.  Innerer  und  äufserer  Dienst  sind 
vollständig  getrennt.  Während  22  einem  Bureaudirector  (Chief 
Clerk)  unterstellte  Clerks  an  einer  Centralstelle  in  der  I.  Abtheilung 
Anträge  auf  Genehmigung  von  Neubauten  und  baulichen  Verände¬ 
rungen,  in  der  11.  Abtheilung  alle  Uebertretungen,  die  Anbringung 
von  Feuerfluchtleitern  und  die  Ueberwachung  der  Personenaufzüge, 
in  der  III.  Abtheilung  die  auf  baufällige  Gebäude  bezüglichen  Auf¬ 
sichtsgeschäfte  und  in  der  IV.  Abtheilung  Beschwerden  bearbeiten, 
wird  der  äufsere  Dienst  von  45  Inspectors  of  Buildings  ausgeübt, 
neben  welchen  4  Maschinisten  den  Betrieb  sämtlicher  Personenauf¬ 
züge  zu  überwachen  und  alle  zwei  Monate  einer  eingehenden  Unter¬ 
suchung  zu  unterwerfen  haben.  Die  Inspectors  of  Buildings  nehmen, 
wie  aus  ihrer  Dienstanweisung  hervorgeht,  etwa  die  Stelle  unserer 
Bauaufscher  ein  und  werden  den  Reihen  der  Architekten,  Civil- 
Ingenieure,  Maurer,  Zimmerer  und  Eisenarbeiter  entnommen, 
welche  nach  mindestens  zehnjähriger  praktischer  Thätigkeit  die  er¬ 
forderlichen  Kenntnisse  vor  dem  Board  of  Examiners  in  einer  Prü¬ 
fung  nachweisen  können.  Ihren  Dienstbezirk  dürfen  dieselben 
während  der  Werkstunden  nicht  verlassen;  sie  haben  ferner  allwerk¬ 
täglich  dem  Superinterrdent  zu  einer  bestimmten  Stunde  mündlichen 
Bericht  zu  erstatten,  auch  über  ihre  ganze  Thätigkeit  und  über  die 
im  Gange  befindlichen  Bauausführungen  ihres  Dienstbereichs,  welche 
sämtlich  Tag  für  Tag  zu  besichtigen  sind,  genau  Buch  zu  führen. 
Durch  diese  Besichtigungen  ist  festzustellen,  ob  die  Ausführung  nach 
der  genehmigten  Zeichnung  erfolgt  und  gutes  Material  verwendet 
wird.  Eiserne  Träger,  die  mehr  als  2,44  m  frei  liegen  und  bestimmt 
sind  Mauern  zu  tragen,  sowie  alle  gufseisernen  Säulen  müssen  vor 
ihrer  Verwendung  genau  untersucht,  nachgemessen  und  abgestempelt 
werden.  Bei  Anträgen  auf  Genehmigung  baulicher  Veränderungen 
hat  der  Inspector  of  Buildings  nicht  nur  die  Höhe  des  in  Frage 
kommenden  Gebäudes  und  seine  Mauerstärken  in  allen  Geschossen 
zu  messen,  sondern  auch  die  Beschaflenheit  des  Untergrundes,  der 
Fundamente  und  des  zu  den  Mauern  verwendeten  Mörtels  zu  er¬ 
mitteln,  ferner  die  Benutzungsart  des  Gebäudes  festzustellen  usw. 
Ein  besonderes  Augenmerk  hat  dieser  Beamte  auf  unsichere  Bauten  zu 
richten,  deren  häufiges  Vorkommen  die  Baupolizeibehörde  anscheinend 
ganz  erheblich  in  Anspruch  nimmt.  —  Dem  Bureau  of  Inspection  of 
Buildings  vorgelegt  und  von  demselben  genehmigt  wurden  im  Jahre 
1888  2487  Pläne  für  Veränderungsbauten  und  3085  Pläne  für  Neu¬ 
bauten,  deren  Kosten  schätzungsweise  zu  rund  7  400  000  bezw. 


der  Stadt  New-York. 

47  300  000  Dollars  angegeben  sind.  Von  5967  zur  Anzeige  gebrachten 
Uebertretungen  und  2831  eingegangenen  Beschwerden  bezog  sich 
weitaus  der  gröfste  Theil  auf  ungenügende  Feuerfluchtwege  und  bau- 
fällige  Gebäude.  Untersuchungen  von  Personenaufzügen  wurden 
2579  vorgenommen. 

Die  baupolizeilichen  Vorschriften  haben  1885  und  zuletzt  1887 
eine  wesentliche  Erweiterung  erfahren.  Bestimmungen  über  den  zu¬ 
lässigen  Umfang  der  Bebauung,  über  den  Abstand  einzelner  Ge¬ 
bäude  von  einander  und  über  die  Höhe  von  Hintergebäuden  sind 
nicht  getroffen.  Es  wird  nur  vorgeschrieben,  dafs  Wohngebäude  für 
mehr  als  eine  Familie  in  der  Mitte  der  Front  gemessen  an  Strafsen 
unter  18,29  m  Breite  höchstens  21,34  m,  an  breiteren  Strafsen  der 
Regel  nacli  nicht  mehr  als  24,38  m  Höhe  einschliefslich  Mansarde, 
Attika  usw.  haben  sollen.  In  der  Hauptsache  werden  nur  Vor¬ 
schriften  über  die  Construction  der  Gebäude  in  einer  hier  zu  Lande 
unbekannten  Ausführlichkeit  gegeben,  die  einestheils  durch  die 
Leistungen  der  dortigen  Bauhandwerker,  anderntheils  durch  die 
zahlreichen  Brände  bedingt  zu  sein  scheint.  Nur  die  folgenden  Be¬ 
stimmungen  mögen  hier  Erwähnung  finden.  Die  Mindeststärke  der 
Pfähle  bei  künstlicher  Gründung,  Höhe,  Länge  und  Breite  der  Grund¬ 
mauersteine,  das  Mafs  der  Bankettvorsprünge,  die  Abmessungen  und 
die  Vertheilung  der  Binder  beim  Werksteinbau,  die  Zusammensetzung 
von  Kalk-  und  Cementmörtel  u.  dgl.  mehr  sind  auf  das  genaueste 
vorgeschrieben.  Der  zur  Mörtelbereitung  verwendete  Sand  darf  nicht 
feiner  als  der  bei  der  Baupolizeibehörde  aufbewahrte  Normalsand 
sein.  Das  Mauern  bei  Prostwetter  ist  streng  untersagt.  Alle  Wände 
eines  Gebäudes  sollen  thunlichst  gleichzeitig  und  höchstens  mit 
einem  Höhenunterschied  von  zwei  Geschossen  aufgeführt  werden. 
Balkenanker,  von  denen  nicht  nur  die  Abmessungen,  sondern  sogar 
die  Nägel  nach  Zahl  und  Stärke  vorgeschrieben  werden,  sind  in  Ab¬ 
ständen  von  höchstens  1,83  m  anzubringen.  Bezüglich  der  Rohr- 
schlitze  wird  verlangt,  dafs  sie  um  der  Feuersicherheit  willen  in 
Deckenhöhe  jedes  Geschosses  mindestens  auf  30  cm  Länge  vollge¬ 
mauert  werden.  Eine  besondere  Fürsorge  wird  den  aus  Eisen  be¬ 
stehenden  Constructionstheilen  zugewendet.  Eiserne  Balken  von 
mehr  als  3,66  m  Spannweite,  welche  Mauern  oder  Balkenlagen  tragen, 
sollen  aus  Schmiedeeisen  hergestellt  werden.  Alle  eisernen  Stützen, 
auf  denen  Mauerkörper  ruhen,  diejenigen  an  den  Strafsenfronten  aus¬ 
genommen,  sind  entweder  derart  doppelt  zu  gestalten,  dafs  die  Kern¬ 
säule  für  sich  tragfähig  ist,  oder  mit  inneren  Rippen  zu  versehen, 
die  allein  die  erforderliche  Tragkraft  haben.  Dabei  wird  für  gufs- 
eiserne  Stützen  eine  Mindeststärke  von  19  mm  verlangt,  welche  nach 
Umständen  durch  Einbohren  9  mm  weiter  Löcher  dem  Inspector  of 
Buildings  nachgewiesen  werden  mufs.  Die  erforderliche  Stärke  für 
Wände,  Stützen  und  Decken  ist  auf  Grund  von  Trautwines  Abhand¬ 
lung  für  Ingenieure  oder  anderer  Lehrbücher,  welche  jetzt  oder 
später  in  der  Militär- Akademie  von  West  Point  in  Gebrauch  sind, 
durch  Rechnung  in  der  Weise  zu  bestimmen,  dafs  für  gewöhnliche 
Gebäude  363  kg,  für  Bauten  zum  Zwecke  öfi^entlicher  Versammlungen 
580  kg,  für  Geschäfts-  und  Warenhäuser,  Fabriken  u.  dgl.  726  kg 
und  darüber  Nutzlast  f.  d.  qm  in  Ansatz  gebracht,  auch  für  Bie¬ 
gungsfestigkeit  eine  dreifache,  für  Zug-  und  für  Druckfestigkeit  da¬ 
gegen  eine  sechsfache  Sicherheit  angenommen  wird.  Eine  Eigen- 
thümlichkeit  der  Stadt  New-York  sind  die  sog.  Shutters,  das  sind 
äufsere  feuerfeste  Läden,  welche  an  sämtlichen  Gebäuden  von 
mehr  als  zwei  Geschossen  oder  6,10  m  Höhe,  Wohnhäuser,  Schulen 
und  Kirchen  ausgenommen,  vor  allen  Oeffnungen,  sofern  es  sich  nicht 
um  das  Erdgeschofs  und  die  Fronten  an  mehr  als  9,15  m  breiten 
Strafsen  handelt,  angebracht  und  täglich  am  Ende  der  Geschäftszeit 
geschlossen  werden  müssen.  Fahrstuhlanlagen  sollen  in  allen  Neu¬ 
bauten,  wie  in  Berlin  vorgeschrieben,  mit  feuerfesten  Wänden  aus 
Stein  oder  ausgemauertem  Eisenfachwerk  umschlossen  werden,  aber 
stets  ein  Oberlicht  von  mindestens  drei  Viertel  des  Schachtquer¬ 
schnitts  erhalten.  (Schlufs  folgt.) 


Hinsichtlich  der  Betriebsweise  auf  der  inneren  Ringbahn  ist  zu¬ 
nächst  zu  bemerken,  dafs  der  Fahrplan  eine  durchaus  starre  Anord¬ 
nung  erhalten  hat.  In  ihm  sind  eine  ganze  Reihe  stündlicher,  halb-, 


Signale  der  Untergrundbahn  in  London. 

(Schlufs.) 


drittel-,  viertel-  und  sechstelstündlicher  gesonderter  Zugbetriebe  zu- 
sammengefafst,  wie  dies  ja  auch  später  auf  der  Berliner  Stadtbahn 
in  ähnlicher  Weise  durchgeführt  worden  ist. 


Sr.  51. 


533 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


Die  bekanntesten  Betriebe  auf  der  Londoner  Bahn  sind: 

1)  der  10  Minuten-Verkebr  auf  dem  Innenringe  (inner  circle), 

2)  „  halbstündliche  »  «  »  Mittelringe  (middle  circle), 

3)  „  „  „  „  „  Aufsenringe  (outer  circle). 

Die  Züge  zu  1)  durchlaufen  in  beständiger  Kreisfahrt  die  doppel¬ 
geleisige  Tunnelbahn  nach  beiden  Richtungen.  Die  „aufwärts“,  d.  h. 
auf  dem  äufseren  Ringgeleis  (up  circle  road)  verkehrenden  Züge 
fahren  in  der  Richtung  der  Uhrzeiger,  die  „abwärts“,  d.  h.  auf  dem 


Abb.  4  durch  eine  stärker  gezeichnete  senkrechte  Linie  hervorgehoben 
ist,  Anfang  bezw.  Ende.  Der  Mittelring-Betrieb  wird  von  der  West¬ 
bahn,  der  Aufsenring-Betrieb  von  der  Nordwestbahn  geführt.  Diese 
Vei'kehre  kennzeichnen  sich  als  beständige  pendelartige  Hin-  und 
Herbewegungen  der  Züge  (shuttle  service  oder  shuttle  cock  service, 
wörtlich  Weberschiffchen-  oder  Federballbetriebe)  zwischen  Mansion 
House  und  Aldgate  einerseits  und  Mansion  House  und  Broad  Street 
anderseits.  Der  Mittelring-Betrieb  ist  in  Abb.  4  durch  punktirte,  der 


11  Uhr 
Vm. 


13  Uhr 


lUhr 

Nm. 


Erklärungen. 


Metropolitanbahn  -  Züge 
des  Innenringes. 


Districtbahn-Züge  des 
Innenringes. 


B  Westbahn -Züge  des 
Mittelringes. 


Nordwestbahn-Züge  des 
Aufseuriuges. 


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New  Cross  und 
Hammersmith. 

Aldgate  und 
Hammersmith. 

Aldgate  und 
Richmond. 


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New  Cross  und 
Hammersmith. 

New  Cross  und 
Richmond. 

Whitechapel  (Mile 
End)  und  Putney. 

Whitechapel  (Mile 
End)  und  Ealing. 


Abb.  4. 


Personenfahrplan  der  inneren  Ringbahn  für  die  Zeit  von  11  Uhr  vormittags  bis  1  Uhr  nachmittags. 


inneren  Ringgeleis  (down  circle  road)  verkehrenden  Züge  in  um¬ 
gekehrter  Richtung  (vgl.  auch  Abb.  4).  Hiernach  unterscheidet  man 
die  „up  trains“  von  den  „down  trains“,  eine  Bezeichnung,  welche  sonst 
gemeiniglich  für  die  Züge  nach  und  von  London  oder  einem  andern 
hervorragenden  Knotenpunkt  angewendet  wird.  Die  Abb.  4  enthält 
den  Personenfahrplan  der  inneren  Ringbahn  für  die  Zeit  von  11  Uhr 
vormittags  bis  1  Uhr  nachmittags.  Derselbe  ist  zur  besseren  Ueber- 
sicht  vom  Unterzeichneten  nach  den  für  den  Sommer  1888  heraus¬ 
gegebenen  Betriebsfahrplanbüchern  der  Metropolitan-  und  District- 
gesellschaften  zeichnerisch  aufgetragen  worden,  da  sich  aus  den 
Zahlentabellen  jener  Bücher  ein  übersichtliches  Bild  des  Verkehrs 
nicht  gewinnen  läfst.*)  Die  Abbildung  zeigt  die  Innenring-Züge  in 
schwachen  ausgezogenen  bezw.  einfach  gestrichelten,  in  der  Quere  ganz 
durchlaufenden  Linien,  welche  an  den  beigeschriebenen  Zugnummern 
leicht  zu  verfolgmi  sind.  Die  ausgezogenen  schwachen  Linien  stellen  Be¬ 
triebe  der  Metropolitan-,  die  gestrichelten  solche  der  Districtbahn  dar; 
man  erkennt  sofort,  dafs  der  ganze  aufwärts  gerichtete  Betrieb  aus- 
schliefslich  von  der  ersteren  Bahn  geführt  wird.  Die  voraufgeführten 
Betriebe  zu  2)  und  3)  nehmen  im  Mansion  House-Bahnhof,  welcher  in 


*)  Zeichnerische  Fahrpläne  sind  in  England  wenig  gebräuchlich. 


Aufsenring-Betrieb  durch  strichpunktirte  dünne  Linien  angedeutet. 
Man  erkennt  aus  dieser  Abbildung,  dafs  der  erstgenannte  Betrieb  in 
der  Station  Brompton  (Gloster  Road)  die  Ringbahn  verläfst,  um 
zwischen  Paddington  und  Edgware  Road  wieder  in  dieselbe  ein¬ 
zutreten  und  sodann  bis  Aldgate  derselben  zu  folgen.  Der  Aufsen¬ 
ring-Betrieb  verläfst  die  Bahn  in  Brompton  vollständig. 

Die  durch  stark  ausgezogene  Linien  dargestellten  Züge  gehören 
anderweiten  Pendel  verkehren  an,  deren  Endpunkte  in  den  der  Abb.  4 
beigeschriebenen  Bemerkungen  angegeben  sind,  deren  genauere  Be¬ 
sprechung  hier  indes  zu  weitgehend  erscheint.  Einige  nähere  An¬ 
gaben  hierüber  finden  sich  in  der  Deutschen  Bauzeitung  1889,  S.  281. 
Durch  das  rythmische  Ineinandergreifen  der  sämtlichen  Betriebe  ent¬ 
steht  eine  Zugfolge  von  2  bis  zu  5  Minuten.  In  Abb.  4  ist  durch  ein¬ 
fache  Kreise  an  den  Kreuzungsstellen  von  Ringzügen  und  durch 
Doppelkreise  an  den  Kreuzungsstellen  der  den  übrigen  Betrieben  an¬ 
gehörenden  Züge  der  Rythmus  in  der  Zugfolge  besser  veranschaulicht. 
In  den  Stunden  vor  und  nach  der  Geschäftszeit,  etwa  zwischen  8  und 
10  Uhr  vormittags  und  5  bis  7  Uhr  nachmittags,  sind  die  gröfseren 
Zeit-Zwischenräume  durch  Einlegung  besonderer  örtlicher  Züge,  von 
welchen  für  die  Mansion  House-Station  ein  von  und  nach  Putney 
gehender  Betrieb  in  Betracht  kommt,  weiter  verringert. 


534 


Oentralblatt  der  Bauverwaltang. 


20.  Ileeember  1890. 


Abb.  5  zeigt  die  Geleisanordnung  der  ]\[ansion  House- Station  in 
scheinatiscben  Linien.  Der  Mittelring-Verkehr  wird  auf  dem  nörd¬ 
lichen,  der  Aufsenring- Verkehr  auf  dem  südlichen  stark  ausgezogenen 
Kopfgeleis  abgefertigt,  während  die  Putney-Züge  ebensowohl  auf  den 
mittleren  Geleisen  unter  Benutzung  der  neben  dem  Stellwerk  einge¬ 
legten  Linksweichen -Verbindung,  als  auf  dem  nördlichen  Kopfgeleis 
abgefertigt  werden  können.  Südlich  ist  noch  ein  Nebengeleis  au¬ 
geordnet  zur  Aufstellung  von  Zugtheilen  und  leeren  Wagen.  Die 
Abbildung  läfst  erkennen,  wie  die  eingefahrenen  und  zur  Umkehr  be¬ 
stimmten  Züge  in  bekannter  Weise  durch  die  in  besonderen  Stumpf¬ 
geleisen  bereitstehenden  Maschinen  der  voraufgegangenen  Züge  aus¬ 
gezogen  und  abge¬ 
fahren  werden.  Die 
abgekuppelten  Zug¬ 
maschinen  fahren 
hierauf  in  die 
Stumpfgeleise  zu¬ 
rück,  um  die  nach¬ 
folgenden  Züge  ab¬ 
zuwarten.  Neben 
den  Maschinenge¬ 
leisen  befinden  sich 
Kohlenbühnen  und 
Anlagen  zum  Was¬ 
sernehmen.  Die 

Zahl  der  auf  den 
Aufsenring  -  wie 

Mittelring -Geleisen 
täglich  abgefertig¬ 
ten  Züge  beträgt  je  33,  während  auf  den  Innenring- Geleisen  etwas 
über  500  Züge  nach  beiden  Eichtungen  verkehren.  In  Abb.  6  ist  der 
Geleiseplan  der  Mansion  House- Station  mit  allen  Signalen  genauer 
dargestellt.  Bis  zur  Linie  AL  ist  der  ganze  linksseitige  Abschnitt  mit 
Gewölben  überspannt,  welche  theils  auf  Zwischenmauern,  theils  auf 
eisernen  Säulen  ruhen,  wie  in  der  Abbildung  ang  edeutetist.  Der  Theil 
rechts  der  Linie  LL  bis  zum  Ende  des  Bahnhofes  ist  überdacht.  Die 


sind  gewissermafsen  als  bewegliche  Merkpunkte  anzusehen,  da  sie 
den  Stand  der  Maschinen  so  begrenzen,  dafs  die  in  den  Nachbar¬ 
geleisen  sich  bewegenden  Züge  nicht  gefährdet  werden.  Die  Aus¬ 
fahrt  der  mit  den  Zügen  angekommenen  Maschinen  in  die  Stumpf¬ 
geleise  wird  durch  kleine  Signalflügel  1,  10,  3,  2  und  56  geregelt. 
Es  beziehen  sich  1  auf  Ausfahrt  der  Maschinen  aus  Geleis  I  nach 
Stumpfgeleis  1,  10  desgl.  nach  Stumpfgeleis  2,  3  auf  Ausfahrt 
der  Maschinen  aus  Geleis  II  nach  Stumpfgeleis  1,  2  desgl.  nach 
Stumpfgeleis  2,  56  auf  Ausfahrt  der  Nordwestbahnmaschinen  nach 
Stumpfgeleis  3.  Für  die  Einfahrt  aller  Züge  von  Blackfriars  dienen 
die  verdoppelt  vorhandenen  Grundlaternen  39/39  als  Abschlufs- 

signal;  das  eine  im 
„Sechsfufs  -  Wege“ 
ist  dem  Maschinen¬ 
führer,  das  andere 
neben  der  Tunnel¬ 
wand  befindliche 
dem  Heizer  sicht¬ 
bar.  Das  Vorsignal 
40  für  die  Lich¬ 
tung  von  Blackfri¬ 
ars,  welches  unter 
dem  in  letzter  Sta¬ 
tion  befindlichen 
Ausfahrsignal  41  an¬ 
geordnet  ist,  ist  aus 
gleichem  Grunde 
verdopp  eit.  W eiter 
ist  für  die  von  Black¬ 
friars  nach  Mansion  House  fahrenden  Züge  ein  feststehendes  Lampenbild 
o  •  • 

*  •  angebracht,  um  in  Anbetracht  der  schwierigen  Betriebsverhält¬ 
nisse  der  Mansion  House-Station  zur  besonderen  Vorsicht  beim  Ein¬ 
fahren  zu  mahnen.  Die  Ausfahrt  aus  Mansion  House  in  der  Eichtung 
nach  Cannon  Street  wird  durch  das  Signal  44  freigegeben,  unter 
welchem  das  Vorsignal  von  Cannon  Street  sitzt.  Es  ist  durch  weifse. 


Unbenutzte  Hebel;  4,  5,  8,  9,  13,  58,  59,  60. 
Abb.  6. 


Hauptgeleise,  welche  in  der  Mitte  durchgehen  (down  circle  road  und 
up  circle  road),  sind  mit  II  und  III,  das  Westbahngel  eis  des 
Mittelringes  mit  I,  das  Nordwestbahngeleis  des  Aufsenringes  mit 
IV,  das  Aufstellungsgeleis  mit  V  bezeichnet.  Das  Stumpfgeleis  1 
dient  für  die  Wartemaschinen  der  Westbahn,  2  für  solche  der  District- 
bahn,  3  für  Locomotiven  der  Nordwestbahn.  Die  Ausfahrt  dieser 
Maschinen  zu  den 
Zügen  wird  durch 
am  Mauerwerk  an¬ 
gebrachte  Flügel¬ 
signale  geregelt, 
von  welchen  33  der 
Ausfahrt  nach  Ge¬ 
leis  I,  34  nach  Ge¬ 
leis  II,  32  nach  Ge¬ 
leis  II ,  29  nach 

Gel  eis  i  und  55na*ch 
Geleis  IV  regeln.  Man  wird  leicht  bemerken,  dafs  die  Signale  32 
und  29  in  umgekehrter  Eeihe  (29  oben)  angeordnet  sein  müfsten,  da 
die  Geleisfolge  von  links  nach  rechts  der  Signalfolge  von  oben  nach 
unten  entsprechen  soll,  was  auch  bei  den  Signalen  33  und  34  be¬ 
achtet  ist.  In  das  vor  dem  Maschinengeleis  2  befindliche  Stellwerk 
sind  ferner  eiserne  Sperrblöcke  (stop  blocks  oder  scotch  blocks)  von 
der  in  Abb.  7  gezeigten  Anordnung  einbezogen,  welche  quer  über 
die  eine  Schiene  gelegt  werden,  wenn  die  Signale  Halt  zeigen.  Diese 
in  Abb.  5  u.  6  neben  den  Maschinengeleisen  angedeuteten  Sperrblöcke 


Abb.  7. 


in  der  Halbstellung  gezeichnete  Flügel  angedeutet,  wie  diese  Signale 
von  Cannon  Street  aus  unter  Verschlufs  gehalten  werden.  Die 
Signale  35,  36,  37,  38  und  54  sind  Wegesignale  (arrival  oder  road 
Signals)  für  die  Einfahrt  von  Blackfriars.  Die  Einfahrt  in  die  Ge¬ 
leise  1,  2,  3,  4,  5  ist  freigegeben,  wenn  das  erste  Signal  35,  die 
beiden  ersten  35  und  36,  die  drei  ersten  35,  36  und  37  usw.  grünes 
Licht  zeigen.  Vorbedingung  ist  allemal,  dafs  das  Abschlufs-Doppel- 
signal  39  grün  zeigt.  Für  die  Fahrrichtung  von  Cannon  Street  ist 

42  Vorsignal.  Dasselbe  sitzt  unter  dem  in  diesem  Bahnhof  befind¬ 
lichen  Ausfahrsignal  41.  Beide  sind  von  Mansion  House  verriegelt. 

43  ist  Abschlufssignal  für  die  Einfahrt  von  Cannon  Street.  6,  7,  30 
und  46  sind  Ausfahrsignale  für  Geleis  I,  II,  III  und  IV,  47  ist 
Ausfahrsignal  für  das  Aufstellungsgeleis  V.  Aufser  47  sind  sie  sämt¬ 
lich  nach  rückwärts  durch  kleinere  Flügelsignale  wiederholt,  welche 
je  mit  denselben  Hebeln  wie  die  Hauptsignale  bedient  werden.  30  ist 
vorgeschobenes  Ausfahrsignal  für  die  in  der  Eichtung  nach  Blackfriars 
verkehrenden  Districtzüge  (up  advance).  Unter  den  Ausfahrsignalen 
6,  7  und  46  befestigte  kleinere  Signalflügel  sind  für  die  Ausfahrt 
der  Maschinen  in  die  Stumpfgeleise  mafsgebend  und  in  ihrer  Be¬ 
deutung  leicht  zu  verstehen.  In  der  Abbildung  ist  leicht  zu  ersehen, 
welche  Signale  als  Grundlaternen,  und  welche  als  Flügel  ausgebildet 
sind.  Die  letzteren  sind  danach  besonders  unterschieden,  ob  die¬ 
selben  auf  kurzen  Masten  oder  am  Mauerwerk  angebracht  sind.  In 
letzterem  Falle  sind  auch  die  am  Gegengewichtsarm  der  Flügel  be¬ 
findlichen  grünen  und  rothen  Signalgläser  durch  weifse  Punkte  an¬ 
gedeutet. 


Nr.  51. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


535 


Schliefslich  sind  noch  mehrere  elektrische  Verschubsignale,  von 
welchen  einige  mit  S  bezeichnet  sind,  zu  erwähnen,  welche  das  Aus- 
tind  Einsetzen  von  Wagen  von  und  nach  Geleis  V  regeln.  Dieselben 
sind  theils  an  den  Ausfahrsignalmasten  in  der  Eichtung  nach  Black- 
friars  angeordnet,  theils  stehen  sie  als  Grundlaternen  neben  den 
Weichen  49  und  52.  Neben  den  behufs  Uebersetzens  aus  oder  in  die 
Geleise  I  bis  IV  umzustellenden  Weichen  49,  22,  25  und  26  stehen 
zweiseitige  Signale  der  gedachten  Art,  an  denen  die  Stellung  dieser 
Weichen  angezeigt  wird.  Diese  Verschubsignale  zeigen  bei  Gefahr¬ 
stellung  purpurfarbiges,  bei  Fahrstellung  gelbgrünes  Licht.  Die  gegen 
die  Spitze  zu  befahrenden  Weichen  sind  mit  der  bei  solchen  Weichen 
nie  fehlenden  Schubstangenverriegelung  (facing  point  lock)  versehen. 
Die  Eiegel  sind  mit  Druckschienen  (fouling  bars)  verbunden,  sodafs 
ein  Entriegeln  der  Weiche  unter  dem  Zuge  mit  Sicherheit  aus¬ 
geschlossen  ist.  Derartige  Druckschienen  sind  bei  28,  53,  23,  18/18,  17, 
21,  50,  48/48,  51,  11,  12  und  14  angeordnet.  Zwei  anderweite  Druck¬ 
schienen  befinden  sich  in  den  durchgehenden  Geleisen  und  stehen  in 
Verbindung  mit  dem  Wegesignal  36  sowie  dem  Abschlufssignal  43. 
Während  die  auf  den  Hauptgeleisen  eingefahrenen  Züge  über  diesen 
Druckschienen  halten,  ist  dem  Stellwärter  die  Möglickeit  genommen, 
die  Signale  36  und  43  abermals  auf  Fahrt  zu  stellen.  Es  ist  dies 
aus  dem  Grunde  wichtig,  weil  der  Signalwärter  sich  über  die  Stellung 


der  Züge  infolge  der  beschränkten  Aussicht  nicht  ausreichend  unter¬ 
richten  und  daher  deren  Anwesenheit  im  Drange  der  Geschäfte  ver¬ 
gessen  kann. 

Diesem  Uebelstand  wird  auch  dadurch  nicht  genügend  abge¬ 
holfen,  dafs  man  an  der  Tunnel  wand  gegenüber  der  Signalbude, 
wie  in  Abb.  6  angedeutet,  einen  Spiegel  unter  45°  angebracht  hat, 
da  dieser  das  Bild  der  Züge  nur  sehr  matt  wiederstrahlt.  Ein  weiterer 
Nothbehelf  ist  eine  in  der  Bude  angebrachte  hölzerne  Glocke,  welche 
die  erfolgte  Ausfahrt  der  Innenringzüge  durch  ihre  besondere  Ton¬ 
färbung  erkennbar  macht. 

Die  Zahl  der  Hebel  (beträgt  eingerechnet  die  nicht  im  Gebrauch 
befindlichen  4,  5,  8,  9,  13,  58,  59  und  60)  nicht  weniger  als  60.  Diese 
hat  ein  einziger  Stellwärter  zu  überwachen,  welchem  aufserdem  noch 
die  Bedienung  der  zahlreichen  Sykesschen  Blockwerke  obliegt.  Man 
wird  nach  dem  Gesagten  zugeben,  dafs  das  Los  des  geplagten 
Mannes,  welcher  buchstäblich  im  Schweifse  seines  Angesichts  sich 
sein  Brod  erarbeitet,  kein  besonders  beneiden swerthes  ist.  Im  übrigen 
wird  aber  die  Trefflichkeit  der  ganzen  unter  den  so  sehr  erschwerten 
Verhältnissen  getroffenen  und  sehr  verwickelten  Anlage  durch  die 
Thatsache  bestätigt,  dafs  der  gewaltige  Verkehr  der  Mansion  House- 
Station  sich  jahraus  jahrein  ohne  Unfall  und  mit  aller  Pünktlichkeit 
abwickelt.  Kemmann. 


Vermischtes. 


Für  die  Ausführung  des  Canalbaues  von  Dortmund  nach  den 
Emshäfen  ist,  wie  schon  früher  mitgetheilt,  die  Königliche  Canal- 
Commission  eingesetzt  worden,  welche  in  Münster  i.W.  ihren  Sitz 
hat.  Dieselbe  besteht  aus  einem  technischen  und  einem  Verwaltungs- 
Mitgliede;  das  technische  Mitglied  führt  den  Vorsitz.  Die  Ueber- 
weisung  der  Bauinspectoren  und  Eegierungs- Baumeister  sowie  die 
Ueberweisung  von  Hülfskräften  aus  dem  höheren  Verwaltungs-  oder 
Justizdienst  an  die  Commission  ist  dem  Minister  der  öffentlichen 
Arbeiten  Vorbehalten.  Die  Annahme  aller  übrigen  bei  dem  Bau  des 
Canals  zu  verwendenden  Hülfskräfte  sowie  des  bei  der  Commission 
zu  beschäftigenden  Bureau-  und  Unterpersonals  erfolgt  von  Seiten 
der  Commission  bezw.  ihres  Vorsitzenden. 

Die  einschliefslich  der  Zweigcanäle  im  ganzen  235,58  Kilometer 
lange  Canalstrecke  zerfällt  in  6  Bauabtheilungen,  denen  je  ein  vom 
Minister  der  öffentlichen  Arbeiten  bestellter  Wasserbauinspector 
als  Abtheilungs-Baumeister  vorsteht,  und  zwar  in  Dortmund,  Münster, 
Eheine,  Lingen,  Meppen  und  Emden.  Die  Abgrenzung  der  einzelnen 
Abtheilungen  ergiebt  sich  aus  der  nachstehenden  Zusammenstellung, 


Bezeichnung 

der 

Bauabtheilung. 

Bezeichnung 

der 

Strecke. 

von 

Sta¬ 

tion 

bis 

Sta¬ 

tion 

Länge, 

m 

Im 

ganzen. 

km 

1.  Dortmund. 

Dortmund— Henrichenburg 

0 

150,0 ' 

15  000 

■ 

Zweigcanal  nach  Herne 

0 

86,0 

8  600 

Waltrop 

0 

37,0 : 

3  700 

Lippe-Uebergang 

0 

136,5; 

13  650 

40,95 

2.  Münster  i.W. 

Lüdinghausen 

0 

120,0; 

12  000 

Senden 

0 

145,4 

14  540 

Münster 

0 

186,5 

18  650 

45,19 

3.  Eheine. 

Greven 

0 

99,5 

9  950 

Saerbeck 

0 

109,0 

10  900 

Eiesenbeck 

0 

103,5 

10  350 

Bevergern 

0 

101,4 

10 140 

V  enhaus 

0 

102,0 

10200 

51,54 

4.  Lingeu. 

Gleesen 

0 

104,0 

10400 

Hanecken- Canal 

0 

235,0 

23  500 

Meppen 

0 

22,0 

2  200 

36,10 

5.  Meppeu. 

Meppen 

22 

101,5 

7  950 

Haren 

0 

97,25 

9  725 

Lathen 

0 

84,3 

8  430 

Steinbild 

0 

100,0 

10  000 

36,10 

6.  Emden. 

Papenburg 

0 

165,0 

16  500 

Oldersum — -Emden 

0 

92,0 

9  200 

Emdener  Hafen 

— 

— 

— 

25,70 

Den  Abtheilungs-Baumeistern  ist  eine  Anzahl  von  Königlichen 
Eegierungs-Baumeistern  überwiesen,  von  denen  je  einer  mit  der  Ver¬ 
tretung  des  Abtheilungs-Baumeisters  beauftragt  ist.  Unter  den  Ab¬ 
theilungs-Baumeistern  sind  Königliche  Eegierungs -Baumeister  als 
Strecken-Baumeister  thätig.  Auch  den  Strecken-Baumeistern  werden, 
wo  nöthig,  Königl.  Eegierungs-Baumeister  als  Hülfsarbeiter  zugetheilt. 


Die  zur  Erledigung  der  Dienstgeschäfte  erforderlichen  Hülfskräfte  an 
Bauführern,  Ingenieuren,  Landmessern,  Zeichnern,  Baugehülfen,  Bau¬ 
aufsehern,  Bureaugehülfen  und  Dienern  werden  den  Abtheilungs-  und 
Strecken -Baumeistern  seitens  der  Canalcommission  überwiesen. 

Die  Mitglieder  der  Canal-Commission  sind  der  Eegierungs-  und 
Baurath  Oppermann  in  Münster  (Vorsitzender)  und  der  Eegie¬ 
rungs- Assessor  Consbruch  daselbst.  Der  Commission  sind  über¬ 
wiesen  als  technische  Hülfskräfte  der  Wasser-Bauinspector  Plathner, 
Vertreter  des  Vorsitzenden  in  rein  technischen  Angelegenheiten,  der 
Wasser-Bauinspector  Lauenroth,  Vorsteher  des  technischen  Bureaus, 
sowie  die  Eegierungs-Baumeister  Erbkam,  Eicke,  Gröhe,  Willner, 
Amecke,  Euprecht  und  Kohlmorgen;  ferner  als  juristische  Hülfskraft 
der  Gerichts-Assessor  Kisker. 

Den  Bauabtheilungen  sind  vorgesetzt  die  Wasser-Bauinspectoren 
Weber  in  Dortmund,  Wolffram  in  Münster,  Pohl  in  Eheine,  Lieck- 
feldt  in  Lingen,  Franke  in  Meppen  und  Stosch  in  Emden. 

Den  Baustrecken  stehen  vor  und  bei  der  Anfertigung  der  Pläne 
für  die  landespolizeiliche  Prüfung  sowie  bei  der  Bearbeitung  der 
Sonderentwürfe  für  die  gröfseren  Bauwerke  sind  thätig:  die  Eegie¬ 
rungs-Baumeister  Easch  in  Olfen,  Hildebrandt  in  Olfen,  Prüsmann 
in  Dortmund,  Eadebold  in  Herne,  Lang  in  Dortmund,  Maschke  in 
Hiltrup,  Middeldorf  in  Datteln,  Müller  in  Senden,  Eumland  in  Lü¬ 
dinghausen,  Senger  in  Greven,  Vofs  in  Bevergern,  Piper  in  Eheine, 
Stoltenburg  in  Saerbeck,  Hasenkamp  in  Eiesenbeck,  Thiele  in  Meppen, 
Bergius  in  Hanekenfähr,  Schulz  und  Schurig  in  Lingen,  Eichter  in 
Meppen,  Schraeder  in  Haren,  Voigt  in  Lathen,  Schulte  in  Emden, 
Hergens  in  Papenburg,  Tode  in  Papenburg  und  Hagen  in  Emden. 

Für  mehrere  Baustrecken  ist  die  landespolizeiliche  Prüfung  der 
Entwürfe  bereits  eingeleitet.  Es  steht  mithin  zu  erwarten,  dafs  die 
Inangriffnahme  des  Baues  im  Frühjahr  k.  J.  erfolgen  wird. 

Aus  d  em  Wettlüe’H'erbe  um  Entwürfe  zur  Erweiterung  des  Con- 
cordiagesellschafts-Gebäudes  in  Eemsclieid  (vergl.  S.  363  d.  J.)  sind 
als  Sieger  hervorgegangen  die  Architekten  Fritz  Schnitze  und  Victor 
Flück  in  Berlin  (1.  Preis,  600  Mark)  und  Eegierungs-Baumeister 
M.  Schilling  in  Berlin  (2.  Preis,  300  Mark).  Zum  Ankauf 
empfohlen  wurde  der  Entwurf  „Simplex“.  Dem  Preisgerichte  ge¬ 
hörten  neben  vier  Mitgliedern  der  Gesellschaft  die  Eegierungs- 
Baumeister  Eiemann  und  Plange  in  Elberfeld  an. 

Im  Wettbewerbe  um  Entwürfe  für  das  „Yictoriahaus‘‘  iu 
Dresden  (vgl.  S.  407  und  476  d.  J.)  haben  die  ersten  Preise  (je 
2000  Mark)  davongetragen  die  Herren  Lossow  u.  Viehweger  und 
H.  Thüme.  Den  zweiten  Preis  (1000  Mark)  erhielten  die  Herren 
H.  Kickeihayn  u.  E.  Göbel.  Sämtliche  Verfasser  sind  in  Dresden 
ansässig. 

In  der  Mittheilung:  „Magdeburger  Baudenkmäler^^  der  Nr.  50 
mufs  es  S.  527  Zeile  15  der  ersten  Spalte  heifsen:  „in  das  erste 
Viertel  des  18.  Jahrhunderts“  statt  des  17.  Jahrhunderts. 

Die  elektrische  Beleuchtung  des  Suez  -  Canals  zur  Aufrecht¬ 
erhaltung  des  Schiffahrtsbetriebes  während  der  Nacht  hat  sich  aufser- 
ordentlich  bewährt.  Schiffe,  welche  selbst  mit  elektrischem  Lichte 
versehen  sind  —  und  nur  solche  dürfen  die  Fahrt  auch  nachts  fort¬ 
setzen  — ,  brauchen  im  Durchschnitt  sechzehn  Stunden  weniger  Zeit 
zur  Durchfahrt  als  die  anderen.  Seit  März  1886  ist  daher  die  Zahl 
dieser  Schiffe  stetig  gestiegen.  Sie  betrug  im  Jahre  1889  fast  drei 
Viertel  (72  pCt.)  aller  den  Canal  benutzenden  Schiffe. 


536 


Centralblatt  der  Banverwaltung. 


Verschnielziiiigeu  americauisclier  Balmeii.  Wie  früher  in  Eng¬ 
land,  so  zieht  sich  auch  in  den  Vereinigten  Staaten  von  America  das 
Bahnnetz  allmählich  in  immer  wenigere  grofse  Gruppen  zusammen. 
Wenn  die  Chicago-  und  Nordwestbahu  und  die  verschiedenen  Vander- 
bilt-Linien  östlich  von  Chicago,  als  von  einheitlichen  Interessen  ge¬ 
leitet,  zusammengenommen  werden,  und  ebenso  in  Bezug  auf  die 
Gould-  und  Huntingdon-Linien  verfahren  wird,  so  findet  man,  dafs 
16  leitende  Unternehmen  insgesamt  ein  Bahngebiet  von  rund  179000  km 
beherrschen.  Wenn  17  500  km  der  Canadischen  Pacificbahn  und  des 
Grand  Trunk-Systems  ausgenommen  werden,  so  sind  rund  161  500  km 
Bahnstrecken,  also  2/3  aller  Bahnen  in  den  Händen  von  14  Körper¬ 
schaften.  Diese  folgen  einander  nach  dem  Commercial  and  Financial 
Chronicle  in  der  nachstehenden  Ordnung: 

Yanderbilt- Linien,^  einschliefslich  Chicago  und  Nordwest  25  215  km 
Gould-Linien  einschl.  Wabash,  aber  ausgenommen  den 

Centralzweig  der  Union  Pacific . 19 125  „ 

Huntingdon-Linien  östlich  und  westlich  des  Mississippi  14  550  „ 

Atchinson  sowie  St.  Louis  und  St.  Francisco  ....  14  430  „ 

Union  Pacific . 12  960  „ 

Pennsylvanische  .  12  340  „ 

Eichmond  Terminal .  12  025  „ 

Chicago,  Burlington  und  Quincy .  11 080  „ 

Canadische  Pacific .  10  900  „ 

Chicago,  Milwaukee  und  St.  Paul . 9  140  „ 

Chicago,  Eock  Island  und  Pacific .  7  385  „ 

Nördliche  Pacific  und  Wisconsin  Central . 7 130  ^ 

Grand  Trunk  .  6  600  „ 

Louisville  und  Nashville . 6 160  „ 

Grofse  Nord .  5  280  „ 

Illinois  Central . _ .  .  4  630  „ 

Zusammen  16  Gruppen  mit  178  950  km 
Ab  die  Canadische  Pacific  und  Grand  Trunk  mit  17  500  „ 

Bleiben  14  Grupj^en  mit  161  450  km. 


Ton  dem  Comiiiissions  >  Terleger  der  „Wiener  Bauindustrie“ 
Zeitung^^  erhalten  wir  mit  dem  Ersuchen  um  Veröffentlichung  fol¬ 
gendes  Schreiben; 

Erst  heute  kommt  mir  Ihr  Artikel  „Nachdruck  aus  dem 
Centralblatt  der  Bauverwaltung“  zu  Gesicht.  Ich  ersuche  Sie 
zu  constatiren,  dafs  meine  Firma  mit  der  angegriffenen  „Wiener 
Bauindustrie-Zeitung“  in  ganz  losem  Zusammenhänge  steht.  Ich  bin 
einfach  der  buchhändlerische  Commis  sionär,  der  auf  das  Blatt  nicht 
den  geringsten  Einflufs  auszuüben,  sondern  einfach  die  einlaufenden 
Buchhändler-Bestellungen  zu  erledigen  hat.  Sie  waren  zwar  so  freund¬ 
lich  anzuführen,  dafs  das  Blatt  nur  in  meinem  Commissionsverlage 
erscheint,  zur  Vermeidung  von  Mifsverständnissen  ersuche  ich  Sie 
jedoch,  dieses  Verhältnifs  dem  allgemeinen  Verständnifs  durch  Ver¬ 
öffentlichung  dieser  Zeilen  näher  zu  rücken. 

Wien,  10.  December  1890.  Moritz  Perles. 


Neue  Patente. 


Brelikraliu  auf  drelibarera  Untergestell.  Patent  Nr.  52  216. 
Fr.  Neukirch  in  Bremen.  —  Der  Krahn  hat  im  allgemeinen  die  von 
den  Bremer  Hafenbauten  her  bekannte  Gestalt.  Der  Unterbau  wird 


etwa  durch  ein  Vorgelege  e 
um  einen  hohlen  Zapfen  a 
gedreht,  durch  welchen 
Druckwasser,  Dampf  usw. 
zu  den  Hebe-  und  Dreh- 
cylindern  geleitet  werden 
kann,  und  läuft  hierbei 
auf  einem  ringförmigen  Schienengeleise  d.  Der  Ausleger  dreht  sich 
um  die  Achse  b  c.  Bei  einer  Ausladung  von  10  m  behei’rscht 
also  der  Krahn  eine  Fläche  von  40  m  Durchmesser. 


20.  December  1890. 


Torrichtung  zur  Theiluiig  der  Schneemasseu  bei  Schueepflügeu. 
Patent  Nr.  51973.  Max  Szarbinowski  in  Stettin.  —  Der  Schnee¬ 
pflug  läuft  selbständig  auf  vier  Eäderu,  besitzt  eine  bis  fast  auf 
S.-O.  reichende,  im  Leergang  aufklappbare  Platte  J,  eine  von  unten 
nach  oben  arbeitende  Keilfläche  B,  zwei  seitliche,  den  auszuhebenden 
Schnee  abtrennende  Wände  C  und  zwei  den  Schnee  nach  rechts  und 
links  leitende  Streichflächen  D,  welche  in  besondere  stellbare,  die 
Schneewand  bei  höheren  Verwehungen  festpressende  Flügel  üi  endigen. 


Das,  was  den  Schneepflug  aber  auszeichnet,  ist  ein  Steuerruder  F, 
das  von  dem  zwischen  den  Wänden  D  angeordneten  Bahnmeisterstand 
aus  in  der  bei  Schiffen  üblichen  Weise  bedient  wird.  Dieses  Steuer¬ 
ruder  wird  so  gehandhabt,  dafs  je  nach  der  schrägen  Lage  der 
Schneeverwehungen  oder  der  Krümmung  der  Bahn  selbst  stets  gleiche 
Schueemengen  auf  die  Flächen  DD  treffen,  sodafs  die  bei  der  Fahrt 
durch  den  Schnee  von  rechts  und  links  auf  Entgleisen  wirkenden 
Momente  sich  gegenseitig  aufheben. 

Ober-  und  Untergestell  des  Schneepflugs  können  entweder  fest 
mit  einander  verbunden  sein,  oder  es  kann  zwischen  beide  ein  Eollen- 
kranz  F  eingeschaltet  sein,  damit  der  Schneepflug  auch  auf  Stationen 
zu  wenden  ist,  welche  keine  Drehscheibe  besitzen. 

(Jiiervei'büidiuig  bei  einem  Laiigsclwelleu » Oberbau.  Patent 
Nr.  52  549.  Gustav  Dickertmann  in  Berlin.  —  Der  Oberbau  be¬ 
steht  aus  einem  Geleis, 
dessen  Fahrschienen  auf 
Langschwellen  ruhen,  die 
selbst  wieder  aus  je  zwei 
unbrauchbar  gewordenen 
Fahrschienen  zusammen¬ 
gesetzt  sind.  DemHaupt- 
mifs  stand  der  Lang¬ 
schwellensysteme,  der 
mangelhaften  Erhaltung 
der  Spurweite,  wird  hier 
durch  Gelenkparallelo¬ 
gramme  entgegenge¬ 
wirkt,  bestehend  aus  den 
Stangen  h  imd  i  und 
den  Schienen  b,  sodafs, 
wenn  die  eine  Fahrschiene  mit  ihrer  Schwelle  eine  andere  Neigung 
annimmt,  stets  die  andere  Fahrschiene  mit  ihrer  Schwelle  in  der 
gleichen  Weise  geneigt  wird. 


I 


Verlag  von  Ernst*  Korn  fWilhelm  Ernst),  Berlin.  Für  die  Eedaction  des  niclitamtlichen  Theiles  verantwortlicü:  Otto  Sarrazin,  Berlin.  Druck  von  J.Kerskes,  Berlin. 


537 


Centralblatt  der  Bauverwaltnng. 

Herausgegeben  im  Ministerium  der  öffentlichen  Arbeiten. 


X.  Jalirgang.  Berlin,  27.  Deceraber  1890.  Nr.  52. 


Redaction:  SW.  Zimmerstrafse  7  "■  Geschäftsstelle  und  Annahme  der  Anzeigen; 

W.  Wilhelmstrafse  90.  Erscheint  jeden  Sonnabend. 

Bezugspreis:  Vierteljährlich  3  Mark.  Bringerlohn  in  Berlin  0,7.7  Mark;  bei  Zusen¬ 
dung  unter  Kreuzband  oder  durch  Postvertrieb  0,75  Mark,  nach  dem  Auslände  1,30  Mark 

INHALT;  Amtliches:  Persoiial-Nachricbten.  —  Bebanntmacbung  vom  l.'i.  De¬ 
cember  1890.  —  Nichtamtliches:  Baupolizeiwesen  der  Stadt  New -York.  (Schlufs.)  — 
Vergleichende  Untersuchungen  von  Puzzolan-,  Portland-  und  Roman- Gementen. — 
Bau  einer  den  Kaukasus  überschreitenden  Eisenbahn  Wiadikawkas -Tiflis.  —  Kirche 
in  Betzin,  —  Denkschrift  über  die  Ausführung  des  Reichstagsgebäudes.  —  Ergebnisse 

der  Prüfungen  im  Staatsbaufache  Preufsen  von  1880/81  bis  1889/90.  —  V erm  ischtes: 
Wettbewerb  um  Entwürfe  für  ein  Rathhaus  in  Geestemünde.  —  Belastungsversuche 
mit  Monierbögen.  —  Forellen  in  I’ieselteichen.  —  Schraubenschlüssel.  —  Ein  neues 
eigenartiges  Ventil  für  Prefsluftmaschinen. 

Amtliche  Mittheilungen. 


Prenfsen. 

Seine  Majestät  der  König  haben  Allergnädigst  geruht,  dem  Kreis- 
Bauinspector,  Baurath  Wronka  in  Ostrowo  anläfslich  seines  Ueber- 
tritts  in  den  Ruhestand  den  Königlichen  Kronen-Orden  III.  Klasse 
zu  verleihen. 

Angestellt  sind:  die  bisherigen  Königlichen  Regierungs-Baumeister 
Graf  als  Königlicher  Meliorations-Bauinspector  in  Düsseldorf  und 
V.  Behr  als  Königlicher  Kreis-Bauinspector  in  Goslar  a.  Harz. 

Versetzt  sind:  der  bei  der  Königlichen  Regierung  in  Breslau  an- 
gestellte  Bauinspector  Weinbach  als  Kreis-Bauinspector  nach  Glatz, 
der  bisherige  Kreis-Bauinspector  Ernst  Brinkmann  in  Wohlau  als 
Bauinspector  an  die  Königliche  Regierung  in  Breslau  und  der  Kreis- 
Bauinspector,  Baurath  Baumgart  in  Glatz  in  gleicher  Amtseigen¬ 
schaft  nach  Wohlau. 

Dem  bisherigen  Königlichen  Regierungs -Baumeister  Hermann 
Rathke  in  Pakosch  bei  Inowrazlaw  ist  die  nachgesuchte  Entlassung 
aus  dem  Staatsdienst  ertheilt  worden. 


Bekanntinacbung. 

Das  von  dem  Herrn  Minister  für  Landwirthschaft,  Domänen  und 
Porsten  errichtete  Stipendium,  welches  bezweckt,  denjenigen  in  der 
Richtung  des  Ingenieurwesens  geprüften  Königlichen  Regierungs- 


Baumeistern,  welche  bei  vorkommenden  Vacanzen  als  Meliorations- 
Bauinspector  angestellt  oder  anderweit  mit  culturtechnischen  Aufgaben 
betraut  zu  werden  wünschen,  Gelegenheit  zu  geben,  sich  neben  ihrer 
Fachbildung  auch  noch  genügende  Kenntnifs  der  praktischen  und 
theoretischen  Grundlagen  der  eigentlichen  Culturtechnik  zu  erwerben, 
ist  vom  1.  April  k.  J.  ab  auf  ein  Jahr  zu  vergeben.  Dem  Bewerber 
steht  es  frei,  den  culturtechnischen  Cursus  nach  seiner  Wahl  ent¬ 
weder  bei  der  landwirthschaftlichen  Hochschule  hierselbst  oder  der 
landwirthschaftlichen  Akademie  in  Poppelsdorf  zu  absolviren.  Die 
Höhe  des  mit  Collegienfreiheit  verbundenen  Stipendiums  beträgt 
1500  Mark,  deren  Zahlung  in  vierteljährlichen  Raten  im  voraus  er¬ 
folgt.  Der  Stipendiat  hat  sich  zu  verpflichten,  am  Schlüsse  des  zwei- 
semestrigen  Cursus  sich  einem  Examen  aus  dem  Bereiche  der  von  ihm 
gehörten  Vorlesungen  zu  unterziehen.  lieber  den  Umfang  dieser 
Vorlesungen  bleibt  weitere  Bestimmung  Vorbehalten. 

Qualificirte  Bewerber  um  dieses  Stipendium  haben  ihre  Meldung 
unter  Beifügung  der  bezüglichen  Atteste,  aus  denen  die  bisher  er¬ 
langte  Ausbildung  ersichtlich  ist,  bis  zum  1.  Februar  k.  J.  an  mich 
einzureichen. 

Berlin,  den  15.  December  1890. 

Der  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten. 

Im  Aufträge 
Schultz. 


[Alle  EecMe  vorhelialten.] 


Nichtamtlicher  TheU. 

Redacteure:  Otto  Sarrazin  und  Oskar  Hofsfeld. 


Das  Baupolizeiwesen  der  Stadt  J^ew-Tork 

(Schlufs.) 


Als  eine  weitere  Eigenthümlichkeit  ist  die  Bestimmung  her¬ 
vorzuheben,  dafs  alle  gemauerten  Rohre  für  heifse  Luft  mit  Blech 
auszufüttern,  auch  Metallrohre,  welche  diesem  Zwecke  dienen, 
feuerfest  zu  ummanteln,  in  wagerechter  Führung  aber  doppelt 
mit  12  mm  Zwischenraum  herzustellen  sind.  Für  Schmelz-  und 
Kesselfeuerungen  werden  doppelte,  durch  eine  Luftschicht  getrennte 
Wangen  gefordert,  deren  innere  auf  4,5  m  Höhe  in  Chamotte  auszu¬ 
führen  ist.  Kamine  dürfen  auf  Balkendecken  und  Holzfufsböden 
nicht  errichtet  werden.  Bezüglich  der  Gasbeleuchtung  erstrecken 
sich  die  baupolizeilichen  Vorschriften  bis  auf  die  Schutzvorrichtungen 
an  Flammen  in  der  Nähe  von  Fenstervorhängen.  Alle  Gebäude,  die 
gewöhnlichen  Wohnhäuser  ausgenommen,  besonders  aber  Bauwerke 
für  öffentliche  Zwecke,  denen  Gas,  Dampf  oder  Elektricität  zum 
Zwecke  der  Beleuchtung  oder  Heizung  von  aufsen  zugeführt  wird, 
müssen  im  Hauptstrang  aufserhalb  der  Frontmauer  eine  Vorrichtung 
erhalten,  welche  im  Falle  der  Noth  eine  Sperrung  der  Leitung  be¬ 
ziehentlich  eine  Unterbrechung  des  Stromes  gestattet.  Von  den 
sonstigen  allgemeinen  Vorschriften  ist  noch  hervorzuheben,  dafs  alle 
Gebäude,  deren  Höhe  das  der  Regel  nach  zulässige  Mafs  von  24,38  m 
überschreiten,  in  den  Wänden,  Decken,  Dachconstructionen  und 
Treppen  feuerfest  ausgeführt  werden  müssen,  während  sonstige 
Bauten  nur  mit  massiven  Wänden,  sowie  feuerfesten  Gesimsen  und 
Abfallrohren  herzustellen  sind.  Die  Verwendung  von  Holz  an  den 
Aufsenfronten  ist  unter  besonderen  Umständen,  sowie  für  Balcons 
und  für  Bay-  oder  Oriel-windows,  eigenthümliche  flache  Erkervor¬ 
bauten,  zulässig.  Fachwerks-  oder  Holzhäuser  werden  auf  gewisse 
genau  begrenzte  Aufsenbezirke  und  auf  Abortgebäude  von  höchstens 
14  qm  Grundfläche  beschränkt.  Die  auffallend  geringe  Fürsorge, 
welche  den  Treppen  zu  Th  eil  wird,  erklärt  sich  durch  eine  andere 


americanische  Eigenthümlichkeit,  die  Fire  escapes  —  zu  deutsch 
etwa  Feuei-fluchtleitern  — ,  welche  an  genau  bestimmten  Gebäude¬ 
klassen  nach  dem  Ermessen  des  Superintendent  of  Buildings  ange¬ 
bracht  werden  müssen  und  bezüglich  ihrer  ordnungsmäfsigen  Unter¬ 
haltung  von  den  Inspectors  of  Buildings  ganz  besonders  überwacht 
werden.  Die  Genehmigung  der  Ent-  und  Bewässerung  hat  auf  Grund 
besonderer  Zeichnungen  durch  das  Gesundheitsamt  —  Board  of  health 
—  zu  erfolgen. 

Für  Theater  und  sonstige  zur  Unterhaltung  des  Publicums  be¬ 
nutzte  Gebäude,  in  welchen  Decorationen  und  andere  Requisiten 
dieser  Art  zur  Verwendung  kommen,  sind  besondere,  sehr  ins  ein¬ 
zelne  gehende  Vorschriften  gegeben,  die  in  den  wesentlichen  Punkten 
mit  der  Berliner  Polizei- Verordnung  vom  31./10.  89  übereinstimmen. 
Abweichend  sind  nur  die  folgenden  Forderungen.  Jedes  derartige 
Gebäude  mufs  an  der  öffentlichen  Strafse  wenigstens  mit  einer 
Front  liegen,  in  welcher  die  erforderlichen  Eingänge  vorzusehen  sind. 
Aufserdem  ist  für  den  Sicherheitsdienst  im  Falle  der  Noth  auf  beiden 
Seiten  und  bei  Eckgrundstücken  an  einer  Seite  ein  von  der  Strafse 
bis  zum  Bühnenhause  reichender  Raum  freizulassen,  der  eine  Weite 
von  mindestens  einem  Achtel  der  Breite  des  Gebäudes  haben  mufs  und 
stets  auf  wenigstens  2,44  m  zu  bemessen  ist.  Für  das  Bühnenhaus, 
das  vom  Zuschauerhause  durch  massive  Wände  sowie  durch  einen 
feuerfesten  Vorhang  und  feuerfeste  Thüren  getrennt  werden  soll, 
wird,  soweit  es  sich  nicht  um  die  Bühneneinrichtung  handelt,  für  die 
Wände,  Zwischendecken  usw.  eine  durchaus  feuerfeste  Construction, 
für  die  obere  Decke  und  den  Schnürboden  aber  mindestens  eine 
Metallbekleidung  an  der  Unterseite  gefordert.  Ueber  der  Bühne  ist 
ein  Oberlicht  von  nicht  weniger  als  einem  Achtel  ihrer  Fläche  anzu¬ 
legen  und  so  einzurichten,  dafs  das  Abschneiden  oder  Abbrennen 


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27.  December  1890. 


einer  Planfschuur  das  Oeffneu  bewirkt.  Der  das  Proscenium  ab- 
schliefsende  Vorhang  soll  aus  Metall,  Asbest  oder  einem  anderen 
feuerfesten  Stoffe  hergestellt  werden,  auch  im  ersteren  Falle  aus 
gut  abgesteiften  Eahmen  bestehen,  die  mit  einem  Metalldrahtgewebe 
von  nicht  mehr  als  2,5  cm  Maschenweite  geschlossen  sind.  Die  Vor¬ 
schriften  für  das  Zuschauerhaus  weichen  von  den  in  Berlin  mafs- 
gebenden  Bestimmungen  in  einzelnen  Punkten  erheblich  ab.  Die 
Zahl  der  Sitze  neben  einem  Zwischengang  ist  auf  höchstens  sechs 
bemessen  und  die  Gangbreite  dementsprechend  auf  56  cm  für  je 
100  Personen,  zum  mindesten  aber  auf  01  cm  unter  dem  Vorbehalte 
festgesetzt,  dafs  unter  allen  Umständen  in  der  llichtung  des  Aus¬ 
gangs  die  Gangbreite  auf  je  1,5  m  LängtT um  2,5  cm  zuuehmen  mufs. 
In  Bezug  auf  die  Vorräume  und  Wandelgänge  aller  Galerieen  wird 
verlangt,  dafs  mindestens  33,25  qm  Grundfläche  für  jedes  Hundert 
der  auf  dieselben  angewiesenen  Personen  vorhanden  sind.  Die 
Treppen  für  die  oberen  Ränge  sollen  auf  beiden  Seiten  mit  Mauern 
eingeschlossen  werden;  für  die  zum  1.  Rang  führenden  Treppenläufe 
ist  eine  freie  Seite  zulässig.  Die  vorgeschriebeuen  Treppenbreiteu 
bleiben  dagegen  hinter  den  für  Berlin  vorgeschriebenen  Mafsen 
zurück,  weil  für  je  50  Personen  in  geraden  Läufen  nur  1,22  m,  in 
geschwungenen  Läufen  1,52  m  gefordert  werden,  welchen  Mafsen  für 
jede  weiteren  50  Personen  nur  15  cm  zuzusetzen  sind.  Ausgänge 
sollen  für  300  Personen  min¬ 
destens  zwei,  für  500  deren 
drei  von  je  1,52  m  Breite  vor¬ 
handen  sein;  über  diese  Zahl 
hinaus  ist  eine  Erweiterung 
von  51  cm  für  je  100  Personen 
nothweudigi^  Was  endlich  die 
Wasservertheilimg  und  Feuer- 
löscheiurichtungen  anbelangt,  so 
verdient  nur  hervorgehoben  zu 
werden,  dafs  die  für  bestimmte 
Punkte  vorgeschriebenen  Stand¬ 
rohre  mit  einem  System  von 
Regenrohren  verbunden  sein 
sollen,  welche,  durch  Schmelz¬ 
pfropfen  geschlossen,  im  Falle 
eines  Brandes  die  Bühne  und 
das  Proscenium  durchnässen. 

Dispens  von  den  vorstehend 
im  Auszuge  wiedergegebenen 
baupolizeilichen  Vorschriften 
kann  unter  gewissen  Umständen 


einer  Körperschaft,  ertheilt  wer¬ 
den,  welche  aus  dem  Superinten¬ 
dent  of  Buildings,  einem  Mit=  Abb.  1. 
glied  der  New -Yorker  Abthei¬ 
lung  des  American  Institute 
of  Architects  und  fünf  Mit¬ 
gliedern  verschiedener  anderer  technischer  und  kaufmännischer 
Vereine  oder  Kammern  zu  bestehen  hat  und  endgültig  entscheidet. 

Eine  Ueberwachung  der  vorhandenen  und  der  neu  zu  errichten¬ 
den  Gebäude  in  gesundheitspolizeilicher  Beziehung  wird  von  einem 
besonderen  Gesundheitsamt,  dem  Board  of  health,  ausgeübt,  ist  aber 
auf  die  Wohnhäuser  beschränkt.  Unter  diesen  wird  jetzt,  nachdem 
die  vorhandenen  Mifsstände  eine  Beseitigung  gebieterisch  forderten, 
eine  besondere  Fürsorge  den  „Tenement-Häusern“  zugewendet,  zu 
welchen  im  Sinne  des  Gesetzes  alle  von  drei  und  mehr  Familien  be¬ 
wohnten  Gebäude  zählen.  Die  allgemeine  Aufmerksamkeit  wurde 
schon  vor  mehr  als  dreifsig  Jahren  auf  die  Uebervölkerung  der  von 
den  ärmeren  Klassen  eingenommenen  Wohnungen  sowie  auf  die 
aufserordentlich  mangelhafte  Beleuchtung,  die  ungenügende  Lüftung 
und  die  sonstigen  die  Gesundheit  in  hohem  Grade  gefährdenden 
Zustände  derselben  gelenkt.  Aber  weder  damals  noch  im  Jahre  1864, 
wo  beispielsweise  Miethshäuser  mit  12  Wohnungen  in  jedem  Ge¬ 
schosse  vorgefunden  wurden,  von  denen  drei  Viertel  der  ohnedies 
nur  4,22  qm  grofsen  Schlafräume  der  Luft-  und  Lichtzuführung  voll¬ 
ständig  entbehrten,  kam  man  weit  über  die  Ernennung  von  Aus¬ 
schüssen  und  die  Entgegennahme  von  Berichten  hinaus.  Auch  ein 
am  14.  Mai  1867  erlassenes  Gesetz,  welches  von  der  baulichen  Ge¬ 
staltung,  der  Entwässerung  und  den  sonstigen  im  Interesse  der  Ge¬ 
sundheitspflege  erforderlichen  Einrichtungen  der  Tenement-  und 
Logirhäuser  handelt,  schaffte  wenig  Wandel,  obwohl  in  diesem  Jahre 
ermittelt  wurde,  dafs  von  18  582  Tenement-Häusern  sich  nur  2922  in 
einem  der  Gesundheit  nicht  nachtheiligen  Zustande  befanden.  In 
den  folgenden  Jahren  wurden  zwar  Tausende  von  Lüftungsfenster¬ 
eben  in  luft-  und  lichtlosen  Schlafräumen  angebracht,  viele  Treppen¬ 
häuser  mit  Luft-  und  Tageslicht  versehen,  bewohnte  Keller  geräumt, 
die  Abortanlagen  in  Ordnung  gebracht  und  dergleichen  mehr,  aber 


Abb.  2.  Abb.  3. 

W  Wohuzimmer.  K  Küche.  S  Schlafziiaoier.  F  Fire  escape. 
V  Lüftungs-  u.  Lichtschacht.  H  Hof. 


weder  das  damals  bestehende  Gesetz  noch  die  Umgestaltung  des 
Gesundheitsamts  im  Jahre  1873  verhinderte  eine  allmähliche  Ver¬ 
schlechterung  bis  zu  dem  Grade,  dafs  Grundrisse,  wie  der  in  Abb.  1 
vorgeführte,  als  typisch  angesehen  werden  konnten,  bis  endlich  1879 
ein  neues  Gesetz  die  Ueberwachung  dieser  Art  von  Wohnhäusern 
erheblich  verschärfte.  Die  wesentlichste  Errungenschaft  dieses 
Jahres  bestand  darin,  dafs  ein  Plan  für  die  Errichtung  eines  Tene- 
ment-Hauses  vom  Gesundheitsamt  nicht  mehr  genehmigt  werden  sollte, 
sofern  nicht  jeder  Innenraum  eine  verhältnifsmäfsige  Luft-  und  Licht¬ 
zuführung  unmittelbar  von  aufsen  erhielt.  Eine  diesen  Vorschriften 
in  der  Hauptsache  genügende  und  in  den  ersten  Jahren  nach  1879 
genehmigte  Grundrifsbildung  zeigt  Abb.  2.  Weitere  entschiedene 
Fortschritte  machte  man  nach  dem  Jahre  1881,  wie  durch  Abb.  3 
erläutert,  mit  der  Anlage  1,22  m  breiter,  lang  gestreckter  und 
zwischen  die  Grundstücke  eingeschalteter  Lichthöfe,  welche  für 
sämtliche  Innenräume  eine  weit  gründlichere  unmittelbare  Luft-  und 
Lichtzuführung  gestatteten,  als  solche  bei  Anlage  einzelner  kleiner 
Lichtschachte  möglich  war.  Einschneidende  Veränderungen  und 
Verbesserungen  führte  endlich  das  Gesetz  vom  11.  April  1887  herbei, 
welches  gegenwärtig  noch  in  Geltung  ist.  Nach  diesem  sollen,  sofern 
mehr  als  65  v.  H.  eines  gewöhnlichen  City-lot  (Baustelle  von  etwa 
7,6  m  Breite  und  30,4  m  Tiefe)  bebaut  werden,  Tenement-Häuser  von 

mehr  als  fünf  Geschossen  bei 
12  Räumen  in  einem  Stockwerk 
Lichtschachte  von  20  qm,  bei 
mehr  als  12  Räumen  solche  von 
mindestens  24  qm  haben,  ab¬ 
gesehen  davon,  dafs  sämtliche 
Räume  unter  allen  Umständen 
Luft  und  Licht  unmittelbar  von 
aufsen  erhalten,  auch  Licht¬ 
schachte  fortab  stets  mit  massi¬ 
ven  Umfassungswänden  um¬ 
schlossen  werden  müssen.  Diese 
Vorschriften  haben  wesentlich 
vollkommenere  Grundrisse  ge¬ 
zeitigt,  von  welchen  Abb.  4 
eine  der  besseren  typisch  ge¬ 
wordenen  Formen  verführt.  Dafs 
auf  eine  ordnungsmäfsige  Be- 
und  Entwässerung  ein  ganz  be¬ 
sonderes  Gewicht  gelegt  wird, 
sei  noch  beiläufig  erwähnt. 

Ueber  alle  Tenement-Häuser, 
die  im  Jahre  1887  bereits  die 
stattliche  Zahl  30  055  erreicht 
hatten,  wird  jetzt  eine  sorg¬ 
fältige  Aufsicht  ausgeübt,  und 
es  sind  zu  diesem  Zwecke 
besondere  Beamte,  15  Gesund- 
heits  -  Inspectoren  und  44  Ge¬ 
sundheits-Polizisten  angestellt,  die  jedes  in  ihrem  Dienstbezirk  vor¬ 
handene  Tenement  -  Haus  mindestens  zweimal  im  Jahre  einer  ein¬ 
gehenden  Untersuchung  zu  unterwerfen  haben. 

Der  Einflufs,  den  die  Verbesserung  der  Tenement-Häuser  und  die 
Einführung  einer  sorgfältigen  Ueberwachung  derselben  auf  die  Sterb¬ 
lichkeit  in  der  Stadt  New-York  gehabt  haben,  ergiebt  sich  aus  einem 
vorliegenden  Berichte  des  Gesundheitsamts  über  das  Jahr  1888, 
welcher  ein  umfangreiches  statistisches  Material  liefert.  Demselben 
sei  nur  die  folgende  Tabelle  entnommen,  in  welcher  die  Jahre  1869 
und  1888  unter  Vergleich  gestellt  werden. 


Abb.  4. 


T  ,  Emwohner- 
Jahr  , , 

zahl 

il 

Todesfälle 
i.  d.  Ges.- 
Bevölk. 

Bewohner 

V.  Tenem.- 
Häusern 

Todesfälle 
in  Tenem.- ' 
Häusern 

Todesrate 

im  !  in  den 
allg.  Ten.-H. 

1869  894  419 

1888:  1526  081 

Hieraus  würd 

25  176  468  492 

40175  1093  701 

le  folgen,  dafs  einmal  d 

13  285  28,13  28,35 

24  842  ii  26,33  22,71 

ie  allgemeine  Todesrate  um 

etwa  6,4  v.  H.,  die  Todesrate  der  Tenement-Häuser  um  12,77  v.  H. 
zurückgegangen  ist,  und  dafs  die  letztere  aufserdem  gegenwärtig  um 
19,9  V.  H.  unter  der  allgemeinen  Todesrate  bleibt.  Kann  man  nun 
auch  aus  diesen  Ergebnissen  allein  keine  unmittelbaren  Schlüsse 
ziehen,  weil  es  fraglich  erscheint,  ob  die  Todesfälle  aller  derjenigen 
Personen,  die  unter  den  ungünstigen  Verhältnissen  der  Tenement- 
Häuser  lebten,  für  diese  auch  wirklich  in  Rechnung  gestellt  sind  und 
weil  sich  aufserdem  der  Begriff'  des  Tenement-Hauses  im  Jahre  1888  mit 
dem  des  Jahres  1869  nicht  vollständig  deckt,  so  liefern  die  sonstigen 
zahlreichen  Tabellen,  mit  welchen  der  erwähnte  Bericht  ausgestattet 
ist,  doch  den  sicheren  Nachweis,  dafs  der  Erlafs  der  neueren  bau- 


ISr.  52. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


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und  gesundheitspolizeilichen  Vorschriften  in  New-York  eine  Ver¬ 
besserung  in  den  Gesundheitsverhältnissen  der  Tenementhäuser 
herbeigeführt  hat. 

Eine  weitere  Steigerung  dieses  segensreichen  Erfolges  mufs  aber 


zweifellos  eintreten,  wenn  bei  den  Tenementhäusern  der  schlechtesten 
Sorte,  an  denen  die  älteren  Stadttheile  besonders  reich  sind,  die  Zeit 
das  vollbringt,  was  Gesetze  ohne  eine  allzugrofse  Beschränkung  des 
Eigenthums  nimmer  vermögen.  Froebel. 


Vergleichende  Untersuchungen  von  Puzzolan-,  Portland-  und  Roman- Cementen. 


Infolge  eines  an  das  preufsische  Ministerium  der  öffentlichen 
Arbeiten  gerichteten  Antrages  des  Vereins  deutscher  Portland- 
Cement-Fabricanten  ist  die  Königliche  Prüfungs- Station  für  Bau¬ 
materialien  in  Berlin  beauftragt  worden,  eine  Reihe  vergleichender 
Untersuchungen  von  Puzzolan-,  Portland-  und  Roman -Cementen  in 
einer  solchen  Anordnung  und  zu  dem  Zweck  auszuführen,  dafs  er¬ 
sichtlich  werde,  ob  die  Untersuchung  nach  den  preufsischen  Normen 
für  einheitliche  Lieferung  und  Prüfung  von  Portland- Cement  vom 
28.  Juli  1887  auch  zur  Vergleichung  von  Portland-Cement  mit  anderen 
Cementen  geeignet  sei  oder  nicht.  Die  Untersuchungen  sind  von 
Herrn  Professor  Dr.  Böhme,  dem  Vorsteher  der  Prüfungsstation, 
am  22.  August  1889  begonnen  und  kürzlich  vollendet  und  veröffent¬ 
licht  worden.*)  Zu  denselben  wurden  je  drei  Puzzolan-  und  Port¬ 
land -Cemente  und  ein  Roman -Cement,  theils  von  Königlichen  Bau¬ 
stellen,  theils  aus  dem  Handel  entnommen  und  auf  allgemeine 
Eigenschaften,  Siebfeinheit,  Abnutzbarkeit  und  Zug-  und  Druck¬ 
festigkeit  bei  verschiedener  Erhärtungsart  an  verschiedenen  Mischungen 
von  7  und  28  Tagen  Erhärtungszeit  geprüft. 

Es  ergab  sich  im  Durchschnitt  das  Gewicht  eines  Liters 

eingerüttelt :  eingelaufen : 

Puzzolan -Cement  1,429  kg  0,963  kg 

Portland-Cement  1,947  „  1,307  „ 

Roman- Cement  1,269  „  0,823  „ 

Aus  dieser  Verschiedenheit  der  Litergewichte  geht  hervor,  dafs 
die  Zusammensetzungen  von  Mörteln  aus  Cement  und  Sand  nach 
Gewichtstheilen ,  wie  dies  nach  der  Vorschrift  der  Normen  üblich 
ist,  in  demselben  Grade  zu  Abweichungen  führen  müssen,  als  die 
Differenzen  der  Raum-(Liter-)gewichte  dies  bedingen,  was  erhellt, 
wenn  man  zwei  Cemente  zur  Herstellung  je  einer  Mörtelmischung 
im  Verhältnifs  1  Cement  :  3  Normalsand  nach  Raumtheilen  zu¬ 
sammengesetzt  und  hierbei  —  der  Praxis  entsprechend  —  die  Ge¬ 
wichte  f.  d.  Liter  im  eingelaufenen  Zustande  zu  Grunde  legt.  Man 
erhält  dann  aus  den  oben  angeführten  Durchschnittswerthen  für 
die  Puzzolan -Cemente: 

1  Raumth.  Cement  =  1 . 0,963  kg  —  0,963  kg  Puzzolan- Cement 

3  „  Normalsand  ~  3 . 1,410  „  =  4,230  „  Sand 

zusammen  5,193  kg  Masse, 

welche,  auf  Gewichtstheile  umgerechnet,  das  Mischungsverhältnifs 
0,963  :  4,230  =  1  :  4,392  ergiebt,  während  für  die  Portland -Cemente 
im  Durchschnitt: 

1  Raumth.  Cement  —  1 . 1,307  kg  =  1,307  kg  Portland  -  Cement 

3  „  Normalsand  =  3 . 1,410  „  =  4,230  „  Sand 

zusammen  5,537  kg  Masse. 

In  Gewichtstheilen  ergiebt  dies  das  Verhältnifs  1:3,236. 

Zu  ähnlichen  Ergebnissen  führt  auch  die  umgekehrte  Rechnung, 


*)  Vergl.  Mittheilungen  aus  den  Königl.  technischen  Versuchs- 
Anstalten  zu  Berlin  1890.  Heft  V.  Verlag  von  Jul.  Springer,  Berlin. 


wenn  man  die  nach  Gewichtstheilen  festgesetzten  Mischungen  1 :  3 
unter  Berücksichtigung  der  oben  angegebenen  Litergewichte  in 
Raumtheile  umsetzt. 

Um  den  Einflufs  der  verschiedenen  Litergewichte  verschiedener 
Cementarten  zu  zeigen,  sind  die  weiter  unten  aufgeführten  Festig¬ 
keitsversuche  auch  auf  Mörtelmischungen  aus  1  : 3  Raumtheilen 
ausgedehnt  worden,  und  zwar  unter  Zugrundelegung  der  Liter¬ 
gewichte  im  eingelaufenen  Zustande  als  derjenigen  Mafse,  welche 
dem  Gebrauch  in  der  Praxis  am  nächsten  kommen. 

Aus  der  Tabelle  der  Versuche  ist  ersichtlich,  dafs  die  Puzzolan- 
Cemente  bei  der  Zugrundelegung  von  Raumtheilen  eine  Festig- 
keitsverminderung  von  durchschnittlich  43  pCt.  für  Zugfestigkeit  und 
50  pCt.  für  Druckfestigkeit  erlitten  haben,  gegenüber  der  Festigkeit 
von  Körpern,  welche  nach  Gewichtstheilen  hergestellt  wurden, 
während  bei  Portland-Cementen  diese  Verminderung  im  Durchschnitt 
nur  11  pCt.  für  Zugfestigkeit  und  12  pCt.  für  Druckfestigkeit  und 
schliefslich  bei  dem  Roman- Cement  54  pCt.  für  Zug-  bezw.  62  pCt. 
für  Druckfestigkeit  beträgt. 

Dem  Puzzolan -Cement  kommt  noch  bei  der  Feststellung  des 
Litergewichtes  seine  aufserordentliche  Siebfeinheit  zu  gute,  vermöge 
deren  sich  die  einzelnen  Theilchen  thunlichst  nahe  an  einander  zu 
lagern  vermögen  und  so  ein  verhältnifsmäfsig  gröfseres  Gewicht  aus¬ 
machen,  als  beim  Einfüllen  eines  weniger  staubfeinen  Mehles  er¬ 
zielt  wird. 

Vergleichsweise  betragen  nach  den  Versuchen  die  Siebrück¬ 

stände  im  Durchschnitt 

für  ein  Sieb  von  Maschen  auf  1  qcm 
5000  900  600  [324  180,' 

für  Puzzolan -Cemente  13,33  pCt.  0,73  pCt.  0,17  pCt.  0,03  pCt.  — pCt. 

„  Portland  -  Cemente  24,67  „  2,83  „  0,57  „  0,07  „  —  „ 

„  Roman- Cement  14,0  „  5,0  „  2,0  „  1,5  „  1,0,  „ 

Die  specifischen  Gewichte  der  geglühten  Cementpulver  ergeben 
sich  für 

I.  II.  III.  IV.  V.  VI.  VH. 

auf  2,836  2,841  2,830  3,130  3,164  3,128  2,907 

Der  Wasseranspruch  ist  für  die  Puzzolan -Cemente  durchschnitt¬ 
lich  um  rund  35  pCt.  höher  als  für  die  Portland-Cemente,  die  Abbinde¬ 
zeit  beträgt  bei  den  Puzzolan-Cementen  bezw.  17,  572,  11  Stunden,  bei 
den  Portland-Cementen  5,  4^/4,  OVe  Stunden,  bei  dem  Roman-Cement 
6  Stunden.  Die  Prüfung  auf  Abnutzbarkeit  von  Würfeln  mit  50  qcm 
Fläche,  welche  alle  gleichmäfsig  bei  25  kg  Belastung  30  Umgänge 
der  Schleifscheibe  erlitten  und  bei  einem  Schleifhalbmesser  von  22  cm 
und  einer  Scheibengeschwindigkeit  von  22  Umgängen  in  der  Minute 
auf  je  15  Scheibenumgänge  20  g  Naxos-Schmirgel  Nr.  3  erhielten,  ergab 
für  die  Puzzolan-Cemente  und  den  Roman-Cement  eine  unverhält- 
nifsmäfsig  grofse  Abnutzung  der  nach  Raumtheilen  hergestellten 
Mörtel,  während  bei  den  Portland-Cementen  sich  nur  geringe  Unter¬ 
schiede  zwischen  den  Mörteln  beider  Zusammensetzungsarten  zeigen. 


Tabelle  der  Festigkeiten  in  Kilogramm  f.  d.  Quadratcentimeter  Fläche. 


Mischung 

Zugfestigkeit  (Querschnitt  5  qcm) 

Druckfestigkeit  (Fläche  50  qcm) 

Cementmarke 

in 

Erhärtung 

Erhärtung 

1  :  3 

nach 

unter  Wasser 

an  der  Luft 

unter  Wasser 

an  der  Luft 

7  Tage 

28  Tage 

7  Tage 

28  Tage 

7  Tage 

28  Tage 

7  Tage 

28  Tage 

Puzzolan -Cement  I . 

/ 

■  •  \ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

9,65 

4,61 

18,65 

11,25 

6,30 

4,16 

8,35 

4,55 

58,2 

28,9 

131,0 

66,1 

63,8 

32,7 

95,0 

41,4 

Puzzolan -Cement  II . 

/ 

•  •  \ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

16,65 

12,30 

22.90 

15,65 

12,95 

9,05 

14,30 

9,50 

165,7 

100,4 

257,4 

161,7 

155,2 

90,9 

178,1 

104,4 

Puzzolan  -  Cement  III . 

/ 

•  •  \ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

14,15 

7,00 

21,00 

12,90 

12,25 

4,10 

18,05 

5,05 

110,2 

47,0 

184,8 

82,2 

99,4 

38,7 

156,4 

59,8 

Portland-Cement  IV . 

■  •{ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

18,50 

15,20 

20,90 

19,20 

18,15 

15,90 

23,65 

20,05 

132,6 

122,3 

200,3 

183,0 

142,7 

135,1 

210,3 

198,0 

Portland-Cement  V . 

/ 

•  •  \ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

15,40 

12,15 

19,90 

17,05 

16,15 

13,20 

20,80  ; 
19,95  1 

120,3 

92,3 

188,8 

151,6 

128,4 

99,0 

198,0 

157,5 

Portland-Cement  VI . 

/ 

■  ■  \ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

14,80 

14,30 

19,30 

18,65 

16,65 

16,10 

21,35 
19,65  1 

122.5 

108.6 

189,0 

174,9 

131,3 

120,7 

197.8 

188.8 

Roman-Cement  VII . 

/ 

•  •  \ 

Gew.-Thl. 

Raum-Thl. 

2,85 

1,30 

8,55 

3,80 

7,80 

4,10 

14,25 
6,60  t 

1 

21,1 

8,7 

62.5 

22.6 

37,2 

12,5 

80,2 

34,3 

Bern.  Die  Zahlen  sind  Mittelwerthe  aus  je  5  Versuchen. 


27.  Deeeraber  1890. 


540 


Ceutralblatt  der  Bauverwaltung. 


Betrachtet  man  noch  die  absoluten  Zahlen  für  die  Festigkeits- 
werthe  der  untersuchten  Gemente  (in  der  Tabelle)  in  Bezug  auf 
deren  Stellung  zu  den  durch  die  Normen  festgelegten  Werthen 
von  16  kg  Zugfestigkeit  1  , 

und  160  „  Druckfestigkeit  )  •  •  H 

für  Mörtelproben  aus  1  Gew.-Thl.  Gement  ^  Gew.-Thl.  Normal¬ 
sand,  welche  den  ersten  Tag  an  der  Luft  und  27  Tage  unter  Wasser 
erhärteten,  so  ergiebt  sich,  dafs  mit  Ausnahme  des  Puzzolan- 
Gementes  I  und  des  Koman  -  Gementes  VII  sämtliche  Gemente  in 
ihren  nach  Gewichtstheilen  hergestellten  Proben  die  Normen  er¬ 
füllen,  die  Puzzolau-Gemente  II  und  III  und  die  drei  Portland-Gemente 
sogar  noch  einen  erheblichen  Ueberschufs  aufweisen.  Dagegen 


erreichen  für  die  nach  Raumtheilen  hergestellten  Proben  die 
Festigkeitswerthe  der  Puzzolan- Gemente  die  Normenwerthe  nur  in 
einem  Falle,  nämlich  bei  dem  Puzzolan -Gement  II  in  der  Druck¬ 
festigkeit,  während  die  Portland-Gemente  auch  in  ihren  nach 
Raumtheilen  hergestellten  Proben  die  Normen  noch  vollständig  er¬ 
füllen  bis  auf  Portland-Gement  V,  welcher  nur  in  seiner  Druckfestig¬ 
keit  hinter  denselben  etwas  zurückbleibt. 

Es  folgt  aus  den  angeführten  Versuchen  des  Prof.  Böhme,  dafs 
die  Ergebnisse  der  Prüfung  von  Puzzolan-  und  Roman -Gementen 
nach  den  Normen  für  Portland-Gemente  nicht  als  ausschlaggebend 
für  die  Verwendung  der  ersteren  im  Vergleich  mit  den  letzteren  an¬ 
gesehen  werden  dürfen.  Gary. 


Der  Bau  einer  den  Kaukasus  überschreitenden  Eisenbahn  Wladikawkas-Tiflis 


Der  Bau  einer  über  den  Hauptkamm  des  Kaukasus  zu  führenden 
Schienen  Verbindung  Wladikawkas-Tiflis  ist  ein  Wunsch,  der  die 
russische  Regierung  im  Hinblick  auf  die  strategischen  und  handels¬ 
politischen  Interessen  des  Landes  bereits  seit 
langen  Jahren  beschäftigt.  Schon  im  Jahre  1874 
wurden  eingehende  Vorarbeiten  für  eine  Linie 
ausgeführt,  welche  bei  der  Station  Darch-Koch 
der  Rostow-Wladikawkasischen  Bahn  beginnen, 
demnächst  dem  Thale  des  Flusses  Ardon  (eines 
Nebenflusses  des  Terek)  folgen,  den  Haupt¬ 
kamm  des  Gebirges  an  der  Stelle  des  Dshomag- 
Passes  überschreiten  und  schliefslich  im  Thale 
des  Flusses  Ljachwa,  eines  Nebenflusses  der 
Kura,  die  Station  Gori  der  Transkaukasischen 
Bahn  erreichen  sollte.  Die  Gesamtlänge  dieser 
Linie  beträgt  195  km.  Das  gröfste  Steigungsver- 
hältnifs  war  zu  0,025  (1 : 40)  angenommen  und 
sollte  für  eine  zusammenhängende  Strecke  von 
96  km  in  Anwendung  gelangen.  Für  die  Mün¬ 
dungen  des  6,4  km  langen  Haupttunnels  war  die 
Höhenlage  von  1830  m  über  dem  Meere  in  Aus¬ 
sicht  genommen.  Kleinere  Tunnel  von  1  km  Länge 
und  darunter  erwiesen  sich  in  einer  Gesamtlänge 
von  14,3  km  erforderlich.  Gegen  diese  Anlage 
wurden  indessen  bei  der  weiteren  Prüfung  wegen 
der  hohen  Lage  des  Haupttunnels  Bedenken  er¬ 
hoben,  und  man  machte  deshalb  den  Vorschlag, 
den  Tunnel  bis  zur  Höhe  von  1575  m  über  dem 
Meere  zu  senken,  wobei  derselbe  eine  Länge  von 
13,8  km  erhalten  haben  würde.  Ob  jene  Be¬ 
denken,  die  sich  gegen  die  zu  erwartenden 
klimatischen  Schwierigkeiten  richteten,  hinrei¬ 
chend  begründet  waren,  mufs  als  fraglich  er¬ 
achtet  werden.  Jedenfalls  sind  die  Winter  in 
Mittelrufsland  im  allgemeinen  viel  strenger  als 
in  der  Gegend  des  in  Rede  stehenden  Kaukasus¬ 
passes,  wie  solches  beispielsweise  für  die  Punkte 
Gudaur  (Scheitel  der  den  Kaukasus  überschrei¬ 
tenden  Grusinischen  Heerstrafse,  mit  der  Mee¬ 
reshöhe  von  2427  m)  und  Moskau  aus  der  nach¬ 
stehenden  Zusammenstellung  der  mittleren  Mo¬ 
natstemperaturen  zu  ersehen  ist*); 

Hiernach  weisen  auf  dem  genannten  Kau- 
kasuspafs  nur  vier  Wintermonate,  in  Moskau 
dagegen  deren  fünf  eine  unter  0°  betragende  mitt¬ 
lere  Temperatur  auf.  Aufserdem  ist  in  Betracht 
zu  ziehen,  dafs  die  Menge  der  im  mittleren  Ab¬ 
schnitt  des  Kaukasus  stattfindenden  Nieder¬ 
schläge  verhältnifsmäfsig  sehr  gering  ist;  die 
Höhe  derselben  beträgt  beispielsweise  für  den 
Gudaurpafs  nur  153  mm,  d.  i.  um  597  mm  weniger 
als  die  normale  Niederschlagshöhe. 

Als  eine  weitere  Linie  für  die  geplante  Ueber- 
schienung  des  Kaukasus  hatte  man  eine  Zeit  lang  den  Weg  der  Grusi¬ 
nischen  Heerstrafse  in  Aussicht  genommen,  indessen  sind  für  diese 
Eisenbahnlinie  genauere  Vorarbeiten  nicht  gemacht  worden,  vielmehr 
begnügte  man  sich  mit  den  Anhaltspunkten,  die  beim  Bau  der  Heer¬ 
strafse  nebenbei  gewonnen  wurden.  Der  Hauptmangel  dieser  Linie  be¬ 
stand  darin,  dafs  der  Flufs  Terek  zwischen  den  Punkten  Larfs  und 
Kasbek  von  so  starkem  Gefälle  ist,  dafs  die  Eisenbahn  ohne  ent¬ 
sprechende  Verlängerung  auf  jener  Strecke  zum  mindesten  im  Ver- 
hältnifs  von  1  :  25  hätte  ansteigen  müssen. 


*)  Vergl.  Zeitschrift  des  russischen  Wegebau-Ministeriums  1890. 
Februar-März-Heft  S.  349. 


Aufser  den  vorerwähnten  Linien  wurden  für  die  Schienenver¬ 
bindung  Wladikawkas-Tiflis  im  Laufe  der  Zeit  noch  mehrere  andere 
Richtungen  in  Anregung  gebracht,  ohne  dafs  indessen  irgend  einem 
dieser  Vorschläge  ernstere  Folge  gegeben  worden 
wäre.  Hauptsächlich  waren  es  wohl  Bedenken 
technischer  Art,  welche  die  Regierung  von  der 
Verwirklichung  ihres  Planes  bis  auf  weiteres  Ab¬ 
stand  nehmen  liefsen;  es  fehlte  den  Ingenieuren 
und  Bauunternehmern  Rufslands  zu  jener  Zeit  an 
der  nöthigen  Erfahrung  in  der  Erbauung  von 
Hochgebirgsbahnen,  infolge  dessen  die  Ueber- 
schienung  des  Kaukasus,  welche  Kunstbauten  der 
kühnsten  Art  erforderlich  macht,  als  ein  verfrühtes 
Unternehmen  erscheinen  mufste.  Gegenwärtig 
sind  diese  Bedenken  mehr  oder  minder  gegen¬ 
standslos  geworden,  denn  in  den  letzten  Jahren 
haben  die  Eisenbahntechniker  Rufslands  zu  wie¬ 
derholten  Malen  —  so  beim  Bau  der  Eisenbahn 
Tichorezkaja-Noworossijsk  und  der  Umgehungs¬ 
bahn  des  Ssurampasses  im  Zuge  der  Trans¬ 
kaukasischen  Bahn  —  Gelegenheit  gehabt,  sich 
mit  der  Herstellung  schwieriger  Felsdurchboh¬ 
rungen  und  anderen  Kunstbauten  der  Hochge¬ 
birgsbahnen  durch  eigene  Hebung  vertraut  2^ 
machen,  und  man  hat  daher  den  Gedanken  der 
Ueberschienung  der  Kaukasuskette  neuerdings 
wieder  mit  regem  Eifer  aufgenommen.  Im  Laufe 
des  verflossenen  Sommers  sind  die  Vorarbeiten 
für  eine  neue  Linie  Wladikawkas-Tiflis  aus¬ 
geführt  worden  und  haben  die  betreffenden 
Untersuchungen  ergeben,  dafs  diese  Richtung 
geringere  Schwierigkeiten  als  die  früher  in  Vor¬ 
schlag  gebrachten  Linien  darbietet. 

Wie  die  Mittheilungen  des  St.  Petersburger 
Glubs  der  Wegebau-Ingenieure  (Iswestija  Ssobra- 
nija  Inschenerow  Putej-Ssobschtschenija)  berich¬ 
ten,  hat  die  neue  Linie,  welche  die  Stadt  Wladi- 
kawkas  mit  der  Station  Awtschaly  der  Trans¬ 
kaukasischen  Eisenbahn  (10  km  nördlich  von 
Tiflis)  verbindet  und  den  Kaukasus  bei  dem 
Archotschen  Pafs  überschreitet,  eine  Länge  von 
187  km.  Sie  erhebt  sich  von  Wladikawkas  aus 
im  Thale  der  Assa,  überschreitet  den  vorgenannten 
Pafs  in  der  Meereshöhe  von  2556  m  und  senkt 
sich  auf  der  Südseite  des  Gebirges  in  den 
Thälern  der  Flüsse  Pschawa-Aragwa,  Aragwa 
und  Kura  bis  zur  Station  Awtschaly. 

Für  die  Scheitelstrecke  werden  drei  Linien 
in  Vorschlag  gebracht:  die  eine  in  der  Höhe 
von  2028  m  mit  einem  Tunnel  von  4,69  km 
Länge;  die  andere  in  der  Höhe  von  1612  m  mit 
einem  Tunnel  von  11,73  km  Länge;  die  dritte 
in  einer  Höhe  von  1540  m  mit  einem  Tunnel 
von  16  km  Länge.  Für  alle  drei  Fälle  sind  die  gröfsten  Steigungen 
für  die  geraden  Strecken  zu  0,024  (1  :  41,7),  für  die  Tunnel  zu 
0,01  (1  :  100)  angenommen.  Diese  Gefälle  sind  wesentlich  geringer 
als  die  Gefälle  der  Flüsse  Pschawa-Aragwa  und  Assa,  welche  bis 
zu  0,031  (1  :  32,3)  betragen.  Infolge  dieser  Verhältnisse  sind  einige 
Schleifen  nicht  zu  vermeiden. 

Von  den  oben  genannten  drei  Vorschlägen  ist  der  zweite  der  am 
wenigsten  zweckmäfsige.  Der  dritte  Vorschlag  hat  vor  dem  ersten 
den  Vorzug,  dafs  der  Eingang  zum  Tunnel  erheblich  tiefer  als  die 
Linie  des  ewigen  Schnees  liegt,  während  am  Eingang  des  Tunnels 
des  ersten  Entwurfes  auf  dem  südlichen  Abhang  im  Juli  d.  J.  Schnee 
i  lag.  Selbstverständlich  wird  der  dritte  Vorschlag  für  den  Fall  der 


Ghorseite. 


10  IS'” 


Grundrifs. 
Kirclie  in  Betzin. 


Nr.  52. 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


541 


Ort 

Septbr. 

October 

Novbr. 

Decbr. 

Januar 

Februar 

März 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

August 

Mittlere 

Jahres¬ 

tem¬ 

peratur 

Mittlere  Temperaturen 

Moskau  .  .  . 

Gudaur  .  .  . 

-f  7,96 
+  9,8 

+  2,83  ’ 
+  5,4 

—  1,57 
+  3,6 

—  3,37 

—  3,0 

—  11,65 

—  5,5 

— 18,59 
-  8,1 

—  2,21 
-1,0 

+  2,63 
+  2,2 

+  + 

00  00 

+  18,4 
+  9,9 

+  20,83 
+  13,5 

+  17,42 
+  14,3 

:  +3,37 
’  +4,1 

Ausführung  verhältnifsmäfsig  theuer  zu  stehen  kommen,  indessen  Theile  durch  Ersparnisse  bei  anderen  Arbeiten  ausgeglichen  werden, 
dürften  die  Kosten  des  längeren  Tunnels  zu  einem  wesentlichen  Volkmann. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  der  evangelischen  Kirchenbaukunst  in  der  Gegenwart. 


5.  Die  Kirche  in  Betzin. 

Die  alte  Kirche  in  Betzin  (Regierungsbezirk  Potsdam),  ein  ein¬ 
faches  Fachwerkgebäude  mit  eingebautem  niedrigen  Thurm  ohne 
irgend  welchen  baugeschichtlichen  oder  architektonischen  Werth  ge¬ 
nügte  den  Bedürfnissen  der  Gemeinde  nicht  mehr  und  wurde  in  den 
Jahren  1886  und  1887  durch  einen  Neubau  ersetzt.  Die  anmuthige 
Lage  der  alten  Kirche  auf  freiem 
Platze  inmitten  des  Dorfes,  etwa 
1,5  m  höher  als  die  umgebenden 
Gehöfte,  von  denen  sehr  breite 
Strafsen  sie  trennen,  ward  beibe¬ 
halten,  zumal  die  Bodenbeschaffen¬ 
heit  keinerlei  Schwierigkeit  für 
die  Gründung  bot.  Nur  mufsten, 
alter  Gräber  halber,  die  Grund¬ 
mauern  auf  etwas  über  2  m  Tiefe 
gelegt  werden. 

Die  neue  Kirche  mit  217  Sitz¬ 
plätzen  im  Schiffe  und  mit  44  Sitz¬ 
plätzen  auf  der  Orgelempore  zeigt 
im  Grundrifs  ein  Rechteck  von 
14,96  m  Länge  und  9,56  m  Breite, 
an  welches  sich  der  plattge¬ 
schlossene  Chor  und  der  West¬ 
thurm  schliefsen.  Auf  eine  später 
nothwendig  werdende  seitliche 
Emporenanlage  ist  Rücksicht  ge¬ 
nommen,  indessen  vorläufig  nur 
<iie  Orgelbühne  zur  Ausführung 
gebracht.  An  den  Westthurm 
legt  sich  auf  der  Nordseite 
ein  Bahrenraum  an,  auf  der  Süd¬ 
seite  das  Treppenhaus  für  die  Be¬ 
sucher  der  Orgelempore;  dem 
Chore  ist  auf  der  Nordseite  eine 
kleine  heizbare  Sacristei  mit  be¬ 
sonderem  Eingangsflure  vorgelegt. 

Das  Schiff  hat  eine  Holzdecke  mit 
sichtbarer  Construction  erhalten, 
die  Apsis  ist  mit  einem  Kreuzgewölbe  überdeckt.  Ebenfalls  über¬ 
wölbt  ist  der  als  Vorhalle  dienende  Erdgeschofsraum  des  Thurmes. 

Die  Kirche  wurde  in  einfach  romanischen  Formen  aus  Ziegeln 
-erbaut,  ihre  innere  Ausstattung  ist  sehr  schlicht  gehalten,  die  Kanzel 


von  Eichenholz  hergestellt,  der  Altar  aus  Ziegeln  gemauert  und  mit 
Decken  bekleidet,  der  Taufstein  nach  vorhandenem  Muster  aus  ge¬ 
branntem  Thon  von  March  in  Charlottenburg  bezogen.  Die  Altar¬ 
nische  hat  einen  reicheren  Schmuck  durch  drei  farbige  Glasfenster 
erhalten,  von  welchen  die  beiden  ersteren  einfache  Teppichmuster, 
das  mittlere  eine  Rosette  mit  dem  „Ecce  homo“  zeigt.  Der  Thurm  be¬ 
sitzt  ein  Geläute  von  zwei  Glocken. 
Während  die  Ziegel  für  die 
Hintermauerung  aus  der  Maafs- 
schen  Ziegelei  in  Kelpin  beschafl’t 
sind,  haben  die  äufseren  Flächen 
eine  Verblendung  von  Rathenower 
Steinen  erhalten,  aufserdem  sind 
Handdrucksteine  von  Bochat  zur 
Verwendung  gelangt.  Das  Dach 
des  Schiffes,  welches  eine  Deckung 
von  braunen  Pfannen  erhalten  hat, 
wurde  durch  Einlage  von  schrä¬ 
gen  Mustern  belebt,  für  den  Thurm 
und  die  Anbauten  ist  Schiefer¬ 
bedachung  nach  deutscher  Art  vor¬ 
gezogen. 

Der  Entwurf  zur  Kirche  stammt 
aus  dem  Jahre  1884;  der  Bau 
wurde  am  1.  April  1886  begonnen 
und  am  14.  November  1887  ein¬ 
geweiht  und  seiner  Bestimmung 
übergeben.  Die  unmittelbare  Bau¬ 
leitung  war  dem  Regierungs- Bau¬ 
führer  M.  Frankel  übertragen; 
die  Oberleitung  lag  in  der  Hand 
des  Kreisbauinspectors  v.  Lan- 
cizolle  in  Nauen.  Die  Baukosten 
betrugen  einschliefslich  der  Hand- 
und  Spanndienste  32  850  Mark,  und 
es  wurde  eine  Ersparnifs  von 
2900  Mark  gegen  den  ursprüng¬ 
lichen  Anschlag  erzielt.  Hiernach 
berechnet  sich  der  Preis  für 
1  qm  bebauter  Grundfläche  (durchschnittlich  für  Schiff,  Thurm 
und  Anbauten)  zu  rund  136  Mark,  für  1  cbm  des  Gebäudes  zu 
rund  15,2  Mark  und  für  die  Nutzeinheit  (1  Sitzplatz)  zu  rund 
124  Mark.  F.  Adler. 


Denkschrift  über  die  Ausführung  des  Beichstagsgehäudes 


Unter  dem  15.  December  d.  J.  ist  dem  Reichstage  im  Anschlufs 
-an  die  Vorlage  vom  24.  November  1887*)  seitens  des  Stellvertreters 
des  Reichskanzlers  eine  neue  Denkschrift  als  besondere  Vorlage 
zugegangen,  der  wir  das  Nachfolgende  entnehmen. 

1.  Bauverwaltung.  In  der  Organisation  der  Reichstagsbau- 
Verwaltung  ist  eine  Veränderung  insofern  eingetreten,  als  auf  Be- 
schlufs  der  Reichstagsbau- Commission  im  Laufe  des  letzten  Jahres 
ein  drittes  Mitglied  angenommen  worden  ist,  welches  zum  Zwecke 
der  Entlastung  des  leitenden  Architekten  die  Pläne  für  den  inneren 
Ausbau  der  Geschäftsräume  im  Untergeschofs,  Zwischengeschofs  und 
Obergeschofs  selbständig  zu  bearbeiten  hat.  Die  Wahl  ist  auf  den 
schon  seit  längerer  Zeit  beim  Reiehstagsbau  beschäftigten  Königlich 
preufsischen  Regierungs-Baumeister  Wittig  gefallen. 

2.  Bauplatz.  Der  Grunderwerb  und  die  Regelung  der  Grund¬ 
buchverhältnisse  sind  in  der  Hauptsache  zum  Abschlufs  gelangt. 
Die  vor  dem  Mittelbau  der  Westfront  herzustellende  Rampenanlage 
wird  eine  gröfsere  Ausdehnung  erhalten,  als  in  dem  ursprünglichen 

*)  vgl.  Centralblatt  der  Bauverwaltung  1887,  S.  470. 


Entwürfe  vorgesehen  war,  und  demzufolge  in  das  angrenzende,  der 
Stadtgemeinde  gehörige  Strafsenland  übergreifen. 

Die  dem  Reiche  gehörigen  Grundstücke  an  der  Ostseite  der 
Sommerstrafse  sind  der  preufsischen  Regierung  zur  Veräufserung 
übereignet,  dafür  aus  dem  dieser  gehörigen  Hinterlande  daselbst  ein 
Stück  von  1114  qm  Flächeninhalt  erworben  worden,  welches  die  für 
das  Reichstagshaus  erforderlichen  Feuerungs-  und  Dampfbereitungs- 
Einrichtungen  nebst  Zufahrtsweg  aufnehmen  soll.  Um  bei  der  Be¬ 
bauung  der  Sommerstrafse  eine  würdige,  der  Nachbarschaft  des 
Reichstags  entsprechende  Gestaltung  der  neuen  Bauten  sicher  zu 
stellen,  ist  auf  den  vom  Reich  zum  Verkauf  gestellten  Grundstücken 
im  Grundbuche  der  Vermerk  eingetragen,  dafs  die  Hausfronten  an 
der  Sommerstrafse  nur  in  echten  Baustoffen  und  nach  Genehmigung 
der  Entwürfe  von  Seiten  der  Reichsverwaltung  ausgeführt  werden 
düi'fen. 

3.  Bauplan.  Der  Bauplan  ist,  nachdem  über  Lage  und  Ge¬ 
staltung  des  Kuppelaufbaues  eine  endgültige  Entscheidung  getroffen 
worden  ist,  gegenwärtig  in  allen  Theilen  festgestellt.  Nach  dem 
im  Jahre  1883  ausgearbeiteten  Entwürfe  sollte  das  Gebäude  in 


542 


V 

Centralblatt  der 


der  Mitte  der  Westfront  über  dem  mittleren  Theile  der  grofsen 
Halle  einen  Kuppelaufbau  erhalten.  Bei  der  Bearbeitung  der 
besonderen  Pläne  für  die  äufsere  Architektur  gelangte  der  leitende 
Architekt  jedoch  zu  der  Ueberzeugung,  dafs  ein  solcher  Aufbau  an 
dieser  Stelle  nicht  zur  Ausführung  gebracht  werden  könne,  dafs  viel¬ 
mehr  eine  centrale  Lage  der  Kuppel  über  dem  Sitzungssaale  den 
Vorzug  verdiene.  Die  Reichstagsbau-Commission  erkannte  die  Be¬ 
denken  des  Architekten  als  berechtigt  an  und  ertheilte  dem  neuen 
Vorschläge  desselben  im  Princip  und  unter  der  Voraussetzung  die 
Zustimmung,  dafs  die  Frage,  ob  der  Sitzungssaal  durch  Vermittlung 
der  in  Glas  zu  deckenden  Kuppel  ausreichendes  Licht  erhalten  werde, 
unter  Zuziehung  geeigneter  Sachverständigen  einer  nochmaligen 
Prüfung  unterworfen  werde.  Auch  der  durch  ein  Modell  veranschau¬ 
lichte  architektonische  Aufbau  der  Kuppel  fand  die  Billigung  der 
Commission.  Die  demnächst  angeordnete  Untersuchung  der  Licht¬ 
verhältnisse  führte  zu  dem  Ergebnifs,  dafs  die  Tagesbeleuchtung  im 
Sitzungssaale  des  neuen  Reichstagsgebäudes  durch  den  kuppclartigen 
Aufbau  nicht  beeinträchtigt  und  jedenfalls  nicht  ungünstiger  sein 
wird,  als  diejenige  des  gegenwärtigen  Sitzungssaales  des  Reichstages. 
Der  neue  Kuppelentwurf  hat  der  Bauabtheilung  des  prcufsischcn 
Ministeriums  der  öffentlichen  Arbeiten  zur  technischen  Prüfung  Vor¬ 
gelegen.  Auf  Grund  der  gezogenen  Erinnerungen  wurde  er  zunächst 
in  constructiver  Hinsicht  einer  Umarbeitung  unterzogen,  in  der 
daraus  hervorgegangenen  Gestaltung  hat  er  bei  der  technischen 
Revision  eine  Beanstandung  nicht  mehr  erfahren.  Vom  ästhetischen 
Standpunkte  aus  wurde  dagegen  die  Frage  angeregt,  ob  die  durch 
die  Lage  der  Kuppel  über  dem  Sitzungssaal  bedingte  Ausführung 
derselben  in  Metall  und  Glas  mit  dem  monumentalen  Charakter  des 
Bauwerkes  im  Einklang  stehen  und  insbesondere  mit  der  übrigen,  in 
Stein  ausgeführten  Architektur  durchweg  harmoniren  würde.  Infolge 
dessen  ist  der  Entwurf  einigen  unbetheiligten  Architekten  und  Künst¬ 
lern  von  anerkanntem  Rufe  zur  Beurtheilung  seines  künstlerischen 
Werthes  vorgelegt  worden.  Diese  haben  ihr  Gutachten  dahin  ab¬ 
gegeben,  dafs  sie  die  angedeuteten  ästhetischen  Bedenken  nicht  zu 
theilen  vermöchten,  und  dafs  die  Gefahr  einer  die  Monumentalität 
des  Bauwerkes  störenden  Wirkung  durch  die  von  dem  Architekten 
gewählte  Gestaltung  der  Kuppel  und  durch  die  künstlerische  Aus¬ 
bildung  ihrer  einzelnen  Theile  als  ausgeschlossen  zu  betrachten  sei. 
Auf  Grund  dieser  Verhandlungen  ertheilte  die  Reichstagsbau -Com¬ 
mission  in  der  Sitzung  vom  13.  Januar  1890  dem  neuen  Kuppelentwurf 
endgültig  die  Zustimmung. 

Eine  weitere  Veränderung  hat  der  Bauplan  hinsichtlich  des 
Mittelbaues  der  Westfront  erfahren.  Künstlerische  Rücksichten 
lassen  es  geboten  erscheinen,  das  Mittelportal  durch  eine  vor¬ 
springende  Säulenhalle  mit  Giebelverdachung  mehr  hervorzuheben, 
als  es  nach  dem  anfänglichen  Entwürfe  der  Fall  war.  Anderseits 
hat  die  Durcharbeitung  der  Baupläne  zu  der  Erkenntnifs  geführt, 
dafs  eine  Rampenanlage  von  der  bisher  beabsichtigten  Längen-  und 
Breitenausdehnung  gegenüber  der  mächtigen  Front  des  Gebäudes 
unzulänglich  sein  würde.  Die  Rampe  wird  nunmehr  fast  die  ganze 
Frontbreite  einnehmen  und  etwa  22  m  vor  die  Bauflucht  vorspringen. 

Die  Grundrifsanordnung  ist  durch  obige  Aenderungen  nur 
insofern  unwesentlich  berührt  worden,  als  für  die  Kujipel  neue 
Unterbauten  ausgeführt  werden  mufsten  und  dadurch  eine  Ver¬ 
legung  zweier  aus  dem  Untergeschofs  in  das  Hauptgeschofs  führen¬ 
den  Nebentreppen  erforderlich  wurde.  Abgesehen  hiervon  hat  die 
Raumvertheilung  eine  geringfügige  Verschiebung  deshalb  erfahren, 
weil  der  Post-  und  Telegraphenbetrieb  mehr  in  der  Mitte  des  Hauses 
untergebracht  werden  soll. 

Ueber  den  inneren  Ausbair  des  Hauses  sind  bisher  ent¬ 
scheidende  Anordnungen  nur  in  beschränktem  Umfange  getroffen 
worden.  Soweit  mit  ihm  schon  der  Anfang  gemacht  ist,  haben 
die  in  der  angeführten  Denkschrift  vom  Jahre  1887  dargelegten 
Grundzüge  als  Richtschnur  gedient.  In  den  Eingangshallen  werden 
die  Wände  mit  Sandstein  bekleidet,  die  Deckengewölbe  in  den  Ein¬ 
gangsräumen  der  Süd-  und  Nordfront  können  dagegen  nur  in  Ziegeln 
und  Stuck  hergestellt  werden.  Als  Material  zu  den  Wandbekleidungen 
der  Vorhallen  für  Bundesrath  und  Reichstagspräsidium  ist  istrischer 
Kalkstein  gewählt,  während  von  der  ursprünglich  beabsichtigten  Ver¬ 
wendung  des  gleichen  Steins  für  die  grofse  Wandelhalle  und  für  die 
beiden  Haupttreppen  nördlich  und  südlich  der  Halle  aus  Kosten¬ 
rücksichten  Abstand  genommen  werden  mufs.  Die  Wandbekleidung 
und  die  Säulen  der  Halle  werden  aus  Stuckmarinor  und  Stuck,  die 
Thüreinfassungen  aus  Marmor  hergestellt.  In  den  bezeichneten 
Treppenhäusern  wird  die  Waudbekleidung  in  Warthauer  Sandstein 
ausgeführt.  Die  neben  dem  östlichen  Mittelbau  befindlichen  Treppen¬ 
häuser  für  den  Hof  und  für  den  Bundesrath  erhalten  gleichfalls  eine 
Wandbekleidung  in  Sandstein.  Im  Obergeschofs  des  zuletzt  er¬ 
wähnten  Treppenhauses  werden  jedoch  aus  Rücksichten  der  Kosten¬ 
ersparung  die  glatten  Flächen  zwischen  den  Wandpfeilern  in  Stuck 
hergestellt.  Im  übrigen  hat  die  Reichstagsbau -Commission  über  die 


Bauverwaltung.  27.  Deeeinber  18{)0. 


innere  Ausstattung  des  Hauses  auf  Grund  einer  von  der  Bauver¬ 
waltung  ausgearbeiteten  Denkschrift  eine  Reihe  von  Beschlüssen 
gefafst.  Von  dem  Ausfall  der  schwebenden  Veranschlagungsarbeiten 
wird  es  abhängen,  ob  alle  in  diesen  Beschlüssen  niedergelegten 
Wünsche  zur  Ausführung  gelangen  können. 

4.  Bauausführung.  Die  Bauausführung  ist  hinter  dem  im 
Jahre  1884  aufgestellten  Arbeitsplan  zurückgeblieben.  Auf  den  Ab- 
schlufs  des  Rohbaues,  der  nach  diesem  Plane  mit  Schlufs  des 
Jahres  1889  erfolgen  sollte,  ist  erst  Ende  1891  zu  rechnen.  In 
gleichem  Mafse  wird  sich  auch  der  innere  Ausbau  verschieben, 
sodafs  das  Gebäude  nicht  im  Jahre  1892,  sondern  erst  im  Herbst 
1894  wird  in  Benutzung  genommen  werden  können.  Abgesehen  von 
verschiedenen  Nebenumständen,  welche  den  Gang  der  Bauarbeiten 
störend  beeinflufst  haben,  ist  es  vor  allem  der  oben  dargelegten 
Entwicklung  der  Kuppelfrage  zuzuschreiben,  dafs  der  anfänglich 
festgesetzte  Termin  nicht  eingehalten  werden  konnte.  Bis  zur  end¬ 
gültigen  Entscheidung  in  dieser  Frage  mufsten  die  Arbeiten  an  einem 
grofsen  Theile  des  Gebäudes  zurückgestellt  werden.  Wenn  innerhalb 
zweier  Jahre  das  Versäumte  nachgeholt  werden  soll,  so  wird  es  im 
Hinblick  auf  den  Umfang  und  die  Schwierigkeit  der  Aufgabe  der 
Anspannung  aller  Kräfte  bedürfen. 

Im  einzelnen  hat  sich  der  Gang  der  Bauarbeiten  während  der 
Jahre  1887—1890  wie  folgt  gestaltet.  Der  bezeichnete  Zeitraum  ist 
vornehmlich  der  Weiterführung  des  Rohbaues  sowie  der  Steinmetz¬ 
arbeiten  an  den  Fronten  und  im  Innern  gewidmet  gewesen.  Soweit 
der  Rohbau  aus  Ziegelmauerwerk  besteht,  ist  er  im  wesentlichen 
fertig  gestellt.  Dies  gilt  auch  vom  Unterbau  der  Kuppel,  bei  dem 
es  sich  um  Arbeiten  von  aufsergewöhnlichem  Umfange  handelt,  da 
die  der  Kuppel  als  Träger  dienenden  Mauern  von  den  Fundamenten 
aus  bis  zu  einer  Höhe  von  etwa  40  m  verstärkt  werden  mufsten. 
Gleichwohl  ist  es  gelungen,  die  Arbeiten  so  zu  fördern,  dafs  zu  Be¬ 
ginn  dieses  Monats  die  Aufbringung  des  Eisengerüstes  der  Kuppel 
hat  in  Angriff  genommen  werden  können.  Die  Herstellung  des  letzteren 
soll  vertragsmäfsig  bis  zum  1.  April  nächsten  Jahres  beendet  sein, 
während  die  Anbringung  der  in  Kupfer  auszuführenden  Theile  die 
Zeit  bis  zum  1.  October  1891  in  Anspruch  nehmen  wird.  Die  Dächer 
sind,  bis  auf  die  Kupferhaut,  theils  vollendet,  theils  in  Aus^irung 
begriffen,  wähi'end  sie  an  einzelnen  Stellen  noch  ganz  fehlen.  Im 
Zusammenhänge  mit  ihrer  Fertigstellung  ist  auch  die  Einwölbung 
der  Decken  mehr  oder  weniger  weit  vorgeschritten. 

Die  Steinmetzarbeiten  an  den  Hoffronten  sind  zum  Abschlufs 
gebracht.  Ebenso  sind  sie  an  den  Rücklagen  der  Aufsenfronten 
fertig,  au  den  Mittelbauten  der  Süd-  und  Ostfront  gehen  sie  der 
Vollendung  entgegen.  Am  Mittelbau  der  Nordfront  sind  die  Arbeiten 
etwas  im  Rückstände,  indessen  ist  auch  hier  das  Steinmaterial  voll¬ 
ständig  beschafft,  und  das  Versetzen  wird  innerhalb  der  nächsten 
Monate  vor  sich  gehen  können.  Die  vier  Eckthürme  sind  bis  zur 
Höhe  der  Hauptattika  ausgeführt.  Die  erhöhten  Aufbauten  sind  an 
den  beiden  östlichen  Thürmen  in  Arbeit  und  sollen  vertragsmäfsig 
am  südöstlichen  Thurme  bis  zum  Schlufs  des  laufenden  Jahres,  am 
nordöstlichen  Thurme  bis  zum  1.  April  1891  fertiggestellt  werden. 
An  der  Westfront  sind  die  Thurmaufbauten  noch  nicht  begonnen; 
Frist  für  dieselben  ist  Ende  October  1891.  Am  Unterbau  der  Kuppel 
sind  die  Werksteinarbeiten  bis  zur  Höhe  des  Kuppelauflagers  gleich¬ 
zeitig  mit  dem  Ziegelmauerwerk  ausgeführt;  der  Rest  ist  vertrags¬ 
mäfsig  bis  zum  1.  Juni  1891  herzustellen.  Am  Mittelbau  der  West¬ 
front  werden  die  Arbeiten  voraussichtlich  im  Laufe  des  gleichen 
Jahres  ihren  Abschlufs  finden.  Im  ganzen  sind  seit  dem  1.  April 
1888  an  den  Fronten,  einschliefslich  der  Höfe,  13 167  cbm  versetzt 
worden;  etwa  7500  cbm  bleiben  noch  zu  versetzen. 

Der  innere  Ausbau  ist,  wie  bereits  angedeutet,  bisher  nur 
insoweit  in  "Angriff  genommen,  als  es  sich  um  AVerksteinarbeiten 
handelt.  Die  im  Erdgeschofs  belegeue  AVartehalle  für  das  Publicum 
und  einige  Treppcnanlagen  sind  fertiggestellt.  Andere  Treppen  und 
die  Eingangshallen  im  Norden,  Osten  und  Süden  sind  in  Arbeit. 
Beim  inneren  Ausbau  sind  bis  jetzt  2054  cbm  AVerksteine  versetzt. 
Entsprechend  den  Fortschritten  der  Steinmetzarbeiten  ist  mit  A’^ergebung 
der  Bildhauerarbeiten,  soweit  sie  mit  der  Architektur  in  A^erbinduug 
stehen,  der  Anfang  gemacht  und  dabei  die  Auswahl  der  Künstler 
nicht  auf  die  Berliner  Künstlerschaft  beschränkt  worden.  Es  sind 
gröfsere  Aufträge  auch  nach  München,  Dresden,  Karlsruhe,  Breslau 
und  Frankfurt  a.  M.  ergangen.  Die  Bildhauerarbeiten  am  Giebelfeld 
der  AVestfront  sind  nach  demAA^unsche  der  Reichstagsbau-Commission 
dem  Bildhauer  Prof.  Sch  aper  in  Berlin  übertragen  worden.  Die 
Be-  und  Entwässerungsleitungen  und  die  Heizanlagen  sind  zum  Theil 
ausgeführt;  das  Kessel-  und  Maschiuenhaus ,  einschliefslich  des 
Schornsteins,  ist  im  Rohbau  vollendet. 

AVas  die  AVeiterführung  des  Baues  anlangt,  so  werden  ini 
Jahre  1891  die  AA'erksteinarbeiten  zu  Ende  geführt  und  das  Kuppel¬ 
dach  über  dem  Sitzungssaal  einschliefslich  des  Kupferornamentes 
hergestellt  werden.  Die  Bildhauerarbeiten  an  den  Fronten  werden 


Nr.  52. 


543 


Centralblatt  der  Bauverwaltung. 


sich  dagegen  bis  in  das  Jahr  1893  erstrecken.  Das  Abrüsten  soll 
in  der  Hauptsache  noch  bis  zum  Spätsommer  1892  erfolgen;  im  un¬ 
mittelbaren  Anschlufs  hieran  werden  die  Dachflächen  eingedeckt 
werden. 

Die  Putzarbeiten  sind  im  Sommer  1891  in  Angriff  zu  nehmen, 
zunächst  im  Obergeschofs  und  in  den  Seitentheilen  der  grofsen  Halle, 
und  im  Jahre  1892  zu  beendigen,  gleichzeitig  werden  die  Wasser¬ 
leitungsarbeiten  und  elektrischen  Leitungen  ausgeführt.  Das  Ein¬ 
setzen  der  Fenster  beginnt  im  Jahre  1892,  ebenso  das  Verlegen  der 
Fufsböden.  Bis  zum  Schlufs  des  Jahres  1893  sind  die  Fufsböden  in 
allen  Bäumen  fertig  zu  stellen.  Die  Heizung  ist  im  Winter  1892/93 
in  Betrieb  zu  setzen.  Der  Best  des  inneren  Ausbaues  bleibt  den 
Jahren  1893  und  1894  Vorbehalten.  Der  Strom  für  die  anschlags- 
mäfsig  vorgesehene  elektrische  Beleuchtung  wird  von  den  Berliner 
Elektricitätswerken  entnommen  werden. 

Die  mächtigen  Holzrüstungen,  welche  gegenwärtig  das  Gebäude 
umgeben  und  einen  grofsen  Theil  des  Innern  ausfüllen,  bringen  eine 
erhebliche  Feuersgefahr  mit  sich.  Es  sind  deshalb  umfassende  Vor¬ 
kehrungen  (Blitzableiter,  Feuermelder,  eine  Schlauchleitung  usw.)  zur 
Einschränkung  dieser  Gefahr  getroffen  worden.  Ueberdies  wird  in 
Anbetracht  der  Gröfse  der  auf  dem  Spiele  stehenden  Summen  der 
Bau  auf  die  Dauer  des  Vorhandenseins  der  Versetzgerüste  mit 
8  500  000  gegen  1/2  ®/ou  Prämie  versichert.  An  der  Versicherung 
haben  sich  zwölf  der  gröfsten  deutschen  Feuerversicherungsgesell¬ 
schaften  betheiligt. 

5.  Baufonds.  Dem  Beichstagsbaufonds,  welcher  sich  anfänglich 
auf  29  617  000  Jt  bezifferte,  sind  bisher  15  676  296  Jt  entnommen. 
Gegenwärtig  beträgt  der  Baufonds  nach  dem  Nennwerth  der  vor¬ 


handenen  Werthpapiere  rund  14  200  000  .Jf.  Die  hieraus  für  den  Bau 


noch  zu  leistenden  Ausgaben  stellen  sich  wie  folgt: 

Eigentliche  Baukosten  (nach  den  bis  jetzt  vorliegenden 

geprüften  Kostenanschlägen) .  10  3.35  818  ./Ä 

Dazu  treten: 

für  Bauleitung .  700  OOO  „ 

für  Strafsenanlagen .  2OO  000 

und  für  bisher  nicht  veranschlagte  Bautheile  (Best  des 
West-Mittelbaues,  Barnpen,  Isolirungscanal,  Bürger¬ 
steig  usw.)  nach  ungefährer  Schätzung .  964  182 

12  200  000  i 


Von  dem  Baufonds  sind  mithin  noch  rund  2  000  000  .if  verfügbar, 
welche  als  Sicherheitsfonds  zur  Bestreitung  aller  unvorhergesehenen 
Ausgaben  und  zur  Deckung  etwaiger  Anschlagsüberschreitungen 
zurückgestellt  bleiben.  Ferner  sind  aus  diesem  Bestbetrage,  soweit 
er  die  Mittel  dazu  bietet,  die  Kosten  für  die  Beleuchtungseinrich¬ 
tungen  und  für  die  künstlerische  Ausschmückung  des  Gebäudes  zu 
decken.  Inwieweit  daneben  für  Beschaö’ung  der  Mobiliarausstattung 
noch  Mittel  verbleiben  werden,  ist  zur  Zeit  nicht  zu  übersehen.  Einen 
Zuwachs  wird  der  Fonds  durch  den  Erlös  der  Bestgrundstücke  in  der 
Sommerstrafse  erhalten.  Wenngleich  hiernach  der  Fonds  zur  Zeit 
sich  als  auskömmlich  darstellt,  so  soll  doch,  um  eine  Ueberschreitung 
zu  vermeiden,  bei  den  weiteren  Ausführungen  mit  gröfster  Sparsam¬ 
keit  verfahren  werden;  insbesondere  aber  mufs  die  innere  Ausstattung 
zum  Theil  einen  schlichteren  Charakter  erhalten,  als  nach  den  an¬ 
fänglichen  Plänen  des  leitenden  Architekten  dafür  in  Aussicht  ge¬ 
nommen  war. 


Ergebnisse  der  Prüfungen  im  Staatsbaufache  in  Preufsen  von  1880/81  bis  1889/90. 


In  nachstehender  Uebersicht  stellen  wir  die  Zahl  derjenigen  zu¬ 
sammen,  welche  in  Preufsen  innerhalb  der  letzten  zehn  Jahre  die 
erste  Hauptprüfung  (Bauführer-Prüfung)  und  die  zweite  Hauptprüfung 
(Baumeister -Prüfung)  im  Staatsbaufache  abgelegt,  und  welche  die 
Prüfungen  bestanden  oder  nicht  bestanden  haben. 

Die  Bauführer-Prüfung  wurde  in  den  letzten  zehn  Jahren 
1880/81  bis  1889/90  im  ganzen  von  1908  Studirenden  abgelegt  und 
von  1347  oder  70,6  pCt.  bestanden.  Die  gröfste  Zahl  mit  374  Prüf¬ 
lingen  entfällt  auf  das  Jahr  1880/81.  Dann  ging  die  Zahl  nach  und 
nach  herunter  bis  auf  92  im  Jahre  1887/88.  Das  letzte  Jahr  1889/90 
zeigt  mit  114  wieder  eine  geringe  Zunahme,  die  sich  indessen  weiter¬ 
hin  nicht  unerheblich  steigern  dürfte.  Nicht  bestanden  wurde  die 
Prüfung  im  Durchschnitt  dieser  zehn  Jahre  von  29,4  pCt.  aller  Ge¬ 
prüften;  das  ungünstigste  Ergebnifs  weist  in  dieser  Beziehung  das 
Jahr  1881/82  mit  36,8  pCt.,  das  günstigste  das  letzte  Jahr  1889/90 
mit  20,2  pCt.  auf. 


Die  Baumeister -Prüfung  legten  in  dense*lben  zehn  Jahren 
2263  Bauführer  ab,  und  zwar  1843  oder  81,4  pCt.  mit  Erfolg.  Am 
stärksten  war  der  Zudrang  mit  298  Prüflingen  im  Jahre  1885/86; 
dann  fallen  die  Zahlen  bis  auf  187  im  letzten  Jahre  1889/90,  womit 
der  niedrigste  Stand  der  beiden  ersten  Jahre  (1880/81:  161,  1881/82:  196) 
nahezu  wieder  erreicht  ist.  Im  Durchschnitt  der  zehn  Jahre  haben 
18,6  pCt.  der  Geprüften  die  Baumeister-Prüfung  nicht  bestanden;  am 
ungünstigsten  war  das  Jahr  1881/82,  in  welchem  24,5  pCt,  am  gün¬ 
stigsten  das  Jahr  1885/86,  in  dem  14,5  pCt.  durchgefallen  sind. 

Zur  festen  Anstellung  im  preufsischen  Staatsdienst  gelangen 
gegenwärtig  in  der  Hochbauverwaltung  die  Begierungs  -  Baumeister 
aus  dem  Anfang  des  Jahrgangs  1883,  in  der  Wasserbauverwaltung 
diejenigen  aus  dem  Ende  des  Jahrgangs  1880  und  in  der  Eisenbahn¬ 
verwaltung  die  aus  dem  Anfang  des  Jahrgangs  1882,  bezw.  (im 
Maschinenbau)  aus  dem  Anfang  des  Jahrgangs  1883. 


Die  Bauführer-Prüfung  haben 

Die  Baumeister-Prüfung  haben 

im 

abgelegt 

bestanden 

nicht  bestanden 

im 

abgelegt 

bestanden  i 

nicht  bestanden 

Geschäftsjahre 

Zahl 

Zahl 

pCt. 

Zahl 

pCt. 

Geschäftsjahre 

Zahl 

Zahl 

pCt. 

Zahl 

pCt. 

April/April  1880/81 

374 

260 

69,5 

114 

30,5 

Juli/Juli  1880/81 

161 

126 

78,3 

35 

21,7 

„  „  81/82 

329 

208 

63,2 

121 

36,8 

„  „  81/82 

196 

148 

75,5 

48 

24,5 

«  „  82/83 

228 

160 

70,2 

68 

29,8 

„  „  82/83 

222 

172 

77,5 

50 

22,5 

„  „  83/84 

229 

IGO 

69,9 

69 

30,1 

„  „  83/84 

'  227 

184 

81,1 

43 

18,9 

„  „  84/85 

185 

146 

79,0 

39 

21,0 

.  „  84/85 

257 

219 

85,2 

38 

14,8 

„  „  85/86 

120 

84 

70,0 

36 

30,0 

«  „  85/86 

298 

;  255 

85,6 

43 

14,4 

.  .  86/87 

144 

99 

68,7 

45 

31,3 

Juli/April  86/87 

168 

147 

87,5 

21 

12,5 

.  „  87/88 

92 

66 

71,7 

26 

28,3 

April/April  87/88 

282 

1  214 

75,9 

68 

24,1 

„  „  88/89 

93 

73 

78,5 

20 

21,5 

«  „  88/89 

265 

i  220 

83,0 

45 

17,0 

„  „  89/90 

114 

91 

79,8 

23 

20,2 

„  „  89/90 

187 

i  158 

84,5 

29 

15,5 

In  den  10  Jahren 
1880/81  bis  1889/90 

1908 

1347 

70,6 

561 

29,4 

In  den  10  Jahren 
1880/81  bis  1889/90 

2263 

1843 

81,4 

420 

18,6 

Vermischtes. 


Im  Wettbewerbe  um  Entwürfe  für  ein  Eathhaus  in  Geeste- 
münde,  der  unter  den  Mitgliedern  des  Berliner  Architekten- Vereins 
und  des  Architekten-  und  Ingenieur-Vereins  in  Hannover  veranstaltet 
war  (vgl.  S.  420  d.  J.),  hat  Herr  Professor  H.  Stier  in  Hannover 
den  ersten  Preis  davongetragen.  Die  beiden  anderen  Preise  fielen 
auf  Mitglieder  des  Berliner  Vereins,  und  zwar  der  zweite  auf  Herrn 
Architekt  P.  Pfann,  der  dritte  auf  Herrn  Begierungs -Baumeister 
Diestel,  beide  in  Berlin.  Zum  Ankaiif  empfohlen  wurde  der  Ent¬ 
wurf  „Nordisch“. 


Belastuiigsversuche  mit  Monierbögen  sind  neuerdings  auf  einem 
Bauplatze  des  ungarischen  Landesvertheidigungs  -  Ministeriums  in 
Budapest  im  Beisein  eines  vom  Handelsminister  entsandten  Aus¬ 
schusses  sowie  sonstiger  Vertreter  des  Bau-  und  Eisenbahnwesens 
ausgeführt  worden.  Zuerst  wurden  Vergleiche  zwischen  zwei  Bögen 
von  gleicher  Form  (2,65  m  Spannweite,  0,265  m  Pfeilhöhe  und 
0,05  m  Scheitelstärke)  angestellt,  von  welchen  der  eine  aus  bestem 
Beton,  der  andere  nach  dem  Verfahren  Moniers  hergestellt  war.  Der 
Betonbogen  stürzte  bei  einer  einseitigen  Gesamtbelastung  von  4800  kg 


27.  Deccmber  1890. 


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Centralblatt  der  Baiiverwaltnng. 


cl.  i.  1810  kg/qm  mit  lautem  Geräusch  ein,  während  der  Monierbogen 
erst  bei  einer  einseitigen  Belastung  von  24  800  kg,  d.  i.  9358  kg/qm 
den  Widerstand  aufgab  und  sich  vollständig  durchbog,  aber  doch  die 
aufgebrachte  Last  noch  in  der  Schwebe  hielt.  Die  q’ragfähigkeit  des 
Monierbogens  war  also  etwa  fünfmal  so  grofs,  als  die  des  reinen  Beton¬ 
bogens.  Ferner  wurde  ein  Vergleich  zwischen  einer  Betonplatte  und 
einer  gleichgefoianten  Monierplatte  (beide  1,50  m  lang,  1,10  m  breit, 
0,06  m  dick)  angestellt,  bei  welchem  erstere  schon  unter  einer  Last  von 
660  kg,  letztere  erst  etwa  bei  8000  kg,  also  einer  zwölfmal  so  grofsen 
Last  brach.  Eine  stärkere  Monierplatte  (1,90  m  lang,  1,90  m  breit, 
0  16  m  dick)  trug  22  000  kg  ohne  zu  brechen.  Ein  Monierrohr  von 
einem  Meter  Durchmesser  und  5  cm  Wandstärke  brach  bei  sehr  un¬ 
günstiger  Beanspruchungsweise  erst  unter  einer  Last  von  8120  kg/qm. 
Auch  Monierbögen,  die  nicht  zwischen  starre  Widerlager,  sondern 
zwischen  eiserne  Träger  gespannt  waren,  zeigten  eine  verhältnifs- 
mäfsig  grofse  Widerstandsfähigkeit.  —  m  — 

Forellen  in  Rieselteiclien.  Um  den  Nachweis  zu  führen,  dafs 
die  Abwässer  der  Eieselfelder  ohne  Nachtheil  für  die  Fischzucht  in 
die  öffentlichen  Gewässer  geleitet  werden  können ,  hat  die  Stadt 
Berlin  auf  den  Eieselfeldern  bei  Malchow  fünf  Fischteiche  angelegt 
und  mit  Edelfischen  besetzt.  Die  Teiche  befinden  sich  am  Ostrande 
des  Malchower  Sees  unmittelbar  neben  demselben  Sie  haben  eine 
Breite  von  ungefähr  20  m  bei  einer  Länge  von  durchschnittlich  50  m. 
Gespeist  werden  sie  ausschliefslich  mit  dem  drainirten  Eieselwasser, 
also  nicht  etwa  mit  der  Eieseljauche  selbst,  sondern  mit  dem¬ 
jenigen  Wasser,  welches  nach  der  Filterung  durch  den  Boden  aus 
den  Drains  fliefst.  Sie  sind  durch  Dämme  getrennt  und  können 
einzeln  in  den  Malchower  See  vollständig  abgelassen  werden.  Nach 
mehrjährigen  Bemühungen  ist  es  dem  Leiter  der  Anlage,  Herrn 
Ober-Ingenieur  Oesten,  gelungen,  im  letzten  Jahre  vortreffliche  Er¬ 
gebnisse  zu  erzielen.  Die  Teiche  waren  besetzt  worden  mit  Bach- 
Forellen,  Eegenbogen-Forellen,  Felchen  und  Karpfen.  Die  Fische 
gediehen  vortrefflich.  Zweisömmerige  Bachforellen  hatten  eine  Länge 
von  ungefähr  22  cm  erreicht  und  an  ihrem  Wohlgeschmack  nichts 
eingebüfst.  Die  Pflanzen  niederer  Ordnung,  Algen  u.  dgl.,  welche  in 
dem  drainirten  Eieselwasser  leicht  und  in  grofser  Menge  sieh  bilden, 
haben  der  Fischzucht  keinen  Eintrag  gethan,  vielmehr  die  Entwick¬ 
lung  der  niederen  Thierarten,  welche  den  Fischen  als  Nahrung 
dienen,  begünstigt.  Es  darf  daraus  der  Schlufs  gezogen  werden,  dafs 
das  drainirte  Eieselwasser  auch  den  Fischen  in  den  öffentlichen  Ge¬ 
wässern  keinen  Schaden  zufügen  wird,  also  unbedenklich  in  dieselben 
abgelassen  werden  kann.  — dt. 

Schrauhensclilüssel  mit  Selbsteinstellung  für  verschiedene  Maul¬ 
weiten.  Die  Selbsteinstellung  der  Maulweite  je  nach  dem  vorliegen¬ 
den  Schraubenkopf  erfolgt  nach  dem  Anlegen  der  Backe  B  an  den 
Schraubenkopf  und  beim  gleichzeitigen  Umlegen  des  Handgriffes  H 
dadurch,  dafs  der  Gleitzapfen  Ji,  welcher  mit  der  Klemmbacke  A 
mittels  der  Gleitbahnen  G  G  starr  verbunden  ist,  in  einem  Schlitz 
aufwärts  gleitet,  welcher  in  den  beiderseitigen,  die  Backen  umfassen¬ 
den  Deckplatten  P,  die  ihrerseits  mit  dem  Handgriff  II  in  starrer 
Verbindung  sind,  sich  befindet. 

Bei  dieser  Bewegung  wird  die  Klemmbacke  A  nach  und  nach 
der  Backe  B  genähert.  Es  ist  nämlich  die  Backe  B  mit  dem  Dreh- 


Schnitt  a — b. 


Schnitt  c — d. 


zapfen  B^  —  um  welchen  sich  der  Handgriff  dreht  —  ebenfalls  durch 
die  Gleitbahn  G^,  die  auf  den  Gleitbahnen  G  G  entlang  gleitet,  fest 


verbunden,  sodafs  sich  mit  der  Annäherung  von  zu  71'  die  Backen 
A  und  B  von  einander  entfernen,  umgekehrt  aber  sich  nähern,  sobald 
sich  A^  von  E'  entfernt. 

Der  vorerwähnte  Schlitz,  in  welchem  sich  der  Gleitzapfen  A' 
beim  Herabdrücken  des  Handgriffes  II  nach  oben  bewegt,  ist  nun 
derartig  zum  Drehungsmittelpunkt  IP  geneigt,  dafs  sich  beim  Auf¬ 
wärtsgleiten  von  A*  dieser  mehr  und  mehr  vom  Drehzapfen  E'  ent¬ 
fernt,  wodui'ch  sich  die  Klemmbacken  A  und  E  einander  nähern  und 
den  Schraubenkopf  einklemmen. 

Die  fortwährende  Parallelität  der  den  Schraubenkopf  fassenden 
Seiten  der  Backen  wird  durch  die  sich  in  einander  schiebenden  Gleit¬ 
bahnen  G  und  G'  gesichert. 

Dieser  vom  Königl.  Ecgierungs-Baumeister  Waldemar  Schilling 
in  Stettin  erfundene  und  demselben  patentirte  Schraubenschlüssel 
dürfte  eine  Lücke  unter  den  Geräthen  der  Oberbau-Unterhaltung  aus- 
füllen,  wird  aber  auch  für  Maschinenfabriken,  Schlossereien  usw. 
werthvoll  sein. 

Ein  neues  eigenartiges  Ventil  für  Prefslnftinascliinen,  welches 
weitere  Mittheilung  verdient,  ist  unlängst  der  americanischen  „Ingersoll 
Sergeant  Manufacturing  Co.“  patentirt  worden.  Dasselbe  ist  mit 
dem  Prefskolben  im  Luftcylinder  vereinigt  und  wirkt  wie  folgt:  Der 
Kolben  (s.  nachstehende  Abb.  1)  besitzt  zwei  Kingschlitze  an  jeder 
Seite  zur  Aufnahme  von  Eingventilen  G  und  Gi.  In  jedem  von  sechs 


am  Umfange  jedes  Einges  angebrachten  Ansätzen  (Abb.  2)  befindet 
sich  eine  längliche  Nufh  zur  Aufnahme  von  Stiften,  welche  in  den 
Ventilschlitzen  befestigt  und  bestimmt  sind,  das  Spiel  des  Ventils  zu 
begrenzen.  Mit  dem  hohlen  Kolbeninnern  J  steht  die  äufsere  Luft 
durch  das  Kolbenrohr  E  in  Verbindung.  Geht  der  Kolben  nach 
links,  so  ist  G  geschlossen;  durch  das  offene  Ventil  Gi  tritt  dem 
Kohr  E  entnommene  Luft  in  den  Cylinderraum  rechts, 
während  die  links  befindliche  Luft  das  Ventil  H  durch¬ 
strömt  und  bei  F  nach  dem  Sammelbehälter  entweicht. 
Bewegt  sich  der  Kolben  nach  rechts,  so  schliefsen  sich 

Gl  und  //;  G  öffnet  sich,  um  Luft  in  den  Kaum 

links  des  Kolbens  durchzulassen,  während  die  rechts 
vom  Kolben  befindliche  Luft  durch  das  alsdann  geöff- 
Abb.  2.  jjgte  Ventil  Ih  nach  .F  zu  entweicht.  Der  Cylinder 
wird  sowohl  am  Umfange  —  durch  Kühlwasser, 
welches  die  Käume  Jq  durchströmt  —  als  auch,  was  wichtiger  ist, 
an  den  Stirnseiten  —  vermöge  der  Käume  J\  —  gekühlt.  In  den 
Endstellungen  des  Kolbens  ist  die  Luft  am  heifsesten  und  somit 

die  Kühlung,  an  welcher  die  Cylinderwände  dann  nicht  mehr 

wesentlich  betheiligt  sind,  am  wirksamsten.  Als  fernerer  Vortheil 
gegenüber  den  bisher  üblichen  Federventilen  wird  hervorgehoben, 
dafs  die  Eingventile  bei  der  Umkehr  des  Kolbens  sich  schnell  aber 
doch  sanft  öffnen  und  schliefsen,  infolge  des  Beharrungsvermögens, 
welches  die  Ventile  noch  etwas  weiterführt,  wenn  der  Kolben  bereits, 
im  todten  Punkt  angelangt  ist.  Der  Hub  des  Ventils  braucht  infolge 
der  grofsen  Oeffnung  nur  sehr  gering  zu  sein.  Die  Befürchtung, 
dafs  durch  das  Spiel  der  Einge  die  Führungsstifte  schnell  abgenutzt 
würden,  hat  sich  nach  den  Engineering  Eews  nicht  bestätigt,  was 
leicht  erklärlich  wird,  wenn  man  bedenkt,  dafs  der  Kolben  in  seinen 
Endstellungen  nur  noch  eine  so  geringe  Geschwindigkeit  besitzt,  dafs 
heftige  Stöfse  ausgeschlossen  erscheinen.  Hierzu  trägt  bei,  dafs  aueb 
bei  der  Kolbenumkehr  frisch  einströmende  Luft  in  dem  ringförmigen 
Ventilraum  sofort  reichlichen  Platz  zum  Durchtritt  findet.  Endlich 
wird  noch  als  ein  Vortheil  bezeichnet,  dafs  mittels  eines  über  das 
Kolbenrohr  gestülpten  gröfseren  Eohres  leicht  Verbindung  mit  der 
Luft  aufserhalb  des  Maschinenhauses  hergestellt,  und  so  stets  kfihle 
Luft  angesaugt  werden  kann.  K™. 


Schlufs  des  Jahrgangs  1890.  Der  Titel  ist  der  Nr.  50  heigefügt,  das  luhaltsverzeichnifs  wird  mit  Nr.  52  A.  ausgegeheii. 


Verlag  von  Ernst*  Korn  (Wilhelm  Ernst),  Berlin. 


Für  die  Redaction  des  nichtamtlicLen  Tlieiles  verantwortlich:  Otto  Sarrazin,  Berlin. 


Druck  von  J.  Kerskes,  Berlin.